Haftungsrecht: Rodeln im Stadtpark auf eigene Gefahr!
AoLs
Authors
Das musste sich ein Mann vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm sagen lassen, der bei winterlichem Wetter auf einer Nebenstrecke im Stadtpark gerodelt war. Dabei war er am unteren Ende des Hangs gestürzt. An dieser Stelle war der Hang durch einen mit einer Mauer abgefangenen Absatz zu einem tieferliegenden Weg durchbrochen.
Seine gegenüber der beklagten Stadt geltend gemachte Schadensersatzklage blieb ohne Erfolg. Es bestehe nach Auffassung des OLG schon keine abhilfebedürftige Gefahrenquelle, weil das Gelände nicht als Rodelfläche, sondern als Park konzipiert sei. Mit Mauerabgrenzungen versehene Wege seien dort nicht untypisch. Den Rodler träfe zudem ein überwiegendes Mitverschulden. Er hätte nicht darauf vertrauen dürfen, dass jeder Hang durchgängig befahrbar sei. Vielmehr hätte er sich vorab von der Eignung als Rodelpiste überzeugen, bei der Abfahrt auf Sicht fahren, seinen Schlitten stets kontrollieren und sich auf Bodenunebenheiten einstellen müssen (OLG Hamm, I-9 U 81/10).
Die Entscheidung im einzelnen lautet:
OLG Hamm: Urteil vom 03.09.2010 - I-9 U 81/10, 9 U 81/10
Die Berufung des Klägers gegen das am 12.03.2010 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die gegen ihn gerichtete Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in derselben Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
Der Kläger nimmt die Beklagte auf materiellen Schadensersatz, Schmerzensgeld und die Feststellung der Ersatzpflicht bezüglich des weitergehenden Schadens wegen eines behaupteten Unfalls vom 11.01.2009 im C.-Stadtpark in Anspruch.
Die Beklagte ist Eigentümerin des C.-Stadtparks. Verschiedene Hänge im Stadtpark sind durch eingelassene Mauern unterbrochen. An den Eingängen des Parks befinden sich Schilder mit der Aufschrift „Bei Schnee- und Eisglätte kein Streudienst. Betreten auf eigene Gefahr. Der Oberbürgermeister.“ Im Winter bei Schnee wird der Stadtpark von den Bürgern zum Rodeln genutzt. Der Kläger begab sich am 11.01.2009 mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern in den Park zum Rodeln.
Der Kläger hat behauptet, dass er sich mit seiner Tochter auf eine kürzere Abfahrt begeben habe, welche sich zwischen den beiden längeren Hauptabfahrten im Bereich des Bismarckturms befunden und auf der sich bereits Schlittenspuren abgezeichnet hätten. Von oben gesehen sei ihm der Hang ungefährlich erschienen; dass er tatsächlich im unteren Bereich ca. 10 Meter vor Ende des Hanges einen ca. 1 Meter tiefen, durch eine Mauer abgefangenen Absatz zu einem tieferliegenden Fußweg aufgewiesen habe, sei nicht erkennbar gewesen. Genauer, insbesondere von unten, habe er sich den Hang vor der Abfahrt nicht angesehen. Beim Befahren des Hanges sei er im Bereich des Absatzes mit dem Schlitten im Schnee eingesackt und zu Fall gekommen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte in diesem Bereich das Rodeln hätte untersagen oder aber entsprechende Warnschilder hätte aufstellen müssen; das Unterlassen dieser Maßnahmen stelle eine Verkehrssicherungspflichtverletzung dar. Denn der Beklagten sei bekannt gewesen, dass im Winter im gesamten Stadtpark gerodelt werde, wobei aufgrund der baulichen Gegebenheiten des Hanges eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür bestanden habe, dass Rodler hinter der Mauer zu Fall kämen und sich verletzten. Der Kläger dagegen habe das Vorhandensein der Mauer nicht erkennen können und auch nicht damit rechnen müssen.
Der Kläger hat weiter behauptet, dass er durch den Sturz eine Ellenbogenluxationsfraktur rechts mit Fraktur des Epicondylus lateralis und medialem Bandabriss sowie Knorpelschäden erlitten habe. Er habe sich zwei Operationen und umfangreichen physiotherapeutischen Behandlungsmaßnahmen unterziehen müssen. Trotzdem seien eine erhebliche Bewegungseinschränkung im Ellenbogengelenk sowie eine erhebliche Bewegungseinschränkung mit Taubheitsgefühlen im Ring- und Kleinfinger rechts als Dauerschäden verblieben. Für die Behandlungen habe er Zuzahlungen in einer Gesamthöhe von 595,47 € leisten müssen; ferner seien ihm ein Verdienstausfallschaden in Höhe von 2.288,44 € sowie Fahrtkosten von insgesamt 813,60 € entstanden.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.697,51 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.08.2009 aus 3.367,97 €, seit dem 21.08.2009 aus 113,30 €, seit dem 27.08.2009 aus 43,47 €, seit dem 30.09.2009 aus 42,40 €, seit dem 07.10.2009 aus 71,10 € und seit dem 20.10.2009 aus 59,30 € zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 55.732,- €;
3. festzustellen, dass die Beklagte ihm den weitergehenden Schaden aus dem Unfall vom 11.01.2009 im Stadtpark C. zu bezahlen hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat mit Nichtwissen bestritten, dass sich am 11.01.2009 zulasten des Klägers ein Unfall in der von ihm beschriebenen Art und Weise ereignet hat. Sie hat behauptet, dass sie selbst im Stadtpark C. keine eigenen Rodelhänge betreibe und auch keine Kenntnisse darüber habe, an welchen Stellen konkret überall im Stadtpark gerodelt werde, da sie diese Aktivitäten nicht unterstütze oder fördere. Soweit Bürger derartigen Freizeitaktivitäten im Stadtpark nachgingen, seien sie durch die Eingangsschilder darauf hingewiesen, dass sämtliches Betreten und jedwede Bewegungsaktivität auf eigene Gefahr geschehe. Eine Verpflichtung, weitere Sicherungsvorkehrungen zu treffen, bestehe nicht. Es sei und bleibe vielmehr in erster Linie Aufgabe des Bürgers, zu prüfen, ob seine Freizeitaktivitäten für ihn gefahrlos und ohne Gesundheitsrisiko umsetzbar seien. Der Kläger müsse sich vorwerfen lassen, dass er sich offensichtlich ohne jedwede Überprüfung und unter Außerachtlassen jedweder Sorgfalts- und Verantwortungsgedanken mit seinem Kind auf den Schlitten gesetzt und den Hang herunter gerodelt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein Anspruch des Klägers aus § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG nicht bestehe, da die Beklagte eine Amtspflicht in Form einer Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt habe. Es sei nicht erwiesen, dass die Beklagte konkret Kenntnis davon hatte, dass der streitgegenständliche Hang zum Rodeln genutzt wurde. Selbst bei unterstellter Kenntnis der Beklagten hätte ihr auch bekannt und bewusst sein müssen, dass eine besondere Gefahrensituation bestand, weil die Unterbrechung des Hanges durch die Mauer generell nicht sichtbar war. Dass so hoch Schnee gelegen hätte, dass der Absatz nicht sichtbar war und dann Rodler ohne nähere Prüfung des Geländes und nicht auf Sicht einfach den Hang herunterfahren würden, sei indes nicht naheliegend gewesen. Darüber hinaus treffe den Kläger ein grobes und weit überwiegendes Mitverschulden an dem Unfall, so dass eine Haftung der Beklagten jedenfalls deswegen ausscheide.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Die Verkehrssicherungspflicht für Rodelbahnen habe sich seiner Ansicht nach nicht an Skipisten zu orientieren, sondern an Freizeitanlagen, da sich Rodler im Gegensatz zu Skifahrern der besonderen Gefährlichkeit dieser Freizeitbeschäftigung nicht bewusst seien. Die Unterbrechung des Rodelhanges durch die eingelassene Mauer stelle eine atypische Gefahr dar, die vom oberen Standort aus - selbst ohne Schneefall - kaum zu erkennen sei und schon bei geringem Schneefall vollständig verschwinde. Dies sei auf dem vorgelegten Fotomaterial erkennbar gewesen. Gerade weil die Hänge im Stadtpark an mehreren Stellen durch eingelassene Mauern unterbrochen seien, die im Winter nicht zu erkennen seien, sei die Beklagte zum Treffen von Sicherheitsvorkehrungen verpflichtet gewesen. Ein überwiegendes Mitverschulden des Klägers liege nicht vor. Die Kante sei auch bei langsamer Fahrt nicht erkennbar gewesen; soweit das Landgericht verlange, dass der Kläger zuvor den Hang hätte vollständig ansehen müssen, sei dies lebensfremd.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des am 12.03.2010 verkündeten Urteils des Landgerichts Bochum zu verurteilen,
1. an ihn 3.697,51 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.08.2009 aus 3.367,97 €, seit dem 21.08.2009 aus 113,30 €, seit dem 27.08.2009 aus 43,47 €, seit dem 30.09.2009 aus 42,40 €, seit dem 07.10.2009 aus 71,10 € und seit dem 20.10.2009 aus 59,30 € zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 55.732,- €;
3. festzustellen, dass die Beklagte ihm den weitergehenden Schaden aus dem Unfall vom 11.01.2009 im Stadtpark C. zu bezahlen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die landgerichtliche Entscheidung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags als richtig. Eine Mauerabgrenzung zur Abfangung eines abfallenden Geländes und zur Abgrenzung von den vorhandenen Wegen sei weder untypisch noch ungewöhnlich, sondern gehöre zur allgemeinen gärtnerischen Gestaltung eines Parks. Damit habe der Kläger daher rechnen müssen.
Der Senat hat den Kläger persönlich angehört; wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk vom 03.09.2010 Bezug genommen.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Zwar war das per Fax rechtzeitig eingegangene Original der Berufungsschrift nicht vom verfassenden Rechtsanwalt unterzeichnet. Dies führte indes nicht zur Unzulässigkeit der Berufung, da die am selben Tag per Fax eingegangene beglaubigte Abschrift der Berufungsschrift vom Prozessbevollmächtigten des Klägers unterzeichnet war. Im Anwaltsprozess wird bei Fehlen der Unterschrift des Anwalts unter der Berufungsschrift die Unterschrift unter dem Beglaubigungsvermerk der beigefügten Abschrift als ausreichend angesehen, wenn dieser von demselben Rechtsanwalt stammt, der die Berufungsschrift verfasst hat. Durch die Unterzeichnung der beglaubigten Abschrift der Berufungsschrift durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers ist mithin vorliegend der Sinn und Zweck des § 130 Nr. 6 ZPO, zu gewährleisten, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Berufungsschrift voll verantwortet, gewahrt.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Beklagten kann keine Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht vorgeworfen werden, die einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gemäß § 823 Abs. 1 BGB oder §§ 839 Abs. 1 S. 1, 253 Abs. 2 BGB i.V.m Art. 34 GG begründen könnte. Eine Verkehrssicherungspflichtverletzung liegt weder in dem Unterlassen der Beklagten, potentielle Rodler auf das Vorhandensein des Absatzes in dem streitgegenständlichen Hang hinzuweisen noch in dem Unterlassen der Sperrung des Hangs insgesamt für die Nutzung zum Rodeln.
Zutreffend verneint das Landgericht bereits das Vorliegen einer abhilfebedürftigen Gefahrenquelle als Voraussetzung für das Bestehen einer Verkehrssicherungspflicht der Beklagten. Denn nach gefestigter Rechtsprechung wird eine Gefahrenquelle erst dann haftungsbegründend, sobald sich aus der vom Verkehrssicherungspflichtigen zu verantwortenden Situation vorausschauend für einen sachkundig Urteilenden die nahe liegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter Dritter verletzt werden können. Da eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, allerdings nicht erreichbar ist, muss der Pflichtige nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen. Es genügen vielmehr diejenigen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar sind. Erforderlich sind dabei die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger der betreffenden Verkehrskreise für notwendig und ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren. Der Dritte ist dabei aber in der Regel nur vor den Gefahren zu schützen, die er selbst, ausgehend von der sich ihm konkret darbietenden Situation bei Anwendung der von ihm in dieser Situation zu erwartenden Sorgfalt erfahrungsgemäß nicht rechtzeitig erkennen und vermeiden kann. Ausgehend von diesen Rechtsgedanken und den für die Sicherungspflichten von Skipisten entwickelten Grundsätzen, die für die Beurteilung der Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich einer Rodelbahn heranzuziehen sind, ist eine Rodelstrecke daher grundsätzlich so hinzunehmen, wie sie sich erkennbar darbietet. Sie ist nur vor atypischen Gefahren zu sichern, nicht aber vor Gefahren, die zwangsläufig mit der Benutzung der Rodelbahn verbunden sind und die vom Rodler bewusst in Kauf genommen werden. Bei Vorliegen einer atypischen Gefahr hängt der Umfang der Verkehrssicherungspflicht von der Größe der Gefahr, dem Grad ihrer Erkennbarkeit und den für ihre Vermeidung oder Überwindung bestehenden Möglichkeiten ab. Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung die Auffassung vertritt, dass sich die Verkehrssicherungspflicht für Rodelbahnen nicht an Skipisten, sondern an Freizeitanlagen zu orientieren habe, da sich Rodler im Gegensatz zu Skifahrern der besonderen Gefährlichkeit dieser Freizeitbeschäftigung nicht bewusst seien, teilt der Senat diese Ansicht nicht, zumal die ohne weitere Begründung aufgestellte Behauptung so und insbesondere in ihrer Allgemeingültigkeit erst Recht nicht nachvollziehbar ist.
Gemessen an diesen Rechtsgrundsätzen hat das Landgericht zu Recht das Vorliegen einer abhilfebedürftigen Gefahrenquelle und damit einer Verkehrssicherungspflichtverletzung durch die Beklagte verneint. Bei der Abgrenzung, welche Sicherungsmaßnahmen die Beklagte bei Anwendung der erforderlichen Umsicht für notwendig und ausreichend halten durfte und mit welchen Gefahren andererseits der Kläger aufgrund der sich ihm darbietenden konkreten Situation bei Anwendung der von ihm seinerseits zu erwartenden Umsicht rechnen musste, kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass das Gelände des Stadtparks C. und speziell der streitgegenständliche Hang nicht als Rodelbahn konzipiert sind, sondern als Park. Dass die Beklagte den gesamten Stadtpark ausdrücklich als Rodelgelände eingerichtet und zur Verfügung gestellt hätte, hat auch der Kläger nicht behauptet. Mauerabgrenzungen zur Abfangung eines abfallenden Geländes und zur Abgrenzung vorhandener Wegen sind in einem Park aber nicht generell untypisch oder ungewöhnlich, sondern können durchaus zur allgemeinen gärtnerischen Gestaltung eines Parks gehören. Dies gilt insbesondere für den streitgegenständlichen Stadtpark der Beklagten, da dort unstreitig an mehreren Stellen derartige Mauern vorhanden sind. Im Gegensatz zu einer eigens geschaffenen und als solche zur Verfügung gestellten Rodelbahn durfte der Kläger - dem der Stadtpark schon länger bekannt ist - daher nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Hänge im Stadtpark stets durchgängig sind, keinerlei Unterbrechungen aufweisen und daher sämtlich zum Rodeln geeignet sind, sondern musste vielmehr mit den in einem Park üblichen Gegebenheiten und gestalterischen Elementen rechnen. Ebenso durfte die Beklagte bei ihrer Beurteilung der Sachlage davon ausgehen, dass etwaige Rodler diese Umstände berücksichtigen. Entgegen der Ansicht des Klägers bestand deshalb nicht allein deswegen, weil die Beklagte Kenntnis von den im Park vorhandenen Mauern hatte und ihr der Umstand, dass im Winter im Stadtpark gerodelt wurde, als solcher allgemein bekannt war, eine Verpflichtung der Beklagten dahin, bestimmte Hänge als Rodelpisten auszuweisen bzw. umgekehrt andere Hänge ausdrücklich hierfür zu sperren.
Soweit sich eine Verpflichtung der Beklagten zu Sicherungsmaßnahmen dann ergeben könnte, wenn sie gewusst hätte, dass konkret der streitgegenständliche Hang zum Rodeln genutzt wurde, hat der Kläger eine derartige Kenntnis der Beklagten nicht darzulegen vermocht. Allein aus dem vom Kläger vorgebrachten Umstand, dass sich dort am Unfalltag schon andere Schlittenspuren befanden, kann auf eine entsprechende Kenntnis der Beklagten, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nicht zwingend rückgeschlossen werden. Der Kläger hat selbst angegeben, er könne nicht sagen, dass eine der Spuren über die Mauer hinaus verlaufen wäre. Auch die geltend gemachte allgemeine Kenntnis der Beklagten, dass im Stadtpark gerodelt werde, führt zu keiner Sicherungspflicht der Unfallstelle. Da es im Park unstreitig Hauptrodelstrecken gibt (zu denen der streitgegenständliche Hang unstreitig nicht gehört), war es gerade nicht naheliegend, dass die Beklagte wissen musste, dass auch der streitgegenständliche Hang als Rodelhang genutzt wird. Ob die Beklagte die vom Kläger vorgelegten Veröffentlichungen (Bl. 43-48 d. A.) kannte oder kennen musste, kann ebenfalls dahin stehen, da sich auch aus diesen nicht entnehmen lässt, dass gerade auch der streitgegenständliche Hang von den Bürgern zum Rodeln genutzt wurde.
Darüber hinaus hätte die Beklagte selbst dann, wenn sie Kenntnis von der Nutzung des streitgegenständlichen Hangs zum Rodeln gehabt hätte, nicht zwingend vom Bestehen einer besonderen Gefahrensituation ausgehen müssen. Zum einen durfte die Beklagte aus oben genannten Gründen davon ausgehen, dass die Bürger der besonderen Situation, dass es sich bei dem Gelände in erster Linie um einen Stadtpark und nicht um ein eigens geschaffenes Rodelgelände handelt, Rechnung tragen, indem sie sich auf die damit verbundenen Besonderheiten einstellen und erhöhte Vorsicht walten lassen. Zum anderen hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass die streitgegenständliche Mauer aufgrund ihrer Ausmaße, insbesondere ihrer Höhe von etwa 1 Meter, an sich gut zu erkennen ist und die Beklagte daher vorliegend nicht davon ausgehen musste, dass die Mauer generell nicht sichtbar war. Dass es vorliegend besonders naheliegend war, dass so hoch Schnee lag, dass die Mauer tatsächlich nicht zu erkennen war und deshalb eine besondere Gefahrensituation bestand, hat der Kläger nicht darzulegen vermocht.
Der Senat teilt im Übrigen die Ansicht des Landgerichts, dass die geltend gemachten Klageansprüche letztlich auch daran gescheitert wären, dass ein etwaiges Verschulden der Beklagten vollumfänglich hinter dem ganz überwiegenden Verschulden des Klägers zurücktritt. Denn dieser hat in ganz erheblichem Maße diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen, die in der gegebenen Situation jedem ordentlichen und verständigen Menschen oblegen hätte, um sich selbst vor Schaden zu bewahren. Aufgrund des Umstandes, dass es sich um das Gelände eines Stadtparks handelte, hätte sich der Kläger vor der ersten Abfahrt über die Eignung des Hangs als Rodelpiste vergewissern müssen, und zwar notfalls durch Ablaufen des Hanges oder jedenfalls durch eine Besichtigung auch vom unteren Hangende aus. Dies gilt im Falle des Klägers umso mehr, als er nach eigenen Angaben das Gelände des Stadtparks - und damit grundsätzlich auch dessen Gestaltung durch Mauern - kannte und zu der Zeit dort keine anderen Personen rodelten. Im Übrigen ist es allgemein bekannt und hätte daher auch vom Kläger berücksichtigt werden müssen, dass bei einer geschlossenen Schneedecke Konturen nur schlecht erkennbar sind und daher beispielsweise auch Höhenvorsprünge nicht ohne weiteres auszumachen sind. Außerdem erlaubt die Perspektive vom oberen Ende eines Hanges nicht zwingend eine sichere Beurteilung sämtlicher möglicherweise im Hang gegebenen Schwierigkeiten wie z. B. besonders steile Abschnitte, Unebenheiten oder Absätze, wie sich eindrucksvoll an dem vom Kläger vorgelegten Lichtbild des Hanges ohne Schnee zeigt (Bl. 15 d. A.). Die ihm obliegende Eigensorgfalt hat der Kläger darüber hinaus auch durch seine Fahrweise verletzt. Nach Nr. 2 der auch für Rodler geltenden FIS Verhaltensregeln für Skifahrer hat auch ein Rodler auf Sicht zu fahren, muss sein Sportgerät stets kontrollieren und sich auf überraschende Bodengegebenheiten und Begegnungen auf der Piste ebenso einstellen wie andere Wintersportler auch. Dies gilt insbesondere auch bei der erstmaligen Nutzung einer unbekannten Abfahrt. Der Kläger hätte daher „auf Sicht“, d. h. so langsam und vorsichtig fahren müssen, dass er etwaige Unwägbarkeiten im Hang hätte erkennen und entsprechend darauf reagieren können. Auch dies hat der Kläger nach seinen eigenen Angaben nicht getan.
Das vom Kläger in seinem eigenen Interesse zu verlangende Sorgfaltsverhalten war auch nicht wegen etwaiger einzelner, auf dem streitgegenständlichen Hang vorhandener Schlittenspuren entbehrlich. Der Kläger selbst hat bei seiner persönlichen Anhörung angegeben, dass er keine anderen Rodler auf dem Hang gesehen hat und sich die Schlittenspuren lediglich im oberen Bereich des Hanges befanden. Daraus konnte und durfte er nicht auf ein gefahrloses Rodeln an dem gesamten Hang schließen. Dass Schlittenspuren vorhanden waren, die durchgehend bis zum Hangende verliefen und die deshalb darauf schließen ließen, dass ein problemloses Befahren des Hangs möglich war, behauptet der Kläger selbst nicht.
Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände hat der Kläger in einem solchen Maße jegliche Eigensorgfalt außer Acht gelassen und sich unvorsichtig verhalten, dass eine - unterstellte - schuldhafte Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten bei der Haftungsabwägung nach § 254 Abs. 1 BGB hinter das ganz überwiegende Verschulden des Klägers zurücktreten würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, § 543 Abs. 2 ZPO.
moreResultsText
Rechtsanwalt
moreResultsText
Annotations
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 19. Mai 2010 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.716,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14. Januar 2008 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
2. Im übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten ihres Streithelfers.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
| ||||
|
| ||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
| ||||
|
| ||||
|
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen; - 1a.
die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben, sofern eine solche möglich ist; - 2.
die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beabsichtigt; - 3.
die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse; - 4.
die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen des Gegners; - 5.
die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich die Partei zum Nachweis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel; - 6.
die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.