BGH: Zum Zeitpunkt der Beteiligung

published on 18/05/2016 22:17
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Strafverteidigung in Berlin Mitte - BSP Rechtsanwälte
Zwischen Literatur und Rechtsprechung nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob auch derjenige nach § 231 StGB strafbar ist, der frühzeitig aus der Schlägerei oder dem Angriff mehrerer aussteigt oder später hinzukommt. Die Literatur differenziert hierbei nach dem Zeitpunkt, in dem indem sich der Täter an der Schlägerei oder dem Angriff mehrerer beteiligt. Der Tatbeteiligte, der die Schlägerei oder den Angriff mehrerer bereits vor Eintritt der schweren Folge verlassen hat, könne seinen Gefährdungsbeitrag nicht mehr herausnehmen und sei somit nach § 231 StGB strafbar. Derjenige, der jedoch erst nach Eintritt der schweren Folge zur Schlägerei oder zum Angriff mehrerer hinzutritt, dessen Beteiligung ist nach Eintritt der schweren Folge nicht mehr in der Lage eine todesspezifische Gefährlichkeit in die Schlägerei hineinzutragen. Lasse sich somit nicht mehr nachweisen zu welchem Zeitpunkt der Tatbeteiligte hinzugetreten ist, so müsse eine Strafbarkeit nach § 231 StGB aufgrund des „in-dubio-pro-reo“-Grundsatzes entfallen.

Dieser Ansicht folgt die Rechtsprechung nicht. Der Zeitpunkt der Tatbeteiligung bleibe vielmehr ohne jede Bedeutung. Der Gesetzgeber hat § 231 StGB als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestattet und somit bewusst auf eine Ursächlichkeit des einzelnen Tatbeitrages verzichtet. Schutzzweck des § 231 StGB sei eben die Vermeidung von Beweisschwierigkeiten. Denn würde man es zulassen, den Beteiligten von der Strafbarkeit auszuschließen, der erst nach Eintritt der schweren Folge zur Tat hinzutritt, so würde dies dazu führen, dass sich jeder Beteiligte auf eine nachträgliche Beteiligung berufen würde.


BGH 5 StR 38/14 – Beschluss vom 27.3.2014

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. März 2014 beschlossen:

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 15. August 2013 werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Die Kostenbeschwerde des Angeklagten Y. wird als unbegründet verworfen.

Die Angeklagten Y. , I. und K. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen; bei den Angeklagten U. , A. und E. wird davon angesehen, ihnen die Kosten ihrer Rechtsmittel aufzuerlegen. Alle Angeklagten haben die durch ihre Revisionen den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 20. Februar 2014 bemerkt der Senat:

1. Die von den Angeklagten U. und E. erhobene Besetzungsrüge ist wegen widersprüchlichen Verhaltens verwirkt. Im Übrigen lässt die Verfahrensweise der Jugendkammer keinerlei Verfahrensfehler erkennen. Das Landgericht durfte die Fortführung der Hauptverhandlung unter Mitwirkung des von allen Angeklagten und ihren Verteidigern für befangen gehaltenen Schöffen als rechtlich ausgeschlossen ansehen, sie deshalb mit Blick auf den besonders in Haft- und Jugendstrafsachen geltenden Grundsatz zügiger Verfahrensgestaltung sofort aussetzen und im Anschluss unter Verzicht auf die Einhaltung der Ladungsfrist durch alle Angeklagten und ihre Verteidiger drei Tage später neu beginnen.

2. Die landgerichtliche Annahme eines von mehreren verübten Angriffs im Sinne der zweiten Alternative des § 231 Abs. 1 StGB ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ihr steht nicht entgegen, dass möglicherweise bereits die erste nur vom Angeklagten U. vorgenommene Verletzungshandlung todesursächlich gewesen ist. Denn die Beteiligung der weiteren Täter steht mit dieser den gesamten Angriff begründenden Verletzungshandlung in einem derart engen zeitlich-räumlichen Zusammenhang, dass es sich um ein einheitliches Gesamtgeschehen ohne wesentliche Zäsur handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 1999 – 1 StR 469/99, BGHR StGB § 231 Schlägerei 1). Da es allein auf die Kausalität des Angriffs als Gesamtgeschehen ankommt, ist es im Übrigen für die Strafbarkeit ohne Bedeutung, ob jemand zum Zeitpunkt der Verursachung der schweren Folge bereits tatbeteiligt war oder erst danach in das Geschehen eingetreten ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 1961 – 4 StR 176/61, BGHSt 16, 130, 132 f.; Hohmann/Sander, StGB BT II, 2. Aufl., § 10 Rn. 14 mwN).

3. Auch die Strafzumessungserwägungen halten rechtlicher Überprüfung stand. Ihnen lässt sich insbesondere hinreichend deutlich entnehmen, dass sich das Landgericht bei der konkreten Strafzumessung hinsichtlich des Angeklagten K. des nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB bewusst war. Bei den Mitangeklagten Y. und I. lagen indes zusätzlich erhebliche Milderungsgründe vor.- 4 - 4. Die vom Angeklagten Y. beanstandete Kostenentscheidung entspricht dem Gesetz (§ 465 Abs. 1 Satz 1 StPO)
 
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö
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Autofahrer, die ein illegales Wettrennen im Straßenverkehr mit dem Willen, das Rennen zu obsiegen, durchführen, können sich wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe strafbar machen. Wie ein bedingter Vorsatz in solchen Raserfällen das Mordurteil begründen und damit auch eine Abgrenzung zur fahrlässigen Körperverletzung mit Todesfolge geschaffen werden kann, prüft der 4.Strafsenat im folgendem Urteil (4 StR 482/19) vom 18. Juni 2020. In diesem Artikel lesen Sie, wieso der BGH das Mordurteil des einen Angeklagten bestätigt, das des anderen aber aufhebt und zurück an das Landgericht Berlin verweist. – Streifler & Kollegen – Benedikt Mick, Anwalt für Strafrecht
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(1) Wer sich an einer Schlägerei oder an einem von mehreren verübten Angriff beteiligt, wird schon wegen dieser Beteiligung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn durch die Schlägerei oder den Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung (§ 226) verursacht worden ist.

(2) Nach Absatz 1 ist nicht strafbar, wer an der Schlägerei oder dem Angriff beteiligt war, ohne daß ihm dies vorzuwerfen ist.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer sich an einer Schlägerei oder an einem von mehreren verübten Angriff beteiligt, wird schon wegen dieser Beteiligung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn durch die Schlägerei oder den Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung (§ 226) verursacht worden ist.

(2) Nach Absatz 1 ist nicht strafbar, wer an der Schlägerei oder dem Angriff beteiligt war, ohne daß ihm dies vorzuwerfen ist.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.