Arbeitsgericht Stuttgart Urteil, 05. Juli 2016 - 30 Ca 7767/15

bei uns veröffentlicht am05.07.2016

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Wert des Streitgegenstandes der Entscheidung wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Parteien streiten über die Zahlung eines Schmerzensgeldes (Mobbingklage).
Der im November 1952 geborene Kläger war vom 01.06.2010 bis zum 31.05.2016 bei der beklagten Stadt (im Folgenden: Beklagte) beschäftigt. Der Kläger ist schwerbehindert. Er war zuletzt Mitglied des Personalrats. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war der Arbeitsvertrag vom 18.05.2010 (Anl. K 1, Bl. 11 ff. d. Akten). § 2 des Arbeitsvertrages enthält eine Bezugnahmeklausel auf die für die Beklagte einschlägigen Tarifverträge des öffentlichen Dienstes (im Folgenden: TVöD) im Bereich der kommunalen Arbeitgeber (VKA). Die Bezugnahmeklausel hat folgenden Wortlaut:
„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und dem Besonderen Teil Verwaltung und dem diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifvertrag in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung der Übergangsrechts (§ 1 Abs. 2 TVÜ-VKA). Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.“
§ 37 TVöD enthält eine Ausschlussfrist. Die Tarifnorm lautet wie folgt:
„(1) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von der/dem Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Ansprüche aus einem Sozialplan.“
Die Beklagte stellte den Kläger am 18.11.2014 zur Überprüfung von - streitigen - Verstößen gegen dienstliche Anweisungen und Hinweise auf ein unangemessenes Verhalten zunächst von der Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 29.12.2014 beendete die Beklagte die Freistellung und sprach dem Kläger eine Abmahnung aus (Anl. K 3, Bl. 15 - 21 d. Akten). Gegenstand der Abmahnung sind (1) Verstöße gegen die Dienstanweisung Parkscheinautomat, (2) Ignorieren der Anweisungen von Vorgesetzten und herablassende Äußerungen zu deren Anweisungen, (3) Beschwerden von Bürgern über das Verhalten des Klägers, (4) Aufbewahrung von Geld aus Parkscheinautomaten in einer Extra-Mappe, (5) Nichtbeachtung von Vorgaben am Arbeitsplatz und öffentliche Kritik und (6) persönliches Verhalten gegenüber Mitarbeiterinnen. Der Kläger verlangte in dem unter dem Aktenzeichen 29 Ca 1393/15 geführten Rechtsstreit die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. In dem Rechtsstreit begründete die Beklagte die abgemahnten Pflichtverletzungen trotz Auflage des Gerichts (Bl. 28 d. Akten im Verfahren 29 Ca 1393/15) nicht und stellte diese auch nicht unter Beweis. Die Parteien schlossen im Kammertermin am 30.09.2015 einen Vergleich, der die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beinhaltete. Der Vergleich hat folgenden Wortlaut (Anl. K 2, Bl. 13 f. d. Akten):
„1. Die Parteien stellen außer Streit, dass ihr Arbeitsverhältnis mit dem 31.05.2016 enden wird.
2. Wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes zahlt die Beklagte an den Kläger eine Sozialabfindung in Höhe von 20.000,-- EUR brutto gemäß den §§ 9, 10 KSchG.
3. Die Beklagte stellt den Kläger ab 09.11.2015 unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Bezüge und Anrechnung etwaiger Resturlaubs- und sonstiger Freizeitansprüche unwiderruflich von der Arbeitsleistung frei.
10 
Die Beklagte wird eine entsprechende Bescheinigung des behandelnden Arztes des Klägers, dass die Arbeitsfähigkeit wieder hergestellt ist, akzeptieren.
11 
4. Es bleibt dem Kläger vorbehalten, das Arbeitsverhältnis von sich aus vorzeitig zu beenden. Der Kläger hat diese vorzeitige Beendigung mit einer Ankündigungsfrist von einer Woche gegenüber der Beklagten mitzuteilen. Die von der Beklagten zu zahlende Abfindung erhöht sich sodann um die ersparten Beträge.
12 
5. Die Beklagte erstellt dem Kläger zum 31.05.2016 ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis mit der Gesamtbeurteilungsnote "gut". Dieses beinhaltet auch eine entsprechende Dankes-, Bedauernsformel und eine Abschlussformel mit guten Wünschen für die Zukunft.
13 
6. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt.
14 
7. Dieser Vergleich wird wirksam, wenn er nicht seitens der Beklagten widerrufen wird durch schriftliche Anzeige beim Arbeitsgericht Stuttgart bis zum 23.10.2015.“
15 
Der Kläger erbrachte in den Jahren 2015 und 2016 zunächst wegen Arbeitsunfähigkeit und anschließend wegen der mit Ziff. 3 des Prozessvergleichs erfolgten Freistellung keine Arbeitsleistung mehr.
16 
Der Kläger war als Vollzugsbediensteter bei der Beklagten beschäftigt. Zuständige Sachgebietsleiterin und damit unmittelbare Fachvorgesetzte des Klägers war zuletzt Frau Z.. Weiterer Vorgesetzter des Klägers war Herr B., dem als Amtsleiter ua. der Bereich „Öffentliche Ordnung“ unterstellt ist (im Folgenden: Amtsleiter B.). Personalamtsleiter ist Herr D. (im Folgenden: Personalamtsleiter D.). In der Abteilung des Klägers waren zuletzt Frau L., die auf Grund körperlicher Einschränkungen nur im Innendienst mit kleinen und einfachen Büroarbeiten beschäftigt werden kann, Frau Ba. zur Überwachung des ruhenden Verkehrs (sog. „Politesse“) und die Mitarbeiter W. und Baq. als geringfügig Beschäftigte tätig, die nach Absprache abends und an Wochenenden den Streifendienst wahrnehmen.
17 
Der Kläger begehrt mit der Klage die Zahlung eines Schmerzensgeldes wegen fortgesetzter Mobbinghandlungen. Die Klage beruht auf Sachverhalten in der Zeit von August 2013 bis Dezember 2014. Der Kläger hatte die Beklagte mit Schreiben vom 16.09.2015 unter Fristsetzung bis zum 30.09.2015 erfolglos zur Zahlung des begehrten Schmerzensgeldes aufgefordert (Anl. K 4, Bl. 22 ff. d. Akten).
18 
Der Kläger trägt vor:
19 
Er habe im August 2013 aus gesundheitlichen Gründen eine dreiwöchige Kur antreten müssen. Diese Maßnahme sei auf Einschreiten des Amtsleiters B. und des Personalamtsleiters D. um zwei Wochen verschoben worden.
20 
Er sei im Rahmen seiner Tätigkeit von Juni 2010 bis Oktober 2014 mit der Bearbeitung von sogenannten Sondergenehmigungen sowie verkehrsrechtlichen Anordnungen betraut gewesen. Ab März 2014 habe die - neu eingestellte - Sachgebietsleiterin Z. eine Gegenzeichnungspflicht für sämtliche von ihm ausgearbeiteten Genehmigungen und Anordnungen angeordnet. Diese Vorlagepflicht habe nur ihm gegenüber gegolten. Es gebe bei der Beklagten kein generelles „Vier-Augen-Prinzip“.
21 
Im Mai 2014 habe sich der Amtsleiter B. als Vorgesetzter geweigert, die Anmeldung zu einer Schulung als Personalratsmitglied zu unterzeichnen. Bei einer weiteren Personalrätin sei dies ohne weiteres erfolgt. Die Unterzeichnung sei letztlich durch den Personalamtsleiter D. erfolgt.
22 
Er habe im August 2014 zeitgleich mit einer Kollegin einen Urlaubsantrag beim Amtsleiter B. eingereicht. Während der Urlaubsantrag seiner Kollegin unverzüglich bearbeitet worden sei, sei sein Urlaubsantrag trotz mehrfacher Nachfrage über Wochen hinweg nicht bearbeitet worden.
23 
Er sei im September 2014 von der Sachgebietsleiterin Z. angewiesen worden, Tages-und Wochenpläne zu erstellen. Er sei der einzige Mitarbeiter im Außendienst gewesen, der eine solche Weisung erhalten habe. Die Anordnung sei nach Rücksprache mit dem Amtsleiter B. erfolgt.
24 
Im September 2014 habe der Amtsleiter B. angewiesen, dass er die von ihm während der Dienstzeit mit dem Dienstwagen zurückgelegten Kilometer nachweisen solle. Diese Nachweispflicht sei nur ihm auferlegt worden.
25 
Im September 2014 hätte ein Beurteilungsgespräch zur Leistungsbeurteilung durchgeführt werden sollen. Trotz mehrfacher Nachfrage habe sich der Amtsleiter B. geweigert, mit ihm ein solches Gespräch zu führen. Eine Begründung für die Verweigerung des Beurteilungsgespräche sei nicht erfolgt.
26 
Er sei im September 2014 durch den Amtsleiter B. zur Überprüfung des ruhenden Verkehrs während einer Einschulungsveranstaltung an der P. Schule eingesetzt worden. Bei dieser Maßnahme sei es - wie zu erwarten war - zu erheblichen Problemen gekommen. Er sei vor Ort mit wütenden Eltern konfrontiert gewesen, die sich darüber beschwerten, dass sie durch ihn wegen des verbotswidrigen Parkens aufgeschrieben worden seien. Im Anschluss habe der Amtsleiter B. von ihm verlangt, sich wegen der Beschwerden der aufgebrachten Eltern bzw. Bürgern gegenüber dem Gemeinderat zu rechtfertigen. Die Überprüfung während der Einführungsveranstaltung sei erstmals in 2014 durchgeführt worden.
27 
Im Oktober 2014 habe der Amtsleiter B. die EDV-Abteilung der Beklagten angewiesen, das vom ihm während der Dienstzeit genutzte Owi-Erfassungsgerät auszulesen und auszuwerten. Eine vergleichbare Auswertung sei bei seinen Kollegen nicht angeordnet bzw. durchgeführt worden.
28 
Die Beklagte habe mit der Abmahnung vom 29.12.2014 zahlreiche unzutreffende und im Wesentlichen unsubstantiierte Vorwürfe, unter anderem den Vorwurf, der Kläger habe eine Kollegin durch unangemessene verbale Äußerungen sexuell belästigt, erhoben. Die Beklagte habe die Vorwürfe weder außergerichtlich noch im Rahmen des von ihm eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens substantiiert begründen können. Die Abmahnung sei aus seiner Sicht erfolgt, um ihn zu schikanieren.
29 
Der Amtsleiter B. habe mehrfach Einsprüchen von Bürgern gegen Bescheide des Klägers abgeholfen. Dies sei regelmäßig ohne Begründung erfolgte. Dadurch sei er in der Öffentlichkeit lächerlich gemacht worden.
30 
Er sei vom Amtsleiter B. angewiesen worden, außerhalb seiner Kernzeiten, nämlich zwischen 6:00 Uhr und 8:00 Uhr früh, Kontrollen des ruhenden Verkehrs im Bereich L. und S. durchzuführen. Andere Mitarbeiter seien nicht zu Kontrollen außerhalb der Kernarbeitszeit aufgefordert worden.
31 
Er sei während seines Urlaubs bzw. während krankheitsbedingter Fehlzeiten systematisch und mehrfach täglich angerufen worden, um vermeintlich bestehende Nachfragen zu klären. Tatsächlich seien die Nachfragen inhaltlich belanglos gewesen. Er sei dadurch während seines Erholungsurlaubs bzw. der Genesung gestört worden. Dies sei auf Anweisung des Amtsleiters B. erfolgt.
32 
Er sei mehrfach in das Büro des Amtsleiters B. bestellt worden, um angeblich Dringendes zu besprechen. Hierauf habe er wiederholt den Außendiensteinsatz abgebrochen. Als er eingetroffen sei, habe ihm der Amtsleiter B. mitgeteilt, es gebe angeblich nichts Dringendes mehr zu besprechen. Zudem habe er ihn teilweise längere Zeit warten lassen.
33 
Der Kläger hat beantragt:
34 
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.000 Euro zuzüglich Zinsen hieraus iHv. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.10.2015 zu zahlen.
35 
Die Beklagte hat beantragt,
36 
die Klage abzuweisen.
37 
Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Anspruch aufgrund der tariflichen Ausschlussfrist verfallen sei. Im Übrigen trägt sie vor:
38 
Der Amtsleiter B. habe den Kläger gebeten, die dreiwöchige Kur wegen eines Personalengpasses nicht schon am 06.08., sondern erst am 20.08.2013 anzutreten. Hiermit sei der Kläger einverstanden gewesen.
39 
Es sei zwar richtig, dass der Kläger angewiesen worden sei, die von ihm ausgearbeiteten Genehmigungen der Sachgebietsleiterin vorzulegen. Soweit dies gegenüber anderen Mitarbeiter nicht erfolgt sei, folge dies aus der unterschiedlichen Aufgabenstellung der jeweiligen Mitarbeiter.
40 
Der Amtsleiter B. sei nicht in die Genehmigung der Schulung aus Mai 2014 eingebunden gewesen. Die Genehmigung sei durch den Personalamtsleiter D. erfolgt.
41 
Der Amtsleiter B. habe sich im August 2014 in Urlaub befunden. Die vom Kläger benannte Mitarbeiterin habe ihren Urlaubsantrag noch vor dem Urlaubsantritt des Amtsleiters eingereicht.
42 
Die Anordnung, dass der Kläger Tages- und Wochenberichte zu erstellen habe, stehe in ihrem Belieben als Arbeitgeber. Sie sei zudem sachlich gerechtfertigt. Der Kläger sei in der Wahrnehmung seiner Aufgaben im Außendienst im Wesentlichen frei gewesen. Nachdem im Gemeinderat der Beklagten darüber diskutiert worden sei, dass der Kläger häufiger während seiner Arbeitszeiten in einer Nachbargemeinde im Café gesehen worden sei, habe sie - die Beklagte - anhand der Tages- und Wochenberichte einen Überblick über die Tätigkeit des Klägers gewinnen wollen.
43 
Das Beurteilungsgespräch mit dem Kläger sei an dessen fehlender Bereitschaft, mit dem Amtsleiter B. ein konstruktives Gespräch zu führen, gescheitert.
44 
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und Sitzungsprotokolle verwiesen (§ 46 Abs. 2 ArbGG iVm. § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO). Die Akte zu dem unter dem Aktenzeichen 29 Ca 1939/15 geführten Rechtsstreit wurde beigezogen. Das Gericht hat ohne Beweisaufnahme entschieden.

Entscheidungsgründe

 
45 
Die Klage ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1 BGB, § 253 Abs. 2 BGB bzw. § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts (Mobbing) auf Zahlung eines Schmerzensgeldanspruches iHv. 10.000,00 Euro. Es bestehen bereits Zweifel, ob aus dem Vortrag des Klägers auf aufeinander aufbauenden und ineinander übergreifenden Anfeindungen bzw. Schikanen, die in ihrer Gesamtheit eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen, zu schließen ist (A). Ein etwaiger Schmerzensgeldanspruch wäre jedenfalls nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD verfallen (B).
A.
46 
Es bestehen Zweifel, ob die vom Kläger benannten Handlungen in ihrer Gesamtheit als „Mobbing“ zu bewerten sind, die die Zahlung eines Schmerzensgeldes für die immateriellen Schäden des Klägers in der begehrten Höhe rechtfertigen.
I.
47 
1. Der Begriff des Mobbings stellt für sich betrachtet keinen juristischen Tatbestand dar. Vielmehr handelt es sich um ein soziales Phänomen. Nach einer zwischenzeitlich weit verbreiteten Definition ist unter „Mobbing“ das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte zu verstehen. „Mobbing“ ist dann anzunehmen, wenn es sich um fortgesetzte, aufeinander aufbauende und ineinander übergreifende Verhaltensweisen handelt, die in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen. Die Erscheinungsform des „Mobbing“ ist vielfältig. Sie reichen von der sozialen Ausgrenzung bis hin zu groben Beleidigungen. Gemeinsam für alle Erscheinungsformen ist die systematische Vorgehensweise, durch die der Betroffene letztendlich zermürbt werden soll.
48 
2. Die zentrale Fragestellung vor Gericht ist, wie sich „Mobbing“ darlegen und beweisen lässt. Denn offenkundig erfüllt nicht jeder Arbeitsplatzkonflikt die Voraussetzungen des „Mobbing“. Da Konflikte am Arbeitsplatz subjektiv unterschiedlich verarbeitet werden, liegt „Mobbing“ nicht stets vor, wenn ein Konflikt zu psychischen oder physischen Beeinträchtigungen führt. Sonst wäre jede persönliche Auseinandersetzung mit einem hohen Haftungsrisiko verbunden. Arbeiten Menschen zusammen, so sind Konflikte in einem gewissen Umfang unvermeidbar. Gleiches gilt für Konflikte zwischen Vorgesetzten und Untergebenen. Eine arbeitsrechtliche Sanktion stellt nicht stets „Mobbing“ dar, auch wenn sich der betroffene Mitarbeiter hierdurch verletzt fühlt. Selbst dann, wenn die arbeitsrechtliche Sanktion einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhält, bedeutet dies noch nicht zwangsläufig „Mobbing“. Denn ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers liegt nur dann vor, wenn der Arbeitgeber die Unwirksamkeit der jeweiligen Maßnahme erkannt hat oder zumindest hätte erkennen können. Durfte der Arbeitgeber nach Abwägung der Gesamtumstände auf die Wirksamkeit seiner Maßnahme vertrauen, so handelt er nicht fahrlässig (vgl. BAG 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 56 f. BAGE 122, 304 mwN). Der entscheidende Unterschied zwischen sozial adäquatem Verhalten und „Mobbing“ liegt somit darin, dass der Betroffene durch eine systematische Vorgehensweise schikaniert und angefeindet wird. Für den Betroffenen liegt in der forensischen Praxis die Schwierigkeit darin, diese Zielsetzung darzulegen und unter Beweis zu stellen (LAG Baden-Württemberg 28.06.2007 - 6 Sa 93/06 - Rn. 120 mwN, zitiert nach juris).
49 
3. Der Arbeitgeber haftet dem betroffenen Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 BGB für schuldhaft begangene Persönlichkeitsrechts- oder Gesundheitsverletzungen durch von ihm als Erfüllungsgehilfen eingesetzte andere Arbeitnehmer und Vorgesetzte. Ihn trifft die arbeitsvertragliche Nebenpflicht, seine Arbeitnehmer vor sog. Mobbing und damit vor Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts durch seine Kollegen oder auch Vorgesetzte zu schützen.
50 
4. Die Beweislast für die Pflichtverletzung trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Gläubiger und damit der Arbeitnehmer. Dies gilt auch in sog. Mobbing-Fällen (BAG 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 88, BAGE 122, 304).
II.
51 
Davon ausgehend bestehen Zweifel, ob aus dem Sachvortrag des Klägers ein systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren durch den Amtsleiter B., ggf. unter Mitwirkung der Personalamtsleiters D. und der Sachgebietsleiterin Z., anzunehmen ist. Die Vorfälle tragen teils nicht den Vorwurf schikanösen Verhaltens, teils ist der Kläger für die erhobenen Vorwürfe beweisfällig geblieben. Im Einzelnen:
52 
1. Der Kläger ist für die Behauptung, dass seine ab dem 06.08.2013 bewilligte Kur auf Betreiben des Amtsleiters B. und des Personalamtsleiters D. ohne sachlichen Grund für zwei Wochen verschoben worden sei, jedenfalls beweisfällig geblieben. Unabhängig davon liegen die Kur und die anschließenden Vorfälle mehr als ein halbes Jahr auseinander.
53 
2. Zwar ist der Kläger wohl als einziger Mitarbeiter der Abteilung angewiesen worden, die von ihm erarbeiteten Genehmigungen zur Gegenzeichnung vorzulegen. Daraus kann allerdings noch kein schikanöses Verhalten geschlussfolgert werden. Denn im Verhältnis zu anderen Mitarbeitern der Abteilung sind die ausgeübten Aufgaben nicht vergleichbar. Ein schikanöses Verhalten wäre nur dann anzunehmen, wenn die anderen Mitarbeiter für ähnlich verantwortungsvolle Aufgaben keiner Gegenzeichnungspflicht unterlägen hätten. Dies hat der Kläger bereits nicht behauptet (siehe dazu aber nachfolgend unter Ziff. 10).
54 
3. Wer den Schulungsantrag des Klägers im Mai 2014 unterschrieben hat, ist letztlich irrelevant. Folgte man dem Kläger, hätte der Personalamtsleiter D. ein Fehlverhalten des Amtsleiters korrigiert. Ein solcher Ablauf, nämlich die Lösung des Konflikts im Sinne und Interesse des Klägers, kann der Beklagten als Arbeitgeber nicht vorgehalten werden.
55 
4. Bezüglich des im August 2014 gestellten Urlaubsantrags (Zeitraum: 29.09. bis 06.10.2014) ist unstreitig geblieben, das sich der Amtsleiter im August 2014 im Urlaub befand und die Mitarbeiterin Ba. ihren Urlaubsantrag (Zeitraum: 11.08. bis 26.08.2014) früher abgegeben hatte. Unabhängig davon wurde der Urlaub des Klägers bewilligt.
56 
5. Zwischen den Parteien steht im Streit, ob die in der Abmahnung vom 29.12.2014 enthaltenen Vorwürfe zutreffen. Richtig ist aber, dass die Beklagte die Vorwürfe im Verfahren 29 Ca 1393/15 in keinster Weise zu begründen versucht hat. Unabhängig davon ist die Abmahnung vom Bürgermeister ausgesprochen worden.
57 
6. Die Anordnung, zur Einschulungsveranstaltung Kontrollen vorzunehmen, ist zwar arbeitsvertraglich zulässig. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass der Kläger damit bewusst und gewollt einer unangenehmen Konfliktsituation ausgesetzt wurde.
58 
7. Der Vorwurf, der Amtsleiter B. habe den Beschwerden gegen die von ihm erlassenen Bescheide abgeholfen, hat der Kläger nur pauschal, nicht erwiderungsfähig und für das Gericht nicht nachprüfbar vorgetragen. Es ist kein konkreter Bescheid des Klägers benannt, den der Amtsleiter - unter Umständen rechtswidrig - aufgehoben haben soll. Ebenso unsubstantiiert ist der Vorwurf des Klägers, dass er dadurch in der Öffentlichkeit lächerlich gemacht worden sei.
59 
8. Die telefonische Kontaktaufnahme während der Urlaubs- und Krankheitszeiten durch Mitarbeiter der Abteilung auf Weisung oder - wie es der Personalamtsleiter D. im Kammertermin am 05.07.2016 verstanden haben will - als Anregung der Vorgesetzten, ist ein nicht nachvollziehbares Verhalten. Ob allerdings 5 bis 6 Anrufe über einen Zeitraum von 1,5 Jahren als Mobbinghandlung taugen, ist zweifelhaft.
60 
9. Etwas anderes gilt für den Vorwurf des Klägers, der Amtsleiter B. habe ihn mehrfach unter Abbruch des Außendiensteinsatzes ohne nachvollziehbaren Grund in sein Büro bestellt. Der Kläger hat die Tage im Einzelnen benannt. Hierzu hätte die Beklagte näher vortragen können und müssen (§ 138 Abs. 2 ZPO). Weisungen des Arbeitgebers müssen der Billigkeit entsprechen.
61 
10. Die Kammer hat den wechselnden Vortrag der Beklagten nicht übersehen, der im Rahmen der Überzeugungsbildung des Gerichts zugunsten des Klägers gewertet werden könnte.
62 
a) Eine Partei ist grundsätzlich nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere zu präzisieren, zu ergänzen oder zu berichtigen. Der Umstand, dass der Vortrag zu dem eigenen früheren Vortrag in Widerspruch steht, kann aber im Rahmen der Verhandlungswürdigung nach § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO Beachtung finden. Wechselnder Vortrag kann dabei als Anpassung an die jeweilige Beweislage verstanden werden und verliert dann an Überzeugungskraft (vgl. OLG Hamm 08.06. 2006 - 18 U 163/05 - Rn. 90, zitiert nach juris).
63 
b) So hat die Beklagte im Schriftsatz vom 02.03.2016 (Seite 7, Bl. 49 d. Akten) zur Gegenzeichnungspflicht zunächst vorgetragen, dass diese nicht nur für den Kläger, sondern für alle anderen Mitarbeiter gelte. Im Schriftsatz vom 19.05.2016 (Seite 2, Bl. 96 d. Akten) wird die unterschiedliche Behandlung zugestanden und mit der unterschiedlichen Aufgabenstellung der Mitarbeiter begründet. Der wechselnde Vortrag könnte dafür sprechen, dass der Gegenzeichnungspflicht keine sachlichen Erwägungen zugrunde lagen. Das könnte auch für die Anordnung zur Erstellung von Tages- und Wochenberichten gelten. Hierzu hatte die Beklagte im Schriftsatz vom 02.03.2016 (Seite 8, Bl. 50 d. Akten) zunächst vorgetragen, dass auch andere Mitarbeiter diese Berichte zu erstellen hätten. Hiervon ist die Beklagte im Schriftsatz vom 19.05.2016 (Seite 3 f., Bl. 97 f. d. Akten) abgerückt. Sie hat zunächst vorgetragen, dass es „im Belieben der Beklagten“ stehe, Tages- und Wochenberichte einzufordern. Das trifft im Hinblick auf § 106 GewO nicht. Weisungen müssen billigem Ermessen entsprechen und sind hierauf gerichtlich überprüfbar. Weiter wurde die Anordnung im Vergleich zu anderen Mitarbeitern tätigkeitsbezogen gerechtfertigt.
B.
64 
Letztlich kann es offen bleiben, ob dem Kläger dem Grunde nach ein Schmerzensgeldanspruch wegen fortgesetzter Mobbinghandlungen zusteht bzw. ob er hierfür überwiegend beweisfällig geblieben ist. Ein etwaiger Anspruch des Klägers ist aufgrund der tariflichen Ausschlussfrist (§ 37 Abs. 1 TVöD) verfallen.
I.
65 
Der TVöD findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. § 2 des Arbeitsvertrages enthält einen umfassenden Verweis auf die für die Beklagten einschlägigen tariflichen Regelungen. Der Kläger ist nicht tarifgebunden. Der TVöD-AT und damit auch dessen § 37 finden nicht kraft normativer Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG).
II.
66 
Die Ausschlussfrist gem. § 37 TVöD umfasst - unabhängig von der Anspruchsgrundlage - den vom Kläger geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts.
67 
1. Nach § 37 Abs. 1 TVöD verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus.
68 
2. Soweit ersichtlich ist bisher nicht höchstrichterlich entschieden, ob § 37 Abs. 1 TVöD auch vorsätzliche Pflichtverletzungen und Verletzungen des Persönlichkeitsrechts, zB wegen Mobbings, erfasst. Die sachliche Reichweite einer tariflichen Ausschlussfrist ist durch Auslegung zu ermitteln (Schaub/Treber ArbR-HdB § 209 Rn. 12). In Anlehnung an die Entscheidung des 8. Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - ist § 37 Abs. 1 TVöD dahingehend auszulegen, dass auch Schadens- und Schmerzensgeldansprüche wegen vorsätzlicher Pflichtverletzungen (§ 280 BGB) und Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG) umfasst sind. Das ergibt die Auslegung der Tarifnorm.
69 
a) Nach der (Grundsatz-)Entscheidung des 8. Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 16.05.2007 (- 8 AZR 709/06 - Rn. 40 ff. BAGE 122, 304) erfasst eine tarifliche Ausschlussfrist, die nach ihrem Wortlaut, von dem bei der Auslegung einer Tarifnorm vorrangig auszugehen ist (zu den Auslegungsgrundsätzen BAG 09.12.2015 - 10 AZR 488/14 - Rn. 12 mwN), „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ umfasst, auch Ansprüche aus vorsätzlich unerlaubter Handlung. Dem steht die seit 01.01.2002 geltende Vorschrift des § 202 Abs. 1 BGB nicht entgegen, der zufolge die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden kann. Zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis zählen wegen des einheitlichen Lebensvorgangs nicht nur vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche, sondern auch solche aus unerlaubter Handlung. Eine solche Klausel verstößt auch nicht gegen § 276 Abs. 3 BGB, da die Haftung nicht im Voraus erlassen wird. Soweit sie auch die Haftung wegen Vorsatzes erfasst, ist sie jedenfalls dann nicht nach § 134, § 202 Abs. 1 BGB teilunwirksam, wenn die Haftung für fremdes vorsätzliches Handeln ausgeschlossen wird. Diesen Ausschluss lässt § 278 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Daher können derartige Ansprüche auch unter der Geltung des § 202 Abs. 1 BGB von einer Ausschlussfrist umfasst werden.
70 
b) Danach erfasst § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD die hier streitgegenständlichen Ansprüche.
71 
aa) Der Grundsatzentscheidung vom 16.05.2007 (- 8 AZR 709/06 -) folgend handelt es sich auch bei Ansprüchen auf Schadensersatz- und Schmerzensgeld wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts um „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ iSd. § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD. In der Entscheidung vom 16.05.2007 führte das Bundesarbeitsgericht aus, dass eine Verfallklausel, die sich nach ihrem Wortlaut auf „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis" bezieht, sowohl Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung als auch solche wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts umfasst. Soweit damit in Abkehr zur früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zu § 70 BAT BAG 25.04.1972 - 1 AZR 322/71 - Leitsatz 1 und unter III b aa der Entscheidungsgründe) nunmehr auch Schadensersatzansprüche aus der Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Ausschlussfrist in § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD unterstellt werden, erscheint dies zur Vermeidung einer unangemessenen Differenzierung von allgemeinen Schadensersatzansprüchen und solchen wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts sachgerecht (zweifelnd Schaub/Treber ArbR-HdB § 209 Rn. 16). Im Anwendungsbereich des TVöD kann nichts anderes gelten (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck, TVöD, Loseblatt, § 37 Rn. 57ff.; Sponer/Steinherr, TVöD, Loseblatt, § 37 Rn. 175; LAG Hamm 02.02.2012 - 17 Sa 1001/11 -; LAG Köln 02.03.2011 - 1 Ta 375/10 -).
72 
bb) Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der Entscheidung des BAG vom 16.05.2007 (aaO) eine tarifliche Ausschlussfrist zugrunde LAG, die mit § 37 Abs. 1 TVöD inhaltlich weitgehend übereinstimmt. Auch diese erfasste nach dem Wortlaut - ebenso wie § 37 Abs. 1 TVöD - ohne weitergehende Differenzierung „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“. Diese Tarifnorm lautet wie folgt:
73 
„Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen spätestens innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Entstehen des Anspruchs geltend gemacht werden; Ist dies geschehen, so bleiben die gesetzlichen Verjährungsfristen unberührt.“
74 
c) Der hier vertretenen Auffassung steht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur einschränkenden Auslegung einzelvertraglicher Ausschlussfristen nicht entgegen.
75 
Danach sind einzelvertragliche Ausschlussfristen dahingehend auszulegen, dass sie nicht auch die Haftung wegen Vorsatzes bzw. vorsätzlichen Vertragsverstößen und vorsätzlich begangener unerlaubter Handlungen ausgeschlossen werden. Nach § 202 Abs. 1 BGB kann die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. § 202 Abs. 1 BGB erfasst nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen. § 202 BGB stellt eine Verbotsnorm im Sinne von § 134 BGB dar. Eine im Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfrist ist nichtig, sofern sie auch vorsätzliche Vertragsverstöße und vorsätzlich begangene unerlaubte Handlungen erfassen sollte (vgl. BAG 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19). Im Hinblick auf diese klare Gesetzeslage ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Vertragspartner mit solchen Vertragsklauseln keine Fälle anders als das Gesetz und unter Verstoß gegen die gesetzliche Verbotsnorm iSd. § 134 BGB regeln wollten. Anders verhält es sich bei tarifvertraglichen Ausschlussfristen, die auch Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfassen. Solchen Tarifklauseln steht § 202 Abs. 1 BGB (gerade) nicht entgegen, da das Gesetz die Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes nur „durch Rechtsgeschäft“ verbietet (BAG 18.08.2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 32 ff.; 20.06.2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 24).
76 
3. Danach ist der Schmerzensgeldanspruch verfallen.
77 
In Mobbing-Fällen beginnt die Ausschlussfrist wegen der systematischen, sich aus mehreren einzelnen Handlungen zusammensetzenden Verletzungshandlung regelmäßig erst mit der zeitlich letzten Mobbing-Handlung (BAG 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 -). Die letzte vom Kläger behauptete „Mobbinghandlung“ stellt die - aus seiner Sicht - unberechtigte Abmahnung vom 29.12.2014 dar. Davon ausgehend wurde der Schmerzensgeldanspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht. Der Kläger hat den Anspruch erstmals mit Schreiben vom 16.09.2015 schriftlich geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt LAG die letzten Mobbinghandlung bereits mehr als 8,5 Monate zurück. In 2015 war der Kläger zunächst wegen Krankheit und im Anschluss wegen der vereinbarten Freistellung nicht mehr bei der Beklagten tatsächlich beschäftigt.
IV.
78 
Entgegen der Auffassung des Klägers steht dem Verfall nicht entgegen, dass der TVöD nicht kraft normativer Wirkung, sondern kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung findet.
79 
1. Zunächst ist festzuhalten, dass § 202 Abs. 1 BGB nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung einer tariflichen Ausschlussfrist, die auch Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfasst und nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 Abs. 4 TVG normative Wirkung entfaltet, nicht entgegensteht. Die Rechtsprechung wird im Kern wie folgt begründet:
80 
a) § 202 Abs. 1 BGB spricht von einer Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes „durch Rechtsgeschäft“. Damit wird bereits nach dem Wortlaut der Norm auf einen Tatbestand abgestellt, der sich aus Willenserklärungen ergibt. Die amtliche Überschrift von § 202 BGB spricht zwar in Abweichung vom Wort „Rechtsgeschäft“ von „Vereinbarungen über die Verjährung“, jedoch folgt auch hieraus, dass sich § 202 BGB auf Verjährungsregelungen durch Parteivereinbarung bezieht und die Vertragsfreiheit der Parteien insoweit einschränkt. Auch die Gesetzesbegründung spricht von der Disposition der Parteien, von Parteivereinbarung bzw. dem Interesse beider Parteien (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 109 f.). § 202 BGB bezieht sich damit losgelöst von den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets ausschließlich auf die Parteien des materiell-rechtlichen Anspruchs, um dessen Verjährung es geht.
81 
b) Eine „Vereinbarung“ im Sinne von § 202 Abs. 1 BGB liegt allerdings nicht vor, wenn auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ein Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifbindung oder kraft Allgemeinverbindlicherklärung zwingend Anwendung findet (§ 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 Abs. 4 TVG). Gilt für das Arbeitsverhältnis der Parteien ein Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifbindung, so gelten die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Die Rechtsnormen eines Tarifvertrags sind Gesetze im materiell-rechtlichen Sinne und erfüllen den Gesetzesbegriff des Art. 2 EGBGB (BAG 14. Juni 1994 - 9 AZR 284/93 - BAGE 77, 81). Für die Tarifgebundenen entspricht die Regelungswirkung daher derjenigen anderer Gesetze. Aufgrund dieser normativen Wirkung des Tarifvertrags, die gerade nicht Ausdruck der privatautonomen Gestaltung der Arbeitsvertragsparteien ist, handelt es sich bei den zwingend und unmittelbar geltenden Rechtsnormen eines Tarifvertrags nicht um ein „Rechtsgeschäft“ im Sinne von § 202 BGB, sondern um eine gesetzliche Regelung im Sinne von Art. 2 EGBGB.
82 
2. Einzelvertragliche Ausschlussfristen, die auch die Haftung wegen Vorsatzes ausschließen, sind gem. § 134, § 202 Abs. 1 BGB unwirksam. Nicht geklärt ist allerdings, ob eine tarifliche Ausschlussfrist, die - wie hier - kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklausel auf den einschlägigen Tarifvertrag zur Anwendung kommt, an § 202 Abs. 1 BGB zu messen ist und im Bejahungsfall (teil-)nichtig ist. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Rechtsfrage - soweit ersichtlich - bisher offen gelassen. So hat der Achte Senat im Urteil vom 18.08.2011 (- 8 AZR 187/10 -) unter der Randnummer 37 ausgeführt:
83 
„Ob eine individualvertragliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien und damit ein Rechtsgeschäft im Sinne von § 202 BGB jedoch dann vorliegt, wenn ein Tarifvertrag aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel insgesamt Anwendung findet oder wenn allein bezüglich der Ausschlussfristen ein Tarifvertrag Anwendung finden soll, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.“
84 
Auch in der Entscheidung vom 20.06.2013 (- 8 AZR 280/12 -) wurde die Rechtsfrage unter Randnummer 24 wie folgt offen gelassen:
85 
„Der Senat hat für tarifvertragliche Ausschlussfristen, die Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfassen, entschieden, dass solchen Tarifklauseln § 202 Abs. 1 BGB nicht entgegensteht, da das Gesetz die Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes nur „durch Rechtsgeschäft“ verbietet (…). Da die Arbeitsvertragsparteien hier nicht auf einen Tarifvertrag Bezug genommen haben, braucht nicht entschieden zu werden, ob ein Rechtsgeschäft iSv. § 202 BGB dann ausscheidet, wenn ein Tarifvertrag aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel insgesamt Anwendung findet.“
86 
3. Nach richtiger Auffassung kann es für die Vereinbarkeit einer tariflichen Ausschlussfrist mit § 202 Abs. 1 BGB keinen Unterschied machen, ob diese kraft normativer Wirkung oder kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme zur Anwendung kommt. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - im Sinne einer Gleichstellungsabrede umfassend auf den für das Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifvertrag verwiesen wird. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei einem Arbeitsvertrag um ein Rechtsgeschäft iSd. § 202 Abs. 1 BGB handelt. Durch den Arbeitsvertrag als Rechtsgeschäft wird nur die Anwendbarkeit des Tarifvertrages vereinbart. Unmittelbarer Inhalt des Arbeitsvertrags als Rechtsgeschäft ist nicht die tarifliche Ausschlussfrist selbst bzw. der Ausschluss der Haftung wegen Vorsatzes. Die Anwendbarkeit der tariflichen Ausschlussfrist folgt erst mittelbar aus dem Tarifvertrag. Die tarifvertragliche Ausschlussfrist bleibt eine von den Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifnorm, die Bestandteil des Tarifvertrags als Gesamtwerk ist. Dieser unterliegt auch bei Anwendbarkeit auf ein Arbeitsverhältnis kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme keiner gerichtlichen Kontrolle auf die Angemessenheit des Inhalts. Für ihn streitet weiterhin die Richtigkeitsgewähr. Es liegt allein in den Händen der Tarifvertragsparteien, eine Ausschlussfrist zu vereinbaren, zu ändern, zu ergänzen oder abzuschaffen. Die Haftung wegen Vorsatzes oder für unerlaubte Handlungen kann aus dem Geltungsbereich einer Ausschlussfrist ausgenommen werden. All dies macht deutlich, dass im Falle einer umfassenden Bezugnahme auf einen einschlägigen Tarifvertrag die dort enthaltene Ausschlussfrist nicht als ein Rechtsgeschäft der Parteien an § 202 Abs. 1 BGB gemessen werden kann. Die Vorschrift gilt nur für die von den Arbeitsvertragsparteien eigenständig geregelten Ausschlussfristen. Vorliegend kann zudem offen bleiben, ob die Anwendbarkeit des § 202 Abs. 1 BGB nur bei einer Gleichstellungsabrede ausgeschlossen ist. Dies ist bei § 2 des Arbeitsvertrages der Fall.
87 
4. Das gilt hingegen nicht, wenn die Arbeitsvertragsparteien nicht auf das einschlägige Tarifwerk als Ganzes oder nur auf einzelne Tarifvorschriften Bezug nehmen. In diesen Fällen beruht die Geltung der tariflichen Ausschlussfrist auf dem Arbeitsvertrag der Parteien. Die Geltung der dergestalt in Bezug genommenen tariflichen Bestimmungen sind durch den Arbeitsvertrag als Rechtsgeschäft iSd. § 202 Abs. 1 BGB vereinbart. Folge einer solchen Teilverweisung („Rosinenpickerei“) ist die (Teil-)Nichtigkeit gem. § 134, § 202 Abs. 1 BGB der anzuwendenden Ausschlussfrist, wenn auch die Haftung wegen Vorsatzes umfasst ist.
88 
5. Die hier vertretene Auffassung findet ihre Stütze in zahlreichen gesetzlichen Bestimmungen. So sind Bezugnahmeklauseln nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB einer vollen Rechtskontrolle unterworfen. Der Tarifvertrag als Bezugnahmeobjekt ist allerdings gem. § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB aus der Überprüfung ausdrücklich ausgenommen. Vergleichbares gilt für die Bezugnahme auf verkürzte Kündigungsfristen nach einem Tarifvertrag (§ 623 Abs. 4 Satz 2 BGB), auf die einschlägigen tariflichen Urlaubsregelungen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BUrlG) oder auf die tariflichen Bestimmungen zur Höhe des fortzuzahlenden Entgelts im Krankheitsfall (§ 4 Abs. 4 Satz 2 BurlG). In keinem der vorgenannten Fälle werden die tariflichen Bestimmungen bei einer gesetzeskonformen Bezugnahme einer strengeren oder abweichenden Prüfung unterzogen als bei Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien.
89 
6. Für die hier vertretene Auffassung sprechen der Sinn und Zweck tariflicher Ausschlussfristen und die damit verbundene Stärkung der Tarifbindung und Tarifautonomie.
90 
Sinn und Zweck tariflicher Ausschlussfristen ist es, innerhalb eines festgelegten, überschaubaren Zeitraums endgültig Klarheit - „reinen Tisch“ - über den Bestand der Forderungen und Rechte zu schaffen und damit Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu garantieren. Dieser Zweck wird verfehlt, wenn die Nichtigkeitsfolgen des § 202 Abs. 1 BGB für tarifgebundene und tarifungebundene Arbeitnehmer (mit einer Gleichstellungsabrede) divergieren. Da Arbeitgeber nicht immer Kenntnis von der Tarifbindung der Arbeitnehmer haben, würde zunächst offen bleiben, wann welche Ansprüche aus welchem Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Ausschlussfrist endgültig erledigt sind. So kann kein Rechtsfrieden und keine Rechtssicherheit geschaffen werden. Selbst wenn dem Arbeitgeber die Gewerkschaftszugehörigkeit eines Arbeitnehmers bekannt ist, kann dieser - zB nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis - seine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft beenden oder erst begründen. Daraus kann nicht folgen, dass die laufende Ausschlussfrist für eine Vorsatztat nicht mit dem Austritt unwirksam wird. Damit bietet auch die Kenntnis von der Gewerkschaftszugehörigkeit keine Gewähr für Rechtsfrieden und Rechtssicherheit. Die hier vertretene Auffassung erhält die dem Arbeitgeber mit der Tarifbindung verbundenen Vorteile. Sie ermöglicht im Hinblick auf § 202 Abs. 1 BGB eine Gleichstellung von tarifgebundenen und tarifungebundenen Arbeitnehmern hinsichtlich der anzuwendenden tariflichen Ausschlussfrist. Zugleich wird für Arbeitgeber ein Anreiz gesetzt, die Geltung tarifvertraglicher Regelungen auf einzelvertraglicher Ebene zu vereinbaren.
C.
91 
Da der Kläger vollumfänglich unterlegen ist, trägt er die Kosten des Rechtsstreits (§ 91 Abs. 1 ZPO).
92 
Der Rechtsmittelstreitwert (§ 61 Abs. 1 ArbGG) wurde in Höhe der bezifferten Klageforderung festgesetzt (§ 3 ZPO).
93 
Die Zulassung der Berufung beruht auf § 64 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. b ArbGG.

Gründe

 
45 
Die Klage ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1 BGB, § 253 Abs. 2 BGB bzw. § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts (Mobbing) auf Zahlung eines Schmerzensgeldanspruches iHv. 10.000,00 Euro. Es bestehen bereits Zweifel, ob aus dem Vortrag des Klägers auf aufeinander aufbauenden und ineinander übergreifenden Anfeindungen bzw. Schikanen, die in ihrer Gesamtheit eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen, zu schließen ist (A). Ein etwaiger Schmerzensgeldanspruch wäre jedenfalls nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD verfallen (B).
A.
46 
Es bestehen Zweifel, ob die vom Kläger benannten Handlungen in ihrer Gesamtheit als „Mobbing“ zu bewerten sind, die die Zahlung eines Schmerzensgeldes für die immateriellen Schäden des Klägers in der begehrten Höhe rechtfertigen.
I.
47 
1. Der Begriff des Mobbings stellt für sich betrachtet keinen juristischen Tatbestand dar. Vielmehr handelt es sich um ein soziales Phänomen. Nach einer zwischenzeitlich weit verbreiteten Definition ist unter „Mobbing“ das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte zu verstehen. „Mobbing“ ist dann anzunehmen, wenn es sich um fortgesetzte, aufeinander aufbauende und ineinander übergreifende Verhaltensweisen handelt, die in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen. Die Erscheinungsform des „Mobbing“ ist vielfältig. Sie reichen von der sozialen Ausgrenzung bis hin zu groben Beleidigungen. Gemeinsam für alle Erscheinungsformen ist die systematische Vorgehensweise, durch die der Betroffene letztendlich zermürbt werden soll.
48 
2. Die zentrale Fragestellung vor Gericht ist, wie sich „Mobbing“ darlegen und beweisen lässt. Denn offenkundig erfüllt nicht jeder Arbeitsplatzkonflikt die Voraussetzungen des „Mobbing“. Da Konflikte am Arbeitsplatz subjektiv unterschiedlich verarbeitet werden, liegt „Mobbing“ nicht stets vor, wenn ein Konflikt zu psychischen oder physischen Beeinträchtigungen führt. Sonst wäre jede persönliche Auseinandersetzung mit einem hohen Haftungsrisiko verbunden. Arbeiten Menschen zusammen, so sind Konflikte in einem gewissen Umfang unvermeidbar. Gleiches gilt für Konflikte zwischen Vorgesetzten und Untergebenen. Eine arbeitsrechtliche Sanktion stellt nicht stets „Mobbing“ dar, auch wenn sich der betroffene Mitarbeiter hierdurch verletzt fühlt. Selbst dann, wenn die arbeitsrechtliche Sanktion einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhält, bedeutet dies noch nicht zwangsläufig „Mobbing“. Denn ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers liegt nur dann vor, wenn der Arbeitgeber die Unwirksamkeit der jeweiligen Maßnahme erkannt hat oder zumindest hätte erkennen können. Durfte der Arbeitgeber nach Abwägung der Gesamtumstände auf die Wirksamkeit seiner Maßnahme vertrauen, so handelt er nicht fahrlässig (vgl. BAG 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 56 f. BAGE 122, 304 mwN). Der entscheidende Unterschied zwischen sozial adäquatem Verhalten und „Mobbing“ liegt somit darin, dass der Betroffene durch eine systematische Vorgehensweise schikaniert und angefeindet wird. Für den Betroffenen liegt in der forensischen Praxis die Schwierigkeit darin, diese Zielsetzung darzulegen und unter Beweis zu stellen (LAG Baden-Württemberg 28.06.2007 - 6 Sa 93/06 - Rn. 120 mwN, zitiert nach juris).
49 
3. Der Arbeitgeber haftet dem betroffenen Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 BGB für schuldhaft begangene Persönlichkeitsrechts- oder Gesundheitsverletzungen durch von ihm als Erfüllungsgehilfen eingesetzte andere Arbeitnehmer und Vorgesetzte. Ihn trifft die arbeitsvertragliche Nebenpflicht, seine Arbeitnehmer vor sog. Mobbing und damit vor Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts durch seine Kollegen oder auch Vorgesetzte zu schützen.
50 
4. Die Beweislast für die Pflichtverletzung trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Gläubiger und damit der Arbeitnehmer. Dies gilt auch in sog. Mobbing-Fällen (BAG 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 88, BAGE 122, 304).
II.
51 
Davon ausgehend bestehen Zweifel, ob aus dem Sachvortrag des Klägers ein systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren durch den Amtsleiter B., ggf. unter Mitwirkung der Personalamtsleiters D. und der Sachgebietsleiterin Z., anzunehmen ist. Die Vorfälle tragen teils nicht den Vorwurf schikanösen Verhaltens, teils ist der Kläger für die erhobenen Vorwürfe beweisfällig geblieben. Im Einzelnen:
52 
1. Der Kläger ist für die Behauptung, dass seine ab dem 06.08.2013 bewilligte Kur auf Betreiben des Amtsleiters B. und des Personalamtsleiters D. ohne sachlichen Grund für zwei Wochen verschoben worden sei, jedenfalls beweisfällig geblieben. Unabhängig davon liegen die Kur und die anschließenden Vorfälle mehr als ein halbes Jahr auseinander.
53 
2. Zwar ist der Kläger wohl als einziger Mitarbeiter der Abteilung angewiesen worden, die von ihm erarbeiteten Genehmigungen zur Gegenzeichnung vorzulegen. Daraus kann allerdings noch kein schikanöses Verhalten geschlussfolgert werden. Denn im Verhältnis zu anderen Mitarbeitern der Abteilung sind die ausgeübten Aufgaben nicht vergleichbar. Ein schikanöses Verhalten wäre nur dann anzunehmen, wenn die anderen Mitarbeiter für ähnlich verantwortungsvolle Aufgaben keiner Gegenzeichnungspflicht unterlägen hätten. Dies hat der Kläger bereits nicht behauptet (siehe dazu aber nachfolgend unter Ziff. 10).
54 
3. Wer den Schulungsantrag des Klägers im Mai 2014 unterschrieben hat, ist letztlich irrelevant. Folgte man dem Kläger, hätte der Personalamtsleiter D. ein Fehlverhalten des Amtsleiters korrigiert. Ein solcher Ablauf, nämlich die Lösung des Konflikts im Sinne und Interesse des Klägers, kann der Beklagten als Arbeitgeber nicht vorgehalten werden.
55 
4. Bezüglich des im August 2014 gestellten Urlaubsantrags (Zeitraum: 29.09. bis 06.10.2014) ist unstreitig geblieben, das sich der Amtsleiter im August 2014 im Urlaub befand und die Mitarbeiterin Ba. ihren Urlaubsantrag (Zeitraum: 11.08. bis 26.08.2014) früher abgegeben hatte. Unabhängig davon wurde der Urlaub des Klägers bewilligt.
56 
5. Zwischen den Parteien steht im Streit, ob die in der Abmahnung vom 29.12.2014 enthaltenen Vorwürfe zutreffen. Richtig ist aber, dass die Beklagte die Vorwürfe im Verfahren 29 Ca 1393/15 in keinster Weise zu begründen versucht hat. Unabhängig davon ist die Abmahnung vom Bürgermeister ausgesprochen worden.
57 
6. Die Anordnung, zur Einschulungsveranstaltung Kontrollen vorzunehmen, ist zwar arbeitsvertraglich zulässig. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass der Kläger damit bewusst und gewollt einer unangenehmen Konfliktsituation ausgesetzt wurde.
58 
7. Der Vorwurf, der Amtsleiter B. habe den Beschwerden gegen die von ihm erlassenen Bescheide abgeholfen, hat der Kläger nur pauschal, nicht erwiderungsfähig und für das Gericht nicht nachprüfbar vorgetragen. Es ist kein konkreter Bescheid des Klägers benannt, den der Amtsleiter - unter Umständen rechtswidrig - aufgehoben haben soll. Ebenso unsubstantiiert ist der Vorwurf des Klägers, dass er dadurch in der Öffentlichkeit lächerlich gemacht worden sei.
59 
8. Die telefonische Kontaktaufnahme während der Urlaubs- und Krankheitszeiten durch Mitarbeiter der Abteilung auf Weisung oder - wie es der Personalamtsleiter D. im Kammertermin am 05.07.2016 verstanden haben will - als Anregung der Vorgesetzten, ist ein nicht nachvollziehbares Verhalten. Ob allerdings 5 bis 6 Anrufe über einen Zeitraum von 1,5 Jahren als Mobbinghandlung taugen, ist zweifelhaft.
60 
9. Etwas anderes gilt für den Vorwurf des Klägers, der Amtsleiter B. habe ihn mehrfach unter Abbruch des Außendiensteinsatzes ohne nachvollziehbaren Grund in sein Büro bestellt. Der Kläger hat die Tage im Einzelnen benannt. Hierzu hätte die Beklagte näher vortragen können und müssen (§ 138 Abs. 2 ZPO). Weisungen des Arbeitgebers müssen der Billigkeit entsprechen.
61 
10. Die Kammer hat den wechselnden Vortrag der Beklagten nicht übersehen, der im Rahmen der Überzeugungsbildung des Gerichts zugunsten des Klägers gewertet werden könnte.
62 
a) Eine Partei ist grundsätzlich nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere zu präzisieren, zu ergänzen oder zu berichtigen. Der Umstand, dass der Vortrag zu dem eigenen früheren Vortrag in Widerspruch steht, kann aber im Rahmen der Verhandlungswürdigung nach § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO Beachtung finden. Wechselnder Vortrag kann dabei als Anpassung an die jeweilige Beweislage verstanden werden und verliert dann an Überzeugungskraft (vgl. OLG Hamm 08.06. 2006 - 18 U 163/05 - Rn. 90, zitiert nach juris).
63 
b) So hat die Beklagte im Schriftsatz vom 02.03.2016 (Seite 7, Bl. 49 d. Akten) zur Gegenzeichnungspflicht zunächst vorgetragen, dass diese nicht nur für den Kläger, sondern für alle anderen Mitarbeiter gelte. Im Schriftsatz vom 19.05.2016 (Seite 2, Bl. 96 d. Akten) wird die unterschiedliche Behandlung zugestanden und mit der unterschiedlichen Aufgabenstellung der Mitarbeiter begründet. Der wechselnde Vortrag könnte dafür sprechen, dass der Gegenzeichnungspflicht keine sachlichen Erwägungen zugrunde lagen. Das könnte auch für die Anordnung zur Erstellung von Tages- und Wochenberichten gelten. Hierzu hatte die Beklagte im Schriftsatz vom 02.03.2016 (Seite 8, Bl. 50 d. Akten) zunächst vorgetragen, dass auch andere Mitarbeiter diese Berichte zu erstellen hätten. Hiervon ist die Beklagte im Schriftsatz vom 19.05.2016 (Seite 3 f., Bl. 97 f. d. Akten) abgerückt. Sie hat zunächst vorgetragen, dass es „im Belieben der Beklagten“ stehe, Tages- und Wochenberichte einzufordern. Das trifft im Hinblick auf § 106 GewO nicht. Weisungen müssen billigem Ermessen entsprechen und sind hierauf gerichtlich überprüfbar. Weiter wurde die Anordnung im Vergleich zu anderen Mitarbeitern tätigkeitsbezogen gerechtfertigt.
B.
64 
Letztlich kann es offen bleiben, ob dem Kläger dem Grunde nach ein Schmerzensgeldanspruch wegen fortgesetzter Mobbinghandlungen zusteht bzw. ob er hierfür überwiegend beweisfällig geblieben ist. Ein etwaiger Anspruch des Klägers ist aufgrund der tariflichen Ausschlussfrist (§ 37 Abs. 1 TVöD) verfallen.
I.
65 
Der TVöD findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. § 2 des Arbeitsvertrages enthält einen umfassenden Verweis auf die für die Beklagten einschlägigen tariflichen Regelungen. Der Kläger ist nicht tarifgebunden. Der TVöD-AT und damit auch dessen § 37 finden nicht kraft normativer Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG).
II.
66 
Die Ausschlussfrist gem. § 37 TVöD umfasst - unabhängig von der Anspruchsgrundlage - den vom Kläger geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts.
67 
1. Nach § 37 Abs. 1 TVöD verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus.
68 
2. Soweit ersichtlich ist bisher nicht höchstrichterlich entschieden, ob § 37 Abs. 1 TVöD auch vorsätzliche Pflichtverletzungen und Verletzungen des Persönlichkeitsrechts, zB wegen Mobbings, erfasst. Die sachliche Reichweite einer tariflichen Ausschlussfrist ist durch Auslegung zu ermitteln (Schaub/Treber ArbR-HdB § 209 Rn. 12). In Anlehnung an die Entscheidung des 8. Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - ist § 37 Abs. 1 TVöD dahingehend auszulegen, dass auch Schadens- und Schmerzensgeldansprüche wegen vorsätzlicher Pflichtverletzungen (§ 280 BGB) und Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG) umfasst sind. Das ergibt die Auslegung der Tarifnorm.
69 
a) Nach der (Grundsatz-)Entscheidung des 8. Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 16.05.2007 (- 8 AZR 709/06 - Rn. 40 ff. BAGE 122, 304) erfasst eine tarifliche Ausschlussfrist, die nach ihrem Wortlaut, von dem bei der Auslegung einer Tarifnorm vorrangig auszugehen ist (zu den Auslegungsgrundsätzen BAG 09.12.2015 - 10 AZR 488/14 - Rn. 12 mwN), „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ umfasst, auch Ansprüche aus vorsätzlich unerlaubter Handlung. Dem steht die seit 01.01.2002 geltende Vorschrift des § 202 Abs. 1 BGB nicht entgegen, der zufolge die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden kann. Zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis zählen wegen des einheitlichen Lebensvorgangs nicht nur vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche, sondern auch solche aus unerlaubter Handlung. Eine solche Klausel verstößt auch nicht gegen § 276 Abs. 3 BGB, da die Haftung nicht im Voraus erlassen wird. Soweit sie auch die Haftung wegen Vorsatzes erfasst, ist sie jedenfalls dann nicht nach § 134, § 202 Abs. 1 BGB teilunwirksam, wenn die Haftung für fremdes vorsätzliches Handeln ausgeschlossen wird. Diesen Ausschluss lässt § 278 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Daher können derartige Ansprüche auch unter der Geltung des § 202 Abs. 1 BGB von einer Ausschlussfrist umfasst werden.
70 
b) Danach erfasst § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD die hier streitgegenständlichen Ansprüche.
71 
aa) Der Grundsatzentscheidung vom 16.05.2007 (- 8 AZR 709/06 -) folgend handelt es sich auch bei Ansprüchen auf Schadensersatz- und Schmerzensgeld wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts um „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ iSd. § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD. In der Entscheidung vom 16.05.2007 führte das Bundesarbeitsgericht aus, dass eine Verfallklausel, die sich nach ihrem Wortlaut auf „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis" bezieht, sowohl Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung als auch solche wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts umfasst. Soweit damit in Abkehr zur früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zu § 70 BAT BAG 25.04.1972 - 1 AZR 322/71 - Leitsatz 1 und unter III b aa der Entscheidungsgründe) nunmehr auch Schadensersatzansprüche aus der Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Ausschlussfrist in § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD unterstellt werden, erscheint dies zur Vermeidung einer unangemessenen Differenzierung von allgemeinen Schadensersatzansprüchen und solchen wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts sachgerecht (zweifelnd Schaub/Treber ArbR-HdB § 209 Rn. 16). Im Anwendungsbereich des TVöD kann nichts anderes gelten (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck, TVöD, Loseblatt, § 37 Rn. 57ff.; Sponer/Steinherr, TVöD, Loseblatt, § 37 Rn. 175; LAG Hamm 02.02.2012 - 17 Sa 1001/11 -; LAG Köln 02.03.2011 - 1 Ta 375/10 -).
72 
bb) Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der Entscheidung des BAG vom 16.05.2007 (aaO) eine tarifliche Ausschlussfrist zugrunde LAG, die mit § 37 Abs. 1 TVöD inhaltlich weitgehend übereinstimmt. Auch diese erfasste nach dem Wortlaut - ebenso wie § 37 Abs. 1 TVöD - ohne weitergehende Differenzierung „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“. Diese Tarifnorm lautet wie folgt:
73 
„Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen spätestens innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Entstehen des Anspruchs geltend gemacht werden; Ist dies geschehen, so bleiben die gesetzlichen Verjährungsfristen unberührt.“
74 
c) Der hier vertretenen Auffassung steht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur einschränkenden Auslegung einzelvertraglicher Ausschlussfristen nicht entgegen.
75 
Danach sind einzelvertragliche Ausschlussfristen dahingehend auszulegen, dass sie nicht auch die Haftung wegen Vorsatzes bzw. vorsätzlichen Vertragsverstößen und vorsätzlich begangener unerlaubter Handlungen ausgeschlossen werden. Nach § 202 Abs. 1 BGB kann die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. § 202 Abs. 1 BGB erfasst nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen. § 202 BGB stellt eine Verbotsnorm im Sinne von § 134 BGB dar. Eine im Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfrist ist nichtig, sofern sie auch vorsätzliche Vertragsverstöße und vorsätzlich begangene unerlaubte Handlungen erfassen sollte (vgl. BAG 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19). Im Hinblick auf diese klare Gesetzeslage ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Vertragspartner mit solchen Vertragsklauseln keine Fälle anders als das Gesetz und unter Verstoß gegen die gesetzliche Verbotsnorm iSd. § 134 BGB regeln wollten. Anders verhält es sich bei tarifvertraglichen Ausschlussfristen, die auch Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfassen. Solchen Tarifklauseln steht § 202 Abs. 1 BGB (gerade) nicht entgegen, da das Gesetz die Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes nur „durch Rechtsgeschäft“ verbietet (BAG 18.08.2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 32 ff.; 20.06.2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 24).
76 
3. Danach ist der Schmerzensgeldanspruch verfallen.
77 
In Mobbing-Fällen beginnt die Ausschlussfrist wegen der systematischen, sich aus mehreren einzelnen Handlungen zusammensetzenden Verletzungshandlung regelmäßig erst mit der zeitlich letzten Mobbing-Handlung (BAG 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 -). Die letzte vom Kläger behauptete „Mobbinghandlung“ stellt die - aus seiner Sicht - unberechtigte Abmahnung vom 29.12.2014 dar. Davon ausgehend wurde der Schmerzensgeldanspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht. Der Kläger hat den Anspruch erstmals mit Schreiben vom 16.09.2015 schriftlich geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt LAG die letzten Mobbinghandlung bereits mehr als 8,5 Monate zurück. In 2015 war der Kläger zunächst wegen Krankheit und im Anschluss wegen der vereinbarten Freistellung nicht mehr bei der Beklagten tatsächlich beschäftigt.
IV.
78 
Entgegen der Auffassung des Klägers steht dem Verfall nicht entgegen, dass der TVöD nicht kraft normativer Wirkung, sondern kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung findet.
79 
1. Zunächst ist festzuhalten, dass § 202 Abs. 1 BGB nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung einer tariflichen Ausschlussfrist, die auch Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfasst und nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 Abs. 4 TVG normative Wirkung entfaltet, nicht entgegensteht. Die Rechtsprechung wird im Kern wie folgt begründet:
80 
a) § 202 Abs. 1 BGB spricht von einer Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes „durch Rechtsgeschäft“. Damit wird bereits nach dem Wortlaut der Norm auf einen Tatbestand abgestellt, der sich aus Willenserklärungen ergibt. Die amtliche Überschrift von § 202 BGB spricht zwar in Abweichung vom Wort „Rechtsgeschäft“ von „Vereinbarungen über die Verjährung“, jedoch folgt auch hieraus, dass sich § 202 BGB auf Verjährungsregelungen durch Parteivereinbarung bezieht und die Vertragsfreiheit der Parteien insoweit einschränkt. Auch die Gesetzesbegründung spricht von der Disposition der Parteien, von Parteivereinbarung bzw. dem Interesse beider Parteien (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 109 f.). § 202 BGB bezieht sich damit losgelöst von den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets ausschließlich auf die Parteien des materiell-rechtlichen Anspruchs, um dessen Verjährung es geht.
81 
b) Eine „Vereinbarung“ im Sinne von § 202 Abs. 1 BGB liegt allerdings nicht vor, wenn auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ein Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifbindung oder kraft Allgemeinverbindlicherklärung zwingend Anwendung findet (§ 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 Abs. 4 TVG). Gilt für das Arbeitsverhältnis der Parteien ein Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifbindung, so gelten die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Die Rechtsnormen eines Tarifvertrags sind Gesetze im materiell-rechtlichen Sinne und erfüllen den Gesetzesbegriff des Art. 2 EGBGB (BAG 14. Juni 1994 - 9 AZR 284/93 - BAGE 77, 81). Für die Tarifgebundenen entspricht die Regelungswirkung daher derjenigen anderer Gesetze. Aufgrund dieser normativen Wirkung des Tarifvertrags, die gerade nicht Ausdruck der privatautonomen Gestaltung der Arbeitsvertragsparteien ist, handelt es sich bei den zwingend und unmittelbar geltenden Rechtsnormen eines Tarifvertrags nicht um ein „Rechtsgeschäft“ im Sinne von § 202 BGB, sondern um eine gesetzliche Regelung im Sinne von Art. 2 EGBGB.
82 
2. Einzelvertragliche Ausschlussfristen, die auch die Haftung wegen Vorsatzes ausschließen, sind gem. § 134, § 202 Abs. 1 BGB unwirksam. Nicht geklärt ist allerdings, ob eine tarifliche Ausschlussfrist, die - wie hier - kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklausel auf den einschlägigen Tarifvertrag zur Anwendung kommt, an § 202 Abs. 1 BGB zu messen ist und im Bejahungsfall (teil-)nichtig ist. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Rechtsfrage - soweit ersichtlich - bisher offen gelassen. So hat der Achte Senat im Urteil vom 18.08.2011 (- 8 AZR 187/10 -) unter der Randnummer 37 ausgeführt:
83 
„Ob eine individualvertragliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien und damit ein Rechtsgeschäft im Sinne von § 202 BGB jedoch dann vorliegt, wenn ein Tarifvertrag aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel insgesamt Anwendung findet oder wenn allein bezüglich der Ausschlussfristen ein Tarifvertrag Anwendung finden soll, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.“
84 
Auch in der Entscheidung vom 20.06.2013 (- 8 AZR 280/12 -) wurde die Rechtsfrage unter Randnummer 24 wie folgt offen gelassen:
85 
„Der Senat hat für tarifvertragliche Ausschlussfristen, die Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfassen, entschieden, dass solchen Tarifklauseln § 202 Abs. 1 BGB nicht entgegensteht, da das Gesetz die Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes nur „durch Rechtsgeschäft“ verbietet (…). Da die Arbeitsvertragsparteien hier nicht auf einen Tarifvertrag Bezug genommen haben, braucht nicht entschieden zu werden, ob ein Rechtsgeschäft iSv. § 202 BGB dann ausscheidet, wenn ein Tarifvertrag aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel insgesamt Anwendung findet.“
86 
3. Nach richtiger Auffassung kann es für die Vereinbarkeit einer tariflichen Ausschlussfrist mit § 202 Abs. 1 BGB keinen Unterschied machen, ob diese kraft normativer Wirkung oder kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme zur Anwendung kommt. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - im Sinne einer Gleichstellungsabrede umfassend auf den für das Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifvertrag verwiesen wird. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei einem Arbeitsvertrag um ein Rechtsgeschäft iSd. § 202 Abs. 1 BGB handelt. Durch den Arbeitsvertrag als Rechtsgeschäft wird nur die Anwendbarkeit des Tarifvertrages vereinbart. Unmittelbarer Inhalt des Arbeitsvertrags als Rechtsgeschäft ist nicht die tarifliche Ausschlussfrist selbst bzw. der Ausschluss der Haftung wegen Vorsatzes. Die Anwendbarkeit der tariflichen Ausschlussfrist folgt erst mittelbar aus dem Tarifvertrag. Die tarifvertragliche Ausschlussfrist bleibt eine von den Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifnorm, die Bestandteil des Tarifvertrags als Gesamtwerk ist. Dieser unterliegt auch bei Anwendbarkeit auf ein Arbeitsverhältnis kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme keiner gerichtlichen Kontrolle auf die Angemessenheit des Inhalts. Für ihn streitet weiterhin die Richtigkeitsgewähr. Es liegt allein in den Händen der Tarifvertragsparteien, eine Ausschlussfrist zu vereinbaren, zu ändern, zu ergänzen oder abzuschaffen. Die Haftung wegen Vorsatzes oder für unerlaubte Handlungen kann aus dem Geltungsbereich einer Ausschlussfrist ausgenommen werden. All dies macht deutlich, dass im Falle einer umfassenden Bezugnahme auf einen einschlägigen Tarifvertrag die dort enthaltene Ausschlussfrist nicht als ein Rechtsgeschäft der Parteien an § 202 Abs. 1 BGB gemessen werden kann. Die Vorschrift gilt nur für die von den Arbeitsvertragsparteien eigenständig geregelten Ausschlussfristen. Vorliegend kann zudem offen bleiben, ob die Anwendbarkeit des § 202 Abs. 1 BGB nur bei einer Gleichstellungsabrede ausgeschlossen ist. Dies ist bei § 2 des Arbeitsvertrages der Fall.
87 
4. Das gilt hingegen nicht, wenn die Arbeitsvertragsparteien nicht auf das einschlägige Tarifwerk als Ganzes oder nur auf einzelne Tarifvorschriften Bezug nehmen. In diesen Fällen beruht die Geltung der tariflichen Ausschlussfrist auf dem Arbeitsvertrag der Parteien. Die Geltung der dergestalt in Bezug genommenen tariflichen Bestimmungen sind durch den Arbeitsvertrag als Rechtsgeschäft iSd. § 202 Abs. 1 BGB vereinbart. Folge einer solchen Teilverweisung („Rosinenpickerei“) ist die (Teil-)Nichtigkeit gem. § 134, § 202 Abs. 1 BGB der anzuwendenden Ausschlussfrist, wenn auch die Haftung wegen Vorsatzes umfasst ist.
88 
5. Die hier vertretene Auffassung findet ihre Stütze in zahlreichen gesetzlichen Bestimmungen. So sind Bezugnahmeklauseln nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB einer vollen Rechtskontrolle unterworfen. Der Tarifvertrag als Bezugnahmeobjekt ist allerdings gem. § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB aus der Überprüfung ausdrücklich ausgenommen. Vergleichbares gilt für die Bezugnahme auf verkürzte Kündigungsfristen nach einem Tarifvertrag (§ 623 Abs. 4 Satz 2 BGB), auf die einschlägigen tariflichen Urlaubsregelungen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BUrlG) oder auf die tariflichen Bestimmungen zur Höhe des fortzuzahlenden Entgelts im Krankheitsfall (§ 4 Abs. 4 Satz 2 BurlG). In keinem der vorgenannten Fälle werden die tariflichen Bestimmungen bei einer gesetzeskonformen Bezugnahme einer strengeren oder abweichenden Prüfung unterzogen als bei Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien.
89 
6. Für die hier vertretene Auffassung sprechen der Sinn und Zweck tariflicher Ausschlussfristen und die damit verbundene Stärkung der Tarifbindung und Tarifautonomie.
90 
Sinn und Zweck tariflicher Ausschlussfristen ist es, innerhalb eines festgelegten, überschaubaren Zeitraums endgültig Klarheit - „reinen Tisch“ - über den Bestand der Forderungen und Rechte zu schaffen und damit Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu garantieren. Dieser Zweck wird verfehlt, wenn die Nichtigkeitsfolgen des § 202 Abs. 1 BGB für tarifgebundene und tarifungebundene Arbeitnehmer (mit einer Gleichstellungsabrede) divergieren. Da Arbeitgeber nicht immer Kenntnis von der Tarifbindung der Arbeitnehmer haben, würde zunächst offen bleiben, wann welche Ansprüche aus welchem Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Ausschlussfrist endgültig erledigt sind. So kann kein Rechtsfrieden und keine Rechtssicherheit geschaffen werden. Selbst wenn dem Arbeitgeber die Gewerkschaftszugehörigkeit eines Arbeitnehmers bekannt ist, kann dieser - zB nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis - seine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft beenden oder erst begründen. Daraus kann nicht folgen, dass die laufende Ausschlussfrist für eine Vorsatztat nicht mit dem Austritt unwirksam wird. Damit bietet auch die Kenntnis von der Gewerkschaftszugehörigkeit keine Gewähr für Rechtsfrieden und Rechtssicherheit. Die hier vertretene Auffassung erhält die dem Arbeitgeber mit der Tarifbindung verbundenen Vorteile. Sie ermöglicht im Hinblick auf § 202 Abs. 1 BGB eine Gleichstellung von tarifgebundenen und tarifungebundenen Arbeitnehmern hinsichtlich der anzuwendenden tariflichen Ausschlussfrist. Zugleich wird für Arbeitgeber ein Anreiz gesetzt, die Geltung tarifvertraglicher Regelungen auf einzelvertraglicher Ebene zu vereinbaren.
C.
91 
Da der Kläger vollumfänglich unterlegen ist, trägt er die Kosten des Rechtsstreits (§ 91 Abs. 1 ZPO).
92 
Der Rechtsmittelstreitwert (§ 61 Abs. 1 ArbGG) wurde in Höhe der bezifferten Klageforderung festgesetzt (§ 3 ZPO).
93 
Die Zulassung der Berufung beruht auf § 64 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. b ArbGG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Arbeitsgericht Stuttgart Urteil, 05. Juli 2016 - 30 Ca 7767/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Arbeitsgericht Stuttgart Urteil, 05. Juli 2016 - 30 Ca 7767/15

Referenzen - Gesetze

Arbeitsgericht Stuttgart Urteil, 05. Juli 2016 - 30 Ca 7767/15 zitiert 31 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 310 Anwendungsbereich


(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermöge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 3 Tarifgebundenheit


(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist. (2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, der

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 46 Grundsatz


(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung. (2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsger

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 61 Inhalt des Urteils


(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest. (2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen

Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers


Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder geset

Zivilprozessordnung - ZPO | § 313 Form und Inhalt des Urteils


(1) Das Urteil enthält:1.die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;2.die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;3.den Tag, an dem die mündliche Ve

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 253 Immaterieller Schaden


(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. (2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbs

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 9 Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts, Abfindung des Arbeitnehmers


(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältni

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 10 Höhe der Abfindung


(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen. (2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsver

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 5 Allgemeinverbindlichkeit


(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag de

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 623 Schriftform der Kündigung


Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 13 Unabdingbarkeit


(1) Von den vorstehenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 kann in Tarifverträgen abgewichen werden. Die abweichenden Bestimmungen haben zwischen nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung, wenn zwischen diesen die A

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 202 Unzulässigkeit von Vereinbarungen über die Verjährung


(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. (2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 4 Wartezeit


Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Arbeitsgericht Stuttgart Urteil, 05. Juli 2016 - 30 Ca 7767/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Arbeitsgericht Stuttgart Urteil, 05. Juli 2016 - 30 Ca 7767/15 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Dez. 2015 - 10 AZR 488/14

bei uns veröffentlicht am 09.12.2015

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. Februar 2014 - 7 Sa 727/13 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12

bei uns veröffentlicht am 20.06.2013

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 31. Januar 2012 - 5 Sa 1560/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Aug. 2011 - 8 AZR 187/10

bei uns veröffentlicht am 18.08.2011

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 14. August 2009 - 19 Sa 690/09 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.

(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.

(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. Februar 2014 - 7 Sa 727/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine vom Kläger geltend gemachte tarifvertragliche Mehrflugstundenvergütung.

2

Der Kläger arbeitet bei dem beklagten Luftfahrtunternehmen als Flugzeugführer. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Manteltarifvertrag Nr. 3a für das Cockpitpersonal bei Germanwings, abgeschlossen zwischen der Beklagten und der Vereinigung Cockpit e. V., vom 9. November 2011, gültig ab 1. Juli 2011 (künftig MTV), Anwendung. Der MTV hat, soweit hier von Interesse, folgenden Wortlaut:

        

II. Einsatz und Freizeit

        

…       

        

§ 10 Arbeitszeit

        

1)    

Die Arbeitszeit ist die Zeit, in welcher der Mitarbeiter auf Anordnung der GWI [Beklagte] Dienst leistet.

                 

…       

        

2)    

Zur Arbeitszeit zählen:

                 

a)    

die Flugdienstzeit (§ 11)

                 

b)    

die Beförderungszeit (§ 14)

                 

c)    

die Bereitschaftszeit gemäß § 15 dieses Tarifvertrages; …

                 

d)    

die notwendige Zeit für vorgeschriebene, und von der GWI angeordnete fliegerärztliche/tropenmedizinische Untersuchungen und Impfungen

                 

e)    

die Zeit zur Wahrnehmung der Verpflichtungen als Personalvertreter im Rahmen der Erforderlichkeit gem. § 38 Tarifvertrag Personalvertretung, sowie die Zeit zur Teilnahme an Personalversammlungen.

                 

f)    

die notwendige Zeit für Tarifverhandlungen und Tarifkommissionssitzungen.

                 

g)    

sonstige von der GWI angeordnete Dienstleistungen und Tätigkeiten (z. B. Schulungen, PR).

        

3)    

Für die Arbeitszeit gelten folgende Beschränkungen:

                 

a)    

2000 Stunden im Kalenderjahr

                 

b)    

210 Stunden im Kalendermonat

                 

c)    

70 Stunden in 7 aufeinanderfolgenden Tagen

        

§ 11 Flugdienstzeit

        

1)    

Zur Flugdienstzeit zählen:

                 

a)    

die Flugzeit

                 

b)    

die Zeit für Flugvorbereitungsarbeiten (mindestens 60 Minuten)

                 

c)    

die Zeit für Abschlussarbeiten (mindestens 30 Minuten)

                 

d)    

die Bodenzeit bei Zwischenaufenthalten, soweit nicht Ruhezeit (§ 13)

                 

e)    

Arbeitszeit, die vor Antritt eines Flugdienstes geleistet wird, wenn zwischen Arbeitszeit und Flugdienstzeit keine Ruhezeit nach § 13 gewährt wird

                 

f)    

die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit einschließlich der Zeiten für Vor- und Abschlussarbeiten nach den Buchstaben b) und c).

        

…       

                 
        

§ 12 Flugzeit (Blockzeit)

        

1)    

Als Flugzeit gilt die Gesamtzeit von dem Zeitpunkt an, an dem ein Luftfahrzeug mit eigener oder fremder Kraft zum Start abrollt bis zu dem Zeitpunkt, zu dem es nach dem Flug zum Stillstand kommt. …

                          
        

2)    

Als Flugzeit gilt außerdem die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit.

        

3)    

Die Flugzeiten sind wie folgt beschränkt:

                 

a)    

900 Stunden während eines Kalenderjahres

                 

b)    

300 Stunden in 91 aufeinanderfolgenden Tagen

                 

c)    

100 Stunden im Kalendermonat, ...

        

§ 13 Ruhezeit

        

…       

        

§ 14 Beförderungszeit (Dead-Head-Zeit)

        

1)    

Die Beförderungszeit ist eine Zeit, die ein Mitarbeiter auf Anordnung der GWI ohne eigene Dienstleistung zum Antritt bzw. nach Beendigung seines Dienstes mitfliegt oder mit anderen Transportmitteln befördert wird.

        

...     

        
        

§ 15 Bereitschaftszeit

        

(Stand-by und Stand-by-Reserve)

        

…       

        

III. Ansprüche des Mitarbeiters

        

§ 19 Vergütung

        

1)    

Die Mitarbeiter erhalten eine monatliche Vergütung, die im Vergütungstarifvertrag für das Cockpitpersonal festgelegt ist. Die Vergütung besteht aus folgenden Bestandteilen:

                 

a)    

Grundgehalt (gemäß des jeweils gültigen GWI VTV)

                 

b)    

Flugzulage (gemäß des jeweils gültigen GWI VTV)

                 

c)    

Mehrflugstundenvergütung (gemäß des jeweils gültigen GWI MTV)

        

...     

        

4)    

Die monatliche Vergütung wird für den laufenden Monat spätestens bis zum Monatsende auf das Konto des Mitarbeiters überwiesen. Die variablen Gehaltsbestandteile gemäß Abs. 1 c) werden jeweils bis zum Monatsende des folgenden Monats überwiesen.

        

5)    

Die in jedem Monat erfolgten Dead-Head-Einsätze werden gesondert erfasst und ausgewiesen. Alle über 2,5 Stunden monatlich hinausgehenden Dead-Head-Stunden werden mit dem Dead-Head-Stundensatz 12,00 € für Copiloten und 18,87 € für Kapitäne zusätzlich vergütet. …

        

6)    

Simulatorstunden werden monatlich gesondert erfasst und ausgewiesen. Sie werden mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz gemäß § 19 Abs. 5) zusätzlich vergütet.

        

§ 20 Mehrflugstundenvergütung

        

1)    

Berechnung der Mehrflugstundenvergütung1

        

(a)     

Die Mitarbeiter erhalten pro bezahlungswirksamer Mehrflugstunde eine Mehrflugstundenvergütung gemäß folgender Formel:

                 

individuelle Grundvergütung + Flugzulage

                 

79    

                 

Die Mehrflugstundenvergütung beträgt ab dem 01.07.2007 pro bezahlungswirksamer Mehrflugstunde:

                          

für die 80. bis zur 85. Flugstunde 125 %,

                          

ab der 86. Flugstunde 140 %

                          

dieses Mehrflugstundensatzes.

        

(b)     

Berechnung Flugstunden2

                 

Bei der Berechnung der Flugstunden im Sinne der Ziffer III. werden die anfallenden Blockzeiten gemäß Protokollnotiz V zugrunde gelegt.

        

2)    

Entstehen des Anspruches

                 

Mehrflugstundenvergütung wird nach mehr als 79 Flugstunden pro Kalendermonat gezahlt.

        

3)    

Anrechnung von Flugzeiten

                 

Für vom Arbeitgeber angeordnete Schulungen werden pro Tag 4,00 Flugstunden angerechnet. Dabei wird ein Arbeitstag mit 7,5 Stunden veranschlagt. Für Arbeitszeiten von weniger als 3,75 Stunden werden 2,00 Stunden angerechnet.

                 

1Gültig ab dem 01.07.2007

                 

2Gültig spätestens zum 01.01.2012“

3

Die in § 20 Abs. 1 Buchst. b MTV angesprochene Protokollnotiz (Nr.) V trägt die Überschrift „BLZ 68-Regelung“ und sieht vor, dass bei der Berechnung der bezahlungswirksamen Flugstunden bei bestimmten Flugzeugtypen grundsätzlich nicht die tatsächlich geflogene Blockzeit, sondern die planmäßige Blockzeit eines 68 %-Quantils nach näherer Maßgabe zugrunde zu legen ist.

4

Die Flugzeugführer der Beklagten sind verpflichtet, zwei Mal im Jahr an jeweils zwei Tagen zu je vier Stunden ein Trainings- und Prüfprogramm in einem Flugsimulator zu absolvieren. Es handelt sich dabei um die originalgetreue Nachbildung eines Flugzeugcockpits, in welchem sowohl die Bewegungen als auch die Sichtverhältnisse eines Fluges nachgeahmt werden. In dem Simulatortraining geht es insbesondere darum, irreguläre Flugsituationen zu bewältigen, wie sie beispielsweise aufgrund technischer Defekte am Flugzeug auftreten können. Eine der beiden jährlichen Simulatortrainingseinheiten wird betriebsintern durchgeführt. Wenn ein Flugzeugführer diese Prüfung nicht besteht, finden Nachschulungen statt. Die andere der beiden jährlichen Simulatortrainingseinheiten führt das Luftfahrtbundesamt durch. Falls diese Prüfung vom Flugzeugführer nicht bestanden wird, was selten der Fall ist, kann dies seine sofortige Suspendierung vom Flugbetrieb zur Folge haben.

5

Im Monat Oktober 2012 wurden dem Kläger Flugstunden im Umfang von 78 Stunden und 41 Minuten angerechnet. Die Beklagte zahlte an ihn keine Mehrflugstundenvergütung, da der Schwellenwert des § 20 Abs. 2 MTV von 79 Flugstunden nicht erreicht sei. Ferner absolvierte der Kläger in diesem Monat acht von der Beklagten angeordnete Simulatorstunden, die diese nicht bei der Berechnung einer Mehrflugstundenvergütung berücksichtigte. Wäre eine entsprechende Anrechnung erfolgt, hätte dem Kläger eine Mehrflugstundenvergütung in rechnerisch unstreitiger Höhe von 774,83 Euro brutto zugestanden.

6

Mit seiner Klage begehrt der Kläger Zahlung von Mehrflugstundenvergütung für den Monat Oktober 2012. Die in diesem Monat absolvierten acht Simulatorstunden seien bei der Berechnung zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus einer Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmungen.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 774,83 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 1. Dezember 2012 zu zahlen.

8

Die Beklagte, die Klagabweisung beantragt hat, meint, eine Auslegung des Tarifvertrags ergebe, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht bestehe. Simulatorstunden seien keine „bezahlungswirksamen Mehrflugstunden“ im Sinne von § 20 MTV.

9

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin eine Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf die von ihm begehrte Zahlung, da die von ihm absolvierten Simulatorstunden Flugstunden iSv. § 20 Abs. 2 MTV sind, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat.

11

I. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Mehrflugstundenvergütung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c, § 20 Abs. 1, Abs. 2 MTV zu. Dies ergibt sich aus einer Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmungen.

12

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 28. August 2013 - 10 AZR 701/12 - Rn. 13 mwN) folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat (BAG 8. März 1995 - 10 AZR 27/95 - zu II 2 a der Gründe). Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG 11. Juli 2012 - 10 AZR 488/11 - Rn. 13, BAGE 142, 284).

13

2. In Anwendung dieser Grundsätze handelt es sich bei der vom Kläger auf Anordnung der Beklagten im Flugübungsgerät (Simulator) verbrachten Zeit um Flugstunden im Sinne von § 20 Abs. 2 MTV.

14

a) Bereits der Wortlaut des Tarifvertrags, von dem bei der Auslegung vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., zB BAG 12. Februar 2015 - 10 AZR 72/14 - Rn. 20 mwN), spricht für dieses Verständnis, auch wenn in § 12 MTV „Flugzeiten“ und nicht „Flugstunden“ definiert werden.

15

aa) Ein Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung entsteht nach § 20 Abs. 2 MTV, wenn mehr als 79 Flugstunden pro Kalendermonat geleistet werden. Gemäß § 12 Abs. 2 MTV gilt als Flugzeit auch die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit. Damit gelten Simulatorstunden als Flugstunden im Sinne des MTV, denn der in § 20 Abs. 2 MTV verwendete Begriff der „Flugstunde“ hat keine andere Bedeutung als der in § 12 Abs. 2 MTV benutzte Ausdruck „Flugzeit“.

16

(1) „Flugzeit“ ist eine allgemeine Bezeichnung des Tatbestandsmerkmals, ohne eine Quantifizierung nach den Einheiten Sekunde, Minute, Stunde oder Tag. Eine „Flugstunde“ ist ein auf einen bestimmten Umfang bezogener Fall der „Flugzeit“, wie § 12 Abs. 3 MTV zeigt, der die Flugzeit nach Stunden in bestimmten größeren Zeitabschnitten (Kalenderjahr, 91 aufeinanderfolgende Tage, Kalendermonat) begrenzt.

17

(2) Die Begriffe werden von den Tarifvertragsparteien zum Teil synonym verwendet. Bei der Berechnung der Flugstunden nach § 20 Abs. 1 Buchst. b MTV ist auf bestimmte Blockzeiten abzustellen. Aus der Überschrift zu § 12 MTV ist dabei abzulesen, dass „Blockzeit“ nur ein anderer Ausdruck für „Flugzeit“ ist. Die in einem Luftfahrzeug bei einem regulären Flug absolvierten Flugstunden werden in § 12 Abs. 1 MTV als „Flugzeit“ bezeichnet. § 20 Abs. 3 MTV trägt die Überschrift „Anrechnung von Flugzeiten“, wobei im nachfolgenden Text von „Flugstunden“ bzw. nur von „Stunden“ die Rede ist, die angerechnet werden. Die Protokollnotiz Nr. V verwendet sowohl den Begriff der Flugstunde als auch den der Blockzeit, welche wiederum minutengenau abzurechnen ist.

18

(3) Auch im üblichen Sprachgebrauch ist „Stunde“ eine präzisierende Bezeichnung des allgemeinen Begriffs „Zeit“ mit zum Teil synonymer Bedeutung. Aufeinanderfolgende Minuten, Stunden, Tage oder Wochen sind die Abschnitte und Einheiten, die mit dem Begriff „Zeit“ zusammengefasst werden.

19

(4) Die wechselnde Verwendung der Begriffe „Flugzeit“ und „Flugstunde“ im MTV ist entgegen der Auffassung der Revision nicht geeignet, hieraus einen von den Tarifvertragsparteien gewollten Bedeutungsunterschied abzuleiten. Vorliegend verbietet es sich umso mehr bei der Auslegung am Buchstaben zu haften, als der MTV erkennbar begriffliche Ungenauigkeiten aufweist. So folgt beispielsweise auf den Abschnitt III „Ansprüche des Mitarbeiters“ sowohl im Inhaltsverzeichnis als auch im fortlaufenden Text des MTV - ohne dass es einen Abschnitt IV gäbe - unmittelbar der Abschnitt V „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“, an welchen sich ein weiterer Abschnitt V „Schlussbestimmungen“ anschließt. Die Bestimmung zur Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall in § 21 Abs. 1 MTV nimmt Bezug auf Vergütungsregelungen in § 10 MTV, womit aber offenkundig § 19 MTV gemeint ist.

20

bb) Soweit in § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV von „bezahlungswirksamen“ Mehrflugstunden die Rede ist, hat dies keinen eigenen tatbestandlichen Regelungsgehalt für das Entstehen des Anspruchs, sondern setzt einen solchen voraus. § 20 Abs. 1 MTV regelt nach seiner Überschrift die Berechnung der Mehrflugstundenvergütung. Dagegen ist das Entstehen des Anspruchs Gegenstand von § 20 Abs. 2 MTV. Danach wird Mehrflugstundenvergütung nach mehr als 79 Flugstunden pro Kalendermonat gezahlt. Diese übersteigende Flugstundenanzahl ist dann nach Maßgabe der in § 20 Abs. 1 MTV angegebenen Formel „bezahlungswirksam“.

21

b) Die Systematik des MTV spricht für die aufgezeigte Wortlautauslegung und bestärkt diese.

22

aa) Die Stellung des § 12 Abs. 2 MTV in Abschnitt II „Einsatz und Freizeit“ hindert nicht die Anwendung der dort geregelten Fiktion, dass im Flugübungsgerät auf Anordnung verbrachte Zeit als Flugzeit gilt, auf die Regelung in § 20 Abs. 2 MTV in Abschnitt III „Ansprüche des Mitarbeiters“. Begriffsdefinitionen oder angeordnete Fiktionen in einem Abschnitt eines Tarifvertrags sind auch für die anderen Abschnitte maßgeblich, soweit dort nicht ausdrücklich von einer vorangehenden Definition abgewichen wird. Es kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien einen Begriff im gesamten Tarifvertrag einheitlich verwenden (vgl. ErfK/Franzen 16. Aufl. § 1 TVG Rn. 98).

23

bb) Ein ausdrückliches Abweichen von der vorangehenden Definition kann nicht darin gesehen werden, dass in § 20 Abs. 1 Buchst. b MTV von „Flugstunden im Sinne der Ziffer III“ die Rede ist. Dabei mag es sein, dass die Berechnung der Blockzeiten realer Flüge bestimmter Flugzeugtypen nach der Protokollnotiz Nr. V für die Vergütungsregelung in Abschnitt III des MTV von arbeitszeitrechtlichen Regelungen in Abschnitt II des MTV abweicht. Damit wird aber nicht hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass die Fiktionsregelung in § 12 Abs. 2 MTV nicht für § 20 Abs. 2 MTV gelten soll.

24

cc) Der MTV stellt die Abschnitte II und III nicht zusammenhanglos nebeneinander. Vielmehr stehen alle Abschnitte des MTV in einer Wechselbeziehung. Abschnitt I des MTV beinhaltet nach seiner Überschrift „Allgemeine Verpflichtungen“. Abschnitt II des MTV, der insbesondere die Arbeitspflichten der Mitarbeiter hinsichtlich ihres zeitlichen Umfangs betrifft, enthält eine Reihe von immer feiner untergliederten Begriffsdefinitionen. Für das Verständnis von Abschnitt III des MTV, der die Ansprüche der Mitarbeiter regelt, ist die Heranziehung von Begriffsbestimmungen aus vorhergehenden Abschnitten erforderlich. Beispielsweise ist die Regelung der zusätzlichen Vergütung für Dead-Head-Stunden in Abschnitt III § 19 Abs. 5 MTV nur unter Hinzuziehung der Regelung in Abschnitt II § 14 MTV verständlich und anwendbar. Die Anwendung der Kündigungsfristenregelung in der Probezeit nach Abschnitt V § 34 Abs. 1 MTV bedarf eines Rückgriffs auf die Probezeitregelung in Abschnitt I § 4 MTV. Die Kündigungsfristenregelung nach der Probezeit in Abschnitt V § 34 Abs. 2 MTV ist ohne die Bestimmung der Betriebszugehörigkeit nach Abschnitt I § 3 MTV nicht anwendbar. In gleicher Weise kann § 20 Abs. 2 MTV nicht ohne § 12 Abs. 2 MTV gelesen werden.

25

dd) Dem oben unter I 2 a dargestellten Tarifverständnis steht die Protokollnotiz Nr. V zum MTV nicht entgegen. Diese sieht vor, dass nach ausdifferenzierter Maßgabe grundsätzlich die planmäßige Blockzeit und nicht die tatsächlich geflogene Blockzeit für die Berechnung der Flugstunden maßgeblich ist. Dass die Protokollnotiz Nr. V der Sache nach nur Bedeutung für in bestimmten Flugzeugen absolvierte Flugstunden hat, ist kein Argument dafür, bezüglich des Entstehens des Anspruchs im Sinne von § 20 Abs. 2 MTV nicht auch Flugzeiten (Blockzeiten) nach § 12 Abs. 2 MTV zu berücksichtigen. Einer Berechnungsvorschrift wie der Protokollnotiz Nr. V bedarf es nur für tatsächlich geflogene Flugstunden, da es hier in der Praxis leicht zu Abweichungen zwischen Planung und Durchführung kommen kann. Für die Berechnung der auf Anordnung im Flugsimulator verbrachten Flugzeit ist eine solche Berechnungsvorschrift nicht nötig, da deren Umfang von vornherein feststeht und sich äußere Umstände nicht wie bei einem tatsächlichen Flug hierauf auswirken.

26

c) Wenn eine der Tarifvertragsparteien beabsichtigt haben sollte, Simulatorstunden nicht als Flugstunden bei der Mehrflugstundenvergütung zu berücksichtigen, da es sich nicht um „produktive“ Stunden handele, hat dies im MTV jedenfalls keinen Niederschlag gefunden. Das wäre angesichts des übrigen Regelungszusammenhangs aber erforderlich. So sieht der MTV in mehrfacher Weise eine Berücksichtigung von Zeiten als Flugstunden vor, obwohl diese nicht „produktiv“ im Sinne eines Fluges mit einem Luftfahrzeug und zahlenden Passagieren sind. Gemäß § 20 Abs. 3 Satz 1 MTV werden für die Teilnahme an vom Arbeitgeber angeordneten Schulungen(vgl. § 10 Abs. 2 Buchst. g MTV) pro Tag 4,00 Flugstunden angerechnet. Nach § 28 MTV werden - neben der Fortzahlung der Vergütung - 2,63 Flugstunden pro Urlaubstag berücksichtigt. Diese Regelung gilt nach § 30 Abs. 3 Buchst. e MTV auch für Mitglieder der Verhandlungskommission hinsichtlich der Teilnahme an Tarifverhandlungen und für Vorbereitungstage. Die Protokollnotiz Nr. V zum MTV legt als „bezahlungswirksame Flugstunden“ grundsätzlich die planmäßigen Blockzeiten zugrunde, auch wenn die tatsächlich geflogene Blockzeit geringer gewesen sein sollte.

27

d) Die Beklagte beruft sich zu Unrecht darauf, dass es Sinn der Regelung in § 19 Abs. 6 MTV sei, durch die dort geregelte zusätzliche Vergütung der Simulatorstunden mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass diese nicht als Flugstunden im Rahmen der Mehrflugstundenvergütung berücksichtigt würden. Dies kann der tarifvertraglichen Regelung nicht entnommen werden.

28

aa) Die zusätzliche Vergütung der Simulatorstunden mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz nach § 19 Abs. 6 MTV ist unabhängig davon zu zahlen, ob der Arbeitnehmer im jeweiligen Monat Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung hat, ob ein solcher Anspruch deshalb nicht entsteht, weil die Simulatorstunden insoweit nicht mitgezählt werden oder ob auch bei Berücksichtigung der Simulatorstunden der Schwellenwert von mehr als 79 Flugstunden gemäß § 20 Abs. 2 MTV nicht erreicht wird. Es besteht keine Verknüpfung der Regelung des § 19 Abs. 6 MTV mit der Regelung in § 20 iVm. § 12 Abs. 2 MTV.

29

bb) Die Beklagte wendet zu Unrecht ein, es widerspräche dem Sinn der tarifvertraglichen Regelung, wenn eine Simulatorstunde besser bezahlt werde, als eine tatsächliche Flugstunde. Die Tarifvertragsparteien haben vielmehr ausdrücklich eine gegenüber der tatsächlichen Flugstunde bessere Bezahlung der Simulatorstunde vorgesehen, wie die in § 19 Abs. 6 MTV angeordnete „zusätzliche“ Vergütung der Simulatorstunde zeigt. Diese „bessere“ Bezahlung erfolgt insbesondere auch dann, wenn gar keine Mehrflugstunden anfallen und folgt allein aus der Regelung in § 19 Abs. 6 MTV. Im Rahmen der Regelung einer Mehrflugstundenvergütung gemäß § 20 Abs. 2 iVm. § 12 Abs. 2 MTV werden Simulatorstunden hingegen gleichwertig mit tatsächlichen Flugstunden behandelt, aber nicht besser. Im Übrigen werden sogar Dead-Head-Stunden nach § 19 Abs. 5 MTV ab einem bestimmten Umfang besser vergütet, als tatsächliche Flugstunden, obwohl diese weder „produktiv“ noch mit einer besonderen Verantwortung verbunden sind und - anders als die Simulatorstunden nach § 11 Abs. 1 Buchst. f MTV - nicht zur Flugdienstzeit zählen.

30

cc) § 19 Abs. 6 MTV stellt keine abschließende gesonderte Vergütungsregelung für Simulatorstunden dar. Der Umstand, dass sie mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz „zusätzlich“ zu vergüten sind, lässt zumindest offen, in welchem Umfang sie im Übrigen zu vergüten sind.

31

dd) Ob eine Gleichbehandlung der Simulatorstunden mit tatsächlichen Flugstunden beim Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung sinnvoll ist, wofür die Konfrontation mit einer Häufung schwieriger Flugsituationen im Simulator und die Anspannung angesichts der für die weitere Berufsausübung zu bestehenden Prüfung sprechen könnte, oder ob dies aufgrund der fehlenden Verantwortung für reale Passagiere und die fehlende konkrete Wertschöpfung weniger sinnvoll ist, war vorliegend nicht zu entscheiden. Insoweit steht den Tarifvertragsparteien ein weiter Ermessenspielraum für mögliche Regelungen zu. Da die Simulatorstunden nach § 12 Abs. 2 und Abs. 3 MTV wie reale Flugstunden gezählt werden und damit die Zahl zulässiger „echter“ Flugstunden verringern, ist es jedenfalls kein sachwidriges Auslegungsergebnis, sie auch im Rahmen der Mehrflugstundenvergütung zu berücksichtigen.

32

e) Bleiben nach der Auslegung einer Tarifnorm nach Wortlaut, Wortsinn und tariflichem Gesamtzusammenhang Zweifel an deren Inhalt und dem wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien, kann auf die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags zurückgegriffen werden (st. Rspr., BAG 17. Juni 2015 - 10 AZR 518/14 - Rn. 34 mwN). Da sich bereits aus Wortlaut und Systematik des MTV klar ergibt, dass Simulatorstunden Flugstunden im Sinne von § 20 Abs. 2 iVm. § 12 Abs. 2 MTV sind, ohne dass Sinn und Zweck der Regelung einer solchen Auslegung entgegenstehen, bedarf es vorliegend keines solchen Rückgriffs auf die Tarifgeschichte. Soweit die Formulierung in § 20 Abs. 1 des Vorgängertarifvertrags des MTV, die nicht auf „bezahlungswirksame“, sondern auf „geflogene“ Mehrflugstunden abstellte, als Hinderungsgrund für eine Auslegung in der oben beschriebenen Weise gesehen werden sollte, ist dieses Hindernis im jetzt geltenden MTV jedenfalls entfallen.

33

3. Die Höhe der dem Kläger von den Vorinstanzen zugesprochenen Mehrflugstundenvergütung bei Berücksichtigung der Simulatorstunden als Flugstunden steht zwischen den Parteien nicht in Streit. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 iVm. § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Fälligkeit des Mehrflugstundenvergütungsanspruchs für den Monat Oktober 2012 trat nach § 19 Abs. 4 Satz 2 MTV zum Monatsende November 2012 ein. Verzugszinsen können, wie von den Vorinstanzen zugesprochen, ab 1. Dezember 2012 verlangt werden.

34

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    W. Reinfelder    

        

    Schlünder    

        

        

        

    Klein    

        

    Großmann    

                 

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 14. August 2009 - 19 Sa 690/09 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Widerklage der Beklagten, mit der diese Schadensersatzansprüche gegenüber dem Kläger verfolgt.

2

Die Beklagte ist ein Bauunternehmen. Der Kläger war bei ihr seit 6. August 2007 als Maurer zu einem Stundenlohn von 12,40 Euro brutto bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt. Kraft Allgemeinverbindlichkeit fand auf das Arbeitsverhältnis der Bundesrahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes vom 4. Juli 2002 in der Fassung des Änderungstarifvertrags vom 20. August 2007 (BRTV) Anwendung.

3

Dieser Tarifvertrag enthält ua. folgende Bestimmung:

        

㤠15 Ausschlussfristen

        

1.    

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden; besteht bei Ausscheiden des Arbeitnehmers ein Arbeitszeitguthaben, beträgt die Frist für dieses Arbeitszeitguthaben jedoch sechs Monate.

        

2.    

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Dies gilt nicht für Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers, die während eines Kündigungsschutzprozesses fällig werden und von seinem Ausgang abhängen. Für diese Ansprüche beginnt die Verfallfrist von zwei Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens.“

4

Im April 2008 war der Kläger auf einer Baustelle in Polen eingesetzt. Diese wurde am 30. April 2008 vorläufig geräumt, um über das verlängerte Wochenende (1. Mai) zurück nach Deutschland zu fliegen. Die Beklagte hatte in einem Hotel in Polen einen Raum angemietet, in dem während der Abwesenheit der Arbeitnehmer deren Werkzeuge und persönliche Gegenstände deponiert werden konnten. Der Kläger nutzte diese Möglichkeit nicht, sondern packte seine persönlichen Gegenstände vor der Abreise nach Deutschland ein und tauschte bei der Ankunft in D auf dem Flughafen seine polnischen Devisen gegen Euro.

5

Am 2. Mai 2008 rief der Kläger bei der Beklagten an und teilte mit, er habe sich, als er seinem Großvater ins Auto geholfen habe, den Arm angestoßen, weshalb er zum Arzt müsse. In der Folgezeit meldete sich der Kläger nicht mehr bei der Beklagten, die den Kläger auch telefonisch nicht erreichen konnte. Mit Schreiben vom 7. Mai 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 26. Mai 2008. Seit dem 27. Mai 2008 steht der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Unternehmen. Am 23. Juni 2008 reichten die Eltern des Klägers eine von ihm gefertigte Stundenaufstellung für April und Mai 2008 bei der Beklagten ein. Außerdem übergaben sie eine am 2. Mai 2008 ausgestellte ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 2. bis 16. Mai 2008 attestierte.

6

Mit Schreiben vom 5. November 2008, gerichtet an ihren Prozessbevollmächtigten, bezifferte die Beklagte die errechneten Kosten und Mehraufwendungen wegen der nicht erfolgten Arbeitsaufnahme des Klägers im Mai 2008.

7

Mit der am 19. November 2008 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger die Abrechnung und Auszahlung seiner Lohnansprüche für die Monate April und Mai 2008 begehrt.

8

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 5. März 2009, dem Klägervertreter am 12. März 2009 zugestellt, Widerklage erhoben. Mit dieser verlangt sie vom Kläger Erstattung der Mehrkosten iHv. 11.216,80 Euro, die durch sein Fehlen entstanden seien.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, die Monate April 2008 und Mai 2008 ordnungsgemäß abzurechnen und den sich aus der Abrechnung ergebenden Nettolohn an den Kläger auszuzahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt,

        

die Klage abzuweisen,

        

und     

        

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte einen Betrag iHv. 11.216,80 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Zur Begründung der Widerklage hat die Beklagte behauptet, der Kläger habe seine Erkrankung im Mai 2008 nur vorgetäuscht. Dies ergebe sich schon daraus, dass er sämtliche persönlichen Gegenstände von Polen nach Deutschland mitgenommen und sämtliche polnischen Devisen zurückgetauscht habe. Durch den plötzlichen Ausfall des Klägers sei eine Verzögerung der Baumaßnahmen von zehn Arbeitstagen eingetreten. Deshalb sei ein zweiter zehntägiger Arbeitseinsatz Ende Mai/Anfang Juni 2008 notwendig geworden. Hierfür seien Kosten für vier Flüge iHv. 539,60 Euro, Spesen für zehn Tage iHv. 700,00 Euro sowie Kosten für weitere Hotelübernachtungen iHv. 670,00 Euro, insgesamt 1.909,60 Euro angefallen. Für den Zeitraum des zweiten Arbeitseinsatzes sei ein anderweitiger Umsatz iHv. insgesamt 9.307,20 Euro weggefallen, da die Beklagte durch den zweiten Einsatz in Polen einen anderweitigen Auftrag verloren habe.

12

Der Kläger hat zur Widerklage die Ansicht vertreten, ein Arbeitgeber müsse das Risiko, dass ein Arbeitnehmer spontan ausfällt, zwangsläufig tragen. Es gehöre zu seinem wirtschaftlichen Unternehmerrisiko, dass ein Arbeitnehmer wie hier krankheitsbedingt ausfalle. Für eine derartige Situation habe der Arbeitgeber Vorsorge zu treffen bzw. die Konsequenzen zu tragen, wenn er dies versäume.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

14

Nach Berufungseinlegung durch die Beklagte haben die Parteien den Rechtsstreit, soweit er sich auf die Klageforderung bezog, aufgrund eines in einem Parallelverfahren geschlossenen Vergleichs für erledigt erklärt. Das Landesarbeitsgericht hat im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Nach Zulassung der Revision durch den Senat verfolgt die Beklagte ihr Prozessziel im Rahmen der Widerklage nur noch hinsichtlich der Hauptforderung (ohne Zinsen) weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Etwaige Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger sind verfallen.

16

A. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten, mit der sie sich nur noch gegen die Abweisung ihrer Widerklage durch das Arbeitsgericht gewandt hatte, zurückgewiesen. Dazu hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Beklagten sei verfallen. Auf das Arbeitsverhältnis finde der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe kraft Allgemeinverbindlichkeit Anwendung. § 15 BRTV-Bau sehe eine zweistufige Ausschlussfrist vor, die auch einen Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers erfasse. Die Beklagte habe die zweistufige Ausschlussfrist schon auf der ersten Stufe nicht eingehalten. Die Fälligkeit des geltend gemachten Anspruchs sei spätestens am 5. November 2008 eingetreten, eine schriftliche Geltendmachung sei aber erst mit der Widerklage erfolgt, die dem Klägervertreter am 12. März 2009, dh. außerhalb der zweimonatigen Frist zugestellt worden sei. Der Verfall der Widerklageforderung sei auch nicht durch § 242 BGB ausgeschlossen.

17

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

18

I. Die zulässige Widerklage ist nicht begründet. Der Beklagten steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch iHv. 11.216,80 Euro nicht zu.

19

1. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Beklagten wäre, unabhängig von der Rechtsgrundlage auf die er gestützt werden könnte, mangels rechtzeitiger Geltendmachung nach § 15 BRTV verfallen und damit erloschen(vgl. BAG 30. März 1973 - 4 AZR 259/72 - BAGE 25, 169 = AP BGB § 390 Nr. 4 = EzA BGB § 390 Nr. 1; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 105/08 - AP ZPO § 717 Nr. 9). Ausschlussfristen sind von den Gerichten für Arbeitssachen von Amts wegen zu berücksichtigen (BAG 18. Dezember 2008 - 8 AZR 105/08 - aaO).

20

Nach § 15 BRTV verfallen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden(1. Stufe). Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird (2. Stufe).

21

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft Allgemeinverbindlicherklärung der BRTV Anwendung.

22

aa) Der Betrieb der Beklagten ist ein Betrieb des Baugewerbes, der gemäß § 1 Abs. 2 BRTV unter den betrieblichen Geltungsbereich dieses Rahmentarifvertrags fällt. Dies ist zwischen den Parteien nicht streitig.

23

bb) Aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des BRTV sowohl den Kläger als auch die Beklagte, unabhängig, ob diese tarifgebunden sind oder nicht, § 5 Abs. 4 TVG.

24

b) Die tarifvertragliche Ausschlussfrist des § 15 BRTV gilt auch für den von der Beklagten geltend gemachten Schadensersatzanspruch, selbst wenn eine vorsätzliche Pflicht- oder Rechts(gut)verletzung durch den Kläger vorliegen sollte. Dies ergibt eine sachgerechte Auslegung der Tarifnorm.

25

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist stets abzustellen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Verbleiben noch Zweifel, können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien, wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrags berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Reglung führt (st. Rspr., vgl. BAG 11. November 2010 - 8 AZR 392/09 - mwN, NZA 2011, 763). In ständiger Rechtsprechung geht das Bundesarbeitsgericht für tarifvertragliche Ausschlussfristen zudem davon aus, dass diese im Hinblick auf ihre Wirkung grundsätzlich eng auszulegen sind (vgl. BAG 4. April 2001 - 4 AZR 242/00 - mwN, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 156 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 141). Allerdings kann dieser Grundsatz erst dann greifen, wenn die Mittel der Auslegung erschöpft sind und dabei kein eindeutiges Ergebnis zu erzielen war (vgl. Wiedemann/Wank 7. Aufl. § 4 TVG Rn. 800).

26

bb) Nach § 15 Abs. 1 BRTV unterfallen der Ausschlussfrist „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“. Bereits nach dem Wortlaut sollen „alle beiderseitigen“, dh. wechselseitigen Ansprüche der Arbeitsvertragsparteien der Klausel unterliegen. Es ergeben sich aus der Formulierung der Tarifnorm keine Anhaltspunkte dafür, dass nur bestimmte Ansprüche gemeint sind und insbesondere solche wegen vorsätzlich begangener, ggf. auch unerlaubter Handlungen ausgenommen sein sollen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterfallen wegen des einheitlichen Lebensvorgangs nicht nur vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche einer Klausel, die „alle … Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ einer bestimmten Frist zur Geltendmachung unterwirft, sondern auch solche aus unerlaubter Handlung iSd. §§ 823, 826 BGB(vgl. BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 886/07 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 192). Die Tarifvertragsparteien verfolgen mit der weiten Formulierung das Ziel, Rechtsklarheit und Rechtssicherheit herbeizuführen. Die Arbeitsvertragsparteien sollen sich darauf verlassen können, dass nach Fristablauf der jeweilige Vertragspartner keine Ansprüche mehr erhebt (vgl. ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 32). Dem entspricht es am ehesten, alle Ansprüche aus einem einheitlichen Lebensvorgang nach einer gewissen Zeit jedem rechtlichen Streit zu entziehen. Anknüpfungspunkt ist für die Tarifvertragsparteien weniger die Rechtsgrundlage für den Anspruch als vielmehr der Anlass seines jeweiligen Entstehens (vgl. Wiedemann/Wank 7. Aufl. § 4 TVG Rn. 807 mwN; BAG 10. August 1967 - 3 AZR 221/66 - BAGE 20, 30 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 37). Ergibt sich somit aus dem Wortlaut eindeutig eine einschränkungslose Erfassung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, so bleibt kein Raum für die von der Rechtsprechung geforderte enge Auslegung von Ausschlussfristen (vgl. BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 3 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 196).

27

c) Die tarifvertragliche Ausschlussfrist in § 15 BRTV ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

28

aa) Die Gerichte für Arbeitssachen haben Tarifverträge daraufhin zu überprüfen, ob sie mit höherrangigem Recht vereinbar sind, nicht hingegen darauf, ob die jeweilige tarifliche Regelung die gerechteste und zweckmäßigste Lösung darstellt (st. Rspr., vgl. BAG 22. September 1999 - 10 AZR 839/98 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 226 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 132).

29

bb) § 15 BRTV ist nicht nach §§ 134, 202 Abs. 1 BGB nichtig bzw. teilnichtig.

30

Das Arbeitsverhältnis der Parteien begann am 6. August 2007, so dass auf dieses das BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung findet.

31

Nach § 202 Abs. 1 BGB kann die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Die Vorschrift ergänzt den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden kann. § 202 Abs. 1 BGB erfasst nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen. § 202 BGB stellt eine Verbotsnorm im Sinne von § 134 BGB dar. So hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts eine im Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfrist, sofern sie auch vorsätzliche Vertragsverstöße und vorsätzlich begangene unerlaubte Handlungen erfassen sollte, als teilnichtig angesehen (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19 = AP BGB § 310 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 3).

32

§ 202 Abs. 1 BGB steht jedoch einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist, die auch Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfasst und nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 Abs. 4 TVG normative Wirkung entfaltet, nicht entgegen.

33

§ 202 Abs. 1 BGB spricht von einer Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes „durch Rechtsgeschäft“. Damit wird bereits nach dem Wortlaut der Norm auf einen Tatbestand abgestellt, der sich aus Willenserklärungen ergibt. Die amtliche Überschrift von § 202 BGB spricht zwar in Abweichung vom Wort „Rechtsgeschäft“ von „Vereinbarungen über die Verjährung“, jedoch folgt auch hieraus, dass sich § 202 BGB auf Verjährungsregelungen durch Parteivereinbarung bezieht und die Vertragsfreiheit der Parteien insoweit einschränkt. Auch die Gesetzesbegründung spricht von der Disposition der Parteien, von Parteivereinbarung bzw. dem Interesse beider Parteien (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 109 f.). § 202 BGB bezieht sich damit losgelöst von den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets ausschließlich auf die Parteien des materiellrechtlichen Anspruchs, um dessen Verjährung es geht(vgl. MünchKommBGB/Grothe 5. Aufl. § 202 BGB Rn. 4; Staudinger/Peters/Jacoby [2009] § 202 BGB Rn. 6; BeckOK Bamberger/Roth/Henrich Stand 1. März 2011 BGB § 202 Rn. 4). Der Gesetzgeber hat daher auch darauf verzichtet, die Grundaussage des § 225 Satz 2 BGB aF, wonach verjährungserleichternde Vereinbarungen grundsätzlich zulässig waren, in das modernisierte Schuldrecht aufzunehmen, da dies ohnehin Bestandteil der allgemeinen Vertragsfreiheit ist(vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 110). Soweit § 202 BGB nicht einschlägig ist, verjährungsverändernden Regelungen also nicht entgegensteht, verbleibt es bei der Dispositivität der Verjährungsregeln. Für individualvertragliche Vereinbarungen zur Verjährungserleichterung besteht nach § 202 Abs. 1 BGB die Einschränkung, dass - unabhängig von der Rechtsnatur des Anspruchs - die Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus erleichtert werden darf. Als „Rechtsgeschäft“ im Sinne von § 202 BGB kommen vertragliche Individualvereinbarungen und Vereinbarungen aufgrund Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Betracht.

34

Eine „Vereinbarung“ im Sinne von § 202 Abs. 1 BGB liegt allerdings nicht vor, wenn auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ein Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifbindung oder kraft Allgemeinverbindlicherklärung zwingend Anwendung findet(§ 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 Abs. 4 TVG) (aA Matthiessen Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen S. 205; Matthiessen/Shea DB 2004, 1366, 1368; Lakkis in jurisPK-BGB 5. Aufl. § 202 Rn. 14; dies. AcP 2003, 763, 768, jeweils ohne weitere Auseinandersetzung mit dem Wortlaut von § 202 BGB).

35

Gilt für das Arbeitsverhältnis der Parteien ein Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifbindung, so gelten die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Die Rechtsnormen eines Tarifvertrags sind Gesetze im materiell-rechtlichen Sinne und erfüllen den Gesetzesbegriff des Art. 2 EGBGB(BAG 14. Juni 1994 - 9 AZR 284/93 - BAGE 77, 81 = AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 21 = EzA BGB § 125 Nr. 11). Für die Tarifgebundenen entspricht die Regelungswirkung daher derjenigen anderer Gesetze. Aufgrund dieser normativen Wirkung des Tarifvertrags, die gerade nicht Ausdruck der privatautonomen Gestaltung der Arbeitsvertragsparteien ist, handelt es sich bei den zwingend und unmittelbar geltenden Rechtsnormen eines Tarifvertrags nicht um ein „Rechtsgeschäft“ im Sinne von § 202 BGB, sondern um eine gesetzliche Regelung im Sinne von Art. 2 EGBGB.

36

Gleiches gilt, wenn - wie im Streitfalle - die tariflichen Regelungen nach § 5 Abs. 4 TVG aufgrund Allgemeinverbindlicherklärung Anwendung finden.

37

Ob eine individualvertragliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien und damit ein Rechtsgeschäft im Sinne von § 202 BGB jedoch dann vorliegt, wenn ein Tarifvertrag aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel insgesamt Anwendung findet oder wenn allein bezüglich der Ausschlussfristen ein Tarifvertrag Anwendung finden soll, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.

38

Eine Inhaltskontrolle des Tarifvertrags nach §§ 305 ff. BGB schließt § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB aus.

39

cc) Die Ausschlussfrist verstößt auch nicht gegen sonstiges höherrangiges Recht.

40

Die Gerichte für Arbeitssachen haben Ausschlussfristen in Tarifverträgen wie sonstige tarifliche Regelungen nur einer eingeschränkten Kontrolle dahin gehend zu unterziehen, ob die Ausschlussfrist bzw. Regelung mit höherrangigem Recht vereinbar ist (vgl. BAG 22. September 1999 - 10 AZR 839/98 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 226 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 132). Eine Angemessenheitskontrolle findet damit nicht statt. Dieser eingeschränkte Kontrollmaßstab wird durch § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB bestätigt(vgl. Weyand in Ausschlussfristen im Tarifrecht Kapitel 2 Rn. 71; Krause RdA 2004, 106, 111). Das Bundesarbeitsgericht hat bereits mehrfach entschieden, dass dem § 15 BRTV entsprechende Ausschlussfristen im Baubereich nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen, insbesondere nicht sittenwidrig sind oder gegen Treu und Glauben verstoßen(vgl. BAG 22. September 1999 - 10 AZR 839/98 - aaO; 16. November 1965 - 1 AZR 160/65 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 30 = EzA TVG § 4 Nr. 9).

41

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Tarifvertragsparteien in § 15 BRTV eine Regelung getroffen haben, die im Hinblick auf ihre Weite auch Schadensersatzansprüche aufgrund vorsätzlicher Handlungen erfasst und daher von den Arbeitsvertragsparteien im Hinblick auf § 202 Abs. 1 BGB nicht wirksam im Arbeitsvertrag vereinbart werden könnte. Diese Privilegierung der Tarifvertragsparteien ergibt sich gerade aus der gesetzlichen Regelung des § 202 BGB, die ausschließlich für individualrechtliche Vereinbarungen gilt. § 202 BGB erweist sich damit als tarifdispositives Gesetzesrecht.

42

d) Etwaige Schadensersatzansprüche hätte die Beklagte in der ersten Stufe innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber dem Kläger schriftlich erheben müssen (§ 15 Abs. 1 BRTV). Das war nicht der Fall.

43

aa) Ein Anspruch ist regelmäßig erst dann im Sinne einer Ausschlussfrist fällig, wenn der Gläubiger ihn annähernd beziffern kann (vgl. BAG 27. Oktober 2005 - 8 AZR 3/05 - AP BGB § 310 Nr. 5 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 181). Bei Schadensersatzansprüchen tritt Fälligkeit daher ein, wenn der Schaden für den Gläubiger feststellbar ist und geltend gemacht werden kann (vgl. BAG 20. Juni 2002 - 8 AZR 488/01 - EzA BGB § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 11). Feststellbar ist der Schaden, sobald der Gläubiger vom Schadensereignis Kenntnis erlangt oder bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt Kenntnis erlangt hätte (vgl. BAG 27. April 1995 - 8 AZR 582/94 -; 16. Mai 1984 - 7 AZR 143/81 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 85 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 58). Geltend gemacht werden können Schadensersatzforderungen, sobald der Gläubiger in der Lage ist, sich den erforderlichen Überblick ohne schuldhaftes Zögern zu verschaffen und er seine Forderungen wenigstens annähernd beziffern kann (vgl. BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 886/07 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 192). Zur Fälligkeit der Forderung reicht es aus, wenn der Gläubiger die Ansprüche so deutlich bezeichnen kann, dass der Schuldner erkennen kann, aus welchem Sachverhalt und in welcher ungefähren Höhe er in Anspruch genommen werden soll. Dementsprechend muss zumindest die ungefähre Höhe der Forderung vom Gläubiger benannt werden. Die Fälligkeit eines Schadensersatzanspruchs setzt darüber hinaus voraus, dass ein Schaden überhaupt entstanden ist. Erst mit der Entstehung des Schadens kann auch ein Schadensersatzanspruch entstehen (vgl. BAG 14. Dezember 2006 - 8 AZR 628/05 - mwN, AP BGB § 618 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 618 Nr. 2).

44

bb) Mit Schreiben vom 5. November 2008 hat die Beklagte gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten die nach ihrer Auffassung durch das Fehlen des Klägers nach dem ersten Maiwochenende notwendig gewordenen Aufwendungen bzw. eingetretenen Schäden im Einzelnen nach Hotelübernachtungskosten, Flügen, Spesen etc. beziffert. Aus den dort genannten Einzelposten hat sie die Widerklageforderung iHv. 11.216,80 Euro errechnet. Die Beklagte war damit spätestens am 5. November 2008 in der Lage, die von ihr behaupteten Ansprüche zu benennen und zu beziffern. Folglich trat spätestens zu diesem Zeitpunkt Fälligkeit ein. Die Zwei-Monats-Frist des § 15 Abs. 1 BRTV endete damit am 5. Januar 2009 (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Die mit Schriftsatz vom 5. März 2009 erhobene, dem Klägervertreter am 12. März 2009 zugestellte Widerklage hat diese Frist nicht gewahrt. Eine frühere schriftliche Geltendmachung, aus welcher der Kläger Grund und ungefähre Höhe des behaupteten Anspruchs hätte entnehmen können, ist nicht festzustellen. Insbesondere stellt der bloße Hinweis der Beklagten in der Klageerwiderung vom 23. Dezember 2008, durch die Kündigung des Klägers seien der Beklagten erhebliche Schäden entstanden, die im Zweifel noch weiter beziffert würden, keine ausreichende Geltendmachung im Sinne von § 15 Abs. 1 BRTV dar. Eine solche, nach Grund und ungefährer Höhe spezifizierte Geltendmachung war auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil dem Kläger die ungefähre Schadenshöhe bekannt gewesen wäre (vgl. BAG 16. Dezember 1971 - 1 AZR 335/71 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 48 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 8). Dass dies der Fall war, wird von der Beklagten nicht einmal behauptet.

45

e) Eine Berücksichtigung der Ausschlussfrist zugunsten des Klägers ist auch nicht nach § 242 BGB ausgeschlossen.

46

aa) Zunächst gilt, dass die fehlende Kenntnis von Existenz und Inhalt einer Ausschlussfrist den Verfall des Anspruchs unberührt lässt (allg. Meinung, vgl. BAG 16. August 1983 - 3 AZR 206/82 - AP TVG § 1 Auslegung Nr. 131 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 56). Eine gegen Treu und Glauben verstoßende und damit gemäß § 242 BGB unzulässige Rechtsausübung stellt die Berufung auf eine Ausschlussfrist dann dar, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit des Gläubigers hinsichtlich der erforderlichen Geltendmachung des Anspruchs durch ein Verhalten des Schuldners veranlasst worden ist. Der Schuldner muss also den Gläubiger von der Geltendmachung des Anspruchs bzw. der Einhaltung der Verfallfrist abgehalten haben. Das wird zB angenommen, wenn der Schuldner durch positives Tun oder durch pflichtwidriges Unterlassen dem Gläubiger die Geltendmachung des Anspruchs oder die Einhaltung der Frist erschwert oder unmöglich gemacht hat bzw. an objektiven Maßstäben gemessen den Eindruck erweckt hat, der Gläubiger könne darauf vertrauen, dass der Anspruch auch ohne Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist erfüllt werde (vgl. BAG 10. Oktober 2002 - 8 AZR 8/02 - BAGE 103, 71 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 169 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 158).

47

bb) Dies war vorliegend nicht der Fall. Zwar meint die Beklagte sinngemäß, der Kläger habe mit dem Klageantrag, gerichtet auf Abrechnung und Auszahlung des sich aus den Abrechnungen ergebenden Nettobetrags, zu erkennen gegeben, dass noch Ansprüche - ggf. auch wechselseitige - offen stünden. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Der Kläger hat nur eigene Entgeltansprüche für April und Mai 2008 geltend gemacht und keine Erklärung dahin gehend abgegeben, seinerseits Ansprüche der Beklagten erfüllen zu wollen. Insbesondere hat er die Beklagte nicht an einer Geltendmachung ihrer Ansprüche gehindert. Die Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung auf Schadensersatzansprüche ihrerseits hingewiesen. Dass sie diese nicht innerhalb der Ausschlussfrist in der notwendigen Art und Weise geltend gemacht hat, ist nicht auf Erklärungen oder ein Verhalten des Klägers zurückzuführen, sondern liegt allein in ihrem Verantwortungsbereich.

48

II. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    F. Avenarius    

                 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 31. Januar 2012 - 5 Sa 1560/10 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht Köln zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um einen Schmerzensgeldanspruch, den die Klägerin wegen „Mobbings“ geltend macht.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin vom 1. Juli 1996 bis zum 31. Mai 2010 beschäftigt, zuletzt als Leiterin einer Tankstelle in E. Diese hatte früher ihren Schwiegereltern gehört und war am 1. September 2009 von der Beklagten übernommen worden.

3

In diesem Zusammenhang vereinbarten die Parteien am 31. August 2009 ein bis zum 31. August 2010 befristetes Anstellungsverhältnis. § 12 des Arbeitsvertrages lautete:

        

㤠12 Verfallfristen

        

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

        

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

4

Ab 16. November 2009 war die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 1. Dezember 2009 „fristgemäß“ zum 16. Dezember 2010 und, wegen der fehlerhaften Jahreszahl, vorsorglich unter dem 16. Dezember 2009 ein weiteres Mal zum 31. Dezember 2009. Im anschließenden Kündigungsschutzprozess verständigten sich die Parteien schließlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai 2010.

5

Die Klägerin erstattete Strafanzeige gegen ihren Vorgesetzten Em wegen „des Verdachts der Beleidigung und der sexuellen Belästigung“ und unterrichtete davon die Beklagte mit Schreiben vom 26. März 2010. Das Ermittlungsverfahren gegen den Vorgesetzten Em ist im November 2010 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Mit Eingang beim Arbeitsgericht am 30. August 2010 und Zustellung an die Beklagte am 9. September 2010 ist die vorliegende Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes erhoben worden. Die Klägerin hat behauptet, ihr Vorgesetzter Em habe sie fast täglich als „doof“, „blöd“ oder „unfähig“ bezeichnet, habe sie nicht vertragsgerechte Arbeiten verrichten lassen und ihr bewusst wahrheitswidrig unterstellt, Überstunden zu Unrecht abzurechnen. Nach einem Überfall auf die Tankstelle am 8. Oktober 2009 habe er ihr wie anderen Mitarbeitern vorgeworfen, zu blöd für die Ergreifung des Täters gewesen zu sein. Schließlich habe er die Klägerin gezwungen, bei der Vorführung eines Videos der Gruppe Rammstein mit dem Titel „Pussy Video“ anwesend zu sein.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, mit der Klageeinreichung am 30. August 2010 die vertragliche Ausschlussfrist eingehalten zu haben. Im Übrigen sei die Ausschlussklausel unwirksam, weil die Haftung für vorsätzlich verursachte Schäden nicht im Voraus erlassen oder beschränkt werden könne.

7

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 5.000,00 Euro zu zahlen.

8

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass die Klägerin die wirksam vereinbarte Ausschlussfrist des Arbeitsvertrages nicht eingehalten habe. Im Übrigen hat sie die in der Sache von der Klägerin erhobenen Vorwürfe mit Gegendarstellungen bestritten.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Dem von der Klägerin geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch steht jedenfalls nicht die in § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist entgegen. Wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen kann der Senat aber nicht selbst entscheiden. Die Sache ist daher an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 3 ZPO.

11

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages sei dahin auszulegen, dass die Ausschlussklausel auch die Haftung für vorsätzliches Verhalten eines Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen erfasse. Dies verstoße nicht gegen § 202 Abs. 1 BGB. Danach könne zwar die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Diese Vorschrift ergänze jedoch den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden könne. Dieser Grundsatz gelte aber nach § 278 Satz 2 BGB gerade nicht für den Ausschluss der Haftung für vorsätzliches Verhalten des Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen. Der Ausschluss einer solchen Haftung sei also möglich, die Ausschlussklausel allenfalls teilnichtig. § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages halte auch einer AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand. Insbesondere sei nicht gegen § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB verstoßen worden, da die Obliegenheit einer schriftlichen Geltendmachung keinen Haftungsausschluss und keine Haftungsbegrenzung enthalte. Die Klägerin habe im Sinne der ersten Stufe der somit wirksam vereinbarten Ausschlussfrist ihren Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht. Da § 167 ZPO hier keine Anwendung finde, komme es auf den Eingang der Klage beim Arbeitsgericht nicht an.

12

B. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, der Anspruch der Klägerin sei verfallen. Mit dieser vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

13

I. Eine rechtsfehlerfreie Auslegung der in § 12 Abs. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages geregelten Ausschlussfrist ergibt, dass sie nicht vertragliche oder deliktische Ansprüche wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines Erfüllungs- bzw. Verrichtungsgehilfen der Beklagten erfasst.

14

1. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass es sich bei der streitgegenständlichen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt.

15

a) Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Da der Arbeitnehmer Verbraucher ist (BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 6), finden § 305c Abs. 2 und §§ 306, 307 bis 309 nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB grundsätzlich auch Anwendung, falls die Klausel nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist und der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf den Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen zudem als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher eingeführt wurden(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 20).

16

b) Danach ist die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die Klausel stelle eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; dies ist von der Klägerin auch nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen worden und daher für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO).

17

2. Bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt die Auslegung des Arbeitsvertrages der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung durch den Senat (BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 23 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).

18

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners. Anhaltspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 965/11 - Rn. 24).

19

b) Danach ist eine Auslegung von § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages dahin gehend, dass die Parteien grundsätzlich auch Ansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverstöße und vorsätzlich begangener unerlaubter Handlungen durch die Ausschlussklausel erfassen wollten, nicht frei von Rechtsfehlern.

20

aa) Auf den zwischen den Parteien am 31. August 2009 geschlossenen Arbeitsvertrag findet das BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung. Demzufolge kann gemäß § 202 Abs. 1 BGB die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Diese Vorschrift ergänzt den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden kann. § 202 Abs. 1 BGB erfasst nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen. Es handelt sich um eine Verbotsnorm iSv. § 134 BGB.

21

bb) Im Hinblick auf diese klare Gesetzeslage ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Vertragspartner mit solchen Vertragsklauseln keine Fälle anders als das Gesetz und unter Verstoß gegen die gesetzliche Verbotsnorm iSd. § 134 BGB regeln wollten. Vertragsklauseln, die nur in außergewöhnlichen, von den Vertragspartnern bei Vertragsabschluss nicht für regelungsbedürftig gehaltenen Fällen gegen das Gesetz verstoßen, sind wirksam (vgl. BGH 17. Februar 2011 - III ZR 35/10 - Rn. 10, BGHZ 188, 351; 23. November 2005 - VIII ZR 154/04 - zu II 2 b der Gründe; 10. Mai 1994 - XI ZR 65/93 - zu II 2 b der Gründe; Palandt/Grüneberg 72. Aufl. § 306 BGB Rn. 9; Schlewing NZA-Beilage 2012, 33, 34). Eine am Sinn und Zweck solcher Klauseln orientierte Auslegung ergibt, dass derartige Ausnahmefälle von der Klausel gar nicht erfasst werden sollen (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 6 der Gründe, BAGE 115, 19 = AP BGB § 310 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 3; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - zu II 4 der Gründe, BAGE 116, 66 = AP BGB § 307 Nr. 7 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 8).

22

cc) Der Senat hält an dieser von ihm bereits bestätigten Rechtsprechung fest (BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 31, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 200). Dass ein Arbeitgeber seine eigene Haftung für Vorsatz nicht ausschließen kann, ergibt sich, auch wenn es sich nicht um einen Formulararbeitsvertrag handelt, schon aus § 276 Abs. 3 BGB. Über den Gesetzeswortlaut hinaus verbietet § 202 Abs. 1 BGB nicht nur Vereinbarungen zur Verjährung von Ansprüchen wegen Vorsatzhaftung, sondern auch Ausschlussfristen, die sich auf eine Vorsatzhaftung des Schädigers beziehen(BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - aaO). Hinzu kommt, dass § 104 Abs. 1 SGB VII die Haftung des Arbeitgebers bei Arbeitsunfällen und Berufsunfähigkeit auf Vorsatz beschränkt, sie aber auch genau in diesen Fällen gerade nicht ausschließt. Daher spielt einerseits die Haftung des Arbeitgebers wegen Verletzung der Gesundheit des Arbeitnehmers in der Praxis keine große Rolle (Däubler/Bonin/Deinert/Däubler 3. Aufl. § 309 Nr. 7 Rn. 5; Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 309 Nr. 7 BGB Rn. 23); andererseits hat der Arbeitgeber grundsätzlich kein Interesse daran, einen gesetzwidrigen Haftungsausschluss für vorsätzlich verursachte Personenschäden zu vereinbaren, der in jedem Falle wegen § 134 BGB nichtig und bei Formulararbeitsverträgen zudem nach § 309 Nr. 7 Buchst. a BGB ohne Wertungsmöglichkeit unwirksam wäre. Bei der Vereinbarung einer Ausschlussfrist denken die Parteien eines Arbeitsvertrages vor allem an laufende Entgeltansprüche, also an Ansprüche des Arbeitnehmers, gegebenenfalls aber auch an Ansprüche des Arbeitgebers auf Rückzahlung überzahlten Arbeitsentgelts, nicht aber an vertragliche oder deliktische Ansprüche wegen Personenschäden (vgl. Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 309 Rn. 89 ff.; Bayreuther NZA 2005, 1337). Daher ist eine zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist dahin gehend auszulegen, dass sie nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen soll. Ohne besondere Hinweise im Einzelfall ist eine Anwendung auch auf die Fälle, die durch zwingende gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind, regelmäßig gerade nicht gewollt. Ohne solche Besonderheiten kann auch nicht angenommen werden, die Ausschlussfrist beziehe sich auf Kriterien, die aufgrund von Rückausnahmen, hier § 278 Satz 2 BGB, ausnahmsweise doch regelbar seien.

23

dd) Nach § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders. Diese sogenannte Unklarheitenregel stellt bei objektiv mehrdeutigen Klauseln eine Auslegungshilfe dar, wonach in solchen Fällen die Interessen des Verwenders hinter denjenigen der anderen Partei zurücktreten sollen. Auf diese Unklarheitenregel kann nur zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel verbleiben (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 19). Derartige Zweifel bei der Auslegung bestehen im vorliegenden Fall nicht.

24

ee) Der Senat hat für tarifvertragliche Ausschlussfristen, die Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfassen, entschieden, dass solchen Tarifklauseln § 202 Abs. 1 BGB nicht entgegensteht, da das Gesetz die Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes nur „durch Rechtsgeschäft“ verbietet(BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 32 ff., EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 200). Da die Arbeitsvertragsparteien hier nicht auf einen Tarifvertrag Bezug genommen haben, braucht nicht entschieden zu werden, ob ein Rechtsgeschäft iSv. § 202 BGB dann ausscheidet, wenn ein Tarifvertrag aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel insgesamt Anwendung findet.

25

c) Sind von der vertraglich vereinbarten Ausschlussklausel Schadensersatzansprüche der in § 309 Nr. 7 oder § 202 Abs. 1 BGB erfassten Art nicht umfasst, so kommt es auf die weitere Frage, ob die Klausel nach § 309 Nr. 7 BGB unwirksam ist, nicht an.

26

II. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), weil der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO). Soweit das Berufungsgericht den Verfall eines eventuell bestehenden Schmerzensgeldanspruchs angenommen hat, hat es aus seiner Sicht folgerichtig nicht geprüft, ob die materiellen Voraussetzungen eines Anspruchs wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben sind. Ob die Rechte der Klägerin nach den von ihr behaupteten Mobbinghandlungen verletzt worden sind, muss das Landesarbeitsgericht aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilen. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 63, BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

      

        

        

    Umfug    

        

    Andreas Henniger    

                 

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Allgemeinverbindlicherklärung erscheint in der Regel im öffentlichen Interesse geboten, wenn

1.
der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat oder
2.
die Absicherung der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangt.

(1a) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag über eine gemeinsame Einrichtung zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn der Tarifvertrag die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen durch eine gemeinsame Einrichtung mit folgenden Gegenständen regelt:

1.
den Erholungsurlaub, ein Urlaubsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld,
2.
eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
3.
die Vergütung der Auszubildenden oder die Ausbildung in überbetrieblichen Bildungsstätten,
4.
eine zusätzliche betriebliche oder überbetriebliche Vermögensbildung der Arbeitnehmer,
5.
Lohnausgleich bei Arbeitszeitausfall, Arbeitszeitverkürzung oder Arbeitszeitverlängerung.
Der Tarifvertrag kann alle mit dem Beitragseinzug und der Leistungsgewährung in Zusammenhang stehenden Rechte und Pflichten einschließlich der dem Verfahren zugrunde liegenden Ansprüche der Arbeitnehmer und Pflichten der Arbeitgeber regeln. § 7 Absatz 2 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes findet entsprechende Anwendung.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag ist Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von der Allgemeinverbindlicherklärung betroffen werden würden, den am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber sowie den obersten Arbeitsbehörden der Länder, auf deren Bereich sich der Tarifvertrag erstreckt, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung zu geben. In begründeten Fällen kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Teilnahme an der Verhandlung mittels Video- oder Telefonkonferenz vorsehen.

(3) Erhebt die oberste Arbeitsbehörde eines beteiligten Landes Einspruch gegen die beantragte Allgemeinverbindlicherklärung, so kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem Antrag nur mit Zustimmung der Bundesregierung stattgeben.

(4) Mit der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrags in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein nach Absatz 1a für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag ist vom Arbeitgeber auch dann einzuhalten, wenn er nach § 3 an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags im Einvernehmen mit dem in Absatz 1 genannten Ausschuß aufheben, wenn die Aufhebung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. Im übrigen endet die Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags mit dessen Ablauf.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann der obersten Arbeitsbehörde eines Landes für einzelne Fälle das Recht zur Allgemeinverbindlicherklärung sowie zur Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit übertragen.

(7) Die Allgemeinverbindlicherklärung und die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit bedürfen der öffentlichen Bekanntmachung. Die Bekanntmachung umfasst auch die von der Allgemeinverbindlicherklärung erfassten Rechtsnormen des Tarifvertrages.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Allgemeinverbindlicherklärung erscheint in der Regel im öffentlichen Interesse geboten, wenn

1.
der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat oder
2.
die Absicherung der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangt.

(1a) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag über eine gemeinsame Einrichtung zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn der Tarifvertrag die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen durch eine gemeinsame Einrichtung mit folgenden Gegenständen regelt:

1.
den Erholungsurlaub, ein Urlaubsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld,
2.
eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
3.
die Vergütung der Auszubildenden oder die Ausbildung in überbetrieblichen Bildungsstätten,
4.
eine zusätzliche betriebliche oder überbetriebliche Vermögensbildung der Arbeitnehmer,
5.
Lohnausgleich bei Arbeitszeitausfall, Arbeitszeitverkürzung oder Arbeitszeitverlängerung.
Der Tarifvertrag kann alle mit dem Beitragseinzug und der Leistungsgewährung in Zusammenhang stehenden Rechte und Pflichten einschließlich der dem Verfahren zugrunde liegenden Ansprüche der Arbeitnehmer und Pflichten der Arbeitgeber regeln. § 7 Absatz 2 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes findet entsprechende Anwendung.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag ist Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von der Allgemeinverbindlicherklärung betroffen werden würden, den am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber sowie den obersten Arbeitsbehörden der Länder, auf deren Bereich sich der Tarifvertrag erstreckt, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung zu geben. In begründeten Fällen kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Teilnahme an der Verhandlung mittels Video- oder Telefonkonferenz vorsehen.

(3) Erhebt die oberste Arbeitsbehörde eines beteiligten Landes Einspruch gegen die beantragte Allgemeinverbindlicherklärung, so kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem Antrag nur mit Zustimmung der Bundesregierung stattgeben.

(4) Mit der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrags in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein nach Absatz 1a für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag ist vom Arbeitgeber auch dann einzuhalten, wenn er nach § 3 an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags im Einvernehmen mit dem in Absatz 1 genannten Ausschuß aufheben, wenn die Aufhebung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. Im übrigen endet die Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags mit dessen Ablauf.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann der obersten Arbeitsbehörde eines Landes für einzelne Fälle das Recht zur Allgemeinverbindlicherklärung sowie zur Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit übertragen.

(7) Die Allgemeinverbindlicherklärung und die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit bedürfen der öffentlichen Bekanntmachung. Die Bekanntmachung umfasst auch die von der Allgemeinverbindlicherklärung erfassten Rechtsnormen des Tarifvertrages.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 14. August 2009 - 19 Sa 690/09 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Widerklage der Beklagten, mit der diese Schadensersatzansprüche gegenüber dem Kläger verfolgt.

2

Die Beklagte ist ein Bauunternehmen. Der Kläger war bei ihr seit 6. August 2007 als Maurer zu einem Stundenlohn von 12,40 Euro brutto bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt. Kraft Allgemeinverbindlichkeit fand auf das Arbeitsverhältnis der Bundesrahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes vom 4. Juli 2002 in der Fassung des Änderungstarifvertrags vom 20. August 2007 (BRTV) Anwendung.

3

Dieser Tarifvertrag enthält ua. folgende Bestimmung:

        

㤠15 Ausschlussfristen

        

1.    

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden; besteht bei Ausscheiden des Arbeitnehmers ein Arbeitszeitguthaben, beträgt die Frist für dieses Arbeitszeitguthaben jedoch sechs Monate.

        

2.    

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Dies gilt nicht für Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers, die während eines Kündigungsschutzprozesses fällig werden und von seinem Ausgang abhängen. Für diese Ansprüche beginnt die Verfallfrist von zwei Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens.“

4

Im April 2008 war der Kläger auf einer Baustelle in Polen eingesetzt. Diese wurde am 30. April 2008 vorläufig geräumt, um über das verlängerte Wochenende (1. Mai) zurück nach Deutschland zu fliegen. Die Beklagte hatte in einem Hotel in Polen einen Raum angemietet, in dem während der Abwesenheit der Arbeitnehmer deren Werkzeuge und persönliche Gegenstände deponiert werden konnten. Der Kläger nutzte diese Möglichkeit nicht, sondern packte seine persönlichen Gegenstände vor der Abreise nach Deutschland ein und tauschte bei der Ankunft in D auf dem Flughafen seine polnischen Devisen gegen Euro.

5

Am 2. Mai 2008 rief der Kläger bei der Beklagten an und teilte mit, er habe sich, als er seinem Großvater ins Auto geholfen habe, den Arm angestoßen, weshalb er zum Arzt müsse. In der Folgezeit meldete sich der Kläger nicht mehr bei der Beklagten, die den Kläger auch telefonisch nicht erreichen konnte. Mit Schreiben vom 7. Mai 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 26. Mai 2008. Seit dem 27. Mai 2008 steht der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Unternehmen. Am 23. Juni 2008 reichten die Eltern des Klägers eine von ihm gefertigte Stundenaufstellung für April und Mai 2008 bei der Beklagten ein. Außerdem übergaben sie eine am 2. Mai 2008 ausgestellte ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 2. bis 16. Mai 2008 attestierte.

6

Mit Schreiben vom 5. November 2008, gerichtet an ihren Prozessbevollmächtigten, bezifferte die Beklagte die errechneten Kosten und Mehraufwendungen wegen der nicht erfolgten Arbeitsaufnahme des Klägers im Mai 2008.

7

Mit der am 19. November 2008 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger die Abrechnung und Auszahlung seiner Lohnansprüche für die Monate April und Mai 2008 begehrt.

8

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 5. März 2009, dem Klägervertreter am 12. März 2009 zugestellt, Widerklage erhoben. Mit dieser verlangt sie vom Kläger Erstattung der Mehrkosten iHv. 11.216,80 Euro, die durch sein Fehlen entstanden seien.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, die Monate April 2008 und Mai 2008 ordnungsgemäß abzurechnen und den sich aus der Abrechnung ergebenden Nettolohn an den Kläger auszuzahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt,

        

die Klage abzuweisen,

        

und     

        

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte einen Betrag iHv. 11.216,80 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Zur Begründung der Widerklage hat die Beklagte behauptet, der Kläger habe seine Erkrankung im Mai 2008 nur vorgetäuscht. Dies ergebe sich schon daraus, dass er sämtliche persönlichen Gegenstände von Polen nach Deutschland mitgenommen und sämtliche polnischen Devisen zurückgetauscht habe. Durch den plötzlichen Ausfall des Klägers sei eine Verzögerung der Baumaßnahmen von zehn Arbeitstagen eingetreten. Deshalb sei ein zweiter zehntägiger Arbeitseinsatz Ende Mai/Anfang Juni 2008 notwendig geworden. Hierfür seien Kosten für vier Flüge iHv. 539,60 Euro, Spesen für zehn Tage iHv. 700,00 Euro sowie Kosten für weitere Hotelübernachtungen iHv. 670,00 Euro, insgesamt 1.909,60 Euro angefallen. Für den Zeitraum des zweiten Arbeitseinsatzes sei ein anderweitiger Umsatz iHv. insgesamt 9.307,20 Euro weggefallen, da die Beklagte durch den zweiten Einsatz in Polen einen anderweitigen Auftrag verloren habe.

12

Der Kläger hat zur Widerklage die Ansicht vertreten, ein Arbeitgeber müsse das Risiko, dass ein Arbeitnehmer spontan ausfällt, zwangsläufig tragen. Es gehöre zu seinem wirtschaftlichen Unternehmerrisiko, dass ein Arbeitnehmer wie hier krankheitsbedingt ausfalle. Für eine derartige Situation habe der Arbeitgeber Vorsorge zu treffen bzw. die Konsequenzen zu tragen, wenn er dies versäume.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

14

Nach Berufungseinlegung durch die Beklagte haben die Parteien den Rechtsstreit, soweit er sich auf die Klageforderung bezog, aufgrund eines in einem Parallelverfahren geschlossenen Vergleichs für erledigt erklärt. Das Landesarbeitsgericht hat im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Nach Zulassung der Revision durch den Senat verfolgt die Beklagte ihr Prozessziel im Rahmen der Widerklage nur noch hinsichtlich der Hauptforderung (ohne Zinsen) weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Etwaige Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger sind verfallen.

16

A. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten, mit der sie sich nur noch gegen die Abweisung ihrer Widerklage durch das Arbeitsgericht gewandt hatte, zurückgewiesen. Dazu hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Beklagten sei verfallen. Auf das Arbeitsverhältnis finde der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe kraft Allgemeinverbindlichkeit Anwendung. § 15 BRTV-Bau sehe eine zweistufige Ausschlussfrist vor, die auch einen Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers erfasse. Die Beklagte habe die zweistufige Ausschlussfrist schon auf der ersten Stufe nicht eingehalten. Die Fälligkeit des geltend gemachten Anspruchs sei spätestens am 5. November 2008 eingetreten, eine schriftliche Geltendmachung sei aber erst mit der Widerklage erfolgt, die dem Klägervertreter am 12. März 2009, dh. außerhalb der zweimonatigen Frist zugestellt worden sei. Der Verfall der Widerklageforderung sei auch nicht durch § 242 BGB ausgeschlossen.

17

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

18

I. Die zulässige Widerklage ist nicht begründet. Der Beklagten steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch iHv. 11.216,80 Euro nicht zu.

19

1. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Beklagten wäre, unabhängig von der Rechtsgrundlage auf die er gestützt werden könnte, mangels rechtzeitiger Geltendmachung nach § 15 BRTV verfallen und damit erloschen(vgl. BAG 30. März 1973 - 4 AZR 259/72 - BAGE 25, 169 = AP BGB § 390 Nr. 4 = EzA BGB § 390 Nr. 1; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 105/08 - AP ZPO § 717 Nr. 9). Ausschlussfristen sind von den Gerichten für Arbeitssachen von Amts wegen zu berücksichtigen (BAG 18. Dezember 2008 - 8 AZR 105/08 - aaO).

20

Nach § 15 BRTV verfallen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden(1. Stufe). Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird (2. Stufe).

21

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft Allgemeinverbindlicherklärung der BRTV Anwendung.

22

aa) Der Betrieb der Beklagten ist ein Betrieb des Baugewerbes, der gemäß § 1 Abs. 2 BRTV unter den betrieblichen Geltungsbereich dieses Rahmentarifvertrags fällt. Dies ist zwischen den Parteien nicht streitig.

23

bb) Aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des BRTV sowohl den Kläger als auch die Beklagte, unabhängig, ob diese tarifgebunden sind oder nicht, § 5 Abs. 4 TVG.

24

b) Die tarifvertragliche Ausschlussfrist des § 15 BRTV gilt auch für den von der Beklagten geltend gemachten Schadensersatzanspruch, selbst wenn eine vorsätzliche Pflicht- oder Rechts(gut)verletzung durch den Kläger vorliegen sollte. Dies ergibt eine sachgerechte Auslegung der Tarifnorm.

25

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist stets abzustellen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Verbleiben noch Zweifel, können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien, wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrags berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Reglung führt (st. Rspr., vgl. BAG 11. November 2010 - 8 AZR 392/09 - mwN, NZA 2011, 763). In ständiger Rechtsprechung geht das Bundesarbeitsgericht für tarifvertragliche Ausschlussfristen zudem davon aus, dass diese im Hinblick auf ihre Wirkung grundsätzlich eng auszulegen sind (vgl. BAG 4. April 2001 - 4 AZR 242/00 - mwN, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 156 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 141). Allerdings kann dieser Grundsatz erst dann greifen, wenn die Mittel der Auslegung erschöpft sind und dabei kein eindeutiges Ergebnis zu erzielen war (vgl. Wiedemann/Wank 7. Aufl. § 4 TVG Rn. 800).

26

bb) Nach § 15 Abs. 1 BRTV unterfallen der Ausschlussfrist „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“. Bereits nach dem Wortlaut sollen „alle beiderseitigen“, dh. wechselseitigen Ansprüche der Arbeitsvertragsparteien der Klausel unterliegen. Es ergeben sich aus der Formulierung der Tarifnorm keine Anhaltspunkte dafür, dass nur bestimmte Ansprüche gemeint sind und insbesondere solche wegen vorsätzlich begangener, ggf. auch unerlaubter Handlungen ausgenommen sein sollen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterfallen wegen des einheitlichen Lebensvorgangs nicht nur vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche einer Klausel, die „alle … Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ einer bestimmten Frist zur Geltendmachung unterwirft, sondern auch solche aus unerlaubter Handlung iSd. §§ 823, 826 BGB(vgl. BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 886/07 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 192). Die Tarifvertragsparteien verfolgen mit der weiten Formulierung das Ziel, Rechtsklarheit und Rechtssicherheit herbeizuführen. Die Arbeitsvertragsparteien sollen sich darauf verlassen können, dass nach Fristablauf der jeweilige Vertragspartner keine Ansprüche mehr erhebt (vgl. ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 32). Dem entspricht es am ehesten, alle Ansprüche aus einem einheitlichen Lebensvorgang nach einer gewissen Zeit jedem rechtlichen Streit zu entziehen. Anknüpfungspunkt ist für die Tarifvertragsparteien weniger die Rechtsgrundlage für den Anspruch als vielmehr der Anlass seines jeweiligen Entstehens (vgl. Wiedemann/Wank 7. Aufl. § 4 TVG Rn. 807 mwN; BAG 10. August 1967 - 3 AZR 221/66 - BAGE 20, 30 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 37). Ergibt sich somit aus dem Wortlaut eindeutig eine einschränkungslose Erfassung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, so bleibt kein Raum für die von der Rechtsprechung geforderte enge Auslegung von Ausschlussfristen (vgl. BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 3 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 196).

27

c) Die tarifvertragliche Ausschlussfrist in § 15 BRTV ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

28

aa) Die Gerichte für Arbeitssachen haben Tarifverträge daraufhin zu überprüfen, ob sie mit höherrangigem Recht vereinbar sind, nicht hingegen darauf, ob die jeweilige tarifliche Regelung die gerechteste und zweckmäßigste Lösung darstellt (st. Rspr., vgl. BAG 22. September 1999 - 10 AZR 839/98 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 226 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 132).

29

bb) § 15 BRTV ist nicht nach §§ 134, 202 Abs. 1 BGB nichtig bzw. teilnichtig.

30

Das Arbeitsverhältnis der Parteien begann am 6. August 2007, so dass auf dieses das BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung findet.

31

Nach § 202 Abs. 1 BGB kann die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Die Vorschrift ergänzt den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden kann. § 202 Abs. 1 BGB erfasst nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen. § 202 BGB stellt eine Verbotsnorm im Sinne von § 134 BGB dar. So hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts eine im Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfrist, sofern sie auch vorsätzliche Vertragsverstöße und vorsätzlich begangene unerlaubte Handlungen erfassen sollte, als teilnichtig angesehen (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19 = AP BGB § 310 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 3).

32

§ 202 Abs. 1 BGB steht jedoch einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist, die auch Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfasst und nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 Abs. 4 TVG normative Wirkung entfaltet, nicht entgegen.

33

§ 202 Abs. 1 BGB spricht von einer Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes „durch Rechtsgeschäft“. Damit wird bereits nach dem Wortlaut der Norm auf einen Tatbestand abgestellt, der sich aus Willenserklärungen ergibt. Die amtliche Überschrift von § 202 BGB spricht zwar in Abweichung vom Wort „Rechtsgeschäft“ von „Vereinbarungen über die Verjährung“, jedoch folgt auch hieraus, dass sich § 202 BGB auf Verjährungsregelungen durch Parteivereinbarung bezieht und die Vertragsfreiheit der Parteien insoweit einschränkt. Auch die Gesetzesbegründung spricht von der Disposition der Parteien, von Parteivereinbarung bzw. dem Interesse beider Parteien (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 109 f.). § 202 BGB bezieht sich damit losgelöst von den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets ausschließlich auf die Parteien des materiellrechtlichen Anspruchs, um dessen Verjährung es geht(vgl. MünchKommBGB/Grothe 5. Aufl. § 202 BGB Rn. 4; Staudinger/Peters/Jacoby [2009] § 202 BGB Rn. 6; BeckOK Bamberger/Roth/Henrich Stand 1. März 2011 BGB § 202 Rn. 4). Der Gesetzgeber hat daher auch darauf verzichtet, die Grundaussage des § 225 Satz 2 BGB aF, wonach verjährungserleichternde Vereinbarungen grundsätzlich zulässig waren, in das modernisierte Schuldrecht aufzunehmen, da dies ohnehin Bestandteil der allgemeinen Vertragsfreiheit ist(vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 110). Soweit § 202 BGB nicht einschlägig ist, verjährungsverändernden Regelungen also nicht entgegensteht, verbleibt es bei der Dispositivität der Verjährungsregeln. Für individualvertragliche Vereinbarungen zur Verjährungserleichterung besteht nach § 202 Abs. 1 BGB die Einschränkung, dass - unabhängig von der Rechtsnatur des Anspruchs - die Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus erleichtert werden darf. Als „Rechtsgeschäft“ im Sinne von § 202 BGB kommen vertragliche Individualvereinbarungen und Vereinbarungen aufgrund Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Betracht.

34

Eine „Vereinbarung“ im Sinne von § 202 Abs. 1 BGB liegt allerdings nicht vor, wenn auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ein Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifbindung oder kraft Allgemeinverbindlicherklärung zwingend Anwendung findet(§ 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 Abs. 4 TVG) (aA Matthiessen Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen S. 205; Matthiessen/Shea DB 2004, 1366, 1368; Lakkis in jurisPK-BGB 5. Aufl. § 202 Rn. 14; dies. AcP 2003, 763, 768, jeweils ohne weitere Auseinandersetzung mit dem Wortlaut von § 202 BGB).

35

Gilt für das Arbeitsverhältnis der Parteien ein Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifbindung, so gelten die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Die Rechtsnormen eines Tarifvertrags sind Gesetze im materiell-rechtlichen Sinne und erfüllen den Gesetzesbegriff des Art. 2 EGBGB(BAG 14. Juni 1994 - 9 AZR 284/93 - BAGE 77, 81 = AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 21 = EzA BGB § 125 Nr. 11). Für die Tarifgebundenen entspricht die Regelungswirkung daher derjenigen anderer Gesetze. Aufgrund dieser normativen Wirkung des Tarifvertrags, die gerade nicht Ausdruck der privatautonomen Gestaltung der Arbeitsvertragsparteien ist, handelt es sich bei den zwingend und unmittelbar geltenden Rechtsnormen eines Tarifvertrags nicht um ein „Rechtsgeschäft“ im Sinne von § 202 BGB, sondern um eine gesetzliche Regelung im Sinne von Art. 2 EGBGB.

36

Gleiches gilt, wenn - wie im Streitfalle - die tariflichen Regelungen nach § 5 Abs. 4 TVG aufgrund Allgemeinverbindlicherklärung Anwendung finden.

37

Ob eine individualvertragliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien und damit ein Rechtsgeschäft im Sinne von § 202 BGB jedoch dann vorliegt, wenn ein Tarifvertrag aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel insgesamt Anwendung findet oder wenn allein bezüglich der Ausschlussfristen ein Tarifvertrag Anwendung finden soll, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.

38

Eine Inhaltskontrolle des Tarifvertrags nach §§ 305 ff. BGB schließt § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB aus.

39

cc) Die Ausschlussfrist verstößt auch nicht gegen sonstiges höherrangiges Recht.

40

Die Gerichte für Arbeitssachen haben Ausschlussfristen in Tarifverträgen wie sonstige tarifliche Regelungen nur einer eingeschränkten Kontrolle dahin gehend zu unterziehen, ob die Ausschlussfrist bzw. Regelung mit höherrangigem Recht vereinbar ist (vgl. BAG 22. September 1999 - 10 AZR 839/98 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 226 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 132). Eine Angemessenheitskontrolle findet damit nicht statt. Dieser eingeschränkte Kontrollmaßstab wird durch § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB bestätigt(vgl. Weyand in Ausschlussfristen im Tarifrecht Kapitel 2 Rn. 71; Krause RdA 2004, 106, 111). Das Bundesarbeitsgericht hat bereits mehrfach entschieden, dass dem § 15 BRTV entsprechende Ausschlussfristen im Baubereich nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen, insbesondere nicht sittenwidrig sind oder gegen Treu und Glauben verstoßen(vgl. BAG 22. September 1999 - 10 AZR 839/98 - aaO; 16. November 1965 - 1 AZR 160/65 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 30 = EzA TVG § 4 Nr. 9).

41

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Tarifvertragsparteien in § 15 BRTV eine Regelung getroffen haben, die im Hinblick auf ihre Weite auch Schadensersatzansprüche aufgrund vorsätzlicher Handlungen erfasst und daher von den Arbeitsvertragsparteien im Hinblick auf § 202 Abs. 1 BGB nicht wirksam im Arbeitsvertrag vereinbart werden könnte. Diese Privilegierung der Tarifvertragsparteien ergibt sich gerade aus der gesetzlichen Regelung des § 202 BGB, die ausschließlich für individualrechtliche Vereinbarungen gilt. § 202 BGB erweist sich damit als tarifdispositives Gesetzesrecht.

42

d) Etwaige Schadensersatzansprüche hätte die Beklagte in der ersten Stufe innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber dem Kläger schriftlich erheben müssen (§ 15 Abs. 1 BRTV). Das war nicht der Fall.

43

aa) Ein Anspruch ist regelmäßig erst dann im Sinne einer Ausschlussfrist fällig, wenn der Gläubiger ihn annähernd beziffern kann (vgl. BAG 27. Oktober 2005 - 8 AZR 3/05 - AP BGB § 310 Nr. 5 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 181). Bei Schadensersatzansprüchen tritt Fälligkeit daher ein, wenn der Schaden für den Gläubiger feststellbar ist und geltend gemacht werden kann (vgl. BAG 20. Juni 2002 - 8 AZR 488/01 - EzA BGB § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 11). Feststellbar ist der Schaden, sobald der Gläubiger vom Schadensereignis Kenntnis erlangt oder bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt Kenntnis erlangt hätte (vgl. BAG 27. April 1995 - 8 AZR 582/94 -; 16. Mai 1984 - 7 AZR 143/81 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 85 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 58). Geltend gemacht werden können Schadensersatzforderungen, sobald der Gläubiger in der Lage ist, sich den erforderlichen Überblick ohne schuldhaftes Zögern zu verschaffen und er seine Forderungen wenigstens annähernd beziffern kann (vgl. BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 886/07 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 192). Zur Fälligkeit der Forderung reicht es aus, wenn der Gläubiger die Ansprüche so deutlich bezeichnen kann, dass der Schuldner erkennen kann, aus welchem Sachverhalt und in welcher ungefähren Höhe er in Anspruch genommen werden soll. Dementsprechend muss zumindest die ungefähre Höhe der Forderung vom Gläubiger benannt werden. Die Fälligkeit eines Schadensersatzanspruchs setzt darüber hinaus voraus, dass ein Schaden überhaupt entstanden ist. Erst mit der Entstehung des Schadens kann auch ein Schadensersatzanspruch entstehen (vgl. BAG 14. Dezember 2006 - 8 AZR 628/05 - mwN, AP BGB § 618 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 618 Nr. 2).

44

bb) Mit Schreiben vom 5. November 2008 hat die Beklagte gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten die nach ihrer Auffassung durch das Fehlen des Klägers nach dem ersten Maiwochenende notwendig gewordenen Aufwendungen bzw. eingetretenen Schäden im Einzelnen nach Hotelübernachtungskosten, Flügen, Spesen etc. beziffert. Aus den dort genannten Einzelposten hat sie die Widerklageforderung iHv. 11.216,80 Euro errechnet. Die Beklagte war damit spätestens am 5. November 2008 in der Lage, die von ihr behaupteten Ansprüche zu benennen und zu beziffern. Folglich trat spätestens zu diesem Zeitpunkt Fälligkeit ein. Die Zwei-Monats-Frist des § 15 Abs. 1 BRTV endete damit am 5. Januar 2009 (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Die mit Schriftsatz vom 5. März 2009 erhobene, dem Klägervertreter am 12. März 2009 zugestellte Widerklage hat diese Frist nicht gewahrt. Eine frühere schriftliche Geltendmachung, aus welcher der Kläger Grund und ungefähre Höhe des behaupteten Anspruchs hätte entnehmen können, ist nicht festzustellen. Insbesondere stellt der bloße Hinweis der Beklagten in der Klageerwiderung vom 23. Dezember 2008, durch die Kündigung des Klägers seien der Beklagten erhebliche Schäden entstanden, die im Zweifel noch weiter beziffert würden, keine ausreichende Geltendmachung im Sinne von § 15 Abs. 1 BRTV dar. Eine solche, nach Grund und ungefährer Höhe spezifizierte Geltendmachung war auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil dem Kläger die ungefähre Schadenshöhe bekannt gewesen wäre (vgl. BAG 16. Dezember 1971 - 1 AZR 335/71 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 48 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 8). Dass dies der Fall war, wird von der Beklagten nicht einmal behauptet.

45

e) Eine Berücksichtigung der Ausschlussfrist zugunsten des Klägers ist auch nicht nach § 242 BGB ausgeschlossen.

46

aa) Zunächst gilt, dass die fehlende Kenntnis von Existenz und Inhalt einer Ausschlussfrist den Verfall des Anspruchs unberührt lässt (allg. Meinung, vgl. BAG 16. August 1983 - 3 AZR 206/82 - AP TVG § 1 Auslegung Nr. 131 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 56). Eine gegen Treu und Glauben verstoßende und damit gemäß § 242 BGB unzulässige Rechtsausübung stellt die Berufung auf eine Ausschlussfrist dann dar, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit des Gläubigers hinsichtlich der erforderlichen Geltendmachung des Anspruchs durch ein Verhalten des Schuldners veranlasst worden ist. Der Schuldner muss also den Gläubiger von der Geltendmachung des Anspruchs bzw. der Einhaltung der Verfallfrist abgehalten haben. Das wird zB angenommen, wenn der Schuldner durch positives Tun oder durch pflichtwidriges Unterlassen dem Gläubiger die Geltendmachung des Anspruchs oder die Einhaltung der Frist erschwert oder unmöglich gemacht hat bzw. an objektiven Maßstäben gemessen den Eindruck erweckt hat, der Gläubiger könne darauf vertrauen, dass der Anspruch auch ohne Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist erfüllt werde (vgl. BAG 10. Oktober 2002 - 8 AZR 8/02 - BAGE 103, 71 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 169 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 158).

47

bb) Dies war vorliegend nicht der Fall. Zwar meint die Beklagte sinngemäß, der Kläger habe mit dem Klageantrag, gerichtet auf Abrechnung und Auszahlung des sich aus den Abrechnungen ergebenden Nettobetrags, zu erkennen gegeben, dass noch Ansprüche - ggf. auch wechselseitige - offen stünden. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Der Kläger hat nur eigene Entgeltansprüche für April und Mai 2008 geltend gemacht und keine Erklärung dahin gehend abgegeben, seinerseits Ansprüche der Beklagten erfüllen zu wollen. Insbesondere hat er die Beklagte nicht an einer Geltendmachung ihrer Ansprüche gehindert. Die Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung auf Schadensersatzansprüche ihrerseits hingewiesen. Dass sie diese nicht innerhalb der Ausschlussfrist in der notwendigen Art und Weise geltend gemacht hat, ist nicht auf Erklärungen oder ein Verhalten des Klägers zurückzuführen, sondern liegt allein in ihrem Verantwortungsbereich.

48

II. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    F. Avenarius    

                 

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

(1) Von den vorstehenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 kann in Tarifverträgen abgewichen werden. Die abweichenden Bestimmungen haben zwischen nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung, wenn zwischen diesen die Anwendung der einschlägigen tariflichen Urlaubsregelung vereinbart ist. Im übrigen kann, abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2, von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

(2) Für das Baugewerbe oder sonstige Wirtschaftszweige, in denen als Folge häufigen Ortswechsels der von den Betrieben zu leistenden Arbeit Arbeitsverhältnisse von kürzerer Dauer als einem Jahr in erheblichem Umfange üblich sind, kann durch Tarifvertrag von den vorstehenden Vorschriften über die in Absatz 1 Satz 1 vorgesehene Grenze hinaus abgewichen werden, soweit dies zur Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs für alle Arbeitnehmer erforderlich ist. Absatz 1 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.

(3) Für den Bereich der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft sowie einer gemäß § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 3 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2386) ausgegliederten Gesellschaft und für den Bereich der Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost kann von der Vorschrift über das Kalenderjahr als Urlaubsjahr (§ 1) in Tarifverträgen abgewichen werden.

Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. Februar 2014 - 7 Sa 727/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine vom Kläger geltend gemachte tarifvertragliche Mehrflugstundenvergütung.

2

Der Kläger arbeitet bei dem beklagten Luftfahrtunternehmen als Flugzeugführer. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Manteltarifvertrag Nr. 3a für das Cockpitpersonal bei Germanwings, abgeschlossen zwischen der Beklagten und der Vereinigung Cockpit e. V., vom 9. November 2011, gültig ab 1. Juli 2011 (künftig MTV), Anwendung. Der MTV hat, soweit hier von Interesse, folgenden Wortlaut:

        

II. Einsatz und Freizeit

        

…       

        

§ 10 Arbeitszeit

        

1)    

Die Arbeitszeit ist die Zeit, in welcher der Mitarbeiter auf Anordnung der GWI [Beklagte] Dienst leistet.

                 

…       

        

2)    

Zur Arbeitszeit zählen:

                 

a)    

die Flugdienstzeit (§ 11)

                 

b)    

die Beförderungszeit (§ 14)

                 

c)    

die Bereitschaftszeit gemäß § 15 dieses Tarifvertrages; …

                 

d)    

die notwendige Zeit für vorgeschriebene, und von der GWI angeordnete fliegerärztliche/tropenmedizinische Untersuchungen und Impfungen

                 

e)    

die Zeit zur Wahrnehmung der Verpflichtungen als Personalvertreter im Rahmen der Erforderlichkeit gem. § 38 Tarifvertrag Personalvertretung, sowie die Zeit zur Teilnahme an Personalversammlungen.

                 

f)    

die notwendige Zeit für Tarifverhandlungen und Tarifkommissionssitzungen.

                 

g)    

sonstige von der GWI angeordnete Dienstleistungen und Tätigkeiten (z. B. Schulungen, PR).

        

3)    

Für die Arbeitszeit gelten folgende Beschränkungen:

                 

a)    

2000 Stunden im Kalenderjahr

                 

b)    

210 Stunden im Kalendermonat

                 

c)    

70 Stunden in 7 aufeinanderfolgenden Tagen

        

§ 11 Flugdienstzeit

        

1)    

Zur Flugdienstzeit zählen:

                 

a)    

die Flugzeit

                 

b)    

die Zeit für Flugvorbereitungsarbeiten (mindestens 60 Minuten)

                 

c)    

die Zeit für Abschlussarbeiten (mindestens 30 Minuten)

                 

d)    

die Bodenzeit bei Zwischenaufenthalten, soweit nicht Ruhezeit (§ 13)

                 

e)    

Arbeitszeit, die vor Antritt eines Flugdienstes geleistet wird, wenn zwischen Arbeitszeit und Flugdienstzeit keine Ruhezeit nach § 13 gewährt wird

                 

f)    

die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit einschließlich der Zeiten für Vor- und Abschlussarbeiten nach den Buchstaben b) und c).

        

…       

                 
        

§ 12 Flugzeit (Blockzeit)

        

1)    

Als Flugzeit gilt die Gesamtzeit von dem Zeitpunkt an, an dem ein Luftfahrzeug mit eigener oder fremder Kraft zum Start abrollt bis zu dem Zeitpunkt, zu dem es nach dem Flug zum Stillstand kommt. …

                          
        

2)    

Als Flugzeit gilt außerdem die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit.

        

3)    

Die Flugzeiten sind wie folgt beschränkt:

                 

a)    

900 Stunden während eines Kalenderjahres

                 

b)    

300 Stunden in 91 aufeinanderfolgenden Tagen

                 

c)    

100 Stunden im Kalendermonat, ...

        

§ 13 Ruhezeit

        

…       

        

§ 14 Beförderungszeit (Dead-Head-Zeit)

        

1)    

Die Beförderungszeit ist eine Zeit, die ein Mitarbeiter auf Anordnung der GWI ohne eigene Dienstleistung zum Antritt bzw. nach Beendigung seines Dienstes mitfliegt oder mit anderen Transportmitteln befördert wird.

        

...     

        
        

§ 15 Bereitschaftszeit

        

(Stand-by und Stand-by-Reserve)

        

…       

        

III. Ansprüche des Mitarbeiters

        

§ 19 Vergütung

        

1)    

Die Mitarbeiter erhalten eine monatliche Vergütung, die im Vergütungstarifvertrag für das Cockpitpersonal festgelegt ist. Die Vergütung besteht aus folgenden Bestandteilen:

                 

a)    

Grundgehalt (gemäß des jeweils gültigen GWI VTV)

                 

b)    

Flugzulage (gemäß des jeweils gültigen GWI VTV)

                 

c)    

Mehrflugstundenvergütung (gemäß des jeweils gültigen GWI MTV)

        

...     

        

4)    

Die monatliche Vergütung wird für den laufenden Monat spätestens bis zum Monatsende auf das Konto des Mitarbeiters überwiesen. Die variablen Gehaltsbestandteile gemäß Abs. 1 c) werden jeweils bis zum Monatsende des folgenden Monats überwiesen.

        

5)    

Die in jedem Monat erfolgten Dead-Head-Einsätze werden gesondert erfasst und ausgewiesen. Alle über 2,5 Stunden monatlich hinausgehenden Dead-Head-Stunden werden mit dem Dead-Head-Stundensatz 12,00 € für Copiloten und 18,87 € für Kapitäne zusätzlich vergütet. …

        

6)    

Simulatorstunden werden monatlich gesondert erfasst und ausgewiesen. Sie werden mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz gemäß § 19 Abs. 5) zusätzlich vergütet.

        

§ 20 Mehrflugstundenvergütung

        

1)    

Berechnung der Mehrflugstundenvergütung1

        

(a)     

Die Mitarbeiter erhalten pro bezahlungswirksamer Mehrflugstunde eine Mehrflugstundenvergütung gemäß folgender Formel:

                 

individuelle Grundvergütung + Flugzulage

                 

79    

                 

Die Mehrflugstundenvergütung beträgt ab dem 01.07.2007 pro bezahlungswirksamer Mehrflugstunde:

                          

für die 80. bis zur 85. Flugstunde 125 %,

                          

ab der 86. Flugstunde 140 %

                          

dieses Mehrflugstundensatzes.

        

(b)     

Berechnung Flugstunden2

                 

Bei der Berechnung der Flugstunden im Sinne der Ziffer III. werden die anfallenden Blockzeiten gemäß Protokollnotiz V zugrunde gelegt.

        

2)    

Entstehen des Anspruches

                 

Mehrflugstundenvergütung wird nach mehr als 79 Flugstunden pro Kalendermonat gezahlt.

        

3)    

Anrechnung von Flugzeiten

                 

Für vom Arbeitgeber angeordnete Schulungen werden pro Tag 4,00 Flugstunden angerechnet. Dabei wird ein Arbeitstag mit 7,5 Stunden veranschlagt. Für Arbeitszeiten von weniger als 3,75 Stunden werden 2,00 Stunden angerechnet.

                 

1Gültig ab dem 01.07.2007

                 

2Gültig spätestens zum 01.01.2012“

3

Die in § 20 Abs. 1 Buchst. b MTV angesprochene Protokollnotiz (Nr.) V trägt die Überschrift „BLZ 68-Regelung“ und sieht vor, dass bei der Berechnung der bezahlungswirksamen Flugstunden bei bestimmten Flugzeugtypen grundsätzlich nicht die tatsächlich geflogene Blockzeit, sondern die planmäßige Blockzeit eines 68 %-Quantils nach näherer Maßgabe zugrunde zu legen ist.

4

Die Flugzeugführer der Beklagten sind verpflichtet, zwei Mal im Jahr an jeweils zwei Tagen zu je vier Stunden ein Trainings- und Prüfprogramm in einem Flugsimulator zu absolvieren. Es handelt sich dabei um die originalgetreue Nachbildung eines Flugzeugcockpits, in welchem sowohl die Bewegungen als auch die Sichtverhältnisse eines Fluges nachgeahmt werden. In dem Simulatortraining geht es insbesondere darum, irreguläre Flugsituationen zu bewältigen, wie sie beispielsweise aufgrund technischer Defekte am Flugzeug auftreten können. Eine der beiden jährlichen Simulatortrainingseinheiten wird betriebsintern durchgeführt. Wenn ein Flugzeugführer diese Prüfung nicht besteht, finden Nachschulungen statt. Die andere der beiden jährlichen Simulatortrainingseinheiten führt das Luftfahrtbundesamt durch. Falls diese Prüfung vom Flugzeugführer nicht bestanden wird, was selten der Fall ist, kann dies seine sofortige Suspendierung vom Flugbetrieb zur Folge haben.

5

Im Monat Oktober 2012 wurden dem Kläger Flugstunden im Umfang von 78 Stunden und 41 Minuten angerechnet. Die Beklagte zahlte an ihn keine Mehrflugstundenvergütung, da der Schwellenwert des § 20 Abs. 2 MTV von 79 Flugstunden nicht erreicht sei. Ferner absolvierte der Kläger in diesem Monat acht von der Beklagten angeordnete Simulatorstunden, die diese nicht bei der Berechnung einer Mehrflugstundenvergütung berücksichtigte. Wäre eine entsprechende Anrechnung erfolgt, hätte dem Kläger eine Mehrflugstundenvergütung in rechnerisch unstreitiger Höhe von 774,83 Euro brutto zugestanden.

6

Mit seiner Klage begehrt der Kläger Zahlung von Mehrflugstundenvergütung für den Monat Oktober 2012. Die in diesem Monat absolvierten acht Simulatorstunden seien bei der Berechnung zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus einer Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmungen.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 774,83 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 1. Dezember 2012 zu zahlen.

8

Die Beklagte, die Klagabweisung beantragt hat, meint, eine Auslegung des Tarifvertrags ergebe, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht bestehe. Simulatorstunden seien keine „bezahlungswirksamen Mehrflugstunden“ im Sinne von § 20 MTV.

9

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin eine Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf die von ihm begehrte Zahlung, da die von ihm absolvierten Simulatorstunden Flugstunden iSv. § 20 Abs. 2 MTV sind, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat.

11

I. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Mehrflugstundenvergütung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c, § 20 Abs. 1, Abs. 2 MTV zu. Dies ergibt sich aus einer Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmungen.

12

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 28. August 2013 - 10 AZR 701/12 - Rn. 13 mwN) folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat (BAG 8. März 1995 - 10 AZR 27/95 - zu II 2 a der Gründe). Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG 11. Juli 2012 - 10 AZR 488/11 - Rn. 13, BAGE 142, 284).

13

2. In Anwendung dieser Grundsätze handelt es sich bei der vom Kläger auf Anordnung der Beklagten im Flugübungsgerät (Simulator) verbrachten Zeit um Flugstunden im Sinne von § 20 Abs. 2 MTV.

14

a) Bereits der Wortlaut des Tarifvertrags, von dem bei der Auslegung vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., zB BAG 12. Februar 2015 - 10 AZR 72/14 - Rn. 20 mwN), spricht für dieses Verständnis, auch wenn in § 12 MTV „Flugzeiten“ und nicht „Flugstunden“ definiert werden.

15

aa) Ein Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung entsteht nach § 20 Abs. 2 MTV, wenn mehr als 79 Flugstunden pro Kalendermonat geleistet werden. Gemäß § 12 Abs. 2 MTV gilt als Flugzeit auch die auf Anordnung im Flugübungsgerät verbrachte Zeit. Damit gelten Simulatorstunden als Flugstunden im Sinne des MTV, denn der in § 20 Abs. 2 MTV verwendete Begriff der „Flugstunde“ hat keine andere Bedeutung als der in § 12 Abs. 2 MTV benutzte Ausdruck „Flugzeit“.

16

(1) „Flugzeit“ ist eine allgemeine Bezeichnung des Tatbestandsmerkmals, ohne eine Quantifizierung nach den Einheiten Sekunde, Minute, Stunde oder Tag. Eine „Flugstunde“ ist ein auf einen bestimmten Umfang bezogener Fall der „Flugzeit“, wie § 12 Abs. 3 MTV zeigt, der die Flugzeit nach Stunden in bestimmten größeren Zeitabschnitten (Kalenderjahr, 91 aufeinanderfolgende Tage, Kalendermonat) begrenzt.

17

(2) Die Begriffe werden von den Tarifvertragsparteien zum Teil synonym verwendet. Bei der Berechnung der Flugstunden nach § 20 Abs. 1 Buchst. b MTV ist auf bestimmte Blockzeiten abzustellen. Aus der Überschrift zu § 12 MTV ist dabei abzulesen, dass „Blockzeit“ nur ein anderer Ausdruck für „Flugzeit“ ist. Die in einem Luftfahrzeug bei einem regulären Flug absolvierten Flugstunden werden in § 12 Abs. 1 MTV als „Flugzeit“ bezeichnet. § 20 Abs. 3 MTV trägt die Überschrift „Anrechnung von Flugzeiten“, wobei im nachfolgenden Text von „Flugstunden“ bzw. nur von „Stunden“ die Rede ist, die angerechnet werden. Die Protokollnotiz Nr. V verwendet sowohl den Begriff der Flugstunde als auch den der Blockzeit, welche wiederum minutengenau abzurechnen ist.

18

(3) Auch im üblichen Sprachgebrauch ist „Stunde“ eine präzisierende Bezeichnung des allgemeinen Begriffs „Zeit“ mit zum Teil synonymer Bedeutung. Aufeinanderfolgende Minuten, Stunden, Tage oder Wochen sind die Abschnitte und Einheiten, die mit dem Begriff „Zeit“ zusammengefasst werden.

19

(4) Die wechselnde Verwendung der Begriffe „Flugzeit“ und „Flugstunde“ im MTV ist entgegen der Auffassung der Revision nicht geeignet, hieraus einen von den Tarifvertragsparteien gewollten Bedeutungsunterschied abzuleiten. Vorliegend verbietet es sich umso mehr bei der Auslegung am Buchstaben zu haften, als der MTV erkennbar begriffliche Ungenauigkeiten aufweist. So folgt beispielsweise auf den Abschnitt III „Ansprüche des Mitarbeiters“ sowohl im Inhaltsverzeichnis als auch im fortlaufenden Text des MTV - ohne dass es einen Abschnitt IV gäbe - unmittelbar der Abschnitt V „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“, an welchen sich ein weiterer Abschnitt V „Schlussbestimmungen“ anschließt. Die Bestimmung zur Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall in § 21 Abs. 1 MTV nimmt Bezug auf Vergütungsregelungen in § 10 MTV, womit aber offenkundig § 19 MTV gemeint ist.

20

bb) Soweit in § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV von „bezahlungswirksamen“ Mehrflugstunden die Rede ist, hat dies keinen eigenen tatbestandlichen Regelungsgehalt für das Entstehen des Anspruchs, sondern setzt einen solchen voraus. § 20 Abs. 1 MTV regelt nach seiner Überschrift die Berechnung der Mehrflugstundenvergütung. Dagegen ist das Entstehen des Anspruchs Gegenstand von § 20 Abs. 2 MTV. Danach wird Mehrflugstundenvergütung nach mehr als 79 Flugstunden pro Kalendermonat gezahlt. Diese übersteigende Flugstundenanzahl ist dann nach Maßgabe der in § 20 Abs. 1 MTV angegebenen Formel „bezahlungswirksam“.

21

b) Die Systematik des MTV spricht für die aufgezeigte Wortlautauslegung und bestärkt diese.

22

aa) Die Stellung des § 12 Abs. 2 MTV in Abschnitt II „Einsatz und Freizeit“ hindert nicht die Anwendung der dort geregelten Fiktion, dass im Flugübungsgerät auf Anordnung verbrachte Zeit als Flugzeit gilt, auf die Regelung in § 20 Abs. 2 MTV in Abschnitt III „Ansprüche des Mitarbeiters“. Begriffsdefinitionen oder angeordnete Fiktionen in einem Abschnitt eines Tarifvertrags sind auch für die anderen Abschnitte maßgeblich, soweit dort nicht ausdrücklich von einer vorangehenden Definition abgewichen wird. Es kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien einen Begriff im gesamten Tarifvertrag einheitlich verwenden (vgl. ErfK/Franzen 16. Aufl. § 1 TVG Rn. 98).

23

bb) Ein ausdrückliches Abweichen von der vorangehenden Definition kann nicht darin gesehen werden, dass in § 20 Abs. 1 Buchst. b MTV von „Flugstunden im Sinne der Ziffer III“ die Rede ist. Dabei mag es sein, dass die Berechnung der Blockzeiten realer Flüge bestimmter Flugzeugtypen nach der Protokollnotiz Nr. V für die Vergütungsregelung in Abschnitt III des MTV von arbeitszeitrechtlichen Regelungen in Abschnitt II des MTV abweicht. Damit wird aber nicht hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass die Fiktionsregelung in § 12 Abs. 2 MTV nicht für § 20 Abs. 2 MTV gelten soll.

24

cc) Der MTV stellt die Abschnitte II und III nicht zusammenhanglos nebeneinander. Vielmehr stehen alle Abschnitte des MTV in einer Wechselbeziehung. Abschnitt I des MTV beinhaltet nach seiner Überschrift „Allgemeine Verpflichtungen“. Abschnitt II des MTV, der insbesondere die Arbeitspflichten der Mitarbeiter hinsichtlich ihres zeitlichen Umfangs betrifft, enthält eine Reihe von immer feiner untergliederten Begriffsdefinitionen. Für das Verständnis von Abschnitt III des MTV, der die Ansprüche der Mitarbeiter regelt, ist die Heranziehung von Begriffsbestimmungen aus vorhergehenden Abschnitten erforderlich. Beispielsweise ist die Regelung der zusätzlichen Vergütung für Dead-Head-Stunden in Abschnitt III § 19 Abs. 5 MTV nur unter Hinzuziehung der Regelung in Abschnitt II § 14 MTV verständlich und anwendbar. Die Anwendung der Kündigungsfristenregelung in der Probezeit nach Abschnitt V § 34 Abs. 1 MTV bedarf eines Rückgriffs auf die Probezeitregelung in Abschnitt I § 4 MTV. Die Kündigungsfristenregelung nach der Probezeit in Abschnitt V § 34 Abs. 2 MTV ist ohne die Bestimmung der Betriebszugehörigkeit nach Abschnitt I § 3 MTV nicht anwendbar. In gleicher Weise kann § 20 Abs. 2 MTV nicht ohne § 12 Abs. 2 MTV gelesen werden.

25

dd) Dem oben unter I 2 a dargestellten Tarifverständnis steht die Protokollnotiz Nr. V zum MTV nicht entgegen. Diese sieht vor, dass nach ausdifferenzierter Maßgabe grundsätzlich die planmäßige Blockzeit und nicht die tatsächlich geflogene Blockzeit für die Berechnung der Flugstunden maßgeblich ist. Dass die Protokollnotiz Nr. V der Sache nach nur Bedeutung für in bestimmten Flugzeugen absolvierte Flugstunden hat, ist kein Argument dafür, bezüglich des Entstehens des Anspruchs im Sinne von § 20 Abs. 2 MTV nicht auch Flugzeiten (Blockzeiten) nach § 12 Abs. 2 MTV zu berücksichtigen. Einer Berechnungsvorschrift wie der Protokollnotiz Nr. V bedarf es nur für tatsächlich geflogene Flugstunden, da es hier in der Praxis leicht zu Abweichungen zwischen Planung und Durchführung kommen kann. Für die Berechnung der auf Anordnung im Flugsimulator verbrachten Flugzeit ist eine solche Berechnungsvorschrift nicht nötig, da deren Umfang von vornherein feststeht und sich äußere Umstände nicht wie bei einem tatsächlichen Flug hierauf auswirken.

26

c) Wenn eine der Tarifvertragsparteien beabsichtigt haben sollte, Simulatorstunden nicht als Flugstunden bei der Mehrflugstundenvergütung zu berücksichtigen, da es sich nicht um „produktive“ Stunden handele, hat dies im MTV jedenfalls keinen Niederschlag gefunden. Das wäre angesichts des übrigen Regelungszusammenhangs aber erforderlich. So sieht der MTV in mehrfacher Weise eine Berücksichtigung von Zeiten als Flugstunden vor, obwohl diese nicht „produktiv“ im Sinne eines Fluges mit einem Luftfahrzeug und zahlenden Passagieren sind. Gemäß § 20 Abs. 3 Satz 1 MTV werden für die Teilnahme an vom Arbeitgeber angeordneten Schulungen(vgl. § 10 Abs. 2 Buchst. g MTV) pro Tag 4,00 Flugstunden angerechnet. Nach § 28 MTV werden - neben der Fortzahlung der Vergütung - 2,63 Flugstunden pro Urlaubstag berücksichtigt. Diese Regelung gilt nach § 30 Abs. 3 Buchst. e MTV auch für Mitglieder der Verhandlungskommission hinsichtlich der Teilnahme an Tarifverhandlungen und für Vorbereitungstage. Die Protokollnotiz Nr. V zum MTV legt als „bezahlungswirksame Flugstunden“ grundsätzlich die planmäßigen Blockzeiten zugrunde, auch wenn die tatsächlich geflogene Blockzeit geringer gewesen sein sollte.

27

d) Die Beklagte beruft sich zu Unrecht darauf, dass es Sinn der Regelung in § 19 Abs. 6 MTV sei, durch die dort geregelte zusätzliche Vergütung der Simulatorstunden mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass diese nicht als Flugstunden im Rahmen der Mehrflugstundenvergütung berücksichtigt würden. Dies kann der tarifvertraglichen Regelung nicht entnommen werden.

28

aa) Die zusätzliche Vergütung der Simulatorstunden mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz nach § 19 Abs. 6 MTV ist unabhängig davon zu zahlen, ob der Arbeitnehmer im jeweiligen Monat Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung hat, ob ein solcher Anspruch deshalb nicht entsteht, weil die Simulatorstunden insoweit nicht mitgezählt werden oder ob auch bei Berücksichtigung der Simulatorstunden der Schwellenwert von mehr als 79 Flugstunden gemäß § 20 Abs. 2 MTV nicht erreicht wird. Es besteht keine Verknüpfung der Regelung des § 19 Abs. 6 MTV mit der Regelung in § 20 iVm. § 12 Abs. 2 MTV.

29

bb) Die Beklagte wendet zu Unrecht ein, es widerspräche dem Sinn der tarifvertraglichen Regelung, wenn eine Simulatorstunde besser bezahlt werde, als eine tatsächliche Flugstunde. Die Tarifvertragsparteien haben vielmehr ausdrücklich eine gegenüber der tatsächlichen Flugstunde bessere Bezahlung der Simulatorstunde vorgesehen, wie die in § 19 Abs. 6 MTV angeordnete „zusätzliche“ Vergütung der Simulatorstunde zeigt. Diese „bessere“ Bezahlung erfolgt insbesondere auch dann, wenn gar keine Mehrflugstunden anfallen und folgt allein aus der Regelung in § 19 Abs. 6 MTV. Im Rahmen der Regelung einer Mehrflugstundenvergütung gemäß § 20 Abs. 2 iVm. § 12 Abs. 2 MTV werden Simulatorstunden hingegen gleichwertig mit tatsächlichen Flugstunden behandelt, aber nicht besser. Im Übrigen werden sogar Dead-Head-Stunden nach § 19 Abs. 5 MTV ab einem bestimmten Umfang besser vergütet, als tatsächliche Flugstunden, obwohl diese weder „produktiv“ noch mit einer besonderen Verantwortung verbunden sind und - anders als die Simulatorstunden nach § 11 Abs. 1 Buchst. f MTV - nicht zur Flugdienstzeit zählen.

30

cc) § 19 Abs. 6 MTV stellt keine abschließende gesonderte Vergütungsregelung für Simulatorstunden dar. Der Umstand, dass sie mit dem doppelten Dead-Head-Stundensatz „zusätzlich“ zu vergüten sind, lässt zumindest offen, in welchem Umfang sie im Übrigen zu vergüten sind.

31

dd) Ob eine Gleichbehandlung der Simulatorstunden mit tatsächlichen Flugstunden beim Anspruch auf Mehrflugstundenvergütung sinnvoll ist, wofür die Konfrontation mit einer Häufung schwieriger Flugsituationen im Simulator und die Anspannung angesichts der für die weitere Berufsausübung zu bestehenden Prüfung sprechen könnte, oder ob dies aufgrund der fehlenden Verantwortung für reale Passagiere und die fehlende konkrete Wertschöpfung weniger sinnvoll ist, war vorliegend nicht zu entscheiden. Insoweit steht den Tarifvertragsparteien ein weiter Ermessenspielraum für mögliche Regelungen zu. Da die Simulatorstunden nach § 12 Abs. 2 und Abs. 3 MTV wie reale Flugstunden gezählt werden und damit die Zahl zulässiger „echter“ Flugstunden verringern, ist es jedenfalls kein sachwidriges Auslegungsergebnis, sie auch im Rahmen der Mehrflugstundenvergütung zu berücksichtigen.

32

e) Bleiben nach der Auslegung einer Tarifnorm nach Wortlaut, Wortsinn und tariflichem Gesamtzusammenhang Zweifel an deren Inhalt und dem wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien, kann auf die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags zurückgegriffen werden (st. Rspr., BAG 17. Juni 2015 - 10 AZR 518/14 - Rn. 34 mwN). Da sich bereits aus Wortlaut und Systematik des MTV klar ergibt, dass Simulatorstunden Flugstunden im Sinne von § 20 Abs. 2 iVm. § 12 Abs. 2 MTV sind, ohne dass Sinn und Zweck der Regelung einer solchen Auslegung entgegenstehen, bedarf es vorliegend keines solchen Rückgriffs auf die Tarifgeschichte. Soweit die Formulierung in § 20 Abs. 1 des Vorgängertarifvertrags des MTV, die nicht auf „bezahlungswirksame“, sondern auf „geflogene“ Mehrflugstunden abstellte, als Hinderungsgrund für eine Auslegung in der oben beschriebenen Weise gesehen werden sollte, ist dieses Hindernis im jetzt geltenden MTV jedenfalls entfallen.

33

3. Die Höhe der dem Kläger von den Vorinstanzen zugesprochenen Mehrflugstundenvergütung bei Berücksichtigung der Simulatorstunden als Flugstunden steht zwischen den Parteien nicht in Streit. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 iVm. § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Fälligkeit des Mehrflugstundenvergütungsanspruchs für den Monat Oktober 2012 trat nach § 19 Abs. 4 Satz 2 MTV zum Monatsende November 2012 ein. Verzugszinsen können, wie von den Vorinstanzen zugesprochen, ab 1. Dezember 2012 verlangt werden.

34

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    W. Reinfelder    

        

    Schlünder    

        

        

        

    Klein    

        

    Großmann    

                 

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 14. August 2009 - 19 Sa 690/09 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Widerklage der Beklagten, mit der diese Schadensersatzansprüche gegenüber dem Kläger verfolgt.

2

Die Beklagte ist ein Bauunternehmen. Der Kläger war bei ihr seit 6. August 2007 als Maurer zu einem Stundenlohn von 12,40 Euro brutto bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt. Kraft Allgemeinverbindlichkeit fand auf das Arbeitsverhältnis der Bundesrahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes vom 4. Juli 2002 in der Fassung des Änderungstarifvertrags vom 20. August 2007 (BRTV) Anwendung.

3

Dieser Tarifvertrag enthält ua. folgende Bestimmung:

        

㤠15 Ausschlussfristen

        

1.    

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden; besteht bei Ausscheiden des Arbeitnehmers ein Arbeitszeitguthaben, beträgt die Frist für dieses Arbeitszeitguthaben jedoch sechs Monate.

        

2.    

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Dies gilt nicht für Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers, die während eines Kündigungsschutzprozesses fällig werden und von seinem Ausgang abhängen. Für diese Ansprüche beginnt die Verfallfrist von zwei Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens.“

4

Im April 2008 war der Kläger auf einer Baustelle in Polen eingesetzt. Diese wurde am 30. April 2008 vorläufig geräumt, um über das verlängerte Wochenende (1. Mai) zurück nach Deutschland zu fliegen. Die Beklagte hatte in einem Hotel in Polen einen Raum angemietet, in dem während der Abwesenheit der Arbeitnehmer deren Werkzeuge und persönliche Gegenstände deponiert werden konnten. Der Kläger nutzte diese Möglichkeit nicht, sondern packte seine persönlichen Gegenstände vor der Abreise nach Deutschland ein und tauschte bei der Ankunft in D auf dem Flughafen seine polnischen Devisen gegen Euro.

5

Am 2. Mai 2008 rief der Kläger bei der Beklagten an und teilte mit, er habe sich, als er seinem Großvater ins Auto geholfen habe, den Arm angestoßen, weshalb er zum Arzt müsse. In der Folgezeit meldete sich der Kläger nicht mehr bei der Beklagten, die den Kläger auch telefonisch nicht erreichen konnte. Mit Schreiben vom 7. Mai 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 26. Mai 2008. Seit dem 27. Mai 2008 steht der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Unternehmen. Am 23. Juni 2008 reichten die Eltern des Klägers eine von ihm gefertigte Stundenaufstellung für April und Mai 2008 bei der Beklagten ein. Außerdem übergaben sie eine am 2. Mai 2008 ausgestellte ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 2. bis 16. Mai 2008 attestierte.

6

Mit Schreiben vom 5. November 2008, gerichtet an ihren Prozessbevollmächtigten, bezifferte die Beklagte die errechneten Kosten und Mehraufwendungen wegen der nicht erfolgten Arbeitsaufnahme des Klägers im Mai 2008.

7

Mit der am 19. November 2008 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger die Abrechnung und Auszahlung seiner Lohnansprüche für die Monate April und Mai 2008 begehrt.

8

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 5. März 2009, dem Klägervertreter am 12. März 2009 zugestellt, Widerklage erhoben. Mit dieser verlangt sie vom Kläger Erstattung der Mehrkosten iHv. 11.216,80 Euro, die durch sein Fehlen entstanden seien.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, die Monate April 2008 und Mai 2008 ordnungsgemäß abzurechnen und den sich aus der Abrechnung ergebenden Nettolohn an den Kläger auszuzahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt,

        

die Klage abzuweisen,

        

und     

        

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte einen Betrag iHv. 11.216,80 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Zur Begründung der Widerklage hat die Beklagte behauptet, der Kläger habe seine Erkrankung im Mai 2008 nur vorgetäuscht. Dies ergebe sich schon daraus, dass er sämtliche persönlichen Gegenstände von Polen nach Deutschland mitgenommen und sämtliche polnischen Devisen zurückgetauscht habe. Durch den plötzlichen Ausfall des Klägers sei eine Verzögerung der Baumaßnahmen von zehn Arbeitstagen eingetreten. Deshalb sei ein zweiter zehntägiger Arbeitseinsatz Ende Mai/Anfang Juni 2008 notwendig geworden. Hierfür seien Kosten für vier Flüge iHv. 539,60 Euro, Spesen für zehn Tage iHv. 700,00 Euro sowie Kosten für weitere Hotelübernachtungen iHv. 670,00 Euro, insgesamt 1.909,60 Euro angefallen. Für den Zeitraum des zweiten Arbeitseinsatzes sei ein anderweitiger Umsatz iHv. insgesamt 9.307,20 Euro weggefallen, da die Beklagte durch den zweiten Einsatz in Polen einen anderweitigen Auftrag verloren habe.

12

Der Kläger hat zur Widerklage die Ansicht vertreten, ein Arbeitgeber müsse das Risiko, dass ein Arbeitnehmer spontan ausfällt, zwangsläufig tragen. Es gehöre zu seinem wirtschaftlichen Unternehmerrisiko, dass ein Arbeitnehmer wie hier krankheitsbedingt ausfalle. Für eine derartige Situation habe der Arbeitgeber Vorsorge zu treffen bzw. die Konsequenzen zu tragen, wenn er dies versäume.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

14

Nach Berufungseinlegung durch die Beklagte haben die Parteien den Rechtsstreit, soweit er sich auf die Klageforderung bezog, aufgrund eines in einem Parallelverfahren geschlossenen Vergleichs für erledigt erklärt. Das Landesarbeitsgericht hat im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Nach Zulassung der Revision durch den Senat verfolgt die Beklagte ihr Prozessziel im Rahmen der Widerklage nur noch hinsichtlich der Hauptforderung (ohne Zinsen) weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Etwaige Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger sind verfallen.

16

A. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten, mit der sie sich nur noch gegen die Abweisung ihrer Widerklage durch das Arbeitsgericht gewandt hatte, zurückgewiesen. Dazu hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Beklagten sei verfallen. Auf das Arbeitsverhältnis finde der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe kraft Allgemeinverbindlichkeit Anwendung. § 15 BRTV-Bau sehe eine zweistufige Ausschlussfrist vor, die auch einen Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers erfasse. Die Beklagte habe die zweistufige Ausschlussfrist schon auf der ersten Stufe nicht eingehalten. Die Fälligkeit des geltend gemachten Anspruchs sei spätestens am 5. November 2008 eingetreten, eine schriftliche Geltendmachung sei aber erst mit der Widerklage erfolgt, die dem Klägervertreter am 12. März 2009, dh. außerhalb der zweimonatigen Frist zugestellt worden sei. Der Verfall der Widerklageforderung sei auch nicht durch § 242 BGB ausgeschlossen.

17

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

18

I. Die zulässige Widerklage ist nicht begründet. Der Beklagten steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch iHv. 11.216,80 Euro nicht zu.

19

1. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Beklagten wäre, unabhängig von der Rechtsgrundlage auf die er gestützt werden könnte, mangels rechtzeitiger Geltendmachung nach § 15 BRTV verfallen und damit erloschen(vgl. BAG 30. März 1973 - 4 AZR 259/72 - BAGE 25, 169 = AP BGB § 390 Nr. 4 = EzA BGB § 390 Nr. 1; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 105/08 - AP ZPO § 717 Nr. 9). Ausschlussfristen sind von den Gerichten für Arbeitssachen von Amts wegen zu berücksichtigen (BAG 18. Dezember 2008 - 8 AZR 105/08 - aaO).

20

Nach § 15 BRTV verfallen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden(1. Stufe). Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird (2. Stufe).

21

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft Allgemeinverbindlicherklärung der BRTV Anwendung.

22

aa) Der Betrieb der Beklagten ist ein Betrieb des Baugewerbes, der gemäß § 1 Abs. 2 BRTV unter den betrieblichen Geltungsbereich dieses Rahmentarifvertrags fällt. Dies ist zwischen den Parteien nicht streitig.

23

bb) Aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des BRTV sowohl den Kläger als auch die Beklagte, unabhängig, ob diese tarifgebunden sind oder nicht, § 5 Abs. 4 TVG.

24

b) Die tarifvertragliche Ausschlussfrist des § 15 BRTV gilt auch für den von der Beklagten geltend gemachten Schadensersatzanspruch, selbst wenn eine vorsätzliche Pflicht- oder Rechts(gut)verletzung durch den Kläger vorliegen sollte. Dies ergibt eine sachgerechte Auslegung der Tarifnorm.

25

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist stets abzustellen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Verbleiben noch Zweifel, können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien, wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrags berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Reglung führt (st. Rspr., vgl. BAG 11. November 2010 - 8 AZR 392/09 - mwN, NZA 2011, 763). In ständiger Rechtsprechung geht das Bundesarbeitsgericht für tarifvertragliche Ausschlussfristen zudem davon aus, dass diese im Hinblick auf ihre Wirkung grundsätzlich eng auszulegen sind (vgl. BAG 4. April 2001 - 4 AZR 242/00 - mwN, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 156 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 141). Allerdings kann dieser Grundsatz erst dann greifen, wenn die Mittel der Auslegung erschöpft sind und dabei kein eindeutiges Ergebnis zu erzielen war (vgl. Wiedemann/Wank 7. Aufl. § 4 TVG Rn. 800).

26

bb) Nach § 15 Abs. 1 BRTV unterfallen der Ausschlussfrist „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“. Bereits nach dem Wortlaut sollen „alle beiderseitigen“, dh. wechselseitigen Ansprüche der Arbeitsvertragsparteien der Klausel unterliegen. Es ergeben sich aus der Formulierung der Tarifnorm keine Anhaltspunkte dafür, dass nur bestimmte Ansprüche gemeint sind und insbesondere solche wegen vorsätzlich begangener, ggf. auch unerlaubter Handlungen ausgenommen sein sollen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterfallen wegen des einheitlichen Lebensvorgangs nicht nur vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche einer Klausel, die „alle … Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ einer bestimmten Frist zur Geltendmachung unterwirft, sondern auch solche aus unerlaubter Handlung iSd. §§ 823, 826 BGB(vgl. BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 886/07 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 192). Die Tarifvertragsparteien verfolgen mit der weiten Formulierung das Ziel, Rechtsklarheit und Rechtssicherheit herbeizuführen. Die Arbeitsvertragsparteien sollen sich darauf verlassen können, dass nach Fristablauf der jeweilige Vertragspartner keine Ansprüche mehr erhebt (vgl. ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 32). Dem entspricht es am ehesten, alle Ansprüche aus einem einheitlichen Lebensvorgang nach einer gewissen Zeit jedem rechtlichen Streit zu entziehen. Anknüpfungspunkt ist für die Tarifvertragsparteien weniger die Rechtsgrundlage für den Anspruch als vielmehr der Anlass seines jeweiligen Entstehens (vgl. Wiedemann/Wank 7. Aufl. § 4 TVG Rn. 807 mwN; BAG 10. August 1967 - 3 AZR 221/66 - BAGE 20, 30 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 37). Ergibt sich somit aus dem Wortlaut eindeutig eine einschränkungslose Erfassung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, so bleibt kein Raum für die von der Rechtsprechung geforderte enge Auslegung von Ausschlussfristen (vgl. BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 3 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 196).

27

c) Die tarifvertragliche Ausschlussfrist in § 15 BRTV ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

28

aa) Die Gerichte für Arbeitssachen haben Tarifverträge daraufhin zu überprüfen, ob sie mit höherrangigem Recht vereinbar sind, nicht hingegen darauf, ob die jeweilige tarifliche Regelung die gerechteste und zweckmäßigste Lösung darstellt (st. Rspr., vgl. BAG 22. September 1999 - 10 AZR 839/98 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 226 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 132).

29

bb) § 15 BRTV ist nicht nach §§ 134, 202 Abs. 1 BGB nichtig bzw. teilnichtig.

30

Das Arbeitsverhältnis der Parteien begann am 6. August 2007, so dass auf dieses das BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung findet.

31

Nach § 202 Abs. 1 BGB kann die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Die Vorschrift ergänzt den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden kann. § 202 Abs. 1 BGB erfasst nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen. § 202 BGB stellt eine Verbotsnorm im Sinne von § 134 BGB dar. So hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts eine im Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfrist, sofern sie auch vorsätzliche Vertragsverstöße und vorsätzlich begangene unerlaubte Handlungen erfassen sollte, als teilnichtig angesehen (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19 = AP BGB § 310 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 3).

32

§ 202 Abs. 1 BGB steht jedoch einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist, die auch Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfasst und nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 Abs. 4 TVG normative Wirkung entfaltet, nicht entgegen.

33

§ 202 Abs. 1 BGB spricht von einer Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes „durch Rechtsgeschäft“. Damit wird bereits nach dem Wortlaut der Norm auf einen Tatbestand abgestellt, der sich aus Willenserklärungen ergibt. Die amtliche Überschrift von § 202 BGB spricht zwar in Abweichung vom Wort „Rechtsgeschäft“ von „Vereinbarungen über die Verjährung“, jedoch folgt auch hieraus, dass sich § 202 BGB auf Verjährungsregelungen durch Parteivereinbarung bezieht und die Vertragsfreiheit der Parteien insoweit einschränkt. Auch die Gesetzesbegründung spricht von der Disposition der Parteien, von Parteivereinbarung bzw. dem Interesse beider Parteien (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 109 f.). § 202 BGB bezieht sich damit losgelöst von den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets ausschließlich auf die Parteien des materiellrechtlichen Anspruchs, um dessen Verjährung es geht(vgl. MünchKommBGB/Grothe 5. Aufl. § 202 BGB Rn. 4; Staudinger/Peters/Jacoby [2009] § 202 BGB Rn. 6; BeckOK Bamberger/Roth/Henrich Stand 1. März 2011 BGB § 202 Rn. 4). Der Gesetzgeber hat daher auch darauf verzichtet, die Grundaussage des § 225 Satz 2 BGB aF, wonach verjährungserleichternde Vereinbarungen grundsätzlich zulässig waren, in das modernisierte Schuldrecht aufzunehmen, da dies ohnehin Bestandteil der allgemeinen Vertragsfreiheit ist(vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 110). Soweit § 202 BGB nicht einschlägig ist, verjährungsverändernden Regelungen also nicht entgegensteht, verbleibt es bei der Dispositivität der Verjährungsregeln. Für individualvertragliche Vereinbarungen zur Verjährungserleichterung besteht nach § 202 Abs. 1 BGB die Einschränkung, dass - unabhängig von der Rechtsnatur des Anspruchs - die Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus erleichtert werden darf. Als „Rechtsgeschäft“ im Sinne von § 202 BGB kommen vertragliche Individualvereinbarungen und Vereinbarungen aufgrund Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Betracht.

34

Eine „Vereinbarung“ im Sinne von § 202 Abs. 1 BGB liegt allerdings nicht vor, wenn auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ein Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifbindung oder kraft Allgemeinverbindlicherklärung zwingend Anwendung findet(§ 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 Abs. 4 TVG) (aA Matthiessen Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen S. 205; Matthiessen/Shea DB 2004, 1366, 1368; Lakkis in jurisPK-BGB 5. Aufl. § 202 Rn. 14; dies. AcP 2003, 763, 768, jeweils ohne weitere Auseinandersetzung mit dem Wortlaut von § 202 BGB).

35

Gilt für das Arbeitsverhältnis der Parteien ein Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifbindung, so gelten die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Die Rechtsnormen eines Tarifvertrags sind Gesetze im materiell-rechtlichen Sinne und erfüllen den Gesetzesbegriff des Art. 2 EGBGB(BAG 14. Juni 1994 - 9 AZR 284/93 - BAGE 77, 81 = AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 21 = EzA BGB § 125 Nr. 11). Für die Tarifgebundenen entspricht die Regelungswirkung daher derjenigen anderer Gesetze. Aufgrund dieser normativen Wirkung des Tarifvertrags, die gerade nicht Ausdruck der privatautonomen Gestaltung der Arbeitsvertragsparteien ist, handelt es sich bei den zwingend und unmittelbar geltenden Rechtsnormen eines Tarifvertrags nicht um ein „Rechtsgeschäft“ im Sinne von § 202 BGB, sondern um eine gesetzliche Regelung im Sinne von Art. 2 EGBGB.

36

Gleiches gilt, wenn - wie im Streitfalle - die tariflichen Regelungen nach § 5 Abs. 4 TVG aufgrund Allgemeinverbindlicherklärung Anwendung finden.

37

Ob eine individualvertragliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien und damit ein Rechtsgeschäft im Sinne von § 202 BGB jedoch dann vorliegt, wenn ein Tarifvertrag aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel insgesamt Anwendung findet oder wenn allein bezüglich der Ausschlussfristen ein Tarifvertrag Anwendung finden soll, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.

38

Eine Inhaltskontrolle des Tarifvertrags nach §§ 305 ff. BGB schließt § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB aus.

39

cc) Die Ausschlussfrist verstößt auch nicht gegen sonstiges höherrangiges Recht.

40

Die Gerichte für Arbeitssachen haben Ausschlussfristen in Tarifverträgen wie sonstige tarifliche Regelungen nur einer eingeschränkten Kontrolle dahin gehend zu unterziehen, ob die Ausschlussfrist bzw. Regelung mit höherrangigem Recht vereinbar ist (vgl. BAG 22. September 1999 - 10 AZR 839/98 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 226 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 132). Eine Angemessenheitskontrolle findet damit nicht statt. Dieser eingeschränkte Kontrollmaßstab wird durch § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB bestätigt(vgl. Weyand in Ausschlussfristen im Tarifrecht Kapitel 2 Rn. 71; Krause RdA 2004, 106, 111). Das Bundesarbeitsgericht hat bereits mehrfach entschieden, dass dem § 15 BRTV entsprechende Ausschlussfristen im Baubereich nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen, insbesondere nicht sittenwidrig sind oder gegen Treu und Glauben verstoßen(vgl. BAG 22. September 1999 - 10 AZR 839/98 - aaO; 16. November 1965 - 1 AZR 160/65 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 30 = EzA TVG § 4 Nr. 9).

41

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Tarifvertragsparteien in § 15 BRTV eine Regelung getroffen haben, die im Hinblick auf ihre Weite auch Schadensersatzansprüche aufgrund vorsätzlicher Handlungen erfasst und daher von den Arbeitsvertragsparteien im Hinblick auf § 202 Abs. 1 BGB nicht wirksam im Arbeitsvertrag vereinbart werden könnte. Diese Privilegierung der Tarifvertragsparteien ergibt sich gerade aus der gesetzlichen Regelung des § 202 BGB, die ausschließlich für individualrechtliche Vereinbarungen gilt. § 202 BGB erweist sich damit als tarifdispositives Gesetzesrecht.

42

d) Etwaige Schadensersatzansprüche hätte die Beklagte in der ersten Stufe innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber dem Kläger schriftlich erheben müssen (§ 15 Abs. 1 BRTV). Das war nicht der Fall.

43

aa) Ein Anspruch ist regelmäßig erst dann im Sinne einer Ausschlussfrist fällig, wenn der Gläubiger ihn annähernd beziffern kann (vgl. BAG 27. Oktober 2005 - 8 AZR 3/05 - AP BGB § 310 Nr. 5 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 181). Bei Schadensersatzansprüchen tritt Fälligkeit daher ein, wenn der Schaden für den Gläubiger feststellbar ist und geltend gemacht werden kann (vgl. BAG 20. Juni 2002 - 8 AZR 488/01 - EzA BGB § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 11). Feststellbar ist der Schaden, sobald der Gläubiger vom Schadensereignis Kenntnis erlangt oder bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt Kenntnis erlangt hätte (vgl. BAG 27. April 1995 - 8 AZR 582/94 -; 16. Mai 1984 - 7 AZR 143/81 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 85 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 58). Geltend gemacht werden können Schadensersatzforderungen, sobald der Gläubiger in der Lage ist, sich den erforderlichen Überblick ohne schuldhaftes Zögern zu verschaffen und er seine Forderungen wenigstens annähernd beziffern kann (vgl. BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 886/07 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 192). Zur Fälligkeit der Forderung reicht es aus, wenn der Gläubiger die Ansprüche so deutlich bezeichnen kann, dass der Schuldner erkennen kann, aus welchem Sachverhalt und in welcher ungefähren Höhe er in Anspruch genommen werden soll. Dementsprechend muss zumindest die ungefähre Höhe der Forderung vom Gläubiger benannt werden. Die Fälligkeit eines Schadensersatzanspruchs setzt darüber hinaus voraus, dass ein Schaden überhaupt entstanden ist. Erst mit der Entstehung des Schadens kann auch ein Schadensersatzanspruch entstehen (vgl. BAG 14. Dezember 2006 - 8 AZR 628/05 - mwN, AP BGB § 618 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 618 Nr. 2).

44

bb) Mit Schreiben vom 5. November 2008 hat die Beklagte gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten die nach ihrer Auffassung durch das Fehlen des Klägers nach dem ersten Maiwochenende notwendig gewordenen Aufwendungen bzw. eingetretenen Schäden im Einzelnen nach Hotelübernachtungskosten, Flügen, Spesen etc. beziffert. Aus den dort genannten Einzelposten hat sie die Widerklageforderung iHv. 11.216,80 Euro errechnet. Die Beklagte war damit spätestens am 5. November 2008 in der Lage, die von ihr behaupteten Ansprüche zu benennen und zu beziffern. Folglich trat spätestens zu diesem Zeitpunkt Fälligkeit ein. Die Zwei-Monats-Frist des § 15 Abs. 1 BRTV endete damit am 5. Januar 2009 (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Die mit Schriftsatz vom 5. März 2009 erhobene, dem Klägervertreter am 12. März 2009 zugestellte Widerklage hat diese Frist nicht gewahrt. Eine frühere schriftliche Geltendmachung, aus welcher der Kläger Grund und ungefähre Höhe des behaupteten Anspruchs hätte entnehmen können, ist nicht festzustellen. Insbesondere stellt der bloße Hinweis der Beklagten in der Klageerwiderung vom 23. Dezember 2008, durch die Kündigung des Klägers seien der Beklagten erhebliche Schäden entstanden, die im Zweifel noch weiter beziffert würden, keine ausreichende Geltendmachung im Sinne von § 15 Abs. 1 BRTV dar. Eine solche, nach Grund und ungefährer Höhe spezifizierte Geltendmachung war auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil dem Kläger die ungefähre Schadenshöhe bekannt gewesen wäre (vgl. BAG 16. Dezember 1971 - 1 AZR 335/71 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 48 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 8). Dass dies der Fall war, wird von der Beklagten nicht einmal behauptet.

45

e) Eine Berücksichtigung der Ausschlussfrist zugunsten des Klägers ist auch nicht nach § 242 BGB ausgeschlossen.

46

aa) Zunächst gilt, dass die fehlende Kenntnis von Existenz und Inhalt einer Ausschlussfrist den Verfall des Anspruchs unberührt lässt (allg. Meinung, vgl. BAG 16. August 1983 - 3 AZR 206/82 - AP TVG § 1 Auslegung Nr. 131 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 56). Eine gegen Treu und Glauben verstoßende und damit gemäß § 242 BGB unzulässige Rechtsausübung stellt die Berufung auf eine Ausschlussfrist dann dar, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit des Gläubigers hinsichtlich der erforderlichen Geltendmachung des Anspruchs durch ein Verhalten des Schuldners veranlasst worden ist. Der Schuldner muss also den Gläubiger von der Geltendmachung des Anspruchs bzw. der Einhaltung der Verfallfrist abgehalten haben. Das wird zB angenommen, wenn der Schuldner durch positives Tun oder durch pflichtwidriges Unterlassen dem Gläubiger die Geltendmachung des Anspruchs oder die Einhaltung der Frist erschwert oder unmöglich gemacht hat bzw. an objektiven Maßstäben gemessen den Eindruck erweckt hat, der Gläubiger könne darauf vertrauen, dass der Anspruch auch ohne Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist erfüllt werde (vgl. BAG 10. Oktober 2002 - 8 AZR 8/02 - BAGE 103, 71 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 169 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 158).

47

bb) Dies war vorliegend nicht der Fall. Zwar meint die Beklagte sinngemäß, der Kläger habe mit dem Klageantrag, gerichtet auf Abrechnung und Auszahlung des sich aus den Abrechnungen ergebenden Nettobetrags, zu erkennen gegeben, dass noch Ansprüche - ggf. auch wechselseitige - offen stünden. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Der Kläger hat nur eigene Entgeltansprüche für April und Mai 2008 geltend gemacht und keine Erklärung dahin gehend abgegeben, seinerseits Ansprüche der Beklagten erfüllen zu wollen. Insbesondere hat er die Beklagte nicht an einer Geltendmachung ihrer Ansprüche gehindert. Die Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung auf Schadensersatzansprüche ihrerseits hingewiesen. Dass sie diese nicht innerhalb der Ausschlussfrist in der notwendigen Art und Weise geltend gemacht hat, ist nicht auf Erklärungen oder ein Verhalten des Klägers zurückzuführen, sondern liegt allein in ihrem Verantwortungsbereich.

48

II. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    F. Avenarius    

                 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 31. Januar 2012 - 5 Sa 1560/10 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht Köln zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um einen Schmerzensgeldanspruch, den die Klägerin wegen „Mobbings“ geltend macht.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin vom 1. Juli 1996 bis zum 31. Mai 2010 beschäftigt, zuletzt als Leiterin einer Tankstelle in E. Diese hatte früher ihren Schwiegereltern gehört und war am 1. September 2009 von der Beklagten übernommen worden.

3

In diesem Zusammenhang vereinbarten die Parteien am 31. August 2009 ein bis zum 31. August 2010 befristetes Anstellungsverhältnis. § 12 des Arbeitsvertrages lautete:

        

㤠12 Verfallfristen

        

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

        

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

4

Ab 16. November 2009 war die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 1. Dezember 2009 „fristgemäß“ zum 16. Dezember 2010 und, wegen der fehlerhaften Jahreszahl, vorsorglich unter dem 16. Dezember 2009 ein weiteres Mal zum 31. Dezember 2009. Im anschließenden Kündigungsschutzprozess verständigten sich die Parteien schließlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai 2010.

5

Die Klägerin erstattete Strafanzeige gegen ihren Vorgesetzten Em wegen „des Verdachts der Beleidigung und der sexuellen Belästigung“ und unterrichtete davon die Beklagte mit Schreiben vom 26. März 2010. Das Ermittlungsverfahren gegen den Vorgesetzten Em ist im November 2010 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Mit Eingang beim Arbeitsgericht am 30. August 2010 und Zustellung an die Beklagte am 9. September 2010 ist die vorliegende Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes erhoben worden. Die Klägerin hat behauptet, ihr Vorgesetzter Em habe sie fast täglich als „doof“, „blöd“ oder „unfähig“ bezeichnet, habe sie nicht vertragsgerechte Arbeiten verrichten lassen und ihr bewusst wahrheitswidrig unterstellt, Überstunden zu Unrecht abzurechnen. Nach einem Überfall auf die Tankstelle am 8. Oktober 2009 habe er ihr wie anderen Mitarbeitern vorgeworfen, zu blöd für die Ergreifung des Täters gewesen zu sein. Schließlich habe er die Klägerin gezwungen, bei der Vorführung eines Videos der Gruppe Rammstein mit dem Titel „Pussy Video“ anwesend zu sein.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, mit der Klageeinreichung am 30. August 2010 die vertragliche Ausschlussfrist eingehalten zu haben. Im Übrigen sei die Ausschlussklausel unwirksam, weil die Haftung für vorsätzlich verursachte Schäden nicht im Voraus erlassen oder beschränkt werden könne.

7

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 5.000,00 Euro zu zahlen.

8

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass die Klägerin die wirksam vereinbarte Ausschlussfrist des Arbeitsvertrages nicht eingehalten habe. Im Übrigen hat sie die in der Sache von der Klägerin erhobenen Vorwürfe mit Gegendarstellungen bestritten.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Dem von der Klägerin geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch steht jedenfalls nicht die in § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist entgegen. Wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen kann der Senat aber nicht selbst entscheiden. Die Sache ist daher an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 3 ZPO.

11

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages sei dahin auszulegen, dass die Ausschlussklausel auch die Haftung für vorsätzliches Verhalten eines Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen erfasse. Dies verstoße nicht gegen § 202 Abs. 1 BGB. Danach könne zwar die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Diese Vorschrift ergänze jedoch den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden könne. Dieser Grundsatz gelte aber nach § 278 Satz 2 BGB gerade nicht für den Ausschluss der Haftung für vorsätzliches Verhalten des Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen. Der Ausschluss einer solchen Haftung sei also möglich, die Ausschlussklausel allenfalls teilnichtig. § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages halte auch einer AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand. Insbesondere sei nicht gegen § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB verstoßen worden, da die Obliegenheit einer schriftlichen Geltendmachung keinen Haftungsausschluss und keine Haftungsbegrenzung enthalte. Die Klägerin habe im Sinne der ersten Stufe der somit wirksam vereinbarten Ausschlussfrist ihren Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht. Da § 167 ZPO hier keine Anwendung finde, komme es auf den Eingang der Klage beim Arbeitsgericht nicht an.

12

B. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, der Anspruch der Klägerin sei verfallen. Mit dieser vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

13

I. Eine rechtsfehlerfreie Auslegung der in § 12 Abs. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages geregelten Ausschlussfrist ergibt, dass sie nicht vertragliche oder deliktische Ansprüche wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines Erfüllungs- bzw. Verrichtungsgehilfen der Beklagten erfasst.

14

1. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass es sich bei der streitgegenständlichen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt.

15

a) Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Da der Arbeitnehmer Verbraucher ist (BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 6), finden § 305c Abs. 2 und §§ 306, 307 bis 309 nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB grundsätzlich auch Anwendung, falls die Klausel nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist und der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf den Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen zudem als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher eingeführt wurden(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 20).

16

b) Danach ist die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die Klausel stelle eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; dies ist von der Klägerin auch nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen worden und daher für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO).

17

2. Bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt die Auslegung des Arbeitsvertrages der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung durch den Senat (BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 23 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).

18

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners. Anhaltspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 965/11 - Rn. 24).

19

b) Danach ist eine Auslegung von § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages dahin gehend, dass die Parteien grundsätzlich auch Ansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverstöße und vorsätzlich begangener unerlaubter Handlungen durch die Ausschlussklausel erfassen wollten, nicht frei von Rechtsfehlern.

20

aa) Auf den zwischen den Parteien am 31. August 2009 geschlossenen Arbeitsvertrag findet das BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung. Demzufolge kann gemäß § 202 Abs. 1 BGB die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Diese Vorschrift ergänzt den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden kann. § 202 Abs. 1 BGB erfasst nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen. Es handelt sich um eine Verbotsnorm iSv. § 134 BGB.

21

bb) Im Hinblick auf diese klare Gesetzeslage ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Vertragspartner mit solchen Vertragsklauseln keine Fälle anders als das Gesetz und unter Verstoß gegen die gesetzliche Verbotsnorm iSd. § 134 BGB regeln wollten. Vertragsklauseln, die nur in außergewöhnlichen, von den Vertragspartnern bei Vertragsabschluss nicht für regelungsbedürftig gehaltenen Fällen gegen das Gesetz verstoßen, sind wirksam (vgl. BGH 17. Februar 2011 - III ZR 35/10 - Rn. 10, BGHZ 188, 351; 23. November 2005 - VIII ZR 154/04 - zu II 2 b der Gründe; 10. Mai 1994 - XI ZR 65/93 - zu II 2 b der Gründe; Palandt/Grüneberg 72. Aufl. § 306 BGB Rn. 9; Schlewing NZA-Beilage 2012, 33, 34). Eine am Sinn und Zweck solcher Klauseln orientierte Auslegung ergibt, dass derartige Ausnahmefälle von der Klausel gar nicht erfasst werden sollen (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 6 der Gründe, BAGE 115, 19 = AP BGB § 310 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 3; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - zu II 4 der Gründe, BAGE 116, 66 = AP BGB § 307 Nr. 7 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 8).

22

cc) Der Senat hält an dieser von ihm bereits bestätigten Rechtsprechung fest (BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 31, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 200). Dass ein Arbeitgeber seine eigene Haftung für Vorsatz nicht ausschließen kann, ergibt sich, auch wenn es sich nicht um einen Formulararbeitsvertrag handelt, schon aus § 276 Abs. 3 BGB. Über den Gesetzeswortlaut hinaus verbietet § 202 Abs. 1 BGB nicht nur Vereinbarungen zur Verjährung von Ansprüchen wegen Vorsatzhaftung, sondern auch Ausschlussfristen, die sich auf eine Vorsatzhaftung des Schädigers beziehen(BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - aaO). Hinzu kommt, dass § 104 Abs. 1 SGB VII die Haftung des Arbeitgebers bei Arbeitsunfällen und Berufsunfähigkeit auf Vorsatz beschränkt, sie aber auch genau in diesen Fällen gerade nicht ausschließt. Daher spielt einerseits die Haftung des Arbeitgebers wegen Verletzung der Gesundheit des Arbeitnehmers in der Praxis keine große Rolle (Däubler/Bonin/Deinert/Däubler 3. Aufl. § 309 Nr. 7 Rn. 5; Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 309 Nr. 7 BGB Rn. 23); andererseits hat der Arbeitgeber grundsätzlich kein Interesse daran, einen gesetzwidrigen Haftungsausschluss für vorsätzlich verursachte Personenschäden zu vereinbaren, der in jedem Falle wegen § 134 BGB nichtig und bei Formulararbeitsverträgen zudem nach § 309 Nr. 7 Buchst. a BGB ohne Wertungsmöglichkeit unwirksam wäre. Bei der Vereinbarung einer Ausschlussfrist denken die Parteien eines Arbeitsvertrages vor allem an laufende Entgeltansprüche, also an Ansprüche des Arbeitnehmers, gegebenenfalls aber auch an Ansprüche des Arbeitgebers auf Rückzahlung überzahlten Arbeitsentgelts, nicht aber an vertragliche oder deliktische Ansprüche wegen Personenschäden (vgl. Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 309 Rn. 89 ff.; Bayreuther NZA 2005, 1337). Daher ist eine zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist dahin gehend auszulegen, dass sie nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen soll. Ohne besondere Hinweise im Einzelfall ist eine Anwendung auch auf die Fälle, die durch zwingende gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind, regelmäßig gerade nicht gewollt. Ohne solche Besonderheiten kann auch nicht angenommen werden, die Ausschlussfrist beziehe sich auf Kriterien, die aufgrund von Rückausnahmen, hier § 278 Satz 2 BGB, ausnahmsweise doch regelbar seien.

23

dd) Nach § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders. Diese sogenannte Unklarheitenregel stellt bei objektiv mehrdeutigen Klauseln eine Auslegungshilfe dar, wonach in solchen Fällen die Interessen des Verwenders hinter denjenigen der anderen Partei zurücktreten sollen. Auf diese Unklarheitenregel kann nur zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel verbleiben (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 19). Derartige Zweifel bei der Auslegung bestehen im vorliegenden Fall nicht.

24

ee) Der Senat hat für tarifvertragliche Ausschlussfristen, die Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfassen, entschieden, dass solchen Tarifklauseln § 202 Abs. 1 BGB nicht entgegensteht, da das Gesetz die Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes nur „durch Rechtsgeschäft“ verbietet(BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 32 ff., EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 200). Da die Arbeitsvertragsparteien hier nicht auf einen Tarifvertrag Bezug genommen haben, braucht nicht entschieden zu werden, ob ein Rechtsgeschäft iSv. § 202 BGB dann ausscheidet, wenn ein Tarifvertrag aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel insgesamt Anwendung findet.

25

c) Sind von der vertraglich vereinbarten Ausschlussklausel Schadensersatzansprüche der in § 309 Nr. 7 oder § 202 Abs. 1 BGB erfassten Art nicht umfasst, so kommt es auf die weitere Frage, ob die Klausel nach § 309 Nr. 7 BGB unwirksam ist, nicht an.

26

II. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), weil der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO). Soweit das Berufungsgericht den Verfall eines eventuell bestehenden Schmerzensgeldanspruchs angenommen hat, hat es aus seiner Sicht folgerichtig nicht geprüft, ob die materiellen Voraussetzungen eines Anspruchs wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben sind. Ob die Rechte der Klägerin nach den von ihr behaupteten Mobbinghandlungen verletzt worden sind, muss das Landesarbeitsgericht aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilen. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 63, BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

      

        

        

    Umfug    

        

    Andreas Henniger    

                 

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Allgemeinverbindlicherklärung erscheint in der Regel im öffentlichen Interesse geboten, wenn

1.
der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat oder
2.
die Absicherung der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangt.

(1a) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag über eine gemeinsame Einrichtung zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn der Tarifvertrag die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen durch eine gemeinsame Einrichtung mit folgenden Gegenständen regelt:

1.
den Erholungsurlaub, ein Urlaubsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld,
2.
eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
3.
die Vergütung der Auszubildenden oder die Ausbildung in überbetrieblichen Bildungsstätten,
4.
eine zusätzliche betriebliche oder überbetriebliche Vermögensbildung der Arbeitnehmer,
5.
Lohnausgleich bei Arbeitszeitausfall, Arbeitszeitverkürzung oder Arbeitszeitverlängerung.
Der Tarifvertrag kann alle mit dem Beitragseinzug und der Leistungsgewährung in Zusammenhang stehenden Rechte und Pflichten einschließlich der dem Verfahren zugrunde liegenden Ansprüche der Arbeitnehmer und Pflichten der Arbeitgeber regeln. § 7 Absatz 2 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes findet entsprechende Anwendung.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag ist Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von der Allgemeinverbindlicherklärung betroffen werden würden, den am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber sowie den obersten Arbeitsbehörden der Länder, auf deren Bereich sich der Tarifvertrag erstreckt, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung zu geben. In begründeten Fällen kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Teilnahme an der Verhandlung mittels Video- oder Telefonkonferenz vorsehen.

(3) Erhebt die oberste Arbeitsbehörde eines beteiligten Landes Einspruch gegen die beantragte Allgemeinverbindlicherklärung, so kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem Antrag nur mit Zustimmung der Bundesregierung stattgeben.

(4) Mit der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrags in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein nach Absatz 1a für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag ist vom Arbeitgeber auch dann einzuhalten, wenn er nach § 3 an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags im Einvernehmen mit dem in Absatz 1 genannten Ausschuß aufheben, wenn die Aufhebung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. Im übrigen endet die Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags mit dessen Ablauf.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann der obersten Arbeitsbehörde eines Landes für einzelne Fälle das Recht zur Allgemeinverbindlicherklärung sowie zur Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit übertragen.

(7) Die Allgemeinverbindlicherklärung und die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit bedürfen der öffentlichen Bekanntmachung. Die Bekanntmachung umfasst auch die von der Allgemeinverbindlicherklärung erfassten Rechtsnormen des Tarifvertrages.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Allgemeinverbindlicherklärung erscheint in der Regel im öffentlichen Interesse geboten, wenn

1.
der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat oder
2.
die Absicherung der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangt.

(1a) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag über eine gemeinsame Einrichtung zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn der Tarifvertrag die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen durch eine gemeinsame Einrichtung mit folgenden Gegenständen regelt:

1.
den Erholungsurlaub, ein Urlaubsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld,
2.
eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
3.
die Vergütung der Auszubildenden oder die Ausbildung in überbetrieblichen Bildungsstätten,
4.
eine zusätzliche betriebliche oder überbetriebliche Vermögensbildung der Arbeitnehmer,
5.
Lohnausgleich bei Arbeitszeitausfall, Arbeitszeitverkürzung oder Arbeitszeitverlängerung.
Der Tarifvertrag kann alle mit dem Beitragseinzug und der Leistungsgewährung in Zusammenhang stehenden Rechte und Pflichten einschließlich der dem Verfahren zugrunde liegenden Ansprüche der Arbeitnehmer und Pflichten der Arbeitgeber regeln. § 7 Absatz 2 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes findet entsprechende Anwendung.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag ist Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von der Allgemeinverbindlicherklärung betroffen werden würden, den am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber sowie den obersten Arbeitsbehörden der Länder, auf deren Bereich sich der Tarifvertrag erstreckt, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung zu geben. In begründeten Fällen kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Teilnahme an der Verhandlung mittels Video- oder Telefonkonferenz vorsehen.

(3) Erhebt die oberste Arbeitsbehörde eines beteiligten Landes Einspruch gegen die beantragte Allgemeinverbindlicherklärung, so kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem Antrag nur mit Zustimmung der Bundesregierung stattgeben.

(4) Mit der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrags in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein nach Absatz 1a für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag ist vom Arbeitgeber auch dann einzuhalten, wenn er nach § 3 an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags im Einvernehmen mit dem in Absatz 1 genannten Ausschuß aufheben, wenn die Aufhebung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. Im übrigen endet die Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags mit dessen Ablauf.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann der obersten Arbeitsbehörde eines Landes für einzelne Fälle das Recht zur Allgemeinverbindlicherklärung sowie zur Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit übertragen.

(7) Die Allgemeinverbindlicherklärung und die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit bedürfen der öffentlichen Bekanntmachung. Die Bekanntmachung umfasst auch die von der Allgemeinverbindlicherklärung erfassten Rechtsnormen des Tarifvertrages.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 14. August 2009 - 19 Sa 690/09 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Widerklage der Beklagten, mit der diese Schadensersatzansprüche gegenüber dem Kläger verfolgt.

2

Die Beklagte ist ein Bauunternehmen. Der Kläger war bei ihr seit 6. August 2007 als Maurer zu einem Stundenlohn von 12,40 Euro brutto bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt. Kraft Allgemeinverbindlichkeit fand auf das Arbeitsverhältnis der Bundesrahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes vom 4. Juli 2002 in der Fassung des Änderungstarifvertrags vom 20. August 2007 (BRTV) Anwendung.

3

Dieser Tarifvertrag enthält ua. folgende Bestimmung:

        

㤠15 Ausschlussfristen

        

1.    

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden; besteht bei Ausscheiden des Arbeitnehmers ein Arbeitszeitguthaben, beträgt die Frist für dieses Arbeitszeitguthaben jedoch sechs Monate.

        

2.    

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Dies gilt nicht für Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers, die während eines Kündigungsschutzprozesses fällig werden und von seinem Ausgang abhängen. Für diese Ansprüche beginnt die Verfallfrist von zwei Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens.“

4

Im April 2008 war der Kläger auf einer Baustelle in Polen eingesetzt. Diese wurde am 30. April 2008 vorläufig geräumt, um über das verlängerte Wochenende (1. Mai) zurück nach Deutschland zu fliegen. Die Beklagte hatte in einem Hotel in Polen einen Raum angemietet, in dem während der Abwesenheit der Arbeitnehmer deren Werkzeuge und persönliche Gegenstände deponiert werden konnten. Der Kläger nutzte diese Möglichkeit nicht, sondern packte seine persönlichen Gegenstände vor der Abreise nach Deutschland ein und tauschte bei der Ankunft in D auf dem Flughafen seine polnischen Devisen gegen Euro.

5

Am 2. Mai 2008 rief der Kläger bei der Beklagten an und teilte mit, er habe sich, als er seinem Großvater ins Auto geholfen habe, den Arm angestoßen, weshalb er zum Arzt müsse. In der Folgezeit meldete sich der Kläger nicht mehr bei der Beklagten, die den Kläger auch telefonisch nicht erreichen konnte. Mit Schreiben vom 7. Mai 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 26. Mai 2008. Seit dem 27. Mai 2008 steht der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Unternehmen. Am 23. Juni 2008 reichten die Eltern des Klägers eine von ihm gefertigte Stundenaufstellung für April und Mai 2008 bei der Beklagten ein. Außerdem übergaben sie eine am 2. Mai 2008 ausgestellte ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 2. bis 16. Mai 2008 attestierte.

6

Mit Schreiben vom 5. November 2008, gerichtet an ihren Prozessbevollmächtigten, bezifferte die Beklagte die errechneten Kosten und Mehraufwendungen wegen der nicht erfolgten Arbeitsaufnahme des Klägers im Mai 2008.

7

Mit der am 19. November 2008 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger die Abrechnung und Auszahlung seiner Lohnansprüche für die Monate April und Mai 2008 begehrt.

8

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 5. März 2009, dem Klägervertreter am 12. März 2009 zugestellt, Widerklage erhoben. Mit dieser verlangt sie vom Kläger Erstattung der Mehrkosten iHv. 11.216,80 Euro, die durch sein Fehlen entstanden seien.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, die Monate April 2008 und Mai 2008 ordnungsgemäß abzurechnen und den sich aus der Abrechnung ergebenden Nettolohn an den Kläger auszuzahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt,

        

die Klage abzuweisen,

        

und     

        

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte einen Betrag iHv. 11.216,80 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Zur Begründung der Widerklage hat die Beklagte behauptet, der Kläger habe seine Erkrankung im Mai 2008 nur vorgetäuscht. Dies ergebe sich schon daraus, dass er sämtliche persönlichen Gegenstände von Polen nach Deutschland mitgenommen und sämtliche polnischen Devisen zurückgetauscht habe. Durch den plötzlichen Ausfall des Klägers sei eine Verzögerung der Baumaßnahmen von zehn Arbeitstagen eingetreten. Deshalb sei ein zweiter zehntägiger Arbeitseinsatz Ende Mai/Anfang Juni 2008 notwendig geworden. Hierfür seien Kosten für vier Flüge iHv. 539,60 Euro, Spesen für zehn Tage iHv. 700,00 Euro sowie Kosten für weitere Hotelübernachtungen iHv. 670,00 Euro, insgesamt 1.909,60 Euro angefallen. Für den Zeitraum des zweiten Arbeitseinsatzes sei ein anderweitiger Umsatz iHv. insgesamt 9.307,20 Euro weggefallen, da die Beklagte durch den zweiten Einsatz in Polen einen anderweitigen Auftrag verloren habe.

12

Der Kläger hat zur Widerklage die Ansicht vertreten, ein Arbeitgeber müsse das Risiko, dass ein Arbeitnehmer spontan ausfällt, zwangsläufig tragen. Es gehöre zu seinem wirtschaftlichen Unternehmerrisiko, dass ein Arbeitnehmer wie hier krankheitsbedingt ausfalle. Für eine derartige Situation habe der Arbeitgeber Vorsorge zu treffen bzw. die Konsequenzen zu tragen, wenn er dies versäume.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

14

Nach Berufungseinlegung durch die Beklagte haben die Parteien den Rechtsstreit, soweit er sich auf die Klageforderung bezog, aufgrund eines in einem Parallelverfahren geschlossenen Vergleichs für erledigt erklärt. Das Landesarbeitsgericht hat im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Nach Zulassung der Revision durch den Senat verfolgt die Beklagte ihr Prozessziel im Rahmen der Widerklage nur noch hinsichtlich der Hauptforderung (ohne Zinsen) weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Etwaige Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger sind verfallen.

16

A. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten, mit der sie sich nur noch gegen die Abweisung ihrer Widerklage durch das Arbeitsgericht gewandt hatte, zurückgewiesen. Dazu hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Beklagten sei verfallen. Auf das Arbeitsverhältnis finde der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe kraft Allgemeinverbindlichkeit Anwendung. § 15 BRTV-Bau sehe eine zweistufige Ausschlussfrist vor, die auch einen Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers erfasse. Die Beklagte habe die zweistufige Ausschlussfrist schon auf der ersten Stufe nicht eingehalten. Die Fälligkeit des geltend gemachten Anspruchs sei spätestens am 5. November 2008 eingetreten, eine schriftliche Geltendmachung sei aber erst mit der Widerklage erfolgt, die dem Klägervertreter am 12. März 2009, dh. außerhalb der zweimonatigen Frist zugestellt worden sei. Der Verfall der Widerklageforderung sei auch nicht durch § 242 BGB ausgeschlossen.

17

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

18

I. Die zulässige Widerklage ist nicht begründet. Der Beklagten steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch iHv. 11.216,80 Euro nicht zu.

19

1. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Beklagten wäre, unabhängig von der Rechtsgrundlage auf die er gestützt werden könnte, mangels rechtzeitiger Geltendmachung nach § 15 BRTV verfallen und damit erloschen(vgl. BAG 30. März 1973 - 4 AZR 259/72 - BAGE 25, 169 = AP BGB § 390 Nr. 4 = EzA BGB § 390 Nr. 1; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 105/08 - AP ZPO § 717 Nr. 9). Ausschlussfristen sind von den Gerichten für Arbeitssachen von Amts wegen zu berücksichtigen (BAG 18. Dezember 2008 - 8 AZR 105/08 - aaO).

20

Nach § 15 BRTV verfallen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden(1. Stufe). Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird (2. Stufe).

21

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft Allgemeinverbindlicherklärung der BRTV Anwendung.

22

aa) Der Betrieb der Beklagten ist ein Betrieb des Baugewerbes, der gemäß § 1 Abs. 2 BRTV unter den betrieblichen Geltungsbereich dieses Rahmentarifvertrags fällt. Dies ist zwischen den Parteien nicht streitig.

23

bb) Aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des BRTV sowohl den Kläger als auch die Beklagte, unabhängig, ob diese tarifgebunden sind oder nicht, § 5 Abs. 4 TVG.

24

b) Die tarifvertragliche Ausschlussfrist des § 15 BRTV gilt auch für den von der Beklagten geltend gemachten Schadensersatzanspruch, selbst wenn eine vorsätzliche Pflicht- oder Rechts(gut)verletzung durch den Kläger vorliegen sollte. Dies ergibt eine sachgerechte Auslegung der Tarifnorm.

25

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist stets abzustellen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Verbleiben noch Zweifel, können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien, wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrags berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Reglung führt (st. Rspr., vgl. BAG 11. November 2010 - 8 AZR 392/09 - mwN, NZA 2011, 763). In ständiger Rechtsprechung geht das Bundesarbeitsgericht für tarifvertragliche Ausschlussfristen zudem davon aus, dass diese im Hinblick auf ihre Wirkung grundsätzlich eng auszulegen sind (vgl. BAG 4. April 2001 - 4 AZR 242/00 - mwN, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 156 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 141). Allerdings kann dieser Grundsatz erst dann greifen, wenn die Mittel der Auslegung erschöpft sind und dabei kein eindeutiges Ergebnis zu erzielen war (vgl. Wiedemann/Wank 7. Aufl. § 4 TVG Rn. 800).

26

bb) Nach § 15 Abs. 1 BRTV unterfallen der Ausschlussfrist „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“. Bereits nach dem Wortlaut sollen „alle beiderseitigen“, dh. wechselseitigen Ansprüche der Arbeitsvertragsparteien der Klausel unterliegen. Es ergeben sich aus der Formulierung der Tarifnorm keine Anhaltspunkte dafür, dass nur bestimmte Ansprüche gemeint sind und insbesondere solche wegen vorsätzlich begangener, ggf. auch unerlaubter Handlungen ausgenommen sein sollen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterfallen wegen des einheitlichen Lebensvorgangs nicht nur vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche einer Klausel, die „alle … Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ einer bestimmten Frist zur Geltendmachung unterwirft, sondern auch solche aus unerlaubter Handlung iSd. §§ 823, 826 BGB(vgl. BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 886/07 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 192). Die Tarifvertragsparteien verfolgen mit der weiten Formulierung das Ziel, Rechtsklarheit und Rechtssicherheit herbeizuführen. Die Arbeitsvertragsparteien sollen sich darauf verlassen können, dass nach Fristablauf der jeweilige Vertragspartner keine Ansprüche mehr erhebt (vgl. ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 32). Dem entspricht es am ehesten, alle Ansprüche aus einem einheitlichen Lebensvorgang nach einer gewissen Zeit jedem rechtlichen Streit zu entziehen. Anknüpfungspunkt ist für die Tarifvertragsparteien weniger die Rechtsgrundlage für den Anspruch als vielmehr der Anlass seines jeweiligen Entstehens (vgl. Wiedemann/Wank 7. Aufl. § 4 TVG Rn. 807 mwN; BAG 10. August 1967 - 3 AZR 221/66 - BAGE 20, 30 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 37). Ergibt sich somit aus dem Wortlaut eindeutig eine einschränkungslose Erfassung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, so bleibt kein Raum für die von der Rechtsprechung geforderte enge Auslegung von Ausschlussfristen (vgl. BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 3 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 196).

27

c) Die tarifvertragliche Ausschlussfrist in § 15 BRTV ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

28

aa) Die Gerichte für Arbeitssachen haben Tarifverträge daraufhin zu überprüfen, ob sie mit höherrangigem Recht vereinbar sind, nicht hingegen darauf, ob die jeweilige tarifliche Regelung die gerechteste und zweckmäßigste Lösung darstellt (st. Rspr., vgl. BAG 22. September 1999 - 10 AZR 839/98 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 226 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 132).

29

bb) § 15 BRTV ist nicht nach §§ 134, 202 Abs. 1 BGB nichtig bzw. teilnichtig.

30

Das Arbeitsverhältnis der Parteien begann am 6. August 2007, so dass auf dieses das BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung findet.

31

Nach § 202 Abs. 1 BGB kann die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Die Vorschrift ergänzt den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden kann. § 202 Abs. 1 BGB erfasst nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen. § 202 BGB stellt eine Verbotsnorm im Sinne von § 134 BGB dar. So hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts eine im Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfrist, sofern sie auch vorsätzliche Vertragsverstöße und vorsätzlich begangene unerlaubte Handlungen erfassen sollte, als teilnichtig angesehen (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19 = AP BGB § 310 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 3).

32

§ 202 Abs. 1 BGB steht jedoch einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist, die auch Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfasst und nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 Abs. 4 TVG normative Wirkung entfaltet, nicht entgegen.

33

§ 202 Abs. 1 BGB spricht von einer Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes „durch Rechtsgeschäft“. Damit wird bereits nach dem Wortlaut der Norm auf einen Tatbestand abgestellt, der sich aus Willenserklärungen ergibt. Die amtliche Überschrift von § 202 BGB spricht zwar in Abweichung vom Wort „Rechtsgeschäft“ von „Vereinbarungen über die Verjährung“, jedoch folgt auch hieraus, dass sich § 202 BGB auf Verjährungsregelungen durch Parteivereinbarung bezieht und die Vertragsfreiheit der Parteien insoweit einschränkt. Auch die Gesetzesbegründung spricht von der Disposition der Parteien, von Parteivereinbarung bzw. dem Interesse beider Parteien (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 109 f.). § 202 BGB bezieht sich damit losgelöst von den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets ausschließlich auf die Parteien des materiellrechtlichen Anspruchs, um dessen Verjährung es geht(vgl. MünchKommBGB/Grothe 5. Aufl. § 202 BGB Rn. 4; Staudinger/Peters/Jacoby [2009] § 202 BGB Rn. 6; BeckOK Bamberger/Roth/Henrich Stand 1. März 2011 BGB § 202 Rn. 4). Der Gesetzgeber hat daher auch darauf verzichtet, die Grundaussage des § 225 Satz 2 BGB aF, wonach verjährungserleichternde Vereinbarungen grundsätzlich zulässig waren, in das modernisierte Schuldrecht aufzunehmen, da dies ohnehin Bestandteil der allgemeinen Vertragsfreiheit ist(vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 110). Soweit § 202 BGB nicht einschlägig ist, verjährungsverändernden Regelungen also nicht entgegensteht, verbleibt es bei der Dispositivität der Verjährungsregeln. Für individualvertragliche Vereinbarungen zur Verjährungserleichterung besteht nach § 202 Abs. 1 BGB die Einschränkung, dass - unabhängig von der Rechtsnatur des Anspruchs - die Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus erleichtert werden darf. Als „Rechtsgeschäft“ im Sinne von § 202 BGB kommen vertragliche Individualvereinbarungen und Vereinbarungen aufgrund Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Betracht.

34

Eine „Vereinbarung“ im Sinne von § 202 Abs. 1 BGB liegt allerdings nicht vor, wenn auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ein Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifbindung oder kraft Allgemeinverbindlicherklärung zwingend Anwendung findet(§ 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 Abs. 4 TVG) (aA Matthiessen Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen S. 205; Matthiessen/Shea DB 2004, 1366, 1368; Lakkis in jurisPK-BGB 5. Aufl. § 202 Rn. 14; dies. AcP 2003, 763, 768, jeweils ohne weitere Auseinandersetzung mit dem Wortlaut von § 202 BGB).

35

Gilt für das Arbeitsverhältnis der Parteien ein Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifbindung, so gelten die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Die Rechtsnormen eines Tarifvertrags sind Gesetze im materiell-rechtlichen Sinne und erfüllen den Gesetzesbegriff des Art. 2 EGBGB(BAG 14. Juni 1994 - 9 AZR 284/93 - BAGE 77, 81 = AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 21 = EzA BGB § 125 Nr. 11). Für die Tarifgebundenen entspricht die Regelungswirkung daher derjenigen anderer Gesetze. Aufgrund dieser normativen Wirkung des Tarifvertrags, die gerade nicht Ausdruck der privatautonomen Gestaltung der Arbeitsvertragsparteien ist, handelt es sich bei den zwingend und unmittelbar geltenden Rechtsnormen eines Tarifvertrags nicht um ein „Rechtsgeschäft“ im Sinne von § 202 BGB, sondern um eine gesetzliche Regelung im Sinne von Art. 2 EGBGB.

36

Gleiches gilt, wenn - wie im Streitfalle - die tariflichen Regelungen nach § 5 Abs. 4 TVG aufgrund Allgemeinverbindlicherklärung Anwendung finden.

37

Ob eine individualvertragliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien und damit ein Rechtsgeschäft im Sinne von § 202 BGB jedoch dann vorliegt, wenn ein Tarifvertrag aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel insgesamt Anwendung findet oder wenn allein bezüglich der Ausschlussfristen ein Tarifvertrag Anwendung finden soll, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.

38

Eine Inhaltskontrolle des Tarifvertrags nach §§ 305 ff. BGB schließt § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB aus.

39

cc) Die Ausschlussfrist verstößt auch nicht gegen sonstiges höherrangiges Recht.

40

Die Gerichte für Arbeitssachen haben Ausschlussfristen in Tarifverträgen wie sonstige tarifliche Regelungen nur einer eingeschränkten Kontrolle dahin gehend zu unterziehen, ob die Ausschlussfrist bzw. Regelung mit höherrangigem Recht vereinbar ist (vgl. BAG 22. September 1999 - 10 AZR 839/98 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 226 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 132). Eine Angemessenheitskontrolle findet damit nicht statt. Dieser eingeschränkte Kontrollmaßstab wird durch § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB bestätigt(vgl. Weyand in Ausschlussfristen im Tarifrecht Kapitel 2 Rn. 71; Krause RdA 2004, 106, 111). Das Bundesarbeitsgericht hat bereits mehrfach entschieden, dass dem § 15 BRTV entsprechende Ausschlussfristen im Baubereich nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen, insbesondere nicht sittenwidrig sind oder gegen Treu und Glauben verstoßen(vgl. BAG 22. September 1999 - 10 AZR 839/98 - aaO; 16. November 1965 - 1 AZR 160/65 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 30 = EzA TVG § 4 Nr. 9).

41

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Tarifvertragsparteien in § 15 BRTV eine Regelung getroffen haben, die im Hinblick auf ihre Weite auch Schadensersatzansprüche aufgrund vorsätzlicher Handlungen erfasst und daher von den Arbeitsvertragsparteien im Hinblick auf § 202 Abs. 1 BGB nicht wirksam im Arbeitsvertrag vereinbart werden könnte. Diese Privilegierung der Tarifvertragsparteien ergibt sich gerade aus der gesetzlichen Regelung des § 202 BGB, die ausschließlich für individualrechtliche Vereinbarungen gilt. § 202 BGB erweist sich damit als tarifdispositives Gesetzesrecht.

42

d) Etwaige Schadensersatzansprüche hätte die Beklagte in der ersten Stufe innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber dem Kläger schriftlich erheben müssen (§ 15 Abs. 1 BRTV). Das war nicht der Fall.

43

aa) Ein Anspruch ist regelmäßig erst dann im Sinne einer Ausschlussfrist fällig, wenn der Gläubiger ihn annähernd beziffern kann (vgl. BAG 27. Oktober 2005 - 8 AZR 3/05 - AP BGB § 310 Nr. 5 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 181). Bei Schadensersatzansprüchen tritt Fälligkeit daher ein, wenn der Schaden für den Gläubiger feststellbar ist und geltend gemacht werden kann (vgl. BAG 20. Juni 2002 - 8 AZR 488/01 - EzA BGB § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 11). Feststellbar ist der Schaden, sobald der Gläubiger vom Schadensereignis Kenntnis erlangt oder bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt Kenntnis erlangt hätte (vgl. BAG 27. April 1995 - 8 AZR 582/94 -; 16. Mai 1984 - 7 AZR 143/81 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 85 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 58). Geltend gemacht werden können Schadensersatzforderungen, sobald der Gläubiger in der Lage ist, sich den erforderlichen Überblick ohne schuldhaftes Zögern zu verschaffen und er seine Forderungen wenigstens annähernd beziffern kann (vgl. BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 886/07 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 192). Zur Fälligkeit der Forderung reicht es aus, wenn der Gläubiger die Ansprüche so deutlich bezeichnen kann, dass der Schuldner erkennen kann, aus welchem Sachverhalt und in welcher ungefähren Höhe er in Anspruch genommen werden soll. Dementsprechend muss zumindest die ungefähre Höhe der Forderung vom Gläubiger benannt werden. Die Fälligkeit eines Schadensersatzanspruchs setzt darüber hinaus voraus, dass ein Schaden überhaupt entstanden ist. Erst mit der Entstehung des Schadens kann auch ein Schadensersatzanspruch entstehen (vgl. BAG 14. Dezember 2006 - 8 AZR 628/05 - mwN, AP BGB § 618 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 618 Nr. 2).

44

bb) Mit Schreiben vom 5. November 2008 hat die Beklagte gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten die nach ihrer Auffassung durch das Fehlen des Klägers nach dem ersten Maiwochenende notwendig gewordenen Aufwendungen bzw. eingetretenen Schäden im Einzelnen nach Hotelübernachtungskosten, Flügen, Spesen etc. beziffert. Aus den dort genannten Einzelposten hat sie die Widerklageforderung iHv. 11.216,80 Euro errechnet. Die Beklagte war damit spätestens am 5. November 2008 in der Lage, die von ihr behaupteten Ansprüche zu benennen und zu beziffern. Folglich trat spätestens zu diesem Zeitpunkt Fälligkeit ein. Die Zwei-Monats-Frist des § 15 Abs. 1 BRTV endete damit am 5. Januar 2009 (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Die mit Schriftsatz vom 5. März 2009 erhobene, dem Klägervertreter am 12. März 2009 zugestellte Widerklage hat diese Frist nicht gewahrt. Eine frühere schriftliche Geltendmachung, aus welcher der Kläger Grund und ungefähre Höhe des behaupteten Anspruchs hätte entnehmen können, ist nicht festzustellen. Insbesondere stellt der bloße Hinweis der Beklagten in der Klageerwiderung vom 23. Dezember 2008, durch die Kündigung des Klägers seien der Beklagten erhebliche Schäden entstanden, die im Zweifel noch weiter beziffert würden, keine ausreichende Geltendmachung im Sinne von § 15 Abs. 1 BRTV dar. Eine solche, nach Grund und ungefährer Höhe spezifizierte Geltendmachung war auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil dem Kläger die ungefähre Schadenshöhe bekannt gewesen wäre (vgl. BAG 16. Dezember 1971 - 1 AZR 335/71 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 48 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 8). Dass dies der Fall war, wird von der Beklagten nicht einmal behauptet.

45

e) Eine Berücksichtigung der Ausschlussfrist zugunsten des Klägers ist auch nicht nach § 242 BGB ausgeschlossen.

46

aa) Zunächst gilt, dass die fehlende Kenntnis von Existenz und Inhalt einer Ausschlussfrist den Verfall des Anspruchs unberührt lässt (allg. Meinung, vgl. BAG 16. August 1983 - 3 AZR 206/82 - AP TVG § 1 Auslegung Nr. 131 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 56). Eine gegen Treu und Glauben verstoßende und damit gemäß § 242 BGB unzulässige Rechtsausübung stellt die Berufung auf eine Ausschlussfrist dann dar, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit des Gläubigers hinsichtlich der erforderlichen Geltendmachung des Anspruchs durch ein Verhalten des Schuldners veranlasst worden ist. Der Schuldner muss also den Gläubiger von der Geltendmachung des Anspruchs bzw. der Einhaltung der Verfallfrist abgehalten haben. Das wird zB angenommen, wenn der Schuldner durch positives Tun oder durch pflichtwidriges Unterlassen dem Gläubiger die Geltendmachung des Anspruchs oder die Einhaltung der Frist erschwert oder unmöglich gemacht hat bzw. an objektiven Maßstäben gemessen den Eindruck erweckt hat, der Gläubiger könne darauf vertrauen, dass der Anspruch auch ohne Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist erfüllt werde (vgl. BAG 10. Oktober 2002 - 8 AZR 8/02 - BAGE 103, 71 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 169 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 158).

47

bb) Dies war vorliegend nicht der Fall. Zwar meint die Beklagte sinngemäß, der Kläger habe mit dem Klageantrag, gerichtet auf Abrechnung und Auszahlung des sich aus den Abrechnungen ergebenden Nettobetrags, zu erkennen gegeben, dass noch Ansprüche - ggf. auch wechselseitige - offen stünden. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Der Kläger hat nur eigene Entgeltansprüche für April und Mai 2008 geltend gemacht und keine Erklärung dahin gehend abgegeben, seinerseits Ansprüche der Beklagten erfüllen zu wollen. Insbesondere hat er die Beklagte nicht an einer Geltendmachung ihrer Ansprüche gehindert. Die Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung auf Schadensersatzansprüche ihrerseits hingewiesen. Dass sie diese nicht innerhalb der Ausschlussfrist in der notwendigen Art und Weise geltend gemacht hat, ist nicht auf Erklärungen oder ein Verhalten des Klägers zurückzuführen, sondern liegt allein in ihrem Verantwortungsbereich.

48

II. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    F. Avenarius    

                 

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

(1) Von den vorstehenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 kann in Tarifverträgen abgewichen werden. Die abweichenden Bestimmungen haben zwischen nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung, wenn zwischen diesen die Anwendung der einschlägigen tariflichen Urlaubsregelung vereinbart ist. Im übrigen kann, abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2, von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

(2) Für das Baugewerbe oder sonstige Wirtschaftszweige, in denen als Folge häufigen Ortswechsels der von den Betrieben zu leistenden Arbeit Arbeitsverhältnisse von kürzerer Dauer als einem Jahr in erheblichem Umfange üblich sind, kann durch Tarifvertrag von den vorstehenden Vorschriften über die in Absatz 1 Satz 1 vorgesehene Grenze hinaus abgewichen werden, soweit dies zur Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs für alle Arbeitnehmer erforderlich ist. Absatz 1 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.

(3) Für den Bereich der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft sowie einer gemäß § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 3 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2386) ausgegliederten Gesellschaft und für den Bereich der Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost kann von der Vorschrift über das Kalenderjahr als Urlaubsjahr (§ 1) in Tarifverträgen abgewichen werden.

Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben.

(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.

(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.