Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 19. Mai 2008 - 3 S 2509/07

bei uns veröffentlicht am19.05.2008

Tenor

Die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20. September 2007 - 10 K 924/07 - werden zurückgewiesen.

Die Antragstellerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 116.250,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die statthaften und auch sonst zulässigen Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen haben keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die für sofort vollziehbar erklärte Rücknahmeverfügung des Antragsgegners vom 05.02.2007 wiederherzustellen (§ 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Denn diese Verfügung erweist sich schon bei summarischer Überprüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig mit der Folge, dass dem öffentlichen Interesse an der Verhinderung vollendeter Tatsachen Vorrang gebührt vor dem Interesse der Antragstellerin (und der Beigeladenen), die streitigen Vorhaben vorläufig weiterbauen zu dürfen (zu gleicher Interessenabwägung bei offener Erfolgsaussicht vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.11.2006 - 5 S 1825/06 -, VBlBW 2007, 188 f.).
I.
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 LVwVfG für eine Rücknahme der streitigen Baugenehmigung vom 22.08.2006 liegen mit hoher Wahrscheinlichkeit vor. Denn diese Baugenehmigung, mit der auf Grundlage von § 33 BauGB die Errichtung eines Lebensmittelmarkts mit Backwarenverkauf (Verkaufsfläche ca. 1.050 qm) und eines Textilmarkts (Verkaufsfläche ca. 500 qm) auf den bislang nicht überplanten, am östlichen Ortsrand der Beigeladenen gelegenen Grundstücken Flst.-Nrn. 10992, 10993, 10884, 11045 und 11046 gestattet wird, erweist sich mit hoher Wahrscheinlichkeit als von Anfang an rechtswidrig, weil es jedenfalls an der nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB erforderlichen materiellen Planreife des in Aufstellung befindlichen vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Sondergebiet Einzelhandelsgebiet Riedwiesen“ der Beigeladenen fehlte und bis heute fehlt. Diese Feststellung kann der Senat treffen, ohne dass es einer vertieften oder gar abschließenden Auseinandersetzung mit den vom Verwaltungsgericht und den Beschwerdeführern im Einzelnen aufgeworfenen zahlreichen schwierigen Rechtsfragen bedarf. Denn im „vorgezogenen“ Verfahren nach § 33 BauGB ist es weder Aufgabe der Baurechtsbehörde noch der Gerichte, über streitige und zudem prüfungsaufwändige Zweifelsfragen in Bezug auf die mögliche Wirksamkeit des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans zu entscheiden. Weder die Widerspruchsbehörde noch die Verwaltungsgerichte müssen in diesem Verfahrensstadium die eingeleitete Planung „zu Ende denken“ (so zutreffend VG Freiburg, Urteil vom 18.10.2005 - 1 K 1928/04 -, VBlBW 2006, 361 ff.). Dies würde dem Zweck des Genehmigungsverfahrens nach § 33 BauGB widersprechen und dieses Verfahren mit einer Prüfungsdichte überfrachten, die der späteren unmittelbaren oder inzidenten Kontrolle des „fertigen“ Bebauungsplans vorbehalten bleiben muss. Hierzu ist im Einzelnen folgendes zu bemerken:
1. Nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB ist in Gebieten, in denen - wie hier - ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ein Vorhaben zulässig, wenn u.a. anzunehmen ist, dass es den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht.
a) Diese als materielle Planreife zu bezeichnende Planungssituation ist gegeben, wenn hinreichend voraussehbar und mit der gebotenen Sicherheit beurteilbar ist, dass der Inhalt des Entwurfs mit der Qualität des § 10 BauGB gültiges Ortsrecht wird (st. Rechtspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.11.1991 - 4 B 212.91 -, Buchholz 406.11, § 33, BBauG/BauGB Nr. 7; Beschluss vom 02.03.1978 - 4 B 26.78 -, Buchholz, a.a.O., Nr. 5). Es muss sich prognostisch um eine „sichere Erwartung“ (so BVerwG, Beschluss vom 25.11.1991, a.a.O.) bzw. um eine „sichere Prognose“ handeln (so OVG NRW, Beschluss vom 14.03.2001 - 7 B 355/01 -, BauR 2001, 1394 ff.). Eine solche enge Auslegung ergibt sich aus dem Zweck des § 33 BauGB. Danach soll ein Bauantragsteller zwar einerseits - zur Vermeidung nicht zu vertretender Verzögerungen bei der Realisierung eines zulässigen Bauvorhabens - besser gestellt werden als bei Anwendung der §§ 30, 34 und 35 BauGB. Andererseits gilt es aber zu verhindern, dass der mit dieser Regelung verbundene typische Vorgriff auf einen Bebauungsplan ins Leere geht oder aber als taktisches Mittel oder gar missbräuchlich verwendet wird, um vollendete, bauplanerisch möglicherweise nicht gewollte oder aber nicht umsetzbare Tatsachen zu schaffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, NVwZ 2003, 86 ff.). Ein strenger Prognosemaßstab ist aus diesen Gründen gerade auch bei Bebauungsplänen nach § 12 BauGB geboten, bei denen das zur Genehmigung gestellte Einzelvorhaben gleichzeitig den wesentlichen Inhalt des im Verfahren befindlichen Bebauungsplans bildet, so dass in besonderem Maße auf künftige Plankonformität geachtet werden muss.
b) Vor diesem Hintergrund sind an die (negative) Aussage, dass die nach § 33 BauGB erforderliche Sicherheit der Planreife eines Vorhabens nicht angenommen werden kann, keine hohen Anforderungen zu stellen (dazu BVerwG, Beschluss vom 25.11.1991, a.a.O.). Es genügen bereits alle nach dem jeweiligen Planungsstand schlüssigen und nicht gänzlich von der Hand zu weisenden Zweifel daran, dass das Plankonzept zum einen mit dem jetzigen Inhalt, zum anderen aber auch innerhalb eines - je nach Verfahrensstand - vertretbaren und verzögerungsfreien Zeitraums in einen wirksam Bebauungsplan nach § 10 BauGB münden wird. Bedenken der zuständigen höheren Verwaltungsbehörde, der Landesplanungsbehörde oder anderer höhere Behörden stehen dabei bereits in aller Regel der Annahme einer inhaltlich ausreichend sicheren materiellen Planreife entgegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.11.1991, a.a.O.; VG Freiburg, Urteil vom 18.10.2005, a.a.O.). Zweifel am zeitlichen Element der Planreife sind umso mehr angebracht, je länger der Zeitraum zwischen einem „satzungsreifen“ Bebauungsplanentwurf und dessen Umsetzung durch Satzungsbeschluss nebst Bekanntmachung dauert. Hierbei rechtfertigt allein das Interesse des Plangebers, Klarheit über die Rechtslage zu erlangen, es grundsätzlich nicht, ein im Stadium der Abschlussreife befindliches Bebauungsplanverfahren bis zum Abschluss eines anhängigen Rechtsstreits offenzuhalten; § 33 Abs. 1 BauGB ist daher nicht anwendbar, wenn der Planungsträger erklärt, alles zum Abschluss des Planaufstellungsverfahrens Erforderliche getan zu haben, den Bebauungsplan aber gleichwohl nicht durch öffentliche Bekanntmachung in Kraft setzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.08.2002, a.a.O.).
2. Gemessen daran war die erforderliche materielle Planreife des streitigen Vorhabens weder bei Erteilung der Baugenehmigung am 22.08.2006 gegeben noch ist sie bis heute eingetreten. Eine sichere Prognose, dass der zur Realisierung der genehmigten Märkte aufgestellte vorhabenbezogene Bebauungsplan „Sondergebiet Einzelhandelsgebiet Riedwiesen“ innerhalb angemessener Zeit und vor allem mit dem beschlossenen Inhalt als Satzung nach § 10 BauGB in Kraft treten wird, war und ist nicht möglich. Vielmehr bestehen insofern derzeit nicht von der Hand zu weisende und nicht sicher ausräumbare Zweifel, die es verbieten, vom Instrument der vorgezogenen Baugenehmigung nach § 33 BauGB zugunsten der Antragstellerin Gebrauch zu machen. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen der Antragsgegnerin in der Rücknahmeverfügung und in der Beschwerdeerwiderung Bezug. Ergänzend und klarstellend hierzu ist Folgendes festzustellen:
a) Zweifel am zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Plankonzept und dessen „satzungsreife“ Umsetzung sind deswegen angebracht, weil bei Erteilung der Baugenehmigung wohl bereits alle inhaltlich für den Satzungsbeschluss erforderlichen Planungsschritte vorgenommen waren. Am 22.08.2006 waren die öffentliche Auslegung und die nachfolgende Bürger- und Behördenbeteiligung (§§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 1 BauGB) bereits durchgeführt und der Gemeinderat der Beigeladenen hatte sich im „Abwägungsbeschluss“ vom 07.08.2006 mit den eingegangenen Bedenken eingehend auseinandergesetzt. In Kenntnis der Einwendungen der Fachbehörden und unter Berücksichtigung der in den Aussagen unterschiedlichen Marktgutachten der gemaba und der GMA hatte der Gemeinderat an der Festsetzung eines Sondergebiets für Einzelhandel mit den auf das streitige Vorhaben zugeschnittenen Verkaufs(Nutz-)Flächen von 1.050 qm (Lebensmittelmarkt mit Backshop) und 510 qm („Noonfood-Markt, wie z.B. Textilien“) festgehalten. Lediglich der formale Satzungsbeschluss stand damals noch aus. Ob es ein zureichender Grund war, diesen im Hinblick auf das Parallelverfahren bei der Änderung des Flächennutzungsplans zurückzustellen, erscheint im Hinblick auf § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB fraglich, lässt sich in tatsächlicher Hinsicht nach Aktenlage aber nicht eindeutig klären. Einen zweiten „Abwägungsbeschluss“ unter ergänzender Auseinandersetzung mit beiden Gutachten fasste der Gemeinderat am 11.12.2006. Von einem Vorbehalt wegen des Flächennutzungsplanverfahrens war ausweislich des Sitzungsprotokolls nicht mehr die Rede. Daher spricht einiges dafür, dass der Gemeinderat jedenfalls zu diesem Zeitpunkt von der Abschlussreife des Bebauungsplanverfahrens ausging. Dessen ungeachtet hat der Gemeinderat - wohl in der Absicht, die erhobenen Bedenken vorab im vorliegenden Verfahren nach § 33 BauGB klären zu lassen - davon abgesehen, den Satzungsbeschluss zu fassen und den Bebauungsplan zeitnah in Kraft zu setzen.
b) Nicht von der Hand zu weisende Zweifel an der materiellen Planreife des Vorhabens bestehen auch und vor allem in inhaltlicher Hinsicht. Denn gegen den dieses Vorhaben legitimierenden Bebauungsplanentwurf haben sowohl das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungs- und Genehmigungsbehörde als auch die IHK Rhein-Neckar sowie der Verband Region Rhein-Neckar bis zuletzt massive Bedenken erhoben. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat den Bebauungsplan dabei zu keiner Zeit als genehmigungsfähig angesehen. Dies ergibt sich aus dem Schriftverkehr der Beigeladenen mit dem Regierungspräsidium sowie besonders deutlich aus dem Protokoll der gemeinsamen Besprechung vom 20.12.2006.
Schon die Existenz dieser Bedenken mehrerer Fachbehörden schließt, wie oben dargelegt, die Annahme der materiellen Planreife regelmäßig aus (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.11.1991, a.a.O.). Eine Ausnahme von dieser Regel käme allenfalls in Betracht, wenn die vorgebrachten Bedenken bei erstem Hinsehen „aus der Luft gegriffen“, d.h. offensichtlich unbegründet wären. Davon kann im vorliegenden Fall auch unter Würdigung der ausführlichen und vertieften Gegenargumente der Beschwerdeführer indessen nicht die Rede sein. Vielmehr sind die vorgetragenen Bedenken und deren Würdigung durch die Antragsgegnerin schlüssig und nicht offenkundig falsch. Ob sie ganz oder teilweise letztlich durchgreifen, haben weder der Senat noch die Widerspruchsbehörde im vorliegenden Verfahren zu entscheiden. Diese Prüfung muss späteren Verfahren gegen den Bebauungsplan, sollte er erlassen werden, vorbehalten bleiben.
10 
aa) Zunächst sind die Bedenken bezüglich der Übereinstimmung des Bebauungsplanentwurfs mit dem (zwingenden) Anpassungsgebot nach § 1 Abs. 4 BauGB nicht offenkundig von der Hand zu weisen. § 1 Abs. 4 BauGB schreibt vor, dass Bebauungspläne an die im maßgeblichen Zeitpunkt geltenden verbindlichen Ziele der Raumordnung anzupassen sind. Daher muss sich der in Aussicht genommene Bebauungsplan „Sondergebiet Einzelhandelsgebiet Riedwiesen“ der Beigeladenen an den Zielen der Plansätze 3.3.7.1 und 3.3.7.2 des Landesentwicklungsplans 2002 (LEP) sowie an den Zielen des Plansatzes 2.2.5.3 der am 15.05.2006 in Kraft getretenen 3. Teilfortschreibung des Regionalplans Unterer Neckar (Plankapitel 2.2.5 Einzelhandel) messen lassen. Dass Zweifel an der Übereinstimmung des Planentwurfs mit diesen Zielen bestehen können, hat der Antragsgegner zuletzt im Beschwerdeverfahren im Einzelnen nachvollziehbar dargelegt. Dies reicht aus, um die erforderliche Planreife zu verneinen. Dass die genannten Planziele des LEP und des Regionalplans - wie die Beschwerdeführer geltend machen - deswegen nicht anwendbar wären, weil der Planentwurf schon gar keine „Einzelhandelsgroßprojekte“ bzw. „regionalbedeutsamen Einzelhandelsgroßprojekte“ zulasse, ist keinesfalls eindeutig. Im Gegenteil spricht vieles dafür, dass es sich jedenfalls bei dem mit einer Verkaufsfläche von ca. 1.050 qm deutlich „großflächigen“ Lebensmittel-Einzelhandelsbetrieb um ein solches Einzelhandelsgroßprojekt handelt. Denn die Legaldefinition des raumordnungsrechtlichen Begriffs „Einzelhandelsgroßprojekt“ in Ziff. 3.3.7 LEP knüpft wörtlich an die Betriebstypen des § 11 Abs. 3 BauNVO an, zu denen auch großflächige Einzelhandelsbetriebe gehören. Auch für die Regionalbedeutsamkeit des Lebensmittel-Einzelhandelsbetriebs, sofern dieses Merkmal neben dem des Einzelhandelsgroßprojekts überhaupt eigenständige Bedeutung hat, sprechen nicht von der Hand zu weisende Gründe. Der streitige Betrieb mit einer Verkaufsfläche von ca. 1.050 qm weist eine aller Voraussicht nach deutlich über 1.200 qm liegende Geschossfläche auf. Er fällt daher unter die Vermutensregel des § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe dieser Größe nicht nur unwesentliche negative Auswirkungen u.a. auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung sowie auf die Nahversorgung und die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche haben können. Damit spricht manches dafür, dass ein Lebensmittel-Einzelhandelsbetrieb dieser Größe regelmäßig auch regionalbedeutsam ist. Für diese Einstufung sprechen auch Wortlaut und Struktur des § 11 Abs. 3 LplG, der im Katalog in Satz 2 Ziffern 1 - 11 potentiell regionalbedeutsame Vorhaben im Sinne von Satz 1 umschreibt; in diesem Katalog sind auch Standorte für großflächige Einzelhandelsbetriebe aufgeführt (§ 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 LplG).
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aaa) Damit kommt vorliegend ein Verstoß des Planentwurfs gegen das im Planziel Ziff. 3.3.7.2 Satz 1 des LEP niedergelegte Beeinträchtigungsverbot in Betracht. Danach dürfen Einzelhandelsgroßprojekte weder durch ihre Lage und Größe noch durch ihre Folgewirkungen die Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde wesentlich beeinträchtigen. Derartige Auswirkungen auf den Ortskern der Beigeladenen werden jedoch im Gutachten der GMA von Juni 2006 attestiert. Das Gutachten gelangt schlüssig und nachvollziehbar zum Ergebnis, dass der geplante und genehmigte Discountmarkt den Wettbewerbern vor Ort Umsatz in der Größenordnung von 18 % entzieht. Einer vertiefteren Überprüfung des Gutachtens anhand der Einwände der Beschwerdeführer bedarf es auf der Ebene des § 33 BauGB nicht. Ein Umsatzrückgang von 18 % kann aber ein für das Beeinträchtigungsverbot durchaus relevantes Ausmaß darstellen. Umsatzumverteilungen sind lediglich eine andere Bezeichnung für Kaufkraftabflüsse (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308 ff.), und Kaufkraftabflüsse von deutlich über 10 % werden in der Rechtsprechung dem Bereich potentiell negativer Auswirkungen gewichtiger Art im Rahmen des § 2 Abs. 2 BauGB zugerechnet. Der Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 wiederum setzt den Schwellenwert für eine Verletzung des Beeinträchtigungsverbots bereits bei einem Umsatzverlust von 10 % bei zentren- oder nahversorgungsrelevanten Sortimenten an. Das Bundesverwaltungsgericht schließlich hat im Rahmen des § 34 Abs. 3 BauGB Kaufkraftabflüsse von je nach Größe des Verflechtungsbereichs und je nach Sortiment zwischen 10 % und 30 % als relevant angesehen (Urteil vom 11.10.2007, a.a.O.).
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bbb) Zum Anderen wird auch ein Verstoß gegen das in den Planzielen Ziff. 2.2.5.3 Abs. 1 und Abs. 4 des Teilregionalplans Einzelhandel konkretisierte Integrationsgebot schlüssig dargetan und kommt möglicherweise in Betracht. Danach sind regionalbedeutsame Einzelhandelsgroßprojekte mit zentrenrelevanten Sortimenten nur in den in der Raumnutzungskarte gebietsscharf dargestellten zentralörtlichen Standortbereichen anzusiedeln. Die Ansiedlung außerhalb dieser Standortbereiche ist ausgeschlossen. Das Bebauungsplangebiet, in dem der streitige Lebensmittelmarkt errichtet werden soll, liegt jedoch weit außerhalb des für das Unterzentrum Hardheim in der Raumnutzungskarte (S. 41) vorgesehenen zentralörtlichen Standortbereichs. Das Sortiment des Lebensmittelmarkts wird in der Sortimentsliste des Teilregionalplans zwar als dritte Gruppe (neben „zentrenrelevanten“ und „nicht-zentrenrelevanten“ Sortimenten) aufgeführt. Gleichwohl können und werden nahversorgungsrelevante Sortimente gleichzeitig auch Zentrenrelevanz entfalten. Dies kann gerade auch in - wie hier - dünn besiedelten und eher ländlich orientierten Gebieten der Fall sein, wie der Antragsgegner plausibel dargelegt hat. Von dieser regionalplanerischen Bewertung der Lebensmittel und Getränke geht auch die Sortimentsliste selbst aus, wie der Zusatz „ggfs. auch zentrenrelevante Sortimente“ zeigt.
13 
bb) Schon die vorstehend dargelegten Zweifel schließen es aus, die für die materielle Planreife erforderliche sichere Richtigkeitsprognose für einen künftigen Bebauungsplan treffen zu können. Ob darüber hinaus auch noch Bedenken hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Abwägung bestehen, weil der Gemeinderat der Beigeladenen trotz widersprüchlicher Gutachten die raumordnungsrechtlichen- und städtebaulichen Auswirkungen des Bebauungsplans nicht weiter aufgeklärt hat (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 27.09.2007 - 3 S 2875/06 -) und weil der Gemeinderat, wie der Antragsgegner vermutet, wegen bereits vorbereiteter Grundstücksverkäufe im Plangebiet und Einstellung der Kaufpreise in den Haushalt nicht mehr ausreichend abwägungsbereit war, kann auf sich beruhen. Die von den Beschwerdeführern im Einzelnen ausführlich und mit hohem Aufwand gegen die raumordnungsrechtliche Relevanz des Bebauungsplanentwurfs und die Auslegung der raumordnungsrechtlichen Rechtsbegriffe und Vorgaben ins Feld geführten Argumente, die der Senat sorgfältig erwogen hat, sind ihrerseits schlüssig und bedenkenswert. Sie sind aber nicht geeignet - und nur darauf kommt es auf der Prüfungsebene des § 33 BauGB an -, die von den Fachbehörden und vom Antragsgegner erhobenen und oben dargelegten Bedenken als offenkundig unrichtig und haltlos erscheinen zu lassen.
II.
14 
War und ist die Baugenehmigung nach alldem rechtswidrig, kann auch die Ausübung des Rücknahmeermessens durch den Antragsgegner nicht beanstandet werden. Es erscheint sachgerecht und verhältnismäßig, wenn er dem öffentlichen Interesse, rechtmäßige Zustände wiederherzustellen und den Weiterbau des mit erheblichen Auswirkungen verbundenen Einzelhandelsvorhabens Vorrang vor dem Vertrauen der Antragstellerin am Bestand der Baugenehmigung eingeräumt hat. Die von der Antragstellerin in schutzwürdigem Vertrauen bisher getätigten finanziellen Aufwendungen werden im Rahmen des § 48 Abs. 3 LVwVfG ersetzt und das diese Aufwendungen „überschießende“ Vertrauen hat kein das öffentliche Interesse überwiegendes Gewicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Erd- und Entwässerungsarbeiten erst mit Teilfreigabeschein vom 25.10.2006 freigegeben worden sind, dass die Antragstellerin danach bereits mit Schreiben vom 21.11.2006 auf die rechtlichen Bedenken bezüglich der Baugenehmigung hingewiesen worden ist und dass der Antragsgegner den Bau sodann mit sofort vollziehbarer Verfügung vom 21.12.2006 eingestellt hat.
15 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziff.1.5 und 9.1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
16 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

3. Der Streitwert wird auf 116.250,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die unter Anordnung des Sofortvollzugs verfügte Rücknahme einer auf der Grundlage eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans erteilten Baugenehmigung zur Errichtung von zwei Neubauten für einen Lebensmittelmarkt mit Backwarenverkauf (1.050 m² Verkaufsfläche) und einen Textilmarkt (500 m² Verkaufsfläche).
Die Beigeladene beschloss am 28.11.2005 die Aufstellung des Bebauungsplans mit der Bezeichnung „Vorhabenbezogener Bebauungsplan Sondergebiet Einzelhandelgebiet Riedwiesen“ für eine am östlichen Ortsrand der Gemeinde H. im bisherigen Außenbereich gelegene Fläche von ca. 1,2 ha. Zur Änderung des Flächennutzungsplanes des Antragsgegners, der die Fläche Riedwiesen bislang als Mischgebiet darstellt, fand am 27.04.2006 eine Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Abs.1 BauGB statt. Am 15.05.2006 wurde die am 24.04.2006 genehmigte 3. Teilfortschreibung; Plankapitel 2.2.5 „Einzelhandel“ des Regionalplans Unterer Neckar für verbindlich erklärt. In der Zeit vom 05.07. bis zum 04.08.2006 fanden die Offenlage und die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange statt. Das Regierungspräsidium Karlsruhe, Abteilung Raumordnung, nahm wie folgt Stellung: Die Aussage, die Planung stehe mit den raumordnerischen Zielen im Einklang, sei nicht ausreichend. Die Angaben im Bebauungsplan seien zu konkretisieren und das eingeholte Marktgutachten sei ihm vorzulegen. Mit Schreiben vom 25.07.2006 erklärte das Regierungspräsidium Karlsruhe, es sei bisher versäumt worden, das Regierungspräsidium als höhere Raumordnungsbehörde an dem notwendigen Bauleitplanverfahren (FNP, BPlan) zu beteiligen, und bat um umgehende Nachholung der Beteiligung. Am 07.08.2006 erfolgte im Gemeinderat der Beigeladenen die Abwägung der im Rahmen der Offenlage eingegangenen Anregungen und Bedenken unter Berücksichtigung von zwei Marktgutachten.
Die Antragstellerin, die Bauunternehmung K. GmbH und Co KG, hatte am 24.07.2006 erklärt, die ihr bekannten Festsetzungen des Bebauungsplans Sondergebiet Einzelhandel Riedwiesen anzuerkennen; am 06.07.2006 hatte sie eine Baugenehmigung zur Errichtung von zwei Neubauten für einen Lebensmittelmarkt mit Backwarenverkauf (1.050 m² Verkaufsfläche) und für einen Textilmarkt (500 m² Verkaufsfläche) in dem Sondergebiet Einzelhandelgebiet Riedwiesen auf den Grundstücken mit der Flst.Nr. 10992 und auf Teilen der Grundstücke mit den Flst.Nrn. 10993, 10994, 11045 und 11046 beantragt.
Die Antragsgegnerin erteilte der Antragstellerin am 22.08.2006 die beantragte Baugenehmigung und am 25.10.2006 den Teil-Baufreigabeschein für Erd- und Entwässerungsarbeiten.
Aus Anlass einer Fachaufsichtsbeschwerde vom 22.11.2006 gegen die Durchführung des geplanten Bauvorhabens beanstandete das Regierungspräsidium Karlsruhe in einem Schreiben vom 22.11.2006 an den Antragsgegner, dass zur Frage des Beeinträchtigungsverbots keine Abwägung vorgenommen, sondern lediglich das rechnerische Mittel der unterschiedlichen Ergebnisse der zwei vorliegenden Gutachten zu dieser Frage ermittelt worden sei. Die Beigeladene nahm daraufhin am 11.12.2006 erneut eine Abwägung vor.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe wies am 10.01.2007 den Antragsgegner an, die der Antragstellerin erteilte Baugenehmigung zurückzunehmen. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Baugenehmigung sei rechtswidrig, weil der ihr nach § 33 BauGB zugrunde gelegte Vorhaben- und Erschließungsplan „Sondergebiet Riedwiesen“ wegen Verstoßes gegen Ziele der Raumordnung insgesamt nicht genehmigungsfähig sei. Der Vorhaben- und Erschließungsplan „Sondergebiet Riedwiesen“ (Verfahrensstand: Satzungsbeschluss vom 11.12.2006) sei wegen Verstoßes gegen das Anpassungsgebot der kommunalen Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung (§ 1 Abs.4 BauGB) nicht genehmigungsfähig. Das Gleiche gelte für die im Parallelverfahren befindliche Änderung des Flächennutzungsplanes des Antragsgegners für den in Rede stehenden Planungsbereich. Er verstoße gegen im Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg und im Regionalplan Rhein-Neckar-Odenwald als verbindlich definierte Ziele der Regional- und Landesplanung. Denn der Planbereich Riedwiesen sei im Regionalplan Rhein-Neckar-Odenwald nicht durch die gebietsscharfe Ausweisung von sog. „Versorgungskernen“ und „zentralörtlichen Standortbereichen“ als integrierter Standort verortet (vgl. Plankapitel 2.2.5 - Teilfortschreibung „Einzelhandel“, Rechtskraft durch Bekanntmachung am 15.05.2006). Nach Plansatz 3.3.7.2 des Landesentwicklungsplanes Baden-Württemberg (LEP 2002) dürften aber großflächige Einzelhandelsbetriebe mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten nur an integrierten Standorten errichtet werden (sog. Integrationsgebot). Dahingestellt bleiben könne deshalb, ob der Vorhaben- und Erschließungsplan „Sondergebiet Riedwiesen“ auch -wie in einem vom Fachaufsichtsbeschwerdeführer vorgelegten Gutachten der GMA, Ludwigsburg, ausgeführt werde- gegen das sog. Beeinträchtigungsgebot verstoße. Zur Rücknahme der Baugenehmigung bestehe auch im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensausübung der Fachaufsichtsbehörde keine Alternative.
Der Antragsgegner nahm weisungsgemäß mit Verfügung vom 05.02.2007 die der Antragstellerin erteilte Baugenehmigung mit Wirkung zum Zeitpunkt ihrer Zustellung zurück. Zur Begründung wurde der Inhalt der Weisung des Regierungspräsidiums Karlsruhe wiedergegeben und zusammenfassend ausgeführt, der nach § 33 BauGB zugrunde gelegte Vorhaben- und Erschließungsplan „Sondergebiet Riedwiesen“ sei wegen Verstoßes gegen Ziele der Raumordnung insgesamt nicht genehmigungsfähig. Die Rücknahme sei mit Wirkung für den Zeitpunkt der Zustellung der Baugenehmigung ausgesprochen worden, weil die Baugenehmigung schon nicht hätte erlassen werden dürfen. Die Baugenehmigung sei nur erteilt worden, weil der Baurechtsbehörde von der Beigeladenen glaubhaft versichert worden sei, die planungsrechtlichen Voraussetzungen für das Sondergebiet Riedwiesen seien gegeben und Planreife i. S. v. § 33 BauGB sei erreicht.
Die Antragstellerin legte gegen die Rücknahmeverfügung am 12.02.2007 Widerspruch ein. Unter dem 16.02.2007 ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung seiner Rücknahmeverfügung vom 05.02.2007 an. Zur Begründung wurde ausgeführt: Ein sofortiges Handeln sei geboten, weil verhindert werden müsse, dass durch das Weiterführen der begonnenen Arbeiten baurechtswidrige Zustände geschaffen würden. Darüber hinaus gelte es zu vermeiden, dass der Antragstellerin oder Dritten vermeidbare Aufwendungen und Kosten entstünden, die u. a. für einen Rückbau anfielen.
Am 21.02.2007 hat die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Sie beantragt,
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die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 12.02.2007 gegen die Rücknahmeverfügung des Antragsgegners vom 05.02.2007 wiederherzustellen.
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Zur Begründung wird ausgeführt: Der Bebauungsplan „Sondergebiet Riedwiesen“, der vorhabenbezogen ein Sondergebiet zur Errichtung von zwei Neubauten für einen Lebensmittelmarkt mit Backwarenverkauf (1.050 m² Verkaufsfläche) und einem Textilmarkt (500 m² Verkaufsfläche) außerhalb der in der Raumnutzungskarte des Regionalplans Unterer Neckar (3.Teilfortschreibung) für das Gemeindegebiet der Beigeladenen gebietsscharf ausgewiesenen Fläche für regional bedeutsame Einzelhandelsgroßprojekte vorsehe, verstoße nicht gegen Ziele der Raumordnung. Das Vorhaben sei kein regional bedeutsames Einzelhandelsgroßprojekt und führe zudem kein zentrenrelevantes Sortiment im Sinne von Plansatz 2.2.5.3 des Regionalplans Unterer Neckar. Deshalb könne es grundsätzlich auch außerhalb von auf der Grundlage von Plansatz 2.2.5.3 ausgewiesenen Vorranggebieten angesiedelt werden. Der Durchführung des Vorhabens stünden auch das Integrationsgebot und das Beeinträchtigungsverbot nicht entgegen. Im Einzelnen ergebe sich dies aus folgenden Erwägungen:
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§ 11 Abs.3 Nr.5 LplG zeige, dass die Ausweisung von Standorten für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Einzelhandelsbetriebe nur verlangt werde, soweit diese regional bedeutsam seien. Die Verpflichtung für eine gebietsscharfe Ausweisung von Standorten gelte damit nicht für sämtliche Einzelhandelsgroßprojekte. Aus der Begründung zu § 8 Abs.3 S.2 LpIG 2001 ergebe sich, dass die Regionalbedeutsamkeit eines Vorhabens unabhängig von seiner Raumbedeutsamkeit in der Regel ab einer Verkaufsfläche von ca. 5000 m² gegeben und im Einzelfall unter Berücksichtigung des jeweiligen Betriebstyps und der raumstrukturellen Situation am vorhandenen Standort zu prüfen sei. Die aktuelle Fassung des LpIG sehe in § 11 Abs.3 S.1 LpIG die Notwendigkeit der Ausweisung von Standorten für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe vor, wenn dies für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich sei (Regionalbedeutsamkeit).
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Das Regierungspräsidium habe keine Begründung dafür gegeben, warum der Lidl-Lebensmittelmarkt mit ca. 1.000 m² Verkaufsfläche trotz der ganz deutlichen Unterschreitung des Schwellenwerts von 5.000 m² Verkaufsfläche ausnahmsweise regionalbedeutsam sein solle. Offenbar gehe es davon aus, dass jeder Einzelhandelsbetrieb mit überörtlichen Auswirkungen regionalbedeutsam sei. Die Überörtlichkeit sei jedoch bereits Voraussetzung für eine Kompetenz der Landesplanung. Regionalbedeutsamkeit liege dagegen vor, wenn die Einrichtung im Interesse der Gesamtregion erforderlich sei.
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Bei der Aufstellung des Landesentwicklungsplans 2002 sei unter Berücksichtigung der Begründung zum Landesplanungsgesetz bewusst zwischen den landesplanerischen Zielen bezüglich der Einzelhandelsgroßprojekte und der Ausweisung von Standorten für regional bedeutsame Einzelhandelsgroßprojekte differenziert worden. Dies ergebe sich aus der Systematik des LEP 2002. Auch der Plansatz 2.2.5.3 des Regionalplans - dies folge aus Wortlaut und Systematik - sehe die gebietsscharfe Darstellung von Vorranggebieten nur für regional bedeutsame Einzelhandelsgroßprojekte mit zentrenrelevanten Sortimenten an zentralörtlichen Standortbereichen vor.
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Selbst wenn man die regionale Bedeutsamkeit bejahe, könne das Vorhaben außerhalb des Vorranggebietes errichtet werden, weil kein zentrenrelevantes Sortiment i.S.v. Plansatzes 2.2.5.3 des Regionalplans Rhein-Neckar-Odenwald und der Sortimentenliste geführt werde. Der geplante Lebensmittelmarkt führe im Kern nur nahversorgungsrelevante Sortimente des täglichen Bedarfs. Der darüber hinaus vorgesehene K.-Textilmarkt sei nicht als Einzelhandelsgroßprojekt zu qualifizieren, weil er weniger als 800 m² Verkaufsfläche ausweise. Aus der Begründung zum Regionalplan ergebe sich auch nicht, dass nahversorgungsrelevante Sortimente gleichzeitig auch zentrenrelevant seien. In der Sortimentsliste heiße es in einem Klammerzusatz zu den nahversorgungsrelevanten Sortimenten nur: „gegebenenfalls auch zentrenrelevante Sortimente“. Daraus folge zwingend, dass die nahversorgungsrelevanten Sortimente nicht durchweg als zentrenrelevante Sortimente einzustufen seien. Sie könnten, müssten aber nicht zentrenrelevant sein.
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Der vorgesehene Standort für den L.-Lebensmittelmarkt widerspreche auch nicht dem Integrationsgebot aus Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002. Er liege im Osten des Kernorts der Beigeladenen innerhalb des Bebauungszusammenhangs. Die Entfernung zur Hauptgeschäftslage in der Ortsmitte betrage ca. 350 m. Er sei fußläufig zur westlich angrenzenden Wohnbebauung gelegen. Weiter westlich sei ein 3 ha großes Baugebiet geplant, das ebenfalls fußläufig zu erreichen sei. Das Vorhaben verstoße auch nicht gegen das Beeinträchtigungsverbot aus Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002. Die Funktionsfähigkeit des Stadt- und Ortskerns der Standortgemeinde werde nicht wesentlich beeinträchtigt.
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Der Rücknahmebescheid leide auch an Ermessensfehlern. Vertrauensschutzgesichtspunkte seien nicht in die Ermessensausübung eingestellt worden. Der Antragsgegner habe sich daran offenkundig schon durch die vom Regierungspräsidium Karlsruhe alternativlos angewiesene Rücknahme gehindert gesehen. Die Vertrauensschutzgesichtspunkte hätten schon auf der Ebene der Weisung durch das Regierungspräsidium berücksichtigt werden müssen. Maßgeblich sei daher der Wortlaut der fachaufsichtlichen Weisung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.01.2007. Die formelhafte Redewendung in der Weisung lasse jedoch nicht erkennen, dass das Regierungspräsidium Karlsruhe in irgendeiner Weise Vertrauensschutzgesichtspunkte in die Ermessensausübung eingestellt habe. Die vom Antragsgegner in der Antragserwiderung aufgeführten „Ermessenserwägungen“ fänden sich weder in der Weisung noch im Rücknahmebescheid.
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Abgesehen davon seien auch diese „Ermessenserwägungen“ nicht frei von Fehlern. Gewichtige Vertrauensschutzgesichtspunkte sprächen gegen eine Rücknahme der Baugenehmigung. Sie habe ihre wesentlichen Investitionsentscheidungen wie die Annahme des Kaufvertragsangebots für die Grundstücke erst nach Erteilung der Baugenehmigung getroffen. Darüber hinaus sei zum Zeitpunkt der Rücknahmeverfügung bereits mit den Bauarbeiten begonnen worden. Sie habe auch das Gesamtobjekt mit den abgeschlossenen Mietverträgen am 15.09.2006 an einen Dritten weiterveräußert und könne dieser vertraglichen Verpflichtung nicht mehr nachkommen. Sie sei daher mit erheblichen finanziellen Verpflichtungen aus den Vereinbarungen belastet, ohne noch Erträge erwirtschaften zu können. Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren seien bei einer erfolgsunabhängigen Interessenabwägung die nachteiligen wirtschaftlichen Folgen dem abstrakten Interesse an der Herstellung „rechtmäßiger“ Zustände gegenüberzustellen. Unter Berücksichtigung der Vertrauensschutzgesichtspunkte seien die Auswirkungen des angeblichen Rechtsverstoßes auf das öffentliche Interesse gering. Die vom Antragsgegner aufgeführten Folgen für die Stabilität gewachsener innerstädtischer Einzelhandelsstrukturen seien gerade nicht zu erwarten und könnten deshalb das Gewicht der Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht mindern. Denn in dem Gutachten der G. vom 10.06.2006 sei ausführlich dargelegt, dass die Verwirklichung des geplanten L.-Lebensmittelmarktes nur zu Umsatzverteilungen gegenüber den Lebensmitteleinzelhandelsbetrieben in Hardheim in einer Größenordnung von 5 % führen werde, und deshalb keine städtebaulich relevanten Auswirkungen auf Wettbewerbsbetriebe zu erwarten seien. Der vom Antragsgegner beschworene „Präzedenzfall von erheblicher Wirkung“ habe unter diesen Umständen kein Gewicht. Darüber hinaus sei ein Großteil der finanziellen Schäden, die sie aufgrund des Rücknahmebescheids erlitten habe und noch erleiden werde, nicht nach § 48 Abs.3 LVwfVG auszugleichen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Er führt aus:
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Die Beigeladene habe am 07.08.2006 den Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan gefasst, obwohl ihr mit E-Mail vom 02.08.2006 fristgerecht im Rahmen der Offenlage (05.07.2006 bis 04.08.2006) mitgeteilt worden sei, dass die vorgelegten Planunterlagen hinsichtlich der notwendigen Überprüfung der Übereinstimmung mit den Zielen der Raumordnung nicht beurteilungsfähig seien. Insbesondere sei bemängelt worden, dass den Unterlagen kein Einzelhandelsgutachten beigefügt sei und darauf hingewiesen worden, dass die Zielvorgaben des Landesentwicklungsplanes Baden-Württemberg 2002 bzw. des Regionalplanes Rhein-Neckar-Odenwald hinsichtlich des Kongruenzgebotes, des Beeinträchtigungsverbotes und des Integrationsgebotes zu beachten seien. Erst mit Schreiben vom 30.08.2006 sei dem Regierungspräsidium Karlsruhe das angeforderte Einzelhandelsgutachten übersandt worden.
23 
Für die Ziele der Raumordnung bestehe eine gemäß § 1 Abs.4 BauGB nicht abwägungsfähige Bindung der kommunalen Bauleitplanung. Nach der Begründung zu Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 entsprächen die dort genannten Einzelhandelsgroßprojekte denen, die von § 11 Abs.3 BauNVO erfasst seien. Vor diesem Hintergrund seien regionalbedeutsame Einzelhandelsbetriebe großflächige Einzelhandelsbetriebe, von denen die in § 11 Abs.3 BauNVO beschriebenen Auswirkungen ausgehen könnten. Der Schwellenwert der Großflächigkeit liege nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes bei 800 m² Verkaufsfläche. Die sowohl in der Begründung zur Änderung des Landesplanungsgesetzes 2001 wie auch im Einzelhandelserlass Baden-Württemberg genannte Größe von ca. 5.000 m² Verkaufsfläche als in der Regel zugrunde zulegender Orientierungswert für die Regionalbedeutsamkeit sei seit Rechtskraft des Landesentwicklungsplanes 2002 überholt. Sofern in den Regionalplänen entsprechend 3.3.7.4 LEP 2002 Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte festgelegt seien, seien allein diese Festlegungen ausschlaggebend für die Definition einer integrierten Lage.
24 
Der Regionalplan Rhein-Neckar-Odenwald weise für den Standort „Sondergebiet Einzelhandel Riedwiesen“ keinen „zentralörtlichen Standortbereich“ aus. Die Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes mit zentrenrelevantem Sortiment, der gemäß der Vermutungsregel der Baunutzungsverordnung Auswirkungen auf Ziele der Raumordnung haben könne, stelle deshalb einen Verstoß gegen Ziele der Raumordnung (Plansatz 2.2.5.3 Regionalplan) dar. Da der geplante Standort auch nicht als „Ergänzungsstandort“ ausgewiesen sei, sei auch die großflächige Ansiedlung nicht zentrenrelevanter Sortimente unzulässig. Denn nach Plansatz 2.2.5.3 des Regionalplans Rhein-Neckar-Odenwald sei jegliche Ansiedlung und Erweiterung von regionalbedeutsamen Einzelhandelsgroßprojekten außerhalb der zentralörtlichen Standortbereiche und der Ergänzungsbereiche - unabhängig vom Sortiment - ausgeschlossen. Im Übrigen sei das vom geplanten L.-Lebensmittelmarkt im Wesentlichen angebotene Sortiment sehr wohl zentrenrelevant. Es unterscheide sich von den sonstigen zentrenrelevanten Sortimenten allein dadurch, dass es zusätzlich auch nahversorgungsrelevant sei, d. h. dem täglichen kurzfristigen Bedarf diene (vgl. Sortimentsliste und Begründung des Regionalplans sowie Einzelhandelserlass Baden-Württemberg).
25 
Gründe des Vertrauensschutzes stünden der Rücknahme der Baugenehmigung nicht entgegen. Grundsätzlich hindere das Vorliegen eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Bestand eines Verwaltungsakts gemäß § 48 Abs.3 LVwVG nicht die Rücknahme des Verwaltungsaktes, sondern habe in der Regel nur einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Ausgleich der durch die Rücknahme verursachten Vermögensnachteile zur Folge. Dies schließe jedoch die Berücksichtigung des Vertrauensinteresses des Betroffenen bei der Abwägung der Gründe im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 48 Abs.1 LVwVG nicht aus. Der Schaden, den die Bauherrin durch das Vertrauen auf den Bestand der Baugenehmigung erlitten habe, sei rein finanzieller Natur und könne durch die Leistung von Schadensersatz ausgeglichen werden. Demgegenüber spreche jedoch das erhebliche öffentliche Interesse für eine Rücknahme. Die Errichtung des Vorhabens würde die Bemühung des Landesgesetzgebers und des Trägers der Regionalplanung zur nachhaltigen Steuerung der Nah- und Grundversorgung der Bevölkerung im Sinne einer verbrauchernahen Versorgung mit Gütern des täglichen und kurzfristigen Bedarfs in unmittelbarer Wohnungsnähe konterkarieren. Ein Aufweichen dieser Bemühungen hätte insbesondere wie hier im Bereich der Siedlungsränder nicht hinnehmbare Folgen für die Stabilität der gewachsenen innerstädtischen Einzelhandelsstrukturen und damit auch für die Erfüllung der vielfältigen Funktionen der Innenstädte. Da die Befriedigung der Nahversorgungs-Grundbedürfnisse zu den zentralen Daseinsfunktionen zähle, hätten negative Veränderungen in diesem Bereich tiefgreifende Auswirkungen auf das alltägliche Leben der Menschen und die von den Zielformulierungen der Raumverordnung angestrebte dauerhafte Funktionsfähigkeit von Gemeinden und Stadtteilen.
26 
Die Beigeladene beantragt,
27 
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 12.02.2007 gegen die Rücknahmeverfügung des Antragsgegners vom 05.02.2007 wiederherzustellen.
28 
Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Rücknahmeverfügung habe die formelle und materielle Planreife im Sinne von § 33 Abs.1 Nr.1 BauG bestanden. Zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung hätten alle Verfahrensbeteiligten damit rechnen können, dass die Festsetzungen zum „Sondergebiet Riedwiesen“ bestehen bleiben werden. Ergänzend und vertiefend werde zu dem Vorbringen der Antragstellerin ausgeführt: Es bestünden begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der gebietsscharfen Ausweisung von sog. „Versorgungskernen“ und „zentralörtlichen Standortbereichen“ im Plankapitel 2.2.5 des Regionalplans, weil dies ein Eingriff in die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung darstelle. Ein solcher sei nur gerechtfertigt, wenn überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigten. Auch im Hinblick auf die gebietsscharfe Standortausweisung in Gestalt der unter dem Datum vom 24.04.2006 genehmigten Teilfortschreibung bestünden durchgreifende Bedenken, weil die Beigeladene in ihren Beteiligungsrechten gemäß § 12 Abs.2 S.1 Nr.1 LplG verletzt worden sei. Denn ohne Beteiligung und ohne Kenntnis der Beigeladenen sei der Absatz zur Frage einer Einzelprüfung im Hinblick auf die raumordnerische Verträglichkeit von anderen Standorten von der Verbindlichkeit ausgenommen worden. Hierzu habe nicht Stellung genommen werden können. Darüber hinaus habe auch nicht mehr die Möglichkeit bestanden, zentralörtliche Standortbereiche oder Ergänzungsstandorte „nachzumelden“. Das Vorhaben verstoße auch nicht gegen den Plansatz 3.3.7.2 LEP 2002 i.V.m. Plansatz 2.2.5.3 des Regionalplans. Der vorgesehene L.-Lebensmittelmarkt führe ganz überwiegend nahversorgungsrelevante und nicht zentrenrelevante Sortimente. Der ebenfalls geplante K.-Textilmarkt mit 500 m² Verkaufsfläche sei auch nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht als „Agglomeration“ im Zusammenhang mit dem L.-Markt zu sehen, so dass er nicht als Einzelhandelsgroßprojekt zu qualifizieren sei. Der Plansatz 2.2.5.3 des Regionalplans finde auch deshalb keine Anwendung, weil Regionalbedeutsamkeit eines Vorhabens in der Regel bei einer Verkaufsfläche von 5.000 m² gegeben sei. Nicht jeder großflächige Einzelhandelsbetrieb sei regionalbedeutsam. Der Regionalplan sei nach einem gestuften System von Standortzuweisungen aufgebaut. Die Ziff. 2.2.5.2 erfasse „Einzelhandelsgroßprojekte“, während in Ziff. 2.2.5.3 „regionalbedeutsame Einzelhandelsgroßprojekte“ geregelt seien. Einzelhandelsgroßprojekte seien bereits alle Vorhaben mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 m². Der Zusatz „regional bedeutsam“ bedeute deshalb, dass ein weiteres Kriterium gegeben sein müsse. Dieses ergebe sich aus der Definition der „Regionalbedeutsamkeit“ entsprechend dem Landesplanungsgesetz. Mit den allgemeinen Standortkriterien für Einzelhandelsgroßprojekte sei das Vorhaben vereinbar. Das Vorhaben solle nämlich an einem städtebaulich integrierten Standort errichtet werden. Ergänzend zu dem Vorbringen der Antragstellerin sei noch darauf hinzuweisen, dass der in der Luftbildaufnahme ausgewiesene Bundeswehrstandort im Laufe des Jahres wegen einer Umstrukturierung um 300 Dienstposten aufgestockt werde, was zu einer weiteren Kaufkraftstärkung des Gebiets führen werde. Zumindest lasse sich aber der Bereich als städtebauliche Randlage qualifizieren, in denen Einzelhandelsgroßprojekte mit nicht-zentrenrelevanten Sortimenten zulässig seien.
29 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die einschlägige Behördenakte verwiesen. Der Kammer lag bei ihrer Entscheidung die Akte zum Bebauungsplanverfahren „Vorhabenbezogener Bebauungsplan Sondergebiet Einzelhandelgebiet Riedwiesen“ vor.
II.
30 
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von der Antragstellerin eingelegten Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Rücknahme der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 22.08.2006 ist nach § 80 Abs.5 und Abs.2 Nr.4 VwGO zwar statthaft und zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Die formell fehlerfreie, insbesondere ausreichend begründete Anordnung des Sofortvollzugs (§ 80 Abs.3 VwGO) ist aufrechtzuerhalten, weil das Interesse des Antragsgegners, den Vollzug der Baugenehmigung bis zu einer Entscheidung im Widerspruchsverfahren bzw. im Hauptsacheverfahren zu verhindern, das Interesse der Antragstellerin an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung überwiegt.
31 
Für die Interessenabwägung zwischen dem Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs einerseits und dem entgegenstehenden Interesse an der Vollziehung der angefochtenen Verfügung andererseits ist als Abwägungskriterium in erster Linie die Erfolgsaussicht des Widerspruchs bzw. einer etwa nachfolgenden Anfechtungsklage von Bedeutung. Erweist sich der Widerspruch bzw. die Anfechtungsklage als voraussichtlich erfolgreich, so überwiegt das Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, während umgekehrt die voraussichtliche Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verfügung sowie das Vorliegen eines besonderen Vollzugsinteresses ein wesentliches Argument für die sofortige Vollziehbarkeit der Verfügung ist. Erscheint der Ausgang des Widerspruchsverfahrens bzw. die Rechtmäßigkeit der Rücknahme der Baugenehmigung aber als offen, besteht grundsätzlich ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Rücknahmeentscheidung, weil nur so die Ausnutzung der Baugenehmigung und damit die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindert werden kann (vgl. zur Rücknahme eines Bauvorbescheids VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 22.11.2006, VBlBW 2007, 188).
32 
Im vorliegenden Fall ist offen, ob der zulässige Widerspruch begründet ist, d.h. ob die angefochtene Rücknahmeverfügung vom 05.02.2007 rechtsfehlerhaft ergangen ist (§ 113 Abs.1 S.1, § 114 VwGO).
33 
Gemäß § 48 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist (Absatz 2), zurückgenommen, hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig.
34 
Die Rücknahme der bestandskräftigen Baugenehmigung als begünstigender Verwaltungsakt, der ein Recht begründet, erfolgte fristgerecht. Offen ist jedoch, ob die Baugenehmigung rechtmäßig ist, d.h. mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Einklang steht.
35 
Die Baugenehmigung wurde auf der Grundlage eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanentwurfs erteilt. Die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung beurteilt sich damit wohl nach § 33 BauGB i.V.m. § 12 BauGB. Liegen die Voraussetzungen dieser Vorschriften nicht vor, dürfte das Vorhaben bauplanungsrechtlich nach § 35 BauGB unzulässig sein, weil der vorgesehene Standort wohl dem Außenbereich zuzuordnen ist. Nach § 12 BauGB kann die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Abs.1 BauGB verpflichtet und die Begründung des Planentwurfs die nach § 2a BauGB erforderlichen Angaben enthält. Diese Voraussetzungen dürften gegeben sein. Fraglich ist jedoch, ob die Voraussetzungen von § 33 BauGB vorliegen. Danach ist ein Vorhaben, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, bei formeller und materieller Planreife zulässig, wenn anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht und der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und die Erschließung gesichert ist. Bei summarischer Prüfung dürfte die formelle Planreife (Durchführung der öffentlichen Auslegung, Beteiligung der Träger öffentlicher Belange) sowie das entsprechende schriftliche Anerkenntnis der künftigen Festsetzungen und die Sicherung der Erschließung zu bejahen sein.
36 
Offen ist jedoch, ob die materielle Planreife des Bebauungsplansentwurfs vorliegt.
37 
Die Rücknahme der Baugenehmigung erfolgte, weil nach Auffassung der Fachaufsichtsbehörde der Bebauungsplanentwurf wegen eines Verstoßes gegen die nicht abwägungsfähige Bindung der kommunalen Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung (§ 1 Abs.4 BauGB) rechtsfehlerhaft ist. Dieser Verstoß wird damit begründet, dass der Bebauungsplanentwurf „Sondergebiet Riedwiesen“ die im Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg und im Teilregionalplan Rhein-Neckar-Odenwald als verbindlich definierten Ziele der Regional- und Landesplanung nicht beachte. Der Planbereich Riedwiesen im Teilregionalplan Rhein-Neckar-Odenwald liege nicht in dem in der Raumkarte für Hardheim des Teilregionalplans gebietsscharf für regional bedeutsame Einzelhandelsgroßprojekte als Versorgungskern und zentralörtlichen Standortbereichreich ausgewiesenen Bereich. Der vorgesehene Standort sei damit nicht als „integrierter Standort“ verortet. Dahingestellt könne deshalb bleiben, ob der Vorhaben- und Erschließungsplan „Sondergebiet Riedwiesen“ auch gegen das sog. Beeinträchtigungsverbot verstoße. Ob der Bebauungsplanentwurf tatsächlich gegen § 1 Abs.4 BauGB verstößt, lässt sich jedoch bei der im vorliegenden vorläufigen Rechtschutzverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung nicht abschließend beantworten und wird im Widerspruchsverfahren zu klären sein.
38 
Im Einzelnen wird zu klären sein, ob der Bebauungsplanentwurf mit den in dem Teilregionalplan Plankapitel 2.2.5 Einzelhandelsgroßprojekte des Regionalplans für die Region Rhein-Neckar-Odenwald des Regionalverbands Rhein-Neckar (= 3. Teilfortschreibung des Regionalplans Unterer Neckar durch den ehemaligen Regionalverband Rhein-Neckar-Odenwald) - im Folgenden: Teilregionalplan - niedergelegten Zielen, Grundsätzen und zeichnerischen Ausweisungen im Einklang steht.
39 
Das seit dem 15.05.2006 wirksame Plankapitel 2.2.5 des Teilregionalplans - besteht aus vier Plansätzen. Plansatz 2.2.5.1 enthält die gemäß § 4 Abs.2 LplG bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachtenden Grundsätze (G) zur Frage einer verbrauchernahen Versorgung durch den Einzelhandel. Der mit „N“ gekennzeichnete Plansatz 2.2.5.2 gibt nachrichtlich die Ziele und Grundsätze des Plansatzes 3.3.7 des Landesentwicklungsplans 2002 (LEP 2002) zu Einzelhandelsgroßprojekten (Kongruenzgebot, Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) wieder. Plansatz 2.2.5.4 betrifft das Erarbeiten von Entwicklungskonzepten zur Ordnung und Standortentwicklung durch die Gemeinden. Der hier strittige Plansatz 2.2.5.3 des Teilregionalplans beinhaltet die gemäß § 4 Abs.2 LplG zu beachtenden Ziele bezüglich der räumlichen Zuordnung von regionalbedeutsamen Einzelhandelsgroßprojekten. Die kursiv geschriebenen Textpassagen in Abs.2 und Abs. 3 des Plansatzes sind von der Verbindlichkeit des Teilregionalplans ausgenommen (vgl. II. der Genehmigung der 3. Teilfortschreibung). Die zeichnerische Darstellung der Vorranggebiete und Vorbehaltsgebiete gemäß Plansatz 2.2.5.3 in der Raumnutzungskarte ist von der Verbindlichkeitserklärung in der Genehmigung der 3. Teilfortschreibung umfasst.
40 
Nach Plansatz 2.2.5.3 des Teilregionalplans, soweit er verbindlich ist, sind regionalbedeutsame Einzelhandelsgroßprojekte mit zentrenrelevanten Sortimenten(vgl. Sortimentsliste) nur in den in der Raumnutzungskarte gebietsscharf dargestellten zentralörtlichen Standortbereichen anzusiedeln. Die zentralörtlichen Standortbereiche werden in der Raumnutzungskarte gebietsscharf als Vorranggebiet für regionalbedeutsame Einzelhandelsprojekte abgegrenzt. Die regionalbedeutsamen Einzelhandelsgroßprojekte mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten (Sortimentsliste) sind nach Möglichkeit den zentralörtlichen Standortbereichen zuzuordnen. Wenn nach Prüfung keine geeigneten Flächen zur Verfügung stehen, ist die Ansiedlung und Erweiterung solcher Betriebe vorrangig in die in der Raumnutzungskarte gebietsscharf als Vorbehaltsgebiete für regionalbedeutsame Einzelhandelsgroßprojekte dargestellten Ergänzungsstandorte zu lenken. Die Ansiedlung und Erweiterung von regionalbedeutsamen Einzelhandelsgroßprojekten außerhalb der zentralörtlichen Standortbereiche und Ergänzungsbereiche ist ausgeschlossen. Von Einzelhandelsgroßprojekten dürfen keine wesentlichen Beeinträchtigungen auf die gebietsscharf abgegrenzten Versorgungskerne in der Standortgemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
41 
Die Raumnutzungskarte mit der Überschrift “Darstellung von Vorrang -und Vorbehaltsgebiete gemäß Plansatz 2.2.5.3.“ weist auf dem Gemeindegebiet der Beigeladenen (S.41 des Teilregionalplans) einen zentralörtlichen Standortbereich (Vorranggebiet) für Einzelhandelsgroßprojekte mit zentrenrelevantem Sortiment aus. Ein Ergänzungsstandort (Vorbehaltsgebiet) für Einzelhandelsgroßprojekte mit nicht zentrenrelevantem Sortiment ist im Gemeindegebiet der Beigeladenen nicht vorgesehen.
42 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplanentwurf „Sondergebiet Einzelhandel Riedwiesen„ (im Folgenden: Bebauungsplanentwurf) sieht für das strittige Vorhaben einen Standort außerhalb des in der Raumnutzungskarte dargestellten Vorranggebiets vor. Da die Ansiedlung und Erweiterung von regionalbedeutsamen Einzelhandelsgroßprojekten mit zentrenrelevanten oder nicht zentrenrelevanten Sortimenten außerhalb der zentralörtlichen Standortbereiche und Ergänzungsbereiche gemäß Plansatz 2.2.5.3 ausgeschlossen ist, verstößt der Bebauungsplanentwurf deshalb nur dann nicht gegen die Ziele von Plansatz 2.2.5.3, wenn das Vorhaben kein regionalbedeutsames Einzelhandelsgroßprojekt ist oder wenn es ein regionalbedeutsames Einzelhandelsgroßprojekt ist, das ausschließlich ein nahversorgungsrelevantes Sortiment i.S. der Sortimentenliste führt.
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Letzteres dürfte wohl im vorliegenden Fall nicht zu bejahen sein. Nach der Sortimentenliste besteht ein nahversorgungsrelevantes Sortiment aus Lebensmitteln, Getränken, Kosmetika, Drogerieprodukten und Haushaltswaren. Der vorgesehene L.-Markt dürfte aber regelmäßig oder zumindest immer wieder auch andere Artikel (Lockangebote) führen. Dies lässt sich schon dem gerichtsbekannten Werbeverhalten anderer L.-Märkte entnehmen. Mit dem Vortrag der Antragstellerin, der L.-Markt führe „im Kern nur nahversorgungsrelevante Sortimente des täglichen Bedarfs“, dürfte dies auch als eingeräumt zu sehen sein. Bei summarischer Prüfung lässt sich diese Frage aber nicht abschließend klären. Es wird, sollte es darauf ankommen, Aufgabe der Widerspruchsbehörde sein, das geplante Sortiment des L.-Marktes im Einzelnen zu ermitteln und zu bewerten.
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Sollte nicht nur ein nahversorgungsrelevantes Sortiment geführt werden, wofür - wie gerade ausgeführt wurde - vieles spricht, ist erheblich, ob das Vorhaben, für das der Bebauungsplan die baurechtlichen Voraussetzungen schaffen soll, ein nur innerhalb der im Teilregionalplan ausgewiesenen Vorranggebiete anzusiedelndes Einzelhandelsgroßprojekt ist.
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Bei dem Vorhaben dürfte es sich es um ein Einzelhandelsgroßprojekt i. S. v . Plansatz 2.2.5 des Teilregionalplans handeln. Nach der allerdings nicht verbindlichen Begründung und Erläuterung zum Teilregionalplan (vgl. Verbindlichkeitserklärung der Genehmigung des Teilregionalplans) sind Einzelhandelsgroßprojekte Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und andere großflächige Handelsbetriebe i. S. v. § 11 Abs. 3 BauNVO. Gemäß Plansatz 3.3.7 LEP 2002, den der Teilregionalplan gemäß § 11 Abs.2 LplG konkretisiert, sind Einzelhandelsgroßprojekte Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und andere großflächige Handelsbetriebe für den Endverbraucher. Einen Verweis auf § § 11 Abs. 3 BauNVO enthält Plansatz 3.3.7 LEP 2002 nicht. Ausweislich der Begründung zu Plansatz 3.3.7 LEP 2002 entsprechen aber die dort genannten Einzelhandelsgroßprojekte (Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe, sonstige großflächige Handelsbetriebe) den in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Vorhaben und wird auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 (GABl. S.290) verwiesen. Dieser verweist unter Nr. 2.2.2 zur Frage der Großflächigkeit von Einzelhandelsbetrieben auf die dort aufgeführte frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 11 Abs. 3 BauNVO, wonach ab 700 m² Verkaufsfläche die Großflächigkeit bejaht wird. Unter Nr. 2.2.3 des Einzelhandelserlasses wird ausgeführt, die Verkaufsfläche betrage erfahrungsgemäß etwa 2/3 der Geschossfläche. In einer späteren Ergänzung zum Einzelhandelserlass, die nicht mehr Gegenstand der Begründung war, wird aber auf die aktuellere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verwiesen.
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Danach sind Einzelhandelsbetriebe großflächig im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO, wenn sie eine Verkaufsfläche von 800 qm überschreiten. (BVerwG, Urt. v. 24.11.2005 - 4 C 8/05.- Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr 31). Schon der L.-Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von 1050 m² ist somit ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb und damit ein Einzelhandelsgroßprojekt. Darauf, dass nach der gleichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die Verkaufsflächen baulich und funktionell eigenständiger Betriebe grundsätzlich nicht zusammengerechnet werden können und wie es sich im konkreten Fall mit der baulichen und funktionellen Eigenständigkeit des K.-Marktes verhält, kommt es für die Frage des Vorliegens eines Einzelhandelsgroßprojekt im vorliegenden Fall deshalb nicht an.
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Offen ist jedoch, ob der Bebauungsplanentwurf ein regionalbedeutsames Einzelhandelsgroßprojekt i.S.v. Plansatz 2.2.5.3 des Teilregionalplans zum Gegenstand hat. Der Antragsgegner bzw. die Fachaufsichtsbehörde gehen wohl davon aus, dass alle Vorhaben, die den Schwellenwert von 800 m² Verkaufsfläche überschreiten und deshalb sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können, regionalbedeutsam sind, und dass der Regionalplan Rhein-Neckar-Odenwald (vgl. Plankapitel 2.2.5 - Teilfortschreibung „Einzelhandel“) Vorhaben mit mindestens 800 m² Verkaufsfläche an städtebaulich integrierten Standorten durch gebietsscharfe Ausweisung von sog. „Versorgungskernen“ und „zentralörtlichen Standortbereichen“ verortet.
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Für die Kammer ist jedoch offen, ob dem Teilregionalplan, dem Landesentwicklungsplan und § 11 LplG diese Auffassung zugrunde liegt und ob Sinn und Zweck der bundesrechtlichen Norm des § 11 Abs. 3 BauNVO zu einem entsprechenden Verständnis der landesplanerischen Regelungen führen müssen.
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Der Teilregionalplan verwendet den Begriff regionalbedeutsames Einzelhandelsgroßprojekt nur in Plansatz 2.2.5.3. Der Plansatz 2.2.5.2, der nachrichtlich Ziele und Grundsätze von Plansatz 3.3.7 LEP 2002 (allgemeine Standortkriterien) übernimmt, spricht dagegen von Einzelhandelsgroßprojekten. Da es sich aber nur um eine nachrichtliche Übernahme handelt, lässt sich aus dem Sprachgebrauch allein nichts Entscheidendes ableiten. In der Begründung des Teilregionalplans finden sich jedoch Ausführungen zu Einzelhandelsprojekten und zur Frage der räumlichen Standortfestlegung von regionalbedeutsamen Einzelhandelsgroßprojekten. Im ersten Absatz der Begründung zu Plankapitel 2.2.5 wird erläutert, was Einzelhandelsprojekte sind (siehe oben), sowie dass sich die Bewertungsmaßstäbe in Plankapitel 3.3.7 LEP 2002 finden und der Einzelhandelserlass von grundlegender Bedeutung ist. In Absatz 2 der Begründung heißt es: „Darüber hinaus werden auf der Grundlage von § 11 Abs.3 Nr.5 i.V.m. § 11 Abs.7 LplG für regional bedeutsame Einzelhandelsgroßprojekte räumliche Standortfestlegungen getroffen (Plansatz 2.2.5.3).“ Weiter wird erläutert, wann die Regionalbedeutsamkeit gegeben ist.
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Wörtlich heißt es:
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„Regionalbedeutsamkeit ist gegeben, wenn raumordnerische Belange berührt werden, d.h. Ziele und Grundsätze des Regionalplans vermutlich erheblich beeinträchtigt werden. Entscheidungskriterien, die dabei herangezogen werden, sind
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- Größe und Zentralität/Funktion der Standortgemeinde,
- Größe, räumlichen Lage und Sortimente des geplanten Projekts,
- Auswirkungen auf die verbrauchernahe Versorgung.
53 
Daraus, dass die Frage, was ein Einzelhandelsgroßprojekt ist und wann Regionalbedeutsamkeit vorliegt, in verschiedenen Absätzen ausgeführt wird, könnte geschlossen werden, dass nicht jedes Vorhaben i.S.v. § 11 Abs.3 BauNVO ein regionalbedeutsames Einzelhandelsgroßprojekt ist. Auch der Inhalt der Begründung könnte hierfür sprechen.
54 
Denn die Begründung zeigt auf, dass man bei der Fortschreibung des Regionalplans davon ausging, dass nur das Einzelhandelsgroßprojekt regional bedeutsam ist, das die Ziele und Grundsätze des Regionalplans vermutlich erheblich beeinträchtigt. Aus der Tatsache, dass diese Frage anhand der aufgezeigten Kriterien bei einem „geplanten Projekt“ zu beurteilen ist, könnte weiter geschlossen werden, dass grundsätzlich eine Einzelfallprüfung erforderlich ist.
55 
Auch die Regelung in Plankapitel 3.3.7 LEP 2002 stützt nicht eindeutig die Auffassung des Antraggegners. Plankapitel 3.3.7 LEP 2002 führt in den Plansätzen 3.3.7 - 3.3.7.3 Ziele und Grundsätze zur Frage der Ansiedlung und der Standorte von Einzelhandelsgroßprojekten unter dem Aspekt des Einfügens in das zentralörtliche Versorgungssystem auf. Von regionalbedeutsamen Einzelhandelsgroßprojekten ist (ausdrücklich) nur in Plansatz 3.3.7.4 die Rede. Plansatz 3.3.7.4 LEP 2002 macht zum Grundsatz, dass die Festlegung von Standorten für regionalbedeutsame Einzelhandelsgroßprojekte in den Regionalplänen aufgrund eines regionalen Entwicklungskonzepts vorzunehmen ist. Aus dem Umstand, dass der Landesentwicklungsplan nur bei der Frage der Festlegung von Standorten im Regionalplan von regionalbedeutsamen Einzelhandelsgroßprojekten spricht, könnte aber hingegen geschlossen werden, diesem Plansatz liege das Verständnis zugrunde, dass nicht jedes Einzelhandelsgroßprojekt regionalbedeutsam ist und dass nur für regionalbedeutsame Einzelhandelsgroßprojekte eine Standortfestlegung erforderlich ist. Aus der Begründung zu Plankapitel 3.3.7 LEP 2002 könnte ebenfalls abgeleitet werden, dass Plankapitel 3.3.7 LEP 2002 nicht das Verständnis zugrunde liegt, für jedes Einzelhandelsgroßprojekt sei eine gebietsscharfe Ausweisung erforderlich. Denn dort wird im letzten Absatz, nachdem zunächst allgemeine Grundsätze zur Frage des Standortes von Einzelhandelsgroßprojekten aufgezeigt werden, darauf verwiesen, dass nach dem Landesplanungsgesetz gebietsscharf Standorte auszuweisen sind, soweit die Einzelhandelsgroßprojekte regionalbedeutsam sind
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Zuletzt ergibt sich auch aus § 11 LplG nicht zwingend, dass dem Landesentwicklungsplan und Teilregionalplan die Vorstellung zugrunde liegen müsste, generell jedes Einzelhandelsgroßprojekt sei regional bedeutsam. Nach § 11 Abs.2 LplG konkretisiert der Regionalplan die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 des Raumordnungsgesetzes und die Grundsätze des Landesentwicklungsplans und der fachlichen Entwicklungspläne und formt diese Grundsätze und die Ziele des Landesentwicklungsplans und der fachlichen Entwicklungspläne räumlich und sachlich aus. § 11 Abs.3 S.1 LplG lautet: „Soweit es für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich ist (Regionalbedeutsamkeit), enthält der Regionalplan Festlegungen......zu den zu sichernden Standorten und Trassen für die Infrastruktur der Region.“ Dazu sind gemäß § 11 Abs.3 S.2 Nr.5 LplG im Regionalplan die Schwerpunkte für Industrie, Gewerbe und Dienstleistungseinrichtungen, insbesondere Standorte für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe festzulegen. Diese Festlegung können in der Form von Vorranggebieten, Vorbehaltsgebieten sowie Ausschlussgebieten getroffen werden. Vorranggebiete sind für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen; in diesen Gebieten sind andere raumbedeutsame Nutzungen ausgeschlossen, soweit sie mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen oder Zielen der Raumordnung nicht vereinbar sind (§ 11 Abs.7 LplG). Zusammengefasst regelt damit § 11 Abs.3 S.1, S.2 Nr.5,Abs.7 LplG in Bezug auf Einzelhandelsgroßprojekte und Vorranggebiete: Soweit es für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich ist (Regionalbedeutsamkeit), sind Standorte für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe festzulegen. Die Festlegung kann in der Form von Vorranggebieten für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen getroffen werden (vgl. auch § 7 Abs.4 Nr. 1 ROG).
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Aus der Einschränkung „Soweit es für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich ist“ könnte folgen, dass nicht generell Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte im Regionalplan festzulegen sind, sondern nur bei Regionalbedeutsamkeit. Die Vorschrift dürfte damit regeln, dass Standortfestlegungen für Einzelhandelsgroßprojekte im Regionalplan zu treffen sind, wenn dies für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich ist und dass auch die Art und Weise der Festlegung (z.B. die Größe des Gebiets) unter diesem Gesichtspunkt zu erfolgen hat. Einzelhandelsgroßprojekte, die Auswirkungen auf die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region haben können, dürfen nur an einem Standort errichtet werden, für den durch seine Ausweisung als Vorranggebiet die Verträglichkeit mit den Zielen und Grundsätzen der Regionalplanung zur Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region feststeht. Aus dem Wortlaut und aus der Zusammenschau der in § 11 LplG enthaltenen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten dürfte wohl weiter folgen, dass die Art und Intensität der Nutzung der an dem festgelegten Standort zu errichtenden Vorhaben wegen ihrer Raumbedeutsamkeit eine Standortsteuerung zur Durchsetzung der Ziele der Regionalplanung erforderlich machen müssen. Dieses Verständnis liegt wohl auch dem Plansatz 2.2.5.3 des Teilregionalplans und dem Plansatz 3.3.7.4 LEP 2002, in denen von regionalbedeutsamen Einzelhandelsgroßprojekten die Rede ist, zugrunde. Deshalb dürfte die Tatsache, dass § 11 Abs.3 S.2 Nr.5 LplG - anders als der Plansatz 2.2.5.3 des Teilregionalplans und der Plansatz 3.3.7.4 LEP 2002 - nicht ausdrücklich vom „regionalbedeutsamen“ Einzelhandelsgroßprojekt spricht, nicht bedeuten, dass, soweit Standortfestlegungen für Einzelhandelsgroßprojekt in einem Vorranggebiet für Einzelhandelsgroßprojekte für erforderlich gehalten wurden, von vorneherein jeder großflächige Einzelhandelsbetrieb dort unterzubringen ist.
58 
Nach alledem erschließt sich die Beantwortung der Frage, wann die Festlegung eines Vorranggebiets für Einzelhandelsprojekte im Regionalplan erforderlich ist und welche Einzelhandelsprojekte notwendigerweise dort errichtet werden müssen, nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut der landesplanerischen Regelungen. Im Widerspruchsverfahren könnte deshalb unter Umständen auch zu prüfen sein, welche gesetzessystematischen Schlüsse aus § 1 Nr. 19 RoV zu ziehen sein könnten, wonach für die Errichtung von Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandelsbetrieben und sonstigen großflächigen Handelsbetrieben ein Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG durchgeführt werden soll, wenn sie im Einzelfall raumbedeutsam sind und überörtliche Bedeutung haben.Nach § 13 Abs.1 LplG a.F. (ab dem 20.05.2003 im Hinblick auf die bundesrechtliche Regelung des § 1 Nr. 19 RoV außer Kraft getreten) war in der Regel ein Raumordnungsverfahren für Einkaufzentren, Einzelhandelsbetriebe und sonstige Handelsbetriebe mit mehr als 5000 qm Verkaufsfläche durchzuführen.
59 
Soweit von den Beteiligten auch die Gesetzesmotive zur Vorgängervorschrift zu § 11 LplG angesprochen werden, ist auszuführen, dass auch diese den Ausgang des Verfahrens als offen erscheinen lassen. Denn auch aufgrund der Gesetzesbegründung zu der Vorgängervorschrift § 8 Abs.3 LplG a.F und der Gesetzesbegründung zu § 11 Abs.3 S.1 LplG ist nicht offensichtlich, dass jedes Einzelhandelsgroßprojekt regionalbedeutsam ist und deshalb nur in Vorranggebieten errichtet werden darf. In der Begründung des Gesetzgebers zu der Ergänzung von § 8 Abs.3 LplG a.F.(in Kraft ab dem 17.03.2001) durch den Satz 2 mit dem Wortlaut: „In den Regionalplänen für die übrigen Regionen sind gebietsscharf Standorte für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe auszuweisen, soweit diese Vorhaben regionalbedeutsam sind“ wird nämlich unter anderem ausgeführt: Durch die Einführung des Satzes 2 wird die Planungskompetenz der anderen Regionen insoweit angeglichen, als sie verpflichtet werden, die Standorte für regionalbedeutsame Betriebe des großflächigen Einzelhandels, einschließlich Hersteller-Direktverkaufszentren (Factory-Outlet-Center-FOC), im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der zentralen Orte und die Erhaltung der Innenstadtbereiche zu prüfen und regionsweit so auszuweisen, dass die Ansiedlung solcher Betriebe nicht nur den Interessen der Standortgemeinde dient, sondern für die Entwicklung der ganzen Region förderlich ist. Die Regionalbedeutsamkeit eines Vorhabens ist unabhängig von der Raumbedeutsamkeit des Vorhabens in der Regel ab einer Verkaufsfläche von ca. 5.000 m² gegeben. Sie ist im Einzelfall zu prüfen. Dabei sind vor allem der jeweilige Betriebstyp und die raumstrukturelle Situation am vorgesehenen Standort von Bedeutung. Die Begriffe „Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe“ werden gleichlautend in § 1 Nr.19 der Raumordnungsverordnung, der Nr.18 zur Anlage zu § 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und § 11 Abs.3 der BauNVO 1990 verwendet. Nach der Rechtsprechung insbesondere zu der zuletzt genannten Bestimmung beginnt die Großflächigkeit eines Einzelhandelsbetriebs - unabhängig von regionalen und örtlichen Besonderheiten - bei etwa 700 m² Verkaufsfläche. Wegen des sachlichen Zusammenhangs zwischen Regionalplanung und Bauleitplanung sowie zwischen der Prüfung solcher Vorhaben durch Raumordnungsverfahren und Umweltverträglichkeitsprüfung ist bei der Anwendung des neuen Satzes 2 in § 8 Abs.3 LplG a.F. von den Grundsätzen auszugehen, die die Rechtsprechung bisher zu den genannten Vertriebsformen des Einzelhandels entwickelt hat (vgl. Landtag Baden-Württemberg, Drucksache 12/5877 S.4, 15, 16). Aus dieser Begründung folgt, dass auf § 11 BauNVO Bezug genommen wird, soweit es um die Frage der Großflächigkeit eines Einzelhandelsbetriebs geht, im übrigen aber eine Einzelfallprüfung zur Frage der Regionalbedeutsamkeit unter Berücksichtigung des jeweiligen Betriebstyps und der raumstrukturellen Situation am vorgesehenen Standort für erforderlich gehalten wird, wobei als Richtwert eine Verkaufsfläche von ca. 5.000 m² angegeben wird.
60 
Diese Begründung könnte auch noch für die Auslegung von § 11 Abs.3 S.1 LplG bedeutsam sein. Denn § 11 Abs.3 S.1 LplG unterscheidet sich von der Vorgängerregelung nur insoweit, dass nunmehr die Frage der Regionalbedeutsamkeit explizit erläutert wird. Mit der Aufnahme der Definition des Begriffs „ Regionalbedeutsamkeit“ war aber wohl keine inhaltliche Änderung bezweckt. Die Begründung zu der Gesetzesänderung macht jedenfalls nicht ohne weiteres ersichtlich, dass sich seit dem Inkrafttreten des Landesplanungsgesetzes in seiner Fassung vom 10.07.2003 (GBl. S. 385) an der Vorstellung des Landesgesetzgebers zur Regionalbedeutsamkeit maßgeblich etwas geändert haben könnte. In Nr. 1.2 der allgemeinen Begründung zu § 11 LplG (Drs. 13/1883 S.23) folgt, dass Schwerpunkt der Gesetzesänderung die Anpassung des Landesplanungsgesetzes an das Raumordnungsgesetz des Bundes von 1998 war. Zu der Neufassung von § 8 LplG, der dann im wortlaut unverändert als § 11 LplG am 10.07.2003 in Kraft trat, wird sinngemäß ausgeführt: Im Wesentlichen wird nur die Rechtsgrundlage für die bestehende, auf die regionalen Entwicklungserfordernisse abgestimmte, bewährte Planungspraxis in Baden-Württemberg konkretisiert. Mit dem neugefassten Absatz 3 wird - ohne wesentliche Änderung - eine einheitliche Regelung zum Inhalt des Regionalplans erreicht, die auch weitgehend der Praxis der Regionalverbände entspricht. (Drs. 13/1883 S.33,34).
61 
Aus Wortlaut und Sinn und Zweck von § 11 Abs.3 Nr. 2 BauNVO, auf den die Begründungen zu dem Teilregionalplan, zum Landesentwicklungsplan und zu § 8 Abs.3 LplG a.F. verweisen, ergibt sich ebenfalls nicht zwingend, dass jeder großflächige Einzelhandelsbetrieb i.S. von § 11 Abs. 3 BauNVO gleichzeitig auch ein regionalbedeutsames Einzelhandelsgroßprojekt ist. Nach § 11 Abs.3 S.1 Nr. 2 BauNVO sind großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können, nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Nach Satz 4 des § 11 Abs. 3 BauNVO sind bei Einkaufszentren und großflächigen Einzelhandelsbetrieben, deren Geschossfläche 1200 m² überschreitet, in der Regel die dort genannten Auswirkungen (Z.B. Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr , auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereich) anzunehmen, es sei denn es bestehen Anhaltspunkte, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1200 qm Geschossfläche vorliegen.
62 
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 24.11.2005 (- 4 C 10/04 -, NVwZ 2006,452, - 4 C 8/05 -, Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr 319) ausgeführt: „In § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO werden damit die in Kerngebieten und Sondergebieten zulässigen Einzelhandelsbetriebe mit zwei eigenständigen Merkmalen eingegrenzt, nämlich mit dem Merkmal der Großflächigkeit und mit der Bezeichnung bestimmter städtebaulich erheblicher Auswirkungen. § 11 Abs.3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO liegt die Wertung zugrunde, dass die in dieser Vorschrift bezeichneten Betriebe typischerweise ein Beeinträchtigungspotential aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Der Begriff der Großflächigkeit dient dazu, in typisierender Weise unabhängig von regionalen oder lokalen Besonderheiten bundesweit den Betriebstyp festzuschreiben, der von den in den §§ 2 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebieten ferngehalten werden soll, weil er typischerweise ein Beeinträchtigungspotential aufweist wie z. B., dass er sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken kann. Der Begriff des großflächigen Einzelhandelsbetriebs ist vorrangig nach dieser Zielsetzung auszulegen. Wird die Schwelle zur Großflächigkeit überschritten, hat im Einzelfall eine eigenständige, eingehende Prüfung einzusetzen, für die der Verordnungsgeber in den Sätzen 3 und 4 des § 11 Abs. 3 BauNVO eine Reihe von Kriterien benennt. Das Merkmal der Großflächigkeit umschreibt diejenige Schwelle, ab der die Prüfung vorzunehmen ist, ob derartige Auswirkungen vorliegen.“
63 
Zielsetzung von § 11 Abs.3 S.1 Nr. 2 BauNVO ist danach alleine, den Betriebstyp festzuschreiben, der von den in den §§ 2 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebieten ferngehalten werden soll. Vorgaben in dem Sinne, dass für diesen Betriebstyp im Land oder in einer Region Standortfestlegungen zu treffen sind, sollen mit dieser Vorschrift damit nicht gemacht werden Darüber hinaus bedeutet das Erreichen des Schwellenwertes von 800 m² Verkaufsfläche zunächst nur, dass dann eine Prüfung vorzunehmen ist, ob der Einzelhandelsbetrieb sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken kann. Deshalb kann der Verweis in den angeführten Begründungen auf § 11 Abs.3 BauNVO möglicherweise so zu verstehen sein, dass ab einer Verkaufsfläche von 800 m² ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb vorliegt und deshalb eine Einzelfallprüfung hinsichtlich der Regionalbedeutsamkeit vorzunehmen ist, wobei die Vermutungsregel von § 11 Abs.3 S. 4 BauNVO bei einer Geschossfläche von 1200 m², die bei einer die 900 m² überschreitenden Verkaufsfläche erreicht ist (BVerwG, Urt. v. 24.11.2005 - 4 C 10/04 -, NVwZ 2006,452-), bei der Beantwortung dieser Frage wohl mit herangezogen werden kann. Da der Verweis in den angeführten Begründungen nicht ausdrücklich nur auf großflächiger Einzelhandelsbetrieb mit einer Geschossfläche von 1200 m² erfolgt, kann wohl auch nicht davon ausgegangen werden, dass diese ohne Einzelfallprüfung als regionalbedeutsam einzustufen sind.
64 
Die Widerspruchsbehörde wird daher zu klären haben, wann ein regionalbedeutsames Einzelhandelsprojekt i.S. der landesplanerischen Regelungen vorliegt und, sollte entgegen der Auffassung des Antraggegners eine Einzelfallprüfung vorzunehmen sein, eine solche vorzunehmen haben. Sollte die Regionalbedeutsamkeit verneint werden, wäre von der Widerspruchsbehörde wohl weiter zu prüfen, ob der Bebauungsplanentwurf das Kongruenzgebot, Integrationsgebot und Beeinträchtigungsverbot beachtet (vgl. Plankapitel 3.3.7 LEP 2002).
65 
Da offen ist, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Rücknahme der Baugenehmigung vorliegen, ist auf die Frage, ob Ermessen ausgeübt und wenn ja, ob es fehlerfrei ausgeübt wurde, nicht mehr einzugehen. Eine Ermessensreduzierung auf Null kann jedenfalls im Hinblick auf die angesprochenen offenen Fragen nicht angenommen werden. Da die Fachaufsichtsbehörde wohl davon ausgegangen ist, dass Einzelhandelsgroßprojekte mit Verkaufsflächen von 800 m² und mehr generell regional bedeutsame Einzelhandelsgroßprojekte sind, waren die in der Weisung an den Antragsgegner enthaltenen Ausführungen zur Frage der Ermessensausübung auf der Grundlage dieser rechtlichen Annahme erfolgt. Da jedoch nach der Rechtsauffassung des Gerichts im Einzelfall zu prüfen sein könnte, ob das Vorhaben regional bedeutsam ist bzw. ob es die in dem Teilregionalplan bzw. im Landesentwicklungsplan aufgestellten Kriterien für die Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten erfüllt (Konkurrenzgebot, Integrationsgebot, Beeinträchtigungsgebot), hätte u.U. auf der Grundlage einer entsprechenden Einzelfallprüfung die Ermessensentscheidung getroffen werden müssen.
66 
Der Ausgang des Widerspruchsverfahrens und die Rechtmäßigkeit der Rücknahme der Baugenehmigung sind nach alledem offen. Deshalb besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Rücknahmeentscheidung, weil nur so die Ausnutzung einer möglicherweise rechtswidrigen Baugenehmigung und die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindert werden können (vgl. zur Rücknahme eines Bauvorbescheids VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 22.11.2006, VBlBW 2007, 188). Demgegenüber muss das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an einer Baufreigabe zurücktreten.
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs.3 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
68 
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziff. 1.5 und 9.1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Stand: Juli 2004, NVwZ 2004,1327).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12. Juli 2006 - 2 K 902/06 - geändert.

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird unter Änderung der Streitwertbestimmung des Verwaltungsgerichts für das Verfahren in beiden Rechtszügen auf 400.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte den Antrag ablehnen müssen. Denn das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der mit Verfügung vom 09.03.2006 ausgesprochenen Rücknahme des unter dem 25.02.2005 erteilten Bauvorbescheids überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 5 VwGO).
Entgegen der Auffassung der Beteiligten lassen sich nach Lage der Akten, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse des vom Verwaltungsgericht am 12.07.2006 eingenommenen Augenscheins, die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilen. Insoweit wird es wesentlich auf die Frage ankommen, wie die nähere Umgebung des Vorhabens im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB abzugrenzen ist. Zu dieser Frage könnte sich der Senat zwar durch die Einnahme eines Augenscheins ggf. zusätzliche Erkenntnismöglichkeiten verschaffen. Dennoch blieben Unsicherheiten bei der Beurteilung des festgestellten Sachverhalts, die letztlich nur im Rahmen einer rechtsmittelfähigen Entscheidung in der Hauptsache ausgeräumt werden könnten. Dies ergibt sich im Einzelnen aus Folgendem:
In Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind die Beteiligten und auch das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die nähere Umgebung eines Vorhabens, die den Beurteilungsmaßstab für das „Einfügen“ im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB liefert, so weit reicht, wie sich das Vorhaben auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG, Beschl. v. 20.08.1998 - 4 B 79.98 - NVwZ-RR 1999, 105 m.w.N.). Prägend auf das Baugrundstück wirken kann dabei nicht nur die Bebauung, die in unmittelbarer Nachbarschaft überwiegt, sondern auch diejenige der weiteren Umgebung, wobei allerdings in aller Regel die größere Nähe zu einer stärker prägenden Wirkung führt (BVerwG, Urt. v. 26.05.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369; Beschl. v. 10.01.1994 - 4 B 158.93 - BRS 56 Nr. 66). Dem entspricht es, dass die nähere Umgebung eines Vorhabens im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB nicht notwendig alle Grundstücke in der Umgebung umfasst, die hinsichtlich der Merkmale, nach denen sich das Vorhaben einfügen muss, (überwiegend) im Wesentlichen in gleicher Weise bebaut sind und genutzt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.08.1998 - 4 B 79.98 - a.a.O.). Angrenzende Verkehrsflächen gehören nicht zur näheren Umgebung eines Vorhabens im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB, weil sie für eine Bebauung nicht zur Verfügung stehen und damit gerade nicht die Art der Bebauung prägen können; sie können im Übrigen wie auch topographische Gegebenheiten für die Bestimmung der maßgeblichen Umgebungsbebauung sowohl trennende als auch verbindende Wirkung haben; zu beurteilen ist dies jeweils nach den Umständen des Einzelfalls (BVerwG, Beschl. v. 11.02.2000 - 4 B 1.00 - BRS 63 Nr. 102 m.w.N.; vgl. auch Senatsurt. v. 24.07.2002 - 5 S 149/01 - ESVGH 53, 30 zur trennenden Wirkung einer innerörtlichen Bundesstraße).
Es spricht einiges dafür, dass, wovon das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Baurechtsbehörde ausgeht, die nähere Umgebung des Vorhabens sich auf das gewerblich genutzte ehemalige Schlachthofgelände und die gewerblich genutzten Grundstücke entlang der K.-Straße bis zu ihrer Einmündung in die B-Straße, die als Z-Straße nach Süden abknickt, beschränkt und allenfalls - dann im Sinne einer Großgemengelage - noch die nördlich der K-Straße gelegene Wohnbebauung einschließt. Insoweit erscheint die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang zwischen dem Vorhaben und dem großflächigen Einzelhandelsbetrieb G. jenseits der Z-Straße noch eine Sichtverbindung besteht, von eher geringer Bedeutung. Das gilt auch für den Umstand, dass das Vorhabengrundstück und jener Betrieb mehr als 250 m voneinander entfernt liegen. Zwar setzt sich die gewerbliche Nutzung des Geländestreifens zwischen der Eisenbahnstrecke und der B-Straße jenseits der Z-Straße nach Osten fort. Es erscheint dem Senat aber nicht ohne Weiteres als zwingend, die vom Verwaltungsgericht festgestellte „spiegelbildliche“ gewerbliche Nutzung in Bezug auf die Z-Straße, im Westen durch ein Busdepot und anschließend durch den großflächigen Einzelhandelsbetrieb G. und im Osten durch eine Autowaschanlage, weiter durch einen Entsorgungsbetrieb und sodann das Vorhaben der Antragstellerin, als Beleg gegen eine trennende Wirkung der Straße zu werten. Denn umgekehrt ließe sich auch die Sichtweise vertreten, dass die angenommene „spiegelbildliche“ gewerbliche Nutzung die städtebauliche Trennungswirkung der Z-Straße in dem Sinne unterstreicht, dass sie jeweils zur Z-Straße hin jedenfalls im Volumen der baulichen Nutzung geringer wird. Auch spricht gegen diese „spiegelbildliche“ Betrachtung der baulichen Nutzung auf einem bahnparallelen Geländestreifen mit der Z-Straße als Symmetrieachse, dass das ehemalige Schlachthofgelände nach Norden erheblich über die K-Straße hinausreicht und gerade in diesem Bereich einen eigenen baulichen Schwerpunkt bildet. Ohnehin dürfte es für die Bestimmung der Reichweite der näheren Umgebung des Vorhabens, gerade auch im Blick auf die Frage der trennenden Wirkung der Z-Straße, eher auf die Beeinträchtigung der Umgebung durch den von dem Vorhaben ausgelösten Verkehrslärm ankommen. Dabei spricht viel dafür, dass der überwiegende Anteil des durch das Vorhaben bedingten Anlieferungs- und Kundenverkehrs über die Z-Straße zur E-Straße fährt (und nicht über die B-Straße) und somit diese Auswirkungen des Vorhabens nicht über die Z-Straße hinweg nach Westen hinausreichen. Umgekehrt ist auch das ehemalige Schlachthofgelände wohl kaum von den verkehrlichen (oder sonstigen) Auswirkungen der Gewerbebetriebe westlich der Z-Straße betroffen. Diese unter dem Blickwinkel der verkehrlichen und immissionsschutzrechtlichen Einwirkungen wohl eher gegebene trennende Wirkung wird durch die Führung der Z-Straße im Einschnitt (zur Unterführung der Eisenbahnstrecke) auch optisch unterstrichen. Dass schließlich die gleichförmige (Wohn-)Bebauung nördlich der Blücher- und der K-Straße, für die ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt ist, die jeweils südlich gelegene gewerbliche Nutzung verklammern könnte, liegt fern, zumal sie wegen der klaren Nutzungsabgrenzung wohl nicht mehr zur näheren Umgebung des Vorhabens und der weiteren gewerblichen Nutzungen in dem beschriebenen gewerblich genutzten Geländestreifen zwischen B- und K-Straße und der Eisenbahnlinie gehört. Unwahrscheinlich ist auch, dass die nähere Umgebung des Vorhabens nach Süden über den Bahndamm (wesentlich) hinausreicht.
Wäre die nähere Umgebung in dem beschriebenen Sinne enger zu fassen, würde sich das Vorhaben voraussichtlich nicht im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB in sie einfügen, obwohl es sich - vorbehaltlich der Regelung des § 34 Abs. 3 BauGB - ebenfalls um eine in einem Gewerbegebiet grundsätzlich zulässige gewerbliche Nutzung handelte. Denn die Antragsgegnerin weist wohl zu Recht darauf hin, dass das Vorhaben die Ansiedlung weiterer großflächiger Einzelhandelsunternehmen auf dem Schlachthofgelände nach sich ziehen könnte und dass dies die verkehrliche und insbesondere die lärmschutzrechtliche Problematik wesentlich verschärfen würde. Es erscheint auch zumindest zweifelhaft, dass - wie das Verwaltungsgericht meint - die vorhandene „Großgemengelage“ im Wesentlichen durch den Entsorgungsbetrieb westlich des Baugrundstücks vorbelastet ist und dass deshalb die mit der Ansiedlung von mindestens zwei großflächigen Einzelhandelsbetrieben verbundenen Lärmimmissionen für die Wohnbebauung nördlich der K-Straße durch Liefer- und Kundenverkehr kein Gewicht mehr hätten. Aus der für das Vorhaben von der Antragstellerin eingeholten schalltechnischen Stellungnahme ergibt sich dies jedenfalls nicht (vgl. S. 17, 18). Denn danach führt allein das Vorhaben bei der Wohnbebauung entlang der K-Straße zu einer Überschreitung der Beurteilungswerte im Plan-0-Fall von bis zu 1,7 dB(A) tags und 1,8 dB(A) nachts und der hier als Orientierungswerte herangezogenen Grenzwerte der 16. BImSchV von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts von bis zu 2,0 dB(A) tags und nachts. Einer negativen Vorbildwirkung des Vorhabens kann die Antragstellerin auch nicht entgegen halten, die Antragsgegnerin könne die Ansiedlung weiterer großflächiger Einzelhandelsbetriebe an dieser Stelle verhindern, weil sie Eigentümerin aller dafür in Betracht kommender Grundstücke des Schlachthofgeländes sei. Denn die Antragsgegnerin, welche den Bauvorbescheid im Übrigen nur auf Weisung des Regierungspräsidiums zurückgenommen hat, wäre bei einer Verwirklichung des Vorhabens nicht gehindert, die ihr noch gehörenden Grundstücke, für deren Bebaubarkeit sich nach der Verwirklichung des Vorhabens der Antragstellerin zusätzliche Möglichkeiten ergäben, zu veräußern. Dass sie in diesem Fall verpflichtet wäre, die Bebaubarkeit des Grundstücks im Kaufvertrag (und dinglich) zu beschränken oder der Ansiedlung eines weiteren großflächigen Einzelhandelsbetriebs durch Erlass eines Bebauungsplans vorzubeugen, liegt fern. Entscheidend für das Vorliegen einer bodenrechtliche Spannungen begründenden oder vertiefenden negativen Vorbildwirkung eines Vorhabens ist nicht, ob die jeweiligen Grundstückseigentümer Folgenutzungen tatsächlich verwirklichen wollen und - in einem umfassenden Sinne - können, sondern allein, ob ihnen dazu die planersetzende Vorschrift des § 34 Abs. 1 BauGB objektiv die Möglichkeit bietet. Dies dürfte hier der Fall sein. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 13.11.2006 dargelegt, dass sie nicht Eigentümerin aller weiteren Flächen des Schlachthofgeländes ist und dass auf den ihr nicht gehörenden Flächen ein weiterer großflächiger Einzelhandelsmarkt errichtet werden könnte.
Die Rücknahmeverfügung leidet voraussichtlich auch nicht an Ermessensfehlern (§ 48 Abs. 1 Satz 1, § 40 LVwVfG). Dabei kann offenbleiben, ob die Antragsgegnerin einen Vertrauensschutz (§ 48 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 LVwVfG) der Antragstellerin zutreffend mit der Erwägung verneint hat, die benachbarte Gemeinde K. habe unter Hinweis auf die Auswirkungen des Vorhabens auf ihre wohnortnahe Grundversorgung und auf § 34 Abs. 3 BauGB rechtzeitig Widerspruch eingelegt (vgl. § 50 LVwVfG). Denn die Antragsgegnerin hat in den Gründen der angefochtenen Verfügung hilfsweise und voraussichtlich zutreffend ausgeführt, dass auch dann, wenn sich die Antragstellerin insoweit auf Vertrauensschutz berufen könnte, das öffentliche Interesse an der Rücknahme des Bauvorbescheids ihr Interesse an der Vermeidung finanzieller Nachteile überwiegen würde. Auch insoweit führt die Antragsgegnerin wohl zu Recht das öffentliche Interesse an der Vermeidung einer negativen Vorbildwirkung an, die - wie oben ausgeführt - mit der Zulassung des Vorhabens einherginge. Es wird wohl auch nicht zu beanstanden sein, dass die Antragsgegnerin (etwaige weitere) Vertrauensschutzgesichtspunkte wesentlich auch dadurch gemindert sieht, dass die Antragstellerin ggf. einen Ausgleich von Vermögensnachteilen gemäß § 48 Abs. 3 LVwVfG verlangen kann. Dass die Antragsgegnerin nicht eigens erwähnt hat, dass ein entsprechender Anspruch nicht Aufwendungen umfasst, die vor Erteilung des Bauvorbescheids gemacht wurden, und auch nicht entgangenen Gewinn aus einem ggf. von der Fa. K. gekündigten Mietvertrag, begründet wohl kaum ein Ermessensdefizit oder gar die Beurteilung, dass die Rücknahme im engeren Sinne unverhältnismäßig wäre.
Erscheint es somit als offen, ob die Rücknahme des Bauvorbescheids rechtmäßig ist, besteht grundsätzlich ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit dieser Entscheidung, weil nur so die Erteilung einer möglicherweise rechtswidrigen Baugenehmigung und damit die Schaffung vollendeter Tatsachen durch Verwirklichung des Vorhabens verhindert werden kann. Demgegenüber muss das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an der Erteilung einer Baugenehmigung ohne weitere Verzögerung und einer Baufreigabe zurücktreten; dieses ist bereits bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung zu berücksichtigen. Dass die Firma K. den mit der Antragstellerin abgeschlossenen Mietvertrag fristlos kündigen kann, wenn eine Baugenehmigung und die Baufreigabe nicht bis zum 31.08.2007 erreicht werden, und dass der Antragstellerin im Falle der fristlosen Kündigung die Erträge aus dem abgeschlossenen langfristigen Mietvertrag entgehen würden, überwiegt das öffentliche Interesse nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts unter Änderung der Streitwertbestimmung des Verwaltungsgerichts beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 63 Abs. 3 GKG. Anders als das Verwaltungsgericht hält der Senat eine Ermäßigung des Streitwerts mit Blick auf die eingeschränkte Regelungswirkung eines Bauvorbescheids für angemessen (vgl. Nr. 9.2 des Streitwertkatalogs 2004, NVwZ 2004, 1327).
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für drei Windenergieanlagen.
Mit Entscheidung des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 25.9.2002 erhielt die Klägerin im Anschluss an ihren Antrag vom 13.3.2002 und ein daran anschließendes vereinfachtes Genehmigungsverfahren die mit zahlreichen Nebenbestimmungen und der Festsetzung einer naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe versehene immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windfarm („Windpark ...“) mit drei Windenergieanlagen des Typs J. (Gesamthöhe 138,5 m, Nennleistung 1,5 MW) auf dem Grundstück Flst.Nr. ... der Gemarkung L. der beigeladenen Stadt ..., die zuvor ihr Einvernehmen erteilt hatte. Die Forstdirektion Freiburg erteilte am 14.10.2002 eine forstrechtliche Umwandlungsgenehmigung. Das Vorhaben liegt östlich der B 500 in einer Höhe von etwa 1100 m ü.NN. auf dem „...“, der Teil eines parallel zu und zwischen dem L.- und U. verlaufenden Höhenrückens ist; etwa 60 m südlich des südlichsten Anlagenstandorts grenzt das Landschaftsschutzgebiet Hochschwarzwald an.
Die planungsrechtliche Situation des Vorhabensstandorts stellt sich wie folgt dar: Nach vorangegangenem Aufstellungsbeschluss vom 3.4.2001 hatte der Gemeinderat der beigeladenen Stadt ... am 10.12.2002 einen Bebauungsplan beschlossen, der am Standort ... eine Fläche zur Errichtung von 3 Windkraftanlagen festsetzt. Eine öffentliche Bekanntmachung und ein Genehmigungsantrag an das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis erfolgten seither nicht. Am 20.5.2003 beschloss der Gemeinsame Ausschuss der Vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft ...-... (VVG) die 1. Fortschreibung des bestehenden Gemeinsamen Flächennutzungsplans mit dem Ziel der Darstellung von Sonderbauflächen bzw. Positivstandorten für die Windkraftnutzung. Im Anschluss an einen Standortsuchlauf beschloss der Gemeinsame Ausschuss der VVG am 1.12.2003 die Auslegung des Entwurfs mit dem einzigen Standort ...; die öffentliche Auslegung erfolgte vom 7.7.2005 bis zum 8.8.2005. Der beigeladene Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg beschloss am 15.7.2005 die Regionalplan-Teilfortschreibung Windkraft als Satzung. Im Regionalplan werden durch Plansatz 4.2.3 Vorranggebiete nach § 11 Abs. 7 Satz 3 LplG für regional bedeutsame Windkraftanlagen ausgewiesen. Außerhalb dieser Gebiete wird die Errichtung und der Betrieb regional bedeutsamer Windkraftanlagen ausgeschlossen. Der Standort ... ist ebenfalls als vorrangig aufgenommen worden. Der Satzungsbeschluss erging ungeachtet dessen, dass das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg in einem Schreiben vom 30.3.2005 angekündigt hatte, die Genehmigung für den gesamten Plan zu versagen, wenn der Standort ... positiv aufgenommen werde.
Gegen die der Klägerin erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung erhob die beigeladene Stadt Vöhrenbach am 10.10.2002 mit der Begründung Widerspruch, sie betreibe derzeit ein Flächennutzungsplanänderungsverfahren zur Ausweisung eines Positivstandortes für eine Windenergieanlage auf dem zu ihrer Gemarkung ... gehörenden Teil des .... Eine Bauvoranfrage zur Errichtung einer entsprechenden Anlage im Bereich des geplanten Positivstandortes sei anhängig. Ferner erhoben neben einer Bürgerinitiative „S.“ die beigeladenen Eheleute B. am 24.2.2003 Widerspruch und führten - näher begründet in einem weiteren Schreiben vom 30.3.2003 - aus, Schallimmissionen und Schattenwurf beeinträchtigten sie ebenso unzumutbar wie die Tatsache, dass sich die genehmigten Windkraftanlagen an der Grenze zum Landschaftsschutzgebiet befänden.
Im Rahmen einer von den beigeladenen Eheleuten B. ebenfalls erhobenen Petition zum Landtag nahm das RP Freiburg unter dem 8.5.2003 gegenüber dem Wirtschaftsministerium dahin Stellung, die Bearbeitung des mittlerweile vom Landratsamt vorgelegten Widerspruchs der beigeladenen Eheleute B. werde wegen der Petition zurückgestellt. Die Eheleute würden (näher ausgeführt) nicht in ihren Rechten verletzt. Allerdings sei die immissionsschutzrechtliche Genehmigung objektiv rechtswidrig, weil das Landratsamt entgegen den Anforderungen der 9. BImschV seine Entscheidung nicht näher begründet habe, wodurch zugleich die erforderliche naturschutzrechtliche Abwägung vollständig ausgefallen sei. Mit weiterem Schreiben vom 13.5.2003 teilte das RP Freiburg dem Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis den letztgenannten Umstand, verbunden mit der Anregung zur Nachbesserung, mit. Durch Bescheid vom 6.8.2003 ergänzte das Landratsamt darauf hin die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 25.9.2002 unter gleichzeitiger ausführlicher Begründung um genauer bestimmte naturschutzrechtliche Bestimmungen. Im August 2003 erklärte das RP Freiburg im Rahmen des Petitionsverfahrens gegenüber dem Wirtschaftsministerium, gegen die neuerliche naturschutzrechtliche Abwägung und Begründung des Landratsamts bestünden keine durchgreifenden Bedenken. Im Anschluss an einen durch den Petitionsausschuss im Oktober 2003 durchgeführten Ortstermin nahm das RP Freiburg unter dem 9.12.2003 gegenüber dem (nunmehr federführenden) Umweltministerium dahin Stellung, abweichend von der bisherigen Ansicht und aufgrund der Maßstäbe, die das RP Freiburg zuletzt entwickelt habe, seien das Ausgangsvorhaben und ein mittlerweile im Mai 2003 von der Klägerin zur Genehmigung gestelltes Änderungsvorhaben (3 höhere Anlagen an geringfügig geänderten Standorten - Streitgegenstand im Parallelverfahren 1 K 585/04) weder aus naturschutzrechtlicher noch aus bauplanungsrechtlicher Sicht genehmigungsfähig. Entsprechend seien mit Schreiben vom 8.10. und 18.11.2003 an die unteren Baurechts- und Naturschutzbehörden im Anschluss an die Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 20.5.2003 Maßstäbe konkretisiert worden, die bei der Zulassung von Windenergieanlagen zu beachten seien. Hiernach sei bei den zu treffenden Abwägungsentscheidungen den Belangen der natürlichen Eigenart der Landschaft und des Landschaftsbildes sowie des Naturschutzes ein stärkeres Gewicht beizumessen. Das geplante Vorhaben führe zu einer erheblichen negativen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes in einer besonders schützenswerten Erholungslandschaft. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 25.9.2002 sei rechtswidrig und zurückzunehmen. Mit Entscheidung vom 25.3.2004 setzte das RP Freiburg den Sofortvollzug der erteilten Genehmigung vom 25.9.2002 aus. Mit weiterem Schreiben vom 31.3.2004 wies das RP Freiburg das Landratsamt an, den Änderungsgenehmigungsantrag der Klägerin vom Mai 2003 abzulehnen und ferner die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 25.9.2002/6.8.2003 zurückzunehmen. Wegen der Zusage der Landesregierung, sowohl die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 25.9.2002 zurückzunehmen als auch die beantragte Änderungsgenehmigung abzulehnen, hatte der Landtag bereits in seiner Sitzung vom 24.3.2004 die Petition der beigeladenen Eheleute B. für erledigt erklärt.
Nachdem es die Klägerin unter dem 5.4.2004 zu einer beabsichtigten Rücknahme angehört und diese - detailliert begründet - am 22.4.2004 Stellung genommen hatte, nahm das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis mit Entscheidung vom 24.5.2004 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 25.9.2002 in der Fassung vom 6.8.2003 zurück. Zur Begründung wurde, gestützt auf § 48 LVwVfG, ausgeführt, das Vorhaben sei wegen Verstoßes gegen naturschutzrechtliche und bauplanungsrechtliche Bestimmungen rechtswidrig. Es stelle einen erheblichen Eingriff in Natur und Landschaft dar und beeinträchtige das Landschaftsbild erheblich. Zu Gunsten der Klägerin werde sowohl die Nichtanwendbarkeit des § 50 LVwVfG als auch die Beachtlichkeit von Vertrauensschutzerwägungen i. S. v. § 48 Abs. 2 bis 4 LVwVfG unterstellt. Im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung werde schließlich das öffentliche Interesse an der Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit hingegen höher bewertet als dasjenige der Klägerin am Fortbestand der Genehmigung. Das Anliegen, besonders schützenswerte Teile des Schwarzwaldes vor Verunstaltung zu bewahren, habe außerordentlich große Bedeutung. In Anbetracht des nicht von vornherein offensichtlich unbegründeten Widerspruchs der beigeladenen Eheleute B. habe die Klägerin sich darauf einstellen müssen, dass die Genehmigung möglicherweise im Widerspruchsverfahren aufgehoben werde. Unabhängig davon seien Vertrauensschutzaspekte aber auch nicht von großem Gewicht: Das genehmigte Vorhaben sei bislang nicht ins Werk gesetzt, das Vertrauen also nicht über die Planungs- und Entwicklungsphase hinaus betätigt. Inwieweit angekündigte Entschädigungsforderungen des Käufers der Genehmigung tatsächlich einen Vertrauensschaden darstellten, sei gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt zu prüfen und näher zu belegen. Auch die im Laufe des Petitionsverfahrens eine Zulässigkeit „gerade noch“ bejahenden Äußerungen des Landratsamts, des Regierungspräsidiums und der beteiligten Ministerien, könnten keinen höheren Vertrauensschutz begründen. Dabei habe es sich um interne Mitteilungen und Stellungnahmen gehandelt, die ebenso wie Bitten des Petitionsausschusses keine ermessensbindende Wirkung für die Verwaltungstätigkeit hätten. Gleiches gelte für mündliche Stellungnahmen der Verwaltung beim Ortstermin des Petitionsausschusses, auch wenn alle Beteiligten zwangsläufig davon Kenntnis erlangt hätten.
Nachdem diese Entscheidung der Klägerin am 27.5.2004 zugestellt worden war, erhob sie 22.6.2004 Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid des RP Freiburg vom 18.8.2004 (eingeschrieben zur Post am selben Tag) zurückgewiesen wurde. Die Widerspruchsbehörde machte sich die Ermessenserwägungen des Landratsamts zu eigen und führte ferner aus, eine Vertrauensbetätigung der Klägerin habe im wesentlichen nur im Abschluss des Konzeptionsübernahmevertrags mit der S. am 21.3.2003 bestanden, jedoch komme dem nicht dasselbe Gewicht zu, wie wenn die Klägerin eigenes Vermögen aufgewandt oder entsprechende Dispositionen zur Umsetzung der erforderlichen Investitionen in Millionenhöhe selbst getätigt hätte. Sollte der Klägerin bei der Rückabwicklung des Vertrags ein Vermögensnachteil entstehen, sei dieser unter den in § 48 Abs. 3 LVwVfG genannten Voraussetzungen zu entschädigen. Selbst ein solcher Vermögensnachteil könne aber vorliegend den Eingriff in die besonders schützenswerte Landschaft nicht rechtfertigen. Im übrigen reiche das Vertrauen der Klägerin nicht so weit, wie wenn eine bereits bestandskräftige Genehmigung zurückgenommen werde. Sie habe im Rechtsbehelfs- und Petitionsverfahren mit einer Aufhebung rechnen müssen. Dieser geringere Vertrauensschutz sei ihr bewusst gewesen, weil sie in beiden Verfahren mit der Argumentation, nur eine bestandskräftige Genehmigung gebe ihr die notwendige Sicherheit für die Verwirklichung des Vorhabens, auf einen raschen Abschluss gedrängt habe. Soweit sie schließlich durch behördliche Stellungnahmen darin bestärkt worden sein wolle, dass die Genehmigung rechtmäßig sei, verkenne sie, dass diese Äußerungen beim Abschluss des Konzeptionsübernahmevertrags ohne Bedeutung gewesen und erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt seien. Im übrigen handele es sich bei diesen Stellungnahmen um reine Verwaltungsinterna, denen keine Bindungswirkung zukomme.
Die Klägerin hat am 8.9.2004 Klage erhoben und trägt vor: Im Rahmen des ausschließlich geltenden § 48 LVwVfG sei am 24.5.2004 bereits die Jahresfrist abgelaufen gewesen. Maßgebliche Kenntnis vom überwiegenden (öffentlichen) Interesse des Landschaftsschutzes habe das Landratsamt bereits auf Grund des zu den Verwaltungsakten genommenen Schreibens der Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege Freiburg vom 15.6.2001 gehabt. Ferner sei das Landratsamt durch Schreiben des RP Freiburg vom 13.5.2003 von der objektiven Rechtswidrigkeit der Genehmigung in Kenntnis gesetzt worden, ohne diese zum Anlass für eine Aufhebung zu nehmen. Unzutreffend sei ferner die Behauptung, die Behörden hätten sich in einem Rechtsirrtum über das Entgegenstehen öffentlicher Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Nr. 5. BauGB befunden, der erst durch das Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 20.5.2003 und die nachfolgenden Erlasse des RP Freiburg vom 8.10./18.11.2003 aufgeklärt worden sei. Vielmehr habe der VGH Baden-Württemberg im genannten Urteil ohne Wende in der Rechtsprechung nur eine Subsumtion des Einzelfalles vorgenommen. Im Bebauungsplanverfahren der beigeladenen Stadt ... für den Windkraftstandort ... habe das RP Freiburg ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Realisierung einer Windfarm im Bereich ... auf Grund der damit verbundenen Anlagenmassierung bzw. Landschaftsbildbeeinträchtigung aus raumordnerischer Sicht sehr problematisch und wohl auch rechtlich unzulässig sei. Es entspreche nicht dem Zweck der Jahresfristregelung, dass die Frist nicht zu laufen beginne, wenn die zuständigen Behörden ihre Augen vor der zutreffenden Rechtslage verschlössen. Die Genehmigung sei aber auch materiell rechtmäßig. Soweit wegen des Fledermausschutzes auf „erst seit kurzem vorliegende wissenschaftliche Untersuchungen“ abgestellt werde, könne dies für eine Rechtswidrigkeit der Genehmigung nichts hergeben, weil insoweit nämlich maßgeblich die günstigere Rechtslage im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids sei. Für die politisch motivierte und nachträglich konstruierte Rechtsposition des Landes würden lediglich Nachteile für das Landschaftsbild angeführt, wie sie naturgemäß mit jeder Windfarm einhergingen. Auf vermeintlich entgegenstehende Belange komme es letztlich jedoch nicht an, weil das Vorhaben in einem Gebiet liege, für das zumindest im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Voraussetzungen des § 33 BauGB erfüllt seien. Vorsorglich erkläre sie, die Klägerin, dass sie die Festsetzungen des vom Gemeinderat der beigeladenen Stadt ... in seiner Sitzung am 10.12.2002 beschlossenen Bebauungsplans für sich und ihre Rechtsnachfolger anerkenne. In einem § 33 BauGB-Gebiet könnten aber artenschutzrechtliche Belange, wie sich aus §§ 19, 21 Abs. 2 Satz 1, 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG ergebe, nicht entgegenstehen; im Übrigen wäre eine Rücknahme jedenfalls wegen der Möglichkeit geringer belastender Maßnahmen nach § 17 BImSchG (Abschaltungen in Zeiten mit Insekten-/Fledermausflug) unverhältnismäßig. Eine vergleichbare landschaftsspezifische Einzigartigkeit des „...“ wie der vom Beklagten herangezogene Fall Görwihl (Gemarkung ... im ... bestehe schließlich nicht. Die zuständigen Planungsgremien (Stadt ..., Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg) hätten sowohl im Bebauungsplan als auch in der Regionalplanfortschreibung den „...“ als Positivstandort bzw. Vorrangfläche gewählt, was bereits gegen einen grob unangemessenen Eingriff spreche. Auch die Ermessensausübung sei schließlich fehlerhaft. In der Rücknahmeentscheidung sei vollkommen unberücksichtigt geblieben, dass die aufgehobene Genehmigung noch einmal mit Bescheid vom 6.8.2003 explizit bestätigt bzw. in naturschutzfachlicher Sicht ergänzt worden sei. Im übrigen sei während des (Gegenstand des Parallelverfahrens 1 K 585/04 bildenden) Änderungsgenehmigungsverfahrens auch zu keiner Zeit ein Hinweis dazu ergangenen, dass nunmehr Belange des Landschaftsschutzes entgegenstehen könnten. Im Verhältnis zur Entscheidung vom 6.8.2003 stelle die nunmehr dieselben Gesichtspunkte heranziehende Rücknahme vom 24.5.2004 mithin einen Verstoß gegen Treu und Glauben dar. Schließlich sei übersehen worden, dass der Standort „...“ im Tausch zum Standort „Leimgrube“ habe verwirklicht werden sollen. Die Tatsache, dass die beigeladene Stadt ... alles unternommen habe, den aus ihrer Sicht günstigeren Standort planungsrechtlich zu realisieren, sei ein Umstand, der ihr (der Klägerin) schützenswertes Vertrauen maßgeblich gegenüber dem öffentlichen Rücknahmeinteresse bestärkt habe.
Die Klägerin beantragt,
10 
den Bescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 24.5.2004 und den Widerspruchsbescheid des RP Freiburg vom 18.8.2004 aufzuheben.
11 
Das beklagte Land beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Es verweist auf die angefochtenen Entscheidungen und trägt ergänzend vor: Von einer politisch motivierten Entscheidung könne nicht die Rede sein. Erst nach dem Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 20.5.2003 habe das RP Freiburg den rechtlichen Handlungsspielraum für eine restriktivere Zulassung von Windkraftanlagen eröffnet gesehen. Mit den Erlassen vom 8.10.2003 und 18.11.2003 seien die Baurechts- und Naturschutzbehörden zur Beachtung angehalten worden. Die im Petitionsverfahren beteiligten Ministerien hätten diesen Meinungswandel mitgetragen. Der Petitionsausschuss habe sich die Stellungnahme der Regierung mit großer, die Regierungskoalition übergreifender Mehrheit zu eigen gemacht. Der Bebauungsplan „Windkraftstandort ...“ der beigeladenen Stadt ... habe keine materielle Planreife erlangt, weil er zwar bereits am 10.12.2002 beschlossen, seither jedoch weder öffentlich bekanntgemacht noch dem Landratsamt zur Genehmigung vorgelegt worden sei. § 33 BauGB setze funktionell voraus, dass die Voraussetzungen für das Inkrafttreten eines Bebauungsplans unverzüglich geschaffen würden. Daran fehle es hier aber. Zu Gunsten des Vorhabens könne ferner auch der Regionalplanentwurf keine Vorwirkung zeitigen. Dem Standort ... stehe eine Entscheidung des Landtags und der obersten Landesbehörden entgegen. In der Stellungnahme zu den Petitionen u. a. der beigeladenen Eheleute B. hätten die beteiligten Ministerien dargelegt, dass das Landschaftsbild in einem relativ unberührten Teil des Schwarzwalds bei Errichtung von Windenergieanlagen dieser Größendimension eine massive Störung erfahre. Petitionsausschuss und Landtag hätten sich diese Auffassung zu eigen gemacht. Auf Grund der Zusage der Landesregierung im Petitionsverfahren, es würden am ... keine Windkraftanlagen zugelassen, sei die Petition für erledigt erklärt worden. Diese Zusage der Regierung stehe inhaltlich einer Zulassung von raumbedeutsamen Windkraftanlagen entgegen. Sie sei für das Wirtschaftsministerium als oberste Raumordnungs- und Landesplanungsbehörde und die anderen obersten Landesbehörden bindend. Der beigeladene Regionalverband sei deshalb nach § 13 Abs. 1 LPlG schon aus Rechtsgründen daran gehindert, diesen Standort als Vorranggebiet auszuweisen, weil die obersten Raumordnungs- und Landesplanungsbehörde von ihrem Letztentscheidungsrecht Gebrauch gemacht habe. Mit Schreiben vom 30.3.2005 habe das Wirtschaftsministerium den Regionalverband auf die Genehmigungsverweigerung hingewiesen. Die Jahresfrist nach § 48 Abs. 4 LVwVfG sei eine Entscheidungsfrist und hier gewahrt. Das für die Genehmigung zuständige Landratsamt habe frühestens nach dem Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 20.5.2003 und den Erlassen des RP Freiburg vom 8.10./18.11.2003 erkennen können, dass die erteilte Genehmigung rechtswidrig gewesen sei. Erst die förmliche Weisung des RP Freiburg vom 31.3.2004 habe schließlich beim Landratsamt zu einer geänderten Rechtsauffassung geführt; der „Rechtsirrtum“ sei erst zu diesem Zeitpunkt behoben und eine „positive Kenntnis“ von der Rechtswidrigkeit der Genehmigung gegeben gewesen.
14 
Mit Schriftsatz vom 17.6.2005 hat das beklagte Land schließlich seine naturschutzrechtliche Abwägungsentscheidung um dem Gesichtspunkt des Artenschutzes „rein vorsorglich in entsprechender Anwendung der §§ 114 Satz 2, 115 VwGO“ ergänzt und auf „seit kurzem vorliegende“ wissenschaftliche Untersuchungen zur Beeinträchtigung strukturgebundener Fledermausarten (Zwischenbericht vom Dezember 2004 des Planungsbüros Dr. B., beauftragt durch die Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege Freiburg) hingewiesen. Ferner hat es am 4.10.2005 eine unter dem 30.9.2005 durch dasselbe Planungsbüros erstellte "Einschätzung des Gefährdungspotenzials für Fledermäuse an drei geplanten Windkraftanlagen-Standorten im Bereich ..., Stadt ...“ vorgelegt und ergänzend ausgeführt, insbesondere unter Zwergfledermäusen sei mit einer erheblichen Anzahl von Schlagopfern zu rechnen.
15 
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Der beigeladene Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg hat ausgeführt, der Standort ... habe nach den zugrunde gelegten Abwägungskriterien die Voraussetzungen einer Vorrangfläche aufgewiesen. Das Landschaftsbild sei nicht maßgeblich beeinträchtigt, weil der ... zu den am wenigsten einsehbaren Standorten in der Raumschaft gehöre. Der Ankündigung des Wirtschaftsministeriums, die Genehmigung des Regionalplans zu versagen, habe man sich nicht gebeugt, um keinen Planungsfehler zu begehen. Da der Regionalplan zwar nicht genehmigt, jedoch als Satzung beschlossen sei, entfalteten sowohl die positiven als auch die negativen Elemente seiner planerischen Aussagen, die Merkmale von Zielen der Raumordnung aufwiesen, rechtliche Wirkungen schon bevor sie die Qualität verbindlicher Zielvorgaben erlangten. § 13 Abs. 1 LPlG stehe einer solchen Vorwirkung nicht entgegen. Eine Entscheidung des Landtags liege nicht vor, vielmehr erschöpfe sich die Entscheidung über die Petitionen in einer Erledigungserklärung. Ferner fehle es an einer Entscheidung der Landesregierung, die nur in Form eines Kabinettsbeschlusses hätte ergehen können. Selbst wenn schließlich das Wirtschaftsministerium eine oberste Landesbehörde im Sinne der Vorschrift sei, stelle seine Einzelfallweisung, wie sich auch aus § 8 Abs. 5 LPlG a.F. ergebe, keine erforderliche Planungsentscheidung dar, weil sie nicht die vorgesehene räumliche Entwicklung der Region und angestrebte räumliche Entwicklung des Landes betreffe.
16 
Die Kammer hat den Standort ... ebenso in Augenschein genommen wie die daran angrenzenden Bereiche des ...- und ...; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
17 
Wegen weiterer Einzelheiten des umfangreichen Sach- und Streitstands wird auf die ausführlichen Schriftsätze der Beteiligten und den Akteninhalt Bezug genommen. Zusammen mit den Verwaltungsakten (3 Hefte des RP Freiburg) des Parallelverfahrens 1 K 585/04 (vgl. Urteil vom heutigen Tag) liegen der Kammer vor: 5 Hefte Genehmigungsakten des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis, 3 weitere Hefte Widerspruchs-/Petitionsakten des RP Freiburg, 3 Hefte Regionalplanakten und 2 Sichtbarkeitsanalyse-Karten des beigeladenen Regionalverbands Schwarzwald-Baar-Heuberg sowie schließlich 15 Hefte Bauleitplanungs-Akten der beigeladenen Stadt ... und der VVG .../...

Entscheidungsgründe

 
18 
A. Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft und auch sonst zulässig. Die Klägerin ist als Rücknahmeadressat klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Einer etwaigen Übertragung der zurückgenommenen Genehmigung vom 25.9.2002/6.8.2003 an die S. im März 2003 kommt ungeachtet dessen, dass diese laut Erklärung der Klägerin erst nach bestandskräftiger Genehmigung hat erfolgen sollen, keine Bedeutung (mehr) zu. Es ist davon auszugehen, dass im Anschluss an den Rücktritt der S. vom 8.6.2004 die Klägerin die Genehmigung wieder zurückerhalten hat; eine vorübergehende Genehmigungsinhaberschaft der S. hat die Rücknahmeentscheidung gegenüber der Klägerin nicht unwirksam werden lassen.
19 
Auch ein Rechtsschutzbedürfnis kann schließlich nicht verneint werden. Die Klägerin hat zwar im Mai 2003 eine geänderte, neue Genehmigung beantragt (Gegenstand des Parallelverfahrens 1 K 585/04) und hierzu im Juli 2003 schriftlich erklärt, die zur Neugenehmigung gestellten Windenergieanlagen sollten an Stelle der bereits genehmigten errichtet werden. Zugleich hat sie jedoch auch deutlich gemacht, dass sie von der ersten Genehmigung Gebrauch machen werde, wenn es nicht zur Genehmigung der neuen Anlagen komme. Das kann - i. S. einer auflösenden Bedingung des zweiten Genehmigungsantrags bzw. einer aufschiebend bedingten Verzichtserklärung zum ersten Antrag - (wirtschaftlich sinnvoll) nur so verstanden werden, dass erst eine unanfechtbare neue Genehmigung das Interesse der Klägerin an der bereits erteilten entfallen lässt. Da eine unanfechtbare neue Genehmigung (noch) nicht vorliegt ist diese Bedingung (noch) nicht eingetreten; mithin hat die Klägerin im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ein berechtigtes Interesse, die Rücknahme der bereits enthaltenen Genehmigung aus der Welt zu schaffen.
20 
B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Rücknahmeentscheidung des Landratsamts vom 24.5.2004 ist nicht rechtswidrig und verletzt folglich die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21 
I. Rechtsgrundlage der Rücknahme ist ausschließlich § 48 Abs. 1, Abs. 2 bis 4 LVwVfG. Die Rücknahme einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist im BImSchG - anders als der Widerruf (vgl. § 21 BImSchG) - nicht geregelt und wird nicht ausgeschlossen (Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht Band I, § 21 BImSchG [Oktober 1990] Rnr. 2). Eine Aufrechterhaltung der behördlichen Rücknahmeregelung als Widerruf wäre allerdings aufgrund der erheblichen Wesensverschiedenheit der Institute ebensowenig in Betracht gekommen wie eine Umdeutung. Die Rücknahmeentscheidung ist formell-rechtlich nicht zu beanstanden. Das Landratsamt ist sowohl die sachlich (§§ 1 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 BImSchZuVO, 13 Abs. 1 Nr. 1 LVG) als auch die örtlich zuständige Behörde (§§ 48 Abs. 5, 3 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG) hierfür gewesen. Ferner ist die Klägerin zuvor angehört worden (§ 28 LVwVfG) und im Bescheid finden sich ausführliche rechtliche und tatsächliche Erwägungen sowohl zu den tatbestandlichen Handlungsvoraussetzungen als auch zur Ermessensbetätigung (§ 39 Abs. 1 LVwVfG).
22 
1.) Bei der Rücknahmeentscheidung durfte ferner nicht - was das Landratsamt im Ergebnis zu recht unterstellt hat - auf die erleichterten Voraussetzungen des § 50 LVwVfG zurückgegriffen werden. Das folgt daraus, dass die Rücknahmeentscheidung nicht wegen immissionsrechtlicher Rechtswidrigkeit (zu Lasten der Eheleute B.) erging bzw. nicht deshalb ergehen konnte. Nur wenn sie nämlich auf den - allein beachtlichen weil zulässigen - Widerspruch der beigeladenen Eheleute B. hin einen Rechtsverstoß gegen die diese als Nachbarn schützenden §§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 22 BImSchG sanktioniert hätte, wäre § 50 LVwVfG einschlägig gewesen. Durch die „soweit“-Regelung in dieser Vorschrift soll die Behörde von den Schranken der §§ 48, 49 LVwVfG nur insoweit befreit sein, wie dem Widerspruch oder der Klage abgeholfen wird. Nur soweit die bekämpfte Belastung des Verwaltungsakts genommen wird, ist dieser dann frei rücknehmbar. Dies bedeutet, dass eine Aufhebung unter den erleichterten Voraussetzungen des § 50 LVwVfG nicht erfolgen kann, wenn die Rechte des Dritten, die er mit seinem Rechtsbehelf geltend gemacht hat, dadurch nicht betroffen werden (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Auflage 2001, § 50 Rnr. 104; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl. 2005, § 50 Rnrn. 21 u. 25).
23 
Der spätestens im Schreiben der Eheleute B. vom 30.3.2003 enthaltene Widerspruch ist zwar, weil sie Nachbarn im Sinne des Immissionsschutzrechts sind, zulässig gewesen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG [Rücksichtnahmegebot] i.V.m. § 42 Abs. 2 VwGO entspr.; zum Erfordernis der Zulässigkeit des Widerspruchs: Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 50 Rdnr. 22 m. w. N.). Nachdem ihnen die Genehmigung nicht bekanntgegeben worden war, konnten sie schließlich auch noch binnen Jahresfrist (§ 242 BGB i.V.m. entspr. Anwendung des § 58 VwGO) seit zuverlässiger Kenntnisnahmemöglichkeit - diese erhielten sie durch Schreiben des Landratsamts 17.3.2003 - Widerspruch erheben. Hingegen fehlt es, wie unten bei der Frage der Rechtswidrigkeit der Genehmigung im Kontext des Rücksichtnahmegebots gemäß §§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 22 BImSchG dargelegt ist, an der Begründetheit des Widerspruchs. Dem Sinn und Zweck des § 50 LVwVfG wird nur eine Auslegung gerecht, die sowohl Zulässigkeit als auch vollständige Begründetheit des Rechtsbehelfs im Zeitpunkt der Rücknahme verlangt (in diesem Sinn: BVerwG, Urt. v. 15.2.1990 - 4 C 39/86 - NVwZ 1990, 857; Urt. v. 18.4.1996 - 4 C 6/95 - NVwZ 1997, 272; Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rnr. 24; a.A.: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 6.5.1996 - 8 S 270/96 - NVwZ-RR 1997, 401: es genügt, wenn kein offensichtlich unbegründeter Widerspruch vorliegt; noch weitergehend Bay. VGH, NVwZ 1997, 701: auf Begründetheit des Widerspruchs kommt es nicht an).
24 
2.) Die mangels Einschlägigkeit des § 50 LVwVfG folglich geltende Jahresfrist nach § 48 Abs. 4 LVwVfG war ferner im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Rücknahmebescheids am 27.5.2004 (für diesen Zeitpunkt, um die Jahresfrist zu wahren: Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rnr. 152; a.A.: BFH, Urt. v. 31.10.1989 - VIII R 60/88 - NVwZ 1990, 1207: Erlasszeitpunkt [= Verlassen des Behördenbereichs] genügt) auch nicht verstrichen. Nach § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG ist, wenn die Behörde von Tatsachen Kenntnis erlangt, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigen, diese nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Nach dem Beschluss des Großen Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.12.1984 (GrS 1 und 2/84 - BVerwGE 70, 356 = NJW 1985, 819) findet die Vorschrift (auch) Anwendung, wenn die Behörde nachträglich erkennt, dass sie den beim Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts vollständig bekannten Sachverhalt unzureichend berücksichtigt oder unrichtig gewürdigt und deswegen rechtswidrig entschieden hat. Hinsichtlich der Voraussetzungen der Rechtswidrigkeit lässt die Vorschrift also jeden Grund genügen und differenziert nicht danach, ob der Verwaltungsakt wegen eines „Tatsachenirrtums“ oder eines „Rechtsirrtums“ rechtswidrig ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.07.2005 - 5 S 2372/03 - VENSA).
25 
Vorliegend kommt allein die Rechtswidrigkeit wegen Rechtsirrtums - hier über das Vorliegen einer Verunstaltung des Landschaftsbildes durch das (genehmigte) Vorhaben der Klägerin - in Betracht. In einem solchen Fall kann für den Beginn der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG jedoch nicht - wie die Klägerin meint - auf den Zeitpunkt der angeblich fehlerhaften Entscheidung abgestellt werden. Das widerspräche dem Zweck der Jahresfrist als einer Entscheidungsfrist. Von der für sie bindenden Rechtsauffassung der übergeordneten Fachbehörde hat das Landratsamt erst mit Schreiben des RP Freiburg vom 31.3.2004, in welchem eine entsprechende Rücknahmeweisung enthalten war, maßgebliche Kenntnis erhalten (so auch für den Fall einer im Fachaufsichtsweg durch Weisung des RP an das LRA veranlassten Rücknahme einer aufgrund „Rechtsirrtums“ rechtswidrigen Baugenehmigung: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.07.2005, a.a.O.). Weitergehend gehörte zur Herstellung der maßgeblichen Entscheidungsreife, nach deren Eintritt die Entscheidungsfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG erst beginnen konnte, auch noch das Anhörungsverfahren, und zwar unabhängig von dessen Ergebnis; denn die Einwände des Anzuhörenden können nur dann ernstlich zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen werden, wenn sich die Behörde ihre Entscheidung bis zum Abschluss des Anhörungsverfahrens offen hält. Das gilt auch und gerade, wenn es sich bei der zu treffenden Entscheidung um eine Ermessensentscheidung handelt, bei der - wie hier - zudem die für die Ermessensbetätigung maßgeblichen Umstände auch in der Sphäre des anzuhörenden Betroffenen liegen (BVerwG, Urt. v. 20.9.2001 - 7 C 6.01 - NVwZ 2002, 485; Beschl. v. 19.12.1984, a.a.O.).
26 
Demgemäß hat die einjährige Rücknahmefrist hier nicht vor dem 22.4.2004 begonnen, als die Stellungnahme der Klägerin auf das ausführliche Anhörungsschreiben des Landratsamts hin dort eingegangen ist. Die Jahresfrist beginnt erst zu laufen, wenn die Tatsachen vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt sind. Eine schuldhafte Unkenntnis der Behörde genügt nicht. Die Behörde erhält die Kenntnis, wenn der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zur Rücknahme oder zum Widerruf des Verwaltungsakts berufene Amtswalter - hier die (Untere) Immissionsschutzbehörde des Landratsamts - positive Kenntnis erlangt hat. Einzelne Fachfragen begutachtende Mitarbeiter einer Behörde stehen diesem innerbehördlich zur rechtlichen Überprüfung berufenen Amtswalter nicht gleich. Würde die Jahresfrist dadurch verkürzt oder beseitigt, dass der zuständigen Behörde die Kenntnisse anderer Behörden zugerechnet werden, würde das mit § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG verfolgte Ziel, der zuständigen Behörde eine hinreichend lange Zeit für eine Prüfung und Entscheidung zu gewähren, verfehlt (BVerwG, Urt. v. 24.1.2001 - 8 C 8.00 - DVBl 2001, 1221; Beschl. v. 19.12.1984, a.a.O.). Deshalb kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, das Landratsamt habe anderweitige Stellungnahmen des RP Freiburg - speziell diejenige der Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege vom 15.6.2001 anlässlich der Bauleitplanung der beigeladenen Stadt ... - schon 2001 bzw. 2002 zur Kenntnis erhalten und in die Akten genommen.
27 
3.) Eine Rücknahme war ferner nicht verwirkt. Allerdings ist, obwohl bereits § 48 Abs. 4 LVwVfG auf dem Gedanken der Verwirkung beruht, gleichwohl noch Raum für die Anwendung der allgemeinen Grundsätze der Verwirkung. Die Behörde kann deshalb die Befugnis zur Rücknahme auch schon vor Ablauf der Frist verlieren, wenn sie durch ein entsprechendes Verhalten den Anschein erweckt, sie werde von ihrer Befugnis zur Rücknahme keinen Gebrauch machen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rdnr. 147 m.w.N.). Ein Fall der Verzögerung des Fristbeginns (vgl. für eine Verwirkung wegen Hinauszögern des Anhörungsverfahrens: BVerwG, Urt. v. 20.12.1999 - 7 C 42.98 - BVerwGE 110, 226, 236; Beschl. v. 7.11.2000 - 8 B 137.00 - Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 99) ist vorliegend nicht ersichtlich. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass das Landratsamt spätestens im Ortstermin des Petitionsausschusses (Oktober 2003) oder jedenfalls durch die Erlasse des RP Freiburg vom 8.10.2003 und 18.11.2003 eine verlässliche Kenntnis des Rechtsirrtums gehabt hätte, wäre keine Verwirkung eingetreten, weil die Behörde die Rücknahme dann gleichwohl noch innerhalb der Jahresfrist ausgesprochen hatte und im Zeitraum zwischen Oktober/November 2003 und Mai 2004 auch sonst kein (ausdrückliches oder konkludentes) Verhalten an den Tag legte, wonach eine Rücknahme unterbleiben werde. Zwar hatte das Landratsamt der Klägerin noch unter dem 6.8.2003 eine Ergänzungsgenehmigung zur (Ausgangs-) Genehmigung vom 25.9.2002 erteilt, deren (Begründungs-) Gegenstand gerade eine das Problem der Landschaftsbildbeeinträchtigung ausführlich thematisierende und zugunsten des Vorhabens (i.V.m. Ausgleichsabgabe) gehende naturschutzrechtliche Abwägung enthielt. Gleichwohl kann die Kammer auch darin kein widersprüchliches bzw. treuwidriges Verhalten („venire contra factum proprium“) erblicken. Die Entscheidung vom 6.8.2003 erging, um den Inhalt der Genehmigung vom 25.9.2002 gemäß der Vorgabe in § 21 Abs. 1 Nr. 5 der 9. BImSchV dergestalt nachzubessern, dass die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe noch ausführlicher dargelegt wurden, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen hatten. Das Landratsamt hatte also nicht etwa aufgrund des Schreibens des RP Freiburg vom 13.5.2003 einen Rechtsirrtum erkannt und zum Anlass genommen, diesen noch einmal in der Sache zu bestätigen; vielmehr wollte es erkennbar und ausschließlich dieselben Gründe, die bereits zur Erteilung der Genehmigung vom 25.9.2002 geführt hatten, noch einmal - formalrechtlich bedingt - „nachliefern“. Hierdurch war zugleich gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 2 LVwVfG die Heilung eines formellen Mangels bewirkt worden (zur Heilbarkeit vgl. auch Dietlein, in: Landmann/Rohmer, a.a.O. Band II § 21 9. BImSchV [Oktober 2003], Rnr. 6).
28 
II. Auch die weiteren materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine - wie zum Schluss darzulegen ist: ermessensfehlerfreie (dazu unter III.) - Rücknahme lagen schließlich vor. Die Genehmigung vom 25.9.2002/6.8.2003 verstößt zwar weder gegen rechtlich geschützte Positionen der Nachbarn noch gegen artenschutzrechtliche Vorschriften (dazu unter 1.), hingegen hätte sie aus Landschaftsschutzgründen nicht ergehen dürfen, woran auch die planungsrechtliche Situation des Standorts ... nichts ändert (dazu unter 2.). Maßgeblich bei dieser Prüfung war die objektive Rechtswidrigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rnrn. 51-53 bzw. 57). Wegen dem aus Art. 14 Abs. 1 GG folgenden (passiven) Bestandsschutz (zur Rechtsposition des Inhabers einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vgl. Kutscheidt, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 6 BImSchG [März 2001] Rnr. 29; Vor § 4 BImSchG [Oktober 1993] Rnr. 22; § 4 BImSchG [Oktober 1993] Rnr. 32) war allerdings im Blick zu behalten, ob sich eine spätere Änderung der Sach- und/oder Rechtslage zugunsten der Klägerin ergeben hatte (zur Relevanz von Sachverhalts-/Rechtsänderungen vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 2005, 14.Aufl. § 113 Rnr. 46).
29 
Zu 1.): a.) Durch den Betrieb der genehmigten Windkraftanlagen werden keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorgerufen (§§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 6 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG; vgl. zugleich § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB für die Relevanz als bauplanungsrechtlichen Belang). Mit Ausnahme der beigeladenen Eheleute B. haben sonst Nachbarn insoweit auch keine Einwendungen vorgebracht. Die dem Anwesen der beigeladenen Eheleute B. nächstgelegene der drei Anlagen befindet sich in einem Abstand von ca. 550 m. Unzumutbare Licht-/Schattenimmissionen in Form von Discoeffekten oder rücksichtslosem Schattenwurf zu Lasten des Anwesens der beigeladenen Eheleute sind jedoch zu verneinen. Wegen des Discoeffektes folgt das aus Nr. 4 der Bestimmungen zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 25.9.2002, in der die immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamts Villingen-Schwenningen vom 11.4.2002 zum Gegenstand der Genehmigung gemacht worden sind. In ihrer Ziffer 4 ist vorgesehen, dass störenden Lichtblitzen durch Verwendung mittelreflektierender Farben und matter Glanzgrade (näher bezeichnete RAL-, DIN- und ISO-Vorschriften) für Turm, Kanzel und Rotorblätter vorzubeugen ist.
30 
Gleiches gilt für die Schattenwurfproblematik. Die mit anerkanntem Computerprogramm (W.) erstellte ursprüngliche Schattenwurfprognose der Klägerin vom 8.3.2002 wäre allerdings nicht endgültig aussagekräftig gewesen, weil sie den lediglich 250 m südlich der südlichsten ihrer drei Anlagen beantragten Windkraftanlagen-Standort der Fa. G. nicht berücksichtigt hatte. Wegen des für Immissionen geltenden Akzeptorbezugs (vgl. § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG; ferner ausführlich OVG Münster, Beschl. v. 26.2.2003 - 7 B 2434/02 - BauR 2003, 1361) bedurfte es allerdings einer einwirkungsort-bezogenen Gesamtbetrachtung der Immissionen aller vier Windkraftanlagen am Wohnort der Eheleute B.. Eine entsprechende neue Schattenwurfprognose hat die Klägerin jedoch unter dem 15.5.2003 (mit W.) im Zusammenhang mit ihrem Änderungsantrag vom Mai 2003 nicht nur für ihre neu geplanten Windenergieanlagen, sondern auch für die genehmigten Anlagen einschließlich derjenigen der Anlage der Fa. G. nachgeliefert. Diese Prognose berücksichtigt nunmehr an ausgewählten Immissionspunkten (Schattenrezeptoren) - darunter auch dem Immissionspunkt G („S. Häusle Nord“ = Anwesen der B.s) - die Schattenwurfdauer. Die in der Rechtsprechung bislang gezogene - allerdings sehr konservative, weil auf unwahrscheinlichen (worst-case-)Annahmen beruhende - Zumutbarkeitsgrenze von 30 Stunden/Jahr und 30 Minuten/Tag wäre danach im Fall des Betriebs aller 4 Windkraftanlagen prognostisch für den Immissionspunkt G mit 51:38 Stunden/Jahr und 32 Minuten/Tag überschritten. Ungeachtet der in der Prognose unberücksichtigten und sich zugunsten der Beigeladenen auswirkenden, weil zum Anlagenstandort hin steil ansteigenden Topografie gibt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 25.9.2002 jedenfalls in Nr. 4 ihrer Nebenbestimmungen i. V. m. Ziffer 3 der immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamts Villingen-Schwenningen vom 11.4.2002 der Klägerin auf, die Windenergieanlagen so auszurüsten, dass bei Sonnenschein (mind. 120 W/qm) und Winden aus passenden Richtungen zwangsläufig sichergestellt ist, dass die Bewohner im Westen, Norden und Osten der Anlagen nicht länger als 30 Minuten pro Tag und 30 Stunden pro Jahr durch periodischen Schattenwurf beaufschlagt werden. Ferner müssen die ermittelten Daten zur Sonnescheindauer und Abschaltzeit von der Steuereinheit über mindestens ein Jahr dokumentiert und die Protokolle jederzeit zur Einsichtnahme auf Verlangen der zuständigen Behörden bereitgehalten werden. Zweifel der Beigeladenen B. an der Geeignetheit der Abschaltpflicht schlagen demgegenüber nicht durch. Ungeachtet dessen ist bislang eine Praktikabilität solcher Nebenbestimmungen in der Rechtsprechung auch nicht in Zweifel gezogen worden. Auch dem Einwand, selbst nach Abschaltung gebe es noch stehende Rotorblätter, die einen stehenden Schatten werfen würden, kann nicht gefolgt werden, weil die Immissionsprognose auf den ungünstigsten Fall (drehende Rotorblätter) abstellt und durch das Stehen der Rotorblätter der rasche Sonnenlauf viel schneller zu einer „Situationsänderung“ zugunsten der Beigeladenen führen wird. Zwar ist in der Nebenbestimmung vom 11.4.2002 nicht die Immissionsprognose in Bezug genommen, sondern von „Bewohner(n) im Westen, Norden und Osten der Anlagen“ die Rede. Das kann jedoch (noch) in dem Sinn ausgelegt werden, dass hiermit die in den Prognosen konkret begutachteten Immissionspunkte A bis G (R., L., A.hof Süd, A.hof West, A.hof Häusle, S. Häusle Nord und S. Häusle Süd) gemeint sind. Auch wenn sich schließlich die Nebenbestimmungen vom 11.4.2002 nur auf die ursprüngliche Immissionsprognose vom März 2002 und nicht auf diejenige vom Mai 2003 beziehen, stellt das keinen die Rücknahme rechtfertigenden Rechtswidrigkeitsgrund dar, weil als milderes Mittel eine Nachbesserung gemäß § 17 BImSchG in Betracht gekommen wäre.
31 
Auch für unzumutbare Schallimmissionen ist schließlich nichts erkennbar. Insbesondere durfte die computergestützte Schallimmissionsprognose auf die Immissionen abstellen, die bei Nennleistungsbetrieb entstehen, weil es sich bei den Windkraftanlagen der Klägerin um „pitch-gesteuerte“ Anlagen handelt, deren Umdrehungszahlbegrenzung einen Anstieg der Umdrehungszahl (und damit eine weitere Erhöhung des Schallleistungspegels) bei steigender Windgeschwindigkeit verhindert (zu Details vgl. auch Oerder, BauR 2005, 643, 651 m.w.N.). Bei dieser Sachlage kann davon ausgegangen werden, dass die hohen Anforderungen, die an die Verlässlichkeit einer prognostischen Einschätzung der Einhaltung von Zumutbarkeitskriterien im Genehmigungsverfahren zu stellen sind, vorliegen und dass somit die Prognose „auf der sicheren Seite“ liegt (zu dieser Anforderung: OVG Münster, Beschl. v. 26.2.2003, a.a.O.). Der ebenfalls in der nachgebesserten (weil die Immissionen der Anlage der Fa. G. berücksichtigenden) Gesamtprognose vom 15.5.2003 für den Immissionspunkt D (= S. Häusle Nord = Anwesen der Beigeladenen) prognostisch ermittelte Beurteilungspegel beträgt danach 42,1 dB(A) und hält somit den nach TA-Lärm 1998 für MI-/MD-Gebiete maßgeblichen Nachtwert - angewendet auf Wohnnutzung im Außenbereich - von 45 dB(A) ein. Die Einhaltung dieses Wertes ist darüber hinaus in den zum Gegenstand der Genehmigung gewordenen Nebenbestimmungen des Gewerbeaufsichtsamts (dort Ziffer 1) auferlegt worden. Nur dann, wenn die bei Betrieb einer Anlage entstehenden Immissionen regelmäßig die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze überschreiten, genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in einer Genehmigung die maßgeblichen Immissionsrichtwerte als Grenzwert festzulegen (Bay. VGH, Urt. v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 - BayVBl. 2003, 503). Anhaltspunkte hierfür gibt es vorliegend jedoch nicht. Die Einhaltung abstrakter „Abstandsvorschriften“ konnte - entgegen der Auffassung der beigeladenen Eheleute - mangels hierzu in §§ 3, 6, 48 BImSchG i.V.m. TA Lärm 1998 angelegter normativer Vorgaben ebenso wenig gefordert werden wie bestimmte generelle Sicherheitszuschläge (anders noch OVG Münster, Beschl. v. 23.1.1998 - 7 B 2984/97 - BauR 1998, 523; VG Oldenburg, Beschl. v. 1.7.1998 - 4 B 1807/98 - ZUR 1998, 260, und Urt. v. 19.6.1997 - 4 A 1851/95 - ZUR 1998, 40).
32 
Raum für eine ausnahmsweise andere Betrachtung, etwa wegen im Einzelfall erdrückender Wirkung zulasten der beigeladenen Eheleute, gibt es angesichts der beim Augenschein festgestellten, nach Nordwesten zum Anlagenstandort hin ansteigenden und den Wohnort der Beigeladenen damit zugleich abschirmenden, ferner mit dichtem Wald bestandenen Topografie nicht.
33 
b.) Auch artenschutzrechtliche Belange (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. Vorschriften des BNatSchG und LNatSchG) hätten einem Bestand der Genehmigung nicht entgegengestanden bzw. deren Rücknahme nicht gerechtfertigt. Eine Beeinträchtigung des Auerhuhns ist von der Beklagtenseite - anders als für den 2 km östlich entfernten Standort im Verfahren 1 K 323/03 - nicht geltend gemacht worden. Sie hätten dem Vorhaben der Klägerin überdies auch nicht entgegen gehalten werden können. Auf die Begründung der Kammer im Urteil vom heutigen Tag im Verfahren 1 K 323/03 wird Bezug genommen, wo insoweit ausgeführt ist:
34 
„… Entgegen der Auffassung des beklagten Landes stehen naturschutzrechtliche Belange des Artenschutzes dem Vorhaben nicht entgegen. Das Auerhuhn ist eine geschützte Art nach lit. A 108 des Anhangs I zu Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG über die Erhaltung wild lebender Vogelarten vom 02.04.1979, ABl. EG Nr. L 103/1) und eine streng geschützte Art nach § 10 Abs. 2 Nr. 10c BNatSchG i.V.m. Spalte 3 des Anhang 1 zu § 1 der Bundesartenschutzverordnung vom 15.02.2005 (BGBl I, S. 258). Die geltend gemachte Beeinträchtigung eines Auerhuhnbiotops liegt nach Auffassung der Kammer bereits tatsächlich nicht vor, weil im betreffenden Gebiet nach insofern übereinstimmender Aussage aller Beteiligten seit langer Zeit keine Auerhühner leben, auch wenn die betreffende Waldfläche als Auerhuhnbiotop in der Waldbiotopkartierungskarte des Landes dargestellt ist. Nach der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Stellungnahme der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, Abt. Landespflege, vom 25.10.2005 war die nächstgelegene Beobachtung eines Auerhuhnes rund 750m östlich des geplanten Standortes, der damit deutlich außerhalb des Gebietes liegt, in dem Auerhühner leben, wie z.B. östlich des Bregtales, wo das beklagte Land auch Vogelschutzgebiete gemeldet hat. Im Hinblick auf das fehlende Vorkommen des Auerhuhns in der näheren Umgebung ist das Gebiet des geplanten Standortes also nicht als faktisches Vogelschutzgebiet anzusehen und nach Art. 4 Abs. 1 Satz 3 der Vogelschutzrichtlinie als eines der „zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete“ zu einem Schutzgebiet für das Auerhuhn zu erklären. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob es dem Land auch aus rechtlichen Gründen versagt wäre, sich auf artenschutzrechtliche Belange zu berufen, weil es eine einstweilige Sicherstellung der Fläche gemäß § 60 Abs. 2 LNatSchG ausdrücklich ablehnt. Möglicherweise wäre eine solche einstweilige Sicherstellung für ein potenzielles Vogelschutzgebiet erforderlich (so wohl der Bayerischer VGH, Beschl. vom 19.04.2005, 8 A 02.40040, NuR 2005, 592), nachdem der EuGH die in der Rechtsprechung entwickelte Auffassung des vorläufigen Schutzes faktischer Schutzgebiete als nicht europarechtskonform angesehen hat (vgl. EuGH, Urt. v. 13.01.2005, Rs. C-117/03 - Dragaggi, Rn. 26 ff., NuR 2005, 242; ausdrücklich a.A. wohl BVerwG, Beschl. vom 07.09.2005, 4 B 49.05). Soweit das beklagte Land des weiteren darauf abstellt, die Fläche um den Standort könne auch ein „Trittsteinbiotop“ für außerhalb liegende Auerhuhnhabitate um den Rohrhardsberg und östlich des Bregtales darstellen, scheitert dies nach Auffassung der Kammer an der bislang fehlenden Umsetzung der maßgeblichen Bestimmung des § 3 BNatSchG zum Biotopverbund durch das beklagte Land einerseits und den ausdrücklich nicht beabsichtigten Schutzmaßnahmen im Sinne des § 3 Abs. 4 BNatSchG andererseits. Da eine förmliche Unterschutzstellung nach §§ 21, 22 LNatSchG, die bei entsprechender Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit jederzeit (auch ohne Meldung als Vogelschutzgebiet nach § 26a Abs. 2 LNatSchG) möglich wäre, ausdrücklich nicht erfolgen soll und auch ein einstweiliges Sicherstellungsverfahren nach § 60 Abs. 2 LNatSchG weder eingeleitet noch beabsichtigt ist, stellt dieses Vorbringen wohl eher eine Schutzbehauptung dar, mit der der Versuch unternommen werden sollte, ein grundsätzlich zulässiges Vorhaben zu verhindern. Aus den oben genannten Gründen scheidet auch eine Anwendung des § 42 Abs. 1 Nr. 3 Bundesnaturschutzgesetz (Störungsverbot für Lebensräume streng geschützter Arten und europäischer Vogelarten, zu denen Auerhühner nach den Anhängen zur Bundesartenschutzverordnung und der Richtlinie 79/409/EWG über die Erhaltung wild lebender Vogelarten - Vogelschutzrichtlinie - zählen) aus. …“.
35 
Ferner hätte selbst der seitens des Beklagten weitaus konkreter „aufgearbeitete“ Gesichtspunkt des Fledermausschutzes nach der Überzeugung der Kammer eine Rücknahme der Genehmigung nicht gerechtfertigt. Das folgt zwar nicht schon aus § 43 Abs. 4 Satz 1 und § 21 Abs. 2 BNatSchG - § 33 BauGB ist nämlich nicht zugunsten der Klägerin anwendbar (vgl. unten 2 b. bb.) -, dennoch stehen die artenschutzrechtlichen Vorschriften dem Vorhaben nicht absolut entgegen. Allerdings waren kritische Erkenntnisse zum Konfliktpotenzial der Windenergienutzung gegenüber dem Fledermausschutz ausweislich des Untersuchungsberichts des Büros Dr. B. vom Dezember 2004 (dort im Literaturanhang) im Zeitpunkt der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im Jahr 2002 bereits vorhanden. Soweit es sich folglich bei den Gutachten des genannten Büros vom Dezember 2004 bzw. - konkret den ... betreffend - vom September 2005 überhaupt um neue wissenschaftliche Erkenntnisse handeln sollte, hätten diese - weil bereits zuvor im Sachverhalt angelegt und später „nur“ einem fortschreitenden Erkenntnisstand entsprechend - eine rücknahmerelevante Rechtswidrigkeit der Genehmigung nicht ausgeschlossen (vgl. allgemein Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 48 Rdnr. 61).
36 
Zwar hat das Gutachten des Planungsbüros Dr. B. vom 30.9.2005 zur „Abschätzung des Gefährdungspotenzials für Fledermäuse an drei geplanten Windkraftanlagenstandorten im Bereich ...“ auf der Grundlage stichprobenartiger Erfassungen (drei Termine im August und September 2005) fünf Fledermausarten (darunter das Große Mausohr) nachgewiesen und es hält das Vorkommen dreier weiterer Fledermausarten für sehr wahrscheinlich. Ferner prognostiziert diese Expertise im Fall der Ausführung des genehmigten Vorhabens den dauerhaften Verlust von Jagdhabitaten und von bestehenden oder potenziellen Quartierbäumen ebenso wie kleinräumige Verluste von Jagdraum (betreffend das am Boden jagende Große Mausohr). Das Kollisionsrisiko für residente oder ziehende Fledermausarten am ... erachtet es schließlich für deutlich erhöht und zwar bezogen auf die am Vorhabensstandort in vergleichsweise hoher Zahl auftretende Zwergfledermaus mit einem Maß, welches zu erheblichen Beeinträchtigungen lokaler Populationen führen könne. Kleinabendsegler und Nordfledermaus würden zwar in geringerem Umfang ein Kollisionsrisiko aufweisen, angesichts nur geringer Koloniegröße und restriktiver Verbreitung würden auch hier jedoch die Populationen empfindlich reagieren. Ein hingegen geringes Kollisionsrisiko sieht das Gutachten für Großes Mausohr, Fransenfledermaus, Kleine Bartfledermaus und Braunes Langohr.
37 
Ein Bauverbot für das Vorhaben der Klägerin hätte sich hieraus gleichwohl nicht ergeben können (a.A. VG Dresden, Urt. v. 2.6.2003 - 7 K 2583/03 - NuR 2003, 775; VG Gera, Urt. v. 28.4.2005 - 4 K 1071/02 GE - Juris Web [L]). Zwar sind gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 10 b aa., Nr. 11 b BNatSchG i.V.m. Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie - FFH-RiL) alle heimischen Fledermausarten besonders geschützte, streng geschützte Arten, für die aufgrund § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG n.F. (§ 20 f Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F.) ein Verletzungs- und Tötungsverbot (bezogen auf die Tiere) bzw. ein Beschädigungs- und Zerstörungsverbot (bezogen auf ihre Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten) gilt. Hierdurch werden jedoch nicht allgemein die Lebensräume oder auch nur sämtliche Lebensstätten dieser Arten geschützt, sondern nur die ausdrücklich genannten. Die Nahrungsbereiche der Tiere, ihre Jagd- und Überwinterungsplätze fallen hingegen nicht unter das Beschädigungs-/ Zerstörungsverbot (BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 - 4 C 6.00 - NVwZ 2001, 1040). Sowohl einem durch Baumschlag während der Bauphase nicht auszuschließenden Verlust an Quartierbäumen als auch einer Kollision mit drehenden Rotorblättern hätte aber vorliegend durch - gegenüber einer Rücknahme belastungsgeringere - Nebenbestimmungen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 12 BImSchG) zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bezogen auf Bau- und Betriebszeit Rechnung getragen werden können, soweit sich das Kollisionsrisiko als rechtlich erheblich erweist. Nach Auskunft des Vertreters des RP Freiburg in der mündlichen Verhandlung sind Baumquartiere nur in der frostfreien Zeit für Fledermäuse nutzbar. Daraus schließt die Kammer, dass ein Baumeinschlag in der kalten Jahreszeit das Risiko der Verletzung oder Tötung von Tieren auf ein Mindestmaß reduziert. Angesichts des am Standort ... umfangreich vorhandenen Fichtenhochbestandes besteht ferner ein ausreichendes Angebot an Ausweichquartieren für Fledermäuse in den Sommermonaten. Die Betriebszeiten der Windenergieanlagen können schließlich in den Sommermonaten begrenzt werden, wobei sogar ein Ausmaß, wie es vom Vertreter des RP Freiburg erwogen wurde (Abschaltung in der Zeit von Dämmerungsbeginn bis Dämmerungsende bei Windgeschwindigkeiten unter 6 m/sec. im Zeitraum April bis September) nach eigenen Angaben der Klägerin immer noch wirtschaftlich Sinn machen würde. Das entspricht auch den Erkenntnissen der Kammer aus den Erhebungen des beigeladenen Regionalverbands zum Regionalplanentwurf, wonach der höchste Windertrag zwischen Dezember und Februar anfällt. Eine Rücknahme der gesamten Genehmigung aus artenschutzrechtlichen Gründen wäre damit aber zugleich ermessensfehlerhaft gewesen. Das gilt - berücksichtigt man die noch nicht abgeschlossen Untersuchungen zum Fledermausschlagrisiko - auch wegen der Möglichkeit, Ermittlungen sogar während des Anlagenbetriebs vorzuschreiben (§ 26 BImSchG) sowie im Wege der Überwachung nachträgliche Auflagen bis hin zu einem Widerruf zu erwägen (§§ 52, 17, 21 BImSchG). Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass das am Standort ... durch das Büro Dr. B. festgestellte Große Mausohr in Anhang II der FFH-RiL (a.) Tiere: Wirbeltiere: Chiroptera: Myotis myotis) als Tierart von gemeinschaftlichem Interesse bestimmt ist, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen (vgl. insbesondere Art. 6 Abs. 2 FFH-RiL). Konkrete Absichten dafür, am ... eine solche Gebietsausweisung vorzunehmen, gibt es nämlich seitens der beteiligten Behörden ebenso wenig wie im Fall des Auerhuhns (s.o.). Im übrigen hat der Vertreter des RP Freiburg auf Nachfrage erklärt, die Erkenntnisse des Büros Dr. B. zu Fledermausvorkommen am ... ließen keinen Änderungsbedarf im Bereich der Forstbewirtschaftung erkennen. Ob damit nicht bereits zum Ausdruck kommt, dass das beklagte Land selbst das Risiko für vorhandene Fledermauspopulationen als artenschutzrechtlich - und damit auch immissionsschutzrechtlich - unerheblich einstuft, oder ob nicht sogar einiges für die Auffassung der Klägerin sprechen könnte, diese Erhebungen hätten ohnehin nur das Vorhandensein eines an vielen Standorten üblichen „Standardbesatzes“ an Fledermäusen aufgezeigt, kann angesichts noch nicht systematisch betriebener Forschungen dahinstehen.
38 
Zu 2.): a.) Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung widerspricht hingegen materiellem Bauplanungsrecht in Gestalt des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG), weil das Vorhaben der Klägerin auch unter Berücksichtigung seiner Privilegierung das Landschaftsbild verunstaltet. Die Rechtslage im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Genehmigung vom 25.9.2002 (BauGB i.d.F. des Gesetzes vom 30.7.1996 und des BauROG 1998) war insoweit keine wesentlich andere als im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Als gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 (jetzt: Nr. 7) BauGB privilegiertes Vorhaben zur Nutzung der Windenergie sind die Windkraftanlagen der Klägerin zulässig, wenn - was unstreitig ist - die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn - worauf es hier wesentlich ankommt - öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht entgegenstehen. Die Privilegierung bewirkt ein erheblich stärkeres Durchsetzungsvermögen gegenüber den vom Vorhaben berührten öffentlichen Belangen. Bei der Abwägung zwischen privatem Interesse an der Verwirklichung und öffentlichen Belangen ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die nach § 35 Abs. 1 BauGB bevorrechtigten Vorhaben in planähnlicher Weise dem Außenbereich zugewiesen und durch die Privilegierung zum Ausdruck gebracht hat, dass sie in der Regel, d. h. vorbehaltlich einer näheren Standortbestimmung, zulässig sind. Aufgrund des einem privilegierten Vorhaben bei der - gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbaren (d.h. die gesetzliche Wertung nachvollziehenden) - Abwägung zukommenden Gewichts können sich öffentliche Belange demgegenüber (nur) dann durchsetzen, wenn sie im Einzelfall besonders gewichtig sind. Eine Verunstaltung des Landschaftsbildes durch ein privilegiertes Vorhaben ist demnach nur in Ausnahmefällen anzunehmen, wenn es sich um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Umgebung und um einen besonders groben, weil in ästhetischer Hinsicht grob unangemessenen und von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfundenen Eingriff in das Landschaftsbild handelt (BVerwG, Urt. v. 15.5.1997 - 4 C 23.95 - NVwZ 1998, 58; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.5.2003 - 5 S 1181/02 - VBlBW 2003, 395; Urt. v. 16.10.2002 - 8 S 737/02 - Juris Web).
39 
Der Schutz des Landschaftsbildes geht vorliegend dem privilegierten Vorhaben der Klägerin vor. Davon hat sich die Kammer bei der Beweisaufnahme überzeugt, ohne dass durch den Regionalplanentwurf oder die kontroversen Ansichten der Beteiligten insoweit eine Bindungs- oder zumindest Indizwirkung vorgegeben gewesen wäre. ...- und ...tal weisen jeweils sowohl für sich aber auch in ihrer Gemeinschaftlichkeit - gewissermaßen als flächenhaftes „Ensemble“, das durch parallel zueinander benachbarte Täler gebildet wird - charakteristische Eigenarten auf. Anders als die sonst regelmäßig deutlich engeren/enger wirkenden Schwarzwaldtäler sind diese beiden Täler in Richtung zu den jeweilig sie begrenzenden Höhenzügen hin durch sanft ansteigende Wiesenflächen gekennzeichnet. Dieses vom Beklagten so bezeichnete danubische (d.h. zur Donauebene hin abfallende) Relief unterscheidet sich sehr stark von den westlich der Täler angrenzenden, zur Rheinebene hin orientierten und nicht nur viel steileren sondern auch weitaus bergigeren Schwarzwaldhöhen. In beiden Tälern hat sich eine selbst bei objektivierender Zurückhaltung solche Attribute wie „Kleinod“ und „Schmuckstück“ verdienende Kulturlandschaft entwickelt. Sie weist eine nur geringe Besiedlung mit einer weitgehenden Freiheit von technischen Anlagen auf. Die durch beide Täler führenden Straßen können auf Grund ihrer (als dienend und untergeordnet empfundenen) Erschließungsfunktion sowie wegen ihres der Talsohle folgenden und gewissermaßen dem Mäander der jeweiligen Bäche (... und ...) ähnlichen Verlaufs nicht als Fremdkörper oder als erhebliche Vorbelastung angesehen werden. Das gleiche gilt für die gering dimensionierten (weil nur örtlicher Versorgung dienenden), nur auf Holzpfosten stehenden Stromleitungen in beiden Tälern. Die beide Täler begrenzenden, bewaldeten Höhenkuppen bilden schließlich einen harmonischen Abschluss der Freiflächen.
40 
Der Zulassung von Windkraftanlagen auf dem ... käme angesichts dieser besonderen Eigenart und Schönheit der beiden Täler die Wirkung eines Missgriffs bei der an sich zulässigen Gestaltung des Bildes einer Kulturlandschaft zu. Die Kammer konnte diese Auswirkung ohne weiteres anhand des Augenscheins, der bereits vorhandenen Lichtbilder (vgl. GAS. 541 ff.9 sowie schließlich der vom beigeladenen Regionalverband gefertigten Sichtbarkeitsanalyse beurteilen. Einer ergänzenden Verwendung von Fesselballonen - wie vom Beklagtenvertreter lediglich hilfsweise beantragt - bedurfte es nicht. Käme es zur Errichtung der Windfarm, lägen beide Täler lägen nicht mehr den bewaldeten Höhenrücken, sondern den auf diesen „thronenden“, auf Grund ihrer Höhe von fast 140 Metern deutlich horizontüberschreitenden Windkraftanlagen „zu Füßen“. Der äußerst transparenten - d.h.: strukturell abwechslungsreich gegliederten und vielfältige Sichtbeziehungen zwischen ihren einzelnen Teilräumen ermöglichenden - Landschaft würde damit in grober Weise erstmals ein technisches Bauelement hinzugefügt, welches einen in seiner Wirkung durch nichts zu kompensierenden Fremdkörper darstellte. Demgegenüber kann die vorhandene, derzeit 63,5 m hohe und gemäß (allerdings noch nicht rechtskräftigem) Urteil der Kammer vom 25.10.2005 (1 K 2723/04) sogar zulässigerweise auf 138,5 m zu erhöhende Windkraftanlage auf der Fernhöhe nicht als Vorbelastung des ...tals angesehen werden. Anders als bei der Windfarm der Klägerin handelt es sich nur um eine einzige Anlage. Ferner kann diese Anlage vom Betrachter ohne weiteres dem Bereich außerhalb des ...tales zugeordnet werden. Ein sich aus Richtung Südosten aus dem ...tal heraus auf die Fernhöhe zubewegender Betrachter erhält nicht den Eindruck einer Dominanz der Anlage zu Lasten des ...tales bzw. ihrer Einstrahlung in dieses Tal. Umgekehrt nimmt derjenige, der sich aus Richtung „Kalter Herberge“ (also von Süd/Südwest) ins Tal begibt diese Anlage - weil in seinem Rücken liegend - nicht wahr. Das wäre bei der Windfarm der Klägerin völlig anders, die gleich zu Beginn des Tales (vgl. das bei der Beweisaufnahme gefertigte Lichtbild 1 ebenso wie das von der Klägerin im Termin übergebene Lichtbild, auf dem mit Hilfe einer Computersimulation die 3 Windkraftanlagen sogar dargestellt sind) linker Hand - gewissermaßen wie ein „technische Pförtner“ - wahrzunehmen wäre. Besonders nachteilig für ...- und ...tal wäre ferner, dass die 3 Anlagen aufgrund ihrer Höhe überaus deutlich den Horizont überschreiten; es gibt weder im Nah- noch Mittelbereich eine Wald- oder Bergkulisse, deren Silhouette diejenige der Anlagen optisch „aufnehmen“ bzw. zu einer Vermeidung oder wenigstens Verminderung der Anlagendominanz führen könnte. Diese tiefgreifende Veränderung des Landschaftsbildes durch die genehmigten Windenergieanlagen würde sich jedem Betrachter unmittelbar und ohne relativierende/kompensierende Zusatz- oder Vorbeurteilung erschließen. Auch die vom beigeladenen Regionalverband anlässlich dessen Regionalplanung erstellte Sichtbarkeitsanalyse zum Standort ... für den Nah- und Mittelbereich (Radius 0-5 km) zeigt sehr anschaulich, dass die Rotornaben der drei Windkraftanlagen in einem überaus großen und zusammenhängenden Bereich beider Täler zu sehen wären. In dieser Abwägung spielte zu Lasten der Windkraftanlagen schließlich auch eine bedeutsame Rolle, dass sie neben ihrer statischen Präsenz auch ein erhebliches Unruhemoment durch die anlagentypische Drehbewegung der Rotoren mit sich bringen. Hierdurch sowie durch die Sicherheitskennzeichnung der Türme (Blinklichter) drängten sie sich einmal mehr zu Lasten jeweils beider Täler als Blickfang auf. Angesichts einer solchen (im Errichtungszeitpunkt) sofort eintretenden Wirkung spielt es keine Rolle, dass die Lebensdauer einer Windkraftanlage begrenzt ist. Auf die der Klägerin auferlegte Rückbauverpflichtung (§ 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB) kommt es folglich ungeachtet dessen nicht an, dass diese auch nur für den Fall einer dauerhaften Nutzungsaufgabe gegolten hätte.
41 
b.) Raum für eine andere Bewertung i.S. einer am Ende doch noch erhöhten Durchsetzungsfähigkeit des Vorhabens aus Gründen der Regionalplanung (dazu (aa)) und der Bauleitplanung (dazu (bb)) war demgegenüber nicht.
42 
(aa) Zwar sieht der Teilregionalplan Windkraft, welcher am 15.7.2005 als Satzung beschlossen wurde, den Standort ... als Vorrangfläche vor. Obwohl der Plan sich - weil noch nicht genehmigt und noch nicht bekannt gemacht - im Entwurfsstadium befindet, hätte seine Darstellung eines Positivstandorts am ... zwar gleichwohl als ein in Aufstellung befindliches Ziel der Raumordnung die Qualität eines zugunsten des Vorhabens streitenden öffentlichen Belangs haben können. Negative und positive Komponenten regionalplanerisch festgelegter Konzentrationszonen bedingen einander nämlich derart, dass sich der Ausschluss raumbedeutsamer Anlagen auf Teilen des Plangebiets nur dann rechtfertigen lässt, wenn sich diese an anderen Stellen gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen können (BVerwG, Urt. v. 13.3.2003 - 4 C 4.02 -, NVwZ 2003, 738). Gleichwohl scheitert dies vorliegend daran, dass nicht angenommen werden kann, der konkret das Vorhaben betreffende Planungsstand werde über sein Entwurfsstadium hinaus zu einer verbindlichen Vorgabe gemäß § 3 Nr. 2 ROG erstarken (zu dieser Voraussetzung BVerwG, Urt. v. 27.1.2005 - 4 C 5/04 - NVwZ 2005, 578). Das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg hat nämlich definitiv erklärt und angekündigt, den Teilregionalplan nicht in vollem Umfang, sondern nur mit Ausnahme des Vorrangstandortes ... zu genehmigen. Ob der beigeladene Regionalverband gegen eine verweigerte Genehmigung gerichtlich vorgehen wird bzw. in einem solchen Fall überhaupt klagebefugt wäre (was bezogen auf den Teilaspekt der Planungshoheit zumindest noch unter Geltung des § 10 LplG a.F. vom VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.6.1998 - 8 S 1093/98 - abgelehnt wurde) ist aber offen.
43 
Unabhängig vom nicht zu prognostizierenden Ausgang eines Prozesses wäre eine derzeitige Erwartung, der erreichte Planungsstand werde künftig auch Außenwirkung entfalten jedenfalls auch aus einem weiteren Grund nicht gerechtfertigt. Nach § 23 Abs. 3 Satz 2 ROG, einer gem. § 22 Satz 3 ROG unmittelbar anzuwendenden Bestimmung, muss ein Regionalplan, der nicht vor dem 20.7.2006 abgeschlossen wird, in einem Verfahren erlassen werden, das eine Umweltprüfung nach § 7 Abs. 5 ff. ROG beinhaltet. Ein Planungsverfahren, das einer staatlichen Genehmigung bedarf, ist frühestens „abgeschlossen“, sobald diese Genehmigung erteilt ist (so Berkemann, in Berkemann/Halama, Erstkommentierung zum BauGB 2004, § 244 Rn. 20, zur wortgleichen Bestimmung des § 244 Abs. 1 BauGB; auf die öffentliche Bekanntmachung abstellend Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 244 Rn. 23). Da die europarechtlich vorgeschriebene Umweltprüfung aber unverzichtbarer Bestandteil (vgl. § 10 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 22 ROG) des Planungsverfahrens ist, liegt ein in Aufstellung befindliches Ziel der Raumordnung, von dem zu erwarten ist, dass es sich zu einem verbindlichen, den Wirksamkeitsanforderungen genügenden Zielfestlegung i.S.d. § 3 Nr. 2 ROG verfestigt, erst nach Durchführung der Umweltprüfung i.S.d. § 7 Abs. 5 ROG vor. Ansonsten würde der Zweck der Umweltprüfung mit ihrer förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung maßgeblich entwertet. Da diese Prognose einer Genehmigung vor dem 20.7.2006 nach derzeitigem Verfahrensstand nicht getroffen werden kann, liegt mithin kein hinreichend konkretisiertes, in Aufstellung befindliches Ziel der Raumordnung vor.
44 
(bb) Das Vorhaben der Klägerin war schließlich zu keinem Zeitpunkt nach § 33 BauGB mit der Folge zulässig, dass eine auch bauplanungsrechtlich konforme Genehmigung vorlag. Die Errichtung von 3 Windkraftanlagen am Standort ... ist zwar durch die Festsetzungen des - noch nicht in Kraft getretenen - Bebauungsplans „Windkraftstandort ... gedeckt. Es fehlt jedoch an den Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB. Diese als materielle Planreife bezeichnete Planungssituation ist (nur dann) gegeben, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalls hinreichend voraussehbar und mit gebotener Sicherheit beurteilbar ist, dass der Inhalt des Entwurfs mit der Qualität des § 10 BauGB festgesetzt werden wird (BVerwG, Beschl. v. 25.11.1991 - 4 B 212/91 - Buchholz 406.11 § 33 BBauG/BauGB Nr. 7).
45 
Berechtigte Erwartungen, das Vorhaben der Klägerin werde von künftigen bauplanerischen Festsetzungen gedeckt sein, bestanden jedoch zu keiner Zeit. Im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung im September 2002 hatte der Bebauungsplan einen rechtserheblichen Fehler, weil er nicht aus dem damals bestehenden - keinen Windkraftstandort darstellenden - Flächennutzungsplan entwickelt worden war (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB); auch ein Fall des § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB lag nicht vor. Ebenso wenig war ein Parallelverfahren gemäß § 8 Abs. 3 BauGB eingeleitet (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.10.1991 - 5 S 2394/90 -, wonach das Parallelverfahren vor Satzungsbeschluss eingeleitet sein und einen substanziellen Stand erreicht haben muss). An den laut Planerläuterung spezifisch angestrebten Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 BauGB (vorgezogener Bebauungsplan) fehlte es schließlich deshalb, weil eine Flächennutzungsplanung bereits vorlag (Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Band 1 [März 2004] § 8 Rnr. 125 m.w.N.). Überdies jedoch hatte die Klägerin damals auch keine Anerkennungserklärung (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB) abgegeben. Zwar liegt eine solche Erklärung mittlerweile seit dem 2.9.2005 vor (vgl. Seite 4/5 des Schriftsatzes des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, GAS. 367/369). Es mag auch angenommen werden, dass sie, obwohl im Gerichtsverfahren erfolgt, wirksam wurde, weil sie mit Intention der Klägerin (über das Gericht) der beigeladenen Stadt ... zugeleitet wurde. Der am ... nunmehr einen Positivstandort für Windenergienutzung darstellende Entwurf der 1. Fortschreibung des Gemeinsamen Flächennutzungsplans der VVG ...-... lag inzwischen zwar in der Zeit vom 7.7.-8.8.2005 aus. Eine Anwendung des § 33 BauGB scheitert gleichwohl daran, dass bereits zuvor sowohl durch das Landratsamt als auch das RP Freiburg sowie schließlich - im regionalplanerischen Kontext - durch das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit und mithin Genehmigungsfähigkeit (zur Genehmigungsbedürftigkeit beider Bauleitpläne vgl. §§ 6 Abs. 1, Abs. 2, § 10 Abs. 2 Satz 1 BauGB) einer planerischen Positivausweisung des Standorts... wegen Landschaftsverunstaltung geltend gemacht worden waren. Bedenken der zuständigen höheren Verwaltungsbehörde, der Landesplanungsbehörde oder anderer höherer Behörden aber stehen in aller Regel der Annahme der materiellen Planreife entgegen (BVerwG, Beschl. v. 25.11.1991, a.a.O.; ferner ausführlich m.w.N. aus der Rspr. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB [Januar 2005], § 33 Rnr. 46).
46 
Der Umstand, dass die beigeladene Stadt ... gegenüber der Genehmigungsbehörde gerichtlich vorgehen könnte, rechtfertigt demgegenüber keine positive Prognose über den Fortbestand der künftigen Festsetzungen. Die in § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB angelegte Anknüpfung an den materiellen Stand der Planungsarbeiten besagt nicht, dass im Streitfall das Verwaltungsgericht die eingeleitete Planung „zu Ende denken“ bzw. inzident darüber befinden müsste, ob die von der Genehmigungsbehörde eingenommene Weigerungshaltung in einem später anhängig werdenden Rechtsstreit einer Nachprüfung standhielte. Maßgebend ist allein die Prüfung, ob im Blick auf den Inhalt der künftigen Festsetzungen nach dem Stand der Planung im Augenblick der Entscheidung Zweifel bestehen. Ist dies - wie vorliegend - der Fall wirken sich diese gegen die Anwendbarkeit des § 33 BauGB aus (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, a.a.O. bei § 33 BauGB). Ein Hindernis für eine positive Prognose ergibt sich schließlich auch aus §§ 233 Abs. 1 Satz 1 a.E., 244 Abs. 1 BauGB 2004. Danach kommt, nicht anders als für Regionalpläne (vgl. bereits oben unter aa.) für die betroffenen, genehmigungsbedürftigen Bauleitpläne ab 21.7.2006 neues Recht zur Anwendung. Die Bauleitplanung wird dann gemäß § 2 Abs. 4 BauGB 2004 (i.V.m. der Plan-UP-Richtlinie) mit der Durchführung einer Umweltprüfung zu Ende zu führen bzw. neu aufzugreifen sein. Bis zum 20.7.2006 aber ist keine Entscheidung über eine, wie angekündigt, zu verweigernde Genehmigung zu prognostizieren. Ein rechtswidriger Eingriff in das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 der Klägerin liegt in dieser Auslegung schließlich nicht, weil der Gesetzgeber kraft Verfassung nicht zur Regelung des § 33 BauGB gezwungen war (BVerwG, Urt. v. 1.8.2002 - 4 C 5.01 - NVwZ 2003, 86).
47 
III. Die Ermessenserwägungen, die der Rücknahmebescheid des Landratsamts in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.8.2004 aufweist (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), sind schließlich gemessen an § 114 Satz 1 VwGO rechtlich nicht zu beanstanden. Durch Äußerungen von Behördenvertretern im Petitionsverfahren war, das wurde in der Rücknahmeentscheidung zutreffend dargelegt, keine Bindung der Verwaltung hin auf ein Rücknahmeverbot begründet worden. Bei der Betätigung des nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG eröffneten Rücknahmeermessens wurde ferner insbesondere erkannt, dass eine Rücknahme der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung mit wirtschaftlichen Nachteilen für die Klägerin verbunden sein wird. Zutreffend ist das Gewicht eines Vertrauensschutzes jedoch dadurch als gemindert angesehen worden, dass die Klägerin die Genehmigung „nur“ verkauft hatte und dass diese noch nicht ins Werk gesetzt wurde. Unschädlich ist ferner, dass die Höhe eines aus der Rücknahme resultierenden Ausgleichsanspruchs (vgl. § 48 Abs. 3 LVwVfG) nicht ermittelt wurde. Diese Feststellung war ungeachtet dessen, dass ein erforderlicher Antrag gar nicht vorlag, im Rahmen einer Ermessensbetätigung nicht erforderlich. Im übrigen lässt die Rücknahmeentscheidung in eindeutiger Hinsicht erkennen, dass sie das öffentliche Interesse am Schutz einer - wie oben dargelegt: tatsächlich besonders sensiblen - Landschaft nicht nur höher als das wirtschaftliche Interesse der Klägerin sondern auch höher als dasjenige an der Ersparnis staatlicher Entschädigungsleistungen an die Klägerin bewertet hat. Die Ermessensbetätigung musste auch nicht etwa den Umstand berücksichtigen, dass durch Ergänzungsbescheid vom 6.8.2003 die Genehmigung noch einmal nachgebessert worden war. Jenseits der bereits oben genannten Gesichtspunkte einer möglichen (aber verneinten) Verwirkung kam dem kein eigenständiges Gewicht mehr zu. Der Einwand der Klägerin, es sei verkannt worden, dass der Standort ... „Tauschobjekt“ für den Standort Leimgrube gewesen sei, verfängt schließlich ebenfalls nicht. Die Klägerin hatte zwar die seit Januar 2002 in ihrem Besitz befindliche, später auch bestandskräftig gewordene Baugenehmigung für die Errichtung von 3 Windkraftanlagen am Standort Leimgrube im Vertrauen auf eine Realisierung des Vorhabens am Standort ... an die E. verkauft. Wirtschaftliche Nachteile, die in eine Vertrauensschutzprüfung hätten relevant eingestellt werden können/müssen, hat sie in diesem Zusammenhang jedoch nicht dargetan. Allein die Enttäuschung eines „Realisierungsinteresses“ an einer Windfarm konnte einer Rücknahmeentscheidung nicht entgegenstehen. Insoweit lag es voll und ganz im Risikobereich der Klägerin, wenn sie eine bestandskräftige Genehmigung zu einem Zeitpunkt aufgab, zu dem sie noch keinen „adäquaten Ersatz“ in Händen hielt.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Weil die Beigeladenen keine Anträge gestellt haben und mithin kein Kostenrisiko eingegangen sind, waren ihre außergerichtlichen Kosten nicht für erstattungsfähig zu erklären. Die Kammer hat keinen Anlass, das Urteil wegen der Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Gründe für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor, weshalb hinsichtlich der Anfechtbarkeit dieser Entscheidung folgendes gilt:

Gründe

 
18 
A. Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft und auch sonst zulässig. Die Klägerin ist als Rücknahmeadressat klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Einer etwaigen Übertragung der zurückgenommenen Genehmigung vom 25.9.2002/6.8.2003 an die S. im März 2003 kommt ungeachtet dessen, dass diese laut Erklärung der Klägerin erst nach bestandskräftiger Genehmigung hat erfolgen sollen, keine Bedeutung (mehr) zu. Es ist davon auszugehen, dass im Anschluss an den Rücktritt der S. vom 8.6.2004 die Klägerin die Genehmigung wieder zurückerhalten hat; eine vorübergehende Genehmigungsinhaberschaft der S. hat die Rücknahmeentscheidung gegenüber der Klägerin nicht unwirksam werden lassen.
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Auch ein Rechtsschutzbedürfnis kann schließlich nicht verneint werden. Die Klägerin hat zwar im Mai 2003 eine geänderte, neue Genehmigung beantragt (Gegenstand des Parallelverfahrens 1 K 585/04) und hierzu im Juli 2003 schriftlich erklärt, die zur Neugenehmigung gestellten Windenergieanlagen sollten an Stelle der bereits genehmigten errichtet werden. Zugleich hat sie jedoch auch deutlich gemacht, dass sie von der ersten Genehmigung Gebrauch machen werde, wenn es nicht zur Genehmigung der neuen Anlagen komme. Das kann - i. S. einer auflösenden Bedingung des zweiten Genehmigungsantrags bzw. einer aufschiebend bedingten Verzichtserklärung zum ersten Antrag - (wirtschaftlich sinnvoll) nur so verstanden werden, dass erst eine unanfechtbare neue Genehmigung das Interesse der Klägerin an der bereits erteilten entfallen lässt. Da eine unanfechtbare neue Genehmigung (noch) nicht vorliegt ist diese Bedingung (noch) nicht eingetreten; mithin hat die Klägerin im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ein berechtigtes Interesse, die Rücknahme der bereits enthaltenen Genehmigung aus der Welt zu schaffen.
20 
B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Rücknahmeentscheidung des Landratsamts vom 24.5.2004 ist nicht rechtswidrig und verletzt folglich die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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I. Rechtsgrundlage der Rücknahme ist ausschließlich § 48 Abs. 1, Abs. 2 bis 4 LVwVfG. Die Rücknahme einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist im BImSchG - anders als der Widerruf (vgl. § 21 BImSchG) - nicht geregelt und wird nicht ausgeschlossen (Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht Band I, § 21 BImSchG [Oktober 1990] Rnr. 2). Eine Aufrechterhaltung der behördlichen Rücknahmeregelung als Widerruf wäre allerdings aufgrund der erheblichen Wesensverschiedenheit der Institute ebensowenig in Betracht gekommen wie eine Umdeutung. Die Rücknahmeentscheidung ist formell-rechtlich nicht zu beanstanden. Das Landratsamt ist sowohl die sachlich (§§ 1 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 BImSchZuVO, 13 Abs. 1 Nr. 1 LVG) als auch die örtlich zuständige Behörde (§§ 48 Abs. 5, 3 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG) hierfür gewesen. Ferner ist die Klägerin zuvor angehört worden (§ 28 LVwVfG) und im Bescheid finden sich ausführliche rechtliche und tatsächliche Erwägungen sowohl zu den tatbestandlichen Handlungsvoraussetzungen als auch zur Ermessensbetätigung (§ 39 Abs. 1 LVwVfG).
22 
1.) Bei der Rücknahmeentscheidung durfte ferner nicht - was das Landratsamt im Ergebnis zu recht unterstellt hat - auf die erleichterten Voraussetzungen des § 50 LVwVfG zurückgegriffen werden. Das folgt daraus, dass die Rücknahmeentscheidung nicht wegen immissionsrechtlicher Rechtswidrigkeit (zu Lasten der Eheleute B.) erging bzw. nicht deshalb ergehen konnte. Nur wenn sie nämlich auf den - allein beachtlichen weil zulässigen - Widerspruch der beigeladenen Eheleute B. hin einen Rechtsverstoß gegen die diese als Nachbarn schützenden §§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 22 BImSchG sanktioniert hätte, wäre § 50 LVwVfG einschlägig gewesen. Durch die „soweit“-Regelung in dieser Vorschrift soll die Behörde von den Schranken der §§ 48, 49 LVwVfG nur insoweit befreit sein, wie dem Widerspruch oder der Klage abgeholfen wird. Nur soweit die bekämpfte Belastung des Verwaltungsakts genommen wird, ist dieser dann frei rücknehmbar. Dies bedeutet, dass eine Aufhebung unter den erleichterten Voraussetzungen des § 50 LVwVfG nicht erfolgen kann, wenn die Rechte des Dritten, die er mit seinem Rechtsbehelf geltend gemacht hat, dadurch nicht betroffen werden (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Auflage 2001, § 50 Rnr. 104; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl. 2005, § 50 Rnrn. 21 u. 25).
23 
Der spätestens im Schreiben der Eheleute B. vom 30.3.2003 enthaltene Widerspruch ist zwar, weil sie Nachbarn im Sinne des Immissionsschutzrechts sind, zulässig gewesen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG [Rücksichtnahmegebot] i.V.m. § 42 Abs. 2 VwGO entspr.; zum Erfordernis der Zulässigkeit des Widerspruchs: Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 50 Rdnr. 22 m. w. N.). Nachdem ihnen die Genehmigung nicht bekanntgegeben worden war, konnten sie schließlich auch noch binnen Jahresfrist (§ 242 BGB i.V.m. entspr. Anwendung des § 58 VwGO) seit zuverlässiger Kenntnisnahmemöglichkeit - diese erhielten sie durch Schreiben des Landratsamts 17.3.2003 - Widerspruch erheben. Hingegen fehlt es, wie unten bei der Frage der Rechtswidrigkeit der Genehmigung im Kontext des Rücksichtnahmegebots gemäß §§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 22 BImSchG dargelegt ist, an der Begründetheit des Widerspruchs. Dem Sinn und Zweck des § 50 LVwVfG wird nur eine Auslegung gerecht, die sowohl Zulässigkeit als auch vollständige Begründetheit des Rechtsbehelfs im Zeitpunkt der Rücknahme verlangt (in diesem Sinn: BVerwG, Urt. v. 15.2.1990 - 4 C 39/86 - NVwZ 1990, 857; Urt. v. 18.4.1996 - 4 C 6/95 - NVwZ 1997, 272; Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rnr. 24; a.A.: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 6.5.1996 - 8 S 270/96 - NVwZ-RR 1997, 401: es genügt, wenn kein offensichtlich unbegründeter Widerspruch vorliegt; noch weitergehend Bay. VGH, NVwZ 1997, 701: auf Begründetheit des Widerspruchs kommt es nicht an).
24 
2.) Die mangels Einschlägigkeit des § 50 LVwVfG folglich geltende Jahresfrist nach § 48 Abs. 4 LVwVfG war ferner im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Rücknahmebescheids am 27.5.2004 (für diesen Zeitpunkt, um die Jahresfrist zu wahren: Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rnr. 152; a.A.: BFH, Urt. v. 31.10.1989 - VIII R 60/88 - NVwZ 1990, 1207: Erlasszeitpunkt [= Verlassen des Behördenbereichs] genügt) auch nicht verstrichen. Nach § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG ist, wenn die Behörde von Tatsachen Kenntnis erlangt, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigen, diese nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Nach dem Beschluss des Großen Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.12.1984 (GrS 1 und 2/84 - BVerwGE 70, 356 = NJW 1985, 819) findet die Vorschrift (auch) Anwendung, wenn die Behörde nachträglich erkennt, dass sie den beim Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts vollständig bekannten Sachverhalt unzureichend berücksichtigt oder unrichtig gewürdigt und deswegen rechtswidrig entschieden hat. Hinsichtlich der Voraussetzungen der Rechtswidrigkeit lässt die Vorschrift also jeden Grund genügen und differenziert nicht danach, ob der Verwaltungsakt wegen eines „Tatsachenirrtums“ oder eines „Rechtsirrtums“ rechtswidrig ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.07.2005 - 5 S 2372/03 - VENSA).
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Vorliegend kommt allein die Rechtswidrigkeit wegen Rechtsirrtums - hier über das Vorliegen einer Verunstaltung des Landschaftsbildes durch das (genehmigte) Vorhaben der Klägerin - in Betracht. In einem solchen Fall kann für den Beginn der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG jedoch nicht - wie die Klägerin meint - auf den Zeitpunkt der angeblich fehlerhaften Entscheidung abgestellt werden. Das widerspräche dem Zweck der Jahresfrist als einer Entscheidungsfrist. Von der für sie bindenden Rechtsauffassung der übergeordneten Fachbehörde hat das Landratsamt erst mit Schreiben des RP Freiburg vom 31.3.2004, in welchem eine entsprechende Rücknahmeweisung enthalten war, maßgebliche Kenntnis erhalten (so auch für den Fall einer im Fachaufsichtsweg durch Weisung des RP an das LRA veranlassten Rücknahme einer aufgrund „Rechtsirrtums“ rechtswidrigen Baugenehmigung: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.07.2005, a.a.O.). Weitergehend gehörte zur Herstellung der maßgeblichen Entscheidungsreife, nach deren Eintritt die Entscheidungsfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG erst beginnen konnte, auch noch das Anhörungsverfahren, und zwar unabhängig von dessen Ergebnis; denn die Einwände des Anzuhörenden können nur dann ernstlich zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen werden, wenn sich die Behörde ihre Entscheidung bis zum Abschluss des Anhörungsverfahrens offen hält. Das gilt auch und gerade, wenn es sich bei der zu treffenden Entscheidung um eine Ermessensentscheidung handelt, bei der - wie hier - zudem die für die Ermessensbetätigung maßgeblichen Umstände auch in der Sphäre des anzuhörenden Betroffenen liegen (BVerwG, Urt. v. 20.9.2001 - 7 C 6.01 - NVwZ 2002, 485; Beschl. v. 19.12.1984, a.a.O.).
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Demgemäß hat die einjährige Rücknahmefrist hier nicht vor dem 22.4.2004 begonnen, als die Stellungnahme der Klägerin auf das ausführliche Anhörungsschreiben des Landratsamts hin dort eingegangen ist. Die Jahresfrist beginnt erst zu laufen, wenn die Tatsachen vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt sind. Eine schuldhafte Unkenntnis der Behörde genügt nicht. Die Behörde erhält die Kenntnis, wenn der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zur Rücknahme oder zum Widerruf des Verwaltungsakts berufene Amtswalter - hier die (Untere) Immissionsschutzbehörde des Landratsamts - positive Kenntnis erlangt hat. Einzelne Fachfragen begutachtende Mitarbeiter einer Behörde stehen diesem innerbehördlich zur rechtlichen Überprüfung berufenen Amtswalter nicht gleich. Würde die Jahresfrist dadurch verkürzt oder beseitigt, dass der zuständigen Behörde die Kenntnisse anderer Behörden zugerechnet werden, würde das mit § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG verfolgte Ziel, der zuständigen Behörde eine hinreichend lange Zeit für eine Prüfung und Entscheidung zu gewähren, verfehlt (BVerwG, Urt. v. 24.1.2001 - 8 C 8.00 - DVBl 2001, 1221; Beschl. v. 19.12.1984, a.a.O.). Deshalb kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, das Landratsamt habe anderweitige Stellungnahmen des RP Freiburg - speziell diejenige der Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege vom 15.6.2001 anlässlich der Bauleitplanung der beigeladenen Stadt ... - schon 2001 bzw. 2002 zur Kenntnis erhalten und in die Akten genommen.
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3.) Eine Rücknahme war ferner nicht verwirkt. Allerdings ist, obwohl bereits § 48 Abs. 4 LVwVfG auf dem Gedanken der Verwirkung beruht, gleichwohl noch Raum für die Anwendung der allgemeinen Grundsätze der Verwirkung. Die Behörde kann deshalb die Befugnis zur Rücknahme auch schon vor Ablauf der Frist verlieren, wenn sie durch ein entsprechendes Verhalten den Anschein erweckt, sie werde von ihrer Befugnis zur Rücknahme keinen Gebrauch machen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rdnr. 147 m.w.N.). Ein Fall der Verzögerung des Fristbeginns (vgl. für eine Verwirkung wegen Hinauszögern des Anhörungsverfahrens: BVerwG, Urt. v. 20.12.1999 - 7 C 42.98 - BVerwGE 110, 226, 236; Beschl. v. 7.11.2000 - 8 B 137.00 - Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 99) ist vorliegend nicht ersichtlich. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass das Landratsamt spätestens im Ortstermin des Petitionsausschusses (Oktober 2003) oder jedenfalls durch die Erlasse des RP Freiburg vom 8.10.2003 und 18.11.2003 eine verlässliche Kenntnis des Rechtsirrtums gehabt hätte, wäre keine Verwirkung eingetreten, weil die Behörde die Rücknahme dann gleichwohl noch innerhalb der Jahresfrist ausgesprochen hatte und im Zeitraum zwischen Oktober/November 2003 und Mai 2004 auch sonst kein (ausdrückliches oder konkludentes) Verhalten an den Tag legte, wonach eine Rücknahme unterbleiben werde. Zwar hatte das Landratsamt der Klägerin noch unter dem 6.8.2003 eine Ergänzungsgenehmigung zur (Ausgangs-) Genehmigung vom 25.9.2002 erteilt, deren (Begründungs-) Gegenstand gerade eine das Problem der Landschaftsbildbeeinträchtigung ausführlich thematisierende und zugunsten des Vorhabens (i.V.m. Ausgleichsabgabe) gehende naturschutzrechtliche Abwägung enthielt. Gleichwohl kann die Kammer auch darin kein widersprüchliches bzw. treuwidriges Verhalten („venire contra factum proprium“) erblicken. Die Entscheidung vom 6.8.2003 erging, um den Inhalt der Genehmigung vom 25.9.2002 gemäß der Vorgabe in § 21 Abs. 1 Nr. 5 der 9. BImSchV dergestalt nachzubessern, dass die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe noch ausführlicher dargelegt wurden, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen hatten. Das Landratsamt hatte also nicht etwa aufgrund des Schreibens des RP Freiburg vom 13.5.2003 einen Rechtsirrtum erkannt und zum Anlass genommen, diesen noch einmal in der Sache zu bestätigen; vielmehr wollte es erkennbar und ausschließlich dieselben Gründe, die bereits zur Erteilung der Genehmigung vom 25.9.2002 geführt hatten, noch einmal - formalrechtlich bedingt - „nachliefern“. Hierdurch war zugleich gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 2 LVwVfG die Heilung eines formellen Mangels bewirkt worden (zur Heilbarkeit vgl. auch Dietlein, in: Landmann/Rohmer, a.a.O. Band II § 21 9. BImSchV [Oktober 2003], Rnr. 6).
28 
II. Auch die weiteren materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine - wie zum Schluss darzulegen ist: ermessensfehlerfreie (dazu unter III.) - Rücknahme lagen schließlich vor. Die Genehmigung vom 25.9.2002/6.8.2003 verstößt zwar weder gegen rechtlich geschützte Positionen der Nachbarn noch gegen artenschutzrechtliche Vorschriften (dazu unter 1.), hingegen hätte sie aus Landschaftsschutzgründen nicht ergehen dürfen, woran auch die planungsrechtliche Situation des Standorts ... nichts ändert (dazu unter 2.). Maßgeblich bei dieser Prüfung war die objektive Rechtswidrigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rnrn. 51-53 bzw. 57). Wegen dem aus Art. 14 Abs. 1 GG folgenden (passiven) Bestandsschutz (zur Rechtsposition des Inhabers einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vgl. Kutscheidt, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 6 BImSchG [März 2001] Rnr. 29; Vor § 4 BImSchG [Oktober 1993] Rnr. 22; § 4 BImSchG [Oktober 1993] Rnr. 32) war allerdings im Blick zu behalten, ob sich eine spätere Änderung der Sach- und/oder Rechtslage zugunsten der Klägerin ergeben hatte (zur Relevanz von Sachverhalts-/Rechtsänderungen vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 2005, 14.Aufl. § 113 Rnr. 46).
29 
Zu 1.): a.) Durch den Betrieb der genehmigten Windkraftanlagen werden keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorgerufen (§§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 6 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG; vgl. zugleich § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB für die Relevanz als bauplanungsrechtlichen Belang). Mit Ausnahme der beigeladenen Eheleute B. haben sonst Nachbarn insoweit auch keine Einwendungen vorgebracht. Die dem Anwesen der beigeladenen Eheleute B. nächstgelegene der drei Anlagen befindet sich in einem Abstand von ca. 550 m. Unzumutbare Licht-/Schattenimmissionen in Form von Discoeffekten oder rücksichtslosem Schattenwurf zu Lasten des Anwesens der beigeladenen Eheleute sind jedoch zu verneinen. Wegen des Discoeffektes folgt das aus Nr. 4 der Bestimmungen zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 25.9.2002, in der die immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamts Villingen-Schwenningen vom 11.4.2002 zum Gegenstand der Genehmigung gemacht worden sind. In ihrer Ziffer 4 ist vorgesehen, dass störenden Lichtblitzen durch Verwendung mittelreflektierender Farben und matter Glanzgrade (näher bezeichnete RAL-, DIN- und ISO-Vorschriften) für Turm, Kanzel und Rotorblätter vorzubeugen ist.
30 
Gleiches gilt für die Schattenwurfproblematik. Die mit anerkanntem Computerprogramm (W.) erstellte ursprüngliche Schattenwurfprognose der Klägerin vom 8.3.2002 wäre allerdings nicht endgültig aussagekräftig gewesen, weil sie den lediglich 250 m südlich der südlichsten ihrer drei Anlagen beantragten Windkraftanlagen-Standort der Fa. G. nicht berücksichtigt hatte. Wegen des für Immissionen geltenden Akzeptorbezugs (vgl. § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG; ferner ausführlich OVG Münster, Beschl. v. 26.2.2003 - 7 B 2434/02 - BauR 2003, 1361) bedurfte es allerdings einer einwirkungsort-bezogenen Gesamtbetrachtung der Immissionen aller vier Windkraftanlagen am Wohnort der Eheleute B.. Eine entsprechende neue Schattenwurfprognose hat die Klägerin jedoch unter dem 15.5.2003 (mit W.) im Zusammenhang mit ihrem Änderungsantrag vom Mai 2003 nicht nur für ihre neu geplanten Windenergieanlagen, sondern auch für die genehmigten Anlagen einschließlich derjenigen der Anlage der Fa. G. nachgeliefert. Diese Prognose berücksichtigt nunmehr an ausgewählten Immissionspunkten (Schattenrezeptoren) - darunter auch dem Immissionspunkt G („S. Häusle Nord“ = Anwesen der B.s) - die Schattenwurfdauer. Die in der Rechtsprechung bislang gezogene - allerdings sehr konservative, weil auf unwahrscheinlichen (worst-case-)Annahmen beruhende - Zumutbarkeitsgrenze von 30 Stunden/Jahr und 30 Minuten/Tag wäre danach im Fall des Betriebs aller 4 Windkraftanlagen prognostisch für den Immissionspunkt G mit 51:38 Stunden/Jahr und 32 Minuten/Tag überschritten. Ungeachtet der in der Prognose unberücksichtigten und sich zugunsten der Beigeladenen auswirkenden, weil zum Anlagenstandort hin steil ansteigenden Topografie gibt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 25.9.2002 jedenfalls in Nr. 4 ihrer Nebenbestimmungen i. V. m. Ziffer 3 der immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamts Villingen-Schwenningen vom 11.4.2002 der Klägerin auf, die Windenergieanlagen so auszurüsten, dass bei Sonnenschein (mind. 120 W/qm) und Winden aus passenden Richtungen zwangsläufig sichergestellt ist, dass die Bewohner im Westen, Norden und Osten der Anlagen nicht länger als 30 Minuten pro Tag und 30 Stunden pro Jahr durch periodischen Schattenwurf beaufschlagt werden. Ferner müssen die ermittelten Daten zur Sonnescheindauer und Abschaltzeit von der Steuereinheit über mindestens ein Jahr dokumentiert und die Protokolle jederzeit zur Einsichtnahme auf Verlangen der zuständigen Behörden bereitgehalten werden. Zweifel der Beigeladenen B. an der Geeignetheit der Abschaltpflicht schlagen demgegenüber nicht durch. Ungeachtet dessen ist bislang eine Praktikabilität solcher Nebenbestimmungen in der Rechtsprechung auch nicht in Zweifel gezogen worden. Auch dem Einwand, selbst nach Abschaltung gebe es noch stehende Rotorblätter, die einen stehenden Schatten werfen würden, kann nicht gefolgt werden, weil die Immissionsprognose auf den ungünstigsten Fall (drehende Rotorblätter) abstellt und durch das Stehen der Rotorblätter der rasche Sonnenlauf viel schneller zu einer „Situationsänderung“ zugunsten der Beigeladenen führen wird. Zwar ist in der Nebenbestimmung vom 11.4.2002 nicht die Immissionsprognose in Bezug genommen, sondern von „Bewohner(n) im Westen, Norden und Osten der Anlagen“ die Rede. Das kann jedoch (noch) in dem Sinn ausgelegt werden, dass hiermit die in den Prognosen konkret begutachteten Immissionspunkte A bis G (R., L., A.hof Süd, A.hof West, A.hof Häusle, S. Häusle Nord und S. Häusle Süd) gemeint sind. Auch wenn sich schließlich die Nebenbestimmungen vom 11.4.2002 nur auf die ursprüngliche Immissionsprognose vom März 2002 und nicht auf diejenige vom Mai 2003 beziehen, stellt das keinen die Rücknahme rechtfertigenden Rechtswidrigkeitsgrund dar, weil als milderes Mittel eine Nachbesserung gemäß § 17 BImSchG in Betracht gekommen wäre.
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Auch für unzumutbare Schallimmissionen ist schließlich nichts erkennbar. Insbesondere durfte die computergestützte Schallimmissionsprognose auf die Immissionen abstellen, die bei Nennleistungsbetrieb entstehen, weil es sich bei den Windkraftanlagen der Klägerin um „pitch-gesteuerte“ Anlagen handelt, deren Umdrehungszahlbegrenzung einen Anstieg der Umdrehungszahl (und damit eine weitere Erhöhung des Schallleistungspegels) bei steigender Windgeschwindigkeit verhindert (zu Details vgl. auch Oerder, BauR 2005, 643, 651 m.w.N.). Bei dieser Sachlage kann davon ausgegangen werden, dass die hohen Anforderungen, die an die Verlässlichkeit einer prognostischen Einschätzung der Einhaltung von Zumutbarkeitskriterien im Genehmigungsverfahren zu stellen sind, vorliegen und dass somit die Prognose „auf der sicheren Seite“ liegt (zu dieser Anforderung: OVG Münster, Beschl. v. 26.2.2003, a.a.O.). Der ebenfalls in der nachgebesserten (weil die Immissionen der Anlage der Fa. G. berücksichtigenden) Gesamtprognose vom 15.5.2003 für den Immissionspunkt D (= S. Häusle Nord = Anwesen der Beigeladenen) prognostisch ermittelte Beurteilungspegel beträgt danach 42,1 dB(A) und hält somit den nach TA-Lärm 1998 für MI-/MD-Gebiete maßgeblichen Nachtwert - angewendet auf Wohnnutzung im Außenbereich - von 45 dB(A) ein. Die Einhaltung dieses Wertes ist darüber hinaus in den zum Gegenstand der Genehmigung gewordenen Nebenbestimmungen des Gewerbeaufsichtsamts (dort Ziffer 1) auferlegt worden. Nur dann, wenn die bei Betrieb einer Anlage entstehenden Immissionen regelmäßig die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze überschreiten, genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in einer Genehmigung die maßgeblichen Immissionsrichtwerte als Grenzwert festzulegen (Bay. VGH, Urt. v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 - BayVBl. 2003, 503). Anhaltspunkte hierfür gibt es vorliegend jedoch nicht. Die Einhaltung abstrakter „Abstandsvorschriften“ konnte - entgegen der Auffassung der beigeladenen Eheleute - mangels hierzu in §§ 3, 6, 48 BImSchG i.V.m. TA Lärm 1998 angelegter normativer Vorgaben ebenso wenig gefordert werden wie bestimmte generelle Sicherheitszuschläge (anders noch OVG Münster, Beschl. v. 23.1.1998 - 7 B 2984/97 - BauR 1998, 523; VG Oldenburg, Beschl. v. 1.7.1998 - 4 B 1807/98 - ZUR 1998, 260, und Urt. v. 19.6.1997 - 4 A 1851/95 - ZUR 1998, 40).
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Raum für eine ausnahmsweise andere Betrachtung, etwa wegen im Einzelfall erdrückender Wirkung zulasten der beigeladenen Eheleute, gibt es angesichts der beim Augenschein festgestellten, nach Nordwesten zum Anlagenstandort hin ansteigenden und den Wohnort der Beigeladenen damit zugleich abschirmenden, ferner mit dichtem Wald bestandenen Topografie nicht.
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b.) Auch artenschutzrechtliche Belange (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. Vorschriften des BNatSchG und LNatSchG) hätten einem Bestand der Genehmigung nicht entgegengestanden bzw. deren Rücknahme nicht gerechtfertigt. Eine Beeinträchtigung des Auerhuhns ist von der Beklagtenseite - anders als für den 2 km östlich entfernten Standort im Verfahren 1 K 323/03 - nicht geltend gemacht worden. Sie hätten dem Vorhaben der Klägerin überdies auch nicht entgegen gehalten werden können. Auf die Begründung der Kammer im Urteil vom heutigen Tag im Verfahren 1 K 323/03 wird Bezug genommen, wo insoweit ausgeführt ist:
34 
„… Entgegen der Auffassung des beklagten Landes stehen naturschutzrechtliche Belange des Artenschutzes dem Vorhaben nicht entgegen. Das Auerhuhn ist eine geschützte Art nach lit. A 108 des Anhangs I zu Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG über die Erhaltung wild lebender Vogelarten vom 02.04.1979, ABl. EG Nr. L 103/1) und eine streng geschützte Art nach § 10 Abs. 2 Nr. 10c BNatSchG i.V.m. Spalte 3 des Anhang 1 zu § 1 der Bundesartenschutzverordnung vom 15.02.2005 (BGBl I, S. 258). Die geltend gemachte Beeinträchtigung eines Auerhuhnbiotops liegt nach Auffassung der Kammer bereits tatsächlich nicht vor, weil im betreffenden Gebiet nach insofern übereinstimmender Aussage aller Beteiligten seit langer Zeit keine Auerhühner leben, auch wenn die betreffende Waldfläche als Auerhuhnbiotop in der Waldbiotopkartierungskarte des Landes dargestellt ist. Nach der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Stellungnahme der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, Abt. Landespflege, vom 25.10.2005 war die nächstgelegene Beobachtung eines Auerhuhnes rund 750m östlich des geplanten Standortes, der damit deutlich außerhalb des Gebietes liegt, in dem Auerhühner leben, wie z.B. östlich des Bregtales, wo das beklagte Land auch Vogelschutzgebiete gemeldet hat. Im Hinblick auf das fehlende Vorkommen des Auerhuhns in der näheren Umgebung ist das Gebiet des geplanten Standortes also nicht als faktisches Vogelschutzgebiet anzusehen und nach Art. 4 Abs. 1 Satz 3 der Vogelschutzrichtlinie als eines der „zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete“ zu einem Schutzgebiet für das Auerhuhn zu erklären. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob es dem Land auch aus rechtlichen Gründen versagt wäre, sich auf artenschutzrechtliche Belange zu berufen, weil es eine einstweilige Sicherstellung der Fläche gemäß § 60 Abs. 2 LNatSchG ausdrücklich ablehnt. Möglicherweise wäre eine solche einstweilige Sicherstellung für ein potenzielles Vogelschutzgebiet erforderlich (so wohl der Bayerischer VGH, Beschl. vom 19.04.2005, 8 A 02.40040, NuR 2005, 592), nachdem der EuGH die in der Rechtsprechung entwickelte Auffassung des vorläufigen Schutzes faktischer Schutzgebiete als nicht europarechtskonform angesehen hat (vgl. EuGH, Urt. v. 13.01.2005, Rs. C-117/03 - Dragaggi, Rn. 26 ff., NuR 2005, 242; ausdrücklich a.A. wohl BVerwG, Beschl. vom 07.09.2005, 4 B 49.05). Soweit das beklagte Land des weiteren darauf abstellt, die Fläche um den Standort könne auch ein „Trittsteinbiotop“ für außerhalb liegende Auerhuhnhabitate um den Rohrhardsberg und östlich des Bregtales darstellen, scheitert dies nach Auffassung der Kammer an der bislang fehlenden Umsetzung der maßgeblichen Bestimmung des § 3 BNatSchG zum Biotopverbund durch das beklagte Land einerseits und den ausdrücklich nicht beabsichtigten Schutzmaßnahmen im Sinne des § 3 Abs. 4 BNatSchG andererseits. Da eine förmliche Unterschutzstellung nach §§ 21, 22 LNatSchG, die bei entsprechender Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit jederzeit (auch ohne Meldung als Vogelschutzgebiet nach § 26a Abs. 2 LNatSchG) möglich wäre, ausdrücklich nicht erfolgen soll und auch ein einstweiliges Sicherstellungsverfahren nach § 60 Abs. 2 LNatSchG weder eingeleitet noch beabsichtigt ist, stellt dieses Vorbringen wohl eher eine Schutzbehauptung dar, mit der der Versuch unternommen werden sollte, ein grundsätzlich zulässiges Vorhaben zu verhindern. Aus den oben genannten Gründen scheidet auch eine Anwendung des § 42 Abs. 1 Nr. 3 Bundesnaturschutzgesetz (Störungsverbot für Lebensräume streng geschützter Arten und europäischer Vogelarten, zu denen Auerhühner nach den Anhängen zur Bundesartenschutzverordnung und der Richtlinie 79/409/EWG über die Erhaltung wild lebender Vogelarten - Vogelschutzrichtlinie - zählen) aus. …“.
35 
Ferner hätte selbst der seitens des Beklagten weitaus konkreter „aufgearbeitete“ Gesichtspunkt des Fledermausschutzes nach der Überzeugung der Kammer eine Rücknahme der Genehmigung nicht gerechtfertigt. Das folgt zwar nicht schon aus § 43 Abs. 4 Satz 1 und § 21 Abs. 2 BNatSchG - § 33 BauGB ist nämlich nicht zugunsten der Klägerin anwendbar (vgl. unten 2 b. bb.) -, dennoch stehen die artenschutzrechtlichen Vorschriften dem Vorhaben nicht absolut entgegen. Allerdings waren kritische Erkenntnisse zum Konfliktpotenzial der Windenergienutzung gegenüber dem Fledermausschutz ausweislich des Untersuchungsberichts des Büros Dr. B. vom Dezember 2004 (dort im Literaturanhang) im Zeitpunkt der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im Jahr 2002 bereits vorhanden. Soweit es sich folglich bei den Gutachten des genannten Büros vom Dezember 2004 bzw. - konkret den ... betreffend - vom September 2005 überhaupt um neue wissenschaftliche Erkenntnisse handeln sollte, hätten diese - weil bereits zuvor im Sachverhalt angelegt und später „nur“ einem fortschreitenden Erkenntnisstand entsprechend - eine rücknahmerelevante Rechtswidrigkeit der Genehmigung nicht ausgeschlossen (vgl. allgemein Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 48 Rdnr. 61).
36 
Zwar hat das Gutachten des Planungsbüros Dr. B. vom 30.9.2005 zur „Abschätzung des Gefährdungspotenzials für Fledermäuse an drei geplanten Windkraftanlagenstandorten im Bereich ...“ auf der Grundlage stichprobenartiger Erfassungen (drei Termine im August und September 2005) fünf Fledermausarten (darunter das Große Mausohr) nachgewiesen und es hält das Vorkommen dreier weiterer Fledermausarten für sehr wahrscheinlich. Ferner prognostiziert diese Expertise im Fall der Ausführung des genehmigten Vorhabens den dauerhaften Verlust von Jagdhabitaten und von bestehenden oder potenziellen Quartierbäumen ebenso wie kleinräumige Verluste von Jagdraum (betreffend das am Boden jagende Große Mausohr). Das Kollisionsrisiko für residente oder ziehende Fledermausarten am ... erachtet es schließlich für deutlich erhöht und zwar bezogen auf die am Vorhabensstandort in vergleichsweise hoher Zahl auftretende Zwergfledermaus mit einem Maß, welches zu erheblichen Beeinträchtigungen lokaler Populationen führen könne. Kleinabendsegler und Nordfledermaus würden zwar in geringerem Umfang ein Kollisionsrisiko aufweisen, angesichts nur geringer Koloniegröße und restriktiver Verbreitung würden auch hier jedoch die Populationen empfindlich reagieren. Ein hingegen geringes Kollisionsrisiko sieht das Gutachten für Großes Mausohr, Fransenfledermaus, Kleine Bartfledermaus und Braunes Langohr.
37 
Ein Bauverbot für das Vorhaben der Klägerin hätte sich hieraus gleichwohl nicht ergeben können (a.A. VG Dresden, Urt. v. 2.6.2003 - 7 K 2583/03 - NuR 2003, 775; VG Gera, Urt. v. 28.4.2005 - 4 K 1071/02 GE - Juris Web [L]). Zwar sind gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 10 b aa., Nr. 11 b BNatSchG i.V.m. Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie - FFH-RiL) alle heimischen Fledermausarten besonders geschützte, streng geschützte Arten, für die aufgrund § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG n.F. (§ 20 f Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F.) ein Verletzungs- und Tötungsverbot (bezogen auf die Tiere) bzw. ein Beschädigungs- und Zerstörungsverbot (bezogen auf ihre Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten) gilt. Hierdurch werden jedoch nicht allgemein die Lebensräume oder auch nur sämtliche Lebensstätten dieser Arten geschützt, sondern nur die ausdrücklich genannten. Die Nahrungsbereiche der Tiere, ihre Jagd- und Überwinterungsplätze fallen hingegen nicht unter das Beschädigungs-/ Zerstörungsverbot (BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 - 4 C 6.00 - NVwZ 2001, 1040). Sowohl einem durch Baumschlag während der Bauphase nicht auszuschließenden Verlust an Quartierbäumen als auch einer Kollision mit drehenden Rotorblättern hätte aber vorliegend durch - gegenüber einer Rücknahme belastungsgeringere - Nebenbestimmungen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 12 BImSchG) zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bezogen auf Bau- und Betriebszeit Rechnung getragen werden können, soweit sich das Kollisionsrisiko als rechtlich erheblich erweist. Nach Auskunft des Vertreters des RP Freiburg in der mündlichen Verhandlung sind Baumquartiere nur in der frostfreien Zeit für Fledermäuse nutzbar. Daraus schließt die Kammer, dass ein Baumeinschlag in der kalten Jahreszeit das Risiko der Verletzung oder Tötung von Tieren auf ein Mindestmaß reduziert. Angesichts des am Standort ... umfangreich vorhandenen Fichtenhochbestandes besteht ferner ein ausreichendes Angebot an Ausweichquartieren für Fledermäuse in den Sommermonaten. Die Betriebszeiten der Windenergieanlagen können schließlich in den Sommermonaten begrenzt werden, wobei sogar ein Ausmaß, wie es vom Vertreter des RP Freiburg erwogen wurde (Abschaltung in der Zeit von Dämmerungsbeginn bis Dämmerungsende bei Windgeschwindigkeiten unter 6 m/sec. im Zeitraum April bis September) nach eigenen Angaben der Klägerin immer noch wirtschaftlich Sinn machen würde. Das entspricht auch den Erkenntnissen der Kammer aus den Erhebungen des beigeladenen Regionalverbands zum Regionalplanentwurf, wonach der höchste Windertrag zwischen Dezember und Februar anfällt. Eine Rücknahme der gesamten Genehmigung aus artenschutzrechtlichen Gründen wäre damit aber zugleich ermessensfehlerhaft gewesen. Das gilt - berücksichtigt man die noch nicht abgeschlossen Untersuchungen zum Fledermausschlagrisiko - auch wegen der Möglichkeit, Ermittlungen sogar während des Anlagenbetriebs vorzuschreiben (§ 26 BImSchG) sowie im Wege der Überwachung nachträgliche Auflagen bis hin zu einem Widerruf zu erwägen (§§ 52, 17, 21 BImSchG). Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass das am Standort ... durch das Büro Dr. B. festgestellte Große Mausohr in Anhang II der FFH-RiL (a.) Tiere: Wirbeltiere: Chiroptera: Myotis myotis) als Tierart von gemeinschaftlichem Interesse bestimmt ist, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen (vgl. insbesondere Art. 6 Abs. 2 FFH-RiL). Konkrete Absichten dafür, am ... eine solche Gebietsausweisung vorzunehmen, gibt es nämlich seitens der beteiligten Behörden ebenso wenig wie im Fall des Auerhuhns (s.o.). Im übrigen hat der Vertreter des RP Freiburg auf Nachfrage erklärt, die Erkenntnisse des Büros Dr. B. zu Fledermausvorkommen am ... ließen keinen Änderungsbedarf im Bereich der Forstbewirtschaftung erkennen. Ob damit nicht bereits zum Ausdruck kommt, dass das beklagte Land selbst das Risiko für vorhandene Fledermauspopulationen als artenschutzrechtlich - und damit auch immissionsschutzrechtlich - unerheblich einstuft, oder ob nicht sogar einiges für die Auffassung der Klägerin sprechen könnte, diese Erhebungen hätten ohnehin nur das Vorhandensein eines an vielen Standorten üblichen „Standardbesatzes“ an Fledermäusen aufgezeigt, kann angesichts noch nicht systematisch betriebener Forschungen dahinstehen.
38 
Zu 2.): a.) Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung widerspricht hingegen materiellem Bauplanungsrecht in Gestalt des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG), weil das Vorhaben der Klägerin auch unter Berücksichtigung seiner Privilegierung das Landschaftsbild verunstaltet. Die Rechtslage im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Genehmigung vom 25.9.2002 (BauGB i.d.F. des Gesetzes vom 30.7.1996 und des BauROG 1998) war insoweit keine wesentlich andere als im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Als gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 (jetzt: Nr. 7) BauGB privilegiertes Vorhaben zur Nutzung der Windenergie sind die Windkraftanlagen der Klägerin zulässig, wenn - was unstreitig ist - die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn - worauf es hier wesentlich ankommt - öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht entgegenstehen. Die Privilegierung bewirkt ein erheblich stärkeres Durchsetzungsvermögen gegenüber den vom Vorhaben berührten öffentlichen Belangen. Bei der Abwägung zwischen privatem Interesse an der Verwirklichung und öffentlichen Belangen ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die nach § 35 Abs. 1 BauGB bevorrechtigten Vorhaben in planähnlicher Weise dem Außenbereich zugewiesen und durch die Privilegierung zum Ausdruck gebracht hat, dass sie in der Regel, d. h. vorbehaltlich einer näheren Standortbestimmung, zulässig sind. Aufgrund des einem privilegierten Vorhaben bei der - gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbaren (d.h. die gesetzliche Wertung nachvollziehenden) - Abwägung zukommenden Gewichts können sich öffentliche Belange demgegenüber (nur) dann durchsetzen, wenn sie im Einzelfall besonders gewichtig sind. Eine Verunstaltung des Landschaftsbildes durch ein privilegiertes Vorhaben ist demnach nur in Ausnahmefällen anzunehmen, wenn es sich um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Umgebung und um einen besonders groben, weil in ästhetischer Hinsicht grob unangemessenen und von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfundenen Eingriff in das Landschaftsbild handelt (BVerwG, Urt. v. 15.5.1997 - 4 C 23.95 - NVwZ 1998, 58; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.5.2003 - 5 S 1181/02 - VBlBW 2003, 395; Urt. v. 16.10.2002 - 8 S 737/02 - Juris Web).
39 
Der Schutz des Landschaftsbildes geht vorliegend dem privilegierten Vorhaben der Klägerin vor. Davon hat sich die Kammer bei der Beweisaufnahme überzeugt, ohne dass durch den Regionalplanentwurf oder die kontroversen Ansichten der Beteiligten insoweit eine Bindungs- oder zumindest Indizwirkung vorgegeben gewesen wäre. ...- und ...tal weisen jeweils sowohl für sich aber auch in ihrer Gemeinschaftlichkeit - gewissermaßen als flächenhaftes „Ensemble“, das durch parallel zueinander benachbarte Täler gebildet wird - charakteristische Eigenarten auf. Anders als die sonst regelmäßig deutlich engeren/enger wirkenden Schwarzwaldtäler sind diese beiden Täler in Richtung zu den jeweilig sie begrenzenden Höhenzügen hin durch sanft ansteigende Wiesenflächen gekennzeichnet. Dieses vom Beklagten so bezeichnete danubische (d.h. zur Donauebene hin abfallende) Relief unterscheidet sich sehr stark von den westlich der Täler angrenzenden, zur Rheinebene hin orientierten und nicht nur viel steileren sondern auch weitaus bergigeren Schwarzwaldhöhen. In beiden Tälern hat sich eine selbst bei objektivierender Zurückhaltung solche Attribute wie „Kleinod“ und „Schmuckstück“ verdienende Kulturlandschaft entwickelt. Sie weist eine nur geringe Besiedlung mit einer weitgehenden Freiheit von technischen Anlagen auf. Die durch beide Täler führenden Straßen können auf Grund ihrer (als dienend und untergeordnet empfundenen) Erschließungsfunktion sowie wegen ihres der Talsohle folgenden und gewissermaßen dem Mäander der jeweiligen Bäche (... und ...) ähnlichen Verlaufs nicht als Fremdkörper oder als erhebliche Vorbelastung angesehen werden. Das gleiche gilt für die gering dimensionierten (weil nur örtlicher Versorgung dienenden), nur auf Holzpfosten stehenden Stromleitungen in beiden Tälern. Die beide Täler begrenzenden, bewaldeten Höhenkuppen bilden schließlich einen harmonischen Abschluss der Freiflächen.
40 
Der Zulassung von Windkraftanlagen auf dem ... käme angesichts dieser besonderen Eigenart und Schönheit der beiden Täler die Wirkung eines Missgriffs bei der an sich zulässigen Gestaltung des Bildes einer Kulturlandschaft zu. Die Kammer konnte diese Auswirkung ohne weiteres anhand des Augenscheins, der bereits vorhandenen Lichtbilder (vgl. GAS. 541 ff.9 sowie schließlich der vom beigeladenen Regionalverband gefertigten Sichtbarkeitsanalyse beurteilen. Einer ergänzenden Verwendung von Fesselballonen - wie vom Beklagtenvertreter lediglich hilfsweise beantragt - bedurfte es nicht. Käme es zur Errichtung der Windfarm, lägen beide Täler lägen nicht mehr den bewaldeten Höhenrücken, sondern den auf diesen „thronenden“, auf Grund ihrer Höhe von fast 140 Metern deutlich horizontüberschreitenden Windkraftanlagen „zu Füßen“. Der äußerst transparenten - d.h.: strukturell abwechslungsreich gegliederten und vielfältige Sichtbeziehungen zwischen ihren einzelnen Teilräumen ermöglichenden - Landschaft würde damit in grober Weise erstmals ein technisches Bauelement hinzugefügt, welches einen in seiner Wirkung durch nichts zu kompensierenden Fremdkörper darstellte. Demgegenüber kann die vorhandene, derzeit 63,5 m hohe und gemäß (allerdings noch nicht rechtskräftigem) Urteil der Kammer vom 25.10.2005 (1 K 2723/04) sogar zulässigerweise auf 138,5 m zu erhöhende Windkraftanlage auf der Fernhöhe nicht als Vorbelastung des ...tals angesehen werden. Anders als bei der Windfarm der Klägerin handelt es sich nur um eine einzige Anlage. Ferner kann diese Anlage vom Betrachter ohne weiteres dem Bereich außerhalb des ...tales zugeordnet werden. Ein sich aus Richtung Südosten aus dem ...tal heraus auf die Fernhöhe zubewegender Betrachter erhält nicht den Eindruck einer Dominanz der Anlage zu Lasten des ...tales bzw. ihrer Einstrahlung in dieses Tal. Umgekehrt nimmt derjenige, der sich aus Richtung „Kalter Herberge“ (also von Süd/Südwest) ins Tal begibt diese Anlage - weil in seinem Rücken liegend - nicht wahr. Das wäre bei der Windfarm der Klägerin völlig anders, die gleich zu Beginn des Tales (vgl. das bei der Beweisaufnahme gefertigte Lichtbild 1 ebenso wie das von der Klägerin im Termin übergebene Lichtbild, auf dem mit Hilfe einer Computersimulation die 3 Windkraftanlagen sogar dargestellt sind) linker Hand - gewissermaßen wie ein „technische Pförtner“ - wahrzunehmen wäre. Besonders nachteilig für ...- und ...tal wäre ferner, dass die 3 Anlagen aufgrund ihrer Höhe überaus deutlich den Horizont überschreiten; es gibt weder im Nah- noch Mittelbereich eine Wald- oder Bergkulisse, deren Silhouette diejenige der Anlagen optisch „aufnehmen“ bzw. zu einer Vermeidung oder wenigstens Verminderung der Anlagendominanz führen könnte. Diese tiefgreifende Veränderung des Landschaftsbildes durch die genehmigten Windenergieanlagen würde sich jedem Betrachter unmittelbar und ohne relativierende/kompensierende Zusatz- oder Vorbeurteilung erschließen. Auch die vom beigeladenen Regionalverband anlässlich dessen Regionalplanung erstellte Sichtbarkeitsanalyse zum Standort ... für den Nah- und Mittelbereich (Radius 0-5 km) zeigt sehr anschaulich, dass die Rotornaben der drei Windkraftanlagen in einem überaus großen und zusammenhängenden Bereich beider Täler zu sehen wären. In dieser Abwägung spielte zu Lasten der Windkraftanlagen schließlich auch eine bedeutsame Rolle, dass sie neben ihrer statischen Präsenz auch ein erhebliches Unruhemoment durch die anlagentypische Drehbewegung der Rotoren mit sich bringen. Hierdurch sowie durch die Sicherheitskennzeichnung der Türme (Blinklichter) drängten sie sich einmal mehr zu Lasten jeweils beider Täler als Blickfang auf. Angesichts einer solchen (im Errichtungszeitpunkt) sofort eintretenden Wirkung spielt es keine Rolle, dass die Lebensdauer einer Windkraftanlage begrenzt ist. Auf die der Klägerin auferlegte Rückbauverpflichtung (§ 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB) kommt es folglich ungeachtet dessen nicht an, dass diese auch nur für den Fall einer dauerhaften Nutzungsaufgabe gegolten hätte.
41 
b.) Raum für eine andere Bewertung i.S. einer am Ende doch noch erhöhten Durchsetzungsfähigkeit des Vorhabens aus Gründen der Regionalplanung (dazu (aa)) und der Bauleitplanung (dazu (bb)) war demgegenüber nicht.
42 
(aa) Zwar sieht der Teilregionalplan Windkraft, welcher am 15.7.2005 als Satzung beschlossen wurde, den Standort ... als Vorrangfläche vor. Obwohl der Plan sich - weil noch nicht genehmigt und noch nicht bekannt gemacht - im Entwurfsstadium befindet, hätte seine Darstellung eines Positivstandorts am ... zwar gleichwohl als ein in Aufstellung befindliches Ziel der Raumordnung die Qualität eines zugunsten des Vorhabens streitenden öffentlichen Belangs haben können. Negative und positive Komponenten regionalplanerisch festgelegter Konzentrationszonen bedingen einander nämlich derart, dass sich der Ausschluss raumbedeutsamer Anlagen auf Teilen des Plangebiets nur dann rechtfertigen lässt, wenn sich diese an anderen Stellen gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen können (BVerwG, Urt. v. 13.3.2003 - 4 C 4.02 -, NVwZ 2003, 738). Gleichwohl scheitert dies vorliegend daran, dass nicht angenommen werden kann, der konkret das Vorhaben betreffende Planungsstand werde über sein Entwurfsstadium hinaus zu einer verbindlichen Vorgabe gemäß § 3 Nr. 2 ROG erstarken (zu dieser Voraussetzung BVerwG, Urt. v. 27.1.2005 - 4 C 5/04 - NVwZ 2005, 578). Das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg hat nämlich definitiv erklärt und angekündigt, den Teilregionalplan nicht in vollem Umfang, sondern nur mit Ausnahme des Vorrangstandortes ... zu genehmigen. Ob der beigeladene Regionalverband gegen eine verweigerte Genehmigung gerichtlich vorgehen wird bzw. in einem solchen Fall überhaupt klagebefugt wäre (was bezogen auf den Teilaspekt der Planungshoheit zumindest noch unter Geltung des § 10 LplG a.F. vom VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.6.1998 - 8 S 1093/98 - abgelehnt wurde) ist aber offen.
43 
Unabhängig vom nicht zu prognostizierenden Ausgang eines Prozesses wäre eine derzeitige Erwartung, der erreichte Planungsstand werde künftig auch Außenwirkung entfalten jedenfalls auch aus einem weiteren Grund nicht gerechtfertigt. Nach § 23 Abs. 3 Satz 2 ROG, einer gem. § 22 Satz 3 ROG unmittelbar anzuwendenden Bestimmung, muss ein Regionalplan, der nicht vor dem 20.7.2006 abgeschlossen wird, in einem Verfahren erlassen werden, das eine Umweltprüfung nach § 7 Abs. 5 ff. ROG beinhaltet. Ein Planungsverfahren, das einer staatlichen Genehmigung bedarf, ist frühestens „abgeschlossen“, sobald diese Genehmigung erteilt ist (so Berkemann, in Berkemann/Halama, Erstkommentierung zum BauGB 2004, § 244 Rn. 20, zur wortgleichen Bestimmung des § 244 Abs. 1 BauGB; auf die öffentliche Bekanntmachung abstellend Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 244 Rn. 23). Da die europarechtlich vorgeschriebene Umweltprüfung aber unverzichtbarer Bestandteil (vgl. § 10 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 22 ROG) des Planungsverfahrens ist, liegt ein in Aufstellung befindliches Ziel der Raumordnung, von dem zu erwarten ist, dass es sich zu einem verbindlichen, den Wirksamkeitsanforderungen genügenden Zielfestlegung i.S.d. § 3 Nr. 2 ROG verfestigt, erst nach Durchführung der Umweltprüfung i.S.d. § 7 Abs. 5 ROG vor. Ansonsten würde der Zweck der Umweltprüfung mit ihrer förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung maßgeblich entwertet. Da diese Prognose einer Genehmigung vor dem 20.7.2006 nach derzeitigem Verfahrensstand nicht getroffen werden kann, liegt mithin kein hinreichend konkretisiertes, in Aufstellung befindliches Ziel der Raumordnung vor.
44 
(bb) Das Vorhaben der Klägerin war schließlich zu keinem Zeitpunkt nach § 33 BauGB mit der Folge zulässig, dass eine auch bauplanungsrechtlich konforme Genehmigung vorlag. Die Errichtung von 3 Windkraftanlagen am Standort ... ist zwar durch die Festsetzungen des - noch nicht in Kraft getretenen - Bebauungsplans „Windkraftstandort ... gedeckt. Es fehlt jedoch an den Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB. Diese als materielle Planreife bezeichnete Planungssituation ist (nur dann) gegeben, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalls hinreichend voraussehbar und mit gebotener Sicherheit beurteilbar ist, dass der Inhalt des Entwurfs mit der Qualität des § 10 BauGB festgesetzt werden wird (BVerwG, Beschl. v. 25.11.1991 - 4 B 212/91 - Buchholz 406.11 § 33 BBauG/BauGB Nr. 7).
45 
Berechtigte Erwartungen, das Vorhaben der Klägerin werde von künftigen bauplanerischen Festsetzungen gedeckt sein, bestanden jedoch zu keiner Zeit. Im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung im September 2002 hatte der Bebauungsplan einen rechtserheblichen Fehler, weil er nicht aus dem damals bestehenden - keinen Windkraftstandort darstellenden - Flächennutzungsplan entwickelt worden war (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB); auch ein Fall des § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB lag nicht vor. Ebenso wenig war ein Parallelverfahren gemäß § 8 Abs. 3 BauGB eingeleitet (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.10.1991 - 5 S 2394/90 -, wonach das Parallelverfahren vor Satzungsbeschluss eingeleitet sein und einen substanziellen Stand erreicht haben muss). An den laut Planerläuterung spezifisch angestrebten Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 BauGB (vorgezogener Bebauungsplan) fehlte es schließlich deshalb, weil eine Flächennutzungsplanung bereits vorlag (Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Band 1 [März 2004] § 8 Rnr. 125 m.w.N.). Überdies jedoch hatte die Klägerin damals auch keine Anerkennungserklärung (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB) abgegeben. Zwar liegt eine solche Erklärung mittlerweile seit dem 2.9.2005 vor (vgl. Seite 4/5 des Schriftsatzes des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, GAS. 367/369). Es mag auch angenommen werden, dass sie, obwohl im Gerichtsverfahren erfolgt, wirksam wurde, weil sie mit Intention der Klägerin (über das Gericht) der beigeladenen Stadt ... zugeleitet wurde. Der am ... nunmehr einen Positivstandort für Windenergienutzung darstellende Entwurf der 1. Fortschreibung des Gemeinsamen Flächennutzungsplans der VVG ...-... lag inzwischen zwar in der Zeit vom 7.7.-8.8.2005 aus. Eine Anwendung des § 33 BauGB scheitert gleichwohl daran, dass bereits zuvor sowohl durch das Landratsamt als auch das RP Freiburg sowie schließlich - im regionalplanerischen Kontext - durch das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit und mithin Genehmigungsfähigkeit (zur Genehmigungsbedürftigkeit beider Bauleitpläne vgl. §§ 6 Abs. 1, Abs. 2, § 10 Abs. 2 Satz 1 BauGB) einer planerischen Positivausweisung des Standorts... wegen Landschaftsverunstaltung geltend gemacht worden waren. Bedenken der zuständigen höheren Verwaltungsbehörde, der Landesplanungsbehörde oder anderer höherer Behörden aber stehen in aller Regel der Annahme der materiellen Planreife entgegen (BVerwG, Beschl. v. 25.11.1991, a.a.O.; ferner ausführlich m.w.N. aus der Rspr. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB [Januar 2005], § 33 Rnr. 46).
46 
Der Umstand, dass die beigeladene Stadt ... gegenüber der Genehmigungsbehörde gerichtlich vorgehen könnte, rechtfertigt demgegenüber keine positive Prognose über den Fortbestand der künftigen Festsetzungen. Die in § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB angelegte Anknüpfung an den materiellen Stand der Planungsarbeiten besagt nicht, dass im Streitfall das Verwaltungsgericht die eingeleitete Planung „zu Ende denken“ bzw. inzident darüber befinden müsste, ob die von der Genehmigungsbehörde eingenommene Weigerungshaltung in einem später anhängig werdenden Rechtsstreit einer Nachprüfung standhielte. Maßgebend ist allein die Prüfung, ob im Blick auf den Inhalt der künftigen Festsetzungen nach dem Stand der Planung im Augenblick der Entscheidung Zweifel bestehen. Ist dies - wie vorliegend - der Fall wirken sich diese gegen die Anwendbarkeit des § 33 BauGB aus (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, a.a.O. bei § 33 BauGB). Ein Hindernis für eine positive Prognose ergibt sich schließlich auch aus §§ 233 Abs. 1 Satz 1 a.E., 244 Abs. 1 BauGB 2004. Danach kommt, nicht anders als für Regionalpläne (vgl. bereits oben unter aa.) für die betroffenen, genehmigungsbedürftigen Bauleitpläne ab 21.7.2006 neues Recht zur Anwendung. Die Bauleitplanung wird dann gemäß § 2 Abs. 4 BauGB 2004 (i.V.m. der Plan-UP-Richtlinie) mit der Durchführung einer Umweltprüfung zu Ende zu führen bzw. neu aufzugreifen sein. Bis zum 20.7.2006 aber ist keine Entscheidung über eine, wie angekündigt, zu verweigernde Genehmigung zu prognostizieren. Ein rechtswidriger Eingriff in das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 der Klägerin liegt in dieser Auslegung schließlich nicht, weil der Gesetzgeber kraft Verfassung nicht zur Regelung des § 33 BauGB gezwungen war (BVerwG, Urt. v. 1.8.2002 - 4 C 5.01 - NVwZ 2003, 86).
47 
III. Die Ermessenserwägungen, die der Rücknahmebescheid des Landratsamts in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.8.2004 aufweist (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), sind schließlich gemessen an § 114 Satz 1 VwGO rechtlich nicht zu beanstanden. Durch Äußerungen von Behördenvertretern im Petitionsverfahren war, das wurde in der Rücknahmeentscheidung zutreffend dargelegt, keine Bindung der Verwaltung hin auf ein Rücknahmeverbot begründet worden. Bei der Betätigung des nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG eröffneten Rücknahmeermessens wurde ferner insbesondere erkannt, dass eine Rücknahme der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung mit wirtschaftlichen Nachteilen für die Klägerin verbunden sein wird. Zutreffend ist das Gewicht eines Vertrauensschutzes jedoch dadurch als gemindert angesehen worden, dass die Klägerin die Genehmigung „nur“ verkauft hatte und dass diese noch nicht ins Werk gesetzt wurde. Unschädlich ist ferner, dass die Höhe eines aus der Rücknahme resultierenden Ausgleichsanspruchs (vgl. § 48 Abs. 3 LVwVfG) nicht ermittelt wurde. Diese Feststellung war ungeachtet dessen, dass ein erforderlicher Antrag gar nicht vorlag, im Rahmen einer Ermessensbetätigung nicht erforderlich. Im übrigen lässt die Rücknahmeentscheidung in eindeutiger Hinsicht erkennen, dass sie das öffentliche Interesse am Schutz einer - wie oben dargelegt: tatsächlich besonders sensiblen - Landschaft nicht nur höher als das wirtschaftliche Interesse der Klägerin sondern auch höher als dasjenige an der Ersparnis staatlicher Entschädigungsleistungen an die Klägerin bewertet hat. Die Ermessensbetätigung musste auch nicht etwa den Umstand berücksichtigen, dass durch Ergänzungsbescheid vom 6.8.2003 die Genehmigung noch einmal nachgebessert worden war. Jenseits der bereits oben genannten Gesichtspunkte einer möglichen (aber verneinten) Verwirkung kam dem kein eigenständiges Gewicht mehr zu. Der Einwand der Klägerin, es sei verkannt worden, dass der Standort ... „Tauschobjekt“ für den Standort Leimgrube gewesen sei, verfängt schließlich ebenfalls nicht. Die Klägerin hatte zwar die seit Januar 2002 in ihrem Besitz befindliche, später auch bestandskräftig gewordene Baugenehmigung für die Errichtung von 3 Windkraftanlagen am Standort Leimgrube im Vertrauen auf eine Realisierung des Vorhabens am Standort ... an die E. verkauft. Wirtschaftliche Nachteile, die in eine Vertrauensschutzprüfung hätten relevant eingestellt werden können/müssen, hat sie in diesem Zusammenhang jedoch nicht dargetan. Allein die Enttäuschung eines „Realisierungsinteresses“ an einer Windfarm konnte einer Rücknahmeentscheidung nicht entgegenstehen. Insoweit lag es voll und ganz im Risikobereich der Klägerin, wenn sie eine bestandskräftige Genehmigung zu einem Zeitpunkt aufgab, zu dem sie noch keinen „adäquaten Ersatz“ in Händen hielt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Weil die Beigeladenen keine Anträge gestellt haben und mithin kein Kostenrisiko eingegangen sind, waren ihre außergerichtlichen Kosten nicht für erstattungsfähig zu erklären. Die Kammer hat keinen Anlass, das Urteil wegen der Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Gründe für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor, weshalb hinsichtlich der Anfechtbarkeit dieser Entscheidung folgendes gilt:

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Absatz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Absatz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Absatz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Auch Kinder und Jugendliche sind Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Satzes 1. Von der Unterrichtung und Erörterung kann abgesehen werden, wenn

1.
ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben wird und sich dies auf das Plangebiet und die Nachbargebiete nicht oder nur unwesentlich auswirkt oder
2.
die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt sind.
An die Unterrichtung und Erörterung schließt sich das Verfahren nach Absatz 2 auch an, wenn die Erörterung zu einer Änderung der Planung führt.

(2) Die Entwürfe der Bauleitpläne sind mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats, mindestens jedoch für die Dauer von 30 Tagen, oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet zu veröffentlichen. Zusätzlich zur Veröffentlichung im Internet nach Satz 1 sind eine oder mehrere andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeiten, etwa durch öffentlich zugängliche Lesegeräte oder durch eine öffentliche Auslegung der in Satz 1 genannten Unterlagen, zur Verfügung zu stellen. Die nach § 4 Absatz 2 Beteiligten sollen von der Veröffentlichung im Internet auf elektronischem Weg benachrichtigt werden. Die Internetseite oder Internetadresse, unter der die in Satz 1 genannten Unterlagen eingesehen werden können, die Dauer der Veröffentlichungsfrist sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind vor Beginn der Veröffentlichungsfrist ortsüblich bekannt zu machen; in der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,

1.
dass Stellungnahmen während der Dauer der Veröffentlichungsfrist abgegeben werden können,
2.
dass Stellungnahmen elektronisch übermittelt werden sollen, bei Bedarf aber auch auf anderem Weg abgegeben werden können,
3.
dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können und
4.
welche anderen leicht zu erreichenden Zugangsmöglichkeiten nach Satz 2 bestehen.
Der Inhalt der Bekanntmachung ist zusätzlich in das Internet einzustellen; die nach Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen und der Inhalt der Bekanntmachung sind über ein zentrales Internetportal des Landes zugänglich zu machen. Die fristgemäß abgegebenen Stellungnahmen sind zu prüfen; das Ergebnis ist mitzuteilen. Haben mehr als 50 Personen Stellungnahmen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt abgegeben, kann die Mitteilung dadurch ersetzt werden, dass diesen Personen die Einsicht in das Ergebnis ermöglicht wird; die Stelle, bei der das Ergebnis der Prüfung während der Dienststunden eingesehen werden kann, ist ortsüblich und über das Internet bekannt zu machen. Bei der Vorlage der Bauleitpläne nach § 6 oder § 10 Absatz 2 sind die nicht berücksichtigten Stellungnahmen mit einer Stellungnahme der Gemeinde beizufügen.

(3) Bei Flächennutzungsplänen ist ergänzend zu dem Hinweis nach Absatz 2 Satz 4 zweiter Halbsatz darauf hinzuweisen, dass eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes in einem Rechtsbehelfsverfahren nach § 7 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes gemäß § 7 Absatz 3 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie im Rahmen der Veröffentlichungsfrist nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.

(1) Der Bebauungsplan enthält die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung. Er bildet die Grundlage für weitere, zum Vollzug dieses Gesetzbuchs erforderliche Maßnahmen.

(2) Bebauungspläne sind aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Ein Flächennutzungsplan ist nicht erforderlich, wenn der Bebauungsplan ausreicht, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen.

(3) Mit der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bebauungsplans kann gleichzeitig auch der Flächennutzungsplan aufgestellt, geändert oder ergänzt werden (Parallelverfahren). Der Bebauungsplan kann vor dem Flächennutzungsplan bekannt gemacht werden, wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der Bebauungsplan aus den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt sein wird.

(4) Ein Bebauungsplan kann aufgestellt, geändert, ergänzt oder aufgehoben werden, bevor der Flächennutzungsplan aufgestellt ist, wenn dringende Gründe es erfordern und wenn der Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets nicht entgegenstehen wird (vorzeitiger Bebauungsplan). Gilt bei Gebiets- oder Bestandsänderungen von Gemeinden oder anderen Veränderungen der Zuständigkeit für die Aufstellung von Flächennutzungsplänen ein Flächennutzungsplan fort, kann ein vorzeitiger Bebauungsplan auch aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan ergänzt oder geändert ist.

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Der Bebauungsplan „Kleinau“ der Stadt Kuppenheim vom 24.07.2006 wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behält.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan „Kleinau“ der Antragsgegnerin vom 24.07.2006 (Satzungsbeschluss). Sie ist eine im Murgtal gelegene Stadt mit ca. 30.000 Einwohnern, bestehend aus der Innenstadt und mehreren Stadtteilen, darunter dem nördlichsten Stadtteil Bad ... mit ca. 4.700 Einwohnern. Die Antragstellerin ist nach dem Regionalplan Mittlerer Oberrhein zusammen mit der Stadt ... als Doppelzentrum und Mittelzentrum eingestuft. Die Antragsgegnerin, eine als Kleinzentrum eingestufte Stadt mit ca. 7.500 Einwohnern, liegt ebenfalls im Murgtal unterhalb von ... und östlich von ... nahe der Autobahn A 5, an die sie über die B 462 angebunden ist. Im östlichsten Ortsteil ... der Antragsgegnerin befindet sich südlich der B 462, im Gebiet des Bebauungsplans „Wagwiese, Langenwiese, Dorfacker, Mühlberg, Wörtelteiler, Wörtelwiese“, ein Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel und Verbrauchermärkte. Die Gesamtverkaufsfläche wurde durch Beschluss des Gemeinderats vom 10.08.2005 auf 19.000 qm (16.000 qm im SO 1, 3.000 qm im SO 2) beschränkt; zum dortigen Einkaufszentrum gehören u.a. ein Lebensmittelvollsortimenter mit 2.700 qm Verkaufsfläche sowie ein Möbel-, Bau-, Schuh- und Textilmarkt. Ein weiteres Sondergebiet für Einzelhandel (ursprünglich: Gewerbegebiet) liegt schräg versetzt zum Plangebiet „Kleinau“ nördlich der L 77 (...) im Gebiet des Bebauungsplans „Wörtel, Großau (westl. Teil), Teichäcker“ der Antragsgegnerin vom 03.06.2002 (2. Änderung). Zulässig sind im dortigen SO 1 ein Lebensmitteldiscounter mit max. 800 qm Verkaufs- und 1.400 qm Geschossfläche und im SO 2 ein Lebensmittelvollsortimenter mit insgesamt 1.250 qm Verkaufs- und 1.850 qm Geschossfläche; zusätzlich sind Sortimentsregelungen getroffen. Das Plangebiet ist zurzeit durch einen ...-Markt (799 qm Verkaufsfläche) und einen ...-Markt (1.285 qm Verkaufsfläche) besetzt.
Der streitige Bebauungsplan „Kleinau“ von ca. 2,4 ha umfasst ein Gebiet im östlichen Stadtgebiet zwischen der Straße Im ... im Westen, der ... Straße (Sackgasse) im Süden, der L 77 (...) bzw. einer Parallelstraße im Norden und den Außenbereichsgrundstücken Flst.-Nrn. 539, 538 und 472 im Osten. Die ... mündet ca. 600 m östlich des Plangebiets in die B 462 ein. Im Plangebiet, einer Industriebrache, befinden sich die ehemaligen Betriebsgebäude der Firma ..., die im Zuge einer Neubebauung abgerissen werden sollen. Das Betriebsgelände wurde von der Firma ... erworben. Der Vorgängerbebauungsplan „Kleine Weingärten“ (früher: „Kleine Weingärten, Essigwiesen, Essigäcker, Teichäcker, Sieberger Buckel“ von 1972 in der letzten Fassung vom 02.07.1990) setzt für das Plangebiet ein Gewerbegebiet (Baugebiet 3) fest. Darin wird (2. Änderung vom 28.11.1988) die Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben der Lebensmittelbranche, Verkauf an Endverbraucher, auf eine Verkaufsfläche von max. 300 qm beschränkt. Ziel dieser Einschränkung war es, im Interesse des Erhalts gewachsener Ortskernstrukturen die Ansiedlung „weiterer großflächiger Einzelhandelsbetriebe“ zu verhindern.
Der Bebauungsplan „Kleinau“ weist den südlichen Teil des bisherigen Gewerbegebiets als allgemeines Wohngebiet mit Reihenhaus- und Doppelhausbebauung aus. Nördlich davon werden eine Gebietserschließungsstraße sowie ein eingeschränktes Gewerbegebiet (GEe) festgesetzt; zulässig sind nur Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Das Gewerbegebiet wird durch einen Radweg in zwei Teile geteilt und ist für 3 Betriebseinheiten konzipiert. Die Gebäude sind jeweils auf der Südseite vorgesehen, auf den Nordseiten liegen die jeweils detailliert festgesetzten Zufahrts- und Stellplatzflächen. Im Bereich westlich des Radwegs (Einheit 1) ist ein Baufenster von ca. 70 x 30 m mit 124 Stellplätzen vorgesehen; die bebaubare Fläche beträgt ca. 2.000 qm. Auf der Fläche östlich des Radwegs sind die Baufenster (abzüglich Grünflächen) ca. 800 qm (Einheit 2) und 520 qm (Einheit 3) groß; den Einheiten sind 52 bzw. 51 Stellplätze zugeordnet. Anlass des Bebauungsplans war u.a. die Absicht der Firma ..., einen Lebensmittelmarkt zu errichten. Auf Antrag vom Mai 2006 wurde ihr, gestützt auf § 33 BauGB, eine im Wesentlichen plankonforme Baugenehmigung für einen Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von 758 qm und einer Geschossfläche von 1.194 qm sowie 131 Stellplätzen im westlichen Plangebiet (Einheit 1) erteilt. Gegen die Baugenehmigung legte die Antragstellerin Widerspruch ein und stellte einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung; ihre Beschwerde gegen den ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe ist beim Senat anhängig (3 S 1119/07).
Nach der Begründung des Bebauungsplans soll dieser dazu dienen, die bauliche Nutzung zu steuern. Derzeit existierten keine rechtsverbindlichen Festsetzungen. Die Festsetzung als Gewerbegebiet im Vorgängerplan sei wegen der Verkaufsflächenbegrenzung für Lebensmittelmärkte auf 300 qm unwirksam, da nicht von § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO gedeckt. Dies führe zur Gesamtnichtigkeit der Gewerbegebietsfestsetzung, da der Gemeinderat ein uneingeschränktes Gewerbegebiet nicht gewollt habe. Nach dem daher anwendbaren § 34 BauGB seien wegen der prägenden Einzelhandelsbetriebe nordwestlich des Plangebiets (... und ...) auch großflächige Einzelhandelsbetriebe i.S.v. § 11 Abs. 3 BauNVO zulässig. Im Gewerbegebiet seien nunmehr nur noch nicht großflächige Einzelhandelsbetriebe zulässig. Zu weiteren Einschränkungen von Einzelhandelsbetrieben im Gewerbegebiet bestehe kein Anlass. Zwingende rechtliche Vorgaben zur Einschränkung von Einzelhandelsnutzungen im Gewerbegebiet bestünden nicht. Eine Untersuchung der GMA habe zudem gezeigt, dass die Ansiedlung eines ...-Markts keine unzumutbaren Auswirkungen nach sich ziehen werde. Dies gelte insbesondere für die Nachbargemeinden. Ein solcher Markt werde zum großen Teil seinen Umsatz durch Umverteilung von anderen ... Betrieben erzielen. Von den Nachbargemeinden würden nur ... und ... betroffen. Sie lägen im Einzugsbereich des Vorhabens, die an dieses gebundene Kaufkraft beider Gemeinden liege aber jeweils deutlich unter 10 % und damit unterhalb dessen, was § 2 Abs. 2 BauGB zulasse.
Im Flächennutzungsplan des Nachbarschaftsverbands ...-... ist das Plangebiet als gewerbliche Baufläche dargestellt. Im am 27.10.2005 beschlossenen Entwurf des Flächennutzungsplans 2015 wird das Wohngebiet im Süden des Bebauungsplans als Wohnbaufläche festgelegt.
Dem Bebauungsplan liegt im Wesentlichen folgendes Verfahrens zugrunde: Am 26.09.2005 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin, für das Gebiet „Kleinau“ einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufzustellen. Der Planentwurf wurde öffentlich ausgelegt und parallel wurden die Träger öffentlicher Belange beteiligt, wobei u.a. die Antragstellerin Einwendungen erhob. Nachdem für Teile der vorgesehenen Gewerbeflächen kein Vorhabenträger benannt wurde, beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin am 16.05.2006, den vorhabenbezogenen Bebauungsplan aus verfahrensrechtlichen Gründen in ein Bebauungsplanverfahren nach § 2 Abs. 1 BauGB umzustellen und dementsprechend einen Bebauungsplan für das Gebiet „Kleinau“ aufzustellen. Ferner wurde beschlossen, dass mit dem künftigen Investor ein städtebaulicher Vertrag zur Regelung der Finanzierung von Erschließungs-, Ver- und Entsorgungsanlagen zu schließen sei und dass nach erfolgtem Satzungsbeschluss und der Veröffentlichung des Bebauungsplans die planungsrechtlichen Festsetzungen im Bebauungsplan „Kleine Weingärten“ für den Bereich „Kleinau“ ihre Gültigkeit verlieren sollten. Auf eine vorgezogene Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB wurde verzichtet. Gleichzeitig billigte der Gemeinderat den Planentwurf und beschloss dessen öffentliche Auslegung, die - nach entsprechender Bekanntmachung im Amtsblatt der Gemeinden ...-... am 26.05.2006 - vom 02.06. bis 03.07.2006 mit den umweltbezogenen Anlagen im Rathaus der Antragsgegnerin erfolgte. Parallel dazu fand die Anhörung der Träger öffentlicher Belange statt. Dabei machte u.a. der Regionalverband Mittlerer Oberrhein geltend, dass ein projektierter ...-Markt unterhalb der Grenze des § 11 Abs. 3 BauNVO zwar wettbewerbliche, aber noch keine raumordnerischen Folgeeffekte auslöse, dass aber der Planung im Hinblick auf weitere zulässige Einzelhandelsnutzungen im Plangebiet nicht zugestimmt werden könne. Unter Berücksichtigung der zulässigen Verkaufsflächen im Ortsteil ... von insgesamt 19.000 qm und der dem Plangebiet unmittelbar benachbarten Lebensmittelmärkte (..., ...-Markt) sei die Schwelle der Regionalbedeutsamkeit erreicht. Die Ziele Z (10) i.V.m. Z (2) und Z (3) des Regionalplans würden dann verletzt. Schon jetzt bestehe in ... ein deutlich über das Maß der Sicherung der Nah- und Grundversorgung hinausgehendes Angebot an Einzelhandelseinrichtungen. Das Regierungspräsidium Karlsruhe (höhere Raumordnungsbehörde) wandte ein, dass aufgrund des überproportionalen Besatzes des Kleinzentrums ... die Ansiedlung weiterer Einzelhandelsbetriebe in diesem Segment weder erforderlich noch sinnvoll sei. Jedenfalls konterkariere die vorliegende Planung, die die Ansiedlung von 3 Einzelhandelsbetrieben vorbereiten solle, die Bemühungen, eine wohnungsnahe und den zentralörtlichen Funktionen entsprechende räumliche Verteilung der Grundversorgung zu erreichen. Die IHK Karlsruhe riet von der Ansiedlung möglicher weiterer Versorgungseinrichtungen in unmittelbarer Nähe zu den bestehenden Märkten und dem nicht integrierten Einkaufszentrum ab und forderte unter Hinweis auf die entsprechenden Regelungen im Einzelhandelserlass Baden-Württemberg, eine Agglomeration weiterer Einzelhandelsunternehmen mit zentrenrelevantem Sortiment im Plangebiet zum Schutz der Kernstadt und der Umlandgemeinden textlich auszuschließen. Die Antragstellerin wiederholte ihre schon früher vorgebrachten Einwendungen: Die vorhandenen Einzelhandelsflächen und die nahe dem Standort angesiedelten Einzelhandelsbetriebe in ... gingen weit über den erforderlichen Nahversorgungsbedarf hinaus. Die Zulassung auch nur des …-Markts, erst Recht aber weiterer Betriebe, widerspreche der Funktion ... als Kleinzentrum und wirke sich negativ auf die Versorgungsstruktur der Stadt ... aus. Das verwertete Einzelhandelsgutachten (GMA-Gutachten von 1/05) prüfe nicht alle relevanten Gesichtspunkte. Auch die Stadt ... machte wegen der nach ihrer Auffassung entstehenden Einzelhandels-Agglomeration schädliche Auswirkungen auf ihre Stellung als Mittelzentrum geltend. Das GMA-Gutachten liege nicht vor, im Übrigen müsse es die Auswirkungen aller 3 Betriebe in ihrer Gesamtheit untersuchen.
Am 24.07.2006 behandelte der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Bedenken und Anregungen. Änderungsbedarf sah er nicht. Die Stadt ... gehöre laut GMA-Gutachten nicht zum Einzugsbereich eines Lebensmittelmarkts. Der Plan sei der Raumordnung angepasst, indem er großflächigen Einzelhandel ausschließe. Negative Auswirkungen unterhalb der Schwelle des § 11 Abs. 3 BauNVO seien für die Antragstellerin nicht zu erwarten. Unterhalb des Schwellewertes des § 11 Abs. 3 BauNVO gelte eine Regelvermutung gegen solche Auswirkungen. Eine weitergehende Untersuchung sei daher entbehrlich. Auch Ziele der Raumordnung schränkten Einzelhandel unterhalb der Schwelle des § 11 Abs. 3 BauNVO nicht ein. Das GMA-Gutachten zum ...-Markt sei schlüssig und widerspruchsfrei; es belege, dass nur marginale Kaufkraft aus ..., das nicht zum Einzugsbereich des Betriebs gehöre, abgezogen werde. In der gleichen Sitzung beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan mit Begründung und den zugehörigen Umweltplänen als Satzung. Er beschloss ferner, dass der Bebauungsplan erst nach Abschluss eines - im Entwurf am 26.06.2006 gebilligten - städtebaulichen Vertrags mit dem Investor veröffentlicht werden und in Kraft treten solle. Der genannte Vertrag mit dem Investor (Firma ... GmbH) wurde am 11.10.2006 unterzeichnet. Die Satzung wurde sodann am 19.10.2006 im Amtsblatt der Antragsgegnerin öffentlich bekannt gemacht.
Am 07.12.2006 hat die Antragstellerin ein Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan eingeleitet. Sie macht geltend: Der Bebauungsplan und der dort zugelassene Einzelhandel bis zur Großflächigkeitsgrenze (ohne jegliche Sortimentsbeschränkung) führten dazu, dass sie in ihrer Funktion als Mittelzentrum in nicht mehr hinnehmbarem Ausmaß beeinträchtigt werde. Der Plan habe gleichzeitig Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche im Sinne von § 2 Abs. 2 BauGB, die Planung laufe ihrer über Jahre entwickelten Einzelhandelskonzeption und der darin angestrebten Funktionsstärkung der Innenstadt und der Stadtteilzentren zuwider. Nachteilige Auswirkungen ergäben sich bereits durch den im Plangebiet genehmigten ...-Markt als Einzelvorhaben und verstärkten sich bei Realisierung der zulässigen weiteren Einzelhandelsbetriebe. Ihr Normenkontrollantrag sei daher zulässig. Der Antrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan verstoße gegen das Abwägungsgebot sowie gegen das Anpassungsgebot nach § 1 Abs. 4 BauGB. Schon das Abwägungsmaterial sei fehlerhaft erhoben worden. Das von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte und von Bauherrenseite in Auftrag gegebene GMA-Gutachten vom Januar 2005 berücksichtige nur den genehmigten ...-Markt, nicht jedoch auch die sonst zulässigen Einzelhandelsnutzungen. Insofern und wegen weiterer methodischer Fehler werde auf mehrere vorgelegte Stellungnahmen des Büros für Stadt- und Entwicklungsplanung Dr. ... verwiesen. Nach dem Bebauungsplan könnten im Plangebiet weitere zwei Betriebe untergebracht werden und solche Betriebe seien auch schon konkret geplant (ein „...“-Markt und ein …-Markt). Zudem würden die Auswirkungen auf die Antragstellerin, insbesondere auf deren Stadtteilzentren (vorab Bad ...), nicht richtig beurteilt. Die Antragsgegnerin habe weder die Auswirkungen des Einkaufszentrums ... noch die Folgen der nahe gelegenen Einzelhandelsbetriebe (.../...) berücksichtigt. Ferner habe die Antragsgegnerin weitere Untersuchungen unter Hinweis darauf für entbehrlich gehalten, dass im Plangebiet nur Betriebe unterhalb der Großflächigkeitsschwelle nach § 11 Abs. 3 BauNVO zulässig seien. Die Antragsgegnerin habe damit den rechtlichen Gehalt des § 2 Abs. 2 BauGB verkannt, der bezüglich der dortigen Auswirkungen gerade nicht an das Merkmal der Großflächigkeit anknüpfe. § 2 Abs. 2 BauGB sei vielmehr auf Einzelhandelsbetriebe jeder Größe anzuwenden. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift sei zudem nicht nur auf einzelne Betriebe, sondern auf sämtliche Betriebe aus einem bestimmten Bereich oder gar der gesamten Gemeinde abzustellen, es sei eine summierende Betrachtung geboten. Nur auf diese Weise könne eine „Salamitaktik“ verhindert werden. Nach alledem liege auch ein Fehler im Abwägungsergebnis vor. Die Antragsgegnerin habe einen typischen Einzelplan zugunsten der Firma ... aufgestellt und dabei die Augen davor verschlossen, dass auch weitere Betriebe zulässig seien. Bei richtiger Gewichtung des Abwägungsmaterials hätte die Antragsgegnerin angesichts ihrer schon jetzt weit überdurchschnittlichen Zentralität überhaupt keine weiteren Lebensmittel-Einzelhandelsbetriebe mehr ansiedeln dürfen. Angesichts der überschießenden Zentralitätswerte liege auch eine Funktionsstörung der Antragstellerin nach § 2 Abs. 2 BauGB vor. Der Verstoß gegen das Anpassungsgebot in § 1 Abs. 4 BauGB bestehe darin, dass der Einzelhandels-Besatz der Antragsgegnerin schon jetzt weit über deren Regionalbedeutsamkeit als Kleinzentrum hinausgehe und diese Grenze künftig noch weiter überschritten werde. Hierbei müsse eine summierende Betrachtung (Agglomeration) entsprechend des Planzielsatzes Z (10) Kap. 2.5.3 des Regionalplans „Mittlerer Oberrhein“ angestellt und die sonstigen bereits genannten umfangreichen Einzelhandelsbetriebe müssten mit in den Blick genommen werden. Im Bereich der ...-... bestehe schon jetzt eine deutliche Konzentration von Einzelhandelsbetrieben. Die einschränkende „Agglomerationsrechtsprechung“ des Bundesverwaltungsgerichts zu § 11 Abs. 3 BauNVO (Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 8.05 -) sei bei dieser raumordnungsrechtlichen Beurteilung nicht anwendbar. Wegen Einzelheiten werde auf das eingeholte Gutachten des Büros Dr. ... vom 27.10./16.11.2006 verwiesen.
Die Antragstellerin beantragt,
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den Bebauungsplan „Kleinau“ der Antragsgegnerin vom 24.07.2006 für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
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Sie macht geltend: Der Antrag sei bereits mangels Antragsbefugnis unzulässig. Die Antragstellerin habe keine messbare Beeinträchtigung ihrer Rechte aus dem interkommunalen Abstimmungsgebot dargetan. Im Plangebiet könnten maximal 1.600 qm Verkaufsfläche (…-Markt mit ca. 800 qm, zwei weitere Betriebe mit je 400 qm) verwirklicht werden. Die Antragstellerin weiche stattdessen auf eine ganzheitliche Betrachtungsweise in Form der unterschiedlichen Zentralität in benachbarten Gemeinden aus. Auch daraus könne keine Antragsbefugnis hergeleitet werden. Ebenso wenig ergebe sich eine Antragsbefugnis aus dem Gesichtspunkt einer angeblichen Funktionsschwächung mit Blick auf die Agglomerationsregel in Z (10) Kap. 2.5.3 des fortgeschriebenen Regionalplans, da diese Regel offenkundig unwirksam sei. Der Normenkontrollantrag sei jedenfalls aber unbegründet. Der Bebauungsplan leide weder an Abwägungsfehlern noch verstoße er gegen (wirksame) Ziele des Regionalplans. Das interkommunale Abstimmungsgebot werde nicht verletzt. Selbst wenn insoweit auch die Planung mehrerer nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe berücksichtigt werden müssten, seien deren „Fernwirkungen“ ungleich geringer als etwa die Wirkung von Einkaufszentren, was sich auch in der Agglomerationsrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts niedergeschlagen habe. Jedenfalls im vorliegenden Fall führe die streitige Planung nicht zu unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art auf die Belange der Antragstellerin und deren Belange seien zudem in der Abwägung auch angemessen berücksichtigt worden. Dass sie, die Antragsgegnerin, sich (mit dem GMA-Gutachten) nur auf die Auswirkungen des ...-Markts, nicht aber auch der anderen zulässigen Einzelhandelsbetriebe beschränkt habe, sei zumindest im Ergebnis unbeachtlich. Denn die 10 %-Grenze, ab der ein Kaufkraftabfluss frühestens Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche haben könne, sei auch bei Erfassung aller Nutzungsmöglichkeiten bei weitem nicht erreicht. Allein auf das Einzelhandelsüberangebot in ... im Sinne einer kumulativen Betrachtungsweise könne sich die Antragstellerin im Rahmen des § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB nicht stützen. Ein Überbesatz an Einzelhandel der einen Gemeinde sei zwar abwägend in den Blick zu nehmen, begründe aber keine absolute Planungssperre für weitere Einzelhandels-Nutzungen der anderen Gemeinde. An diesem Ergebnis änderten auch die Stellungnahmen des Büros Dr. ... zum GMA-Gutachten nichts. Bezüglich des ...-Markts könne insofern auf die Erwiderung der GMA und auf die Ausführungen im Beschwerdeverfahren 3 S 1119/07 verwiesen werden. Im Übrigen halte die Stellungnahme des Büros Dr. ... vom November 2006 Auswirkungen der Planung auf das Mittelzentrum ... nur für möglich, ohne diese Auswirkungen mit hinreichender Eindringlichkeit tatsächlich festzustellen. Bezüglich des behaupteten Kaufkraftabflusses zu Lasten von Bad ... stütze sich das Büro Dr. ... auf falsche Zahlen, nämlich den Ist-Zustand. Schließlich ließen die Antragstellerin und ihr Gutachter unberücksichtigt, in welchem Umfang sie selbst aktuell großflächige Einzelhandels-Planung betreibe, um - was der richtige Weg sei - ihre Zentralitätsfunktion abzudecken. Insofern werde auf die laufende Verträglichkeitsprüfung für einen Bau- und Gartenmarkt mit rd. 8.000 qm Verkaufsfläche zuzüglich eines weiteren Verkaufsgebäudes mit ca. 800 qm Verkaufsfläche (einen inzwischen verwirklichten ...-Markt auf dem Grundstück des ehemaligen Autohauses „...“ sowie auf den Entwurf des Bebauungsplans „Quartier am Murgplatz“ für die Errichtung eines Einkaufszentrums verwiesen. Hinzuweisen sei auch darauf, dass eines der im Plangebiet verbleibenden Gewerbegrundstücke an die private Kindertagesstätte „...“ veräußert werden solle. Die Restfläche reiche nur noch für einen „…-Markt“ von 600 qm Verkaufsfläche aus.
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Ein Widerspruch zu den Zielen der Raumordnung nach § 2 Abs 2 Satz 2 BauGB i.V.m. dem Ziel „Z 10“ im Kap. 2.5.3 des Regionalplans könne der Antragsgegnerin nicht vorgehalten werden. Denn dieses Planziel mit seiner weiten Auslegung des Agglomerationsbegriffs entbehre einer Rechtsgrundlage. Eine solche ergebe sich insbesondere nicht aus § 11 Abs. 3 Satz 2 Ziff. 5 LplG. Die dortigen Begriffe seien mit denen in § 11 Abs. 3 BauNVO identisch, daher komme eine regionalbedeutsame Agglomeration allenfalls bei Betrieben oberhalb der Regelvermutungsgrenze des § 11 Abs. 3 BauNVO in Betracht. Abgesehen davon sei der Agglomerationsbegriff im Planziel „Z 10“ in seiner Umschreibung zu unbestimmt, um nach § 1 Abs. 4 BauGB im Bebauungsplanverfahren verbindlich zu sein. Es fehle diesem Begriff, anders als in § 11 Abs. 3 BauNVO, an Referenzgrößen bzw. Regelvermutungsgrenzen. Die Zielsetzung „Z 10“ (Einzelhandelsagglomeration) sei auch deswegen unwirksam, weil sie im Rahmen der Bauleitplanung nicht umgesetzt werden könne. Es handle sich um eine Festsetzung, die auf die insgesamt zulässige Summe der Verkaufsflächen in einem Baugebiet bzw. sogar in einem baugebietsüberschreitenden Bereich abstelle, mithin keinen bestimmten, in der ökonomischen Realität anerkannten Betriebstyp im Auge habe, wie ihn die Differenzierungsvorschriften des § 1 Abs. 4 - Abs. 9 BauNVO verlangten. Dass der Regionalverband wohl selbst nicht Inhalt und Grenzen der Agglomerationszielsetzung kenne, zeige seine Stellungnahme im Baugenehmigungsverfahren zum ...-Markt, der als nicht regionalbedeutsam eingestuft worden sei. Dass der Regionalverband sodann „lediglich“ die über den ...-Markt hinausgehenden zusätzlichen Einzelhandelsmöglichkeiten im Plangebiet beanstandet habe, sei unscharf und schwer nachvollziehbar. Konsequenterweise hätte der Regionalverband zudem schon bei der Beurteilung des ...-Markts die „Agglomeration“ mit den nahegelegenen Märkten (... und ...) prüfen müssen. Sie, die Antragsgegnerin, habe im Übrigen unlängst das gemeindliche Einvernehmen zur Erweiterung dieser beiden Märkte versagt, wobei die interkommunale Rücksichtnahme auf die Antragstellerin eine wesentliche Rolle gespielt habe.
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Die mit Beschluss vom 30.07.2007 beigeladene Firma ...-Dienstleistungs GmbH & Co. KG beantragt ebenfalls,
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den Antrag abzuweisen
17 
Sie hält, wie die Antragsgegnerin, den Antrag mangels Antragsbefugnis bzw. mangels des erforderlichen Rechtsschutzinteresses für unzulässig. Der Antrag sei jedenfalls unbegründet. Der Bebauungsplan verstoße nicht gegen § 1 Abs. 4 BauGB, er sei den Zielen der Raumordnung angepasst, dem Planziel „Z 10“ aus Kap. 2.5.3 des Regionalplans widerspreche er nicht. Auch „Z 10“ setze, wenn auch mittels Agglomeration ein Einzelhandelsgroßprojekt voraus, wie es in Kap. 2.5.3 Z (1) definiert sei. Danach müssten Vorhaben als „regional bedeutsam“ eingeordnet werden können. Nach der Begründung zu § 8 Abs. 3 S. 2 LplG 2001, aus dem dieser Begriff stamme, sei die Regionalbedeutsamkeit eines Vorhabens unabhängig von der Raumbedeutsamkeit in der Regel ab einer Verkaufsfläche von 5.000 qm gegeben (LT-Drs. 13/1883, S. 34). Der Schwellenwert von 5.000 qm werde im Baugebiet „Kleinau“ mit zusammen genommen 1.600 qm Verkaufsfläche nicht annähernd erreicht. Unabhängig davon sei das Ziel Z (10) in Kap. 2.5.3 des Regionalplans aber auch unwirksam, weil es im Bebauungsplan rechtlich nicht umgesetzt werden könne. Die Differenzierungen in § 1 Abs. 4 - Abs. 9 BauNVO ließen weder eine Festsetzung zu, mit der die in einem Baugebiet insgesamt zulässige Verkaufsfläche beschränkt werden könnte, noch eine Festsetzung, nach der die Flächen selbständiger Einzelhandelsbetriebe zusammenzurechnen seien, wenn sie in räumlichem und funktionalem Zusammenhang stünden. Umsetzbar sei eine solche Vorgabe nur durch den gänzlichen Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben im Gewerbegebiet. Ein solcher Ausschluss gehe aber über das Planziel „Z 10“ hinaus, insofern sei keine Anpassung an die Ziele der Raumordnung nach § 1 Abs. 4 BauGB geboten.
18 
Der Bebauungsplan verstoße auch nicht gegen das gemeindenachbarliche Abstimmungsgebot aus § 2 Abs. 2 BauGB. Diese Vorschrift verlange nicht, dass in der Abwägung auch die Auswirkungen von unterhalb der Großflächigkeitsschwelle liegenden Einzelhandelsbetrieben auf zentrale Versorgungsbereiche der Gemeinde geprüft werden müssten. Einen derartigen qualifizierten Abstimmungsbedarf habe das Bundesverwaltungsgericht erst bei Betrieben oberhalb der Grenzwerte des § 11 Abs. 3 BauNVO (800/1.200 qm) gesehen. Daher habe vorliegend keine detaillierte und zudem mit unverhältnismäßigem Aufwand verbundene Untersuchung zu den Auswirkungen kleinflächiger Einzelhandelsbetriebe eingeholt werden müssen. Im Übrigen würden solche Auswirkungen durch das Gutachten Dr. ... auch nicht belegt. Dies gelte sowohl bezüglich des ...-Markts (dazu werde auf die Stellungnahme im Beschwerdeverfahren 3 S 1119/07 verwiesen) als auch bezüglich der fiktiven Betriebe „Schmuckmarkt“, „Spielwarenmarkt“ und „Drogeriemarkt“. Das in dem Gutachten an die Wand gemalte Gefährdungspotential werde nicht konkret dargelegt und sei angesichts des breiten Verkaufsflächenbestands der Antragstellerin von 13.000 qm auch nicht vorstellbar. Gleiches gelte für das Stadtteilzentrum Bad ..., wo Schuhe, Textilien und Spielwaren gar nicht angeboten würden. Der Bebauungsplan greife mit der Ausweisung eines Gewerbegebiets nicht in die Funktion der Antragstellerin als Mittelzentrum ein. Für Einzelhandelsbetriebe unterhalb der Schwelle des § 11 Abs. 3 BauNVO enthielten die Ziele der Raumordnung in Baden-Württemberg keine „Funktionszuweisung“; eine solche gebe es nur für Einzelhandelsgroßprojekte (Plansatz 3.3.7 des LEP 2002 sowie Kap. 3.5.3 des Regionalplans).
19 
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat die anwesenden Vertreter der GMA und des Büros Dr. ... angehört. Die Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen haben einen Hilfsbeweisantrag gestellt.
20 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Bebauungsplanakten des vorliegenden Verfahrens, die Gerichts- und Behördenakten im Beschwerdeverfahren - 3 S 1119/07 - samt den darin vorgelegten bzw. verwerteten Gutachten, auf die Akten der Bebauungspläne „Wagwiese, Langenwiese, Dorfacker, Mühlberg, Wörtelteiler, Wörtelwiese“ und „Wörtel, Großau (westlicher Teil), Teichäcker“ sowie auf die beigezogenen Unterlagen des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A.
21 
Der Antrag ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und auch sonst zulässig.
I.
22 
Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag auf Normenkontrolle jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung in diesem Sinne können keine höheren Anforderungen gestellt werden als sie für die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO gelten. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch Festsetzungen des Bebauungsplans in seinem Grundeigentum oder in sonstigen seinem Schutz dienenden Vorschriften verletzt wird oder dass seine - abwägungserheblichen - privaten Belange fehlerhaft abgewogen worden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.02.1999 - 4 CN 6.98 -, NVwZ 2000, 197; Urteil vom 10.03.1998 - 4 CN 6.97 -, NVwZ 1998, 732, jeweils m.w.N.).
23 
Nachbargemeinden können sich zur Wahrung ihrer aus der Planungshoheit (Art. 28 Abs.2 GG) fließenden städtebaulichen Interessen auf das Gebot der interkommunalen Abstimmung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB berufen, welches sich als qualifizierte Form des allgemeinen Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB darstellt (dazu 1.) und durch § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB im Rechtsschutz zugunsten der Gemeinden erweitert worden ist (dazu 2.). Eine die Antragsbefugnis begründende Betroffenheit der Antragstellerin erscheint danach ohne weiteres möglich (dazu 3.), ohne dass insoweit das hilfsweise beantragte Sachverständigengutachten eingeholt werden muss (dazu 4.).
24 
1. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen (interkommunales Abstimmungsgebot). Dieses Recht dient dem Schutz der aus dem gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht fließenden Planungshoheit der Gemeinden. Das interkommunale Abstimmungsgebot stellt sich strukturell als besondere Ausprägung des allgemeinen Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB dar. § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB verleiht dem Interesse der Nachbargemeinde, vor Nachteilen bewahrt zu werden, ein besonderes Gewicht. Es kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Tragen, wenn vom Bauleitplan einer (regelmäßig, aber nicht zwingend) benachbarten Gemeinde „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf städtebaulich relevante gemeindliche Belange ausgehen können (sog. „Krabbenkamp“-Formel); in diesem Fall kann sich die Nachbargemeinde auch gegen die Genehmigung eines Einzelvorhabens zur Wehr setzen; maßgeblich ist die Reichweite der Auswirkungen, während - anders als für die rechtliche Betroffenheit einer Gemeinde durch eine Fachplanung - es nicht darauf ankommt, dass eine hinreichend bestimmte Planung vorliegt und gerade diese nachhaltig gestört wird (vgl. zu all dem BVerwG, Urteil vom 08.09.1972 - 4 C 17.71 -, BVerwGE 40, 32 ff. sowie Urteile vom 15.12.1989 - 4 C 36.86 -, BVerwGE 84, 209, und vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117,25 = NVwZ 2003, 86; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.04.2007 - 8 S 2835/06 -, BWGZ 2007, 504). Kommen derart gewichtige Folgen in Betracht, löst dies im Bebauungsplanverfahren auf der Abwägungsebene einen qualifizierten materiellen Abstimmungsbedarf mit den gegenläufigen Belangen der Nachbargemeinde dergestalt aus, dass für ein - mögliches - „Wegwägen“ dieser Belange ein erhöhter Rechtfertigungsbedarf besteht, die für die Planung sprechenden Gründe also besonderes Gewicht haben müssen. Neben dem „qualifizierten“ Abwägungsgebot des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind die Belange der Nachbargemeinde aber auch auf der Ebene der „einfachen“ Abwägung nach den Grundsätzen des § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen, also dann, wenn sie schutzwürdig und für die planende Gemeinde erkennbar sind und wenn die Nachbargemeinde zumindest mehr als nur geringfügig betroffen wird. Denn Gemeinden verdienen, wie das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich betont, “in dieser Hinsicht keinen geringeren Schutz als private Betroffene“ (vgl. Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, a.a.O). Dieser Abstufung nach zwei (materiellen) Abwägungsebenen, an der das Bundesverwaltungsgericht ersichtlich bis heute festhält (vgl. dazu überzeugend Halama, DVBl. 2004, 79 sowie Uechtritz, DVBl. 2006, 799, 801; ders. NVwZ 2004, 1025 ff.), schließt sich der Senat an (ebenso OVG NRW, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 148/04.NE -, Juris: a.A. OVG Thüringen, Beschluss vom 19.12.2002 - 1 N 501/01 -, Juris). Die Nachbargemeinde kann mithin verlangen, dass ihre Planungsinteressen dieser Stufenfolge bzw. Betroffenheitsintensität entsprechend in den Abwägungsprozess (§ 1 Abs. 7 BauGB) einbezogen werden (zu dieser Problematik des Verhältnisses des allgemeinen Abwägungsgebots zum interkommunalen Abstimmungsgebot, vgl. auch Halama, a.a.O. und Uechtritz, a.a.O.). Spiegelbildlich hierzu dürfte es auch für die Antragsbefugnis ausreichen, wenn die Nachbargemeinde geltend machen kann, nicht nur geringfügig in einem erkennbaren, für sie städtebaulich erheblichen Belang beeinträchtigt zu sein, d.h. wenn nach ihrem schlüssigen Vortrag die Möglichkeit besteht, dass der Bebauungsplan zu nicht nur geringfügigen negativen städtebaulichen Auswirkungen jeder Art auf die Nachbargemeinde führt . Davon ist vorliegend auszugehen (unten 3.).
25 
2. Seit der Novelle 2004 durch das EAGBau können Gemeinden sich nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB nunmehr auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen und auf Auswirkungen von Bauleitplänen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen. Mit dieser Anreicherung des interkommunalen Abstimmungsgebots von bisher (Satz 1) nur städtebaulichen Belangen um nunmehr auch raumordnungsrechtliche Bezüge (raumordnungsrechtlicher Funktionsschutz) wollte der Gesetzgeber den Rechtsschutz von Gemeinden erweitern. Im Falle des § 2 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. BauGB erwächst das Abwehrrecht der Gemeinden nicht aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, sondern aus dem vom Zentrale-Orte-Prinzip abgeleiteten Kongruenzgebot; diese Rechtsstellung ist den Gemeinden durch einen außergemeindlichen Planungsträger raumordnungsrechtlich zugewiesen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -). Soweit Ziele der Raumordnung einer Gemeinde eine bestimmte, den Standortwettbewerb mit anderen Gemeinden begünstigende Funktion zuweisen, wird diese Funktion nunmehr - anders als bisher - als subjektives Recht der Gemeinde verteidigungsfähig (vgl. amtl. Begründung BT-Drs. 15/2250, S. 41; zur bisherigen objektivrechtlichen Einstufung raumordnerischer Belange vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 08.09.1972 - 4 C 17.71 -; Urteil vom 11.02.1993 - 4 C 15.92 -, NVwZ 1994, 285; weitere Nachweise bei Uechtritz, DVBl. 2004, 799,803). Dies gilt insbesondere für die Zuordnung unterschiedlicher Zentralitätsstufen (Unter-, Klein-, Mittel- und Oberzentren) und die damit verbundenen Ziele (Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot). Die Ziele der Raumordnung haben belastende und begünstigende Wirkungen, zum einen für die einzelne Gemeinde, zum anderen aber auch im Verhältnis der Gemeinden untereinander. Dies veranlasste den Gesetzgeber, neben die verpflichtende (§ 1 Abs. 4 BauGB, Anpassungsgebot) auch eine berechtigende Vorschrift zu stellen. Korrelat der Bindung nach § 1 Abs. 4 BauGB ist die Berechtigung der Gemeinde, ihre so ausgerichtete Planung gegen eine ihre zentralörtliche Funktion störende raumordnungswidrige Planung einer Nachbargemeinde zu verteidigen (vgl. BT-Drs. 15/2250, a.a.O sowie Brügelmann/Gierke, BauGB, § 2, vorl. Hinw., Nr. 2).
26 
Die Erweiterung des gemeindlichen Rechtsschutzes gegen Bebauungspläne nach § 2 Abs. 2 Satz 2, 1. Alt. BauGB wirkt sich auch erleichternd für die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 VwGO aus. Die antragstellende Gemeinde muss insofern keinen Sachverhalt mehr vortragen, der Auswirkungen auf ihre spezifisch städtebaulichen Belange haben kann. Es reicht vielmehr regelmäßig aus, dass sie substantiiert geltend machen kann, durch den angefochtenen Bebauungsplan in ihrer durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktion, insbesondere ihrer aus dem Kongruenzgebot folgenden Zentralitätsfunktion, beeinträchtigt zu werden; wobei streitig ist, welches Gewicht die möglichen Beeinträchtigungen haben müssen, ob bereits „abstrakt“ mögliche Beeinträchtigungen ausreichen, ob die Möglichkeit zumindest „spürbarer“ Beeinträchtigungen geltend zu machen ist oder ob die Nachbargemeinde - in Übernahme der Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB - die Möglichkeit darlegen muss, dass sich der Bebauungsplan unmittelbar und in gewichtigem Ausmaß auf ihre raumordnungsrechtliche Funktion auswirken kann (zum Streitstand siehe Uechtritz, DVBl. 2006, 799, 806; ders.: NVwZ 2004, 1025 ff.; Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125, 1129 f.). Der Senat geht davon aus, dass es - entsprechend dem Zweck des § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB und dem Grundsatz, die Zulässigkeitsprüfung nicht zu überfrachten - ausreicht, aber auch erforderlich ist, wenn sich aus dem Vortrag der klagenden Nachbargemeinde schlüssig ergibt, dass die Verletzung eines relevanten Ziels der Raumordnung durch den Bebauungsplan und eine tatsächlich spürbare, nicht nur geringfügige Beeinträchtigung der hieraus abgeleiteten Funktion (insbesondere der Zentralitätsfunktion) der Nachbargemeinde in Betracht kommt. Die Antragsbefugnis ist bei Berufung auf eine derartige Funktionsbeeinträchtigung in der Regel gegeben. Ob diese Beeinträchtigung tatsächlich vorliegt, ist dann eine Frage der Begründetheit (vgl. auch OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27.11.2006 - 1 MN 148/06 -, BauR 2007, 339 ff. unter Bezugnahme auf Uechtritz, DVBl. 2006, 799, 806).
27 
Nach § 2 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. BauGB wird ferner das Recht auf Abwägung der Auswirkungen eines Bebauungsplans auf die zentralen Versorgungsbereiche der Nachbargemeinde gemäß den Kriterien des § 11 Abs. 3 BauNVO nunmehr ausdrücklich auf die Ebene qualifizierter interkommunaler Abstimmung gehoben (BT-Drs. 15/2250, a.a.O.). Inhaltlich hat diese Regelung allerdings nur deklaratorische Bedeutung (so zutreffen Uechtritz, DVBl. 2006, 799, 802 m.w.N.); denn das Ziel, zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde zu schaffen und zu erhalten, ist in seiner städtebaulichen Ausprägung schon lange anerkannt (vgl. außer § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO insbesondere § 1 Abs. 6 Nr. 4 sowie nunmehr auch § 9 Abs. 2 a BauGB). Mit § 2 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. BauGB wird klargestellt, dass die planende Gemeinde nicht nur ihre eigenen Versorgungsbereiche beachten muss, sondern auch diejenigen von Nachbargemeinden (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27.11.2006, a.a.O.).
28 
3. Gemessen daran hat der Senat keinen Zweifel an der Antragsbefugnis der Antragstellerin.
29 
a) Die Antragstellerin kann zunächst geltend machen, nicht nur geringfügig in einem erkennbaren, für sie städtebaulich erheblichen Belang beeinträchtigt zu sein. Sie trägt unter Berufung auf die Ergebnisse ihres über Jahre hinweg beratenen und entwickelten Einzelhandelskonzepts (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB) und die ihm zugrunde liegenden umfangreichen Untersuchungen des Büros Dr. ... substantiiert und schlüssig vor, dass die nach dem Bebauungsplan „Kleinau“ im Gewerbegebiet zulässige Einzelhandelsnutzung sich auf ihre Nahversorgungsfunktion, aber auch auf ihre zentralen Versorgungsbereiche nachteilig auswirken kann und dass diese Gesamtauswirkungen daher hätten ermittelt und untersucht werden müssen. Der Bebauungsplan lässt im Gewerbegebiet Einzelhandel jeglicher Art ohne Sortimentsbegrenzung zu. Damit dürfen auch Betriebe mit nahersorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten jeder Art errichtet werden. Im westlichen Plangebiet (Einheit 1) mit ca. 2.000 qm bebaubarer Fläche können ohne weiteres Betriebe mit einer „großflächigen“ Verkaufsfläche mit deutlich über 800 qm (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 8.05 -, BauR 2006, 648) untergebracht, im übrigen Plangebiet (Einheiten 2 und 3) können Betriebe bis ca. 600 bzw. 400 qm angesiedelt werden. Außer dem - die Möglichkeiten des Bebauungsplans nicht ausschöpfenden - projektierten …-Lebensmitteldiscounter wären damit auch noch weitere Lebensmittelmärkte oder etwa - auch innerhalb der Einheit 1 - die vom Dr. Büro ... als Beispiele herangezogenen Sortimentsmärkte (Drogerie, Schuhe etc.) möglich. Die Betriebe unterliegen zwar jeweils der Grenze des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO, d.h. sind - einzeln betrachtet - unzulässig, wenn sie großflächig sind und nachteiligen Auswirkungen der dort genannten Art haben können. Jedoch hat der Plangeber eines Bebauungsplans über diese Einzeleinschätzung hinaus grundsätzlich die städtebaulichen Folgen der gesamten zulässigen Einzelhandelsnutzungen in den Blick zu nehmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn nach Lage der Dinge im Einzelfall Konflikte mit Nachbargemeinden greifbar vorgezeichnet und geltend gemacht worden sind. Das Gebot der Konfliktbewältigung gebietet es in solchen Fällen, die Gesamtauswirkungen des zulässigen Einzelhandels sorgfältig zu erheben und erst danach eine Entscheidung darüber zu treffen, ob Einschränkungen räumlicher oder sachlicher Art erforderlich sind. Eine derartige Konstellation ist vorliegend gegeben. Im Hinblick auf die räumliche Nähe des Plangebiets zum Stadtgebiet der Antragstellerin - insbesondere zum Stadtteilzentrum Bad ... -, den hohen nahegelegenen und den Bedarf der Antragsgegnerin weit übersteigenden Einzelhandelsbesatz, den Einwendungen der Antragstellerin, der Fachbehörden, des RVMO und der IHK war die Antragsgegnerin gehalten, die Auswirkungen des Planes auf die städtebauliche Ordnung der Antragstellerin zu ermitteln und dabei insbesondere die Folgen für die verbrauchernahe Versorgung in der Kernstadt und die Stadtteile und für die nach dem Einzelhandelskonzepte angestrebte Entwicklung und Stärkung zentraler Versorgungsbereiche in den Blick zu nehmen. Dem ist sie nicht gerecht geworden (dazu auch unten B.). Dem Gemeinderat lag lediglich das Gutachten der GMA vom Januar 2005 vor. Dessen Aufgabenstellung beschränkte sich, wie die Vertreterin der GMA in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, allein auf ein konkretes in der Einheit 1 geplantes und auch die dortigen Möglichkeiten keinesfalls ausschöpfendes Einzelvorhaben (...-Discounter mit ca. 800 qm Verkaufsfläche und einem marktüblichen Non-Food-Anteil), es lies die Auswirkungen der sonstigen Einzelhandelsnutzung im Plangebiet (und innerhalb der Einheit 1) aber außer Acht; im Übrigen hat die Antragstellerin das Gutachten auch methodisch angegriffen. Dies genügt, um die Antragsbefugnis zu begründen (zur Antragsbefugnis bei widersprüchlichen Gutachten vgl. NK-Urteil des Senats vom 01.03.2007 - 3 S 129/06 -).
30 
b) Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ist zudem auch mit Blick auf § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB zu bejahen.
31 
aa) Dies gilt zunächst bezüglich § 2 Abs. 2 Satz 2, 2. Alternative BauGB. Die Antragstellerin hat insofern substantiiert dargelegt, dass auf der Grundlage einer summierenden Betrachtung entsprechender Ermittlungen die Möglichkeit besteht, dass der Bebauungsplan sich auf ihre zentralen Versorgungsbereiche in der Kernstadt, aber auch im Stadtteil Bad ... auswirken kann, der über ein städtebauliches und funktionales Zentrum verfügt (vgl. dazu die Einzelhandelsuntersuchung, Endbericht, von Dr. ..., S. 54). Ein „zentraler Versorgungsbereich“ muss nicht stets auf das Kernzentrum einer Nachbargemeinde bezogen sein. Berücksichtigungsfähig sind im Einzelfall vielmehr auch Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereich von Stadtteilen oder Bezirken; geschützt sind damit auch „Nebenzentren“ und als ein solches muss Bad ... eingestuft werden (vgl. dazu OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27.11.2006 a.a.O; Uechtritz, DVBl. 2006, 799, 802). Die Antragstellerin hat die - städtebaulich und raumordnungsrechtlich relevanten - Belange einer Beeinträchtigung der Nahversorgungsfunktion und des „nebenzentralen“ Versorgungsbereichs (vgl. dazu § 1 Abs. 6 Nrn. 4, 8 a) und 11 BauGB einerseits, Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 und Planziele Z (3) des RPMO andererseits) im Bebauungsplanverfahren mehrfach deutlich geltend gemacht. Es erscheint nach ihrem Vortrag denkbar - und ermittlungsbedürftig -, dass derartige Auswirkungen jedenfalls auf die Zentrenqualität von Bad ... bei Summierung aller im Plangebiet zulässigen Einzelhandelsbetriebe im Sinne eines „worst case“ (drei Einzelhandelsmärkte mit beliebigen nahversorgungs- bzw. zentrenrelevanten Sortimenten) in einem mehr als geringfügigen Ausmaß eintreten können.
32 
bb) Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ist aber auch nach § 2 Abs. 2 Satz 2 , 1. Alternative BauGB zu bejahen. Nach ihrem Vortrag, den tatsächlichen Marktverhältnissen und den raumordnungsrechtlichen Grundlagen erscheint es - mit einer für die Antragsbefugnis ausreichenden Wahrscheinlichkeit - möglich, dass die Antragstellerin durch den nach dem Bebauungsplan zulässigen Einzelhandel in ihrer durch raumordnerische Planziele eingeräumten Zentralitätsfunktion beeinträchtigt werden kann und dass es auch insofern weiterer „summierender“ Ermittlungen bedurft hätte. Nach der Zentralitätshierarchie (Zentrale-Orte-Prinzip) ist die Antragstellerin (zusammen mit der Stadt ...) als Mittelzentrum eingestuft (vgl. §§ 7 Abs. 2 Nr. 1 b) ROG, 7 Abs. 2 Nr. 2 LplG, Plansatz 2.5.9 (Z) LEP und Plansatz 2.1.3 RPMO 2003), während die Antragsgegnerin den Rang eines Kleinzentrums einnimmt (§ 11 Abs. 3 Nr. 1, Plansatz 2.5.11 (Z) LEP und Plansätze 2.1.5 (Z) RPMO). Als Kleinzentrum (niederste Zentralitätsstufe) ist der Antragsgegnerin aufgegeben, den häufig wiederkehrenden Bedarf ihres Verflechtungsbereichs zu decken, den Grundbedarf ihres Nahbereichs zu sichern, sich andererseits auf diesen begrenzten Sicherungsauftrag im Verhältnis zu Nachbargemeinden aber auch im Wesentlichen zu beschränken (Planziele a.a.O.). Für Einzelhandelsgroßprojekte mit nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten wird die Geltung des Konzentrations-, des Kongruenz- sowie das Integrationsgebotgebots besonders betont und die Verträglichkeit solcher Projekte ist nachzuweisen (2.5.3 Z (6) der Teilfortschreibung des RPMO v. 05.04.2006). Demnach sind derartige Projekte in Kleinzentren grundsätzlich unzulässig und in den höhern Zentren anzusiedeln (Konzentrationsgebot, 2.5.3 Z (2). Die Verkaufsfläche solcher Einzelhandelsgroßprojekte ist auf die Einwohnerzahl des jeweiligen zentralen Ortes und dessen Verflechtungsbereich abzustimmen (Kongruenzgebot, 2.5.3.Z (3). Solche Nahversorgungsbetriebe sind schließlich in sog. integrierten Lagen anzusiedeln (Integrationsgebot, 2.5.3. Z (4).
33 
Vorliegend kommt - mangels und vorbehaltlich einer ausreichenden Ermittlung und eines Verträglichkeitsnachweises - ein Verstoß der Antragsgegnerin gegen diese Planziele in einer für die Antragsbefugnis ausreichenden Weise in Betracht. Angesichts der Nähe des Plangebiets zu dem ihm versetzt gegenüberliegenden Sondergebiet mit einem großflächigen Vollsortimenter (...) und einem Lebensmitteldiscounter (...) und der im Plangebiet insgesamt möglichen Nutzungen mit beliebigen nahversorgungsrelevanten Sortimenten kann nicht ausgeschlossen werden, dass in der Gesamtheit im Wege der „Agglomeration“ ein Einzelhandelskomplex mit Auswirkungen entsteht, die raumordnerisch und städtebaulich denen eines Einzelhandelsgroßprojekts entsprechen und daher gegen das Planziel 2.5.3 Z (10) des RPMO verstoßen. Davon, dass dieses Planziel Z (10) offenkundig zu unbestimmt (und nicht bestimmbar) ist oder offensichtlich gegen höherrangiges Raumordnungsrecht verstößt, kann entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen nicht ausgegangen werden. Die in 2.5.3. Z (10) des RPMO angesprochene raumordnungsrechtliche (regional bedeutsame) Einzelhandelsagglomeration ist nach Wortlaut und Zweck der Bestimmung nicht abschließend mit den Kriterien des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 8.05 - zu § 11 Abs. 3 BauNVO zu erfassen. Denn dort geht es um die Abgrenzung/Zusammenfassung von Einzelvorhaben nach baulichen und betrieblich-funktionellen Gesichtspunkten (eigener Eingang, eigene Anlieferung etc.). Eine Zusammenrechnung mehrerer Betriebe soll demgemäß nur stattfinden, wenn die Gesamtfläche durch einen Einzelhandelsbetrieb als „Hauptbetrieb“ geprägt wird und auf den baulich abgetrennten Flächen zu dessen Warenangebot als „Nebenleistung“ ein Warenangebot hinzutritt, das in einem inneren Zusammenhang mit der „Hauptleistung“ steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt (vgl. auch Urteil vom 30.06.2004 - 4 C 3.03 -, BVerwGE 121, 205, 209). Diese Betrachtungsweise kann auf die Beurteilung der Auswirkungen von Bebauungsplänen für sortimentsbeliebigen Einzelhandel nicht übertragen werden, sie ist zu eng. Gerade unter dem Blickwinkel der Raumordnung ist im Hinblick auf die Außenwirkung eine betriebsübergreifende Bewertung angezeigt. Anders als im Bereich des § 11 Abs. 3 BauNVO ist zu fragen, ob eine funktionelle Gesamtheit, eine „Funktionseinheit“ vorliegt, deren Ausstrahlung sich etwa unter dem Gesichtspunkt einer Sortimentsergänzung, von Synergieeffekten oder auch einer Addition gleichartiger Sortimente ergeben kann (zur Verneinung des Kriteriums der „Funktionseinheit“ bei § 11 Abs. 3 BauNVO vgl. BVerwG, a.a.O.). Eine derartige funktional zu betrachtende regional bedeutsame „Agglomeration“ kann je nach den Verhältnissen im Einzelfall auch bei einer Häufung mehrerer kleinerer und für sich unter der Schwelle des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO liegender Betriebe anzunehmen sein. Kap. 2.5.3 Z (10) des RPMO spricht demgemäß auch nur von „Einzelhandelsbetrieben“ und auch in der Begründung hierzu wird darauf hingewiesen, dass es sich um eine „selbstständige regionalplanerische Festsetzung unabhängig von § 11 III BauNVO“ handelt (Anhangband zum Regionalplan S. 18). Diesen Unterschied zwischen dem (funktionalen) Agglomerationsbergriff und den Kriterien für die Bewertung einzelner Betriebe nach § 11 Abs. 3 BauNVO hat auch der Senat herausgestellt (vgl. Urteil vom 22.09.2005 - 3 S 1061/04 -, VBlBW 2006, 66 f. - zur Agglomeration in Ziff. 3.5 und 2.3.3 des Einzelhandelserlasses nach damaligem Verständnis). Einem solchen weiten Agglomerationsbegriff steht auch die Ermächtigungsnorm in § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 LplG im Wortlaut nicht entgegen. Die dort genannten Betriebstypen sind nicht abschließend, sondern haben nur Beispielcharakter („insbesondere“).
34 
Demnach ist die Möglichkeit, dass jedenfalls bei Verwirklichung aller zulässigen Nutzungen im Plangebiet in der Gesamtschau mit dem in nächster Nähe besehenden Einzelhandelsbesatz eine raumbedeutsame, im Kleinzentrum ... unzulässige Einzelhandelsagglomeration entsteht, weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht von der Hand zu weisen. Für Letzteres sprechen auch die in sich schlüssigen und im Kern übereinstimmenden fachlichen Stellungnahmen des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein (RVMO) und des Regierungspräsidiums Karlsruhe (höhere Raumordnungsbehörde). Nach Einschätzung des RVMO gehen zwar von einem in der Einheit 1 genehmigten …-Markt noch keine relevanten raumordnerischen Folgeeffekte aus; mit zwei weiteren Einzelhandelsnutzungen im zentren- und nahversorgungsrelevanten Bereich (insbesondere Lebensmittel) werde die Schwelle zur Agglomeration nach Z (10) aber überschritten und sei eine Verletzung der Ziele Z (2) (Konzentrationsgebot) und Z (3) (Kongruenzgebot) durch die Antragsgegnerin anzunehmen. Der Senat hält es ferner für möglich, dass eine Überschreitung der Zentrenbefugnisse der Antragsgegnerin zugleich auch geeignet sein kann, die Funktion der Antragstellerin als benachbartes Mittelzentrum zu beeinträchtigen. Als Mittelzentrum ist die Antragstellerin gehalten, die Versorgung ihres Stadt- und Verflechtungsgebiets mit Gütern des Grund- und des gehobenen Bedarfs sicherzustellen (vgl. 2.1.3 Z (2) LEP). Diese zentralörtliche Aufgabe nimmt sie schon jetzt nur unzureichend wahr. Unstreitig ist die Zentralität der Antragstellerin im Bereich Einzelhandel unterentwickelt, ihre mittelzentrale Funktion ist - angesichts einer Bindungsquote 2003 von 68 % und im Bereich Nahrungs- und Genussmittel von ca. 78 %, selbst wenn diese sich bis heute erhöht haben sollte - nicht ausgefüllt (vgl. Gutachten Dr. ... vom 06.11.2006). Demgegenüber ist die Zentralität der Antragsgegnerin bei Nahrungs- und Genussmitteln (nach Angaben der GMA: 144 - 145 %) weit überhöht und wird sich nach Verwirklichung gleichartiger Nutzungen im Plangebiet nochmals nicht unwesentlich erhöhen. Auch bei Errichtung von sonstigen Fachmärkten im Plangebiet, die im Bereich der Einheit 1 eine Verkaufsfläche von 800 qm und mehr erreichen könnten, wäre mit einer nicht unerheblichen Überversorgung zu rechnen, die auch Kaufkraft aus dem Bereich der Antragstellerin binden und damit die Möglichkeit einer weiteren Schwächung ihrer Zentralität begründen könnte (vgl. die Beispiele im Gutachten Dr. ... vom 06.11.2006, S. 15). Die Möglichkeit einer nicht nur geringfügigen Funktionsstörung der Antragstellerin ist damit jedenfalls in der für die Antragsbefugnis erforderlichen Weise dargelegt.
35 
4. Dem von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag braucht der Senat nicht nachzugehen. Denn das Beweisthema,
36 
„dass von einem ... - Lebensmittelmarkt mit ca. 750 qm Verkaufsfläche und zwei weiteren möglichen Einzelhandelsbetrieben mit einmal ca. 800 - 600 qm und einmal ca. 500 - 400 qm im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Kleinau“ der Antragsgegnerin nur geringfügige Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche der Antragstellerin (Innenstadt und Stadtteilzentrum Bad ...) ausgehen können“
37 
ist insoweit nicht entscheidungserheblich, als der Bebauungsplan im Westteil des Gewerbegebiets (Einheit 1) nicht lediglich einen Lebensmitteldiscounter der genannten Größenordnung, sondern auch deutlich größere (Verkaufsfläche über 800 qm) Einzelhandelbetriebe jeglichen Sortiments zulässt. Das Ergebnis des beantragten Gutachtens wäre daher bezüglich der Auswirkungen des Bebauungsplans nicht aussagekräftig. Im Übrigen hat der Senat die Antragsbefugnis nicht nur wegen möglicher Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche, sondern auch wegen einer möglichen Beeinträchtigung der Mittelzentrumsfunktion der Antragstellerin bejaht.
II.
38 
Der Antragstellerin steht auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse an der Durchführung des Verfahrens zur Seite. Wird der Bebauungsplan „Kleinau“ für unwirksam erklärt, so bringt ihr dies rechtliche, zumindest aber tatsächliche Vorteile. Zum einen lässt sich die Möglichkeit nicht ausschließen, dass sich die Rechtslage für Rechtsbehelfe der Antragstellerin gegen die - im Vorgriff auf den Bebauungsplan erteilte - Baugenehmigung vom 30.08.2006 verbessern kann (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23.04.2002 - 4 CN 3.01 -, NVwZ 2002, 1126; OVG Thüringen, NK-Urteil vom 20.12.2004 - 1 N 1096/03 -, BauR 2005, 1216 f.); dass diese Rechtsbehelfe im Eilverfahren gleichwohl ohne Erfolg bleiben (vgl. Beschluss des Senats vom heutigen Tag - 3 S 1119/07 -), steht dem nicht entgegen. Im Übrigen wären nach dem Bebauungsplan (anstelle des ...-Markts und auf den übrigen Flächen) auch Einzelhandelsbetriebe jeglichen Sortiments sowie sonstige wohnverträgliche Gewerbebetriebe jeglicher Art zulässig, die sich bei Planunwirksamkeit (und der Unwirksamkeit des Vorgängerplans) nicht ohne Weiteres nach § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung einfügen würden. Schließlich würde im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans der Weg bereitet für eine Neuplanung, die möglicherweise - nach Vervollständigung des derzeit defizitären Abwägungsmaterials (dazu nachfolgend) - Einzelhandelsbetriebe nur noch räumlich oder nach Sortimenten beschränkt zulassen würde. Auf diese Weise könnte die Antragstellerin ihrem Ziel, ein Gebiet für unbeschränkten Einzelhandel zu verhindern, in absehbarer Zeit zumindest teilweise durchaus näher kommen (vgl. dazu OVG Saarland, NK-Urteil vom 08.03.2007 - 2 N 2/06 -, Juris). Die Normenkontrolle wäre unter diesen Umständen nicht nutzlos, eine reale Chance, das Klageziel letztlich (teilweise) zu erreichen, wäre gegeben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.05.1993 - 4 NB 50.92 -, NVwZ 1994, 269).
B.
39 
Der Antrag ist auch begründet. Der Senat kann offen lassen, ob der Bebauungsplan „Kleinau“, wie oben angesprochen, gegen die gesetzliche und nicht überwindbare Schranke des § 1 Abs. 4 BauGB (Anpassungsgebot an Ziele der Raumordnung) verstößt, weil die Ansiedlung der zulässigen Einzelhandelsbetriebe sich in der Gesamtschau (Agglomeration) mit dem in nächster Nähe vorhandenen dichten Einzelhandelsbesatz als regional bedeutsames, mit den Zielen 2.5.3 Z (2), Z (3) und Z (10) des RPMO nicht zu vereinbarendes Einzelhandelsgroßprojekt darstellt (so die Einschätzung des Regionalverbands). Denn jedenfalls wird der Bebauungsplan hinsichtlich der potenziellen städtebaulichen und raumordnerischen Auswirkungen den Anforderungen des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB nicht gerecht (I.). Dies führt zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans (II.).
I.
40 
Nach § 1 Abs. 7 BauGB erfordert die Aufstellung eines Bebauungsplans eine umfassende und gerechte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend bereits BVerwG, Urteil vom 05.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) auf die Prüfung zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (kein Abwägungsausfall), ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (keine Abwägungsdisproportionalität, kein unrichtiges Abwägungsmaterial, keine rechtlich unzutreffende Bewertung) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessen Verhältnis steht. Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 155.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, a.a.O.). Diese Anforderungen beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auf das Abwägungsergebnis. Dabei ist gemäß § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abzustellen (hier: 24.07.2006).
41 
Vorliegend leidet der Bebauungsplan an einem Fehler im Abwägungsvorgang (1.), der auch i.S. von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss war (2.).
42 
1.a) Wie oben bereits dargelegt, ist der Gemeinderat der planenden Gemeinde verpflichtet, die erkennbaren städtebaulich bzw. raumordnungsrechtlich geschützten Belange der Nachbargemeinde - entsprechend ihrem Gewicht und ihrer Zuordnung - im Wege einer qualifizierten (§ 2 Abs. 2 BauGB) , jedenfalls aber im Wege einer „einfachen“ Abwägung (§ 1 Abs. 7) in den Abwägungsprozess einzustellen. Dabei sind die Auswirkungen des gesamten Spektrums der zulässigen Einzelhandelsnutzungen im Sinne eines - freilich realistischen - „worst case“ in den Blick zu nehmen und daraufhin zu prüfen, ob sich in der Summe - zumindest - mehr als geringfügige nachteilige Auswirkungen auf die städtebauliche Ordnung der Nachbargemeinde (verbrauchernahe Versorgung, Schaffung und Sicherung zentraler Versorgungsbereiche) oder (insbesondere) deren raumordnungsrechtliche Zentrenfunktion ergeben können. Solche Auswirkungen sind nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass der Bebauungsplan - wie hier - großflächige Einzelhandelsbetriebe ausschließt, von denen (einzelbetriebsbezogen) negative Auswirkungen im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO ausgehen können. Vielmehr ist auf der Planungsebene eine summierende Betrachtung jedenfalls dann geboten, wenn im Einzelfall in eine städtebaulich/raumordnerisch bereits hangreifliche Konfliktlage „hineingeplant“ und diese dadurch verschärft wird. Sind - nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere auch aufgrund von Einwendungen der beteiligten Träger öffentlicher Belange - Anhaltspunkte für eine nicht lediglich geringfügige Beeinträchtigung von Belangen der Nachbargemeinde vorhanden, so hat die planende Gemeinde sich über das Ausmaß der planbedingten Auswirkungen zu vergewissern, d.h. diese im Regelfall durch ein Gutachten zu ermitteln.
43 
b) Dem ist die Antragsgegnerin nicht gerecht geworden, weshalb ihr ein Mangel im Abwägungsvorgang vorzuwerfen ist. Die Antragsgegnerin hat sich mit einem im Auftrag der Firma ... erstellten Gutachten der GMA vom Januar 2005 begnügt. Gegenstand dieser Untersuchung war es - dem beschränkten Auftrag entsprechend - ausschließlich, „die städtebaulichen und raumordnerischen Auswirkungen“ aus der im Westteil des Plangebiets (Einheit 1) „geplanten Errichtung eines Lebensmittel-Discounters“ von ca. 800 qm Verkaufsfläche aufzuzeigen und damit offensichtlich den späteren Bauantrag für das am 30.08.2006 genehmigte Einzelvorhaben vorzubereiten. Dementsprechend werden dann nur konkret-vorhabenspezifische Untersuchungen zum Einzugsbereich (nur ..., ... und ...) und der dort vorhandenen Kaufkraft und zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Lebensmittel- und des Non-Food-Sortiments des Discounters angestellt. Dabei werden Auswirkungen (Kaufkraftabflüsse) auf die Antragstellerin im Lebensmittelbereich ersichtlich verneint und nur bezüglich des Non-Food Sortiments (Anteil von 26 - 27 %) mit „marginalen Überschneidungen“ bejaht. Von der bestrittenen Methodik bei der Abgrenzung des Einzugsbereichs abgesehen (der nahe gelegene und verkehrlich gut erreichbare Ortsteil Bad ... der Antragstellerin wird ausgeklammert) erfasst das Gutachten damit nur einen Ausschnitt der nach dem - erst später aufgestellten - Bebauungsplan zulässigen Einzelhandelsnutzungen. Es berücksichtigt nicht, dass sowohl am Standort des ...-Discounters (Einheit 1) als auch im übrigen Teil des Plangebiets (Einheiten 2 und 3) auch andere/zusätzliche Betriebe mit beliebigen - mithin auch nahversorgungs- und zentrenrelevante Sortimenten - errichtet werden dürfen.
44 
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hätte sich mit diesem vorhabenbezogenen Gutachten nicht begnügen dürfen, sondern hätte die Auswirkungen aller zulässigen Nutzungen in einer Gesamtschau ermitteln müssen. Die Begründung, eine weitergehende Untersuchung sei entbehrlich, weil im Gebiet - betriebsbezogen - nur Einzelhandel unterhalb der Schwelle des § 11 Abs. 3 BauNVO erlaubt sei und deshalb negative Auswirkungen auf die Antragstellerin „nach der Regelvermutung nicht zu erwarten seien“ (Stellungnahme zu Bedenken und Anregungen), geht fehl. Denn nach Lage der Dinge bestanden gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass derartige Auswirkungen - gebietsbezogen - in nicht nur geringfügigem Umfang eintreten könnten, weil der Bebauungsplan in eine konfliktbeladene Lage „hineingeplant“ worden ist. Diese Lage ist bereits oben beschrieben worden. Sie zeichnet sich aus durch die Existenz des in unmittelbarer Nähe liegenden Einzelhandelssondergebiets (mit ... und ...), die Existenz des Einkaufszentrums im Stadtteil ..., durch die außergewöhnlich hohe Überversorgung der Antragstellerin im nahversorgungs- und zentrenrelevanten Einzelhandel, durch die Nähe und gute Erreichbarkeit des Plangebiets von ... aus (auch für Einpendler aus Richtung A 5) und durch die sehr gute Einsehbarkeit des Plangebiets von der Hauptverkehrsachse aus (so GMA-Gutachten von 1/05). Nicht nur die Antragstellerin hat auf diese Gesichtspunkte klar und unmissverständlich hingewiesen, sondern auch das Regierungspräsidium und vor allem der Regionalverband haben insofern substantielle rechtliche Bedenken erhoben. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin konnte auch nicht davon ausgehen, dass diese Bedenken offenkundig unbegründet seien, ein umfassendes Folgengutachten die Unbedenklichkeit des Bebauungsplans daher offenkundig nur bestätigen werde und daher entbehrlich sei. Gegen eine solche eindeutige Schlussfolgerung sprechen die Aussagen in den Stellungnahmen von Dr. ... vom 06.11.2006 und vom 12.03.2007. Darin kommt er zum Ergebnis, dass der im Bereich Nahrungs- und Genussmittel schon jetzt hohe Kaufkraftabfluss aus ... (4 bis 6 %) und dem Stadtteil Bad ... (16 - 28 %) sich gebietsbezogen weiter verschärfen werde, auch wenn „im Einzelfall noch keine Unverträglichkeit feststellbar sein mag“. Ferner ergebe sich am Beispiel dreier im Plangebiet zulässiger Märkte (Schuhe, Spielwaren, Drogerieartikel) auch in diesen Sortimenten eine Überversorgung der Antragsgegnerin, welche die Bemühungen der Antragstellerin konterkarieren würde, „sich im Bereich der nahversorgungsrelevanten Sortimente zumindest selbst zu versorgen und im Bereich der Sortimente des mittel-/langfristigen Bedarfs ihrer Aufgabe als Mittelzentrum gerecht zu werden“(Stellungnahme vom 12.03.2007). Die neueste Stellungnahme der GMA vom Juni 2007 ist nicht geeignet, diese Aussagen überzeugend zu entkräften. Denn auch sie bezieht sich - auftragsgemäß - wiederum nur auf die Auswirkungen des projektierten ...-Marktes.
45 
2. Das somit feststehende Abwägungsdefizit ist auch beachtlich nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB. Dass weitere Ermittlungen zu den gebietsbezogenen Auswirkungen unterlassen wurden, ist offensichtlich und es besteht auch die konkrete Möglichkeit, dass der Gemeinderat bei ordnungsgemäßer Erhebung des Abwägungsmaterials je nach Ausgang des Gutachtens abweichende Festsetzungen im Gewerbegebiet - sei es durch räumliche oder durch Sortimentsbeschränkungen oder noch weitergehende Ausschlussregelungen - getroffen hätte.
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Wegen des Abwägungsfehlers sind die Festsetzungen im Bereich des Gewerbegebiets unwirksam. Dem Hilfsbeweisantrag der Antragsgegnerin und der Beigeladenen war auch insoweit nicht nachzugehen. Zum einen krankt das Beweisthema auch hier daran, dass es nicht die vollen Auswirkungen der zulässigen Nutzungen erfasst. Zum anderen nimmt es das Ergebnis des unterlassenen Gutachtens vorweg und ist auch deswegen nicht entscheidungserheblich.
II.
47 
Die Unwirksamkeit der Festsetzungen im Gewerbegebiet (nördlicher Planbereich) zieht auch die Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans nach sich. Die Ungültigkeit einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans führt nur dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit des Plans, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und wenn zusätzlich die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (st. Rechtspr. vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.03.1993 - 4 NB 10.91 -, BRS 55, Nr. 30 = NVwZ 1994, 271 f.). Vorliegen mögen die restlichen Festsetzungen des Bebauungsplans „Kleinau“ (Allgemeines Wohngebiet mit Erschließungsanlagen) noch geeignet sein, eine sinnvolle städtebauliche Ordnung - teilweise - zu bewirken. Es kann jedoch nicht angenommen werden, dass der Gemeinderat das südliche Plangebiet in Kenntnis der Unwirksamkeit des Gewerbegebiets unverändert ausgewiesen hätte. Dies gilt vor allem für die Erschließungsstraße („Öffentliche Straße“) in der Mitte des Plangebiet, die derzeit nach Lage und Dimensionierung zur Erschließung beider Gebietsteile angelegt ist.
C.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO. Die Kosten zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen waren entsprechend den jeweiligen Unterliegensanteilen derart zu teilen, dass die Antragsgegnerin die Gerichtskosten, ihrer eigenen und die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu übernehmen hat und die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten auf sich behält.
49 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
A.
21 
Der Antrag ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und auch sonst zulässig.
I.
22 
Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag auf Normenkontrolle jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung in diesem Sinne können keine höheren Anforderungen gestellt werden als sie für die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO gelten. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch Festsetzungen des Bebauungsplans in seinem Grundeigentum oder in sonstigen seinem Schutz dienenden Vorschriften verletzt wird oder dass seine - abwägungserheblichen - privaten Belange fehlerhaft abgewogen worden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.02.1999 - 4 CN 6.98 -, NVwZ 2000, 197; Urteil vom 10.03.1998 - 4 CN 6.97 -, NVwZ 1998, 732, jeweils m.w.N.).
23 
Nachbargemeinden können sich zur Wahrung ihrer aus der Planungshoheit (Art. 28 Abs.2 GG) fließenden städtebaulichen Interessen auf das Gebot der interkommunalen Abstimmung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB berufen, welches sich als qualifizierte Form des allgemeinen Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB darstellt (dazu 1.) und durch § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB im Rechtsschutz zugunsten der Gemeinden erweitert worden ist (dazu 2.). Eine die Antragsbefugnis begründende Betroffenheit der Antragstellerin erscheint danach ohne weiteres möglich (dazu 3.), ohne dass insoweit das hilfsweise beantragte Sachverständigengutachten eingeholt werden muss (dazu 4.).
24 
1. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen (interkommunales Abstimmungsgebot). Dieses Recht dient dem Schutz der aus dem gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht fließenden Planungshoheit der Gemeinden. Das interkommunale Abstimmungsgebot stellt sich strukturell als besondere Ausprägung des allgemeinen Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB dar. § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB verleiht dem Interesse der Nachbargemeinde, vor Nachteilen bewahrt zu werden, ein besonderes Gewicht. Es kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Tragen, wenn vom Bauleitplan einer (regelmäßig, aber nicht zwingend) benachbarten Gemeinde „unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art“ auf städtebaulich relevante gemeindliche Belange ausgehen können (sog. „Krabbenkamp“-Formel); in diesem Fall kann sich die Nachbargemeinde auch gegen die Genehmigung eines Einzelvorhabens zur Wehr setzen; maßgeblich ist die Reichweite der Auswirkungen, während - anders als für die rechtliche Betroffenheit einer Gemeinde durch eine Fachplanung - es nicht darauf ankommt, dass eine hinreichend bestimmte Planung vorliegt und gerade diese nachhaltig gestört wird (vgl. zu all dem BVerwG, Urteil vom 08.09.1972 - 4 C 17.71 -, BVerwGE 40, 32 ff. sowie Urteile vom 15.12.1989 - 4 C 36.86 -, BVerwGE 84, 209, und vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117,25 = NVwZ 2003, 86; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.04.2007 - 8 S 2835/06 -, BWGZ 2007, 504). Kommen derart gewichtige Folgen in Betracht, löst dies im Bebauungsplanverfahren auf der Abwägungsebene einen qualifizierten materiellen Abstimmungsbedarf mit den gegenläufigen Belangen der Nachbargemeinde dergestalt aus, dass für ein - mögliches - „Wegwägen“ dieser Belange ein erhöhter Rechtfertigungsbedarf besteht, die für die Planung sprechenden Gründe also besonderes Gewicht haben müssen. Neben dem „qualifizierten“ Abwägungsgebot des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind die Belange der Nachbargemeinde aber auch auf der Ebene der „einfachen“ Abwägung nach den Grundsätzen des § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen, also dann, wenn sie schutzwürdig und für die planende Gemeinde erkennbar sind und wenn die Nachbargemeinde zumindest mehr als nur geringfügig betroffen wird. Denn Gemeinden verdienen, wie das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich betont, “in dieser Hinsicht keinen geringeren Schutz als private Betroffene“ (vgl. Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, a.a.O). Dieser Abstufung nach zwei (materiellen) Abwägungsebenen, an der das Bundesverwaltungsgericht ersichtlich bis heute festhält (vgl. dazu überzeugend Halama, DVBl. 2004, 79 sowie Uechtritz, DVBl. 2006, 799, 801; ders. NVwZ 2004, 1025 ff.), schließt sich der Senat an (ebenso OVG NRW, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 148/04.NE -, Juris: a.A. OVG Thüringen, Beschluss vom 19.12.2002 - 1 N 501/01 -, Juris). Die Nachbargemeinde kann mithin verlangen, dass ihre Planungsinteressen dieser Stufenfolge bzw. Betroffenheitsintensität entsprechend in den Abwägungsprozess (§ 1 Abs. 7 BauGB) einbezogen werden (zu dieser Problematik des Verhältnisses des allgemeinen Abwägungsgebots zum interkommunalen Abstimmungsgebot, vgl. auch Halama, a.a.O. und Uechtritz, a.a.O.). Spiegelbildlich hierzu dürfte es auch für die Antragsbefugnis ausreichen, wenn die Nachbargemeinde geltend machen kann, nicht nur geringfügig in einem erkennbaren, für sie städtebaulich erheblichen Belang beeinträchtigt zu sein, d.h. wenn nach ihrem schlüssigen Vortrag die Möglichkeit besteht, dass der Bebauungsplan zu nicht nur geringfügigen negativen städtebaulichen Auswirkungen jeder Art auf die Nachbargemeinde führt . Davon ist vorliegend auszugehen (unten 3.).
25 
2. Seit der Novelle 2004 durch das EAGBau können Gemeinden sich nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB nunmehr auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen und auf Auswirkungen von Bauleitplänen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen. Mit dieser Anreicherung des interkommunalen Abstimmungsgebots von bisher (Satz 1) nur städtebaulichen Belangen um nunmehr auch raumordnungsrechtliche Bezüge (raumordnungsrechtlicher Funktionsschutz) wollte der Gesetzgeber den Rechtsschutz von Gemeinden erweitern. Im Falle des § 2 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. BauGB erwächst das Abwehrrecht der Gemeinden nicht aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, sondern aus dem vom Zentrale-Orte-Prinzip abgeleiteten Kongruenzgebot; diese Rechtsstellung ist den Gemeinden durch einen außergemeindlichen Planungsträger raumordnungsrechtlich zugewiesen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -). Soweit Ziele der Raumordnung einer Gemeinde eine bestimmte, den Standortwettbewerb mit anderen Gemeinden begünstigende Funktion zuweisen, wird diese Funktion nunmehr - anders als bisher - als subjektives Recht der Gemeinde verteidigungsfähig (vgl. amtl. Begründung BT-Drs. 15/2250, S. 41; zur bisherigen objektivrechtlichen Einstufung raumordnerischer Belange vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 08.09.1972 - 4 C 17.71 -; Urteil vom 11.02.1993 - 4 C 15.92 -, NVwZ 1994, 285; weitere Nachweise bei Uechtritz, DVBl. 2004, 799,803). Dies gilt insbesondere für die Zuordnung unterschiedlicher Zentralitätsstufen (Unter-, Klein-, Mittel- und Oberzentren) und die damit verbundenen Ziele (Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot). Die Ziele der Raumordnung haben belastende und begünstigende Wirkungen, zum einen für die einzelne Gemeinde, zum anderen aber auch im Verhältnis der Gemeinden untereinander. Dies veranlasste den Gesetzgeber, neben die verpflichtende (§ 1 Abs. 4 BauGB, Anpassungsgebot) auch eine berechtigende Vorschrift zu stellen. Korrelat der Bindung nach § 1 Abs. 4 BauGB ist die Berechtigung der Gemeinde, ihre so ausgerichtete Planung gegen eine ihre zentralörtliche Funktion störende raumordnungswidrige Planung einer Nachbargemeinde zu verteidigen (vgl. BT-Drs. 15/2250, a.a.O sowie Brügelmann/Gierke, BauGB, § 2, vorl. Hinw., Nr. 2).
26 
Die Erweiterung des gemeindlichen Rechtsschutzes gegen Bebauungspläne nach § 2 Abs. 2 Satz 2, 1. Alt. BauGB wirkt sich auch erleichternd für die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 VwGO aus. Die antragstellende Gemeinde muss insofern keinen Sachverhalt mehr vortragen, der Auswirkungen auf ihre spezifisch städtebaulichen Belange haben kann. Es reicht vielmehr regelmäßig aus, dass sie substantiiert geltend machen kann, durch den angefochtenen Bebauungsplan in ihrer durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktion, insbesondere ihrer aus dem Kongruenzgebot folgenden Zentralitätsfunktion, beeinträchtigt zu werden; wobei streitig ist, welches Gewicht die möglichen Beeinträchtigungen haben müssen, ob bereits „abstrakt“ mögliche Beeinträchtigungen ausreichen, ob die Möglichkeit zumindest „spürbarer“ Beeinträchtigungen geltend zu machen ist oder ob die Nachbargemeinde - in Übernahme der Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB - die Möglichkeit darlegen muss, dass sich der Bebauungsplan unmittelbar und in gewichtigem Ausmaß auf ihre raumordnungsrechtliche Funktion auswirken kann (zum Streitstand siehe Uechtritz, DVBl. 2006, 799, 806; ders.: NVwZ 2004, 1025 ff.; Hoppe/Otting, DVBl. 2004, 1125, 1129 f.). Der Senat geht davon aus, dass es - entsprechend dem Zweck des § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB und dem Grundsatz, die Zulässigkeitsprüfung nicht zu überfrachten - ausreicht, aber auch erforderlich ist, wenn sich aus dem Vortrag der klagenden Nachbargemeinde schlüssig ergibt, dass die Verletzung eines relevanten Ziels der Raumordnung durch den Bebauungsplan und eine tatsächlich spürbare, nicht nur geringfügige Beeinträchtigung der hieraus abgeleiteten Funktion (insbesondere der Zentralitätsfunktion) der Nachbargemeinde in Betracht kommt. Die Antragsbefugnis ist bei Berufung auf eine derartige Funktionsbeeinträchtigung in der Regel gegeben. Ob diese Beeinträchtigung tatsächlich vorliegt, ist dann eine Frage der Begründetheit (vgl. auch OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27.11.2006 - 1 MN 148/06 -, BauR 2007, 339 ff. unter Bezugnahme auf Uechtritz, DVBl. 2006, 799, 806).
27 
Nach § 2 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. BauGB wird ferner das Recht auf Abwägung der Auswirkungen eines Bebauungsplans auf die zentralen Versorgungsbereiche der Nachbargemeinde gemäß den Kriterien des § 11 Abs. 3 BauNVO nunmehr ausdrücklich auf die Ebene qualifizierter interkommunaler Abstimmung gehoben (BT-Drs. 15/2250, a.a.O.). Inhaltlich hat diese Regelung allerdings nur deklaratorische Bedeutung (so zutreffen Uechtritz, DVBl. 2006, 799, 802 m.w.N.); denn das Ziel, zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde zu schaffen und zu erhalten, ist in seiner städtebaulichen Ausprägung schon lange anerkannt (vgl. außer § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO insbesondere § 1 Abs. 6 Nr. 4 sowie nunmehr auch § 9 Abs. 2 a BauGB). Mit § 2 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. BauGB wird klargestellt, dass die planende Gemeinde nicht nur ihre eigenen Versorgungsbereiche beachten muss, sondern auch diejenigen von Nachbargemeinden (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27.11.2006, a.a.O.).
28 
3. Gemessen daran hat der Senat keinen Zweifel an der Antragsbefugnis der Antragstellerin.
29 
a) Die Antragstellerin kann zunächst geltend machen, nicht nur geringfügig in einem erkennbaren, für sie städtebaulich erheblichen Belang beeinträchtigt zu sein. Sie trägt unter Berufung auf die Ergebnisse ihres über Jahre hinweg beratenen und entwickelten Einzelhandelskonzepts (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB) und die ihm zugrunde liegenden umfangreichen Untersuchungen des Büros Dr. ... substantiiert und schlüssig vor, dass die nach dem Bebauungsplan „Kleinau“ im Gewerbegebiet zulässige Einzelhandelsnutzung sich auf ihre Nahversorgungsfunktion, aber auch auf ihre zentralen Versorgungsbereiche nachteilig auswirken kann und dass diese Gesamtauswirkungen daher hätten ermittelt und untersucht werden müssen. Der Bebauungsplan lässt im Gewerbegebiet Einzelhandel jeglicher Art ohne Sortimentsbegrenzung zu. Damit dürfen auch Betriebe mit nahersorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten jeder Art errichtet werden. Im westlichen Plangebiet (Einheit 1) mit ca. 2.000 qm bebaubarer Fläche können ohne weiteres Betriebe mit einer „großflächigen“ Verkaufsfläche mit deutlich über 800 qm (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 8.05 -, BauR 2006, 648) untergebracht, im übrigen Plangebiet (Einheiten 2 und 3) können Betriebe bis ca. 600 bzw. 400 qm angesiedelt werden. Außer dem - die Möglichkeiten des Bebauungsplans nicht ausschöpfenden - projektierten …-Lebensmitteldiscounter wären damit auch noch weitere Lebensmittelmärkte oder etwa - auch innerhalb der Einheit 1 - die vom Dr. Büro ... als Beispiele herangezogenen Sortimentsmärkte (Drogerie, Schuhe etc.) möglich. Die Betriebe unterliegen zwar jeweils der Grenze des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO, d.h. sind - einzeln betrachtet - unzulässig, wenn sie großflächig sind und nachteiligen Auswirkungen der dort genannten Art haben können. Jedoch hat der Plangeber eines Bebauungsplans über diese Einzeleinschätzung hinaus grundsätzlich die städtebaulichen Folgen der gesamten zulässigen Einzelhandelsnutzungen in den Blick zu nehmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn nach Lage der Dinge im Einzelfall Konflikte mit Nachbargemeinden greifbar vorgezeichnet und geltend gemacht worden sind. Das Gebot der Konfliktbewältigung gebietet es in solchen Fällen, die Gesamtauswirkungen des zulässigen Einzelhandels sorgfältig zu erheben und erst danach eine Entscheidung darüber zu treffen, ob Einschränkungen räumlicher oder sachlicher Art erforderlich sind. Eine derartige Konstellation ist vorliegend gegeben. Im Hinblick auf die räumliche Nähe des Plangebiets zum Stadtgebiet der Antragstellerin - insbesondere zum Stadtteilzentrum Bad ... -, den hohen nahegelegenen und den Bedarf der Antragsgegnerin weit übersteigenden Einzelhandelsbesatz, den Einwendungen der Antragstellerin, der Fachbehörden, des RVMO und der IHK war die Antragsgegnerin gehalten, die Auswirkungen des Planes auf die städtebauliche Ordnung der Antragstellerin zu ermitteln und dabei insbesondere die Folgen für die verbrauchernahe Versorgung in der Kernstadt und die Stadtteile und für die nach dem Einzelhandelskonzepte angestrebte Entwicklung und Stärkung zentraler Versorgungsbereiche in den Blick zu nehmen. Dem ist sie nicht gerecht geworden (dazu auch unten B.). Dem Gemeinderat lag lediglich das Gutachten der GMA vom Januar 2005 vor. Dessen Aufgabenstellung beschränkte sich, wie die Vertreterin der GMA in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, allein auf ein konkretes in der Einheit 1 geplantes und auch die dortigen Möglichkeiten keinesfalls ausschöpfendes Einzelvorhaben (...-Discounter mit ca. 800 qm Verkaufsfläche und einem marktüblichen Non-Food-Anteil), es lies die Auswirkungen der sonstigen Einzelhandelsnutzung im Plangebiet (und innerhalb der Einheit 1) aber außer Acht; im Übrigen hat die Antragstellerin das Gutachten auch methodisch angegriffen. Dies genügt, um die Antragsbefugnis zu begründen (zur Antragsbefugnis bei widersprüchlichen Gutachten vgl. NK-Urteil des Senats vom 01.03.2007 - 3 S 129/06 -).
30 
b) Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ist zudem auch mit Blick auf § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB zu bejahen.
31 
aa) Dies gilt zunächst bezüglich § 2 Abs. 2 Satz 2, 2. Alternative BauGB. Die Antragstellerin hat insofern substantiiert dargelegt, dass auf der Grundlage einer summierenden Betrachtung entsprechender Ermittlungen die Möglichkeit besteht, dass der Bebauungsplan sich auf ihre zentralen Versorgungsbereiche in der Kernstadt, aber auch im Stadtteil Bad ... auswirken kann, der über ein städtebauliches und funktionales Zentrum verfügt (vgl. dazu die Einzelhandelsuntersuchung, Endbericht, von Dr. ..., S. 54). Ein „zentraler Versorgungsbereich“ muss nicht stets auf das Kernzentrum einer Nachbargemeinde bezogen sein. Berücksichtigungsfähig sind im Einzelfall vielmehr auch Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereich von Stadtteilen oder Bezirken; geschützt sind damit auch „Nebenzentren“ und als ein solches muss Bad ... eingestuft werden (vgl. dazu OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27.11.2006 a.a.O; Uechtritz, DVBl. 2006, 799, 802). Die Antragstellerin hat die - städtebaulich und raumordnungsrechtlich relevanten - Belange einer Beeinträchtigung der Nahversorgungsfunktion und des „nebenzentralen“ Versorgungsbereichs (vgl. dazu § 1 Abs. 6 Nrn. 4, 8 a) und 11 BauGB einerseits, Plansatz 3.3.7.1 LEP 2002 und Planziele Z (3) des RPMO andererseits) im Bebauungsplanverfahren mehrfach deutlich geltend gemacht. Es erscheint nach ihrem Vortrag denkbar - und ermittlungsbedürftig -, dass derartige Auswirkungen jedenfalls auf die Zentrenqualität von Bad ... bei Summierung aller im Plangebiet zulässigen Einzelhandelsbetriebe im Sinne eines „worst case“ (drei Einzelhandelsmärkte mit beliebigen nahversorgungs- bzw. zentrenrelevanten Sortimenten) in einem mehr als geringfügigen Ausmaß eintreten können.
32 
bb) Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ist aber auch nach § 2 Abs. 2 Satz 2 , 1. Alternative BauGB zu bejahen. Nach ihrem Vortrag, den tatsächlichen Marktverhältnissen und den raumordnungsrechtlichen Grundlagen erscheint es - mit einer für die Antragsbefugnis ausreichenden Wahrscheinlichkeit - möglich, dass die Antragstellerin durch den nach dem Bebauungsplan zulässigen Einzelhandel in ihrer durch raumordnerische Planziele eingeräumten Zentralitätsfunktion beeinträchtigt werden kann und dass es auch insofern weiterer „summierender“ Ermittlungen bedurft hätte. Nach der Zentralitätshierarchie (Zentrale-Orte-Prinzip) ist die Antragstellerin (zusammen mit der Stadt ...) als Mittelzentrum eingestuft (vgl. §§ 7 Abs. 2 Nr. 1 b) ROG, 7 Abs. 2 Nr. 2 LplG, Plansatz 2.5.9 (Z) LEP und Plansatz 2.1.3 RPMO 2003), während die Antragsgegnerin den Rang eines Kleinzentrums einnimmt (§ 11 Abs. 3 Nr. 1, Plansatz 2.5.11 (Z) LEP und Plansätze 2.1.5 (Z) RPMO). Als Kleinzentrum (niederste Zentralitätsstufe) ist der Antragsgegnerin aufgegeben, den häufig wiederkehrenden Bedarf ihres Verflechtungsbereichs zu decken, den Grundbedarf ihres Nahbereichs zu sichern, sich andererseits auf diesen begrenzten Sicherungsauftrag im Verhältnis zu Nachbargemeinden aber auch im Wesentlichen zu beschränken (Planziele a.a.O.). Für Einzelhandelsgroßprojekte mit nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten wird die Geltung des Konzentrations-, des Kongruenz- sowie das Integrationsgebotgebots besonders betont und die Verträglichkeit solcher Projekte ist nachzuweisen (2.5.3 Z (6) der Teilfortschreibung des RPMO v. 05.04.2006). Demnach sind derartige Projekte in Kleinzentren grundsätzlich unzulässig und in den höhern Zentren anzusiedeln (Konzentrationsgebot, 2.5.3 Z (2). Die Verkaufsfläche solcher Einzelhandelsgroßprojekte ist auf die Einwohnerzahl des jeweiligen zentralen Ortes und dessen Verflechtungsbereich abzustimmen (Kongruenzgebot, 2.5.3.Z (3). Solche Nahversorgungsbetriebe sind schließlich in sog. integrierten Lagen anzusiedeln (Integrationsgebot, 2.5.3. Z (4).
33 
Vorliegend kommt - mangels und vorbehaltlich einer ausreichenden Ermittlung und eines Verträglichkeitsnachweises - ein Verstoß der Antragsgegnerin gegen diese Planziele in einer für die Antragsbefugnis ausreichenden Weise in Betracht. Angesichts der Nähe des Plangebiets zu dem ihm versetzt gegenüberliegenden Sondergebiet mit einem großflächigen Vollsortimenter (...) und einem Lebensmitteldiscounter (...) und der im Plangebiet insgesamt möglichen Nutzungen mit beliebigen nahversorgungsrelevanten Sortimenten kann nicht ausgeschlossen werden, dass in der Gesamtheit im Wege der „Agglomeration“ ein Einzelhandelskomplex mit Auswirkungen entsteht, die raumordnerisch und städtebaulich denen eines Einzelhandelsgroßprojekts entsprechen und daher gegen das Planziel 2.5.3 Z (10) des RPMO verstoßen. Davon, dass dieses Planziel Z (10) offenkundig zu unbestimmt (und nicht bestimmbar) ist oder offensichtlich gegen höherrangiges Raumordnungsrecht verstößt, kann entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen nicht ausgegangen werden. Die in 2.5.3. Z (10) des RPMO angesprochene raumordnungsrechtliche (regional bedeutsame) Einzelhandelsagglomeration ist nach Wortlaut und Zweck der Bestimmung nicht abschließend mit den Kriterien des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 8.05 - zu § 11 Abs. 3 BauNVO zu erfassen. Denn dort geht es um die Abgrenzung/Zusammenfassung von Einzelvorhaben nach baulichen und betrieblich-funktionellen Gesichtspunkten (eigener Eingang, eigene Anlieferung etc.). Eine Zusammenrechnung mehrerer Betriebe soll demgemäß nur stattfinden, wenn die Gesamtfläche durch einen Einzelhandelsbetrieb als „Hauptbetrieb“ geprägt wird und auf den baulich abgetrennten Flächen zu dessen Warenangebot als „Nebenleistung“ ein Warenangebot hinzutritt, das in einem inneren Zusammenhang mit der „Hauptleistung“ steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt (vgl. auch Urteil vom 30.06.2004 - 4 C 3.03 -, BVerwGE 121, 205, 209). Diese Betrachtungsweise kann auf die Beurteilung der Auswirkungen von Bebauungsplänen für sortimentsbeliebigen Einzelhandel nicht übertragen werden, sie ist zu eng. Gerade unter dem Blickwinkel der Raumordnung ist im Hinblick auf die Außenwirkung eine betriebsübergreifende Bewertung angezeigt. Anders als im Bereich des § 11 Abs. 3 BauNVO ist zu fragen, ob eine funktionelle Gesamtheit, eine „Funktionseinheit“ vorliegt, deren Ausstrahlung sich etwa unter dem Gesichtspunkt einer Sortimentsergänzung, von Synergieeffekten oder auch einer Addition gleichartiger Sortimente ergeben kann (zur Verneinung des Kriteriums der „Funktionseinheit“ bei § 11 Abs. 3 BauNVO vgl. BVerwG, a.a.O.). Eine derartige funktional zu betrachtende regional bedeutsame „Agglomeration“ kann je nach den Verhältnissen im Einzelfall auch bei einer Häufung mehrerer kleinerer und für sich unter der Schwelle des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO liegender Betriebe anzunehmen sein. Kap. 2.5.3 Z (10) des RPMO spricht demgemäß auch nur von „Einzelhandelsbetrieben“ und auch in der Begründung hierzu wird darauf hingewiesen, dass es sich um eine „selbstständige regionalplanerische Festsetzung unabhängig von § 11 III BauNVO“ handelt (Anhangband zum Regionalplan S. 18). Diesen Unterschied zwischen dem (funktionalen) Agglomerationsbergriff und den Kriterien für die Bewertung einzelner Betriebe nach § 11 Abs. 3 BauNVO hat auch der Senat herausgestellt (vgl. Urteil vom 22.09.2005 - 3 S 1061/04 -, VBlBW 2006, 66 f. - zur Agglomeration in Ziff. 3.5 und 2.3.3 des Einzelhandelserlasses nach damaligem Verständnis). Einem solchen weiten Agglomerationsbegriff steht auch die Ermächtigungsnorm in § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 LplG im Wortlaut nicht entgegen. Die dort genannten Betriebstypen sind nicht abschließend, sondern haben nur Beispielcharakter („insbesondere“).
34 
Demnach ist die Möglichkeit, dass jedenfalls bei Verwirklichung aller zulässigen Nutzungen im Plangebiet in der Gesamtschau mit dem in nächster Nähe besehenden Einzelhandelsbesatz eine raumbedeutsame, im Kleinzentrum ... unzulässige Einzelhandelsagglomeration entsteht, weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht von der Hand zu weisen. Für Letzteres sprechen auch die in sich schlüssigen und im Kern übereinstimmenden fachlichen Stellungnahmen des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein (RVMO) und des Regierungspräsidiums Karlsruhe (höhere Raumordnungsbehörde). Nach Einschätzung des RVMO gehen zwar von einem in der Einheit 1 genehmigten …-Markt noch keine relevanten raumordnerischen Folgeeffekte aus; mit zwei weiteren Einzelhandelsnutzungen im zentren- und nahversorgungsrelevanten Bereich (insbesondere Lebensmittel) werde die Schwelle zur Agglomeration nach Z (10) aber überschritten und sei eine Verletzung der Ziele Z (2) (Konzentrationsgebot) und Z (3) (Kongruenzgebot) durch die Antragsgegnerin anzunehmen. Der Senat hält es ferner für möglich, dass eine Überschreitung der Zentrenbefugnisse der Antragsgegnerin zugleich auch geeignet sein kann, die Funktion der Antragstellerin als benachbartes Mittelzentrum zu beeinträchtigen. Als Mittelzentrum ist die Antragstellerin gehalten, die Versorgung ihres Stadt- und Verflechtungsgebiets mit Gütern des Grund- und des gehobenen Bedarfs sicherzustellen (vgl. 2.1.3 Z (2) LEP). Diese zentralörtliche Aufgabe nimmt sie schon jetzt nur unzureichend wahr. Unstreitig ist die Zentralität der Antragstellerin im Bereich Einzelhandel unterentwickelt, ihre mittelzentrale Funktion ist - angesichts einer Bindungsquote 2003 von 68 % und im Bereich Nahrungs- und Genussmittel von ca. 78 %, selbst wenn diese sich bis heute erhöht haben sollte - nicht ausgefüllt (vgl. Gutachten Dr. ... vom 06.11.2006). Demgegenüber ist die Zentralität der Antragsgegnerin bei Nahrungs- und Genussmitteln (nach Angaben der GMA: 144 - 145 %) weit überhöht und wird sich nach Verwirklichung gleichartiger Nutzungen im Plangebiet nochmals nicht unwesentlich erhöhen. Auch bei Errichtung von sonstigen Fachmärkten im Plangebiet, die im Bereich der Einheit 1 eine Verkaufsfläche von 800 qm und mehr erreichen könnten, wäre mit einer nicht unerheblichen Überversorgung zu rechnen, die auch Kaufkraft aus dem Bereich der Antragstellerin binden und damit die Möglichkeit einer weiteren Schwächung ihrer Zentralität begründen könnte (vgl. die Beispiele im Gutachten Dr. ... vom 06.11.2006, S. 15). Die Möglichkeit einer nicht nur geringfügigen Funktionsstörung der Antragstellerin ist damit jedenfalls in der für die Antragsbefugnis erforderlichen Weise dargelegt.
35 
4. Dem von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag braucht der Senat nicht nachzugehen. Denn das Beweisthema,
36 
„dass von einem ... - Lebensmittelmarkt mit ca. 750 qm Verkaufsfläche und zwei weiteren möglichen Einzelhandelsbetrieben mit einmal ca. 800 - 600 qm und einmal ca. 500 - 400 qm im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Kleinau“ der Antragsgegnerin nur geringfügige Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche der Antragstellerin (Innenstadt und Stadtteilzentrum Bad ...) ausgehen können“
37 
ist insoweit nicht entscheidungserheblich, als der Bebauungsplan im Westteil des Gewerbegebiets (Einheit 1) nicht lediglich einen Lebensmitteldiscounter der genannten Größenordnung, sondern auch deutlich größere (Verkaufsfläche über 800 qm) Einzelhandelbetriebe jeglichen Sortiments zulässt. Das Ergebnis des beantragten Gutachtens wäre daher bezüglich der Auswirkungen des Bebauungsplans nicht aussagekräftig. Im Übrigen hat der Senat die Antragsbefugnis nicht nur wegen möglicher Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche, sondern auch wegen einer möglichen Beeinträchtigung der Mittelzentrumsfunktion der Antragstellerin bejaht.
II.
38 
Der Antragstellerin steht auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse an der Durchführung des Verfahrens zur Seite. Wird der Bebauungsplan „Kleinau“ für unwirksam erklärt, so bringt ihr dies rechtliche, zumindest aber tatsächliche Vorteile. Zum einen lässt sich die Möglichkeit nicht ausschließen, dass sich die Rechtslage für Rechtsbehelfe der Antragstellerin gegen die - im Vorgriff auf den Bebauungsplan erteilte - Baugenehmigung vom 30.08.2006 verbessern kann (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23.04.2002 - 4 CN 3.01 -, NVwZ 2002, 1126; OVG Thüringen, NK-Urteil vom 20.12.2004 - 1 N 1096/03 -, BauR 2005, 1216 f.); dass diese Rechtsbehelfe im Eilverfahren gleichwohl ohne Erfolg bleiben (vgl. Beschluss des Senats vom heutigen Tag - 3 S 1119/07 -), steht dem nicht entgegen. Im Übrigen wären nach dem Bebauungsplan (anstelle des ...-Markts und auf den übrigen Flächen) auch Einzelhandelsbetriebe jeglichen Sortiments sowie sonstige wohnverträgliche Gewerbebetriebe jeglicher Art zulässig, die sich bei Planunwirksamkeit (und der Unwirksamkeit des Vorgängerplans) nicht ohne Weiteres nach § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung einfügen würden. Schließlich würde im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans der Weg bereitet für eine Neuplanung, die möglicherweise - nach Vervollständigung des derzeit defizitären Abwägungsmaterials (dazu nachfolgend) - Einzelhandelsbetriebe nur noch räumlich oder nach Sortimenten beschränkt zulassen würde. Auf diese Weise könnte die Antragstellerin ihrem Ziel, ein Gebiet für unbeschränkten Einzelhandel zu verhindern, in absehbarer Zeit zumindest teilweise durchaus näher kommen (vgl. dazu OVG Saarland, NK-Urteil vom 08.03.2007 - 2 N 2/06 -, Juris). Die Normenkontrolle wäre unter diesen Umständen nicht nutzlos, eine reale Chance, das Klageziel letztlich (teilweise) zu erreichen, wäre gegeben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.05.1993 - 4 NB 50.92 -, NVwZ 1994, 269).
B.
39 
Der Antrag ist auch begründet. Der Senat kann offen lassen, ob der Bebauungsplan „Kleinau“, wie oben angesprochen, gegen die gesetzliche und nicht überwindbare Schranke des § 1 Abs. 4 BauGB (Anpassungsgebot an Ziele der Raumordnung) verstößt, weil die Ansiedlung der zulässigen Einzelhandelsbetriebe sich in der Gesamtschau (Agglomeration) mit dem in nächster Nähe vorhandenen dichten Einzelhandelsbesatz als regional bedeutsames, mit den Zielen 2.5.3 Z (2), Z (3) und Z (10) des RPMO nicht zu vereinbarendes Einzelhandelsgroßprojekt darstellt (so die Einschätzung des Regionalverbands). Denn jedenfalls wird der Bebauungsplan hinsichtlich der potenziellen städtebaulichen und raumordnerischen Auswirkungen den Anforderungen des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB nicht gerecht (I.). Dies führt zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans (II.).
I.
40 
Nach § 1 Abs. 7 BauGB erfordert die Aufstellung eines Bebauungsplans eine umfassende und gerechte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend bereits BVerwG, Urteil vom 05.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) auf die Prüfung zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (kein Abwägungsausfall), ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (keine Abwägungsdisproportionalität, kein unrichtiges Abwägungsmaterial, keine rechtlich unzutreffende Bewertung) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessen Verhältnis steht. Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 155.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, a.a.O.). Diese Anforderungen beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auf das Abwägungsergebnis. Dabei ist gemäß § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abzustellen (hier: 24.07.2006).
41 
Vorliegend leidet der Bebauungsplan an einem Fehler im Abwägungsvorgang (1.), der auch i.S. von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss war (2.).
42 
1.a) Wie oben bereits dargelegt, ist der Gemeinderat der planenden Gemeinde verpflichtet, die erkennbaren städtebaulich bzw. raumordnungsrechtlich geschützten Belange der Nachbargemeinde - entsprechend ihrem Gewicht und ihrer Zuordnung - im Wege einer qualifizierten (§ 2 Abs. 2 BauGB) , jedenfalls aber im Wege einer „einfachen“ Abwägung (§ 1 Abs. 7) in den Abwägungsprozess einzustellen. Dabei sind die Auswirkungen des gesamten Spektrums der zulässigen Einzelhandelsnutzungen im Sinne eines - freilich realistischen - „worst case“ in den Blick zu nehmen und daraufhin zu prüfen, ob sich in der Summe - zumindest - mehr als geringfügige nachteilige Auswirkungen auf die städtebauliche Ordnung der Nachbargemeinde (verbrauchernahe Versorgung, Schaffung und Sicherung zentraler Versorgungsbereiche) oder (insbesondere) deren raumordnungsrechtliche Zentrenfunktion ergeben können. Solche Auswirkungen sind nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass der Bebauungsplan - wie hier - großflächige Einzelhandelsbetriebe ausschließt, von denen (einzelbetriebsbezogen) negative Auswirkungen im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO ausgehen können. Vielmehr ist auf der Planungsebene eine summierende Betrachtung jedenfalls dann geboten, wenn im Einzelfall in eine städtebaulich/raumordnerisch bereits hangreifliche Konfliktlage „hineingeplant“ und diese dadurch verschärft wird. Sind - nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere auch aufgrund von Einwendungen der beteiligten Träger öffentlicher Belange - Anhaltspunkte für eine nicht lediglich geringfügige Beeinträchtigung von Belangen der Nachbargemeinde vorhanden, so hat die planende Gemeinde sich über das Ausmaß der planbedingten Auswirkungen zu vergewissern, d.h. diese im Regelfall durch ein Gutachten zu ermitteln.
43 
b) Dem ist die Antragsgegnerin nicht gerecht geworden, weshalb ihr ein Mangel im Abwägungsvorgang vorzuwerfen ist. Die Antragsgegnerin hat sich mit einem im Auftrag der Firma ... erstellten Gutachten der GMA vom Januar 2005 begnügt. Gegenstand dieser Untersuchung war es - dem beschränkten Auftrag entsprechend - ausschließlich, „die städtebaulichen und raumordnerischen Auswirkungen“ aus der im Westteil des Plangebiets (Einheit 1) „geplanten Errichtung eines Lebensmittel-Discounters“ von ca. 800 qm Verkaufsfläche aufzuzeigen und damit offensichtlich den späteren Bauantrag für das am 30.08.2006 genehmigte Einzelvorhaben vorzubereiten. Dementsprechend werden dann nur konkret-vorhabenspezifische Untersuchungen zum Einzugsbereich (nur ..., ... und ...) und der dort vorhandenen Kaufkraft und zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Lebensmittel- und des Non-Food-Sortiments des Discounters angestellt. Dabei werden Auswirkungen (Kaufkraftabflüsse) auf die Antragstellerin im Lebensmittelbereich ersichtlich verneint und nur bezüglich des Non-Food Sortiments (Anteil von 26 - 27 %) mit „marginalen Überschneidungen“ bejaht. Von der bestrittenen Methodik bei der Abgrenzung des Einzugsbereichs abgesehen (der nahe gelegene und verkehrlich gut erreichbare Ortsteil Bad ... der Antragstellerin wird ausgeklammert) erfasst das Gutachten damit nur einen Ausschnitt der nach dem - erst später aufgestellten - Bebauungsplan zulässigen Einzelhandelsnutzungen. Es berücksichtigt nicht, dass sowohl am Standort des ...-Discounters (Einheit 1) als auch im übrigen Teil des Plangebiets (Einheiten 2 und 3) auch andere/zusätzliche Betriebe mit beliebigen - mithin auch nahversorgungs- und zentrenrelevante Sortimenten - errichtet werden dürfen.
44 
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hätte sich mit diesem vorhabenbezogenen Gutachten nicht begnügen dürfen, sondern hätte die Auswirkungen aller zulässigen Nutzungen in einer Gesamtschau ermitteln müssen. Die Begründung, eine weitergehende Untersuchung sei entbehrlich, weil im Gebiet - betriebsbezogen - nur Einzelhandel unterhalb der Schwelle des § 11 Abs. 3 BauNVO erlaubt sei und deshalb negative Auswirkungen auf die Antragstellerin „nach der Regelvermutung nicht zu erwarten seien“ (Stellungnahme zu Bedenken und Anregungen), geht fehl. Denn nach Lage der Dinge bestanden gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass derartige Auswirkungen - gebietsbezogen - in nicht nur geringfügigem Umfang eintreten könnten, weil der Bebauungsplan in eine konfliktbeladene Lage „hineingeplant“ worden ist. Diese Lage ist bereits oben beschrieben worden. Sie zeichnet sich aus durch die Existenz des in unmittelbarer Nähe liegenden Einzelhandelssondergebiets (mit ... und ...), die Existenz des Einkaufszentrums im Stadtteil ..., durch die außergewöhnlich hohe Überversorgung der Antragstellerin im nahversorgungs- und zentrenrelevanten Einzelhandel, durch die Nähe und gute Erreichbarkeit des Plangebiets von ... aus (auch für Einpendler aus Richtung A 5) und durch die sehr gute Einsehbarkeit des Plangebiets von der Hauptverkehrsachse aus (so GMA-Gutachten von 1/05). Nicht nur die Antragstellerin hat auf diese Gesichtspunkte klar und unmissverständlich hingewiesen, sondern auch das Regierungspräsidium und vor allem der Regionalverband haben insofern substantielle rechtliche Bedenken erhoben. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin konnte auch nicht davon ausgehen, dass diese Bedenken offenkundig unbegründet seien, ein umfassendes Folgengutachten die Unbedenklichkeit des Bebauungsplans daher offenkundig nur bestätigen werde und daher entbehrlich sei. Gegen eine solche eindeutige Schlussfolgerung sprechen die Aussagen in den Stellungnahmen von Dr. ... vom 06.11.2006 und vom 12.03.2007. Darin kommt er zum Ergebnis, dass der im Bereich Nahrungs- und Genussmittel schon jetzt hohe Kaufkraftabfluss aus ... (4 bis 6 %) und dem Stadtteil Bad ... (16 - 28 %) sich gebietsbezogen weiter verschärfen werde, auch wenn „im Einzelfall noch keine Unverträglichkeit feststellbar sein mag“. Ferner ergebe sich am Beispiel dreier im Plangebiet zulässiger Märkte (Schuhe, Spielwaren, Drogerieartikel) auch in diesen Sortimenten eine Überversorgung der Antragsgegnerin, welche die Bemühungen der Antragstellerin konterkarieren würde, „sich im Bereich der nahversorgungsrelevanten Sortimente zumindest selbst zu versorgen und im Bereich der Sortimente des mittel-/langfristigen Bedarfs ihrer Aufgabe als Mittelzentrum gerecht zu werden“(Stellungnahme vom 12.03.2007). Die neueste Stellungnahme der GMA vom Juni 2007 ist nicht geeignet, diese Aussagen überzeugend zu entkräften. Denn auch sie bezieht sich - auftragsgemäß - wiederum nur auf die Auswirkungen des projektierten ...-Marktes.
45 
2. Das somit feststehende Abwägungsdefizit ist auch beachtlich nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB. Dass weitere Ermittlungen zu den gebietsbezogenen Auswirkungen unterlassen wurden, ist offensichtlich und es besteht auch die konkrete Möglichkeit, dass der Gemeinderat bei ordnungsgemäßer Erhebung des Abwägungsmaterials je nach Ausgang des Gutachtens abweichende Festsetzungen im Gewerbegebiet - sei es durch räumliche oder durch Sortimentsbeschränkungen oder noch weitergehende Ausschlussregelungen - getroffen hätte.
46 
Wegen des Abwägungsfehlers sind die Festsetzungen im Bereich des Gewerbegebiets unwirksam. Dem Hilfsbeweisantrag der Antragsgegnerin und der Beigeladenen war auch insoweit nicht nachzugehen. Zum einen krankt das Beweisthema auch hier daran, dass es nicht die vollen Auswirkungen der zulässigen Nutzungen erfasst. Zum anderen nimmt es das Ergebnis des unterlassenen Gutachtens vorweg und ist auch deswegen nicht entscheidungserheblich.
II.
47 
Die Unwirksamkeit der Festsetzungen im Gewerbegebiet (nördlicher Planbereich) zieht auch die Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans nach sich. Die Ungültigkeit einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans führt nur dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit des Plans, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und wenn zusätzlich die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (st. Rechtspr. vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.03.1993 - 4 NB 10.91 -, BRS 55, Nr. 30 = NVwZ 1994, 271 f.). Vorliegen mögen die restlichen Festsetzungen des Bebauungsplans „Kleinau“ (Allgemeines Wohngebiet mit Erschließungsanlagen) noch geeignet sein, eine sinnvolle städtebauliche Ordnung - teilweise - zu bewirken. Es kann jedoch nicht angenommen werden, dass der Gemeinderat das südliche Plangebiet in Kenntnis der Unwirksamkeit des Gewerbegebiets unverändert ausgewiesen hätte. Dies gilt vor allem für die Erschließungsstraße („Öffentliche Straße“) in der Mitte des Plangebiet, die derzeit nach Lage und Dimensionierung zur Erschließung beider Gebietsteile angelegt ist.
C.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO. Die Kosten zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen waren entsprechend den jeweiligen Unterliegensanteilen derart zu teilen, dass die Antragsgegnerin die Gerichtskosten, ihrer eigenen und die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu übernehmen hat und die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten auf sich behält.
49 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.