Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Apr. 2013 - 6 S 892/12

bei uns veröffentlicht am09.04.2013

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. März 2012 - 4 K 4251/11 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin betreibt in ... ein großes Einrichtungshaus. Sie plant eine Werbeaktion mit dem Slogan: „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am ... regnet“. Jeder Kunde, der im Einrichtungshaus der Klägerin während des Aktionszeitraums Waren zu einem Kaufpreis von mindestens 100,-- EUR erwirbt, kann an der Aktion teilnehmen. Sollte es im Anschluss an die Aktion, voraussichtlich etwa drei Wochen später, an einem bestimmten Tag zwischen 12.00 und 13.00 Uhr („Stichtag“) am Flughafen Stuttgart amtlich festgestellt mindestens eine Niederschlagsmenge von 3 Milliliter/Quadratmeter (richtigerweise wohl: 3 l/qm) regnen, erhalten die Kunden, die während des Aktionszeitraums Waren erworben haben, den Kaufpreis von der Klägerin zurückerstattet, wenn sie sich nach dem Stichtag bei der Klägerin melden und ihre Einkäufe während des Aktionszeitraums belegen.
Mit Schreiben vom 04.08.2011 beantragte die Klägerin die Feststellung, dass es sich bei ihrer geplanten Werbeaktion nicht um Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag (in der bis zum 30.06.2012 geltenden Fassung des Glücksspielstaatsvertrags vom 11.12.2007 - im Folgenden: GlüStV a.F. -) handele. Nach einem längeren Schriftwechsel - auch mit dem Innenministerium Baden-Württemberg - lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 02.11.2011 den Antrag ab und stellte in der Begründung fest, dass es sich bei der geplanten Werbeaktion um ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV a.F. handele. Der Erwerb der Gewinnchance liege darin, dass die Kunden der Klägerin den Kaufpreis für die gekauften Möbel zurückerstattet bekommen bzw. einen Warengutschein erhalten, sofern es, wie vorgegeben, regne. Die Gewinnmöglichkeit bestehe demnach darin, letztlich die Möbel unentgeltlich zu erhalten. Der Entgeltcharakter werde auch nicht dadurch beseitigt, dass nachträglich eine unentgeltliche Teilnahmemöglichkeit eingeräumt werde. Ein Entgelt sei immer dann gegeben, wenn der Spieler einen Vermögensbeitrag leisten müsse, um an dem Spiel teilnehmen zu können. Dass er vorliegend auch noch die Übereignung von Waren bekomme, stehe dem nicht entgegen. Der Gesetzgeber habe bewusst den weiten Begriff des Entgelts gewählt und sich nicht an der engeren strafrechtlichen Judikatur orientiert, die bei einem Glücksspiel einen „Einsatz“ verlange.
Die Klägerin hat am 30.11.2011 Klage erhoben, mit der sie ihr Anliegen weiterverfolgt. Sie ist der Ansicht, dass es sich um kein Glücksspiel handele, weil für die Teilnahme an der Werbeaktion kein Entgelt verlangt werde. Die einzige Voraussetzung zur Teilnahme sei der Kauf von Waren bei der Klägerin während des Aktionszeitraumes. Es sei keine gesonderte Anmeldung, etwa über eine kostenpflichtige Rufnummer, erforderlich. Die Kunden kauften schlicht Waren, zu denen ihnen im Rahmen einer Werbeaktion eine zusätzliche Gewinnchance eingeräumt werde. Damit liege kein Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F. vor. Der Begriff „Entgelt“ sei im GlüStV a.F. nicht weitergehend als der Begriff „Einsatz“ in § 284 StGB. Es handele sich auch nicht um einen sogenannten versteckten Einsatz, weil dieser für den Erwerb einer Gewinnchance geleistet werde. Die Klägerin werde sicherstellen, dass die Preise während des Aktionszeitraums nicht angehoben würden. Damit sei ausgeschlossen, dass das Risiko der Werbeaktion eingepreist und die Kunden auf diese Weise ein Entgelt für die Teilnahme leisten werden. Auch biete die Werbeaktion erkennbar keine Gelegenheit, einer Glücksspiel- bzw. Wettsucht Vorschub zu leisten. Vorrangiges Ziel des GlüStV a.F. sei die Suchtprävention. So habe es vergleichbare Werbeaktionen anderer Wettbewerber im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft 2010 gegeben.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er trägt ergänzend vor, jedes Vermögensopfer für die Teilnahme am Spiel sei als Entgelt im Sinne des § 3 GlüStV a.F. anzusehen. So müsse im vorliegenden Fall der Kunde zuerst einen Beitrag aus seinem Vermögen aufbringen, um an dem Spiel teilzunehmen. Die Übereignung der Waren stelle nur eine Kompensation für dieses Vermögensopfer dar. Es sei im Einzelfall nicht möglich zu beurteilen, ob in Fällen wie dem vorliegenden der Preis für die Ware nicht doch höher sei als er ohne die betreffende Aktion wäre. Aufgrund dieser Schwierigkeiten dürfte der Gesetzgeber veranlasst gewesen sein, den weiten Begriff des Entgelts zu wählen. Eine teleologische Auslegung des Entgeltbegriffs spreche daher dafür, bereits die Zahlung des Kaufpreises als glücksspielrechtliches Entgelt anzusehen und nicht noch zu fordern, dass ein Teil des Kaufpreises nachweislich zur Finanzierung des Spiels und der daraus folgenden Gewinne herangezogen werde. Die Aussicht, den Kaufpreis zurückerstattet zu bekommen, dürfte bei vielen Kunden den Entschluss zum Kauf beeinflussen oder gar hervorzurufen. Deshalb geböten es die Ziele des GlüStV a.F., Werbeaktionen wie die der Klägerin als Glücksspiel einzustufen und somit dem strengen Regime des GlüStV a.F. zu unterwerfen.
Mit Urteil vom 15.03.2012 hat das Verwaltungsgericht antragsgemäß den streitgegenständlichen Bescheid vom 02.11.2011 aufgehoben und festgestellt, dass eine Werbeaktion, mit der für den Fall, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt am Flughafen Stuttgart regnet, den Kunden, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums Waren im Wert von mindestens 100,-- EUR erworben haben, die Rückerstattung des Kaufpreises zugesichert wird, kein unerlaubtes Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV a.F. darstellt. In den Entscheidungsgründen heißt es, dass die Teilnahme an der Werbeaktion nicht gegen ein Entgelt des Kunden zumindest in verdeckter Form erfolge. Dies setze nämlich voraus, dass der Kunde seine grundsätzliche Kaufentscheidung zumindest zusätzlich in der Absicht treffe, dass er mit seinem Kauf eine Gewinnchance erwerbe und sich nicht wesentlich daran orientiere, dass er Möbel bzw. Waren im Wert von mindestens 100,-- EUR kaufe. Im vorliegenden Fall gehöre die Teilnahme am Gewinnspiel als Dreingabe zum Inhalt der von der Klägerin angebotenen Leistung. Sie sei kalkulatorisch nicht von der Preisgestaltung zu trennen und solle lediglich eine zusätzliche Anziehungskraft für den Erwerb der Ware beinhalten. Es gehe nicht um den zusätzlichen gezielten Erwerb einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel. Denn dem jeweiligen Verbraucher würde keine Gewinnmöglichkeit eröffnet, die den Wert der Ware übersteige. Ein Vermögensopfer gehe der Teilnahme am Gewinnspiel nicht voraus, da der Kunde die von ihm gekauften Waren erhalte. Diese Einschätzung entspreche der wettbewerbsrechtlichen obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 4 Abs. 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Für den vorliegenden Fall sei entscheidend, dass sich der Eintritt des ungewissen Ereignisses lediglich auf die vertragliche Gegenleistung in Form der Zahlung des Kaufpreises auswirke, d.h. die entsprechende Kaufpreisvereinbarung unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) getroffen worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Beurteilung mit der Zielrichtung des GlüStV a.F. in Widerspruch stehen könnte. Dass durch die Aktion Verkaufsentscheidungen gegebenenfalls vorgezogen oder bei der Klägerin realisiert würden, seien Gesichtspunkte, die jeder Werbeaktion immanent seien.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 29.03.2012 zugestellte Urteil die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung am 23.04.2012 eingelegt. Er ist der Ansicht, dass das Verwaltungsgericht die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht in unrichtiger Weise auf das Glücksspielrecht übertrage, die gefestigte Rechtsprechung des Reichsgerichts zum versteckten Entgeltbegriff ignoriere und die Ziele des GlüStV a.F. nicht vollumfänglich würdige. Die Intentionen des UWG und des GlüStV a.F. seien unterschiedlich. Während das UWG vor unlauterem Wettbewerb schützen solle, habe der GlüStV a.F. die ordnungsrechtliche Aufgabe, die negativen Seiten des Glücksspiels zu verhindern. Entscheidend sei, dass ohne den Kauf von Waren in Höhe von mindestens 100,-- EUR keine Teilnahmemöglichkeit an der Wette bestehe. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts, wonach man davon ausgehen müsse, dass der Kaufpreis über dem objektiven Wert der Ware liege, liege ein versteckter Einsatz vor. So werde die Klägerin sicherlich die Prämien für die von ihr geplante Versicherung in ihre Kaufpreise einkalkulieren. Selbst wenn die hier geplante Aktion nicht über ein hohes Suchtpotential verfügen sollte, würden Aktionen dieser Art zu einer Allgegenwärtigkeit von Glücksspielen führen und somit das Glücksspiel an sich verharmlosen. Darüber hinaus könnten Anbieter von Glücksspielen das Spiel so ändern, dass der Spieler für sein Entgelt noch einen über den Erwerb einer Gewinnchance hinausgehenden Gegenwert in Form der Übereignung eines Gegenstandes erhalte. Damit würden Umgehungsmöglichkeiten geschaffen, die nicht im Sinne der Zielsetzung des GlüStV a.F. wären.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. März 2012 - 4 K 4251/11 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie stützt sich auf die Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil und ergänzt sie dahingehend, dass für die Annahme der Entgeltlichkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F. ein Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn bestehen müsse. An dieser Konnexität zwischen Entgelt und Erwerb der Gewinnchance mangele es bei der streitgegenständlichen Werbeaktion. Der Kaufpreis sei die äquivalente Gegenleistung für die Ware. Dafür spreche auch die historische Auslegung des Glücksspielbegriffes, wonach die Regelung für ein verstecktes Entgelt in § 3 Abs. 4 LottStV gestrichen worden sei. Im Übrigen liege auch nach der Begründung des GlüStV a.F. ein Glücksspiel nicht vor, wenn ein Entgelt nicht verlangt werde. So liege der Fall hier. Ohne Zweifel habe das UWG einen anderen Schutzzweck als der GlüStV a.F.. Dies schließe es jedoch nicht aus, die dort getroffenen Wertungen auf § 3 Abs. 1 GlüStV a.F. zu übertragen. Auch die Rechtsprechung des Reichsgerichts erkenne das vom Verwaltungsgericht hervorgehobene subjektive Element bei der Definition des Entgeltbegriffs an. Entscheidend sei, ob der Käufer - unter Umständen auch in Kenntnis der Preiskalkulation - die Ware in der Absicht erwerbe, eine Gewinnchance zu erhalten. Dies könne für den Kauf von Möbeln zu einem Wert von mindestens 100,-- EUR vernünftigerweise nicht angenommen werden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die dem Senat vorliegenden Behördenakten (1 Band) und die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist statthaft (§ 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die geplante Werbeaktion der Klägerin kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags alter und neuer Fassung darstellt. Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht die begehrte Feststellung ausgesprochen und den entgegenstehenden Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufgehoben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14 
1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Feststellung, dass die geplante Werbeaktion kein Glücksspiel nach dem GlüStV a.F. und auch dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag in der ab 01.07.2012 geltenden Fassung ist (dazu siehe unten), stellt ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO dar. An der begehrten Feststellung hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse, weil der Beklagte die Zulässigkeit der Werbeaktion bestreitet. Die Feststellungsklage ist auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegenüber der Verpflichtungsklage auf Erteilung eines feststellenden Verwaltungsaktes mit dem begehrten Inhalt subsidiär. Denn die Klägerin will (lediglich) eine Klarstellung, dass ihre Werbeaktion zulässig ist (vgl. zum Vorstehenden auch BVerwG, Urteil vom 26.09.2012 - 8 C 26.11 -, NJW 2013, 327).
15 
Die Feststellungsklage ist begründet. Der Senat kann dabei seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 01.07.2012 (Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012 S. 385 in Verbindung mit der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012 S. 515, im Folgenden GlüStV n.F.) zugrundelegen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 02.11.2011 trifft eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62/11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin ihren Klagantrag in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, ist auch nur der GlüStV n.F. heranzuziehen. Dessen ungeachtet hat sich die hier entscheidungserhebliche Vorschrift des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. gegenüber der Vorgängerregelung nicht geändert.
16 
Die von der Klägerin geplante Werbeaktion „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am…. regnet“ ist kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F.. Nach dieser Vorschrift liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Ansicht, dass die Klägerin kein Entgelt für den Erwerb der Gewinnchance verlangt.
17 
Die Kunden entrichten ihr Entgelt als Kaufpreis für die zu erwerbende Ware und nicht für die Teilnahme am Gewinnspiel. Sie wollen ein Möbelstück (oder einen anderen Kaufgegenstand) zu einem marktgerechten Preis erwerben und haben dabei die Möglichkeit, Preisvergleiche bei Konkurrenten anzustellen. Im Vordergrund steht der Möbelerwerb und nicht die (aktive) Teilnahme an der Werbeaktion. Sie ist gegebenenfalls Folge des Einkaufs, wenn sich die Wetterprognose bestätigen sollte und der Kunde von seinem Erstattungsbegehren Gebrauch macht. Er ist nicht „automatisch“ an der Gewinnaktion beteiligt, sondern nur dann, wenn er seinen Gewinn durch Geltendmachung „aktiviert“. Die Realisierung des Gewinns ist damit dem eigentlichen Erwerbsvorgang „nachgeschaltet“. Der zivilrechtliche Kaufvertrag mit der aufschiebenden oder auflösenden Bedingung des Rückerstattungsanspruchs (§ 158 Abs. 1 und 2 BGB) steht bei Eintritt der Wetterprognose im Vordergrund. Auf die Motive des Kunden, der evtl. auch mit Blick auf das Gewinnspiel Waren bei der Klägerin erwirbt, kommt es insoweit nicht an. Hinzu kommt, dass die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Preise während des Aktionszeitraums unverändert bleiben und somit nicht - wie vom Beklagten befürchtet - in den Warenwert eingepreist werden (dazu siehe unten). Damit „verlangt“ die Klägerin bereits kein Entgelt für die Gewinnchance.
18 
Auch aus dem Begriff des „Entgelts“ in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. ergibt sich entgegen der Ansicht des Beklagten nichts anderes. Darunter ist nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst (sog. Einsatz). Der Senat geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass der Glücksspielbegriff des § 284 StGB jedenfalls insoweit mit § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. deckungsgleich ist, als das dort vorausgesetzte Entgelt nicht bloß jedwede geldwerte Gegenleistung sein kann, die notwendige Bedingung für den Erwerb einer Gewinnchance ist, sondern auch eine solche Zahlung, die eine hinreichende Bedingung dafür darstellt, also in den Gewinn einfließt, und hat dies aus dem Wortlaut „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ hergeleitet (Senat, Urteil vom 23.05.2012 - 6 S 389/11 -, ZfWG 2012, 279 ff., zum Bundesligamanagerspiel, m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Beklagten führt nicht bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. dazu, von einem vollständig eigenständigen und insoweit von der strafrechtlichen Begriffsbestimmung abweichenden Glücksspielbegriff des GlüStV n.F. auszugehen. Denn § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. spricht vom „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ und nicht bloß vom Erwerb einer Teilnahmeberechtigung und stellt damit einen Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn her (Senat, Urteil vom 23.05.2012, a.a.O., unter Bezugnahme auf OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009 - 6 A 10199/09, ZfWG 2009, 413). Hieran fehlt es ebenfalls. Der Kunde leistet das Entgelt nach dem oben Gesagten für die Ware und nicht unmittelbar für die Gewinnchance. Er erwirbt mit dem Abschluss des Kaufvertrages die Möglichkeit der Teilnahme am Gewinnspiel. In Betracht kommt deshalb allenfalls ein verdecktes Entgelt, das dann im Warenwert berücksichtigt sein müsste. Die Höhe dürfte sich allerdings für die Klägerin im Zeitpunkt des Verkaufs noch gar nicht ermitteln lassen, da sie - ebenso wenig wie der Kunde - weiß, ob sich die Gewinnchance realisieren wird oder nicht. Darüber hinaus hat ihr Prozessbevollmächtigter im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Werbekostenetat der Klägerin unverändert bleibt, unabhängig davon, ob die hier im Streit befindliche Werbeaktion durchgeführt wird oder nicht. Die Aktion werde von einer Versicherung angeboten und aus dem allgemeinen Werbekostenetat beglichen. Die Versicherungsprämie fließe deshalb nicht zusätzlich in den Kaufpreis ein, sondern habe lediglich Auswirkungen auf die Verwendung der für die Werbung vorgesehenen Einzelposten. Die Befürchtung des Beklagten, dass möglicherweise die Ware mit Blick auf die Werbeaktion doch teurer sein könnte, ist damit entkräftet. Aus welchem (zusätzlichen) Motiv heraus der Kunde die Waren erwirbt, evtl. mit Blick auf eine mögliche Gewinnchance, ist in diesem (ordnungsrechtlichen) Zusammenhang unerheblich. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass der Kunde die Möglichkeit hat, sich auf dem Möbelmarkt zu orientieren und gegebenenfalls andere attraktive Angebote vorzuziehen. Dass die Ziele des GlüStV n.F. der hier streitbefangenen Werbeaktion entgegen stehen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Kunden durch diese Werbeaktion „auf den Geschmack kommen“ könnten und dann auch die klassischen Glücksspiele nachfragen würden, wie es der Beklagte befürchtet. Wird somit das Entgelt nicht für die Gewinnchance, sondern für den Erwerb der Waren geleistet, fehlt es auch am erforderlichen „Vermögensopfer“.
19 
Selbst wenn man den vom Beklagten favorisierten weiten Entgeltbegriff, der jedes Vermögensopfer umfassen soll, zugrunde legen würde, würde das Entgelt nicht „im Rahmen eines Spieles“ erbracht, wie es § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. voraussetzt, sondern für die Ware geleistet. Es steht, wie oben ausgeführt, in untrennbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrages.
20 
Handelt es sich somit bei der streitgegenständlichen Wette nicht um ein öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F., ist der Beklagte nicht zum (ordnungsrechtlichen) Einschreiten befugt. Denn die Glücksspielaufsicht hat nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. (ebenso wie nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F.) die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Eingriffsbefugnisse, die - wie hier - die Regelungsmaterie des bürgerlichen Rechts betreffen, bestehen nicht. Denn hierfür hat der Bund seine (konkurrierende) Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG wahrgenommen und entsprechende verbraucherschutzrechtliche oder auch wettbewerbsrechtliche Regelungen abschließend getroffen (vgl. hierzu auch Dietlein/Hecker/Ruttig, GlüStV, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 2; Senat, Urteil vom 09.07.2012 - 6 S 773/11 - VBlBW 2013, S. 55 ff., zur kompetenziellen Abgrenzung im Heimaufsichtsrecht bei zivilrechtlich geregelten Sachverhalten).
21 
Bei dieser Rechtslage kann dahinstehen, ob und inwieweit die vom Verwaltungsgericht genannte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 4 Abs. 6 UWG für die Einschätzung des vorliegenden Falles herangezogen werden kann. Denn das UWG dient dem Schutz der Mitbewerber und Verbraucher (§ 1 UWG) und hat damit eine andere Zielrichtung als der GlüStV n.F., der am Schutz der Spieler vor den Gefahren des Glücksspiels ausgerichtet ist (§ 1 GlüStV n.F.).
22 
Aus der vom Beklagten zitierten älteren strafrechtlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 25.10.1951 - 3 StR 549/51 -, BGHSt 2, 79 ff., zur progressiven Kundenwerbung durch Schneeballsystem; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.02.1958 - 1Ss 609/57, NJW 1958, 760, und des Reichsgerichts, Urteil vom 23.02.1931 - III 1094/30 -, jeweils zum verdeckten Einsatz) zu § 286 StGB a.F. ergibt sich ungeachtet der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderungen nichts anderes. Soweit in den Entscheidungen auf den verdeckten Einsatz abgehoben wird, stellen sie ausdrücklich klar, dass dieser dann fehlt, wenn der „Spieler“ einen objektiven Wert für den Kaufpreis erhält bzw. der Gewerbetreibende dies auch weiß und will.
23 
Es handelt sich somit bei der von der Klägerin beabsichtigten Werbeaktion nicht um ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.. Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Feststellung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
24 
2. Da das Feststellungsbegehren der Klägerin erfolgreich ist, ist auch der entgegenstehende Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufzuheben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
26 
Beschluss vom 9. April 2013
27 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
28 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
13 
Die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist statthaft (§ 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die geplante Werbeaktion der Klägerin kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags alter und neuer Fassung darstellt. Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht die begehrte Feststellung ausgesprochen und den entgegenstehenden Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufgehoben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14 
1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Feststellung, dass die geplante Werbeaktion kein Glücksspiel nach dem GlüStV a.F. und auch dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag in der ab 01.07.2012 geltenden Fassung ist (dazu siehe unten), stellt ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO dar. An der begehrten Feststellung hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse, weil der Beklagte die Zulässigkeit der Werbeaktion bestreitet. Die Feststellungsklage ist auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegenüber der Verpflichtungsklage auf Erteilung eines feststellenden Verwaltungsaktes mit dem begehrten Inhalt subsidiär. Denn die Klägerin will (lediglich) eine Klarstellung, dass ihre Werbeaktion zulässig ist (vgl. zum Vorstehenden auch BVerwG, Urteil vom 26.09.2012 - 8 C 26.11 -, NJW 2013, 327).
15 
Die Feststellungsklage ist begründet. Der Senat kann dabei seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 01.07.2012 (Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012 S. 385 in Verbindung mit der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012 S. 515, im Folgenden GlüStV n.F.) zugrundelegen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 02.11.2011 trifft eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62/11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin ihren Klagantrag in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, ist auch nur der GlüStV n.F. heranzuziehen. Dessen ungeachtet hat sich die hier entscheidungserhebliche Vorschrift des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. gegenüber der Vorgängerregelung nicht geändert.
16 
Die von der Klägerin geplante Werbeaktion „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am…. regnet“ ist kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F.. Nach dieser Vorschrift liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Ansicht, dass die Klägerin kein Entgelt für den Erwerb der Gewinnchance verlangt.
17 
Die Kunden entrichten ihr Entgelt als Kaufpreis für die zu erwerbende Ware und nicht für die Teilnahme am Gewinnspiel. Sie wollen ein Möbelstück (oder einen anderen Kaufgegenstand) zu einem marktgerechten Preis erwerben und haben dabei die Möglichkeit, Preisvergleiche bei Konkurrenten anzustellen. Im Vordergrund steht der Möbelerwerb und nicht die (aktive) Teilnahme an der Werbeaktion. Sie ist gegebenenfalls Folge des Einkaufs, wenn sich die Wetterprognose bestätigen sollte und der Kunde von seinem Erstattungsbegehren Gebrauch macht. Er ist nicht „automatisch“ an der Gewinnaktion beteiligt, sondern nur dann, wenn er seinen Gewinn durch Geltendmachung „aktiviert“. Die Realisierung des Gewinns ist damit dem eigentlichen Erwerbsvorgang „nachgeschaltet“. Der zivilrechtliche Kaufvertrag mit der aufschiebenden oder auflösenden Bedingung des Rückerstattungsanspruchs (§ 158 Abs. 1 und 2 BGB) steht bei Eintritt der Wetterprognose im Vordergrund. Auf die Motive des Kunden, der evtl. auch mit Blick auf das Gewinnspiel Waren bei der Klägerin erwirbt, kommt es insoweit nicht an. Hinzu kommt, dass die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Preise während des Aktionszeitraums unverändert bleiben und somit nicht - wie vom Beklagten befürchtet - in den Warenwert eingepreist werden (dazu siehe unten). Damit „verlangt“ die Klägerin bereits kein Entgelt für die Gewinnchance.
18 
Auch aus dem Begriff des „Entgelts“ in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. ergibt sich entgegen der Ansicht des Beklagten nichts anderes. Darunter ist nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst (sog. Einsatz). Der Senat geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass der Glücksspielbegriff des § 284 StGB jedenfalls insoweit mit § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. deckungsgleich ist, als das dort vorausgesetzte Entgelt nicht bloß jedwede geldwerte Gegenleistung sein kann, die notwendige Bedingung für den Erwerb einer Gewinnchance ist, sondern auch eine solche Zahlung, die eine hinreichende Bedingung dafür darstellt, also in den Gewinn einfließt, und hat dies aus dem Wortlaut „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ hergeleitet (Senat, Urteil vom 23.05.2012 - 6 S 389/11 -, ZfWG 2012, 279 ff., zum Bundesligamanagerspiel, m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Beklagten führt nicht bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. dazu, von einem vollständig eigenständigen und insoweit von der strafrechtlichen Begriffsbestimmung abweichenden Glücksspielbegriff des GlüStV n.F. auszugehen. Denn § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. spricht vom „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ und nicht bloß vom Erwerb einer Teilnahmeberechtigung und stellt damit einen Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn her (Senat, Urteil vom 23.05.2012, a.a.O., unter Bezugnahme auf OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009 - 6 A 10199/09, ZfWG 2009, 413). Hieran fehlt es ebenfalls. Der Kunde leistet das Entgelt nach dem oben Gesagten für die Ware und nicht unmittelbar für die Gewinnchance. Er erwirbt mit dem Abschluss des Kaufvertrages die Möglichkeit der Teilnahme am Gewinnspiel. In Betracht kommt deshalb allenfalls ein verdecktes Entgelt, das dann im Warenwert berücksichtigt sein müsste. Die Höhe dürfte sich allerdings für die Klägerin im Zeitpunkt des Verkaufs noch gar nicht ermitteln lassen, da sie - ebenso wenig wie der Kunde - weiß, ob sich die Gewinnchance realisieren wird oder nicht. Darüber hinaus hat ihr Prozessbevollmächtigter im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Werbekostenetat der Klägerin unverändert bleibt, unabhängig davon, ob die hier im Streit befindliche Werbeaktion durchgeführt wird oder nicht. Die Aktion werde von einer Versicherung angeboten und aus dem allgemeinen Werbekostenetat beglichen. Die Versicherungsprämie fließe deshalb nicht zusätzlich in den Kaufpreis ein, sondern habe lediglich Auswirkungen auf die Verwendung der für die Werbung vorgesehenen Einzelposten. Die Befürchtung des Beklagten, dass möglicherweise die Ware mit Blick auf die Werbeaktion doch teurer sein könnte, ist damit entkräftet. Aus welchem (zusätzlichen) Motiv heraus der Kunde die Waren erwirbt, evtl. mit Blick auf eine mögliche Gewinnchance, ist in diesem (ordnungsrechtlichen) Zusammenhang unerheblich. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass der Kunde die Möglichkeit hat, sich auf dem Möbelmarkt zu orientieren und gegebenenfalls andere attraktive Angebote vorzuziehen. Dass die Ziele des GlüStV n.F. der hier streitbefangenen Werbeaktion entgegen stehen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Kunden durch diese Werbeaktion „auf den Geschmack kommen“ könnten und dann auch die klassischen Glücksspiele nachfragen würden, wie es der Beklagte befürchtet. Wird somit das Entgelt nicht für die Gewinnchance, sondern für den Erwerb der Waren geleistet, fehlt es auch am erforderlichen „Vermögensopfer“.
19 
Selbst wenn man den vom Beklagten favorisierten weiten Entgeltbegriff, der jedes Vermögensopfer umfassen soll, zugrunde legen würde, würde das Entgelt nicht „im Rahmen eines Spieles“ erbracht, wie es § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. voraussetzt, sondern für die Ware geleistet. Es steht, wie oben ausgeführt, in untrennbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrages.
20 
Handelt es sich somit bei der streitgegenständlichen Wette nicht um ein öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F., ist der Beklagte nicht zum (ordnungsrechtlichen) Einschreiten befugt. Denn die Glücksspielaufsicht hat nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. (ebenso wie nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F.) die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Eingriffsbefugnisse, die - wie hier - die Regelungsmaterie des bürgerlichen Rechts betreffen, bestehen nicht. Denn hierfür hat der Bund seine (konkurrierende) Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG wahrgenommen und entsprechende verbraucherschutzrechtliche oder auch wettbewerbsrechtliche Regelungen abschließend getroffen (vgl. hierzu auch Dietlein/Hecker/Ruttig, GlüStV, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 2; Senat, Urteil vom 09.07.2012 - 6 S 773/11 - VBlBW 2013, S. 55 ff., zur kompetenziellen Abgrenzung im Heimaufsichtsrecht bei zivilrechtlich geregelten Sachverhalten).
21 
Bei dieser Rechtslage kann dahinstehen, ob und inwieweit die vom Verwaltungsgericht genannte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 4 Abs. 6 UWG für die Einschätzung des vorliegenden Falles herangezogen werden kann. Denn das UWG dient dem Schutz der Mitbewerber und Verbraucher (§ 1 UWG) und hat damit eine andere Zielrichtung als der GlüStV n.F., der am Schutz der Spieler vor den Gefahren des Glücksspiels ausgerichtet ist (§ 1 GlüStV n.F.).
22 
Aus der vom Beklagten zitierten älteren strafrechtlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 25.10.1951 - 3 StR 549/51 -, BGHSt 2, 79 ff., zur progressiven Kundenwerbung durch Schneeballsystem; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.02.1958 - 1Ss 609/57, NJW 1958, 760, und des Reichsgerichts, Urteil vom 23.02.1931 - III 1094/30 -, jeweils zum verdeckten Einsatz) zu § 286 StGB a.F. ergibt sich ungeachtet der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderungen nichts anderes. Soweit in den Entscheidungen auf den verdeckten Einsatz abgehoben wird, stellen sie ausdrücklich klar, dass dieser dann fehlt, wenn der „Spieler“ einen objektiven Wert für den Kaufpreis erhält bzw. der Gewerbetreibende dies auch weiß und will.
23 
Es handelt sich somit bei der von der Klägerin beabsichtigten Werbeaktion nicht um ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.. Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Feststellung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
24 
2. Da das Feststellungsbegehren der Klägerin erfolgreich ist, ist auch der entgegenstehende Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufzuheben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
26 
Beschluss vom 9. April 2013
27 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
28 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Apr. 2013 - 6 S 892/12

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Apr. 2013 - 6 S 892/12 zitiert 13 §§.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 4 Mitbewerberschutz


Unlauter handelt, wer 1. die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;2. über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerb

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 74


(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete: 1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 1 Zweck des Gesetzes; Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. (2) Vorschri

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 158 Aufschiebende und auflösende Bedingung


(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein. (2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen,

Strafgesetzbuch - StGB | § 284 Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels


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Strafgesetzbuch - StGB | § 286 Einziehung


In den Fällen der §§ 284 und 285 werden die Spieleinrichtungen und das auf dem Spieltisch oder in der Bank vorgefundene Geld eingezogen, wenn sie dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Entscheidung gehören. Andernfalls können die Gegenstände eingezog

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Apr. 2013 - 6 S 892/12 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 23. Mai 2012 - 6 S 389/11

bei uns veröffentlicht am 23.05.2012

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. Oktober 2010 - 3 K 3226/09 - geändert. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.11.2009 wird aufgehoben. Es wird festgestellt,

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Tenor Der Bescheid des Beklagten vom 02.11.2012 wird aufgehoben.Es wird festgestellt, dass eine Werbeaktion, mit der für den Fall, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt am Flughafen Stuttgart regnet, den Kunden, die innerhalb eines bestimmten Zeitra

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 05. Jan. 2012 - 8 B 62/11

bei uns veröffentlicht am 05.01.2012

Gründe 1 Der Kläger wendet sich gegen eine Verfügung des Rechtsvorgängers des Beklagten, mit der ihm die Vermittlung von Sportwetten in den Räumen der von ihm betriebene
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Apr. 2013 - 6 S 892/12.

Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Jan. 2014 - 16 K 13.4457

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Tenor I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Im Übrigen wird der Bescheid des Beklagten vom ... Juli 2010 in den Nummern 1, 3 und 4 aufgehoben. II. Der Beklagte

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 23. Mai 2013 - 6 S 88/13

bei uns veröffentlicht am 23.05.2013

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. November 2012 - 3 K 3316/11 - geändert.Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 14.11.2011 wird mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben.Der Bekl

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Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 02.11.2012 wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass eine Werbeaktion, mit der für den Fall, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt am Flughafen Stuttgart regnet, den Kunden, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums Waren im Wert von mindestens 100,- EUR erworben haben, die Rückerstattung des Kaufpreises zugesichert wird, kein unerlaubtes Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV darstellt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass es sich bei einer von ihr geplanten Werbeaktion nicht um ein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV - handelt.
Die Klägerin betreibt in B. ein Einrichtungshaus. Unter dem Slogan „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am …. regnet“ plant die Klägerin eine Werbeaktion. An dieser Aktion können sich Kunden beteiligen, die innerhalb des Aktionszeitraums bei der Klägerin Waren in einer Kaufpreishöhe von mindestens 100 EUR beziehen. Sollte es an einem festgelegten Stichtag ungefähr drei Wochen nach der Teilnahme zwischen 12 und 13 Uhr am Flughafen Stuttgart amtlich festgestellt mindestens 3 ml/qm regnen, so erhält der Teilnehmer den Kaufpreis in voller Höhe zurückerstattet.
Mit Schreiben vom 04.08.2011 wandte sich die Klägerin erstmalig an den Beklagten und bat um Bestätigung, dass es sich bei der von ihr geplanten Werbeaktion nicht um ein Glückspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) handelt. Mit Schreiben vom 12.08.2011 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass es sich bei der Aktion um ein öffentliches Glücksspiel in Form von Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt eines zukünftigen Ereignisses i. S. v. § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV handele, das mangels Erlaubnisfähigkeit gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV verboten sei. Die Teilhabe an der Gewinnchance setze die Entrichtung eines Kaufpreises in Höhe von mindestens 100 EUR voraus, so dass der Kaufpreis für diesen Einkauf ein Entgelt im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV darstelle.
Daraufhin wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 09.09.2011 an das Innenministerium Baden–Württemberg, welches in einem Antwortschreiben vom 06.10.2011 die Rechtsauffassung des Beklagten teilte. Zugleich wies das Innenministerium darauf hin, dass bei einer unentgeltlichen Teilnahmemöglichkeit gegebenenfalls der glücksspielrechtliche Charakter der Werbeaktion entfallen könne.
Mit Schreiben vom 28.10.2011 beantragte die Klägerin festzustellen, dass es an einem glücksspielrechtlichen Charakter der Werbeaktion fehle.
Mit Bescheid vom 02.11.2011 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag ab. Es führte weiter aus, der Erwerb der Gewinnchance liege darin, dass die Kunden den Kaufpreis für die gekauften Möbel zurückerstattet bekämen, d.h. die Möbel unentgeltlich erhielten. Ob es zum vorgesehenen Zeitpunkt regne, sei zufallsabhängig. In dem zu entrichtenden Kaufpreis liege auch ein Entgelt im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV. Dies sei immer dann gegeben, wenn der Spieler einen Vermögensbeitrag leisten müsse, um an dem Spiel teilnehmen zu können. Dass er für diesen Vermögenseinsatz neben der Teilnahmemöglichkeit am Spiel noch eine weitere Leistung, die Waren, erhalte, stehe dem nicht entgegen. Gerade von Spielen wie dem vorliegenden gehe das Risiko aus, dass die Kunden größere Geldbeträge zum Kauf von Waren aufwendeten, die sie ohne die Aussicht auf eine Rückerstattung des Kaufpreises nicht gekauft hätten.
Am 02.12 2011 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben.
Sie trägt vor, dass entgegen der tatbestandlichen Voraussetzung von § 3 Abs. 1 GlüStV die Teilnehmer an der von ihr geplanten Werbeaktion kein Entgelt entrichten müssten, um eine Gewinnchance zu erlangen. Vielmehr erhielten die Teilnehmer eine wertadäquate Gegenleistung in Form der Möbel, die sie unabhängig vom Ausgang der Aktion behalten dürften. Da die Kunden schlicht Waren kaufen würden, zu denen im Rahmen einer Werbeaktion zusätzlich eine Gewinnchance eingeräumt werde, stelle der Kaufpreis kein Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV dar, womit der Werbeaktion der glücksspielrechtliche Charakter fehle. Für die zusätzlich gewährten Gewinnchancen leiste der Teilnehmer damit bei wirtschaftlicher Betrachtung nichts. Auch das Angebot einer unentgeltlichen Alternative, wie sie der Landesgesetzgeber in Fällen der entgeltlichen Teilnahme voraussetze, sei aufgrund des unentgeltlichen Charakters der Werbeaktion nicht erforderlich. Eine Teilnahme ohne Warenkauf mache im Übrigen schon deshalb keinen Sinn, weil der Kunde im Erfolgsfalle dann nichts gewinnen könne. Darüber hinaus liege auch kein verstecktes Entgelt vor, da auch dieses voraussetze, dass es für den Erwerb einer Gewinnchance geleistet werde. Dies sei jedoch bei dem Kauf von Waren nicht der Fall, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass die potentiellen Neukunden allein wegen der Gewinnchance ansonsten unnötige Möbelkäufe tätigen würden. Der Annahme eines versteckten Entgelts stehe auch die Tatsache entgegen, dass die Klägerin sicherstelle, dass die Preise für die Einrichtungsgegenstände während des Aktionszeitraumes nicht angehoben würden. Eine Einpreisung des mit der Werbeaktion verbundenen Risikos zulasten der Kunden sei damit ausgeschlossen. Auch der Sinn und Zweck des Staatvertrages, welcher in der Suchtprävention liege, gebiete keine Erstreckung des Entgeltbegriffes auf den vorliegenden Fall. Es sei vielmehr offensichtlich, dass die einmalige Werbeaktion der Klägerin keine Suchtgefahr in sich berge, womit selbst für den Fall der Annahme eines Entgelts im vorliegenden Falle eine teleologische Reduktion geboten sei. Zuletzt sei es nicht nachvollziehbar, warum andere Unternehmen - darunter auch Konkurrenten der Klägerin - gegenwärtig und in der Vergangenheit vergleichbare Werbeaktionen unbeanstandet hätten durchführen dürfen.
Die Klägerin beantragt,
10 
den Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufzuheben und festzustellen, dass eine Werbeaktion, mit der für den Fall, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt am Flughafen Stuttgart regnet, den Kunden, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums Waren im Wert von mindestens 100,- EUR bei ihr erworben haben, die Rückerstattung des Kaufpreises zugesichert wird, kein unerlaubtes Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV darstellt.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Er verweist erneut darauf, dass ein Entgelt im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV immer schon dann gegeben sei, wenn der Spieler einen Vermögensbeitrag leisten müsse, um an dem Spiel teilnehmen zu können. Dass der Spieler neben der Teilnahmemöglichkeit noch eine weitere Leistung erhalte, stünde dem nicht entgegen. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sich der Gesetzgeber im GlüStV bewusst von dem in der strafrechtlichen Judikatur gebräuchlichen Begriff des Einsatzes abgekehrt und sich für den weiten Begriff des Entgelts entschieden habe. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle ein Glücksspiel nur dann nicht vorliegen, wenn für die Teilnahme an dem Spiel kein Entgelt verlangt werde. Dies setze indes voraus, dass neben der entgeltlichen Teilnahmemöglichkeit eine gleichwertige, praktikable und unentgeltliche Alternative zur Teilnahme an dem Spiel angeboten werde. Hieraus gehe hervor, dass der Gesetzgeber nur dann das Vorliegen eines Glücksspiels verneint habe, wenn der Betroffene kein Vermögensopfer für die Teilnahme an dem Spiel aufbringen müsse. Dies bedeute im Umkehrschluss, dass jedes Vermögensopfer für die Teilnahme an dem Spiel als Entgelt im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV anzusehen sei. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass der Teilnehmer im Gegenzug Waren übereignet bekomme. Diese stellten lediglich eine Kompensation für das zuvor erbrachte Vermögensopfer dar, was nichts daran ändere, dass der Teilnehmer dennoch einen Beitrag aus seinem Vermögen erbringen müsse, um an dem Spiel teilnehmen zu können.
14 
Für eine weite Auslegung des glücksspielrechtlichen Entgeltbegriffes spreche auch die Tatsache, dass eine Einpreisung des Risikos zulasten der Kunden im Einzelfall kaum dezidiert nachgewiesen werden könne. Eine solche Einpreisung könne etwa dadurch erfolgen, dass an sich betriebswirtschaftlich angezeigte Preissenkungen in der Erwartung der mit der Werbeaktion verbundenen Mehreinnahmen zurückgestellt würden. Eine teleologische Auslegung des Entgeltbegriffs spreche folglich dafür, bereits die Zahlung des Kaufpreises als glücksspielrechtliches Entgelt anzusehen und nicht noch zu fordern, dass ein Teil des Kaufpreises nachweislich zur Finanzierung des Spiels und der daraus folgenden Gewinne herangezogen werde.
15 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ändere daran auch eine an dem Schutzzweck des GlüStV ausgerichtete Auslegung des Entgeltbegriffes nichts. Zu den Zielen des Gesetzes gehöre neben der Suchtbekämpfung auch die Lenkung des natürlichen Spieltriebs der Bevölkerung in geordnete Bahnen und die Begrenzung des Glücksspielangebots im Allgemeinen. Da die Klägerin letztlich versuche, sich den natürlichen Spieltrieb ihrer Kunden zunutze zu machen, indem sie ihnen anbiete, den von ihnen entrichteten Kaufpreis unter den zufallsabhängigen Voraussetzungen zurückzuerstatten, gebiete es dieses Ziel, Werbeaktionen wie die der Klägerin dem strengen Regime des GlüStV zu unterwerfen. Auch könne davon ausgegangen werden, dass viele Kunden erst im Hinblick auf die Gewinnchance Käufe tätigen, die sie an sich nicht vorgenommen hätten. Dann bestehe aber an sich kein Unterschied zu einem regulären Glücksspiel, bei dem man ein Los o.ä. kaufe, um hierdurch die Aussicht auf einen erheblichen Gewinn zu erlangen. Schließlich bestehe auch die Gefahr, dass durch die Werbeaktion Personen, die bislang kein Interesse an Glücksspielen zeigten, auf den Geschmack kämen, und in der Folge auch die klassischen Glücksspiele nachfragten. Dies konterkariere jedoch den Zweck des GlüStV, die Gelegenheit zum Glücksspiel allgemein zu begrenzen. Zuletzt sei zu berücksichtigen, dass es für jeden Anbieter von Glücksspielen ein Leichtes wäre, das staatliche Wettmonopol dadurch zu umgehen, dass der Spieler neben einer Gewinnchance auch noch einen Gegenwert in Form einer Übereignung eines Gegenstandes erhielte. Auch diese Schaffung von zusätzlichen Umgehungsmöglichkeiten stehe dem Zweck des GlüStV entgegen, womit auch vor diesem Hintergrund der Kaufpreis für die Ware als Entgelt im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV betrachtet werden müsse.
16 
Die Akten des Beklagten liegen dem Gericht vor. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf deren Inhalt sowie die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Klage ist in der vorliegenden Klageart als Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig.
18 
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Nach Absatz 2 kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können.
19 
Ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten liegt vor. Als Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO werden die rechtlichen Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis setzt voraus, dass zwischen den Beteiligten dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können (exemplarisch und umfassend Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.01.1992, BVerwGE 89, 327 mit weitgehenden und umfassenden Hinweisen auf die vorausgegangene Rechtsprechung). Der Streit der Beteiligten muss in Beziehung zu Bedeutung und Tragweite einer Vorschrift des öffentlichen Rechts im Hinblick auf einen konkreten Sachverhalt bestehen (so BVerwG, Urt. v. 26.01.1996 - BVerwGE 100, 262 - 275).
20 
Diese Voraussetzungen liegen im Verhältnis der Beteiligten vor, denn zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die von der Klägerin geplante Werbeaktion den Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags unterliegt.
21 
Die Klägerin hat auch das nach § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der erstrebten Feststellung. Dieses Interesse schließt über ein rechtliches Interesse hinaus jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse auch wirtschaftlicher oder ideeller Art ein, wobei jedoch zur Vermeidung der dem Verwaltungsprozess fremden Popularklage die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO entsprechend anzuwenden ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 29.06.1995, BVerwGE 99, 64). Das bedeutet, dass auch eine auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtete Klage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO nur zulässig ist, wenn es dem Kläger dabei um die Verwirklichung seiner Rechte geht, sei es, dass er an dem festzustellenden Rechtsverhältnis selbst beteiligt ist, sei es, dass von dem Rechtsverhältnis eigene Rechte des Klägers abhängen. Der Klägerin kommt somit schon deshalb ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung zu, da sie hierdurch sicherstellen kann, dass sie sich bei der Durchführung der geplanten Aktion nicht gemäß § 284 StGB strafbar macht.
22 
Die Feststellungsklage ist im vorliegenden Fall auch nicht gegenüber einer Anfechtung- oder Verpflichtungsklage subsidiär.
23 
Eine Anfechtungsklage allein genügt nicht, um das Rechtschutzbegehren der Klägerin im geltend gemachten Umfang zu umfassen, denn im Hinblick darauf, dass eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für den angefochtenen feststellenden Bescheid des Beklagten nicht vorliegt, sondern allenfalls aufgrund einer Ableitung aus den dem Beklagten eingeräumten entsprechenden Befugnissen in Betracht kommt (vgl. BVerwG, U. v. 09.05.2001 - 3 C 2/01 -, BVerwGE 114, 226ff. m. w. N.), wäre dem Begehren der Klägerin jedenfalls dann nicht umfassend Rechnung getragen, wenn der Bescheid des Beklagten aus formalen Gründen aufgehoben würde.
24 
Die Klägerin ist auch nicht auf die Möglichkeit einer Verpflichtungsklage mit dem Ziel der Erlaubnis (§ 4 GlüStV) für die geplante Veranstaltung zu verweisen, da sie diese gerade nicht als Glücksspiel ansieht. Eine Klage mit dem Ziel, den Beklagten zur begehrten Feststellung zu verpflichten, kommt ebenfalls nicht in Betracht, da eine entsprechende Rechtsgrundlage für diesen Anspruch nicht vorhanden ist.
25 
Die Klage ist auch begründet. Denn entgegen der Auffassung des beklagten Regierungspräsidiums stellt sich die Werbeaktion nicht als (unerlaubtes) Glücksspiel dar.
26 
Nach § 3 Abs. 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele.
27 
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Frage, ob die Klägerin für den Erwerb der Gewinnchance ein Entgelt verlangt. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht gegeben. Ungeachtet der Frage, inwieweit der für die Anwendung des § 284 StGB erforderliche Einsatz mit dem Begriff des für die Bejahung eines Glücksspiels im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages erforderlichen Entgelts übereinstimmt, ist nicht erkennbar, dass die Teilnahme an der Werbeaktion überhaupt gegen ein Entgelt des Kunden zumindest in verdeckter Form erfolgt. Das setzt nämlich voraus, dass der Kunde seine grundsätzliche Kaufentscheidung zumindest zusätzlich in der Absicht trifft, dass er mit seinem Kauf eine Gewinnchance erwirbt und nicht wesentlich daran orientiert, dass er Möbel bzw. Waren im Wert von mindestens 100,- EUR kauft. Im vorliegenden Fall gehört die Teilnahme am Gewinnspiel als Dreingabe zum Inhalt der von der Klägerin angebotenen Leistung. Sie ist kalkulatorisch nicht von der Preisgestaltung zu trennen und soll lediglich eine zusätzliche Anziehungskraft für den Erwerb der Ware beinhalten. Sie beinhaltet nicht den zusätzlichen gezielten Erwerb einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel, d.h. es ist nicht erkennbar, dass der betreffende Verbraucher seine wirtschaftliche Entscheidung nicht mehr von den Eigenschaften der Waren und ihres Preises abhängig macht, sondern sie im Hinblick darauf trifft, dass ihm dadurch eine Gewinnchance eingeräumt wird, die über den konkreten Preis oder Gegenwert der Ware hinausgeht, und somit sachfremde Motive dafür maßgeblich sind. Das ergibt sich daraus, dass dem jeweiligen Verbraucher keine Gewinnmöglichkeit eröffnet wird, die den Wert der Ware übersteigt. Es handelt sich vielmehr um ein mit dem Kauf verknüpftes zusätzliches Leistungsangebot, nicht jedoch um eine zusätzlich eingeräumte gesonderte Gewinnchance. Entgegen der Auffassung des Beklagten geht der Teilnahme am Gewinnspiel kein Vermögensopfer voraus, denn der Kunde erhält die von ihm gekauften Waren. Die Einschätzung des Beklagten, dass dies lediglich eine Kompensation für das Vermögensopfer im Hinblick auf die erworbene Teilnahme am Gewinnspiel darstellen könnte, ist im Hinblick darauf, dass der Kunde den vollen Wert der Gegenstände behält, nur schwer nachvollziehbar, zumal er die Möglichkeit hat, sich innerhalb des Aktionszeitraums auf dem Möbelmarkt zu orientieren und ggf. andere attraktive Angebote mit entsprechenden Zugaben oder Rabattgestaltungen vorzuziehen.
28 
Diese Einschätzung entspricht der wettbewerbsrechtlichen obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 4 Abs. 6 UWG (vgl. BGH, U. v. 22.01.2009 - I ZR 31/06 -, NJW 2009, 997 und BGH GRUR 2007, 982), die sich daran orientiert, dass eine Differenzierung vorzunehmen ist, ob die Teilnahme an einem Gewinnspiel vom Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig gemacht wird oder ob es sich wie hier um ein Verfahren der konkreten Preisgestaltung handelt, bei welchem der Eintritt des ungewissen Ereignisses sich lediglich auf die vertragliche Gegenleistung in Form der Zahlung des Kaufpreises auswirkt, d.h. die entsprechende Kaufpreisvereinbarung unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) getroffen worden ist.
29 
Diese Beurteilung steht auch nicht mit den Zielrichtungen des Glücksspielstaatsvertrags in Widerspruch, wie sie in dessen § 1 ausdrücklich aufgeführt sind. Danach sind Ziele des Staatsvertrags 1. das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, 2. das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete Bahnen zu lenken; insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern, 3. den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten, 4. sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt werden.
30 
Entgegen der Auffassung des Beklagten, wie sie dieser in der mündlichen Verhandlung vertreten hat, ist für das Gericht das Risiko einer „Einstiegsdroge“ in die Glücksspiel- bzw. Wettsucht durch die zusätzliche Dreingabe einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel in Form einer sich auf den Kaufpreis auswirkenden Gewinngestaltung nicht naheliegend. Dass einzelne Werbeaktionen, die die Möglichkeit des Entfallens des Kaufpreises der erworbenen Waren beinhalten, geeignet sind, den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung von geordneten und überwachten allgemeinen Angeboten abzulenken, ist ebenfalls nicht erkennbar. Die Einhaltung des Jugendschutzes erscheint im Hinblick auf die allgemeinen Vorschriften zur Geschäftsfähigkeit nicht bedroht. Potentiell betrügerischen Machenschaften, die angesichts der im konkreten Fall objektivierbaren Modalitäten weder ersichtlich sind noch sich aufdrängen, kann durch die allgemein den Verbraucher schützenden Regelungen vorgebeugt bzw. können diese strafrechtlich sanktioniert werden.
31 
Da es somit bereits an einem Entgelt für die Teilnahme an dem Gewinnspiel fehlt, fällt die geplante Werbeaktion nicht unter § 3 GlüStV. Dass durch die Aktion Verkaufsentscheidungen ggf. vorgezogen oder bei der Klägerin realisiert werden, sind Gesichtspunkte, die jeder Werbeaktion immanent sind. Wettbewerbsrechtliche Gesichtspunkte und allgemeine verbraucherschützende Gesichtspunkte zu beurteilen, unterliegt jedoch nicht der Kompetenz des Beklagten.
32 
Angesichts dessen hat der Feststellungsantrag der Klägerin in vollem Umfang Erfolg.
33 
Somit ist auch der angefochtene Bescheid des beklagten Regierungspräsidiums aufzuheben, da die beabsichtigte Werbeaktion mangels Entgelts kein Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV ist.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
35 
Die Berufung ist gemäß § 124 a Abs. 1 S. 1 und § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.
36 
Beschluss vom 15.03.2012
37 
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG aufEUR 5.000,00 festgesetzt.

Gründe

 
17 
Die Klage ist in der vorliegenden Klageart als Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig.
18 
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Nach Absatz 2 kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können.
19 
Ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten liegt vor. Als Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO werden die rechtlichen Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis setzt voraus, dass zwischen den Beteiligten dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können (exemplarisch und umfassend Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.01.1992, BVerwGE 89, 327 mit weitgehenden und umfassenden Hinweisen auf die vorausgegangene Rechtsprechung). Der Streit der Beteiligten muss in Beziehung zu Bedeutung und Tragweite einer Vorschrift des öffentlichen Rechts im Hinblick auf einen konkreten Sachverhalt bestehen (so BVerwG, Urt. v. 26.01.1996 - BVerwGE 100, 262 - 275).
20 
Diese Voraussetzungen liegen im Verhältnis der Beteiligten vor, denn zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die von der Klägerin geplante Werbeaktion den Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags unterliegt.
21 
Die Klägerin hat auch das nach § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der erstrebten Feststellung. Dieses Interesse schließt über ein rechtliches Interesse hinaus jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse auch wirtschaftlicher oder ideeller Art ein, wobei jedoch zur Vermeidung der dem Verwaltungsprozess fremden Popularklage die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO entsprechend anzuwenden ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 29.06.1995, BVerwGE 99, 64). Das bedeutet, dass auch eine auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtete Klage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO nur zulässig ist, wenn es dem Kläger dabei um die Verwirklichung seiner Rechte geht, sei es, dass er an dem festzustellenden Rechtsverhältnis selbst beteiligt ist, sei es, dass von dem Rechtsverhältnis eigene Rechte des Klägers abhängen. Der Klägerin kommt somit schon deshalb ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung zu, da sie hierdurch sicherstellen kann, dass sie sich bei der Durchführung der geplanten Aktion nicht gemäß § 284 StGB strafbar macht.
22 
Die Feststellungsklage ist im vorliegenden Fall auch nicht gegenüber einer Anfechtung- oder Verpflichtungsklage subsidiär.
23 
Eine Anfechtungsklage allein genügt nicht, um das Rechtschutzbegehren der Klägerin im geltend gemachten Umfang zu umfassen, denn im Hinblick darauf, dass eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für den angefochtenen feststellenden Bescheid des Beklagten nicht vorliegt, sondern allenfalls aufgrund einer Ableitung aus den dem Beklagten eingeräumten entsprechenden Befugnissen in Betracht kommt (vgl. BVerwG, U. v. 09.05.2001 - 3 C 2/01 -, BVerwGE 114, 226ff. m. w. N.), wäre dem Begehren der Klägerin jedenfalls dann nicht umfassend Rechnung getragen, wenn der Bescheid des Beklagten aus formalen Gründen aufgehoben würde.
24 
Die Klägerin ist auch nicht auf die Möglichkeit einer Verpflichtungsklage mit dem Ziel der Erlaubnis (§ 4 GlüStV) für die geplante Veranstaltung zu verweisen, da sie diese gerade nicht als Glücksspiel ansieht. Eine Klage mit dem Ziel, den Beklagten zur begehrten Feststellung zu verpflichten, kommt ebenfalls nicht in Betracht, da eine entsprechende Rechtsgrundlage für diesen Anspruch nicht vorhanden ist.
25 
Die Klage ist auch begründet. Denn entgegen der Auffassung des beklagten Regierungspräsidiums stellt sich die Werbeaktion nicht als (unerlaubtes) Glücksspiel dar.
26 
Nach § 3 Abs. 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele.
27 
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Frage, ob die Klägerin für den Erwerb der Gewinnchance ein Entgelt verlangt. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht gegeben. Ungeachtet der Frage, inwieweit der für die Anwendung des § 284 StGB erforderliche Einsatz mit dem Begriff des für die Bejahung eines Glücksspiels im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages erforderlichen Entgelts übereinstimmt, ist nicht erkennbar, dass die Teilnahme an der Werbeaktion überhaupt gegen ein Entgelt des Kunden zumindest in verdeckter Form erfolgt. Das setzt nämlich voraus, dass der Kunde seine grundsätzliche Kaufentscheidung zumindest zusätzlich in der Absicht trifft, dass er mit seinem Kauf eine Gewinnchance erwirbt und nicht wesentlich daran orientiert, dass er Möbel bzw. Waren im Wert von mindestens 100,- EUR kauft. Im vorliegenden Fall gehört die Teilnahme am Gewinnspiel als Dreingabe zum Inhalt der von der Klägerin angebotenen Leistung. Sie ist kalkulatorisch nicht von der Preisgestaltung zu trennen und soll lediglich eine zusätzliche Anziehungskraft für den Erwerb der Ware beinhalten. Sie beinhaltet nicht den zusätzlichen gezielten Erwerb einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel, d.h. es ist nicht erkennbar, dass der betreffende Verbraucher seine wirtschaftliche Entscheidung nicht mehr von den Eigenschaften der Waren und ihres Preises abhängig macht, sondern sie im Hinblick darauf trifft, dass ihm dadurch eine Gewinnchance eingeräumt wird, die über den konkreten Preis oder Gegenwert der Ware hinausgeht, und somit sachfremde Motive dafür maßgeblich sind. Das ergibt sich daraus, dass dem jeweiligen Verbraucher keine Gewinnmöglichkeit eröffnet wird, die den Wert der Ware übersteigt. Es handelt sich vielmehr um ein mit dem Kauf verknüpftes zusätzliches Leistungsangebot, nicht jedoch um eine zusätzlich eingeräumte gesonderte Gewinnchance. Entgegen der Auffassung des Beklagten geht der Teilnahme am Gewinnspiel kein Vermögensopfer voraus, denn der Kunde erhält die von ihm gekauften Waren. Die Einschätzung des Beklagten, dass dies lediglich eine Kompensation für das Vermögensopfer im Hinblick auf die erworbene Teilnahme am Gewinnspiel darstellen könnte, ist im Hinblick darauf, dass der Kunde den vollen Wert der Gegenstände behält, nur schwer nachvollziehbar, zumal er die Möglichkeit hat, sich innerhalb des Aktionszeitraums auf dem Möbelmarkt zu orientieren und ggf. andere attraktive Angebote mit entsprechenden Zugaben oder Rabattgestaltungen vorzuziehen.
28 
Diese Einschätzung entspricht der wettbewerbsrechtlichen obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 4 Abs. 6 UWG (vgl. BGH, U. v. 22.01.2009 - I ZR 31/06 -, NJW 2009, 997 und BGH GRUR 2007, 982), die sich daran orientiert, dass eine Differenzierung vorzunehmen ist, ob die Teilnahme an einem Gewinnspiel vom Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig gemacht wird oder ob es sich wie hier um ein Verfahren der konkreten Preisgestaltung handelt, bei welchem der Eintritt des ungewissen Ereignisses sich lediglich auf die vertragliche Gegenleistung in Form der Zahlung des Kaufpreises auswirkt, d.h. die entsprechende Kaufpreisvereinbarung unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) getroffen worden ist.
29 
Diese Beurteilung steht auch nicht mit den Zielrichtungen des Glücksspielstaatsvertrags in Widerspruch, wie sie in dessen § 1 ausdrücklich aufgeführt sind. Danach sind Ziele des Staatsvertrags 1. das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, 2. das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete Bahnen zu lenken; insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern, 3. den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten, 4. sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt werden.
30 
Entgegen der Auffassung des Beklagten, wie sie dieser in der mündlichen Verhandlung vertreten hat, ist für das Gericht das Risiko einer „Einstiegsdroge“ in die Glücksspiel- bzw. Wettsucht durch die zusätzliche Dreingabe einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel in Form einer sich auf den Kaufpreis auswirkenden Gewinngestaltung nicht naheliegend. Dass einzelne Werbeaktionen, die die Möglichkeit des Entfallens des Kaufpreises der erworbenen Waren beinhalten, geeignet sind, den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung von geordneten und überwachten allgemeinen Angeboten abzulenken, ist ebenfalls nicht erkennbar. Die Einhaltung des Jugendschutzes erscheint im Hinblick auf die allgemeinen Vorschriften zur Geschäftsfähigkeit nicht bedroht. Potentiell betrügerischen Machenschaften, die angesichts der im konkreten Fall objektivierbaren Modalitäten weder ersichtlich sind noch sich aufdrängen, kann durch die allgemein den Verbraucher schützenden Regelungen vorgebeugt bzw. können diese strafrechtlich sanktioniert werden.
31 
Da es somit bereits an einem Entgelt für die Teilnahme an dem Gewinnspiel fehlt, fällt die geplante Werbeaktion nicht unter § 3 GlüStV. Dass durch die Aktion Verkaufsentscheidungen ggf. vorgezogen oder bei der Klägerin realisiert werden, sind Gesichtspunkte, die jeder Werbeaktion immanent sind. Wettbewerbsrechtliche Gesichtspunkte und allgemeine verbraucherschützende Gesichtspunkte zu beurteilen, unterliegt jedoch nicht der Kompetenz des Beklagten.
32 
Angesichts dessen hat der Feststellungsantrag der Klägerin in vollem Umfang Erfolg.
33 
Somit ist auch der angefochtene Bescheid des beklagten Regierungspräsidiums aufzuheben, da die beabsichtigte Werbeaktion mangels Entgelts kein Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV ist.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
35 
Die Berufung ist gemäß § 124 a Abs. 1 S. 1 und § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.
36 
Beschluss vom 15.03.2012
37 
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG aufEUR 5.000,00 festgesetzt.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein.

(2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 02.11.2012 wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass eine Werbeaktion, mit der für den Fall, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt am Flughafen Stuttgart regnet, den Kunden, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums Waren im Wert von mindestens 100,- EUR erworben haben, die Rückerstattung des Kaufpreises zugesichert wird, kein unerlaubtes Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV darstellt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass es sich bei einer von ihr geplanten Werbeaktion nicht um ein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV - handelt.
Die Klägerin betreibt in B. ein Einrichtungshaus. Unter dem Slogan „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am …. regnet“ plant die Klägerin eine Werbeaktion. An dieser Aktion können sich Kunden beteiligen, die innerhalb des Aktionszeitraums bei der Klägerin Waren in einer Kaufpreishöhe von mindestens 100 EUR beziehen. Sollte es an einem festgelegten Stichtag ungefähr drei Wochen nach der Teilnahme zwischen 12 und 13 Uhr am Flughafen Stuttgart amtlich festgestellt mindestens 3 ml/qm regnen, so erhält der Teilnehmer den Kaufpreis in voller Höhe zurückerstattet.
Mit Schreiben vom 04.08.2011 wandte sich die Klägerin erstmalig an den Beklagten und bat um Bestätigung, dass es sich bei der von ihr geplanten Werbeaktion nicht um ein Glückspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) handelt. Mit Schreiben vom 12.08.2011 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass es sich bei der Aktion um ein öffentliches Glücksspiel in Form von Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt eines zukünftigen Ereignisses i. S. v. § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV handele, das mangels Erlaubnisfähigkeit gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV verboten sei. Die Teilhabe an der Gewinnchance setze die Entrichtung eines Kaufpreises in Höhe von mindestens 100 EUR voraus, so dass der Kaufpreis für diesen Einkauf ein Entgelt im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV darstelle.
Daraufhin wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 09.09.2011 an das Innenministerium Baden–Württemberg, welches in einem Antwortschreiben vom 06.10.2011 die Rechtsauffassung des Beklagten teilte. Zugleich wies das Innenministerium darauf hin, dass bei einer unentgeltlichen Teilnahmemöglichkeit gegebenenfalls der glücksspielrechtliche Charakter der Werbeaktion entfallen könne.
Mit Schreiben vom 28.10.2011 beantragte die Klägerin festzustellen, dass es an einem glücksspielrechtlichen Charakter der Werbeaktion fehle.
Mit Bescheid vom 02.11.2011 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antrag ab. Es führte weiter aus, der Erwerb der Gewinnchance liege darin, dass die Kunden den Kaufpreis für die gekauften Möbel zurückerstattet bekämen, d.h. die Möbel unentgeltlich erhielten. Ob es zum vorgesehenen Zeitpunkt regne, sei zufallsabhängig. In dem zu entrichtenden Kaufpreis liege auch ein Entgelt im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV. Dies sei immer dann gegeben, wenn der Spieler einen Vermögensbeitrag leisten müsse, um an dem Spiel teilnehmen zu können. Dass er für diesen Vermögenseinsatz neben der Teilnahmemöglichkeit am Spiel noch eine weitere Leistung, die Waren, erhalte, stehe dem nicht entgegen. Gerade von Spielen wie dem vorliegenden gehe das Risiko aus, dass die Kunden größere Geldbeträge zum Kauf von Waren aufwendeten, die sie ohne die Aussicht auf eine Rückerstattung des Kaufpreises nicht gekauft hätten.
Am 02.12 2011 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben.
Sie trägt vor, dass entgegen der tatbestandlichen Voraussetzung von § 3 Abs. 1 GlüStV die Teilnehmer an der von ihr geplanten Werbeaktion kein Entgelt entrichten müssten, um eine Gewinnchance zu erlangen. Vielmehr erhielten die Teilnehmer eine wertadäquate Gegenleistung in Form der Möbel, die sie unabhängig vom Ausgang der Aktion behalten dürften. Da die Kunden schlicht Waren kaufen würden, zu denen im Rahmen einer Werbeaktion zusätzlich eine Gewinnchance eingeräumt werde, stelle der Kaufpreis kein Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV dar, womit der Werbeaktion der glücksspielrechtliche Charakter fehle. Für die zusätzlich gewährten Gewinnchancen leiste der Teilnehmer damit bei wirtschaftlicher Betrachtung nichts. Auch das Angebot einer unentgeltlichen Alternative, wie sie der Landesgesetzgeber in Fällen der entgeltlichen Teilnahme voraussetze, sei aufgrund des unentgeltlichen Charakters der Werbeaktion nicht erforderlich. Eine Teilnahme ohne Warenkauf mache im Übrigen schon deshalb keinen Sinn, weil der Kunde im Erfolgsfalle dann nichts gewinnen könne. Darüber hinaus liege auch kein verstecktes Entgelt vor, da auch dieses voraussetze, dass es für den Erwerb einer Gewinnchance geleistet werde. Dies sei jedoch bei dem Kauf von Waren nicht der Fall, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass die potentiellen Neukunden allein wegen der Gewinnchance ansonsten unnötige Möbelkäufe tätigen würden. Der Annahme eines versteckten Entgelts stehe auch die Tatsache entgegen, dass die Klägerin sicherstelle, dass die Preise für die Einrichtungsgegenstände während des Aktionszeitraumes nicht angehoben würden. Eine Einpreisung des mit der Werbeaktion verbundenen Risikos zulasten der Kunden sei damit ausgeschlossen. Auch der Sinn und Zweck des Staatvertrages, welcher in der Suchtprävention liege, gebiete keine Erstreckung des Entgeltbegriffes auf den vorliegenden Fall. Es sei vielmehr offensichtlich, dass die einmalige Werbeaktion der Klägerin keine Suchtgefahr in sich berge, womit selbst für den Fall der Annahme eines Entgelts im vorliegenden Falle eine teleologische Reduktion geboten sei. Zuletzt sei es nicht nachvollziehbar, warum andere Unternehmen - darunter auch Konkurrenten der Klägerin - gegenwärtig und in der Vergangenheit vergleichbare Werbeaktionen unbeanstandet hätten durchführen dürfen.
Die Klägerin beantragt,
10 
den Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufzuheben und festzustellen, dass eine Werbeaktion, mit der für den Fall, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt am Flughafen Stuttgart regnet, den Kunden, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums Waren im Wert von mindestens 100,- EUR bei ihr erworben haben, die Rückerstattung des Kaufpreises zugesichert wird, kein unerlaubtes Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV darstellt.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Er verweist erneut darauf, dass ein Entgelt im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV immer schon dann gegeben sei, wenn der Spieler einen Vermögensbeitrag leisten müsse, um an dem Spiel teilnehmen zu können. Dass der Spieler neben der Teilnahmemöglichkeit noch eine weitere Leistung erhalte, stünde dem nicht entgegen. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sich der Gesetzgeber im GlüStV bewusst von dem in der strafrechtlichen Judikatur gebräuchlichen Begriff des Einsatzes abgekehrt und sich für den weiten Begriff des Entgelts entschieden habe. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle ein Glücksspiel nur dann nicht vorliegen, wenn für die Teilnahme an dem Spiel kein Entgelt verlangt werde. Dies setze indes voraus, dass neben der entgeltlichen Teilnahmemöglichkeit eine gleichwertige, praktikable und unentgeltliche Alternative zur Teilnahme an dem Spiel angeboten werde. Hieraus gehe hervor, dass der Gesetzgeber nur dann das Vorliegen eines Glücksspiels verneint habe, wenn der Betroffene kein Vermögensopfer für die Teilnahme an dem Spiel aufbringen müsse. Dies bedeute im Umkehrschluss, dass jedes Vermögensopfer für die Teilnahme an dem Spiel als Entgelt im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV anzusehen sei. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass der Teilnehmer im Gegenzug Waren übereignet bekomme. Diese stellten lediglich eine Kompensation für das zuvor erbrachte Vermögensopfer dar, was nichts daran ändere, dass der Teilnehmer dennoch einen Beitrag aus seinem Vermögen erbringen müsse, um an dem Spiel teilnehmen zu können.
14 
Für eine weite Auslegung des glücksspielrechtlichen Entgeltbegriffes spreche auch die Tatsache, dass eine Einpreisung des Risikos zulasten der Kunden im Einzelfall kaum dezidiert nachgewiesen werden könne. Eine solche Einpreisung könne etwa dadurch erfolgen, dass an sich betriebswirtschaftlich angezeigte Preissenkungen in der Erwartung der mit der Werbeaktion verbundenen Mehreinnahmen zurückgestellt würden. Eine teleologische Auslegung des Entgeltbegriffs spreche folglich dafür, bereits die Zahlung des Kaufpreises als glücksspielrechtliches Entgelt anzusehen und nicht noch zu fordern, dass ein Teil des Kaufpreises nachweislich zur Finanzierung des Spiels und der daraus folgenden Gewinne herangezogen werde.
15 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ändere daran auch eine an dem Schutzzweck des GlüStV ausgerichtete Auslegung des Entgeltbegriffes nichts. Zu den Zielen des Gesetzes gehöre neben der Suchtbekämpfung auch die Lenkung des natürlichen Spieltriebs der Bevölkerung in geordnete Bahnen und die Begrenzung des Glücksspielangebots im Allgemeinen. Da die Klägerin letztlich versuche, sich den natürlichen Spieltrieb ihrer Kunden zunutze zu machen, indem sie ihnen anbiete, den von ihnen entrichteten Kaufpreis unter den zufallsabhängigen Voraussetzungen zurückzuerstatten, gebiete es dieses Ziel, Werbeaktionen wie die der Klägerin dem strengen Regime des GlüStV zu unterwerfen. Auch könne davon ausgegangen werden, dass viele Kunden erst im Hinblick auf die Gewinnchance Käufe tätigen, die sie an sich nicht vorgenommen hätten. Dann bestehe aber an sich kein Unterschied zu einem regulären Glücksspiel, bei dem man ein Los o.ä. kaufe, um hierdurch die Aussicht auf einen erheblichen Gewinn zu erlangen. Schließlich bestehe auch die Gefahr, dass durch die Werbeaktion Personen, die bislang kein Interesse an Glücksspielen zeigten, auf den Geschmack kämen, und in der Folge auch die klassischen Glücksspiele nachfragten. Dies konterkariere jedoch den Zweck des GlüStV, die Gelegenheit zum Glücksspiel allgemein zu begrenzen. Zuletzt sei zu berücksichtigen, dass es für jeden Anbieter von Glücksspielen ein Leichtes wäre, das staatliche Wettmonopol dadurch zu umgehen, dass der Spieler neben einer Gewinnchance auch noch einen Gegenwert in Form einer Übereignung eines Gegenstandes erhielte. Auch diese Schaffung von zusätzlichen Umgehungsmöglichkeiten stehe dem Zweck des GlüStV entgegen, womit auch vor diesem Hintergrund der Kaufpreis für die Ware als Entgelt im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV betrachtet werden müsse.
16 
Die Akten des Beklagten liegen dem Gericht vor. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf deren Inhalt sowie die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Klage ist in der vorliegenden Klageart als Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig.
18 
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Nach Absatz 2 kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können.
19 
Ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten liegt vor. Als Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO werden die rechtlichen Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis setzt voraus, dass zwischen den Beteiligten dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können (exemplarisch und umfassend Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.01.1992, BVerwGE 89, 327 mit weitgehenden und umfassenden Hinweisen auf die vorausgegangene Rechtsprechung). Der Streit der Beteiligten muss in Beziehung zu Bedeutung und Tragweite einer Vorschrift des öffentlichen Rechts im Hinblick auf einen konkreten Sachverhalt bestehen (so BVerwG, Urt. v. 26.01.1996 - BVerwGE 100, 262 - 275).
20 
Diese Voraussetzungen liegen im Verhältnis der Beteiligten vor, denn zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die von der Klägerin geplante Werbeaktion den Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags unterliegt.
21 
Die Klägerin hat auch das nach § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der erstrebten Feststellung. Dieses Interesse schließt über ein rechtliches Interesse hinaus jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse auch wirtschaftlicher oder ideeller Art ein, wobei jedoch zur Vermeidung der dem Verwaltungsprozess fremden Popularklage die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO entsprechend anzuwenden ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 29.06.1995, BVerwGE 99, 64). Das bedeutet, dass auch eine auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtete Klage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO nur zulässig ist, wenn es dem Kläger dabei um die Verwirklichung seiner Rechte geht, sei es, dass er an dem festzustellenden Rechtsverhältnis selbst beteiligt ist, sei es, dass von dem Rechtsverhältnis eigene Rechte des Klägers abhängen. Der Klägerin kommt somit schon deshalb ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung zu, da sie hierdurch sicherstellen kann, dass sie sich bei der Durchführung der geplanten Aktion nicht gemäß § 284 StGB strafbar macht.
22 
Die Feststellungsklage ist im vorliegenden Fall auch nicht gegenüber einer Anfechtung- oder Verpflichtungsklage subsidiär.
23 
Eine Anfechtungsklage allein genügt nicht, um das Rechtschutzbegehren der Klägerin im geltend gemachten Umfang zu umfassen, denn im Hinblick darauf, dass eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für den angefochtenen feststellenden Bescheid des Beklagten nicht vorliegt, sondern allenfalls aufgrund einer Ableitung aus den dem Beklagten eingeräumten entsprechenden Befugnissen in Betracht kommt (vgl. BVerwG, U. v. 09.05.2001 - 3 C 2/01 -, BVerwGE 114, 226ff. m. w. N.), wäre dem Begehren der Klägerin jedenfalls dann nicht umfassend Rechnung getragen, wenn der Bescheid des Beklagten aus formalen Gründen aufgehoben würde.
24 
Die Klägerin ist auch nicht auf die Möglichkeit einer Verpflichtungsklage mit dem Ziel der Erlaubnis (§ 4 GlüStV) für die geplante Veranstaltung zu verweisen, da sie diese gerade nicht als Glücksspiel ansieht. Eine Klage mit dem Ziel, den Beklagten zur begehrten Feststellung zu verpflichten, kommt ebenfalls nicht in Betracht, da eine entsprechende Rechtsgrundlage für diesen Anspruch nicht vorhanden ist.
25 
Die Klage ist auch begründet. Denn entgegen der Auffassung des beklagten Regierungspräsidiums stellt sich die Werbeaktion nicht als (unerlaubtes) Glücksspiel dar.
26 
Nach § 3 Abs. 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele.
27 
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Frage, ob die Klägerin für den Erwerb der Gewinnchance ein Entgelt verlangt. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht gegeben. Ungeachtet der Frage, inwieweit der für die Anwendung des § 284 StGB erforderliche Einsatz mit dem Begriff des für die Bejahung eines Glücksspiels im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages erforderlichen Entgelts übereinstimmt, ist nicht erkennbar, dass die Teilnahme an der Werbeaktion überhaupt gegen ein Entgelt des Kunden zumindest in verdeckter Form erfolgt. Das setzt nämlich voraus, dass der Kunde seine grundsätzliche Kaufentscheidung zumindest zusätzlich in der Absicht trifft, dass er mit seinem Kauf eine Gewinnchance erwirbt und nicht wesentlich daran orientiert, dass er Möbel bzw. Waren im Wert von mindestens 100,- EUR kauft. Im vorliegenden Fall gehört die Teilnahme am Gewinnspiel als Dreingabe zum Inhalt der von der Klägerin angebotenen Leistung. Sie ist kalkulatorisch nicht von der Preisgestaltung zu trennen und soll lediglich eine zusätzliche Anziehungskraft für den Erwerb der Ware beinhalten. Sie beinhaltet nicht den zusätzlichen gezielten Erwerb einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel, d.h. es ist nicht erkennbar, dass der betreffende Verbraucher seine wirtschaftliche Entscheidung nicht mehr von den Eigenschaften der Waren und ihres Preises abhängig macht, sondern sie im Hinblick darauf trifft, dass ihm dadurch eine Gewinnchance eingeräumt wird, die über den konkreten Preis oder Gegenwert der Ware hinausgeht, und somit sachfremde Motive dafür maßgeblich sind. Das ergibt sich daraus, dass dem jeweiligen Verbraucher keine Gewinnmöglichkeit eröffnet wird, die den Wert der Ware übersteigt. Es handelt sich vielmehr um ein mit dem Kauf verknüpftes zusätzliches Leistungsangebot, nicht jedoch um eine zusätzlich eingeräumte gesonderte Gewinnchance. Entgegen der Auffassung des Beklagten geht der Teilnahme am Gewinnspiel kein Vermögensopfer voraus, denn der Kunde erhält die von ihm gekauften Waren. Die Einschätzung des Beklagten, dass dies lediglich eine Kompensation für das Vermögensopfer im Hinblick auf die erworbene Teilnahme am Gewinnspiel darstellen könnte, ist im Hinblick darauf, dass der Kunde den vollen Wert der Gegenstände behält, nur schwer nachvollziehbar, zumal er die Möglichkeit hat, sich innerhalb des Aktionszeitraums auf dem Möbelmarkt zu orientieren und ggf. andere attraktive Angebote mit entsprechenden Zugaben oder Rabattgestaltungen vorzuziehen.
28 
Diese Einschätzung entspricht der wettbewerbsrechtlichen obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 4 Abs. 6 UWG (vgl. BGH, U. v. 22.01.2009 - I ZR 31/06 -, NJW 2009, 997 und BGH GRUR 2007, 982), die sich daran orientiert, dass eine Differenzierung vorzunehmen ist, ob die Teilnahme an einem Gewinnspiel vom Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig gemacht wird oder ob es sich wie hier um ein Verfahren der konkreten Preisgestaltung handelt, bei welchem der Eintritt des ungewissen Ereignisses sich lediglich auf die vertragliche Gegenleistung in Form der Zahlung des Kaufpreises auswirkt, d.h. die entsprechende Kaufpreisvereinbarung unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) getroffen worden ist.
29 
Diese Beurteilung steht auch nicht mit den Zielrichtungen des Glücksspielstaatsvertrags in Widerspruch, wie sie in dessen § 1 ausdrücklich aufgeführt sind. Danach sind Ziele des Staatsvertrags 1. das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, 2. das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete Bahnen zu lenken; insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern, 3. den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten, 4. sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt werden.
30 
Entgegen der Auffassung des Beklagten, wie sie dieser in der mündlichen Verhandlung vertreten hat, ist für das Gericht das Risiko einer „Einstiegsdroge“ in die Glücksspiel- bzw. Wettsucht durch die zusätzliche Dreingabe einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel in Form einer sich auf den Kaufpreis auswirkenden Gewinngestaltung nicht naheliegend. Dass einzelne Werbeaktionen, die die Möglichkeit des Entfallens des Kaufpreises der erworbenen Waren beinhalten, geeignet sind, den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung von geordneten und überwachten allgemeinen Angeboten abzulenken, ist ebenfalls nicht erkennbar. Die Einhaltung des Jugendschutzes erscheint im Hinblick auf die allgemeinen Vorschriften zur Geschäftsfähigkeit nicht bedroht. Potentiell betrügerischen Machenschaften, die angesichts der im konkreten Fall objektivierbaren Modalitäten weder ersichtlich sind noch sich aufdrängen, kann durch die allgemein den Verbraucher schützenden Regelungen vorgebeugt bzw. können diese strafrechtlich sanktioniert werden.
31 
Da es somit bereits an einem Entgelt für die Teilnahme an dem Gewinnspiel fehlt, fällt die geplante Werbeaktion nicht unter § 3 GlüStV. Dass durch die Aktion Verkaufsentscheidungen ggf. vorgezogen oder bei der Klägerin realisiert werden, sind Gesichtspunkte, die jeder Werbeaktion immanent sind. Wettbewerbsrechtliche Gesichtspunkte und allgemeine verbraucherschützende Gesichtspunkte zu beurteilen, unterliegt jedoch nicht der Kompetenz des Beklagten.
32 
Angesichts dessen hat der Feststellungsantrag der Klägerin in vollem Umfang Erfolg.
33 
Somit ist auch der angefochtene Bescheid des beklagten Regierungspräsidiums aufzuheben, da die beabsichtigte Werbeaktion mangels Entgelts kein Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV ist.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
35 
Die Berufung ist gemäß § 124 a Abs. 1 S. 1 und § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.
36 
Beschluss vom 15.03.2012
37 
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG aufEUR 5.000,00 festgesetzt.

Gründe

 
17 
Die Klage ist in der vorliegenden Klageart als Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig.
18 
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Nach Absatz 2 kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können.
19 
Ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten liegt vor. Als Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO werden die rechtlichen Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis setzt voraus, dass zwischen den Beteiligten dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können (exemplarisch und umfassend Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.01.1992, BVerwGE 89, 327 mit weitgehenden und umfassenden Hinweisen auf die vorausgegangene Rechtsprechung). Der Streit der Beteiligten muss in Beziehung zu Bedeutung und Tragweite einer Vorschrift des öffentlichen Rechts im Hinblick auf einen konkreten Sachverhalt bestehen (so BVerwG, Urt. v. 26.01.1996 - BVerwGE 100, 262 - 275).
20 
Diese Voraussetzungen liegen im Verhältnis der Beteiligten vor, denn zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die von der Klägerin geplante Werbeaktion den Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags unterliegt.
21 
Die Klägerin hat auch das nach § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der erstrebten Feststellung. Dieses Interesse schließt über ein rechtliches Interesse hinaus jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse auch wirtschaftlicher oder ideeller Art ein, wobei jedoch zur Vermeidung der dem Verwaltungsprozess fremden Popularklage die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO entsprechend anzuwenden ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 29.06.1995, BVerwGE 99, 64). Das bedeutet, dass auch eine auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtete Klage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO nur zulässig ist, wenn es dem Kläger dabei um die Verwirklichung seiner Rechte geht, sei es, dass er an dem festzustellenden Rechtsverhältnis selbst beteiligt ist, sei es, dass von dem Rechtsverhältnis eigene Rechte des Klägers abhängen. Der Klägerin kommt somit schon deshalb ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung zu, da sie hierdurch sicherstellen kann, dass sie sich bei der Durchführung der geplanten Aktion nicht gemäß § 284 StGB strafbar macht.
22 
Die Feststellungsklage ist im vorliegenden Fall auch nicht gegenüber einer Anfechtung- oder Verpflichtungsklage subsidiär.
23 
Eine Anfechtungsklage allein genügt nicht, um das Rechtschutzbegehren der Klägerin im geltend gemachten Umfang zu umfassen, denn im Hinblick darauf, dass eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für den angefochtenen feststellenden Bescheid des Beklagten nicht vorliegt, sondern allenfalls aufgrund einer Ableitung aus den dem Beklagten eingeräumten entsprechenden Befugnissen in Betracht kommt (vgl. BVerwG, U. v. 09.05.2001 - 3 C 2/01 -, BVerwGE 114, 226ff. m. w. N.), wäre dem Begehren der Klägerin jedenfalls dann nicht umfassend Rechnung getragen, wenn der Bescheid des Beklagten aus formalen Gründen aufgehoben würde.
24 
Die Klägerin ist auch nicht auf die Möglichkeit einer Verpflichtungsklage mit dem Ziel der Erlaubnis (§ 4 GlüStV) für die geplante Veranstaltung zu verweisen, da sie diese gerade nicht als Glücksspiel ansieht. Eine Klage mit dem Ziel, den Beklagten zur begehrten Feststellung zu verpflichten, kommt ebenfalls nicht in Betracht, da eine entsprechende Rechtsgrundlage für diesen Anspruch nicht vorhanden ist.
25 
Die Klage ist auch begründet. Denn entgegen der Auffassung des beklagten Regierungspräsidiums stellt sich die Werbeaktion nicht als (unerlaubtes) Glücksspiel dar.
26 
Nach § 3 Abs. 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele.
27 
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Frage, ob die Klägerin für den Erwerb der Gewinnchance ein Entgelt verlangt. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht gegeben. Ungeachtet der Frage, inwieweit der für die Anwendung des § 284 StGB erforderliche Einsatz mit dem Begriff des für die Bejahung eines Glücksspiels im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages erforderlichen Entgelts übereinstimmt, ist nicht erkennbar, dass die Teilnahme an der Werbeaktion überhaupt gegen ein Entgelt des Kunden zumindest in verdeckter Form erfolgt. Das setzt nämlich voraus, dass der Kunde seine grundsätzliche Kaufentscheidung zumindest zusätzlich in der Absicht trifft, dass er mit seinem Kauf eine Gewinnchance erwirbt und nicht wesentlich daran orientiert, dass er Möbel bzw. Waren im Wert von mindestens 100,- EUR kauft. Im vorliegenden Fall gehört die Teilnahme am Gewinnspiel als Dreingabe zum Inhalt der von der Klägerin angebotenen Leistung. Sie ist kalkulatorisch nicht von der Preisgestaltung zu trennen und soll lediglich eine zusätzliche Anziehungskraft für den Erwerb der Ware beinhalten. Sie beinhaltet nicht den zusätzlichen gezielten Erwerb einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel, d.h. es ist nicht erkennbar, dass der betreffende Verbraucher seine wirtschaftliche Entscheidung nicht mehr von den Eigenschaften der Waren und ihres Preises abhängig macht, sondern sie im Hinblick darauf trifft, dass ihm dadurch eine Gewinnchance eingeräumt wird, die über den konkreten Preis oder Gegenwert der Ware hinausgeht, und somit sachfremde Motive dafür maßgeblich sind. Das ergibt sich daraus, dass dem jeweiligen Verbraucher keine Gewinnmöglichkeit eröffnet wird, die den Wert der Ware übersteigt. Es handelt sich vielmehr um ein mit dem Kauf verknüpftes zusätzliches Leistungsangebot, nicht jedoch um eine zusätzlich eingeräumte gesonderte Gewinnchance. Entgegen der Auffassung des Beklagten geht der Teilnahme am Gewinnspiel kein Vermögensopfer voraus, denn der Kunde erhält die von ihm gekauften Waren. Die Einschätzung des Beklagten, dass dies lediglich eine Kompensation für das Vermögensopfer im Hinblick auf die erworbene Teilnahme am Gewinnspiel darstellen könnte, ist im Hinblick darauf, dass der Kunde den vollen Wert der Gegenstände behält, nur schwer nachvollziehbar, zumal er die Möglichkeit hat, sich innerhalb des Aktionszeitraums auf dem Möbelmarkt zu orientieren und ggf. andere attraktive Angebote mit entsprechenden Zugaben oder Rabattgestaltungen vorzuziehen.
28 
Diese Einschätzung entspricht der wettbewerbsrechtlichen obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 4 Abs. 6 UWG (vgl. BGH, U. v. 22.01.2009 - I ZR 31/06 -, NJW 2009, 997 und BGH GRUR 2007, 982), die sich daran orientiert, dass eine Differenzierung vorzunehmen ist, ob die Teilnahme an einem Gewinnspiel vom Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig gemacht wird oder ob es sich wie hier um ein Verfahren der konkreten Preisgestaltung handelt, bei welchem der Eintritt des ungewissen Ereignisses sich lediglich auf die vertragliche Gegenleistung in Form der Zahlung des Kaufpreises auswirkt, d.h. die entsprechende Kaufpreisvereinbarung unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) getroffen worden ist.
29 
Diese Beurteilung steht auch nicht mit den Zielrichtungen des Glücksspielstaatsvertrags in Widerspruch, wie sie in dessen § 1 ausdrücklich aufgeführt sind. Danach sind Ziele des Staatsvertrags 1. das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, 2. das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete Bahnen zu lenken; insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern, 3. den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten, 4. sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt werden.
30 
Entgegen der Auffassung des Beklagten, wie sie dieser in der mündlichen Verhandlung vertreten hat, ist für das Gericht das Risiko einer „Einstiegsdroge“ in die Glücksspiel- bzw. Wettsucht durch die zusätzliche Dreingabe einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel in Form einer sich auf den Kaufpreis auswirkenden Gewinngestaltung nicht naheliegend. Dass einzelne Werbeaktionen, die die Möglichkeit des Entfallens des Kaufpreises der erworbenen Waren beinhalten, geeignet sind, den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung von geordneten und überwachten allgemeinen Angeboten abzulenken, ist ebenfalls nicht erkennbar. Die Einhaltung des Jugendschutzes erscheint im Hinblick auf die allgemeinen Vorschriften zur Geschäftsfähigkeit nicht bedroht. Potentiell betrügerischen Machenschaften, die angesichts der im konkreten Fall objektivierbaren Modalitäten weder ersichtlich sind noch sich aufdrängen, kann durch die allgemein den Verbraucher schützenden Regelungen vorgebeugt bzw. können diese strafrechtlich sanktioniert werden.
31 
Da es somit bereits an einem Entgelt für die Teilnahme an dem Gewinnspiel fehlt, fällt die geplante Werbeaktion nicht unter § 3 GlüStV. Dass durch die Aktion Verkaufsentscheidungen ggf. vorgezogen oder bei der Klägerin realisiert werden, sind Gesichtspunkte, die jeder Werbeaktion immanent sind. Wettbewerbsrechtliche Gesichtspunkte und allgemeine verbraucherschützende Gesichtspunkte zu beurteilen, unterliegt jedoch nicht der Kompetenz des Beklagten.
32 
Angesichts dessen hat der Feststellungsantrag der Klägerin in vollem Umfang Erfolg.
33 
Somit ist auch der angefochtene Bescheid des beklagten Regierungspräsidiums aufzuheben, da die beabsichtigte Werbeaktion mangels Entgelts kein Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV ist.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
35 
Die Berufung ist gemäß § 124 a Abs. 1 S. 1 und § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.
36 
Beschluss vom 15.03.2012
37 
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG aufEUR 5.000,00 festgesetzt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Gründe

1

Der Kläger wendet sich gegen eine Verfügung des Rechtsvorgängers des Beklagten, mit der ihm die Vermittlung von Sportwetten in den Räumen der von ihm betriebenen Gaststätte untersagt worden ist. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Berufung gegen das klagabweisende erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen, weil die Klage mit sämtlichen vier Anträgen unzulässig sei.

2

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Die in Anspruch genommenen Zulassungsgründe des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor.

3

1. Die Abweisung der Klage mit sämtlichen vier Anträgen als unzulässig beruht nicht auf Verfahrensmängeln.

4

a) Das Berufungsgericht hat den hauptsächlichen Aufhebungsantrag als unzulässig angesehen, weil die angefochtene Untersagungsverfügung sich erledigt habe. Die Untersagungsverfügung habe sich auf die Geschäftsräume des Klägers in B., B.straße ..., bezogen. Die dort betriebene Gaststätte habe der Kläger jedoch am 1. Juni 2008 aufgegeben, sein Gewerbe abgemeldet. Zwar habe er das von ihm gepachtete Ladenlokal bis zum 30. September 2010 zunächst unterverpachtet, am 1. Oktober 2010 jedoch die Möglichkeit verloren, dort eine Annahmestelle für private Sportwetten zu betreiben.

5

Dass dies auf Verfahrensmängeln beruht, zeigt der Kläger nicht auf. Gegen die rechtliche Schlussfolgerung des Oberverwaltungsgerichts, der endgültige Verlust der Möglichkeit, die untersagte Tätigkeit im Falle des Erfolges der Anfechtungsklage in den gepachteten Geschäftsräumen wieder aufzunehmen, führe zur Erledigung der Untersagungsverfügung, sind keine Einwände zu erheben. Der Kläger wendet sich denn auch vornehmlich gegen die Richtigkeit der zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellung, er habe am 1. Oktober 2010 endgültig die Möglichkeit verloren, in den bis dahin gepachteten Geschäftsräumen eine Annahmestelle für private Sportwetten zu betreiben. Sein Beschwerdevorbringen macht jedoch keinen Verfahrensfehler erkennbar.

6

Dem Kläger ist vor der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts hinreichend rechtliches Gehör gewährt worden (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO); er konnte daher nicht überrascht worden sein. Das Gericht stützt seine tatsächliche Feststellung ausweislich des Tatbestandes des angefochtenen Urteils (UA S. 4) auf eine Mitteilung der Verbandsgemeindeverwaltung B. vom 6. April 2011, derzufolge der Kläger seine gewerbliche Tätigkeit in den fraglichen Geschäftsräumen am 1. Juni 2008 aufgegeben und sein dort betriebenes Gewerbe abgemeldet habe. Diese Mitteilung hatte das Gericht den Beteiligten vor der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gegeben; der Kläger hat hierzu auch sowohl mit Schriftsatz vom 11. April 2011 als auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. April 2011 Stellung genommen.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, auch in anderer Hinsicht nicht verletzt. Der Tatbestand des angefochtenen Urteils vermerkt (UA S. 4), dass der Kläger mündlich vorgetragen habe, er hätte die ihm untersagte Vermittlungstätigkeit "bis zum Oktober 2010" wieder aufnehmen können, weil er die Geschäftsräume bis zum Oktober 2010 lediglich unterverpachtet habe. Das stimmt mit der Bestätigung der Firma F. GmbH vom 4. Juli 2011 überein, die der Kläger im Beschwerdeverfahren vorgelegt hat (Bl. 1507 der GA), wonach der Kläger die Geschäftsräume gepachtet und nach der Aufgabe des eigenen Gewerbebetriebs zunächst unterverpachtet hatte, sein Hauptpachtvertrag für die Räumlichkeiten aber zum 30. September 2010 ausgelaufen war. Diesen Vortrag hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner rechtlichen Würdigung berücksichtigt. Dass der Kläger beim Oberverwaltungsgericht geltend gemacht hätte, er hätte die ihm untersagte Vermittlungstätigkeit auch noch nach dem 1. Oktober 2010 in denselben Geschäftsräumen wieder aufnehmen können, verzeichnet der Tatbestand des angefochtenen Urteils nicht. Dass der Tatbestand unrichtig sei, macht der Kläger nicht geltend; einen Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 119 VwGO hat er nicht gestellt.

8

Das Oberverwaltungsgericht hat auch nicht die gebotene Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) vermissen lassen. Der - anwaltlich vertretene - Kläger hat Beweisanträge nicht gestellt. Es musste sich dem Gericht aber angesichts der Einlassung des Klägers auch nicht aufdrängen, von sich aus Ermittlungen darüber anzustellen, ob und ggf. unter welchen Bedingungen er die bis zum 30. September 2010 gepachteten Geschäftsräume künftig etwa erneut würde anpachten können.

9

Nur ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass der Kläger als Gewerbe nur den Betrieb eines Billard-Cafés und einer Schankwirtschaft im Januar 2006 an- und im Juni 2008 abgemeldet hatte. Das angemeldete Gewerbe umfasste nicht die Vermittlung von Sportwetten; die Fortführung des Betriebes war in rechtlicher Hinsicht vom Bestand der angefochtenen Untersagungsverfügung unabhängig.

10

b) Das Oberverwaltungsgericht hat auch die drei - gestaffelt jeweils hilfsweise gestellten - Feststellungsanträge als unzulässig angesehen. Gegen die Abweisung des ersten Hilfsantrags erhebt der Kläger keine Einwände. Seine Beschwerde weist allerdings hinsichtlich der Abweisung des zweiten und des dritten Hilfsantrags auf eine Verletzung von Verfahrensrecht hin (aa); doch beruht die Klagabweisung hierauf nicht (bb).

11

aa) Mit dem zweiten und dem dritten Hilfsantrag hat der Kläger die gerichtliche Feststellung begehrt, dass die Untersagungsverfügung bis zum 31. Dezember 2008 bzw. bis zum 31. Dezember 2007 rechtswidrig gewesen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Anträge als Fortsetzungsfeststellungsanträge angesehen, die nur unter den Voraussetzungen des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und insbesondere nur dann zulässig seien, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Es hat sie für unzulässig gehalten, weil ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse grundsätzlich nur für den Zeitpunkt der Erledigung anerkannt werden könne. Erledigung aber sei erst am 1. Oktober 2010 eingetreten. Das ist mit geltendem Prozessrecht unvereinbar.

12

Richtig ist allerdings, dass der Übergang von einem Anfechtungs- oder einem Verpflichtungs- zu einem Feststellungsbegehren nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO voraussetzt, dass der Streitgegenstand nicht ausgewechselt oder erweitert wird. Das ergibt sich aus dem Zweck, dem die Fortsetzungsfeststellungsklage dient. Sie soll verhindern, dass ein Kläger, der infolge eines erledigenden Ereignisses seinen ursprünglichen, den Streitgegenstand kennzeichnenden Antrag nicht weiterverfolgen kann, um die "Früchte" der bisherigen Prozessführung gebracht wird. Er darf daher das in der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage subsidiär enthaltene Feststellungsbegehren als Hauptantrag fortführen, wenn er ein entsprechendes Feststellungsinteresse vorweisen kann. Ohne Weiteres zulässig ist eine solche Fortsetzungsfeststellungsklage mithin nur, wenn der Streitgegenstand von dem bisherigen Antrag umfasst war (Urteile vom 24. Januar 1992 - BVerwG 7 C 24.91 - BVerwGE 89, 354 <355> = Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 242 und vom 16. Mai 2007 - BVerwG 3 C 8.06 - BVerwGE 129, 27 = Buchholz 418.72 WeinG Nr. 30).

13

Unrichtig ist hingegen die weitere Annahme des Oberverwaltungsgerichts, Streitgegenstand der Anfechtungsklage gegen einen Dauerverwaltungsakt sei stets nur dessen Rechtmäßigkeit im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Was Streitgegenstand einer Anfechtungsklage ist, bestimmt der Kläger (vgl. § 82 Abs. 1 Satz 1, §§ 88, 90 Abs. 1 VwGO). Er entscheidet über den Umfang der Anfechtung eines Verwaltungsakts, und zwar auch in zeitlicher Hinsicht. Das gewinnt gerade beim Dauerverwaltungsakt Bedeutung. Der sog. Verwaltungsakt mit Dauerwirkung weist die Besonderheit auf, dass seine Wirkung nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern während eines bestimmten Zeitraums eintritt (vgl. Urteil vom 29. November 1979 - BVerwG 3 C 103.79 - BVerwGE 59, 148 <160> = Buchholz 451.81 § 6a AWG Nr. 3). Er kann deshalb nicht nur für einen bestimmten Zeitpunkt, sondern auch für den gesamten Zeitraum seiner Wirksamkeit oder auch nur für Teile dieses Zeitraums angefochten werden (vgl. Urteile vom 15. November 1967 - BVerwG 1 C 43.67 - BVerwGE 28, 202 <205> = Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 24 und vom 27. Januar 1993 - BVerwG 11 C 35.92 - BVerwGE 92, 32 <35 f.> = Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 24). Zwar wird der Kläger seinen Aufhebungsantrag häufig ohne nähere zeitliche Bestimmung stellen. Dann dürfte regelmäßig anzunehmen sein, dass er die Aufhebung des Dauerverwaltungsakts für den gesamten Zeitraum seiner Wirksamkeit begehrt. Entsprechendes gilt für ein einer solchen Anfechtungsklage stattgebendes Urteil; auch dadurch wird der Verwaltungsakt nicht nur für bestimmte Zeitpunkte oder Zeitabschnitte, sondern im Zweifel für den gesamten Zeitraum seiner Wirksamkeit beseitigt. Der Umstand, dass seine Rechtmäßigkeit in Ermangelung abweichender gesetzlicher Bestimmungen (vgl. dazu etwa Urteil vom 2. Februar 1982 - BVerwG 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1 <2 ff.> = Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 37; Beschluss vom 23. November 1990 - BVerwG 1 B 155.90 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 47) regelmäßig nach der Sach- und Rechtslage zu beurteilen ist, wie sie im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung besteht (Urteile vom 27. Januar 1993 a.a.O. und vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - NVwZ 2011, 1328 Rn. 18 ff., jeweils m.w.N.), ändert hieran nichts; er hat zur unausgesprochenen Voraussetzung, dass sich die Sach- und Rechtslage seit seinem Erlass nicht verändert hat. Hat sich die Sach- oder die Rechtslage seither in ausschlaggebender Weise verändert, so wird der Kläger entscheiden müssen, ob er sein Aufhebungsbegehren auf den Zeitraum nach der Veränderung beschränkt, und das Gericht wird, wenn der Verwaltungsakt erst durch die Veränderung rechtswidrig geworden ist, ihn nur für die nachfolgende Zeit aufheben und die ohne zeitliche Beschränkung aufrechterhaltene Klage im Übrigen, nämlich für den früheren Zeitraum abweisen. Alles dies ändert aber nichts daran, dass ein Dauerverwaltungsakt Wirkungen für einen längeren Zeitraum entfaltet und dass der Kläger auch in zeitlicher Hinsicht bestimmt, inwieweit er ihn der gerichtlichen Überprüfung zuführen will.

14

Der Klagantrag, einen Dauerverwaltungsakt auch für vergangene Zeiträume aufzuheben, setzt freilich voraus, dass der Kläger von ihm auch insoweit noch beschwert ist. Ein Dauerverwaltungsakt wird sich häufig bei fortschreitender Zeit für die jeweils vergangenen Zeiträume - gewissermaßen fortlaufend - erledigen, auch wenn für die Annahme seiner Erledigung der bloße Zeitablauf nicht genügt, vielmehr erforderlich ist, dass von ihm auch für diese Vergangenheit keine dem Kläger nachteiligen Rechtswirkungen mehr ausgehen. Dies bietet dem Kläger einen zusätzlichen Grund, sein Aufhebungsbegehren auf den gegenwärtigen Zeitpunkt (und die weitere Zukunft - "ex nunc") zu beschränken. Es zwingt ihn aber nicht dazu, sein Klagebegehren in Ansehung der Vergangenheit vollständig aufzugeben. Er kann vielmehr insoweit zu dem Feststellungsantrag übergehen, dass der Dauerverwaltungsakt in Ansehung der Vergangenheit rechtswidrig gewesen sei (Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 20). Ein solcher Feststellungsantrag muss sich nicht auf die gesamte zurückliegende Geltungszeit des Dauerverwaltungsakts erstrecken, sondern kann sich - ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Feststellung vorausgesetzt - auf bestimmte zurückliegende Zeiträume beschränken. Regelmäßig wird es sich um Feststellungsanträge nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO handeln. Das zeigt, dass mit einer Klage, die einen Dauerverwaltungsakt zum Gegenstand hat, zugleich dessen Aufhebung (in Ansehung von Gegenwart und Zukunft) als auch die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit (in Ansehung der Vergangenheit) begehrt werden kann. Für die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit in der Vergangenheit wird ein Feststellungsinteresse namentlich in Betracht kommen, wenn sich zwischenzeitlich die maßgebliche Sach- oder Rechtslage geändert hat.

15

bb) Das Oberverwaltungsgericht hat mithin den zweiten und den dritten Hilfsantrag zu Unrecht mit der Begründung für unzulässig erachtet, die damit begehrte Feststellung betreffe zurückliegende Zeiträume, die nicht bis zum Zeitpunkt der (endgültigen) Erledigung des Anfechtungsbegehrens hinreichten. Das Berufungsurteil beruht hierauf jedoch nicht (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat diese beiden Hilfsanträge nämlich noch aus einem weiteren Grund für unzulässig gehalten, der seine Entscheidung selbstständig trägt. Der Kläger leitet sein Feststellungsinteresse aus seiner Absicht her, Ersatzansprüche gegen die Untersagungsbehörde oder gegen den jetzigen Beklagten geltend machen zu wollen. Das Oberverwaltungsgericht hat darin keinen zureichenden Grund für die Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes zu erkennen vermocht, weil der Kläger seine behaupteten Ersatzansprüche unmittelbar bei den ordentlichen Gerichten verfolgen könne, die hierfür ohnehin zuständig seien (UA S. 8). Hiergegen bringt die Beschwerde nichts vor, sodass es insoweit an der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen näheren Darlegung eines Verfahrensmangels fehlt.

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2. Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das wäre nur der Fall, wenn die Rechtssache eine Rechtsfrage aufwirft, die der - ggf. erneuten oder weitergehenden - höchstrichterlichen Klärung bedarf, wenn mit dieser Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren zu rechnen ist und hiervon eine Fortentwicklung der Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus zu erwarten steht. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Kläger wirft zwar mit Blick auf seinen zweiten und dritten Hilfsantrag die Frage nach dem zulässigen zeitlichen Umfang einer Fortsetzungsfeststellungsklage im Falle eines erledigten Dauerverwaltungsakts auf. Diese Frage rechtfertigt indes nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens; sie lässt sich - wie gezeigt - anhand der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Weiteres beantworten. Hinzu kommt, dass die angefochtene Entscheidung - wie ebenfalls gezeigt - insoweit auf zwei jeweils selbstständig tragende Begründungen gestützt ist. Das Zulassungsbegehren wäre aber nur begründet, wenn hinsichtlich beider Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt. Daran fehlt es.

(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein.

(2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. Oktober 2010 - 3 K 3226/09 - geändert.

Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.11.2009 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Klägerin in Baden-Württemberg ohne Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV berechtigt ist, im Internet das in der Bundesligasaison 2009/2010 unter der Domain www.....de/sport/Fussball/bundesliga/supermanager/fussball-bundes-liga-manager.html angebotene Managerspiel zu veranstalten.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen eine Untersagungsverfügung wegen unerlaubten Glücksspiels.
Die Klägerin ist ein Medienunternehmen und bot in der Bundesligasaison 2009/2010 auf ihrer Webseite www.....de ein Bundesligamanagerspiel („Super-Manager“) an und machte Werbung hierfür. Bei dem Spiel stellen die Teilnehmer aus den real existierenden Spielern der 1. Fußballbundesliga eine fiktive Mannschaft zusammen, die über den Verlauf einer realen Bundesligasaison nach festgelegten Bewertungskriterien mit ebenfalls fiktiven Mannschaften anderer Teilnehmer konkurriert (sog. Fantasy League). Pro Mannschaft entrichtet der Teilnehmer, der mit höchstens 10 Mannschaften antreten kann, eine Teilnahmegebühr von 7,99 EUR, wobei jede dritte Mannschaft eines Teilnehmers kostenlos ist. Nach Zahlung der Gebühr registrieren sich die Spieler über das Internet und stellen für jeden Spieltag ihre Mannschaft zusammen. Vom Veranstalter erhalten die Teilnehmer laufend Bewertungen für die Spieler ihrer Mannschaft. Es werden monatlich Sachpreise für die besten fünf Teilnehmer der nach Geschicklichkeitsstufen eingeteilten drei Ligen und am Ende der Saison für die Plätze 4 bis 100 ausgeschüttet. Geldpreise erhalten die Bestplatzierten nach der Hin- und Rückrunde (insgesamt je 8.000 EUR) sowie die drei Bestplatzierten der Gesamtwertung am Ende der Saison (insgesamt 135.000 EUR). Die Vergabe der Punkte an die Teilnehmer erfolgt zum einen auf der Grundlage der Bewertung der einzelnen Bundesligaspieler durch eine Expertenjury der ...-Redaktion, zum anderen auf Grund weiterer, detailliert festgelegter Bewertungskriterien, die im Verhältnis zur Bewertung der Spieler durch die ...-Redaktion eine doppelte Wertigkeit haben.
Nach Anhörung untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Verfügung vom 12.11.2009 der Klägerin, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Nummer 1). Zugleich wurde ihr aufgegeben, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich einzustellen und die Einstellung dem Regierungspräsidium schriftlich mitzuteilen (Nummer 2). Für den Fall, dass die Klägerin den Verpflichtungen aus Nummern 1 und 2 der Verfügung bis zwei Wochen nach Bekanntgabe der Verfügung nicht nachkommt, wurde ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 EUR angedroht (Nummer 3). Schließlich wurde eine Gebühr in Höhe von 500 EUR festgesetzt (Nummer 4). Zur Begründung wurde in der Verfügung ausgeführt: Die Untersagung beruhe auf § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV. Bei dem von der Klägerin veranstalteten Turnier handele es sich um Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV. Für die Chance auf einen Gewinn sei ein Entgelt zu entrichten, wobei unerheblich sei, dass es als Teilnahmegebühr bezeichnet und diese ausschließlich für die Organisation des Spiels verwendet werde sowie dass die Preise durch Vollsponsoring finanziert würden. Bei dem hier in Frage stehenden Spiel überwögen die Zufallselemente deutlich. Die Bewertungskriterien jedes einzelnen Bundesligaspielers seien von den Teilnehmern des Bundesligamanagerspiels nicht beeinflussbar und auch von der subjektiven Meinung der ...-Redaktion abhängig. Die Veranstaltung des Glücksspiels erfolge ohne die erforderliche Erlaubnis, die auch nicht erteilt werden könne, da die für Baden-Württemberg maßgebliche Rechtslage die Erteilung der Erlaubnis für die private gewerbliche Veranstaltung von Glücksspiel nicht zulasse. Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet sei gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV, Werbung für unerlaubtes Glücksspiel gemäß § 5 Abs. 4 GlüStV verboten. Das staatliche Glücksspielmonopol sei verfassungskonform. Durch welche Maßnahmen die Klägerin der Untersagung nachkomme, bleibe ihr selbst überlassen.
Einen bereits am 16.11.2009 gestellten Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit rechtskräftigem Beschluss vom 24.06.2010 - 3 K 3212/09 - ab. Daraufhin stellte die Klägerin die Veranstaltung des Bundesligamanagerspiels zunächst ein. Mittlerweile wird - nach den Angaben des Vertreters der Klägerin in der Berufungsverhandlung - das Spiel „Super-Manager“ in der Form angeboten, dass die Spieler zwischen einer entgeltfreien Basisversion und einer Premiumvariante mit einem Entgelt von 4,99 EUR pro Spieler und Team wählen können, wobei die Gewinnmöglichkeiten bei beiden Varianten identisch sind. Die Basis- und die Premiumvariante unterscheiden sich lediglich im Hinblick auf einzelne Funktionen, die die Qualität und Gefälligkeit der Darstellung des Spiels betreffen. Gegen diese Spielgestaltung schreitet der Beklagte nach den Angaben seines Vertreters in der Berufungsverhandlung nicht ein.
Gegen die Verfügung vom 12.11.2009 hat die Klägerin am 17.11.2009 Klage erhoben und deren Aufhebung sowie die Feststellung beantragt, dass sie in Baden-Württemberg ohne Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV berechtigt ist, im Internet das angebotene Managerspiel zu veranstalten. Zur Begründung der Klage hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht: Das hier in Rede stehende Bundesligamanagerspiel sei kein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV. Denn bei der Teilnahmegebühr handele es sich nicht um ein Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance; auch hänge die Gewinnentscheidung nicht überwiegend vom Zufall ab. Die Gewinnchance erwachse nicht aus den von den Teilnehmern gezahlten Gebühren. Diese würden ausschließlich für die Deckung der Veranstaltungskosten unter Ausschluss der Finanzierung der Preise verwendet. Sämtliche Preise würden von Sponsoren zur Verfügung gestellt und hingen nicht von der Anzahl der Teilnehmer und der Summe der von ihnen erbrachten Gebühren ab. Die Gebühr sei angesichts der von ihr über die gesamte Saison zur Verfügung gestellten aufwendigen Organisations- und Serviceleistungen unbeträchtlich. Das Spiel habe reinen Unterhaltungscharakter und verursache keine Spielsuchtgefahren. Die Gewinnchancen orientierten sich weder am Ergebnis sportlicher Wettkämpfe noch am sportlichen Erfolg einzelner Spieler. Vielmehr werde die Leistungsfähigkeit des Managers und Trainers einer Mannschaft simuliert, die fiktiv am Spielbetrieb der Bundesliga teilnehme. Das Zufallselement trete dabei hinter die Geschicklichkeitselemente zurück. Im Hinblick darauf, dass undifferenziert die Veranstaltung und Vermittlung von „Glücksspiel“ untersagt werde, sei die Anordnung unverhältnismäßig und unbestimmt. Das staatliche Glücksspielmonopol und das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV seien mit Art. 12 Abs. 1 GG und der unionsrechtlichen Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar. Die auf Baden-Württemberg beschränkte Sperrung des Internetvertriebs sei technisch unmöglich. Das Regierungspräsidium greife damit rechtswidrig in die Entscheidungskompetenzen und in die Entscheidungshoheit aller anderen Bundesländer ein.
Mit Urteil vom 18.10.2010 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Anfechtungsklage sei unbegründet, da die Untersagungsverfügung auf § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV gestützt werden könne. Bei dem von der Klägerin angebotenen Bundesligamanagerspiel handele es sich um öffentliches Glücksspiel. Das Zufallsmoment überwiege deutlich das Geschicklichkeitselement. Die Gewinnchance werde durch ein Entgelt erworben. Die Veranstaltung des Managerspiels sei unerlaubt, da die Klägerin nicht über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis verfüge, zudem verstoße sie gegen das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV. Es bestünden keine Zweifel an der verfassungs- und unionsrechtlichen Rechtmäßigkeit des durch den Glücksspielstaatsvertrag normierten staatlichen Glücksspielmonopols und des Internetverbots des § 4 Abs. 4 GlüStV. Die Untersagungsverfügung sei hinreichend bestimmt. Von der Klägerin werde nichts Unmögliches verlangt. Die Verfügung sei auch im Übrigen ermessensfehlerfrei zu Stande gekommen. Das Einschreiten gegen das von der Klägerin betriebene unerlaubte Glücksspiel entspreche dem Zweck des in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV eingeräumten Ermessens und einer einheitlichen Verwaltungspraxis. Aus den dargelegten Gründen bleibe auch der Feststellungsantrag ohne Erfolg.
Gegen das am 03.02.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15.02.2011 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Mit der rechtzeitig vorgelegten Begründung macht sie im Wesentlichen weiter geltend: Der Bescheid vom 12.11.2009 sei rechtswidrig. Das Bundesligamanagerspiel sei kein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV. Die für die Teilnahme zu entrichtende Gebühr sei kein Einsatz im Rechtssinn, sondern ein „Eintrittsgeld“, aus dem nicht die Gewinnchance des Teilnehmers erwachse. Die Gebühr werde zur Refinanzierung der Kosten erhoben, die beim Veranstalter für die Spielorganisation und für begleitende Serviceleistungen anfielen. Sämtliche Preise würden von Sponsoren zur Verfügung gestellt. Die Preise und ihre Höhe hingen nicht von der Anzahl der Teilnehmer oder von der Summe der von ihnen gezahlten Gebühren ab, vielmehr würden sie im Vorhinein angekündigt. Im Übrigen sei die Teilnahmegebühr als unbeträchtlich einzustufen. Beim Bundesligamanager würden die Glücks- bzw. Zufallselemente nicht überwiegen. Er weise vielmehr zahlreiche Geschicklichkeitselemente auf, nämlich die Auswahl der Spieler bei der Zusammenstellung des Kaders, die Auswahl der Formation für den konkreten Spieltag, die Wahl der taktischen Formation vor jedem Spieltag und der Transfer von Spielern in der Winterpause. Zwar seien beim Zustandekommen der Ergebnisse Zufallsmomente beteiligt. Doch habe bei den im Verlauf der Saison zu treffenden Management- und Strategieentscheidungen der Teilnehmer hinreichend Gelegenheit, eine durch zufällige Ereignisse geschaffene Spiellage durch eigene Geschicklichkeit zu seinen Gunsten maßgeblich zu beeinflussen. Der Glücksspielbegriff sei teleologisch im Lichte der Schutzzwecke des Glücksspielstaatsvertrages zu interpretieren. Das von ihr angebotene Spiel verlange von den Teilnehmern zahlreiche (Manager-)Entscheidungen und sei auf längere Dauer angelegt. Wegen dieser Spielstruktur seien die Schutzzwecke des Glücksspielstaatsvertrages, insbesondere der Schutz vor Spielsucht und Überschuldung, nicht berührt. Darüber hinaus sei die Anordnung undifferenziert und untersage allgemein das „Glücksspiel“, mithin auch andere Spiele, die dem Glücksspielbegriff unterfielen. Sie sei damit nicht erforderlich und daher rechtswidrig. Sie sei auch unbestimmt, da der Begriff des Glücksspiels in hohem Maße konkretisierungsbedürftig sei. Die staatsvertraglichen Monopolregelungen, auf die der Unterlassungsbescheid gestützt sei, verstießen gegen Art. 49 und 56 AEUV. Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV sei unionsrechtswidrig und dürfe zur Durchsetzung weder des staatlichen Veranstaltungsmonopols noch der Internetverbote in §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 GlüStV angewandt werden. Transformationsgesetze, die die Fortgeltung der Verbots- und Beschränkungsregelungen des Ende 2011 ausgelaufenen Glücksspielstaatsvertrages anordneten, seien notifizierungspflichtig. Das Land Baden-Württemberg habe sein diesbezügliches Änderungsgesetz vom 29.11.2011 nicht notifizieren lassen, weswegen von der Unanwendbarkeit dieser Rechtsvorschrift auszugehen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. Oktober 2010 - 3 K 3226/09 - zu ändern und die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.11.2009 aufzuheben und festzustellen, dass sie, die Klägerin, in Baden-Württemberg ohne Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV berechtigt ist, im Internet das in der Bundesligasaison 2009/2010 unter der Domain www.....de/sport/fussball/bundesliga/su-per-manager/fußball-bundes-liga-manager.html angebotene Managerspiel zu veranstalten.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt im Wesentlichen weiter aus: Das Bundesligamanagerspiel sei Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV. Es erfülle sowohl das Merkmal der Entgeltlichkeit wie auch das der Zufallsabhängigkeit. Für die Teilnahme an dem Spiel sei ein Entgelt in Höhe von 7,99 EUR zu entrichten. Die Bezeichnung des Entgelts als Teilnahmegebühr sei unerheblich. Von einem „Einsatz“ spreche § 3 Abs. 1 GlüStV nicht. Nach dieser Vorschrift spiele es keine Rolle, ob die eingenommenen Teilnahmegebühren ausschließlich für die Organisation des Spiels oder auch für die Finanzierung der Preise verwendet würden. Die Spieldurchführung müsse sich für den Veranstalter auch nicht unbedingt wirtschaftlich lohnen. Angesichts der Eigenständigkeit des staatsvertraglichen Entgeltbegriffs ließen sich die strafrechtlichen Diskussionen um eine etwa notwendige Erheblichkeitsschwelle des Einsatzes nicht auf den Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 GlüStV übertragen. Die Entscheidung über den Gewinn bei dem Managerspiel hänge auch überwiegend vom Zufall ab. Die hierfür maßgebliche Punktevergabe erfolge auf der Grundlage von Leistungsparametern, die der Teilnehmer am Managerspiel nicht beeinflussen könne. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Wahl der konkreten Art und Weise der Umsetzung der Verfügung in das Ermessen des Adressaten gestellt worden sei. Das staatliche Glücksspielmonopol sei verfassungs- und unionsrechtskonform.
13 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten sowie die Akten des Verwaltungsgerichts vor; die Akten des Verfahrens 3 K 3212/09 vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe wurden beigezogen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf diese Unterlagen sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die Berufung der Klägerin ist auf Grund der Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft (§ 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Die Klägerin hat die Berufung insbesondere innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Verwaltungsgericht eingelegt (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO), sie innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 124a Abs. 3 Satz 1 und 4 VwGO).
15 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die Anfechtungs- und die Feststellungsklage der Klägerin abgewiesen.
16 
Die Anfechtungsklage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.11.2009 ist zulässig. Insbesondere ist weiterhin das Rechtsschutzbedürfnis gegeben, obwohl die Klägerin mittlerweile das streitgegenständliche Fußballmanagerspiel in einer unentgeltlichen Basis- und einer Premiumvariante mit einem Entgelt von 4,99 EUR für eine bessere Qualität und Gefälligkeit der Darstellung des Spiels anbietet und der Beklagte nach den Angaben seines Vertreters in der Berufungsverhandlung unter Hinweis darauf, dass wegen der unentgeltlichen und gleichwertigen Alternative zur Teilnahme an demselben Spiel von einem Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV nicht mehr ausgegangen werden könne, hiergegen nicht einschreitet. Denn wie der Vertreter der Klägerin in der Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, hat diese das Managerspiel nur unter dem Druck der Vollstreckung der Verfügung vom 12.11.2009 nach Ablehnung ihres Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO durch das Verwaltungsgericht auf diese Spielvarianten umgestellt und strebt weiterhin an, zu dem in der Bundesligasaison 2009/2010 angebotenen Modell des Bundesligamanagerspiels zurückzukehren.
17 
Die Anfechtungsklage ist auch begründet. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.11.2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV für die von dem für die Glücksspielaufsicht zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe (vgl. § 16 Abs. 1 AGGlüStV, § 2 Satz 1 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland) verfügte Untersagung, öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen, sind nicht gegeben.
19 
Allerdings gelten die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages über dessen Ablauf zum 31.12.2011 (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV) hinaus gemäß § 3 Abs. 3 AGGlüStV in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 29.11.2011 (Art. 1 des Änderungsgesetzes, GBl. 2011, 533) im Land Baden-Württemberg als Landesrecht fort. Die von der Klägerin geltend gemachten Bedenken an der Anwendbarkeit der durch das Änderungsgesetz vom 29.11.2011 angeordneten Fortgeltung der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages im Hinblick auf eine unionsrechtliche Notifizierungspflicht auf Grund der Richtlinie 98/34/EG (Informationsrichtlinie) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 204, 37), geändert durch die Richtlinie 98/48 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (ABl. L 217, 18) vermag der Senat nicht zu teilen. Unabhängig von der Frage, ob die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages überhaupt technische Vorschriften im Sinne der Informationsrichtlinie und daher notifizierungspflichtig sind (zweifelnd: Stein, ZfWG 2007, 397, ZfWG 2009, 332; bejahend: VG Hamburg, Urteil vom 05.11.2010 - 4 K 1840/07 -, juris; Streinz/Herrmann/Kruis, ZfWG 2007, 402), wurde der Glücksspielstaatsvertrag als solcher notifiziert (vgl. dazu ausführlich Urteil des Senats vom 10.12.2009 - 6 S 1110/07 -, ZfWG 2010, 24). Soweit das Land Baden-Württemberg durch das Änderungsgesetz vom 29.11.2011 die Fortgeltung des Glücksspielstaatsvertrages als Landesrecht über den 31.12.2011 angeordnet hat, folgt daraus kein über den Glücksspielstaatsvertrag hinausgehender notifizierungspflichtiger Inhalt des Änderungsgesetzes (vgl. Urteil des Senats vom 10.12.2009, a.a.O.; VG Karlsruhe, Urteil vom 26.04.2012 - 3 K 330/10 -, juris; anders LG Bremen, Urteil vom 10.05.2012 - 9 O 476/12 - im Hinblick auf § 2 Abs. 3 Satz 1 BremGlüStVG). Dies gilt auch in zeitlicher Hinsicht, nachdem die mögliche Fortgeltung des notifizierten Glücksspielstaatsvertrages über den 31.12.2011 hinaus schon in dessen § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV angelegt ist und der von der Klägerin in Bezug genommene Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 3 der Informationsrichtlinie in zeitlicher Hinsicht lediglich die Vorverlegung des ursprünglichen Zeitpunktes für die Anwendung einer technischen Vorschrift als wesentliche notifizierungspflichtige Änderung benennt.
20 
Bei dem hier in Rede stehenden und von der Klägerin in der Bundesligasaison 2009/2010 angebotenen Fußballmanagerspiel handelt es sich jedoch nicht um Glücksspiel im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3, 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt.
21 
Dabei kann hier offenblieben, ob - wofür allerdings einiges spricht (vgl. dazu: BayVGH, Beschluss vom 13.04.2010 - 10 CS 10.453 -, ZfWG 2010, 183; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.04.2010 - 13 B 512/10 -, ZfWG 2010, 187; VG Düsseldorf, Beschluss vom 20.04.2010 - 27 L 1529/09 -, juris) - bei dem von der Klägerin angebotenen Fußballmanagerspiel die Entscheidung über den Gewinn (überwiegend) vom Zufall abhängt, da hierfür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GlüStV).
22 
Denn bei dem Fußballmanagerspiel der Klägerin fehlt es an dem nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV für die Einordnung eines Spiels als Glücksspiel außerdem erforderlichen Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt. Bei der von der Klägerin erhobenen Teilnahmegebühr von 7,99 EUR pro Team handelt es sich nicht um ein solches Entgelt.
23 
Unter „Entgelt“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV ist nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst (sog. Einsatz). Hingegen ist eine Teilnahmegebühr, die bloß eine Mitspielberechtigung gewährt, etwa um die Spieler an den Aufwendungen für die Organisation des Spiels zu beteiligen, kein Entgelt im Sinn von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV. Insoweit stimmt der Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV mit dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff des § 284 StGB überein (ebenso: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009 - 6 A 10199/09 -, ZfWG 2009, 413; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2008 - 4 B 606/08 -, GewArch 2008, 407; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 10.08.2009 - 11 ME 67/09 -, GewArch 2009, 406; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2009 - 1 S 203.08 -, ZfWG 2009, 190; Thür. OVG, Beschluss vom 12.03.2010 - 3 EO 513/10 -, juris; Sächs. OVG, Beschluss vom 27.02.2012 - 3 B 80/11 -, juris; Bolay, MMR 2009, 669; vgl. zur Übereinstimmung des Entgeltbegriffs des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV mit dem strafrechtlichen Begriff des Glücksspiels im Hinblick auf das vom Senat hier nicht zu entscheidende Erfordernis einer Erheblichkeitsschwelle [für zufallsabhängige 50-Cent-Turniere]: Liesching, ZfWG 2009, 320 und MMR 2012, 1996 [mit der Auffassung, dass auch der BGH im Urteil vom 28.09.2011 - I ZR 92/09 -, ZfWG 2012, 23 davon ausgehe, dass der Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 GlüStV mit dem des § 284 StGB deckungsgleich sei]; Lober/Neumüller, MMR 2010, 295; Gummer, ZUM 2011, 105; Hambach/Münstermann, KuR, 2009, 457; anderer Ansicht: Bay. VGH, Urteil vom 25.08.2011 - 10 BV 10.1176 -, ZfWG 2011, 503; Beschluss vom 13.04.2010, a.a.O.; Hess. VGH, Beschluss vom 07.09.2011 - 8 B 1552/10 -, ZfWG 2011, 425; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 3 GlüStV RdNr. 5, § 284 StGB RdNr. 10; Hüsken, GewArch 2010, 336; Mintas, ZfWG 2009, 82).
24 
Nach § 284 StGB macht sich derjenige strafbar, der öffentlich ein behördlich nicht erlaubtes Glücksspiel veranstaltet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein Glücksspiel vor, wenn der Spielausgang überwiegend zufallsabhängig ist und Vermögenswerte als „Einsatz“ für die Aussicht auf einen möglichen Gewinn geleistet werden. Dabei bestimmt der Bundesgerichtshof einen Einsatz als die Leistung, „die erbracht wird in der Hoffnung, im Falle des Gewinnens eine gleiche oder höherwertige Leistung zu erhalten und in der die Befürchtung mitschwingt, dass er im Falle des Verlierens dem Gegenspieler oder dem Veranstalter anheimfällt“. Der Einsatz wird als ein Vermögenswert bewertet, der bewusst für die Beteiligung an den Gewinnchancen geopfert wird und in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Gewinnchance steht. Er wird vom Bundesgerichtshof von einem „in jedem Fall verlorenen Betrag“ abgegrenzt, der mit dem eigentlichen Spiel nichts zu tun hat, sondern lediglich die Mitspielberechtigung gewährt (vgl. BGH, Urteil vom 29.09.1986 - 4 StR 148/86 -, BGHSt 34, 171, 177; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 284 RdNr. 5 f.; Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 284 RdNr. 6; Duesberg, JA 2008, 270).
25 
Obwohl die Begriffsdefinition in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV nicht den in der strafrechtlichen Rechtsprechung üblichen Begriff des „Einsatzes“ verwendet, sondern davon spricht, dass „für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt“ werden muss, ist der Glücksspielbegriff des Glücksspielstaatsvertrages insoweit mit demjenigen des § 284 StGB deckungsgleich. Entgegen der von dem Beklagten vertretenen Ansicht (so ebenfalls: BayVGH, Urteil vom 25.08.2011, a.a.O.; Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 3 GlüStV RdNr. 5; Hüsken, GewArch 2010, 336) führt nicht bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV dazu, von einem vollständig eigenständigen und insoweit von der strafrechtlichen Begriffsbestimmung abweichenden Glücksspielbegriff des Glücksspielstaatsvertrages auszugehen. Denn das in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vorausgesetzte Entgelt kann nicht bloß jedwede geldwerte Gegen-leistung sein, die - wie etwa bei einer Gebühr, die bloß eine Teilnahmemöglichkeit verschafft - notwendige Bedingung für den Erwerb einer Gewinnchance ist, sondern auch eine solche Zahlung, die eine hinreichende Bedingung dafür darstellt, also in den Gewinn einfließt. Für diese Deutungsmöglichkeit spricht, dass § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vom „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ und nicht bloß vom Erwerb einer Teilnahmeberechtigung spricht und damit einen Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn herstellt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009, a.a.O.; Bolay, a.a.O., S. 671).
26 
In dieser Hinsicht ist nach der Entstehungsgeschichte des Glücksspielstaatsvertrages und dem dabei zu Tage getretenen Willen der Bundesländer von einer Deckungsgleichheit des Glücksspielbegriffs des § 3 Abs. 1 GlüStV mit dem strafrechtlichen Begriff des Glücksspiels auszugehen. Zwar ist den Erläuterungen zu § 3 GlüStV zunächst nur zu entnehmen, dass ein Glücksspiel nicht vorliegt, wenn ein Entgelt nicht verlangt wird (LT-Drs. 14/1930, S. 32), doch knüpfen die Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag hinsichtlich der Bestimmung des Glücksspielbegriffs an die Rechtsprechung der Strafgerichte zu den §§ 284 ff. StGB an (vgl. LT-Drs. 14/1930, S. 33, 34). Zudem werden nach den Erläuterungen zu § 3 GlüStV (LT-Drs. 14/1930, S. 32) die geltenden Bestimmungen in § 3 Abs. 1 bis 3 GlüStV unverändert übernommen und ist die Definition des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV inhaltsgleich mit der in § 3 Abs. 1 Satz 1 des abgelösten Lotteriestaatsvertrags vom 26.04.2004 - LottStV -, dessen Erläuterungen ihrerseits hinsichtlich der gesetzlichen Ausgangslage bei den Regelungen der §§ 284 ff. StGB ansetzen (LT-Drs. 13/3140, S. 18). In den Erläuterungen zum Lotteriestaatsvertrag heißt es dazu: „Bei den in den §§ 284 ff. StGB enthaltenen Verboten handelt es sich um repressive Verbote mit Befreiungsvorbehalt. Das Verbot, Glücksspiele ohne behördliche Erlaubnis zu veranstalten, ergibt sich unmittelbar aus den bundesrechtlichen Strafvorschriften. Die Voraussetzungen für die Erteilung von Erlaubnissen regelt - sofern nicht ausnahmsweise bundesrechtliche Vorschriften einschlägig sind - das Landesrecht … Damit obliegt es dem Landesgesetzgeber, die ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Zulassung von Glücksspielen vorzugeben“ (LT-Drs. 13/3140, S. 18, 19). Gerade angesichts dieses Befundes wäre es zu erwarten gewesen, dass der Normgeber ein etwaig anderes Verständnis des Glücksspielbegriffs in den Materialien zum Lotterie- oder Glücksspielstaatsvertrag deutlich zum Ausdruck gebracht hätte, was hier indes nicht geschehen ist. In der Begründung zum Lotteriestaatsvertrag wird nur an anderer Stelle, nämlich für das öffentliche Veranstalten von Lotterien und Ausspielungen nach § 3 Abs. 2 LottStV, auf eine Abweichung von den Vorschriften des Strafrechts besonders hingewiesen (LT-Drs. 13/3140, S. 22), während eine solche ausdrückliche Äußerung des Abweichungswillens für die Definition des Glücksspielbegriffs in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV fehlt. Zudem spricht die Äußerung des baden-württembergischen Landesgesetzgebers, der den Lotteriestaatsvertrag in Landesrecht umgesetzt hat, in seinen Erläuterungen zum Gesetz zu dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland dafür, dass auch er von einem einheitlichen Glücksspielbegriff ausgeht, wenn er ausführt, dass der Staatsvertrag „in Übereinstimmung mit den §§ 284 bis 287 StGB“ davon ausgehe, dass Glücksspiele gefährlich sind (Lt-Drs. 13/3140, S. 5).
27 
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag (LT-Drs. 14/1930, S. 32) eine entgeltliche Spielteilnahme bei Gewinnspielen über Telefonmehrwertdienste als Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages ansehen (so aber: BayVGH, Urteil vom 25.08.2011, a.a.O.; VG München, Urteil vom 03.03.2010 - M 22 K 09.4793 -, GewArch 2010, 359). Die insoweit einschlägige Passage der Erläuterungen („Ein Glücksspiel liegt im Übrigen nicht vor, wenn ein Entgelt nicht verlangt wird. Ein solches Verlangen ist nicht gegeben, wenn neben einer entgeltlichen Teilnahmemöglichkeit [z.B. via Mehrwertdienst] eine gleichwertige, praktikable und unentgeltliche Alternative - z.B. durch Postkarte, E-Mail oder via Internet - zur Teilnahme an demselben Spiel angeboten wird.“) enthält keine Aussage zu der Frage, ob der Glücksspielstaatsvertrag einen eigenen Glücksspielbegriff verwendet, sondern wiederholt nur Auffassungen, die sich bereits zum Glücksspielbegriff des § 284 Abs. 1 StGB herausgebildet hatten (vgl. etwa: OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.09.2003 - 20 U 39/03 -, juris; Hecker/Ruttig, GRUR 2005, 393, 397 f.; Fischer/Pfeifer, GewArch 2003, 154). Danach gilt das Telefonentgelt als Einsatz im oben beschriebenen strafrechtlichen Begriffssinn, da sich der Anrufer mit dem Telefonanruf unmittelbar am Gewinnspiel beteiligt und der Telefonanruf als solcher - anders als bei einer bloßen Teilnahmegebühr - im maßgeblichen Umfang die Gewinnchance beeinflusst.
28 
Darüber hinaus können die Bundesländer ihrem Anspruch, sich einer Regelung glücksspielrechtlicher Tatbestände zu enthalten, soweit eine abschließende Normierung durch den Bund erfolgt ist (Erläuterungen zu § 2 LottStV, Lt-Drs. 13/3140, S. 21; vgl. hierzu und zum Folgenden ausführlich: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009, a.a.O.; VG Trier, Urteil vom 03.02.2009 - 1 K 592/08 -, ZfWG 2009, 66; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.2011 - 27 L 471/10 -, juris; ferner: Wulf/Münstermann, a.a.O., S. 461), nur dann gerecht werden, wenn sie sich auf die Regelung ordnungsrechtlicher Belange von Glücksspielen beschränken, die der Begriffsbestimmung des § 284 StGB unterliegen. Bei einem unterschiedlichen Verständnis der Glücksspielbegriffe würde nämlich die vom Bundesgesetzgeber beabsichtigte Trennung zwischen den Regelungen des gewerblichen Spielrechts und des Glücksspielrechts, die auf unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenzen beruhen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung, BT-Drs. 8/1863, S. 10), aufgeweicht. Denn die zu diesem Zweck geschaffene Kollisionsnorm des § 33h GewO würde dann ihre Aufgabe nicht mehr uneingeschränkt erfüllen können, da sie eine Anwendung des Gewerberechts auf Spiele, die nicht unter den Glücksspielbegriff des § 284 StGB, wohl aber unter den des § 3 Abs. 1 GlüStV fallen, nicht ausschließen würde.
29 
Zudem ist die Strafbestimmung des § 284 Abs. 1 StGB verwaltungsakzessorisch ausgestaltet. Die dort genannten Tathandlungen stehen nur bei Glücksspielen unter Strafe, bei denen keine behördliche Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag erteilt worden ist. Auch deswegen liegt es nahe, dass sich der ordnungsrechtliche Normgeber von dem im Strafgesetzbuch vorgefundenen Glücksspielbegriff - unabhängig von der Frage einer möglichen Übertragbarkeit einer strafrechtlichen Erheblichkeitsschwelle - nicht hat lösen wollen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Normgeber insoweit den Willen verfolgt haben sollte, die Erlaubnispflicht weiter auszudehnen als sie der Bundesgesetzgeber strafrechtlich voraussetzt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2009, a.a.O.). Hätte er ein solches Ansinnen verfolgt, wäre es zu erwarten gewesen, dass sich hierzu in den erläuternden Materialien etwas finden lässt.
30 
Die Annahme, dass eine Gewinnchance nur dann gegen ein Entgelt nach § 3 Abs. 1 GlüStV erworben wird, wenn für die Teilnahme an einem zufallsabhängigen Spiel ein Einsatz im oben beschriebenen Sinn erbracht wird, steht schließlich auch mit dem Sinn und Zweck des Glücksspielstaatsvertrages im Einklang. Mit dem Glücksspielstaatsvertrag haben die Länder auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 (- 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261) reagiert, mit dem das Bundesverfassungsgericht ein staatliches Monopol nur dann als mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar angesehen hat, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Spielsucht und problematischem Spielverhalten ausgerichtet ist (zu den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages vgl. § 1 GlüStV). Dient das für die Teilnahme an einem Glücksspiel geforderte Entgelt nur der Mitspielberechtigung (Teilnahmegebühr), ist das von dem Spiel ausgehende Gefährdungspotenzial im Hinblick auf eine sich entwickelnde Spielsucht und von problematischem Spielverhalten deutlich geringer als bei der Entrichtung eines Einsatzes. Denn die Aussicht, aus dem Einsatz selbst einen Spiel(Geld-)gewinn zu erzielen oder einen Vermögensverlust zu erleiden, scheidet als Spielantrieb aus. Die Gefahren durch betrügerische Machenschaften der Veranstalter und aus mit dem Glücksspiel verbundener Folge- und Begleitkriminalität sind deutlich geringer oder gar nicht ersichtlich (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009, a.a.O.).
31 
Die von der Klägerin erhobene Teilnahmegebühr in Höhe von 7,99 EUR ist kein Entgelt im vorstehend beschriebenen Sinn. Da die Teilnahmegebühr lediglich der Deckung der Veranstaltungskosten, nicht aber der Finanzierung der von Sponsoren zur Verfügung gestellten Gewinne dient, erwächst aus ihr nicht die Gewinnchance des Einzelnen. Die von der Klägerin erhobene Teilnahmegebühr ermöglicht lediglich die Teilnahme am Spiel und ist - anders als ein Spieleinsatz - stets verloren. Die Klägerin hat dazu im Berufungsverfahren substantiiert, im Einzelnen aufgeschlüsselt und von dem Beklagten nicht in Frage gestellt angegeben, dass nach einer von ihr durchgeführten Marktprognose für die Saison 2009/2010 von Gesamtkosten für Konzeptentwicklung und Projektumsetzung, Betriebskosten sowie von externen Marketingkosten in Höhe von 347.226 EUR auszugehen sei, Promotions- und Marketingkosten bzw. Opportunitätskosten für die ...-Zeitung, ... und ....de sowie der interne Aufwand für Projektplanung und -umsetzung hinzukommen und dass dem ein erwarteter Netto-Umsatz gegenüberstehe, der deutlich unter dem Kostenaufwand stehe. Die ausgelobten Geld- und Sachpreise seien im Vorhinein angekündigt, ihre Höhe hänge weder von der Anzahl der Teilnehmer noch von der Summe der von ihnen gezahlten Gebühren ab und sie würden sämtlich von Sponsoren gezahlt. So habe sich die Firma ... AG nach ihrem Markteintritt in Deutschland bereitgefunden, die Geldpreise als Sponsor zur Verfügung zu stellen. In der Berufungsverhandlung hat der Vertreter der Klägerin - nachvollziehbar und vom Vertreter des Beklagten nicht in Frage gestellt - erklärt, dass auch weiterhin sämtliche Preise des Bundesligamanagerspiels durch Sponsoren bereitgestellt würden und dass die Teilnahmegebühr die weiterhin hohen Kosten für das Managerspiel decken sollen. Soweit sie von einem „wirtschaftlich tragfähigen und erfolgreichen Konzept“ spreche (vgl. dazu: VG Düsseldorf, Beschluss vom 20.04.2010, a.a.O.), sei damit keine Gewinnerzielung gemeint, sondern es sei weiterhin beabsichtigt, zu einem ausgeglichenen Verhältnis von Kosten und Erträgen aus der Teilnahmegebühr zu gelangen. Vor diesem Hintergrund sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die von den Spielern zu entrichtenden Teilnahmegebühren mittelbar in die Finanzierung der Spielgewinne einfließen und somit ein „versteckter Einsatz“ bzw. ein „verdeckter Gewinn“ aus den von den Spielern entrichteten Entgelten vorliegt.
32 
Handelt es sich bei dem von der Klägerin angebotenen Bundesligamanagerspiel nicht um Glücksspiel nach § 3 Abs. 1 GlüStV, durfte der Beklagte dessen Veranstaltung, Vermittlung und die Werbung dafür ebenso wie die Unterstützung solcher Tätigkeiten nicht gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV untersagen.
33 
Selbst wenn man - mit dem Beklagten - das Bundesligamanagerspiel als Glücksspiel im Sinne der §§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3, 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV ansehen würde, wäre die Untersagungsverfügung nicht ermessensfehlerfrei ergangen. Zunächst ist zu beachten, dass das von der Klägerin veranstaltete Bundesligamanagerspiel nach den obigen Ausführungen nicht unter den strafrechtlichen Glücksspielbegriff des § 284 Abs. 1 StGB fällt und damit nach dieser Norm nicht strafbar ist. Deswegen kann auch bei der Annahme eines von der strafrechtlichen Qualifizierung abweichenden ordnungsrechtlichen Glücksspielbegriffs und der Einordnung des Bundesligamanagerspiels als unerlaubtes Glücksspiel im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV nicht davon gesprochen werden, dass hier das Entschließungsermessen des Beklagten, unerlaubtes Glücksspiel zu untersagen, wegen dessen Strafbarkeit gemäß § 284 Abs. 1 StGB auf Null reduziert ist (vgl. dazu: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.02.2009 - 4 B 298/08 -, juris; Dietlein/Hecker/ Ruttig, a.a.O., § 9 GlüStV RdNr. 17). Die demgemäß dem Beklagten obliegende Ausübung seines ihm in § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 GlüStV eingeräumten Ermessens ist aber bereits deswegen fehlerhaft erfolgt, weil er offensichtlich unzutreffend davon ausgegangen ist, dass es sich bei dem Fußballmanagerspiel der Klägerin um die strafbare Veranstaltung öffentlichen Glücksspiels nach § 284 StGB handelt, wenn er in dem Bescheid eigens ausführt, dass der Gesetzgeber die Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel in § 284 StGB ausdrücklich unter Strafe gestellt habe, sofern diese ohne behördliche Erlaubnis durchgeführt werde, und dass die Strafbarkeit von unerlaubtem Glücksspiel sowie das staatliche Glücksspielmonopol der Abwehr von erheblichen Gefahren für die Bevölkerung dienen. Zudem hat der Beklagte nicht sämtliche für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen Gesichtspunkte in seine Erwägungen eingestellt. Zwar kann er sich bei der Ausübung seines Untersagungsermessens von dem Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung und den weiteren in § 1 GlüStV genannten Zielen leiten lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - 8 C 13.09 -, GewArch 2011, 316). Doch wenn der Beklagte in den weiteren Ausführungen der Verfügung vom 12.11.2009 darauf abstellt, dass die Spielsucht und ihre negativen Auswirkungen wie Zerstörung der Lebensgrundlage, evtl. Beschaffungskriminalität, Manipulation, Betrug, Geldwäsche und nicht ordnungsgemäße Gewinnauszahlung durch unlautere private Glücksspielveranstalter möglichst gering gehalten werden sollen, wird nicht darauf eingegangen, dass bei dem von der Klägerin angebotenen Managerspiel - wie bereits ausgeführt - das diesbezügliche Gefährdungspotenzial deutlich geringer ist als bei anderen Formen des unerlaubten und nach § 284 StGB strafbaren Glücksspiels. Bei relativ geringen Einsätzen, die zudem nur einmal im Jahr - zu Beginn der Bundesligasaison - zu leisten sind und dann zur Teilnahme an dem Managerspiel über den Zeitraum einer ganzen Bundesligasaison berechtigen, ist die Gefahr, dass die Spielsucht die Lebensgrundlage zerstören und zu Beschaffungskriminalität führen kann, nahezu ebenso ausgeschlossen wie die Gefahr der Geldwäsche, Manipulationen oder nicht ordnungsgemäßer Gewinnauszahlung durch den Veranstalter. Das das pathologische Glücksspiel und dessen Gefahren insbesondere kennzeichnende Kriterium des sich wiederholenden und ggf. steigernden Einsatzes zur Erreichung und Steigerung des Gewinnes ist beim Managerspiel der Klägerin nicht gegeben. Hier wird zu Saisonbeginn eine einmalige Teilnahmegebühr entrichtet und ist für den teilnehmenden Spieler verloren. Ein besonderes Suchtpotenzial wird dadurch gerade nicht geschaffen. Das Bundesligamanagerspiel soll vielmehr ersichtlich das erweiterte Interesse der Teilnehmer an dem Geschehen in der Fußballbundesliga und der sportlichen Unterhaltung daran befriedigen. Ist der Beklagte damit von unzutreffenden Annahmen (hier hinsichtlich der Strafbarkeit des Managerspiels) ausgegangen und zieht er maßgebliche Gesichtspunkte (hier das deutlich herabgesetzte oder gar nicht vorhandene Suchtpotenzial des von der Klägerin angebotenen Managerspiels) in seine Ermessenserwägungen nicht ein, ist die Untersagungsverfügung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig (vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl., § 7 RdNr. 22).
34 
Soweit mit der Verfügung vom 12.11.2009 über das von der Klägerin veranstaltete Bundesligamanagerspiel hinaus noch die Veranstaltung, Vermittlung, Werbung oder Unterstützung weiteren öffentlichen Glücksspiels untersagt werden sollte, fehlt es bereits an der Erforderlichkeit für eine solche Anordnung, die mithin auch insoweit rechtswidrig ist. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin neben dem Angebot des Bundesligamanagerspiels andere Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV angeboten hat oder deren Veranstaltung für die Zukunft beabsichtigt. Dies hat der Vertreter der Klägerin in der Berufungsverhandlung noch einmal klargestellt.
35 
Demgemäß erweisen sich auch das Gebot, die untersagten Tätigkeiten einzustellen, die Androhung des Zwangsgeldes sowie die Festsetzung einer Gebühr und damit die Verfügung vom 12.11.2009 insgesamt als rechtswidrig. Da sie die Klägerin in ihrem Recht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt, ist sie aufzuheben.
36 
Der zulässige Feststellungsantrag hat angesichts des Umstands, dass das von der Klägerin in der Bundesligasaison 2009/2010 angebotene Bundesligamanagerspiel kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV ist, ebenfalls Erfolg. Denn die Erlaubnispflichtigkeit in § 4 Abs. 1 GlüStV knüpft an die Glücksspieleigenschaft an.
37 
Auf die zwischen den Beteiligten weiter umstrittenen Fragen der Vereinbarkeit der Verbots- und Beschränkungsregelungen des Glücksspielstaatsvertrages mit Art. 12 Abs. 1 GG und Unionsrecht sowie der technischen Möglichkeit und rechtlichen Zulässigkeit einer auf Baden-Württemberg beschränkten Sperrung des Internetvertriebs kommt es mithin sowohl für den Anfechtungs- wie auch für den Feststellungsantrag nicht an.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
39 
Beschluss vom 23. Mai 2012
40 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird gemäß §§ 63 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG unter Abänderung der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht von Amts wegen auf 20.000 EUR (15.000 EUR für den Anfechtungsantrag, vgl. Nr. 54.2.1 des Streitwertkataloges und der Auffangstreitwert von 5.000 EUR für den Feststellungsantrag) festgesetzt.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Die Berufung der Klägerin ist auf Grund der Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft (§ 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Die Klägerin hat die Berufung insbesondere innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Verwaltungsgericht eingelegt (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO), sie innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 124a Abs. 3 Satz 1 und 4 VwGO).
15 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die Anfechtungs- und die Feststellungsklage der Klägerin abgewiesen.
16 
Die Anfechtungsklage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.11.2009 ist zulässig. Insbesondere ist weiterhin das Rechtsschutzbedürfnis gegeben, obwohl die Klägerin mittlerweile das streitgegenständliche Fußballmanagerspiel in einer unentgeltlichen Basis- und einer Premiumvariante mit einem Entgelt von 4,99 EUR für eine bessere Qualität und Gefälligkeit der Darstellung des Spiels anbietet und der Beklagte nach den Angaben seines Vertreters in der Berufungsverhandlung unter Hinweis darauf, dass wegen der unentgeltlichen und gleichwertigen Alternative zur Teilnahme an demselben Spiel von einem Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV nicht mehr ausgegangen werden könne, hiergegen nicht einschreitet. Denn wie der Vertreter der Klägerin in der Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, hat diese das Managerspiel nur unter dem Druck der Vollstreckung der Verfügung vom 12.11.2009 nach Ablehnung ihres Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO durch das Verwaltungsgericht auf diese Spielvarianten umgestellt und strebt weiterhin an, zu dem in der Bundesligasaison 2009/2010 angebotenen Modell des Bundesligamanagerspiels zurückzukehren.
17 
Die Anfechtungsklage ist auch begründet. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.11.2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV für die von dem für die Glücksspielaufsicht zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe (vgl. § 16 Abs. 1 AGGlüStV, § 2 Satz 1 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland) verfügte Untersagung, öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen, sind nicht gegeben.
19 
Allerdings gelten die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages über dessen Ablauf zum 31.12.2011 (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV) hinaus gemäß § 3 Abs. 3 AGGlüStV in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 29.11.2011 (Art. 1 des Änderungsgesetzes, GBl. 2011, 533) im Land Baden-Württemberg als Landesrecht fort. Die von der Klägerin geltend gemachten Bedenken an der Anwendbarkeit der durch das Änderungsgesetz vom 29.11.2011 angeordneten Fortgeltung der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages im Hinblick auf eine unionsrechtliche Notifizierungspflicht auf Grund der Richtlinie 98/34/EG (Informationsrichtlinie) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 204, 37), geändert durch die Richtlinie 98/48 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (ABl. L 217, 18) vermag der Senat nicht zu teilen. Unabhängig von der Frage, ob die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages überhaupt technische Vorschriften im Sinne der Informationsrichtlinie und daher notifizierungspflichtig sind (zweifelnd: Stein, ZfWG 2007, 397, ZfWG 2009, 332; bejahend: VG Hamburg, Urteil vom 05.11.2010 - 4 K 1840/07 -, juris; Streinz/Herrmann/Kruis, ZfWG 2007, 402), wurde der Glücksspielstaatsvertrag als solcher notifiziert (vgl. dazu ausführlich Urteil des Senats vom 10.12.2009 - 6 S 1110/07 -, ZfWG 2010, 24). Soweit das Land Baden-Württemberg durch das Änderungsgesetz vom 29.11.2011 die Fortgeltung des Glücksspielstaatsvertrages als Landesrecht über den 31.12.2011 angeordnet hat, folgt daraus kein über den Glücksspielstaatsvertrag hinausgehender notifizierungspflichtiger Inhalt des Änderungsgesetzes (vgl. Urteil des Senats vom 10.12.2009, a.a.O.; VG Karlsruhe, Urteil vom 26.04.2012 - 3 K 330/10 -, juris; anders LG Bremen, Urteil vom 10.05.2012 - 9 O 476/12 - im Hinblick auf § 2 Abs. 3 Satz 1 BremGlüStVG). Dies gilt auch in zeitlicher Hinsicht, nachdem die mögliche Fortgeltung des notifizierten Glücksspielstaatsvertrages über den 31.12.2011 hinaus schon in dessen § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV angelegt ist und der von der Klägerin in Bezug genommene Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 3 der Informationsrichtlinie in zeitlicher Hinsicht lediglich die Vorverlegung des ursprünglichen Zeitpunktes für die Anwendung einer technischen Vorschrift als wesentliche notifizierungspflichtige Änderung benennt.
20 
Bei dem hier in Rede stehenden und von der Klägerin in der Bundesligasaison 2009/2010 angebotenen Fußballmanagerspiel handelt es sich jedoch nicht um Glücksspiel im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3, 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt.
21 
Dabei kann hier offenblieben, ob - wofür allerdings einiges spricht (vgl. dazu: BayVGH, Beschluss vom 13.04.2010 - 10 CS 10.453 -, ZfWG 2010, 183; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.04.2010 - 13 B 512/10 -, ZfWG 2010, 187; VG Düsseldorf, Beschluss vom 20.04.2010 - 27 L 1529/09 -, juris) - bei dem von der Klägerin angebotenen Fußballmanagerspiel die Entscheidung über den Gewinn (überwiegend) vom Zufall abhängt, da hierfür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GlüStV).
22 
Denn bei dem Fußballmanagerspiel der Klägerin fehlt es an dem nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV für die Einordnung eines Spiels als Glücksspiel außerdem erforderlichen Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt. Bei der von der Klägerin erhobenen Teilnahmegebühr von 7,99 EUR pro Team handelt es sich nicht um ein solches Entgelt.
23 
Unter „Entgelt“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV ist nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst (sog. Einsatz). Hingegen ist eine Teilnahmegebühr, die bloß eine Mitspielberechtigung gewährt, etwa um die Spieler an den Aufwendungen für die Organisation des Spiels zu beteiligen, kein Entgelt im Sinn von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV. Insoweit stimmt der Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV mit dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff des § 284 StGB überein (ebenso: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009 - 6 A 10199/09 -, ZfWG 2009, 413; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2008 - 4 B 606/08 -, GewArch 2008, 407; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 10.08.2009 - 11 ME 67/09 -, GewArch 2009, 406; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2009 - 1 S 203.08 -, ZfWG 2009, 190; Thür. OVG, Beschluss vom 12.03.2010 - 3 EO 513/10 -, juris; Sächs. OVG, Beschluss vom 27.02.2012 - 3 B 80/11 -, juris; Bolay, MMR 2009, 669; vgl. zur Übereinstimmung des Entgeltbegriffs des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV mit dem strafrechtlichen Begriff des Glücksspiels im Hinblick auf das vom Senat hier nicht zu entscheidende Erfordernis einer Erheblichkeitsschwelle [für zufallsabhängige 50-Cent-Turniere]: Liesching, ZfWG 2009, 320 und MMR 2012, 1996 [mit der Auffassung, dass auch der BGH im Urteil vom 28.09.2011 - I ZR 92/09 -, ZfWG 2012, 23 davon ausgehe, dass der Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 GlüStV mit dem des § 284 StGB deckungsgleich sei]; Lober/Neumüller, MMR 2010, 295; Gummer, ZUM 2011, 105; Hambach/Münstermann, KuR, 2009, 457; anderer Ansicht: Bay. VGH, Urteil vom 25.08.2011 - 10 BV 10.1176 -, ZfWG 2011, 503; Beschluss vom 13.04.2010, a.a.O.; Hess. VGH, Beschluss vom 07.09.2011 - 8 B 1552/10 -, ZfWG 2011, 425; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 3 GlüStV RdNr. 5, § 284 StGB RdNr. 10; Hüsken, GewArch 2010, 336; Mintas, ZfWG 2009, 82).
24 
Nach § 284 StGB macht sich derjenige strafbar, der öffentlich ein behördlich nicht erlaubtes Glücksspiel veranstaltet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein Glücksspiel vor, wenn der Spielausgang überwiegend zufallsabhängig ist und Vermögenswerte als „Einsatz“ für die Aussicht auf einen möglichen Gewinn geleistet werden. Dabei bestimmt der Bundesgerichtshof einen Einsatz als die Leistung, „die erbracht wird in der Hoffnung, im Falle des Gewinnens eine gleiche oder höherwertige Leistung zu erhalten und in der die Befürchtung mitschwingt, dass er im Falle des Verlierens dem Gegenspieler oder dem Veranstalter anheimfällt“. Der Einsatz wird als ein Vermögenswert bewertet, der bewusst für die Beteiligung an den Gewinnchancen geopfert wird und in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Gewinnchance steht. Er wird vom Bundesgerichtshof von einem „in jedem Fall verlorenen Betrag“ abgegrenzt, der mit dem eigentlichen Spiel nichts zu tun hat, sondern lediglich die Mitspielberechtigung gewährt (vgl. BGH, Urteil vom 29.09.1986 - 4 StR 148/86 -, BGHSt 34, 171, 177; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 284 RdNr. 5 f.; Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 284 RdNr. 6; Duesberg, JA 2008, 270).
25 
Obwohl die Begriffsdefinition in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV nicht den in der strafrechtlichen Rechtsprechung üblichen Begriff des „Einsatzes“ verwendet, sondern davon spricht, dass „für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt“ werden muss, ist der Glücksspielbegriff des Glücksspielstaatsvertrages insoweit mit demjenigen des § 284 StGB deckungsgleich. Entgegen der von dem Beklagten vertretenen Ansicht (so ebenfalls: BayVGH, Urteil vom 25.08.2011, a.a.O.; Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 3 GlüStV RdNr. 5; Hüsken, GewArch 2010, 336) führt nicht bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV dazu, von einem vollständig eigenständigen und insoweit von der strafrechtlichen Begriffsbestimmung abweichenden Glücksspielbegriff des Glücksspielstaatsvertrages auszugehen. Denn das in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vorausgesetzte Entgelt kann nicht bloß jedwede geldwerte Gegen-leistung sein, die - wie etwa bei einer Gebühr, die bloß eine Teilnahmemöglichkeit verschafft - notwendige Bedingung für den Erwerb einer Gewinnchance ist, sondern auch eine solche Zahlung, die eine hinreichende Bedingung dafür darstellt, also in den Gewinn einfließt. Für diese Deutungsmöglichkeit spricht, dass § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vom „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ und nicht bloß vom Erwerb einer Teilnahmeberechtigung spricht und damit einen Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn herstellt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009, a.a.O.; Bolay, a.a.O., S. 671).
26 
In dieser Hinsicht ist nach der Entstehungsgeschichte des Glücksspielstaatsvertrages und dem dabei zu Tage getretenen Willen der Bundesländer von einer Deckungsgleichheit des Glücksspielbegriffs des § 3 Abs. 1 GlüStV mit dem strafrechtlichen Begriff des Glücksspiels auszugehen. Zwar ist den Erläuterungen zu § 3 GlüStV zunächst nur zu entnehmen, dass ein Glücksspiel nicht vorliegt, wenn ein Entgelt nicht verlangt wird (LT-Drs. 14/1930, S. 32), doch knüpfen die Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag hinsichtlich der Bestimmung des Glücksspielbegriffs an die Rechtsprechung der Strafgerichte zu den §§ 284 ff. StGB an (vgl. LT-Drs. 14/1930, S. 33, 34). Zudem werden nach den Erläuterungen zu § 3 GlüStV (LT-Drs. 14/1930, S. 32) die geltenden Bestimmungen in § 3 Abs. 1 bis 3 GlüStV unverändert übernommen und ist die Definition des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV inhaltsgleich mit der in § 3 Abs. 1 Satz 1 des abgelösten Lotteriestaatsvertrags vom 26.04.2004 - LottStV -, dessen Erläuterungen ihrerseits hinsichtlich der gesetzlichen Ausgangslage bei den Regelungen der §§ 284 ff. StGB ansetzen (LT-Drs. 13/3140, S. 18). In den Erläuterungen zum Lotteriestaatsvertrag heißt es dazu: „Bei den in den §§ 284 ff. StGB enthaltenen Verboten handelt es sich um repressive Verbote mit Befreiungsvorbehalt. Das Verbot, Glücksspiele ohne behördliche Erlaubnis zu veranstalten, ergibt sich unmittelbar aus den bundesrechtlichen Strafvorschriften. Die Voraussetzungen für die Erteilung von Erlaubnissen regelt - sofern nicht ausnahmsweise bundesrechtliche Vorschriften einschlägig sind - das Landesrecht … Damit obliegt es dem Landesgesetzgeber, die ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Zulassung von Glücksspielen vorzugeben“ (LT-Drs. 13/3140, S. 18, 19). Gerade angesichts dieses Befundes wäre es zu erwarten gewesen, dass der Normgeber ein etwaig anderes Verständnis des Glücksspielbegriffs in den Materialien zum Lotterie- oder Glücksspielstaatsvertrag deutlich zum Ausdruck gebracht hätte, was hier indes nicht geschehen ist. In der Begründung zum Lotteriestaatsvertrag wird nur an anderer Stelle, nämlich für das öffentliche Veranstalten von Lotterien und Ausspielungen nach § 3 Abs. 2 LottStV, auf eine Abweichung von den Vorschriften des Strafrechts besonders hingewiesen (LT-Drs. 13/3140, S. 22), während eine solche ausdrückliche Äußerung des Abweichungswillens für die Definition des Glücksspielbegriffs in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV fehlt. Zudem spricht die Äußerung des baden-württembergischen Landesgesetzgebers, der den Lotteriestaatsvertrag in Landesrecht umgesetzt hat, in seinen Erläuterungen zum Gesetz zu dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland dafür, dass auch er von einem einheitlichen Glücksspielbegriff ausgeht, wenn er ausführt, dass der Staatsvertrag „in Übereinstimmung mit den §§ 284 bis 287 StGB“ davon ausgehe, dass Glücksspiele gefährlich sind (Lt-Drs. 13/3140, S. 5).
27 
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag (LT-Drs. 14/1930, S. 32) eine entgeltliche Spielteilnahme bei Gewinnspielen über Telefonmehrwertdienste als Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages ansehen (so aber: BayVGH, Urteil vom 25.08.2011, a.a.O.; VG München, Urteil vom 03.03.2010 - M 22 K 09.4793 -, GewArch 2010, 359). Die insoweit einschlägige Passage der Erläuterungen („Ein Glücksspiel liegt im Übrigen nicht vor, wenn ein Entgelt nicht verlangt wird. Ein solches Verlangen ist nicht gegeben, wenn neben einer entgeltlichen Teilnahmemöglichkeit [z.B. via Mehrwertdienst] eine gleichwertige, praktikable und unentgeltliche Alternative - z.B. durch Postkarte, E-Mail oder via Internet - zur Teilnahme an demselben Spiel angeboten wird.“) enthält keine Aussage zu der Frage, ob der Glücksspielstaatsvertrag einen eigenen Glücksspielbegriff verwendet, sondern wiederholt nur Auffassungen, die sich bereits zum Glücksspielbegriff des § 284 Abs. 1 StGB herausgebildet hatten (vgl. etwa: OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.09.2003 - 20 U 39/03 -, juris; Hecker/Ruttig, GRUR 2005, 393, 397 f.; Fischer/Pfeifer, GewArch 2003, 154). Danach gilt das Telefonentgelt als Einsatz im oben beschriebenen strafrechtlichen Begriffssinn, da sich der Anrufer mit dem Telefonanruf unmittelbar am Gewinnspiel beteiligt und der Telefonanruf als solcher - anders als bei einer bloßen Teilnahmegebühr - im maßgeblichen Umfang die Gewinnchance beeinflusst.
28 
Darüber hinaus können die Bundesländer ihrem Anspruch, sich einer Regelung glücksspielrechtlicher Tatbestände zu enthalten, soweit eine abschließende Normierung durch den Bund erfolgt ist (Erläuterungen zu § 2 LottStV, Lt-Drs. 13/3140, S. 21; vgl. hierzu und zum Folgenden ausführlich: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009, a.a.O.; VG Trier, Urteil vom 03.02.2009 - 1 K 592/08 -, ZfWG 2009, 66; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.2011 - 27 L 471/10 -, juris; ferner: Wulf/Münstermann, a.a.O., S. 461), nur dann gerecht werden, wenn sie sich auf die Regelung ordnungsrechtlicher Belange von Glücksspielen beschränken, die der Begriffsbestimmung des § 284 StGB unterliegen. Bei einem unterschiedlichen Verständnis der Glücksspielbegriffe würde nämlich die vom Bundesgesetzgeber beabsichtigte Trennung zwischen den Regelungen des gewerblichen Spielrechts und des Glücksspielrechts, die auf unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenzen beruhen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung, BT-Drs. 8/1863, S. 10), aufgeweicht. Denn die zu diesem Zweck geschaffene Kollisionsnorm des § 33h GewO würde dann ihre Aufgabe nicht mehr uneingeschränkt erfüllen können, da sie eine Anwendung des Gewerberechts auf Spiele, die nicht unter den Glücksspielbegriff des § 284 StGB, wohl aber unter den des § 3 Abs. 1 GlüStV fallen, nicht ausschließen würde.
29 
Zudem ist die Strafbestimmung des § 284 Abs. 1 StGB verwaltungsakzessorisch ausgestaltet. Die dort genannten Tathandlungen stehen nur bei Glücksspielen unter Strafe, bei denen keine behördliche Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag erteilt worden ist. Auch deswegen liegt es nahe, dass sich der ordnungsrechtliche Normgeber von dem im Strafgesetzbuch vorgefundenen Glücksspielbegriff - unabhängig von der Frage einer möglichen Übertragbarkeit einer strafrechtlichen Erheblichkeitsschwelle - nicht hat lösen wollen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Normgeber insoweit den Willen verfolgt haben sollte, die Erlaubnispflicht weiter auszudehnen als sie der Bundesgesetzgeber strafrechtlich voraussetzt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2009, a.a.O.). Hätte er ein solches Ansinnen verfolgt, wäre es zu erwarten gewesen, dass sich hierzu in den erläuternden Materialien etwas finden lässt.
30 
Die Annahme, dass eine Gewinnchance nur dann gegen ein Entgelt nach § 3 Abs. 1 GlüStV erworben wird, wenn für die Teilnahme an einem zufallsabhängigen Spiel ein Einsatz im oben beschriebenen Sinn erbracht wird, steht schließlich auch mit dem Sinn und Zweck des Glücksspielstaatsvertrages im Einklang. Mit dem Glücksspielstaatsvertrag haben die Länder auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 (- 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261) reagiert, mit dem das Bundesverfassungsgericht ein staatliches Monopol nur dann als mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar angesehen hat, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Spielsucht und problematischem Spielverhalten ausgerichtet ist (zu den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages vgl. § 1 GlüStV). Dient das für die Teilnahme an einem Glücksspiel geforderte Entgelt nur der Mitspielberechtigung (Teilnahmegebühr), ist das von dem Spiel ausgehende Gefährdungspotenzial im Hinblick auf eine sich entwickelnde Spielsucht und von problematischem Spielverhalten deutlich geringer als bei der Entrichtung eines Einsatzes. Denn die Aussicht, aus dem Einsatz selbst einen Spiel(Geld-)gewinn zu erzielen oder einen Vermögensverlust zu erleiden, scheidet als Spielantrieb aus. Die Gefahren durch betrügerische Machenschaften der Veranstalter und aus mit dem Glücksspiel verbundener Folge- und Begleitkriminalität sind deutlich geringer oder gar nicht ersichtlich (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009, a.a.O.).
31 
Die von der Klägerin erhobene Teilnahmegebühr in Höhe von 7,99 EUR ist kein Entgelt im vorstehend beschriebenen Sinn. Da die Teilnahmegebühr lediglich der Deckung der Veranstaltungskosten, nicht aber der Finanzierung der von Sponsoren zur Verfügung gestellten Gewinne dient, erwächst aus ihr nicht die Gewinnchance des Einzelnen. Die von der Klägerin erhobene Teilnahmegebühr ermöglicht lediglich die Teilnahme am Spiel und ist - anders als ein Spieleinsatz - stets verloren. Die Klägerin hat dazu im Berufungsverfahren substantiiert, im Einzelnen aufgeschlüsselt und von dem Beklagten nicht in Frage gestellt angegeben, dass nach einer von ihr durchgeführten Marktprognose für die Saison 2009/2010 von Gesamtkosten für Konzeptentwicklung und Projektumsetzung, Betriebskosten sowie von externen Marketingkosten in Höhe von 347.226 EUR auszugehen sei, Promotions- und Marketingkosten bzw. Opportunitätskosten für die ...-Zeitung, ... und ....de sowie der interne Aufwand für Projektplanung und -umsetzung hinzukommen und dass dem ein erwarteter Netto-Umsatz gegenüberstehe, der deutlich unter dem Kostenaufwand stehe. Die ausgelobten Geld- und Sachpreise seien im Vorhinein angekündigt, ihre Höhe hänge weder von der Anzahl der Teilnehmer noch von der Summe der von ihnen gezahlten Gebühren ab und sie würden sämtlich von Sponsoren gezahlt. So habe sich die Firma ... AG nach ihrem Markteintritt in Deutschland bereitgefunden, die Geldpreise als Sponsor zur Verfügung zu stellen. In der Berufungsverhandlung hat der Vertreter der Klägerin - nachvollziehbar und vom Vertreter des Beklagten nicht in Frage gestellt - erklärt, dass auch weiterhin sämtliche Preise des Bundesligamanagerspiels durch Sponsoren bereitgestellt würden und dass die Teilnahmegebühr die weiterhin hohen Kosten für das Managerspiel decken sollen. Soweit sie von einem „wirtschaftlich tragfähigen und erfolgreichen Konzept“ spreche (vgl. dazu: VG Düsseldorf, Beschluss vom 20.04.2010, a.a.O.), sei damit keine Gewinnerzielung gemeint, sondern es sei weiterhin beabsichtigt, zu einem ausgeglichenen Verhältnis von Kosten und Erträgen aus der Teilnahmegebühr zu gelangen. Vor diesem Hintergrund sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die von den Spielern zu entrichtenden Teilnahmegebühren mittelbar in die Finanzierung der Spielgewinne einfließen und somit ein „versteckter Einsatz“ bzw. ein „verdeckter Gewinn“ aus den von den Spielern entrichteten Entgelten vorliegt.
32 
Handelt es sich bei dem von der Klägerin angebotenen Bundesligamanagerspiel nicht um Glücksspiel nach § 3 Abs. 1 GlüStV, durfte der Beklagte dessen Veranstaltung, Vermittlung und die Werbung dafür ebenso wie die Unterstützung solcher Tätigkeiten nicht gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV untersagen.
33 
Selbst wenn man - mit dem Beklagten - das Bundesligamanagerspiel als Glücksspiel im Sinne der §§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3, 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV ansehen würde, wäre die Untersagungsverfügung nicht ermessensfehlerfrei ergangen. Zunächst ist zu beachten, dass das von der Klägerin veranstaltete Bundesligamanagerspiel nach den obigen Ausführungen nicht unter den strafrechtlichen Glücksspielbegriff des § 284 Abs. 1 StGB fällt und damit nach dieser Norm nicht strafbar ist. Deswegen kann auch bei der Annahme eines von der strafrechtlichen Qualifizierung abweichenden ordnungsrechtlichen Glücksspielbegriffs und der Einordnung des Bundesligamanagerspiels als unerlaubtes Glücksspiel im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV nicht davon gesprochen werden, dass hier das Entschließungsermessen des Beklagten, unerlaubtes Glücksspiel zu untersagen, wegen dessen Strafbarkeit gemäß § 284 Abs. 1 StGB auf Null reduziert ist (vgl. dazu: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.02.2009 - 4 B 298/08 -, juris; Dietlein/Hecker/ Ruttig, a.a.O., § 9 GlüStV RdNr. 17). Die demgemäß dem Beklagten obliegende Ausübung seines ihm in § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 GlüStV eingeräumten Ermessens ist aber bereits deswegen fehlerhaft erfolgt, weil er offensichtlich unzutreffend davon ausgegangen ist, dass es sich bei dem Fußballmanagerspiel der Klägerin um die strafbare Veranstaltung öffentlichen Glücksspiels nach § 284 StGB handelt, wenn er in dem Bescheid eigens ausführt, dass der Gesetzgeber die Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel in § 284 StGB ausdrücklich unter Strafe gestellt habe, sofern diese ohne behördliche Erlaubnis durchgeführt werde, und dass die Strafbarkeit von unerlaubtem Glücksspiel sowie das staatliche Glücksspielmonopol der Abwehr von erheblichen Gefahren für die Bevölkerung dienen. Zudem hat der Beklagte nicht sämtliche für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen Gesichtspunkte in seine Erwägungen eingestellt. Zwar kann er sich bei der Ausübung seines Untersagungsermessens von dem Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung und den weiteren in § 1 GlüStV genannten Zielen leiten lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - 8 C 13.09 -, GewArch 2011, 316). Doch wenn der Beklagte in den weiteren Ausführungen der Verfügung vom 12.11.2009 darauf abstellt, dass die Spielsucht und ihre negativen Auswirkungen wie Zerstörung der Lebensgrundlage, evtl. Beschaffungskriminalität, Manipulation, Betrug, Geldwäsche und nicht ordnungsgemäße Gewinnauszahlung durch unlautere private Glücksspielveranstalter möglichst gering gehalten werden sollen, wird nicht darauf eingegangen, dass bei dem von der Klägerin angebotenen Managerspiel - wie bereits ausgeführt - das diesbezügliche Gefährdungspotenzial deutlich geringer ist als bei anderen Formen des unerlaubten und nach § 284 StGB strafbaren Glücksspiels. Bei relativ geringen Einsätzen, die zudem nur einmal im Jahr - zu Beginn der Bundesligasaison - zu leisten sind und dann zur Teilnahme an dem Managerspiel über den Zeitraum einer ganzen Bundesligasaison berechtigen, ist die Gefahr, dass die Spielsucht die Lebensgrundlage zerstören und zu Beschaffungskriminalität führen kann, nahezu ebenso ausgeschlossen wie die Gefahr der Geldwäsche, Manipulationen oder nicht ordnungsgemäßer Gewinnauszahlung durch den Veranstalter. Das das pathologische Glücksspiel und dessen Gefahren insbesondere kennzeichnende Kriterium des sich wiederholenden und ggf. steigernden Einsatzes zur Erreichung und Steigerung des Gewinnes ist beim Managerspiel der Klägerin nicht gegeben. Hier wird zu Saisonbeginn eine einmalige Teilnahmegebühr entrichtet und ist für den teilnehmenden Spieler verloren. Ein besonderes Suchtpotenzial wird dadurch gerade nicht geschaffen. Das Bundesligamanagerspiel soll vielmehr ersichtlich das erweiterte Interesse der Teilnehmer an dem Geschehen in der Fußballbundesliga und der sportlichen Unterhaltung daran befriedigen. Ist der Beklagte damit von unzutreffenden Annahmen (hier hinsichtlich der Strafbarkeit des Managerspiels) ausgegangen und zieht er maßgebliche Gesichtspunkte (hier das deutlich herabgesetzte oder gar nicht vorhandene Suchtpotenzial des von der Klägerin angebotenen Managerspiels) in seine Ermessenserwägungen nicht ein, ist die Untersagungsverfügung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig (vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl., § 7 RdNr. 22).
34 
Soweit mit der Verfügung vom 12.11.2009 über das von der Klägerin veranstaltete Bundesligamanagerspiel hinaus noch die Veranstaltung, Vermittlung, Werbung oder Unterstützung weiteren öffentlichen Glücksspiels untersagt werden sollte, fehlt es bereits an der Erforderlichkeit für eine solche Anordnung, die mithin auch insoweit rechtswidrig ist. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin neben dem Angebot des Bundesligamanagerspiels andere Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV angeboten hat oder deren Veranstaltung für die Zukunft beabsichtigt. Dies hat der Vertreter der Klägerin in der Berufungsverhandlung noch einmal klargestellt.
35 
Demgemäß erweisen sich auch das Gebot, die untersagten Tätigkeiten einzustellen, die Androhung des Zwangsgeldes sowie die Festsetzung einer Gebühr und damit die Verfügung vom 12.11.2009 insgesamt als rechtswidrig. Da sie die Klägerin in ihrem Recht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt, ist sie aufzuheben.
36 
Der zulässige Feststellungsantrag hat angesichts des Umstands, dass das von der Klägerin in der Bundesligasaison 2009/2010 angebotene Bundesligamanagerspiel kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV ist, ebenfalls Erfolg. Denn die Erlaubnispflichtigkeit in § 4 Abs. 1 GlüStV knüpft an die Glücksspieleigenschaft an.
37 
Auf die zwischen den Beteiligten weiter umstrittenen Fragen der Vereinbarkeit der Verbots- und Beschränkungsregelungen des Glücksspielstaatsvertrages mit Art. 12 Abs. 1 GG und Unionsrecht sowie der technischen Möglichkeit und rechtlichen Zulässigkeit einer auf Baden-Württemberg beschränkten Sperrung des Internetvertriebs kommt es mithin sowohl für den Anfechtungs- wie auch für den Feststellungsantrag nicht an.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
39 
Beschluss vom 23. Mai 2012
40 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird gemäß §§ 63 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG unter Abänderung der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht von Amts wegen auf 20.000 EUR (15.000 EUR für den Anfechtungsantrag, vgl. Nr. 54.2.1 des Streitwertkataloges und der Auffangstreitwert von 5.000 EUR für den Feststellungsantrag) festgesetzt.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. Januar 2011 - 4 K 3702/10 - geändert.

Der Bescheid des Landratsamts Ostalbkreis vom 28.01.2010 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.08.2010 werden aufgehoben.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen eine heimaufsichtsrechtliche Anordnung des beklagten Landes. Zwischen den Beteiligten ist im Wesentlichen streitig, ob die Heimaufsicht einen Heimträger unter bestimmten Voraussetzungen verpflichten kann, die Begleitung von Bewohnern einer Pflegeeinrichtung zu Arztbesuchen außerhalb der Einrichtung sicherzustellen, ohne hierfür ein gesondertes Entgelt zu erheben.
Die Klägerin, die dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Baden-Württemberg e.V. angehört, ist unter anderem Trägerin der Pflegeeinrichtung ..., einem Heim im Sinne des Landesheimgesetzes. Die Einrichtung wurde durch Abschluss eines Versorgungsvertrages mit den Pflegekassen gem. § 72 SGB XI zur Erbringung vollstationärer Pflegeleistungen zugelassen. Es besteht eine Pflegesatzvereinbarung gemäß §§ 84, 85 SGB XI.
Für das Land Baden-Württemberg besteht ein Rahmenvertrag gem. § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI für vollstationäre Pflege (vom 12.12.1996, mit nachfolgenden Änderungen, im Folgenden: Rahmenvertrag), der u.a. vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Baden-Württemberg e.V., abgeschlossen wurde.
In der Präambel der mit den Bewohnern der Einrichtung abgeschlossenen Wohnpflegeverträge werden der Inhalt des Versorgungsvertrages, die Bestimmungen der Pflegesatzvereinbarungen und die Regelungen des Rahmenvertrages für verbindlich erklärt; sie bilden danach die Grundlage des Wohnpflegevertrages. § 8 Abs. 6 Satz 2 des Wohnpflegevertrages wiederholt dies für die durch den Rahmenvertrag vorgegebenen Leistungsinhalte. §§ 4 Abs. 1, 7 des Versorgungsvertrages erklären den Rahmenvertrag für bindend. § 8 Abs. 1 des Rahmenvertrages wiederum enthält Vorgaben für den Heimvertrag; dieser muss danach gewährleisten, dass die im Rahmenvertrag zur Umsetzung des Sicherstellungsauftrags der Pflegekassen nach § 69 SGB XI getroffenen Regelungen nicht eingeschränkt werden.
Der Rahmenvertrag nimmt u.a. eine Abgrenzung zwischen allgemeinen, durch den Pflegesatz abgegoltenen (§ 84 Abs. 4 Satz 1, Abs. 3 SGB XI) Pflegeleistungen (auch: Regelleistungen) und (nur) gegen einen Zuschlag zu erbringenden Zusatzleistungen (§ 88 SGB XI) vor. Der Rahmenvertrag zählt zu den allgemeinen Pflegeleistungen Hilfen bei der Mobilität (§ 1 Abs. 3 lit. c des Vertrages). Die Mobilität umfasst (3. Spiegelstrich) u.a. das Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung. Dabei sind solche Verrichtungen außerhalb des Pflegeheimes zu unterstützen, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung notwendig sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen erfordern (z.B. Organisieren und Planen des Zahnarztbesuchs).
Die Parteien des Rahmenvertrages haben für die Abgrenzung von Regelleistungen und Zusatzleistungen „Gemeinsame Empfehlungen“ gegenüber den Trägern von stationären Pflegeeinrichtungen in Baden-Württemberg beschlossen. Zu der Frage, ob (und ggf. unter welchen Voraussetzungen) eine Begleitung zum Arzt zu den Hilfen bei der Mobilität und damit zu den allgemeinen Pflegeleistungen gehört, wurde trotz Erörterung keine Einigung erzielt.
Ziff. 4.4 des Leistungs- und Entgeltverzeichnisses der Klägerin, das als Anlage Teil der Wohnpflegeverträge ist, sieht die Begleitung zu Arztbesuchen als Zusatzleistung an.
Am 17.02.2009 wurde im Rahmen einer Heimnachschau durch das Landratsamt Ostalbkreis als untere Heimaufsichtsbehörde festgestellt, dass die Begleitung zu Arztbesuchen in der Pflegeeinrichtung ... grundsätzlich nicht als Regelleistung erfolgt. Das hierzu übermittelte Protokoll enthielt die Bitte, künftig auch die Arztbegleitung als Regelleistung bereitzustellen.
Demgegenüber wandte die Klägerin mit Schreiben vom 29.05.2009 ein, die Heimaufsichtsbehörde sei nicht befugt, die Heim-, Versorgungs- und Rahmenverträge auszulegen. Die Auslegung der sich aus den Verträgen ergebenden Rechtspflichten sei Aufgabe der Vertragspartner, welche nicht einvernehmlich zu klärende Fragen gegebenenfalls gerichtlich bzw. durch die Schiedsstellen klären könnten. Unabhängig davon ergebe sich eine Verpflichtung zur Begleitung beim Arztbesuch aus dem Rahmenvertrag nicht. Auch der Umstand, dass bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit und der Zuordnung einer Pflegestufe nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI im Einzelfall der Zeitaufwand für die Begleitung zu Arztbesuchen in dem Verrichtungsbereich Mobilität berücksichtigungsfähig sei, ändere nichts an der grundsätzlich fehlenden leistungsrechtlichen Berücksichtigung der Arztbesuche im Recht der sozialen Pflegeversicherung. Allenfalls dann, wenn der besondere Aufwand für einen regelmäßigen Arztbesuch im Einzelfall in den Feststellungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen zur Einstufung Berücksichtigung gefunden haben sollte, wäre an eine Leistungsverpflichtung zu denken. Anderes ergebe sich auch aus der Begründung zum Pflegeversicherungsgesetz nicht.
10 
Mit Bescheid vom 28.01.2010, der Klägerin zugestellt am 29.01.2010, gab das Land der Klägerin auf, für die Bewohner des ... im Bedarfsfall im Rahmen der Organisation des Arztbesuchs außerhalb der Einrichtung auch die Begleitung als Regelleistung des Versorgungsvertrags sicherzustellen, sofern der Zustand der Bewohner eine Begleitung erforderlich macht, für die Begleitung Dritte nicht in Anspruch genommen werden können und die medizinisch notwendige Behandlung in der Einrichtung selbst nicht durchgeführt werden kann. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein Mangel im Sinne des § 17 LHeimG a.F. sei darin zu sehen, dass die Begleitung der Bewohner zum Arzt auch in unabdingbaren Fällen als Zusatzleistung und nicht als Regelleistung angesehen werde. Soweit - wie hier - keine übereinstimmende Auslegung des Rahmenvertrages durch die Vertragsparteien erfolgt sei, müsse der Rahmenvertrag durch die Heimaufsicht ausgelegt werden. Allein aus dem im Rahmenvertrag aufgeführten Beispiel „Organisieren und Planen eines Zahnarztbesuches“ lasse sich nicht ableiten, dass eine notwendige Begleitung in anderen Fällen ausgeschlossen sei. Der Begriff „Unterstützung“ sei in diesem Zusammenhang weit auszulegen, auch wenn sich eine generelle Verpflichtung der Einrichtung, die Bewohner stets zum Arzt zu begleiten, daraus nicht ableiten lasse. Der Gesetzgeber habe in der Begründung zum Pflegeversicherungsgesetz ausgeführt, dass der Pflegebedürftige die Möglichkeit haben müsse, die Wohnung zu verlassen, um z.B. Ärzte aufzusuchen. Die Mobilität außerhalb der Wohnung sei also zu unterstützen, soweit das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig sei.
11 
Hiergegen legte die Klägerin am 26.02.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie ihren bisherigen Vortrag.
12 
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2010, der Klägerin zugestellt am 27.08.2010, wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, auch nach Erlass des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes obliege es den Heimaufsichtsbehörden, die Angemessenheit der verlangten Entgelte zu überwachen. Zur Bestimmung der Angemessenheit sei von den Heimaufsichtsbehörden auch der Rahmenvertrag heranzuziehen. Hierbei habe die Heimaufsichtsbehörde im Wege der Auslegung auch zu ermitteln, ob eine bestimmte Leistung von den Regelleistungen des Rahmenvertrages umfasst sei. Im Rahmen des § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI seien auch solche Verrichtungen einzubeziehen, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich seien und das persönliche Erscheinen notwendig machten wie etwa Arztbesuche.
13 
Die Klägerin hat am 27.09.2010 Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Zur Begründung hat sie ergänzend ausgeführt, aus § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI, der auch die Mobilitätsbedürfnisse außerhalb der Wohnung berücksichtige, könne ihre Verpflichtung zur Übernahme des Arztbesuchs auch deshalb nicht abgeleitet werden, weil die Berücksichtigung der Mobilitätsbedarfe den für Angehörige bestehenden Unterstützungsaufwand bei der Feststellung einer Pflegestufe berücksichtigungsfähig machen solle. Im Bereich der ambulanten Pflege dürften Pflegedienste nur die Leistungen erbringen, die einen Verrichtungsbezug aufwiesen und deren Bedarf bei der Pflegestufenfeststellung berücksichtigt worden sei. Dies gelte im Pflegeheim nicht. Dem Bereich der vollstationären Pflege seien alle notwendigen Leistungen im Bereich der allgemeinen Pflege zu erbringen, soweit sie nach dem Rahmen- und Versorgungsvertrag geschuldet seien. Aus der möglichen Berücksichtigung von Begleitungsmaßnahmen bei Arztbesuchen bei der Feststellung einer Pflegestufe könne deshalb nicht auf eine entsprechende Leistungspflicht der Pflegeheime geschlossen werden. Der entsprechende Aufwand werde auch nicht bei den Pflegesätzen berücksichtigt.
14 
Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten.
15 
Mit Urteil vom 13.01.2011, der Klägerin zugestellt am 10.02.2011, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, maßgebliche Rechtsgrundlage der angefochtenen Verfügung sei § 12 Abs. 1 Satz 1 LHeimG. Die Heimaufsicht sei zur Auslegung der heimrechtlichen Verträge zur Ermittlung der vom Heimbetreiber vertraglich geschuldeten Leistung zuständig. Aus der Bezugnahme in dem zwischen dem Heimbetreiber und dem Heimbewohner geschlossenen Vertrag auf die Bestimmungen des Rahmenvertrages folge, dass die Heimaufsicht auch dazu berufen sei, auf die Einhaltung der nach dem Rahmenvertrag als Regelleistung zu erbringenden Leistungen zu achten. Darüber hinaus sei der Rahmenvertrag für die zugelassene Pflegeeinrichtung gemäß § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI auch unmittelbar verbindlich. Folge der Geltung des Rahmenvertrags sei für die Prüfung der Angemessenheit des Entgeltes, dass keine zusätzlichen Entgelte für solche Leistungen von den Heimbewohnern verlangt werden könnten, welche die Einrichtung als Regelleistung zu erbringen habe und durch den hierfür geleisteten Pflegesatz abgegolten würden. Allein aus dem Fehlen einer von den Vertragsparteien formulierten Empfehlung ergebe sich nicht, dass die Vertragsauslegung dann nicht im Rahmen der Wahrnehmung heimrechtlicher Aufsicht vorzunehmen sei. Zutreffend gingen die angefochtenen Bescheide davon aus, dass zu den Hilfen bei Mobilität jedenfalls für den Fall, dass ein Arztbesuch zwingend außerhalb der Einrichtung der Klägerin notwendig sei und eine notwendige Begleitung durch Dritte nicht möglich sei, auch die Sicherstellung der Begleitung der Bewohner durch den Heimbetreiber gehöre, wenn deren Zustand die Begleitung erfordere. Eine solche Auslegung ergebe sich aus Sinn und Zweck der Regelung, die gerade individuell notwendige Hilfen beim Verlassen der Wohnung als Leistungsinhalt bei der Mobilitätshilfe umfasst sehe. Aus dem Hinweis auf das Organisieren und Planen des Arztbesuches folge nichts anderes. Die Organisation eines von der Anordnung umfassten Arztbesuches umfasse begrifflich nicht lediglich die bloße Absprache des ärztlichen Termins bzw. die Terminkoordination mit im Einzelfall zur Verfügung stehenden Angehörigen bzw. z.B. ehrenamtlichen Kräften. Organisation bedeute vielmehr vor dem Hintergrund des jeweiligen Pflegebedarfs des Heimbewohners, der Maßstab für den Umfang der Pflegeleistung sei, dann auch, dass die Begleitung, falls kein Dritter zur Verfügung stehe, durch den Heimbetreiber selbst sichergestellt werde, indem dieser Beschäftigte des Heims einsetze oder sonstige Personen damit beauftrage. Die Zuordnung der sicherzustellenden Begleitung müsse auch deshalb Teil der Regelleistung sein, weil es sich dabei nicht um eine Zusatzleistung handle. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin durch die Anordnung übermäßig in ihrem Arbeitsablauf oder etwa in finanzieller Hinsicht belastet wäre, seien nicht erkennbar. Das der Heimaufsichtsbehörde eingeräumte Ermessen sei vorliegend in der Weise reduziert gewesen, dass für eine andere Entscheidung als die angefochtene Anordnung kein Raum gewesen sei.
16 
Hiergegen hat die Klägerin am 10.03.2011 Berufung eingelegt. Mit Verfügung der Vorsitzenden vom 08.03.2011 ist die Berufungsbegründungsfrist bis 10.05.2011 verlängert worden. Die Klägerin hat die Berufung am 05.05.2011 begründet. Sie führt ergänzend aus, in Rahmenverträgen anderer Bundesländer werde die Begleitung zum Arztbesuch als solche zum Gegenstand der Leistungsverpflichtung im Rahmenvertrag gemacht. Das Verwaltungsgericht lege den Begriff des „Organisierens“ und „Unterstützens“ unzulässig weit und über den Wortlaut der Formulierung im Rahmenvertrag hinaus aus. „Organisieren“ heiße gerade nicht selbst durchführen. Es werde der Rechtsauffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts entgegengetreten, dass es keine leistungsrechtliche Kategorie gebe, die notwendige Leistungen für Heimbewohner außerhalb der Regelleistungen und der Zusatzleistungen kenne. § 75 Abs. 4 SGB XI enthalte eine Regelung, die die Schiedsstelle als die Instanz vorsehe, die bei Streitigkeiten über die Rahmenverträge bzw. bei Nichteinigung über dieselben angerufen werden könne und entscheide. Sollten die Landesverbände der Pflegekassen der Auffassung sein, dass die Verträge nicht eindeutig genug seien, müssten sie zur Verhandlung neuer Rahmenverträge auffordern und die strittigen Fragen, gegebenenfalls unter Anrufung der Schiedsstelle, zu klären versuchen. Dieser Konfliktregelungsmechanismus könne nicht substituiert werden durch eine ergänzende Vertragsauslegung durch die Heimaufsichtsbehörden.
17 
Die Klägerin beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. Januar 2011 - 4 K 3702/10 - zu ändern und den Bescheid des Landratsamts Ostalbkreis vom 28.01.2010 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.08.2010 aufzuheben.
19 
Das beklagte Land beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Es verteidigt das angegriffene Urteil und trägt ergänzend vor, da die Heimaufsicht zur Vertragsauslegung berufen sei, wenn Streitigkeiten von den Vertragsparteien nicht gelöst und dann zu Lasten der Heimbewohner geregelt würden, sei es der Heimaufsicht auch nicht verwehrt festzustellen, dass die daraus folgende zusätzliche Berechnung einer bereits im Entgelt enthaltenen Leistung unangemessen sei. Die Auslegung des Begriffs „Organisieren“ durch die Klägerin greife für pflege- und hilfsbedürftige Menschen zu kurz. Die Einrichtung habe nach dem Rahmenvertrag alle für die Aufrechterhaltung der Lebensführung notwendigen Leistungen zu erbringen. Der finanzielle Aufwand sei für die überwiegende Mehrheit der Einrichtungen überschaubar und könne in künftige Pflegesatzverhandlungen eingebracht werden. Die heimrechtliche Überprüfungs- und Anordnungsbefugnis zu den vertraglichen Leistungen zwischen dem Bewohner und dem Heimbetreiber diene nicht in erster Linie zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche des Bewohners, sondern sei Ausdruck der ordnungsrechtlichen Befugnisse der Heimaufsicht, zum Wohl des Bewohners einzugreifen; dieser befinde sich in einer dem Heimbetreiber gegenüber schutzbedürftigen, weil abhängigen Position. Die heimrechtliche Überprüfungs- und Anordnungsbefugnis gehe grundsätzlich auch dem (vertraglichen) Sozialversicherungsrecht vor.
22 
Dem Senat liegen die Behördenakten des Landratsamts Ostalbkreis und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart (je ein Heft) sowie die Akte des Verwaltungsgerichts Stuttgart zum Verfahren 4 K 3702/10 vor. Hierauf und auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der zulässigen Anfechtungsklage der Klägerin stattgeben müssen, weil die angefochtene Verfügung rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
24 
Die Anfechtungsklage ist - wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat - auf Aufhebung der angefochtenen Verfügung - eines Dauerverwaltungsaktes - ex tunc gerichtet. Soweit der Verwaltungsakt Zeiträume in der Vergangenheit betrifft, hat er sich nicht erledigt. Die Klägerin ist hierdurch vielmehr noch beschwert, weil sie sich vorbehält, nach Erlass der Verfügung bislang nicht geltend gemachte Entgelte für die Arztbegleitung nachzuerheben. Maßstab der gerichtlichen Überprüfung ist demnach nicht nur - wie das Verwaltungsgericht meint - der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in Kraft befindliche § 12 Abs. 1 Satz 1 LHeimG i.d.F. vom 11.05.2010 (GBl. S. 404), sondern auch der - allerdings inhaltsgleiche - § 17 Abs. 1 Satz 1 LHeimG i.d.F. vom 10.06.2008 (GBl. S. 169), auf den die Verfügung ursprünglich gestützt war (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62.11 -, juris).
25 
Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. können gegenüber den Trägern von Heimen Anordnungen erlassen werden, u.a. zur Sicherung der Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnern obliegenden Pflichten, wenn diesbezüglich festgestellte Mängel nicht abgestellt werden.
26 
Die nach der Neuverteilung der Gesetzgebungskompetenzen auf dem Gebiet des Heimrechts zwischen Bund und Ländern durch das Föderalismusreformgesetz (52. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.06.2006, BGBl. I S. 2034 - Föderalismusreform I -) geschaffene Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 1 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 LHeimG a.F. entspricht inhaltlich der ursprünglichen bundesrechtlichen Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 1 HeimG.
27 
§ 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 HeimG war 2001 als Anordnungsbefugnis bezugnehmend auf die Zweckbestimmung des Heimgesetzes in § 2 Abs. 1 Nr. 3 HeimG („Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnern obliegenden Pflichten zu sichern“) eingeführt worden. Sie sollte sich nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 14/6366, S. 33) auf vertragliche und gesetzliche Pflichten des Heimträgers beziehen. Sinn und Zweck dieser Regelung war es, die Position der Heimbewohner angesichts ihrer wirtschaftlichen Unterlegenheit und ihrer strukturellen Abhängigkeit vom Heimträger zu stärken; sie sollten nicht auf eigene Rechtsverfolgung und -verteidigung verwiesen werden (s. zum Ganzen auch BVerwG, Urteil vom 02.06.2010 - 8 C 24/09 -, Buchholz 451.44 HeimG Nr. 11).
28 
Auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 HeimG war sowohl eine Festsetzung zivilrechtlicher Verpflichtungen des Heimträgers zu Gunsten von Heimbewohnern bzw. ihnen korrespondierender zivilrechtlicher Ansprüche der Heimbewohner gegenüber dem Heimträger (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 09.10.2009 - OVG 6 N 7.08 -, juris) als auch sich aus dem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI ergebender Pflichten des Heimträgers durch heimaufsichtsrechtliche Verfügung anerkannt (Senat, Urteil vom 22.06.2006 - 6 S 2993/04 -, VBlBW 2006, 470). Eine solche Auslegung wäre auch für § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. denkbar.
29 
§ 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. sind aber vorliegend aus verfassungsrechtlichen Gründen dahingehend auszulegen, dass zugunsten der Heimbewohner angenommene Verpflichtungen des Heimträgers aus dem Heimvertrag bzw. ihnen korrespondierende heimvertragliche Ansprüche der Heimbewohner nicht durch eine heimaufsichtsrechtliche Verfügung festgesetzt werden können (dazu unten II.1). Hinzu kommt, dass Entsprechendes für aus dem Rahmenvertrag nach § nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI abgeleitete Verpflichtungen des Heimträgers gilt, wenn - wie hier - die im Rahmenvertrag Beteiligten zu einer umstrittenen Frage keine übereinstimmende Auslegung erzielt haben (II.2). Dessen ungeachtet besteht die hier streitgegenständliche Verpflichtung nach dem Rahmenvertrag bzw. nach den Heimverträgen nicht (siehe dazu unten III.).
30 
Die Klägerin ist als Heimbetreiberin allerdings, wie sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 5 LHeimG ergibt, verpflichtet, den Bewohnern die erforderlichen Hilfen zu gewähren. Damit ist sie auch verpflichtet, die Bewohner jedenfalls unter den in der streitgegenständlichen Verfügung genannten Voraussetzungen zum Arzt begleiten zu lassen. Diese der Gefahrenabwehr dienende, also ordnungsrechtlich radizierte Verpflichtung darf die Heimaufsichtsbehörde auch durch eine auf § 12 Abs. 1 Satz 1 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 LHeimG a.F. gestützte Verfügung aktualisieren. Davon zu unterscheiden ist die letztlich zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Heimaufsichtsbehörde auch vorgeben kann, dass dies ohne Erhebung eines gesonderten Entgeltes zu geschehen habe.
II.
31 
Die streitgegenständliche Verfügung leitet die hier fragliche Verpflichtung der Klägerin aus § 1 Abs. 3 lit. c, 3. Spiegelstrich des Rahmenvertrages ab.
32 
1. An diesen Rahmenvertrag ist die Klägerin jedenfalls über die von ihr mit den Bewohnern der Pflegeeinrichtung abgeschlossenen zivilrechtlichen Wohnpflegeverträge gebunden. In deren Präambel werden die Regelungen des Rahmenvertrages für verbindlich erklärt und als Grundlage des Vertrags bezeichnet. Soweit die Verpflichtungen aus dem Rahmenvertrag Gegenstand der individuellen Heimverträge geworden sind, sind sie zivilrechtlicher Natur.
33 
Dem Landesgesetzgeber steht aber keine Gesetzgebungskompetenz zur Schaffung einer Eingriffsbefugnis der Heimaufsichtsbehörde zur Durchsetzung von gegenüber den Heimbewohnern angenommenen Verpflichtungen eines Heimbetreibers aus einem der hier vorliegenden Heimverträge zu.
34 
Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
35 
a) Bis zur Änderung des Grundgesetzes durch das Föderalismusreformgesetz (52. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.06.2006, BGBl. I S. 2034 - Föderalismusreform I -) fiel der Erlass heimrechtlicher Vorschriften in die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes und hatte der Bundesgesetzgeber das Heimrecht durch eine umfassende Regelung, das Heimgesetz (Gesetz über Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige vom 07.08.1975 [BGBl. I S. 1873], i.d.F. der Bekanntmachung vom 05.11.2001 [BGBl. I S. 2970], seitdem noch mehrfach geändert), auf der Grundlage des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (öffentliche Fürsorge), aber auch gestützt auf Art. 74 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft [Gewerbe]; vgl. BT-Drs. 7/180, S. 7) erschöpfend mit dem Ziel des Schutzes alter, pflegebedürftiger oder behinderter Menschen vor Beeinträchtigungen, die sich aus ihrer Lebenssituation infolge des Heimaufenthalts und den daraus folgenden Abhängigkeiten typischerweise ergeben können, reguliert. Soweit das Heimgesetz in mehrfacher Weise auch in die privatrechtlichen Beziehungen zwischen den Heimträgern und den Heimbewohnern regelnd eingriff, insbesondere im Zusammenhang mit dem Heimvertrag nach § 4 HeimG, wurde als maßgebliche Kompetenznorm die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (Korbmacher, Grundfragen des öffentlichen Heimrechts, S. 6) angesehen.
36 
Mit dem durch das Föderalismusreformgesetz vom 28.06.2006 eingefügten Klammerzusatz in Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG „(ohne das Heimrecht)“ wurde die Kompetenz für das Heimrecht aus dem Katalog der konkurrierenden Gesetzgebung gestrichen und fällt seitdem in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder gemäß Art. 70 Abs. 1 GG. Dies kann nach Wortlaut, Regelungszusammenhang und Sinn und Zweck des Klammerzusatzes nur Kompetenzen meinen, die vom Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zuvor umfasst waren. Ergab sich die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für heimvertragsrechtliche Regelungen aber bereits vor der Föderalismusreform I aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG, kann der Landesgesetzgeber durch die Grundgesetzänderung nur für den ordnungsrechtlichen Teil des Heimrechts zuständig geworden sein (vgl. dazu Senat, Urteil vom 27.09.2011 - 6 S 707/10 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 05.04.2012 - 4 BN 1.12 -, juris, jeweils m.w.N.). Die Kompetenz zur Regelung des bürgerlichen Rechts i.S.d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG umfasst dabei auch die Kompetenz zur Regelung des Verbraucherschutzrechts (vgl. dazu BT-Drs. 16/12409, S. 10). Dem entspricht mittlerweile die Staatspraxis.
37 
Das Land Baden-Württemberg vertrat zunächst - weitergehend - die Auffassung, dass die übergegangene Gesetzgebungskompetenz für das Heimrecht auch die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung des Heimvertragsrechts umfasse. Die verfassungsrechtliche Kompetenzzuweisung an die Länder differenziere nicht zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Regelungsbereichen des Heimrechts. Die Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Heimrecht umfasse vielmehr auch die Möglichkeit, Rechtsverhältnisse zwischen Privaten zu regeln, um Notlagen, gleich welcher Art, vorzubeugen, oder sie im Fall ihres Eintritts zu bekämpfen und die Heime zum Schutz der naturgemäß besonders fürsorgebedürftigen Heimbewerber und -bewohner in die Pflicht zu nehmen. Dem Bund komme zwar weiterhin die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das bürgerliche Recht zu (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG). Aus diesem Kompetenzbereich sei jedoch mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG die Befugnis zur Regelung des Heimvertragsrechts ausdrücklich zu Gunsten der Länder herausgelöst worden (Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg vom 05.05.2009, LT-Drs. 14/4440, S. 3).
38 
Auf dieser Grundlage erließ der Landtag von Baden-Württemberg trotz zwischen Bund und Ländern strittiger Zuständigkeit für die heimvertraglichen Regelungen das umfassende, also sowohl den öffentlich-rechtlichen als auch den privat-rechtlichen Bereich des Heimrechts regelnde Landesheimgesetz. Dieses trat am 01.07.2008 in Kraft (GBl. S. 169).
39 
Demgegenüber stellte sich der Bund auf den Standpunkt, dass durch die am 01.09.2006 in Kraft getretene Föderalismusreform zwar das Heimrecht aus der konkurrierenden Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers für die öffentliche Fürsorge nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG ausgeklammert worden sei. Danach liege die Gesetzgebungskompetenz für die ordnungsrechtlichen Vorschriften des bisherigen Heimgesetzes bei den Ländern, der Bundesgesetzgeber sei aber nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG für die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften zuständig (vgl. dazu BT-Drs. 16/12409, S. 1 und 16/12882, S. 1).
40 
In dem sich anschließenden Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform, das u.a. das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) umfasst, stellte das Land Baden-Württemberg im Bundesrat den Antrag, der Bundesrat möge gemäß Art. 76 Abs. 2 GG zu dem Gesetzentwurf dahingehend Stellung nehmen, dass der Bund im Hinblick auf das Heimvertragsrecht keine Gesetzgebungskompetenz besitze bzw. den Vermittlungsausschuss anzurufen (BR-Drs. 167/2/09, S. 1 ff.; 566/1/09). Der Antrag blieb ohne Erfolg.
41 
Das Gesetz zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform trat am 01.09.2009 in Kraft (BGBl. I S. 2319).
42 
Das Land Baden-Württemberg erließ daraufhin ein Gesetz zur Änderung des Landesheimgesetzes (vom 11.05.2010, GBl. S. 404), mit dem die heimvertraglichen Regelungen im Landesheimgesetz in Wegfall kamen. Die Entwurfsbegründung (vgl. LT-Drs. 14/6080) äußert sich zu kompetenzrechtlichen Fragen nicht mehr.
43 
Dem Land steht mithin die Kompetenz zur Regelung des Heimordnungsrechtes zu; eine Kompetenz zur Regelung des Heimvertragsrechts besteht nur unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 1 GG, also solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
44 
b) Das Gesetz zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform bzw. das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz ist zunächst darauf gerichtet, die in den §§ 5-9 und 14 HeimG enthaltenen, in erster Linie den Inhalt des Heimvertrages betreffenden Regelungen zu ersetzen. Darüber hinaus sollte mit dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz gleichzeitig aber auch ein Verbraucherschutzgesetz geschaffen werden, das dem besonderen Schutzbedarf, der durch die vertragliche Verbindung von Wohnungsüberlassung und der Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen bei gleichzeitig gegebener Hilfsbedürftigkeit mit den Mitteln des Verbraucherschutzrechts Rechnung trägt. (vgl. dazu die Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 10f.). Der Bundesgesetzgeber hat sich mithin bei der Schaffung des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes von denselben Überlegungen leiten lassen wie bei der Einführung des § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 HeimG. Er ist dabei aber bewusst von der Regelungskonzeption des Heimgesetzes abgewichen bzw. darüber hinausgegangen, soweit dieses der Sache nach verbraucherschutzrechtliche Regelungen enthielt (vgl. Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 10).
45 
Diese Regelungskonzeption enthält deshalb neben Regelungen zum Vertragsinhalt u.a. - gegenüber § 5 Abs. 1 HeimG weiterentwickelte - Informationspflichten des Unternehmers vor Vertragsschluss (§ 3 WBVG, siehe dazu Begründung zum WBVG, BT-Drs. 16/12409, S. 16), detaillierte Regelungen zum Vertragsschluss und zur Vertragsdauer (§ 4 WBVG; vgl. demgegenüber § 8 HeimG) sowie zur Form des Vertragsschlusses und zu etwaigen Fehlerfolgen (§ 6 WBVG; vgl. demgegenüber § 5 Abs. 1 Satz 2 HeimG: bislang keine zwingende Schriftform). Art. 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform sieht schließlich vor, dass das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne des § 2 Abs. 2 UKlaG ist mit der Folge, dass gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden kann, wenn den Vorschriften des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes zuwidergehandelt wird.
46 
Nach der Begründung des Gesetzentwurfs hierzu sind im Übrigen aber zum einen zivilrechtliche Ansprüche der Heimbewohner - wie sonstige zivilrechtliche Ansprüche auch - auf dem Zivilrechtsweg zu verfolgen (BR-Drs. 167/09, S. 15 f.). Zum anderen wurde die Anregung des Bundesrates (BR-Drs. 167/09, Ziff. 10a), darüber hinausgehende Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung aufzunehmen, nicht aufgegriffen (vgl. dazu Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 16/12882, S. 12).
47 
Dem entspricht es, dass das Land Baden-Württemberg bereits an dem - so auch Gesetz gewordenen - Entwurf zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz kritisiert hatte, dass die Heimaufsicht zwar nach dem Landesheimgesetz - ebenso wie bisher nach dem Bundesheimgesetz - gesetzwidrige Verträge beanstanden und deren Abänderung durchsetzen könne, dass der Entwurf diese Kontrollmöglichkeit aber entfallen lasse. Die pflegebedürftigen und behinderten Menschen und ihre Angehörigen würden ausschließlich auf den Weg vor die Zivilgerichte verwiesen (Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales vom 05.05.2009, a.a.O., S. 3). In der Entwurfsbegründung des Gesetzes zur Änderung des Landesheimgesetzes ist hierzu u.a. ausgeführt, der Wegfall der heimvertragsrechtlichen Regelungen im Landesheimgesetz führe zu einer Entlastung der Heimaufsichtsbehörden, da diese in Zukunft weder Heimverträge noch die Einhaltung der heimvertraglichen Regelungen prüfen müssten (vgl. LT-Drs. 14/6080, S. 1, 8).
48 
c) Die von der Klägerin mit den Bewohnern der Pflegeeinrichtung ... abgeschlossenen Verträge unterfallen dem gegenständlichen Anwendungsbereich (zu etwaigen zeitlichen Differenzierungen s. unten) des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes. Ein solcher Vertrag setzt gemäß § 1 WBVG - wie hier - die Überlassung von Wohnraum und die Erbringung von Pflege- oder Betreuungsleistungen zur Bewältigung eines durch Alter, Pflegebedürftigkeit oder Behinderung bedingten Hilfsbedarfs voraus. Die Klägerin ist - entsprechend § 1 WBVG - auch Unternehmerin im Sinne des § 14 BGB, die Heimbewohner sind (volljährige) Verbraucher im Sinne des § 13 BGB.
49 
d) Soweit § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. der Durchsetzung von zugunsten von Heimbewohnern bestehenden Verpflichtungen des Heimbetreibers aus einem Vertrag, der dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz unterfällt, mit den Mitteln des Heimordnungsrechts dienen soll, liegt darin ein unzulässiger Eingriff in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Verbraucherschutzrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG.
50 
aa) Kommt nach dem Sachbereich einer Regelung eine mehrfache Zuordnung zu einem Kompetenztitel in Betracht, ist auf den Schwerpunkt der Regelung und die insoweit maßgebliche Zielsetzung abzustellen. Für die Subsumtion einer Regelung unter einen Kompetenztitel ist mithin in erster Linie der primäre Normzweck entscheidend, der dem Gegenstand der Kompetenznorm entsprechen muss (vgl. dazu Degenhart, Staatsorganisationsrecht, 23. Aufl., Rn. 160 ff. unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 09.10.1984 - 2 BvL 10/82 -, BVerfGE 67, 299 (314 ff.; 319 ff.); BVerfG, Urteil vom 27.10.1998 - 1 BvR 2306/96 u.a. -, BVerfGE 98, 265 (300)). Dies ist bei § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F., soweit es um die Schaffung einer Möglichkeit zur Durchsetzung von vertraglichen Verbraucherrechten geht, aber der Verbraucherschutz i.S.d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG, nicht die heimordnungsrechtliche Gefahrenabwehr (vgl. zum grundsätzlichen Verhältnis von Ordnungsrecht und zivilrechtlichen Ansprüchen § 2 Abs. 2 PolG). Dies zeigt auch die Diskussion um die Schaffung bzw. den Wegfall von Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung im Gesetzgebungsverfahren zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz bzw. zum Gesetz zur Änderung des Landesheimgesetzes.
51 
bb) Die Kompetenz für das Verbraucherschutzrecht steht - wie bereits ausgeführt - gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG als Teil des bürgerlichen Rechts im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz grundsätzlich dem Bund zu. Das heißt, eine Gesetzgebungskompetenz verbliebe dem Land nur noch, wenn der Bund eine Frage, hier den Verbraucherschutz von Heimbewohnern, nicht (wirksam) oder nur teilweise durch Gesetz geregelt hätte (Art. 72 Abs. 1 GG). Demgegenüber tritt eine Kompetenzsperre ein, wenn eine (wirksame) umfassende bundesgesetzliche Kodifikation vorliegt (vgl. dazu Degenhart, a.a.O., Rn. 177ff; BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 (369 ff.)). Maßgeblich dafür, ob eine abschließende Regelung einer bestimmten Materie vorliegt, ist eine Gesamtwürdigung des betreffenden Normbereichs, neben konkreten Einzelregelungen ist auf die Gesamtkonzeption abzustellen (Jarass/Pieroth, a.a.O., § 72 Rn. 2 unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 09.10.1984, a.a.O., S. 324; Beschluss vom 29.03.2000 - 2 BvL 3/96 -, BVerfGE 102,99 (114a f.; 121); Urteil vom 10.02.2004 - 2 BvR 834/02 u.a. -, BVerfGE 109, 272 (279); Urteil vom 27.10.1998, a.a.O., S. 321; Urteil vom 07.05.1998 - 2 BvR 1876/91 -, BVerfGE 98, 83 (98)).
52 
Der Bundesgesetzgeber hat für den Anwendungsbereich des - seinerseits verfassungsgemäß zustande gekommenen - Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes und damit auch, soweit Verträge zwischen Betreibern und Bewohnern eines Heims im Sinne des Landesheimgesetzes dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz unterfallen (vgl. zum Anwendungsbereich des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes einerseits und landesrechtlicher heimordnungsrechtlicher Regelungen andererseits Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 1), aber eine abschließende Regelung zum Verbraucherschutz getroffen.
53 
Diese Regelungskonzeption enthält - wie bereits ausgeführt - neben Regelungen zum Vertragsinhalt die Sicherstellung des Schutzes von Heimbewohnern durch eine Reihe von „flankierenden Maßnahmen“. Damit liegt eine detaillierte Gesamtkonzeption zur Regelung des Verbraucherschutzes im Anwendungsbereich des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes vor. Der Bundesgesetzgeber ist dabei bewusst von der Regelungskonzeption des bisherigen Bundesheimgesetzes abgewichen bzw. darüber hinausgegangen, soweit dieses der Sache nach verbraucherschutzrechtliche Regelungen enthielt (vgl. Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 10). Dem entspricht die gesetzgeberische Absicht, nach der Föderalismusreform den Verbraucherschutz von Heimbewohnern als Teil einer auch neue Wohn- und Betreuungsformen erfassenden, umfassenden Gesamtregelung insgesamt auf eine neue rechtliche Grundlage zu stellen und zwar wegen Umfang und Bedeutung der Sondervorschriften in einem eigenen Gesetz (vgl. dazu Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 10 ff.).
54 
Eine Regelungskompetenz der Länder auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes zu Gunsten von Heimbewohnern gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG verblieb damit nicht. Gerade mit Blick auf die behördliche Eingriffsregelung des § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. ist weiter zu berücksichtigen, dass der Bundesgesetzgeber eine stärkere Ausrichtung des Verbraucherschutzes an allgemein-zivilrechtlichen Grundsätzen angestrebt hat (BT-Drs. 16/12409, S. 10), also über § 2 UKLaG hinausgehende, ergänzende Maßnahmen der Rechtsdurchsetzung, die er gestützt auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG hätte regeln können, gerade nicht vorsehen wollte. Der Bundesgesetzgeber hat sein Ziel, die Heimbewohner als Verbraucher bei der Wahrnehmung der eigenen Interessen zu stärken (BT-Drs. 16/12409, S. 11) und die Durchsetzbarkeit der ihnen zur Seite gestellten Rechte zu verbessern, vielmehr gerade durch klare und auf konkrete Rechtsfolgen gerichtete Regelungen zu verbessern versucht, wozu der Zivilrechtsweg offenstehe. Daneben sieht die Regelungskonzeption lediglich Klagen von Verbraucherschutzverbänden auf der Grundlage des Unterlassungsklagengesetzes vor. Im Gesetzgebungsverfahren ist schließlich der Versuch gescheitert, weitere Regelungen zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in das Gesetz aufzunehmen (vgl. BR-Drs. 167/09 unter Ziff. 10 und BT-Drs. 16/1282, S. 9, 12; vgl. zur Sperrwirkung durch absichtsvollen Regelungsverzicht BVerfGE, Urteil vom 27.10.1998, a.a.O.).
55 
e) Solange und soweit der Bund von einer ihm verliehenen Gesetzgebungskompetenz wirksam Gebrauch gemacht hat, kann gem. Art. 72 Abs. 1 GG neues Landesrecht nicht mehr entstehen und sind erlassene Landesgesetze unzulässig und nichtig (Jarass/Pieroth, a.a.O., Rn. 6).
56 
Jedenfalls mit Inkrafttreten des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes am 01.09.2009 (vgl. Jarass/Pieroth, a.a.O., § 72 Rn. 8) wäre § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. somit insoweit unzulässig geworden, als er die Durchsetzung von Ansprüchen aus Heimverträgen ermöglichen soll, auf die das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Anwendung findet. Dies sind alle ab dem 01.09.2009 neu geschlossenen Heimverträge und alle davor abgeschlossenen Heimverträge ab dem 01.05.2010 (vgl. § 17 WBVG). § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. wäre insoweit von Anfang an nichtig, als er die Durchsetzung von Ansprüchen aus Heimverträgen ermöglichen soll, auf die das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Anwendung findet.
57 
§ 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. können aber dahingehend einschränkend ausgelegt werden, dass sie verfassungskonform sind.
58 
Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten (Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 20 Rn. 34 unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 30.03.1993 - 1 BvR 1045/89 u.a. -, BVerfGE 88, 145 (166); Urteil vom 24.04.1985 - 2 BvR 2/83 -, BVerfGE 69, 1 (55); Beschluss vom 03.06.1992 - 2 BvR 1041/88 u.a. -, BVerfGE 86, 288 (320 f.); Beschluss vom 15.10.1996, - 1 BvR 44/92 u.a.-, BVerfGE 95, 64 (81, 93)). Der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. steht einer solchen Auslegung nicht entgegen, er spricht nicht ausdrücklich von Pflichten des Heimbetreibers aus dem Heimvertrag. Der Gesetzgeber des (ursprünglichen) Landesheimgesetzes hat zu der vorliegenden Frage ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs keine Überlegungen angestellt, sondern unreflektiert die Regelungen des Heimgesetzes übernommen. Dass diese ihrerseits ursprünglich auch zur Durchsetzung von vertraglichen Ansprüchen eingeführt worden waren, steht dem nicht entgegen. Der Gesetzgeber des Änderungsgesetzes zum Landesheimgesetz ist demgegenüber davon ausgegangen, dass bereits eine Überprüfung der heimvertraglichen Regelungen durch die Heimaufsichtsbehörde nicht mehr in Betracht kommt. Die vorliegende Auslegung entspricht schließlich auch dem ordnungsrechtlichen Ansatz des Landesheimrechtes.
59 
Damit fehlt es insoweit aber an einer Rechtsgrundlage, aufgrund derer die Heimaufsichtsbehörde die Durchsetzung von Ansprüchen aus Heimverträgen durch heimaufsichtsrechtliche Verfügung ermöglichen kann und damit für die streitgegenständliche Verfügung. Soweit für vor dem 01.09.2009 geschlossene Verträge nach § 17 WBVG noch (bis zum 30.04.2010) das Heimgesetz weiter galt, könnte im Hinblick auf die am 28.01.2010 ergangene streitgegenständliche Verfügung für den Zeitraum Februar bis April 2010 möglicherweise eine Differenzierung erforderlich sein. Dies kann jedoch offen bleiben, weil sich die angefochtene Verfügung noch aus anderen Gründen, die auch diesen Zeitraum betreffen, als rechtswidrig erweist.
60 
2. Der Senat lässt offen, ob eine Bindung der Klägerin an die Bestimmungen des Rahmenvertrages und an daraus zu Lasten der Klägerin als Heimträgerin abgeleitete Verpflichtungen gegenüber Heimbewohnern, hier der Verpflichtung, unter bestimmten Voraussetzungen Heimbewohner ohne Erhebung eines gesonderten Entgelts zum Arzt zu begleiten, auch unabhängig von den von der Klägerin geschlossenen Heimverträgen besteht.
61 
Die Klägerin ist nicht selbst am Rahmenvertrag beteiligt. Sie gehört zwar dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Baden-Württemberg e.V. an, der seinerseits Vertragspartner des Rahmenvertrages ist. Eine zivilrechtliche Befugnis dieses Verbandes, Mitgliedsunternehmen aus dem Rahmenvertrag zu verpflichten, besteht aber nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht. Dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Baden-Württemberg e.V. kommt als privatrechtlich organisiertem Zusammenschluss gegenüber seinen Mitgliedsunternehmen auch keine Rechtssetzungsbefugnis zu (vgl. LPK-SGB XI, 2. Aufl., § 75 Rn. 9). Der Rahmenvertrag erstreckt seine Wirkung auch nicht selbst auf Dritte (vgl. dazu allgemein Engelmann, in: von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 53 Rn. 4d m.w.N.). Die Verbindlicherklärung des Rahmenvertrags in § 7 des Versorgungsvertrags nach § 72 SGB XI, also im Rahmen der Zulassung der Pflegeeinrichtung zur stationären Versorgung, wiederum begründet Verpflichtungen der Klägerin nicht gegenüber dem pflegebedürftigen Heimbewohner, sondern gegenüber den Pflegekassen (vgl. Philipp, VSSR 1997, 243 (244)).
62 
Damit kommt vorliegend unabhängig von den durch die Klägerin geschlossenen Heimverträgen allein eine Geltungserstreckung des Rahmenvertrags zu Lasten der Klägerin aufgrund der gesetzlichen Anordnung des § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI in Betracht. Danach sind die Rahmenverträge als sogenannte Normsetzungsverträge für zugelassene Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich. Eine Verpflichtung der Klägerin als Heimbetreiberin gegenüber dem pflegebedürftigen Heimbewohner ergäbe sich dann über § 8 Abs. 1 des Rahmenvertrages. Danach muss im Heimvertrag die Umsetzung des Rahmenvertrages und damit auch dessen etwaige Vorgaben, was als Regelleistung zu erbringen ist, gewährleistet sein.
63 
Die rechtliche Zulässigkeit von Normsetzungsverträgen im Sozialversicherungsrecht ist in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt (ständige Rechtsprechung seit BSG, Urteil vom 08.03.1995, - 1 RK 12/94 -, BSGE 76, 48 (51); LSG Sachsen, Urteil vom 12.12.2007 - L 1 P 28/05 -, PflR 2008, 243 zu § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI), aber insbesondere aus verfassungsrechtlichen Gründen, namentlich im Hinblick auf das Demokratieprinzip und den Parlamentsvorbehalt im grundrechtsrelevanten Bereich, im allgemeinen (vgl. den Nachweis des Meinungsstandes bei Schoch/Wieland, ZG 2005, 223 (235 ff.), die allerdings unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 05.12.2002, - 2 BvL 5/98 u.a. -, BVerfGE 107, 59 zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit gelangen) und in Sonderheit im Fall des § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI (vgl. LPK-SGB XI, 2. Aufl., § 75 Rn. 9 ff.; Udsching, SGB XI, 2. Aufl., § 75 Rn. 5) umstritten (vgl. zum Ganzen auch Rennert, JZ 2009, 976).
64 
Die Frage der rechtlichen Zulässigkeit von Normsetzungsverträgen nach § 75 Abs. 1 Satz 1 und 4 SGB XI bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Ist die Klägerin hieran nicht gem. § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI gebunden, wird hierdurch keine Verpflichtung begründet. Selbst wenn aber gem. § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI eine Bindung der Klägerin an den Inhalt des Rahmenvertrages eingetreten sein sollte, steht dem Landesgesetzgeber - ungeachtet sich darüber hinaus möglicherweise ergebender weiterer verfassungsrechtlicher Fragen - jedenfalls keine Gesetzgebungskompetenz zur Schaffung einer Befugnis der Heimaufsichtsbehörde zur Feststellung und Durchsetzung von zu Gunsten von Heimbewohnern wirkenden Verpflichtungen eines Heimbetreibers aus dem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI zu, wenn - wie hier - zwischen den am Rahmenvertrag Beteiligten ausdrücklich streitig ist, ob sie die fragliche Verpflichtung begründet haben.
65 
a) Dem Land steht - wie ausgeführt - die Kompetenz zur Regelung des Heimordnungsrechtes zu; eine Kompetenz zur Regelung von Angelegenheiten des Sozialversicherungsrechts, die nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG der konkurrierenden Gesetzgebung unterfällt, besteht nur unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 1 GG, also solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
66 
b) Durch die Rahmenverträge nach § 75 SGB XI wird - normersetzend - das Leistungserbringungsrecht im dort genannten Umfang untergesetzlich geregelt, d.h. der Gesetzgeber überlässt es den Vertragspartnern dieser Verträge, also - soweit es um stationäre Pflegeeinrichtungen geht - den Landesverbänden der Pflegekassen, dem Verband der privaten Krankenversicherung im Land, den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen im Land und der Arbeitsgemeinschaft der örtlichen Sozialhilfeträger sowie den überörtlichen Sozialhilfeträgern, den Sicherstellungsauftrag der Pflegekassen gemäß § 69 Satz 1 SGB XI zu konkretisieren. Mit der Statuierung von Normsetzungsverträgen im Sozialversicherungsrecht verzichtet der Gesetzgeber zugunsten einer im weiten Sinne verstandenen „Selbstverwaltung“ und Selbstregulierung durch die Vertragspartner auf nähere eigene Regelungen (Schoch/Wieland, a.a.O., S. 235).
67 
Dies betrifft auch die hier ins Auge gefasste Abgrenzung von allgemeinen Pflegeleistungen und Zusatzleistungen (vgl. §§ 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 88 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Mit dem Rahmenvertrag wird das „Gesamtpaket“ der allgemeinen Pflegeleistungen festgelegt (vgl. dazu Philipp, a.a.O., S. 247 ff.).
68 
Durch den Rahmenvertrag wird bei dessen Wirksamkeit gegenüber Dritten auch die sozialversicherungsrechtliche Pflichtenstellung der zugelassenen Pflegeinrichtungen und damit des Heimbetreibers bestimmt (§ 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI).
69 
c) Der Heimaufsichtsbehörde ist es auch auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. - wie schon nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Variante 2 HeimG - grundsätzlich unbenommen, an Bestimmungen des Rahmenvertrages (vgl. dazu Senat, Urteil vom 22.06.2006, a.a.O.) ebenso wie an gesetzliche Regelungen aus dem Sozialversicherungsrecht (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 02.06.2010 - 8 C 24/09 -, Buchholz 451.44 HeimG Nr. 11) oder aus anderen Rechtsbereichen, die Verpflichtungen des Heimbetreibers gegenüber dem Heimbewohner begründen, anzuknüpfen und durch heimordnungsrechtliche Verfügung zu aktualisieren. Soweit durch heimaufsichtsrechtliche Verfügung die Verpflichtung des Heimbetreibers zur Erbringung von allgemeinen Pflegeleistungen aktualisiert wird, betrifft dies einzelne Verpflichtungen aus dem „Gesamtpaket“ der allgemeinen Pflegeleistungen (vgl. zu dieser Unterscheidung Philipp, a.a.O., S. 246 f.). Die vorgängige Bestimmung des „Gesamtpakets“ der allgemeinen Pflegeleistungen ist demgegenüber Aufgabe der Vertragspartner.
70 
d) Die Vertragspartner des Rahmenvertrages klären Fragen zu seiner Auslegung im Rahmen sog. Gemeinsamer Empfehlungen an die Heimbetreiber. Den Gemeinsamen Empfehlungen kommt zwar keine Bindungswirkung nach § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI zu. Mittelbar entsteht aber eine Bindung der Heimbetreiber dadurch, dass die Heimaufsichtsbehörden die Gemeinsamen Empfehlungen ihrer heimrechtlichen Bewertung zu Grunde legen (vgl. Erlass des Sozialministeriums vom 06.03.2000).
71 
e) Ist eine bestimmte Frage im Rahmenvertrag nicht ausdrücklich geregelt und kommt hierzu auch keine Gemeinsame Empfehlung zustande, liegt aus Sicht der normgebenden Vertragsparteien eine teilweise Nichtregelung vor, und zwar unabhängig davon, ob sich die Frage im Wege der Vertragsauslegung klären ließe. Umgekehrt wird mit der Klärung dieser Frage durch die Vertragspartner das „Gesamtpaket“ der allgemeinen Pflegeleistungen ergänzt.
72 
f) Kommt ein Vertrag nach § 75 Abs. 1 SGB XI innerhalb von sechs Monaten ganz oder teilweise nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zu Vertragsverhandlungen aufgefordert hat, wird gem. § 75 Abs. 4 SGB XI sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Schiedsstelle nach § 76 SGB XI festgesetzt. Dies gilt auch für Verträge, mit denen bestehende Rahmenverträge geändert oder durch neue Verträge abgelöst werden. Ersatzweise kommt u.a. im Bereich der Abgrenzung von allgemeinen Pflegeleistungen und Zusatzleistungen auch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung in Betracht (§ 83 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB XI).
73 
g) Soweit § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. die Durchsetzung von nach Auffassung der Heimaufsichtsbehörde zugunsten von Heimbewohnern wirkenden Verpflichtungen des Heimbetreibers aus einem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI mit den Mitteln des Heimordnungsrechts ermöglicht, greift die Regelung in unzulässiger Weise in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Sozialversicherungsrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG ein, wenn zwischen den Vertragspartnern des Rahmenvertrags - wie hier - gerade offen ist, ob eine solche Verpflichtung bestehen soll.
74 
aa) Soweit § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. der Feststellung und Durchsetzung von zwischen den Vertragsparteien streitigen Verpflichtungen des Heimbetreibers aus einem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. Satz 1 SGB XI dienen soll, ist der primäre Normzweck (s. dazu oben II.1.d)aa)) sozialversicherungsrechtlicher Natur, weil sie insoweit auf die - ggf. ergänzende - Bestimmung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichtenstellung des Heimbetreibers gerichtet sind.
75 
bb) Die Kompetenz für das Sozialversicherungsrecht steht - wie bereits ausgeführt - gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung grundsätzlich dem Bund zu. Das heißt, eine Gesetzgebungskompetenz verbliebe dem Land nur noch, wenn der Bund eine Frage, hier die sozialversicherungsrechtliche Stellung von Heimbetreibern und deren Bestimmung, nicht (wirksam) oder nur teilweise durch Gesetz geregelt hätte (Art. 72 Abs. 1 GG).
76 
Dies ist aber nicht der Fall, weil auch insoweit eine (wirksame und) umfassende (s. dazu oben II.2.d)bb)) bundesgesetzliche Regelung vorliegt. Der Bund hat für die Bestimmung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichtenstellung (auch) des Heimbetreibers den Weg über den Normsetzungsvertrag gewählt, also in einem „System regulierter Selbstregulierung“ eine „partizipative Netzwerkstruktur“ an die Stelle staatlicher Entscheidungen gesetzt (Schoch/Wiegand, a.a.O., S. 238). Es liegt auch eine positive Regelung für den Fall vor, dass ein Vertrag ganz oder teilweise nicht zustande kommt. Unter den in § 75 Abs. 4 SGB XI genannten Voraussetzungen wird sein Inhalt durch eine Schiedsstelle festgesetzt. Auch ist für Teilbereiche in § 83 SGB XI ersatzweise der Erlass einer Rechtsverordnung durch die Bundesregierung zur Konkretisierung des Leistungserbringungsrechts vorgesehen.
77 
Ist damit aber sowohl der Regelfall der Schaffung des untergesetzlichen Regelwerks zur Konkretisierung des Sicherstellungsauftrags durch die in § 75 Abs. 1 SGB XI vorgesehenen Vertragspartner normiert als auch Vorsorge für den Fall getroffen, dass eine solche Normierung ganz oder teilweise nicht stattfindet, bleibt kein Raum mehr für ein durch das Land zu regelndes - auch nur subsidiäres oder ergänzendes - einseitiges behördliches Tätigwerden der Heimaufsichtsbehörde zur Bestimmung der sich in diesem Zusammenhang ergebenden Rechte und Pflichten der Vertragsbeteiligten und damit über § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI auch der Heimträger, wie hier durch Definition der Arztbegleitung als allgemeine Pflegeleistung.
78 
h) § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. sind deshalb verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass zu den dort genannten Pflichten nicht solche gehören, die Gegenstand eines Rahmenvertrages nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI sind, wenn eine bestimmte Frage im Rahmenvertrag nicht ausdrücklich geregelt wurde und hierzu auch keine Gemeinsame Empfehlung zustande gekommen ist. Die oben angestellten Erwägungen zu Wortlaut, Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Regelungen gelten entsprechend (II.1.e)). Der Gesetzgeber hat die Problematik weder bei Erlass des Landesheimgesetzes noch bei dessen Änderung gesehen.
79 
i) Entsprechendes gilt für aus dem Rahmenvertrag zugunsten von Heimbewohnern abgeleitete Verpflichtungen, wenn die Heimbewohner in der privaten Pflegeversicherung versichert sind oder aber Leistungen nach dem SGB XII beziehen, mit Blick auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 und 11 GG.
80 
3. Darf die Heimaufsichtsbehörde nicht konstitutiv zu Gunsten der Heimbewohner Verpflichtungen des Heimbetreibers aus Rahmenverträgen gemäß § 75 SGB XI ableiten und ebenso wenig (etwaige) Verpflichtungen aus den Heimverträgen durch auf § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. bzw. auf § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. gestützte Verfügungen aktualisieren, kann dies auch nicht Grundlage oder Ergebnis von auf § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 und 3 LHeimG a.F. bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 und 3 LHeimG n.F. gestützten Verfügungen sein. Danach können gegenüber Heimträgern Anordnungen erlassen werden, die zur Beseitigung einer eingetretenen oder zur Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung oder Gefährdung des Wohls der Bewohner oder zur Vermeidung einer Unangemessenheit zwischen Entgelt und der Leistung des Heims erforderlich sind, wenn diesbezüglich festgestellte Mängel nicht abgestellt werden.
III.
81 
Unbeschadet der Ausführungen zu Ziff. 2 ergibt sich aus dem (unmittelbar oder mittelbar über den Heimvertrag angewandten) Rahmenvertrag nicht, dass die Klägerin verpflichtet wäre, unter den in der Verfügung genannten Voraussetzungen Heimbewohner ohne Erhebung eines gesonderten Entgelts zum Arzt begleiten zu lassen, dass es sich hierbei mithin um eine zum „Gesamtpaket“ der allgemeinen Pflegeleistungen gehörende Leistung handelt. Demgegenüber ist der individuelle Pflegebedarf des einzelnen Heimbewohners, auf den das Verwaltungsgericht bei der Auslegung maßgeblich abstellt, erst bei der Bestimmung des Inhalts der allgemeinen Pflegeleistung im Einzelfall relevant (vgl. hierzu Philipp, a.a.O., S. 247).
82 
Für die Auslegung von Normsetzungsverträgen als untergesetzlichen Rechtsnormen ist die objektive Erklärungsbedeutung maßgeblich, also nicht auf den subjektiven Willen der Beteiligten (bei Vertragsschluss) abzustellen (vgl. zu dieser sog. normativen Auslegung BSG, Urteil vom 31.01.2001 - B 6 KA 33/00 -, NZS 2001, 533; vom 09.03.1999 - B 6 KA 18/98 R-, MedR 1999, 479). Wie ansonsten bei Normen auch kann außer einer Auslegung nach dem Wortlaut auch eine systematische, teleologische und eine entstehungsgeschichtliche Auslegung in Betracht kommen (BSG, a.a.O.). Durch die Einbeziehung des Normsetzungsvertrages in den Heimvertrag ändert sich hieran nichts (vgl. § 8 Abs. 1 des Rahmenvertrags).
83 
Eine ausdrückliche Regelung, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Begleitung zum Arzt zu den Regelleistungen gehört, ist nicht getroffen. Die maßgebliche Passage in § 1 Abs. 3 lit. c des Rahmenvertrages, Hilfen beim „Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung“, umfasst nach ihrem Wortlaut in gegenständlicher Hinsicht auch die Begleitung von Heimbewohnern, sie ist in räumlicher Hinsicht aber auf die Pflegeeinrichtung, nicht auf einen sonstigen Ort bezogen. Der nachfolgende Zusatz „dabei“ - also bei Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung - „sind solche Verrichtungen außerhalb des Pflegeheims zu unterstützen, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung notwendig sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen erfordern (z.B. Organisieren und Planen des Zahnarztbesuchs)“, nimmt demgegenüber zwar einen Ort außerhalb der Pflegeeinrichtung in den Blick. Eine solche Verrichtung wird zwar auch unterstützt, wenn das Aufsuchen und Verlassen dieses Ortes im Weg der Begleitung ermöglicht wird. Gegen eine solche Interpretation spricht aber wiederum das Beispiel im Klammerzusatz, das seinem Wortlaut nach nicht die Durchführung des Arztbesuchs umfasst. Dem Wortlaut des Rahmenvertrags lässt sich mithin nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, dass die Begleitung zum Arzt umfasst sein soll.
84 
Der genannte Zusatz („dabei“) stellt davon abgesehen auch bereits keine nähere Bestimmung der Mobilitätskategorie „Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung“ dar, was ein Vergleich mit den anderen Mobilitätskategorien zeigt. Die dortigen Zusätze, eingeleitet mit Begriffen wie „beinhaltet“, „dazu gehört“, „dies umfasst“, enthalten demgegenüber Erläuterungen der jeweiligen Kategorie. Dies spricht dagegen, aus dem Zusatz abzuleiten, zu welchen Mobilitätshilfen der Heimbetreiber verpflichtet sein soll. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Zusatz voraussetzt, dass eine Begleitung zu einem außerhalb gelegenen Ort erfolgt ist. Ein Rückgriff auf den z.B. in § 3 des Rahmenvertrages zum Ausdruck kommenden Grundsatz, dass die allgemeinen Pflegeleistungen alles „Notwendige“ erfassen, ist dadurch ausgeschlossen, dass der Rahmenvertrag eben hierzu auch für den Bereich Mobilität detaillierte Regelungen enthält, die gerade der abschließenden Konkretisierung der Leistungspflichten dienen. Die systematische Interpretation der Bestimmungen des Rahmenvertrages führt mithin zu keinem anderen Ergebnis.
85 
Aus der Entstehungsgeschichte des Rahmenvertrages ist nichts für die von der Heimaufsichtsbehörde angenommene Verpflichtung ersichtlich. Aus den für die anderen Bundesländer geschlossenen Rahmenverträgen nach § 75 SGB XI ergibt sich ebenfalls nicht, dass generell von einer solchen Verpflichtung ausgegangen würde. Die Regelungen in den meisten Verträgen entsprechen der baden-württembergischen Regelung. Der Rahmenvertrag für Rheinland-Pfalz sieht demgegenüber - nach dem Regelungszusammenhang konstitutiv - als Teil der allgemeinen Pflegeleistungen eine ausdrückliche Pflicht zur Begleitung vor, wenn diese für notwendige Verrichtungen außerhalb der Pflegeeinrichtung, die das persönliche Erscheinen des pflegebedürftigen Menschen erfordern, notwendig ist.
86 
Auch aus dem Normzweck des Rahmenvertrages lässt sich die von der Heimaufsichtsbehörde angenommene Verpflichtung nicht ableiten. Der Rahmenvertrag dient der Konkretisierung des Sicherstellungsauftrags der Pflegekassen u.a. durch die Abgrenzung von allgemeinen Pflegeleistungen und Zusatzleistungen. Ließen sich den gesetzlichen Regelungen des SGB XI Hinweise für die Abgrenzung des Leistungskatalogs der sozialen Pflegeversicherung entnehmen, entspräche es dem Zweck des Rahmenvertrages, diese aufzugreifen. Das Vorhandensein solcher Hinweise wird aber im allgemeinen verneint (vgl. Philipp, a.a.O., S. 248). Dies gilt auch für die vom beklagten Land herangezogene Regelung des § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI. Diese Regelung sieht im Zusammenhang mit der Definition der Pflegebedürftigkeit als unterstützungsbedürftige Verrichtung im Bereich der Mobilität auch nur das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung vor, erwähnt also nicht explizit eine Begleitung zum Arzt. Eine solche ist bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit zwar relevant, aber nur, wenn sie regelmäßig, d.h. mindestens einmal pro Woche (vgl. § 15 Abs. 3 SGB XI und BSG, Urteil vom 29.04.1999 - B 3 P 12/98 R -, juris), zu erfolgen hat. Bei der Bestimmung des „Gesamtpakets“ der allgemeinen Pflegeleistungen ergäbe sich mithin nicht die allgemeine Pflegeleistung, die durch die streitgegenständliche Verfügung aktualisiert werden soll. Vor diesem Hintergrund kann auch die zwischen den Beteiligten weiter streitige Frage offen bleiben, welche Relevanz eine Vorgabe aus § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI für den stationären Bereich tatsächlich hätte. Auch der vom beklagten Land herangezogenen Gesetzesbegründung zum Pflegeversicherungsgesetz lassen sich für die vorliegende Fragestellung keine konkreten Hinweise entnehmen. Hieraus ergibt sich (BT-Drs. 12/5262, S. 97) nur, dass das Leben von Pflegebedürftigen nicht auf die Wohnung beschränkt sein soll, sie vielmehr die Möglichkeit haben müssen, ihre Wohnung zu verlassen, z.B. um einen Arzt aufzusuchen, aber gerade nicht, wer unter welchen Voraussetzungen hierbei entgeltlich oder unentgeltlich die Begleitung des Pflegebedürftigen sicherstellen muss. Im Übrigen geht es in der Gesetzesbegründung um Verrichtungen außerhalb der Wohnung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen, also gerade nicht um den hier relevanten Bereich des Heimaufenthalts.
87 
Aus dem Rahmenvertrag lässt sich mithin die streitgegenständliche Verpflichtung nicht ableiten. Eine entsprechende „ergänzende“ Auslegung des Rahmenvertrages scheidet schon nach den hierfür geltenden Grundsätzen der normativen Auslegung aus. Auch lässt sich kein hypothetischer Parteiwille feststellen. Die zwischen den Beteiligten weiter streitige Frage, ob die Arztbegleitung nur als allgemeine Pflegeleistung geregelt werden könnte und ob neben allgemeiner Pflegeleistung und Zusatzleistung weitere Leistungskategorien zulässig sind, bedarf unter diesen Umständen keiner Entscheidung.
88 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
89 
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
90 
Beschluss vom 09. Juli 2012
91 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gem. §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
92 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
23 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der zulässigen Anfechtungsklage der Klägerin stattgeben müssen, weil die angefochtene Verfügung rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
24 
Die Anfechtungsklage ist - wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat - auf Aufhebung der angefochtenen Verfügung - eines Dauerverwaltungsaktes - ex tunc gerichtet. Soweit der Verwaltungsakt Zeiträume in der Vergangenheit betrifft, hat er sich nicht erledigt. Die Klägerin ist hierdurch vielmehr noch beschwert, weil sie sich vorbehält, nach Erlass der Verfügung bislang nicht geltend gemachte Entgelte für die Arztbegleitung nachzuerheben. Maßstab der gerichtlichen Überprüfung ist demnach nicht nur - wie das Verwaltungsgericht meint - der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in Kraft befindliche § 12 Abs. 1 Satz 1 LHeimG i.d.F. vom 11.05.2010 (GBl. S. 404), sondern auch der - allerdings inhaltsgleiche - § 17 Abs. 1 Satz 1 LHeimG i.d.F. vom 10.06.2008 (GBl. S. 169), auf den die Verfügung ursprünglich gestützt war (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62.11 -, juris).
25 
Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. können gegenüber den Trägern von Heimen Anordnungen erlassen werden, u.a. zur Sicherung der Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnern obliegenden Pflichten, wenn diesbezüglich festgestellte Mängel nicht abgestellt werden.
26 
Die nach der Neuverteilung der Gesetzgebungskompetenzen auf dem Gebiet des Heimrechts zwischen Bund und Ländern durch das Föderalismusreformgesetz (52. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.06.2006, BGBl. I S. 2034 - Föderalismusreform I -) geschaffene Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 1 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 LHeimG a.F. entspricht inhaltlich der ursprünglichen bundesrechtlichen Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 1 HeimG.
27 
§ 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 HeimG war 2001 als Anordnungsbefugnis bezugnehmend auf die Zweckbestimmung des Heimgesetzes in § 2 Abs. 1 Nr. 3 HeimG („Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnern obliegenden Pflichten zu sichern“) eingeführt worden. Sie sollte sich nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 14/6366, S. 33) auf vertragliche und gesetzliche Pflichten des Heimträgers beziehen. Sinn und Zweck dieser Regelung war es, die Position der Heimbewohner angesichts ihrer wirtschaftlichen Unterlegenheit und ihrer strukturellen Abhängigkeit vom Heimträger zu stärken; sie sollten nicht auf eigene Rechtsverfolgung und -verteidigung verwiesen werden (s. zum Ganzen auch BVerwG, Urteil vom 02.06.2010 - 8 C 24/09 -, Buchholz 451.44 HeimG Nr. 11).
28 
Auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 HeimG war sowohl eine Festsetzung zivilrechtlicher Verpflichtungen des Heimträgers zu Gunsten von Heimbewohnern bzw. ihnen korrespondierender zivilrechtlicher Ansprüche der Heimbewohner gegenüber dem Heimträger (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 09.10.2009 - OVG 6 N 7.08 -, juris) als auch sich aus dem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI ergebender Pflichten des Heimträgers durch heimaufsichtsrechtliche Verfügung anerkannt (Senat, Urteil vom 22.06.2006 - 6 S 2993/04 -, VBlBW 2006, 470). Eine solche Auslegung wäre auch für § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. denkbar.
29 
§ 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. sind aber vorliegend aus verfassungsrechtlichen Gründen dahingehend auszulegen, dass zugunsten der Heimbewohner angenommene Verpflichtungen des Heimträgers aus dem Heimvertrag bzw. ihnen korrespondierende heimvertragliche Ansprüche der Heimbewohner nicht durch eine heimaufsichtsrechtliche Verfügung festgesetzt werden können (dazu unten II.1). Hinzu kommt, dass Entsprechendes für aus dem Rahmenvertrag nach § nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI abgeleitete Verpflichtungen des Heimträgers gilt, wenn - wie hier - die im Rahmenvertrag Beteiligten zu einer umstrittenen Frage keine übereinstimmende Auslegung erzielt haben (II.2). Dessen ungeachtet besteht die hier streitgegenständliche Verpflichtung nach dem Rahmenvertrag bzw. nach den Heimverträgen nicht (siehe dazu unten III.).
30 
Die Klägerin ist als Heimbetreiberin allerdings, wie sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 5 LHeimG ergibt, verpflichtet, den Bewohnern die erforderlichen Hilfen zu gewähren. Damit ist sie auch verpflichtet, die Bewohner jedenfalls unter den in der streitgegenständlichen Verfügung genannten Voraussetzungen zum Arzt begleiten zu lassen. Diese der Gefahrenabwehr dienende, also ordnungsrechtlich radizierte Verpflichtung darf die Heimaufsichtsbehörde auch durch eine auf § 12 Abs. 1 Satz 1 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 LHeimG a.F. gestützte Verfügung aktualisieren. Davon zu unterscheiden ist die letztlich zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Heimaufsichtsbehörde auch vorgeben kann, dass dies ohne Erhebung eines gesonderten Entgeltes zu geschehen habe.
II.
31 
Die streitgegenständliche Verfügung leitet die hier fragliche Verpflichtung der Klägerin aus § 1 Abs. 3 lit. c, 3. Spiegelstrich des Rahmenvertrages ab.
32 
1. An diesen Rahmenvertrag ist die Klägerin jedenfalls über die von ihr mit den Bewohnern der Pflegeeinrichtung abgeschlossenen zivilrechtlichen Wohnpflegeverträge gebunden. In deren Präambel werden die Regelungen des Rahmenvertrages für verbindlich erklärt und als Grundlage des Vertrags bezeichnet. Soweit die Verpflichtungen aus dem Rahmenvertrag Gegenstand der individuellen Heimverträge geworden sind, sind sie zivilrechtlicher Natur.
33 
Dem Landesgesetzgeber steht aber keine Gesetzgebungskompetenz zur Schaffung einer Eingriffsbefugnis der Heimaufsichtsbehörde zur Durchsetzung von gegenüber den Heimbewohnern angenommenen Verpflichtungen eines Heimbetreibers aus einem der hier vorliegenden Heimverträge zu.
34 
Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
35 
a) Bis zur Änderung des Grundgesetzes durch das Föderalismusreformgesetz (52. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.06.2006, BGBl. I S. 2034 - Föderalismusreform I -) fiel der Erlass heimrechtlicher Vorschriften in die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes und hatte der Bundesgesetzgeber das Heimrecht durch eine umfassende Regelung, das Heimgesetz (Gesetz über Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige vom 07.08.1975 [BGBl. I S. 1873], i.d.F. der Bekanntmachung vom 05.11.2001 [BGBl. I S. 2970], seitdem noch mehrfach geändert), auf der Grundlage des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (öffentliche Fürsorge), aber auch gestützt auf Art. 74 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft [Gewerbe]; vgl. BT-Drs. 7/180, S. 7) erschöpfend mit dem Ziel des Schutzes alter, pflegebedürftiger oder behinderter Menschen vor Beeinträchtigungen, die sich aus ihrer Lebenssituation infolge des Heimaufenthalts und den daraus folgenden Abhängigkeiten typischerweise ergeben können, reguliert. Soweit das Heimgesetz in mehrfacher Weise auch in die privatrechtlichen Beziehungen zwischen den Heimträgern und den Heimbewohnern regelnd eingriff, insbesondere im Zusammenhang mit dem Heimvertrag nach § 4 HeimG, wurde als maßgebliche Kompetenznorm die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (Korbmacher, Grundfragen des öffentlichen Heimrechts, S. 6) angesehen.
36 
Mit dem durch das Föderalismusreformgesetz vom 28.06.2006 eingefügten Klammerzusatz in Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG „(ohne das Heimrecht)“ wurde die Kompetenz für das Heimrecht aus dem Katalog der konkurrierenden Gesetzgebung gestrichen und fällt seitdem in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder gemäß Art. 70 Abs. 1 GG. Dies kann nach Wortlaut, Regelungszusammenhang und Sinn und Zweck des Klammerzusatzes nur Kompetenzen meinen, die vom Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zuvor umfasst waren. Ergab sich die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für heimvertragsrechtliche Regelungen aber bereits vor der Föderalismusreform I aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG, kann der Landesgesetzgeber durch die Grundgesetzänderung nur für den ordnungsrechtlichen Teil des Heimrechts zuständig geworden sein (vgl. dazu Senat, Urteil vom 27.09.2011 - 6 S 707/10 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 05.04.2012 - 4 BN 1.12 -, juris, jeweils m.w.N.). Die Kompetenz zur Regelung des bürgerlichen Rechts i.S.d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG umfasst dabei auch die Kompetenz zur Regelung des Verbraucherschutzrechts (vgl. dazu BT-Drs. 16/12409, S. 10). Dem entspricht mittlerweile die Staatspraxis.
37 
Das Land Baden-Württemberg vertrat zunächst - weitergehend - die Auffassung, dass die übergegangene Gesetzgebungskompetenz für das Heimrecht auch die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung des Heimvertragsrechts umfasse. Die verfassungsrechtliche Kompetenzzuweisung an die Länder differenziere nicht zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Regelungsbereichen des Heimrechts. Die Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Heimrecht umfasse vielmehr auch die Möglichkeit, Rechtsverhältnisse zwischen Privaten zu regeln, um Notlagen, gleich welcher Art, vorzubeugen, oder sie im Fall ihres Eintritts zu bekämpfen und die Heime zum Schutz der naturgemäß besonders fürsorgebedürftigen Heimbewerber und -bewohner in die Pflicht zu nehmen. Dem Bund komme zwar weiterhin die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das bürgerliche Recht zu (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG). Aus diesem Kompetenzbereich sei jedoch mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG die Befugnis zur Regelung des Heimvertragsrechts ausdrücklich zu Gunsten der Länder herausgelöst worden (Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg vom 05.05.2009, LT-Drs. 14/4440, S. 3).
38 
Auf dieser Grundlage erließ der Landtag von Baden-Württemberg trotz zwischen Bund und Ländern strittiger Zuständigkeit für die heimvertraglichen Regelungen das umfassende, also sowohl den öffentlich-rechtlichen als auch den privat-rechtlichen Bereich des Heimrechts regelnde Landesheimgesetz. Dieses trat am 01.07.2008 in Kraft (GBl. S. 169).
39 
Demgegenüber stellte sich der Bund auf den Standpunkt, dass durch die am 01.09.2006 in Kraft getretene Föderalismusreform zwar das Heimrecht aus der konkurrierenden Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers für die öffentliche Fürsorge nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG ausgeklammert worden sei. Danach liege die Gesetzgebungskompetenz für die ordnungsrechtlichen Vorschriften des bisherigen Heimgesetzes bei den Ländern, der Bundesgesetzgeber sei aber nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG für die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften zuständig (vgl. dazu BT-Drs. 16/12409, S. 1 und 16/12882, S. 1).
40 
In dem sich anschließenden Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform, das u.a. das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) umfasst, stellte das Land Baden-Württemberg im Bundesrat den Antrag, der Bundesrat möge gemäß Art. 76 Abs. 2 GG zu dem Gesetzentwurf dahingehend Stellung nehmen, dass der Bund im Hinblick auf das Heimvertragsrecht keine Gesetzgebungskompetenz besitze bzw. den Vermittlungsausschuss anzurufen (BR-Drs. 167/2/09, S. 1 ff.; 566/1/09). Der Antrag blieb ohne Erfolg.
41 
Das Gesetz zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform trat am 01.09.2009 in Kraft (BGBl. I S. 2319).
42 
Das Land Baden-Württemberg erließ daraufhin ein Gesetz zur Änderung des Landesheimgesetzes (vom 11.05.2010, GBl. S. 404), mit dem die heimvertraglichen Regelungen im Landesheimgesetz in Wegfall kamen. Die Entwurfsbegründung (vgl. LT-Drs. 14/6080) äußert sich zu kompetenzrechtlichen Fragen nicht mehr.
43 
Dem Land steht mithin die Kompetenz zur Regelung des Heimordnungsrechtes zu; eine Kompetenz zur Regelung des Heimvertragsrechts besteht nur unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 1 GG, also solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
44 
b) Das Gesetz zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform bzw. das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz ist zunächst darauf gerichtet, die in den §§ 5-9 und 14 HeimG enthaltenen, in erster Linie den Inhalt des Heimvertrages betreffenden Regelungen zu ersetzen. Darüber hinaus sollte mit dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz gleichzeitig aber auch ein Verbraucherschutzgesetz geschaffen werden, das dem besonderen Schutzbedarf, der durch die vertragliche Verbindung von Wohnungsüberlassung und der Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen bei gleichzeitig gegebener Hilfsbedürftigkeit mit den Mitteln des Verbraucherschutzrechts Rechnung trägt. (vgl. dazu die Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 10f.). Der Bundesgesetzgeber hat sich mithin bei der Schaffung des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes von denselben Überlegungen leiten lassen wie bei der Einführung des § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 HeimG. Er ist dabei aber bewusst von der Regelungskonzeption des Heimgesetzes abgewichen bzw. darüber hinausgegangen, soweit dieses der Sache nach verbraucherschutzrechtliche Regelungen enthielt (vgl. Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 10).
45 
Diese Regelungskonzeption enthält deshalb neben Regelungen zum Vertragsinhalt u.a. - gegenüber § 5 Abs. 1 HeimG weiterentwickelte - Informationspflichten des Unternehmers vor Vertragsschluss (§ 3 WBVG, siehe dazu Begründung zum WBVG, BT-Drs. 16/12409, S. 16), detaillierte Regelungen zum Vertragsschluss und zur Vertragsdauer (§ 4 WBVG; vgl. demgegenüber § 8 HeimG) sowie zur Form des Vertragsschlusses und zu etwaigen Fehlerfolgen (§ 6 WBVG; vgl. demgegenüber § 5 Abs. 1 Satz 2 HeimG: bislang keine zwingende Schriftform). Art. 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform sieht schließlich vor, dass das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne des § 2 Abs. 2 UKlaG ist mit der Folge, dass gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden kann, wenn den Vorschriften des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes zuwidergehandelt wird.
46 
Nach der Begründung des Gesetzentwurfs hierzu sind im Übrigen aber zum einen zivilrechtliche Ansprüche der Heimbewohner - wie sonstige zivilrechtliche Ansprüche auch - auf dem Zivilrechtsweg zu verfolgen (BR-Drs. 167/09, S. 15 f.). Zum anderen wurde die Anregung des Bundesrates (BR-Drs. 167/09, Ziff. 10a), darüber hinausgehende Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung aufzunehmen, nicht aufgegriffen (vgl. dazu Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 16/12882, S. 12).
47 
Dem entspricht es, dass das Land Baden-Württemberg bereits an dem - so auch Gesetz gewordenen - Entwurf zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz kritisiert hatte, dass die Heimaufsicht zwar nach dem Landesheimgesetz - ebenso wie bisher nach dem Bundesheimgesetz - gesetzwidrige Verträge beanstanden und deren Abänderung durchsetzen könne, dass der Entwurf diese Kontrollmöglichkeit aber entfallen lasse. Die pflegebedürftigen und behinderten Menschen und ihre Angehörigen würden ausschließlich auf den Weg vor die Zivilgerichte verwiesen (Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales vom 05.05.2009, a.a.O., S. 3). In der Entwurfsbegründung des Gesetzes zur Änderung des Landesheimgesetzes ist hierzu u.a. ausgeführt, der Wegfall der heimvertragsrechtlichen Regelungen im Landesheimgesetz führe zu einer Entlastung der Heimaufsichtsbehörden, da diese in Zukunft weder Heimverträge noch die Einhaltung der heimvertraglichen Regelungen prüfen müssten (vgl. LT-Drs. 14/6080, S. 1, 8).
48 
c) Die von der Klägerin mit den Bewohnern der Pflegeeinrichtung ... abgeschlossenen Verträge unterfallen dem gegenständlichen Anwendungsbereich (zu etwaigen zeitlichen Differenzierungen s. unten) des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes. Ein solcher Vertrag setzt gemäß § 1 WBVG - wie hier - die Überlassung von Wohnraum und die Erbringung von Pflege- oder Betreuungsleistungen zur Bewältigung eines durch Alter, Pflegebedürftigkeit oder Behinderung bedingten Hilfsbedarfs voraus. Die Klägerin ist - entsprechend § 1 WBVG - auch Unternehmerin im Sinne des § 14 BGB, die Heimbewohner sind (volljährige) Verbraucher im Sinne des § 13 BGB.
49 
d) Soweit § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. der Durchsetzung von zugunsten von Heimbewohnern bestehenden Verpflichtungen des Heimbetreibers aus einem Vertrag, der dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz unterfällt, mit den Mitteln des Heimordnungsrechts dienen soll, liegt darin ein unzulässiger Eingriff in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Verbraucherschutzrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG.
50 
aa) Kommt nach dem Sachbereich einer Regelung eine mehrfache Zuordnung zu einem Kompetenztitel in Betracht, ist auf den Schwerpunkt der Regelung und die insoweit maßgebliche Zielsetzung abzustellen. Für die Subsumtion einer Regelung unter einen Kompetenztitel ist mithin in erster Linie der primäre Normzweck entscheidend, der dem Gegenstand der Kompetenznorm entsprechen muss (vgl. dazu Degenhart, Staatsorganisationsrecht, 23. Aufl., Rn. 160 ff. unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 09.10.1984 - 2 BvL 10/82 -, BVerfGE 67, 299 (314 ff.; 319 ff.); BVerfG, Urteil vom 27.10.1998 - 1 BvR 2306/96 u.a. -, BVerfGE 98, 265 (300)). Dies ist bei § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F., soweit es um die Schaffung einer Möglichkeit zur Durchsetzung von vertraglichen Verbraucherrechten geht, aber der Verbraucherschutz i.S.d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG, nicht die heimordnungsrechtliche Gefahrenabwehr (vgl. zum grundsätzlichen Verhältnis von Ordnungsrecht und zivilrechtlichen Ansprüchen § 2 Abs. 2 PolG). Dies zeigt auch die Diskussion um die Schaffung bzw. den Wegfall von Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung im Gesetzgebungsverfahren zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz bzw. zum Gesetz zur Änderung des Landesheimgesetzes.
51 
bb) Die Kompetenz für das Verbraucherschutzrecht steht - wie bereits ausgeführt - gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG als Teil des bürgerlichen Rechts im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz grundsätzlich dem Bund zu. Das heißt, eine Gesetzgebungskompetenz verbliebe dem Land nur noch, wenn der Bund eine Frage, hier den Verbraucherschutz von Heimbewohnern, nicht (wirksam) oder nur teilweise durch Gesetz geregelt hätte (Art. 72 Abs. 1 GG). Demgegenüber tritt eine Kompetenzsperre ein, wenn eine (wirksame) umfassende bundesgesetzliche Kodifikation vorliegt (vgl. dazu Degenhart, a.a.O., Rn. 177ff; BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 (369 ff.)). Maßgeblich dafür, ob eine abschließende Regelung einer bestimmten Materie vorliegt, ist eine Gesamtwürdigung des betreffenden Normbereichs, neben konkreten Einzelregelungen ist auf die Gesamtkonzeption abzustellen (Jarass/Pieroth, a.a.O., § 72 Rn. 2 unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 09.10.1984, a.a.O., S. 324; Beschluss vom 29.03.2000 - 2 BvL 3/96 -, BVerfGE 102,99 (114a f.; 121); Urteil vom 10.02.2004 - 2 BvR 834/02 u.a. -, BVerfGE 109, 272 (279); Urteil vom 27.10.1998, a.a.O., S. 321; Urteil vom 07.05.1998 - 2 BvR 1876/91 -, BVerfGE 98, 83 (98)).
52 
Der Bundesgesetzgeber hat für den Anwendungsbereich des - seinerseits verfassungsgemäß zustande gekommenen - Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes und damit auch, soweit Verträge zwischen Betreibern und Bewohnern eines Heims im Sinne des Landesheimgesetzes dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz unterfallen (vgl. zum Anwendungsbereich des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes einerseits und landesrechtlicher heimordnungsrechtlicher Regelungen andererseits Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 1), aber eine abschließende Regelung zum Verbraucherschutz getroffen.
53 
Diese Regelungskonzeption enthält - wie bereits ausgeführt - neben Regelungen zum Vertragsinhalt die Sicherstellung des Schutzes von Heimbewohnern durch eine Reihe von „flankierenden Maßnahmen“. Damit liegt eine detaillierte Gesamtkonzeption zur Regelung des Verbraucherschutzes im Anwendungsbereich des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes vor. Der Bundesgesetzgeber ist dabei bewusst von der Regelungskonzeption des bisherigen Bundesheimgesetzes abgewichen bzw. darüber hinausgegangen, soweit dieses der Sache nach verbraucherschutzrechtliche Regelungen enthielt (vgl. Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 10). Dem entspricht die gesetzgeberische Absicht, nach der Föderalismusreform den Verbraucherschutz von Heimbewohnern als Teil einer auch neue Wohn- und Betreuungsformen erfassenden, umfassenden Gesamtregelung insgesamt auf eine neue rechtliche Grundlage zu stellen und zwar wegen Umfang und Bedeutung der Sondervorschriften in einem eigenen Gesetz (vgl. dazu Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 10 ff.).
54 
Eine Regelungskompetenz der Länder auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes zu Gunsten von Heimbewohnern gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG verblieb damit nicht. Gerade mit Blick auf die behördliche Eingriffsregelung des § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. ist weiter zu berücksichtigen, dass der Bundesgesetzgeber eine stärkere Ausrichtung des Verbraucherschutzes an allgemein-zivilrechtlichen Grundsätzen angestrebt hat (BT-Drs. 16/12409, S. 10), also über § 2 UKLaG hinausgehende, ergänzende Maßnahmen der Rechtsdurchsetzung, die er gestützt auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG hätte regeln können, gerade nicht vorsehen wollte. Der Bundesgesetzgeber hat sein Ziel, die Heimbewohner als Verbraucher bei der Wahrnehmung der eigenen Interessen zu stärken (BT-Drs. 16/12409, S. 11) und die Durchsetzbarkeit der ihnen zur Seite gestellten Rechte zu verbessern, vielmehr gerade durch klare und auf konkrete Rechtsfolgen gerichtete Regelungen zu verbessern versucht, wozu der Zivilrechtsweg offenstehe. Daneben sieht die Regelungskonzeption lediglich Klagen von Verbraucherschutzverbänden auf der Grundlage des Unterlassungsklagengesetzes vor. Im Gesetzgebungsverfahren ist schließlich der Versuch gescheitert, weitere Regelungen zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in das Gesetz aufzunehmen (vgl. BR-Drs. 167/09 unter Ziff. 10 und BT-Drs. 16/1282, S. 9, 12; vgl. zur Sperrwirkung durch absichtsvollen Regelungsverzicht BVerfGE, Urteil vom 27.10.1998, a.a.O.).
55 
e) Solange und soweit der Bund von einer ihm verliehenen Gesetzgebungskompetenz wirksam Gebrauch gemacht hat, kann gem. Art. 72 Abs. 1 GG neues Landesrecht nicht mehr entstehen und sind erlassene Landesgesetze unzulässig und nichtig (Jarass/Pieroth, a.a.O., Rn. 6).
56 
Jedenfalls mit Inkrafttreten des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes am 01.09.2009 (vgl. Jarass/Pieroth, a.a.O., § 72 Rn. 8) wäre § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. somit insoweit unzulässig geworden, als er die Durchsetzung von Ansprüchen aus Heimverträgen ermöglichen soll, auf die das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Anwendung findet. Dies sind alle ab dem 01.09.2009 neu geschlossenen Heimverträge und alle davor abgeschlossenen Heimverträge ab dem 01.05.2010 (vgl. § 17 WBVG). § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. wäre insoweit von Anfang an nichtig, als er die Durchsetzung von Ansprüchen aus Heimverträgen ermöglichen soll, auf die das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Anwendung findet.
57 
§ 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. können aber dahingehend einschränkend ausgelegt werden, dass sie verfassungskonform sind.
58 
Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten (Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 20 Rn. 34 unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 30.03.1993 - 1 BvR 1045/89 u.a. -, BVerfGE 88, 145 (166); Urteil vom 24.04.1985 - 2 BvR 2/83 -, BVerfGE 69, 1 (55); Beschluss vom 03.06.1992 - 2 BvR 1041/88 u.a. -, BVerfGE 86, 288 (320 f.); Beschluss vom 15.10.1996, - 1 BvR 44/92 u.a.-, BVerfGE 95, 64 (81, 93)). Der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. steht einer solchen Auslegung nicht entgegen, er spricht nicht ausdrücklich von Pflichten des Heimbetreibers aus dem Heimvertrag. Der Gesetzgeber des (ursprünglichen) Landesheimgesetzes hat zu der vorliegenden Frage ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs keine Überlegungen angestellt, sondern unreflektiert die Regelungen des Heimgesetzes übernommen. Dass diese ihrerseits ursprünglich auch zur Durchsetzung von vertraglichen Ansprüchen eingeführt worden waren, steht dem nicht entgegen. Der Gesetzgeber des Änderungsgesetzes zum Landesheimgesetz ist demgegenüber davon ausgegangen, dass bereits eine Überprüfung der heimvertraglichen Regelungen durch die Heimaufsichtsbehörde nicht mehr in Betracht kommt. Die vorliegende Auslegung entspricht schließlich auch dem ordnungsrechtlichen Ansatz des Landesheimrechtes.
59 
Damit fehlt es insoweit aber an einer Rechtsgrundlage, aufgrund derer die Heimaufsichtsbehörde die Durchsetzung von Ansprüchen aus Heimverträgen durch heimaufsichtsrechtliche Verfügung ermöglichen kann und damit für die streitgegenständliche Verfügung. Soweit für vor dem 01.09.2009 geschlossene Verträge nach § 17 WBVG noch (bis zum 30.04.2010) das Heimgesetz weiter galt, könnte im Hinblick auf die am 28.01.2010 ergangene streitgegenständliche Verfügung für den Zeitraum Februar bis April 2010 möglicherweise eine Differenzierung erforderlich sein. Dies kann jedoch offen bleiben, weil sich die angefochtene Verfügung noch aus anderen Gründen, die auch diesen Zeitraum betreffen, als rechtswidrig erweist.
60 
2. Der Senat lässt offen, ob eine Bindung der Klägerin an die Bestimmungen des Rahmenvertrages und an daraus zu Lasten der Klägerin als Heimträgerin abgeleitete Verpflichtungen gegenüber Heimbewohnern, hier der Verpflichtung, unter bestimmten Voraussetzungen Heimbewohner ohne Erhebung eines gesonderten Entgelts zum Arzt zu begleiten, auch unabhängig von den von der Klägerin geschlossenen Heimverträgen besteht.
61 
Die Klägerin ist nicht selbst am Rahmenvertrag beteiligt. Sie gehört zwar dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Baden-Württemberg e.V. an, der seinerseits Vertragspartner des Rahmenvertrages ist. Eine zivilrechtliche Befugnis dieses Verbandes, Mitgliedsunternehmen aus dem Rahmenvertrag zu verpflichten, besteht aber nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht. Dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Baden-Württemberg e.V. kommt als privatrechtlich organisiertem Zusammenschluss gegenüber seinen Mitgliedsunternehmen auch keine Rechtssetzungsbefugnis zu (vgl. LPK-SGB XI, 2. Aufl., § 75 Rn. 9). Der Rahmenvertrag erstreckt seine Wirkung auch nicht selbst auf Dritte (vgl. dazu allgemein Engelmann, in: von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 53 Rn. 4d m.w.N.). Die Verbindlicherklärung des Rahmenvertrags in § 7 des Versorgungsvertrags nach § 72 SGB XI, also im Rahmen der Zulassung der Pflegeeinrichtung zur stationären Versorgung, wiederum begründet Verpflichtungen der Klägerin nicht gegenüber dem pflegebedürftigen Heimbewohner, sondern gegenüber den Pflegekassen (vgl. Philipp, VSSR 1997, 243 (244)).
62 
Damit kommt vorliegend unabhängig von den durch die Klägerin geschlossenen Heimverträgen allein eine Geltungserstreckung des Rahmenvertrags zu Lasten der Klägerin aufgrund der gesetzlichen Anordnung des § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI in Betracht. Danach sind die Rahmenverträge als sogenannte Normsetzungsverträge für zugelassene Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich. Eine Verpflichtung der Klägerin als Heimbetreiberin gegenüber dem pflegebedürftigen Heimbewohner ergäbe sich dann über § 8 Abs. 1 des Rahmenvertrages. Danach muss im Heimvertrag die Umsetzung des Rahmenvertrages und damit auch dessen etwaige Vorgaben, was als Regelleistung zu erbringen ist, gewährleistet sein.
63 
Die rechtliche Zulässigkeit von Normsetzungsverträgen im Sozialversicherungsrecht ist in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt (ständige Rechtsprechung seit BSG, Urteil vom 08.03.1995, - 1 RK 12/94 -, BSGE 76, 48 (51); LSG Sachsen, Urteil vom 12.12.2007 - L 1 P 28/05 -, PflR 2008, 243 zu § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI), aber insbesondere aus verfassungsrechtlichen Gründen, namentlich im Hinblick auf das Demokratieprinzip und den Parlamentsvorbehalt im grundrechtsrelevanten Bereich, im allgemeinen (vgl. den Nachweis des Meinungsstandes bei Schoch/Wieland, ZG 2005, 223 (235 ff.), die allerdings unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 05.12.2002, - 2 BvL 5/98 u.a. -, BVerfGE 107, 59 zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit gelangen) und in Sonderheit im Fall des § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI (vgl. LPK-SGB XI, 2. Aufl., § 75 Rn. 9 ff.; Udsching, SGB XI, 2. Aufl., § 75 Rn. 5) umstritten (vgl. zum Ganzen auch Rennert, JZ 2009, 976).
64 
Die Frage der rechtlichen Zulässigkeit von Normsetzungsverträgen nach § 75 Abs. 1 Satz 1 und 4 SGB XI bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Ist die Klägerin hieran nicht gem. § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI gebunden, wird hierdurch keine Verpflichtung begründet. Selbst wenn aber gem. § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI eine Bindung der Klägerin an den Inhalt des Rahmenvertrages eingetreten sein sollte, steht dem Landesgesetzgeber - ungeachtet sich darüber hinaus möglicherweise ergebender weiterer verfassungsrechtlicher Fragen - jedenfalls keine Gesetzgebungskompetenz zur Schaffung einer Befugnis der Heimaufsichtsbehörde zur Feststellung und Durchsetzung von zu Gunsten von Heimbewohnern wirkenden Verpflichtungen eines Heimbetreibers aus dem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI zu, wenn - wie hier - zwischen den am Rahmenvertrag Beteiligten ausdrücklich streitig ist, ob sie die fragliche Verpflichtung begründet haben.
65 
a) Dem Land steht - wie ausgeführt - die Kompetenz zur Regelung des Heimordnungsrechtes zu; eine Kompetenz zur Regelung von Angelegenheiten des Sozialversicherungsrechts, die nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG der konkurrierenden Gesetzgebung unterfällt, besteht nur unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 1 GG, also solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
66 
b) Durch die Rahmenverträge nach § 75 SGB XI wird - normersetzend - das Leistungserbringungsrecht im dort genannten Umfang untergesetzlich geregelt, d.h. der Gesetzgeber überlässt es den Vertragspartnern dieser Verträge, also - soweit es um stationäre Pflegeeinrichtungen geht - den Landesverbänden der Pflegekassen, dem Verband der privaten Krankenversicherung im Land, den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen im Land und der Arbeitsgemeinschaft der örtlichen Sozialhilfeträger sowie den überörtlichen Sozialhilfeträgern, den Sicherstellungsauftrag der Pflegekassen gemäß § 69 Satz 1 SGB XI zu konkretisieren. Mit der Statuierung von Normsetzungsverträgen im Sozialversicherungsrecht verzichtet der Gesetzgeber zugunsten einer im weiten Sinne verstandenen „Selbstverwaltung“ und Selbstregulierung durch die Vertragspartner auf nähere eigene Regelungen (Schoch/Wieland, a.a.O., S. 235).
67 
Dies betrifft auch die hier ins Auge gefasste Abgrenzung von allgemeinen Pflegeleistungen und Zusatzleistungen (vgl. §§ 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 88 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Mit dem Rahmenvertrag wird das „Gesamtpaket“ der allgemeinen Pflegeleistungen festgelegt (vgl. dazu Philipp, a.a.O., S. 247 ff.).
68 
Durch den Rahmenvertrag wird bei dessen Wirksamkeit gegenüber Dritten auch die sozialversicherungsrechtliche Pflichtenstellung der zugelassenen Pflegeinrichtungen und damit des Heimbetreibers bestimmt (§ 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI).
69 
c) Der Heimaufsichtsbehörde ist es auch auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. - wie schon nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Variante 2 HeimG - grundsätzlich unbenommen, an Bestimmungen des Rahmenvertrages (vgl. dazu Senat, Urteil vom 22.06.2006, a.a.O.) ebenso wie an gesetzliche Regelungen aus dem Sozialversicherungsrecht (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 02.06.2010 - 8 C 24/09 -, Buchholz 451.44 HeimG Nr. 11) oder aus anderen Rechtsbereichen, die Verpflichtungen des Heimbetreibers gegenüber dem Heimbewohner begründen, anzuknüpfen und durch heimordnungsrechtliche Verfügung zu aktualisieren. Soweit durch heimaufsichtsrechtliche Verfügung die Verpflichtung des Heimbetreibers zur Erbringung von allgemeinen Pflegeleistungen aktualisiert wird, betrifft dies einzelne Verpflichtungen aus dem „Gesamtpaket“ der allgemeinen Pflegeleistungen (vgl. zu dieser Unterscheidung Philipp, a.a.O., S. 246 f.). Die vorgängige Bestimmung des „Gesamtpakets“ der allgemeinen Pflegeleistungen ist demgegenüber Aufgabe der Vertragspartner.
70 
d) Die Vertragspartner des Rahmenvertrages klären Fragen zu seiner Auslegung im Rahmen sog. Gemeinsamer Empfehlungen an die Heimbetreiber. Den Gemeinsamen Empfehlungen kommt zwar keine Bindungswirkung nach § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI zu. Mittelbar entsteht aber eine Bindung der Heimbetreiber dadurch, dass die Heimaufsichtsbehörden die Gemeinsamen Empfehlungen ihrer heimrechtlichen Bewertung zu Grunde legen (vgl. Erlass des Sozialministeriums vom 06.03.2000).
71 
e) Ist eine bestimmte Frage im Rahmenvertrag nicht ausdrücklich geregelt und kommt hierzu auch keine Gemeinsame Empfehlung zustande, liegt aus Sicht der normgebenden Vertragsparteien eine teilweise Nichtregelung vor, und zwar unabhängig davon, ob sich die Frage im Wege der Vertragsauslegung klären ließe. Umgekehrt wird mit der Klärung dieser Frage durch die Vertragspartner das „Gesamtpaket“ der allgemeinen Pflegeleistungen ergänzt.
72 
f) Kommt ein Vertrag nach § 75 Abs. 1 SGB XI innerhalb von sechs Monaten ganz oder teilweise nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zu Vertragsverhandlungen aufgefordert hat, wird gem. § 75 Abs. 4 SGB XI sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Schiedsstelle nach § 76 SGB XI festgesetzt. Dies gilt auch für Verträge, mit denen bestehende Rahmenverträge geändert oder durch neue Verträge abgelöst werden. Ersatzweise kommt u.a. im Bereich der Abgrenzung von allgemeinen Pflegeleistungen und Zusatzleistungen auch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung in Betracht (§ 83 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB XI).
73 
g) Soweit § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. die Durchsetzung von nach Auffassung der Heimaufsichtsbehörde zugunsten von Heimbewohnern wirkenden Verpflichtungen des Heimbetreibers aus einem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI mit den Mitteln des Heimordnungsrechts ermöglicht, greift die Regelung in unzulässiger Weise in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Sozialversicherungsrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG ein, wenn zwischen den Vertragspartnern des Rahmenvertrags - wie hier - gerade offen ist, ob eine solche Verpflichtung bestehen soll.
74 
aa) Soweit § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. der Feststellung und Durchsetzung von zwischen den Vertragsparteien streitigen Verpflichtungen des Heimbetreibers aus einem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. Satz 1 SGB XI dienen soll, ist der primäre Normzweck (s. dazu oben II.1.d)aa)) sozialversicherungsrechtlicher Natur, weil sie insoweit auf die - ggf. ergänzende - Bestimmung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichtenstellung des Heimbetreibers gerichtet sind.
75 
bb) Die Kompetenz für das Sozialversicherungsrecht steht - wie bereits ausgeführt - gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung grundsätzlich dem Bund zu. Das heißt, eine Gesetzgebungskompetenz verbliebe dem Land nur noch, wenn der Bund eine Frage, hier die sozialversicherungsrechtliche Stellung von Heimbetreibern und deren Bestimmung, nicht (wirksam) oder nur teilweise durch Gesetz geregelt hätte (Art. 72 Abs. 1 GG).
76 
Dies ist aber nicht der Fall, weil auch insoweit eine (wirksame und) umfassende (s. dazu oben II.2.d)bb)) bundesgesetzliche Regelung vorliegt. Der Bund hat für die Bestimmung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichtenstellung (auch) des Heimbetreibers den Weg über den Normsetzungsvertrag gewählt, also in einem „System regulierter Selbstregulierung“ eine „partizipative Netzwerkstruktur“ an die Stelle staatlicher Entscheidungen gesetzt (Schoch/Wiegand, a.a.O., S. 238). Es liegt auch eine positive Regelung für den Fall vor, dass ein Vertrag ganz oder teilweise nicht zustande kommt. Unter den in § 75 Abs. 4 SGB XI genannten Voraussetzungen wird sein Inhalt durch eine Schiedsstelle festgesetzt. Auch ist für Teilbereiche in § 83 SGB XI ersatzweise der Erlass einer Rechtsverordnung durch die Bundesregierung zur Konkretisierung des Leistungserbringungsrechts vorgesehen.
77 
Ist damit aber sowohl der Regelfall der Schaffung des untergesetzlichen Regelwerks zur Konkretisierung des Sicherstellungsauftrags durch die in § 75 Abs. 1 SGB XI vorgesehenen Vertragspartner normiert als auch Vorsorge für den Fall getroffen, dass eine solche Normierung ganz oder teilweise nicht stattfindet, bleibt kein Raum mehr für ein durch das Land zu regelndes - auch nur subsidiäres oder ergänzendes - einseitiges behördliches Tätigwerden der Heimaufsichtsbehörde zur Bestimmung der sich in diesem Zusammenhang ergebenden Rechte und Pflichten der Vertragsbeteiligten und damit über § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI auch der Heimträger, wie hier durch Definition der Arztbegleitung als allgemeine Pflegeleistung.
78 
h) § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. sind deshalb verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass zu den dort genannten Pflichten nicht solche gehören, die Gegenstand eines Rahmenvertrages nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI sind, wenn eine bestimmte Frage im Rahmenvertrag nicht ausdrücklich geregelt wurde und hierzu auch keine Gemeinsame Empfehlung zustande gekommen ist. Die oben angestellten Erwägungen zu Wortlaut, Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Regelungen gelten entsprechend (II.1.e)). Der Gesetzgeber hat die Problematik weder bei Erlass des Landesheimgesetzes noch bei dessen Änderung gesehen.
79 
i) Entsprechendes gilt für aus dem Rahmenvertrag zugunsten von Heimbewohnern abgeleitete Verpflichtungen, wenn die Heimbewohner in der privaten Pflegeversicherung versichert sind oder aber Leistungen nach dem SGB XII beziehen, mit Blick auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 und 11 GG.
80 
3. Darf die Heimaufsichtsbehörde nicht konstitutiv zu Gunsten der Heimbewohner Verpflichtungen des Heimbetreibers aus Rahmenverträgen gemäß § 75 SGB XI ableiten und ebenso wenig (etwaige) Verpflichtungen aus den Heimverträgen durch auf § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. bzw. auf § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. gestützte Verfügungen aktualisieren, kann dies auch nicht Grundlage oder Ergebnis von auf § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 und 3 LHeimG a.F. bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 und 3 LHeimG n.F. gestützten Verfügungen sein. Danach können gegenüber Heimträgern Anordnungen erlassen werden, die zur Beseitigung einer eingetretenen oder zur Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung oder Gefährdung des Wohls der Bewohner oder zur Vermeidung einer Unangemessenheit zwischen Entgelt und der Leistung des Heims erforderlich sind, wenn diesbezüglich festgestellte Mängel nicht abgestellt werden.
III.
81 
Unbeschadet der Ausführungen zu Ziff. 2 ergibt sich aus dem (unmittelbar oder mittelbar über den Heimvertrag angewandten) Rahmenvertrag nicht, dass die Klägerin verpflichtet wäre, unter den in der Verfügung genannten Voraussetzungen Heimbewohner ohne Erhebung eines gesonderten Entgelts zum Arzt begleiten zu lassen, dass es sich hierbei mithin um eine zum „Gesamtpaket“ der allgemeinen Pflegeleistungen gehörende Leistung handelt. Demgegenüber ist der individuelle Pflegebedarf des einzelnen Heimbewohners, auf den das Verwaltungsgericht bei der Auslegung maßgeblich abstellt, erst bei der Bestimmung des Inhalts der allgemeinen Pflegeleistung im Einzelfall relevant (vgl. hierzu Philipp, a.a.O., S. 247).
82 
Für die Auslegung von Normsetzungsverträgen als untergesetzlichen Rechtsnormen ist die objektive Erklärungsbedeutung maßgeblich, also nicht auf den subjektiven Willen der Beteiligten (bei Vertragsschluss) abzustellen (vgl. zu dieser sog. normativen Auslegung BSG, Urteil vom 31.01.2001 - B 6 KA 33/00 -, NZS 2001, 533; vom 09.03.1999 - B 6 KA 18/98 R-, MedR 1999, 479). Wie ansonsten bei Normen auch kann außer einer Auslegung nach dem Wortlaut auch eine systematische, teleologische und eine entstehungsgeschichtliche Auslegung in Betracht kommen (BSG, a.a.O.). Durch die Einbeziehung des Normsetzungsvertrages in den Heimvertrag ändert sich hieran nichts (vgl. § 8 Abs. 1 des Rahmenvertrags).
83 
Eine ausdrückliche Regelung, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Begleitung zum Arzt zu den Regelleistungen gehört, ist nicht getroffen. Die maßgebliche Passage in § 1 Abs. 3 lit. c des Rahmenvertrages, Hilfen beim „Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung“, umfasst nach ihrem Wortlaut in gegenständlicher Hinsicht auch die Begleitung von Heimbewohnern, sie ist in räumlicher Hinsicht aber auf die Pflegeeinrichtung, nicht auf einen sonstigen Ort bezogen. Der nachfolgende Zusatz „dabei“ - also bei Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung - „sind solche Verrichtungen außerhalb des Pflegeheims zu unterstützen, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung notwendig sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen erfordern (z.B. Organisieren und Planen des Zahnarztbesuchs)“, nimmt demgegenüber zwar einen Ort außerhalb der Pflegeeinrichtung in den Blick. Eine solche Verrichtung wird zwar auch unterstützt, wenn das Aufsuchen und Verlassen dieses Ortes im Weg der Begleitung ermöglicht wird. Gegen eine solche Interpretation spricht aber wiederum das Beispiel im Klammerzusatz, das seinem Wortlaut nach nicht die Durchführung des Arztbesuchs umfasst. Dem Wortlaut des Rahmenvertrags lässt sich mithin nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, dass die Begleitung zum Arzt umfasst sein soll.
84 
Der genannte Zusatz („dabei“) stellt davon abgesehen auch bereits keine nähere Bestimmung der Mobilitätskategorie „Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung“ dar, was ein Vergleich mit den anderen Mobilitätskategorien zeigt. Die dortigen Zusätze, eingeleitet mit Begriffen wie „beinhaltet“, „dazu gehört“, „dies umfasst“, enthalten demgegenüber Erläuterungen der jeweiligen Kategorie. Dies spricht dagegen, aus dem Zusatz abzuleiten, zu welchen Mobilitätshilfen der Heimbetreiber verpflichtet sein soll. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Zusatz voraussetzt, dass eine Begleitung zu einem außerhalb gelegenen Ort erfolgt ist. Ein Rückgriff auf den z.B. in § 3 des Rahmenvertrages zum Ausdruck kommenden Grundsatz, dass die allgemeinen Pflegeleistungen alles „Notwendige“ erfassen, ist dadurch ausgeschlossen, dass der Rahmenvertrag eben hierzu auch für den Bereich Mobilität detaillierte Regelungen enthält, die gerade der abschließenden Konkretisierung der Leistungspflichten dienen. Die systematische Interpretation der Bestimmungen des Rahmenvertrages führt mithin zu keinem anderen Ergebnis.
85 
Aus der Entstehungsgeschichte des Rahmenvertrages ist nichts für die von der Heimaufsichtsbehörde angenommene Verpflichtung ersichtlich. Aus den für die anderen Bundesländer geschlossenen Rahmenverträgen nach § 75 SGB XI ergibt sich ebenfalls nicht, dass generell von einer solchen Verpflichtung ausgegangen würde. Die Regelungen in den meisten Verträgen entsprechen der baden-württembergischen Regelung. Der Rahmenvertrag für Rheinland-Pfalz sieht demgegenüber - nach dem Regelungszusammenhang konstitutiv - als Teil der allgemeinen Pflegeleistungen eine ausdrückliche Pflicht zur Begleitung vor, wenn diese für notwendige Verrichtungen außerhalb der Pflegeeinrichtung, die das persönliche Erscheinen des pflegebedürftigen Menschen erfordern, notwendig ist.
86 
Auch aus dem Normzweck des Rahmenvertrages lässt sich die von der Heimaufsichtsbehörde angenommene Verpflichtung nicht ableiten. Der Rahmenvertrag dient der Konkretisierung des Sicherstellungsauftrags der Pflegekassen u.a. durch die Abgrenzung von allgemeinen Pflegeleistungen und Zusatzleistungen. Ließen sich den gesetzlichen Regelungen des SGB XI Hinweise für die Abgrenzung des Leistungskatalogs der sozialen Pflegeversicherung entnehmen, entspräche es dem Zweck des Rahmenvertrages, diese aufzugreifen. Das Vorhandensein solcher Hinweise wird aber im allgemeinen verneint (vgl. Philipp, a.a.O., S. 248). Dies gilt auch für die vom beklagten Land herangezogene Regelung des § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI. Diese Regelung sieht im Zusammenhang mit der Definition der Pflegebedürftigkeit als unterstützungsbedürftige Verrichtung im Bereich der Mobilität auch nur das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung vor, erwähnt also nicht explizit eine Begleitung zum Arzt. Eine solche ist bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit zwar relevant, aber nur, wenn sie regelmäßig, d.h. mindestens einmal pro Woche (vgl. § 15 Abs. 3 SGB XI und BSG, Urteil vom 29.04.1999 - B 3 P 12/98 R -, juris), zu erfolgen hat. Bei der Bestimmung des „Gesamtpakets“ der allgemeinen Pflegeleistungen ergäbe sich mithin nicht die allgemeine Pflegeleistung, die durch die streitgegenständliche Verfügung aktualisiert werden soll. Vor diesem Hintergrund kann auch die zwischen den Beteiligten weiter streitige Frage offen bleiben, welche Relevanz eine Vorgabe aus § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI für den stationären Bereich tatsächlich hätte. Auch der vom beklagten Land herangezogenen Gesetzesbegründung zum Pflegeversicherungsgesetz lassen sich für die vorliegende Fragestellung keine konkreten Hinweise entnehmen. Hieraus ergibt sich (BT-Drs. 12/5262, S. 97) nur, dass das Leben von Pflegebedürftigen nicht auf die Wohnung beschränkt sein soll, sie vielmehr die Möglichkeit haben müssen, ihre Wohnung zu verlassen, z.B. um einen Arzt aufzusuchen, aber gerade nicht, wer unter welchen Voraussetzungen hierbei entgeltlich oder unentgeltlich die Begleitung des Pflegebedürftigen sicherstellen muss. Im Übrigen geht es in der Gesetzesbegründung um Verrichtungen außerhalb der Wohnung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen, also gerade nicht um den hier relevanten Bereich des Heimaufenthalts.
87 
Aus dem Rahmenvertrag lässt sich mithin die streitgegenständliche Verpflichtung nicht ableiten. Eine entsprechende „ergänzende“ Auslegung des Rahmenvertrages scheidet schon nach den hierfür geltenden Grundsätzen der normativen Auslegung aus. Auch lässt sich kein hypothetischer Parteiwille feststellen. Die zwischen den Beteiligten weiter streitige Frage, ob die Arztbegleitung nur als allgemeine Pflegeleistung geregelt werden könnte und ob neben allgemeiner Pflegeleistung und Zusatzleistung weitere Leistungskategorien zulässig sind, bedarf unter diesen Umständen keiner Entscheidung.
88 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
89 
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
90 
Beschluss vom 09. Juli 2012
91 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gem. §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
92 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

In den Fällen der §§ 284 und 285 werden die Spieleinrichtungen und das auf dem Spieltisch oder in der Bank vorgefundene Geld eingezogen, wenn sie dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Entscheidung gehören. Andernfalls können die Gegenstände eingezogen werden; § 74a ist anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Gründe

1

Der Kläger wendet sich gegen eine Verfügung des Rechtsvorgängers des Beklagten, mit der ihm die Vermittlung von Sportwetten in den Räumen der von ihm betriebenen Gaststätte untersagt worden ist. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Berufung gegen das klagabweisende erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen, weil die Klage mit sämtlichen vier Anträgen unzulässig sei.

2

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Die in Anspruch genommenen Zulassungsgründe des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor.

3

1. Die Abweisung der Klage mit sämtlichen vier Anträgen als unzulässig beruht nicht auf Verfahrensmängeln.

4

a) Das Berufungsgericht hat den hauptsächlichen Aufhebungsantrag als unzulässig angesehen, weil die angefochtene Untersagungsverfügung sich erledigt habe. Die Untersagungsverfügung habe sich auf die Geschäftsräume des Klägers in B., B.straße ..., bezogen. Die dort betriebene Gaststätte habe der Kläger jedoch am 1. Juni 2008 aufgegeben, sein Gewerbe abgemeldet. Zwar habe er das von ihm gepachtete Ladenlokal bis zum 30. September 2010 zunächst unterverpachtet, am 1. Oktober 2010 jedoch die Möglichkeit verloren, dort eine Annahmestelle für private Sportwetten zu betreiben.

5

Dass dies auf Verfahrensmängeln beruht, zeigt der Kläger nicht auf. Gegen die rechtliche Schlussfolgerung des Oberverwaltungsgerichts, der endgültige Verlust der Möglichkeit, die untersagte Tätigkeit im Falle des Erfolges der Anfechtungsklage in den gepachteten Geschäftsräumen wieder aufzunehmen, führe zur Erledigung der Untersagungsverfügung, sind keine Einwände zu erheben. Der Kläger wendet sich denn auch vornehmlich gegen die Richtigkeit der zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellung, er habe am 1. Oktober 2010 endgültig die Möglichkeit verloren, in den bis dahin gepachteten Geschäftsräumen eine Annahmestelle für private Sportwetten zu betreiben. Sein Beschwerdevorbringen macht jedoch keinen Verfahrensfehler erkennbar.

6

Dem Kläger ist vor der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts hinreichend rechtliches Gehör gewährt worden (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO); er konnte daher nicht überrascht worden sein. Das Gericht stützt seine tatsächliche Feststellung ausweislich des Tatbestandes des angefochtenen Urteils (UA S. 4) auf eine Mitteilung der Verbandsgemeindeverwaltung B. vom 6. April 2011, derzufolge der Kläger seine gewerbliche Tätigkeit in den fraglichen Geschäftsräumen am 1. Juni 2008 aufgegeben und sein dort betriebenes Gewerbe abgemeldet habe. Diese Mitteilung hatte das Gericht den Beteiligten vor der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gegeben; der Kläger hat hierzu auch sowohl mit Schriftsatz vom 11. April 2011 als auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. April 2011 Stellung genommen.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, auch in anderer Hinsicht nicht verletzt. Der Tatbestand des angefochtenen Urteils vermerkt (UA S. 4), dass der Kläger mündlich vorgetragen habe, er hätte die ihm untersagte Vermittlungstätigkeit "bis zum Oktober 2010" wieder aufnehmen können, weil er die Geschäftsräume bis zum Oktober 2010 lediglich unterverpachtet habe. Das stimmt mit der Bestätigung der Firma F. GmbH vom 4. Juli 2011 überein, die der Kläger im Beschwerdeverfahren vorgelegt hat (Bl. 1507 der GA), wonach der Kläger die Geschäftsräume gepachtet und nach der Aufgabe des eigenen Gewerbebetriebs zunächst unterverpachtet hatte, sein Hauptpachtvertrag für die Räumlichkeiten aber zum 30. September 2010 ausgelaufen war. Diesen Vortrag hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner rechtlichen Würdigung berücksichtigt. Dass der Kläger beim Oberverwaltungsgericht geltend gemacht hätte, er hätte die ihm untersagte Vermittlungstätigkeit auch noch nach dem 1. Oktober 2010 in denselben Geschäftsräumen wieder aufnehmen können, verzeichnet der Tatbestand des angefochtenen Urteils nicht. Dass der Tatbestand unrichtig sei, macht der Kläger nicht geltend; einen Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 119 VwGO hat er nicht gestellt.

8

Das Oberverwaltungsgericht hat auch nicht die gebotene Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) vermissen lassen. Der - anwaltlich vertretene - Kläger hat Beweisanträge nicht gestellt. Es musste sich dem Gericht aber angesichts der Einlassung des Klägers auch nicht aufdrängen, von sich aus Ermittlungen darüber anzustellen, ob und ggf. unter welchen Bedingungen er die bis zum 30. September 2010 gepachteten Geschäftsräume künftig etwa erneut würde anpachten können.

9

Nur ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass der Kläger als Gewerbe nur den Betrieb eines Billard-Cafés und einer Schankwirtschaft im Januar 2006 an- und im Juni 2008 abgemeldet hatte. Das angemeldete Gewerbe umfasste nicht die Vermittlung von Sportwetten; die Fortführung des Betriebes war in rechtlicher Hinsicht vom Bestand der angefochtenen Untersagungsverfügung unabhängig.

10

b) Das Oberverwaltungsgericht hat auch die drei - gestaffelt jeweils hilfsweise gestellten - Feststellungsanträge als unzulässig angesehen. Gegen die Abweisung des ersten Hilfsantrags erhebt der Kläger keine Einwände. Seine Beschwerde weist allerdings hinsichtlich der Abweisung des zweiten und des dritten Hilfsantrags auf eine Verletzung von Verfahrensrecht hin (aa); doch beruht die Klagabweisung hierauf nicht (bb).

11

aa) Mit dem zweiten und dem dritten Hilfsantrag hat der Kläger die gerichtliche Feststellung begehrt, dass die Untersagungsverfügung bis zum 31. Dezember 2008 bzw. bis zum 31. Dezember 2007 rechtswidrig gewesen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Anträge als Fortsetzungsfeststellungsanträge angesehen, die nur unter den Voraussetzungen des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und insbesondere nur dann zulässig seien, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Es hat sie für unzulässig gehalten, weil ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse grundsätzlich nur für den Zeitpunkt der Erledigung anerkannt werden könne. Erledigung aber sei erst am 1. Oktober 2010 eingetreten. Das ist mit geltendem Prozessrecht unvereinbar.

12

Richtig ist allerdings, dass der Übergang von einem Anfechtungs- oder einem Verpflichtungs- zu einem Feststellungsbegehren nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO voraussetzt, dass der Streitgegenstand nicht ausgewechselt oder erweitert wird. Das ergibt sich aus dem Zweck, dem die Fortsetzungsfeststellungsklage dient. Sie soll verhindern, dass ein Kläger, der infolge eines erledigenden Ereignisses seinen ursprünglichen, den Streitgegenstand kennzeichnenden Antrag nicht weiterverfolgen kann, um die "Früchte" der bisherigen Prozessführung gebracht wird. Er darf daher das in der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage subsidiär enthaltene Feststellungsbegehren als Hauptantrag fortführen, wenn er ein entsprechendes Feststellungsinteresse vorweisen kann. Ohne Weiteres zulässig ist eine solche Fortsetzungsfeststellungsklage mithin nur, wenn der Streitgegenstand von dem bisherigen Antrag umfasst war (Urteile vom 24. Januar 1992 - BVerwG 7 C 24.91 - BVerwGE 89, 354 <355> = Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 242 und vom 16. Mai 2007 - BVerwG 3 C 8.06 - BVerwGE 129, 27 = Buchholz 418.72 WeinG Nr. 30).

13

Unrichtig ist hingegen die weitere Annahme des Oberverwaltungsgerichts, Streitgegenstand der Anfechtungsklage gegen einen Dauerverwaltungsakt sei stets nur dessen Rechtmäßigkeit im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Was Streitgegenstand einer Anfechtungsklage ist, bestimmt der Kläger (vgl. § 82 Abs. 1 Satz 1, §§ 88, 90 Abs. 1 VwGO). Er entscheidet über den Umfang der Anfechtung eines Verwaltungsakts, und zwar auch in zeitlicher Hinsicht. Das gewinnt gerade beim Dauerverwaltungsakt Bedeutung. Der sog. Verwaltungsakt mit Dauerwirkung weist die Besonderheit auf, dass seine Wirkung nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern während eines bestimmten Zeitraums eintritt (vgl. Urteil vom 29. November 1979 - BVerwG 3 C 103.79 - BVerwGE 59, 148 <160> = Buchholz 451.81 § 6a AWG Nr. 3). Er kann deshalb nicht nur für einen bestimmten Zeitpunkt, sondern auch für den gesamten Zeitraum seiner Wirksamkeit oder auch nur für Teile dieses Zeitraums angefochten werden (vgl. Urteile vom 15. November 1967 - BVerwG 1 C 43.67 - BVerwGE 28, 202 <205> = Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 24 und vom 27. Januar 1993 - BVerwG 11 C 35.92 - BVerwGE 92, 32 <35 f.> = Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 24). Zwar wird der Kläger seinen Aufhebungsantrag häufig ohne nähere zeitliche Bestimmung stellen. Dann dürfte regelmäßig anzunehmen sein, dass er die Aufhebung des Dauerverwaltungsakts für den gesamten Zeitraum seiner Wirksamkeit begehrt. Entsprechendes gilt für ein einer solchen Anfechtungsklage stattgebendes Urteil; auch dadurch wird der Verwaltungsakt nicht nur für bestimmte Zeitpunkte oder Zeitabschnitte, sondern im Zweifel für den gesamten Zeitraum seiner Wirksamkeit beseitigt. Der Umstand, dass seine Rechtmäßigkeit in Ermangelung abweichender gesetzlicher Bestimmungen (vgl. dazu etwa Urteil vom 2. Februar 1982 - BVerwG 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1 <2 ff.> = Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 37; Beschluss vom 23. November 1990 - BVerwG 1 B 155.90 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 47) regelmäßig nach der Sach- und Rechtslage zu beurteilen ist, wie sie im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung besteht (Urteile vom 27. Januar 1993 a.a.O. und vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - NVwZ 2011, 1328 Rn. 18 ff., jeweils m.w.N.), ändert hieran nichts; er hat zur unausgesprochenen Voraussetzung, dass sich die Sach- und Rechtslage seit seinem Erlass nicht verändert hat. Hat sich die Sach- oder die Rechtslage seither in ausschlaggebender Weise verändert, so wird der Kläger entscheiden müssen, ob er sein Aufhebungsbegehren auf den Zeitraum nach der Veränderung beschränkt, und das Gericht wird, wenn der Verwaltungsakt erst durch die Veränderung rechtswidrig geworden ist, ihn nur für die nachfolgende Zeit aufheben und die ohne zeitliche Beschränkung aufrechterhaltene Klage im Übrigen, nämlich für den früheren Zeitraum abweisen. Alles dies ändert aber nichts daran, dass ein Dauerverwaltungsakt Wirkungen für einen längeren Zeitraum entfaltet und dass der Kläger auch in zeitlicher Hinsicht bestimmt, inwieweit er ihn der gerichtlichen Überprüfung zuführen will.

14

Der Klagantrag, einen Dauerverwaltungsakt auch für vergangene Zeiträume aufzuheben, setzt freilich voraus, dass der Kläger von ihm auch insoweit noch beschwert ist. Ein Dauerverwaltungsakt wird sich häufig bei fortschreitender Zeit für die jeweils vergangenen Zeiträume - gewissermaßen fortlaufend - erledigen, auch wenn für die Annahme seiner Erledigung der bloße Zeitablauf nicht genügt, vielmehr erforderlich ist, dass von ihm auch für diese Vergangenheit keine dem Kläger nachteiligen Rechtswirkungen mehr ausgehen. Dies bietet dem Kläger einen zusätzlichen Grund, sein Aufhebungsbegehren auf den gegenwärtigen Zeitpunkt (und die weitere Zukunft - "ex nunc") zu beschränken. Es zwingt ihn aber nicht dazu, sein Klagebegehren in Ansehung der Vergangenheit vollständig aufzugeben. Er kann vielmehr insoweit zu dem Feststellungsantrag übergehen, dass der Dauerverwaltungsakt in Ansehung der Vergangenheit rechtswidrig gewesen sei (Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 20). Ein solcher Feststellungsantrag muss sich nicht auf die gesamte zurückliegende Geltungszeit des Dauerverwaltungsakts erstrecken, sondern kann sich - ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Feststellung vorausgesetzt - auf bestimmte zurückliegende Zeiträume beschränken. Regelmäßig wird es sich um Feststellungsanträge nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO handeln. Das zeigt, dass mit einer Klage, die einen Dauerverwaltungsakt zum Gegenstand hat, zugleich dessen Aufhebung (in Ansehung von Gegenwart und Zukunft) als auch die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit (in Ansehung der Vergangenheit) begehrt werden kann. Für die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit in der Vergangenheit wird ein Feststellungsinteresse namentlich in Betracht kommen, wenn sich zwischenzeitlich die maßgebliche Sach- oder Rechtslage geändert hat.

15

bb) Das Oberverwaltungsgericht hat mithin den zweiten und den dritten Hilfsantrag zu Unrecht mit der Begründung für unzulässig erachtet, die damit begehrte Feststellung betreffe zurückliegende Zeiträume, die nicht bis zum Zeitpunkt der (endgültigen) Erledigung des Anfechtungsbegehrens hinreichten. Das Berufungsurteil beruht hierauf jedoch nicht (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat diese beiden Hilfsanträge nämlich noch aus einem weiteren Grund für unzulässig gehalten, der seine Entscheidung selbstständig trägt. Der Kläger leitet sein Feststellungsinteresse aus seiner Absicht her, Ersatzansprüche gegen die Untersagungsbehörde oder gegen den jetzigen Beklagten geltend machen zu wollen. Das Oberverwaltungsgericht hat darin keinen zureichenden Grund für die Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes zu erkennen vermocht, weil der Kläger seine behaupteten Ersatzansprüche unmittelbar bei den ordentlichen Gerichten verfolgen könne, die hierfür ohnehin zuständig seien (UA S. 8). Hiergegen bringt die Beschwerde nichts vor, sodass es insoweit an der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen näheren Darlegung eines Verfahrensmangels fehlt.

16

2. Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das wäre nur der Fall, wenn die Rechtssache eine Rechtsfrage aufwirft, die der - ggf. erneuten oder weitergehenden - höchstrichterlichen Klärung bedarf, wenn mit dieser Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren zu rechnen ist und hiervon eine Fortentwicklung der Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus zu erwarten steht. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Kläger wirft zwar mit Blick auf seinen zweiten und dritten Hilfsantrag die Frage nach dem zulässigen zeitlichen Umfang einer Fortsetzungsfeststellungsklage im Falle eines erledigten Dauerverwaltungsakts auf. Diese Frage rechtfertigt indes nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens; sie lässt sich - wie gezeigt - anhand der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Weiteres beantworten. Hinzu kommt, dass die angefochtene Entscheidung - wie ebenfalls gezeigt - insoweit auf zwei jeweils selbstständig tragende Begründungen gestützt ist. Das Zulassungsbegehren wäre aber nur begründet, wenn hinsichtlich beider Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt. Daran fehlt es.

(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein.

(2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. Oktober 2010 - 3 K 3226/09 - geändert.

Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.11.2009 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Klägerin in Baden-Württemberg ohne Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV berechtigt ist, im Internet das in der Bundesligasaison 2009/2010 unter der Domain www.....de/sport/Fussball/bundesliga/supermanager/fussball-bundes-liga-manager.html angebotene Managerspiel zu veranstalten.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen eine Untersagungsverfügung wegen unerlaubten Glücksspiels.
Die Klägerin ist ein Medienunternehmen und bot in der Bundesligasaison 2009/2010 auf ihrer Webseite www.....de ein Bundesligamanagerspiel („Super-Manager“) an und machte Werbung hierfür. Bei dem Spiel stellen die Teilnehmer aus den real existierenden Spielern der 1. Fußballbundesliga eine fiktive Mannschaft zusammen, die über den Verlauf einer realen Bundesligasaison nach festgelegten Bewertungskriterien mit ebenfalls fiktiven Mannschaften anderer Teilnehmer konkurriert (sog. Fantasy League). Pro Mannschaft entrichtet der Teilnehmer, der mit höchstens 10 Mannschaften antreten kann, eine Teilnahmegebühr von 7,99 EUR, wobei jede dritte Mannschaft eines Teilnehmers kostenlos ist. Nach Zahlung der Gebühr registrieren sich die Spieler über das Internet und stellen für jeden Spieltag ihre Mannschaft zusammen. Vom Veranstalter erhalten die Teilnehmer laufend Bewertungen für die Spieler ihrer Mannschaft. Es werden monatlich Sachpreise für die besten fünf Teilnehmer der nach Geschicklichkeitsstufen eingeteilten drei Ligen und am Ende der Saison für die Plätze 4 bis 100 ausgeschüttet. Geldpreise erhalten die Bestplatzierten nach der Hin- und Rückrunde (insgesamt je 8.000 EUR) sowie die drei Bestplatzierten der Gesamtwertung am Ende der Saison (insgesamt 135.000 EUR). Die Vergabe der Punkte an die Teilnehmer erfolgt zum einen auf der Grundlage der Bewertung der einzelnen Bundesligaspieler durch eine Expertenjury der ...-Redaktion, zum anderen auf Grund weiterer, detailliert festgelegter Bewertungskriterien, die im Verhältnis zur Bewertung der Spieler durch die ...-Redaktion eine doppelte Wertigkeit haben.
Nach Anhörung untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Verfügung vom 12.11.2009 der Klägerin, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Nummer 1). Zugleich wurde ihr aufgegeben, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich einzustellen und die Einstellung dem Regierungspräsidium schriftlich mitzuteilen (Nummer 2). Für den Fall, dass die Klägerin den Verpflichtungen aus Nummern 1 und 2 der Verfügung bis zwei Wochen nach Bekanntgabe der Verfügung nicht nachkommt, wurde ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 EUR angedroht (Nummer 3). Schließlich wurde eine Gebühr in Höhe von 500 EUR festgesetzt (Nummer 4). Zur Begründung wurde in der Verfügung ausgeführt: Die Untersagung beruhe auf § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV. Bei dem von der Klägerin veranstalteten Turnier handele es sich um Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV. Für die Chance auf einen Gewinn sei ein Entgelt zu entrichten, wobei unerheblich sei, dass es als Teilnahmegebühr bezeichnet und diese ausschließlich für die Organisation des Spiels verwendet werde sowie dass die Preise durch Vollsponsoring finanziert würden. Bei dem hier in Frage stehenden Spiel überwögen die Zufallselemente deutlich. Die Bewertungskriterien jedes einzelnen Bundesligaspielers seien von den Teilnehmern des Bundesligamanagerspiels nicht beeinflussbar und auch von der subjektiven Meinung der ...-Redaktion abhängig. Die Veranstaltung des Glücksspiels erfolge ohne die erforderliche Erlaubnis, die auch nicht erteilt werden könne, da die für Baden-Württemberg maßgebliche Rechtslage die Erteilung der Erlaubnis für die private gewerbliche Veranstaltung von Glücksspiel nicht zulasse. Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet sei gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV, Werbung für unerlaubtes Glücksspiel gemäß § 5 Abs. 4 GlüStV verboten. Das staatliche Glücksspielmonopol sei verfassungskonform. Durch welche Maßnahmen die Klägerin der Untersagung nachkomme, bleibe ihr selbst überlassen.
Einen bereits am 16.11.2009 gestellten Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit rechtskräftigem Beschluss vom 24.06.2010 - 3 K 3212/09 - ab. Daraufhin stellte die Klägerin die Veranstaltung des Bundesligamanagerspiels zunächst ein. Mittlerweile wird - nach den Angaben des Vertreters der Klägerin in der Berufungsverhandlung - das Spiel „Super-Manager“ in der Form angeboten, dass die Spieler zwischen einer entgeltfreien Basisversion und einer Premiumvariante mit einem Entgelt von 4,99 EUR pro Spieler und Team wählen können, wobei die Gewinnmöglichkeiten bei beiden Varianten identisch sind. Die Basis- und die Premiumvariante unterscheiden sich lediglich im Hinblick auf einzelne Funktionen, die die Qualität und Gefälligkeit der Darstellung des Spiels betreffen. Gegen diese Spielgestaltung schreitet der Beklagte nach den Angaben seines Vertreters in der Berufungsverhandlung nicht ein.
Gegen die Verfügung vom 12.11.2009 hat die Klägerin am 17.11.2009 Klage erhoben und deren Aufhebung sowie die Feststellung beantragt, dass sie in Baden-Württemberg ohne Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV berechtigt ist, im Internet das angebotene Managerspiel zu veranstalten. Zur Begründung der Klage hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht: Das hier in Rede stehende Bundesligamanagerspiel sei kein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV. Denn bei der Teilnahmegebühr handele es sich nicht um ein Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance; auch hänge die Gewinnentscheidung nicht überwiegend vom Zufall ab. Die Gewinnchance erwachse nicht aus den von den Teilnehmern gezahlten Gebühren. Diese würden ausschließlich für die Deckung der Veranstaltungskosten unter Ausschluss der Finanzierung der Preise verwendet. Sämtliche Preise würden von Sponsoren zur Verfügung gestellt und hingen nicht von der Anzahl der Teilnehmer und der Summe der von ihnen erbrachten Gebühren ab. Die Gebühr sei angesichts der von ihr über die gesamte Saison zur Verfügung gestellten aufwendigen Organisations- und Serviceleistungen unbeträchtlich. Das Spiel habe reinen Unterhaltungscharakter und verursache keine Spielsuchtgefahren. Die Gewinnchancen orientierten sich weder am Ergebnis sportlicher Wettkämpfe noch am sportlichen Erfolg einzelner Spieler. Vielmehr werde die Leistungsfähigkeit des Managers und Trainers einer Mannschaft simuliert, die fiktiv am Spielbetrieb der Bundesliga teilnehme. Das Zufallselement trete dabei hinter die Geschicklichkeitselemente zurück. Im Hinblick darauf, dass undifferenziert die Veranstaltung und Vermittlung von „Glücksspiel“ untersagt werde, sei die Anordnung unverhältnismäßig und unbestimmt. Das staatliche Glücksspielmonopol und das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV seien mit Art. 12 Abs. 1 GG und der unionsrechtlichen Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar. Die auf Baden-Württemberg beschränkte Sperrung des Internetvertriebs sei technisch unmöglich. Das Regierungspräsidium greife damit rechtswidrig in die Entscheidungskompetenzen und in die Entscheidungshoheit aller anderen Bundesländer ein.
Mit Urteil vom 18.10.2010 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Anfechtungsklage sei unbegründet, da die Untersagungsverfügung auf § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV gestützt werden könne. Bei dem von der Klägerin angebotenen Bundesligamanagerspiel handele es sich um öffentliches Glücksspiel. Das Zufallsmoment überwiege deutlich das Geschicklichkeitselement. Die Gewinnchance werde durch ein Entgelt erworben. Die Veranstaltung des Managerspiels sei unerlaubt, da die Klägerin nicht über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis verfüge, zudem verstoße sie gegen das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV. Es bestünden keine Zweifel an der verfassungs- und unionsrechtlichen Rechtmäßigkeit des durch den Glücksspielstaatsvertrag normierten staatlichen Glücksspielmonopols und des Internetverbots des § 4 Abs. 4 GlüStV. Die Untersagungsverfügung sei hinreichend bestimmt. Von der Klägerin werde nichts Unmögliches verlangt. Die Verfügung sei auch im Übrigen ermessensfehlerfrei zu Stande gekommen. Das Einschreiten gegen das von der Klägerin betriebene unerlaubte Glücksspiel entspreche dem Zweck des in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV eingeräumten Ermessens und einer einheitlichen Verwaltungspraxis. Aus den dargelegten Gründen bleibe auch der Feststellungsantrag ohne Erfolg.
Gegen das am 03.02.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15.02.2011 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Mit der rechtzeitig vorgelegten Begründung macht sie im Wesentlichen weiter geltend: Der Bescheid vom 12.11.2009 sei rechtswidrig. Das Bundesligamanagerspiel sei kein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV. Die für die Teilnahme zu entrichtende Gebühr sei kein Einsatz im Rechtssinn, sondern ein „Eintrittsgeld“, aus dem nicht die Gewinnchance des Teilnehmers erwachse. Die Gebühr werde zur Refinanzierung der Kosten erhoben, die beim Veranstalter für die Spielorganisation und für begleitende Serviceleistungen anfielen. Sämtliche Preise würden von Sponsoren zur Verfügung gestellt. Die Preise und ihre Höhe hingen nicht von der Anzahl der Teilnehmer oder von der Summe der von ihnen gezahlten Gebühren ab, vielmehr würden sie im Vorhinein angekündigt. Im Übrigen sei die Teilnahmegebühr als unbeträchtlich einzustufen. Beim Bundesligamanager würden die Glücks- bzw. Zufallselemente nicht überwiegen. Er weise vielmehr zahlreiche Geschicklichkeitselemente auf, nämlich die Auswahl der Spieler bei der Zusammenstellung des Kaders, die Auswahl der Formation für den konkreten Spieltag, die Wahl der taktischen Formation vor jedem Spieltag und der Transfer von Spielern in der Winterpause. Zwar seien beim Zustandekommen der Ergebnisse Zufallsmomente beteiligt. Doch habe bei den im Verlauf der Saison zu treffenden Management- und Strategieentscheidungen der Teilnehmer hinreichend Gelegenheit, eine durch zufällige Ereignisse geschaffene Spiellage durch eigene Geschicklichkeit zu seinen Gunsten maßgeblich zu beeinflussen. Der Glücksspielbegriff sei teleologisch im Lichte der Schutzzwecke des Glücksspielstaatsvertrages zu interpretieren. Das von ihr angebotene Spiel verlange von den Teilnehmern zahlreiche (Manager-)Entscheidungen und sei auf längere Dauer angelegt. Wegen dieser Spielstruktur seien die Schutzzwecke des Glücksspielstaatsvertrages, insbesondere der Schutz vor Spielsucht und Überschuldung, nicht berührt. Darüber hinaus sei die Anordnung undifferenziert und untersage allgemein das „Glücksspiel“, mithin auch andere Spiele, die dem Glücksspielbegriff unterfielen. Sie sei damit nicht erforderlich und daher rechtswidrig. Sie sei auch unbestimmt, da der Begriff des Glücksspiels in hohem Maße konkretisierungsbedürftig sei. Die staatsvertraglichen Monopolregelungen, auf die der Unterlassungsbescheid gestützt sei, verstießen gegen Art. 49 und 56 AEUV. Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV sei unionsrechtswidrig und dürfe zur Durchsetzung weder des staatlichen Veranstaltungsmonopols noch der Internetverbote in §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 GlüStV angewandt werden. Transformationsgesetze, die die Fortgeltung der Verbots- und Beschränkungsregelungen des Ende 2011 ausgelaufenen Glücksspielstaatsvertrages anordneten, seien notifizierungspflichtig. Das Land Baden-Württemberg habe sein diesbezügliches Änderungsgesetz vom 29.11.2011 nicht notifizieren lassen, weswegen von der Unanwendbarkeit dieser Rechtsvorschrift auszugehen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. Oktober 2010 - 3 K 3226/09 - zu ändern und die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.11.2009 aufzuheben und festzustellen, dass sie, die Klägerin, in Baden-Württemberg ohne Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV berechtigt ist, im Internet das in der Bundesligasaison 2009/2010 unter der Domain www.....de/sport/fussball/bundesliga/su-per-manager/fußball-bundes-liga-manager.html angebotene Managerspiel zu veranstalten.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt im Wesentlichen weiter aus: Das Bundesligamanagerspiel sei Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV. Es erfülle sowohl das Merkmal der Entgeltlichkeit wie auch das der Zufallsabhängigkeit. Für die Teilnahme an dem Spiel sei ein Entgelt in Höhe von 7,99 EUR zu entrichten. Die Bezeichnung des Entgelts als Teilnahmegebühr sei unerheblich. Von einem „Einsatz“ spreche § 3 Abs. 1 GlüStV nicht. Nach dieser Vorschrift spiele es keine Rolle, ob die eingenommenen Teilnahmegebühren ausschließlich für die Organisation des Spiels oder auch für die Finanzierung der Preise verwendet würden. Die Spieldurchführung müsse sich für den Veranstalter auch nicht unbedingt wirtschaftlich lohnen. Angesichts der Eigenständigkeit des staatsvertraglichen Entgeltbegriffs ließen sich die strafrechtlichen Diskussionen um eine etwa notwendige Erheblichkeitsschwelle des Einsatzes nicht auf den Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 GlüStV übertragen. Die Entscheidung über den Gewinn bei dem Managerspiel hänge auch überwiegend vom Zufall ab. Die hierfür maßgebliche Punktevergabe erfolge auf der Grundlage von Leistungsparametern, die der Teilnehmer am Managerspiel nicht beeinflussen könne. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Wahl der konkreten Art und Weise der Umsetzung der Verfügung in das Ermessen des Adressaten gestellt worden sei. Das staatliche Glücksspielmonopol sei verfassungs- und unionsrechtskonform.
13 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten sowie die Akten des Verwaltungsgerichts vor; die Akten des Verfahrens 3 K 3212/09 vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe wurden beigezogen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf diese Unterlagen sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die Berufung der Klägerin ist auf Grund der Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft (§ 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Die Klägerin hat die Berufung insbesondere innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Verwaltungsgericht eingelegt (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO), sie innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 124a Abs. 3 Satz 1 und 4 VwGO).
15 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die Anfechtungs- und die Feststellungsklage der Klägerin abgewiesen.
16 
Die Anfechtungsklage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.11.2009 ist zulässig. Insbesondere ist weiterhin das Rechtsschutzbedürfnis gegeben, obwohl die Klägerin mittlerweile das streitgegenständliche Fußballmanagerspiel in einer unentgeltlichen Basis- und einer Premiumvariante mit einem Entgelt von 4,99 EUR für eine bessere Qualität und Gefälligkeit der Darstellung des Spiels anbietet und der Beklagte nach den Angaben seines Vertreters in der Berufungsverhandlung unter Hinweis darauf, dass wegen der unentgeltlichen und gleichwertigen Alternative zur Teilnahme an demselben Spiel von einem Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV nicht mehr ausgegangen werden könne, hiergegen nicht einschreitet. Denn wie der Vertreter der Klägerin in der Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, hat diese das Managerspiel nur unter dem Druck der Vollstreckung der Verfügung vom 12.11.2009 nach Ablehnung ihres Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO durch das Verwaltungsgericht auf diese Spielvarianten umgestellt und strebt weiterhin an, zu dem in der Bundesligasaison 2009/2010 angebotenen Modell des Bundesligamanagerspiels zurückzukehren.
17 
Die Anfechtungsklage ist auch begründet. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.11.2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV für die von dem für die Glücksspielaufsicht zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe (vgl. § 16 Abs. 1 AGGlüStV, § 2 Satz 1 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland) verfügte Untersagung, öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen, sind nicht gegeben.
19 
Allerdings gelten die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages über dessen Ablauf zum 31.12.2011 (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV) hinaus gemäß § 3 Abs. 3 AGGlüStV in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 29.11.2011 (Art. 1 des Änderungsgesetzes, GBl. 2011, 533) im Land Baden-Württemberg als Landesrecht fort. Die von der Klägerin geltend gemachten Bedenken an der Anwendbarkeit der durch das Änderungsgesetz vom 29.11.2011 angeordneten Fortgeltung der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages im Hinblick auf eine unionsrechtliche Notifizierungspflicht auf Grund der Richtlinie 98/34/EG (Informationsrichtlinie) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 204, 37), geändert durch die Richtlinie 98/48 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (ABl. L 217, 18) vermag der Senat nicht zu teilen. Unabhängig von der Frage, ob die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages überhaupt technische Vorschriften im Sinne der Informationsrichtlinie und daher notifizierungspflichtig sind (zweifelnd: Stein, ZfWG 2007, 397, ZfWG 2009, 332; bejahend: VG Hamburg, Urteil vom 05.11.2010 - 4 K 1840/07 -, juris; Streinz/Herrmann/Kruis, ZfWG 2007, 402), wurde der Glücksspielstaatsvertrag als solcher notifiziert (vgl. dazu ausführlich Urteil des Senats vom 10.12.2009 - 6 S 1110/07 -, ZfWG 2010, 24). Soweit das Land Baden-Württemberg durch das Änderungsgesetz vom 29.11.2011 die Fortgeltung des Glücksspielstaatsvertrages als Landesrecht über den 31.12.2011 angeordnet hat, folgt daraus kein über den Glücksspielstaatsvertrag hinausgehender notifizierungspflichtiger Inhalt des Änderungsgesetzes (vgl. Urteil des Senats vom 10.12.2009, a.a.O.; VG Karlsruhe, Urteil vom 26.04.2012 - 3 K 330/10 -, juris; anders LG Bremen, Urteil vom 10.05.2012 - 9 O 476/12 - im Hinblick auf § 2 Abs. 3 Satz 1 BremGlüStVG). Dies gilt auch in zeitlicher Hinsicht, nachdem die mögliche Fortgeltung des notifizierten Glücksspielstaatsvertrages über den 31.12.2011 hinaus schon in dessen § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV angelegt ist und der von der Klägerin in Bezug genommene Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 3 der Informationsrichtlinie in zeitlicher Hinsicht lediglich die Vorverlegung des ursprünglichen Zeitpunktes für die Anwendung einer technischen Vorschrift als wesentliche notifizierungspflichtige Änderung benennt.
20 
Bei dem hier in Rede stehenden und von der Klägerin in der Bundesligasaison 2009/2010 angebotenen Fußballmanagerspiel handelt es sich jedoch nicht um Glücksspiel im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3, 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt.
21 
Dabei kann hier offenblieben, ob - wofür allerdings einiges spricht (vgl. dazu: BayVGH, Beschluss vom 13.04.2010 - 10 CS 10.453 -, ZfWG 2010, 183; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.04.2010 - 13 B 512/10 -, ZfWG 2010, 187; VG Düsseldorf, Beschluss vom 20.04.2010 - 27 L 1529/09 -, juris) - bei dem von der Klägerin angebotenen Fußballmanagerspiel die Entscheidung über den Gewinn (überwiegend) vom Zufall abhängt, da hierfür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GlüStV).
22 
Denn bei dem Fußballmanagerspiel der Klägerin fehlt es an dem nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV für die Einordnung eines Spiels als Glücksspiel außerdem erforderlichen Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt. Bei der von der Klägerin erhobenen Teilnahmegebühr von 7,99 EUR pro Team handelt es sich nicht um ein solches Entgelt.
23 
Unter „Entgelt“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV ist nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst (sog. Einsatz). Hingegen ist eine Teilnahmegebühr, die bloß eine Mitspielberechtigung gewährt, etwa um die Spieler an den Aufwendungen für die Organisation des Spiels zu beteiligen, kein Entgelt im Sinn von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV. Insoweit stimmt der Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV mit dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff des § 284 StGB überein (ebenso: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009 - 6 A 10199/09 -, ZfWG 2009, 413; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2008 - 4 B 606/08 -, GewArch 2008, 407; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 10.08.2009 - 11 ME 67/09 -, GewArch 2009, 406; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2009 - 1 S 203.08 -, ZfWG 2009, 190; Thür. OVG, Beschluss vom 12.03.2010 - 3 EO 513/10 -, juris; Sächs. OVG, Beschluss vom 27.02.2012 - 3 B 80/11 -, juris; Bolay, MMR 2009, 669; vgl. zur Übereinstimmung des Entgeltbegriffs des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV mit dem strafrechtlichen Begriff des Glücksspiels im Hinblick auf das vom Senat hier nicht zu entscheidende Erfordernis einer Erheblichkeitsschwelle [für zufallsabhängige 50-Cent-Turniere]: Liesching, ZfWG 2009, 320 und MMR 2012, 1996 [mit der Auffassung, dass auch der BGH im Urteil vom 28.09.2011 - I ZR 92/09 -, ZfWG 2012, 23 davon ausgehe, dass der Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 GlüStV mit dem des § 284 StGB deckungsgleich sei]; Lober/Neumüller, MMR 2010, 295; Gummer, ZUM 2011, 105; Hambach/Münstermann, KuR, 2009, 457; anderer Ansicht: Bay. VGH, Urteil vom 25.08.2011 - 10 BV 10.1176 -, ZfWG 2011, 503; Beschluss vom 13.04.2010, a.a.O.; Hess. VGH, Beschluss vom 07.09.2011 - 8 B 1552/10 -, ZfWG 2011, 425; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 3 GlüStV RdNr. 5, § 284 StGB RdNr. 10; Hüsken, GewArch 2010, 336; Mintas, ZfWG 2009, 82).
24 
Nach § 284 StGB macht sich derjenige strafbar, der öffentlich ein behördlich nicht erlaubtes Glücksspiel veranstaltet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein Glücksspiel vor, wenn der Spielausgang überwiegend zufallsabhängig ist und Vermögenswerte als „Einsatz“ für die Aussicht auf einen möglichen Gewinn geleistet werden. Dabei bestimmt der Bundesgerichtshof einen Einsatz als die Leistung, „die erbracht wird in der Hoffnung, im Falle des Gewinnens eine gleiche oder höherwertige Leistung zu erhalten und in der die Befürchtung mitschwingt, dass er im Falle des Verlierens dem Gegenspieler oder dem Veranstalter anheimfällt“. Der Einsatz wird als ein Vermögenswert bewertet, der bewusst für die Beteiligung an den Gewinnchancen geopfert wird und in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Gewinnchance steht. Er wird vom Bundesgerichtshof von einem „in jedem Fall verlorenen Betrag“ abgegrenzt, der mit dem eigentlichen Spiel nichts zu tun hat, sondern lediglich die Mitspielberechtigung gewährt (vgl. BGH, Urteil vom 29.09.1986 - 4 StR 148/86 -, BGHSt 34, 171, 177; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 284 RdNr. 5 f.; Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 284 RdNr. 6; Duesberg, JA 2008, 270).
25 
Obwohl die Begriffsdefinition in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV nicht den in der strafrechtlichen Rechtsprechung üblichen Begriff des „Einsatzes“ verwendet, sondern davon spricht, dass „für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt“ werden muss, ist der Glücksspielbegriff des Glücksspielstaatsvertrages insoweit mit demjenigen des § 284 StGB deckungsgleich. Entgegen der von dem Beklagten vertretenen Ansicht (so ebenfalls: BayVGH, Urteil vom 25.08.2011, a.a.O.; Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 3 GlüStV RdNr. 5; Hüsken, GewArch 2010, 336) führt nicht bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV dazu, von einem vollständig eigenständigen und insoweit von der strafrechtlichen Begriffsbestimmung abweichenden Glücksspielbegriff des Glücksspielstaatsvertrages auszugehen. Denn das in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vorausgesetzte Entgelt kann nicht bloß jedwede geldwerte Gegen-leistung sein, die - wie etwa bei einer Gebühr, die bloß eine Teilnahmemöglichkeit verschafft - notwendige Bedingung für den Erwerb einer Gewinnchance ist, sondern auch eine solche Zahlung, die eine hinreichende Bedingung dafür darstellt, also in den Gewinn einfließt. Für diese Deutungsmöglichkeit spricht, dass § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vom „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ und nicht bloß vom Erwerb einer Teilnahmeberechtigung spricht und damit einen Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn herstellt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009, a.a.O.; Bolay, a.a.O., S. 671).
26 
In dieser Hinsicht ist nach der Entstehungsgeschichte des Glücksspielstaatsvertrages und dem dabei zu Tage getretenen Willen der Bundesländer von einer Deckungsgleichheit des Glücksspielbegriffs des § 3 Abs. 1 GlüStV mit dem strafrechtlichen Begriff des Glücksspiels auszugehen. Zwar ist den Erläuterungen zu § 3 GlüStV zunächst nur zu entnehmen, dass ein Glücksspiel nicht vorliegt, wenn ein Entgelt nicht verlangt wird (LT-Drs. 14/1930, S. 32), doch knüpfen die Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag hinsichtlich der Bestimmung des Glücksspielbegriffs an die Rechtsprechung der Strafgerichte zu den §§ 284 ff. StGB an (vgl. LT-Drs. 14/1930, S. 33, 34). Zudem werden nach den Erläuterungen zu § 3 GlüStV (LT-Drs. 14/1930, S. 32) die geltenden Bestimmungen in § 3 Abs. 1 bis 3 GlüStV unverändert übernommen und ist die Definition des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV inhaltsgleich mit der in § 3 Abs. 1 Satz 1 des abgelösten Lotteriestaatsvertrags vom 26.04.2004 - LottStV -, dessen Erläuterungen ihrerseits hinsichtlich der gesetzlichen Ausgangslage bei den Regelungen der §§ 284 ff. StGB ansetzen (LT-Drs. 13/3140, S. 18). In den Erläuterungen zum Lotteriestaatsvertrag heißt es dazu: „Bei den in den §§ 284 ff. StGB enthaltenen Verboten handelt es sich um repressive Verbote mit Befreiungsvorbehalt. Das Verbot, Glücksspiele ohne behördliche Erlaubnis zu veranstalten, ergibt sich unmittelbar aus den bundesrechtlichen Strafvorschriften. Die Voraussetzungen für die Erteilung von Erlaubnissen regelt - sofern nicht ausnahmsweise bundesrechtliche Vorschriften einschlägig sind - das Landesrecht … Damit obliegt es dem Landesgesetzgeber, die ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Zulassung von Glücksspielen vorzugeben“ (LT-Drs. 13/3140, S. 18, 19). Gerade angesichts dieses Befundes wäre es zu erwarten gewesen, dass der Normgeber ein etwaig anderes Verständnis des Glücksspielbegriffs in den Materialien zum Lotterie- oder Glücksspielstaatsvertrag deutlich zum Ausdruck gebracht hätte, was hier indes nicht geschehen ist. In der Begründung zum Lotteriestaatsvertrag wird nur an anderer Stelle, nämlich für das öffentliche Veranstalten von Lotterien und Ausspielungen nach § 3 Abs. 2 LottStV, auf eine Abweichung von den Vorschriften des Strafrechts besonders hingewiesen (LT-Drs. 13/3140, S. 22), während eine solche ausdrückliche Äußerung des Abweichungswillens für die Definition des Glücksspielbegriffs in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV fehlt. Zudem spricht die Äußerung des baden-württembergischen Landesgesetzgebers, der den Lotteriestaatsvertrag in Landesrecht umgesetzt hat, in seinen Erläuterungen zum Gesetz zu dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland dafür, dass auch er von einem einheitlichen Glücksspielbegriff ausgeht, wenn er ausführt, dass der Staatsvertrag „in Übereinstimmung mit den §§ 284 bis 287 StGB“ davon ausgehe, dass Glücksspiele gefährlich sind (Lt-Drs. 13/3140, S. 5).
27 
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag (LT-Drs. 14/1930, S. 32) eine entgeltliche Spielteilnahme bei Gewinnspielen über Telefonmehrwertdienste als Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages ansehen (so aber: BayVGH, Urteil vom 25.08.2011, a.a.O.; VG München, Urteil vom 03.03.2010 - M 22 K 09.4793 -, GewArch 2010, 359). Die insoweit einschlägige Passage der Erläuterungen („Ein Glücksspiel liegt im Übrigen nicht vor, wenn ein Entgelt nicht verlangt wird. Ein solches Verlangen ist nicht gegeben, wenn neben einer entgeltlichen Teilnahmemöglichkeit [z.B. via Mehrwertdienst] eine gleichwertige, praktikable und unentgeltliche Alternative - z.B. durch Postkarte, E-Mail oder via Internet - zur Teilnahme an demselben Spiel angeboten wird.“) enthält keine Aussage zu der Frage, ob der Glücksspielstaatsvertrag einen eigenen Glücksspielbegriff verwendet, sondern wiederholt nur Auffassungen, die sich bereits zum Glücksspielbegriff des § 284 Abs. 1 StGB herausgebildet hatten (vgl. etwa: OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.09.2003 - 20 U 39/03 -, juris; Hecker/Ruttig, GRUR 2005, 393, 397 f.; Fischer/Pfeifer, GewArch 2003, 154). Danach gilt das Telefonentgelt als Einsatz im oben beschriebenen strafrechtlichen Begriffssinn, da sich der Anrufer mit dem Telefonanruf unmittelbar am Gewinnspiel beteiligt und der Telefonanruf als solcher - anders als bei einer bloßen Teilnahmegebühr - im maßgeblichen Umfang die Gewinnchance beeinflusst.
28 
Darüber hinaus können die Bundesländer ihrem Anspruch, sich einer Regelung glücksspielrechtlicher Tatbestände zu enthalten, soweit eine abschließende Normierung durch den Bund erfolgt ist (Erläuterungen zu § 2 LottStV, Lt-Drs. 13/3140, S. 21; vgl. hierzu und zum Folgenden ausführlich: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009, a.a.O.; VG Trier, Urteil vom 03.02.2009 - 1 K 592/08 -, ZfWG 2009, 66; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.2011 - 27 L 471/10 -, juris; ferner: Wulf/Münstermann, a.a.O., S. 461), nur dann gerecht werden, wenn sie sich auf die Regelung ordnungsrechtlicher Belange von Glücksspielen beschränken, die der Begriffsbestimmung des § 284 StGB unterliegen. Bei einem unterschiedlichen Verständnis der Glücksspielbegriffe würde nämlich die vom Bundesgesetzgeber beabsichtigte Trennung zwischen den Regelungen des gewerblichen Spielrechts und des Glücksspielrechts, die auf unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenzen beruhen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung, BT-Drs. 8/1863, S. 10), aufgeweicht. Denn die zu diesem Zweck geschaffene Kollisionsnorm des § 33h GewO würde dann ihre Aufgabe nicht mehr uneingeschränkt erfüllen können, da sie eine Anwendung des Gewerberechts auf Spiele, die nicht unter den Glücksspielbegriff des § 284 StGB, wohl aber unter den des § 3 Abs. 1 GlüStV fallen, nicht ausschließen würde.
29 
Zudem ist die Strafbestimmung des § 284 Abs. 1 StGB verwaltungsakzessorisch ausgestaltet. Die dort genannten Tathandlungen stehen nur bei Glücksspielen unter Strafe, bei denen keine behördliche Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag erteilt worden ist. Auch deswegen liegt es nahe, dass sich der ordnungsrechtliche Normgeber von dem im Strafgesetzbuch vorgefundenen Glücksspielbegriff - unabhängig von der Frage einer möglichen Übertragbarkeit einer strafrechtlichen Erheblichkeitsschwelle - nicht hat lösen wollen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Normgeber insoweit den Willen verfolgt haben sollte, die Erlaubnispflicht weiter auszudehnen als sie der Bundesgesetzgeber strafrechtlich voraussetzt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2009, a.a.O.). Hätte er ein solches Ansinnen verfolgt, wäre es zu erwarten gewesen, dass sich hierzu in den erläuternden Materialien etwas finden lässt.
30 
Die Annahme, dass eine Gewinnchance nur dann gegen ein Entgelt nach § 3 Abs. 1 GlüStV erworben wird, wenn für die Teilnahme an einem zufallsabhängigen Spiel ein Einsatz im oben beschriebenen Sinn erbracht wird, steht schließlich auch mit dem Sinn und Zweck des Glücksspielstaatsvertrages im Einklang. Mit dem Glücksspielstaatsvertrag haben die Länder auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 (- 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261) reagiert, mit dem das Bundesverfassungsgericht ein staatliches Monopol nur dann als mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar angesehen hat, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Spielsucht und problematischem Spielverhalten ausgerichtet ist (zu den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages vgl. § 1 GlüStV). Dient das für die Teilnahme an einem Glücksspiel geforderte Entgelt nur der Mitspielberechtigung (Teilnahmegebühr), ist das von dem Spiel ausgehende Gefährdungspotenzial im Hinblick auf eine sich entwickelnde Spielsucht und von problematischem Spielverhalten deutlich geringer als bei der Entrichtung eines Einsatzes. Denn die Aussicht, aus dem Einsatz selbst einen Spiel(Geld-)gewinn zu erzielen oder einen Vermögensverlust zu erleiden, scheidet als Spielantrieb aus. Die Gefahren durch betrügerische Machenschaften der Veranstalter und aus mit dem Glücksspiel verbundener Folge- und Begleitkriminalität sind deutlich geringer oder gar nicht ersichtlich (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009, a.a.O.).
31 
Die von der Klägerin erhobene Teilnahmegebühr in Höhe von 7,99 EUR ist kein Entgelt im vorstehend beschriebenen Sinn. Da die Teilnahmegebühr lediglich der Deckung der Veranstaltungskosten, nicht aber der Finanzierung der von Sponsoren zur Verfügung gestellten Gewinne dient, erwächst aus ihr nicht die Gewinnchance des Einzelnen. Die von der Klägerin erhobene Teilnahmegebühr ermöglicht lediglich die Teilnahme am Spiel und ist - anders als ein Spieleinsatz - stets verloren. Die Klägerin hat dazu im Berufungsverfahren substantiiert, im Einzelnen aufgeschlüsselt und von dem Beklagten nicht in Frage gestellt angegeben, dass nach einer von ihr durchgeführten Marktprognose für die Saison 2009/2010 von Gesamtkosten für Konzeptentwicklung und Projektumsetzung, Betriebskosten sowie von externen Marketingkosten in Höhe von 347.226 EUR auszugehen sei, Promotions- und Marketingkosten bzw. Opportunitätskosten für die ...-Zeitung, ... und ....de sowie der interne Aufwand für Projektplanung und -umsetzung hinzukommen und dass dem ein erwarteter Netto-Umsatz gegenüberstehe, der deutlich unter dem Kostenaufwand stehe. Die ausgelobten Geld- und Sachpreise seien im Vorhinein angekündigt, ihre Höhe hänge weder von der Anzahl der Teilnehmer noch von der Summe der von ihnen gezahlten Gebühren ab und sie würden sämtlich von Sponsoren gezahlt. So habe sich die Firma ... AG nach ihrem Markteintritt in Deutschland bereitgefunden, die Geldpreise als Sponsor zur Verfügung zu stellen. In der Berufungsverhandlung hat der Vertreter der Klägerin - nachvollziehbar und vom Vertreter des Beklagten nicht in Frage gestellt - erklärt, dass auch weiterhin sämtliche Preise des Bundesligamanagerspiels durch Sponsoren bereitgestellt würden und dass die Teilnahmegebühr die weiterhin hohen Kosten für das Managerspiel decken sollen. Soweit sie von einem „wirtschaftlich tragfähigen und erfolgreichen Konzept“ spreche (vgl. dazu: VG Düsseldorf, Beschluss vom 20.04.2010, a.a.O.), sei damit keine Gewinnerzielung gemeint, sondern es sei weiterhin beabsichtigt, zu einem ausgeglichenen Verhältnis von Kosten und Erträgen aus der Teilnahmegebühr zu gelangen. Vor diesem Hintergrund sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die von den Spielern zu entrichtenden Teilnahmegebühren mittelbar in die Finanzierung der Spielgewinne einfließen und somit ein „versteckter Einsatz“ bzw. ein „verdeckter Gewinn“ aus den von den Spielern entrichteten Entgelten vorliegt.
32 
Handelt es sich bei dem von der Klägerin angebotenen Bundesligamanagerspiel nicht um Glücksspiel nach § 3 Abs. 1 GlüStV, durfte der Beklagte dessen Veranstaltung, Vermittlung und die Werbung dafür ebenso wie die Unterstützung solcher Tätigkeiten nicht gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV untersagen.
33 
Selbst wenn man - mit dem Beklagten - das Bundesligamanagerspiel als Glücksspiel im Sinne der §§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3, 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV ansehen würde, wäre die Untersagungsverfügung nicht ermessensfehlerfrei ergangen. Zunächst ist zu beachten, dass das von der Klägerin veranstaltete Bundesligamanagerspiel nach den obigen Ausführungen nicht unter den strafrechtlichen Glücksspielbegriff des § 284 Abs. 1 StGB fällt und damit nach dieser Norm nicht strafbar ist. Deswegen kann auch bei der Annahme eines von der strafrechtlichen Qualifizierung abweichenden ordnungsrechtlichen Glücksspielbegriffs und der Einordnung des Bundesligamanagerspiels als unerlaubtes Glücksspiel im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV nicht davon gesprochen werden, dass hier das Entschließungsermessen des Beklagten, unerlaubtes Glücksspiel zu untersagen, wegen dessen Strafbarkeit gemäß § 284 Abs. 1 StGB auf Null reduziert ist (vgl. dazu: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.02.2009 - 4 B 298/08 -, juris; Dietlein/Hecker/ Ruttig, a.a.O., § 9 GlüStV RdNr. 17). Die demgemäß dem Beklagten obliegende Ausübung seines ihm in § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 GlüStV eingeräumten Ermessens ist aber bereits deswegen fehlerhaft erfolgt, weil er offensichtlich unzutreffend davon ausgegangen ist, dass es sich bei dem Fußballmanagerspiel der Klägerin um die strafbare Veranstaltung öffentlichen Glücksspiels nach § 284 StGB handelt, wenn er in dem Bescheid eigens ausführt, dass der Gesetzgeber die Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel in § 284 StGB ausdrücklich unter Strafe gestellt habe, sofern diese ohne behördliche Erlaubnis durchgeführt werde, und dass die Strafbarkeit von unerlaubtem Glücksspiel sowie das staatliche Glücksspielmonopol der Abwehr von erheblichen Gefahren für die Bevölkerung dienen. Zudem hat der Beklagte nicht sämtliche für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen Gesichtspunkte in seine Erwägungen eingestellt. Zwar kann er sich bei der Ausübung seines Untersagungsermessens von dem Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung und den weiteren in § 1 GlüStV genannten Zielen leiten lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - 8 C 13.09 -, GewArch 2011, 316). Doch wenn der Beklagte in den weiteren Ausführungen der Verfügung vom 12.11.2009 darauf abstellt, dass die Spielsucht und ihre negativen Auswirkungen wie Zerstörung der Lebensgrundlage, evtl. Beschaffungskriminalität, Manipulation, Betrug, Geldwäsche und nicht ordnungsgemäße Gewinnauszahlung durch unlautere private Glücksspielveranstalter möglichst gering gehalten werden sollen, wird nicht darauf eingegangen, dass bei dem von der Klägerin angebotenen Managerspiel - wie bereits ausgeführt - das diesbezügliche Gefährdungspotenzial deutlich geringer ist als bei anderen Formen des unerlaubten und nach § 284 StGB strafbaren Glücksspiels. Bei relativ geringen Einsätzen, die zudem nur einmal im Jahr - zu Beginn der Bundesligasaison - zu leisten sind und dann zur Teilnahme an dem Managerspiel über den Zeitraum einer ganzen Bundesligasaison berechtigen, ist die Gefahr, dass die Spielsucht die Lebensgrundlage zerstören und zu Beschaffungskriminalität führen kann, nahezu ebenso ausgeschlossen wie die Gefahr der Geldwäsche, Manipulationen oder nicht ordnungsgemäßer Gewinnauszahlung durch den Veranstalter. Das das pathologische Glücksspiel und dessen Gefahren insbesondere kennzeichnende Kriterium des sich wiederholenden und ggf. steigernden Einsatzes zur Erreichung und Steigerung des Gewinnes ist beim Managerspiel der Klägerin nicht gegeben. Hier wird zu Saisonbeginn eine einmalige Teilnahmegebühr entrichtet und ist für den teilnehmenden Spieler verloren. Ein besonderes Suchtpotenzial wird dadurch gerade nicht geschaffen. Das Bundesligamanagerspiel soll vielmehr ersichtlich das erweiterte Interesse der Teilnehmer an dem Geschehen in der Fußballbundesliga und der sportlichen Unterhaltung daran befriedigen. Ist der Beklagte damit von unzutreffenden Annahmen (hier hinsichtlich der Strafbarkeit des Managerspiels) ausgegangen und zieht er maßgebliche Gesichtspunkte (hier das deutlich herabgesetzte oder gar nicht vorhandene Suchtpotenzial des von der Klägerin angebotenen Managerspiels) in seine Ermessenserwägungen nicht ein, ist die Untersagungsverfügung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig (vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl., § 7 RdNr. 22).
34 
Soweit mit der Verfügung vom 12.11.2009 über das von der Klägerin veranstaltete Bundesligamanagerspiel hinaus noch die Veranstaltung, Vermittlung, Werbung oder Unterstützung weiteren öffentlichen Glücksspiels untersagt werden sollte, fehlt es bereits an der Erforderlichkeit für eine solche Anordnung, die mithin auch insoweit rechtswidrig ist. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin neben dem Angebot des Bundesligamanagerspiels andere Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV angeboten hat oder deren Veranstaltung für die Zukunft beabsichtigt. Dies hat der Vertreter der Klägerin in der Berufungsverhandlung noch einmal klargestellt.
35 
Demgemäß erweisen sich auch das Gebot, die untersagten Tätigkeiten einzustellen, die Androhung des Zwangsgeldes sowie die Festsetzung einer Gebühr und damit die Verfügung vom 12.11.2009 insgesamt als rechtswidrig. Da sie die Klägerin in ihrem Recht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt, ist sie aufzuheben.
36 
Der zulässige Feststellungsantrag hat angesichts des Umstands, dass das von der Klägerin in der Bundesligasaison 2009/2010 angebotene Bundesligamanagerspiel kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV ist, ebenfalls Erfolg. Denn die Erlaubnispflichtigkeit in § 4 Abs. 1 GlüStV knüpft an die Glücksspieleigenschaft an.
37 
Auf die zwischen den Beteiligten weiter umstrittenen Fragen der Vereinbarkeit der Verbots- und Beschränkungsregelungen des Glücksspielstaatsvertrages mit Art. 12 Abs. 1 GG und Unionsrecht sowie der technischen Möglichkeit und rechtlichen Zulässigkeit einer auf Baden-Württemberg beschränkten Sperrung des Internetvertriebs kommt es mithin sowohl für den Anfechtungs- wie auch für den Feststellungsantrag nicht an.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
39 
Beschluss vom 23. Mai 2012
40 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird gemäß §§ 63 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG unter Abänderung der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht von Amts wegen auf 20.000 EUR (15.000 EUR für den Anfechtungsantrag, vgl. Nr. 54.2.1 des Streitwertkataloges und der Auffangstreitwert von 5.000 EUR für den Feststellungsantrag) festgesetzt.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Die Berufung der Klägerin ist auf Grund der Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft (§ 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Die Klägerin hat die Berufung insbesondere innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Verwaltungsgericht eingelegt (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO), sie innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 124a Abs. 3 Satz 1 und 4 VwGO).
15 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die Anfechtungs- und die Feststellungsklage der Klägerin abgewiesen.
16 
Die Anfechtungsklage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.11.2009 ist zulässig. Insbesondere ist weiterhin das Rechtsschutzbedürfnis gegeben, obwohl die Klägerin mittlerweile das streitgegenständliche Fußballmanagerspiel in einer unentgeltlichen Basis- und einer Premiumvariante mit einem Entgelt von 4,99 EUR für eine bessere Qualität und Gefälligkeit der Darstellung des Spiels anbietet und der Beklagte nach den Angaben seines Vertreters in der Berufungsverhandlung unter Hinweis darauf, dass wegen der unentgeltlichen und gleichwertigen Alternative zur Teilnahme an demselben Spiel von einem Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV nicht mehr ausgegangen werden könne, hiergegen nicht einschreitet. Denn wie der Vertreter der Klägerin in der Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, hat diese das Managerspiel nur unter dem Druck der Vollstreckung der Verfügung vom 12.11.2009 nach Ablehnung ihres Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO durch das Verwaltungsgericht auf diese Spielvarianten umgestellt und strebt weiterhin an, zu dem in der Bundesligasaison 2009/2010 angebotenen Modell des Bundesligamanagerspiels zurückzukehren.
17 
Die Anfechtungsklage ist auch begründet. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.11.2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV für die von dem für die Glücksspielaufsicht zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe (vgl. § 16 Abs. 1 AGGlüStV, § 2 Satz 1 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland) verfügte Untersagung, öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen, sind nicht gegeben.
19 
Allerdings gelten die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages über dessen Ablauf zum 31.12.2011 (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV) hinaus gemäß § 3 Abs. 3 AGGlüStV in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 29.11.2011 (Art. 1 des Änderungsgesetzes, GBl. 2011, 533) im Land Baden-Württemberg als Landesrecht fort. Die von der Klägerin geltend gemachten Bedenken an der Anwendbarkeit der durch das Änderungsgesetz vom 29.11.2011 angeordneten Fortgeltung der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages im Hinblick auf eine unionsrechtliche Notifizierungspflicht auf Grund der Richtlinie 98/34/EG (Informationsrichtlinie) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 204, 37), geändert durch die Richtlinie 98/48 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (ABl. L 217, 18) vermag der Senat nicht zu teilen. Unabhängig von der Frage, ob die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages überhaupt technische Vorschriften im Sinne der Informationsrichtlinie und daher notifizierungspflichtig sind (zweifelnd: Stein, ZfWG 2007, 397, ZfWG 2009, 332; bejahend: VG Hamburg, Urteil vom 05.11.2010 - 4 K 1840/07 -, juris; Streinz/Herrmann/Kruis, ZfWG 2007, 402), wurde der Glücksspielstaatsvertrag als solcher notifiziert (vgl. dazu ausführlich Urteil des Senats vom 10.12.2009 - 6 S 1110/07 -, ZfWG 2010, 24). Soweit das Land Baden-Württemberg durch das Änderungsgesetz vom 29.11.2011 die Fortgeltung des Glücksspielstaatsvertrages als Landesrecht über den 31.12.2011 angeordnet hat, folgt daraus kein über den Glücksspielstaatsvertrag hinausgehender notifizierungspflichtiger Inhalt des Änderungsgesetzes (vgl. Urteil des Senats vom 10.12.2009, a.a.O.; VG Karlsruhe, Urteil vom 26.04.2012 - 3 K 330/10 -, juris; anders LG Bremen, Urteil vom 10.05.2012 - 9 O 476/12 - im Hinblick auf § 2 Abs. 3 Satz 1 BremGlüStVG). Dies gilt auch in zeitlicher Hinsicht, nachdem die mögliche Fortgeltung des notifizierten Glücksspielstaatsvertrages über den 31.12.2011 hinaus schon in dessen § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV angelegt ist und der von der Klägerin in Bezug genommene Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 3 der Informationsrichtlinie in zeitlicher Hinsicht lediglich die Vorverlegung des ursprünglichen Zeitpunktes für die Anwendung einer technischen Vorschrift als wesentliche notifizierungspflichtige Änderung benennt.
20 
Bei dem hier in Rede stehenden und von der Klägerin in der Bundesligasaison 2009/2010 angebotenen Fußballmanagerspiel handelt es sich jedoch nicht um Glücksspiel im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3, 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt.
21 
Dabei kann hier offenblieben, ob - wofür allerdings einiges spricht (vgl. dazu: BayVGH, Beschluss vom 13.04.2010 - 10 CS 10.453 -, ZfWG 2010, 183; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.04.2010 - 13 B 512/10 -, ZfWG 2010, 187; VG Düsseldorf, Beschluss vom 20.04.2010 - 27 L 1529/09 -, juris) - bei dem von der Klägerin angebotenen Fußballmanagerspiel die Entscheidung über den Gewinn (überwiegend) vom Zufall abhängt, da hierfür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist (§ 3 Abs. 1 Satz 2 GlüStV).
22 
Denn bei dem Fußballmanagerspiel der Klägerin fehlt es an dem nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV für die Einordnung eines Spiels als Glücksspiel außerdem erforderlichen Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt. Bei der von der Klägerin erhobenen Teilnahmegebühr von 7,99 EUR pro Team handelt es sich nicht um ein solches Entgelt.
23 
Unter „Entgelt“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV ist nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst (sog. Einsatz). Hingegen ist eine Teilnahmegebühr, die bloß eine Mitspielberechtigung gewährt, etwa um die Spieler an den Aufwendungen für die Organisation des Spiels zu beteiligen, kein Entgelt im Sinn von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV. Insoweit stimmt der Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV mit dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff des § 284 StGB überein (ebenso: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009 - 6 A 10199/09 -, ZfWG 2009, 413; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.06.2008 - 4 B 606/08 -, GewArch 2008, 407; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 10.08.2009 - 11 ME 67/09 -, GewArch 2009, 406; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2009 - 1 S 203.08 -, ZfWG 2009, 190; Thür. OVG, Beschluss vom 12.03.2010 - 3 EO 513/10 -, juris; Sächs. OVG, Beschluss vom 27.02.2012 - 3 B 80/11 -, juris; Bolay, MMR 2009, 669; vgl. zur Übereinstimmung des Entgeltbegriffs des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV mit dem strafrechtlichen Begriff des Glücksspiels im Hinblick auf das vom Senat hier nicht zu entscheidende Erfordernis einer Erheblichkeitsschwelle [für zufallsabhängige 50-Cent-Turniere]: Liesching, ZfWG 2009, 320 und MMR 2012, 1996 [mit der Auffassung, dass auch der BGH im Urteil vom 28.09.2011 - I ZR 92/09 -, ZfWG 2012, 23 davon ausgehe, dass der Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 GlüStV mit dem des § 284 StGB deckungsgleich sei]; Lober/Neumüller, MMR 2010, 295; Gummer, ZUM 2011, 105; Hambach/Münstermann, KuR, 2009, 457; anderer Ansicht: Bay. VGH, Urteil vom 25.08.2011 - 10 BV 10.1176 -, ZfWG 2011, 503; Beschluss vom 13.04.2010, a.a.O.; Hess. VGH, Beschluss vom 07.09.2011 - 8 B 1552/10 -, ZfWG 2011, 425; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 3 GlüStV RdNr. 5, § 284 StGB RdNr. 10; Hüsken, GewArch 2010, 336; Mintas, ZfWG 2009, 82).
24 
Nach § 284 StGB macht sich derjenige strafbar, der öffentlich ein behördlich nicht erlaubtes Glücksspiel veranstaltet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein Glücksspiel vor, wenn der Spielausgang überwiegend zufallsabhängig ist und Vermögenswerte als „Einsatz“ für die Aussicht auf einen möglichen Gewinn geleistet werden. Dabei bestimmt der Bundesgerichtshof einen Einsatz als die Leistung, „die erbracht wird in der Hoffnung, im Falle des Gewinnens eine gleiche oder höherwertige Leistung zu erhalten und in der die Befürchtung mitschwingt, dass er im Falle des Verlierens dem Gegenspieler oder dem Veranstalter anheimfällt“. Der Einsatz wird als ein Vermögenswert bewertet, der bewusst für die Beteiligung an den Gewinnchancen geopfert wird und in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Gewinnchance steht. Er wird vom Bundesgerichtshof von einem „in jedem Fall verlorenen Betrag“ abgegrenzt, der mit dem eigentlichen Spiel nichts zu tun hat, sondern lediglich die Mitspielberechtigung gewährt (vgl. BGH, Urteil vom 29.09.1986 - 4 StR 148/86 -, BGHSt 34, 171, 177; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 284 RdNr. 5 f.; Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 284 RdNr. 6; Duesberg, JA 2008, 270).
25 
Obwohl die Begriffsdefinition in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV nicht den in der strafrechtlichen Rechtsprechung üblichen Begriff des „Einsatzes“ verwendet, sondern davon spricht, dass „für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt“ werden muss, ist der Glücksspielbegriff des Glücksspielstaatsvertrages insoweit mit demjenigen des § 284 StGB deckungsgleich. Entgegen der von dem Beklagten vertretenen Ansicht (so ebenfalls: BayVGH, Urteil vom 25.08.2011, a.a.O.; Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 3 GlüStV RdNr. 5; Hüsken, GewArch 2010, 336) führt nicht bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV dazu, von einem vollständig eigenständigen und insoweit von der strafrechtlichen Begriffsbestimmung abweichenden Glücksspielbegriff des Glücksspielstaatsvertrages auszugehen. Denn das in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vorausgesetzte Entgelt kann nicht bloß jedwede geldwerte Gegen-leistung sein, die - wie etwa bei einer Gebühr, die bloß eine Teilnahmemöglichkeit verschafft - notwendige Bedingung für den Erwerb einer Gewinnchance ist, sondern auch eine solche Zahlung, die eine hinreichende Bedingung dafür darstellt, also in den Gewinn einfließt. Für diese Deutungsmöglichkeit spricht, dass § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vom „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ und nicht bloß vom Erwerb einer Teilnahmeberechtigung spricht und damit einen Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn herstellt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009, a.a.O.; Bolay, a.a.O., S. 671).
26 
In dieser Hinsicht ist nach der Entstehungsgeschichte des Glücksspielstaatsvertrages und dem dabei zu Tage getretenen Willen der Bundesländer von einer Deckungsgleichheit des Glücksspielbegriffs des § 3 Abs. 1 GlüStV mit dem strafrechtlichen Begriff des Glücksspiels auszugehen. Zwar ist den Erläuterungen zu § 3 GlüStV zunächst nur zu entnehmen, dass ein Glücksspiel nicht vorliegt, wenn ein Entgelt nicht verlangt wird (LT-Drs. 14/1930, S. 32), doch knüpfen die Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag hinsichtlich der Bestimmung des Glücksspielbegriffs an die Rechtsprechung der Strafgerichte zu den §§ 284 ff. StGB an (vgl. LT-Drs. 14/1930, S. 33, 34). Zudem werden nach den Erläuterungen zu § 3 GlüStV (LT-Drs. 14/1930, S. 32) die geltenden Bestimmungen in § 3 Abs. 1 bis 3 GlüStV unverändert übernommen und ist die Definition des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV inhaltsgleich mit der in § 3 Abs. 1 Satz 1 des abgelösten Lotteriestaatsvertrags vom 26.04.2004 - LottStV -, dessen Erläuterungen ihrerseits hinsichtlich der gesetzlichen Ausgangslage bei den Regelungen der §§ 284 ff. StGB ansetzen (LT-Drs. 13/3140, S. 18). In den Erläuterungen zum Lotteriestaatsvertrag heißt es dazu: „Bei den in den §§ 284 ff. StGB enthaltenen Verboten handelt es sich um repressive Verbote mit Befreiungsvorbehalt. Das Verbot, Glücksspiele ohne behördliche Erlaubnis zu veranstalten, ergibt sich unmittelbar aus den bundesrechtlichen Strafvorschriften. Die Voraussetzungen für die Erteilung von Erlaubnissen regelt - sofern nicht ausnahmsweise bundesrechtliche Vorschriften einschlägig sind - das Landesrecht … Damit obliegt es dem Landesgesetzgeber, die ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Zulassung von Glücksspielen vorzugeben“ (LT-Drs. 13/3140, S. 18, 19). Gerade angesichts dieses Befundes wäre es zu erwarten gewesen, dass der Normgeber ein etwaig anderes Verständnis des Glücksspielbegriffs in den Materialien zum Lotterie- oder Glücksspielstaatsvertrag deutlich zum Ausdruck gebracht hätte, was hier indes nicht geschehen ist. In der Begründung zum Lotteriestaatsvertrag wird nur an anderer Stelle, nämlich für das öffentliche Veranstalten von Lotterien und Ausspielungen nach § 3 Abs. 2 LottStV, auf eine Abweichung von den Vorschriften des Strafrechts besonders hingewiesen (LT-Drs. 13/3140, S. 22), während eine solche ausdrückliche Äußerung des Abweichungswillens für die Definition des Glücksspielbegriffs in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV fehlt. Zudem spricht die Äußerung des baden-württembergischen Landesgesetzgebers, der den Lotteriestaatsvertrag in Landesrecht umgesetzt hat, in seinen Erläuterungen zum Gesetz zu dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland dafür, dass auch er von einem einheitlichen Glücksspielbegriff ausgeht, wenn er ausführt, dass der Staatsvertrag „in Übereinstimmung mit den §§ 284 bis 287 StGB“ davon ausgehe, dass Glücksspiele gefährlich sind (Lt-Drs. 13/3140, S. 5).
27 
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag (LT-Drs. 14/1930, S. 32) eine entgeltliche Spielteilnahme bei Gewinnspielen über Telefonmehrwertdienste als Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages ansehen (so aber: BayVGH, Urteil vom 25.08.2011, a.a.O.; VG München, Urteil vom 03.03.2010 - M 22 K 09.4793 -, GewArch 2010, 359). Die insoweit einschlägige Passage der Erläuterungen („Ein Glücksspiel liegt im Übrigen nicht vor, wenn ein Entgelt nicht verlangt wird. Ein solches Verlangen ist nicht gegeben, wenn neben einer entgeltlichen Teilnahmemöglichkeit [z.B. via Mehrwertdienst] eine gleichwertige, praktikable und unentgeltliche Alternative - z.B. durch Postkarte, E-Mail oder via Internet - zur Teilnahme an demselben Spiel angeboten wird.“) enthält keine Aussage zu der Frage, ob der Glücksspielstaatsvertrag einen eigenen Glücksspielbegriff verwendet, sondern wiederholt nur Auffassungen, die sich bereits zum Glücksspielbegriff des § 284 Abs. 1 StGB herausgebildet hatten (vgl. etwa: OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.09.2003 - 20 U 39/03 -, juris; Hecker/Ruttig, GRUR 2005, 393, 397 f.; Fischer/Pfeifer, GewArch 2003, 154). Danach gilt das Telefonentgelt als Einsatz im oben beschriebenen strafrechtlichen Begriffssinn, da sich der Anrufer mit dem Telefonanruf unmittelbar am Gewinnspiel beteiligt und der Telefonanruf als solcher - anders als bei einer bloßen Teilnahmegebühr - im maßgeblichen Umfang die Gewinnchance beeinflusst.
28 
Darüber hinaus können die Bundesländer ihrem Anspruch, sich einer Regelung glücksspielrechtlicher Tatbestände zu enthalten, soweit eine abschließende Normierung durch den Bund erfolgt ist (Erläuterungen zu § 2 LottStV, Lt-Drs. 13/3140, S. 21; vgl. hierzu und zum Folgenden ausführlich: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009, a.a.O.; VG Trier, Urteil vom 03.02.2009 - 1 K 592/08 -, ZfWG 2009, 66; VG Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.2011 - 27 L 471/10 -, juris; ferner: Wulf/Münstermann, a.a.O., S. 461), nur dann gerecht werden, wenn sie sich auf die Regelung ordnungsrechtlicher Belange von Glücksspielen beschränken, die der Begriffsbestimmung des § 284 StGB unterliegen. Bei einem unterschiedlichen Verständnis der Glücksspielbegriffe würde nämlich die vom Bundesgesetzgeber beabsichtigte Trennung zwischen den Regelungen des gewerblichen Spielrechts und des Glücksspielrechts, die auf unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenzen beruhen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung, BT-Drs. 8/1863, S. 10), aufgeweicht. Denn die zu diesem Zweck geschaffene Kollisionsnorm des § 33h GewO würde dann ihre Aufgabe nicht mehr uneingeschränkt erfüllen können, da sie eine Anwendung des Gewerberechts auf Spiele, die nicht unter den Glücksspielbegriff des § 284 StGB, wohl aber unter den des § 3 Abs. 1 GlüStV fallen, nicht ausschließen würde.
29 
Zudem ist die Strafbestimmung des § 284 Abs. 1 StGB verwaltungsakzessorisch ausgestaltet. Die dort genannten Tathandlungen stehen nur bei Glücksspielen unter Strafe, bei denen keine behördliche Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag erteilt worden ist. Auch deswegen liegt es nahe, dass sich der ordnungsrechtliche Normgeber von dem im Strafgesetzbuch vorgefundenen Glücksspielbegriff - unabhängig von der Frage einer möglichen Übertragbarkeit einer strafrechtlichen Erheblichkeitsschwelle - nicht hat lösen wollen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Normgeber insoweit den Willen verfolgt haben sollte, die Erlaubnispflicht weiter auszudehnen als sie der Bundesgesetzgeber strafrechtlich voraussetzt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2009, a.a.O.). Hätte er ein solches Ansinnen verfolgt, wäre es zu erwarten gewesen, dass sich hierzu in den erläuternden Materialien etwas finden lässt.
30 
Die Annahme, dass eine Gewinnchance nur dann gegen ein Entgelt nach § 3 Abs. 1 GlüStV erworben wird, wenn für die Teilnahme an einem zufallsabhängigen Spiel ein Einsatz im oben beschriebenen Sinn erbracht wird, steht schließlich auch mit dem Sinn und Zweck des Glücksspielstaatsvertrages im Einklang. Mit dem Glücksspielstaatsvertrag haben die Länder auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 (- 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261) reagiert, mit dem das Bundesverfassungsgericht ein staatliches Monopol nur dann als mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar angesehen hat, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Spielsucht und problematischem Spielverhalten ausgerichtet ist (zu den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages vgl. § 1 GlüStV). Dient das für die Teilnahme an einem Glücksspiel geforderte Entgelt nur der Mitspielberechtigung (Teilnahmegebühr), ist das von dem Spiel ausgehende Gefährdungspotenzial im Hinblick auf eine sich entwickelnde Spielsucht und von problematischem Spielverhalten deutlich geringer als bei der Entrichtung eines Einsatzes. Denn die Aussicht, aus dem Einsatz selbst einen Spiel(Geld-)gewinn zu erzielen oder einen Vermögensverlust zu erleiden, scheidet als Spielantrieb aus. Die Gefahren durch betrügerische Machenschaften der Veranstalter und aus mit dem Glücksspiel verbundener Folge- und Begleitkriminalität sind deutlich geringer oder gar nicht ersichtlich (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009, a.a.O.).
31 
Die von der Klägerin erhobene Teilnahmegebühr in Höhe von 7,99 EUR ist kein Entgelt im vorstehend beschriebenen Sinn. Da die Teilnahmegebühr lediglich der Deckung der Veranstaltungskosten, nicht aber der Finanzierung der von Sponsoren zur Verfügung gestellten Gewinne dient, erwächst aus ihr nicht die Gewinnchance des Einzelnen. Die von der Klägerin erhobene Teilnahmegebühr ermöglicht lediglich die Teilnahme am Spiel und ist - anders als ein Spieleinsatz - stets verloren. Die Klägerin hat dazu im Berufungsverfahren substantiiert, im Einzelnen aufgeschlüsselt und von dem Beklagten nicht in Frage gestellt angegeben, dass nach einer von ihr durchgeführten Marktprognose für die Saison 2009/2010 von Gesamtkosten für Konzeptentwicklung und Projektumsetzung, Betriebskosten sowie von externen Marketingkosten in Höhe von 347.226 EUR auszugehen sei, Promotions- und Marketingkosten bzw. Opportunitätskosten für die ...-Zeitung, ... und ....de sowie der interne Aufwand für Projektplanung und -umsetzung hinzukommen und dass dem ein erwarteter Netto-Umsatz gegenüberstehe, der deutlich unter dem Kostenaufwand stehe. Die ausgelobten Geld- und Sachpreise seien im Vorhinein angekündigt, ihre Höhe hänge weder von der Anzahl der Teilnehmer noch von der Summe der von ihnen gezahlten Gebühren ab und sie würden sämtlich von Sponsoren gezahlt. So habe sich die Firma ... AG nach ihrem Markteintritt in Deutschland bereitgefunden, die Geldpreise als Sponsor zur Verfügung zu stellen. In der Berufungsverhandlung hat der Vertreter der Klägerin - nachvollziehbar und vom Vertreter des Beklagten nicht in Frage gestellt - erklärt, dass auch weiterhin sämtliche Preise des Bundesligamanagerspiels durch Sponsoren bereitgestellt würden und dass die Teilnahmegebühr die weiterhin hohen Kosten für das Managerspiel decken sollen. Soweit sie von einem „wirtschaftlich tragfähigen und erfolgreichen Konzept“ spreche (vgl. dazu: VG Düsseldorf, Beschluss vom 20.04.2010, a.a.O.), sei damit keine Gewinnerzielung gemeint, sondern es sei weiterhin beabsichtigt, zu einem ausgeglichenen Verhältnis von Kosten und Erträgen aus der Teilnahmegebühr zu gelangen. Vor diesem Hintergrund sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die von den Spielern zu entrichtenden Teilnahmegebühren mittelbar in die Finanzierung der Spielgewinne einfließen und somit ein „versteckter Einsatz“ bzw. ein „verdeckter Gewinn“ aus den von den Spielern entrichteten Entgelten vorliegt.
32 
Handelt es sich bei dem von der Klägerin angebotenen Bundesligamanagerspiel nicht um Glücksspiel nach § 3 Abs. 1 GlüStV, durfte der Beklagte dessen Veranstaltung, Vermittlung und die Werbung dafür ebenso wie die Unterstützung solcher Tätigkeiten nicht gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV untersagen.
33 
Selbst wenn man - mit dem Beklagten - das Bundesligamanagerspiel als Glücksspiel im Sinne der §§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3, 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV ansehen würde, wäre die Untersagungsverfügung nicht ermessensfehlerfrei ergangen. Zunächst ist zu beachten, dass das von der Klägerin veranstaltete Bundesligamanagerspiel nach den obigen Ausführungen nicht unter den strafrechtlichen Glücksspielbegriff des § 284 Abs. 1 StGB fällt und damit nach dieser Norm nicht strafbar ist. Deswegen kann auch bei der Annahme eines von der strafrechtlichen Qualifizierung abweichenden ordnungsrechtlichen Glücksspielbegriffs und der Einordnung des Bundesligamanagerspiels als unerlaubtes Glücksspiel im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV nicht davon gesprochen werden, dass hier das Entschließungsermessen des Beklagten, unerlaubtes Glücksspiel zu untersagen, wegen dessen Strafbarkeit gemäß § 284 Abs. 1 StGB auf Null reduziert ist (vgl. dazu: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.02.2009 - 4 B 298/08 -, juris; Dietlein/Hecker/ Ruttig, a.a.O., § 9 GlüStV RdNr. 17). Die demgemäß dem Beklagten obliegende Ausübung seines ihm in § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 GlüStV eingeräumten Ermessens ist aber bereits deswegen fehlerhaft erfolgt, weil er offensichtlich unzutreffend davon ausgegangen ist, dass es sich bei dem Fußballmanagerspiel der Klägerin um die strafbare Veranstaltung öffentlichen Glücksspiels nach § 284 StGB handelt, wenn er in dem Bescheid eigens ausführt, dass der Gesetzgeber die Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel in § 284 StGB ausdrücklich unter Strafe gestellt habe, sofern diese ohne behördliche Erlaubnis durchgeführt werde, und dass die Strafbarkeit von unerlaubtem Glücksspiel sowie das staatliche Glücksspielmonopol der Abwehr von erheblichen Gefahren für die Bevölkerung dienen. Zudem hat der Beklagte nicht sämtliche für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen Gesichtspunkte in seine Erwägungen eingestellt. Zwar kann er sich bei der Ausübung seines Untersagungsermessens von dem Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung und den weiteren in § 1 GlüStV genannten Zielen leiten lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - 8 C 13.09 -, GewArch 2011, 316). Doch wenn der Beklagte in den weiteren Ausführungen der Verfügung vom 12.11.2009 darauf abstellt, dass die Spielsucht und ihre negativen Auswirkungen wie Zerstörung der Lebensgrundlage, evtl. Beschaffungskriminalität, Manipulation, Betrug, Geldwäsche und nicht ordnungsgemäße Gewinnauszahlung durch unlautere private Glücksspielveranstalter möglichst gering gehalten werden sollen, wird nicht darauf eingegangen, dass bei dem von der Klägerin angebotenen Managerspiel - wie bereits ausgeführt - das diesbezügliche Gefährdungspotenzial deutlich geringer ist als bei anderen Formen des unerlaubten und nach § 284 StGB strafbaren Glücksspiels. Bei relativ geringen Einsätzen, die zudem nur einmal im Jahr - zu Beginn der Bundesligasaison - zu leisten sind und dann zur Teilnahme an dem Managerspiel über den Zeitraum einer ganzen Bundesligasaison berechtigen, ist die Gefahr, dass die Spielsucht die Lebensgrundlage zerstören und zu Beschaffungskriminalität führen kann, nahezu ebenso ausgeschlossen wie die Gefahr der Geldwäsche, Manipulationen oder nicht ordnungsgemäßer Gewinnauszahlung durch den Veranstalter. Das das pathologische Glücksspiel und dessen Gefahren insbesondere kennzeichnende Kriterium des sich wiederholenden und ggf. steigernden Einsatzes zur Erreichung und Steigerung des Gewinnes ist beim Managerspiel der Klägerin nicht gegeben. Hier wird zu Saisonbeginn eine einmalige Teilnahmegebühr entrichtet und ist für den teilnehmenden Spieler verloren. Ein besonderes Suchtpotenzial wird dadurch gerade nicht geschaffen. Das Bundesligamanagerspiel soll vielmehr ersichtlich das erweiterte Interesse der Teilnehmer an dem Geschehen in der Fußballbundesliga und der sportlichen Unterhaltung daran befriedigen. Ist der Beklagte damit von unzutreffenden Annahmen (hier hinsichtlich der Strafbarkeit des Managerspiels) ausgegangen und zieht er maßgebliche Gesichtspunkte (hier das deutlich herabgesetzte oder gar nicht vorhandene Suchtpotenzial des von der Klägerin angebotenen Managerspiels) in seine Ermessenserwägungen nicht ein, ist die Untersagungsverfügung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig (vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl., § 7 RdNr. 22).
34 
Soweit mit der Verfügung vom 12.11.2009 über das von der Klägerin veranstaltete Bundesligamanagerspiel hinaus noch die Veranstaltung, Vermittlung, Werbung oder Unterstützung weiteren öffentlichen Glücksspiels untersagt werden sollte, fehlt es bereits an der Erforderlichkeit für eine solche Anordnung, die mithin auch insoweit rechtswidrig ist. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin neben dem Angebot des Bundesligamanagerspiels andere Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV angeboten hat oder deren Veranstaltung für die Zukunft beabsichtigt. Dies hat der Vertreter der Klägerin in der Berufungsverhandlung noch einmal klargestellt.
35 
Demgemäß erweisen sich auch das Gebot, die untersagten Tätigkeiten einzustellen, die Androhung des Zwangsgeldes sowie die Festsetzung einer Gebühr und damit die Verfügung vom 12.11.2009 insgesamt als rechtswidrig. Da sie die Klägerin in ihrem Recht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt, ist sie aufzuheben.
36 
Der zulässige Feststellungsantrag hat angesichts des Umstands, dass das von der Klägerin in der Bundesligasaison 2009/2010 angebotene Bundesligamanagerspiel kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV ist, ebenfalls Erfolg. Denn die Erlaubnispflichtigkeit in § 4 Abs. 1 GlüStV knüpft an die Glücksspieleigenschaft an.
37 
Auf die zwischen den Beteiligten weiter umstrittenen Fragen der Vereinbarkeit der Verbots- und Beschränkungsregelungen des Glücksspielstaatsvertrages mit Art. 12 Abs. 1 GG und Unionsrecht sowie der technischen Möglichkeit und rechtlichen Zulässigkeit einer auf Baden-Württemberg beschränkten Sperrung des Internetvertriebs kommt es mithin sowohl für den Anfechtungs- wie auch für den Feststellungsantrag nicht an.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
39 
Beschluss vom 23. Mai 2012
40 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird gemäß §§ 63 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG unter Abänderung der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht von Amts wegen auf 20.000 EUR (15.000 EUR für den Anfechtungsantrag, vgl. Nr. 54.2.1 des Streitwertkataloges und der Auffangstreitwert von 5.000 EUR für den Feststellungsantrag) festgesetzt.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. Januar 2011 - 4 K 3702/10 - geändert.

Der Bescheid des Landratsamts Ostalbkreis vom 28.01.2010 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.08.2010 werden aufgehoben.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen eine heimaufsichtsrechtliche Anordnung des beklagten Landes. Zwischen den Beteiligten ist im Wesentlichen streitig, ob die Heimaufsicht einen Heimträger unter bestimmten Voraussetzungen verpflichten kann, die Begleitung von Bewohnern einer Pflegeeinrichtung zu Arztbesuchen außerhalb der Einrichtung sicherzustellen, ohne hierfür ein gesondertes Entgelt zu erheben.
Die Klägerin, die dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Baden-Württemberg e.V. angehört, ist unter anderem Trägerin der Pflegeeinrichtung ..., einem Heim im Sinne des Landesheimgesetzes. Die Einrichtung wurde durch Abschluss eines Versorgungsvertrages mit den Pflegekassen gem. § 72 SGB XI zur Erbringung vollstationärer Pflegeleistungen zugelassen. Es besteht eine Pflegesatzvereinbarung gemäß §§ 84, 85 SGB XI.
Für das Land Baden-Württemberg besteht ein Rahmenvertrag gem. § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI für vollstationäre Pflege (vom 12.12.1996, mit nachfolgenden Änderungen, im Folgenden: Rahmenvertrag), der u.a. vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Baden-Württemberg e.V., abgeschlossen wurde.
In der Präambel der mit den Bewohnern der Einrichtung abgeschlossenen Wohnpflegeverträge werden der Inhalt des Versorgungsvertrages, die Bestimmungen der Pflegesatzvereinbarungen und die Regelungen des Rahmenvertrages für verbindlich erklärt; sie bilden danach die Grundlage des Wohnpflegevertrages. § 8 Abs. 6 Satz 2 des Wohnpflegevertrages wiederholt dies für die durch den Rahmenvertrag vorgegebenen Leistungsinhalte. §§ 4 Abs. 1, 7 des Versorgungsvertrages erklären den Rahmenvertrag für bindend. § 8 Abs. 1 des Rahmenvertrages wiederum enthält Vorgaben für den Heimvertrag; dieser muss danach gewährleisten, dass die im Rahmenvertrag zur Umsetzung des Sicherstellungsauftrags der Pflegekassen nach § 69 SGB XI getroffenen Regelungen nicht eingeschränkt werden.
Der Rahmenvertrag nimmt u.a. eine Abgrenzung zwischen allgemeinen, durch den Pflegesatz abgegoltenen (§ 84 Abs. 4 Satz 1, Abs. 3 SGB XI) Pflegeleistungen (auch: Regelleistungen) und (nur) gegen einen Zuschlag zu erbringenden Zusatzleistungen (§ 88 SGB XI) vor. Der Rahmenvertrag zählt zu den allgemeinen Pflegeleistungen Hilfen bei der Mobilität (§ 1 Abs. 3 lit. c des Vertrages). Die Mobilität umfasst (3. Spiegelstrich) u.a. das Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung. Dabei sind solche Verrichtungen außerhalb des Pflegeheimes zu unterstützen, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung notwendig sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen erfordern (z.B. Organisieren und Planen des Zahnarztbesuchs).
Die Parteien des Rahmenvertrages haben für die Abgrenzung von Regelleistungen und Zusatzleistungen „Gemeinsame Empfehlungen“ gegenüber den Trägern von stationären Pflegeeinrichtungen in Baden-Württemberg beschlossen. Zu der Frage, ob (und ggf. unter welchen Voraussetzungen) eine Begleitung zum Arzt zu den Hilfen bei der Mobilität und damit zu den allgemeinen Pflegeleistungen gehört, wurde trotz Erörterung keine Einigung erzielt.
Ziff. 4.4 des Leistungs- und Entgeltverzeichnisses der Klägerin, das als Anlage Teil der Wohnpflegeverträge ist, sieht die Begleitung zu Arztbesuchen als Zusatzleistung an.
Am 17.02.2009 wurde im Rahmen einer Heimnachschau durch das Landratsamt Ostalbkreis als untere Heimaufsichtsbehörde festgestellt, dass die Begleitung zu Arztbesuchen in der Pflegeeinrichtung ... grundsätzlich nicht als Regelleistung erfolgt. Das hierzu übermittelte Protokoll enthielt die Bitte, künftig auch die Arztbegleitung als Regelleistung bereitzustellen.
Demgegenüber wandte die Klägerin mit Schreiben vom 29.05.2009 ein, die Heimaufsichtsbehörde sei nicht befugt, die Heim-, Versorgungs- und Rahmenverträge auszulegen. Die Auslegung der sich aus den Verträgen ergebenden Rechtspflichten sei Aufgabe der Vertragspartner, welche nicht einvernehmlich zu klärende Fragen gegebenenfalls gerichtlich bzw. durch die Schiedsstellen klären könnten. Unabhängig davon ergebe sich eine Verpflichtung zur Begleitung beim Arztbesuch aus dem Rahmenvertrag nicht. Auch der Umstand, dass bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit und der Zuordnung einer Pflegestufe nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI im Einzelfall der Zeitaufwand für die Begleitung zu Arztbesuchen in dem Verrichtungsbereich Mobilität berücksichtigungsfähig sei, ändere nichts an der grundsätzlich fehlenden leistungsrechtlichen Berücksichtigung der Arztbesuche im Recht der sozialen Pflegeversicherung. Allenfalls dann, wenn der besondere Aufwand für einen regelmäßigen Arztbesuch im Einzelfall in den Feststellungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen zur Einstufung Berücksichtigung gefunden haben sollte, wäre an eine Leistungsverpflichtung zu denken. Anderes ergebe sich auch aus der Begründung zum Pflegeversicherungsgesetz nicht.
10 
Mit Bescheid vom 28.01.2010, der Klägerin zugestellt am 29.01.2010, gab das Land der Klägerin auf, für die Bewohner des ... im Bedarfsfall im Rahmen der Organisation des Arztbesuchs außerhalb der Einrichtung auch die Begleitung als Regelleistung des Versorgungsvertrags sicherzustellen, sofern der Zustand der Bewohner eine Begleitung erforderlich macht, für die Begleitung Dritte nicht in Anspruch genommen werden können und die medizinisch notwendige Behandlung in der Einrichtung selbst nicht durchgeführt werden kann. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein Mangel im Sinne des § 17 LHeimG a.F. sei darin zu sehen, dass die Begleitung der Bewohner zum Arzt auch in unabdingbaren Fällen als Zusatzleistung und nicht als Regelleistung angesehen werde. Soweit - wie hier - keine übereinstimmende Auslegung des Rahmenvertrages durch die Vertragsparteien erfolgt sei, müsse der Rahmenvertrag durch die Heimaufsicht ausgelegt werden. Allein aus dem im Rahmenvertrag aufgeführten Beispiel „Organisieren und Planen eines Zahnarztbesuches“ lasse sich nicht ableiten, dass eine notwendige Begleitung in anderen Fällen ausgeschlossen sei. Der Begriff „Unterstützung“ sei in diesem Zusammenhang weit auszulegen, auch wenn sich eine generelle Verpflichtung der Einrichtung, die Bewohner stets zum Arzt zu begleiten, daraus nicht ableiten lasse. Der Gesetzgeber habe in der Begründung zum Pflegeversicherungsgesetz ausgeführt, dass der Pflegebedürftige die Möglichkeit haben müsse, die Wohnung zu verlassen, um z.B. Ärzte aufzusuchen. Die Mobilität außerhalb der Wohnung sei also zu unterstützen, soweit das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig sei.
11 
Hiergegen legte die Klägerin am 26.02.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie ihren bisherigen Vortrag.
12 
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2010, der Klägerin zugestellt am 27.08.2010, wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, auch nach Erlass des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes obliege es den Heimaufsichtsbehörden, die Angemessenheit der verlangten Entgelte zu überwachen. Zur Bestimmung der Angemessenheit sei von den Heimaufsichtsbehörden auch der Rahmenvertrag heranzuziehen. Hierbei habe die Heimaufsichtsbehörde im Wege der Auslegung auch zu ermitteln, ob eine bestimmte Leistung von den Regelleistungen des Rahmenvertrages umfasst sei. Im Rahmen des § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI seien auch solche Verrichtungen einzubeziehen, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich seien und das persönliche Erscheinen notwendig machten wie etwa Arztbesuche.
13 
Die Klägerin hat am 27.09.2010 Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Zur Begründung hat sie ergänzend ausgeführt, aus § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI, der auch die Mobilitätsbedürfnisse außerhalb der Wohnung berücksichtige, könne ihre Verpflichtung zur Übernahme des Arztbesuchs auch deshalb nicht abgeleitet werden, weil die Berücksichtigung der Mobilitätsbedarfe den für Angehörige bestehenden Unterstützungsaufwand bei der Feststellung einer Pflegestufe berücksichtigungsfähig machen solle. Im Bereich der ambulanten Pflege dürften Pflegedienste nur die Leistungen erbringen, die einen Verrichtungsbezug aufwiesen und deren Bedarf bei der Pflegestufenfeststellung berücksichtigt worden sei. Dies gelte im Pflegeheim nicht. Dem Bereich der vollstationären Pflege seien alle notwendigen Leistungen im Bereich der allgemeinen Pflege zu erbringen, soweit sie nach dem Rahmen- und Versorgungsvertrag geschuldet seien. Aus der möglichen Berücksichtigung von Begleitungsmaßnahmen bei Arztbesuchen bei der Feststellung einer Pflegestufe könne deshalb nicht auf eine entsprechende Leistungspflicht der Pflegeheime geschlossen werden. Der entsprechende Aufwand werde auch nicht bei den Pflegesätzen berücksichtigt.
14 
Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten.
15 
Mit Urteil vom 13.01.2011, der Klägerin zugestellt am 10.02.2011, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, maßgebliche Rechtsgrundlage der angefochtenen Verfügung sei § 12 Abs. 1 Satz 1 LHeimG. Die Heimaufsicht sei zur Auslegung der heimrechtlichen Verträge zur Ermittlung der vom Heimbetreiber vertraglich geschuldeten Leistung zuständig. Aus der Bezugnahme in dem zwischen dem Heimbetreiber und dem Heimbewohner geschlossenen Vertrag auf die Bestimmungen des Rahmenvertrages folge, dass die Heimaufsicht auch dazu berufen sei, auf die Einhaltung der nach dem Rahmenvertrag als Regelleistung zu erbringenden Leistungen zu achten. Darüber hinaus sei der Rahmenvertrag für die zugelassene Pflegeeinrichtung gemäß § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI auch unmittelbar verbindlich. Folge der Geltung des Rahmenvertrags sei für die Prüfung der Angemessenheit des Entgeltes, dass keine zusätzlichen Entgelte für solche Leistungen von den Heimbewohnern verlangt werden könnten, welche die Einrichtung als Regelleistung zu erbringen habe und durch den hierfür geleisteten Pflegesatz abgegolten würden. Allein aus dem Fehlen einer von den Vertragsparteien formulierten Empfehlung ergebe sich nicht, dass die Vertragsauslegung dann nicht im Rahmen der Wahrnehmung heimrechtlicher Aufsicht vorzunehmen sei. Zutreffend gingen die angefochtenen Bescheide davon aus, dass zu den Hilfen bei Mobilität jedenfalls für den Fall, dass ein Arztbesuch zwingend außerhalb der Einrichtung der Klägerin notwendig sei und eine notwendige Begleitung durch Dritte nicht möglich sei, auch die Sicherstellung der Begleitung der Bewohner durch den Heimbetreiber gehöre, wenn deren Zustand die Begleitung erfordere. Eine solche Auslegung ergebe sich aus Sinn und Zweck der Regelung, die gerade individuell notwendige Hilfen beim Verlassen der Wohnung als Leistungsinhalt bei der Mobilitätshilfe umfasst sehe. Aus dem Hinweis auf das Organisieren und Planen des Arztbesuches folge nichts anderes. Die Organisation eines von der Anordnung umfassten Arztbesuches umfasse begrifflich nicht lediglich die bloße Absprache des ärztlichen Termins bzw. die Terminkoordination mit im Einzelfall zur Verfügung stehenden Angehörigen bzw. z.B. ehrenamtlichen Kräften. Organisation bedeute vielmehr vor dem Hintergrund des jeweiligen Pflegebedarfs des Heimbewohners, der Maßstab für den Umfang der Pflegeleistung sei, dann auch, dass die Begleitung, falls kein Dritter zur Verfügung stehe, durch den Heimbetreiber selbst sichergestellt werde, indem dieser Beschäftigte des Heims einsetze oder sonstige Personen damit beauftrage. Die Zuordnung der sicherzustellenden Begleitung müsse auch deshalb Teil der Regelleistung sein, weil es sich dabei nicht um eine Zusatzleistung handle. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin durch die Anordnung übermäßig in ihrem Arbeitsablauf oder etwa in finanzieller Hinsicht belastet wäre, seien nicht erkennbar. Das der Heimaufsichtsbehörde eingeräumte Ermessen sei vorliegend in der Weise reduziert gewesen, dass für eine andere Entscheidung als die angefochtene Anordnung kein Raum gewesen sei.
16 
Hiergegen hat die Klägerin am 10.03.2011 Berufung eingelegt. Mit Verfügung der Vorsitzenden vom 08.03.2011 ist die Berufungsbegründungsfrist bis 10.05.2011 verlängert worden. Die Klägerin hat die Berufung am 05.05.2011 begründet. Sie führt ergänzend aus, in Rahmenverträgen anderer Bundesländer werde die Begleitung zum Arztbesuch als solche zum Gegenstand der Leistungsverpflichtung im Rahmenvertrag gemacht. Das Verwaltungsgericht lege den Begriff des „Organisierens“ und „Unterstützens“ unzulässig weit und über den Wortlaut der Formulierung im Rahmenvertrag hinaus aus. „Organisieren“ heiße gerade nicht selbst durchführen. Es werde der Rechtsauffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts entgegengetreten, dass es keine leistungsrechtliche Kategorie gebe, die notwendige Leistungen für Heimbewohner außerhalb der Regelleistungen und der Zusatzleistungen kenne. § 75 Abs. 4 SGB XI enthalte eine Regelung, die die Schiedsstelle als die Instanz vorsehe, die bei Streitigkeiten über die Rahmenverträge bzw. bei Nichteinigung über dieselben angerufen werden könne und entscheide. Sollten die Landesverbände der Pflegekassen der Auffassung sein, dass die Verträge nicht eindeutig genug seien, müssten sie zur Verhandlung neuer Rahmenverträge auffordern und die strittigen Fragen, gegebenenfalls unter Anrufung der Schiedsstelle, zu klären versuchen. Dieser Konfliktregelungsmechanismus könne nicht substituiert werden durch eine ergänzende Vertragsauslegung durch die Heimaufsichtsbehörden.
17 
Die Klägerin beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. Januar 2011 - 4 K 3702/10 - zu ändern und den Bescheid des Landratsamts Ostalbkreis vom 28.01.2010 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.08.2010 aufzuheben.
19 
Das beklagte Land beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Es verteidigt das angegriffene Urteil und trägt ergänzend vor, da die Heimaufsicht zur Vertragsauslegung berufen sei, wenn Streitigkeiten von den Vertragsparteien nicht gelöst und dann zu Lasten der Heimbewohner geregelt würden, sei es der Heimaufsicht auch nicht verwehrt festzustellen, dass die daraus folgende zusätzliche Berechnung einer bereits im Entgelt enthaltenen Leistung unangemessen sei. Die Auslegung des Begriffs „Organisieren“ durch die Klägerin greife für pflege- und hilfsbedürftige Menschen zu kurz. Die Einrichtung habe nach dem Rahmenvertrag alle für die Aufrechterhaltung der Lebensführung notwendigen Leistungen zu erbringen. Der finanzielle Aufwand sei für die überwiegende Mehrheit der Einrichtungen überschaubar und könne in künftige Pflegesatzverhandlungen eingebracht werden. Die heimrechtliche Überprüfungs- und Anordnungsbefugnis zu den vertraglichen Leistungen zwischen dem Bewohner und dem Heimbetreiber diene nicht in erster Linie zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche des Bewohners, sondern sei Ausdruck der ordnungsrechtlichen Befugnisse der Heimaufsicht, zum Wohl des Bewohners einzugreifen; dieser befinde sich in einer dem Heimbetreiber gegenüber schutzbedürftigen, weil abhängigen Position. Die heimrechtliche Überprüfungs- und Anordnungsbefugnis gehe grundsätzlich auch dem (vertraglichen) Sozialversicherungsrecht vor.
22 
Dem Senat liegen die Behördenakten des Landratsamts Ostalbkreis und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart (je ein Heft) sowie die Akte des Verwaltungsgerichts Stuttgart zum Verfahren 4 K 3702/10 vor. Hierauf und auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der zulässigen Anfechtungsklage der Klägerin stattgeben müssen, weil die angefochtene Verfügung rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
24 
Die Anfechtungsklage ist - wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat - auf Aufhebung der angefochtenen Verfügung - eines Dauerverwaltungsaktes - ex tunc gerichtet. Soweit der Verwaltungsakt Zeiträume in der Vergangenheit betrifft, hat er sich nicht erledigt. Die Klägerin ist hierdurch vielmehr noch beschwert, weil sie sich vorbehält, nach Erlass der Verfügung bislang nicht geltend gemachte Entgelte für die Arztbegleitung nachzuerheben. Maßstab der gerichtlichen Überprüfung ist demnach nicht nur - wie das Verwaltungsgericht meint - der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in Kraft befindliche § 12 Abs. 1 Satz 1 LHeimG i.d.F. vom 11.05.2010 (GBl. S. 404), sondern auch der - allerdings inhaltsgleiche - § 17 Abs. 1 Satz 1 LHeimG i.d.F. vom 10.06.2008 (GBl. S. 169), auf den die Verfügung ursprünglich gestützt war (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62.11 -, juris).
25 
Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. können gegenüber den Trägern von Heimen Anordnungen erlassen werden, u.a. zur Sicherung der Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnern obliegenden Pflichten, wenn diesbezüglich festgestellte Mängel nicht abgestellt werden.
26 
Die nach der Neuverteilung der Gesetzgebungskompetenzen auf dem Gebiet des Heimrechts zwischen Bund und Ländern durch das Föderalismusreformgesetz (52. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.06.2006, BGBl. I S. 2034 - Föderalismusreform I -) geschaffene Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 1 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 LHeimG a.F. entspricht inhaltlich der ursprünglichen bundesrechtlichen Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 1 HeimG.
27 
§ 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 HeimG war 2001 als Anordnungsbefugnis bezugnehmend auf die Zweckbestimmung des Heimgesetzes in § 2 Abs. 1 Nr. 3 HeimG („Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnern obliegenden Pflichten zu sichern“) eingeführt worden. Sie sollte sich nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 14/6366, S. 33) auf vertragliche und gesetzliche Pflichten des Heimträgers beziehen. Sinn und Zweck dieser Regelung war es, die Position der Heimbewohner angesichts ihrer wirtschaftlichen Unterlegenheit und ihrer strukturellen Abhängigkeit vom Heimträger zu stärken; sie sollten nicht auf eigene Rechtsverfolgung und -verteidigung verwiesen werden (s. zum Ganzen auch BVerwG, Urteil vom 02.06.2010 - 8 C 24/09 -, Buchholz 451.44 HeimG Nr. 11).
28 
Auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 HeimG war sowohl eine Festsetzung zivilrechtlicher Verpflichtungen des Heimträgers zu Gunsten von Heimbewohnern bzw. ihnen korrespondierender zivilrechtlicher Ansprüche der Heimbewohner gegenüber dem Heimträger (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 09.10.2009 - OVG 6 N 7.08 -, juris) als auch sich aus dem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI ergebender Pflichten des Heimträgers durch heimaufsichtsrechtliche Verfügung anerkannt (Senat, Urteil vom 22.06.2006 - 6 S 2993/04 -, VBlBW 2006, 470). Eine solche Auslegung wäre auch für § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. denkbar.
29 
§ 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. sind aber vorliegend aus verfassungsrechtlichen Gründen dahingehend auszulegen, dass zugunsten der Heimbewohner angenommene Verpflichtungen des Heimträgers aus dem Heimvertrag bzw. ihnen korrespondierende heimvertragliche Ansprüche der Heimbewohner nicht durch eine heimaufsichtsrechtliche Verfügung festgesetzt werden können (dazu unten II.1). Hinzu kommt, dass Entsprechendes für aus dem Rahmenvertrag nach § nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI abgeleitete Verpflichtungen des Heimträgers gilt, wenn - wie hier - die im Rahmenvertrag Beteiligten zu einer umstrittenen Frage keine übereinstimmende Auslegung erzielt haben (II.2). Dessen ungeachtet besteht die hier streitgegenständliche Verpflichtung nach dem Rahmenvertrag bzw. nach den Heimverträgen nicht (siehe dazu unten III.).
30 
Die Klägerin ist als Heimbetreiberin allerdings, wie sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 5 LHeimG ergibt, verpflichtet, den Bewohnern die erforderlichen Hilfen zu gewähren. Damit ist sie auch verpflichtet, die Bewohner jedenfalls unter den in der streitgegenständlichen Verfügung genannten Voraussetzungen zum Arzt begleiten zu lassen. Diese der Gefahrenabwehr dienende, also ordnungsrechtlich radizierte Verpflichtung darf die Heimaufsichtsbehörde auch durch eine auf § 12 Abs. 1 Satz 1 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 LHeimG a.F. gestützte Verfügung aktualisieren. Davon zu unterscheiden ist die letztlich zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Heimaufsichtsbehörde auch vorgeben kann, dass dies ohne Erhebung eines gesonderten Entgeltes zu geschehen habe.
II.
31 
Die streitgegenständliche Verfügung leitet die hier fragliche Verpflichtung der Klägerin aus § 1 Abs. 3 lit. c, 3. Spiegelstrich des Rahmenvertrages ab.
32 
1. An diesen Rahmenvertrag ist die Klägerin jedenfalls über die von ihr mit den Bewohnern der Pflegeeinrichtung abgeschlossenen zivilrechtlichen Wohnpflegeverträge gebunden. In deren Präambel werden die Regelungen des Rahmenvertrages für verbindlich erklärt und als Grundlage des Vertrags bezeichnet. Soweit die Verpflichtungen aus dem Rahmenvertrag Gegenstand der individuellen Heimverträge geworden sind, sind sie zivilrechtlicher Natur.
33 
Dem Landesgesetzgeber steht aber keine Gesetzgebungskompetenz zur Schaffung einer Eingriffsbefugnis der Heimaufsichtsbehörde zur Durchsetzung von gegenüber den Heimbewohnern angenommenen Verpflichtungen eines Heimbetreibers aus einem der hier vorliegenden Heimverträge zu.
34 
Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
35 
a) Bis zur Änderung des Grundgesetzes durch das Föderalismusreformgesetz (52. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.06.2006, BGBl. I S. 2034 - Föderalismusreform I -) fiel der Erlass heimrechtlicher Vorschriften in die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes und hatte der Bundesgesetzgeber das Heimrecht durch eine umfassende Regelung, das Heimgesetz (Gesetz über Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige vom 07.08.1975 [BGBl. I S. 1873], i.d.F. der Bekanntmachung vom 05.11.2001 [BGBl. I S. 2970], seitdem noch mehrfach geändert), auf der Grundlage des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (öffentliche Fürsorge), aber auch gestützt auf Art. 74 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft [Gewerbe]; vgl. BT-Drs. 7/180, S. 7) erschöpfend mit dem Ziel des Schutzes alter, pflegebedürftiger oder behinderter Menschen vor Beeinträchtigungen, die sich aus ihrer Lebenssituation infolge des Heimaufenthalts und den daraus folgenden Abhängigkeiten typischerweise ergeben können, reguliert. Soweit das Heimgesetz in mehrfacher Weise auch in die privatrechtlichen Beziehungen zwischen den Heimträgern und den Heimbewohnern regelnd eingriff, insbesondere im Zusammenhang mit dem Heimvertrag nach § 4 HeimG, wurde als maßgebliche Kompetenznorm die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (Korbmacher, Grundfragen des öffentlichen Heimrechts, S. 6) angesehen.
36 
Mit dem durch das Föderalismusreformgesetz vom 28.06.2006 eingefügten Klammerzusatz in Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG „(ohne das Heimrecht)“ wurde die Kompetenz für das Heimrecht aus dem Katalog der konkurrierenden Gesetzgebung gestrichen und fällt seitdem in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder gemäß Art. 70 Abs. 1 GG. Dies kann nach Wortlaut, Regelungszusammenhang und Sinn und Zweck des Klammerzusatzes nur Kompetenzen meinen, die vom Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zuvor umfasst waren. Ergab sich die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für heimvertragsrechtliche Regelungen aber bereits vor der Föderalismusreform I aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG, kann der Landesgesetzgeber durch die Grundgesetzänderung nur für den ordnungsrechtlichen Teil des Heimrechts zuständig geworden sein (vgl. dazu Senat, Urteil vom 27.09.2011 - 6 S 707/10 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 05.04.2012 - 4 BN 1.12 -, juris, jeweils m.w.N.). Die Kompetenz zur Regelung des bürgerlichen Rechts i.S.d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG umfasst dabei auch die Kompetenz zur Regelung des Verbraucherschutzrechts (vgl. dazu BT-Drs. 16/12409, S. 10). Dem entspricht mittlerweile die Staatspraxis.
37 
Das Land Baden-Württemberg vertrat zunächst - weitergehend - die Auffassung, dass die übergegangene Gesetzgebungskompetenz für das Heimrecht auch die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung des Heimvertragsrechts umfasse. Die verfassungsrechtliche Kompetenzzuweisung an die Länder differenziere nicht zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Regelungsbereichen des Heimrechts. Die Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Heimrecht umfasse vielmehr auch die Möglichkeit, Rechtsverhältnisse zwischen Privaten zu regeln, um Notlagen, gleich welcher Art, vorzubeugen, oder sie im Fall ihres Eintritts zu bekämpfen und die Heime zum Schutz der naturgemäß besonders fürsorgebedürftigen Heimbewerber und -bewohner in die Pflicht zu nehmen. Dem Bund komme zwar weiterhin die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das bürgerliche Recht zu (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG). Aus diesem Kompetenzbereich sei jedoch mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG die Befugnis zur Regelung des Heimvertragsrechts ausdrücklich zu Gunsten der Länder herausgelöst worden (Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg vom 05.05.2009, LT-Drs. 14/4440, S. 3).
38 
Auf dieser Grundlage erließ der Landtag von Baden-Württemberg trotz zwischen Bund und Ländern strittiger Zuständigkeit für die heimvertraglichen Regelungen das umfassende, also sowohl den öffentlich-rechtlichen als auch den privat-rechtlichen Bereich des Heimrechts regelnde Landesheimgesetz. Dieses trat am 01.07.2008 in Kraft (GBl. S. 169).
39 
Demgegenüber stellte sich der Bund auf den Standpunkt, dass durch die am 01.09.2006 in Kraft getretene Föderalismusreform zwar das Heimrecht aus der konkurrierenden Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers für die öffentliche Fürsorge nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG ausgeklammert worden sei. Danach liege die Gesetzgebungskompetenz für die ordnungsrechtlichen Vorschriften des bisherigen Heimgesetzes bei den Ländern, der Bundesgesetzgeber sei aber nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG für die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften zuständig (vgl. dazu BT-Drs. 16/12409, S. 1 und 16/12882, S. 1).
40 
In dem sich anschließenden Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform, das u.a. das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) umfasst, stellte das Land Baden-Württemberg im Bundesrat den Antrag, der Bundesrat möge gemäß Art. 76 Abs. 2 GG zu dem Gesetzentwurf dahingehend Stellung nehmen, dass der Bund im Hinblick auf das Heimvertragsrecht keine Gesetzgebungskompetenz besitze bzw. den Vermittlungsausschuss anzurufen (BR-Drs. 167/2/09, S. 1 ff.; 566/1/09). Der Antrag blieb ohne Erfolg.
41 
Das Gesetz zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform trat am 01.09.2009 in Kraft (BGBl. I S. 2319).
42 
Das Land Baden-Württemberg erließ daraufhin ein Gesetz zur Änderung des Landesheimgesetzes (vom 11.05.2010, GBl. S. 404), mit dem die heimvertraglichen Regelungen im Landesheimgesetz in Wegfall kamen. Die Entwurfsbegründung (vgl. LT-Drs. 14/6080) äußert sich zu kompetenzrechtlichen Fragen nicht mehr.
43 
Dem Land steht mithin die Kompetenz zur Regelung des Heimordnungsrechtes zu; eine Kompetenz zur Regelung des Heimvertragsrechts besteht nur unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 1 GG, also solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
44 
b) Das Gesetz zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform bzw. das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz ist zunächst darauf gerichtet, die in den §§ 5-9 und 14 HeimG enthaltenen, in erster Linie den Inhalt des Heimvertrages betreffenden Regelungen zu ersetzen. Darüber hinaus sollte mit dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz gleichzeitig aber auch ein Verbraucherschutzgesetz geschaffen werden, das dem besonderen Schutzbedarf, der durch die vertragliche Verbindung von Wohnungsüberlassung und der Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen bei gleichzeitig gegebener Hilfsbedürftigkeit mit den Mitteln des Verbraucherschutzrechts Rechnung trägt. (vgl. dazu die Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 10f.). Der Bundesgesetzgeber hat sich mithin bei der Schaffung des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes von denselben Überlegungen leiten lassen wie bei der Einführung des § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 HeimG. Er ist dabei aber bewusst von der Regelungskonzeption des Heimgesetzes abgewichen bzw. darüber hinausgegangen, soweit dieses der Sache nach verbraucherschutzrechtliche Regelungen enthielt (vgl. Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 10).
45 
Diese Regelungskonzeption enthält deshalb neben Regelungen zum Vertragsinhalt u.a. - gegenüber § 5 Abs. 1 HeimG weiterentwickelte - Informationspflichten des Unternehmers vor Vertragsschluss (§ 3 WBVG, siehe dazu Begründung zum WBVG, BT-Drs. 16/12409, S. 16), detaillierte Regelungen zum Vertragsschluss und zur Vertragsdauer (§ 4 WBVG; vgl. demgegenüber § 8 HeimG) sowie zur Form des Vertragsschlusses und zu etwaigen Fehlerfolgen (§ 6 WBVG; vgl. demgegenüber § 5 Abs. 1 Satz 2 HeimG: bislang keine zwingende Schriftform). Art. 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform sieht schließlich vor, dass das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne des § 2 Abs. 2 UKlaG ist mit der Folge, dass gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden kann, wenn den Vorschriften des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes zuwidergehandelt wird.
46 
Nach der Begründung des Gesetzentwurfs hierzu sind im Übrigen aber zum einen zivilrechtliche Ansprüche der Heimbewohner - wie sonstige zivilrechtliche Ansprüche auch - auf dem Zivilrechtsweg zu verfolgen (BR-Drs. 167/09, S. 15 f.). Zum anderen wurde die Anregung des Bundesrates (BR-Drs. 167/09, Ziff. 10a), darüber hinausgehende Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung aufzunehmen, nicht aufgegriffen (vgl. dazu Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 16/12882, S. 12).
47 
Dem entspricht es, dass das Land Baden-Württemberg bereits an dem - so auch Gesetz gewordenen - Entwurf zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz kritisiert hatte, dass die Heimaufsicht zwar nach dem Landesheimgesetz - ebenso wie bisher nach dem Bundesheimgesetz - gesetzwidrige Verträge beanstanden und deren Abänderung durchsetzen könne, dass der Entwurf diese Kontrollmöglichkeit aber entfallen lasse. Die pflegebedürftigen und behinderten Menschen und ihre Angehörigen würden ausschließlich auf den Weg vor die Zivilgerichte verwiesen (Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales vom 05.05.2009, a.a.O., S. 3). In der Entwurfsbegründung des Gesetzes zur Änderung des Landesheimgesetzes ist hierzu u.a. ausgeführt, der Wegfall der heimvertragsrechtlichen Regelungen im Landesheimgesetz führe zu einer Entlastung der Heimaufsichtsbehörden, da diese in Zukunft weder Heimverträge noch die Einhaltung der heimvertraglichen Regelungen prüfen müssten (vgl. LT-Drs. 14/6080, S. 1, 8).
48 
c) Die von der Klägerin mit den Bewohnern der Pflegeeinrichtung ... abgeschlossenen Verträge unterfallen dem gegenständlichen Anwendungsbereich (zu etwaigen zeitlichen Differenzierungen s. unten) des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes. Ein solcher Vertrag setzt gemäß § 1 WBVG - wie hier - die Überlassung von Wohnraum und die Erbringung von Pflege- oder Betreuungsleistungen zur Bewältigung eines durch Alter, Pflegebedürftigkeit oder Behinderung bedingten Hilfsbedarfs voraus. Die Klägerin ist - entsprechend § 1 WBVG - auch Unternehmerin im Sinne des § 14 BGB, die Heimbewohner sind (volljährige) Verbraucher im Sinne des § 13 BGB.
49 
d) Soweit § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. der Durchsetzung von zugunsten von Heimbewohnern bestehenden Verpflichtungen des Heimbetreibers aus einem Vertrag, der dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz unterfällt, mit den Mitteln des Heimordnungsrechts dienen soll, liegt darin ein unzulässiger Eingriff in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Verbraucherschutzrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG.
50 
aa) Kommt nach dem Sachbereich einer Regelung eine mehrfache Zuordnung zu einem Kompetenztitel in Betracht, ist auf den Schwerpunkt der Regelung und die insoweit maßgebliche Zielsetzung abzustellen. Für die Subsumtion einer Regelung unter einen Kompetenztitel ist mithin in erster Linie der primäre Normzweck entscheidend, der dem Gegenstand der Kompetenznorm entsprechen muss (vgl. dazu Degenhart, Staatsorganisationsrecht, 23. Aufl., Rn. 160 ff. unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 09.10.1984 - 2 BvL 10/82 -, BVerfGE 67, 299 (314 ff.; 319 ff.); BVerfG, Urteil vom 27.10.1998 - 1 BvR 2306/96 u.a. -, BVerfGE 98, 265 (300)). Dies ist bei § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F., soweit es um die Schaffung einer Möglichkeit zur Durchsetzung von vertraglichen Verbraucherrechten geht, aber der Verbraucherschutz i.S.d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG, nicht die heimordnungsrechtliche Gefahrenabwehr (vgl. zum grundsätzlichen Verhältnis von Ordnungsrecht und zivilrechtlichen Ansprüchen § 2 Abs. 2 PolG). Dies zeigt auch die Diskussion um die Schaffung bzw. den Wegfall von Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung im Gesetzgebungsverfahren zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz bzw. zum Gesetz zur Änderung des Landesheimgesetzes.
51 
bb) Die Kompetenz für das Verbraucherschutzrecht steht - wie bereits ausgeführt - gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG als Teil des bürgerlichen Rechts im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz grundsätzlich dem Bund zu. Das heißt, eine Gesetzgebungskompetenz verbliebe dem Land nur noch, wenn der Bund eine Frage, hier den Verbraucherschutz von Heimbewohnern, nicht (wirksam) oder nur teilweise durch Gesetz geregelt hätte (Art. 72 Abs. 1 GG). Demgegenüber tritt eine Kompetenzsperre ein, wenn eine (wirksame) umfassende bundesgesetzliche Kodifikation vorliegt (vgl. dazu Degenhart, a.a.O., Rn. 177ff; BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 (369 ff.)). Maßgeblich dafür, ob eine abschließende Regelung einer bestimmten Materie vorliegt, ist eine Gesamtwürdigung des betreffenden Normbereichs, neben konkreten Einzelregelungen ist auf die Gesamtkonzeption abzustellen (Jarass/Pieroth, a.a.O., § 72 Rn. 2 unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 09.10.1984, a.a.O., S. 324; Beschluss vom 29.03.2000 - 2 BvL 3/96 -, BVerfGE 102,99 (114a f.; 121); Urteil vom 10.02.2004 - 2 BvR 834/02 u.a. -, BVerfGE 109, 272 (279); Urteil vom 27.10.1998, a.a.O., S. 321; Urteil vom 07.05.1998 - 2 BvR 1876/91 -, BVerfGE 98, 83 (98)).
52 
Der Bundesgesetzgeber hat für den Anwendungsbereich des - seinerseits verfassungsgemäß zustande gekommenen - Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes und damit auch, soweit Verträge zwischen Betreibern und Bewohnern eines Heims im Sinne des Landesheimgesetzes dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz unterfallen (vgl. zum Anwendungsbereich des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes einerseits und landesrechtlicher heimordnungsrechtlicher Regelungen andererseits Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 1), aber eine abschließende Regelung zum Verbraucherschutz getroffen.
53 
Diese Regelungskonzeption enthält - wie bereits ausgeführt - neben Regelungen zum Vertragsinhalt die Sicherstellung des Schutzes von Heimbewohnern durch eine Reihe von „flankierenden Maßnahmen“. Damit liegt eine detaillierte Gesamtkonzeption zur Regelung des Verbraucherschutzes im Anwendungsbereich des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes vor. Der Bundesgesetzgeber ist dabei bewusst von der Regelungskonzeption des bisherigen Bundesheimgesetzes abgewichen bzw. darüber hinausgegangen, soweit dieses der Sache nach verbraucherschutzrechtliche Regelungen enthielt (vgl. Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 10). Dem entspricht die gesetzgeberische Absicht, nach der Föderalismusreform den Verbraucherschutz von Heimbewohnern als Teil einer auch neue Wohn- und Betreuungsformen erfassenden, umfassenden Gesamtregelung insgesamt auf eine neue rechtliche Grundlage zu stellen und zwar wegen Umfang und Bedeutung der Sondervorschriften in einem eigenen Gesetz (vgl. dazu Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 10 ff.).
54 
Eine Regelungskompetenz der Länder auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes zu Gunsten von Heimbewohnern gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG verblieb damit nicht. Gerade mit Blick auf die behördliche Eingriffsregelung des § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. ist weiter zu berücksichtigen, dass der Bundesgesetzgeber eine stärkere Ausrichtung des Verbraucherschutzes an allgemein-zivilrechtlichen Grundsätzen angestrebt hat (BT-Drs. 16/12409, S. 10), also über § 2 UKLaG hinausgehende, ergänzende Maßnahmen der Rechtsdurchsetzung, die er gestützt auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG hätte regeln können, gerade nicht vorsehen wollte. Der Bundesgesetzgeber hat sein Ziel, die Heimbewohner als Verbraucher bei der Wahrnehmung der eigenen Interessen zu stärken (BT-Drs. 16/12409, S. 11) und die Durchsetzbarkeit der ihnen zur Seite gestellten Rechte zu verbessern, vielmehr gerade durch klare und auf konkrete Rechtsfolgen gerichtete Regelungen zu verbessern versucht, wozu der Zivilrechtsweg offenstehe. Daneben sieht die Regelungskonzeption lediglich Klagen von Verbraucherschutzverbänden auf der Grundlage des Unterlassungsklagengesetzes vor. Im Gesetzgebungsverfahren ist schließlich der Versuch gescheitert, weitere Regelungen zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in das Gesetz aufzunehmen (vgl. BR-Drs. 167/09 unter Ziff. 10 und BT-Drs. 16/1282, S. 9, 12; vgl. zur Sperrwirkung durch absichtsvollen Regelungsverzicht BVerfGE, Urteil vom 27.10.1998, a.a.O.).
55 
e) Solange und soweit der Bund von einer ihm verliehenen Gesetzgebungskompetenz wirksam Gebrauch gemacht hat, kann gem. Art. 72 Abs. 1 GG neues Landesrecht nicht mehr entstehen und sind erlassene Landesgesetze unzulässig und nichtig (Jarass/Pieroth, a.a.O., Rn. 6).
56 
Jedenfalls mit Inkrafttreten des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes am 01.09.2009 (vgl. Jarass/Pieroth, a.a.O., § 72 Rn. 8) wäre § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. somit insoweit unzulässig geworden, als er die Durchsetzung von Ansprüchen aus Heimverträgen ermöglichen soll, auf die das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Anwendung findet. Dies sind alle ab dem 01.09.2009 neu geschlossenen Heimverträge und alle davor abgeschlossenen Heimverträge ab dem 01.05.2010 (vgl. § 17 WBVG). § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. wäre insoweit von Anfang an nichtig, als er die Durchsetzung von Ansprüchen aus Heimverträgen ermöglichen soll, auf die das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Anwendung findet.
57 
§ 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. können aber dahingehend einschränkend ausgelegt werden, dass sie verfassungskonform sind.
58 
Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten (Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 20 Rn. 34 unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 30.03.1993 - 1 BvR 1045/89 u.a. -, BVerfGE 88, 145 (166); Urteil vom 24.04.1985 - 2 BvR 2/83 -, BVerfGE 69, 1 (55); Beschluss vom 03.06.1992 - 2 BvR 1041/88 u.a. -, BVerfGE 86, 288 (320 f.); Beschluss vom 15.10.1996, - 1 BvR 44/92 u.a.-, BVerfGE 95, 64 (81, 93)). Der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. steht einer solchen Auslegung nicht entgegen, er spricht nicht ausdrücklich von Pflichten des Heimbetreibers aus dem Heimvertrag. Der Gesetzgeber des (ursprünglichen) Landesheimgesetzes hat zu der vorliegenden Frage ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs keine Überlegungen angestellt, sondern unreflektiert die Regelungen des Heimgesetzes übernommen. Dass diese ihrerseits ursprünglich auch zur Durchsetzung von vertraglichen Ansprüchen eingeführt worden waren, steht dem nicht entgegen. Der Gesetzgeber des Änderungsgesetzes zum Landesheimgesetz ist demgegenüber davon ausgegangen, dass bereits eine Überprüfung der heimvertraglichen Regelungen durch die Heimaufsichtsbehörde nicht mehr in Betracht kommt. Die vorliegende Auslegung entspricht schließlich auch dem ordnungsrechtlichen Ansatz des Landesheimrechtes.
59 
Damit fehlt es insoweit aber an einer Rechtsgrundlage, aufgrund derer die Heimaufsichtsbehörde die Durchsetzung von Ansprüchen aus Heimverträgen durch heimaufsichtsrechtliche Verfügung ermöglichen kann und damit für die streitgegenständliche Verfügung. Soweit für vor dem 01.09.2009 geschlossene Verträge nach § 17 WBVG noch (bis zum 30.04.2010) das Heimgesetz weiter galt, könnte im Hinblick auf die am 28.01.2010 ergangene streitgegenständliche Verfügung für den Zeitraum Februar bis April 2010 möglicherweise eine Differenzierung erforderlich sein. Dies kann jedoch offen bleiben, weil sich die angefochtene Verfügung noch aus anderen Gründen, die auch diesen Zeitraum betreffen, als rechtswidrig erweist.
60 
2. Der Senat lässt offen, ob eine Bindung der Klägerin an die Bestimmungen des Rahmenvertrages und an daraus zu Lasten der Klägerin als Heimträgerin abgeleitete Verpflichtungen gegenüber Heimbewohnern, hier der Verpflichtung, unter bestimmten Voraussetzungen Heimbewohner ohne Erhebung eines gesonderten Entgelts zum Arzt zu begleiten, auch unabhängig von den von der Klägerin geschlossenen Heimverträgen besteht.
61 
Die Klägerin ist nicht selbst am Rahmenvertrag beteiligt. Sie gehört zwar dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Baden-Württemberg e.V. an, der seinerseits Vertragspartner des Rahmenvertrages ist. Eine zivilrechtliche Befugnis dieses Verbandes, Mitgliedsunternehmen aus dem Rahmenvertrag zu verpflichten, besteht aber nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht. Dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Baden-Württemberg e.V. kommt als privatrechtlich organisiertem Zusammenschluss gegenüber seinen Mitgliedsunternehmen auch keine Rechtssetzungsbefugnis zu (vgl. LPK-SGB XI, 2. Aufl., § 75 Rn. 9). Der Rahmenvertrag erstreckt seine Wirkung auch nicht selbst auf Dritte (vgl. dazu allgemein Engelmann, in: von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 53 Rn. 4d m.w.N.). Die Verbindlicherklärung des Rahmenvertrags in § 7 des Versorgungsvertrags nach § 72 SGB XI, also im Rahmen der Zulassung der Pflegeeinrichtung zur stationären Versorgung, wiederum begründet Verpflichtungen der Klägerin nicht gegenüber dem pflegebedürftigen Heimbewohner, sondern gegenüber den Pflegekassen (vgl. Philipp, VSSR 1997, 243 (244)).
62 
Damit kommt vorliegend unabhängig von den durch die Klägerin geschlossenen Heimverträgen allein eine Geltungserstreckung des Rahmenvertrags zu Lasten der Klägerin aufgrund der gesetzlichen Anordnung des § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI in Betracht. Danach sind die Rahmenverträge als sogenannte Normsetzungsverträge für zugelassene Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich. Eine Verpflichtung der Klägerin als Heimbetreiberin gegenüber dem pflegebedürftigen Heimbewohner ergäbe sich dann über § 8 Abs. 1 des Rahmenvertrages. Danach muss im Heimvertrag die Umsetzung des Rahmenvertrages und damit auch dessen etwaige Vorgaben, was als Regelleistung zu erbringen ist, gewährleistet sein.
63 
Die rechtliche Zulässigkeit von Normsetzungsverträgen im Sozialversicherungsrecht ist in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt (ständige Rechtsprechung seit BSG, Urteil vom 08.03.1995, - 1 RK 12/94 -, BSGE 76, 48 (51); LSG Sachsen, Urteil vom 12.12.2007 - L 1 P 28/05 -, PflR 2008, 243 zu § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI), aber insbesondere aus verfassungsrechtlichen Gründen, namentlich im Hinblick auf das Demokratieprinzip und den Parlamentsvorbehalt im grundrechtsrelevanten Bereich, im allgemeinen (vgl. den Nachweis des Meinungsstandes bei Schoch/Wieland, ZG 2005, 223 (235 ff.), die allerdings unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 05.12.2002, - 2 BvL 5/98 u.a. -, BVerfGE 107, 59 zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit gelangen) und in Sonderheit im Fall des § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI (vgl. LPK-SGB XI, 2. Aufl., § 75 Rn. 9 ff.; Udsching, SGB XI, 2. Aufl., § 75 Rn. 5) umstritten (vgl. zum Ganzen auch Rennert, JZ 2009, 976).
64 
Die Frage der rechtlichen Zulässigkeit von Normsetzungsverträgen nach § 75 Abs. 1 Satz 1 und 4 SGB XI bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Ist die Klägerin hieran nicht gem. § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI gebunden, wird hierdurch keine Verpflichtung begründet. Selbst wenn aber gem. § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI eine Bindung der Klägerin an den Inhalt des Rahmenvertrages eingetreten sein sollte, steht dem Landesgesetzgeber - ungeachtet sich darüber hinaus möglicherweise ergebender weiterer verfassungsrechtlicher Fragen - jedenfalls keine Gesetzgebungskompetenz zur Schaffung einer Befugnis der Heimaufsichtsbehörde zur Feststellung und Durchsetzung von zu Gunsten von Heimbewohnern wirkenden Verpflichtungen eines Heimbetreibers aus dem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI zu, wenn - wie hier - zwischen den am Rahmenvertrag Beteiligten ausdrücklich streitig ist, ob sie die fragliche Verpflichtung begründet haben.
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a) Dem Land steht - wie ausgeführt - die Kompetenz zur Regelung des Heimordnungsrechtes zu; eine Kompetenz zur Regelung von Angelegenheiten des Sozialversicherungsrechts, die nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG der konkurrierenden Gesetzgebung unterfällt, besteht nur unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 1 GG, also solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
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b) Durch die Rahmenverträge nach § 75 SGB XI wird - normersetzend - das Leistungserbringungsrecht im dort genannten Umfang untergesetzlich geregelt, d.h. der Gesetzgeber überlässt es den Vertragspartnern dieser Verträge, also - soweit es um stationäre Pflegeeinrichtungen geht - den Landesverbänden der Pflegekassen, dem Verband der privaten Krankenversicherung im Land, den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen im Land und der Arbeitsgemeinschaft der örtlichen Sozialhilfeträger sowie den überörtlichen Sozialhilfeträgern, den Sicherstellungsauftrag der Pflegekassen gemäß § 69 Satz 1 SGB XI zu konkretisieren. Mit der Statuierung von Normsetzungsverträgen im Sozialversicherungsrecht verzichtet der Gesetzgeber zugunsten einer im weiten Sinne verstandenen „Selbstverwaltung“ und Selbstregulierung durch die Vertragspartner auf nähere eigene Regelungen (Schoch/Wieland, a.a.O., S. 235).
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Dies betrifft auch die hier ins Auge gefasste Abgrenzung von allgemeinen Pflegeleistungen und Zusatzleistungen (vgl. §§ 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 88 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Mit dem Rahmenvertrag wird das „Gesamtpaket“ der allgemeinen Pflegeleistungen festgelegt (vgl. dazu Philipp, a.a.O., S. 247 ff.).
68 
Durch den Rahmenvertrag wird bei dessen Wirksamkeit gegenüber Dritten auch die sozialversicherungsrechtliche Pflichtenstellung der zugelassenen Pflegeinrichtungen und damit des Heimbetreibers bestimmt (§ 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI).
69 
c) Der Heimaufsichtsbehörde ist es auch auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. - wie schon nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Variante 2 HeimG - grundsätzlich unbenommen, an Bestimmungen des Rahmenvertrages (vgl. dazu Senat, Urteil vom 22.06.2006, a.a.O.) ebenso wie an gesetzliche Regelungen aus dem Sozialversicherungsrecht (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 02.06.2010 - 8 C 24/09 -, Buchholz 451.44 HeimG Nr. 11) oder aus anderen Rechtsbereichen, die Verpflichtungen des Heimbetreibers gegenüber dem Heimbewohner begründen, anzuknüpfen und durch heimordnungsrechtliche Verfügung zu aktualisieren. Soweit durch heimaufsichtsrechtliche Verfügung die Verpflichtung des Heimbetreibers zur Erbringung von allgemeinen Pflegeleistungen aktualisiert wird, betrifft dies einzelne Verpflichtungen aus dem „Gesamtpaket“ der allgemeinen Pflegeleistungen (vgl. zu dieser Unterscheidung Philipp, a.a.O., S. 246 f.). Die vorgängige Bestimmung des „Gesamtpakets“ der allgemeinen Pflegeleistungen ist demgegenüber Aufgabe der Vertragspartner.
70 
d) Die Vertragspartner des Rahmenvertrages klären Fragen zu seiner Auslegung im Rahmen sog. Gemeinsamer Empfehlungen an die Heimbetreiber. Den Gemeinsamen Empfehlungen kommt zwar keine Bindungswirkung nach § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI zu. Mittelbar entsteht aber eine Bindung der Heimbetreiber dadurch, dass die Heimaufsichtsbehörden die Gemeinsamen Empfehlungen ihrer heimrechtlichen Bewertung zu Grunde legen (vgl. Erlass des Sozialministeriums vom 06.03.2000).
71 
e) Ist eine bestimmte Frage im Rahmenvertrag nicht ausdrücklich geregelt und kommt hierzu auch keine Gemeinsame Empfehlung zustande, liegt aus Sicht der normgebenden Vertragsparteien eine teilweise Nichtregelung vor, und zwar unabhängig davon, ob sich die Frage im Wege der Vertragsauslegung klären ließe. Umgekehrt wird mit der Klärung dieser Frage durch die Vertragspartner das „Gesamtpaket“ der allgemeinen Pflegeleistungen ergänzt.
72 
f) Kommt ein Vertrag nach § 75 Abs. 1 SGB XI innerhalb von sechs Monaten ganz oder teilweise nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zu Vertragsverhandlungen aufgefordert hat, wird gem. § 75 Abs. 4 SGB XI sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Schiedsstelle nach § 76 SGB XI festgesetzt. Dies gilt auch für Verträge, mit denen bestehende Rahmenverträge geändert oder durch neue Verträge abgelöst werden. Ersatzweise kommt u.a. im Bereich der Abgrenzung von allgemeinen Pflegeleistungen und Zusatzleistungen auch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung in Betracht (§ 83 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB XI).
73 
g) Soweit § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. die Durchsetzung von nach Auffassung der Heimaufsichtsbehörde zugunsten von Heimbewohnern wirkenden Verpflichtungen des Heimbetreibers aus einem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI mit den Mitteln des Heimordnungsrechts ermöglicht, greift die Regelung in unzulässiger Weise in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Sozialversicherungsrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG ein, wenn zwischen den Vertragspartnern des Rahmenvertrags - wie hier - gerade offen ist, ob eine solche Verpflichtung bestehen soll.
74 
aa) Soweit § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. der Feststellung und Durchsetzung von zwischen den Vertragsparteien streitigen Verpflichtungen des Heimbetreibers aus einem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. Satz 1 SGB XI dienen soll, ist der primäre Normzweck (s. dazu oben II.1.d)aa)) sozialversicherungsrechtlicher Natur, weil sie insoweit auf die - ggf. ergänzende - Bestimmung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichtenstellung des Heimbetreibers gerichtet sind.
75 
bb) Die Kompetenz für das Sozialversicherungsrecht steht - wie bereits ausgeführt - gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung grundsätzlich dem Bund zu. Das heißt, eine Gesetzgebungskompetenz verbliebe dem Land nur noch, wenn der Bund eine Frage, hier die sozialversicherungsrechtliche Stellung von Heimbetreibern und deren Bestimmung, nicht (wirksam) oder nur teilweise durch Gesetz geregelt hätte (Art. 72 Abs. 1 GG).
76 
Dies ist aber nicht der Fall, weil auch insoweit eine (wirksame und) umfassende (s. dazu oben II.2.d)bb)) bundesgesetzliche Regelung vorliegt. Der Bund hat für die Bestimmung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichtenstellung (auch) des Heimbetreibers den Weg über den Normsetzungsvertrag gewählt, also in einem „System regulierter Selbstregulierung“ eine „partizipative Netzwerkstruktur“ an die Stelle staatlicher Entscheidungen gesetzt (Schoch/Wiegand, a.a.O., S. 238). Es liegt auch eine positive Regelung für den Fall vor, dass ein Vertrag ganz oder teilweise nicht zustande kommt. Unter den in § 75 Abs. 4 SGB XI genannten Voraussetzungen wird sein Inhalt durch eine Schiedsstelle festgesetzt. Auch ist für Teilbereiche in § 83 SGB XI ersatzweise der Erlass einer Rechtsverordnung durch die Bundesregierung zur Konkretisierung des Leistungserbringungsrechts vorgesehen.
77 
Ist damit aber sowohl der Regelfall der Schaffung des untergesetzlichen Regelwerks zur Konkretisierung des Sicherstellungsauftrags durch die in § 75 Abs. 1 SGB XI vorgesehenen Vertragspartner normiert als auch Vorsorge für den Fall getroffen, dass eine solche Normierung ganz oder teilweise nicht stattfindet, bleibt kein Raum mehr für ein durch das Land zu regelndes - auch nur subsidiäres oder ergänzendes - einseitiges behördliches Tätigwerden der Heimaufsichtsbehörde zur Bestimmung der sich in diesem Zusammenhang ergebenden Rechte und Pflichten der Vertragsbeteiligten und damit über § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI auch der Heimträger, wie hier durch Definition der Arztbegleitung als allgemeine Pflegeleistung.
78 
h) § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. sind deshalb verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass zu den dort genannten Pflichten nicht solche gehören, die Gegenstand eines Rahmenvertrages nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI sind, wenn eine bestimmte Frage im Rahmenvertrag nicht ausdrücklich geregelt wurde und hierzu auch keine Gemeinsame Empfehlung zustande gekommen ist. Die oben angestellten Erwägungen zu Wortlaut, Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Regelungen gelten entsprechend (II.1.e)). Der Gesetzgeber hat die Problematik weder bei Erlass des Landesheimgesetzes noch bei dessen Änderung gesehen.
79 
i) Entsprechendes gilt für aus dem Rahmenvertrag zugunsten von Heimbewohnern abgeleitete Verpflichtungen, wenn die Heimbewohner in der privaten Pflegeversicherung versichert sind oder aber Leistungen nach dem SGB XII beziehen, mit Blick auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 und 11 GG.
80 
3. Darf die Heimaufsichtsbehörde nicht konstitutiv zu Gunsten der Heimbewohner Verpflichtungen des Heimbetreibers aus Rahmenverträgen gemäß § 75 SGB XI ableiten und ebenso wenig (etwaige) Verpflichtungen aus den Heimverträgen durch auf § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. bzw. auf § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. gestützte Verfügungen aktualisieren, kann dies auch nicht Grundlage oder Ergebnis von auf § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 und 3 LHeimG a.F. bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 und 3 LHeimG n.F. gestützten Verfügungen sein. Danach können gegenüber Heimträgern Anordnungen erlassen werden, die zur Beseitigung einer eingetretenen oder zur Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung oder Gefährdung des Wohls der Bewohner oder zur Vermeidung einer Unangemessenheit zwischen Entgelt und der Leistung des Heims erforderlich sind, wenn diesbezüglich festgestellte Mängel nicht abgestellt werden.
III.
81 
Unbeschadet der Ausführungen zu Ziff. 2 ergibt sich aus dem (unmittelbar oder mittelbar über den Heimvertrag angewandten) Rahmenvertrag nicht, dass die Klägerin verpflichtet wäre, unter den in der Verfügung genannten Voraussetzungen Heimbewohner ohne Erhebung eines gesonderten Entgelts zum Arzt begleiten zu lassen, dass es sich hierbei mithin um eine zum „Gesamtpaket“ der allgemeinen Pflegeleistungen gehörende Leistung handelt. Demgegenüber ist der individuelle Pflegebedarf des einzelnen Heimbewohners, auf den das Verwaltungsgericht bei der Auslegung maßgeblich abstellt, erst bei der Bestimmung des Inhalts der allgemeinen Pflegeleistung im Einzelfall relevant (vgl. hierzu Philipp, a.a.O., S. 247).
82 
Für die Auslegung von Normsetzungsverträgen als untergesetzlichen Rechtsnormen ist die objektive Erklärungsbedeutung maßgeblich, also nicht auf den subjektiven Willen der Beteiligten (bei Vertragsschluss) abzustellen (vgl. zu dieser sog. normativen Auslegung BSG, Urteil vom 31.01.2001 - B 6 KA 33/00 -, NZS 2001, 533; vom 09.03.1999 - B 6 KA 18/98 R-, MedR 1999, 479). Wie ansonsten bei Normen auch kann außer einer Auslegung nach dem Wortlaut auch eine systematische, teleologische und eine entstehungsgeschichtliche Auslegung in Betracht kommen (BSG, a.a.O.). Durch die Einbeziehung des Normsetzungsvertrages in den Heimvertrag ändert sich hieran nichts (vgl. § 8 Abs. 1 des Rahmenvertrags).
83 
Eine ausdrückliche Regelung, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Begleitung zum Arzt zu den Regelleistungen gehört, ist nicht getroffen. Die maßgebliche Passage in § 1 Abs. 3 lit. c des Rahmenvertrages, Hilfen beim „Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung“, umfasst nach ihrem Wortlaut in gegenständlicher Hinsicht auch die Begleitung von Heimbewohnern, sie ist in räumlicher Hinsicht aber auf die Pflegeeinrichtung, nicht auf einen sonstigen Ort bezogen. Der nachfolgende Zusatz „dabei“ - also bei Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung - „sind solche Verrichtungen außerhalb des Pflegeheims zu unterstützen, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung notwendig sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen erfordern (z.B. Organisieren und Planen des Zahnarztbesuchs)“, nimmt demgegenüber zwar einen Ort außerhalb der Pflegeeinrichtung in den Blick. Eine solche Verrichtung wird zwar auch unterstützt, wenn das Aufsuchen und Verlassen dieses Ortes im Weg der Begleitung ermöglicht wird. Gegen eine solche Interpretation spricht aber wiederum das Beispiel im Klammerzusatz, das seinem Wortlaut nach nicht die Durchführung des Arztbesuchs umfasst. Dem Wortlaut des Rahmenvertrags lässt sich mithin nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, dass die Begleitung zum Arzt umfasst sein soll.
84 
Der genannte Zusatz („dabei“) stellt davon abgesehen auch bereits keine nähere Bestimmung der Mobilitätskategorie „Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung“ dar, was ein Vergleich mit den anderen Mobilitätskategorien zeigt. Die dortigen Zusätze, eingeleitet mit Begriffen wie „beinhaltet“, „dazu gehört“, „dies umfasst“, enthalten demgegenüber Erläuterungen der jeweiligen Kategorie. Dies spricht dagegen, aus dem Zusatz abzuleiten, zu welchen Mobilitätshilfen der Heimbetreiber verpflichtet sein soll. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Zusatz voraussetzt, dass eine Begleitung zu einem außerhalb gelegenen Ort erfolgt ist. Ein Rückgriff auf den z.B. in § 3 des Rahmenvertrages zum Ausdruck kommenden Grundsatz, dass die allgemeinen Pflegeleistungen alles „Notwendige“ erfassen, ist dadurch ausgeschlossen, dass der Rahmenvertrag eben hierzu auch für den Bereich Mobilität detaillierte Regelungen enthält, die gerade der abschließenden Konkretisierung der Leistungspflichten dienen. Die systematische Interpretation der Bestimmungen des Rahmenvertrages führt mithin zu keinem anderen Ergebnis.
85 
Aus der Entstehungsgeschichte des Rahmenvertrages ist nichts für die von der Heimaufsichtsbehörde angenommene Verpflichtung ersichtlich. Aus den für die anderen Bundesländer geschlossenen Rahmenverträgen nach § 75 SGB XI ergibt sich ebenfalls nicht, dass generell von einer solchen Verpflichtung ausgegangen würde. Die Regelungen in den meisten Verträgen entsprechen der baden-württembergischen Regelung. Der Rahmenvertrag für Rheinland-Pfalz sieht demgegenüber - nach dem Regelungszusammenhang konstitutiv - als Teil der allgemeinen Pflegeleistungen eine ausdrückliche Pflicht zur Begleitung vor, wenn diese für notwendige Verrichtungen außerhalb der Pflegeeinrichtung, die das persönliche Erscheinen des pflegebedürftigen Menschen erfordern, notwendig ist.
86 
Auch aus dem Normzweck des Rahmenvertrages lässt sich die von der Heimaufsichtsbehörde angenommene Verpflichtung nicht ableiten. Der Rahmenvertrag dient der Konkretisierung des Sicherstellungsauftrags der Pflegekassen u.a. durch die Abgrenzung von allgemeinen Pflegeleistungen und Zusatzleistungen. Ließen sich den gesetzlichen Regelungen des SGB XI Hinweise für die Abgrenzung des Leistungskatalogs der sozialen Pflegeversicherung entnehmen, entspräche es dem Zweck des Rahmenvertrages, diese aufzugreifen. Das Vorhandensein solcher Hinweise wird aber im allgemeinen verneint (vgl. Philipp, a.a.O., S. 248). Dies gilt auch für die vom beklagten Land herangezogene Regelung des § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI. Diese Regelung sieht im Zusammenhang mit der Definition der Pflegebedürftigkeit als unterstützungsbedürftige Verrichtung im Bereich der Mobilität auch nur das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung vor, erwähnt also nicht explizit eine Begleitung zum Arzt. Eine solche ist bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit zwar relevant, aber nur, wenn sie regelmäßig, d.h. mindestens einmal pro Woche (vgl. § 15 Abs. 3 SGB XI und BSG, Urteil vom 29.04.1999 - B 3 P 12/98 R -, juris), zu erfolgen hat. Bei der Bestimmung des „Gesamtpakets“ der allgemeinen Pflegeleistungen ergäbe sich mithin nicht die allgemeine Pflegeleistung, die durch die streitgegenständliche Verfügung aktualisiert werden soll. Vor diesem Hintergrund kann auch die zwischen den Beteiligten weiter streitige Frage offen bleiben, welche Relevanz eine Vorgabe aus § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI für den stationären Bereich tatsächlich hätte. Auch der vom beklagten Land herangezogenen Gesetzesbegründung zum Pflegeversicherungsgesetz lassen sich für die vorliegende Fragestellung keine konkreten Hinweise entnehmen. Hieraus ergibt sich (BT-Drs. 12/5262, S. 97) nur, dass das Leben von Pflegebedürftigen nicht auf die Wohnung beschränkt sein soll, sie vielmehr die Möglichkeit haben müssen, ihre Wohnung zu verlassen, z.B. um einen Arzt aufzusuchen, aber gerade nicht, wer unter welchen Voraussetzungen hierbei entgeltlich oder unentgeltlich die Begleitung des Pflegebedürftigen sicherstellen muss. Im Übrigen geht es in der Gesetzesbegründung um Verrichtungen außerhalb der Wohnung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen, also gerade nicht um den hier relevanten Bereich des Heimaufenthalts.
87 
Aus dem Rahmenvertrag lässt sich mithin die streitgegenständliche Verpflichtung nicht ableiten. Eine entsprechende „ergänzende“ Auslegung des Rahmenvertrages scheidet schon nach den hierfür geltenden Grundsätzen der normativen Auslegung aus. Auch lässt sich kein hypothetischer Parteiwille feststellen. Die zwischen den Beteiligten weiter streitige Frage, ob die Arztbegleitung nur als allgemeine Pflegeleistung geregelt werden könnte und ob neben allgemeiner Pflegeleistung und Zusatzleistung weitere Leistungskategorien zulässig sind, bedarf unter diesen Umständen keiner Entscheidung.
88 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
89 
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
90 
Beschluss vom 09. Juli 2012
91 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gem. §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
92 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
23 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der zulässigen Anfechtungsklage der Klägerin stattgeben müssen, weil die angefochtene Verfügung rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
24 
Die Anfechtungsklage ist - wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat - auf Aufhebung der angefochtenen Verfügung - eines Dauerverwaltungsaktes - ex tunc gerichtet. Soweit der Verwaltungsakt Zeiträume in der Vergangenheit betrifft, hat er sich nicht erledigt. Die Klägerin ist hierdurch vielmehr noch beschwert, weil sie sich vorbehält, nach Erlass der Verfügung bislang nicht geltend gemachte Entgelte für die Arztbegleitung nachzuerheben. Maßstab der gerichtlichen Überprüfung ist demnach nicht nur - wie das Verwaltungsgericht meint - der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in Kraft befindliche § 12 Abs. 1 Satz 1 LHeimG i.d.F. vom 11.05.2010 (GBl. S. 404), sondern auch der - allerdings inhaltsgleiche - § 17 Abs. 1 Satz 1 LHeimG i.d.F. vom 10.06.2008 (GBl. S. 169), auf den die Verfügung ursprünglich gestützt war (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62.11 -, juris).
25 
Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. können gegenüber den Trägern von Heimen Anordnungen erlassen werden, u.a. zur Sicherung der Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnern obliegenden Pflichten, wenn diesbezüglich festgestellte Mängel nicht abgestellt werden.
26 
Die nach der Neuverteilung der Gesetzgebungskompetenzen auf dem Gebiet des Heimrechts zwischen Bund und Ländern durch das Föderalismusreformgesetz (52. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.06.2006, BGBl. I S. 2034 - Föderalismusreform I -) geschaffene Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 1 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 LHeimG a.F. entspricht inhaltlich der ursprünglichen bundesrechtlichen Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 1 HeimG.
27 
§ 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 HeimG war 2001 als Anordnungsbefugnis bezugnehmend auf die Zweckbestimmung des Heimgesetzes in § 2 Abs. 1 Nr. 3 HeimG („Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnern obliegenden Pflichten zu sichern“) eingeführt worden. Sie sollte sich nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 14/6366, S. 33) auf vertragliche und gesetzliche Pflichten des Heimträgers beziehen. Sinn und Zweck dieser Regelung war es, die Position der Heimbewohner angesichts ihrer wirtschaftlichen Unterlegenheit und ihrer strukturellen Abhängigkeit vom Heimträger zu stärken; sie sollten nicht auf eigene Rechtsverfolgung und -verteidigung verwiesen werden (s. zum Ganzen auch BVerwG, Urteil vom 02.06.2010 - 8 C 24/09 -, Buchholz 451.44 HeimG Nr. 11).
28 
Auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 HeimG war sowohl eine Festsetzung zivilrechtlicher Verpflichtungen des Heimträgers zu Gunsten von Heimbewohnern bzw. ihnen korrespondierender zivilrechtlicher Ansprüche der Heimbewohner gegenüber dem Heimträger (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 09.10.2009 - OVG 6 N 7.08 -, juris) als auch sich aus dem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI ergebender Pflichten des Heimträgers durch heimaufsichtsrechtliche Verfügung anerkannt (Senat, Urteil vom 22.06.2006 - 6 S 2993/04 -, VBlBW 2006, 470). Eine solche Auslegung wäre auch für § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. denkbar.
29 
§ 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. sind aber vorliegend aus verfassungsrechtlichen Gründen dahingehend auszulegen, dass zugunsten der Heimbewohner angenommene Verpflichtungen des Heimträgers aus dem Heimvertrag bzw. ihnen korrespondierende heimvertragliche Ansprüche der Heimbewohner nicht durch eine heimaufsichtsrechtliche Verfügung festgesetzt werden können (dazu unten II.1). Hinzu kommt, dass Entsprechendes für aus dem Rahmenvertrag nach § nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI abgeleitete Verpflichtungen des Heimträgers gilt, wenn - wie hier - die im Rahmenvertrag Beteiligten zu einer umstrittenen Frage keine übereinstimmende Auslegung erzielt haben (II.2). Dessen ungeachtet besteht die hier streitgegenständliche Verpflichtung nach dem Rahmenvertrag bzw. nach den Heimverträgen nicht (siehe dazu unten III.).
30 
Die Klägerin ist als Heimbetreiberin allerdings, wie sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 5 LHeimG ergibt, verpflichtet, den Bewohnern die erforderlichen Hilfen zu gewähren. Damit ist sie auch verpflichtet, die Bewohner jedenfalls unter den in der streitgegenständlichen Verfügung genannten Voraussetzungen zum Arzt begleiten zu lassen. Diese der Gefahrenabwehr dienende, also ordnungsrechtlich radizierte Verpflichtung darf die Heimaufsichtsbehörde auch durch eine auf § 12 Abs. 1 Satz 1 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 LHeimG a.F. gestützte Verfügung aktualisieren. Davon zu unterscheiden ist die letztlich zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Heimaufsichtsbehörde auch vorgeben kann, dass dies ohne Erhebung eines gesonderten Entgeltes zu geschehen habe.
II.
31 
Die streitgegenständliche Verfügung leitet die hier fragliche Verpflichtung der Klägerin aus § 1 Abs. 3 lit. c, 3. Spiegelstrich des Rahmenvertrages ab.
32 
1. An diesen Rahmenvertrag ist die Klägerin jedenfalls über die von ihr mit den Bewohnern der Pflegeeinrichtung abgeschlossenen zivilrechtlichen Wohnpflegeverträge gebunden. In deren Präambel werden die Regelungen des Rahmenvertrages für verbindlich erklärt und als Grundlage des Vertrags bezeichnet. Soweit die Verpflichtungen aus dem Rahmenvertrag Gegenstand der individuellen Heimverträge geworden sind, sind sie zivilrechtlicher Natur.
33 
Dem Landesgesetzgeber steht aber keine Gesetzgebungskompetenz zur Schaffung einer Eingriffsbefugnis der Heimaufsichtsbehörde zur Durchsetzung von gegenüber den Heimbewohnern angenommenen Verpflichtungen eines Heimbetreibers aus einem der hier vorliegenden Heimverträge zu.
34 
Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
35 
a) Bis zur Änderung des Grundgesetzes durch das Föderalismusreformgesetz (52. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.06.2006, BGBl. I S. 2034 - Föderalismusreform I -) fiel der Erlass heimrechtlicher Vorschriften in die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes und hatte der Bundesgesetzgeber das Heimrecht durch eine umfassende Regelung, das Heimgesetz (Gesetz über Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige vom 07.08.1975 [BGBl. I S. 1873], i.d.F. der Bekanntmachung vom 05.11.2001 [BGBl. I S. 2970], seitdem noch mehrfach geändert), auf der Grundlage des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (öffentliche Fürsorge), aber auch gestützt auf Art. 74 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft [Gewerbe]; vgl. BT-Drs. 7/180, S. 7) erschöpfend mit dem Ziel des Schutzes alter, pflegebedürftiger oder behinderter Menschen vor Beeinträchtigungen, die sich aus ihrer Lebenssituation infolge des Heimaufenthalts und den daraus folgenden Abhängigkeiten typischerweise ergeben können, reguliert. Soweit das Heimgesetz in mehrfacher Weise auch in die privatrechtlichen Beziehungen zwischen den Heimträgern und den Heimbewohnern regelnd eingriff, insbesondere im Zusammenhang mit dem Heimvertrag nach § 4 HeimG, wurde als maßgebliche Kompetenznorm die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (Korbmacher, Grundfragen des öffentlichen Heimrechts, S. 6) angesehen.
36 
Mit dem durch das Föderalismusreformgesetz vom 28.06.2006 eingefügten Klammerzusatz in Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG „(ohne das Heimrecht)“ wurde die Kompetenz für das Heimrecht aus dem Katalog der konkurrierenden Gesetzgebung gestrichen und fällt seitdem in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder gemäß Art. 70 Abs. 1 GG. Dies kann nach Wortlaut, Regelungszusammenhang und Sinn und Zweck des Klammerzusatzes nur Kompetenzen meinen, die vom Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zuvor umfasst waren. Ergab sich die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für heimvertragsrechtliche Regelungen aber bereits vor der Föderalismusreform I aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG, kann der Landesgesetzgeber durch die Grundgesetzänderung nur für den ordnungsrechtlichen Teil des Heimrechts zuständig geworden sein (vgl. dazu Senat, Urteil vom 27.09.2011 - 6 S 707/10 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 05.04.2012 - 4 BN 1.12 -, juris, jeweils m.w.N.). Die Kompetenz zur Regelung des bürgerlichen Rechts i.S.d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG umfasst dabei auch die Kompetenz zur Regelung des Verbraucherschutzrechts (vgl. dazu BT-Drs. 16/12409, S. 10). Dem entspricht mittlerweile die Staatspraxis.
37 
Das Land Baden-Württemberg vertrat zunächst - weitergehend - die Auffassung, dass die übergegangene Gesetzgebungskompetenz für das Heimrecht auch die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung des Heimvertragsrechts umfasse. Die verfassungsrechtliche Kompetenzzuweisung an die Länder differenziere nicht zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Regelungsbereichen des Heimrechts. Die Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Heimrecht umfasse vielmehr auch die Möglichkeit, Rechtsverhältnisse zwischen Privaten zu regeln, um Notlagen, gleich welcher Art, vorzubeugen, oder sie im Fall ihres Eintritts zu bekämpfen und die Heime zum Schutz der naturgemäß besonders fürsorgebedürftigen Heimbewerber und -bewohner in die Pflicht zu nehmen. Dem Bund komme zwar weiterhin die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das bürgerliche Recht zu (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG). Aus diesem Kompetenzbereich sei jedoch mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG die Befugnis zur Regelung des Heimvertragsrechts ausdrücklich zu Gunsten der Länder herausgelöst worden (Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg vom 05.05.2009, LT-Drs. 14/4440, S. 3).
38 
Auf dieser Grundlage erließ der Landtag von Baden-Württemberg trotz zwischen Bund und Ländern strittiger Zuständigkeit für die heimvertraglichen Regelungen das umfassende, also sowohl den öffentlich-rechtlichen als auch den privat-rechtlichen Bereich des Heimrechts regelnde Landesheimgesetz. Dieses trat am 01.07.2008 in Kraft (GBl. S. 169).
39 
Demgegenüber stellte sich der Bund auf den Standpunkt, dass durch die am 01.09.2006 in Kraft getretene Föderalismusreform zwar das Heimrecht aus der konkurrierenden Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers für die öffentliche Fürsorge nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG ausgeklammert worden sei. Danach liege die Gesetzgebungskompetenz für die ordnungsrechtlichen Vorschriften des bisherigen Heimgesetzes bei den Ländern, der Bundesgesetzgeber sei aber nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG für die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften zuständig (vgl. dazu BT-Drs. 16/12409, S. 1 und 16/12882, S. 1).
40 
In dem sich anschließenden Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform, das u.a. das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) umfasst, stellte das Land Baden-Württemberg im Bundesrat den Antrag, der Bundesrat möge gemäß Art. 76 Abs. 2 GG zu dem Gesetzentwurf dahingehend Stellung nehmen, dass der Bund im Hinblick auf das Heimvertragsrecht keine Gesetzgebungskompetenz besitze bzw. den Vermittlungsausschuss anzurufen (BR-Drs. 167/2/09, S. 1 ff.; 566/1/09). Der Antrag blieb ohne Erfolg.
41 
Das Gesetz zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform trat am 01.09.2009 in Kraft (BGBl. I S. 2319).
42 
Das Land Baden-Württemberg erließ daraufhin ein Gesetz zur Änderung des Landesheimgesetzes (vom 11.05.2010, GBl. S. 404), mit dem die heimvertraglichen Regelungen im Landesheimgesetz in Wegfall kamen. Die Entwurfsbegründung (vgl. LT-Drs. 14/6080) äußert sich zu kompetenzrechtlichen Fragen nicht mehr.
43 
Dem Land steht mithin die Kompetenz zur Regelung des Heimordnungsrechtes zu; eine Kompetenz zur Regelung des Heimvertragsrechts besteht nur unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 1 GG, also solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
44 
b) Das Gesetz zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform bzw. das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz ist zunächst darauf gerichtet, die in den §§ 5-9 und 14 HeimG enthaltenen, in erster Linie den Inhalt des Heimvertrages betreffenden Regelungen zu ersetzen. Darüber hinaus sollte mit dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz gleichzeitig aber auch ein Verbraucherschutzgesetz geschaffen werden, das dem besonderen Schutzbedarf, der durch die vertragliche Verbindung von Wohnungsüberlassung und der Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen bei gleichzeitig gegebener Hilfsbedürftigkeit mit den Mitteln des Verbraucherschutzrechts Rechnung trägt. (vgl. dazu die Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 10f.). Der Bundesgesetzgeber hat sich mithin bei der Schaffung des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes von denselben Überlegungen leiten lassen wie bei der Einführung des § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 HeimG. Er ist dabei aber bewusst von der Regelungskonzeption des Heimgesetzes abgewichen bzw. darüber hinausgegangen, soweit dieses der Sache nach verbraucherschutzrechtliche Regelungen enthielt (vgl. Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 10).
45 
Diese Regelungskonzeption enthält deshalb neben Regelungen zum Vertragsinhalt u.a. - gegenüber § 5 Abs. 1 HeimG weiterentwickelte - Informationspflichten des Unternehmers vor Vertragsschluss (§ 3 WBVG, siehe dazu Begründung zum WBVG, BT-Drs. 16/12409, S. 16), detaillierte Regelungen zum Vertragsschluss und zur Vertragsdauer (§ 4 WBVG; vgl. demgegenüber § 8 HeimG) sowie zur Form des Vertragsschlusses und zu etwaigen Fehlerfolgen (§ 6 WBVG; vgl. demgegenüber § 5 Abs. 1 Satz 2 HeimG: bislang keine zwingende Schriftform). Art. 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform sieht schließlich vor, dass das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne des § 2 Abs. 2 UKlaG ist mit der Folge, dass gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden kann, wenn den Vorschriften des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes zuwidergehandelt wird.
46 
Nach der Begründung des Gesetzentwurfs hierzu sind im Übrigen aber zum einen zivilrechtliche Ansprüche der Heimbewohner - wie sonstige zivilrechtliche Ansprüche auch - auf dem Zivilrechtsweg zu verfolgen (BR-Drs. 167/09, S. 15 f.). Zum anderen wurde die Anregung des Bundesrates (BR-Drs. 167/09, Ziff. 10a), darüber hinausgehende Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung aufzunehmen, nicht aufgegriffen (vgl. dazu Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 16/12882, S. 12).
47 
Dem entspricht es, dass das Land Baden-Württemberg bereits an dem - so auch Gesetz gewordenen - Entwurf zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz kritisiert hatte, dass die Heimaufsicht zwar nach dem Landesheimgesetz - ebenso wie bisher nach dem Bundesheimgesetz - gesetzwidrige Verträge beanstanden und deren Abänderung durchsetzen könne, dass der Entwurf diese Kontrollmöglichkeit aber entfallen lasse. Die pflegebedürftigen und behinderten Menschen und ihre Angehörigen würden ausschließlich auf den Weg vor die Zivilgerichte verwiesen (Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales vom 05.05.2009, a.a.O., S. 3). In der Entwurfsbegründung des Gesetzes zur Änderung des Landesheimgesetzes ist hierzu u.a. ausgeführt, der Wegfall der heimvertragsrechtlichen Regelungen im Landesheimgesetz führe zu einer Entlastung der Heimaufsichtsbehörden, da diese in Zukunft weder Heimverträge noch die Einhaltung der heimvertraglichen Regelungen prüfen müssten (vgl. LT-Drs. 14/6080, S. 1, 8).
48 
c) Die von der Klägerin mit den Bewohnern der Pflegeeinrichtung ... abgeschlossenen Verträge unterfallen dem gegenständlichen Anwendungsbereich (zu etwaigen zeitlichen Differenzierungen s. unten) des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes. Ein solcher Vertrag setzt gemäß § 1 WBVG - wie hier - die Überlassung von Wohnraum und die Erbringung von Pflege- oder Betreuungsleistungen zur Bewältigung eines durch Alter, Pflegebedürftigkeit oder Behinderung bedingten Hilfsbedarfs voraus. Die Klägerin ist - entsprechend § 1 WBVG - auch Unternehmerin im Sinne des § 14 BGB, die Heimbewohner sind (volljährige) Verbraucher im Sinne des § 13 BGB.
49 
d) Soweit § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. der Durchsetzung von zugunsten von Heimbewohnern bestehenden Verpflichtungen des Heimbetreibers aus einem Vertrag, der dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz unterfällt, mit den Mitteln des Heimordnungsrechts dienen soll, liegt darin ein unzulässiger Eingriff in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Verbraucherschutzrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG.
50 
aa) Kommt nach dem Sachbereich einer Regelung eine mehrfache Zuordnung zu einem Kompetenztitel in Betracht, ist auf den Schwerpunkt der Regelung und die insoweit maßgebliche Zielsetzung abzustellen. Für die Subsumtion einer Regelung unter einen Kompetenztitel ist mithin in erster Linie der primäre Normzweck entscheidend, der dem Gegenstand der Kompetenznorm entsprechen muss (vgl. dazu Degenhart, Staatsorganisationsrecht, 23. Aufl., Rn. 160 ff. unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 09.10.1984 - 2 BvL 10/82 -, BVerfGE 67, 299 (314 ff.; 319 ff.); BVerfG, Urteil vom 27.10.1998 - 1 BvR 2306/96 u.a. -, BVerfGE 98, 265 (300)). Dies ist bei § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F., soweit es um die Schaffung einer Möglichkeit zur Durchsetzung von vertraglichen Verbraucherrechten geht, aber der Verbraucherschutz i.S.d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG, nicht die heimordnungsrechtliche Gefahrenabwehr (vgl. zum grundsätzlichen Verhältnis von Ordnungsrecht und zivilrechtlichen Ansprüchen § 2 Abs. 2 PolG). Dies zeigt auch die Diskussion um die Schaffung bzw. den Wegfall von Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung im Gesetzgebungsverfahren zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz bzw. zum Gesetz zur Änderung des Landesheimgesetzes.
51 
bb) Die Kompetenz für das Verbraucherschutzrecht steht - wie bereits ausgeführt - gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG als Teil des bürgerlichen Rechts im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz grundsätzlich dem Bund zu. Das heißt, eine Gesetzgebungskompetenz verbliebe dem Land nur noch, wenn der Bund eine Frage, hier den Verbraucherschutz von Heimbewohnern, nicht (wirksam) oder nur teilweise durch Gesetz geregelt hätte (Art. 72 Abs. 1 GG). Demgegenüber tritt eine Kompetenzsperre ein, wenn eine (wirksame) umfassende bundesgesetzliche Kodifikation vorliegt (vgl. dazu Degenhart, a.a.O., Rn. 177ff; BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 (369 ff.)). Maßgeblich dafür, ob eine abschließende Regelung einer bestimmten Materie vorliegt, ist eine Gesamtwürdigung des betreffenden Normbereichs, neben konkreten Einzelregelungen ist auf die Gesamtkonzeption abzustellen (Jarass/Pieroth, a.a.O., § 72 Rn. 2 unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 09.10.1984, a.a.O., S. 324; Beschluss vom 29.03.2000 - 2 BvL 3/96 -, BVerfGE 102,99 (114a f.; 121); Urteil vom 10.02.2004 - 2 BvR 834/02 u.a. -, BVerfGE 109, 272 (279); Urteil vom 27.10.1998, a.a.O., S. 321; Urteil vom 07.05.1998 - 2 BvR 1876/91 -, BVerfGE 98, 83 (98)).
52 
Der Bundesgesetzgeber hat für den Anwendungsbereich des - seinerseits verfassungsgemäß zustande gekommenen - Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes und damit auch, soweit Verträge zwischen Betreibern und Bewohnern eines Heims im Sinne des Landesheimgesetzes dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz unterfallen (vgl. zum Anwendungsbereich des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes einerseits und landesrechtlicher heimordnungsrechtlicher Regelungen andererseits Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 1), aber eine abschließende Regelung zum Verbraucherschutz getroffen.
53 
Diese Regelungskonzeption enthält - wie bereits ausgeführt - neben Regelungen zum Vertragsinhalt die Sicherstellung des Schutzes von Heimbewohnern durch eine Reihe von „flankierenden Maßnahmen“. Damit liegt eine detaillierte Gesamtkonzeption zur Regelung des Verbraucherschutzes im Anwendungsbereich des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes vor. Der Bundesgesetzgeber ist dabei bewusst von der Regelungskonzeption des bisherigen Bundesheimgesetzes abgewichen bzw. darüber hinausgegangen, soweit dieses der Sache nach verbraucherschutzrechtliche Regelungen enthielt (vgl. Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 10). Dem entspricht die gesetzgeberische Absicht, nach der Föderalismusreform den Verbraucherschutz von Heimbewohnern als Teil einer auch neue Wohn- und Betreuungsformen erfassenden, umfassenden Gesamtregelung insgesamt auf eine neue rechtliche Grundlage zu stellen und zwar wegen Umfang und Bedeutung der Sondervorschriften in einem eigenen Gesetz (vgl. dazu Begründung zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, BT-Drs. 16/12409, S. 10 ff.).
54 
Eine Regelungskompetenz der Länder auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes zu Gunsten von Heimbewohnern gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG verblieb damit nicht. Gerade mit Blick auf die behördliche Eingriffsregelung des § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. ist weiter zu berücksichtigen, dass der Bundesgesetzgeber eine stärkere Ausrichtung des Verbraucherschutzes an allgemein-zivilrechtlichen Grundsätzen angestrebt hat (BT-Drs. 16/12409, S. 10), also über § 2 UKLaG hinausgehende, ergänzende Maßnahmen der Rechtsdurchsetzung, die er gestützt auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG hätte regeln können, gerade nicht vorsehen wollte. Der Bundesgesetzgeber hat sein Ziel, die Heimbewohner als Verbraucher bei der Wahrnehmung der eigenen Interessen zu stärken (BT-Drs. 16/12409, S. 11) und die Durchsetzbarkeit der ihnen zur Seite gestellten Rechte zu verbessern, vielmehr gerade durch klare und auf konkrete Rechtsfolgen gerichtete Regelungen zu verbessern versucht, wozu der Zivilrechtsweg offenstehe. Daneben sieht die Regelungskonzeption lediglich Klagen von Verbraucherschutzverbänden auf der Grundlage des Unterlassungsklagengesetzes vor. Im Gesetzgebungsverfahren ist schließlich der Versuch gescheitert, weitere Regelungen zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in das Gesetz aufzunehmen (vgl. BR-Drs. 167/09 unter Ziff. 10 und BT-Drs. 16/1282, S. 9, 12; vgl. zur Sperrwirkung durch absichtsvollen Regelungsverzicht BVerfGE, Urteil vom 27.10.1998, a.a.O.).
55 
e) Solange und soweit der Bund von einer ihm verliehenen Gesetzgebungskompetenz wirksam Gebrauch gemacht hat, kann gem. Art. 72 Abs. 1 GG neues Landesrecht nicht mehr entstehen und sind erlassene Landesgesetze unzulässig und nichtig (Jarass/Pieroth, a.a.O., Rn. 6).
56 
Jedenfalls mit Inkrafttreten des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes am 01.09.2009 (vgl. Jarass/Pieroth, a.a.O., § 72 Rn. 8) wäre § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. somit insoweit unzulässig geworden, als er die Durchsetzung von Ansprüchen aus Heimverträgen ermöglichen soll, auf die das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Anwendung findet. Dies sind alle ab dem 01.09.2009 neu geschlossenen Heimverträge und alle davor abgeschlossenen Heimverträge ab dem 01.05.2010 (vgl. § 17 WBVG). § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. wäre insoweit von Anfang an nichtig, als er die Durchsetzung von Ansprüchen aus Heimverträgen ermöglichen soll, auf die das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Anwendung findet.
57 
§ 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. können aber dahingehend einschränkend ausgelegt werden, dass sie verfassungskonform sind.
58 
Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten (Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 20 Rn. 34 unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 30.03.1993 - 1 BvR 1045/89 u.a. -, BVerfGE 88, 145 (166); Urteil vom 24.04.1985 - 2 BvR 2/83 -, BVerfGE 69, 1 (55); Beschluss vom 03.06.1992 - 2 BvR 1041/88 u.a. -, BVerfGE 86, 288 (320 f.); Beschluss vom 15.10.1996, - 1 BvR 44/92 u.a.-, BVerfGE 95, 64 (81, 93)). Der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. steht einer solchen Auslegung nicht entgegen, er spricht nicht ausdrücklich von Pflichten des Heimbetreibers aus dem Heimvertrag. Der Gesetzgeber des (ursprünglichen) Landesheimgesetzes hat zu der vorliegenden Frage ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs keine Überlegungen angestellt, sondern unreflektiert die Regelungen des Heimgesetzes übernommen. Dass diese ihrerseits ursprünglich auch zur Durchsetzung von vertraglichen Ansprüchen eingeführt worden waren, steht dem nicht entgegen. Der Gesetzgeber des Änderungsgesetzes zum Landesheimgesetz ist demgegenüber davon ausgegangen, dass bereits eine Überprüfung der heimvertraglichen Regelungen durch die Heimaufsichtsbehörde nicht mehr in Betracht kommt. Die vorliegende Auslegung entspricht schließlich auch dem ordnungsrechtlichen Ansatz des Landesheimrechtes.
59 
Damit fehlt es insoweit aber an einer Rechtsgrundlage, aufgrund derer die Heimaufsichtsbehörde die Durchsetzung von Ansprüchen aus Heimverträgen durch heimaufsichtsrechtliche Verfügung ermöglichen kann und damit für die streitgegenständliche Verfügung. Soweit für vor dem 01.09.2009 geschlossene Verträge nach § 17 WBVG noch (bis zum 30.04.2010) das Heimgesetz weiter galt, könnte im Hinblick auf die am 28.01.2010 ergangene streitgegenständliche Verfügung für den Zeitraum Februar bis April 2010 möglicherweise eine Differenzierung erforderlich sein. Dies kann jedoch offen bleiben, weil sich die angefochtene Verfügung noch aus anderen Gründen, die auch diesen Zeitraum betreffen, als rechtswidrig erweist.
60 
2. Der Senat lässt offen, ob eine Bindung der Klägerin an die Bestimmungen des Rahmenvertrages und an daraus zu Lasten der Klägerin als Heimträgerin abgeleitete Verpflichtungen gegenüber Heimbewohnern, hier der Verpflichtung, unter bestimmten Voraussetzungen Heimbewohner ohne Erhebung eines gesonderten Entgelts zum Arzt zu begleiten, auch unabhängig von den von der Klägerin geschlossenen Heimverträgen besteht.
61 
Die Klägerin ist nicht selbst am Rahmenvertrag beteiligt. Sie gehört zwar dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Baden-Württemberg e.V. an, der seinerseits Vertragspartner des Rahmenvertrages ist. Eine zivilrechtliche Befugnis dieses Verbandes, Mitgliedsunternehmen aus dem Rahmenvertrag zu verpflichten, besteht aber nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht. Dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Baden-Württemberg e.V. kommt als privatrechtlich organisiertem Zusammenschluss gegenüber seinen Mitgliedsunternehmen auch keine Rechtssetzungsbefugnis zu (vgl. LPK-SGB XI, 2. Aufl., § 75 Rn. 9). Der Rahmenvertrag erstreckt seine Wirkung auch nicht selbst auf Dritte (vgl. dazu allgemein Engelmann, in: von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 53 Rn. 4d m.w.N.). Die Verbindlicherklärung des Rahmenvertrags in § 7 des Versorgungsvertrags nach § 72 SGB XI, also im Rahmen der Zulassung der Pflegeeinrichtung zur stationären Versorgung, wiederum begründet Verpflichtungen der Klägerin nicht gegenüber dem pflegebedürftigen Heimbewohner, sondern gegenüber den Pflegekassen (vgl. Philipp, VSSR 1997, 243 (244)).
62 
Damit kommt vorliegend unabhängig von den durch die Klägerin geschlossenen Heimverträgen allein eine Geltungserstreckung des Rahmenvertrags zu Lasten der Klägerin aufgrund der gesetzlichen Anordnung des § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI in Betracht. Danach sind die Rahmenverträge als sogenannte Normsetzungsverträge für zugelassene Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich. Eine Verpflichtung der Klägerin als Heimbetreiberin gegenüber dem pflegebedürftigen Heimbewohner ergäbe sich dann über § 8 Abs. 1 des Rahmenvertrages. Danach muss im Heimvertrag die Umsetzung des Rahmenvertrages und damit auch dessen etwaige Vorgaben, was als Regelleistung zu erbringen ist, gewährleistet sein.
63 
Die rechtliche Zulässigkeit von Normsetzungsverträgen im Sozialversicherungsrecht ist in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt (ständige Rechtsprechung seit BSG, Urteil vom 08.03.1995, - 1 RK 12/94 -, BSGE 76, 48 (51); LSG Sachsen, Urteil vom 12.12.2007 - L 1 P 28/05 -, PflR 2008, 243 zu § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI), aber insbesondere aus verfassungsrechtlichen Gründen, namentlich im Hinblick auf das Demokratieprinzip und den Parlamentsvorbehalt im grundrechtsrelevanten Bereich, im allgemeinen (vgl. den Nachweis des Meinungsstandes bei Schoch/Wieland, ZG 2005, 223 (235 ff.), die allerdings unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 05.12.2002, - 2 BvL 5/98 u.a. -, BVerfGE 107, 59 zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit gelangen) und in Sonderheit im Fall des § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI (vgl. LPK-SGB XI, 2. Aufl., § 75 Rn. 9 ff.; Udsching, SGB XI, 2. Aufl., § 75 Rn. 5) umstritten (vgl. zum Ganzen auch Rennert, JZ 2009, 976).
64 
Die Frage der rechtlichen Zulässigkeit von Normsetzungsverträgen nach § 75 Abs. 1 Satz 1 und 4 SGB XI bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Ist die Klägerin hieran nicht gem. § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI gebunden, wird hierdurch keine Verpflichtung begründet. Selbst wenn aber gem. § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI eine Bindung der Klägerin an den Inhalt des Rahmenvertrages eingetreten sein sollte, steht dem Landesgesetzgeber - ungeachtet sich darüber hinaus möglicherweise ergebender weiterer verfassungsrechtlicher Fragen - jedenfalls keine Gesetzgebungskompetenz zur Schaffung einer Befugnis der Heimaufsichtsbehörde zur Feststellung und Durchsetzung von zu Gunsten von Heimbewohnern wirkenden Verpflichtungen eines Heimbetreibers aus dem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI zu, wenn - wie hier - zwischen den am Rahmenvertrag Beteiligten ausdrücklich streitig ist, ob sie die fragliche Verpflichtung begründet haben.
65 
a) Dem Land steht - wie ausgeführt - die Kompetenz zur Regelung des Heimordnungsrechtes zu; eine Kompetenz zur Regelung von Angelegenheiten des Sozialversicherungsrechts, die nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG der konkurrierenden Gesetzgebung unterfällt, besteht nur unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 1 GG, also solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
66 
b) Durch die Rahmenverträge nach § 75 SGB XI wird - normersetzend - das Leistungserbringungsrecht im dort genannten Umfang untergesetzlich geregelt, d.h. der Gesetzgeber überlässt es den Vertragspartnern dieser Verträge, also - soweit es um stationäre Pflegeeinrichtungen geht - den Landesverbänden der Pflegekassen, dem Verband der privaten Krankenversicherung im Land, den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen im Land und der Arbeitsgemeinschaft der örtlichen Sozialhilfeträger sowie den überörtlichen Sozialhilfeträgern, den Sicherstellungsauftrag der Pflegekassen gemäß § 69 Satz 1 SGB XI zu konkretisieren. Mit der Statuierung von Normsetzungsverträgen im Sozialversicherungsrecht verzichtet der Gesetzgeber zugunsten einer im weiten Sinne verstandenen „Selbstverwaltung“ und Selbstregulierung durch die Vertragspartner auf nähere eigene Regelungen (Schoch/Wieland, a.a.O., S. 235).
67 
Dies betrifft auch die hier ins Auge gefasste Abgrenzung von allgemeinen Pflegeleistungen und Zusatzleistungen (vgl. §§ 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 88 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Mit dem Rahmenvertrag wird das „Gesamtpaket“ der allgemeinen Pflegeleistungen festgelegt (vgl. dazu Philipp, a.a.O., S. 247 ff.).
68 
Durch den Rahmenvertrag wird bei dessen Wirksamkeit gegenüber Dritten auch die sozialversicherungsrechtliche Pflichtenstellung der zugelassenen Pflegeinrichtungen und damit des Heimbetreibers bestimmt (§ 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI).
69 
c) Der Heimaufsichtsbehörde ist es auch auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. - wie schon nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Variante 2 HeimG - grundsätzlich unbenommen, an Bestimmungen des Rahmenvertrages (vgl. dazu Senat, Urteil vom 22.06.2006, a.a.O.) ebenso wie an gesetzliche Regelungen aus dem Sozialversicherungsrecht (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 02.06.2010 - 8 C 24/09 -, Buchholz 451.44 HeimG Nr. 11) oder aus anderen Rechtsbereichen, die Verpflichtungen des Heimbetreibers gegenüber dem Heimbewohner begründen, anzuknüpfen und durch heimordnungsrechtliche Verfügung zu aktualisieren. Soweit durch heimaufsichtsrechtliche Verfügung die Verpflichtung des Heimbetreibers zur Erbringung von allgemeinen Pflegeleistungen aktualisiert wird, betrifft dies einzelne Verpflichtungen aus dem „Gesamtpaket“ der allgemeinen Pflegeleistungen (vgl. zu dieser Unterscheidung Philipp, a.a.O., S. 246 f.). Die vorgängige Bestimmung des „Gesamtpakets“ der allgemeinen Pflegeleistungen ist demgegenüber Aufgabe der Vertragspartner.
70 
d) Die Vertragspartner des Rahmenvertrages klären Fragen zu seiner Auslegung im Rahmen sog. Gemeinsamer Empfehlungen an die Heimbetreiber. Den Gemeinsamen Empfehlungen kommt zwar keine Bindungswirkung nach § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI zu. Mittelbar entsteht aber eine Bindung der Heimbetreiber dadurch, dass die Heimaufsichtsbehörden die Gemeinsamen Empfehlungen ihrer heimrechtlichen Bewertung zu Grunde legen (vgl. Erlass des Sozialministeriums vom 06.03.2000).
71 
e) Ist eine bestimmte Frage im Rahmenvertrag nicht ausdrücklich geregelt und kommt hierzu auch keine Gemeinsame Empfehlung zustande, liegt aus Sicht der normgebenden Vertragsparteien eine teilweise Nichtregelung vor, und zwar unabhängig davon, ob sich die Frage im Wege der Vertragsauslegung klären ließe. Umgekehrt wird mit der Klärung dieser Frage durch die Vertragspartner das „Gesamtpaket“ der allgemeinen Pflegeleistungen ergänzt.
72 
f) Kommt ein Vertrag nach § 75 Abs. 1 SGB XI innerhalb von sechs Monaten ganz oder teilweise nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zu Vertragsverhandlungen aufgefordert hat, wird gem. § 75 Abs. 4 SGB XI sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Schiedsstelle nach § 76 SGB XI festgesetzt. Dies gilt auch für Verträge, mit denen bestehende Rahmenverträge geändert oder durch neue Verträge abgelöst werden. Ersatzweise kommt u.a. im Bereich der Abgrenzung von allgemeinen Pflegeleistungen und Zusatzleistungen auch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung in Betracht (§ 83 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB XI).
73 
g) Soweit § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. die Durchsetzung von nach Auffassung der Heimaufsichtsbehörde zugunsten von Heimbewohnern wirkenden Verpflichtungen des Heimbetreibers aus einem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI mit den Mitteln des Heimordnungsrechts ermöglicht, greift die Regelung in unzulässiger Weise in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Sozialversicherungsrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG ein, wenn zwischen den Vertragspartnern des Rahmenvertrags - wie hier - gerade offen ist, ob eine solche Verpflichtung bestehen soll.
74 
aa) Soweit § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. der Feststellung und Durchsetzung von zwischen den Vertragsparteien streitigen Verpflichtungen des Heimbetreibers aus einem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. Satz 1 SGB XI dienen soll, ist der primäre Normzweck (s. dazu oben II.1.d)aa)) sozialversicherungsrechtlicher Natur, weil sie insoweit auf die - ggf. ergänzende - Bestimmung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichtenstellung des Heimbetreibers gerichtet sind.
75 
bb) Die Kompetenz für das Sozialversicherungsrecht steht - wie bereits ausgeführt - gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung grundsätzlich dem Bund zu. Das heißt, eine Gesetzgebungskompetenz verbliebe dem Land nur noch, wenn der Bund eine Frage, hier die sozialversicherungsrechtliche Stellung von Heimbetreibern und deren Bestimmung, nicht (wirksam) oder nur teilweise durch Gesetz geregelt hätte (Art. 72 Abs. 1 GG).
76 
Dies ist aber nicht der Fall, weil auch insoweit eine (wirksame und) umfassende (s. dazu oben II.2.d)bb)) bundesgesetzliche Regelung vorliegt. Der Bund hat für die Bestimmung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichtenstellung (auch) des Heimbetreibers den Weg über den Normsetzungsvertrag gewählt, also in einem „System regulierter Selbstregulierung“ eine „partizipative Netzwerkstruktur“ an die Stelle staatlicher Entscheidungen gesetzt (Schoch/Wiegand, a.a.O., S. 238). Es liegt auch eine positive Regelung für den Fall vor, dass ein Vertrag ganz oder teilweise nicht zustande kommt. Unter den in § 75 Abs. 4 SGB XI genannten Voraussetzungen wird sein Inhalt durch eine Schiedsstelle festgesetzt. Auch ist für Teilbereiche in § 83 SGB XI ersatzweise der Erlass einer Rechtsverordnung durch die Bundesregierung zur Konkretisierung des Leistungserbringungsrechts vorgesehen.
77 
Ist damit aber sowohl der Regelfall der Schaffung des untergesetzlichen Regelwerks zur Konkretisierung des Sicherstellungsauftrags durch die in § 75 Abs. 1 SGB XI vorgesehenen Vertragspartner normiert als auch Vorsorge für den Fall getroffen, dass eine solche Normierung ganz oder teilweise nicht stattfindet, bleibt kein Raum mehr für ein durch das Land zu regelndes - auch nur subsidiäres oder ergänzendes - einseitiges behördliches Tätigwerden der Heimaufsichtsbehörde zur Bestimmung der sich in diesem Zusammenhang ergebenden Rechte und Pflichten der Vertragsbeteiligten und damit über § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI auch der Heimträger, wie hier durch Definition der Arztbegleitung als allgemeine Pflegeleistung.
78 
h) § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. sind deshalb verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass zu den dort genannten Pflichten nicht solche gehören, die Gegenstand eines Rahmenvertrages nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XI sind, wenn eine bestimmte Frage im Rahmenvertrag nicht ausdrücklich geregelt wurde und hierzu auch keine Gemeinsame Empfehlung zustande gekommen ist. Die oben angestellten Erwägungen zu Wortlaut, Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Regelungen gelten entsprechend (II.1.e)). Der Gesetzgeber hat die Problematik weder bei Erlass des Landesheimgesetzes noch bei dessen Änderung gesehen.
79 
i) Entsprechendes gilt für aus dem Rahmenvertrag zugunsten von Heimbewohnern abgeleitete Verpflichtungen, wenn die Heimbewohner in der privaten Pflegeversicherung versichert sind oder aber Leistungen nach dem SGB XII beziehen, mit Blick auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 und 11 GG.
80 
3. Darf die Heimaufsichtsbehörde nicht konstitutiv zu Gunsten der Heimbewohner Verpflichtungen des Heimbetreibers aus Rahmenverträgen gemäß § 75 SGB XI ableiten und ebenso wenig (etwaige) Verpflichtungen aus den Heimverträgen durch auf § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG a.F. bzw. auf § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 LHeimG n.F. gestützte Verfügungen aktualisieren, kann dies auch nicht Grundlage oder Ergebnis von auf § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 und 3 LHeimG a.F. bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 und 3 LHeimG n.F. gestützten Verfügungen sein. Danach können gegenüber Heimträgern Anordnungen erlassen werden, die zur Beseitigung einer eingetretenen oder zur Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung oder Gefährdung des Wohls der Bewohner oder zur Vermeidung einer Unangemessenheit zwischen Entgelt und der Leistung des Heims erforderlich sind, wenn diesbezüglich festgestellte Mängel nicht abgestellt werden.
III.
81 
Unbeschadet der Ausführungen zu Ziff. 2 ergibt sich aus dem (unmittelbar oder mittelbar über den Heimvertrag angewandten) Rahmenvertrag nicht, dass die Klägerin verpflichtet wäre, unter den in der Verfügung genannten Voraussetzungen Heimbewohner ohne Erhebung eines gesonderten Entgelts zum Arzt begleiten zu lassen, dass es sich hierbei mithin um eine zum „Gesamtpaket“ der allgemeinen Pflegeleistungen gehörende Leistung handelt. Demgegenüber ist der individuelle Pflegebedarf des einzelnen Heimbewohners, auf den das Verwaltungsgericht bei der Auslegung maßgeblich abstellt, erst bei der Bestimmung des Inhalts der allgemeinen Pflegeleistung im Einzelfall relevant (vgl. hierzu Philipp, a.a.O., S. 247).
82 
Für die Auslegung von Normsetzungsverträgen als untergesetzlichen Rechtsnormen ist die objektive Erklärungsbedeutung maßgeblich, also nicht auf den subjektiven Willen der Beteiligten (bei Vertragsschluss) abzustellen (vgl. zu dieser sog. normativen Auslegung BSG, Urteil vom 31.01.2001 - B 6 KA 33/00 -, NZS 2001, 533; vom 09.03.1999 - B 6 KA 18/98 R-, MedR 1999, 479). Wie ansonsten bei Normen auch kann außer einer Auslegung nach dem Wortlaut auch eine systematische, teleologische und eine entstehungsgeschichtliche Auslegung in Betracht kommen (BSG, a.a.O.). Durch die Einbeziehung des Normsetzungsvertrages in den Heimvertrag ändert sich hieran nichts (vgl. § 8 Abs. 1 des Rahmenvertrags).
83 
Eine ausdrückliche Regelung, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Begleitung zum Arzt zu den Regelleistungen gehört, ist nicht getroffen. Die maßgebliche Passage in § 1 Abs. 3 lit. c des Rahmenvertrages, Hilfen beim „Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung“, umfasst nach ihrem Wortlaut in gegenständlicher Hinsicht auch die Begleitung von Heimbewohnern, sie ist in räumlicher Hinsicht aber auf die Pflegeeinrichtung, nicht auf einen sonstigen Ort bezogen. Der nachfolgende Zusatz „dabei“ - also bei Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung - „sind solche Verrichtungen außerhalb des Pflegeheims zu unterstützen, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung notwendig sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen erfordern (z.B. Organisieren und Planen des Zahnarztbesuchs)“, nimmt demgegenüber zwar einen Ort außerhalb der Pflegeeinrichtung in den Blick. Eine solche Verrichtung wird zwar auch unterstützt, wenn das Aufsuchen und Verlassen dieses Ortes im Weg der Begleitung ermöglicht wird. Gegen eine solche Interpretation spricht aber wiederum das Beispiel im Klammerzusatz, das seinem Wortlaut nach nicht die Durchführung des Arztbesuchs umfasst. Dem Wortlaut des Rahmenvertrags lässt sich mithin nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, dass die Begleitung zum Arzt umfasst sein soll.
84 
Der genannte Zusatz („dabei“) stellt davon abgesehen auch bereits keine nähere Bestimmung der Mobilitätskategorie „Verlassen und Wiederaufsuchen der Pflegeeinrichtung“ dar, was ein Vergleich mit den anderen Mobilitätskategorien zeigt. Die dortigen Zusätze, eingeleitet mit Begriffen wie „beinhaltet“, „dazu gehört“, „dies umfasst“, enthalten demgegenüber Erläuterungen der jeweiligen Kategorie. Dies spricht dagegen, aus dem Zusatz abzuleiten, zu welchen Mobilitätshilfen der Heimbetreiber verpflichtet sein soll. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Zusatz voraussetzt, dass eine Begleitung zu einem außerhalb gelegenen Ort erfolgt ist. Ein Rückgriff auf den z.B. in § 3 des Rahmenvertrages zum Ausdruck kommenden Grundsatz, dass die allgemeinen Pflegeleistungen alles „Notwendige“ erfassen, ist dadurch ausgeschlossen, dass der Rahmenvertrag eben hierzu auch für den Bereich Mobilität detaillierte Regelungen enthält, die gerade der abschließenden Konkretisierung der Leistungspflichten dienen. Die systematische Interpretation der Bestimmungen des Rahmenvertrages führt mithin zu keinem anderen Ergebnis.
85 
Aus der Entstehungsgeschichte des Rahmenvertrages ist nichts für die von der Heimaufsichtsbehörde angenommene Verpflichtung ersichtlich. Aus den für die anderen Bundesländer geschlossenen Rahmenverträgen nach § 75 SGB XI ergibt sich ebenfalls nicht, dass generell von einer solchen Verpflichtung ausgegangen würde. Die Regelungen in den meisten Verträgen entsprechen der baden-württembergischen Regelung. Der Rahmenvertrag für Rheinland-Pfalz sieht demgegenüber - nach dem Regelungszusammenhang konstitutiv - als Teil der allgemeinen Pflegeleistungen eine ausdrückliche Pflicht zur Begleitung vor, wenn diese für notwendige Verrichtungen außerhalb der Pflegeeinrichtung, die das persönliche Erscheinen des pflegebedürftigen Menschen erfordern, notwendig ist.
86 
Auch aus dem Normzweck des Rahmenvertrages lässt sich die von der Heimaufsichtsbehörde angenommene Verpflichtung nicht ableiten. Der Rahmenvertrag dient der Konkretisierung des Sicherstellungsauftrags der Pflegekassen u.a. durch die Abgrenzung von allgemeinen Pflegeleistungen und Zusatzleistungen. Ließen sich den gesetzlichen Regelungen des SGB XI Hinweise für die Abgrenzung des Leistungskatalogs der sozialen Pflegeversicherung entnehmen, entspräche es dem Zweck des Rahmenvertrages, diese aufzugreifen. Das Vorhandensein solcher Hinweise wird aber im allgemeinen verneint (vgl. Philipp, a.a.O., S. 248). Dies gilt auch für die vom beklagten Land herangezogene Regelung des § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI. Diese Regelung sieht im Zusammenhang mit der Definition der Pflegebedürftigkeit als unterstützungsbedürftige Verrichtung im Bereich der Mobilität auch nur das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung vor, erwähnt also nicht explizit eine Begleitung zum Arzt. Eine solche ist bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit zwar relevant, aber nur, wenn sie regelmäßig, d.h. mindestens einmal pro Woche (vgl. § 15 Abs. 3 SGB XI und BSG, Urteil vom 29.04.1999 - B 3 P 12/98 R -, juris), zu erfolgen hat. Bei der Bestimmung des „Gesamtpakets“ der allgemeinen Pflegeleistungen ergäbe sich mithin nicht die allgemeine Pflegeleistung, die durch die streitgegenständliche Verfügung aktualisiert werden soll. Vor diesem Hintergrund kann auch die zwischen den Beteiligten weiter streitige Frage offen bleiben, welche Relevanz eine Vorgabe aus § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI für den stationären Bereich tatsächlich hätte. Auch der vom beklagten Land herangezogenen Gesetzesbegründung zum Pflegeversicherungsgesetz lassen sich für die vorliegende Fragestellung keine konkreten Hinweise entnehmen. Hieraus ergibt sich (BT-Drs. 12/5262, S. 97) nur, dass das Leben von Pflegebedürftigen nicht auf die Wohnung beschränkt sein soll, sie vielmehr die Möglichkeit haben müssen, ihre Wohnung zu verlassen, z.B. um einen Arzt aufzusuchen, aber gerade nicht, wer unter welchen Voraussetzungen hierbei entgeltlich oder unentgeltlich die Begleitung des Pflegebedürftigen sicherstellen muss. Im Übrigen geht es in der Gesetzesbegründung um Verrichtungen außerhalb der Wohnung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen, also gerade nicht um den hier relevanten Bereich des Heimaufenthalts.
87 
Aus dem Rahmenvertrag lässt sich mithin die streitgegenständliche Verpflichtung nicht ableiten. Eine entsprechende „ergänzende“ Auslegung des Rahmenvertrages scheidet schon nach den hierfür geltenden Grundsätzen der normativen Auslegung aus. Auch lässt sich kein hypothetischer Parteiwille feststellen. Die zwischen den Beteiligten weiter streitige Frage, ob die Arztbegleitung nur als allgemeine Pflegeleistung geregelt werden könnte und ob neben allgemeiner Pflegeleistung und Zusatzleistung weitere Leistungskategorien zulässig sind, bedarf unter diesen Umständen keiner Entscheidung.
88 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
89 
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
90 
Beschluss vom 09. Juli 2012
91 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gem. §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
92 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

In den Fällen der §§ 284 und 285 werden die Spieleinrichtungen und das auf dem Spieltisch oder in der Bank vorgefundene Geld eingezogen, wenn sie dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Entscheidung gehören. Andernfalls können die Gegenstände eingezogen werden; § 74a ist anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.