Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Nov. 2016 - 3 S 1184/16

bei uns veröffentlicht am30.11.2016

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. April 2008 - 5 K 2146/06 - geändert.

Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 06.03.2006 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 06.06.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.05.2006 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin entsprechend ihrem Antrag vom 07.07.2005 eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des im Untergeschoss der Kirche, ... Straße ... in K..., gelegenen Lagerraums in eine Krypta zu erteilen.

Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 gegen das Urteil vom 15. April 2008 werden zurückgewiesen.

Die Beklagte und die Beigeladene Ziff. 1 tragen die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in allen Rechtszügen zu je 1/2. Im Übrigen behalten die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen jeweils auf sich.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Begräbnisstätte (Krypta) in einer im Industriegebiet gelegenen Kirche.
Die Klägerin ist eine als eingetragener Verein organisierte Pfarrgemeinde der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien mit derzeit etwa 600 Mitgliedern. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. ... (... Straße ...) auf der Gemarkung der Beigeladenen Ziff. 1. Nach Erteilung des Einvernehmens der Beigeladenen Ziff. 1 genehmigte die Beklagte der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Jahre 1994 die Errichtung einer Kirche mit zwei Obergeschossen, einem Untergeschoss und Glockentürmen sowie den Bau eines Versammlungsraums auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... Die ursprünglich auch vorgesehene Einrichtung eines Mausoleums bzw. einer Krypta mit zehn Begräbnisplätzen im Untergeschoss der Kirche stellte die Rechtsvorgängerin der Klägerin angesichts des insoweit versagten Einvernehmens der Beigeladenen Ziff. 1 zunächst zurück. In den genehmigten Plänen ist der betreffende Bereich an der Kirchenostseite als Abstellraum bezeichnet.Die anschließend errichtete und auf der Grundlage einer im Jahre 1997 erteilten Nachtragsbaugenehmigung mit ca. 300 Sitzplätzen im Kirchenschiff ausgestattete Kirche wird seither als solche genutzt.
Das Kirchengrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ und „Beim Fürfelder Zollstock“ von 1970, der das gesamte Plangebiet als Industriegebiet (GI) ausweist. Er ist Teil des - durch spätere Erweiterungen schrittweise vergrößerten - Plangebiets „Industriegebiet K...“. Nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sind dort Ausnahmen nach § 9 Abs. 3 BauNVO und Nebenanlagen nach § 14 BauNVO zugelassen. Auf den die Kirche umgebenden Grundstücken befinden sich ein Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten, dessen 85 Mitarbeiter im Schichtbetrieb arbeiten, und der metallverarbeitende Betrieb mit Gießerei der Beigeladenen Ziff. 2, in dem rund 250 Mitarbeiter beschäftigt sind. In der Umgebung finden sich ferner ein Betonwerk und ein Großbetrieb für Dichtungstechnik mit etwa 150 Mitarbeitern.
Im Juli 2005 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Genehmigung für den Einbau einer Krypta als „privaten Bestattungsplatz ausdrücklich ausschließlich für verstorbene Geistliche“ in den bereits in der Vergangenheit hierfür vorgesehenen Abstellraum im Untergeschoss ihrer Kirche. Das mit der ursprünglichen Planung von 1994 identische Vorhaben betrifft den Einbau von zehn Grabkammern in Wandnischen, die nach Beisetzung durch dicht verfugte Stahlbetonplatten zur Raumseite hin verschlossen und mit beschrifteten Marmorverkleidungen versehen werden sollen. Im Freiraum vor den Sarkophagen sollen zu bestimmten Zeiten Gedenkgebete für die Verstorbenen gesprochen werden. Zur Bestätigung der kirchenrechtlichen Erforderlichkeit einer solchen Priesterbegräbnisstätte legte die Klägerin Stellungnahmen eines Theologen, eines Kunsthistorikers und eines Kirchenrechtlers vor. Nach den eingereichten Plänen ist ein Zugang zu der Krypta nur von außen über eine auf ihrer Nordseite vorhandene Treppe vorgesehen. Die Be- und Entlüftung des Innenraums soll durch drei bereits vorhandene Drehkippfenster sowie zusätzlich über das Dach erfolgen.
Das Gesundheitsamt beim Landratsamt Heilbronn stimmte der Krypta aus hygienischer Sicht unter Auflagen zu. Der Gemeinderat der Beigeladenen zu 1. versagte am 17.10.2005 erneut sein Einvernehmen in bau- und zugleich in bestattungsrechtlicher Hinsicht (§ 9 BestattG). Die Beklagte lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 06.3.2006 wegen des fehlenden Einvernehmens ab. Der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.
Mit Urteil vom 15.4.2008 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide verpflichtet, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die vorgesehene Bestattungsart entspreche althergebrachter Tradition der Syrisch-Orthodoxen Kirche. Eine Ausnahme sei nicht schon deswegen unzulässig, weil die Krypta im Industriegebiet gebietsunverträglich sei. Denn die genehmigte Kirche präge das Industriegebiet bereits mit. Eine über den bisherigen Bestand hinausgehende Unverträglichkeit mit dem Baugebietscharakter werde durch die Umnutzung im Kircheninneren nicht hervorgerufen.
Gegen den sie jeweils beschwerenden Teil des Urteils haben die Klägerin einerseits sowie die Beklagte und die Beigeladene Ziff. 1 andererseits die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt.
Der Senat hat mit Urteil vom 9.11.2009 - 3 S 2679/08 - die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage insgesamt unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin abgewiesen. Die Umwandlung des Abstellraums in eine Krypta stelle eine genehmigungspflichtige, aber nicht genehmigungsfähige Nutzungsänderung dar. Sie sei im fraglichen Industriegebiet weder allgemein zulässig, noch könne sie im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die vom Senat zugelassene Revision eingelegt, die sie auf eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 3 Abs. 1 sowie ihrer Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 140 GG i. V. mit Art. 137 ff. WRV gestützt hat. Mit Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des erkennenden Senats aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Die Nutzungsänderung von einer Kirche ohne Krypta in eine Kirche mit Krypta habe der Verwaltungsgerichtshof zwar zu Recht weder als allgemein noch als ausnahmsweise zulässig erachtet. Die Verneinung des Befreiungstatbestandes des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB werde von den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs jedoch nicht getragen.
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Der Gemeinderat der Beigeladenen Ziff. 1 hat in der Sitzung vom 21.03.2011 erneut das Einvernehmen zur Errichtung einer Krypta versagt. Ferner hat die Beklagte durch Bescheid vom 06.06.2011 den Ablehnungsbescheid vom 06.03.2006 ergänzend begründet.
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Daraufhin hat der Senat nach Einnahme eines Augenscheins mit Urteil vom 20.7.2011 - 3 S 465/11 - wiederum die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin abgewiesen. Die weder allgemein noch ausnahmsweise zulässige Nutzungsänderung könne auch nicht im Wege einer Befreiung zugelassen werden. Zum einen würden durch eine Befreiung die Grundzüge der Planung berührt. Zum anderen sei die Befreiung nicht durch Belange des Wohls der Allgemeinheit gefordert. Schließlich sei die Abweichung unter Würdigung der nachbarlichen Interessen, insbesondere der Interessen des unmittelbar benachbarten holzverarbeitenden Betriebes, auch nicht mit öffentlichen Belangen vereinbar.
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Die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 27.6.2013 - 4 B 43.11 - zurückgewiesen.
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Auf die von der Klägerin eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 9.5.2016 - 1 BvR 2202/13 - das Urteil des erkennenden Senats aufgehoben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
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Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin könne sich auf den Schutz der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen. Zu den grundrechtlich geschützten Betätigungen gehöre auch die Bestattung kirchlicher Würdenträger nach bestimmten glaubensgeleiteten Riten und die dementsprechende Totensorge einschließlich der alter syrisch-orthodoxer Kirchenlehre entsprechenden Hauskirchenbestattung von Priestern, hier in der zur Genehmigung gestellten Krypta. Zwar sei die Glaubensfreiheit nicht schrankenlos gewährleistet. Einschränkungen müssten sich jedoch aus der Verfassung selbst ergeben. Hierzu zählten die Grundrechte Dritter sowie Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang. Zu den immanenten Schranken der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit gehörten die Beschränkungen, die im Bauordnungs- und Bauplanungsrecht ihren Ausdruck fänden. Die Ausnahmeregelung des § 31 Abs. 1 BauGB und die Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB seien allerdings im Einzelfall unter besonderer Berücksichtigung von Wirkkraft und Tragweite der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit auszulegen und anzuwenden. Dabei könnten auch gegenläufige verfassungsrechtlich verankerte Schutzgüter in die Bewertung einzubeziehen sein. Bei auftretenden Spannungsverhältnissen müsse unter Berücksichtigung des Toleranzgebots im Wege praktischer Konkordanz ein Ausgleich gefunden werden. Dabei seien die kollidierenden verfassungsrechtlichen Positionen in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und so zu begrenzen, dass sie möglichst weitgehend wirksam würden. Andernfalls sei unter Berücksichtigung der falltypischen Gestaltung zu entscheiden, welches Interesse zurückzutreten habe. Die Herstellung praktischer Konkordanz werde auch durch das baden-württembergische Bestattungsrecht nicht gehindert, da dieses etwa in den §§ 9, 2 ff. BestattG ebenfalls auslegungs- und ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriffe enthalte.
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Eine verfassungsimmanente Schranke der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ergebe sich vorliegend nicht aus dem postmortalen Achtungsanspruch im Sinne des Art. 1 Abs. 1 GG. Denn dieser sei nicht in eingriffserheblicher Weise tangiert. Die umgebungsgeschuldete gewerbliche Betriebsamkeit betreffe nicht den Kernbereich der Menschenwürde, so dass für die Frage des Vorliegens einer Beeinträchtigung dem ggfs. auch nur mutmaßlichen Willen des vermeintlich Betroffenen hinlängliches Gewicht beizumessen sei. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte sei hier anzunehmen, dass Geistliche im Dienste der Klägerin ihre personale Würde gerade im untrennbaren Zusammenhang mit ihrer Berufung und den ihrem Glauben zu Grunde liegenden Regeln sähen. Im Übrigen verdiene Berücksichtigung, dass die glaubenssatzgetreue Beisetzung unter dem Altar in der beantragten Weise eine besonders würdevolle Form der Bestattung darstelle, die unter Umständen wahrnehmbare Immissionen bei der Entscheidung zu verdrängen vermöge. Nichts anderes gelte für die ebenfalls über Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Totenruhe. Ebenso wenig stehe das Pietätsempfinden der Hinterbliebenen oder der Allgemeinheit einer Verwirklichung der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin im Wege. Mit Blick auf die Hinterbliebenen liege eine Betroffenheit des Kernbereichs des nach Art. 2 Abs. 1 GG und ggfs. durch Art. 4 GG verstärkt geschützten würdigen Totengedenkens infolge einer nur drohenden Lärmbelästigung eher fern, so dass Raum für eine individuelle Definition würdigen Totengedenkens verbleibe. Im Übrigen bestehe die Möglichkeit der Eingriffseinwilligung bzw. des Grundrechtsausübungsverzichts. Das Pietätsempfinden der Allgemeinheit und der Grundstücksnachbarn lasse sich den Grundrechten der Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, da es sich hierbei nicht um einen Gemeinschaftswert von Verfassungsrang handle. Als verfassungsimmanente Schranken seien vorliegend allein der Schutz des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und der Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG der Nachbarbetriebe berücksichtigungsfähig. Das Eigentumsgrundrecht der Nachbarn könne berührt werden, wenn künftig etwa durch die Klägerin initiierte oder eingeforderte Auflagen drohten, die den Betrieben abverlangen könnten, ihre Betriebsstätten nur unter bestimmten Maßgaben zu nutzen oder zu gewissen Zeiten gar nicht zu betreiben. Nicht geschützt seien hingegen etwaige künftige Betriebserweiterungen. Die Berufsausübungsfreiheit werde durch etwa zu besorgende Lärmschutzauflagen oder Einschränkungen der Betriebszeiten von Maschinen ebenfalls betroffen.
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Allerdings sei bislang nicht deutlich gemacht, inwieweit allein die Einrichtung der auf zehn Begräbnisplätze für Gemeindepfarrer beschränkten Krypta im Untergeschoss über die derzeitige Nutzung der Kirche hinaus mit Blick auf den Eigentumsschutz und die Berufsfreiheit der Nachbarbetriebe konkrete weitere und zudem nennenswerte Auswirkungen auf den mit der ursprünglichen Planung verfolgten Interessenausgleich habe. Auch sei es nicht zulässig, der Klägerin den zwingenden Charakter der Hauskirchenbestattung abzusprechen. Ferner sei nicht erkennbar, dass bei Einschätzung der Wahrscheinlichkeit des zukünftigen Erlasses betriebseinschränkender Auflagen die industrielle Vorbelastung des Baugebiets aus Sicht der Klägerin beachtet worden sei. Ebenso wenig sei ersichtlich, worin konkret bei Ausklammerung der nicht berücksichtigungsfähigen Belange des Ruheschutzes von Begräbnisstätten der graduelle Unterschied im Ausmaß der nachbarlichen Rücksichtnahmepflichten zwischen einer Kirche mit und einer solchen ohne Krypta liegen solle. Nicht einbezogen seien eigene Abhilfemöglichkeiten der Klägerin durch - auch bauliche - Maßnahmen. Gleiches gelte für die Möglichkeit einer Auflage zur Baugenehmigung, mit der eine Duldungsbaulast abverlangt werden könne bzw. ein freiwilliger Verzicht der Klägerin auf immissionsrechtlichen Schutz.
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In seiner Sitzung vom 24.7.2016 hat der Gemeinderat der Beigeladenen Ziff. 1 für eine genauer bezeichnete und im Abgrenzungs- bzw. Lageplan vom 25.7.2016 dargestellte Mehrzahl von Grundstücken im Gebiet der Bebauungspläne „Industriegebiet", „Industriegebiet, 1. Änderung" und Industriegebiet, 5. Änderung", darunter auch das Grundstück der Klägerin, die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens „Industriegebiet, 6. Änderung" beschlossen. Ziel der Planung ist es nach der Sitzungsniederschrift, Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zukünftig nicht mehr zuzulassen, um die Möglichkeiten der freien Berufsausübung und der gewerblichen Freiheit nicht zu gefährden. Gleichfalls am 24.7.2016 hat der Gemeinderat für den Bereich des künftigen Bebauungsplans „Industriegebiet, 6. Änderung" den Erlass einer Veränderungssperre als Satzung beschlossen. Der Aufstellungsbeschluss und die am 24.7.2016 vom Bürgermeister der Beigeladenen Ziff. 1 ausgefertigte Satzung sind am 28.7.2016 im amtlichen Mitteilungsblatt der Beigeladenen Ziff. 1 öffentlich bekannt gemacht worden.
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Die Klägerin verweist auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und trägt ergänzend vor, der Betrieb der Beigeladenen Ziff. 2 arbeite nach ihren Beobachtungen in einem Zweischichtbetrieb von ca. 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr, regelmäßig nicht am Wochenende. Der holzverarbeitende Betrieb arbeite ähnlich. Ein vom Bundesverfassungsgericht angesprochener weiterer Betrieb liege über einen Kilometer entfernt, so dass unter keinem denkbaren Gesichtspunkt Immissionskonflikte mit der Krypta zu erwarten seien. Die Kirche selbst werde intensiv genutzt, ohne dass es jemals zu Konflikten zwischen der Kirchengemeinde und den umliegenden Nutzungen gekommen sei. Ein auch nur gradueller Unterschied hinsichtlich der erforderlichen Rücksichtnahme sei im Vergleich der Nutzung der Kirche ohne Krypta und der Nutzung der Kirche ohne Krypta nicht ersichtlich.
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Darüber hinaus habe sie gegenüber der Beklagten schriftliche Erklärungen abgegeben, nach denen sie sich zum einen verpflichte, in der Krypta eine Lüftungsanlage sowie Schallschutzfenster zu installieren und die Fenster während religiös motivierter Veranstaltungen in dem besagten Raum geschlossen zu halten. Zum anderen habe sie die dauerhafte Verpflichtung als Baulast auf das Baugrundstück übernommen, die Immissionen der nach dem Bebauungsplan „Industriegebiet, dritte Änderung und Erweiterung“ zulässigen Betriebe zu dulden und auf Abwehransprüche zu verzichten, soweit die Betriebe die Anforderungen an das zulässige Immissionsniveau im ausgewiesenen Industriegebiet einhielten. Schließlich habe sie alternativ, also ohne Rücknahme des bisherigen Nutzungsänderungsantrages, die Genehmigung eines weiteren Zugangs in die Krypta aus dem Kircheninneren beantragt und erklärt, der Zugang von außen dürfe für alle Anlässe des Totengedenkens oder sonstige religiös motivierte Nutzungen in der Krypta nicht genutzt werden. Hierzu hat die Klägerin dem Gericht die vorbereiteten und in der mündlichen Verhandlung die vom Vorstand unterschriebenen Erklärungen vorgelegt sowie erklärt, diese seien gemeinsam bei der Beklagten eingereicht worden.
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Die Veränderungssperre stehe der Erteilung der begehrten Baugenehmigung nicht entgegen. Denn sie sei unwirksam, da die Bauleitplanung nicht erforderlich sei und der beabsichtigte Bebauungsplan gegen das Gebot der gerechten Abwägung verstoße. Ferner bestehe ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre. Denn überwiegende öffentliche Belange stünden einer solchen Ausnahme nicht entgegen, da es keinen graduellen Unterschied im Ausmaß der nachbarlichen Rücksichtnahmepflichten zwischen einer Kirche ohne und einer Kirche mit Krypta gebe. Angesichts der in Rede stehenden Religionsausübungsfreiheit sei das Ermessen der Baurechtsbehörde zu ihren Gunsten auf Null reduziert.
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Sie habe danach einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung unter Erteilung einer Ausnahme bzw. einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans. Denn Grundrechte der Nachbarn würden durch die zusätzliche Einrichtung der Krypta nicht beeinträchtigt. Dies gelte nicht nur für das Eigentumsgrundrecht und die Berufsausübungsfreiheit, sondern auch für die Religionsausübungsfreiheit der Nachbarn. Soweit ein Grundstücksnachbar vortrage, seine christliche Wertvorstellung verbiete es ihm, seinen Industriebetrieb mit den einhergehenden Lärm- und Abgasimmissionen direkt neben der Krypta zu betreiben, sei dessen Pietätsempfinden angesprochen, das vom Bundesverfassungsgericht als nicht kollisionsfähig mit der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin beurteilt worden sei. Einer Beweiserhebung bedürfe es daher nicht.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15.4.2008 - 5 K 2146/06 - zu ändern, den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 6.3.2006 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 6.6.2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 4.5.2006 aufzuheben sowie
die Beklagte zu verpflichten, ihr entsprechend ihrem Antrag vom 7.7.2005 eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des im Untergeschoss der Kirche gelegenen Lagerraums in eine Krypta zu erteilen,
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihr entsprechend ihrem Antrag vom 7.7.2005 eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des im Untergeschoss der Kirche gelegenen Lagerraums in eine Krypta in der Fassung des alternativ gestellten Antrags mit Zugang zur Krypta über den Kircheninnenraum zu erteilen
und die Berufungen der Beklagten sowie der Beigeladenen Ziff. 1 zurückzuweisen.
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Die Beklagte und die Beigeladene Ziff. 1 beantragen,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15.4.2008 - 5 K 2146/06 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
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Die Beklagte hält die erlassene Veränderungssperre für wirksam. Insbesondere werde das Planungsziel, die Berufsausübungsfreiheit und die Eigentumsrechte im Geltungsbereich des fraglichen Industriegebiets nicht weiter einzuschränken, durch den Ausschluss der nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungen gefördert. Ein Anspruch auf Ausnahmeerteilung bestehe nicht. Denn die Zulassung der Krypta stehe dem Planungsziel der Beigeladenen Ziff. 1 entgegen. Hieran ändere auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nichts. Diese betreffe nämlich die Frage der Ausnahme nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht.
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Unabhängig von der Veränderungssperre müsse geklärt werden, welcher Stellenwert dem religiösen Empfinden der Betriebsinhaber, der Grundstückseigentümer sowie der Beschäftigten im Industriegebiet zukomme und inwieweit dieses Empfinden einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB entgegenstehe. Es zähle zum Schutzbereich der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der evangelischen und katholischen Kirche, die Totenruhe zu achten und sie nicht durch lärmende oder andere die Totenruhe beeinträchtigende Emissionen zu stören. Dies habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung nicht berücksichtigt.
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Der hilfsweise gestellte Klageantrag sei unzulässig. Im Gegensatz zu den weiteren Verpflichtungs- und Duldungserklärungen der Klägerin, die ihr nicht vorlägen, sei der alternativ gestellte Bauantrag zwar bei ihr eingegangen. Jedoch handle es sich bei diesem um ein aliud zu dem bisherigen Bauantrag, so dass zunächst ein baubehördliches Genehmigungs- und ggfs. Widerspruchsverfahren durchzuführen sei.
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Die Beigeladene Ziff. 1 trägt ergänzend vor, das Gebot, die Totenruhe zu achten zähle zur Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aller christlichen Kirchen. Gleiches gelte für Angehörige des jüdischen oder muslimischen Glaubens. Beschäftigte, die in unmittelbarer Nähe der Krypta mit lauten Maschinen arbeiteten, würden damit in erhebliche Gewissens- und Glaubensnöte geraten. Zur Bestätigung legen sie ein Schreiben des Geschäftsführers des der Kirche benachbarten holzverarbeitenden Betriebes vom 12.8.2016 sowie weitere Schreiben dieser Firma vor. Ein der Würde des Friedhofs entsprechendes Verhalten werde im Übrigen auch von den in nahezu allen baden-württembergischen Kommunen geltenden Friedhofssatzungen gefordert.
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Die Beigeladene Ziff. 2 stellt keinen Antrag. In der Sache hat sie - noch im Verfahren 3 S 465/11 - ihre Besorgnis geäußert, die in einem Industriegebiet zulässigen und notwendigen Nutzungsmöglichkeiten könnten bei Genehmigung der Krypta beschränkt und die im Vertrauen auf den Fortbestand Industriegebiets angesiedelten Unternehmen als Störer betrachtet würden. Dies sei nicht akzeptabel.
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Die im parallelen Verfahren auf Erteilung einer bestattungsrechtlichen Genehmigung für die vorgesehene Begräbnisstätte vom 1. Senat des erkennenden Verwaltungsgerichtshofs nach für die Klägerin negativem Ausgang des Verwaltungs-, Widerspruchs- und erstinstanzlichen Verwaltungsgerichtsverfahrens zugelassene Berufung - 1 S 1594/13 - ruht derzeit mit Rücksicht auf den vorliegenden Rechtsstreit.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Verwaltungsgerichts Stuttgart sowie die beigezogenen einschlägigen Baugenehmigungsakten, Widerspruchsakten und Bebauungsplanakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
33 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist mit ihrem Hauptantrag begründet. Die gleichfalls zulässigen Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 bleiben hingegen ohne Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf die begehrte Genehmigung einer Umnutzung des im Untergeschoss ihrer Kirche gelegenen Abstellraums in eine Krypta mit zehn Bestattungsplätzen. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten vom 6.3.2006 und vom 6.6.2011 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 4.5.2006 sind daher rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte ist dementsprechend unter Änderung des erstinstanzlichen Bescheidungsurteils und Aufhebung der genannten Bescheide zu verpflichten, der Klägerin entsprechend ihrem Antrag vom 7.7.2005 eine Baugenehmigung für die geplante Nutzungsänderung zu erteilen.
34 
Bei der vorgesehenen Nutzungsänderung handelt es sich um ein nach § 49 i. V. mit § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO genehmigungspflichtiges Vorhaben; Ausnahmen von der Genehmigungspflicht i. S. der §§ 50, 51, 49 und 70 LBO liegen nicht vor. Die mithin erforderliche Baugenehmigung ist nach § 58 LBO (zwingend) zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (Satz 1). Soweit § 52 LBO - wie hier - keine Anwendung findet, sind dabei alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu prüfen, die Anforderungen an das Bauvorhaben enthalten und über deren Einhaltung nicht eine andere Behörde in einem gesonderten Verfahren durch Verwaltungsakt entscheidet (Satz 2).
35 
Danach ist der Klägerin die im vorliegenden Verfahren unbedingt begehrte Baugenehmigung zu erteilen. Denn dieser Genehmigung stehen keine dem materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde unterfallende Vorschriften des öffentlichen Rechts entgegen.
36 
1. Das Vorhaben der Klägerin ist bauplanungsrechtlich zulässig. Die beabsichtigte Nutzungsänderung verstößt zwar gegen den für den fraglichen Bereich bislang geltenden Bebauungsplan „Industriegebiet“ aus dem Jahre 1970. Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen dieses Bebauungsplans (1.1.). Nicht anders verhält es sich bei Berücksichtigung der von der Beigeladenen Ziff. 1 mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung" vorgesehenen Änderungen (1.2.), weshalb eine Ausnahme von der am 24.7.2016 beschlossenen Veränderungssperre zuzulassen ist (1.3.).
37 
1.1. Die vorgesehene Nutzungsänderung ist mit Blick auf den geltenden, am 7.8.1971 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Industriegebiet“ vom 06.11.1970 zwar nicht allgemein oder ausnahmsweise zulässig. Jedoch ist der Klägerin für die besagte Nutzungsänderung eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu erteilen.
38 
1.1.1. Dieser Beurteilung hat der Senat sowohl den ihn bindenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 (ZfBR 2016, 582 ff.) als auch das gleichfalls Bindungswirkung entfaltende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 (BVerwGE 138, 166 ff.) zu Grunde zu legen.
39 
1.1.1.1. Nach § 31 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 - BVerfGG - (BGBl. I S. 1473) binden die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden. Zu diesen Entscheidungen gehören auch Beschlüsse einer Kammer des Bundesverfassungsgerichts, durch die einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben wird, weil ein solcher Beschluss nach § 93 c Abs. 1 Satz 2 BVerfGG einer Entscheidung des Senats gleichsteht. Die Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG soll eine verbindliche einheitliche Auslegung des Grundgesetzes sicherstellen. Daher beansprucht sie über den entschiedenen Fall hinaus Geltung in allen künftigen Fällen. Sie umfasst den Tenor der Entscheidung, d. h. die nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG zu treffende Feststellung, welche Vorschrift des Grundgesetzes durch welche Handlung oder Unterlassung verletzt wurde. Darüber hinaus erstreckt sich die Bindungswirkung auf die den Feststellungsausspruch tragenden Gründe, soweit diese Auslegung und Anwendung des Grundgesetzes betreffen. Rechtssätze dieses Inhalts geben auch Maßstäbe und Grenzen für die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts vor (stRspr; vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.6.1975 - 2 BvR 1018/74 - BVerfGE 40, 88 ff. u. v. 16.3.2005 - 2 BvL 7/00 - BVerfGE 112, 268 ff.; vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 21.9.2016 - 6 C 2.15 - juris).
40 
1.1.1.2. Nichts anderes gilt im Ergebnis für das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010.
41 
Zwar hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 ausgeführt, das in der Berufungsinstanz ergangene Urteil des erkennenden Senats (vom 20.7.2011) habe die vorangegangenen angegriffenen Entscheidungen prozessual überholt (RdNr. 80, Umdruck S. 29) und zählt zu diesen vorangegangenen angegriffenen Entscheidungen auch das in Rede stehende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010. Indes nimmt die damit vertretene Rechtsansicht, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 habe sich erledigt, nach den oben gemachten Ausführungen nicht an der Bindungswirkung des verfassungsgerichtlichen Beschlusses teil. Denn sie ist kein tragender Grund für die Feststellung des ausgesprochenen Grundrechtsverstoßes und trägt im Übrigen - da das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht zurückgewiesen hat - auch keinen sonstigen Entscheidungsausspruch. Darüber hinaus betrifft sie auch nicht die Auslegung und Anwendung des Grundgesetzes, sondern allein die Auslegung und Anwendung einfachen Prozessrechts.
42 
In der Sache ist eine Erledigung des Urteils vom 18.11.2010, mit dem das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Senats vom 9.11.2009 aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den erkennenden Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen hat, nicht eingetreten. Denn von ihm gehen auch nach Erlass des Urteils des Senats vom 20.7.2011 Rechtswirkungen aus.
43 
So kann nämlich die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerade auf eine durch die erneute Entscheidung des Vordergerichts hervorgerufene Verletzung der Bindungswirkung des § 144 Abs. 6 VwGO gestützt werden (vgl. Eichberger/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, RdNr. 116 zu § 144; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, RdNr. 12 zu § 144).
44 
Diese Bindungswirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 ist ihrerseits nicht entfallen. Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 keine Rechtsauffassung zu entscheidungserheblichen Rechtsfragen vertreten, die von derjenigen in dem zurückverweisenden Revisionsurteil grundsätzlich abweicht (vgl. zur Befreiung der Vorinstanz von der Bindungswirkung in derartigen Fällen wiederum Eichberger/Bier, a. a. O., RdNr. 126 zu § 144).
45 
Gebunden ist der Senat danach an die der Aufhebung und Zurückverweisung zugrunde liegende rechtliche Beurteilung des Falles durch das Bundesverwaltungsgericht. Die Bindung umfasst die der Entscheidung unmittelbar zu Grunde liegende rechtliche Würdigung und auch die dem vorausliegenden Gründe, soweit diese notwendige Voraussetzung für die unmittelbaren Aufhebungsgründe waren (vgl. auch hierzu W.-R. Schenke, a. a. O., RdNr. 12 zu § 144).
46 
1.1.2. Die vorgesehene Erweiterung der genehmigten und von der Klägerin auch entsprechend genutzten Kirche um eine Krypta im Untergeschoss der Gebäudeostseite ist nach den §§ 30, 31 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „Industriegebiet“ vom 6.11.1970 weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. An dieser vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 ausdrücklich verfassungsrechtlich nicht beanstandeten Beurteilung (RdNr. 65, Umdruck S. 23) ist festzuhalten.
47 
Der am 7.8.1971 in Kraft getretene Bebauungsplan setzt für das Baugrundstück und das gesamte Plangebiet ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO 1968 fest. Danach sind dort Gewerbebetriebe aller Art mit Ausnahme von Einkaufszentren und Verbrauchermärkten im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 sowie Lagerplätze und öffentliche Betriebe allgemein zulässig. Hierzu zählt eine Kirche mit Krypta indes nicht (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 16, Umdruck S. 8).
48 
Als Ausnahmen werden nach Ziff. 1 der Bebauungsvorschriften die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten Nutzungsarten - mithin Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (Nr. 1) sowie betriebsbezogene Wohnungen (Nr. 2) - zugelassen. Bei der mit der Kirche verbundenen Krypta handelt es sich um eine Anlage für kirchliche Zwecke. Die ausnahmsweise Zulässigkeit der geplanten Nutzungsänderung scheitert jedoch am ungeschriebenen, sich typisierend aus der allgemeinen Zweckbestimmung eines Industriegebiets ergebenden Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit. Da Industriegebiete der einzige Baugebietstyp der Baunutzungsverordnung sind, in dem erheblich störende Gewerbebetriebe untergebracht werden können, sind die in § 9 Abs. 3 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten nur dann ohne Weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Hauptzweck des Industriegebiets nicht in Konflikt geraten können. Diese Voraussetzung erfüllt eine Kirche - mit oder ohne Krypta - bei typisierender Betrachtung nicht (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 17 ff., Umdruck S. 8 ff.).
49 
1.1.3. Der Klägerin steht aber bei der gebotenen Auslegung und Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB unter besonderer Berücksichtigung von Wirkkraft und Tragweite ihrer von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 53, Umdruck S. 18, RdNr. 48, Umdruck S. 16) ein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu. Denn zu der grundrechtlich geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin zählt auch die hier in Rede stehende Bestattung kirchlicher Würdenträger nach bestimmten glaubensgeleiteten Riten und die dementsprechende Totensorge einschließlich der alter syrisch-orthodoxer Kirchenlehre entsprechenden Hauskirchenbestattung von Priestern, hier in der zur Genehmigung gestellten Krypta (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 51, Umdruck S. 17 f.). Im Lichte des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sind durch die Abweichung von dem geltenden Bebauungsplan die Grundzüge der Planung nicht berührt (1.1.3.1.), erfordern Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung (1.1.3.2.) und ist die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar (1.1.3.3.). Schließlich ist das danach auf der Rechtsfolgenseite eröffnete Befreiungsermessen der Beklagten zu Gunsten der Klägerin „auf Null“ reduziert (1.1.3.4.).
50 
1.1.3.1. Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 37, Umdruck S. 16 f.).
51 
Bei den genannten Prüfungsschritten ist auf unterschiedliche Zeitpunkte abzustellen. Was Inhalt und Bestandteil der Planungsgrundsätze ist, ist durch eine auf den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bezogene Auslegung des Bebauungsplans anhand der damaligen Sach- und Rechtslage und der damaligen Vorstellungen des Gemeinderats zu ermitteln (§ 10 und § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.6.2007 - 3 S 881/06 - VBlBW 2007, 385 ff., unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 19.5.2004 a. a. O.). Demgegenüber ist für die Beurteilung, ob die (ursprüngliche) planerische Grundkonzeption durch die Befreiung berührt wird, auch die nachträgliche tatsächliche Entwicklung im Plangebiet bis zum Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung in den Blick zu nehmen. Es kommt darauf an, ob der mit der ursprünglichen Planung verfolgte Interessenausgleich durch die tatsächliche Entwicklung seit Inkrafttreten des Bebauungsplans bereits so nachhaltig gestört ist, dass die Planungsgrundzüge nicht mehr in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.9.2016 - 3 S 864/16 - juris).
52 
1.1.3.1.1. Ursprüngliche planerische Grundkonzeption der Beigeladenen Ziff. 1 war es, mit dem Bebauungsplan „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ und „Beim Fürfelder Zollstock“ von 1970 ein klassisches, den Vorgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers entsprechendes Industriegebiet zu schaffen. Dies ergibt sich aus der Planbegründung, wonach das Plangebiet als erster Abschnitt eines größeren Industriegebiets vorgesehen war und darauf hingewiesen wurde, dass der überwiegend flache südliche Gebietsteil sich topografisch „gut für schwere Industrie“ eigne. Auch der damalige Bürgermeister der Beigeladenen Ziff. 1 hat das genannte Ziel in der mündlichen Verhandlung vom 20.7.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) bestätigt. Eröffnet werden sollte - dem gesetzlichen Leitbild entsprechend - die gesamte, uneingeschränkte Nutzungsbreite aller nach § 9 Abs. 2 BauNVO 1968 zulässigen gewerblichen Nutzungen dieses - störintensivsten - Gebietstyps.
53 
Dem Umstand, dass die Beigeladene Ziff. 1 die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten - und danach ohnehin ausnahmsweise zulässigen - Nutzungsarten ausdrücklich als Ausnahmenutzungen zugelassen hat, kommt keine erhebliche Bedeutung zu.
54 
Hauptzweck eines klassischen, den Vorgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers entsprechenden Industriegebiets ist die Unterbringung erheblich störender Betriebe (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 20, Umdruck S. 9). Zu einem solchen Industriegebiet gehört aber auch die potenzielle Existenz der in § 9 Abs. 3 BauNVO genannten Anlagen, soweit diese gegenüber den allgemein zulässigen industriellen Anlagen räumlich wie funktionell untergeordnet sowie darüber hinaus - wie unter 1.1.2. ausgeführt - typischerweise gebietsverträglich, also nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Hauptzweck des Gebiets nicht in Konflikt geraten können.
55 
Angesichts dessen spricht nichts dafür, dass mit der Festsetzung „Ausnahmen nach § 9 (3) BNutzVO werden zugelassen“ in Ziff. 1 der Bebauungsvorschriften eine Abweichung von dem oben beschriebenen Planungsziel beabsichtigt war, insbesondere dass ein „konfliktträchtiges“ Industriegebiet geplant und dabei den ausnahmsweise zulässigen (kirchlichen, kulturellen, gesundheitlichen oder sportlichen) Anlagen eine über die gesetzlichen Vorgaben (Regel-Ausnahme-verhältnis) hinausgehende Bedeutung für das Plankonzept beigemessen werden sollte. Im Gegenteil hat die Beigeladene Ziff. 1 mit Schriftsatz vom 23.3.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) schlüssig dargelegt, dass mit der genannten Festsetzung neben der Ausnahmemöglichkeit besonders die Erfordernisse für die Zulassung einer solchen Ausnahme - also auch der Gesichtspunkt der Gebietsverträglichkeit - hervorgehoben werden sollten.
56 
1.1.3.1.2. Dieses planerische Grundkonzept, im festgesetzten Gebiet die Unterbringung erheblich störender Betriebe zu ermöglichen und deshalb daneben nur typischerweise störunempfindliche Ausnahmenutzungen im Sinne des § 9 Abs. 3 BauNVO zuzulassen, wird unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben durch die in Frage stehende Befreiung im Ergebnis nicht berührt.
57 
Auszugehen ist dabei von der nach Inkrafttreten des Bebauungsplans eingetretenen tatsächlichen Entwicklung, hier der erfolgten Genehmigung, Errichtung und Nutzung der - wie oben unter 1.1.2. ausgeführt typischerweise gebietsunverträglichen - Kirche der Klägerin und deren Auswirkungen auf den mit der Planung verfolgten Interessenausgleich. Auf dieser Grundlage ist dann die Frage zu beantworten, ob die Grundzüge der Planung durch das Hinzutreten der Krypta noch in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18).
58 
Maßgeblich sind mithin allein die über die derzeitige Nutzung der Kirche hinausgehenden Auswirkungen der Einrichtung der auf zehn Begräbnisplätze für Gemeindepfarrer beschränkten Krypta. Allerdings sind diese Auswirkungen auf den mit der ursprünglichen planerischen Grundkonzeption verfolgten Interessenausgleich nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 nur insoweit zu berücksichtigen, als es sich um konkrete weitere und zudem nennenswerte Wirkungen auf das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Nachbarbetriebe handelt (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 69, Umdruck S. 24). Denn bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB und bei der Auslegung der in dieser Vorschrift als Voraussetzung für eine Befreiung normierten unbestimmten Rechtsbegriffe ist der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 68, Umdruck S. 24), und als verfassungsimmanente Schranken der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit sind vorliegend allein die besagten Grundrechte der angrenzenden Betriebsinhaber berücksichtigungsfähig (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 67, 77, Umdruck S. 24, 27).
59 
1.1.3.1.2.1. Eine Berücksichtigung von Auswirkungen der Krypta auf weitergehende Planungsgrundzüge, insbesondere auf das von der Beigeladenen Ziff. 1 mehrmals geäußerte Planungsziel, im fraglichen Industriegebiet keine potenziell konfliktträchtige Begräbnisstätte zuzulassen, ist dem Senat danach verwehrt. Gleiches gilt für neben dem Eigentumsgrundrecht und der Berufsfreiheit der Nachbarbetriebe als verfassungsimmanente Schranken der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin in Betracht kommende weitere Grundrechte, beispielsweise die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der angrenzenden Betriebsinhaber und der in der Nachbarschaft Beschäftigten. Denn die Beschränkung der hier beachtlichen Rechtspositionen auf den Schutz des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der benachbarten Betriebe ist als tragender Grund des Beschlusses vom 9.5.2016 gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG bindend. Einer Beweiserhebung zu der Frage, ob es das Religionsverständnis verschiedener monotheistischer Religionen verbietet, in einem Industriegebiet zulässige, erheblich belästigende Tätigkeiten in der Nähe einer Begräbnisstätte durchzuführen, bedarf es daher nicht. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht das von der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 insoweit in Anspruch genommene Gebot, die Totenruhe zu achten, nicht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG zugeordnet, sondern als Pietätsempfinden ohne Verfassungsrang eingestuft und ausgeführt, das Pietätsempfinden der Grundstücksnachbarn könne der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin nicht mit Erfolg entgegengehalten werden (Beschluss vom 9.5.2016, RdNr. 61 f., Umdruck Seite 21 f.).
60 
1.1.3.1.2.2. Als Auswirkungen der geplanten Krypta auf das Eigentum und die Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe kommen insbesondere behördliche Auflagen in Betracht, mit denen die Betriebsinhaber verpflichtet werden, ihre Maschinen wegen der vorgesehenen zusätzlichen Andachten nur unter bestimmten Lärmschutzvorkehrungen oder gar nur zu bestimmten Zeiten zu betreiben (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 65 f., Umdruck S. 22 f.). Derartige Auswirkungen der Krypta auf die Nachbarbetriebe sind aber nicht konkret (vgl. zur konkreten Betroffenheit durch Nutzungseinschränkungen auch BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18) feststellbar:
61 
Die mit ca. 300 Sitzplätzen und einer Empore für rund 50 weitere Personen ausgestattete Kirche wird nach dem Vorbringen der Klägerin täglich, zum Teil mehrmals und auch während der Arbeitszeit der im Schichtbetrieb tätigen umliegenden Betriebe, zu Gottesdiensten und feierlichen Anlässen wie Taufen, Hochzeiten, Verlobungen, sonstigen Segnungen und Beerdigungsfeiern von einer variierenden Personenzahl bis hin zu ihrer Kapazitätsgrenze genutzt. Das Nutzungskonzept der Krypta umfasst - wiederum den Angaben der Klägerin zufolge - das regelmäßige samstägliche Andachtsgebet nach der Abendmesse, an dem neben dem Gemeindepfarrer wenige einzelne Gemeindemitglieder teilnehmen, für die Dauer von 15 Minuten, eine traditionelle Andacht mit einer Zeitdauer von 20 Minuten am Ostermontag, an der wiederum wenige Personen teilnehmen, sowie eine Einzelnutzung nur bei besonderen Anlässen des Gedenkens an den verstorbenen Gemeindepfarrer, etwa an dessen Todestag. Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben bestehen nicht und haben die Beklagte sowie die Beigeladenen auch nicht geltend gemacht.
62 
Die mit der Einrichtung der Krypta einhergehende Erweiterung des Nutzungsumfangs des Kirchengebäudes ist danach in zeitlicher Hinsicht vergleichsweise geringfügig. Auch findet ein möglicherweise störempfindliches Totengedenken nicht erst infolge der geplanten Andachten in der Krypta, sondern bereits derzeit im Rahmen der in der Kirche durchgeführten Beerdigungsfeiern statt.
63 
Auf dieser Grundlage ist bei Ausklammerung der hier nicht berücksichtigungsfähigen Belange des Ruheschutzes von Begräbnisstätten (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27 f.) eine wesentliche zusätzliche Störempfindlichkeit wegen der vorgesehenen zusätzlichen Andachten im Ergebnis nicht erkennbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Krypta nicht um eine allgemeine Begräbnisstätte auf einem Friedhof, sondern ausschließlich um eine Begräbnisstätte für die Priester der Kirchengemeinde (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 2) innerhalb des Kirchengebäudes handelt. Angesichts der mithin bestehenden eigenen Abhilfemöglichkeiten durch - auch bauliche - Maßnahmen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 78, Umdruck S. 28) bzw. die bloße Schließung der Fenster für die eher kurze Dauer der Feierlichkeiten in der Krypta, zu der die Klägerin nach eigenem Bekunden auch bereit ist, sowie der industriellen Vorbelastung des Baugebiets (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27) sind danach Auflagen, die den Betriebsinhabern allein wegen der Nutzung der Krypta aufgeben, ihre Maschinen nur unter bestimmten Lärmschutzvorkehrungen oder gar nur zu bestimmten Zeiten zu betreiben (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 65 f., Umdruck S. 22 f.), nicht konkret zu besorgen. Vielmehr sind mögliche Nutzungskonflikte weitgehend bereits mit der Errichtung und der intensiven Nutzung der Kirche - auch zu Beerdigungs- und Trauergottesdiensten - entstanden (wohl ebenso BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 35, Umdruck S. 16).
64 
Sonstige hier erhebliche Beeinträchtigungen des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe durch die Krypta sind ebenfalls nicht konkret feststellbar. Das gilt insbesondere für die vom benachbarten Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten bereits im Jahre 2011 angeführten Erweiterungsabsichten. Denn ökonomisch sinnvolle und rentable Eigentumsnutzungen sowie hierfür bedeutsame unternehmerische Dispositionsbefugnisse sind durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 65, Umdruck S. 22 f.). Für eine darüber hinausgehende, hinreichend konkrete Verfestigung einer eigentumsrechtlichen Position (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 28) besteht kein Anhalt. Nach den oben gemachten Ausführungen wäre im Übrigen angesichts der Vorbelastung durch die bestehende Kirche einerseits und die industrielle Nutzung des Baugebiets andererseits auch insoweit durch die Einrichtung der Krypta keine nennenswerte zusätzliche Beeinträchtigung konkret zu erwarten.
65 
1.1.3.2. Gründe des Wohls der Allgemeinheit i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB beschränken sich nicht auf spezifisch bodenrechtliche Belange, sondern erfassen alles, was gemeinhin unter öffentlichen Belangen oder öffentlichen Interessen zu verstehen ist, wie sie beispielhaft etwa in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB aufgelistet sind. Vom Wortlaut des § 1 Abs. 6 Nr. 6 BauGB erfasst werden die Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge zwar nur, soweit sie von Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellt werden. Die in den Glaubensvorstellungen wurzelnden Belange privatrechtlich organisierter Kirchen und Religionsgesellschaften sind jedoch ebenfalls als öffentliche Belange zu berücksichtigen, sei es als kulturelle Bedürfnisse der Bevölkerung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB oder als ein in dem nicht abschließenden Katalog des § 1 Abs. 6 BauGB nicht ausdrücklich erwähnter Belang. Das gilt jedenfalls, wenn die betreffende Kirchengemeinde eine nicht unbedeutende Zahl von Mitgliedern hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 25, Umdruck S. 11).
66 
Angesichts der erheblichen Zahl von mittlerweile etwa 600 Mitglieder und der im Nomokanon des Bar Hebraeus wurzelnden Glaubensvorstellungen der Klägerin, wonach im syrisch-orthodoxen Glauben in der kultischen Handlung der Hauskirchenbestattung von Priestern, hier in der zur Genehmigung gestellten Krypta, der Glaube seinen Ausdruck findet (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 51, Umdruck S. 17 f.), handelt es sich bei der besagten Hauskirchenbestattung um einen vorliegend zu berücksichtigenden öffentlichen Gemeinwohlbelang.
67 
Allgemeinwohlgründe erfordern eine Befreiung i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht erst, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf eine andere Weise als durch eine Befreiung nicht entsprochen werden könnte, sondern bereits dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses „vernünftigerweise geboten“ ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht demgegenüber nicht aus. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit ankommen (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 26, Umdruck S. 12).
68 
Vernünftigerweise geboten ist die Zulassung der Krypta danach dann, wenn Alternativen zur Beisetzung in der eigenen Kirche an sich in Betracht kommen, der Klägerin aber unter den gegebenen Umständen nicht zugemutet werden können. Dass sie theoretisch an anderer Stelle eine Kirche mit Krypta neu errichten könnte, genügt nicht. Auch kann eine Befreiung nicht mit dem Argument verweigert werden, dass es planungsrechtlich bereits bei Errichtung der Kirche möglich gewesen wäre, an anderer geeigneter Stelle die Grundlagen für eine pietätvolle Begräbnisstätte zu schaffen. Maßgebend für die Zumutbarkeit ist vielmehr, ob der Klägerin tatsächlich zu nicht unangemessenen Bedingungen ein besser geeignetes Grundstück für die Errichtung einer Kirche mit Krypta auf dem Gebiet der Beklagten zur Verfügung gestanden hätte oder, wenn dies nicht der Fall war, ob sie sich bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 28, Umdruck S. 12 f.).
69 
In Anwendung dieser Grundsätze ist die Befreiung zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses „vernünftigerweise geboten“.
70 
1.1.3.2.1. Der Klägerin stand kein besser geeignetes Grundstück für die Errichtung einer Kirche mit Krypta zur Verfügung.
71 
Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchem Grund die unstreitigen Verhandlungen über ein Grundstück im Ortsinneren der Beigeladenen Ziff. 1 beendet wurden. Denn bei diesem Grundstück bestanden unstreitig Probleme mit der Ost-West-Ausrichtung der Kirche. Selbst wenn diese - entsprechend der Einschätzung der Vertreter der Beigeladenen Ziff. 1 in der mündlichen Verhandlung vom 20.7.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) - mit einem verkleinerten Kirchenbau (möglicherweise) hätten gelöst werden können, wäre das Grundstück angesichts der erforderlichen Verkleinerung der Kirche (auch mit Krypta) jedenfalls nicht besser geeignet gewesen als das dann gewählte Grundstück.
72 
1.1.3.2.2. Ferner hat sich die Klägerin nicht bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen.
73 
Der Bauantrag von April 1994 war ursprünglich sowohl auf die Kirche als auch auf ein im Untergeschoss an der heutigen Stelle und der heutigen Größe vorgesehenes „Mausoleum“ gerichtet. Nach zweimaliger Ablehnung des gemeindlichen Einvernehmens mit der Zulassung dieses Vorhabens durch die Beigeladene Ziff. 1 nahm der Architekt und Planverfasser die Klägerin mit Blaueintrag vom 30.09.1994 die Krypta ausdrücklich aus dem Baugesuch heraus und beantragte stattdessen einen Abstellraum (vgl. Einträge in der Betriebsbeschreibung sowie im Untergeschoss- und im Schnittplan A-A, Bl. 7, 9 und 15 d. A.). Trotz dieser Antragsänderung lehnte die Beklagte in Ziff. 2 des Bescheides vom 4.11.1994 „den Antrag zur gleichzeitigen Errichtung eines Mausoleums“ ab. Im Widerspruchsverfahren bat das Regierungspräsidium mit Schreiben vom 27.1.1995 die Klägerin dann um Mitteilung, ob die Änderung des Antrages mit ihrer Zustimmung erfolgt sei. Zugleich wies es darauf hin, dass in diesem Falle zwar nicht die Krypta genehmigt sei, die Kirche und das Gemeindezentrum aber errichtet werden könnten; für die Krypta müsse ein Nachtragsbaugesuch eingereicht werden, über das die Baurechtsbehörde erneut entscheiden müsse. Mit Schreiben vom 4.2.1995 bestätigte die Klägerin daraufhin die mit ihrem Einvernehmen erfolgte Antragsänderung. Darüber hinaus führte sie aus: „Wir wären ihnen sehr zum Dank verbunden, wenn ihre Entscheidungen uns weiter bringen könnten, diese Krypta-Einrichtung, wenigstens durch ein nachträgliches Genehmigungsverfahren zu ermöglichen“. Mit Schreiben vom 7.3.1995 forderte das Regierungspräsidium die Beklagte danach auf, Ziff. 2 des angegriffenen Bescheides zurückzunehmen und hierdurch dem Widerspruch der Klägerin abzuhelfen. Dem kam die Beklagte sodann mit Bescheid vom 14.3.1995 nach.
74 
Insbesondere der Inhalt des Schreibens vom 4.2.1995 und die darin zum Ausdruck gebrachte Hoffnung auf eine nachträgliche Genehmigung zeigen ohne Weiteres, dass die Klägerin weiterhin an der Errichtung der Krypta festhalten wollte, also eine Errichtung nur der Kirche lediglich als vorläufig ansah. Auf eine Errichtung der Kirche ohne Krypta hat sie sich deutlich erkennbar nicht bewusst auf Dauer eingelassen. Eine dauerhafte Beschränkung des Baugenehmigungsantrages auf die Errichtung allein der Kirche ergab sich auch aus dem Schreiben des Regierungspräsidiums vom 27.1.1995 nicht. Vielmehr wurde in diesem gerade die Möglichkeit eines Nachtragsbaugenehmigungsverfahrens aufgezeigt.
75 
Auch aus dem nachträglichen Verhalten der Klägerin ergibt sich nicht, dass sie sich bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen hat. Allein aus dem Umstand, dass sie sich in der Folgezeit zunächst rund zehn Jahre nicht weiter um eine Krypta bemüht hat, lässt sich nicht auf eine bewusste Aufgabe der Absicht zur Errichtung einer Krypta schließen. Dies gilt umso mehr, als keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Einrichtung einer Krypta seinerzeit bereits so dringlich war, wie nach dem Ableben des Gemeindepriesters (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 75, Umdruck S. 27).
76 
1.1.3.2.3. Aber auch im Übrigen ist es unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten vernünftigerweise geboten, das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen.
77 
Insbesondere lässt sich dem nicht mit dem Einwand begegnen, die Hauskirchenbestattung sei kein zwingender Bestandteil der Religionsausübung der Klägerin (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNrn. 27 f, Umdruck S. 12 f.). Dabei ist es weder zulässig, der Klägerin den zwingenden Charakter der von ihr aus dem Nomokanon des Bar Hebraeus abgeleiteten Glaubensregel der Hauskirchenbestattung für Priester unter Hinweis auf die Praxis anderer syrisch-orthodoxer Gemeinden in Deutschland sowie auf ihr eigenes Verhalten im Zusammenhang mit der Errichtung des Kirchengebäudes abzusprechen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 74, Umdruck S. 26), noch lässt sich dem zwingenden Charakter der Hauskirchenbestattung mit Erfolg entgegenhalten, die Klägerin habe sich in der Zeit nach der Genehmigung der Kirche nicht weiter um eine Krypta bemüht und sei inzwischen schon seit vielen Jahren ohne eine eigene Krypta ausgekommen. Denn wie oben ausgeführt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einrichtung einer Krypta für die Klägerin seinerzeit bereits so dringlich war, wie nach dem Ableben des Gemeindepriesters; auch kann ihr ihre Rechtstreue dahin, sich an die seinerzeitige Versagung der Errichtung einer Kirche mit Krypta gehalten zu haben, nicht zum Nachteil gereichen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 75, Umdruck S. 27).
78 
Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass hier eine Nutzungserweiterung in Frage steht, die zwar bei typisierender Betrachtung gebietsunverträglich ist, aber "vernünftigerweise" an ein vorhandenes Kirchengebäude anknüpft, das aufgrund bestandskräftiger Baugenehmigung im genehmigten Umfang formal legal weitergenutzt werden darf. Das gilt umso mehr, wenn die bestandsgeschützte Kirchennutzung - wie hier - im Einvernehmen mit der Gemeinde genehmigt wurde, die Gemeinde also gewissermaßen selbst den Keim für "vernünftigerweise gebotene" Nutzungserweiterungen gelegt hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 30, Umdruck S. 13 f.).
79 
1.1.3.3. Für die Beantwortung der Frage, ob die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, bedarf es einer Betrachtung, die die bisherige Situation (hier: Kirche ohne Krypta) dem durch die Abweichung zu ermöglichenden Gesamtvorhaben (hier: Kirche mit Krypta) gegenüberstellt und die Vereinbarkeit des sich daraus ergebenden Unterschieds mit öffentlichen Belangen untersucht. Welche Umstände als öffentliche Belange i. S. von § 31 Abs. 2 BauGB eine Befreiung ausschließen, lässt sich nicht generell beantworten. In Betracht kommen insbesondere die in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB genannten öffentlichen Belange, auch solche, die nicht in der gemeindlichen Planungskonzeption ihren Niederschlag gefunden haben. Ist die Befreiung mit einem öffentlichen Belang in beachtlicher Weise unvereinbar, so vermag sich der die Befreiung rechtfertigende Gemeinwohlgrund im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht durchzusetzen. Da der Plan gerade unter den Nachbarn einen Ausgleich von Nutzungsinteressen zum Inhalt hat, muss ferner darauf abgehoben werden, ob in den durch den Bebauungsplan bewirkten nachbarlichen Interessenausgleich erheblich störend eingegriffen wird. Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 33, Umdruck S. 14 f.).
80 
Allerdings ist vorliegend auch im Rahmen der öffentlichen Belange und der nachbarlichen Interessen nur der als verfassungsimmanente Schranke der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit allein berücksichtigungsfähige Schutz des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe maßgeblich (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27). In diesem Sinn erhebliche Wirkungen der zusätzlichen Einrichtung einer Krypta im Untergeschoss der genehmigten und genutzten Kirche sind indes - wie unter 1.1.3.1.2.2. dargelegt - nicht konkret feststellbar.
81 
1.1.3.4. Liegen nach alledem die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB vor, so hat die Klägerin auch einen Rechtsanspruch auf die begehrte Befreiung. Das der Baurechtsbehörde bei der Erteilung einer Befreiung auf der Rechtsfolgenseite ansonsten zustehende Ermessen ist vorliegend auf Null reduziert.
82 
Sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben, besteht für die Ausübung des Ermessens wenig Raum. Daraus folgt jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder dass das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Erforderlich für eine negative Ermessensentscheidung ist nur, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50; Urt. v. 4.7.1986 - 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315). Kommen dagegen bei einem Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, bei dem aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind, für die Gemeinde Nachteile durch eine Zulassung des Vorhabens nicht in Betracht, so kann sich das der Baugenehmigungsbehörde zustehende Ermessen dahin verdichten, dass sie zur Erteilung einer Befreiung verpflichtet ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.1993 - 3 ZR 54.92 - DVBl. 1994, 278; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.3.2004 - 3 S 1745/02 -). Denn in diesen Fällen ist wegen des Umfangs der Anwendungsvoraussetzungen für die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB der Spielraum für zusätzliche Erwägungen bei Ausübung des Ermessens tendenziell gering, so dass sich die Ermessensausübung im Einzelfall auf Null reduzieren kann (vgl. zu alledem VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.3.2007 - 8 S 1921/06 - VBlBW 2008, 348; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438).
83 
So verhält es sich hier. Denn angesichts der unter 1.1.3.1.2. gemachten Ausführungen kommen rechtlich erhebliche Nachteile der Beigeladenen Ziff. 1 durch eine Zulassung der Krypta nicht in Betracht; dies gilt insbesondere für das von ihr mehrmals geäußerte Planungsziel, im fraglichen Industriegebiet keine potenziell konfliktträchtige Begräbnisstätte zuzulassen. Auch sonstige gewichtige öffentliche Belange, die der Erteilung der Befreiung im Ermessenswege entgegenstehen könnten, liegen nicht vor, zumal sich die vorliegende Entscheidung aufgrund der Besonderheiten des konkreten Einzelfalls nicht als Berufungsfall für andere Vorhaben eignet. Demgegenüber streitet mit der grundrechtlich geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ein gewichtiger Belang für die von der Klägerin begehrte Befreiung, so dass sich jede andere Entscheidung als die Erteilung derselben letztlich als rechtswidrig erwiese.
84 
1.2. Nichts anderes gilt im Ergebnis mit Blick auf die von der Beigeladenen Ziff. 1 mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung“ vorgesehenen Änderungen von Festsetzungen des Bebauungsplans.
85 
Die Planung der Beigeladenen Ziff. 1 zielt nach der Sitzungsniederschrift darauf ab, Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, also Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke zukünftig im durch die Änderungsplanung erfassten Bereich ihres Industriegebiets nicht mehr als Ausnahmen zuzulassen, um die Möglichkeiten der freien Berufsausübung und der gewerblichen Freiheit nicht zu gefährden.
86 
1.2.1. Anders als die Klägerin meint, dürfte zwar der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 dem Planungsziel der Beigeladenen Ziff. 1, die ausnahmsweise Zulassung von Anlagen für kirchliche Zwecke im Plangebiet auszuschließen, nicht entgegenstehen. Denn die Bindungswirkung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betrifft - wie sich aus den oben gemachten Ausführungen ergibt - nicht die Genehmigung der geplanten Nutzungsänderung unter Zulassung einer im Bebauungsplan vorgesehenen Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB, sondern die Genehmigung unter Erteilung einer Befreiung von den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen gemäß § 31 Abs. 2 BauGB. Das beruht darauf, dass die Krypta bereits bislang nicht ausnahmsweise, sondern nur im Befreiungswege zugelassen werden konnte (vgl. hierzu oben 1.1.2. und 1.1.3.).
87 
Angesichts des Ziels der Beigeladenen Ziff. 1, ihr Industriegebiet als solches zu erhalten und den dort ansässigen bzw. ansiedlungswilligen Betrieben eine größtmögliche unternehmerische Freiheit zu ermöglichen, dürfte es sich auch nicht um eine unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit unzulässige Negativplanung handeln. Ein im Entwurf der Beschlussvorlage noch enthaltenes Ziel, die Erstellung von Begräbnisstätten, Krypten und allen vergleichbaren Einrichtungen aller Art zu untersagen, wird in der Gemeinderatsvorlage Nr. 59/216 nicht mehr aufgeführt und ist auch nicht Gegenstand des Gemeinderatsbeschlusses geworden.
88 
1.2.2. Indes kann die Zulässigkeit der von der Beigeladenen Ziff. 1 vorgesehenen Planänderung im Ergebnis offenbleiben. Denn der beabsichtigte Ausschluss der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO vermag sich auf die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans in Bezug auf die streitige Krypta nicht auszuwirken.
89 
Insbesondere würde das planerische Grundkonzept der Beigeladenen Ziff. 1 durch die beabsichtigte Planänderung nicht in einer hier erheblichen Weise verändert. Vielmehr verbliebe es bei dem unter 1.1.3.1.1. beschriebenen Planungsgrundzug, im fraglichen Industriegebiet die Unterbringung erheblich störender Betriebe zu ermöglichen und deshalb daneben nur typischerweise störunempfindliche Ausnahmenutzungen im Sinne des § 9 Abs. 3 BauNVO zuzulassen. Auch nach Ausschluss der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO wäre dieser Grundzug der Planung nach den Ausführungen unter 1.1.3.1.2. durch die Zulassung der Krypta nicht in rechtserheblicher Weise berührt.
90 
Damit ergäbe sich auch keine die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 nach § 144 Abs. 6 VwGO in Frage stellende, weil entscheidungserhebliche, nachträgliche Änderung der Rechtslage (vgl. hierzu Eichberger/Bier, a. a. O., RdNr. 126 zu § 144; W.-R. Schenke, a. a. O., RdNr. 13 zu § 144). Denn das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung dem Umstand, dass die Beigeladene Ziff. 1 nach den bislang geltenden textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sämtliche Ausnahmenutzungen gemäß § 9 Abs. 3 BauNVO ausdrücklich zugelassen hat, selbst keine Bedeutung zugemessen. Vielmehr hat es dem Senat die Prüfung überlassen, welche Bedeutung dem Umstand, dass sich die Gemeinde zu einer solchen ausdrücklichen Regelung veranlasst gesehen hat, bei der Bestimmung der Planungskonzeption beizumessen ist (RdNr. 38, Umdruck S. 17 f.).
91 
Sonstige, für die Zulassung der Krypta in der Kirche der Klägerin erhebliche Änderungen der Rechtslage gehen mit der beabsichtigten Beschränkung der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 BauNVO nicht einher.
92 
1.3. Steht der Klägerin nach alledem sowohl unter Zugrundelegung des bisherigen Bebauungsplans als auch unter Berücksichtigung der von der Beigeladenen Ziff. 1 vorgesehenen Planänderung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB ein Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans für die geplante Krypta zur Seite, so ist zu ihren Gunsten eine Ausnahme von der am 24.7.2016 durch den Gemeinderat der Beigeladenen Ziff. 1 beschlossenen Veränderungssperre zuzulassen und ihr eine Befreiung von den Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans „Industriegebiet“ zu erteilen. Auf die Gültigkeit der Veränderungssperre kommt es daher nicht an.
93 
Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB kann von einer Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Die Norm bietet ein Mittel, um im Wege der Einzelfallprüfung auf der Grundlage der sich konkretisierenden Planungen zu Gunsten des Bauherrn Ausnahmen zulassen zu können. Der praktisch wichtigste öffentliche Belang ist die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung. Diese und nicht lediglich die abstrakte Planungshoheit der Gemeinde wird von der Veränderungssperre geschützt. Maßgeblich ist damit der konkrete Sicherungszweck der Veränderungssperre. Ein Vorhaben das mit diesem nicht vereinbar ist, insbesondere der beabsichtigten Planung widerspricht oder sie wesentlich erschweren würde, darf im Wege der Ausnahme nicht zugelassen werden. Andernfalls würde die Veränderungssperre ihre Aufgabe nicht erfüllen können (vgl. zu alledem BVerwG, Urt. vom 9.8.2016 - 4 C 5.15 - juris). Steht allerdings nach der Planungskonzeption von Anfang an oder aber im weiteren Aufstellungsverfahren nach förmlichem Beschluss des zuständigen Gemeindeorgans fest, dass die bisherige planungsrechtliche Rechtslage für ein bestimmtes Grundstück nicht geändert werden soll, kann das Vorhaben die Bebauungsplanung nicht stören. Die Ausnahme kann erteilt werden und ist auch zu erteilen (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2016, RdNr. 96 zu § 14).
94 
Vergleichbar verhält es sich hier. Zwar ist mit der vorgesehenen Beschränkung der Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 3 BauNVO eine Änderung der bisherigen planungsrechtlichen Rechtslage auch für das Grundstück der Klägerin beabsichtigt. Indes betrifft diese Änderung das streitige Vorhaben gerade nicht. Denn die Krypta ist sowohl derzeit als auch nach den mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung“ verfolgten Planungsabsichten der Beigeladenen Ziff. 1 weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. Auch bleibt der Anspruch der Klägerin auf Befreiung von den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen für die Umnutzung des derzeitigen Abstellraums in eine Krypta - wie unter 1.2.2. dargelegt - von der beabsichtigten Bebauungsplanänderung unberührt.
95 
Angesichts dessen ist der konkrete Sicherungszweck der Veränderungssperre durch die Zulassung einer Ausnahme für die zur Genehmigung gestellte Krypta nicht betroffen. Steht nämlich die beabsichtigte Planung der Zulässigkeit eines Vorhabens nicht entgegen, so bedarf sie in Bezug auf dieses Vorhaben der Sicherung durch eine Veränderungssperre nicht. Dies ist auch dann der Fall, wenn ein bestehender Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans durch die beabsichtigte Bebauungsplanänderung nicht berührt wird. Denn andernfalls sicherte die Veränderungssperre die zukünftige Planung auch gegen Vorhaben, die nach den feststehenden Planungsabsichten der Gemeinde auch zukünftig bauplanungsrechtlich zulässig wären.
96 
Mit Blick auf das Gewicht der für die Einrichtung der Krypta streitenden Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und des Eigentumsschutzes nach Art. 14 Abs. 1 GG ist das der Beklagten grundsätzlich zustehende, allerdings nach den oben gemachten Ausführungen bereits zu Gunsten der Klägerin eingeschränkte Ermessen auf Null reduziert und mithin eine Ausnahme von der Veränderungssperre zuzulassen.
97 
2. Der mithin bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzungsänderung lassen sich auch keine sonstigen, dem materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde unterfallenden Vorschriften des öffentlichen Rechts mit Erfolg entgegenhalten.
98 
2.1. Zu den im Rahmen der Erteilung einer Baugenehmigung zu beachtenden Vorschriften gehören auch die für - wie hier - private Bestattungsplätze geltenden (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG) Abstandsregelungen nach den §§ 3 und 8 BestattG (vgl. Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 7. Aufl. 2016, RdNr. 162 zu § 58). Danach muss bei Anlegung oder Erweiterung von Friedhöfen ein ausreichender Abstand zu störenden Betrieben, Gewerbe- und Industriegebieten, Gebäuden und überbaubaren Grundstücksflächen eingehalten werden (§ 3 BestattG). Bei der Errichtung von Gebäuden, die nicht Friedhofszwecken dienen, ist von Friedhöfen ein Abstand von mindestens 10 m einzuhalten (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BestattG). Allerdings kann die Baurechtsbehörde hiervon Ausnahmen zulassen, wenn Ruhe und Würde des Friedhofs nicht wesentlich beeinträchtigt werden und polizeiliche Gründe nicht entgegenstehen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 BestattG). Schließlich ist bei der Errichtung von störenden Betrieben von Friedhöfen ein zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Würde des Friedhofs ausreichender Abstand einzuhalten (§ 8 Abs. 2 BestattG).
99 
Diese der Ruhe und Würde des Friedhofs dienenden Abstandsvorschriften führen ebenfalls nicht zur Unzulässigkeit der beabsichtigten Krypta. Dabei ist zunächst zu beachten, dass die in Rede stehenden Regelungen auslegungs- und ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriffe enthalten, so dass sie die Herstellung praktischer Konkordanz mit Blick auf die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin nicht hindern (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 25). Ferner ist wiederum zu berücksichtigen, dass es sich bei der Krypta nicht um eine allgemeine Begräbnisstätte auf einem Friedhof, sondern ausschließlich um eine Begräbnisstätte für die Priester der Kirchengemeinde (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 2) innerhalb des Kirchengebäudes handelt und dass mithin eigene Abhilfemöglichkeiten gegen dennoch spürbare Beeinträchtigungen durch die umliegenden Betriebe mittels - auch baulicher - Maßnahmen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 78, Umdruck S. 28) bestehen. Angesichts der Entfernung der Krypta zur Grenze von etwa 7 m und zum Rolltor des benachbarten holzverarbeitenden Betriebes von rund 17 m sowie des Umstandes, dass die glaubenssatzgetreue Beisetzung unter dem Altar in einem geweihten Kirchenraum nach den Glaubensvorstellungen nicht nur der Syrisch-Orthodoxen Kirche eine besonders würdevolle Form der Bestattung ist (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 35, Umdruck S. 16; BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 59, Umdruck S. 20) ist eine hier erhebliche Beeinträchtigung von Ruhe und Würde der Begräbnisstätte durch die umliegenden Betriebe nicht zu besorgen und diese mithin auch unter Zugrundelegung der bestattungsrechtlichen Abstandsvorschriften zuzulassen.
100 
2.2. Die Prüfung der weitergehenden bestattungsrechtlichen Regelungen, insbesondere zu Fragen der Gesundheit (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BestattG) und zur Ruhezeit (§ 6 BestattG) ist demgegenüber dem gesonderten bestattungsrechtlichen Genehmigungsverfahren (§ 5 BestattG) vorbehalten (vgl. insbesondere § 9 BestattG), zählt also nicht zum materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde. Damit sind die vom Landratsamt Heilbronn - Gesundheitsamt - mit Stellungnahme vom 25.8.2005 angeregten Auflagen zur Belegung der Grabstätten sowie zur Abwehr von durch die Verwesung drohender Gefahren für die Gesundheit einschließlich der Hygiene nicht im vorliegenden Rechtsstreit, sondern im anhängigen bestattungsrechtlichen Verfahren zu berücksichtigen.
101 
Sonstige der Baugenehmigung entgegenstehende öffentlich-rechtliche Vorschriften liegen nicht vor.
102 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 bis 3, 162 Abs. 3, 159 VwGO i. V. mit § 100 Abs. 1 ZPO. Eine Erstattung von Kosten der Beigeladenen Ziff. 2 scheidet aus, da diese keine Anträge gestellt und sich daher auch nicht am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
103 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
104 
Beschluss vom 23. November 2016
105 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf gem. den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt.
106 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
33 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist mit ihrem Hauptantrag begründet. Die gleichfalls zulässigen Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 bleiben hingegen ohne Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf die begehrte Genehmigung einer Umnutzung des im Untergeschoss ihrer Kirche gelegenen Abstellraums in eine Krypta mit zehn Bestattungsplätzen. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten vom 6.3.2006 und vom 6.6.2011 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 4.5.2006 sind daher rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte ist dementsprechend unter Änderung des erstinstanzlichen Bescheidungsurteils und Aufhebung der genannten Bescheide zu verpflichten, der Klägerin entsprechend ihrem Antrag vom 7.7.2005 eine Baugenehmigung für die geplante Nutzungsänderung zu erteilen.
34 
Bei der vorgesehenen Nutzungsänderung handelt es sich um ein nach § 49 i. V. mit § 2 Abs. 13 Nr. 1 LBO genehmigungspflichtiges Vorhaben; Ausnahmen von der Genehmigungspflicht i. S. der §§ 50, 51, 49 und 70 LBO liegen nicht vor. Die mithin erforderliche Baugenehmigung ist nach § 58 LBO (zwingend) zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (Satz 1). Soweit § 52 LBO - wie hier - keine Anwendung findet, sind dabei alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu prüfen, die Anforderungen an das Bauvorhaben enthalten und über deren Einhaltung nicht eine andere Behörde in einem gesonderten Verfahren durch Verwaltungsakt entscheidet (Satz 2).
35 
Danach ist der Klägerin die im vorliegenden Verfahren unbedingt begehrte Baugenehmigung zu erteilen. Denn dieser Genehmigung stehen keine dem materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde unterfallende Vorschriften des öffentlichen Rechts entgegen.
36 
1. Das Vorhaben der Klägerin ist bauplanungsrechtlich zulässig. Die beabsichtigte Nutzungsänderung verstößt zwar gegen den für den fraglichen Bereich bislang geltenden Bebauungsplan „Industriegebiet“ aus dem Jahre 1970. Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen dieses Bebauungsplans (1.1.). Nicht anders verhält es sich bei Berücksichtigung der von der Beigeladenen Ziff. 1 mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung" vorgesehenen Änderungen (1.2.), weshalb eine Ausnahme von der am 24.7.2016 beschlossenen Veränderungssperre zuzulassen ist (1.3.).
37 
1.1. Die vorgesehene Nutzungsänderung ist mit Blick auf den geltenden, am 7.8.1971 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Industriegebiet“ vom 06.11.1970 zwar nicht allgemein oder ausnahmsweise zulässig. Jedoch ist der Klägerin für die besagte Nutzungsänderung eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu erteilen.
38 
1.1.1. Dieser Beurteilung hat der Senat sowohl den ihn bindenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 (ZfBR 2016, 582 ff.) als auch das gleichfalls Bindungswirkung entfaltende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 (BVerwGE 138, 166 ff.) zu Grunde zu legen.
39 
1.1.1.1. Nach § 31 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 - BVerfGG - (BGBl. I S. 1473) binden die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden. Zu diesen Entscheidungen gehören auch Beschlüsse einer Kammer des Bundesverfassungsgerichts, durch die einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben wird, weil ein solcher Beschluss nach § 93 c Abs. 1 Satz 2 BVerfGG einer Entscheidung des Senats gleichsteht. Die Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG soll eine verbindliche einheitliche Auslegung des Grundgesetzes sicherstellen. Daher beansprucht sie über den entschiedenen Fall hinaus Geltung in allen künftigen Fällen. Sie umfasst den Tenor der Entscheidung, d. h. die nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG zu treffende Feststellung, welche Vorschrift des Grundgesetzes durch welche Handlung oder Unterlassung verletzt wurde. Darüber hinaus erstreckt sich die Bindungswirkung auf die den Feststellungsausspruch tragenden Gründe, soweit diese Auslegung und Anwendung des Grundgesetzes betreffen. Rechtssätze dieses Inhalts geben auch Maßstäbe und Grenzen für die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts vor (stRspr; vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.6.1975 - 2 BvR 1018/74 - BVerfGE 40, 88 ff. u. v. 16.3.2005 - 2 BvL 7/00 - BVerfGE 112, 268 ff.; vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 21.9.2016 - 6 C 2.15 - juris).
40 
1.1.1.2. Nichts anderes gilt im Ergebnis für das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010.
41 
Zwar hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 ausgeführt, das in der Berufungsinstanz ergangene Urteil des erkennenden Senats (vom 20.7.2011) habe die vorangegangenen angegriffenen Entscheidungen prozessual überholt (RdNr. 80, Umdruck S. 29) und zählt zu diesen vorangegangenen angegriffenen Entscheidungen auch das in Rede stehende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010. Indes nimmt die damit vertretene Rechtsansicht, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 habe sich erledigt, nach den oben gemachten Ausführungen nicht an der Bindungswirkung des verfassungsgerichtlichen Beschlusses teil. Denn sie ist kein tragender Grund für die Feststellung des ausgesprochenen Grundrechtsverstoßes und trägt im Übrigen - da das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht zurückgewiesen hat - auch keinen sonstigen Entscheidungsausspruch. Darüber hinaus betrifft sie auch nicht die Auslegung und Anwendung des Grundgesetzes, sondern allein die Auslegung und Anwendung einfachen Prozessrechts.
42 
In der Sache ist eine Erledigung des Urteils vom 18.11.2010, mit dem das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Senats vom 9.11.2009 aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den erkennenden Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen hat, nicht eingetreten. Denn von ihm gehen auch nach Erlass des Urteils des Senats vom 20.7.2011 Rechtswirkungen aus.
43 
So kann nämlich die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerade auf eine durch die erneute Entscheidung des Vordergerichts hervorgerufene Verletzung der Bindungswirkung des § 144 Abs. 6 VwGO gestützt werden (vgl. Eichberger/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, RdNr. 116 zu § 144; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, RdNr. 12 zu § 144).
44 
Diese Bindungswirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 ist ihrerseits nicht entfallen. Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 keine Rechtsauffassung zu entscheidungserheblichen Rechtsfragen vertreten, die von derjenigen in dem zurückverweisenden Revisionsurteil grundsätzlich abweicht (vgl. zur Befreiung der Vorinstanz von der Bindungswirkung in derartigen Fällen wiederum Eichberger/Bier, a. a. O., RdNr. 126 zu § 144).
45 
Gebunden ist der Senat danach an die der Aufhebung und Zurückverweisung zugrunde liegende rechtliche Beurteilung des Falles durch das Bundesverwaltungsgericht. Die Bindung umfasst die der Entscheidung unmittelbar zu Grunde liegende rechtliche Würdigung und auch die dem vorausliegenden Gründe, soweit diese notwendige Voraussetzung für die unmittelbaren Aufhebungsgründe waren (vgl. auch hierzu W.-R. Schenke, a. a. O., RdNr. 12 zu § 144).
46 
1.1.2. Die vorgesehene Erweiterung der genehmigten und von der Klägerin auch entsprechend genutzten Kirche um eine Krypta im Untergeschoss der Gebäudeostseite ist nach den §§ 30, 31 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „Industriegebiet“ vom 6.11.1970 weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. An dieser vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9.5.2016 ausdrücklich verfassungsrechtlich nicht beanstandeten Beurteilung (RdNr. 65, Umdruck S. 23) ist festzuhalten.
47 
Der am 7.8.1971 in Kraft getretene Bebauungsplan setzt für das Baugrundstück und das gesamte Plangebiet ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO 1968 fest. Danach sind dort Gewerbebetriebe aller Art mit Ausnahme von Einkaufszentren und Verbrauchermärkten im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 sowie Lagerplätze und öffentliche Betriebe allgemein zulässig. Hierzu zählt eine Kirche mit Krypta indes nicht (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 16, Umdruck S. 8).
48 
Als Ausnahmen werden nach Ziff. 1 der Bebauungsvorschriften die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten Nutzungsarten - mithin Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (Nr. 1) sowie betriebsbezogene Wohnungen (Nr. 2) - zugelassen. Bei der mit der Kirche verbundenen Krypta handelt es sich um eine Anlage für kirchliche Zwecke. Die ausnahmsweise Zulässigkeit der geplanten Nutzungsänderung scheitert jedoch am ungeschriebenen, sich typisierend aus der allgemeinen Zweckbestimmung eines Industriegebiets ergebenden Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit. Da Industriegebiete der einzige Baugebietstyp der Baunutzungsverordnung sind, in dem erheblich störende Gewerbebetriebe untergebracht werden können, sind die in § 9 Abs. 3 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten nur dann ohne Weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Hauptzweck des Industriegebiets nicht in Konflikt geraten können. Diese Voraussetzung erfüllt eine Kirche - mit oder ohne Krypta - bei typisierender Betrachtung nicht (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 17 ff., Umdruck S. 8 ff.).
49 
1.1.3. Der Klägerin steht aber bei der gebotenen Auslegung und Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB unter besonderer Berücksichtigung von Wirkkraft und Tragweite ihrer von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 53, Umdruck S. 18, RdNr. 48, Umdruck S. 16) ein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu. Denn zu der grundrechtlich geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin zählt auch die hier in Rede stehende Bestattung kirchlicher Würdenträger nach bestimmten glaubensgeleiteten Riten und die dementsprechende Totensorge einschließlich der alter syrisch-orthodoxer Kirchenlehre entsprechenden Hauskirchenbestattung von Priestern, hier in der zur Genehmigung gestellten Krypta (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 51, Umdruck S. 17 f.). Im Lichte des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sind durch die Abweichung von dem geltenden Bebauungsplan die Grundzüge der Planung nicht berührt (1.1.3.1.), erfordern Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung (1.1.3.2.) und ist die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar (1.1.3.3.). Schließlich ist das danach auf der Rechtsfolgenseite eröffnete Befreiungsermessen der Beklagten zu Gunsten der Klägerin „auf Null“ reduziert (1.1.3.4.).
50 
1.1.3.1. Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 37, Umdruck S. 16 f.).
51 
Bei den genannten Prüfungsschritten ist auf unterschiedliche Zeitpunkte abzustellen. Was Inhalt und Bestandteil der Planungsgrundsätze ist, ist durch eine auf den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bezogene Auslegung des Bebauungsplans anhand der damaligen Sach- und Rechtslage und der damaligen Vorstellungen des Gemeinderats zu ermitteln (§ 10 und § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.6.2007 - 3 S 881/06 - VBlBW 2007, 385 ff., unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 19.5.2004 a. a. O.). Demgegenüber ist für die Beurteilung, ob die (ursprüngliche) planerische Grundkonzeption durch die Befreiung berührt wird, auch die nachträgliche tatsächliche Entwicklung im Plangebiet bis zum Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung in den Blick zu nehmen. Es kommt darauf an, ob der mit der ursprünglichen Planung verfolgte Interessenausgleich durch die tatsächliche Entwicklung seit Inkrafttreten des Bebauungsplans bereits so nachhaltig gestört ist, dass die Planungsgrundzüge nicht mehr in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.9.2016 - 3 S 864/16 - juris).
52 
1.1.3.1.1. Ursprüngliche planerische Grundkonzeption der Beigeladenen Ziff. 1 war es, mit dem Bebauungsplan „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ und „Beim Fürfelder Zollstock“ von 1970 ein klassisches, den Vorgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers entsprechendes Industriegebiet zu schaffen. Dies ergibt sich aus der Planbegründung, wonach das Plangebiet als erster Abschnitt eines größeren Industriegebiets vorgesehen war und darauf hingewiesen wurde, dass der überwiegend flache südliche Gebietsteil sich topografisch „gut für schwere Industrie“ eigne. Auch der damalige Bürgermeister der Beigeladenen Ziff. 1 hat das genannte Ziel in der mündlichen Verhandlung vom 20.7.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) bestätigt. Eröffnet werden sollte - dem gesetzlichen Leitbild entsprechend - die gesamte, uneingeschränkte Nutzungsbreite aller nach § 9 Abs. 2 BauNVO 1968 zulässigen gewerblichen Nutzungen dieses - störintensivsten - Gebietstyps.
53 
Dem Umstand, dass die Beigeladene Ziff. 1 die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten - und danach ohnehin ausnahmsweise zulässigen - Nutzungsarten ausdrücklich als Ausnahmenutzungen zugelassen hat, kommt keine erhebliche Bedeutung zu.
54 
Hauptzweck eines klassischen, den Vorgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers entsprechenden Industriegebiets ist die Unterbringung erheblich störender Betriebe (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 20, Umdruck S. 9). Zu einem solchen Industriegebiet gehört aber auch die potenzielle Existenz der in § 9 Abs. 3 BauNVO genannten Anlagen, soweit diese gegenüber den allgemein zulässigen industriellen Anlagen räumlich wie funktionell untergeordnet sowie darüber hinaus - wie unter 1.1.2. ausgeführt - typischerweise gebietsverträglich, also nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Hauptzweck des Gebiets nicht in Konflikt geraten können.
55 
Angesichts dessen spricht nichts dafür, dass mit der Festsetzung „Ausnahmen nach § 9 (3) BNutzVO werden zugelassen“ in Ziff. 1 der Bebauungsvorschriften eine Abweichung von dem oben beschriebenen Planungsziel beabsichtigt war, insbesondere dass ein „konfliktträchtiges“ Industriegebiet geplant und dabei den ausnahmsweise zulässigen (kirchlichen, kulturellen, gesundheitlichen oder sportlichen) Anlagen eine über die gesetzlichen Vorgaben (Regel-Ausnahme-verhältnis) hinausgehende Bedeutung für das Plankonzept beigemessen werden sollte. Im Gegenteil hat die Beigeladene Ziff. 1 mit Schriftsatz vom 23.3.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) schlüssig dargelegt, dass mit der genannten Festsetzung neben der Ausnahmemöglichkeit besonders die Erfordernisse für die Zulassung einer solchen Ausnahme - also auch der Gesichtspunkt der Gebietsverträglichkeit - hervorgehoben werden sollten.
56 
1.1.3.1.2. Dieses planerische Grundkonzept, im festgesetzten Gebiet die Unterbringung erheblich störender Betriebe zu ermöglichen und deshalb daneben nur typischerweise störunempfindliche Ausnahmenutzungen im Sinne des § 9 Abs. 3 BauNVO zuzulassen, wird unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben durch die in Frage stehende Befreiung im Ergebnis nicht berührt.
57 
Auszugehen ist dabei von der nach Inkrafttreten des Bebauungsplans eingetretenen tatsächlichen Entwicklung, hier der erfolgten Genehmigung, Errichtung und Nutzung der - wie oben unter 1.1.2. ausgeführt typischerweise gebietsunverträglichen - Kirche der Klägerin und deren Auswirkungen auf den mit der Planung verfolgten Interessenausgleich. Auf dieser Grundlage ist dann die Frage zu beantworten, ob die Grundzüge der Planung durch das Hinzutreten der Krypta noch in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18).
58 
Maßgeblich sind mithin allein die über die derzeitige Nutzung der Kirche hinausgehenden Auswirkungen der Einrichtung der auf zehn Begräbnisplätze für Gemeindepfarrer beschränkten Krypta. Allerdings sind diese Auswirkungen auf den mit der ursprünglichen planerischen Grundkonzeption verfolgten Interessenausgleich nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 nur insoweit zu berücksichtigen, als es sich um konkrete weitere und zudem nennenswerte Wirkungen auf das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Nachbarbetriebe handelt (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 69, Umdruck S. 24). Denn bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB und bei der Auslegung der in dieser Vorschrift als Voraussetzung für eine Befreiung normierten unbestimmten Rechtsbegriffe ist der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 68, Umdruck S. 24), und als verfassungsimmanente Schranken der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit sind vorliegend allein die besagten Grundrechte der angrenzenden Betriebsinhaber berücksichtigungsfähig (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 67, 77, Umdruck S. 24, 27).
59 
1.1.3.1.2.1. Eine Berücksichtigung von Auswirkungen der Krypta auf weitergehende Planungsgrundzüge, insbesondere auf das von der Beigeladenen Ziff. 1 mehrmals geäußerte Planungsziel, im fraglichen Industriegebiet keine potenziell konfliktträchtige Begräbnisstätte zuzulassen, ist dem Senat danach verwehrt. Gleiches gilt für neben dem Eigentumsgrundrecht und der Berufsfreiheit der Nachbarbetriebe als verfassungsimmanente Schranken der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin in Betracht kommende weitere Grundrechte, beispielsweise die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der angrenzenden Betriebsinhaber und der in der Nachbarschaft Beschäftigten. Denn die Beschränkung der hier beachtlichen Rechtspositionen auf den Schutz des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der benachbarten Betriebe ist als tragender Grund des Beschlusses vom 9.5.2016 gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG bindend. Einer Beweiserhebung zu der Frage, ob es das Religionsverständnis verschiedener monotheistischer Religionen verbietet, in einem Industriegebiet zulässige, erheblich belästigende Tätigkeiten in der Nähe einer Begräbnisstätte durchzuführen, bedarf es daher nicht. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht das von der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 insoweit in Anspruch genommene Gebot, die Totenruhe zu achten, nicht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG zugeordnet, sondern als Pietätsempfinden ohne Verfassungsrang eingestuft und ausgeführt, das Pietätsempfinden der Grundstücksnachbarn könne der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin nicht mit Erfolg entgegengehalten werden (Beschluss vom 9.5.2016, RdNr. 61 f., Umdruck Seite 21 f.).
60 
1.1.3.1.2.2. Als Auswirkungen der geplanten Krypta auf das Eigentum und die Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe kommen insbesondere behördliche Auflagen in Betracht, mit denen die Betriebsinhaber verpflichtet werden, ihre Maschinen wegen der vorgesehenen zusätzlichen Andachten nur unter bestimmten Lärmschutzvorkehrungen oder gar nur zu bestimmten Zeiten zu betreiben (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 65 f., Umdruck S. 22 f.). Derartige Auswirkungen der Krypta auf die Nachbarbetriebe sind aber nicht konkret (vgl. zur konkreten Betroffenheit durch Nutzungseinschränkungen auch BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 39, Umdruck S. 18) feststellbar:
61 
Die mit ca. 300 Sitzplätzen und einer Empore für rund 50 weitere Personen ausgestattete Kirche wird nach dem Vorbringen der Klägerin täglich, zum Teil mehrmals und auch während der Arbeitszeit der im Schichtbetrieb tätigen umliegenden Betriebe, zu Gottesdiensten und feierlichen Anlässen wie Taufen, Hochzeiten, Verlobungen, sonstigen Segnungen und Beerdigungsfeiern von einer variierenden Personenzahl bis hin zu ihrer Kapazitätsgrenze genutzt. Das Nutzungskonzept der Krypta umfasst - wiederum den Angaben der Klägerin zufolge - das regelmäßige samstägliche Andachtsgebet nach der Abendmesse, an dem neben dem Gemeindepfarrer wenige einzelne Gemeindemitglieder teilnehmen, für die Dauer von 15 Minuten, eine traditionelle Andacht mit einer Zeitdauer von 20 Minuten am Ostermontag, an der wiederum wenige Personen teilnehmen, sowie eine Einzelnutzung nur bei besonderen Anlässen des Gedenkens an den verstorbenen Gemeindepfarrer, etwa an dessen Todestag. Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben bestehen nicht und haben die Beklagte sowie die Beigeladenen auch nicht geltend gemacht.
62 
Die mit der Einrichtung der Krypta einhergehende Erweiterung des Nutzungsumfangs des Kirchengebäudes ist danach in zeitlicher Hinsicht vergleichsweise geringfügig. Auch findet ein möglicherweise störempfindliches Totengedenken nicht erst infolge der geplanten Andachten in der Krypta, sondern bereits derzeit im Rahmen der in der Kirche durchgeführten Beerdigungsfeiern statt.
63 
Auf dieser Grundlage ist bei Ausklammerung der hier nicht berücksichtigungsfähigen Belange des Ruheschutzes von Begräbnisstätten (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27 f.) eine wesentliche zusätzliche Störempfindlichkeit wegen der vorgesehenen zusätzlichen Andachten im Ergebnis nicht erkennbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Krypta nicht um eine allgemeine Begräbnisstätte auf einem Friedhof, sondern ausschließlich um eine Begräbnisstätte für die Priester der Kirchengemeinde (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 2) innerhalb des Kirchengebäudes handelt. Angesichts der mithin bestehenden eigenen Abhilfemöglichkeiten durch - auch bauliche - Maßnahmen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 78, Umdruck S. 28) bzw. die bloße Schließung der Fenster für die eher kurze Dauer der Feierlichkeiten in der Krypta, zu der die Klägerin nach eigenem Bekunden auch bereit ist, sowie der industriellen Vorbelastung des Baugebiets (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27) sind danach Auflagen, die den Betriebsinhabern allein wegen der Nutzung der Krypta aufgeben, ihre Maschinen nur unter bestimmten Lärmschutzvorkehrungen oder gar nur zu bestimmten Zeiten zu betreiben (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNrn. 65 f., Umdruck S. 22 f.), nicht konkret zu besorgen. Vielmehr sind mögliche Nutzungskonflikte weitgehend bereits mit der Errichtung und der intensiven Nutzung der Kirche - auch zu Beerdigungs- und Trauergottesdiensten - entstanden (wohl ebenso BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 35, Umdruck S. 16).
64 
Sonstige hier erhebliche Beeinträchtigungen des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe durch die Krypta sind ebenfalls nicht konkret feststellbar. Das gilt insbesondere für die vom benachbarten Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten bereits im Jahre 2011 angeführten Erweiterungsabsichten. Denn ökonomisch sinnvolle und rentable Eigentumsnutzungen sowie hierfür bedeutsame unternehmerische Dispositionsbefugnisse sind durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 65, Umdruck S. 22 f.). Für eine darüber hinausgehende, hinreichend konkrete Verfestigung einer eigentumsrechtlichen Position (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 28) besteht kein Anhalt. Nach den oben gemachten Ausführungen wäre im Übrigen angesichts der Vorbelastung durch die bestehende Kirche einerseits und die industrielle Nutzung des Baugebiets andererseits auch insoweit durch die Einrichtung der Krypta keine nennenswerte zusätzliche Beeinträchtigung konkret zu erwarten.
65 
1.1.3.2. Gründe des Wohls der Allgemeinheit i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB beschränken sich nicht auf spezifisch bodenrechtliche Belange, sondern erfassen alles, was gemeinhin unter öffentlichen Belangen oder öffentlichen Interessen zu verstehen ist, wie sie beispielhaft etwa in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB aufgelistet sind. Vom Wortlaut des § 1 Abs. 6 Nr. 6 BauGB erfasst werden die Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge zwar nur, soweit sie von Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellt werden. Die in den Glaubensvorstellungen wurzelnden Belange privatrechtlich organisierter Kirchen und Religionsgesellschaften sind jedoch ebenfalls als öffentliche Belange zu berücksichtigen, sei es als kulturelle Bedürfnisse der Bevölkerung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB oder als ein in dem nicht abschließenden Katalog des § 1 Abs. 6 BauGB nicht ausdrücklich erwähnter Belang. Das gilt jedenfalls, wenn die betreffende Kirchengemeinde eine nicht unbedeutende Zahl von Mitgliedern hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 25, Umdruck S. 11).
66 
Angesichts der erheblichen Zahl von mittlerweile etwa 600 Mitglieder und der im Nomokanon des Bar Hebraeus wurzelnden Glaubensvorstellungen der Klägerin, wonach im syrisch-orthodoxen Glauben in der kultischen Handlung der Hauskirchenbestattung von Priestern, hier in der zur Genehmigung gestellten Krypta, der Glaube seinen Ausdruck findet (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 51, Umdruck S. 17 f.), handelt es sich bei der besagten Hauskirchenbestattung um einen vorliegend zu berücksichtigenden öffentlichen Gemeinwohlbelang.
67 
Allgemeinwohlgründe erfordern eine Befreiung i. S. des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht erst, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf eine andere Weise als durch eine Befreiung nicht entsprochen werden könnte, sondern bereits dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses „vernünftigerweise geboten“ ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht demgegenüber nicht aus. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit ankommen (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 26, Umdruck S. 12).
68 
Vernünftigerweise geboten ist die Zulassung der Krypta danach dann, wenn Alternativen zur Beisetzung in der eigenen Kirche an sich in Betracht kommen, der Klägerin aber unter den gegebenen Umständen nicht zugemutet werden können. Dass sie theoretisch an anderer Stelle eine Kirche mit Krypta neu errichten könnte, genügt nicht. Auch kann eine Befreiung nicht mit dem Argument verweigert werden, dass es planungsrechtlich bereits bei Errichtung der Kirche möglich gewesen wäre, an anderer geeigneter Stelle die Grundlagen für eine pietätvolle Begräbnisstätte zu schaffen. Maßgebend für die Zumutbarkeit ist vielmehr, ob der Klägerin tatsächlich zu nicht unangemessenen Bedingungen ein besser geeignetes Grundstück für die Errichtung einer Kirche mit Krypta auf dem Gebiet der Beklagten zur Verfügung gestanden hätte oder, wenn dies nicht der Fall war, ob sie sich bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 28, Umdruck S. 12 f.).
69 
In Anwendung dieser Grundsätze ist die Befreiung zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses „vernünftigerweise geboten“.
70 
1.1.3.2.1. Der Klägerin stand kein besser geeignetes Grundstück für die Errichtung einer Kirche mit Krypta zur Verfügung.
71 
Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchem Grund die unstreitigen Verhandlungen über ein Grundstück im Ortsinneren der Beigeladenen Ziff. 1 beendet wurden. Denn bei diesem Grundstück bestanden unstreitig Probleme mit der Ost-West-Ausrichtung der Kirche. Selbst wenn diese - entsprechend der Einschätzung der Vertreter der Beigeladenen Ziff. 1 in der mündlichen Verhandlung vom 20.7.2011 (im Verfahren 3 S 465/11) - mit einem verkleinerten Kirchenbau (möglicherweise) hätten gelöst werden können, wäre das Grundstück angesichts der erforderlichen Verkleinerung der Kirche (auch mit Krypta) jedenfalls nicht besser geeignet gewesen als das dann gewählte Grundstück.
72 
1.1.3.2.2. Ferner hat sich die Klägerin nicht bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen.
73 
Der Bauantrag von April 1994 war ursprünglich sowohl auf die Kirche als auch auf ein im Untergeschoss an der heutigen Stelle und der heutigen Größe vorgesehenes „Mausoleum“ gerichtet. Nach zweimaliger Ablehnung des gemeindlichen Einvernehmens mit der Zulassung dieses Vorhabens durch die Beigeladene Ziff. 1 nahm der Architekt und Planverfasser die Klägerin mit Blaueintrag vom 30.09.1994 die Krypta ausdrücklich aus dem Baugesuch heraus und beantragte stattdessen einen Abstellraum (vgl. Einträge in der Betriebsbeschreibung sowie im Untergeschoss- und im Schnittplan A-A, Bl. 7, 9 und 15 d. A.). Trotz dieser Antragsänderung lehnte die Beklagte in Ziff. 2 des Bescheides vom 4.11.1994 „den Antrag zur gleichzeitigen Errichtung eines Mausoleums“ ab. Im Widerspruchsverfahren bat das Regierungspräsidium mit Schreiben vom 27.1.1995 die Klägerin dann um Mitteilung, ob die Änderung des Antrages mit ihrer Zustimmung erfolgt sei. Zugleich wies es darauf hin, dass in diesem Falle zwar nicht die Krypta genehmigt sei, die Kirche und das Gemeindezentrum aber errichtet werden könnten; für die Krypta müsse ein Nachtragsbaugesuch eingereicht werden, über das die Baurechtsbehörde erneut entscheiden müsse. Mit Schreiben vom 4.2.1995 bestätigte die Klägerin daraufhin die mit ihrem Einvernehmen erfolgte Antragsänderung. Darüber hinaus führte sie aus: „Wir wären ihnen sehr zum Dank verbunden, wenn ihre Entscheidungen uns weiter bringen könnten, diese Krypta-Einrichtung, wenigstens durch ein nachträgliches Genehmigungsverfahren zu ermöglichen“. Mit Schreiben vom 7.3.1995 forderte das Regierungspräsidium die Beklagte danach auf, Ziff. 2 des angegriffenen Bescheides zurückzunehmen und hierdurch dem Widerspruch der Klägerin abzuhelfen. Dem kam die Beklagte sodann mit Bescheid vom 14.3.1995 nach.
74 
Insbesondere der Inhalt des Schreibens vom 4.2.1995 und die darin zum Ausdruck gebrachte Hoffnung auf eine nachträgliche Genehmigung zeigen ohne Weiteres, dass die Klägerin weiterhin an der Errichtung der Krypta festhalten wollte, also eine Errichtung nur der Kirche lediglich als vorläufig ansah. Auf eine Errichtung der Kirche ohne Krypta hat sie sich deutlich erkennbar nicht bewusst auf Dauer eingelassen. Eine dauerhafte Beschränkung des Baugenehmigungsantrages auf die Errichtung allein der Kirche ergab sich auch aus dem Schreiben des Regierungspräsidiums vom 27.1.1995 nicht. Vielmehr wurde in diesem gerade die Möglichkeit eines Nachtragsbaugenehmigungsverfahrens aufgezeigt.
75 
Auch aus dem nachträglichen Verhalten der Klägerin ergibt sich nicht, dass sie sich bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen hat. Allein aus dem Umstand, dass sie sich in der Folgezeit zunächst rund zehn Jahre nicht weiter um eine Krypta bemüht hat, lässt sich nicht auf eine bewusste Aufgabe der Absicht zur Errichtung einer Krypta schließen. Dies gilt umso mehr, als keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Einrichtung einer Krypta seinerzeit bereits so dringlich war, wie nach dem Ableben des Gemeindepriesters (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 75, Umdruck S. 27).
76 
1.1.3.2.3. Aber auch im Übrigen ist es unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten vernünftigerweise geboten, das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen.
77 
Insbesondere lässt sich dem nicht mit dem Einwand begegnen, die Hauskirchenbestattung sei kein zwingender Bestandteil der Religionsausübung der Klägerin (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNrn. 27 f, Umdruck S. 12 f.). Dabei ist es weder zulässig, der Klägerin den zwingenden Charakter der von ihr aus dem Nomokanon des Bar Hebraeus abgeleiteten Glaubensregel der Hauskirchenbestattung für Priester unter Hinweis auf die Praxis anderer syrisch-orthodoxer Gemeinden in Deutschland sowie auf ihr eigenes Verhalten im Zusammenhang mit der Errichtung des Kirchengebäudes abzusprechen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 74, Umdruck S. 26), noch lässt sich dem zwingenden Charakter der Hauskirchenbestattung mit Erfolg entgegenhalten, die Klägerin habe sich in der Zeit nach der Genehmigung der Kirche nicht weiter um eine Krypta bemüht und sei inzwischen schon seit vielen Jahren ohne eine eigene Krypta ausgekommen. Denn wie oben ausgeführt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einrichtung einer Krypta für die Klägerin seinerzeit bereits so dringlich war, wie nach dem Ableben des Gemeindepriesters; auch kann ihr ihre Rechtstreue dahin, sich an die seinerzeitige Versagung der Errichtung einer Kirche mit Krypta gehalten zu haben, nicht zum Nachteil gereichen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016 RdNr. 75, Umdruck S. 27).
78 
Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass hier eine Nutzungserweiterung in Frage steht, die zwar bei typisierender Betrachtung gebietsunverträglich ist, aber "vernünftigerweise" an ein vorhandenes Kirchengebäude anknüpft, das aufgrund bestandskräftiger Baugenehmigung im genehmigten Umfang formal legal weitergenutzt werden darf. Das gilt umso mehr, wenn die bestandsgeschützte Kirchennutzung - wie hier - im Einvernehmen mit der Gemeinde genehmigt wurde, die Gemeinde also gewissermaßen selbst den Keim für "vernünftigerweise gebotene" Nutzungserweiterungen gelegt hat (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 30, Umdruck S. 13 f.).
79 
1.1.3.3. Für die Beantwortung der Frage, ob die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, bedarf es einer Betrachtung, die die bisherige Situation (hier: Kirche ohne Krypta) dem durch die Abweichung zu ermöglichenden Gesamtvorhaben (hier: Kirche mit Krypta) gegenüberstellt und die Vereinbarkeit des sich daraus ergebenden Unterschieds mit öffentlichen Belangen untersucht. Welche Umstände als öffentliche Belange i. S. von § 31 Abs. 2 BauGB eine Befreiung ausschließen, lässt sich nicht generell beantworten. In Betracht kommen insbesondere die in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB genannten öffentlichen Belange, auch solche, die nicht in der gemeindlichen Planungskonzeption ihren Niederschlag gefunden haben. Ist die Befreiung mit einem öffentlichen Belang in beachtlicher Weise unvereinbar, so vermag sich der die Befreiung rechtfertigende Gemeinwohlgrund im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht durchzusetzen. Da der Plan gerade unter den Nachbarn einen Ausgleich von Nutzungsinteressen zum Inhalt hat, muss ferner darauf abgehoben werden, ob in den durch den Bebauungsplan bewirkten nachbarlichen Interessenausgleich erheblich störend eingegriffen wird. Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 33, Umdruck S. 14 f.).
80 
Allerdings ist vorliegend auch im Rahmen der öffentlichen Belange und der nachbarlichen Interessen nur der als verfassungsimmanente Schranke der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit allein berücksichtigungsfähige Schutz des Eigentums und der Berufsausübungsfreiheit der Nachbarbetriebe maßgeblich (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 77, Umdruck S. 27). In diesem Sinn erhebliche Wirkungen der zusätzlichen Einrichtung einer Krypta im Untergeschoss der genehmigten und genutzten Kirche sind indes - wie unter 1.1.3.1.2.2. dargelegt - nicht konkret feststellbar.
81 
1.1.3.4. Liegen nach alledem die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB vor, so hat die Klägerin auch einen Rechtsanspruch auf die begehrte Befreiung. Das der Baurechtsbehörde bei der Erteilung einer Befreiung auf der Rechtsfolgenseite ansonsten zustehende Ermessen ist vorliegend auf Null reduziert.
82 
Sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben, besteht für die Ausübung des Ermessens wenig Raum. Daraus folgt jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder dass das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Erforderlich für eine negative Ermessensentscheidung ist nur, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50; Urt. v. 4.7.1986 - 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315). Kommen dagegen bei einem Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, bei dem aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind, für die Gemeinde Nachteile durch eine Zulassung des Vorhabens nicht in Betracht, so kann sich das der Baugenehmigungsbehörde zustehende Ermessen dahin verdichten, dass sie zur Erteilung einer Befreiung verpflichtet ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.1993 - 3 ZR 54.92 - DVBl. 1994, 278; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.3.2004 - 3 S 1745/02 -). Denn in diesen Fällen ist wegen des Umfangs der Anwendungsvoraussetzungen für die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB der Spielraum für zusätzliche Erwägungen bei Ausübung des Ermessens tendenziell gering, so dass sich die Ermessensausübung im Einzelfall auf Null reduzieren kann (vgl. zu alledem VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.3.2007 - 8 S 1921/06 - VBlBW 2008, 348; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438).
83 
So verhält es sich hier. Denn angesichts der unter 1.1.3.1.2. gemachten Ausführungen kommen rechtlich erhebliche Nachteile der Beigeladenen Ziff. 1 durch eine Zulassung der Krypta nicht in Betracht; dies gilt insbesondere für das von ihr mehrmals geäußerte Planungsziel, im fraglichen Industriegebiet keine potenziell konfliktträchtige Begräbnisstätte zuzulassen. Auch sonstige gewichtige öffentliche Belange, die der Erteilung der Befreiung im Ermessenswege entgegenstehen könnten, liegen nicht vor, zumal sich die vorliegende Entscheidung aufgrund der Besonderheiten des konkreten Einzelfalls nicht als Berufungsfall für andere Vorhaben eignet. Demgegenüber streitet mit der grundrechtlich geschützten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ein gewichtiger Belang für die von der Klägerin begehrte Befreiung, so dass sich jede andere Entscheidung als die Erteilung derselben letztlich als rechtswidrig erwiese.
84 
1.2. Nichts anderes gilt im Ergebnis mit Blick auf die von der Beigeladenen Ziff. 1 mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung“ vorgesehenen Änderungen von Festsetzungen des Bebauungsplans.
85 
Die Planung der Beigeladenen Ziff. 1 zielt nach der Sitzungsniederschrift darauf ab, Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, also Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke zukünftig im durch die Änderungsplanung erfassten Bereich ihres Industriegebiets nicht mehr als Ausnahmen zuzulassen, um die Möglichkeiten der freien Berufsausübung und der gewerblichen Freiheit nicht zu gefährden.
86 
1.2.1. Anders als die Klägerin meint, dürfte zwar der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.5.2016 dem Planungsziel der Beigeladenen Ziff. 1, die ausnahmsweise Zulassung von Anlagen für kirchliche Zwecke im Plangebiet auszuschließen, nicht entgegenstehen. Denn die Bindungswirkung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betrifft - wie sich aus den oben gemachten Ausführungen ergibt - nicht die Genehmigung der geplanten Nutzungsänderung unter Zulassung einer im Bebauungsplan vorgesehenen Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB, sondern die Genehmigung unter Erteilung einer Befreiung von den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen gemäß § 31 Abs. 2 BauGB. Das beruht darauf, dass die Krypta bereits bislang nicht ausnahmsweise, sondern nur im Befreiungswege zugelassen werden konnte (vgl. hierzu oben 1.1.2. und 1.1.3.).
87 
Angesichts des Ziels der Beigeladenen Ziff. 1, ihr Industriegebiet als solches zu erhalten und den dort ansässigen bzw. ansiedlungswilligen Betrieben eine größtmögliche unternehmerische Freiheit zu ermöglichen, dürfte es sich auch nicht um eine unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit unzulässige Negativplanung handeln. Ein im Entwurf der Beschlussvorlage noch enthaltenes Ziel, die Erstellung von Begräbnisstätten, Krypten und allen vergleichbaren Einrichtungen aller Art zu untersagen, wird in der Gemeinderatsvorlage Nr. 59/216 nicht mehr aufgeführt und ist auch nicht Gegenstand des Gemeinderatsbeschlusses geworden.
88 
1.2.2. Indes kann die Zulässigkeit der von der Beigeladenen Ziff. 1 vorgesehenen Planänderung im Ergebnis offenbleiben. Denn der beabsichtigte Ausschluss der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO vermag sich auf die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans in Bezug auf die streitige Krypta nicht auszuwirken.
89 
Insbesondere würde das planerische Grundkonzept der Beigeladenen Ziff. 1 durch die beabsichtigte Planänderung nicht in einer hier erheblichen Weise verändert. Vielmehr verbliebe es bei dem unter 1.1.3.1.1. beschriebenen Planungsgrundzug, im fraglichen Industriegebiet die Unterbringung erheblich störender Betriebe zu ermöglichen und deshalb daneben nur typischerweise störunempfindliche Ausnahmenutzungen im Sinne des § 9 Abs. 3 BauNVO zuzulassen. Auch nach Ausschluss der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO wäre dieser Grundzug der Planung nach den Ausführungen unter 1.1.3.1.2. durch die Zulassung der Krypta nicht in rechtserheblicher Weise berührt.
90 
Damit ergäbe sich auch keine die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2010 nach § 144 Abs. 6 VwGO in Frage stellende, weil entscheidungserhebliche, nachträgliche Änderung der Rechtslage (vgl. hierzu Eichberger/Bier, a. a. O., RdNr. 126 zu § 144; W.-R. Schenke, a. a. O., RdNr. 13 zu § 144). Denn das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung dem Umstand, dass die Beigeladene Ziff. 1 nach den bislang geltenden textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sämtliche Ausnahmenutzungen gemäß § 9 Abs. 3 BauNVO ausdrücklich zugelassen hat, selbst keine Bedeutung zugemessen. Vielmehr hat es dem Senat die Prüfung überlassen, welche Bedeutung dem Umstand, dass sich die Gemeinde zu einer solchen ausdrücklichen Regelung veranlasst gesehen hat, bei der Bestimmung der Planungskonzeption beizumessen ist (RdNr. 38, Umdruck S. 17 f.).
91 
Sonstige, für die Zulassung der Krypta in der Kirche der Klägerin erhebliche Änderungen der Rechtslage gehen mit der beabsichtigten Beschränkung der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vorhaben nach § 9 Abs. 3 BauNVO nicht einher.
92 
1.3. Steht der Klägerin nach alledem sowohl unter Zugrundelegung des bisherigen Bebauungsplans als auch unter Berücksichtigung der von der Beigeladenen Ziff. 1 vorgesehenen Planänderung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB ein Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans für die geplante Krypta zur Seite, so ist zu ihren Gunsten eine Ausnahme von der am 24.7.2016 durch den Gemeinderat der Beigeladenen Ziff. 1 beschlossenen Veränderungssperre zuzulassen und ihr eine Befreiung von den Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans „Industriegebiet“ zu erteilen. Auf die Gültigkeit der Veränderungssperre kommt es daher nicht an.
93 
Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB kann von einer Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Die Norm bietet ein Mittel, um im Wege der Einzelfallprüfung auf der Grundlage der sich konkretisierenden Planungen zu Gunsten des Bauherrn Ausnahmen zulassen zu können. Der praktisch wichtigste öffentliche Belang ist die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung. Diese und nicht lediglich die abstrakte Planungshoheit der Gemeinde wird von der Veränderungssperre geschützt. Maßgeblich ist damit der konkrete Sicherungszweck der Veränderungssperre. Ein Vorhaben das mit diesem nicht vereinbar ist, insbesondere der beabsichtigten Planung widerspricht oder sie wesentlich erschweren würde, darf im Wege der Ausnahme nicht zugelassen werden. Andernfalls würde die Veränderungssperre ihre Aufgabe nicht erfüllen können (vgl. zu alledem BVerwG, Urt. vom 9.8.2016 - 4 C 5.15 - juris). Steht allerdings nach der Planungskonzeption von Anfang an oder aber im weiteren Aufstellungsverfahren nach förmlichem Beschluss des zuständigen Gemeindeorgans fest, dass die bisherige planungsrechtliche Rechtslage für ein bestimmtes Grundstück nicht geändert werden soll, kann das Vorhaben die Bebauungsplanung nicht stören. Die Ausnahme kann erteilt werden und ist auch zu erteilen (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2016, RdNr. 96 zu § 14).
94 
Vergleichbar verhält es sich hier. Zwar ist mit der vorgesehenen Beschränkung der Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 3 BauNVO eine Änderung der bisherigen planungsrechtlichen Rechtslage auch für das Grundstück der Klägerin beabsichtigt. Indes betrifft diese Änderung das streitige Vorhaben gerade nicht. Denn die Krypta ist sowohl derzeit als auch nach den mit dem Bebauungsplanverfahren „Industriegebiet, 6. Änderung“ verfolgten Planungsabsichten der Beigeladenen Ziff. 1 weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. Auch bleibt der Anspruch der Klägerin auf Befreiung von den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen für die Umnutzung des derzeitigen Abstellraums in eine Krypta - wie unter 1.2.2. dargelegt - von der beabsichtigten Bebauungsplanänderung unberührt.
95 
Angesichts dessen ist der konkrete Sicherungszweck der Veränderungssperre durch die Zulassung einer Ausnahme für die zur Genehmigung gestellte Krypta nicht betroffen. Steht nämlich die beabsichtigte Planung der Zulässigkeit eines Vorhabens nicht entgegen, so bedarf sie in Bezug auf dieses Vorhaben der Sicherung durch eine Veränderungssperre nicht. Dies ist auch dann der Fall, wenn ein bestehender Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans durch die beabsichtigte Bebauungsplanänderung nicht berührt wird. Denn andernfalls sicherte die Veränderungssperre die zukünftige Planung auch gegen Vorhaben, die nach den feststehenden Planungsabsichten der Gemeinde auch zukünftig bauplanungsrechtlich zulässig wären.
96 
Mit Blick auf das Gewicht der für die Einrichtung der Krypta streitenden Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und des Eigentumsschutzes nach Art. 14 Abs. 1 GG ist das der Beklagten grundsätzlich zustehende, allerdings nach den oben gemachten Ausführungen bereits zu Gunsten der Klägerin eingeschränkte Ermessen auf Null reduziert und mithin eine Ausnahme von der Veränderungssperre zuzulassen.
97 
2. Der mithin bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzungsänderung lassen sich auch keine sonstigen, dem materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde unterfallenden Vorschriften des öffentlichen Rechts mit Erfolg entgegenhalten.
98 
2.1. Zu den im Rahmen der Erteilung einer Baugenehmigung zu beachtenden Vorschriften gehören auch die für - wie hier - private Bestattungsplätze geltenden (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG) Abstandsregelungen nach den §§ 3 und 8 BestattG (vgl. Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 7. Aufl. 2016, RdNr. 162 zu § 58). Danach muss bei Anlegung oder Erweiterung von Friedhöfen ein ausreichender Abstand zu störenden Betrieben, Gewerbe- und Industriegebieten, Gebäuden und überbaubaren Grundstücksflächen eingehalten werden (§ 3 BestattG). Bei der Errichtung von Gebäuden, die nicht Friedhofszwecken dienen, ist von Friedhöfen ein Abstand von mindestens 10 m einzuhalten (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BestattG). Allerdings kann die Baurechtsbehörde hiervon Ausnahmen zulassen, wenn Ruhe und Würde des Friedhofs nicht wesentlich beeinträchtigt werden und polizeiliche Gründe nicht entgegenstehen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 BestattG). Schließlich ist bei der Errichtung von störenden Betrieben von Friedhöfen ein zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Würde des Friedhofs ausreichender Abstand einzuhalten (§ 8 Abs. 2 BestattG).
99 
Diese der Ruhe und Würde des Friedhofs dienenden Abstandsvorschriften führen ebenfalls nicht zur Unzulässigkeit der beabsichtigten Krypta. Dabei ist zunächst zu beachten, dass die in Rede stehenden Regelungen auslegungs- und ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriffe enthalten, so dass sie die Herstellung praktischer Konkordanz mit Blick auf die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin nicht hindern (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 25). Ferner ist wiederum zu berücksichtigen, dass es sich bei der Krypta nicht um eine allgemeine Begräbnisstätte auf einem Friedhof, sondern ausschließlich um eine Begräbnisstätte für die Priester der Kirchengemeinde (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 70, Umdruck S. 2) innerhalb des Kirchengebäudes handelt und dass mithin eigene Abhilfemöglichkeiten gegen dennoch spürbare Beeinträchtigungen durch die umliegenden Betriebe mittels - auch baulicher - Maßnahmen (BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 78, Umdruck S. 28) bestehen. Angesichts der Entfernung der Krypta zur Grenze von etwa 7 m und zum Rolltor des benachbarten holzverarbeitenden Betriebes von rund 17 m sowie des Umstandes, dass die glaubenssatzgetreue Beisetzung unter dem Altar in einem geweihten Kirchenraum nach den Glaubensvorstellungen nicht nur der Syrisch-Orthodoxen Kirche eine besonders würdevolle Form der Bestattung ist (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010, RdNr. 35, Umdruck S. 16; BVerfG, Beschl. v. 9.5.2016, RdNr. 59, Umdruck S. 20) ist eine hier erhebliche Beeinträchtigung von Ruhe und Würde der Begräbnisstätte durch die umliegenden Betriebe nicht zu besorgen und diese mithin auch unter Zugrundelegung der bestattungsrechtlichen Abstandsvorschriften zuzulassen.
100 
2.2. Die Prüfung der weitergehenden bestattungsrechtlichen Regelungen, insbesondere zu Fragen der Gesundheit (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BestattG) und zur Ruhezeit (§ 6 BestattG) ist demgegenüber dem gesonderten bestattungsrechtlichen Genehmigungsverfahren (§ 5 BestattG) vorbehalten (vgl. insbesondere § 9 BestattG), zählt also nicht zum materiellen Entscheidungsprogramm der Baurechtsbehörde. Damit sind die vom Landratsamt Heilbronn - Gesundheitsamt - mit Stellungnahme vom 25.8.2005 angeregten Auflagen zur Belegung der Grabstätten sowie zur Abwehr von durch die Verwesung drohender Gefahren für die Gesundheit einschließlich der Hygiene nicht im vorliegenden Rechtsstreit, sondern im anhängigen bestattungsrechtlichen Verfahren zu berücksichtigen.
101 
Sonstige der Baugenehmigung entgegenstehende öffentlich-rechtliche Vorschriften liegen nicht vor.
102 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 bis 3, 162 Abs. 3, 159 VwGO i. V. mit § 100 Abs. 1 ZPO. Eine Erstattung von Kosten der Beigeladenen Ziff. 2 scheidet aus, da diese keine Anträge gestellt und sich daher auch nicht am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
103 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
104 
Beschluss vom 23. November 2016
105 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf gem. den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt.
106 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 14 Nebenanlagen; Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen


(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht wide

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Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 9 Industriegebiete


(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind. (2) Zulässig sind1.Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Nov. 2016 - 3 S 1184/16 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 20. Sept. 2016 - 3 S 864/16

bei uns veröffentlicht am 20.09.2016

Tenor Die Anträge der Kläger sowie der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 1. März 2016 - 13 K 3322/13 - werden abgelehnt.Die Kläger als Gesamtschuldner und die Beigeladene tragen die Kosten

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Nov. 2009 - 3 S 2679/08

bei uns veröffentlicht am 09.11.2009

Tenor Auf die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. April 2008 - 5 K 2146/06 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Berufung der Klägerin gegen

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 13. Juni 2007 - 3 S 881/06

bei uns veröffentlicht am 13.06.2007

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. März 2007 - 8 S 1921/06

bei uns veröffentlicht am 14.03.2007

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Januar 2006 - 12 K 475/05 - geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 25. August 2004 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 08. März 2018 - 8 S 1464/15

bei uns veröffentlicht am 08.03.2018

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Mai 2015 - 2 K 2227/12 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.Die Revision wird nicht zu

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(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. April 2008 - 5 K 2146/06 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil vom 15. April 2008 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. in beiden Rechtszügen.

Die Beigeladene zu 2. trägt ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen jeweils selbst.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Nutzungsänderung eines Lagerraums im Untergeschoss einer Kirche in eine Krypta (Begräbnisstätte für Gemeindepriester). Sie ist ein seit 1983 eingetragener Verein und Mitglied des Erzdiözesanrats der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien (vgl. Satzung i.d.F. vom 25.03.2007). In Kirchardt bzw. Kirchardt/Kirchhausen gibt es zwei weitere syrisch-orthodoxe Gemeinden. Die Klägerin ist Eigentümerin des im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ und „Beim Fürfelder Zollstock“ vom 06.11.1970 gelegenen Grundstücks Flst.-Nr. ... (... ...). Der Bebauungsplan setzt ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO 1968 fest, Ausnahmen nach § 9 Abs. 3 BauNVO und Nebenanlagen nach § 14 BauNVO werden zugelassen. Auf den westlich angrenzenden Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... befinden sich eine Textildruckerei bzw. ein Wohnhaus mit der ehemaligen Betriebsleiterwohnung. Auf dem östlich angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... ist ein Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten mit ca. 30 Mitarbeitern angesiedelt. In der Halle wird im Schichtbetrieb gearbeitet. Nördlich, jenseits der Industriestraße, schließen sich auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... der metallverarbeitende Betrieb und die Gießerei der Beigeladenen zu 2. mit ca. 250 Mitarbeitern und nördlich davon ein Betonwerk an. Östlich an diese Betriebe und an das Plangebiet angrenzend befindet sich das Gebiet des Bebauungsplans „Wimpfener Grund“ von 2008, der ebenfalls ein Industriegebiet und im Ostteil ein Gewerbegebiet festsetzt. Im Industriegebiet sind unter anderem ein neues Gießereigebäude der Beigeladenen zu 2. und eine Druckerei untergebracht (zu weiteren Einzelheiten vgl. die Anlage zum Sitzungsprotokoll).
Mit Bescheid vom 04.11.1994 erteilte die Beklagte dem Verein Syrisch-Orthodoxe Kirche e.V. Kirchardt, einem Rechtsvorgänger der Klägerin, die Baugenehmigung zur Errichtung einer Kirche mit zwei Ober- und einem Untergeschoss und Glockentürmen sowie zur Errichtung eines nördlich der Kirche liegenden Versammlungsraums (Ziff. 1). Der Antrag auf ein gleichzeitig im östlichsten Raum im Untergeschoss der Kirche geplantes Mausoleum bzw. auf eine Krypta mit 10 Begräbnisplätzen wurde abgelehnt (Ziff. 2). Nach Hinweis des Regierungspräsidiums Stuttgart, dass sich der Bauantrag nach einer einvernehmlich mit der Klägerin erfolgten Planänderung des Architekten nur noch auf einen Abstellraum im Untergeschoss beziehe, hob die Beklagte Ziff. 2 des Bescheids durch Bescheid vom 14.03.1995 mit der Begründung auf, für die Einrichtung der Krypta bedürfe es eines Nachtragsbaugesuchs. Die Kirche wurde genehmigungsgemäß errichtet und wird seither genutzt.
Am 07.07.2005 beantragte die Klägerin, den Abstellraum an der Kirchenostseite als Bestattungsplatz für verstorbene Geistliche der örtlichen Kirche zu nutzen und entsprechend umbauen zu dürfen. In dem Raum sollen, entsprechend der ursprünglichen Absicht, entlang der Westwand 10 Begräbnisplätze (Grab-Sarkophage) in Wandnischen und einer vorgelagerten Frontwand eingebaut werden. In den abgeschlossenen Gruftzellen sollen die Verstorbenen mit Holzsärgen beigesetzt und danach sollen die Kopfseiten durch dicht verfugte Stahlbetonplatten hermetisch zur Raumseite hin verschlossen und mit beschrifteten Marmorverkleidungen versehen werden (vgl. Baubeschreibung vom 07.07.2005). Zum Beleg der kirchenrechtlichen Erforderlichkeit einer solchen Priesterbegräbnisstätte lagen dem Antrag Stellungnahmen der Theologen Dr. ... und Prof. Dr. ..., des Kunsthistorikers ... (Universität Heidelberg) und des Kirchenrechtlers Prof. Dr. ... (Universität Konstanz) bei. Das Gesundheitsamt beim Landratsamt Heilbronn stimmte der Krypta aus hygienischer Sicht vorbehaltlich der Einhaltung vorgegebener Auflagen zu. Die Angrenzer wurden mit Schreiben vom 03.08.2005 benachrichtigt, Einwendungen wurden nicht erhoben. Der Gemeinderat der Beigeladenen zu 1. versagte mit Beschluss vom 17.10.2005 sein Einvernehmen. Unter Hinweis auf dieses fehlende Einvernehmen lehnte die Beklagte den Bauantrag mit Bescheid vom 06.03.2006 ab. Gleichzeitig versagte sie auch die parallel hierzu beantragte bestattungsrechtliche Genehmigung der Krypta als privater Bestattungsplatz; dagegen hatten zahlreiche Bürger sowie die Beigeladene zu 2. Einwendungen erhoben. Gegen beide Bescheide legte die Klägerin mit ausführlicher Begründung (u.a. unter Beifügung einer Stellungnahme des Patriarchat-Vikariats der Erzdiözese vom 26.03.2006) Widerspruch ein. Den gegen den baurechtlichen Bescheid eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart, ebenfalls unter Bezugnahme auf das versagte Einvernehmen, mit Bescheid vom 04.05.2006 zurück. Der Widerspruch gegen den bestattungsrechtlichen Ablehnungsbescheid blieb ebenfalls erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.11.2006).
Mit ihrer am 02.06.2006 erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zur Erteilung der begehrten Nutzungsänderungsgenehmigung, hilfsweise zur Neubescheidung zu verpflichten. In ihrer umfangreichen Begründung hat sie zusammengefasst vorgetragen: Die Krypta sei eine Anlage für kirchliche Zwecke. Das Ausnahmeermessen der Beklagten sei zu Gunsten einer positiven Entscheidung auf Null reduziert. Dies folge daraus, dass städtebauliche Gründe nicht entgegenstünden - die Krypta sei als kirchliche Nebenanlage gebietsverträglich - und dass das Grundrecht auf freie Religionsausübung die Bestattung syrisch-orthodoxer Priester in ihrer Kirche in Altarnähe gebiete. Sie sei auch dauerhaft zur Pflege der Grabplätze in der Lage. Bestattungsrecht stehe der Baugenehmigung nicht entgegen, die dortigen Abstandsvorschriften seien nicht anwendbar und die Voraussetzungen eines Anspruchs auf einen privaten Bestattungsplatz nach § 9 BestattG seien erfüllt. Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. haben Klagabweisung beantragt und diese ebenfalls ausführlich begründet. Die Beklagte hat im Wesentlichen vorgetragen: Totengedenken und Bestattungsrituale seien mit dem gewerblichen Charakter des Baugebiets nicht zu vereinbaren. Sowohl die Gebietsverträglichkeit als auch § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO stünden der Zulassung der Krypta im Industriegebiet daher entgegen. Die Zulässigkeit der Krypta sei unabhängig von der bereits zugelassenen Kirche neu zu prüfen. Die Beigeladene zu 1. hat zusätzlich vorgetragen: Die von einem Verein genützte Krypta sei schon keine von § 9 Abs. 3 BauNVO erfasste kirchliche Gemeinbedarfsanlage und erfülle auch die Voraussetzungen einer kirchlichen Nebenanlage nach § 14 BauNVO nicht. Die Krypta verstoße zu Lasten der Nachbarn gegen das Rücksichtnahmegebot sowie gegen Vorschriften des Bestattungsgesetzes i.V.m. § 3 LBO. Art. 4 Abs. 1 und 2 GG unterliege den im Bestattungsgesetz (allgemeiner Friedhofszwang) niedergelegten immanenten Grenzen.
Mit Urteil vom 15.04.2008 - 5 K 2146/06 - hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide verpflichtet, über den Antrag auf die begehrte Nutzungsänderungsgenehmigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Rechtsvoraussetzungen für eine Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 9 Abs. 3 BauNVO lägen vor. Bei der Krypta handle es sich im vorliegenden Sonderfall um eine Anlage für kirchliche Zwecke. Sie diene nicht der allgemeinen Totenbestattung, sondern sei ausschließlich für verstorbene Priester bestimmt. Hintergrund der Anlegung einer Krypta sei die althergebrachte Tradition der Syrisch-Orthodoxen Kirche. Die vorgesehene Art der Bestattung in einer Krypta oder jedenfalls in der Nähe des Altars folge einer kirchlichen Tradition dieser Glaubensgemeinschaft, wobei sogar eine andere Bestattung nach Liturgie bzw. nach altchristlicher Tradition verboten sei. Die Ausnahmeerteilung sei nicht schon deswegen unzulässig, weil die Krypta als Anlage für kirchliche Zwecke den Gebietscharakter des Industriegebiets gefährde und daher gebietsunverträglich sei. Denn die bestandskräftig genehmigte Kirche präge nunmehr - als Ausnahmefall und Fremdkörper - das Industriegebiet mit. Eine über den bisherigen Bestand hinausgehende Unverträglichkeit mit dem Baugebietscharakter werde durch die geplante Umnutzung im Kircheninnern nicht hervorgerufen. Die Beklagte müsse daher ihre Ermessensentscheidung nachholen. Eine Ermessensreduzierung auf Null scheide aber aus, da es auch gute Gründe - etwa berechtigte Interessen von Nachbarn - für eine Ablehnung der Ausnahme gebe.
Gegen dieses am 28.07.2008 zugestellte Urteil richten sich die - jeweils gegen den sie beschwerenden Teil - eingelegten und durch Beschluss des Senats vom 01.10.2008 zugelassenen Berufungen der Klägerin einerseits und der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. andererseits. Die Klägerin macht zusammenfassend geltend: Das Bedürfnis nach Beerdigung von Gemeindepriestern unter oder in der Nähe des Altars sei ein auf bindendem Ritus beruhendes Urbedürfnis der Syrisch-Orthodoxen Kirche. Dies ergebe sich aus den von ihr vorgelegten und unwiderlegten Gutachten sowie aus dem „Nomokon des Bar Hebraeus“. Hieraus folge, dass es sich bei der Krypta um eine kirchliche Anlage handle, die der Kirche funktional zugeordnet sei und mit dieser eine städtebauliche Einheit bilde. Die anderslautende Auffassung der Beklagten und der Gemeinde führe dazu, dass als kirchliche Anlagen nur „Bibelfabriken“ zulässig seien. Die Krypta verstoße weder gegen den Gebietscharakter noch verletze sie Grundzüge der Planung oder Interessen der Nachbarn. Die Zweckbestimmung des Baugebiets sei zwar das maßstabsbildende Kriterium für die Gebietsverträglichkeit, stelle aber keine Anforderungen an die ausnahmsweise zulässige Anlage selbst. Die Krypta berge im Verhältnis zu der seit langem eröffneten Kirche kein zusätzliches Konfliktpotential, zumal Totenruhe, Bestattungen und Totengedenken abgeschirmt von der Umgebung im Gebäudeinneren daher trotz der Industrie in einem würdigen Rahmen stattfänden. Die „psychische Ausstrahlungswirkung“ von Begräbnisstätten sei kein städtebaulich erheblicher Belang. Aus § 3 BestattG könne nicht auf die Unzulässigkeit der Anlage im Industriegebiet geschlossen werden, da es sich nicht um einen Friedhof handle. Das Ermessen der Beklagten sei, da entgegenstehende städtebauliche Belange nicht bestünden, aufgrund der kollektiven Religionsausübungsfreiheit nach Art. 4 Abs. 2 GG auf Null reduziert. Auf diesen grundrechtlichen Schutz habe sie nicht etwa im Ausgangsgenehmigungsverfahren für die Kirche verzichtet. Das Grundrecht der Religionsausübung erstrecke sich in seinem Kernbereich auf die Bestattung und Totensorge jedenfalls für kirchliche Würdenträger. Dieser Bereich unterfalle auch dem Schutz der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV, der für sie als rechtsfähiger Verein ebenfalls gelte. Die Ermessensschrumpfung auf Null ergebe sich auch aus dem Gleichheitssatz. Sie werde als Trägerin der ältesten christlichen Kirche überhaupt gegenüber den Krypten der großen Amtskirchen benachteiligt. So sei zuletzt 2008 der katholische Erzbischof Dr. ... ... im Freiburger Münster bestattet worden. Für eine Ermessensreduzierung spreche auch der Rechtsgedanke der Zulässigkeit von Nebenanlagen nach § 14 BauNVO. Die Krypta sei eine der bestandskräftig genehmigten Hauptnutzung der Kirche untergeordnete Einrichtung. Schließlich ergebe sich der Anspruch auf Nutzungsänderung auch als Folge des aktiven Bestandsschutzes der genehmigten Kirche. Die Ergänzung um eine Krypta sei untergeordnet und lasse die Kirche nach wie vor als „Hauptsache“ erscheinen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15.04.2008 - 5 K 2146/06 - zu ändern, den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 06.03.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.05.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr entsprechend ihrem Antrag vom 07.07.2005 eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des im Untergeschoss der Kirche gelegenen Lagerraums in eine Krypta zu erteilen.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen jeweils,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15.04.2008 - 5 K 2146/06 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
11 
Die Beklagte führt zusammenfassend aus: Das Verwaltungsgericht habe die Rechtsprechung zum Erfordernis der Gebietsverträglichkeit allgemein und ausnahmsweise zugelassener Nutzungen nicht ausreichend berücksichtigt. Die Krypta möge zwar einen Bezug zur genehmigten Kirche aufweisen. Ihr fehle jedoch der erforderliche funktionelle Zusammenhang mit der Zweckbestimmung des Baugebiets als Industriegebiet nach § 9 Abs. 1 BauNVO. An der Gebietsunverträglichkeit ändere sich dadurch nichts, dass die Kirche bereits bestandskräftig genehmigt sei. Die Krypta sei auch nicht als Nebenanlage zur Kirche zu beurteilen. Im Übrigen stelle die bestattungsrechtliche Unzulässigkeit der Krypta in Industriegebieten nach § 3 BestattG eine ermessenshindernde Schranke dar. § 3 BestattG sei durch seinen Bezug auf Gewerbe- und Industriegebiete städtebaulich angereichert und daher ungeachtet des § 58 Abs. 1 LBO im baurechtlichen Verfahren zu berücksichtigen. Art. 4 GG verschaffe der Klägerin keinen Anspruch. Die Bestattung Geistlicher in Kirchen falle schon nicht unter den Schutzbereich des Art. 4 GG. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass es sich um eine zwingende Verfahrensregel oder strikte Gewissenspflicht handle. Nach den vorgelegten Stellungnahmen handle es sich nur um eine Pflege religiösen Brauchtums. Die alternative Bestattung der Gemeindepriester in einem Kloster in den Niederlanden stürze die einzelnen Gemeindemitglieder nicht in einen unüberwindbaren Konflikt. Dies werde auch dadurch belegt, dass die Kirche seit ihrer Errichtung ohne Krypta betrieben werde. Letzteres spreche zudem auch dafür, dass die Klägerin auf einen Teilbereich einer unterstellten Religionsausübungsfreiheit verzichtet habe. Die streitige Kirchenbestattung falle auch nicht unter den Schutzbereich des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 WRV. Auch Art. 3 GG komme nicht zum Tragen, die von der Klägerin angeführten Vergleichsfälle beträfen andere Träger öffentlicher Gewalt, mithin einen nicht vergleichbaren Sachverhalt.
12 
Die Beigeladene zu 1. bestreitet nach wie vor, dass es sich bei der Krypta um eine kirchliche Anlage nach § 9 Abs. 3 BauNVO handle. Kirche und Begräbnisstätte müssten begrifflich und rechtlich getrennt behandelt werden. Die Krypta sei abgesehen davon selbst bei einer Anerkennung als kirchliche Anlage gebietsunverträglich, weil sie aufgrund ihrer typischen Nutzungsweise störend wirke. Im Industriegebiet würden täglich Hunderte von Menschen den gesteigerten Kontakt mit dem sensiblen Thema Tod ausgesetzt. Die Krypta verletze auch das Rücksichtnahmegebot zu Lasten ihres und anderer Industriebetriebe im alten wie im 2008 erweiterten Industriegebiet. Schließlich fehle der Klägerin auch das erforderliche Sachbescheidungsinteresse für die baurechtliche Genehmigung, da die bestattungsrechtliche Genehmigung im Hinblick auf den Verstoß der Anlage gegen die §§ 3 und 32 Abs. 1 BestattG offensichtlich zu Recht abgelehnt worden sei. Im Übrigen werde auf den bisherigen Vortrag im erstinstanzlichen und im Zulassungsverfahren Bezug genommen.
13 
Im bestattungsrechtlichen Verfahren ist die Klage gegen deren Ablehnung vollumfänglich erfolglos geblieben. Mit Urteil vom 15.04.2008 - 5 K 4450/06 - hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Auf Antrag der Klägerin hat der 1. Senat des erk. Gerichtshofs ebenfalls die Berufung zugelassen. Mit Beschluss vom 29.09.2009 - 1 S 3217/08 - ist dort im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden. Das Verwaltungsgericht hat die Genehmigungsfähigkeit der Krypta als einer privaten Bestattungsanlage nach § 9 Abs. 1 BestattG wegen Verstoßes gegen § 3 BestattG verneint, wonach bei Anlegung von Friedhöfen ein ausreichender Abstand u.a. zu störenden Betrieben, Gewerbe- und Industriegebieten eingehalten werden muss. Daraus folge, dass Friedhöfe erst Recht nicht „in“ Industriegebieten angelegt werden dürften. Dies gelte auch für die beantragten privaten Bestattungsplätze, die von außen zugänglich seien und denen die Toten in einer Prozession zugeführt würden. Industriegebietstypische Störungen seien mit dem für eine pietätvolle Totenbestattung erforderlichen kontemplativen Umfeld nicht vereinbar. Ferner hat das Verwaltungsgericht auch § 32 Abs. 1 BestattG als Genehmigungshindernis angesehen, da die Gemeindegeistlichen ersichtlich mumifiziert und damit nicht in einer der gesetzlich zulässigen Bestattungsarten (Erd- und Feuerbestattung) beigesetzt werden sollten.
14 
Dem Senat liegen die Baugenehmigungsakten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie die Bebauungsplanakten zum Baugebiet „Industriegebiet“ vor. Der Senat hat zusätzlich die Gerichts- und Behördenakten im bestattungsrechtlichen Verfahren - 1 S 3217/08 - beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf den Inhalt der vorliegenden Gerichtsakten mit dem ausführlichen Vortrag der Beteiligten wird verwiesen.
15 
In der mündlichen Verhandlung hat der Gemeindepfarrer der Klägerin, Herr ..., erklärt, in der Kirche sollten nur eigene Gemeindepriester bestattet werden. Die Bestattung auch von Priestern anderer Gemeinden sei nach dem Ritus möglich. Die in umgebauten Hallen eingerichteten Versammlungsstätten der beiden anderen syrisch-orthodoxen Gemeinden in Kirchardt/Kirchhausen seien baulich nicht für eine Krypta geeignet. Die Kirche seiner Gemeinde sei stattdessen von Anfang an mit Krypta geplant worden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A.
16 
Die Berufungen aller Berufungsführer sind zulässig. Sie sind jeweils rechtzeitig und den inhaltlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden. Die Berufungsführer sind im Umfang ihrer eingelegten Rechtsmittel durch das erstinstanzliche Urteil sämtlich auch sowohl formell wie materiell beschwert, sodass offen bleiben kann, ob und inwieweit beide Ausprägungen der Beschwer bei Trägern öffentlicher Verwaltung und Beigeladenen vorliegen müssen (vgl. dazu Nachweise bei Happ, in: Eyermann u.a., Komm. zur VwGO, 12. Aufl., Vorb. § 124 RdNrn. 28-30). Die materielle Beschwer der Beklagten folgt daraus, dass sie die beantragte uneingeschränkte Klagabweisung nicht erreicht hat, sondern unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide zur - bisher fehlenden - Bescheidung des Bauantrags nach Ermessen nach § 31 Abs. 1 BauGB verpflichtet worden ist und das Verwaltungsgericht hierbei als Maßstab für die Ermessensausübung nach § 113 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 121 VwGO bindend vorgegeben hat, dass die Kirche der Klägerin das Industriegebiet mitpräge und dass durch die Krypta eine über den bisherigen Bestand hinausgehende Unverträglichkeit mit dem Gebietscharakter nicht hervorgerufen werde. Die Beigeladene zu 1. ist materiell deswegen beschwert, weil sie durch eine der Beklagten vom Verwaltungsgericht aufgegebenen und zugunsten der Klägerin ausfallende Neubescheidung des Bauantrags in ihrem durch § 36 BauGB geschützten Recht auf Planungshoheit verletzt sein kann (vgl. Bader: in Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, Komm. zur VwGO, 4. Aufl. unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 14.04.2000 - 4 C 5.99 -, NVwZ 2000, 1048).
B.
17 
Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. sind begründet, die Berufung der Klägerin hat hingegen keinen Erfolg.
18 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist infolge der sich ergänzenden Teilberufungen der gesamte Streitgegenstand des Klageverfahrens geworden. Der Senat hat mithin zu entscheiden, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die beantragte baurechtliche Genehmigung zur Nutzungsänderung des Abstellraums im Untergeschoss ihrer Kirche in eine Krypta (Begräbnisstätte) mit 10 Begräbnisplätzen zur Bestattung der jeweiligen Gemeindegeistlichen zu erteilen und die Ablehnungsbescheide daher rechtwidrig sind (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Dies beurteilt sich nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO. Danach ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn das Vorhaben genehmigungspflichtig ist und ihm materiellrechtlich keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
19 
Allerdings ist die beantragte Nutzungsänderung nach § 49 Abs. 1 LBO i.V.m. § 2 Abs. 12 LBO genehmigungspflichtig und greifen die Ausnahmen von der Genehmigungspflicht nach §§ 50 und 51 nicht an. Die angestrebte Umwandlung des Abstellraums in eine Begräbnisstätte ist insbesondere nicht nach § 50 Abs. 2 LBO verfahrensfrei, da sich sowohl in bauordnungsrechtlicher Hinsicht (Hygiene, Gesundheitsgefährdung, vgl. dazu die Auflagen des Gesundheitsamts) als vor allem auch bauplanungsrechtlich andere und rechtlich deutlich weitergehende Anforderungen als bei der bisherigen Nutzung des Raums zu Abstellzwecken stellen.
20 
Die geplante Nutzungsänderung ist jedoch nicht genehmigungsfähig . Denn ihr stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen. Demgegenüber gehört die Zulässigkeit der Krypta, einer privaten - außerhalb eines kommunalen oder eines kirchlichen Friedhofs im Sinne von § 1 Abs. 2 BestattG gelegenen - Begräbnisstätte, nach den spezifischen Anforderungen des Bestattungsrechts (Bestattungsgesetz, Bestattungsverordnung) nicht zum baurechtsbehördlichen Prüfprogramm, sondern ist dem gesondert anhängigen bestattungsrechtlichen Genehmigungsverfahren vorbehalten (vgl. insbesondere § 9 BestattG). Da letzteres noch nicht negativ-bestandskräftig abgeschlossen ist, kann der Klägerin das (Sachbescheidungs-)Interesse an der Durchführung des baurechtlichen Verfahrens nicht abgesprochen werden. Die erstrebte Baugenehmigung bildet auch nicht den „Schlusspunkt“ einer umfassenden öffentlich-rechtlichen Überprüfung derart, dass sie erst erteilt werden darf, wenn die bestattungsrechtliche Genehmigung vorliegt oder mit ihr gerechnet werden darf (gegen diese teilweise vertretene „Schlusspunkttheorie“ vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.1999 - 5 S 50/97 -, NVwZ 2000, 1068; weitere Nachweise bei Sauter a.a.O § 58 RdNrn. 61, 62). Ungeachtet der getrennten Verfahren hat die Baurechtsbehörde freilich auch im Bestattungsrecht niedergelegte städtebauliche Leitvorstellungen zur Zulässigkeit von Begräbnisstätten zu berücksichtigen. Dies folgt aus § 2 Abs. 2 BestattG und gilt vor allem für die Abstandsregelungen nach §§ 3 und 8 BestattG. Die Verbindlichkeit dieser Abstandsregelungen bei der Aufstellung von Bebauungsplänen über Friedhöfe wie in Einzelgenehmigungsverfahren oder in Verfahren gegen die Abwehr „heranrückender“ Grabfelder ist unbestritten (vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.02.2009 - 3 S 2728/08 - sowie Normenkontrollbeschlüsse vom 22.06.1998 - 8 S 1950/97 -, VGHBW-Ls 1998, Beil. 11, B3-4; und vom 11.10.1994 - 8 S 434/94 -, VGHBW-Ls 1995, Beil. 1, B5; siehe auch Normenkontrollurteil vom 21.2.1986 - 8 S 2800/85 -, ESVGH 36,197). Die Abstandsregelungen in § 3 BestattG beschränken sich dabei nicht nur auf Friedhöfe, sondern gelten entsprechend auch für private Bestattungsplätze (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG).
21 
Bei Anlegung dieses Prüfungsrahmens ist die Nutzungsänderung bauplanungsrechtlich nach § 30 Abs. 1 BauGB unzulässig, denn das Vorhaben widerspricht den Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplans „Industriegebiet“ der Beigeladenen zu 1. vom 06.11.1970 zur Art der baulichen Nutzung; gleiches würde im Fall der Plannichtigkeit nach dem Maßstab des § 34 Abs. 2 BauGB gelten (dazu I.). Zwar handelt es sich bei der Krypta um eine - städtebaulich gegenüber der Kirche freilich eigenständig zu würdigende - Nutzungsart nach dem Ausnahmekatalog des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968/1990 (dazu II.). Gleichwohl ist sie wegen Unverträglichkeit mit dem typischen Gebietscharakter des Industriegebiets unzulässig (dazu III.) und dürfte zudem auch der Gebietseigenart nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO widersprechen (dazu IV.). Wegen dieses Rechtsverstoßes gegen den Bebauungsplan ist das Ermessen für eine ausnahmsweise Zulassung nach § 31 Abs. 1 BauGB nicht eröffnet und auch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB kommt - auch im Licht des Art. 4 GG und des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV - nicht in Betracht (dazu V.). Schließlich verstößt die Ablehnung der Krypta auch nicht gegen Art. 3 GG (dazu VI.).
I.
22 
1. Maßstab für die planungsrechtliche Beurteilung der geplanten Krypta ist der Bebauungsplan „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ bis „Beim Fürfelder Zollstock“ der Beigeladenen zu 1. vom 06.11.1970. Dieser setzt für das gesamte Plangebiet ein Industriegebiet (GI) nach § 9 BauNVO 1968 fest. Ziff. 1 des Textteils sieht ferner vor, dass Ausnahmen nach § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 „zugelassen werden“. Diese Regelung ist nicht dahin zu verstehen, dass die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten Anlagen in Anwendung des § 1 Abs. 5 BauNVO 1968 allgemein zulässig sein sollen, sondern sie sollte, wovon auch alle Beteiligten ausgehen, ersichtlich nur die Grundlage für deren ausnahmsweise Zulassung nach § 31 Abs. 1 BBauG (= § 31 Abs. 1 BauGB) schaffen.
23 
Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans vermag der Senat nicht zu erkennen. Ausweislich der beigezogenen Verfahrensakten wurde die Aufstellung des Bebauungsplans in seiner endgültigen Ausdehnung am 26.09.1969 und die Offenlage am 14.08.1970 beschlossen, lag der Planentwurf - nach rechtzeitiger öffentlicher Bekanntmachung - vom 18.09. bis 19.10.1970 öffentlich aus und erfolgte am 06.11.1970 der Satzungsbeschluss. Dass der Satzungsbeschluss vom Bürgermeister der Beigeladenen allein gefasst wurde, weil der Gemeinderat wegen Befangenheit mehrerer Gemeinderäte beschlussunfähig war, ist nicht zu beanstanden. Der Bürgermeister hat damit von seiner Entscheidungskompetenz nach § 37 Abs. 4 GemO Gebrauch gemacht (vgl. dazu zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.2006 - 8 S 1989/05 -, VBlBW 2007, 303). Die Satzung sowie der Rechtsplan mit den textlichen und zeichnerischen Festsetzungen sind vom damaligen Bürgermeister der Beigeladenen zu 1. unter dem 06.11.1970 jeweils ordnungsgemäß ausgefertigt worden. Am 28.05.1971 ist der Bebauungsplan zwar im vereinfachten Verfahren nach § 13 BBauG wegen Verschiebung der Baugrenze auf einem Grundstück geändert worden. Auch dieser Beschluss ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin aber in ausreichender Weise dadurch ausgefertigt worden, dass der Bürgermeister das Sitzungsprotokoll mit Wiedergabe des Planänderungsbeschlusses am 08.06.1971 unterschrieben und damit in ausreichender Weise die Authentizität der Planänderung bekundet hat (vgl. dazu Urteil des Senats vom 09.02.2009 - 3 S 2290/07 -, DÖV 2009, 544 [Ls]). Der am 21.07.1971 vom Landratsamt Sinsheim genehmigte Plan ist daher mit seiner öffentlichen Bekanntmachung im August 1971 wirksam geworden.
24 
2. Klarstellend bemerkt der Senat, dass vom planungsrechtlichen Rahmen eines Industriegebiets nach § 9 Abs. 1 bis 3 BauNVO auch bei unterstellter Unwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen wäre. Denn die nähere Umgebung des Kirchengrundstücks der Klägerin entspricht, worüber auch Einigkeit zwischen den Beteiligten besteht, aufgrund der vorhandenen betrieblichen Nutzungen nach ihrer Eigenart zweifelsfrei einem Industriegebiet. Wie dargelegt, befindet sich auf dem östlich angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... ein flächenintensiver Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten mit ca. 30 Mitarbeitern. Die Arbeiten finden in einer großen Halle sowie im Schichtbetrieb statt. Die Grundstücke westlich des Kirchengrundstücks werden von einer Schlosserei, einem Landschaftsbaubetrieb, einer Lackiererei, einem Karosserie- und Fahrzeugbaubetrieb, einem Textildruckbetrieb und einem Schrotthandel eingenommen. Weitere Großbetriebe liegen dem Kirchengrundstück jenseits der Industriestraße gegenüber, darunter insbesondere der metallverarbeitende Betrieb und die Gießerei der Beigeladenen zu 2. mit ca. 250 Mitarbeitern sowie nördlich davon das Betonwerk. In den Blick zu nehmen sind ferner die neue Gießerei der Beigeladenen zu 2. östlich des bisherigen Betriebsgeländes, aber auch die sich westlich des Betriebsgeländes anschließenden Betriebe und Betriebsteile, wie die im Bau befindliche Lagerhalle des Holzverarbeitungsbetriebs, ein Betrieb für Verpackungsmaterialien sowie ein Großbetrieb für Dichtungstechnik mit ca. 150 Mitarbeitern. Nach unbestrittener Mitteilung der Beklagten unterliegen zumindest die Gießerei und das Betonwerk sowie eine im angrenzenden Industriegebiet errichtete Druckerei wegen ihrer Emissionen oder Größe der Genehmigungspflicht nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Angesichts dieser Massierung industriegebietstypischer gewerblicher Anlagen nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO wäre bei Plannichtigkeit mithin zweifelsfrei von einem faktischen Industriegebiet nach § 34 Abs. 2, 1. Halbsatz BauGB i.V.m. § 9 BauNVO auszugehen. Die Existenz der Kirche der Klägerin würde hieran nichts ändern. Sie ist eine zwar große, aber doch die bisher einzige nichtgewerbliche Nutzung. Als solche mag sie bei der Gebietsbewertung (und nicht lediglich als „Fremdkörper“) zu berücksichtigen sein. Angesichts der Größe und des Umfangs der umgebenden Industriebetriebe vermag sie die industrielle Hauptnutzung der Umgebung jedoch nicht umzuprägen. Die Zulässigkeit der Krypta würde sich somit nach § 34 Abs. 2, 2. Halbsatz BauGB i.V.m. § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO richten, sodass relevante Unterschiede zur Rechtslage bei Plangültigkeit nicht bestünden.
II.
25 
Gemessen am Wortlaut des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist die streitige Krypta nicht schon deswegen unzulässig, weil sie unter keine der in dieser Vorschrift abschließend aufgeführten Ausnahmenutzungen fällt. Der gegenteiligen Auffassung der Beigeladenen zu 1. und der Beklagten, es handle sich um eine unter § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht subsumierbare eigenständige Nutzungsart „sui generis“, vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr spricht alles dafür, dass die Krypta wegen ihrer Beschränkung auf Gemeindepriester und ihres Zusammenhangs mit der Bestattungstradition der syrisch-orthodoxen Kirche noch als Anlage für kirchliche Zwecke einzustufen ist. Dies folgt entgegen der Auffassung der Klägerin allerdings nicht schon daraus, dass sie das rechtliche Schicksal der Gemeindekirche als „mitgezogener“ Annex oder als Nebenanlage nach den Grundsätzen des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO teilt. Vielmehr ist sie trotz ihrer räumlichen Verbindung mit der Gemeindekirche als städtebaurechtlich eigenständige „Hauptanlage“ zu bewerten. Dies ergibt sich aus Folgendem:
26 
1. Anlagen für kirchliche Zwecke sind - ebenso wie die sonstigen in § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO genannten Anlagen - im weitesten Sinn Anlagen für den Gemeinbedarf im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Sie haben nach ihrem Zweck einen Gemeinwohlbezug und stehen im Rahmen der Zweckbestimmung prinzipiell allen Interessierten offen. „Kirchliche“ Anlagen umfassen insbesondere Kirchengebäude, Gemeindehäuser, kirchlich geleitete Kindergärten und Kindertagesstätten, Pfarrhäuser, konfessionelle Beratungs- und Betreuungsstellen sowie sonstige Einrichtungen von Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts. Sie sind von den Anlagen für kulturelle Zwecke - zu denen auch religiös ausgerichtete Anlagen nichtkirchlicher Art gehören können - und den Anlagen für soziale Zwecke zu trennen, wobei freilich Überschneidungen und Doppelfunktionen nicht selten sind.
27 
a) Danach stellt die 1994 genehmigte syrisch-orthodoxe Kirche zweifelsfrei eine Anlage für kirchliche - und nicht „nur“ religiöse/kulturelle - Zwecke dar. Sie beherbergt die für christliche Kirchen typischen Räumlichkeiten (Altarraum, Chor, Taufbecken, Gebetsraum für die Gemeindemitglieder mit Bänken, Türme, Kuppel) und dient dem kirchentypischen Zweck der Andacht, des Gottesdienstes und der Anbetung Gottes. Auch die organisatorischen Strukturen einer „Kirche“ werden erfüllt. Die Klägerin versteht sich als Mitglied der Erzdiözese der „Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien in Deutschland“. An deren Spitze steht ein Patriarchalvikar (Bischof) mit Sitz in Warburg, der wiederum Stellvertreter des Patriarchen von Damaskus ist (vgl. Schreiben des Patriarchalvikars vom 26.03.2006 sowie Nachweise in Wikipedia, Onlinelexikon, Stichwort „Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien“). Die Klägerin ist zudem als eingetragener Verein mit den Organen Vorstand (Kirchenrat) und Mitgliederversammlung organisiert. Dass die Syrisch-Orthodoxe Kirche in Deutschland nicht den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV hat, ist für die Eigenschaft ihrer Gotteshäuser als kirchliche Anlagen unerheblich, zumal auch Moscheen wegen ihrer Funktion als Gebetshäuser trotz Fehlens organisatorischer kirchlicher Strukturen zunehmend den Anlagen für kirchliche Zwecke zugerechnet werden (vgl. etwa BVerwG , Urteil vom 27.02.1992 - 4 C 50.89 -, BRS 54 Nr. 193; anders VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.09.1999 - 3 S 1163/99 -, VBlBW 2000, 324: Moscheen sind Anlagen für religiöse/kulturelle Zwecke).
28 
b) Auch die Krypta ist angesichts ihrer konkreten Zweckbestimmung als Anlage für kirchliche Zwecke einzustufen. Als Begräbnisstätte nur für Gemeindepriester unterscheidet sie sich von herkömmlichen kommunalen oder auch konfessionellen kirchlichen Friedhöfen oder Bestattungshallen. Ihren kirchlichen Bezug gewinnt sie dadurch, dass Priester der syrisch-orthodoxen Kirche wegen ihrer herausgehobenen Stellung nicht auf Gemeindefriedhöfen, sondern nur in Kirchen bestattet werden dürfen und die Beisetzung jedenfalls traditionell in der „Hauskirche“ erfolgen soll. Dies reicht aus, um die Eigenschaft als kirchliche Anlage zu begründen, ohne dass an dieser Stelle auf Bedeutung und Gewicht der einzelnen Begräbnisriten näher eingegangen werden muss.
29 
2. Trotz dieses kirchlichen Nutzungszwecks stellt die Krypta aber weder einen bloßen „mitgezogenen“ Annex noch eine „Einrichtung“ der Kirche im Sinne von § 14 Abs. 1 BauNVO dar. Denn sie widerspricht wohl schon der „Eigenart“ des umgebenden Industriegebiets (vgl. dazu die Ausführungen unten zum deckungsgleichen Begriff der Gebietseigenart in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO). Zudem dient sie aber auch weder dem Nutzungszweck der in dem Industriegebiet gelegenen Grundstücke noch dem des Industriegebiets selbst. In ihrer Funktion als kirchliche Begräbnisstätte ist sie weder dem primären gewerblichen Nutzungszweck des Industriegebiets selbst noch der diesem Nutzungszweck entsprechenden tatsächlichen Bebauung auf den umliegenden Grundstücken zu- und untergeordnet (so die ständige Definition der Rechtsprechung, vgl. Nachweise bei Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 14 RdNr. 3). Vielmehr fehlt es an jeglichem Funktionszusammenhang zwischen dem industriegebietstypischen produzierenden Gewerbe und einer kirchlichen Begräbnisstätte, was zur Gebietsunverträglichkeit der Krypta führt (dazu nachfolgend). Die Krypta steht auch mit der kirchlichen Nutzung des Baugrundstücks selbst in keinem dienenden Zusammenhang. Nach der durch tatsächliche Gepflogenheiten und den aktuellen rechtlichen Rahmen geprägten Verkehrsanschauung sind Kirchen Versammlungsstätten von Menschen zum Zwecke der Andacht, des Gebets und der Zwiesprache mit Gott. Diesem Zweck zugeordnet sind, wie dargelegt, auch andere einem aktiven organisierten Gemeindeleben dienende Einrichtungen, wie sie zum Teil auch im Untergeschoss der Kirche der Klägerin genehmigt sind (Pfarrbüro, Gemeinderatssaal). Begräbnisstätten - auch für Priester - gehen über diesen Rahmen einer kirchlichen „Hilfsfunktion“ aber deutlich hinaus, sie sind diesen gegenüber ein kirchliches „aliud“ . Die Bestattung der Geistlichen in der eigenen Kirche - freilich auch damals nur höherer Würdenträger - mag in früheren Jahrhunderten üblich gewesen sein, sie entspricht der derzeitigen deutschen und europäischen Rechts- und Kirchenpraxis der großen christlichen Kirchen jedoch nicht mehr. Geistliche werden vielmehr grundsätzlich auf kommunalen oder auf kirchlichen Friedhöfen beigesetzt. Dies entspricht der auch verfassungsrechtlich abgesicherten Rechtslage, wie sie im Bestattungsrecht der meisten Länder ihren Niederschlag gefunden hat. Selbst in den syrisch-orthodoxen Gotteshäusern in Deutschland sind solche Einrichtungen bislang nicht anzutreffen. Sie werden vielmehr - wie seit vielen Jahren auch die Kirche der Klägerin - als Kirchen herkömmlicher Nutzungsbreite geführt.
III.
30 
Auch wenn sie als kirchliche „Hauptanlage“ unter den Nutzungskatalog der nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten fällt, ist die Krypta gleichwohl aus Rechtsgründen im (festgesetzten wie im faktischen) Industriegebiet unzulässig, weil sie gegen das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit verstößt.
31 
1. Das Merkmal der Gebietsverträglichkeit folgt aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften in der BauNVO. Diese weisen den Baugebieten jeweils eine allgemeine Zweckbestimmung, eine typische Funktion, zu. Rechtssystematisch, teleologisch und funktional ist die Gebietsverträglichkeit untrennbar mit der jeweiligen spezifischen Zweckbestimmung des Baugebietstypus verbunden. Diese allgemeine Zweckbestimmung, den normtypischen Gebietscharakter des jeweiligen Baugebiets, hat der Verordnungsgeber jeweils in den Absätzen 1 der Baugebietsvorschriften umschrieben und dem Katalog der allgemein und ausnahmsweise zulässigen Nutzungen in den Absätzen 2 und 3 gleichsam „vor die Klammer gezogen“ eingrenzend vorangestellt. Die Gebietsverträglichkeit bildet demgemäß die Zulässigkeitsgrenze für die allgemein wie für die nur ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten der Baugebiete (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 - 4 B 60.07 -, NVwZ 2008, 786 sowie Urteil vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, NVwZ 2002, 1118 f.)
32 
Rechtsdogmatisch ist die Gebietsverträglichkeit der Prüfungsebene des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO übergeordnet. Anders als bei letzteren kommt es auf die konkrete Bebauung in der Nachbarschaft, auf die konkrete Gebietseigenart und auf den konkreten Störungsgrad des Vorhabens für den Nachbarn nicht an. Das Korrektiv des § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauNVO greift erst ein, wenn es darum geht, die Genehmigung solcher Vorhaben zu versagen, die zwar nach Art, Größe, Störpotential oder Störungsempfindlichkeit den typischen Gebietscharakter nicht konterkarieren, jedoch nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets „vor Ort“ widersprechen bzw. für die Nachbarschaft mit unzumutbaren Belästigungen oder Störungen verbunden sind (vgl. eingehend BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 - 4 B 60.07 -, a.a.O.). So ist die Gebietsverträglichkeit solcher Vorhaben in Wohngebieten verneint worden, von denen eine allgemeine Unruhe ausgeht, die mit der typischen Zweckbestimmung der Gebiete (möglichst ungestörtes Wohnen) nicht vereinbar ist (BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 a.a.O: Unzulässigkeit eines Dialysezentrums - Anlage für gesundheitliche Zwecke nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO - im WA; BVerwG, Urteil vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, NVwZ 2002, 118: Zustellstützpunkt der Deutschen Post - Anlage für Verwaltungen nach § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO - im WA). In den Gewerbegebieten hat die Rechtsprechung umgekehrt solche Vorhaben als gebietsunverträglich eingestuft, die aufgrund ihrer besonderen Störanfälligkeit oder ihrer „gewerbefremden“ Funktion mit der typischen Betriebsamkeit und Emissionsbelastung des gewerblichen Umfelds nicht vereinbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.1992 - 4 C 43.89 -, VBlBW 1993, 49: Pensionsbetrieb im GE; BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 -, BauR 2002, 1499: Seniorenpflegeheim im GE). In der auch von den Beteiligten mehrfach zitierten Entscheidung über die Zulässigkeit einer Feuerbestattungsanlage (Krematorium) mit angeschlossenem Zeremonienraum im Gewerbegebiet hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt: Krematorien seien jedenfalls dann, wenn sie über einen Raum für Trauerfeierlichkeiten verfügten, für Gewerbegebiete nicht charakteristisch. Gewerbegebiete zeichneten sich dadurch aus, dass in ihnen gearbeitet werde, sie seien geprägt durch „werktägliche Geschäftigkeit“. Nach dem Leitbild der BauNVO seien sie den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten. Demgegenüber handle es sich bei Krematorien mit einer angeschlossenen Pietätshalle um Orte, an denen die Hinterbliebenen in Ruhe, Besinnung und innerer Einkehr von den Verstorbenen Abschied nehmen wollten. Das nach herkömmlicher Anschauung erforderliche kontemplative Umfeld für eine pietätvolle Totenbestattung sei nicht gegeben. Dass derartige Krematorien nicht mit der typischen Funktion eines Gewerbegebiets im Einklang stehen, werde auch durch deren lediglich ausnahmsweise Zulassung in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bestätigt (Beschluss vom 20.12.2005 - 4 B 71.05 -, ZfBR 2006, 262 f.; ebenso BayVGH im zugrunde liegenden Urteil vom 30.06.2005 - 15 BV 04.576 -, BauR 2005, 1884; a.A. teilweise OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28.10.2005 - 8 B 11345/05 -, BauR 2006, 336).
33 
2. Gemessen daran ist auch die streitige Krypta (schon) auf der Ebene der Gebietsverträglichkeit unzulässig. Als Begräbnisstätte mit spezifischen Nutzungs- und Lagebedürfnissen ist sie mit der Zweckbestimmung und dem Charakter des umliegenden Industriegebiets städtebaulich nicht vereinbar. Auf diese Rechtsverletzung können sich auch die Gebietsanlieger, vornehmlich die Beigeladene zu 2., aber auch der Betreiber des östlich angrenzenden Holzverarbeitungsbetriebs, berufen (zum Nachbarschutz vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008, a.a.O.).
34 
a) Wie mehrfach dargestellt, dienen Industriegebiete nach § 9 Abs. 1 BauNVO ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten (also auch in Misch- oder Gewerbegebieten) unzulässig sind. Hier finden - stärker noch als in Gewerbegebieten - mithin typischerweise gewerbliche Lebensbetätigungen mit der entsprechenden Betriebsamkeit von Arbeitnehmern, Kunden und Anlieferern sowie einer spezifischen „Unruhe“ durch den Gebietsverkehr mit hohem Lkw-Anteil statt. Sie müssen als Hauptnutzung gegenüber sonstigen - misch- oder gewerbegebietsverträglichen - Betrieben im Baugebiet überwiegend zulässig bleiben (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 9 RdNr. 1.13). Zu dieser Hauptnutzung gehören im Grundsatz die nach den §§ 4 ff. BImSchG i.V.m. § 2 der 4. BImSchV genehmigungsbedürftigen Anlagen. Schichtarbeit nachts und an Wochenenden ist in Industriegebieten regelmäßig zulässig und findet auch in dem der Klägerin benachbarten Holzverarbeitungsbetrieb statt. Die „werktägliche Geschäftigkeit“ kann sich daher auch auf die üblichen Ruhezeiten und auf die Wochenenden erstrecken. Die vorhandenen Betriebe im Bebauungsplangebiet entsprechen der Nutzungsstruktur eines normtypischen Industriegebiets geradezu beispielhaft. Die vorhandene Kirche als einzige Ausnahmenutzung ist nicht geeignet, den ansonsten rein industriellen (Regel-)Gebietscharakter nach § 9 Abs. 1 BauNVO in Frage zu stellen.
35 
b) Mit dieser Gebietstypik verträgt sich die im Streit stehende Krypta mit 10 Begräbnisplätzen nicht. Es handelt sich um einen nur von außen über eine Tür auf der Südseite zugänglichen Raum; die Fläche östlich der Grabnischen steht für Trauernde und Betende zur Verfügung. Das Trauern und Gedenken findet entgegen dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht nur im Innern unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, sondern wird auch außerhalb des Kirchengebäudes bemerkbar sein. Dies ergibt sich aus den Äußerungen der Klägerin im Baugenehmigungsverfahren sowie aus den von ihr in Bezug genommenen externen Stellungnahmen zum Ritual des Totengedenkens. Danach soll das Gedenken „feierlich zelebriert“ (Bauantrag) und sollen die Toten mit gelegentlichen Feiern geehrt werden (Prof. ...). Nach Schilderung der Klägerin im Ausgangsverfahren 1994 ist es zudem Brauch der syrisch-orthodoxen Christen, nach jedem samstäglichen Abendgottesdienst vor den „Priestergruften“ Gedenkgebete zu zelebrieren und an bestimmten Sonntagen und an hohen kirchlichen Feiertagen die Gottesdienste mit einer feierlichen Prozession in die Krypta abzuschließen. Dass sich an diesem Brauch zwischenzeitlich Grundlegendes geändert hat, ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat auch nicht substantiiert erklärt, darauf verzichten zu wollen. Für die Gebietsverträglichkeit sind letztlich aber Quantität und Dauer der „externen“ Traueraktivitäten nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist die funktionsgemäße städtebauliche Qualität der Krypta als Begräbnisstätte. Sie erfordert zum Schutz der Totenruhe wie zum Schutz der Trauernden ein ruhiges, pietätvolles Umfeld ohne unmittelbare Konfrontation mit dem Arbeitsalltag und immissionsintensiven Betrieben. Das Schutzbedürfnis ist bodenrechtlich dem eines Friedhofs durchaus vergleichbar. Auch dort werden die Toten häufig in einem Trauerraum im Inneren der Totenhalle oder der Friedhofskapelle aufgebahrt. Während dieser Zeit kann von ihnen Abschied genommen werden. Danach werden sie in Erd- oder Urnengräber überführt, wo ihrer jederzeit - auch mit Gedenkgottesdiensten - gedacht werden kann. Zum Schutz der Totenruhe, der Würde des Anlasses und Ortes hat dies alles in einer ruhigen, der Besinnung und inneren Einkehr angemessenen Umgebung zu geschehen (vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., S. 40). Das Bauplanungsrecht trägt dem durch zweckentsprechende Regelungen für die Bauleitplanung Rechnung (vgl. auch den Hinweis in BVerwG, Beschluss vom 20.12.2005, a.a.O.). So können gemeindliche oder kirchliche Friedhöfe als öffentliche oder private Grünflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB ausgewiesen und innerhalb dieser können die zugehörigen Gebäude (Leichenhalle, Kapelle) mittels Baufenstern für Gemeinbedarfsanlagen festgelegt werden; zudem kann durch die Anordnung von Bepflanzungen und Bauverbotsflächen gesichert werden, dass die räumlich und optisch erforderlichen Schutz- und Freiräume im Umfeld gewährleistet sind. Flächen für Kirchen mit umgebenden Bestattungseinrichtungen (Gemeindefriedhof oder Bestattungsräume) können gegebenenfalls auch als Sondergebiete nach § 11 Abs. 1 BauNVO festgelegt werden, da sie sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden. Kleinere gebäudeinterne Bestattungseinrichtungen können schließlich auch durch Ausweisung einer isolierten Gemeinbedarfsfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB mit konkretem Nutzungseinschrieb festgelegt werden. Schließlich sind wie oben bereits dargelegt, die im Bestattungsgesetz normierten Abstandsvorschriften in den Blick zu nehmen, die Ausdruck städtebaulicher Leitvorstellungen sind. Nach § 3 BestattG ist bei der Anlegung oder Erweiterung von Friedhöfen unter anderem zu Gewerbe- und Industriegebieten ein ausreichender Abstand einzuhalten. Hieraus folgt, dass Friedhöfe erst Recht innerhalb solcher Gebiete grundsätzlich unzulässig sind. Gleiches gilt für die Errichtung privater Bestattungsplätze nach § 9 BestattG, auf die § 3 BestattG entsprechend anzuwenden ist (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG). Das den §§ 3, 9 Abs. 3 BestattG zu entnehmende planerische Trennungsgebot zwischen Bestattungsanlagen und Gewerbegebieten entspricht nicht nur den gängigen kulturellen und sozialen Bedürfnissen der Bevölkerung (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB), sondern auch dem wohlverstandenen Interesse der Kirchen und Religionsgemeinschaften (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB). Deren schützenswerte Interessen an der (städtebaulichen) Gewährleistung von Gottesdienst und Seelsorge werden dadurch nicht geschmälert. Dies gilt auch für die Klägerin.
IV.
36 
Angesichts der Gebietsunverträglichkeit der Krypta kommt es auf die Frage, ob sie darüber hinaus auch gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO in unmittelbarer oder (über § 34 Abs. 2 BauGB) mittelbarer Anwendung verstößt, nicht mehr an. Der Senat merkt zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten gleichwohl an, dass ein solcher Verstoß zu bejahen wäre. Die Krypta als Begräbnisstätte dürfte nach ihrer Zweckbestimmung als letzte Ruhestätte der Eigenart des Baugebiets bei Gültigkeit wie bei Ungültigkeit des Bebauungsplans widersprechen. Auch hierauf könnten sich die Gebietsanlieger im Rahmen ihres Gebietserhaltungsanspruchs berufen (BVerwG, Beschluss vom 26.08.2009, a.a.O. m.N.).
37 
1. Die „Eigenart“ eines Baugebiets ergibt sich, anders als die Gebietsverträglichkeit, nicht allein aus den typisierenden Regelungen der BauNVO, sondern bedarf des Blicks auf die konkrete Ausgestaltung des Baugebiets. Bei beplanten Gebieten lässt sich die Eigenart erst bestimmen, wenn zusätzlich auch die jeweilige örtliche Situation, in die das Gebiet „hineingeplant“ worden ist, und der jeweilige Planungswille der Gemeinde berücksichtigt werden, soweit dieser in den Festsetzungen und in der Planbegründung zum Ausdruck gekommen ist; bei unbeplanten (faktischen) Baugebieten nach § 34 Abs. 2 BauGB ist dementsprechend auf den sich aus den örtlichen Verhältnissen ergebenden besonderen Gebietscharakter des konkreten Baugebiets abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 -, ZfBR 2009, 376; Beschluss vom 29.07.1991 - 4 B 40.91 -, BauR 1991, 714). § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Ausdruck des nachbarlichen Gebietserhaltungsanspruchs; die Vorschrift dient der Aufrechterhaltung der gebietstypischen Prägung des Gebiets und verlangt nicht, dass andere Gebietsanlieger unzumutbar beeinträchtigt sein müssen (BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 -, BauR 2002, 1499). Damit überschneidet sich der Schutzzweck „Aufrechterhaltung der gebietstypischen Prägung“ in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO mit dem Anwendungsbereich des Grundsatzes der Gebietsverträglichkeit. Dessen Erwägungen zum typischen Charakter eines Baugebiets sind bei Beurteilung der örtlichen Verhältnisse im Plangebiet in den Blick zu nehmen (vgl. Beschluss des Senats vom 26.08.2009 - 3 S 1057/09 -, juris). Dies hat zur Konsequenz, dass in Fällen, in denen die Eigenart des konkreten örtlichen Baugebiets unter Berücksichtigung der oben genannten Kriterien bzw. der im Planvollzug verwirklichten Nutzungen nicht von seiner vom Normgeber gewollten typischen Zweckbestimmung abweicht, ein nicht gebietsverträgliches Vorhaben grundsätzlich auch der Gebietseigenart nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO widerspricht.
38 
2. So liegt der Fall hier. Weder die Festsetzungen noch die Begründung des hier maßgeblichen Bebauungsplans „Industriegebiet“ vom 06.11.1970 enthalten Hinweise für die Absicht des Plangebers, das Baugebiet in einer vom Regelfall des § 9 Abs. 1 BauGB abweichenden Weise auszugestalten. Auch die seither verwirklichten Gewerbebetriebe in der näheren und weiteren Umgebung der Kirche lassen eine geradezu „klassische“ Industriegebietsnutzung erkennen. Dies wurde an anderer Stelle dargelegt, hierauf wird verwiesen. Auch bei der Prüfung nach § 34 Abs. 2 BauGB ist von einer Identität zwischen der regeltypischen Beschaffenheit und der konkreten Eigenart des Gebiets auszugehen, ohne dass die vorhandene Kirche als - einzige - Ausnahmenutzung daran etwas ändert.
V.
39 
Die nach all dem aus Rechtsgründen unzulässige Krypta kann auch nicht im Wege einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB genehmigt werden. Zunächst spricht alles dafür, dass diese private Bestattungsanlage schon die Grundzüge der Planung berührt, die - nach dem Maßstab zum Zeitpunkt des Planerlasses im Jahr 1970 (vgl. dazu Senatsurteil vom 13.06.2007 - 3 S 881/06 -, VBlBW 2007, 385) -, aber auch nach der tatsächlichen Bebauung auf ein typisches, die gewerbliche Nutzungsbreite voll ausschöpfendes Industriegebiet ohne konfliktträchtige Ausnahmenutzungen gerichtet war. Jedenfalls führt der Verzicht auf die Krypta aber weder zu einer baugrundstücksbezogenen Härte (§ 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) noch ist diese Bestattungseinrichtung innerhalb des Industriegebiets städtebaulich vertretbar (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB). Die hier vorliegende (städtebauliche) Gebietsunverträglichkeit des Vorhabens schließt es aus, dieses im Widerspruch dazu auf der Befreiungsebene als städtebaulich vertretbar zu bewerten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 23.98 -, NVwZ 2000, 1054). Schließlich erfordern es auch Gründe des Wohls der Allgemeinheit nicht, dass die Krypta trotz ihrer bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit an der vorgesehenen Stelle eingerichtet wird. Dies gilt auch bei Bewertung der Grabstättennutzung im Licht der Art. 4 und 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV in ihrer Funktion als im Genehmigungsverfahren zu beachtende objektivrechtliche Wertentscheidungen.
40 
1. a) Was das - einheitliche - Grundrecht der Glaubensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG betrifft, zu dem auch die freie Religionsausübung gehört, dürfte dessen Schutzbereich hier berührt sein. Dabei ist zum einen auf die Gemeindemitglieder der Klägerin einschließlich der Geistlichen als individuelle Grundrechtsträger, zum anderen auf die Klägerin als religiös-kirchlicher Verein, als kollektive Grundrechtsträgerin, abzustellen (vgl. dazu Rechtsprechungsnachweise bei Jarras/Pieroth, Komm. zum GG, 8. Aufl., Art. 4 RdNrn. 18, 19). Zu den geschützten Tätigkeiten der Gemeindemitglieder - gleich ob Angehörige der großen Kirchen oder kleinerer Glaubensgemeinschaften - gehören insbesondere die zum Bekenntnis des Glaubens erforderlichen kultischen Handlungen sowie religiöse Feiern und Gebräuche. Diese glaubensbezogenen Handlungen im engeren Sinn sind durch die versagte Krypta wohl nicht berührt. Denn das Beten, Gedenken und Trauern um Verstorbene - auch um verstorbene Geistliche - wird den syrisch-orthodoxen Gemeindemitgliedern nicht vorenthalten, sie können diese Tätigkeiten jederzeit ohne weiteres auch in der Kirche ausüben. Auch Prozessionen zum Gedenken an verstorbene Pfarrer sind ohne die Krypta möglich. Über diesen engeren Bereich der Religionsausübung hinaus schützt Art. 4 Abs. 1 GG auch „das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln“ (ständige Formel des Bundesverfassungsgerichts, vgl. z.B. Beschluss vom 17.12.1975 - 1 BvR 63/68 -, BVerfGE 41, 29). Auch die Klägerin selbst, deren Zweck die Pflege und Förderung des christlichen Glaubens in seiner syrisch-orthodoxen Ausprägung ist, kann sich grundsätzlich auf die Religionsausübung in diesem Umfang einschließlich der eigenen innerkirchlichen Organisationsfreiheit (Art. 137 Abs. 3 WRV) sowie nach außen gerichteter glaubensbezogener Tätigkeiten berufen, soweit sie sich im Rahmen des kirchlichen Aufgabenbereichs halten. Verhaltensregeln einer Religionsgemeinschaft müssen sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als „zwingend“ dergestalt erweisen, dass sie dem Betroffenen eine ansonsten unausweichliche seelische Bedrängnis ersparen (vgl. Urteil vom 23.11.2000 - 3 C 40.99 -, BVerwGE 112, 227 = NJW 2001, 1225; vgl. auch Urteil vom 26.06.1974 - VII C 36.72 -, BVerwGE 45, 224 m.w.N.). Bei dem gebotenen weiten Verständnis des Art. 4 GG sind allerdings auch unterhalb dieser Schwelle zwingender religiöser Gebote liegende Regeln, Traditionen oder Gebräuche einer Religionsgemeinschaft nicht schutzlos. Ihre geringere Schutzwürdigkeit führt jedoch zu geringeren Anforderungen auf der Ebene der (verfassungsimmanenten) Schranken.
41 
b) An diesen Vorgaben gemessen bewertet der Senat das Bedürfnis, über eine Krypta zur Bestattung der Gemeindepriester in der eigenen Kirche zu verfügen, zwar als einen vom Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und 2 und Art. 137 Abs. 3 WRV i.V.m. Art. 140 GG erfassten Teil des traditionellen Ritus der syrisch-orthodoxen Glaubensgemeinschaft, nicht jedoch als einen aktuellen zwingenden Bestandteil der Religionsausübung im engeren Sinn. Allerdings spricht einiges dafür, dass die Begräbnisregel insofern hohe religiöse Bedeutung hat, als es verboten ist, syrisch-orthodoxe Priester zusammen mit den Gemeindeangehörigen auf normalen Friedhöfen zu bestatten und stattdessen die Verpflichtung besteht, diesen Personenkreis in einem geweihten kirchlichen Bestattungsraum beizusetzen, während dieses Privileg einem Laien verschlossen ist „selbst wenn er König wäre“. Dieses Kirchenbestattungsgebot für Priester wird in den von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen jedenfalls übereinstimmend bestätigt (vgl. insbesondere die Stellungnahme der Theologen Prof. Dr. ... vom 10.03.1995 und Prof. Dr. ... vom 06.03.1995). Um dieses allgemeine priesterliche Kirchenbestattungsgebot/Friedhofsbestattungsverbot geht es hier aber nicht. Dieses Gebot kann ungeachtet der hier streitigen Genehmigung eingehalten werden, da syrisch-orthodoxe Priester in Deutschland ersichtlich von der Bestattungspflicht auf Friedhöfen befreit sind und stattdessen dem religiösen Ritus gemäß unter einem Kirchaltar in einer Klosteranlage in den Niederlanden beigesetzt werden dürfen (vgl. dazu auch den von der Klägerin vorgelegen Schriftverkehr mit niederländischen Behörden). Dass die Beisetzung der Priester darüber hinaus zwingend, d.h. mit derselben Verpflichtungskraft, gerade auch in der „Hauskirche“ erfolgen muss, wird von den Sachverständigen indessen nicht eindeutig bekundet. Der Patriarchalvikar weist in seinem Schreiben vom 26.03.2006 vor allem auf die Traditionen in früheren Zeiten hin und auch sein Schreiben vom 08.09.2009 legt die Bedeutung der „Hausbeisetzung“ nicht hinreichend dar. Gegen den zwingenden Charakter der „Hausbeisetzung“ sprechen vor allem aber die Aussagen und das Verhalten der Klägerin selbst. So haben die Vertreter der Klägerin im Zuge ihres ersten Bauantrags (für die Kirche mit Krypta) darauf hingewiesen, dass die Beisetzung der Priester norddeutscher Gemeinden im Kloster St. Ephrem in Glane-Losser/Niederlande praktiziert werde, diese Praxis ihr selbst wegen der großen Entfernung von fast 500 km aber nicht zugemutet werden könne (Widerspruch vom 20.01.1994). Diese Argumentation kann der Senat gut nachvollziehen, sie lässt aber erkennen, dass die Bestattung der Gemeindepriester auch außerhalb der eigenen Kirche als zwar nicht der heimischen Tradition gemäß, gleichwohl aber innerhalb angemessener Entfernung noch als hinnehmbar angesehen wurde. Dementsprechend hat die Klägerin sich im Anschluss mit der Genehmigung auch nur des Kirchenbaus ohne Krypta begnügt und die Kirche sodann gebaut und genutzt. Hätte der Verzicht auf die Hausbeisetzung die Klägerin in seelische Bedrängnis gebracht, hätte sie auf den Bau an der vorgesehenen Stelle im Industriegebiet verzichtet und sich um einen anderen Bauplatz bemüht. Zu berücksichtigen ist ferner die Erklärung der Vereinsvertreter der Klägerin während des Nachtragsbaugenehmigungsverfahrens, wonach die im norddeutschen Raum liegenden syrisch-orthodoxen Gemeinden „aufgrund der Nähe“ zu dem niederländischen Kloster „keine Notwendigkeit (hätten), sich Gedanken über eine Krypta zu machen“ (Schreiben an die Beigeladene zu 1. vom 23.09.2005). Diese Äußerung belegt nochmals deutlich, dass die Klägerin der Hausbestattung jedenfalls keine zwingende Bedeutung beimisst.
42 
2. Der trotz dieses geringeren Stellenwerts der Hausbestattung verbleibende Eingriff in die Religionsausübungsfreiheit durch Versagung der Baugenehmigung ist gerechtfertigt. Die Krypta erfordert, wie dargelegt, ein städtebauliches Umfeld der Ruhe und Andacht, um der Totenruhe und der Würde der Toten Rechnung zu tragen. Dieses Umfeld ist in dem Industriegebiet weder nach seiner Typik noch nach seiner Eigenart gewährleistet. Zudem befindet sich die Krypta auch nur wenige Meter von der Grenze zum östlichen Nachbargrundstück und nur ca. 17 m von der dortigen großen Produktionshalle entfernt, in der auch im Schichtbetrieb gearbeitet wird, wobei teilweise auch Lkw-Verkehr im Grenzbereich stattfindet. Diese Situation widerspricht der Würde der in solchem Umfeld bestatteten Toten in hohem Maße. Insofern wird der Achtungsanspruch der Verstorbenen verletzt, der sich nachwirkend aus dem Grundrecht des Art. 1 Abs. 1 GG ergibt (BVerfG, Urteil vom 24.02.1971 - 1 BvR 435/68 -, BVerfGE 30, 173 = NJW 1971, 1645). Darüber hinaus wird bei objektiver Betrachtung auch das durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken beeinträchtigt. Diese verfassungsimmanente Schranke setzt sich gegenüber der Beeinträchtigung der Religionsausübungsfreiheit durch und ist auch verhältnismäßig. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass die Krypta keinesfalls nur am vorgesehenen Ort verwirklicht, sondern (zusammen mit der Kirche) an anderer geeigneter Stelle errichtet werden könnte oder damals hätte errichtet werden können. Wie dargelegt, bietet das Planungsrecht zahlreiche Möglichkeiten, um städtebaulich die Grundlagen für eine der Totenruhe angemessene pietätvolle Begräbnisstätte zu schaffen.
VI.
43 
Die Ablehnung der Krypta im vorliegenden Fall verstößt auch nicht gegen das spezielle Gleichheitsgrundrecht nach Art. 3 Abs. 3 GG. Die Klägerin wird dadurch nicht wegen ihres Glaubens oder ihrer religiösen Anschauungen gegenüber den großen christlichen Kirchen benachteiligt. Das Nutzungsverbot zielt zunächst nicht auf die kirchliche Ausrichtung der Klägerin ab, sondern soll allein dem Schutz einer angemessenen und würdigen Totenruhe dienen. Der Senat vermag insbesondere aber keine diskriminierende Ungleichbehandlung im Verhältnis zur - allein in Betracht kommenden - katholischen Kirche zu erkennen. Katholische Gemeindepriester werden seit langem auf kirchlichen oder kommunalen Friedhöfen bestattet, private Bestattungsplätze in Kirchen werden ihnen aus den gleichen städtebaulichen Gründen verweigert oder gewährt wie der Klägerin. Die Situation, dass früher hohe Würdenträger in ihren Kirchen beigesetzt werden durften und dass diese Bestattungsart - traditionell nachwirkend - auch heute noch gelegentlich mit behördlicher Gestattung durchgeführt wird, ist mit dem hier in Rede stehenden Sachverhalt weder personell („einfacher“ Geistlicher) noch räumlich (Lage der Kirche im Industriegebiet) vergleichbar.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. hat diese aus Billigkeitsgründen selbst zu tragen, da sie in beiden Rechtszügen keine Anträge gestellt und damit auch kein Kostenrisiko auf sich genommen hat.
45 
Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zuzulassen, ob und unter welchen Voraussetzungen Begräbnisstätten für Priester innerhalb einer Kirche in typischen Industrie- oder Gewerbegebieten bauplanungsrechtlich zulässig sind. Diese Frage ist, wie der vorliegende Fall zeigt, über den Einzelfall hinaus bedeutsam.
46 
Beschluss vom 04. November 2009
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 und 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
16 
Die Berufungen aller Berufungsführer sind zulässig. Sie sind jeweils rechtzeitig und den inhaltlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden. Die Berufungsführer sind im Umfang ihrer eingelegten Rechtsmittel durch das erstinstanzliche Urteil sämtlich auch sowohl formell wie materiell beschwert, sodass offen bleiben kann, ob und inwieweit beide Ausprägungen der Beschwer bei Trägern öffentlicher Verwaltung und Beigeladenen vorliegen müssen (vgl. dazu Nachweise bei Happ, in: Eyermann u.a., Komm. zur VwGO, 12. Aufl., Vorb. § 124 RdNrn. 28-30). Die materielle Beschwer der Beklagten folgt daraus, dass sie die beantragte uneingeschränkte Klagabweisung nicht erreicht hat, sondern unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide zur - bisher fehlenden - Bescheidung des Bauantrags nach Ermessen nach § 31 Abs. 1 BauGB verpflichtet worden ist und das Verwaltungsgericht hierbei als Maßstab für die Ermessensausübung nach § 113 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 121 VwGO bindend vorgegeben hat, dass die Kirche der Klägerin das Industriegebiet mitpräge und dass durch die Krypta eine über den bisherigen Bestand hinausgehende Unverträglichkeit mit dem Gebietscharakter nicht hervorgerufen werde. Die Beigeladene zu 1. ist materiell deswegen beschwert, weil sie durch eine der Beklagten vom Verwaltungsgericht aufgegebenen und zugunsten der Klägerin ausfallende Neubescheidung des Bauantrags in ihrem durch § 36 BauGB geschützten Recht auf Planungshoheit verletzt sein kann (vgl. Bader: in Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, Komm. zur VwGO, 4. Aufl. unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 14.04.2000 - 4 C 5.99 -, NVwZ 2000, 1048).
B.
17 
Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. sind begründet, die Berufung der Klägerin hat hingegen keinen Erfolg.
18 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist infolge der sich ergänzenden Teilberufungen der gesamte Streitgegenstand des Klageverfahrens geworden. Der Senat hat mithin zu entscheiden, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die beantragte baurechtliche Genehmigung zur Nutzungsänderung des Abstellraums im Untergeschoss ihrer Kirche in eine Krypta (Begräbnisstätte) mit 10 Begräbnisplätzen zur Bestattung der jeweiligen Gemeindegeistlichen zu erteilen und die Ablehnungsbescheide daher rechtwidrig sind (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Dies beurteilt sich nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO. Danach ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn das Vorhaben genehmigungspflichtig ist und ihm materiellrechtlich keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
19 
Allerdings ist die beantragte Nutzungsänderung nach § 49 Abs. 1 LBO i.V.m. § 2 Abs. 12 LBO genehmigungspflichtig und greifen die Ausnahmen von der Genehmigungspflicht nach §§ 50 und 51 nicht an. Die angestrebte Umwandlung des Abstellraums in eine Begräbnisstätte ist insbesondere nicht nach § 50 Abs. 2 LBO verfahrensfrei, da sich sowohl in bauordnungsrechtlicher Hinsicht (Hygiene, Gesundheitsgefährdung, vgl. dazu die Auflagen des Gesundheitsamts) als vor allem auch bauplanungsrechtlich andere und rechtlich deutlich weitergehende Anforderungen als bei der bisherigen Nutzung des Raums zu Abstellzwecken stellen.
20 
Die geplante Nutzungsänderung ist jedoch nicht genehmigungsfähig . Denn ihr stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen. Demgegenüber gehört die Zulässigkeit der Krypta, einer privaten - außerhalb eines kommunalen oder eines kirchlichen Friedhofs im Sinne von § 1 Abs. 2 BestattG gelegenen - Begräbnisstätte, nach den spezifischen Anforderungen des Bestattungsrechts (Bestattungsgesetz, Bestattungsverordnung) nicht zum baurechtsbehördlichen Prüfprogramm, sondern ist dem gesondert anhängigen bestattungsrechtlichen Genehmigungsverfahren vorbehalten (vgl. insbesondere § 9 BestattG). Da letzteres noch nicht negativ-bestandskräftig abgeschlossen ist, kann der Klägerin das (Sachbescheidungs-)Interesse an der Durchführung des baurechtlichen Verfahrens nicht abgesprochen werden. Die erstrebte Baugenehmigung bildet auch nicht den „Schlusspunkt“ einer umfassenden öffentlich-rechtlichen Überprüfung derart, dass sie erst erteilt werden darf, wenn die bestattungsrechtliche Genehmigung vorliegt oder mit ihr gerechnet werden darf (gegen diese teilweise vertretene „Schlusspunkttheorie“ vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.1999 - 5 S 50/97 -, NVwZ 2000, 1068; weitere Nachweise bei Sauter a.a.O § 58 RdNrn. 61, 62). Ungeachtet der getrennten Verfahren hat die Baurechtsbehörde freilich auch im Bestattungsrecht niedergelegte städtebauliche Leitvorstellungen zur Zulässigkeit von Begräbnisstätten zu berücksichtigen. Dies folgt aus § 2 Abs. 2 BestattG und gilt vor allem für die Abstandsregelungen nach §§ 3 und 8 BestattG. Die Verbindlichkeit dieser Abstandsregelungen bei der Aufstellung von Bebauungsplänen über Friedhöfe wie in Einzelgenehmigungsverfahren oder in Verfahren gegen die Abwehr „heranrückender“ Grabfelder ist unbestritten (vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.02.2009 - 3 S 2728/08 - sowie Normenkontrollbeschlüsse vom 22.06.1998 - 8 S 1950/97 -, VGHBW-Ls 1998, Beil. 11, B3-4; und vom 11.10.1994 - 8 S 434/94 -, VGHBW-Ls 1995, Beil. 1, B5; siehe auch Normenkontrollurteil vom 21.2.1986 - 8 S 2800/85 -, ESVGH 36,197). Die Abstandsregelungen in § 3 BestattG beschränken sich dabei nicht nur auf Friedhöfe, sondern gelten entsprechend auch für private Bestattungsplätze (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG).
21 
Bei Anlegung dieses Prüfungsrahmens ist die Nutzungsänderung bauplanungsrechtlich nach § 30 Abs. 1 BauGB unzulässig, denn das Vorhaben widerspricht den Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplans „Industriegebiet“ der Beigeladenen zu 1. vom 06.11.1970 zur Art der baulichen Nutzung; gleiches würde im Fall der Plannichtigkeit nach dem Maßstab des § 34 Abs. 2 BauGB gelten (dazu I.). Zwar handelt es sich bei der Krypta um eine - städtebaulich gegenüber der Kirche freilich eigenständig zu würdigende - Nutzungsart nach dem Ausnahmekatalog des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968/1990 (dazu II.). Gleichwohl ist sie wegen Unverträglichkeit mit dem typischen Gebietscharakter des Industriegebiets unzulässig (dazu III.) und dürfte zudem auch der Gebietseigenart nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO widersprechen (dazu IV.). Wegen dieses Rechtsverstoßes gegen den Bebauungsplan ist das Ermessen für eine ausnahmsweise Zulassung nach § 31 Abs. 1 BauGB nicht eröffnet und auch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB kommt - auch im Licht des Art. 4 GG und des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV - nicht in Betracht (dazu V.). Schließlich verstößt die Ablehnung der Krypta auch nicht gegen Art. 3 GG (dazu VI.).
I.
22 
1. Maßstab für die planungsrechtliche Beurteilung der geplanten Krypta ist der Bebauungsplan „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ bis „Beim Fürfelder Zollstock“ der Beigeladenen zu 1. vom 06.11.1970. Dieser setzt für das gesamte Plangebiet ein Industriegebiet (GI) nach § 9 BauNVO 1968 fest. Ziff. 1 des Textteils sieht ferner vor, dass Ausnahmen nach § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 „zugelassen werden“. Diese Regelung ist nicht dahin zu verstehen, dass die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten Anlagen in Anwendung des § 1 Abs. 5 BauNVO 1968 allgemein zulässig sein sollen, sondern sie sollte, wovon auch alle Beteiligten ausgehen, ersichtlich nur die Grundlage für deren ausnahmsweise Zulassung nach § 31 Abs. 1 BBauG (= § 31 Abs. 1 BauGB) schaffen.
23 
Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans vermag der Senat nicht zu erkennen. Ausweislich der beigezogenen Verfahrensakten wurde die Aufstellung des Bebauungsplans in seiner endgültigen Ausdehnung am 26.09.1969 und die Offenlage am 14.08.1970 beschlossen, lag der Planentwurf - nach rechtzeitiger öffentlicher Bekanntmachung - vom 18.09. bis 19.10.1970 öffentlich aus und erfolgte am 06.11.1970 der Satzungsbeschluss. Dass der Satzungsbeschluss vom Bürgermeister der Beigeladenen allein gefasst wurde, weil der Gemeinderat wegen Befangenheit mehrerer Gemeinderäte beschlussunfähig war, ist nicht zu beanstanden. Der Bürgermeister hat damit von seiner Entscheidungskompetenz nach § 37 Abs. 4 GemO Gebrauch gemacht (vgl. dazu zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.2006 - 8 S 1989/05 -, VBlBW 2007, 303). Die Satzung sowie der Rechtsplan mit den textlichen und zeichnerischen Festsetzungen sind vom damaligen Bürgermeister der Beigeladenen zu 1. unter dem 06.11.1970 jeweils ordnungsgemäß ausgefertigt worden. Am 28.05.1971 ist der Bebauungsplan zwar im vereinfachten Verfahren nach § 13 BBauG wegen Verschiebung der Baugrenze auf einem Grundstück geändert worden. Auch dieser Beschluss ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin aber in ausreichender Weise dadurch ausgefertigt worden, dass der Bürgermeister das Sitzungsprotokoll mit Wiedergabe des Planänderungsbeschlusses am 08.06.1971 unterschrieben und damit in ausreichender Weise die Authentizität der Planänderung bekundet hat (vgl. dazu Urteil des Senats vom 09.02.2009 - 3 S 2290/07 -, DÖV 2009, 544 [Ls]). Der am 21.07.1971 vom Landratsamt Sinsheim genehmigte Plan ist daher mit seiner öffentlichen Bekanntmachung im August 1971 wirksam geworden.
24 
2. Klarstellend bemerkt der Senat, dass vom planungsrechtlichen Rahmen eines Industriegebiets nach § 9 Abs. 1 bis 3 BauNVO auch bei unterstellter Unwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen wäre. Denn die nähere Umgebung des Kirchengrundstücks der Klägerin entspricht, worüber auch Einigkeit zwischen den Beteiligten besteht, aufgrund der vorhandenen betrieblichen Nutzungen nach ihrer Eigenart zweifelsfrei einem Industriegebiet. Wie dargelegt, befindet sich auf dem östlich angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... ein flächenintensiver Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten mit ca. 30 Mitarbeitern. Die Arbeiten finden in einer großen Halle sowie im Schichtbetrieb statt. Die Grundstücke westlich des Kirchengrundstücks werden von einer Schlosserei, einem Landschaftsbaubetrieb, einer Lackiererei, einem Karosserie- und Fahrzeugbaubetrieb, einem Textildruckbetrieb und einem Schrotthandel eingenommen. Weitere Großbetriebe liegen dem Kirchengrundstück jenseits der Industriestraße gegenüber, darunter insbesondere der metallverarbeitende Betrieb und die Gießerei der Beigeladenen zu 2. mit ca. 250 Mitarbeitern sowie nördlich davon das Betonwerk. In den Blick zu nehmen sind ferner die neue Gießerei der Beigeladenen zu 2. östlich des bisherigen Betriebsgeländes, aber auch die sich westlich des Betriebsgeländes anschließenden Betriebe und Betriebsteile, wie die im Bau befindliche Lagerhalle des Holzverarbeitungsbetriebs, ein Betrieb für Verpackungsmaterialien sowie ein Großbetrieb für Dichtungstechnik mit ca. 150 Mitarbeitern. Nach unbestrittener Mitteilung der Beklagten unterliegen zumindest die Gießerei und das Betonwerk sowie eine im angrenzenden Industriegebiet errichtete Druckerei wegen ihrer Emissionen oder Größe der Genehmigungspflicht nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Angesichts dieser Massierung industriegebietstypischer gewerblicher Anlagen nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO wäre bei Plannichtigkeit mithin zweifelsfrei von einem faktischen Industriegebiet nach § 34 Abs. 2, 1. Halbsatz BauGB i.V.m. § 9 BauNVO auszugehen. Die Existenz der Kirche der Klägerin würde hieran nichts ändern. Sie ist eine zwar große, aber doch die bisher einzige nichtgewerbliche Nutzung. Als solche mag sie bei der Gebietsbewertung (und nicht lediglich als „Fremdkörper“) zu berücksichtigen sein. Angesichts der Größe und des Umfangs der umgebenden Industriebetriebe vermag sie die industrielle Hauptnutzung der Umgebung jedoch nicht umzuprägen. Die Zulässigkeit der Krypta würde sich somit nach § 34 Abs. 2, 2. Halbsatz BauGB i.V.m. § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO richten, sodass relevante Unterschiede zur Rechtslage bei Plangültigkeit nicht bestünden.
II.
25 
Gemessen am Wortlaut des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist die streitige Krypta nicht schon deswegen unzulässig, weil sie unter keine der in dieser Vorschrift abschließend aufgeführten Ausnahmenutzungen fällt. Der gegenteiligen Auffassung der Beigeladenen zu 1. und der Beklagten, es handle sich um eine unter § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht subsumierbare eigenständige Nutzungsart „sui generis“, vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr spricht alles dafür, dass die Krypta wegen ihrer Beschränkung auf Gemeindepriester und ihres Zusammenhangs mit der Bestattungstradition der syrisch-orthodoxen Kirche noch als Anlage für kirchliche Zwecke einzustufen ist. Dies folgt entgegen der Auffassung der Klägerin allerdings nicht schon daraus, dass sie das rechtliche Schicksal der Gemeindekirche als „mitgezogener“ Annex oder als Nebenanlage nach den Grundsätzen des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO teilt. Vielmehr ist sie trotz ihrer räumlichen Verbindung mit der Gemeindekirche als städtebaurechtlich eigenständige „Hauptanlage“ zu bewerten. Dies ergibt sich aus Folgendem:
26 
1. Anlagen für kirchliche Zwecke sind - ebenso wie die sonstigen in § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO genannten Anlagen - im weitesten Sinn Anlagen für den Gemeinbedarf im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Sie haben nach ihrem Zweck einen Gemeinwohlbezug und stehen im Rahmen der Zweckbestimmung prinzipiell allen Interessierten offen. „Kirchliche“ Anlagen umfassen insbesondere Kirchengebäude, Gemeindehäuser, kirchlich geleitete Kindergärten und Kindertagesstätten, Pfarrhäuser, konfessionelle Beratungs- und Betreuungsstellen sowie sonstige Einrichtungen von Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts. Sie sind von den Anlagen für kulturelle Zwecke - zu denen auch religiös ausgerichtete Anlagen nichtkirchlicher Art gehören können - und den Anlagen für soziale Zwecke zu trennen, wobei freilich Überschneidungen und Doppelfunktionen nicht selten sind.
27 
a) Danach stellt die 1994 genehmigte syrisch-orthodoxe Kirche zweifelsfrei eine Anlage für kirchliche - und nicht „nur“ religiöse/kulturelle - Zwecke dar. Sie beherbergt die für christliche Kirchen typischen Räumlichkeiten (Altarraum, Chor, Taufbecken, Gebetsraum für die Gemeindemitglieder mit Bänken, Türme, Kuppel) und dient dem kirchentypischen Zweck der Andacht, des Gottesdienstes und der Anbetung Gottes. Auch die organisatorischen Strukturen einer „Kirche“ werden erfüllt. Die Klägerin versteht sich als Mitglied der Erzdiözese der „Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien in Deutschland“. An deren Spitze steht ein Patriarchalvikar (Bischof) mit Sitz in Warburg, der wiederum Stellvertreter des Patriarchen von Damaskus ist (vgl. Schreiben des Patriarchalvikars vom 26.03.2006 sowie Nachweise in Wikipedia, Onlinelexikon, Stichwort „Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien“). Die Klägerin ist zudem als eingetragener Verein mit den Organen Vorstand (Kirchenrat) und Mitgliederversammlung organisiert. Dass die Syrisch-Orthodoxe Kirche in Deutschland nicht den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV hat, ist für die Eigenschaft ihrer Gotteshäuser als kirchliche Anlagen unerheblich, zumal auch Moscheen wegen ihrer Funktion als Gebetshäuser trotz Fehlens organisatorischer kirchlicher Strukturen zunehmend den Anlagen für kirchliche Zwecke zugerechnet werden (vgl. etwa BVerwG , Urteil vom 27.02.1992 - 4 C 50.89 -, BRS 54 Nr. 193; anders VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.09.1999 - 3 S 1163/99 -, VBlBW 2000, 324: Moscheen sind Anlagen für religiöse/kulturelle Zwecke).
28 
b) Auch die Krypta ist angesichts ihrer konkreten Zweckbestimmung als Anlage für kirchliche Zwecke einzustufen. Als Begräbnisstätte nur für Gemeindepriester unterscheidet sie sich von herkömmlichen kommunalen oder auch konfessionellen kirchlichen Friedhöfen oder Bestattungshallen. Ihren kirchlichen Bezug gewinnt sie dadurch, dass Priester der syrisch-orthodoxen Kirche wegen ihrer herausgehobenen Stellung nicht auf Gemeindefriedhöfen, sondern nur in Kirchen bestattet werden dürfen und die Beisetzung jedenfalls traditionell in der „Hauskirche“ erfolgen soll. Dies reicht aus, um die Eigenschaft als kirchliche Anlage zu begründen, ohne dass an dieser Stelle auf Bedeutung und Gewicht der einzelnen Begräbnisriten näher eingegangen werden muss.
29 
2. Trotz dieses kirchlichen Nutzungszwecks stellt die Krypta aber weder einen bloßen „mitgezogenen“ Annex noch eine „Einrichtung“ der Kirche im Sinne von § 14 Abs. 1 BauNVO dar. Denn sie widerspricht wohl schon der „Eigenart“ des umgebenden Industriegebiets (vgl. dazu die Ausführungen unten zum deckungsgleichen Begriff der Gebietseigenart in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO). Zudem dient sie aber auch weder dem Nutzungszweck der in dem Industriegebiet gelegenen Grundstücke noch dem des Industriegebiets selbst. In ihrer Funktion als kirchliche Begräbnisstätte ist sie weder dem primären gewerblichen Nutzungszweck des Industriegebiets selbst noch der diesem Nutzungszweck entsprechenden tatsächlichen Bebauung auf den umliegenden Grundstücken zu- und untergeordnet (so die ständige Definition der Rechtsprechung, vgl. Nachweise bei Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 14 RdNr. 3). Vielmehr fehlt es an jeglichem Funktionszusammenhang zwischen dem industriegebietstypischen produzierenden Gewerbe und einer kirchlichen Begräbnisstätte, was zur Gebietsunverträglichkeit der Krypta führt (dazu nachfolgend). Die Krypta steht auch mit der kirchlichen Nutzung des Baugrundstücks selbst in keinem dienenden Zusammenhang. Nach der durch tatsächliche Gepflogenheiten und den aktuellen rechtlichen Rahmen geprägten Verkehrsanschauung sind Kirchen Versammlungsstätten von Menschen zum Zwecke der Andacht, des Gebets und der Zwiesprache mit Gott. Diesem Zweck zugeordnet sind, wie dargelegt, auch andere einem aktiven organisierten Gemeindeleben dienende Einrichtungen, wie sie zum Teil auch im Untergeschoss der Kirche der Klägerin genehmigt sind (Pfarrbüro, Gemeinderatssaal). Begräbnisstätten - auch für Priester - gehen über diesen Rahmen einer kirchlichen „Hilfsfunktion“ aber deutlich hinaus, sie sind diesen gegenüber ein kirchliches „aliud“ . Die Bestattung der Geistlichen in der eigenen Kirche - freilich auch damals nur höherer Würdenträger - mag in früheren Jahrhunderten üblich gewesen sein, sie entspricht der derzeitigen deutschen und europäischen Rechts- und Kirchenpraxis der großen christlichen Kirchen jedoch nicht mehr. Geistliche werden vielmehr grundsätzlich auf kommunalen oder auf kirchlichen Friedhöfen beigesetzt. Dies entspricht der auch verfassungsrechtlich abgesicherten Rechtslage, wie sie im Bestattungsrecht der meisten Länder ihren Niederschlag gefunden hat. Selbst in den syrisch-orthodoxen Gotteshäusern in Deutschland sind solche Einrichtungen bislang nicht anzutreffen. Sie werden vielmehr - wie seit vielen Jahren auch die Kirche der Klägerin - als Kirchen herkömmlicher Nutzungsbreite geführt.
III.
30 
Auch wenn sie als kirchliche „Hauptanlage“ unter den Nutzungskatalog der nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten fällt, ist die Krypta gleichwohl aus Rechtsgründen im (festgesetzten wie im faktischen) Industriegebiet unzulässig, weil sie gegen das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit verstößt.
31 
1. Das Merkmal der Gebietsverträglichkeit folgt aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften in der BauNVO. Diese weisen den Baugebieten jeweils eine allgemeine Zweckbestimmung, eine typische Funktion, zu. Rechtssystematisch, teleologisch und funktional ist die Gebietsverträglichkeit untrennbar mit der jeweiligen spezifischen Zweckbestimmung des Baugebietstypus verbunden. Diese allgemeine Zweckbestimmung, den normtypischen Gebietscharakter des jeweiligen Baugebiets, hat der Verordnungsgeber jeweils in den Absätzen 1 der Baugebietsvorschriften umschrieben und dem Katalog der allgemein und ausnahmsweise zulässigen Nutzungen in den Absätzen 2 und 3 gleichsam „vor die Klammer gezogen“ eingrenzend vorangestellt. Die Gebietsverträglichkeit bildet demgemäß die Zulässigkeitsgrenze für die allgemein wie für die nur ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten der Baugebiete (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 - 4 B 60.07 -, NVwZ 2008, 786 sowie Urteil vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, NVwZ 2002, 1118 f.)
32 
Rechtsdogmatisch ist die Gebietsverträglichkeit der Prüfungsebene des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO übergeordnet. Anders als bei letzteren kommt es auf die konkrete Bebauung in der Nachbarschaft, auf die konkrete Gebietseigenart und auf den konkreten Störungsgrad des Vorhabens für den Nachbarn nicht an. Das Korrektiv des § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauNVO greift erst ein, wenn es darum geht, die Genehmigung solcher Vorhaben zu versagen, die zwar nach Art, Größe, Störpotential oder Störungsempfindlichkeit den typischen Gebietscharakter nicht konterkarieren, jedoch nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets „vor Ort“ widersprechen bzw. für die Nachbarschaft mit unzumutbaren Belästigungen oder Störungen verbunden sind (vgl. eingehend BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 - 4 B 60.07 -, a.a.O.). So ist die Gebietsverträglichkeit solcher Vorhaben in Wohngebieten verneint worden, von denen eine allgemeine Unruhe ausgeht, die mit der typischen Zweckbestimmung der Gebiete (möglichst ungestörtes Wohnen) nicht vereinbar ist (BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 a.a.O: Unzulässigkeit eines Dialysezentrums - Anlage für gesundheitliche Zwecke nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO - im WA; BVerwG, Urteil vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, NVwZ 2002, 118: Zustellstützpunkt der Deutschen Post - Anlage für Verwaltungen nach § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO - im WA). In den Gewerbegebieten hat die Rechtsprechung umgekehrt solche Vorhaben als gebietsunverträglich eingestuft, die aufgrund ihrer besonderen Störanfälligkeit oder ihrer „gewerbefremden“ Funktion mit der typischen Betriebsamkeit und Emissionsbelastung des gewerblichen Umfelds nicht vereinbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.1992 - 4 C 43.89 -, VBlBW 1993, 49: Pensionsbetrieb im GE; BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 -, BauR 2002, 1499: Seniorenpflegeheim im GE). In der auch von den Beteiligten mehrfach zitierten Entscheidung über die Zulässigkeit einer Feuerbestattungsanlage (Krematorium) mit angeschlossenem Zeremonienraum im Gewerbegebiet hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt: Krematorien seien jedenfalls dann, wenn sie über einen Raum für Trauerfeierlichkeiten verfügten, für Gewerbegebiete nicht charakteristisch. Gewerbegebiete zeichneten sich dadurch aus, dass in ihnen gearbeitet werde, sie seien geprägt durch „werktägliche Geschäftigkeit“. Nach dem Leitbild der BauNVO seien sie den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten. Demgegenüber handle es sich bei Krematorien mit einer angeschlossenen Pietätshalle um Orte, an denen die Hinterbliebenen in Ruhe, Besinnung und innerer Einkehr von den Verstorbenen Abschied nehmen wollten. Das nach herkömmlicher Anschauung erforderliche kontemplative Umfeld für eine pietätvolle Totenbestattung sei nicht gegeben. Dass derartige Krematorien nicht mit der typischen Funktion eines Gewerbegebiets im Einklang stehen, werde auch durch deren lediglich ausnahmsweise Zulassung in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bestätigt (Beschluss vom 20.12.2005 - 4 B 71.05 -, ZfBR 2006, 262 f.; ebenso BayVGH im zugrunde liegenden Urteil vom 30.06.2005 - 15 BV 04.576 -, BauR 2005, 1884; a.A. teilweise OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28.10.2005 - 8 B 11345/05 -, BauR 2006, 336).
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2. Gemessen daran ist auch die streitige Krypta (schon) auf der Ebene der Gebietsverträglichkeit unzulässig. Als Begräbnisstätte mit spezifischen Nutzungs- und Lagebedürfnissen ist sie mit der Zweckbestimmung und dem Charakter des umliegenden Industriegebiets städtebaulich nicht vereinbar. Auf diese Rechtsverletzung können sich auch die Gebietsanlieger, vornehmlich die Beigeladene zu 2., aber auch der Betreiber des östlich angrenzenden Holzverarbeitungsbetriebs, berufen (zum Nachbarschutz vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008, a.a.O.).
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a) Wie mehrfach dargestellt, dienen Industriegebiete nach § 9 Abs. 1 BauNVO ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten (also auch in Misch- oder Gewerbegebieten) unzulässig sind. Hier finden - stärker noch als in Gewerbegebieten - mithin typischerweise gewerbliche Lebensbetätigungen mit der entsprechenden Betriebsamkeit von Arbeitnehmern, Kunden und Anlieferern sowie einer spezifischen „Unruhe“ durch den Gebietsverkehr mit hohem Lkw-Anteil statt. Sie müssen als Hauptnutzung gegenüber sonstigen - misch- oder gewerbegebietsverträglichen - Betrieben im Baugebiet überwiegend zulässig bleiben (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 9 RdNr. 1.13). Zu dieser Hauptnutzung gehören im Grundsatz die nach den §§ 4 ff. BImSchG i.V.m. § 2 der 4. BImSchV genehmigungsbedürftigen Anlagen. Schichtarbeit nachts und an Wochenenden ist in Industriegebieten regelmäßig zulässig und findet auch in dem der Klägerin benachbarten Holzverarbeitungsbetrieb statt. Die „werktägliche Geschäftigkeit“ kann sich daher auch auf die üblichen Ruhezeiten und auf die Wochenenden erstrecken. Die vorhandenen Betriebe im Bebauungsplangebiet entsprechen der Nutzungsstruktur eines normtypischen Industriegebiets geradezu beispielhaft. Die vorhandene Kirche als einzige Ausnahmenutzung ist nicht geeignet, den ansonsten rein industriellen (Regel-)Gebietscharakter nach § 9 Abs. 1 BauNVO in Frage zu stellen.
35 
b) Mit dieser Gebietstypik verträgt sich die im Streit stehende Krypta mit 10 Begräbnisplätzen nicht. Es handelt sich um einen nur von außen über eine Tür auf der Südseite zugänglichen Raum; die Fläche östlich der Grabnischen steht für Trauernde und Betende zur Verfügung. Das Trauern und Gedenken findet entgegen dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht nur im Innern unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, sondern wird auch außerhalb des Kirchengebäudes bemerkbar sein. Dies ergibt sich aus den Äußerungen der Klägerin im Baugenehmigungsverfahren sowie aus den von ihr in Bezug genommenen externen Stellungnahmen zum Ritual des Totengedenkens. Danach soll das Gedenken „feierlich zelebriert“ (Bauantrag) und sollen die Toten mit gelegentlichen Feiern geehrt werden (Prof. ...). Nach Schilderung der Klägerin im Ausgangsverfahren 1994 ist es zudem Brauch der syrisch-orthodoxen Christen, nach jedem samstäglichen Abendgottesdienst vor den „Priestergruften“ Gedenkgebete zu zelebrieren und an bestimmten Sonntagen und an hohen kirchlichen Feiertagen die Gottesdienste mit einer feierlichen Prozession in die Krypta abzuschließen. Dass sich an diesem Brauch zwischenzeitlich Grundlegendes geändert hat, ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat auch nicht substantiiert erklärt, darauf verzichten zu wollen. Für die Gebietsverträglichkeit sind letztlich aber Quantität und Dauer der „externen“ Traueraktivitäten nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist die funktionsgemäße städtebauliche Qualität der Krypta als Begräbnisstätte. Sie erfordert zum Schutz der Totenruhe wie zum Schutz der Trauernden ein ruhiges, pietätvolles Umfeld ohne unmittelbare Konfrontation mit dem Arbeitsalltag und immissionsintensiven Betrieben. Das Schutzbedürfnis ist bodenrechtlich dem eines Friedhofs durchaus vergleichbar. Auch dort werden die Toten häufig in einem Trauerraum im Inneren der Totenhalle oder der Friedhofskapelle aufgebahrt. Während dieser Zeit kann von ihnen Abschied genommen werden. Danach werden sie in Erd- oder Urnengräber überführt, wo ihrer jederzeit - auch mit Gedenkgottesdiensten - gedacht werden kann. Zum Schutz der Totenruhe, der Würde des Anlasses und Ortes hat dies alles in einer ruhigen, der Besinnung und inneren Einkehr angemessenen Umgebung zu geschehen (vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., S. 40). Das Bauplanungsrecht trägt dem durch zweckentsprechende Regelungen für die Bauleitplanung Rechnung (vgl. auch den Hinweis in BVerwG, Beschluss vom 20.12.2005, a.a.O.). So können gemeindliche oder kirchliche Friedhöfe als öffentliche oder private Grünflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB ausgewiesen und innerhalb dieser können die zugehörigen Gebäude (Leichenhalle, Kapelle) mittels Baufenstern für Gemeinbedarfsanlagen festgelegt werden; zudem kann durch die Anordnung von Bepflanzungen und Bauverbotsflächen gesichert werden, dass die räumlich und optisch erforderlichen Schutz- und Freiräume im Umfeld gewährleistet sind. Flächen für Kirchen mit umgebenden Bestattungseinrichtungen (Gemeindefriedhof oder Bestattungsräume) können gegebenenfalls auch als Sondergebiete nach § 11 Abs. 1 BauNVO festgelegt werden, da sie sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden. Kleinere gebäudeinterne Bestattungseinrichtungen können schließlich auch durch Ausweisung einer isolierten Gemeinbedarfsfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB mit konkretem Nutzungseinschrieb festgelegt werden. Schließlich sind wie oben bereits dargelegt, die im Bestattungsgesetz normierten Abstandsvorschriften in den Blick zu nehmen, die Ausdruck städtebaulicher Leitvorstellungen sind. Nach § 3 BestattG ist bei der Anlegung oder Erweiterung von Friedhöfen unter anderem zu Gewerbe- und Industriegebieten ein ausreichender Abstand einzuhalten. Hieraus folgt, dass Friedhöfe erst Recht innerhalb solcher Gebiete grundsätzlich unzulässig sind. Gleiches gilt für die Errichtung privater Bestattungsplätze nach § 9 BestattG, auf die § 3 BestattG entsprechend anzuwenden ist (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG). Das den §§ 3, 9 Abs. 3 BestattG zu entnehmende planerische Trennungsgebot zwischen Bestattungsanlagen und Gewerbegebieten entspricht nicht nur den gängigen kulturellen und sozialen Bedürfnissen der Bevölkerung (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB), sondern auch dem wohlverstandenen Interesse der Kirchen und Religionsgemeinschaften (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB). Deren schützenswerte Interessen an der (städtebaulichen) Gewährleistung von Gottesdienst und Seelsorge werden dadurch nicht geschmälert. Dies gilt auch für die Klägerin.
IV.
36 
Angesichts der Gebietsunverträglichkeit der Krypta kommt es auf die Frage, ob sie darüber hinaus auch gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO in unmittelbarer oder (über § 34 Abs. 2 BauGB) mittelbarer Anwendung verstößt, nicht mehr an. Der Senat merkt zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten gleichwohl an, dass ein solcher Verstoß zu bejahen wäre. Die Krypta als Begräbnisstätte dürfte nach ihrer Zweckbestimmung als letzte Ruhestätte der Eigenart des Baugebiets bei Gültigkeit wie bei Ungültigkeit des Bebauungsplans widersprechen. Auch hierauf könnten sich die Gebietsanlieger im Rahmen ihres Gebietserhaltungsanspruchs berufen (BVerwG, Beschluss vom 26.08.2009, a.a.O. m.N.).
37 
1. Die „Eigenart“ eines Baugebiets ergibt sich, anders als die Gebietsverträglichkeit, nicht allein aus den typisierenden Regelungen der BauNVO, sondern bedarf des Blicks auf die konkrete Ausgestaltung des Baugebiets. Bei beplanten Gebieten lässt sich die Eigenart erst bestimmen, wenn zusätzlich auch die jeweilige örtliche Situation, in die das Gebiet „hineingeplant“ worden ist, und der jeweilige Planungswille der Gemeinde berücksichtigt werden, soweit dieser in den Festsetzungen und in der Planbegründung zum Ausdruck gekommen ist; bei unbeplanten (faktischen) Baugebieten nach § 34 Abs. 2 BauGB ist dementsprechend auf den sich aus den örtlichen Verhältnissen ergebenden besonderen Gebietscharakter des konkreten Baugebiets abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 -, ZfBR 2009, 376; Beschluss vom 29.07.1991 - 4 B 40.91 -, BauR 1991, 714). § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Ausdruck des nachbarlichen Gebietserhaltungsanspruchs; die Vorschrift dient der Aufrechterhaltung der gebietstypischen Prägung des Gebiets und verlangt nicht, dass andere Gebietsanlieger unzumutbar beeinträchtigt sein müssen (BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 -, BauR 2002, 1499). Damit überschneidet sich der Schutzzweck „Aufrechterhaltung der gebietstypischen Prägung“ in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO mit dem Anwendungsbereich des Grundsatzes der Gebietsverträglichkeit. Dessen Erwägungen zum typischen Charakter eines Baugebiets sind bei Beurteilung der örtlichen Verhältnisse im Plangebiet in den Blick zu nehmen (vgl. Beschluss des Senats vom 26.08.2009 - 3 S 1057/09 -, juris). Dies hat zur Konsequenz, dass in Fällen, in denen die Eigenart des konkreten örtlichen Baugebiets unter Berücksichtigung der oben genannten Kriterien bzw. der im Planvollzug verwirklichten Nutzungen nicht von seiner vom Normgeber gewollten typischen Zweckbestimmung abweicht, ein nicht gebietsverträgliches Vorhaben grundsätzlich auch der Gebietseigenart nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO widerspricht.
38 
2. So liegt der Fall hier. Weder die Festsetzungen noch die Begründung des hier maßgeblichen Bebauungsplans „Industriegebiet“ vom 06.11.1970 enthalten Hinweise für die Absicht des Plangebers, das Baugebiet in einer vom Regelfall des § 9 Abs. 1 BauGB abweichenden Weise auszugestalten. Auch die seither verwirklichten Gewerbebetriebe in der näheren und weiteren Umgebung der Kirche lassen eine geradezu „klassische“ Industriegebietsnutzung erkennen. Dies wurde an anderer Stelle dargelegt, hierauf wird verwiesen. Auch bei der Prüfung nach § 34 Abs. 2 BauGB ist von einer Identität zwischen der regeltypischen Beschaffenheit und der konkreten Eigenart des Gebiets auszugehen, ohne dass die vorhandene Kirche als - einzige - Ausnahmenutzung daran etwas ändert.
V.
39 
Die nach all dem aus Rechtsgründen unzulässige Krypta kann auch nicht im Wege einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB genehmigt werden. Zunächst spricht alles dafür, dass diese private Bestattungsanlage schon die Grundzüge der Planung berührt, die - nach dem Maßstab zum Zeitpunkt des Planerlasses im Jahr 1970 (vgl. dazu Senatsurteil vom 13.06.2007 - 3 S 881/06 -, VBlBW 2007, 385) -, aber auch nach der tatsächlichen Bebauung auf ein typisches, die gewerbliche Nutzungsbreite voll ausschöpfendes Industriegebiet ohne konfliktträchtige Ausnahmenutzungen gerichtet war. Jedenfalls führt der Verzicht auf die Krypta aber weder zu einer baugrundstücksbezogenen Härte (§ 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) noch ist diese Bestattungseinrichtung innerhalb des Industriegebiets städtebaulich vertretbar (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB). Die hier vorliegende (städtebauliche) Gebietsunverträglichkeit des Vorhabens schließt es aus, dieses im Widerspruch dazu auf der Befreiungsebene als städtebaulich vertretbar zu bewerten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 23.98 -, NVwZ 2000, 1054). Schließlich erfordern es auch Gründe des Wohls der Allgemeinheit nicht, dass die Krypta trotz ihrer bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit an der vorgesehenen Stelle eingerichtet wird. Dies gilt auch bei Bewertung der Grabstättennutzung im Licht der Art. 4 und 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV in ihrer Funktion als im Genehmigungsverfahren zu beachtende objektivrechtliche Wertentscheidungen.
40 
1. a) Was das - einheitliche - Grundrecht der Glaubensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG betrifft, zu dem auch die freie Religionsausübung gehört, dürfte dessen Schutzbereich hier berührt sein. Dabei ist zum einen auf die Gemeindemitglieder der Klägerin einschließlich der Geistlichen als individuelle Grundrechtsträger, zum anderen auf die Klägerin als religiös-kirchlicher Verein, als kollektive Grundrechtsträgerin, abzustellen (vgl. dazu Rechtsprechungsnachweise bei Jarras/Pieroth, Komm. zum GG, 8. Aufl., Art. 4 RdNrn. 18, 19). Zu den geschützten Tätigkeiten der Gemeindemitglieder - gleich ob Angehörige der großen Kirchen oder kleinerer Glaubensgemeinschaften - gehören insbesondere die zum Bekenntnis des Glaubens erforderlichen kultischen Handlungen sowie religiöse Feiern und Gebräuche. Diese glaubensbezogenen Handlungen im engeren Sinn sind durch die versagte Krypta wohl nicht berührt. Denn das Beten, Gedenken und Trauern um Verstorbene - auch um verstorbene Geistliche - wird den syrisch-orthodoxen Gemeindemitgliedern nicht vorenthalten, sie können diese Tätigkeiten jederzeit ohne weiteres auch in der Kirche ausüben. Auch Prozessionen zum Gedenken an verstorbene Pfarrer sind ohne die Krypta möglich. Über diesen engeren Bereich der Religionsausübung hinaus schützt Art. 4 Abs. 1 GG auch „das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln“ (ständige Formel des Bundesverfassungsgerichts, vgl. z.B. Beschluss vom 17.12.1975 - 1 BvR 63/68 -, BVerfGE 41, 29). Auch die Klägerin selbst, deren Zweck die Pflege und Förderung des christlichen Glaubens in seiner syrisch-orthodoxen Ausprägung ist, kann sich grundsätzlich auf die Religionsausübung in diesem Umfang einschließlich der eigenen innerkirchlichen Organisationsfreiheit (Art. 137 Abs. 3 WRV) sowie nach außen gerichteter glaubensbezogener Tätigkeiten berufen, soweit sie sich im Rahmen des kirchlichen Aufgabenbereichs halten. Verhaltensregeln einer Religionsgemeinschaft müssen sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als „zwingend“ dergestalt erweisen, dass sie dem Betroffenen eine ansonsten unausweichliche seelische Bedrängnis ersparen (vgl. Urteil vom 23.11.2000 - 3 C 40.99 -, BVerwGE 112, 227 = NJW 2001, 1225; vgl. auch Urteil vom 26.06.1974 - VII C 36.72 -, BVerwGE 45, 224 m.w.N.). Bei dem gebotenen weiten Verständnis des Art. 4 GG sind allerdings auch unterhalb dieser Schwelle zwingender religiöser Gebote liegende Regeln, Traditionen oder Gebräuche einer Religionsgemeinschaft nicht schutzlos. Ihre geringere Schutzwürdigkeit führt jedoch zu geringeren Anforderungen auf der Ebene der (verfassungsimmanenten) Schranken.
41 
b) An diesen Vorgaben gemessen bewertet der Senat das Bedürfnis, über eine Krypta zur Bestattung der Gemeindepriester in der eigenen Kirche zu verfügen, zwar als einen vom Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und 2 und Art. 137 Abs. 3 WRV i.V.m. Art. 140 GG erfassten Teil des traditionellen Ritus der syrisch-orthodoxen Glaubensgemeinschaft, nicht jedoch als einen aktuellen zwingenden Bestandteil der Religionsausübung im engeren Sinn. Allerdings spricht einiges dafür, dass die Begräbnisregel insofern hohe religiöse Bedeutung hat, als es verboten ist, syrisch-orthodoxe Priester zusammen mit den Gemeindeangehörigen auf normalen Friedhöfen zu bestatten und stattdessen die Verpflichtung besteht, diesen Personenkreis in einem geweihten kirchlichen Bestattungsraum beizusetzen, während dieses Privileg einem Laien verschlossen ist „selbst wenn er König wäre“. Dieses Kirchenbestattungsgebot für Priester wird in den von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen jedenfalls übereinstimmend bestätigt (vgl. insbesondere die Stellungnahme der Theologen Prof. Dr. ... vom 10.03.1995 und Prof. Dr. ... vom 06.03.1995). Um dieses allgemeine priesterliche Kirchenbestattungsgebot/Friedhofsbestattungsverbot geht es hier aber nicht. Dieses Gebot kann ungeachtet der hier streitigen Genehmigung eingehalten werden, da syrisch-orthodoxe Priester in Deutschland ersichtlich von der Bestattungspflicht auf Friedhöfen befreit sind und stattdessen dem religiösen Ritus gemäß unter einem Kirchaltar in einer Klosteranlage in den Niederlanden beigesetzt werden dürfen (vgl. dazu auch den von der Klägerin vorgelegen Schriftverkehr mit niederländischen Behörden). Dass die Beisetzung der Priester darüber hinaus zwingend, d.h. mit derselben Verpflichtungskraft, gerade auch in der „Hauskirche“ erfolgen muss, wird von den Sachverständigen indessen nicht eindeutig bekundet. Der Patriarchalvikar weist in seinem Schreiben vom 26.03.2006 vor allem auf die Traditionen in früheren Zeiten hin und auch sein Schreiben vom 08.09.2009 legt die Bedeutung der „Hausbeisetzung“ nicht hinreichend dar. Gegen den zwingenden Charakter der „Hausbeisetzung“ sprechen vor allem aber die Aussagen und das Verhalten der Klägerin selbst. So haben die Vertreter der Klägerin im Zuge ihres ersten Bauantrags (für die Kirche mit Krypta) darauf hingewiesen, dass die Beisetzung der Priester norddeutscher Gemeinden im Kloster St. Ephrem in Glane-Losser/Niederlande praktiziert werde, diese Praxis ihr selbst wegen der großen Entfernung von fast 500 km aber nicht zugemutet werden könne (Widerspruch vom 20.01.1994). Diese Argumentation kann der Senat gut nachvollziehen, sie lässt aber erkennen, dass die Bestattung der Gemeindepriester auch außerhalb der eigenen Kirche als zwar nicht der heimischen Tradition gemäß, gleichwohl aber innerhalb angemessener Entfernung noch als hinnehmbar angesehen wurde. Dementsprechend hat die Klägerin sich im Anschluss mit der Genehmigung auch nur des Kirchenbaus ohne Krypta begnügt und die Kirche sodann gebaut und genutzt. Hätte der Verzicht auf die Hausbeisetzung die Klägerin in seelische Bedrängnis gebracht, hätte sie auf den Bau an der vorgesehenen Stelle im Industriegebiet verzichtet und sich um einen anderen Bauplatz bemüht. Zu berücksichtigen ist ferner die Erklärung der Vereinsvertreter der Klägerin während des Nachtragsbaugenehmigungsverfahrens, wonach die im norddeutschen Raum liegenden syrisch-orthodoxen Gemeinden „aufgrund der Nähe“ zu dem niederländischen Kloster „keine Notwendigkeit (hätten), sich Gedanken über eine Krypta zu machen“ (Schreiben an die Beigeladene zu 1. vom 23.09.2005). Diese Äußerung belegt nochmals deutlich, dass die Klägerin der Hausbestattung jedenfalls keine zwingende Bedeutung beimisst.
42 
2. Der trotz dieses geringeren Stellenwerts der Hausbestattung verbleibende Eingriff in die Religionsausübungsfreiheit durch Versagung der Baugenehmigung ist gerechtfertigt. Die Krypta erfordert, wie dargelegt, ein städtebauliches Umfeld der Ruhe und Andacht, um der Totenruhe und der Würde der Toten Rechnung zu tragen. Dieses Umfeld ist in dem Industriegebiet weder nach seiner Typik noch nach seiner Eigenart gewährleistet. Zudem befindet sich die Krypta auch nur wenige Meter von der Grenze zum östlichen Nachbargrundstück und nur ca. 17 m von der dortigen großen Produktionshalle entfernt, in der auch im Schichtbetrieb gearbeitet wird, wobei teilweise auch Lkw-Verkehr im Grenzbereich stattfindet. Diese Situation widerspricht der Würde der in solchem Umfeld bestatteten Toten in hohem Maße. Insofern wird der Achtungsanspruch der Verstorbenen verletzt, der sich nachwirkend aus dem Grundrecht des Art. 1 Abs. 1 GG ergibt (BVerfG, Urteil vom 24.02.1971 - 1 BvR 435/68 -, BVerfGE 30, 173 = NJW 1971, 1645). Darüber hinaus wird bei objektiver Betrachtung auch das durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken beeinträchtigt. Diese verfassungsimmanente Schranke setzt sich gegenüber der Beeinträchtigung der Religionsausübungsfreiheit durch und ist auch verhältnismäßig. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass die Krypta keinesfalls nur am vorgesehenen Ort verwirklicht, sondern (zusammen mit der Kirche) an anderer geeigneter Stelle errichtet werden könnte oder damals hätte errichtet werden können. Wie dargelegt, bietet das Planungsrecht zahlreiche Möglichkeiten, um städtebaulich die Grundlagen für eine der Totenruhe angemessene pietätvolle Begräbnisstätte zu schaffen.
VI.
43 
Die Ablehnung der Krypta im vorliegenden Fall verstößt auch nicht gegen das spezielle Gleichheitsgrundrecht nach Art. 3 Abs. 3 GG. Die Klägerin wird dadurch nicht wegen ihres Glaubens oder ihrer religiösen Anschauungen gegenüber den großen christlichen Kirchen benachteiligt. Das Nutzungsverbot zielt zunächst nicht auf die kirchliche Ausrichtung der Klägerin ab, sondern soll allein dem Schutz einer angemessenen und würdigen Totenruhe dienen. Der Senat vermag insbesondere aber keine diskriminierende Ungleichbehandlung im Verhältnis zur - allein in Betracht kommenden - katholischen Kirche zu erkennen. Katholische Gemeindepriester werden seit langem auf kirchlichen oder kommunalen Friedhöfen bestattet, private Bestattungsplätze in Kirchen werden ihnen aus den gleichen städtebaulichen Gründen verweigert oder gewährt wie der Klägerin. Die Situation, dass früher hohe Würdenträger in ihren Kirchen beigesetzt werden durften und dass diese Bestattungsart - traditionell nachwirkend - auch heute noch gelegentlich mit behördlicher Gestattung durchgeführt wird, ist mit dem hier in Rede stehenden Sachverhalt weder personell („einfacher“ Geistlicher) noch räumlich (Lage der Kirche im Industriegebiet) vergleichbar.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. hat diese aus Billigkeitsgründen selbst zu tragen, da sie in beiden Rechtszügen keine Anträge gestellt und damit auch kein Kostenrisiko auf sich genommen hat.
45 
Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zuzulassen, ob und unter welchen Voraussetzungen Begräbnisstätten für Priester innerhalb einer Kirche in typischen Industrie- oder Gewerbegebieten bauplanungsrechtlich zulässig sind. Diese Frage ist, wie der vorliegende Fall zeigt, über den Einzelfall hinaus bedeutsam.
46 
Beschluss vom 04. November 2009
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 und 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.

(2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft. Das gilt auch in den Fällen des § 13 Nr. 8a, wenn das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt. Soweit ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die Entscheidungsformel durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Entsprechendes gilt für die Entscheidungsformel in den Fällen des § 13 Nr. 12 und 14.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwaltungsgericht

1.
in der Sache selbst entscheiden,
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der im Revisionsverfahren nach § 142 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Verweist das Bundesverwaltungsgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 49 Nr. 2 und nach § 134 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Oberverwaltungsgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht anhängig geworden wäre.

(6) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(7) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit das Bundesverwaltungsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend hält. Das gilt nicht für Rügen nach § 138 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Absatz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn

1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist;
2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn
a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind,
b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben,
c)
(weggefallen)
d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist,
e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden,
f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder
g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist;
4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 die Begründung in wesentlichen Punkten unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn

1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind;
2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist;
3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt;
4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.

(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
(weggefallen)
2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.

(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 13. Oktober 2005 - 5 K 2642/04 - wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids zur Errichtung eines Wohnhauses.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks ..., Flst.-Nr. 2314 (künftig: Baugrundstück), auf Gemarkung der beigeladenen Gemeinde Umkirch. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Herrengarten I“ der Gemeinde Umkirch vom 8.10.1984. Für das Baugrundstück enthält der Bebauungsplan die Festsetzung eines Grundstücks für Gemeinschaftsgaragen. § 10 der textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan bestimmt in Bezug auf Garagen u.a., dass diese auf den im Plan eingezeichneten Flächen zu errichten und dass bei Gemeinschaftsgaragen Ausnahmen nicht zulässig sind. Nach den Darstellungen des Bebauungsplans waren die Garagen den gegenüber liegenden Grundstücken 23 bis 25 und 42 zugeordnet. Für die nördlich anschließenden, seinerzeit als 21 und 22 bezeichneten Grundstücke war eine „Garage im Haus“ vorgesehen. An Stelle der im Bebauungsplan vorgesehenen fünf Häuser (auf den als Grundstücke 21 bis 25 bezeichneten Flurstücken) ist im Jahr 1991 die Errichtung von sieben Reihenhäusern auf den heutigen Flurstücken 2275 bis 2275/6 genehmigt worden. Die Stellplätze und Garagen für sämtliche der sieben Vorhaben wurden auf den Grundstücken selbst nachgewiesen und nach der Errichtung im Juli 1992 von der Bauaufsicht abgenommen. In der Folgezeit bot die frühere Eigentümerin des Baugrundstücks dieses erfolglos zum Kauf an. Der Kläger, dessen Wohnhaus sich auf dem Grundstück Flst.-Nr. 2313 (...) befindet, erwarb das Baugrundstück im Jahre 1994 und errichtete hierauf eine Garage, die seinem Grundstück Flst.-Nr. 2313 zugeschlagen wurde. Die ursprünglich bestellte Baulast zur Sicherung des Rechts der Grundstückseigentümer der nordöstlich gelegenen Reihenhausgrundstücke, auf dem Baugrundstück Stellplätze und Garagen herzustellen, wurde im Jahre 1997 wegen fehlenden öffentlichen Interesses an deren Beibehaltung gelöscht.
Am 22.10.2003 beantragte der Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids zur „Nutzungsänderung“ des Grundstücks. Zur Begründung führte er aus, der ursprüngliche Verwendungszweck des Garagengrundstücks sei weggefallen, nachdem auf der gegenüber liegenden Straßenseite sieben statt fünf Reihenhäuser errichtet worden seien, die zudem über je eine Garage und einen Stellplatz auf dem eigenen Grundstück verfügten. Nachdem das Baugrundstück jahrelang erfolglos allen Eigentümern der Reihenhäuser zum Kauf angeboten und zwischenzeitlich als „Mülldeponie“ benutzt worden sei, habe er es im Jahre 1994 erworben. Seither liege es als einziges aller Grundstücke im Baugebiet brach. Da in dem Baugebiet ein Parkplatzüberangebot herrsche, sei das Vorhalten des Baugrundstücks für Parkraum sinnlos. Im Zuge einer Lückenbebauung solle nunmehr ein Wohnhaus errichtet werden. Falls es hierfür der Änderung der Satzung bedürfe, sei er damit einverstanden.
Unter dem 10.12.2003 teilte die Beigeladene dem Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald mit, dass das Einvernehmen der Gemeinde wegen Nichteinhaltung der Festsetzungen des Bebauungsplans nicht erteilt werde.
Mit Bescheid vom 23.01.2004 lehnte das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald die Erteilung des beantragten Bauvorbescheids ab. Das Vorhaben widerspreche dem geltenden Bebauungsplan, der für das Grundstück eine Garagenfläche vorschreibe. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB könne nicht erteilt werden, weil die Abweichung einen Grundzug der Planung nachhaltig berühre. Der Bebauungsplan „Herrengarten“ zeichne sich mehrfach durch die Ausweisung von Gemeinschaftsgaragenflächen aus. Hierin liege ein prägendes Element der städtebaulichen Konzeption. Außerdem habe die Gemeinde Umkirch das erforderliche Einvernehmen nicht erteilt.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, zu dessen Begründung er geltend machte, auf den sieben Reihenhausgrundstücken seien jeweils zwei Stellplätze nachgewiesen, so dass der ursprüngliche Bedarf weggefallen sei. Die nun beantragte Lückenbebauung sei im Wege der Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zu genehmigen und städtebaulich wünschenswert. Nachbarliche Belange würden nicht verletzt. Im Gegenteil mindere eine Wohnbebauung die Schall- und Schadstoffemissionen und steigere somit den Wohnwert der benachbarten Grundstücke Flst.-Nrn. 2313 und 2316. Das Regierungspräsidium Freiburg wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2004 zurück.
Am 01.12.2004 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben. Zur Begründung hat er weiter geltend gemacht, mangels Nachfrage nach Stellplätzen habe er sich entschlossen, das Grundstück mit einem Wohnhaus zu bebauen. Die Grundzüge der Planung würden durch sein Vorhaben nicht berührt. Es gebe einen Überhang an Stellplätzen im Gebiet. Die anderen im Bebauungsplan vorgesehenen Garagenhöfe seien hergestellt worden. Auf dem Grundstück Flst.-Nr. 2274 seien noch Stellplätze zur Vermietung frei. Die ursprüngliche planerische Konzeption habe sich infolge der tatsächlichen Entwicklung geändert. Die befürchtete negative Vorbildwirkung durch sein Vorhaben könne sich nicht einstellen, da die anderen Garagenhöfe bereits errichtet seien und zweckentsprechend genutzt würden. Zudem befänden sich die betreffenden Grundstücke in der Regel im Eigentum mehrerer Miteigentümer. Sein Vorhaben sei ein Einzelfall, weil das Baugrundstück das einzige unbebaute Grundstück im Plangebiet sei und zudem im Alleineigentum stehe. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung lägen folglich vor. Das Festhalten am Bebauungsplan bedeute für ihn eine nicht beabsichtigte und auch nicht hinnehmbare Härte.
Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten und hat vorgetragen: Die vom Kläger geplante Wohnbebauung auf dem Baugrundstück weiche von der im Bebauungsplan festgesetzten Art der Nutzung als Garagenfläche ab. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB diene nicht dazu, eine Fehlplanung nachträglich zu korrigieren oder einen Bebauungsplan an geänderte tatsächliche Entwicklungen anzupassen oder geänderten städtebaulichen Zielvorstellungen gerecht zu werden. Denn § 31 Abs. 2 BauGB erlaube lediglich Randkorrekturen eines Bebauungsplans. Vorliegend handele es sich bei der Festsetzung von Garagenflächen ohne jeden Zweifel um ein prägendes Element des Bebauungsplans und damit um eine Grundkonzeption dieses Planes. Die Grundzüge der Planung würden auch deshalb berührt, weil durch die Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans in dessen Interessengeflecht eingegriffen werde. Dies gelte insbesondere für die Interessen des Eigentümers des unmittelbar an das klägerische Grundstück angrenzenden Grundstücks mit der Flst.-Nr. 2316. Denn es mache einen gravierenden Unterschied, ob ein Grundstück zur temporären Unterstellung eines Kraftfahrzeugs diene oder ob dort eine dauerhafte Wohnnutzung stattfinde. Es könne auch keine Rede davon sein, dass die entsprechende Festsetzung des Bebauungsplans zwischenzeitlich obsolet geworden sei.
Die mit Beschluss vom 15.02.2005 beigeladene Gemeinde Umkirch hat sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht die Ausführungen des Beklagten zu eigen gemacht.
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Mit Urteil vom 13.10.2005 hat das Verwaltungsgericht Freiburg der Klage stattgegeben und das beklagte Land verpflichtet, dem Kläger den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zwar sei mit dem Beklagten und der Beigeladenen im Ansatz davon auszugehen, dass die mit den Festsetzungen im Bebauungsplan intendierte Herstellung der erforderlichen Stell- und Garagenplätze in Form von im Miteigentum stehenden Garagenhöfen zu den Grundzügen der Planung gehört habe. Diese in der Planungshoheit der Gemeinde wurzelnde planerische Konzeption habe ihren Niederschlag im rechtsverbindlichen Bebauungsplan gefunden, der auf dem klägerischen Grundstück Garagen ausweise, die konkreten Wohneinheiten zugewiesen worden seien. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass es durch die nach Erlass des Bebauungsplans erfolgte Änderung der Plankonzeption dazu gekommen sei, dass der planerischen Konzeption der Gemeinde Umkirch die Grundlage entzogen worden sei. Denn bezüglich der ursprünglich begünstigten Grundstücke habe fortan kein Bedarf mehr für eine Nutzung des klägerischen Grundstücks zur Errichtung von Garagen bestanden. Der Bebauungsplan sei bezüglich dieses Grundstücks insoweit faktisch obsolet geworden, weil es infolge der abweichenden Bauausführung keinen Bedarf mehr für die Errichtung von Garagen gebe. Wegen der späteren Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse nähmen die Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich des klägerischen Grundstücks nicht mehr an den Grundzügen der Planung teil, die im Übrigen im Baugebiet vollständig realisiert worden sei.
11 
Die Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans sei auch im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar. Denn für die Realisierung der ursprünglichen planerischen Festsetzung bestehe kein Bedarf mehr. Dafür, dass eine Wohnbebauung aus bauplanungsrechtlichen Gründen nicht habe festgesetzt werden können, sei nichts ersichtlich. Die Abweichung von der Festsetzung des Bebauungsplans begegne auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen keinen rechtlichen Bedenken. Es sei auszuschließen, dass mit der Festsetzung einer Stellplatzfläche nachbarlichen Interessen habe gedient werden sollen. Demgemäß erscheine es auch ausgeschlossen, dass mit der Befreiung in das Interessengeflecht des Bebauungsplans eingegriffen werde. Im Übrigen würde nachbarlichen Interessen durch die geplante Wohnnutzung weit mehr gedient als durch die ursprünglich geplante Garagen- und Stellplatznutzung zugunsten mehrerer benachbarter Wohneinheiten mit einem entsprechenden Verkehrsaufkommen. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung vorlägen und weder der Normzweck noch schützenswerte Belange der Allgemeinheit oder der Nachbarn eine Einhaltung der Norm erforderten, stelle sich die Erteilung der Befreiung als die einzig sachgerechte Ermessensausübung dar.
12 
Mit ihrer durch Beschluss des Senats vom 11.04.2006 zugelassenen Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts macht die Beigeladene geltend, der Bebauungsplan „Herrengarten I“ sei weder insgesamt noch bezogen auf das Baugrundstück funktionslos geworden. Der Bebauungsplan sei auf den meisten Grundstücken im Plangebiet entsprechend der planerischen Vorgaben verwirklicht worden. Offensichtlich habe der Bebauungsplan in der Vergangenheit die Nutzungen in dem Gebiet zu steuern vermocht und werde dies auch weiterhin tun. Dabei dürfe nicht nur auf bisher unbebaute Grundstücke abgestellt werden. Der Bebauungsplan entfalte seine Steuerungswirkung künftig selbstverständlich auch bezüglich bereits bebauter Grundstücke, soweit die auf diesen errichteten Gebäude baulich geändert oder abgerissen oder durch Neubebauungen ersetzt werden sollten. Soweit von den Gestaltungsvorschlägen des Bebauungsplans in Einzelfällen abgewichen worden sei, berühre dies nicht die Funktionsfähigkeit des Bebauungsplans als solchen. Auch die Festsetzung eines Garagenstandorts auf dem Grundstück Flst.-Nr. 2314 sei nicht funktionslos geworden. Auf dem Grundstück könnten problemlos Garagen errichtet und damit die Festsetzung zur Art der Nutzung umgesetzt werden. Maßgeblich hierfür seien allein objektive Maßstäbe. Denn der Bebauungsplan als Norm gelte mit Wirkung gegenüber der Allgemeinheit. Der Wille eines Einzelnen, die Norm nicht zu befolgen, führe nicht zu deren Ungültigkeit. Nicht maßgeblich für die Frage, ob die Festsetzung funktionslos geworden sei, sei deshalb der Wille des Klägers, auf dem Grundstück eine andere als die festgesetzte Bebauung zu realisieren. Als objektiver Grund für eine Funktionslosigkeit der Festsetzung des Garagenstandorts käme allenfalls der Nachweis in Frage, dass die Entwicklung des Grundstücksmarktes und der Nachfrage auf unabsehbare Zeit die Nutzung der Fläche als Garagenstandort ausschließe. Hiervon könne keine Rede sein. Denn nach wie vor nehme die Individualmotorisierung der Bevölkerung zu. Abgesehen davon, dass zahlreiche Grundstückseigentümer in dem Wohngebiet regelmäßig im öffentlichen Straßenraum parkten und somit bereits heute ein Mangel an privaten Parkraum offensichtlich sei, bestehe deshalb eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass diese Situation sich künftig noch verschärfe. Ob und wann das Grundstück Flst.-Nr. 2314 deshalb tatsächlich als Garagenstandort genutzt werde, hänge somit wesentlich von der Nachfrage und von den Preisvorstellungen des Klägers als potenziellem Vermieter oder Verkäufer von Garagenflächen ab. Auf eine optimale wirtschaftliche Verwertung des Grundeigentums habe dieser keinen Anspruch. Insofern sei auch nicht maßgeblich, dass in der Vergangenheit die Stellplatzbaulasten für das Grundstück zugunsten des gegenüberliegenden Reihenhauses aufgehoben worden seien und es sei ferner unerheblich, ob seitens der Eigentümer dieses Reihenhauses heute ein Bedarf an der Errichtung von Garagen und Stellplätzen auf dem Grundstück Flst.-Nr. 2314 bestehe. Schließlich müsse der Bebauungsplan, wolle er seine Steuerungswirkung auch künftig wahrnehmen, nicht nur den baulichen Bestand in den Blick nehmen, sondern auch mögliche Veränderungen. So sei es nach dem Bebauungsplan nicht ausgeschlossen, dass bauliche Veränderungen an den Reihenhäusern oder ein Ersatzbau für diese erfolge und die Stellplatzfrage anders gelöst werde. Hierfür könne ein Zugriff auf das Grundstück Flst.-Nr. 2314 erforderlich werden. Selbst bei einer Fokussierung der Bedarfsfrage allein auf die gegenüberliegenden Reihenhäuser wäre somit die Festsetzung nicht funktionslos.
13 
Auch die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB lägen nicht vor. Diese sei nicht städtebaulich vertretbar, weil sie der konsequenten Struktur des Gebiets zur Bauweise widersprechen würde. Auf den Nachbargrundstücken fänden sich ausschließlich größere zusammenhängende Baukörper in Form von Reihenhäusern oder Kettenhäusern. Weder das östliche Kettenhaus könne nach Westen auf das streitgegenständliche Grundstück verlagert werden, noch das südliche Reihenhaus nach Norden. Dem stehe nicht nur die Länge des Baufensters entgegen, sondern ferner die Tatsache, dass der Kläger selbst an der Grundstücksgrenze seine eigene Garage errichtet habe. Auf dem Grundstück werde damit nur ein isoliertes Einzel- oder Doppelhaus bzw. ein Mehrfamilienhaus möglich, das als solitärer Baukörper der Struktur der gesamten Nachbarbebauung widersprechen würde. Schließlich würde durch eine mehrgeschossige Wohnbebauung auf dem Baugrundstück auch der aufgelockerte Wechsel von Wohngebäuden und Garagen in Nachbarschaft zu platzähnlichen Kreuzungs- und Kurvenbereichen gestört und an einer empfindlichen Stelle im Plangebiet eine erhebliche Verdichtung vorgenommen, die der Bebauungsplan bewusst nicht vorgesehen habe.
14 
Ferner berühre eine Befreiung die Grundzüge der Planung. Die Festsetzung schaffe einen Ausgleich zwischen den Wohnbedürfnissen und den Bedarf an privatem Parkraum im Geltungsbereich des Bebauungsplans. Eine Wohnnutzung auf dieser Fläche würde den Ausgleich in doppelter Weise belasten, weil zusätzliche Parkraumnachfrage geschaffen würde und zugleich Parkraum verloren ginge. Eine Befreiung wäre darüber hinaus geeignet, zusätzliche Spannungen im Geltungsbereich des Bebauungsplans zu verursachen, weil sie eine negative Vorbildwirkung entfalten würde. Denn es gebe weitere Parkflächen in dem Bebauungsplan, die in Wohnbauflächen umgewandelt werden könnten. Es handele sich damit bei der Befreiungsentscheidung nicht um eine nur auf das Grundstück des Klägers bezogene Frage, sondern um einen Eingriff in die Nutzungsstruktur des gesamten Viertels. Daran ändere entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die Löschung der Stellplatzbaulast auf dem Grundstück Flst.-Nr. 2314 nichts. Denn die Festsetzung einer Garagenfläche könne nicht allein auf die konkrete Zuordnung zum gegenüberliegenden Reihenhaus reduziert werden. Diese Zuordnung habe als Gestaltungsvorschlag nur Empfehlungscharakter. Schließlich sei das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Befreiungsermessen des Beklagten auf Null reduziert sei.
15 
Die Beigeladene beantragt,
16 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 13. Oktober 2005 - 5 K 2642/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen im Übrigen weiter aus, mit der Bauvoranfrage gehe es ihm nur um die Klärung der prinzipiellen Möglichkeit, auf dem Baugrundstück ein Wohnhaus zu errichten. Es könne für ihn keine Verpflichtung geben, auf dem Grundstück Garagen und Stellplätze zu errichten und für deren Vermietung das wirtschaftliche Risiko zu tragen.
20 
Das beklagte Land stellt keinen Antrag, hält aber an den Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden fest und schließt sich im Übrigen den Ausführungen der Beigeladenen an.
21 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
22 
Dem Senat liegen neben den Bebauungsplanakten der Beigeladenen die Behördenakten und die Akten des Verwaltungsgerichts vor. Auf sie sowie auf die im Berufungsverfahren zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Berufung der Beigeladenen ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig.
24 
Sie ist auch begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf den von ihm beantragten Bauvorbescheid über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung eines Wohnhauses. Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO). Dem Kläger geht es mit seinem Antrag um die Klärung „der prinzipiellen Möglichkeit, auf dem Baugrundstück ein Wohnhaus zu errichten.“ Nur diese - bauplanungsrechtliche - Frage nach der (bloßen) Art der baulichen Nutzung des Grundstücks ist Gegenstand des Verfahrens.
25 
Der Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. 2314 mit einem Wohnhaus steht der Bebauungsplan „Herrengarten I“ der Gemeinde Umkirch vom 08.10.1984 entgegen, gegen dessen formelle Wirksamkeit Bedenken weder erhoben noch ersichtlich sind, und der weder insgesamt noch bezogen auf das Baugrundstück funktionslos geworden ist (I.). Da eine Befreiung von der Festsetzung eines Garagengrundstücks die Grundzüge der Planung berühren würde, hat der Kläger auf sie keinen Anspruch (II.).
26 
I. Die Festsetzungen des Bebauungsplans „Herrengarten I“ sind weder insgesamt noch teilweise, soweit sie die Standorte von Garagen auf dem Baugrundstück betreffen, wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5; vgl. auch Baumeister, GewArch 1996, 318). Die Anforderungen an ein Funktionslos-Werden sind streng, von einer Funktionslosigkeit wird nur in äußerst seltenen Fällen die Rede sein können (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 CN 3.97 -, BVerwGE 108, 71). Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird dabei nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411; Beschluss vom 03.12.1998, a.a.O.). Die Frage, ob die Verhältnisse, auf die sich die Festsetzung bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, ist nicht gleichsam isoliert für einzelne Grundstücke zu prüfen. Die Betrachtung darf namentlich nicht darauf beschränkt werden, ob die Festsetzung hier und dort noch einen Sinn gibt. Zu würdigen ist vielmehr grundsätzlich die Festsetzung in ihrer ganzen Reichweite; zu würdigen ist folglich nicht nur die einzelne Festsetzung, sondern auch die Bedeutung, die sie für den Plan in seiner Gesamtheit hat (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, a.a.O.). Demzufolge ist ein Bebauungsplan nicht bereits deshalb ganz oder teilweise wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten, weil auf einer Teilfläche eine singuläre planwidrige Nutzung entstanden ist (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1999, a.a.O.). Freilich können die Verhältnisse, auf die sich bauplanerische Festsetzungen beziehen, nicht bloß aufgrund der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Planverwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließt. Auch Rechtsänderungen können der Verwirklichung eines Bebauungsplans nachträglich als objektives Hindernis im Wege stehen. Zwischen den Begriffen der Funktionslosigkeit und der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB besteht eine innere Wechselbeziehung. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass unüberwindliche tatsächliche oder rechtliche Hindernisse, die der Umsetzung planerischer Festsetzungen auf unabsehbare Zeit entgegenstehen, es unter dem Blickwinkel der Erforderlichkeit ausschließen, dass ein Bebauungsplan wirksam wird (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 -, BVerwGE 109, 246 und vom 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287). Liegen solche Hindernisse im Zeitpunkt der Planung noch nicht vor, treten sie aber später ein, so liegt der Schluss nahe, die Funktionslosigkeit nach denselben Maßstäben zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.08.1990 - 7 C 41.89 u.a -, BVerwGE 85, 273). Die Wertungsparallelität erlaubt die allgemeine Folgerung, dass ein Bebauungsplan funktionslos werden kann, wenn sich die Sach- oder die Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2004 - 4 C 3.03 -, ZfBR 2004, 796).
27 
Die Voraussetzungen einer Funktionslosigkeit liegen gemessen daran weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht vor. Der Bebauungsplan „Herrengarten I“ ist weitestgehend plangemäß verwirklicht worden und hat - wie die Beigeladene zu Recht ausführt - in der Vergangenheit die Verhältnisse im Plangebiet wirksam zu steuern vermocht. Anhaltspunkte, dass dies in Zukunft in einer die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans begründenden Weise nicht der Fall sein wird, werden vom Kläger nicht geltend gemacht. Hierfür ist auch nichts ersichtlich.
28 
Auch die Festsetzung einer Verkehrsfläche mit dem Zusatz „Garagen“ bzw. „Gemeinschaftsgaragen“ auf dem Baugrundstück ist nicht - gleichsam isoliert - funktionslos geworden. Das Verwaltungsgericht ist in dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass der Bebauungsplan insoweit „faktisch obsolet“ geworden sei, weil es infolge der abweichenden Bauausführung keinen Bedarf mehr für die Errichtung von Garagen für die „begünstigten“ Grundstücke gebe. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, von einer Funktionslosigkeit der entsprechenden Festsetzung auszugehen. Denn bei der Zuordnung der einzelnen Stellplätze und Garagen auf dem Baugrundstück zu verschiedenen Reihenhausgrundstücken handelt es sich lediglich um einen Gestaltungsvorschlag des Plangebers, dem normative Kraft nicht zukommt. Zwar mag das Baugrundstück ursprünglich gerade für die im Bebauungsplan benannten Parzellen gedacht gewesen sein. Die entsprechende rechtliche Sicherung erfolgte aber nicht über den Bebauungsplan, der eine solche Zuordnung rechtlich auch gar nicht zu treffen in der Lage wäre, sondern über die im Jahre 1997 aus dem Baulastenverzeichnis gelöschte Baulast. Es ist daher schon im Ansatz unzutreffend, die Wirksamkeit der Festsetzung nur anhand des Stellplatzbedarfs der benachbarten Reihenhausgrundstücke zu beurteilen.
29 
Ausgehend hiervon lässt sich nicht feststellen, dass sich die Sach- oder die Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint. Wie die Beigeladene zu Recht ausführt, ist eine Bebauung des Grundstücks mit Garagen sowohl rechtlich als auch tatsächlich möglich. Das Grundstück ist - dies räumt auch der Kläger ein - für die Errichtung von Garagen geeignet, die Zu- und Abfahrt problemlos möglich. Im Blick auf die Funktionslosigkeit der Festsetzung nicht von Belang ist, ob eine Vermietung von Garagen für den Kläger ökonomisch rentabel ist. Auch die - zwischen den Beteiligten streitige - Frage des tatsächlichen (momentanen) Bedarfs bedarf keiner endgültigen Klärung. Insofern sei allerdings darauf hingewiesen, dass das mit „in Anwesenheit eines unabhängigen Zeugen (…) in Ihren Briefkasten eingeworfen“ überschriebene Angebot des Klägers vom 18.08.2003 an die Eigentümer der Reihenhäuser ... bis ..., einen Einstellplatz für monatlich 40 EUR mieten zu können, wenig aussagekräftig ist, die Bedarfssituation zu klären. Zum einen hat der Kläger nicht die im Bebauungsplan vorgesehenen Garagen zur Vermietung angeboten, zum anderen hat er den Kreis der Adressaten auf sieben Grundstückseigentümer begrenzt. Ein Nachweis oder auch nur einen Anhalt dafür, dass die Entwicklung des Grundstücksmarktes und der Nachfrage die Nutzung der Fläche als Garagenstandort auf unabsehbare Zeit ausschließt, hat der Kläger damit nicht erbracht. Die in Rede stehende Festsetzung erscheint vielmehr nach wie vor zu einer städtebaulichen Steuerung geeignet, mag auch der spezifische (notwendige) Bedarf auf den Reihenhausgrundstücken zwischenzeitlich entfallen oder anderweitig befriedigt sein. Denkbar erscheint es insbesondere, dass künftig mit Blick auf die zunehmende Motorisierung der Bevölkerung, aber etwa auch wegen höherwertiger Fahrzeuge, zunehmendem Vandalismus oder Gefahren durch Verbissschäden durch Nagetiere ein geänderter bzw. anders gearteter Stellplatzbedarf entsteht, der durch Garagen auf dem Baugrundstück anstelle von bloßen Stellplätzen entlang öffentlicher Verkehrsflächen wird gestillt werden können. Im Blick auf die sehr knapp geplanten und ausgeführten Garagen auf den Reihenhausgrundstücken erscheint es dem Senat ferner nicht undenkbar, dass sich auch für die dortigen Grundstückseigentümer die Bedarfssituation künftig ändern kann. Einen Anhalt hierfür hat die mündliche Verhandlung und das darin spontan zutage getretene Interesse einzelner Nachbarn an der Anmietung eines Stellplatzes bzw. einer Garage erbracht. Nach alledem ist für eine Funktionslosigkeit der Festsetzung einer Verkehrsfläche zum Zwecke der Errichtung von (Gemeinschafts-)Garagen nichts ersichtlich.
30 
II. Erweist sich damit die Festsetzung eines „Garagengrundstücks“ als wirksam, steht sie einer Bebauung durch den Kläger mit einem Wohnhaus entgegen, es sei denn dieser hat gemäß § 31 Abs. 2 BauGB einen Anspruch auf Befreiung von dieser Festsetzung. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist dies jedoch nicht der Fall. Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1), die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
31 
Bei der Frage, wann eine Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu berücksichtigen, dass der als Satzung beschlossene Bebauungsplan Rechtsnormcharakter hat. Die Festsetzungen sind für das Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich strikt verbindlich. Der Gesetzgeber stellt mit § 31 Abs. 2 BauGB ein Instrument zur Verfügung, das trotz dieser Rechtsbindung im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit und der Wahrung der Verhältnismäßigkeit für Vorhaben, die den Festsetzungen zwar widersprechen, sich mit den planerischen Vorstellungen aber gleichwohl in Einklang bringen lassen, ein Mindestmaß an Flexibilität schafft. Er knüpft die Befreiung indes an genau beschriebene Voraussetzungen. Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Denn die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 2 Abs. 4 BauGB unverändert der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 und 4 BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben, von dem nur unter den in § 13 BauGB genannten Voraussetzungen abgesehen werden kann. Dieses Regelungsgeflecht darf nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110).
32 
Ob die Grundzüge der Planung im Einzelfall berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation, dem ursprünglichen planerischen Konzept ab (BVerwG, Beschluss vom 19.05.2004 - 4 B 35.04 - juris). Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept aus damaliger Sicht zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-) Planung möglich ist. Die Befreiung kann namentlich nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999, a.a.O.).
33 
In Anwendung dieser Grundsätze kann die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass „die Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich des klägerischen Grundstücks wegen der späteren Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse nicht mehr an den Grundzügen der Planung teilnehmen“ (UA S. 7), keinen Bestand haben. Denn bei der Frage, ob eine Abweichung vom Bebauungsplan die Grundzüge der Planung berührt, kommt es auf den Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung und nicht darauf an, ob die der ursprünglichen Planung zugrunde gelegten Grundzüge in der Folgezeit realisiert wurden und auch heute noch bestehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.05.2004, a.a.O.). Die Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. 2314 mit einem Wohnhaus berührt, dies hat selbst der Kläger in der mündlichen Verhandlung zugestanden, die Grundzüge der (damaligen) Planungsentscheidung. Der Plangeber hat durch eine eindeutige textliche Festsetzung in dem Bebauungsplan (§ 10) zu erkennen gegeben, dass hinsichtlich des Standorts der Gemeinschaftsgaragen Ausnahmen nicht zulässig sind, diese also gerade an den vorgesehenen und nicht an anderen Stellen zu errichten sind. Entsprechende (Gemeinschafts-) Garagenflächen finden sich ferner im südlichen Bereich des Plangebiets und sind dort plangemäß ausgeführt worden. Auch aus der Begründung des Bebauungsplans erhellt, dass die Gemeinschaftsgaragenflächen und ihr konkreter Standort für den Gemeinderat seinerzeit wesentlich für das Interessengeflecht der Planung gewesen sind. So wurde etwa die Zahl der Wohneinheiten pro Hauskörper auf zwei beschränkt, da andernfalls „Schwierigkeiten bei der Lösung des Verkehrsproblems einschließlich der Unterbringung von Garagen und Stellplätzen“ befürchtet wurden (Begründung zum Bebauungsplan S. 4). Auch sollte eine „Verdichtung über das notwendige Maß hinaus“ und eine „Zubetonierung des Außenbereichsanteils der Grundstücke“ und damit eine „Denaturierung der offenen Bauweise“ vermieden werden. Der gesamte östliche Bereich des Baugebiets ist als verkehrsberuhigter Bereich dargestellt, „in dem Fahr- und Fußgängerverkehr gleichwertig unter gegenseitiger Rücksichtnahme stattfinden sollen. Entsprechend sind die Festsetzungen auf den Verkehrsflächen so getroffen, dass der Gesamtquerschnitt durch Baumscheiben den Verkehrsfluss behindernd bzw. bremsend aufgeteilt wird“ (Begründung S. 9). Für das Baugrundstück sind entsprechende Pflanzgebote in Gestalt von zwei Einzelbäumen vorgesehen. Im Blick auf den hohen Pendleranteil in Umkirch wurde ferner für den Geschosswohnungsbau eine erhöhte Anzahl von Einstellplätzen pro Wohneinheit vorgesehen (vgl. wiederum Begründung S. 9). Im Blick auf die sich im Plangebiet mehrfach wiederholende zeichnerische Festsetzung einer Gemeinschaftsgaragenfläche, deren Einhaltung nach den textlichen Festsetzungen (§ 10) vom Plangeber strikt gefordert wurde, und dem in der Begründung zum Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Plankonzept der Befriedigung des gebietsbezogenen Stellplatzbedarfs aus dem Gebiet einerseits und der Auflockerung der Bebauung durch platzähnliche Kreuzungs- und Kurvenbereiche unter Anordnung eines Pflanzgebots auf den Verkehrsflächen andererseits würde eine Abweichung (Befreiung) von der Festsetzung auf dem Baugrundstück die Grundzüge der damaligen Planung, berühren. Im Blick auf das Tatbestandsmerkmal der „Grundzüge der Planung“ ist es namentlich nicht von Bedeutung, ob der Gemeinderat, hätte er gewusst, dass der Stellplatzbedarf der Reihenhausgrundstücke auf deren Grundstück selbst befriedigt wird, für das Baugrundstück eine abweichende Festsetzung getroffen hätte. Allein entscheidend ist, dass er auf dem Baugrundstück einem konkreten Bedarf an Stellplätzen Rechnung tragen wollte und zugleich dieses Eckgrundstück - wie auch jenes Ecke Wigersheimstraße/Büningerstraße - zusätzlich zu einer gewissen Durchgrünung des Baugebiets und zur Auflockerung der im Übrigen recht dichten Siedlungsstruktur nutzen wollte. Dass der Plangeber seinerzeit durch die darstellende Zuordnung der einzelnen Garagen zu den seinerzeit als Flurstücke 23 bis 25 und 42 bezeichneten Grundstücke möglicherweise zu erkennen gegeben hat, dass er den Bedarf für gerade die im Streit stehende Fläche vor allem bei den genannten Grundstücken verortet, ändert hieran nichts. Hieran wird vielmehr deutlich, dass der Gemeinderat bei seiner Abwägungsentscheidung dem Stellplatzbedarf eine solch große Bedeutung zugemessen hat, dass er den gebietsbezogenen Bedarf ermittelt und konkreten Garagenstandorten zugeordnet hat. Dies wird auch an den Darstellungen für das Eckgrundstück Wigersheimstraße/Büningerstraße im zeichnerischen Teil des Bebauungsplans deutlich, wo der Plangeber über den konkreten Bedarf hinaus Stellplätze „zur freien Disposition“ schaffen wollte. Da die Befreiung von der Festsetzung „Gemeinschaftsgarage“ für das Baugrundstück somit die Grundzüge der (damaligen) Planung berührte, hat der Kläger auf sie keinen Anspruch.
34 
Soweit der Kläger sich in der mündlichen Verhandlung auf eine Verletzung in seinem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG berufen hat, vermag ihm der Senat ebenfalls nicht zu folgen. Inhalt und Schranken des Eigentums werden durch die Gesetze bestimmt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Ein solches „Gesetz“ ist der im Streit stehende Bebauungsplan „Herrengarten“, der für das Grundeigentum des Klägers (nur) die Nutzung als Gemeinschaftsgaragenfläche zulässt, diese aber auch ermöglicht. Dass insoweit die Grenzen einer wirksamen Inhalts- und Schrankenbestimmungen überschritten wären, ist nicht ersichtlich. Vielmehr haben sich die Nutzungsmöglichkeiten des Grundeigentums seit dem Kauf des Grundstücks nicht geändert. Ein Anspruch, ein als Grundstück für Gemeinschaftsgaragen erworbenes Flurstück mit einem Wohnhaus bebauen zu dürfen, lässt sich aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht herleiten.
35 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
36 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
23 
Die Berufung der Beigeladenen ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig.
24 
Sie ist auch begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf den von ihm beantragten Bauvorbescheid über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung eines Wohnhauses. Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO). Dem Kläger geht es mit seinem Antrag um die Klärung „der prinzipiellen Möglichkeit, auf dem Baugrundstück ein Wohnhaus zu errichten.“ Nur diese - bauplanungsrechtliche - Frage nach der (bloßen) Art der baulichen Nutzung des Grundstücks ist Gegenstand des Verfahrens.
25 
Der Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. 2314 mit einem Wohnhaus steht der Bebauungsplan „Herrengarten I“ der Gemeinde Umkirch vom 08.10.1984 entgegen, gegen dessen formelle Wirksamkeit Bedenken weder erhoben noch ersichtlich sind, und der weder insgesamt noch bezogen auf das Baugrundstück funktionslos geworden ist (I.). Da eine Befreiung von der Festsetzung eines Garagengrundstücks die Grundzüge der Planung berühren würde, hat der Kläger auf sie keinen Anspruch (II.).
26 
I. Die Festsetzungen des Bebauungsplans „Herrengarten I“ sind weder insgesamt noch teilweise, soweit sie die Standorte von Garagen auf dem Baugrundstück betreffen, wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5; vgl. auch Baumeister, GewArch 1996, 318). Die Anforderungen an ein Funktionslos-Werden sind streng, von einer Funktionslosigkeit wird nur in äußerst seltenen Fällen die Rede sein können (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 CN 3.97 -, BVerwGE 108, 71). Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird dabei nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411; Beschluss vom 03.12.1998, a.a.O.). Die Frage, ob die Verhältnisse, auf die sich die Festsetzung bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, ist nicht gleichsam isoliert für einzelne Grundstücke zu prüfen. Die Betrachtung darf namentlich nicht darauf beschränkt werden, ob die Festsetzung hier und dort noch einen Sinn gibt. Zu würdigen ist vielmehr grundsätzlich die Festsetzung in ihrer ganzen Reichweite; zu würdigen ist folglich nicht nur die einzelne Festsetzung, sondern auch die Bedeutung, die sie für den Plan in seiner Gesamtheit hat (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, a.a.O.). Demzufolge ist ein Bebauungsplan nicht bereits deshalb ganz oder teilweise wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten, weil auf einer Teilfläche eine singuläre planwidrige Nutzung entstanden ist (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1999, a.a.O.). Freilich können die Verhältnisse, auf die sich bauplanerische Festsetzungen beziehen, nicht bloß aufgrund der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Planverwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließt. Auch Rechtsänderungen können der Verwirklichung eines Bebauungsplans nachträglich als objektives Hindernis im Wege stehen. Zwischen den Begriffen der Funktionslosigkeit und der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB besteht eine innere Wechselbeziehung. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass unüberwindliche tatsächliche oder rechtliche Hindernisse, die der Umsetzung planerischer Festsetzungen auf unabsehbare Zeit entgegenstehen, es unter dem Blickwinkel der Erforderlichkeit ausschließen, dass ein Bebauungsplan wirksam wird (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 -, BVerwGE 109, 246 und vom 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287). Liegen solche Hindernisse im Zeitpunkt der Planung noch nicht vor, treten sie aber später ein, so liegt der Schluss nahe, die Funktionslosigkeit nach denselben Maßstäben zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.08.1990 - 7 C 41.89 u.a -, BVerwGE 85, 273). Die Wertungsparallelität erlaubt die allgemeine Folgerung, dass ein Bebauungsplan funktionslos werden kann, wenn sich die Sach- oder die Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2004 - 4 C 3.03 -, ZfBR 2004, 796).
27 
Die Voraussetzungen einer Funktionslosigkeit liegen gemessen daran weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht vor. Der Bebauungsplan „Herrengarten I“ ist weitestgehend plangemäß verwirklicht worden und hat - wie die Beigeladene zu Recht ausführt - in der Vergangenheit die Verhältnisse im Plangebiet wirksam zu steuern vermocht. Anhaltspunkte, dass dies in Zukunft in einer die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans begründenden Weise nicht der Fall sein wird, werden vom Kläger nicht geltend gemacht. Hierfür ist auch nichts ersichtlich.
28 
Auch die Festsetzung einer Verkehrsfläche mit dem Zusatz „Garagen“ bzw. „Gemeinschaftsgaragen“ auf dem Baugrundstück ist nicht - gleichsam isoliert - funktionslos geworden. Das Verwaltungsgericht ist in dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass der Bebauungsplan insoweit „faktisch obsolet“ geworden sei, weil es infolge der abweichenden Bauausführung keinen Bedarf mehr für die Errichtung von Garagen für die „begünstigten“ Grundstücke gebe. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, von einer Funktionslosigkeit der entsprechenden Festsetzung auszugehen. Denn bei der Zuordnung der einzelnen Stellplätze und Garagen auf dem Baugrundstück zu verschiedenen Reihenhausgrundstücken handelt es sich lediglich um einen Gestaltungsvorschlag des Plangebers, dem normative Kraft nicht zukommt. Zwar mag das Baugrundstück ursprünglich gerade für die im Bebauungsplan benannten Parzellen gedacht gewesen sein. Die entsprechende rechtliche Sicherung erfolgte aber nicht über den Bebauungsplan, der eine solche Zuordnung rechtlich auch gar nicht zu treffen in der Lage wäre, sondern über die im Jahre 1997 aus dem Baulastenverzeichnis gelöschte Baulast. Es ist daher schon im Ansatz unzutreffend, die Wirksamkeit der Festsetzung nur anhand des Stellplatzbedarfs der benachbarten Reihenhausgrundstücke zu beurteilen.
29 
Ausgehend hiervon lässt sich nicht feststellen, dass sich die Sach- oder die Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint. Wie die Beigeladene zu Recht ausführt, ist eine Bebauung des Grundstücks mit Garagen sowohl rechtlich als auch tatsächlich möglich. Das Grundstück ist - dies räumt auch der Kläger ein - für die Errichtung von Garagen geeignet, die Zu- und Abfahrt problemlos möglich. Im Blick auf die Funktionslosigkeit der Festsetzung nicht von Belang ist, ob eine Vermietung von Garagen für den Kläger ökonomisch rentabel ist. Auch die - zwischen den Beteiligten streitige - Frage des tatsächlichen (momentanen) Bedarfs bedarf keiner endgültigen Klärung. Insofern sei allerdings darauf hingewiesen, dass das mit „in Anwesenheit eines unabhängigen Zeugen (…) in Ihren Briefkasten eingeworfen“ überschriebene Angebot des Klägers vom 18.08.2003 an die Eigentümer der Reihenhäuser ... bis ..., einen Einstellplatz für monatlich 40 EUR mieten zu können, wenig aussagekräftig ist, die Bedarfssituation zu klären. Zum einen hat der Kläger nicht die im Bebauungsplan vorgesehenen Garagen zur Vermietung angeboten, zum anderen hat er den Kreis der Adressaten auf sieben Grundstückseigentümer begrenzt. Ein Nachweis oder auch nur einen Anhalt dafür, dass die Entwicklung des Grundstücksmarktes und der Nachfrage die Nutzung der Fläche als Garagenstandort auf unabsehbare Zeit ausschließt, hat der Kläger damit nicht erbracht. Die in Rede stehende Festsetzung erscheint vielmehr nach wie vor zu einer städtebaulichen Steuerung geeignet, mag auch der spezifische (notwendige) Bedarf auf den Reihenhausgrundstücken zwischenzeitlich entfallen oder anderweitig befriedigt sein. Denkbar erscheint es insbesondere, dass künftig mit Blick auf die zunehmende Motorisierung der Bevölkerung, aber etwa auch wegen höherwertiger Fahrzeuge, zunehmendem Vandalismus oder Gefahren durch Verbissschäden durch Nagetiere ein geänderter bzw. anders gearteter Stellplatzbedarf entsteht, der durch Garagen auf dem Baugrundstück anstelle von bloßen Stellplätzen entlang öffentlicher Verkehrsflächen wird gestillt werden können. Im Blick auf die sehr knapp geplanten und ausgeführten Garagen auf den Reihenhausgrundstücken erscheint es dem Senat ferner nicht undenkbar, dass sich auch für die dortigen Grundstückseigentümer die Bedarfssituation künftig ändern kann. Einen Anhalt hierfür hat die mündliche Verhandlung und das darin spontan zutage getretene Interesse einzelner Nachbarn an der Anmietung eines Stellplatzes bzw. einer Garage erbracht. Nach alledem ist für eine Funktionslosigkeit der Festsetzung einer Verkehrsfläche zum Zwecke der Errichtung von (Gemeinschafts-)Garagen nichts ersichtlich.
30 
II. Erweist sich damit die Festsetzung eines „Garagengrundstücks“ als wirksam, steht sie einer Bebauung durch den Kläger mit einem Wohnhaus entgegen, es sei denn dieser hat gemäß § 31 Abs. 2 BauGB einen Anspruch auf Befreiung von dieser Festsetzung. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist dies jedoch nicht der Fall. Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1), die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
31 
Bei der Frage, wann eine Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu berücksichtigen, dass der als Satzung beschlossene Bebauungsplan Rechtsnormcharakter hat. Die Festsetzungen sind für das Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich strikt verbindlich. Der Gesetzgeber stellt mit § 31 Abs. 2 BauGB ein Instrument zur Verfügung, das trotz dieser Rechtsbindung im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit und der Wahrung der Verhältnismäßigkeit für Vorhaben, die den Festsetzungen zwar widersprechen, sich mit den planerischen Vorstellungen aber gleichwohl in Einklang bringen lassen, ein Mindestmaß an Flexibilität schafft. Er knüpft die Befreiung indes an genau beschriebene Voraussetzungen. Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Denn die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 2 Abs. 4 BauGB unverändert der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 und 4 BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben, von dem nur unter den in § 13 BauGB genannten Voraussetzungen abgesehen werden kann. Dieses Regelungsgeflecht darf nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110).
32 
Ob die Grundzüge der Planung im Einzelfall berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation, dem ursprünglichen planerischen Konzept ab (BVerwG, Beschluss vom 19.05.2004 - 4 B 35.04 - juris). Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept aus damaliger Sicht zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-) Planung möglich ist. Die Befreiung kann namentlich nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999, a.a.O.).
33 
In Anwendung dieser Grundsätze kann die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass „die Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich des klägerischen Grundstücks wegen der späteren Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse nicht mehr an den Grundzügen der Planung teilnehmen“ (UA S. 7), keinen Bestand haben. Denn bei der Frage, ob eine Abweichung vom Bebauungsplan die Grundzüge der Planung berührt, kommt es auf den Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung und nicht darauf an, ob die der ursprünglichen Planung zugrunde gelegten Grundzüge in der Folgezeit realisiert wurden und auch heute noch bestehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.05.2004, a.a.O.). Die Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. 2314 mit einem Wohnhaus berührt, dies hat selbst der Kläger in der mündlichen Verhandlung zugestanden, die Grundzüge der (damaligen) Planungsentscheidung. Der Plangeber hat durch eine eindeutige textliche Festsetzung in dem Bebauungsplan (§ 10) zu erkennen gegeben, dass hinsichtlich des Standorts der Gemeinschaftsgaragen Ausnahmen nicht zulässig sind, diese also gerade an den vorgesehenen und nicht an anderen Stellen zu errichten sind. Entsprechende (Gemeinschafts-) Garagenflächen finden sich ferner im südlichen Bereich des Plangebiets und sind dort plangemäß ausgeführt worden. Auch aus der Begründung des Bebauungsplans erhellt, dass die Gemeinschaftsgaragenflächen und ihr konkreter Standort für den Gemeinderat seinerzeit wesentlich für das Interessengeflecht der Planung gewesen sind. So wurde etwa die Zahl der Wohneinheiten pro Hauskörper auf zwei beschränkt, da andernfalls „Schwierigkeiten bei der Lösung des Verkehrsproblems einschließlich der Unterbringung von Garagen und Stellplätzen“ befürchtet wurden (Begründung zum Bebauungsplan S. 4). Auch sollte eine „Verdichtung über das notwendige Maß hinaus“ und eine „Zubetonierung des Außenbereichsanteils der Grundstücke“ und damit eine „Denaturierung der offenen Bauweise“ vermieden werden. Der gesamte östliche Bereich des Baugebiets ist als verkehrsberuhigter Bereich dargestellt, „in dem Fahr- und Fußgängerverkehr gleichwertig unter gegenseitiger Rücksichtnahme stattfinden sollen. Entsprechend sind die Festsetzungen auf den Verkehrsflächen so getroffen, dass der Gesamtquerschnitt durch Baumscheiben den Verkehrsfluss behindernd bzw. bremsend aufgeteilt wird“ (Begründung S. 9). Für das Baugrundstück sind entsprechende Pflanzgebote in Gestalt von zwei Einzelbäumen vorgesehen. Im Blick auf den hohen Pendleranteil in Umkirch wurde ferner für den Geschosswohnungsbau eine erhöhte Anzahl von Einstellplätzen pro Wohneinheit vorgesehen (vgl. wiederum Begründung S. 9). Im Blick auf die sich im Plangebiet mehrfach wiederholende zeichnerische Festsetzung einer Gemeinschaftsgaragenfläche, deren Einhaltung nach den textlichen Festsetzungen (§ 10) vom Plangeber strikt gefordert wurde, und dem in der Begründung zum Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Plankonzept der Befriedigung des gebietsbezogenen Stellplatzbedarfs aus dem Gebiet einerseits und der Auflockerung der Bebauung durch platzähnliche Kreuzungs- und Kurvenbereiche unter Anordnung eines Pflanzgebots auf den Verkehrsflächen andererseits würde eine Abweichung (Befreiung) von der Festsetzung auf dem Baugrundstück die Grundzüge der damaligen Planung, berühren. Im Blick auf das Tatbestandsmerkmal der „Grundzüge der Planung“ ist es namentlich nicht von Bedeutung, ob der Gemeinderat, hätte er gewusst, dass der Stellplatzbedarf der Reihenhausgrundstücke auf deren Grundstück selbst befriedigt wird, für das Baugrundstück eine abweichende Festsetzung getroffen hätte. Allein entscheidend ist, dass er auf dem Baugrundstück einem konkreten Bedarf an Stellplätzen Rechnung tragen wollte und zugleich dieses Eckgrundstück - wie auch jenes Ecke Wigersheimstraße/Büningerstraße - zusätzlich zu einer gewissen Durchgrünung des Baugebiets und zur Auflockerung der im Übrigen recht dichten Siedlungsstruktur nutzen wollte. Dass der Plangeber seinerzeit durch die darstellende Zuordnung der einzelnen Garagen zu den seinerzeit als Flurstücke 23 bis 25 und 42 bezeichneten Grundstücke möglicherweise zu erkennen gegeben hat, dass er den Bedarf für gerade die im Streit stehende Fläche vor allem bei den genannten Grundstücken verortet, ändert hieran nichts. Hieran wird vielmehr deutlich, dass der Gemeinderat bei seiner Abwägungsentscheidung dem Stellplatzbedarf eine solch große Bedeutung zugemessen hat, dass er den gebietsbezogenen Bedarf ermittelt und konkreten Garagenstandorten zugeordnet hat. Dies wird auch an den Darstellungen für das Eckgrundstück Wigersheimstraße/Büningerstraße im zeichnerischen Teil des Bebauungsplans deutlich, wo der Plangeber über den konkreten Bedarf hinaus Stellplätze „zur freien Disposition“ schaffen wollte. Da die Befreiung von der Festsetzung „Gemeinschaftsgarage“ für das Baugrundstück somit die Grundzüge der (damaligen) Planung berührte, hat der Kläger auf sie keinen Anspruch.
34 
Soweit der Kläger sich in der mündlichen Verhandlung auf eine Verletzung in seinem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG berufen hat, vermag ihm der Senat ebenfalls nicht zu folgen. Inhalt und Schranken des Eigentums werden durch die Gesetze bestimmt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Ein solches „Gesetz“ ist der im Streit stehende Bebauungsplan „Herrengarten“, der für das Grundeigentum des Klägers (nur) die Nutzung als Gemeinschaftsgaragenfläche zulässt, diese aber auch ermöglicht. Dass insoweit die Grenzen einer wirksamen Inhalts- und Schrankenbestimmungen überschritten wären, ist nicht ersichtlich. Vielmehr haben sich die Nutzungsmöglichkeiten des Grundeigentums seit dem Kauf des Grundstücks nicht geändert. Ein Anspruch, ein als Grundstück für Gemeinschaftsgaragen erworbenes Flurstück mit einem Wohnhaus bebauen zu dürfen, lässt sich aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht herleiten.
35 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
36 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

Die Anträge der Kläger sowie der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 1. März 2016 - 13 K 3322/13 - werden abgelehnt.

Die Kläger als Gesamtschuldner und die Beigeladene tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens jeweils zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 96.282,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Kläger begehren die Erteilung einer Baugenehmigung für die Änderung der Nutzung einer genehmigten „Aldi-Verkaufsstelle“ in einen „dm-Drogeriemarkt“, der von der Beigeladenen betrieben werden soll.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ..., ... Straße ... in Bad Mergentheim. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“, in Kraft getreten am 10.4.2004. Das Plangebiet umfasst ausweislich der Planbegründung eine Fläche von ca. 4 ha. Für den verfahrensgegenständlichen Bereich setzt der Bebauungsplan in Ziff. 1.1.2 der textlichen Festsetzungen ein eingeschränktes Gewerbegebiet fest. Nach Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen sind Einzelhandelsbetriebe und sonstige Handelsbetriebe mit Verkauf an letzte Verbraucher mit zentrenrelevanten Sortimenten nicht zugelassen. Hierzu zählen neben Nahrungs- und Genussmitteln auch Drogeriewaren (inklusive Wasch- und Putzmittel), Kosmetika und Apothekerwaren. Durch den Bebauungsplan „Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Teiländerung im Bereich der Flst.Nr. ... und ...“, in Kraft getreten am 4.12.2010, wurde der Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ in einem Teilbereich geändert und die genannten Grundstücke als Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel ausgewiesen. Dieser Teilbereich, auf dem sich derzeit ein REWE-Lebensmittelmarkt befindet, umfasst 0,9 ha.
Das auf dem Grundstück der Kläger stehende Gebäude wurde auf Grundlage einer Baugenehmigung vom 29.5.1998 für eine „Aldi-Verkaufsstelle" mit einer Verkaufsfläche von 631,04 m² als Lebensmitteldiscountgeschäft genutzt. Nach Aufgabe dieser Nutzung ist nunmehr der Betrieb eines „dm-Drogeriemarktes“ beabsichtigt. Den entsprechenden Genehmigungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.10.2013 ab. Den Widerspruch der Kläger wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 12.2.2014 und der Begründung zurück, bei der beantragten Nutzungsänderung handele es sich um ein genehmigungspflichtiges Vorhaben. Ein Aldi-Markt sei als Lebensmittel-Einzelhandelsbetrieb bekannt; in der Baubeschreibung sei zudem ausdrücklich vom Handel mit Lebensmitteln die Rede. Drogerieartikel bildeten im Sortiment eines Aldi-Marktes ein Randsortiment. Bei einem dm-Markt stelle dagegen der Lebensmittelbereich ein Randsortiment dar. Der Sortimentswechsel von Lebensmittel zu Drogeriewaren sei daher genehmigungspflichtig. Das Vorhaben verstoße gegen Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans. Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, da mit der geplanten Nutzungsänderung Grundzüge der Planung berührt würden.
Die Kläger haben am 16.9.2013 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und zuletzt beantragt, die Beklagte zu verpflichten, die mit Bauantrag vom 8.3.2013 beantragte Nutzungsänderung des auf dem Flst.Nr. ..., ...-Straße ... in Bad Mergentheim aufstehenden Gebäudes zur Nutzung als dm-Drogeriemarkt zu bewilligen und den Bescheid der Beklagten vom 24.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 12.2.2014 aufzuheben. Die Beigeladene hat sich diesem Antrag angeschlossen. Zudem haben die Kläger hilfsweise beantragt, festzustellen, dass für die Nutzung des Gebäudes auf der Flst.-Nr. ..., ...-... in Bad Mergentheim als dm-Drogeriemarkt keine Nutzungsänderungsgenehmigung erforderlich ist.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1.3.2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kläger hätten keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Bei dem geplanten Vorhaben handele es sich sowohl in bauordnungsrechtlicher als auch in bauplanungsrechtlicher Hinsicht um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Das Vorhaben verlasse die Variationsbreite der genehmigten Nutzung, da die Baugenehmigung für eine „Aldi-Verkaufsstelle“ erteilt worden sei, die überwiegend den Verkauf von Lebensmitteln zum Gegenstand gehabt habe. Der beantragte dm-Drogeriemarkt werde von dieser Variationsbreite nicht erfasst. Des Weiteren würden - in bauplanungsrechtlicher Hinsicht - bodenrechtliche Belange berührt, da dem Vorhaben unter städtebaulichen Gesichtspunkten aufgrund einer völlig veränderten Schwerpunktbildung eine andere Qualität beizumessen sei und es im Vergleich zu der bisher genehmigten Nutzung weitergehender Vorschriften in Gestalt des hier maßgebenden Bebauungsplans unterliege.
Das beantragte Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“. Dieser sei auch wirksam, insbesondere verstießen die Festsetzungen in Ziff. 1.1.4 nicht gegen das Abwägungsgebot. Für die städtebauliche Erforderlichkeit genüge es, dass der Einzelhandelsausschluss und die Sortimentsbeschränkung des Bebauungsplans zumindest geeignet seien, einen Beitrag zur Förderung des planerischen Ziels zu leisten. Die Festsetzungen des Bebauungsplans seien zudem bestimmt; es lasse sich hinreichend sicher feststellen, welche Festsetzungen hinsichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung im Planbereich GE 2 gälten. Im Übrigen sei der Bebauungsplan auch nicht funktionslos geworden. Es sei möglich, zwischen den einzelnen Sortimenten, die von Ziff. 1.1.4 erfasst würden, zu unterscheiden. Wäre das Einzelhandelskonzept in Folge der tatsächlichen Entwicklung in Bezug auf ein zentrenrelevantes Sortiment nicht mehr umsetzbar, so bedeute dies nicht, dass damit das städtebauliche Ziel des Schutzes bzw. der Stärkung eines zentralen Versorgungs- und Innenstadtbereichs insgesamt obsolet geworden sei. Dies gelte auch in Anbetracht der von den Klägern angeführten „Bezugsfälle“, die im Wesentlichen den Verkauf von Lebensmittel an letzte Verbraucher zum Gegenstand hätten. Es sei nicht ersichtlich, dass die tatsächlichen Verhältnisse derart massiv und offenkundig von der Plankonzeption abwichen, dass eine Verwirklichung der planerischen Festsetzungen auf absehbare Zeit ausgeschlossen sei. Auch die Aufstellung des Bebauungsplans „Sondergebiet Einkaufszentrum Bahnareal“ und die Überplanung eines Teilgebiets des maßgebenden Bebauungsplans durch den Bebauungsplan „Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Teiländerung“ führten nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB komme nicht in Betracht, da Ziel des Bebauungsplans gerade der Einzelhandelsausschluss zum Zwecke der Stärkung des zentralen Versorgungsbereichs sei. Die diesem Ziel dienenden Festsetzungen in Ziff. 1.1.4 stellten daher einen Grundzug der Planung dar. Aus diesem Grund komme es auf den von der Beigeladenen unbedingt gestellten Beweisantrag nicht entscheidungserheblich an. Da bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermessensausübung nicht vorlägen, sei für eine „durch Zulassung von Bezugsfällen“ entstandene Selbstbindung der Behörde kein Raum.
Hiergegen wenden sich die Kläger sowie die Beigeladene mit ihren Zulassungsbegehren.
II.
Die Anträge sind zulässig, insbesondere rechtzeitig gestellt (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und begründet (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) worden; sie haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe, die gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nur im Rahmen der Darlegungen der Kläger sowie der Beigeladenen zu prüfen sind, liegen nicht vor.
10 
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht dargetan worden.
11 
a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind nur dann gegeben, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163; Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; Beschl. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 - juris Rn. 15). Es reicht indes nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente schlagen dann nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -DVBl. 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, Beschl. v. 5.7.2016 - 3 ZB 14.1781 -juris Rn. 2; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 -juris Rn. 15). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert dabei eine substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 - juris Rn. 15).
12 
b) Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Kläger sowie der Beigeladenen nicht gerecht.
13 
aa) Der Einwand der Kläger, das Gericht habe rechtsfehlerhaft eine Nutzungsänderung angenommen, da es von der Genehmigung einer „Aldi-Verkaufsstelle“ ausgegangen sei, obwohl der Bezeichnung „Aldi“ keine rechtliche Relevanz zukomme und die Baugenehmigung keine Sortimentsbeschränkung enthalte, geht fehl. Zwar trifft zu, dass das Verwaltungsgericht von einer Änderung der bisher genehmigten Nutzung als „Aldi Verkaufsstelle“ ausgegangen ist, diese Begrifflichkeit hat es jedoch offensichtlich der Bezeichnung in der Baugenehmigung vom 29.5.1998 entnommen, ohne die Firmenbezeichnung „Aldi“ im Sinne einer eigenständigen städtebaulichen Kategorie zu verwenden. Denn wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, hat das Gericht maßgeblich auf die in der Baugenehmigung in Bezug genommenen Bauvorlagen vom 22.4.1998 abgestellt, zu denen die Angaben zu gewerblichen Anlagen zählen, nach denen beabsichtigt ist, in dem Gebäude überwiegend mit Lebensmitteln zu handeln. Hiergegen ist indes nichts zu erinnern, da der Regelungsumfang einer Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr zugelassenen Art der Nutzung einschließlich ihrer Variationsbreite bzw. ihrer Zweckbestimmung sich nach der Bezeichnung des Vorhabens in der Genehmigung sowie den weiteren Regelungen im Genehmigungsbescheid, den Bauvorlagen und sonstigen in Bezug genommenen Unterlagen richtet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 9.4.2014 - 8 S 1528/13 - VBlBW 2015, 26 = juris Rn. 11).
14 
bb) Entgegen der Auffassung der Kläger kommt dem Vorhaben auch bauordnungsrechtliche Relevanz zu, da - wie vom erstinstanzlichen Gericht richtig erkannt - durch den „Verkauf von Drogerieartikeln“ der Bereich der bisherigen Zweckbestimmung verlassen wird. Daran vermag der Umstand, dass sich in der Angebotspalette des Lebensmitteldiscounters „Aldi“ auch dem Sortiment Drogeriewaren unterfallende Produkte befunden haben mögen, nichts zu ändern, da - von den Klägern unbestritten - ein „dm-Drogeriemarkt“ nicht überwiegend dem Handel mit Lebensmitteln dient.
15 
cc) Auch die Feststellung des Gerichts, es liege eine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB vor, da durch die Änderung des Sortimentsschwerpunktes die Variationsbreite der genehmigten Nutzung überschritten werde und das Vorhaben bodenrechtliche Belange neu berühre, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln.
16 
Der Vortrag der Kläger vermag solche Zweifel nicht zu begründen, da diese zu Unrecht von einer Genehmigung als „Verkaufsstelle“ ohne weitere Einschränkungen ausgehen. In Anbetracht des Inhalts der Baugenehmigung vom 29.5.1998 kann der beabsichtigte (schwerpunktmäßige) Handel mit Drogeriewaren nicht als „mitgenehmigt“ angesehen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 11.2.2016 - 5 S 1389/14 - juris Rn. 57).
17 
Die Beigeladene zeigt ebenfalls keine Rechtsfehler auf. Sie geht vielmehr ihrerseits unzutreffend davon aus, § 1 BauGB spiele bei der Frage, ob ein Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig sei, „grundsätzlich keine Rolle“. Dies lässt sich jedoch mit der einschlägigen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.1.1993 - 4 C 19.90 - DVBl. 1993, 652 = juris Rn. 27; Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 - BVerwGE 144, 82 = juris Rn. 26; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 11; Beschl. v. 25.10.2012 - 8 S 869/12 - ZfBR 2013, 60 = juris Rn. 8, zuletzt auch VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 15) nicht vereinbaren. Allein die Tatsache, dass im Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ sowohl Einzelhandelsbetriebe mit dem Sortiment Nahrungs- und Genussmittel als auch solche, die Drogeriewaren führen, ausgeschlossen wurden, ändert nichts daran, dass durch einen Wechsel der in Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen bezeichneten Sortimente bodenrechtliche Belange, wie sie sich aus § 1 Abs. 6 BauGB ergeben, neu berührt werden und daher neu zu prüfen sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 11, 14).
18 
Der Beigeladenen kann auch nicht darin gefolgt werden, das Verwaltungsgericht sei einem Zirkelschluss unterlegen, da es den Betrieb eines Lebensmittelmarktes als bestandsgeschützte Nutzung vorausgesetzt habe. Denn hierzu war das Gericht aufgrund des eindeutigen Inhalts der Baugenehmigung vielmehr verpflichtet. Im Übrigen verkennt die Beigeladene die Reichweite des durch die Baugenehmigung vermittelten Bestandsschutzes, der sich im vorliegenden Fall auf eine („Aldi“-)Verkaufsstelle beschränkt, in der überwiegend mit Lebensmitteln gehandelt wird. Überdies hat das Gericht die bodenrechtliche Relevanz des geplanten Vorhabens unter Hinweis darauf bejaht, dass es - bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung - weitergehenden Vorschriften unterliegt als das genehmigte Vorhaben, nämlich in Gestalt des nach Erteilung der Baugenehmigung aufgestellten Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“. Die hiervon abweichende Auffassung der Beigeladenen geht von einem fehlerhaften Verständnis hinsichtlich des Bestandsschutzes einer genehmigten baulichen Anlage aus und findet in der Rechtsprechung keine Stütze (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 16). Insbesondere verkennt die Beigeladene, dass die genehmigte Nutzung einer „Aldi-Verkaufsstelle“ durch die Aufstellung des streitgegenständlichen Bebauungsplans in ihrer Reichweite nicht „nachträglich geändert bzw. eingeschränkt“ worden ist. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Beigeladenen zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 1.6.2011 - 4 B 2.11 - BauR 2011, 1622 = juris Rn. 16), da mit der Baugenehmigung vom 29.5.1998 eine hinreichende Konkretisierung der zulässigen Nutzung im Sinne eines Handels „mit überwiegend Lebensmitteln“ erfolgt ist.
19 
dd) Des Weiteren ist das Gericht rechtsfehlerfrei von der Wirksamkeit des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l -Planbereich 01.10“ ausgegangen.
20 
(1) Entgegen der Auffassung der Kläger ist insbesondere nicht von einer Funktionslosigkeit des Bebauungsplan auszugehen. Das Verwaltungsgericht hat die hierzu einschlägige Rechtsprechung, die bezüglich der Funktionslosigkeit von bauplanerischen Festsetzungen einen strengen Maßstab anlegt (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 22.7.2013 - 7 BN 1.13 - LKV 2013, 417 = juris Rn. 6; Urt. v. 28.4.2004 - 4 C 10.03 - UPR 2005, 66 = juris Rn. 15; Urt. v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71 = juris Rn. 22), ausführlich dargestellt und in seine Würdigung einbezogen. Gegen den Ansatz des Gerichts, innerhalb der zentrenrelevanten Sortimente zwischen dem Ausschluss von Nahrungs- und Genussmitteln (Ziff. 1.1.4a der textlichen Festsetzungen) einerseits sowie dem Ausschluss von Drogerie- / Apothekerwaren und Kosmetika (Ziff. 1.1.4c der textlichen Festsetzungen) andererseits zu differenzieren, ist nichts zu erinnern. Denn zu würdigen ist grundsätzlich sowohl die Festsetzung in ihrer ganzen Reichweite als auch die Bedeutung, die sie für den Plan in seiner Gesamtheit hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.4.1977 - IV C 39.75 -BVerwGE 54, 5 = juris Rn. 35).
21 
Zutreffend hat das Gericht danach erkannt, dass das städtebauliche Ziel des Schutzes bzw. der Stärkung eines zentralen Versorgungs- und Innenstadtbereichs nicht dadurch obsolet wird, dass das dahinter stehende (Einzelhandels-)Konzept in Bezug auf eines der - im vorliegenden Fall - insgesamt 16 als zentrenrelevant identifizierten Sortimente möglicherweise nicht mehr umsetzbar ist. In Konsequenz hierzu hat es den von den Klägern benannten Bezugsfällen, die Einzelhandelsbetriebe betreffen, die teilweise in angrenzenden Plangebieten liegen und im Wesentlichen den Verkauf von Lebensmitteln an Endverbraucher zum Gegenstand haben, bei der Frage der Funktionslosigkeit des angegriffenen Bebauungsplans keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen. Folgerichtig ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass die Festsetzung Ziff. 1.1.4c noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 -BVerwGE 108, 71 = juris Rn. 22).
22 
Der diesbezügliche Vortrag der Kläger, der eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung nicht erkennen lässt, rechtfertigt kein andere Beurteilung. Die Kläger lassen insbesondere unberücksichtigt, dass sich das Planungsziel der Beklagten nicht im Ausschluss des Sortiments „Nahrungs- und Genussmittel“ erschöpft, dieser stellt vielmehr lediglich einen Teilaspekt der planerischen Zielsetzung dar.
23 
(2) Die Rüge der Beigeladenen, das Gericht habe rechtsfehlerhaft die Bestimmtheit des streitgegenständlichen Bebauungsplans angenommen, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Die Beigeladene geht zwar zutreffend davon aus, dass die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans aus sich heraus eindeutig und verständlich sein müssen und die von den Festsetzungen Betroffenen vorhersehen können müssen, welchen Regelungen ihre Grundstücke unterworfen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27.10.2015 - 8 S 2207/13 - juris Rn. 68). Die Festsetzungen eines Bebauungsplans sind jedoch nicht schon dann zu unbestimmt, wenn sich deren Inhalt erst durch Auslegung erschließt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.2.2011 - 4 BN 43.10 - BauR 2011, 1118 = juris Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.10.2014 - 5 S 1970/12 - BauR 2015, 789 = juris Rn. 21). Ausgehend hiervon hat das Gericht plausibel und nachvollziehbar dargelegt, welche Festsetzungen hinsichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung im Planbereich GE 2 gelten. Weiterer Erläuterungen bedurfte es nicht.
24 
ee) Im Ergebnis rechtsfehlerfrei hat das Verwaltungsgericht zudem das Vorliegen der Voraussetzungen einer Befreiung nach Maßgabe des § 31 Abs. 2 BauGB verneint, da durch das geplante Vorhaben die Grundzüge der Planung berührt werden, die ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ (S. 4) darin bestehen, die Einzelhandelsnutzung zu beschränken.
25 
Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich aus dem Umstand, dass der Bebauungsplan die zum damaligen Zeitpunkt vorhandenen und bestandsgeschützten Einzelhandelsnutzungen - zu denen auch die „Aldi-Verkaufsstelle“ zählte - „respektiert“ hat, nicht herleiten, die Plangeberin habe deren „Erhalt“ zum Bestandteil der Grundzüge ihrer Planung gemacht. Vielmehr hat die Beklagte keinen Zweifel daran gelassen, dass „[k]ünftig […] die Gewerbegebiete vor allem für das produzierende Gewerbe und Dienstleistungen freigehalten werden“ sollen (vgl. S. 5 der Begründung zum Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“). Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob - wie die Kläger meinen - der geplante „dm-Drogeriemarkt“ bei einer auf die heutigen Verhältnisse abstellenden Betrachtung der Nahversorgung dient. Da das erstinstanzliche Gericht durch das geplante Vorhaben bereits die Grundzüge der Planung als berührt angesehen hat, musste es nicht mehr der Frage nachgehen, ob - nach der Diktion der Kläger - eine „unzumutbare Härte“ vorliegt.
26 
Die Beigeladene weist zwar zutreffend darauf hin, dass das Gericht - gestützt auf einschlägige Literatur - ausgeführt hat, eine Befreiung scheide generell aus, wenn ein Bebauungsplan Einzelhandel ausschließe oder er eine Beschränkung des Warensortiments vorsehe. Zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen einer Befreiung nicht vorliegen, ist das Gericht jedoch nicht im Sinne eines Automatismus gelangt. Vielmehr hat es bezogen auf den konkreten Einzelfall - eingebettet in den rechtlichen Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB - aufgezeigt, dass es sich bei dem von der Beklagten vorgesehenen Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Sortimenten um einen Grundzug der Planung handelt. Der Beigeladenen kann zudem nicht darin zugestimmt werden, es stehe lediglich die Nachbelegung eines bereits vorhandenen Einzelhandelsbetriebs in Rede. Dies trifft in dieser Allgemeinheit vor dem Hintergrund der durch die Baugenehmigung vom 29.5.1998 genehmigten Nutzung nicht zu.
27 
Soweit die Beigeladene vorträgt, die Grundzüge der Planung würden im Hinblick auf das sonstige Genehmigungsverhalten der Beklagten jedenfalls nicht „berührt“, begründet sie ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses. Zwar ist hinsichtlich der Frage, ob die Grundzüge der Planung „berührt“ werden, nicht auf den Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung abzustellen (so noch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13.6.2007 - 3 S 881/06 - ESVGH 57, 227 = juris Rn. 33), sondern die tatsächliche Entwicklung des Baugebiets in den Blick zu nehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 39; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 31 Rn. 22). Der Senat hält insoweit an der von ihm bisher vertretenen Auffassung nicht mehr fest. Im vorliegenden Fall kann jedoch selbst bei einer die tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigenden Betrachtung nicht davon ausgegangen werden, die Auswirkungen des geplanten Vorhabens fielen deshalb nicht (mehr) entscheidend ins Gewicht, weil diese Grundkonzeption bereits durch die bisherige tatsächliche Entwicklung im Baugebiet insgesamt aufgeweicht und stellenweise vollständig überholt sei (vgl. hierzu BayVGH, Urt. v. 9.8.2007 - 25 B 05.1337 - juris Rn. 35). Hierzu hat das Verwaltungsgericht - wenngleich unter anderen Vorzeichen -aufgezeigt, dass die sog. „Bezugsfälle“ ein anderes zentrenrelevantes Sortiment betreffen (Nahrungs- und Genussmittel) und zwischen einzelnen Sortimentsbeschränkungen zu differenzieren ist. Daraus folgt ohne weiteres, dass die Grundzüge der Planung jedenfalls durch die Zulassung eines Einzelhandelsbetriebs mit den in Ziff. 1.1.4c der textlichen Festsetzungen gelisteten Sortimenten nach wie vor berührt werden.
28 
2. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind ebenfalls nicht gegeben.
29 
a) Die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommt. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfällen deutlich abhebt und sich gerade die diesbezüglichen Fragen im Berufungsverfahren stellen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.9.2005 - 9 S 437/05 - NVwZ-RR 2006, 255; Beschl. v. 22.4.1997 - 14 S 913/97 - NVwZ 1997, 1230; Beschl. v. 17.2.2009 - 10 S 3156/08 - juris Rn. 10). Den Darlegungserfordernissen ist hierbei nur genügt, wenn in fallbezogener Auseinandersetzung mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts dargetan wird, inwieweit sich die benannten Schwierigkeiten in Vergleich mit Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit als „besondere“ darstellen und für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sein werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.6.1997 - 7 S 662/97 - NVwZ-RR 1998, 31; Beschl. v. 17.2.2009 - 10 S 3156/08 -, juris Rn. 10).
30 
b) Ausgehend hiervon haben weder die Kläger noch die Beigeladene dargetan, dass die vorliegende Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist.
31 
aa) Die Ausführungen der Kläger genügen den an die Darlegung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu stellenden Anforderungen nicht. Ihrem diesbezüglichen Vortrag mangelt es nicht nur an einer fallbezogener Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, sondern dieser lässt zudem nicht einmal ansatzweise erkennen, inwieweit sich die von den Klägern ausgemachten Schwierigkeiten in Vergleich mit Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit als „besondere“ darstellen und für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sein werden.
32 
bb) Nichts anderes gilt im Hinblick auf den Vortrag der Beigeladenen, der sich in einem Verweis auf die Ausführungen zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erschöpft. Zwar sollen Bezugnahmen unnötige Wiederholungen vermeiden, dies entbindet aber nicht von der - hier ebenfalls unterbliebenen - konkreten Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 198). Dass sich die Beigeladene im Rahmen ihrer Erläuterungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO mit dem Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart befasst hat, macht eine nochmalige Auseinandersetzung bei der Geltendmachung von besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache nicht entbehrlich, da die Zulassung der Berufung nach Maßgabe des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO - wie von der Beigeladenen aufgezeigt - anderen Darlegungserfordernissen unterliegt.
33 
3. Die Ausführungen, mit denen die Kläger sowie die Beigeladene eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend machen, führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung.
34 
a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes „grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache“ erfordert, dass ausdrücklich oder sinngemäß eine entscheidungserhebliche konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage aufgeworfen und erläutert wird, warum diese Frage bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwirft, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts durch das Berufungsgericht geklärt werden müssen. Außerdem ist - bei Rechtsfragen ausgehend von den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts - die Entscheidungserheblichkeit der Frage darzulegen; das Aufzeigen einer bloß fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen genügt insoweit nicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 19.8.2010 - 8 S 2322/09 - juris Rn. 11).
35 
b) Dies zugrunde gelegt ergibt sich weder aus dem Vortrag der Kläger noch dem der Beigeladenen eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. So versäumen Kläger und Beigeladene bereits zu erläutern, warum die von ihnen formulierten Fragen bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwerfen, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts durch das Berufungsgericht geklärt werden müssen.
36 
aa) Überdies stellt sich die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob die Verwendung einer Firmenbezeichnung bei der Baugenehmigung zugleich eine Einschränkung hinsichtlich der Art der Nutzung beinhaltet oder ob die Art der Nutzung in der Baugenehmigung selbst konkretisiert und bestimmt werden muss, im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil - wie sich aus Vorstehendem ergibt - das Gericht der Firmenbezeichnung „Aldi“ keine rechtliche Qualität beigemessen hat und die Art der Nutzung durch die Einbeziehung der Bauvorlagen in die Baugenehmigung vom 29.5.1998 bestimmt worden ist.
37 
bb) Die von der Beigeladenen genannte Frage, ob eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage die inhaltliche Reichweite des städtebaulichen Bestandsschutzes, wie ihn § 29 Abs. 1 BauGB vermittelt, einzuschränken vermag, ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Denn - wie bereits ausgeführt - ist mit dem Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ eine Einschränkung der bestehenden Einzelhandelsnutzungen nicht einhergegangen.
38 
4. Schließlich kommt eine Zulassung der Berufung auch vor dem Hintergrund des allein von der Beigeladenen geltend gemachten Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht in Betracht.
39 
a) Nach Maßgabe dieser Bestimmung ist die Berufung zuzulassen, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf welchem die Entscheidung beruhen kann. Ein solcher Mangel ist nur dann bezeichnet, wenn sowohl die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen rechtlich substantiiert dargetan werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 30.10.2014 - 9 S 279/14 - juris Rn. 11).
40 
b) Diesen Anforderungen genügt die Beigeladene mit ihrem Vorbringen nicht. Das Gericht hat den Beweisantrag mit der Begründung abgelehnt, es handele sich bei der Bewertung einer Tatsache als städtebaulich relevant um eine Rechtsfrage. Im Übrigen komme es komme es auf die beantragte Beweiserhebung nicht an, da bei Durchführung des beantragten Vorhabens Grundzüge der Planung berührt würden. Dies ist nicht zu beanstanden, da die Beigeladene keine Tatsachen, sondern lediglich Rechtsfragen unter Beweis gestellt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.4.2012 - 4 C 8/09 u.a. - BVerwGE 142, 234 = juris Rn. 86). Daran ändert nichts, dass die Beigeladene hierzu eine abweichende Auffassung vertritt.
III.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, Abs. 3 Hs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.
42 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.5. / 1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen und folgt der von den Beteiligten nicht angegriffenen Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts.
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.

(2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft. Das gilt auch in den Fällen des § 13 Nr. 8a, wenn das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt. Soweit ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die Entscheidungsformel durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Entsprechendes gilt für die Entscheidungsformel in den Fällen des § 13 Nr. 12 und 14.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Januar 2006 - 12 K 475/05 - geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 25. August 2004 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die mit Schreiben vom 11. Juni 2004 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche innerhalb ihres bestehenden Einzelhandelsbetriebs in Kirchheim/Teck, Sch. Straße ..., zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin erstrebt eine Baugenehmigung für die Erweiterung der Verkaufsfläche eines Lebensmittelmarkts.
Sie betreibt auf dem im Nordosten des Stadtgebiets der Beklagten gelegenen Grundstück Sch. Straße ... einen von der Beklagten im Jahre 2001 genehmigten Lebensmittelmarkt. Das eingeschossige Gebäude enthält einen 47,35 m x 17,30 m großen Verkaufsraum; die übrige Fläche wird in erster Linie als Lager genutzt.
Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Wangergasse“ der Beklagten vom 20.6.2001, der es als Mischgebiet ausweist. Gemäß dem dazu geschlossenen Durchführungsvertrag sei „somit hier von der baurechtlichen Zulässigkeit eines Lebensmittelmarkts bis maximal 800 m 2 Verkaufsfläche und 1.200 m 2 Geschossfläche auszugehen“.
Die Klägerin möchte eine 3,25 m x 17,00 m (= 55,25 m 2 ) große Teilfläche, die bisher als Lager genutzt wurde, in den Verkaufsraum einbeziehen und stellte unter dem 11.6.2004 einen entsprechenden Bauantrag. Die Beklagte lehnte dieses Vorhaben am 25.8.2004 mit der Begründung ab, es widerspreche dem Bebauungsplan. Diesem lägen Pläne zugrunde, in denen eine Verkaufsfläche von 781 m 2 ausgewiesen sei. Nach der Begründung des Bebauungsplans solle eine Verkaufsfläche für einen Discount-Markt bis 800 m 2 zugelassen werden. Mit der beabsichtigten Nutzung eines Teils der bisherigen Lagerfläche als Verkaufsfläche werde die gesamte Verkaufsfläche auf 831 m 2 erhöht und damit gegen den Bebauungsplan verstoßen. Befreiungsgründe im Sinne des § 31 Abs. 2 BauGB seien nicht erkennbar.
Gegen diesen ablehnenden Bescheid legte die Klägerin am 13.9.2004 Widerspruch ein und trug vor, ihr Vorhaben sei selbst dann zulässig, wenn man davon ausgehe, dass die Einpackzone von 39 m 2 der Verkaufsfläche hinzuzurechnen sei. Zwar sei dann die im Bebauungsplan festgesetzte maximale Verkaufsfläche um 37 m 2 überschritten, sie habe jedoch einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Befreiung. Insbesondere würden durch diese Überschreitung die Grundzüge der Planung nicht berührt, weil die zu schützende Infrastruktur der Stadt in keiner Weise betroffen werde. Erforderlichenfalls werde dies durch ein noch vorzulegendes Gutachten (z. B. der GMA Ludwigsburg) belegt. Das Befreiungsermessen sei auf Null reduziert. Dieser Widerspruch blieb unbeschieden.
Am 1.2.2005 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem Antrag Klage erhoben, die Beklagte unter Aufhebung ihres ablehnenden Bescheids zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen. Sie hat darauf verwiesen, die der streitigen Verkaufsstätte zukommende Nahversorgungsfunktion komme sinnfällig dadurch zum Ausdruck, dass sie auf ausdrückliche Bitte der Beklagten eine fußläufige Verbindung zu dem unmittelbar angrenzenden Wohngebiet geschaffen habe.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Der Vorhaben- und Erschließungsplan der Klägerin sei gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB Bestandteil des Bebauungsplans. Im Teilplan „Grundriss“ sei die zulässige Verkaufsfläche definiert als „Verkaufsraum mit einer Nutzfläche von 799,85 m 2 .“ Entsprechend seiner Rechtsnatur als vorhabenbezogener Bebauungsplan erschöpfe er sich in der Zulassung eines bestimmten Vorhabens. Modifikationen bedürften neuer planungsrechtlicher Rechtfertigung. Die Aufstockung auf eine Verkaufsfläche von 831 m 2 sei daher durch den Bebauungsplan nicht gedeckt und bedürfe neuer planerischer Zulassung. Im Übrigen seien weder Anhaltspunkte für eine betriebliche noch für eine städtebauliche Atypik erkennbar, die ein Abweichen von der Regelvermutung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO zuließen.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19.1.2006 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei als Untätigkeitsklage zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der Bebauungsplan „Wangergasse“ erlaube nur eine Verkaufsfläche von 800 m 2 und dieses Maß werde durch die von der Klägerin beabsichtigte Nutzung eines Teils des bisherigen Lagerraums als Verkaufsfläche überschritten. Da der Vorhaben- und Erschließungsplan, der Bebauungsplan und der Durchführungsvertrag aufeinander abgestimmt sein müssten und sich nicht widersprechen dürften, sei fraglich, ob eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans strukturell in Betracht komme. Dies bedürfe aber keiner abschließenden Klärung, da die Befreiungsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht vorlägen, weil die von der Klägerin beanspruchte Abweichung von den Vorgaben des Bebauungsplans die Grundzüge der Planung berühre. Die für die zulässige Verkaufsfläche geltende Grenze von 800 m 2 sei nicht als mehr oder weniger beliebige Zahl „gegriffen“, sondern eine für die Plankonzeption der Beklagten wesentliche Regelung, von der eine Befreiung nicht erteilt werden könne.
Hiergegen richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 17.8.2006 - 8 S 483/06 - zugelassene Berufung der Klägerin, mit der sie beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Januar 2006 - 12 K 475/05 - zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 25. August 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die mit Schreiben vom 11. Juni 2004 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche innerhalb ihres bestehenden Einzelhandelsbetriebs in Kirchheim/Teck, Sch. Straße ..., zu erteilen sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.
11 
Sie macht geltend: Auch ein vorhabenbezogener Bebauungsplan sei einer Befreiungsentscheidung zugänglich. Der Gesetzgeber habe in § 12 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 4 BauGB die Anwendung bestimmter planungsrechtlich relevanter Vorschriften ausgeschlossen, nicht jedoch die Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB. Hinzu komme, dass die „Abstimmung“ zwischen Vorhabenträger und planender Gemeinde im vorliegenden Fall lediglich darin bestanden habe, dass die Beklagte eine maximale Verkaufsfläche von 800 m 2 verbindlich vorgegeben habe. Es bestehe deshalb im Hinblick auf Befreiungsmöglichkeiten kein Unterschied zu einem „normalen“ Bebauungsplan, der diese Vorgabe durch die Festsetzung eines Baugebiets mache. Die Sachverhalte seien deshalb identisch zu beurteilen. Städtebaulich relevante Gesichtspunkte, die es rechtfertigen könnten, die beantragte Befreiung zu verweigern, seien nicht gegeben.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Sie erwidert: Im Falle eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans könne der Tatbestand des § 31 Abs. 2 BauGB schon deshalb nicht erfüllt sein, weil er nur eine Befreiung von einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans erlaube, die Zulässigkeit eines Vorhabens im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans aber nach § 30 Abs. 2 BauGB voraussetze, dass es dem Bebauungsplan schlechthin nicht widerspreche. Diese unterschiedliche Formulierung berücksichtige, dass ein vorhabenbezogener Bebauungsplan einerseits keine Festsetzungen im Sinne des § 9 BauGB treffen müsse und er andererseits von dem Katalog dieser Bestimmung unabhängige Vorgaben enthalten könne. Für § 30 Abs. 2 BauGB gebe es keine seinen Wortlaut aufgreifende Befreiungsvorschrift. Eine analoge Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB verbiete sich schon deshalb, weil diese Bestimmung keine geeigneten Maßstäbe für Abweichungen von Zulässigkeitsvorgaben enthalten könne, die nicht aus dem Festsetzungskatalog des § 9 BauGB stammten. § 12 Abs. 3 Satz 2 BauGB sei schrankenlos formuliert, dem entsprechend ließen sich allgemeine Voraussetzungen für die Zulassung von Abweichungen schwerlich aufstellen.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorliegenden Akten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die - aufgrund ihrer Zulassung im Beschluss des Senats vom 17.8.2006 statthafte und auch im Übrigen zulässige - Berufung ist begründet, denn die Klägerin hat einen Anspruch auf die begehrte Abweichung von den Vorgaben des Bebauungsplans „Wangergasse“. Die Vorschriften über Befreiungen von Bebauungsplänen in § 31 Abs. 2 BauGB sind auf vorhabenbezogene Bebauungspläne im Sinne des § 12 BauGB anwendbar (nachfolgend 1.), die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung liegen vor (nachfolgend 2.) und das Befreiungsermessen ist auf Null reduziert (nachfolgend 3.).
17 
1. Der Senat bejaht die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene, letztlich aber offen gelassene Frage, ob auch vorhabenbezogene Bebauungspläne einer Befreiung nach den Bestimmungen des § 31 Abs. 2 BauGB zugänglich sind. Der Gesetzeswortlaut steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen. Denn § 12 Abs. 3 BauGB führt - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - eine Reihe von Bestimmungen an, die keine Anwendung finden; § 31 BauGB gehört jedoch nicht dazu. Auch der Wortlaut des § 30 Abs. 2 BauGB weist - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht in die gegenteilige Richtung. Es trifft zwar zu, dass hier - anders als in § 30 Abs. 1 BauGB - nicht von „Festsetzungen“ die Rede ist, sondern von „dem Bebauungsplan“, dem das Vorhaben nicht widersprechen darf. Das erklärt sich aber daraus, dass ein vorhabenbezogener Bebauungsplan nach § 12 Abs. 3 BauGB nicht notwendig Festsetzungen (im Sinne des § 9 BauGB und der BauNVO) enthalten muss. Ferner überzeugt das weitere Vorbringen der Beklagten nicht, § 31 Abs. 2 BauGB enthalte keine geeigneten Maßstäbe für die Beurteilung von Abweichungen und allgemeine Voraussetzungen ließen sich schwerlich aufstellen, denn die Voraussetzungen für Ausnahmen und Befreiungen ergeben sich aus § 31 BauGB und nicht aus dem Festsetzungskatalog des § 9 BauGB. Auch der Sache nach erscheint es nicht gerechtfertigt, jede noch so kleine Abweichung von einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan unter den Vorbehalt einer Planänderung zu stellen. Eine solche Inflexibilität würde dieses Instrument städtebaulicher Planung in nicht unerheblichem Umfang seiner Vorteile berauben, weil Investoren befürchten müssten, notwendige Änderungen bei der Detailplanung ihrer Vorhaben durch ein - auch unter Berücksichtigung des vereinfachten Verfahrens nach § 13 BauGB - zähes Bauleitplanverfahren schleusen zu müssen. Schließlich besteht aufgrund der Einbindung des Vorhaben- und Erschließungsplans in den Bebauungsplan (§ 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB) auch keine Notwendigkeit für eine restriktive Auslegung des § 31 BauGB. Denn Übereinstimmung muss nur auf der Planungsebene herrschen. Auf der Genehmigungsebene besteht dagegen kein prinzipieller Unterschied zu „normalen“ Bebauungsplänen. Die Besonderheit besteht lediglich darin, dass nicht nur von der gemeindlichen Bauleitplanung, sondern auch vom Vorhaben- und Erschließungsplan abgewichen wird. Es gibt aber keinen Grund, den Investor in einem solchen Plangebiet nur deshalb schlechter zu stellen, weil seine Planungen mit denjenigen der Gemeinde „abgestimmt“ sind. Ebenso wie demjenigen, der in einem „normalen“ Plangebiet bauen möchte, muss es ihm möglich sein, von den zunächst einvernehmlich getroffenen planerischen Entscheidungen abzuweichen, wenn die Voraussetzungen für die Zulassung einer solchen Abweichung vorliegen. Es kann ihm nicht zum Schaden gereichen, dass er sich damit auch von seinen eigenen ursprünglichen Planungsvorstellungen distanziert, die im Vorhaben- und Erschließungsplan ihren Niederschlag gefunden hatten. Dementsprechend geht die Kommentarliteratur - soweit ersichtlich - einhellig davon aus, dass von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen Ausnahmen und Befreiungen erteilt werden können (vgl. die Zitate auf S. 6 des angefochtenen Urteils; ebenso ausdrücklich: Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. 2002, § 31 RdNr. 3; auch Rieger, in Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 31 RdNr. 4, schließt dies nicht aus). Schließlich hält ersichtlich auch das Bundesverwaltungsgericht § 31 Abs. 2 BauGB auf vorhabenbezogene Bebauungspläne grundsätzlich für anwendbar, denn es erwähnt in diesem Zusammenhang die Grenzen für die Zulassung einer Abweichung, ohne den Rückgriff auf diese Bestimmung prinzipiell auszuschließen (Beschluss vom 23.6.2003 - 4 BN 7.03 - BauR 2004, 975).
18 
2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des sonach anwendbaren § 31 Abs. 2 BauGB liegen vor.
19 
a) Das Verwaltungsgericht nimmt an, eine Befreiung sei ausgeschlossen, weil sie die Grundzüge der Planung berühren würde. Denn die Festlegung einer Grenze von 800 m 2 für die Verkaufsfläche des zugelassenen Marktes sei nicht „gegriffen“, sondern bewusst zur Verdeutlichung der Schwelle zur Großflächigkeit gewählt worden. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
20 
Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach den §§ 1 Abs. 8, 2 Abs. 1 BauGB unverändert der Gemeinde und nicht der Baurechtsbehörde. Diese Regelung darf deshalb nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (BVerwG, Beschluss vom 5.3.1999 - 4 B 5.99 - NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438; Urteil des Senats vom 2.11.2006 - 8 S 361/06 -). Umgekehrt wird diese Grenze für die Erteilung einer Befreiung nicht überschritten, wenn die Abweichung von Festsetzungen, die für die Grundzüge der Planung maßgeblich sind, nicht ins Gewicht fällt oder wenn die Festsetzung, von der abgewichen werden soll, eher „zufällig“ bzw. „isoliert“ erfolgt ist oder diese Planvorgabe auf einer Annahme beruht, die später entfallen ist (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 RdNrn. 36 und 38).
21 
Nach keiner dieser Deutungsvarianten sind im vorliegenden Fall die Grundzüge der Planung berührt. Der Gesichtspunkt der planungsrechtlichen Beliebigkeit, weil sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle dieselben Gründe für eine Befreiung anführen ließen, kann hier nicht zum Tragen kommen, weil der Bebauungsplan als einzigen wesentlichen Regelungsgegenstand nur die Zulassung des Marktes der Klägerin umfasst und es weitere Einzelhandelsbetriebe auf einer vergleichbaren planungsrechtlichen Grundlage im Gemeindegebiet der Beklagten nach Auskunft ihrer Vertreter in der mündlichen Verhandlung nicht gibt. Die Abweichung von der vorgegebenen Verkaufsfläche von 800 m 2 fällt auch nicht ins Gewicht, denn mit ihr soll keine Erweiterung des Sortiments verbunden sein und es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Einbeziehung einer bisherigen Lagerfläche mit einer Größe von etwa 55 m 2 in den Verkaufsbereich die Plankonzeption der Beklagten grundlegend in Frage stellen würde. Denn sie hat durch die Festschreibung einer Grenze von 800 m 2 zwar ersichtlich die Schwelle zur Großflächigkeit verdeutlichen wollen und sich dabei - wie ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert haben - von der Regelgrenze einer Geschossfläche von 1200 m 2 in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO leiten lassen. Da durch das streitige Erweiterungsvorhaben der Klägerin die Geschossfläche des Marktes aber nicht geändert wird, bleibt dieser Ausgangspunkt der Beklagten unangetastet. Deshalb spricht nichts für die Annahme, die Ausweitung der Verkaufsfläche um etwa 7 % könne derart tief in das Interessengeflecht der Abwägung eingreifen, dass die Grundzüge der Planung nicht mehr gewahrt wären.
22 
Es kommt hinzu, dass die Beklagte, wenn sie sich schon an der Geschossflächengrenze von 1200 m 2 in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO orientierte, die maximale Verkaufsfläche nicht starr festlegen durfte. Denn dabei handelt es sich lediglich um eine Vermutungsregel für die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO aufgeführten Auswirkungen, die aber nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO widerlegbar ist. Anhaltspunkte dafür, dass trotz Beibehaltung der Geschossfläche allein durch die Erhöhung der Verkaufsfläche um etwa 7 % aus dem bisher auch nach Auffassung der Beklagten „unbedenklichen“ Lebensmittelmarkt ein etwa in Ansehung seiner negativen Auswirkungen auf die Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche in der Kernstadt nicht mehr hinnehmbarer Einzelhandelsgroßbetrieb entstehen könnte, sind nicht ersichtlich und konnten auch von den Vertretern der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht angeführt werden. Im Übrigen hat die Klägerin im Verlauf des Verfahrens mehrfach angeboten, durch Einholung eines Gutachtens (z. B. der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung in Ludwigsburg) zu belegen, dass die Ausweitung der Verkaufsfläche die zu schützende Infrastruktur der Stadt nicht beeinträchtige. Hätte die Beklagte - entgegen dem vorstehend Ausgeführten - doch Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dies der Fall sein könnte, hätte sie die Klägerin zur Beibringung eines derartigen Gutachtens anhalten müssen. Der Senat sieht nach Aktenlage und nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung, eine entsprechende sachverständige Äußerung einzuholen oder von der Klägerin beibringen zu lassen.
23 
Dies erscheint schließlich auch deshalb nicht geboten, weil die Beklagte ersichtlich bei Erlass des Bebauungsplans „Wangergasse“ selbst davon ausgegangen ist, dass die Infrastruktur ihrer Kernstadt auch dann nicht tangiert wird, wenn in dem eher peripher gelegenen Plangebiet ein Lebensmittelmarkt zugelassen wird, der eine größere Verkaufsfläche aufweist als der bundesweit anerkannte Typ eines die Grenze zur Großflächigkeit nicht übersteigenden Einzelhandelsbetriebs der wohnungsnahen Versorgung. Das ergibt sich aus folgendem: Ausgehend von mehreren Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.5.1987 (u. a. - 4 C 19.85 - BauR 1987, 528; - 4 C 30.86 - VBlBW 1988, 130, dazu: Birk, VBlBW 1988, 281 ff.) hat die Rechtsprechung nahezu einhellig bis in das Jahr 2005 angenommen, dass nach dem Einkaufsverhalten der Bevölkerung und den Gegebenheiten im Einzelhandel die Verkaufsflächen-Obergrenze für Einzelhandelsbetriebe der wohnungsnahen Versorgung „nicht wesentlich unter 700 m 2 , aber auch nicht wesentlich darüber“ liege (so etwa noch: BVerwG, Beschluss vom 22.7.2004 - 4 B 29.04 - DVBl. 2004, 1308; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.7.2004 - 5 S 1205/03 - VBlBW 2005, 67; Urteil vom 16.6.2005 - 3 S 479/05 - BauR 2006, 486). Vor diesem Hintergrund lässt die Entscheidung der Beklagten, in dem Bebauungsplan „Wangergasse“ vom 20.6.2001 trotz Festsetzung eines Mischgebiets „von der baurechtlichen Zulässigkeit eines Lebensmittelmarkts bis maximal 800 m 2 Verkaufsfläche und 1.200 m 2 Geschossfläche auszugehen“, nur den Schluss zu, dass sie aufgrund örtlicher Besonderheiten die kritische Grenze erst bei einer gegenüber dem Bundesdurchschnitt um etwa 100 m 2 höheren Verkaufsfläche gesehen hat. In den letzten Jahren hat sich aber der Anteil der Verkaufsflächen an den Geschossflächen von Einzelhandelsbetrieben typischerweise erhöht und der Anteil der Lagerflächen wegen der „Lagerhaltung auf der Straße“ verringert, ohne dass sich daraus eine Verstärkung der Auswirkungen auf zentrale Lagen ergeben hätte. Dem hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteile vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - BVerwGE 124, 364 und - 4 C 14.04 - BVerwGE 124, 376; dem folgend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433; vgl. auch: Birk, VBlBW 2006, 289 ff.; Schütz, UPR 2006, 169 ff.) Rechnung getragen und die Grenze der Verkaufsflächengröße, ab der von einem großflächigen Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO auszugehen ist, bei 800 m2 gezogen. Vor diesem Hintergrund kann nur angenommen werden, dass aufgrund dieser allenthalben zu konstatierenden Verschiebung der Verkaufsflächen- und Lagerflächenanteile für den Bereich der Beklagten die kritische Grenze auch heute mehr oder weniger deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Da diese Schwelle nach den genannten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.11.2005 nunmehr bei (exakt) 800 m 2 anzunehmen ist, muss davon ausgegangen werden, dass eine Überschreitung der im Bebauungsplan mit derselben Maßzahl vorgegebenen maximalen Verkaufsfläche - ohne Abzug für Putz und ohne Herausrechnung der Einpackzone und des Windfangs - um etwa 50 m 2 , wie sie die Klägerin beantragt hat, innerhalb der die allgemeine Schwelle übersteigenden Bandbreite bleibt, die die Beklagte nach ihren Planungsvorstellungen hinnehmen wollte. Auch unter diesem Gesichtspunkt sind deshalb die Grundzüge der Planung gewahrt.
24 
b) Die Befreiung ist auch städtebaulich vertretbar im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Voraussetzung dafür ist, dass die Abweichung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung entsprechend § 1 BauGB vereinbar ist und deshalb zulässiger Inhalt eines Bebauungsplans sein könnte (BVerwG, Urteil vom 17.12.1998 - 4 C 16.97 - BVerwGE 108, 190; Urteil vom 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 RdNr. 47 m.w.N.). Daran kann im vorliegenden Fall aber kein Zweifel bestehen. Denn die Beklagte könnte unter Berücksichtigung dessen, dass sie bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht an die Vorgaben des § 9 BauGB und der BauNVO gebunden ist, auch eine Verkaufsfläche von 850 m2 ausdrücklich zulassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Vergrößerung der Verkaufsfläche um etwa 50 m 2 ohne Sortimentserweiterung gegen einen der Grundsätze des § 1 BauGB verstoßen könnte, sind dagegen weder vorgetragen noch ersichtlich.
25 
3. Da somit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB für eine Befreiung vorliegen, hat die Klägerin auch einen Rechtsanspruch auf die begehrte Genehmigung. Das der Baurechtsbehörde bei der Erteilung einer Befreiung auf der Rechtsfolgenseite ansonsten zustehende Ermessen ist vorliegend ausnahmsweise auf Null reduziert.
26 
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen gegeben sind. Auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf sie; vielmehr hängt die Befreiung von einer Ermessensentscheidung ab. Sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben, besteht für die Ausübung des Ermessens allerdings wenig Raum und steht das mit der Befreiungsvorschrift vom Gesetzgeber beabsichtigte Ziel der Einzelfallgerechtigkeit und städtebaulichen Flexibilität sowie der Grundsatz der Wahrung der Verhältnismäßigkeit einer leichtfertigen Ermessensausübung entgegen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder dass das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Erforderlich für eine negative Ermessensentscheidung ist nur, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (BVerwG, Urteil vom 19.9.2002, a.a.O.; Urteil vom 4.7.1986 - 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315). Kommen dagegen bei einem Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, bei dem aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind, für die Gemeinde Nachteile durch eine Zulassung des Vorhabens nicht in Betracht, so kann sich das ihr zustehende Ermessen dahin verdichten, dass sie zur Erteilung einer Befreiung verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 23.9.1993 - 3 ZR 54.92 - DVBl. 1994, 278; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.3.2004 - 3 S 1745/02 -). Denn in diesen Fällen ist wegen des Umfangs der Anwendungsvoraussetzungen für die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB der Spielraum für zusätzliche Erwägungen bei Ausübung des Ermessens tendenziell gering, so dass sich die Ermessensausübung im Einzelfall auf Null reduzieren kann (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438).
27 
So liegt es hier. Gewichtige öffentliche Belange, die der Erteilung der Befreiung im Ermessenswege entgegenstehen könnten, sind nicht gegeben. Die vorliegende Entscheidung eignet sich auch nicht als Berufungsfall für andere Vorhaben. Sie beruht auf den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls, die sich daraus ergeben, dass zum einen negative städtebauliche Auswirkungen nicht zu erwarten sind, es zum anderen um die Erweiterung eines vorhandenen und nicht um die Erstellung eines neuen Betriebes geht und schließlich - wie bereits angeführt - im Stadtgebiet der Beklagten keine Einzelhandelsbetriebe auf vergleichbarer planungsrechtlicher Grundlage existieren, die sich im Falle von Erweiterungswünschen auf die vorliegende Entscheidung stützen könnten. Nach alledem ist vorliegend ausnahmsweise von einer Ermessensreduktion auf Null auszugehen. Zur Klarstellung ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Beklagte durch dieses Verpflichtungsurteil nicht daran gehindert wird, Anforderungen, die die grundsätzliche Zulässigkeit der Markterweiterung nicht in Frage stellen (z. B. bau- oder brandschutzrechtlicher Art), durch die Erteilung von Auflagen Rechnung zu tragen.
28 
Nach allem ist der Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
29 
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren ist für notwendig zu erklären (§ 162 Abs. 2 VwGO), da diese Frage vom Standpunkt einer verständigen Partei aus und nicht aus der Sicht einer rechtskundigen Person zu beurteilen ist (BVerwG, Urteil vom 6.12.1963 - VII C 14.63 - BVerwGE 17, 245). Einem Rechtsunkundigen wäre es aber angesichts der Komplexität des Falles unmöglich gewesen, das Vorverfahren ordnungsgemäß einzuleiten und zu betreiben.
30 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 9.1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (VBlBW 2004, 467) auf EUR 8.250,-- festgesetzt.
33 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die - aufgrund ihrer Zulassung im Beschluss des Senats vom 17.8.2006 statthafte und auch im Übrigen zulässige - Berufung ist begründet, denn die Klägerin hat einen Anspruch auf die begehrte Abweichung von den Vorgaben des Bebauungsplans „Wangergasse“. Die Vorschriften über Befreiungen von Bebauungsplänen in § 31 Abs. 2 BauGB sind auf vorhabenbezogene Bebauungspläne im Sinne des § 12 BauGB anwendbar (nachfolgend 1.), die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung liegen vor (nachfolgend 2.) und das Befreiungsermessen ist auf Null reduziert (nachfolgend 3.).
17 
1. Der Senat bejaht die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene, letztlich aber offen gelassene Frage, ob auch vorhabenbezogene Bebauungspläne einer Befreiung nach den Bestimmungen des § 31 Abs. 2 BauGB zugänglich sind. Der Gesetzeswortlaut steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen. Denn § 12 Abs. 3 BauGB führt - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - eine Reihe von Bestimmungen an, die keine Anwendung finden; § 31 BauGB gehört jedoch nicht dazu. Auch der Wortlaut des § 30 Abs. 2 BauGB weist - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht in die gegenteilige Richtung. Es trifft zwar zu, dass hier - anders als in § 30 Abs. 1 BauGB - nicht von „Festsetzungen“ die Rede ist, sondern von „dem Bebauungsplan“, dem das Vorhaben nicht widersprechen darf. Das erklärt sich aber daraus, dass ein vorhabenbezogener Bebauungsplan nach § 12 Abs. 3 BauGB nicht notwendig Festsetzungen (im Sinne des § 9 BauGB und der BauNVO) enthalten muss. Ferner überzeugt das weitere Vorbringen der Beklagten nicht, § 31 Abs. 2 BauGB enthalte keine geeigneten Maßstäbe für die Beurteilung von Abweichungen und allgemeine Voraussetzungen ließen sich schwerlich aufstellen, denn die Voraussetzungen für Ausnahmen und Befreiungen ergeben sich aus § 31 BauGB und nicht aus dem Festsetzungskatalog des § 9 BauGB. Auch der Sache nach erscheint es nicht gerechtfertigt, jede noch so kleine Abweichung von einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan unter den Vorbehalt einer Planänderung zu stellen. Eine solche Inflexibilität würde dieses Instrument städtebaulicher Planung in nicht unerheblichem Umfang seiner Vorteile berauben, weil Investoren befürchten müssten, notwendige Änderungen bei der Detailplanung ihrer Vorhaben durch ein - auch unter Berücksichtigung des vereinfachten Verfahrens nach § 13 BauGB - zähes Bauleitplanverfahren schleusen zu müssen. Schließlich besteht aufgrund der Einbindung des Vorhaben- und Erschließungsplans in den Bebauungsplan (§ 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB) auch keine Notwendigkeit für eine restriktive Auslegung des § 31 BauGB. Denn Übereinstimmung muss nur auf der Planungsebene herrschen. Auf der Genehmigungsebene besteht dagegen kein prinzipieller Unterschied zu „normalen“ Bebauungsplänen. Die Besonderheit besteht lediglich darin, dass nicht nur von der gemeindlichen Bauleitplanung, sondern auch vom Vorhaben- und Erschließungsplan abgewichen wird. Es gibt aber keinen Grund, den Investor in einem solchen Plangebiet nur deshalb schlechter zu stellen, weil seine Planungen mit denjenigen der Gemeinde „abgestimmt“ sind. Ebenso wie demjenigen, der in einem „normalen“ Plangebiet bauen möchte, muss es ihm möglich sein, von den zunächst einvernehmlich getroffenen planerischen Entscheidungen abzuweichen, wenn die Voraussetzungen für die Zulassung einer solchen Abweichung vorliegen. Es kann ihm nicht zum Schaden gereichen, dass er sich damit auch von seinen eigenen ursprünglichen Planungsvorstellungen distanziert, die im Vorhaben- und Erschließungsplan ihren Niederschlag gefunden hatten. Dementsprechend geht die Kommentarliteratur - soweit ersichtlich - einhellig davon aus, dass von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen Ausnahmen und Befreiungen erteilt werden können (vgl. die Zitate auf S. 6 des angefochtenen Urteils; ebenso ausdrücklich: Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. 2002, § 31 RdNr. 3; auch Rieger, in Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 31 RdNr. 4, schließt dies nicht aus). Schließlich hält ersichtlich auch das Bundesverwaltungsgericht § 31 Abs. 2 BauGB auf vorhabenbezogene Bebauungspläne grundsätzlich für anwendbar, denn es erwähnt in diesem Zusammenhang die Grenzen für die Zulassung einer Abweichung, ohne den Rückgriff auf diese Bestimmung prinzipiell auszuschließen (Beschluss vom 23.6.2003 - 4 BN 7.03 - BauR 2004, 975).
18 
2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des sonach anwendbaren § 31 Abs. 2 BauGB liegen vor.
19 
a) Das Verwaltungsgericht nimmt an, eine Befreiung sei ausgeschlossen, weil sie die Grundzüge der Planung berühren würde. Denn die Festlegung einer Grenze von 800 m 2 für die Verkaufsfläche des zugelassenen Marktes sei nicht „gegriffen“, sondern bewusst zur Verdeutlichung der Schwelle zur Großflächigkeit gewählt worden. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
20 
Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach den §§ 1 Abs. 8, 2 Abs. 1 BauGB unverändert der Gemeinde und nicht der Baurechtsbehörde. Diese Regelung darf deshalb nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (BVerwG, Beschluss vom 5.3.1999 - 4 B 5.99 - NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438; Urteil des Senats vom 2.11.2006 - 8 S 361/06 -). Umgekehrt wird diese Grenze für die Erteilung einer Befreiung nicht überschritten, wenn die Abweichung von Festsetzungen, die für die Grundzüge der Planung maßgeblich sind, nicht ins Gewicht fällt oder wenn die Festsetzung, von der abgewichen werden soll, eher „zufällig“ bzw. „isoliert“ erfolgt ist oder diese Planvorgabe auf einer Annahme beruht, die später entfallen ist (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 RdNrn. 36 und 38).
21 
Nach keiner dieser Deutungsvarianten sind im vorliegenden Fall die Grundzüge der Planung berührt. Der Gesichtspunkt der planungsrechtlichen Beliebigkeit, weil sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle dieselben Gründe für eine Befreiung anführen ließen, kann hier nicht zum Tragen kommen, weil der Bebauungsplan als einzigen wesentlichen Regelungsgegenstand nur die Zulassung des Marktes der Klägerin umfasst und es weitere Einzelhandelsbetriebe auf einer vergleichbaren planungsrechtlichen Grundlage im Gemeindegebiet der Beklagten nach Auskunft ihrer Vertreter in der mündlichen Verhandlung nicht gibt. Die Abweichung von der vorgegebenen Verkaufsfläche von 800 m 2 fällt auch nicht ins Gewicht, denn mit ihr soll keine Erweiterung des Sortiments verbunden sein und es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Einbeziehung einer bisherigen Lagerfläche mit einer Größe von etwa 55 m 2 in den Verkaufsbereich die Plankonzeption der Beklagten grundlegend in Frage stellen würde. Denn sie hat durch die Festschreibung einer Grenze von 800 m 2 zwar ersichtlich die Schwelle zur Großflächigkeit verdeutlichen wollen und sich dabei - wie ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert haben - von der Regelgrenze einer Geschossfläche von 1200 m 2 in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO leiten lassen. Da durch das streitige Erweiterungsvorhaben der Klägerin die Geschossfläche des Marktes aber nicht geändert wird, bleibt dieser Ausgangspunkt der Beklagten unangetastet. Deshalb spricht nichts für die Annahme, die Ausweitung der Verkaufsfläche um etwa 7 % könne derart tief in das Interessengeflecht der Abwägung eingreifen, dass die Grundzüge der Planung nicht mehr gewahrt wären.
22 
Es kommt hinzu, dass die Beklagte, wenn sie sich schon an der Geschossflächengrenze von 1200 m 2 in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO orientierte, die maximale Verkaufsfläche nicht starr festlegen durfte. Denn dabei handelt es sich lediglich um eine Vermutungsregel für die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO aufgeführten Auswirkungen, die aber nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO widerlegbar ist. Anhaltspunkte dafür, dass trotz Beibehaltung der Geschossfläche allein durch die Erhöhung der Verkaufsfläche um etwa 7 % aus dem bisher auch nach Auffassung der Beklagten „unbedenklichen“ Lebensmittelmarkt ein etwa in Ansehung seiner negativen Auswirkungen auf die Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche in der Kernstadt nicht mehr hinnehmbarer Einzelhandelsgroßbetrieb entstehen könnte, sind nicht ersichtlich und konnten auch von den Vertretern der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht angeführt werden. Im Übrigen hat die Klägerin im Verlauf des Verfahrens mehrfach angeboten, durch Einholung eines Gutachtens (z. B. der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung in Ludwigsburg) zu belegen, dass die Ausweitung der Verkaufsfläche die zu schützende Infrastruktur der Stadt nicht beeinträchtige. Hätte die Beklagte - entgegen dem vorstehend Ausgeführten - doch Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dies der Fall sein könnte, hätte sie die Klägerin zur Beibringung eines derartigen Gutachtens anhalten müssen. Der Senat sieht nach Aktenlage und nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung, eine entsprechende sachverständige Äußerung einzuholen oder von der Klägerin beibringen zu lassen.
23 
Dies erscheint schließlich auch deshalb nicht geboten, weil die Beklagte ersichtlich bei Erlass des Bebauungsplans „Wangergasse“ selbst davon ausgegangen ist, dass die Infrastruktur ihrer Kernstadt auch dann nicht tangiert wird, wenn in dem eher peripher gelegenen Plangebiet ein Lebensmittelmarkt zugelassen wird, der eine größere Verkaufsfläche aufweist als der bundesweit anerkannte Typ eines die Grenze zur Großflächigkeit nicht übersteigenden Einzelhandelsbetriebs der wohnungsnahen Versorgung. Das ergibt sich aus folgendem: Ausgehend von mehreren Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.5.1987 (u. a. - 4 C 19.85 - BauR 1987, 528; - 4 C 30.86 - VBlBW 1988, 130, dazu: Birk, VBlBW 1988, 281 ff.) hat die Rechtsprechung nahezu einhellig bis in das Jahr 2005 angenommen, dass nach dem Einkaufsverhalten der Bevölkerung und den Gegebenheiten im Einzelhandel die Verkaufsflächen-Obergrenze für Einzelhandelsbetriebe der wohnungsnahen Versorgung „nicht wesentlich unter 700 m 2 , aber auch nicht wesentlich darüber“ liege (so etwa noch: BVerwG, Beschluss vom 22.7.2004 - 4 B 29.04 - DVBl. 2004, 1308; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.7.2004 - 5 S 1205/03 - VBlBW 2005, 67; Urteil vom 16.6.2005 - 3 S 479/05 - BauR 2006, 486). Vor diesem Hintergrund lässt die Entscheidung der Beklagten, in dem Bebauungsplan „Wangergasse“ vom 20.6.2001 trotz Festsetzung eines Mischgebiets „von der baurechtlichen Zulässigkeit eines Lebensmittelmarkts bis maximal 800 m 2 Verkaufsfläche und 1.200 m 2 Geschossfläche auszugehen“, nur den Schluss zu, dass sie aufgrund örtlicher Besonderheiten die kritische Grenze erst bei einer gegenüber dem Bundesdurchschnitt um etwa 100 m 2 höheren Verkaufsfläche gesehen hat. In den letzten Jahren hat sich aber der Anteil der Verkaufsflächen an den Geschossflächen von Einzelhandelsbetrieben typischerweise erhöht und der Anteil der Lagerflächen wegen der „Lagerhaltung auf der Straße“ verringert, ohne dass sich daraus eine Verstärkung der Auswirkungen auf zentrale Lagen ergeben hätte. Dem hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteile vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - BVerwGE 124, 364 und - 4 C 14.04 - BVerwGE 124, 376; dem folgend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433; vgl. auch: Birk, VBlBW 2006, 289 ff.; Schütz, UPR 2006, 169 ff.) Rechnung getragen und die Grenze der Verkaufsflächengröße, ab der von einem großflächigen Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO auszugehen ist, bei 800 m2 gezogen. Vor diesem Hintergrund kann nur angenommen werden, dass aufgrund dieser allenthalben zu konstatierenden Verschiebung der Verkaufsflächen- und Lagerflächenanteile für den Bereich der Beklagten die kritische Grenze auch heute mehr oder weniger deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Da diese Schwelle nach den genannten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.11.2005 nunmehr bei (exakt) 800 m 2 anzunehmen ist, muss davon ausgegangen werden, dass eine Überschreitung der im Bebauungsplan mit derselben Maßzahl vorgegebenen maximalen Verkaufsfläche - ohne Abzug für Putz und ohne Herausrechnung der Einpackzone und des Windfangs - um etwa 50 m 2 , wie sie die Klägerin beantragt hat, innerhalb der die allgemeine Schwelle übersteigenden Bandbreite bleibt, die die Beklagte nach ihren Planungsvorstellungen hinnehmen wollte. Auch unter diesem Gesichtspunkt sind deshalb die Grundzüge der Planung gewahrt.
24 
b) Die Befreiung ist auch städtebaulich vertretbar im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Voraussetzung dafür ist, dass die Abweichung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung entsprechend § 1 BauGB vereinbar ist und deshalb zulässiger Inhalt eines Bebauungsplans sein könnte (BVerwG, Urteil vom 17.12.1998 - 4 C 16.97 - BVerwGE 108, 190; Urteil vom 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 RdNr. 47 m.w.N.). Daran kann im vorliegenden Fall aber kein Zweifel bestehen. Denn die Beklagte könnte unter Berücksichtigung dessen, dass sie bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht an die Vorgaben des § 9 BauGB und der BauNVO gebunden ist, auch eine Verkaufsfläche von 850 m2 ausdrücklich zulassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Vergrößerung der Verkaufsfläche um etwa 50 m 2 ohne Sortimentserweiterung gegen einen der Grundsätze des § 1 BauGB verstoßen könnte, sind dagegen weder vorgetragen noch ersichtlich.
25 
3. Da somit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB für eine Befreiung vorliegen, hat die Klägerin auch einen Rechtsanspruch auf die begehrte Genehmigung. Das der Baurechtsbehörde bei der Erteilung einer Befreiung auf der Rechtsfolgenseite ansonsten zustehende Ermessen ist vorliegend ausnahmsweise auf Null reduziert.
26 
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen gegeben sind. Auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf sie; vielmehr hängt die Befreiung von einer Ermessensentscheidung ab. Sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben, besteht für die Ausübung des Ermessens allerdings wenig Raum und steht das mit der Befreiungsvorschrift vom Gesetzgeber beabsichtigte Ziel der Einzelfallgerechtigkeit und städtebaulichen Flexibilität sowie der Grundsatz der Wahrung der Verhältnismäßigkeit einer leichtfertigen Ermessensausübung entgegen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder dass das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Erforderlich für eine negative Ermessensentscheidung ist nur, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (BVerwG, Urteil vom 19.9.2002, a.a.O.; Urteil vom 4.7.1986 - 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315). Kommen dagegen bei einem Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, bei dem aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind, für die Gemeinde Nachteile durch eine Zulassung des Vorhabens nicht in Betracht, so kann sich das ihr zustehende Ermessen dahin verdichten, dass sie zur Erteilung einer Befreiung verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 23.9.1993 - 3 ZR 54.92 - DVBl. 1994, 278; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.3.2004 - 3 S 1745/02 -). Denn in diesen Fällen ist wegen des Umfangs der Anwendungsvoraussetzungen für die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB der Spielraum für zusätzliche Erwägungen bei Ausübung des Ermessens tendenziell gering, so dass sich die Ermessensausübung im Einzelfall auf Null reduzieren kann (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438).
27 
So liegt es hier. Gewichtige öffentliche Belange, die der Erteilung der Befreiung im Ermessenswege entgegenstehen könnten, sind nicht gegeben. Die vorliegende Entscheidung eignet sich auch nicht als Berufungsfall für andere Vorhaben. Sie beruht auf den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls, die sich daraus ergeben, dass zum einen negative städtebauliche Auswirkungen nicht zu erwarten sind, es zum anderen um die Erweiterung eines vorhandenen und nicht um die Erstellung eines neuen Betriebes geht und schließlich - wie bereits angeführt - im Stadtgebiet der Beklagten keine Einzelhandelsbetriebe auf vergleichbarer planungsrechtlicher Grundlage existieren, die sich im Falle von Erweiterungswünschen auf die vorliegende Entscheidung stützen könnten. Nach alledem ist vorliegend ausnahmsweise von einer Ermessensreduktion auf Null auszugehen. Zur Klarstellung ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Beklagte durch dieses Verpflichtungsurteil nicht daran gehindert wird, Anforderungen, die die grundsätzliche Zulässigkeit der Markterweiterung nicht in Frage stellen (z. B. bau- oder brandschutzrechtlicher Art), durch die Erteilung von Auflagen Rechnung zu tragen.
28 
Nach allem ist der Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
29 
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren ist für notwendig zu erklären (§ 162 Abs. 2 VwGO), da diese Frage vom Standpunkt einer verständigen Partei aus und nicht aus der Sicht einer rechtskundigen Person zu beurteilen ist (BVerwG, Urteil vom 6.12.1963 - VII C 14.63 - BVerwGE 17, 245). Einem Rechtsunkundigen wäre es aber angesichts der Komplexität des Falles unmöglich gewesen, das Vorverfahren ordnungsgemäß einzuleiten und zu betreiben.
30 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 9.1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (VBlBW 2004, 467) auf EUR 8.250,-- festgesetzt.
33 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwaltungsgericht

1.
in der Sache selbst entscheiden,
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der im Revisionsverfahren nach § 142 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Verweist das Bundesverwaltungsgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 49 Nr. 2 und nach § 134 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Oberverwaltungsgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht anhängig geworden wäre.

(6) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(7) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit das Bundesverwaltungsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend hält. Das gilt nicht für Rügen nach § 138 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.

(2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft. Das gilt auch in den Fällen des § 13 Nr. 8a, wenn das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt. Soweit ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die Entscheidungsformel durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Entsprechendes gilt für die Entscheidungsformel in den Fällen des § 13 Nr. 12 und 14.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwaltungsgericht

1.
in der Sache selbst entscheiden,
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der im Revisionsverfahren nach § 142 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Verweist das Bundesverwaltungsgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 49 Nr. 2 und nach § 134 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Oberverwaltungsgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht anhängig geworden wäre.

(6) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(7) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit das Bundesverwaltungsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend hält. Das gilt nicht für Rügen nach § 138 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Absatz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn

1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist;
2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn
a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind,
b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben,
c)
(weggefallen)
d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist,
e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden,
f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder
g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist;
4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 die Begründung in wesentlichen Punkten unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn

1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind;
2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist;
3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt;
4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.

(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
(weggefallen)
2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.

(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 13. Oktober 2005 - 5 K 2642/04 - wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids zur Errichtung eines Wohnhauses.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks ..., Flst.-Nr. 2314 (künftig: Baugrundstück), auf Gemarkung der beigeladenen Gemeinde Umkirch. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Herrengarten I“ der Gemeinde Umkirch vom 8.10.1984. Für das Baugrundstück enthält der Bebauungsplan die Festsetzung eines Grundstücks für Gemeinschaftsgaragen. § 10 der textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan bestimmt in Bezug auf Garagen u.a., dass diese auf den im Plan eingezeichneten Flächen zu errichten und dass bei Gemeinschaftsgaragen Ausnahmen nicht zulässig sind. Nach den Darstellungen des Bebauungsplans waren die Garagen den gegenüber liegenden Grundstücken 23 bis 25 und 42 zugeordnet. Für die nördlich anschließenden, seinerzeit als 21 und 22 bezeichneten Grundstücke war eine „Garage im Haus“ vorgesehen. An Stelle der im Bebauungsplan vorgesehenen fünf Häuser (auf den als Grundstücke 21 bis 25 bezeichneten Flurstücken) ist im Jahr 1991 die Errichtung von sieben Reihenhäusern auf den heutigen Flurstücken 2275 bis 2275/6 genehmigt worden. Die Stellplätze und Garagen für sämtliche der sieben Vorhaben wurden auf den Grundstücken selbst nachgewiesen und nach der Errichtung im Juli 1992 von der Bauaufsicht abgenommen. In der Folgezeit bot die frühere Eigentümerin des Baugrundstücks dieses erfolglos zum Kauf an. Der Kläger, dessen Wohnhaus sich auf dem Grundstück Flst.-Nr. 2313 (...) befindet, erwarb das Baugrundstück im Jahre 1994 und errichtete hierauf eine Garage, die seinem Grundstück Flst.-Nr. 2313 zugeschlagen wurde. Die ursprünglich bestellte Baulast zur Sicherung des Rechts der Grundstückseigentümer der nordöstlich gelegenen Reihenhausgrundstücke, auf dem Baugrundstück Stellplätze und Garagen herzustellen, wurde im Jahre 1997 wegen fehlenden öffentlichen Interesses an deren Beibehaltung gelöscht.
Am 22.10.2003 beantragte der Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids zur „Nutzungsänderung“ des Grundstücks. Zur Begründung führte er aus, der ursprüngliche Verwendungszweck des Garagengrundstücks sei weggefallen, nachdem auf der gegenüber liegenden Straßenseite sieben statt fünf Reihenhäuser errichtet worden seien, die zudem über je eine Garage und einen Stellplatz auf dem eigenen Grundstück verfügten. Nachdem das Baugrundstück jahrelang erfolglos allen Eigentümern der Reihenhäuser zum Kauf angeboten und zwischenzeitlich als „Mülldeponie“ benutzt worden sei, habe er es im Jahre 1994 erworben. Seither liege es als einziges aller Grundstücke im Baugebiet brach. Da in dem Baugebiet ein Parkplatzüberangebot herrsche, sei das Vorhalten des Baugrundstücks für Parkraum sinnlos. Im Zuge einer Lückenbebauung solle nunmehr ein Wohnhaus errichtet werden. Falls es hierfür der Änderung der Satzung bedürfe, sei er damit einverstanden.
Unter dem 10.12.2003 teilte die Beigeladene dem Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald mit, dass das Einvernehmen der Gemeinde wegen Nichteinhaltung der Festsetzungen des Bebauungsplans nicht erteilt werde.
Mit Bescheid vom 23.01.2004 lehnte das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald die Erteilung des beantragten Bauvorbescheids ab. Das Vorhaben widerspreche dem geltenden Bebauungsplan, der für das Grundstück eine Garagenfläche vorschreibe. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB könne nicht erteilt werden, weil die Abweichung einen Grundzug der Planung nachhaltig berühre. Der Bebauungsplan „Herrengarten“ zeichne sich mehrfach durch die Ausweisung von Gemeinschaftsgaragenflächen aus. Hierin liege ein prägendes Element der städtebaulichen Konzeption. Außerdem habe die Gemeinde Umkirch das erforderliche Einvernehmen nicht erteilt.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, zu dessen Begründung er geltend machte, auf den sieben Reihenhausgrundstücken seien jeweils zwei Stellplätze nachgewiesen, so dass der ursprüngliche Bedarf weggefallen sei. Die nun beantragte Lückenbebauung sei im Wege der Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zu genehmigen und städtebaulich wünschenswert. Nachbarliche Belange würden nicht verletzt. Im Gegenteil mindere eine Wohnbebauung die Schall- und Schadstoffemissionen und steigere somit den Wohnwert der benachbarten Grundstücke Flst.-Nrn. 2313 und 2316. Das Regierungspräsidium Freiburg wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2004 zurück.
Am 01.12.2004 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben. Zur Begründung hat er weiter geltend gemacht, mangels Nachfrage nach Stellplätzen habe er sich entschlossen, das Grundstück mit einem Wohnhaus zu bebauen. Die Grundzüge der Planung würden durch sein Vorhaben nicht berührt. Es gebe einen Überhang an Stellplätzen im Gebiet. Die anderen im Bebauungsplan vorgesehenen Garagenhöfe seien hergestellt worden. Auf dem Grundstück Flst.-Nr. 2274 seien noch Stellplätze zur Vermietung frei. Die ursprüngliche planerische Konzeption habe sich infolge der tatsächlichen Entwicklung geändert. Die befürchtete negative Vorbildwirkung durch sein Vorhaben könne sich nicht einstellen, da die anderen Garagenhöfe bereits errichtet seien und zweckentsprechend genutzt würden. Zudem befänden sich die betreffenden Grundstücke in der Regel im Eigentum mehrerer Miteigentümer. Sein Vorhaben sei ein Einzelfall, weil das Baugrundstück das einzige unbebaute Grundstück im Plangebiet sei und zudem im Alleineigentum stehe. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung lägen folglich vor. Das Festhalten am Bebauungsplan bedeute für ihn eine nicht beabsichtigte und auch nicht hinnehmbare Härte.
Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten und hat vorgetragen: Die vom Kläger geplante Wohnbebauung auf dem Baugrundstück weiche von der im Bebauungsplan festgesetzten Art der Nutzung als Garagenfläche ab. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB diene nicht dazu, eine Fehlplanung nachträglich zu korrigieren oder einen Bebauungsplan an geänderte tatsächliche Entwicklungen anzupassen oder geänderten städtebaulichen Zielvorstellungen gerecht zu werden. Denn § 31 Abs. 2 BauGB erlaube lediglich Randkorrekturen eines Bebauungsplans. Vorliegend handele es sich bei der Festsetzung von Garagenflächen ohne jeden Zweifel um ein prägendes Element des Bebauungsplans und damit um eine Grundkonzeption dieses Planes. Die Grundzüge der Planung würden auch deshalb berührt, weil durch die Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans in dessen Interessengeflecht eingegriffen werde. Dies gelte insbesondere für die Interessen des Eigentümers des unmittelbar an das klägerische Grundstück angrenzenden Grundstücks mit der Flst.-Nr. 2316. Denn es mache einen gravierenden Unterschied, ob ein Grundstück zur temporären Unterstellung eines Kraftfahrzeugs diene oder ob dort eine dauerhafte Wohnnutzung stattfinde. Es könne auch keine Rede davon sein, dass die entsprechende Festsetzung des Bebauungsplans zwischenzeitlich obsolet geworden sei.
Die mit Beschluss vom 15.02.2005 beigeladene Gemeinde Umkirch hat sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht die Ausführungen des Beklagten zu eigen gemacht.
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Mit Urteil vom 13.10.2005 hat das Verwaltungsgericht Freiburg der Klage stattgegeben und das beklagte Land verpflichtet, dem Kläger den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zwar sei mit dem Beklagten und der Beigeladenen im Ansatz davon auszugehen, dass die mit den Festsetzungen im Bebauungsplan intendierte Herstellung der erforderlichen Stell- und Garagenplätze in Form von im Miteigentum stehenden Garagenhöfen zu den Grundzügen der Planung gehört habe. Diese in der Planungshoheit der Gemeinde wurzelnde planerische Konzeption habe ihren Niederschlag im rechtsverbindlichen Bebauungsplan gefunden, der auf dem klägerischen Grundstück Garagen ausweise, die konkreten Wohneinheiten zugewiesen worden seien. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass es durch die nach Erlass des Bebauungsplans erfolgte Änderung der Plankonzeption dazu gekommen sei, dass der planerischen Konzeption der Gemeinde Umkirch die Grundlage entzogen worden sei. Denn bezüglich der ursprünglich begünstigten Grundstücke habe fortan kein Bedarf mehr für eine Nutzung des klägerischen Grundstücks zur Errichtung von Garagen bestanden. Der Bebauungsplan sei bezüglich dieses Grundstücks insoweit faktisch obsolet geworden, weil es infolge der abweichenden Bauausführung keinen Bedarf mehr für die Errichtung von Garagen gebe. Wegen der späteren Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse nähmen die Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich des klägerischen Grundstücks nicht mehr an den Grundzügen der Planung teil, die im Übrigen im Baugebiet vollständig realisiert worden sei.
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Die Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans sei auch im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar. Denn für die Realisierung der ursprünglichen planerischen Festsetzung bestehe kein Bedarf mehr. Dafür, dass eine Wohnbebauung aus bauplanungsrechtlichen Gründen nicht habe festgesetzt werden können, sei nichts ersichtlich. Die Abweichung von der Festsetzung des Bebauungsplans begegne auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen keinen rechtlichen Bedenken. Es sei auszuschließen, dass mit der Festsetzung einer Stellplatzfläche nachbarlichen Interessen habe gedient werden sollen. Demgemäß erscheine es auch ausgeschlossen, dass mit der Befreiung in das Interessengeflecht des Bebauungsplans eingegriffen werde. Im Übrigen würde nachbarlichen Interessen durch die geplante Wohnnutzung weit mehr gedient als durch die ursprünglich geplante Garagen- und Stellplatznutzung zugunsten mehrerer benachbarter Wohneinheiten mit einem entsprechenden Verkehrsaufkommen. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung vorlägen und weder der Normzweck noch schützenswerte Belange der Allgemeinheit oder der Nachbarn eine Einhaltung der Norm erforderten, stelle sich die Erteilung der Befreiung als die einzig sachgerechte Ermessensausübung dar.
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Mit ihrer durch Beschluss des Senats vom 11.04.2006 zugelassenen Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts macht die Beigeladene geltend, der Bebauungsplan „Herrengarten I“ sei weder insgesamt noch bezogen auf das Baugrundstück funktionslos geworden. Der Bebauungsplan sei auf den meisten Grundstücken im Plangebiet entsprechend der planerischen Vorgaben verwirklicht worden. Offensichtlich habe der Bebauungsplan in der Vergangenheit die Nutzungen in dem Gebiet zu steuern vermocht und werde dies auch weiterhin tun. Dabei dürfe nicht nur auf bisher unbebaute Grundstücke abgestellt werden. Der Bebauungsplan entfalte seine Steuerungswirkung künftig selbstverständlich auch bezüglich bereits bebauter Grundstücke, soweit die auf diesen errichteten Gebäude baulich geändert oder abgerissen oder durch Neubebauungen ersetzt werden sollten. Soweit von den Gestaltungsvorschlägen des Bebauungsplans in Einzelfällen abgewichen worden sei, berühre dies nicht die Funktionsfähigkeit des Bebauungsplans als solchen. Auch die Festsetzung eines Garagenstandorts auf dem Grundstück Flst.-Nr. 2314 sei nicht funktionslos geworden. Auf dem Grundstück könnten problemlos Garagen errichtet und damit die Festsetzung zur Art der Nutzung umgesetzt werden. Maßgeblich hierfür seien allein objektive Maßstäbe. Denn der Bebauungsplan als Norm gelte mit Wirkung gegenüber der Allgemeinheit. Der Wille eines Einzelnen, die Norm nicht zu befolgen, führe nicht zu deren Ungültigkeit. Nicht maßgeblich für die Frage, ob die Festsetzung funktionslos geworden sei, sei deshalb der Wille des Klägers, auf dem Grundstück eine andere als die festgesetzte Bebauung zu realisieren. Als objektiver Grund für eine Funktionslosigkeit der Festsetzung des Garagenstandorts käme allenfalls der Nachweis in Frage, dass die Entwicklung des Grundstücksmarktes und der Nachfrage auf unabsehbare Zeit die Nutzung der Fläche als Garagenstandort ausschließe. Hiervon könne keine Rede sein. Denn nach wie vor nehme die Individualmotorisierung der Bevölkerung zu. Abgesehen davon, dass zahlreiche Grundstückseigentümer in dem Wohngebiet regelmäßig im öffentlichen Straßenraum parkten und somit bereits heute ein Mangel an privaten Parkraum offensichtlich sei, bestehe deshalb eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass diese Situation sich künftig noch verschärfe. Ob und wann das Grundstück Flst.-Nr. 2314 deshalb tatsächlich als Garagenstandort genutzt werde, hänge somit wesentlich von der Nachfrage und von den Preisvorstellungen des Klägers als potenziellem Vermieter oder Verkäufer von Garagenflächen ab. Auf eine optimale wirtschaftliche Verwertung des Grundeigentums habe dieser keinen Anspruch. Insofern sei auch nicht maßgeblich, dass in der Vergangenheit die Stellplatzbaulasten für das Grundstück zugunsten des gegenüberliegenden Reihenhauses aufgehoben worden seien und es sei ferner unerheblich, ob seitens der Eigentümer dieses Reihenhauses heute ein Bedarf an der Errichtung von Garagen und Stellplätzen auf dem Grundstück Flst.-Nr. 2314 bestehe. Schließlich müsse der Bebauungsplan, wolle er seine Steuerungswirkung auch künftig wahrnehmen, nicht nur den baulichen Bestand in den Blick nehmen, sondern auch mögliche Veränderungen. So sei es nach dem Bebauungsplan nicht ausgeschlossen, dass bauliche Veränderungen an den Reihenhäusern oder ein Ersatzbau für diese erfolge und die Stellplatzfrage anders gelöst werde. Hierfür könne ein Zugriff auf das Grundstück Flst.-Nr. 2314 erforderlich werden. Selbst bei einer Fokussierung der Bedarfsfrage allein auf die gegenüberliegenden Reihenhäuser wäre somit die Festsetzung nicht funktionslos.
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Auch die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB lägen nicht vor. Diese sei nicht städtebaulich vertretbar, weil sie der konsequenten Struktur des Gebiets zur Bauweise widersprechen würde. Auf den Nachbargrundstücken fänden sich ausschließlich größere zusammenhängende Baukörper in Form von Reihenhäusern oder Kettenhäusern. Weder das östliche Kettenhaus könne nach Westen auf das streitgegenständliche Grundstück verlagert werden, noch das südliche Reihenhaus nach Norden. Dem stehe nicht nur die Länge des Baufensters entgegen, sondern ferner die Tatsache, dass der Kläger selbst an der Grundstücksgrenze seine eigene Garage errichtet habe. Auf dem Grundstück werde damit nur ein isoliertes Einzel- oder Doppelhaus bzw. ein Mehrfamilienhaus möglich, das als solitärer Baukörper der Struktur der gesamten Nachbarbebauung widersprechen würde. Schließlich würde durch eine mehrgeschossige Wohnbebauung auf dem Baugrundstück auch der aufgelockerte Wechsel von Wohngebäuden und Garagen in Nachbarschaft zu platzähnlichen Kreuzungs- und Kurvenbereichen gestört und an einer empfindlichen Stelle im Plangebiet eine erhebliche Verdichtung vorgenommen, die der Bebauungsplan bewusst nicht vorgesehen habe.
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Ferner berühre eine Befreiung die Grundzüge der Planung. Die Festsetzung schaffe einen Ausgleich zwischen den Wohnbedürfnissen und den Bedarf an privatem Parkraum im Geltungsbereich des Bebauungsplans. Eine Wohnnutzung auf dieser Fläche würde den Ausgleich in doppelter Weise belasten, weil zusätzliche Parkraumnachfrage geschaffen würde und zugleich Parkraum verloren ginge. Eine Befreiung wäre darüber hinaus geeignet, zusätzliche Spannungen im Geltungsbereich des Bebauungsplans zu verursachen, weil sie eine negative Vorbildwirkung entfalten würde. Denn es gebe weitere Parkflächen in dem Bebauungsplan, die in Wohnbauflächen umgewandelt werden könnten. Es handele sich damit bei der Befreiungsentscheidung nicht um eine nur auf das Grundstück des Klägers bezogene Frage, sondern um einen Eingriff in die Nutzungsstruktur des gesamten Viertels. Daran ändere entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die Löschung der Stellplatzbaulast auf dem Grundstück Flst.-Nr. 2314 nichts. Denn die Festsetzung einer Garagenfläche könne nicht allein auf die konkrete Zuordnung zum gegenüberliegenden Reihenhaus reduziert werden. Diese Zuordnung habe als Gestaltungsvorschlag nur Empfehlungscharakter. Schließlich sei das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Befreiungsermessen des Beklagten auf Null reduziert sei.
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Die Beigeladene beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 13. Oktober 2005 - 5 K 2642/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
19 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen im Übrigen weiter aus, mit der Bauvoranfrage gehe es ihm nur um die Klärung der prinzipiellen Möglichkeit, auf dem Baugrundstück ein Wohnhaus zu errichten. Es könne für ihn keine Verpflichtung geben, auf dem Grundstück Garagen und Stellplätze zu errichten und für deren Vermietung das wirtschaftliche Risiko zu tragen.
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Das beklagte Land stellt keinen Antrag, hält aber an den Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden fest und schließt sich im Übrigen den Ausführungen der Beigeladenen an.
21 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
22 
Dem Senat liegen neben den Bebauungsplanakten der Beigeladenen die Behördenakten und die Akten des Verwaltungsgerichts vor. Auf sie sowie auf die im Berufungsverfahren zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Berufung der Beigeladenen ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig.
24 
Sie ist auch begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf den von ihm beantragten Bauvorbescheid über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung eines Wohnhauses. Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO). Dem Kläger geht es mit seinem Antrag um die Klärung „der prinzipiellen Möglichkeit, auf dem Baugrundstück ein Wohnhaus zu errichten.“ Nur diese - bauplanungsrechtliche - Frage nach der (bloßen) Art der baulichen Nutzung des Grundstücks ist Gegenstand des Verfahrens.
25 
Der Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. 2314 mit einem Wohnhaus steht der Bebauungsplan „Herrengarten I“ der Gemeinde Umkirch vom 08.10.1984 entgegen, gegen dessen formelle Wirksamkeit Bedenken weder erhoben noch ersichtlich sind, und der weder insgesamt noch bezogen auf das Baugrundstück funktionslos geworden ist (I.). Da eine Befreiung von der Festsetzung eines Garagengrundstücks die Grundzüge der Planung berühren würde, hat der Kläger auf sie keinen Anspruch (II.).
26 
I. Die Festsetzungen des Bebauungsplans „Herrengarten I“ sind weder insgesamt noch teilweise, soweit sie die Standorte von Garagen auf dem Baugrundstück betreffen, wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5; vgl. auch Baumeister, GewArch 1996, 318). Die Anforderungen an ein Funktionslos-Werden sind streng, von einer Funktionslosigkeit wird nur in äußerst seltenen Fällen die Rede sein können (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 CN 3.97 -, BVerwGE 108, 71). Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird dabei nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411; Beschluss vom 03.12.1998, a.a.O.). Die Frage, ob die Verhältnisse, auf die sich die Festsetzung bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, ist nicht gleichsam isoliert für einzelne Grundstücke zu prüfen. Die Betrachtung darf namentlich nicht darauf beschränkt werden, ob die Festsetzung hier und dort noch einen Sinn gibt. Zu würdigen ist vielmehr grundsätzlich die Festsetzung in ihrer ganzen Reichweite; zu würdigen ist folglich nicht nur die einzelne Festsetzung, sondern auch die Bedeutung, die sie für den Plan in seiner Gesamtheit hat (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, a.a.O.). Demzufolge ist ein Bebauungsplan nicht bereits deshalb ganz oder teilweise wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten, weil auf einer Teilfläche eine singuläre planwidrige Nutzung entstanden ist (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1999, a.a.O.). Freilich können die Verhältnisse, auf die sich bauplanerische Festsetzungen beziehen, nicht bloß aufgrund der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Planverwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließt. Auch Rechtsänderungen können der Verwirklichung eines Bebauungsplans nachträglich als objektives Hindernis im Wege stehen. Zwischen den Begriffen der Funktionslosigkeit und der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB besteht eine innere Wechselbeziehung. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass unüberwindliche tatsächliche oder rechtliche Hindernisse, die der Umsetzung planerischer Festsetzungen auf unabsehbare Zeit entgegenstehen, es unter dem Blickwinkel der Erforderlichkeit ausschließen, dass ein Bebauungsplan wirksam wird (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 -, BVerwGE 109, 246 und vom 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287). Liegen solche Hindernisse im Zeitpunkt der Planung noch nicht vor, treten sie aber später ein, so liegt der Schluss nahe, die Funktionslosigkeit nach denselben Maßstäben zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.08.1990 - 7 C 41.89 u.a -, BVerwGE 85, 273). Die Wertungsparallelität erlaubt die allgemeine Folgerung, dass ein Bebauungsplan funktionslos werden kann, wenn sich die Sach- oder die Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2004 - 4 C 3.03 -, ZfBR 2004, 796).
27 
Die Voraussetzungen einer Funktionslosigkeit liegen gemessen daran weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht vor. Der Bebauungsplan „Herrengarten I“ ist weitestgehend plangemäß verwirklicht worden und hat - wie die Beigeladene zu Recht ausführt - in der Vergangenheit die Verhältnisse im Plangebiet wirksam zu steuern vermocht. Anhaltspunkte, dass dies in Zukunft in einer die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans begründenden Weise nicht der Fall sein wird, werden vom Kläger nicht geltend gemacht. Hierfür ist auch nichts ersichtlich.
28 
Auch die Festsetzung einer Verkehrsfläche mit dem Zusatz „Garagen“ bzw. „Gemeinschaftsgaragen“ auf dem Baugrundstück ist nicht - gleichsam isoliert - funktionslos geworden. Das Verwaltungsgericht ist in dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass der Bebauungsplan insoweit „faktisch obsolet“ geworden sei, weil es infolge der abweichenden Bauausführung keinen Bedarf mehr für die Errichtung von Garagen für die „begünstigten“ Grundstücke gebe. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, von einer Funktionslosigkeit der entsprechenden Festsetzung auszugehen. Denn bei der Zuordnung der einzelnen Stellplätze und Garagen auf dem Baugrundstück zu verschiedenen Reihenhausgrundstücken handelt es sich lediglich um einen Gestaltungsvorschlag des Plangebers, dem normative Kraft nicht zukommt. Zwar mag das Baugrundstück ursprünglich gerade für die im Bebauungsplan benannten Parzellen gedacht gewesen sein. Die entsprechende rechtliche Sicherung erfolgte aber nicht über den Bebauungsplan, der eine solche Zuordnung rechtlich auch gar nicht zu treffen in der Lage wäre, sondern über die im Jahre 1997 aus dem Baulastenverzeichnis gelöschte Baulast. Es ist daher schon im Ansatz unzutreffend, die Wirksamkeit der Festsetzung nur anhand des Stellplatzbedarfs der benachbarten Reihenhausgrundstücke zu beurteilen.
29 
Ausgehend hiervon lässt sich nicht feststellen, dass sich die Sach- oder die Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint. Wie die Beigeladene zu Recht ausführt, ist eine Bebauung des Grundstücks mit Garagen sowohl rechtlich als auch tatsächlich möglich. Das Grundstück ist - dies räumt auch der Kläger ein - für die Errichtung von Garagen geeignet, die Zu- und Abfahrt problemlos möglich. Im Blick auf die Funktionslosigkeit der Festsetzung nicht von Belang ist, ob eine Vermietung von Garagen für den Kläger ökonomisch rentabel ist. Auch die - zwischen den Beteiligten streitige - Frage des tatsächlichen (momentanen) Bedarfs bedarf keiner endgültigen Klärung. Insofern sei allerdings darauf hingewiesen, dass das mit „in Anwesenheit eines unabhängigen Zeugen (…) in Ihren Briefkasten eingeworfen“ überschriebene Angebot des Klägers vom 18.08.2003 an die Eigentümer der Reihenhäuser ... bis ..., einen Einstellplatz für monatlich 40 EUR mieten zu können, wenig aussagekräftig ist, die Bedarfssituation zu klären. Zum einen hat der Kläger nicht die im Bebauungsplan vorgesehenen Garagen zur Vermietung angeboten, zum anderen hat er den Kreis der Adressaten auf sieben Grundstückseigentümer begrenzt. Ein Nachweis oder auch nur einen Anhalt dafür, dass die Entwicklung des Grundstücksmarktes und der Nachfrage die Nutzung der Fläche als Garagenstandort auf unabsehbare Zeit ausschließt, hat der Kläger damit nicht erbracht. Die in Rede stehende Festsetzung erscheint vielmehr nach wie vor zu einer städtebaulichen Steuerung geeignet, mag auch der spezifische (notwendige) Bedarf auf den Reihenhausgrundstücken zwischenzeitlich entfallen oder anderweitig befriedigt sein. Denkbar erscheint es insbesondere, dass künftig mit Blick auf die zunehmende Motorisierung der Bevölkerung, aber etwa auch wegen höherwertiger Fahrzeuge, zunehmendem Vandalismus oder Gefahren durch Verbissschäden durch Nagetiere ein geänderter bzw. anders gearteter Stellplatzbedarf entsteht, der durch Garagen auf dem Baugrundstück anstelle von bloßen Stellplätzen entlang öffentlicher Verkehrsflächen wird gestillt werden können. Im Blick auf die sehr knapp geplanten und ausgeführten Garagen auf den Reihenhausgrundstücken erscheint es dem Senat ferner nicht undenkbar, dass sich auch für die dortigen Grundstückseigentümer die Bedarfssituation künftig ändern kann. Einen Anhalt hierfür hat die mündliche Verhandlung und das darin spontan zutage getretene Interesse einzelner Nachbarn an der Anmietung eines Stellplatzes bzw. einer Garage erbracht. Nach alledem ist für eine Funktionslosigkeit der Festsetzung einer Verkehrsfläche zum Zwecke der Errichtung von (Gemeinschafts-)Garagen nichts ersichtlich.
30 
II. Erweist sich damit die Festsetzung eines „Garagengrundstücks“ als wirksam, steht sie einer Bebauung durch den Kläger mit einem Wohnhaus entgegen, es sei denn dieser hat gemäß § 31 Abs. 2 BauGB einen Anspruch auf Befreiung von dieser Festsetzung. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist dies jedoch nicht der Fall. Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1), die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
31 
Bei der Frage, wann eine Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu berücksichtigen, dass der als Satzung beschlossene Bebauungsplan Rechtsnormcharakter hat. Die Festsetzungen sind für das Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich strikt verbindlich. Der Gesetzgeber stellt mit § 31 Abs. 2 BauGB ein Instrument zur Verfügung, das trotz dieser Rechtsbindung im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit und der Wahrung der Verhältnismäßigkeit für Vorhaben, die den Festsetzungen zwar widersprechen, sich mit den planerischen Vorstellungen aber gleichwohl in Einklang bringen lassen, ein Mindestmaß an Flexibilität schafft. Er knüpft die Befreiung indes an genau beschriebene Voraussetzungen. Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Denn die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 2 Abs. 4 BauGB unverändert der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 und 4 BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben, von dem nur unter den in § 13 BauGB genannten Voraussetzungen abgesehen werden kann. Dieses Regelungsgeflecht darf nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110).
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Ob die Grundzüge der Planung im Einzelfall berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation, dem ursprünglichen planerischen Konzept ab (BVerwG, Beschluss vom 19.05.2004 - 4 B 35.04 - juris). Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept aus damaliger Sicht zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-) Planung möglich ist. Die Befreiung kann namentlich nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999, a.a.O.).
33 
In Anwendung dieser Grundsätze kann die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass „die Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich des klägerischen Grundstücks wegen der späteren Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse nicht mehr an den Grundzügen der Planung teilnehmen“ (UA S. 7), keinen Bestand haben. Denn bei der Frage, ob eine Abweichung vom Bebauungsplan die Grundzüge der Planung berührt, kommt es auf den Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung und nicht darauf an, ob die der ursprünglichen Planung zugrunde gelegten Grundzüge in der Folgezeit realisiert wurden und auch heute noch bestehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.05.2004, a.a.O.). Die Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. 2314 mit einem Wohnhaus berührt, dies hat selbst der Kläger in der mündlichen Verhandlung zugestanden, die Grundzüge der (damaligen) Planungsentscheidung. Der Plangeber hat durch eine eindeutige textliche Festsetzung in dem Bebauungsplan (§ 10) zu erkennen gegeben, dass hinsichtlich des Standorts der Gemeinschaftsgaragen Ausnahmen nicht zulässig sind, diese also gerade an den vorgesehenen und nicht an anderen Stellen zu errichten sind. Entsprechende (Gemeinschafts-) Garagenflächen finden sich ferner im südlichen Bereich des Plangebiets und sind dort plangemäß ausgeführt worden. Auch aus der Begründung des Bebauungsplans erhellt, dass die Gemeinschaftsgaragenflächen und ihr konkreter Standort für den Gemeinderat seinerzeit wesentlich für das Interessengeflecht der Planung gewesen sind. So wurde etwa die Zahl der Wohneinheiten pro Hauskörper auf zwei beschränkt, da andernfalls „Schwierigkeiten bei der Lösung des Verkehrsproblems einschließlich der Unterbringung von Garagen und Stellplätzen“ befürchtet wurden (Begründung zum Bebauungsplan S. 4). Auch sollte eine „Verdichtung über das notwendige Maß hinaus“ und eine „Zubetonierung des Außenbereichsanteils der Grundstücke“ und damit eine „Denaturierung der offenen Bauweise“ vermieden werden. Der gesamte östliche Bereich des Baugebiets ist als verkehrsberuhigter Bereich dargestellt, „in dem Fahr- und Fußgängerverkehr gleichwertig unter gegenseitiger Rücksichtnahme stattfinden sollen. Entsprechend sind die Festsetzungen auf den Verkehrsflächen so getroffen, dass der Gesamtquerschnitt durch Baumscheiben den Verkehrsfluss behindernd bzw. bremsend aufgeteilt wird“ (Begründung S. 9). Für das Baugrundstück sind entsprechende Pflanzgebote in Gestalt von zwei Einzelbäumen vorgesehen. Im Blick auf den hohen Pendleranteil in Umkirch wurde ferner für den Geschosswohnungsbau eine erhöhte Anzahl von Einstellplätzen pro Wohneinheit vorgesehen (vgl. wiederum Begründung S. 9). Im Blick auf die sich im Plangebiet mehrfach wiederholende zeichnerische Festsetzung einer Gemeinschaftsgaragenfläche, deren Einhaltung nach den textlichen Festsetzungen (§ 10) vom Plangeber strikt gefordert wurde, und dem in der Begründung zum Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Plankonzept der Befriedigung des gebietsbezogenen Stellplatzbedarfs aus dem Gebiet einerseits und der Auflockerung der Bebauung durch platzähnliche Kreuzungs- und Kurvenbereiche unter Anordnung eines Pflanzgebots auf den Verkehrsflächen andererseits würde eine Abweichung (Befreiung) von der Festsetzung auf dem Baugrundstück die Grundzüge der damaligen Planung, berühren. Im Blick auf das Tatbestandsmerkmal der „Grundzüge der Planung“ ist es namentlich nicht von Bedeutung, ob der Gemeinderat, hätte er gewusst, dass der Stellplatzbedarf der Reihenhausgrundstücke auf deren Grundstück selbst befriedigt wird, für das Baugrundstück eine abweichende Festsetzung getroffen hätte. Allein entscheidend ist, dass er auf dem Baugrundstück einem konkreten Bedarf an Stellplätzen Rechnung tragen wollte und zugleich dieses Eckgrundstück - wie auch jenes Ecke Wigersheimstraße/Büningerstraße - zusätzlich zu einer gewissen Durchgrünung des Baugebiets und zur Auflockerung der im Übrigen recht dichten Siedlungsstruktur nutzen wollte. Dass der Plangeber seinerzeit durch die darstellende Zuordnung der einzelnen Garagen zu den seinerzeit als Flurstücke 23 bis 25 und 42 bezeichneten Grundstücke möglicherweise zu erkennen gegeben hat, dass er den Bedarf für gerade die im Streit stehende Fläche vor allem bei den genannten Grundstücken verortet, ändert hieran nichts. Hieran wird vielmehr deutlich, dass der Gemeinderat bei seiner Abwägungsentscheidung dem Stellplatzbedarf eine solch große Bedeutung zugemessen hat, dass er den gebietsbezogenen Bedarf ermittelt und konkreten Garagenstandorten zugeordnet hat. Dies wird auch an den Darstellungen für das Eckgrundstück Wigersheimstraße/Büningerstraße im zeichnerischen Teil des Bebauungsplans deutlich, wo der Plangeber über den konkreten Bedarf hinaus Stellplätze „zur freien Disposition“ schaffen wollte. Da die Befreiung von der Festsetzung „Gemeinschaftsgarage“ für das Baugrundstück somit die Grundzüge der (damaligen) Planung berührte, hat der Kläger auf sie keinen Anspruch.
34 
Soweit der Kläger sich in der mündlichen Verhandlung auf eine Verletzung in seinem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG berufen hat, vermag ihm der Senat ebenfalls nicht zu folgen. Inhalt und Schranken des Eigentums werden durch die Gesetze bestimmt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Ein solches „Gesetz“ ist der im Streit stehende Bebauungsplan „Herrengarten“, der für das Grundeigentum des Klägers (nur) die Nutzung als Gemeinschaftsgaragenfläche zulässt, diese aber auch ermöglicht. Dass insoweit die Grenzen einer wirksamen Inhalts- und Schrankenbestimmungen überschritten wären, ist nicht ersichtlich. Vielmehr haben sich die Nutzungsmöglichkeiten des Grundeigentums seit dem Kauf des Grundstücks nicht geändert. Ein Anspruch, ein als Grundstück für Gemeinschaftsgaragen erworbenes Flurstück mit einem Wohnhaus bebauen zu dürfen, lässt sich aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht herleiten.
35 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
36 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
23 
Die Berufung der Beigeladenen ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig.
24 
Sie ist auch begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf den von ihm beantragten Bauvorbescheid über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung eines Wohnhauses. Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO). Dem Kläger geht es mit seinem Antrag um die Klärung „der prinzipiellen Möglichkeit, auf dem Baugrundstück ein Wohnhaus zu errichten.“ Nur diese - bauplanungsrechtliche - Frage nach der (bloßen) Art der baulichen Nutzung des Grundstücks ist Gegenstand des Verfahrens.
25 
Der Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. 2314 mit einem Wohnhaus steht der Bebauungsplan „Herrengarten I“ der Gemeinde Umkirch vom 08.10.1984 entgegen, gegen dessen formelle Wirksamkeit Bedenken weder erhoben noch ersichtlich sind, und der weder insgesamt noch bezogen auf das Baugrundstück funktionslos geworden ist (I.). Da eine Befreiung von der Festsetzung eines Garagengrundstücks die Grundzüge der Planung berühren würde, hat der Kläger auf sie keinen Anspruch (II.).
26 
I. Die Festsetzungen des Bebauungsplans „Herrengarten I“ sind weder insgesamt noch teilweise, soweit sie die Standorte von Garagen auf dem Baugrundstück betreffen, wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5; vgl. auch Baumeister, GewArch 1996, 318). Die Anforderungen an ein Funktionslos-Werden sind streng, von einer Funktionslosigkeit wird nur in äußerst seltenen Fällen die Rede sein können (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 CN 3.97 -, BVerwGE 108, 71). Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird dabei nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411; Beschluss vom 03.12.1998, a.a.O.). Die Frage, ob die Verhältnisse, auf die sich die Festsetzung bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, ist nicht gleichsam isoliert für einzelne Grundstücke zu prüfen. Die Betrachtung darf namentlich nicht darauf beschränkt werden, ob die Festsetzung hier und dort noch einen Sinn gibt. Zu würdigen ist vielmehr grundsätzlich die Festsetzung in ihrer ganzen Reichweite; zu würdigen ist folglich nicht nur die einzelne Festsetzung, sondern auch die Bedeutung, die sie für den Plan in seiner Gesamtheit hat (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, a.a.O.). Demzufolge ist ein Bebauungsplan nicht bereits deshalb ganz oder teilweise wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten, weil auf einer Teilfläche eine singuläre planwidrige Nutzung entstanden ist (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1999, a.a.O.). Freilich können die Verhältnisse, auf die sich bauplanerische Festsetzungen beziehen, nicht bloß aufgrund der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Planverwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließt. Auch Rechtsänderungen können der Verwirklichung eines Bebauungsplans nachträglich als objektives Hindernis im Wege stehen. Zwischen den Begriffen der Funktionslosigkeit und der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB besteht eine innere Wechselbeziehung. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass unüberwindliche tatsächliche oder rechtliche Hindernisse, die der Umsetzung planerischer Festsetzungen auf unabsehbare Zeit entgegenstehen, es unter dem Blickwinkel der Erforderlichkeit ausschließen, dass ein Bebauungsplan wirksam wird (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 -, BVerwGE 109, 246 und vom 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287). Liegen solche Hindernisse im Zeitpunkt der Planung noch nicht vor, treten sie aber später ein, so liegt der Schluss nahe, die Funktionslosigkeit nach denselben Maßstäben zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.08.1990 - 7 C 41.89 u.a -, BVerwGE 85, 273). Die Wertungsparallelität erlaubt die allgemeine Folgerung, dass ein Bebauungsplan funktionslos werden kann, wenn sich die Sach- oder die Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2004 - 4 C 3.03 -, ZfBR 2004, 796).
27 
Die Voraussetzungen einer Funktionslosigkeit liegen gemessen daran weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht vor. Der Bebauungsplan „Herrengarten I“ ist weitestgehend plangemäß verwirklicht worden und hat - wie die Beigeladene zu Recht ausführt - in der Vergangenheit die Verhältnisse im Plangebiet wirksam zu steuern vermocht. Anhaltspunkte, dass dies in Zukunft in einer die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans begründenden Weise nicht der Fall sein wird, werden vom Kläger nicht geltend gemacht. Hierfür ist auch nichts ersichtlich.
28 
Auch die Festsetzung einer Verkehrsfläche mit dem Zusatz „Garagen“ bzw. „Gemeinschaftsgaragen“ auf dem Baugrundstück ist nicht - gleichsam isoliert - funktionslos geworden. Das Verwaltungsgericht ist in dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass der Bebauungsplan insoweit „faktisch obsolet“ geworden sei, weil es infolge der abweichenden Bauausführung keinen Bedarf mehr für die Errichtung von Garagen für die „begünstigten“ Grundstücke gebe. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, von einer Funktionslosigkeit der entsprechenden Festsetzung auszugehen. Denn bei der Zuordnung der einzelnen Stellplätze und Garagen auf dem Baugrundstück zu verschiedenen Reihenhausgrundstücken handelt es sich lediglich um einen Gestaltungsvorschlag des Plangebers, dem normative Kraft nicht zukommt. Zwar mag das Baugrundstück ursprünglich gerade für die im Bebauungsplan benannten Parzellen gedacht gewesen sein. Die entsprechende rechtliche Sicherung erfolgte aber nicht über den Bebauungsplan, der eine solche Zuordnung rechtlich auch gar nicht zu treffen in der Lage wäre, sondern über die im Jahre 1997 aus dem Baulastenverzeichnis gelöschte Baulast. Es ist daher schon im Ansatz unzutreffend, die Wirksamkeit der Festsetzung nur anhand des Stellplatzbedarfs der benachbarten Reihenhausgrundstücke zu beurteilen.
29 
Ausgehend hiervon lässt sich nicht feststellen, dass sich die Sach- oder die Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint. Wie die Beigeladene zu Recht ausführt, ist eine Bebauung des Grundstücks mit Garagen sowohl rechtlich als auch tatsächlich möglich. Das Grundstück ist - dies räumt auch der Kläger ein - für die Errichtung von Garagen geeignet, die Zu- und Abfahrt problemlos möglich. Im Blick auf die Funktionslosigkeit der Festsetzung nicht von Belang ist, ob eine Vermietung von Garagen für den Kläger ökonomisch rentabel ist. Auch die - zwischen den Beteiligten streitige - Frage des tatsächlichen (momentanen) Bedarfs bedarf keiner endgültigen Klärung. Insofern sei allerdings darauf hingewiesen, dass das mit „in Anwesenheit eines unabhängigen Zeugen (…) in Ihren Briefkasten eingeworfen“ überschriebene Angebot des Klägers vom 18.08.2003 an die Eigentümer der Reihenhäuser ... bis ..., einen Einstellplatz für monatlich 40 EUR mieten zu können, wenig aussagekräftig ist, die Bedarfssituation zu klären. Zum einen hat der Kläger nicht die im Bebauungsplan vorgesehenen Garagen zur Vermietung angeboten, zum anderen hat er den Kreis der Adressaten auf sieben Grundstückseigentümer begrenzt. Ein Nachweis oder auch nur einen Anhalt dafür, dass die Entwicklung des Grundstücksmarktes und der Nachfrage die Nutzung der Fläche als Garagenstandort auf unabsehbare Zeit ausschließt, hat der Kläger damit nicht erbracht. Die in Rede stehende Festsetzung erscheint vielmehr nach wie vor zu einer städtebaulichen Steuerung geeignet, mag auch der spezifische (notwendige) Bedarf auf den Reihenhausgrundstücken zwischenzeitlich entfallen oder anderweitig befriedigt sein. Denkbar erscheint es insbesondere, dass künftig mit Blick auf die zunehmende Motorisierung der Bevölkerung, aber etwa auch wegen höherwertiger Fahrzeuge, zunehmendem Vandalismus oder Gefahren durch Verbissschäden durch Nagetiere ein geänderter bzw. anders gearteter Stellplatzbedarf entsteht, der durch Garagen auf dem Baugrundstück anstelle von bloßen Stellplätzen entlang öffentlicher Verkehrsflächen wird gestillt werden können. Im Blick auf die sehr knapp geplanten und ausgeführten Garagen auf den Reihenhausgrundstücken erscheint es dem Senat ferner nicht undenkbar, dass sich auch für die dortigen Grundstückseigentümer die Bedarfssituation künftig ändern kann. Einen Anhalt hierfür hat die mündliche Verhandlung und das darin spontan zutage getretene Interesse einzelner Nachbarn an der Anmietung eines Stellplatzes bzw. einer Garage erbracht. Nach alledem ist für eine Funktionslosigkeit der Festsetzung einer Verkehrsfläche zum Zwecke der Errichtung von (Gemeinschafts-)Garagen nichts ersichtlich.
30 
II. Erweist sich damit die Festsetzung eines „Garagengrundstücks“ als wirksam, steht sie einer Bebauung durch den Kläger mit einem Wohnhaus entgegen, es sei denn dieser hat gemäß § 31 Abs. 2 BauGB einen Anspruch auf Befreiung von dieser Festsetzung. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist dies jedoch nicht der Fall. Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1), die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
31 
Bei der Frage, wann eine Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu berücksichtigen, dass der als Satzung beschlossene Bebauungsplan Rechtsnormcharakter hat. Die Festsetzungen sind für das Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich strikt verbindlich. Der Gesetzgeber stellt mit § 31 Abs. 2 BauGB ein Instrument zur Verfügung, das trotz dieser Rechtsbindung im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit und der Wahrung der Verhältnismäßigkeit für Vorhaben, die den Festsetzungen zwar widersprechen, sich mit den planerischen Vorstellungen aber gleichwohl in Einklang bringen lassen, ein Mindestmaß an Flexibilität schafft. Er knüpft die Befreiung indes an genau beschriebene Voraussetzungen. Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Denn die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 2 Abs. 4 BauGB unverändert der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 und 4 BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben, von dem nur unter den in § 13 BauGB genannten Voraussetzungen abgesehen werden kann. Dieses Regelungsgeflecht darf nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110).
32 
Ob die Grundzüge der Planung im Einzelfall berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation, dem ursprünglichen planerischen Konzept ab (BVerwG, Beschluss vom 19.05.2004 - 4 B 35.04 - juris). Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept aus damaliger Sicht zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-) Planung möglich ist. Die Befreiung kann namentlich nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.03.1999, a.a.O.).
33 
In Anwendung dieser Grundsätze kann die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass „die Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich des klägerischen Grundstücks wegen der späteren Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse nicht mehr an den Grundzügen der Planung teilnehmen“ (UA S. 7), keinen Bestand haben. Denn bei der Frage, ob eine Abweichung vom Bebauungsplan die Grundzüge der Planung berührt, kommt es auf den Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung und nicht darauf an, ob die der ursprünglichen Planung zugrunde gelegten Grundzüge in der Folgezeit realisiert wurden und auch heute noch bestehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.05.2004, a.a.O.). Die Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. 2314 mit einem Wohnhaus berührt, dies hat selbst der Kläger in der mündlichen Verhandlung zugestanden, die Grundzüge der (damaligen) Planungsentscheidung. Der Plangeber hat durch eine eindeutige textliche Festsetzung in dem Bebauungsplan (§ 10) zu erkennen gegeben, dass hinsichtlich des Standorts der Gemeinschaftsgaragen Ausnahmen nicht zulässig sind, diese also gerade an den vorgesehenen und nicht an anderen Stellen zu errichten sind. Entsprechende (Gemeinschafts-) Garagenflächen finden sich ferner im südlichen Bereich des Plangebiets und sind dort plangemäß ausgeführt worden. Auch aus der Begründung des Bebauungsplans erhellt, dass die Gemeinschaftsgaragenflächen und ihr konkreter Standort für den Gemeinderat seinerzeit wesentlich für das Interessengeflecht der Planung gewesen sind. So wurde etwa die Zahl der Wohneinheiten pro Hauskörper auf zwei beschränkt, da andernfalls „Schwierigkeiten bei der Lösung des Verkehrsproblems einschließlich der Unterbringung von Garagen und Stellplätzen“ befürchtet wurden (Begründung zum Bebauungsplan S. 4). Auch sollte eine „Verdichtung über das notwendige Maß hinaus“ und eine „Zubetonierung des Außenbereichsanteils der Grundstücke“ und damit eine „Denaturierung der offenen Bauweise“ vermieden werden. Der gesamte östliche Bereich des Baugebiets ist als verkehrsberuhigter Bereich dargestellt, „in dem Fahr- und Fußgängerverkehr gleichwertig unter gegenseitiger Rücksichtnahme stattfinden sollen. Entsprechend sind die Festsetzungen auf den Verkehrsflächen so getroffen, dass der Gesamtquerschnitt durch Baumscheiben den Verkehrsfluss behindernd bzw. bremsend aufgeteilt wird“ (Begründung S. 9). Für das Baugrundstück sind entsprechende Pflanzgebote in Gestalt von zwei Einzelbäumen vorgesehen. Im Blick auf den hohen Pendleranteil in Umkirch wurde ferner für den Geschosswohnungsbau eine erhöhte Anzahl von Einstellplätzen pro Wohneinheit vorgesehen (vgl. wiederum Begründung S. 9). Im Blick auf die sich im Plangebiet mehrfach wiederholende zeichnerische Festsetzung einer Gemeinschaftsgaragenfläche, deren Einhaltung nach den textlichen Festsetzungen (§ 10) vom Plangeber strikt gefordert wurde, und dem in der Begründung zum Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Plankonzept der Befriedigung des gebietsbezogenen Stellplatzbedarfs aus dem Gebiet einerseits und der Auflockerung der Bebauung durch platzähnliche Kreuzungs- und Kurvenbereiche unter Anordnung eines Pflanzgebots auf den Verkehrsflächen andererseits würde eine Abweichung (Befreiung) von der Festsetzung auf dem Baugrundstück die Grundzüge der damaligen Planung, berühren. Im Blick auf das Tatbestandsmerkmal der „Grundzüge der Planung“ ist es namentlich nicht von Bedeutung, ob der Gemeinderat, hätte er gewusst, dass der Stellplatzbedarf der Reihenhausgrundstücke auf deren Grundstück selbst befriedigt wird, für das Baugrundstück eine abweichende Festsetzung getroffen hätte. Allein entscheidend ist, dass er auf dem Baugrundstück einem konkreten Bedarf an Stellplätzen Rechnung tragen wollte und zugleich dieses Eckgrundstück - wie auch jenes Ecke Wigersheimstraße/Büningerstraße - zusätzlich zu einer gewissen Durchgrünung des Baugebiets und zur Auflockerung der im Übrigen recht dichten Siedlungsstruktur nutzen wollte. Dass der Plangeber seinerzeit durch die darstellende Zuordnung der einzelnen Garagen zu den seinerzeit als Flurstücke 23 bis 25 und 42 bezeichneten Grundstücke möglicherweise zu erkennen gegeben hat, dass er den Bedarf für gerade die im Streit stehende Fläche vor allem bei den genannten Grundstücken verortet, ändert hieran nichts. Hieran wird vielmehr deutlich, dass der Gemeinderat bei seiner Abwägungsentscheidung dem Stellplatzbedarf eine solch große Bedeutung zugemessen hat, dass er den gebietsbezogenen Bedarf ermittelt und konkreten Garagenstandorten zugeordnet hat. Dies wird auch an den Darstellungen für das Eckgrundstück Wigersheimstraße/Büningerstraße im zeichnerischen Teil des Bebauungsplans deutlich, wo der Plangeber über den konkreten Bedarf hinaus Stellplätze „zur freien Disposition“ schaffen wollte. Da die Befreiung von der Festsetzung „Gemeinschaftsgarage“ für das Baugrundstück somit die Grundzüge der (damaligen) Planung berührte, hat der Kläger auf sie keinen Anspruch.
34 
Soweit der Kläger sich in der mündlichen Verhandlung auf eine Verletzung in seinem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG berufen hat, vermag ihm der Senat ebenfalls nicht zu folgen. Inhalt und Schranken des Eigentums werden durch die Gesetze bestimmt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Ein solches „Gesetz“ ist der im Streit stehende Bebauungsplan „Herrengarten“, der für das Grundeigentum des Klägers (nur) die Nutzung als Gemeinschaftsgaragenfläche zulässt, diese aber auch ermöglicht. Dass insoweit die Grenzen einer wirksamen Inhalts- und Schrankenbestimmungen überschritten wären, ist nicht ersichtlich. Vielmehr haben sich die Nutzungsmöglichkeiten des Grundeigentums seit dem Kauf des Grundstücks nicht geändert. Ein Anspruch, ein als Grundstück für Gemeinschaftsgaragen erworbenes Flurstück mit einem Wohnhaus bebauen zu dürfen, lässt sich aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht herleiten.
35 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
36 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

Die Anträge der Kläger sowie der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 1. März 2016 - 13 K 3322/13 - werden abgelehnt.

Die Kläger als Gesamtschuldner und die Beigeladene tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens jeweils zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 96.282,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Kläger begehren die Erteilung einer Baugenehmigung für die Änderung der Nutzung einer genehmigten „Aldi-Verkaufsstelle“ in einen „dm-Drogeriemarkt“, der von der Beigeladenen betrieben werden soll.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ..., ... Straße ... in Bad Mergentheim. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“, in Kraft getreten am 10.4.2004. Das Plangebiet umfasst ausweislich der Planbegründung eine Fläche von ca. 4 ha. Für den verfahrensgegenständlichen Bereich setzt der Bebauungsplan in Ziff. 1.1.2 der textlichen Festsetzungen ein eingeschränktes Gewerbegebiet fest. Nach Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen sind Einzelhandelsbetriebe und sonstige Handelsbetriebe mit Verkauf an letzte Verbraucher mit zentrenrelevanten Sortimenten nicht zugelassen. Hierzu zählen neben Nahrungs- und Genussmitteln auch Drogeriewaren (inklusive Wasch- und Putzmittel), Kosmetika und Apothekerwaren. Durch den Bebauungsplan „Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Teiländerung im Bereich der Flst.Nr. ... und ...“, in Kraft getreten am 4.12.2010, wurde der Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ in einem Teilbereich geändert und die genannten Grundstücke als Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel ausgewiesen. Dieser Teilbereich, auf dem sich derzeit ein REWE-Lebensmittelmarkt befindet, umfasst 0,9 ha.
Das auf dem Grundstück der Kläger stehende Gebäude wurde auf Grundlage einer Baugenehmigung vom 29.5.1998 für eine „Aldi-Verkaufsstelle" mit einer Verkaufsfläche von 631,04 m² als Lebensmitteldiscountgeschäft genutzt. Nach Aufgabe dieser Nutzung ist nunmehr der Betrieb eines „dm-Drogeriemarktes“ beabsichtigt. Den entsprechenden Genehmigungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.10.2013 ab. Den Widerspruch der Kläger wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 12.2.2014 und der Begründung zurück, bei der beantragten Nutzungsänderung handele es sich um ein genehmigungspflichtiges Vorhaben. Ein Aldi-Markt sei als Lebensmittel-Einzelhandelsbetrieb bekannt; in der Baubeschreibung sei zudem ausdrücklich vom Handel mit Lebensmitteln die Rede. Drogerieartikel bildeten im Sortiment eines Aldi-Marktes ein Randsortiment. Bei einem dm-Markt stelle dagegen der Lebensmittelbereich ein Randsortiment dar. Der Sortimentswechsel von Lebensmittel zu Drogeriewaren sei daher genehmigungspflichtig. Das Vorhaben verstoße gegen Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans. Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, da mit der geplanten Nutzungsänderung Grundzüge der Planung berührt würden.
Die Kläger haben am 16.9.2013 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und zuletzt beantragt, die Beklagte zu verpflichten, die mit Bauantrag vom 8.3.2013 beantragte Nutzungsänderung des auf dem Flst.Nr. ..., ...-Straße ... in Bad Mergentheim aufstehenden Gebäudes zur Nutzung als dm-Drogeriemarkt zu bewilligen und den Bescheid der Beklagten vom 24.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 12.2.2014 aufzuheben. Die Beigeladene hat sich diesem Antrag angeschlossen. Zudem haben die Kläger hilfsweise beantragt, festzustellen, dass für die Nutzung des Gebäudes auf der Flst.-Nr. ..., ...-... in Bad Mergentheim als dm-Drogeriemarkt keine Nutzungsänderungsgenehmigung erforderlich ist.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1.3.2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kläger hätten keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Bei dem geplanten Vorhaben handele es sich sowohl in bauordnungsrechtlicher als auch in bauplanungsrechtlicher Hinsicht um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Das Vorhaben verlasse die Variationsbreite der genehmigten Nutzung, da die Baugenehmigung für eine „Aldi-Verkaufsstelle“ erteilt worden sei, die überwiegend den Verkauf von Lebensmitteln zum Gegenstand gehabt habe. Der beantragte dm-Drogeriemarkt werde von dieser Variationsbreite nicht erfasst. Des Weiteren würden - in bauplanungsrechtlicher Hinsicht - bodenrechtliche Belange berührt, da dem Vorhaben unter städtebaulichen Gesichtspunkten aufgrund einer völlig veränderten Schwerpunktbildung eine andere Qualität beizumessen sei und es im Vergleich zu der bisher genehmigten Nutzung weitergehender Vorschriften in Gestalt des hier maßgebenden Bebauungsplans unterliege.
Das beantragte Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“. Dieser sei auch wirksam, insbesondere verstießen die Festsetzungen in Ziff. 1.1.4 nicht gegen das Abwägungsgebot. Für die städtebauliche Erforderlichkeit genüge es, dass der Einzelhandelsausschluss und die Sortimentsbeschränkung des Bebauungsplans zumindest geeignet seien, einen Beitrag zur Förderung des planerischen Ziels zu leisten. Die Festsetzungen des Bebauungsplans seien zudem bestimmt; es lasse sich hinreichend sicher feststellen, welche Festsetzungen hinsichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung im Planbereich GE 2 gälten. Im Übrigen sei der Bebauungsplan auch nicht funktionslos geworden. Es sei möglich, zwischen den einzelnen Sortimenten, die von Ziff. 1.1.4 erfasst würden, zu unterscheiden. Wäre das Einzelhandelskonzept in Folge der tatsächlichen Entwicklung in Bezug auf ein zentrenrelevantes Sortiment nicht mehr umsetzbar, so bedeute dies nicht, dass damit das städtebauliche Ziel des Schutzes bzw. der Stärkung eines zentralen Versorgungs- und Innenstadtbereichs insgesamt obsolet geworden sei. Dies gelte auch in Anbetracht der von den Klägern angeführten „Bezugsfälle“, die im Wesentlichen den Verkauf von Lebensmittel an letzte Verbraucher zum Gegenstand hätten. Es sei nicht ersichtlich, dass die tatsächlichen Verhältnisse derart massiv und offenkundig von der Plankonzeption abwichen, dass eine Verwirklichung der planerischen Festsetzungen auf absehbare Zeit ausgeschlossen sei. Auch die Aufstellung des Bebauungsplans „Sondergebiet Einkaufszentrum Bahnareal“ und die Überplanung eines Teilgebiets des maßgebenden Bebauungsplans durch den Bebauungsplan „Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Teiländerung“ führten nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB komme nicht in Betracht, da Ziel des Bebauungsplans gerade der Einzelhandelsausschluss zum Zwecke der Stärkung des zentralen Versorgungsbereichs sei. Die diesem Ziel dienenden Festsetzungen in Ziff. 1.1.4 stellten daher einen Grundzug der Planung dar. Aus diesem Grund komme es auf den von der Beigeladenen unbedingt gestellten Beweisantrag nicht entscheidungserheblich an. Da bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermessensausübung nicht vorlägen, sei für eine „durch Zulassung von Bezugsfällen“ entstandene Selbstbindung der Behörde kein Raum.
Hiergegen wenden sich die Kläger sowie die Beigeladene mit ihren Zulassungsbegehren.
II.
Die Anträge sind zulässig, insbesondere rechtzeitig gestellt (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und begründet (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) worden; sie haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe, die gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nur im Rahmen der Darlegungen der Kläger sowie der Beigeladenen zu prüfen sind, liegen nicht vor.
10 
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht dargetan worden.
11 
a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind nur dann gegeben, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163; Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77; Beschl. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 - juris Rn. 15). Es reicht indes nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente schlagen dann nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -DVBl. 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, Beschl. v. 5.7.2016 - 3 ZB 14.1781 -juris Rn. 2; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 -juris Rn. 15). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert dabei eine substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.5.2015 - 3 S 2420/14 - juris Rn. 15).
12 
b) Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Kläger sowie der Beigeladenen nicht gerecht.
13 
aa) Der Einwand der Kläger, das Gericht habe rechtsfehlerhaft eine Nutzungsänderung angenommen, da es von der Genehmigung einer „Aldi-Verkaufsstelle“ ausgegangen sei, obwohl der Bezeichnung „Aldi“ keine rechtliche Relevanz zukomme und die Baugenehmigung keine Sortimentsbeschränkung enthalte, geht fehl. Zwar trifft zu, dass das Verwaltungsgericht von einer Änderung der bisher genehmigten Nutzung als „Aldi Verkaufsstelle“ ausgegangen ist, diese Begrifflichkeit hat es jedoch offensichtlich der Bezeichnung in der Baugenehmigung vom 29.5.1998 entnommen, ohne die Firmenbezeichnung „Aldi“ im Sinne einer eigenständigen städtebaulichen Kategorie zu verwenden. Denn wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, hat das Gericht maßgeblich auf die in der Baugenehmigung in Bezug genommenen Bauvorlagen vom 22.4.1998 abgestellt, zu denen die Angaben zu gewerblichen Anlagen zählen, nach denen beabsichtigt ist, in dem Gebäude überwiegend mit Lebensmitteln zu handeln. Hiergegen ist indes nichts zu erinnern, da der Regelungsumfang einer Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr zugelassenen Art der Nutzung einschließlich ihrer Variationsbreite bzw. ihrer Zweckbestimmung sich nach der Bezeichnung des Vorhabens in der Genehmigung sowie den weiteren Regelungen im Genehmigungsbescheid, den Bauvorlagen und sonstigen in Bezug genommenen Unterlagen richtet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 9.4.2014 - 8 S 1528/13 - VBlBW 2015, 26 = juris Rn. 11).
14 
bb) Entgegen der Auffassung der Kläger kommt dem Vorhaben auch bauordnungsrechtliche Relevanz zu, da - wie vom erstinstanzlichen Gericht richtig erkannt - durch den „Verkauf von Drogerieartikeln“ der Bereich der bisherigen Zweckbestimmung verlassen wird. Daran vermag der Umstand, dass sich in der Angebotspalette des Lebensmitteldiscounters „Aldi“ auch dem Sortiment Drogeriewaren unterfallende Produkte befunden haben mögen, nichts zu ändern, da - von den Klägern unbestritten - ein „dm-Drogeriemarkt“ nicht überwiegend dem Handel mit Lebensmitteln dient.
15 
cc) Auch die Feststellung des Gerichts, es liege eine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB vor, da durch die Änderung des Sortimentsschwerpunktes die Variationsbreite der genehmigten Nutzung überschritten werde und das Vorhaben bodenrechtliche Belange neu berühre, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln.
16 
Der Vortrag der Kläger vermag solche Zweifel nicht zu begründen, da diese zu Unrecht von einer Genehmigung als „Verkaufsstelle“ ohne weitere Einschränkungen ausgehen. In Anbetracht des Inhalts der Baugenehmigung vom 29.5.1998 kann der beabsichtigte (schwerpunktmäßige) Handel mit Drogeriewaren nicht als „mitgenehmigt“ angesehen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 11.2.2016 - 5 S 1389/14 - juris Rn. 57).
17 
Die Beigeladene zeigt ebenfalls keine Rechtsfehler auf. Sie geht vielmehr ihrerseits unzutreffend davon aus, § 1 BauGB spiele bei der Frage, ob ein Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig sei, „grundsätzlich keine Rolle“. Dies lässt sich jedoch mit der einschlägigen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.1.1993 - 4 C 19.90 - DVBl. 1993, 652 = juris Rn. 27; Urt. v. 30.8.2012 - 4 C 1.11 - BVerwGE 144, 82 = juris Rn. 26; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 11; Beschl. v. 25.10.2012 - 8 S 869/12 - ZfBR 2013, 60 = juris Rn. 8, zuletzt auch VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 15) nicht vereinbaren. Allein die Tatsache, dass im Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ sowohl Einzelhandelsbetriebe mit dem Sortiment Nahrungs- und Genussmittel als auch solche, die Drogeriewaren führen, ausgeschlossen wurden, ändert nichts daran, dass durch einen Wechsel der in Ziff. 1.1.4 der textlichen Festsetzungen bezeichneten Sortimente bodenrechtliche Belange, wie sie sich aus § 1 Abs. 6 BauGB ergeben, neu berührt werden und daher neu zu prüfen sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 11, 14).
18 
Der Beigeladenen kann auch nicht darin gefolgt werden, das Verwaltungsgericht sei einem Zirkelschluss unterlegen, da es den Betrieb eines Lebensmittelmarktes als bestandsgeschützte Nutzung vorausgesetzt habe. Denn hierzu war das Gericht aufgrund des eindeutigen Inhalts der Baugenehmigung vielmehr verpflichtet. Im Übrigen verkennt die Beigeladene die Reichweite des durch die Baugenehmigung vermittelten Bestandsschutzes, der sich im vorliegenden Fall auf eine („Aldi“-)Verkaufsstelle beschränkt, in der überwiegend mit Lebensmitteln gehandelt wird. Überdies hat das Gericht die bodenrechtliche Relevanz des geplanten Vorhabens unter Hinweis darauf bejaht, dass es - bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung - weitergehenden Vorschriften unterliegt als das genehmigte Vorhaben, nämlich in Gestalt des nach Erteilung der Baugenehmigung aufgestellten Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“. Die hiervon abweichende Auffassung der Beigeladenen geht von einem fehlerhaften Verständnis hinsichtlich des Bestandsschutzes einer genehmigten baulichen Anlage aus und findet in der Rechtsprechung keine Stütze (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 3.9.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 = juris Rn. 16). Insbesondere verkennt die Beigeladene, dass die genehmigte Nutzung einer „Aldi-Verkaufsstelle“ durch die Aufstellung des streitgegenständlichen Bebauungsplans in ihrer Reichweite nicht „nachträglich geändert bzw. eingeschränkt“ worden ist. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Beigeladenen zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 1.6.2011 - 4 B 2.11 - BauR 2011, 1622 = juris Rn. 16), da mit der Baugenehmigung vom 29.5.1998 eine hinreichende Konkretisierung der zulässigen Nutzung im Sinne eines Handels „mit überwiegend Lebensmitteln“ erfolgt ist.
19 
dd) Des Weiteren ist das Gericht rechtsfehlerfrei von der Wirksamkeit des Bebauungsplans „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l -Planbereich 01.10“ ausgegangen.
20 
(1) Entgegen der Auffassung der Kläger ist insbesondere nicht von einer Funktionslosigkeit des Bebauungsplan auszugehen. Das Verwaltungsgericht hat die hierzu einschlägige Rechtsprechung, die bezüglich der Funktionslosigkeit von bauplanerischen Festsetzungen einen strengen Maßstab anlegt (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 22.7.2013 - 7 BN 1.13 - LKV 2013, 417 = juris Rn. 6; Urt. v. 28.4.2004 - 4 C 10.03 - UPR 2005, 66 = juris Rn. 15; Urt. v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71 = juris Rn. 22), ausführlich dargestellt und in seine Würdigung einbezogen. Gegen den Ansatz des Gerichts, innerhalb der zentrenrelevanten Sortimente zwischen dem Ausschluss von Nahrungs- und Genussmitteln (Ziff. 1.1.4a der textlichen Festsetzungen) einerseits sowie dem Ausschluss von Drogerie- / Apothekerwaren und Kosmetika (Ziff. 1.1.4c der textlichen Festsetzungen) andererseits zu differenzieren, ist nichts zu erinnern. Denn zu würdigen ist grundsätzlich sowohl die Festsetzung in ihrer ganzen Reichweite als auch die Bedeutung, die sie für den Plan in seiner Gesamtheit hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.4.1977 - IV C 39.75 -BVerwGE 54, 5 = juris Rn. 35).
21 
Zutreffend hat das Gericht danach erkannt, dass das städtebauliche Ziel des Schutzes bzw. der Stärkung eines zentralen Versorgungs- und Innenstadtbereichs nicht dadurch obsolet wird, dass das dahinter stehende (Einzelhandels-)Konzept in Bezug auf eines der - im vorliegenden Fall - insgesamt 16 als zentrenrelevant identifizierten Sortimente möglicherweise nicht mehr umsetzbar ist. In Konsequenz hierzu hat es den von den Klägern benannten Bezugsfällen, die Einzelhandelsbetriebe betreffen, die teilweise in angrenzenden Plangebieten liegen und im Wesentlichen den Verkauf von Lebensmitteln an Endverbraucher zum Gegenstand haben, bei der Frage der Funktionslosigkeit des angegriffenen Bebauungsplans keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen. Folgerichtig ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass die Festsetzung Ziff. 1.1.4c noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 -BVerwGE 108, 71 = juris Rn. 22).
22 
Der diesbezügliche Vortrag der Kläger, der eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung nicht erkennen lässt, rechtfertigt kein andere Beurteilung. Die Kläger lassen insbesondere unberücksichtigt, dass sich das Planungsziel der Beklagten nicht im Ausschluss des Sortiments „Nahrungs- und Genussmittel“ erschöpft, dieser stellt vielmehr lediglich einen Teilaspekt der planerischen Zielsetzung dar.
23 
(2) Die Rüge der Beigeladenen, das Gericht habe rechtsfehlerhaft die Bestimmtheit des streitgegenständlichen Bebauungsplans angenommen, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Die Beigeladene geht zwar zutreffend davon aus, dass die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans aus sich heraus eindeutig und verständlich sein müssen und die von den Festsetzungen Betroffenen vorhersehen können müssen, welchen Regelungen ihre Grundstücke unterworfen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27.10.2015 - 8 S 2207/13 - juris Rn. 68). Die Festsetzungen eines Bebauungsplans sind jedoch nicht schon dann zu unbestimmt, wenn sich deren Inhalt erst durch Auslegung erschließt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.2.2011 - 4 BN 43.10 - BauR 2011, 1118 = juris Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.10.2014 - 5 S 1970/12 - BauR 2015, 789 = juris Rn. 21). Ausgehend hiervon hat das Gericht plausibel und nachvollziehbar dargelegt, welche Festsetzungen hinsichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung im Planbereich GE 2 gelten. Weiterer Erläuterungen bedurfte es nicht.
24 
ee) Im Ergebnis rechtsfehlerfrei hat das Verwaltungsgericht zudem das Vorliegen der Voraussetzungen einer Befreiung nach Maßgabe des § 31 Abs. 2 BauGB verneint, da durch das geplante Vorhaben die Grundzüge der Planung berührt werden, die ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ (S. 4) darin bestehen, die Einzelhandelsnutzung zu beschränken.
25 
Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich aus dem Umstand, dass der Bebauungsplan die zum damaligen Zeitpunkt vorhandenen und bestandsgeschützten Einzelhandelsnutzungen - zu denen auch die „Aldi-Verkaufsstelle“ zählte - „respektiert“ hat, nicht herleiten, die Plangeberin habe deren „Erhalt“ zum Bestandteil der Grundzüge ihrer Planung gemacht. Vielmehr hat die Beklagte keinen Zweifel daran gelassen, dass „[k]ünftig […] die Gewerbegebiete vor allem für das produzierende Gewerbe und Dienstleistungen freigehalten werden“ sollen (vgl. S. 5 der Begründung zum Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“). Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob - wie die Kläger meinen - der geplante „dm-Drogeriemarkt“ bei einer auf die heutigen Verhältnisse abstellenden Betrachtung der Nahversorgung dient. Da das erstinstanzliche Gericht durch das geplante Vorhaben bereits die Grundzüge der Planung als berührt angesehen hat, musste es nicht mehr der Frage nachgehen, ob - nach der Diktion der Kläger - eine „unzumutbare Härte“ vorliegt.
26 
Die Beigeladene weist zwar zutreffend darauf hin, dass das Gericht - gestützt auf einschlägige Literatur - ausgeführt hat, eine Befreiung scheide generell aus, wenn ein Bebauungsplan Einzelhandel ausschließe oder er eine Beschränkung des Warensortiments vorsehe. Zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen einer Befreiung nicht vorliegen, ist das Gericht jedoch nicht im Sinne eines Automatismus gelangt. Vielmehr hat es bezogen auf den konkreten Einzelfall - eingebettet in den rechtlichen Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB - aufgezeigt, dass es sich bei dem von der Beklagten vorgesehenen Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Sortimenten um einen Grundzug der Planung handelt. Der Beigeladenen kann zudem nicht darin zugestimmt werden, es stehe lediglich die Nachbelegung eines bereits vorhandenen Einzelhandelsbetriebs in Rede. Dies trifft in dieser Allgemeinheit vor dem Hintergrund der durch die Baugenehmigung vom 29.5.1998 genehmigten Nutzung nicht zu.
27 
Soweit die Beigeladene vorträgt, die Grundzüge der Planung würden im Hinblick auf das sonstige Genehmigungsverhalten der Beklagten jedenfalls nicht „berührt“, begründet sie ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses. Zwar ist hinsichtlich der Frage, ob die Grundzüge der Planung „berührt“ werden, nicht auf den Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung abzustellen (so noch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13.6.2007 - 3 S 881/06 - ESVGH 57, 227 = juris Rn. 33), sondern die tatsächliche Entwicklung des Baugebiets in den Blick zu nehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 39; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 31 Rn. 22). Der Senat hält insoweit an der von ihm bisher vertretenen Auffassung nicht mehr fest. Im vorliegenden Fall kann jedoch selbst bei einer die tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigenden Betrachtung nicht davon ausgegangen werden, die Auswirkungen des geplanten Vorhabens fielen deshalb nicht (mehr) entscheidend ins Gewicht, weil diese Grundkonzeption bereits durch die bisherige tatsächliche Entwicklung im Baugebiet insgesamt aufgeweicht und stellenweise vollständig überholt sei (vgl. hierzu BayVGH, Urt. v. 9.8.2007 - 25 B 05.1337 - juris Rn. 35). Hierzu hat das Verwaltungsgericht - wenngleich unter anderen Vorzeichen -aufgezeigt, dass die sog. „Bezugsfälle“ ein anderes zentrenrelevantes Sortiment betreffen (Nahrungs- und Genussmittel) und zwischen einzelnen Sortimentsbeschränkungen zu differenzieren ist. Daraus folgt ohne weiteres, dass die Grundzüge der Planung jedenfalls durch die Zulassung eines Einzelhandelsbetriebs mit den in Ziff. 1.1.4c der textlichen Festsetzungen gelisteten Sortimenten nach wie vor berührt werden.
28 
2. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind ebenfalls nicht gegeben.
29 
a) Die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommt. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfällen deutlich abhebt und sich gerade die diesbezüglichen Fragen im Berufungsverfahren stellen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.9.2005 - 9 S 437/05 - NVwZ-RR 2006, 255; Beschl. v. 22.4.1997 - 14 S 913/97 - NVwZ 1997, 1230; Beschl. v. 17.2.2009 - 10 S 3156/08 - juris Rn. 10). Den Darlegungserfordernissen ist hierbei nur genügt, wenn in fallbezogener Auseinandersetzung mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts dargetan wird, inwieweit sich die benannten Schwierigkeiten in Vergleich mit Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit als „besondere“ darstellen und für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sein werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.6.1997 - 7 S 662/97 - NVwZ-RR 1998, 31; Beschl. v. 17.2.2009 - 10 S 3156/08 -, juris Rn. 10).
30 
b) Ausgehend hiervon haben weder die Kläger noch die Beigeladene dargetan, dass die vorliegende Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist.
31 
aa) Die Ausführungen der Kläger genügen den an die Darlegung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu stellenden Anforderungen nicht. Ihrem diesbezüglichen Vortrag mangelt es nicht nur an einer fallbezogener Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, sondern dieser lässt zudem nicht einmal ansatzweise erkennen, inwieweit sich die von den Klägern ausgemachten Schwierigkeiten in Vergleich mit Verfahren durchschnittlicher Schwierigkeit als „besondere“ darstellen und für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sein werden.
32 
bb) Nichts anderes gilt im Hinblick auf den Vortrag der Beigeladenen, der sich in einem Verweis auf die Ausführungen zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erschöpft. Zwar sollen Bezugnahmen unnötige Wiederholungen vermeiden, dies entbindet aber nicht von der - hier ebenfalls unterbliebenen - konkreten Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 198). Dass sich die Beigeladene im Rahmen ihrer Erläuterungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO mit dem Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart befasst hat, macht eine nochmalige Auseinandersetzung bei der Geltendmachung von besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache nicht entbehrlich, da die Zulassung der Berufung nach Maßgabe des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO - wie von der Beigeladenen aufgezeigt - anderen Darlegungserfordernissen unterliegt.
33 
3. Die Ausführungen, mit denen die Kläger sowie die Beigeladene eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend machen, führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung.
34 
a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes „grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache“ erfordert, dass ausdrücklich oder sinngemäß eine entscheidungserhebliche konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage aufgeworfen und erläutert wird, warum diese Frage bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwirft, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts durch das Berufungsgericht geklärt werden müssen. Außerdem ist - bei Rechtsfragen ausgehend von den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts - die Entscheidungserheblichkeit der Frage darzulegen; das Aufzeigen einer bloß fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen genügt insoweit nicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 19.8.2010 - 8 S 2322/09 - juris Rn. 11).
35 
b) Dies zugrunde gelegt ergibt sich weder aus dem Vortrag der Kläger noch dem der Beigeladenen eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. So versäumen Kläger und Beigeladene bereits zu erläutern, warum die von ihnen formulierten Fragen bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwerfen, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts durch das Berufungsgericht geklärt werden müssen.
36 
aa) Überdies stellt sich die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob die Verwendung einer Firmenbezeichnung bei der Baugenehmigung zugleich eine Einschränkung hinsichtlich der Art der Nutzung beinhaltet oder ob die Art der Nutzung in der Baugenehmigung selbst konkretisiert und bestimmt werden muss, im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil - wie sich aus Vorstehendem ergibt - das Gericht der Firmenbezeichnung „Aldi“ keine rechtliche Qualität beigemessen hat und die Art der Nutzung durch die Einbeziehung der Bauvorlagen in die Baugenehmigung vom 29.5.1998 bestimmt worden ist.
37 
bb) Die von der Beigeladenen genannte Frage, ob eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage die inhaltliche Reichweite des städtebaulichen Bestandsschutzes, wie ihn § 29 Abs. 1 BauGB vermittelt, einzuschränken vermag, ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Denn - wie bereits ausgeführt - ist mit dem Bebauungsplan „Erweiterung / Änderung Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße l - Planbereich 01.10“ eine Einschränkung der bestehenden Einzelhandelsnutzungen nicht einhergegangen.
38 
4. Schließlich kommt eine Zulassung der Berufung auch vor dem Hintergrund des allein von der Beigeladenen geltend gemachten Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht in Betracht.
39 
a) Nach Maßgabe dieser Bestimmung ist die Berufung zuzulassen, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf welchem die Entscheidung beruhen kann. Ein solcher Mangel ist nur dann bezeichnet, wenn sowohl die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen rechtlich substantiiert dargetan werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 30.10.2014 - 9 S 279/14 - juris Rn. 11).
40 
b) Diesen Anforderungen genügt die Beigeladene mit ihrem Vorbringen nicht. Das Gericht hat den Beweisantrag mit der Begründung abgelehnt, es handele sich bei der Bewertung einer Tatsache als städtebaulich relevant um eine Rechtsfrage. Im Übrigen komme es komme es auf die beantragte Beweiserhebung nicht an, da bei Durchführung des beantragten Vorhabens Grundzüge der Planung berührt würden. Dies ist nicht zu beanstanden, da die Beigeladene keine Tatsachen, sondern lediglich Rechtsfragen unter Beweis gestellt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.4.2012 - 4 C 8/09 u.a. - BVerwGE 142, 234 = juris Rn. 86). Daran ändert nichts, dass die Beigeladene hierzu eine abweichende Auffassung vertritt.
III.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, Abs. 3 Hs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.
42 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.5. / 1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen und folgt der von den Beteiligten nicht angegriffenen Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts.
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.

(2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft. Das gilt auch in den Fällen des § 13 Nr. 8a, wenn das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt. Soweit ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die Entscheidungsformel durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Entsprechendes gilt für die Entscheidungsformel in den Fällen des § 13 Nr. 12 und 14.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Januar 2006 - 12 K 475/05 - geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 25. August 2004 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die mit Schreiben vom 11. Juni 2004 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche innerhalb ihres bestehenden Einzelhandelsbetriebs in Kirchheim/Teck, Sch. Straße ..., zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin erstrebt eine Baugenehmigung für die Erweiterung der Verkaufsfläche eines Lebensmittelmarkts.
Sie betreibt auf dem im Nordosten des Stadtgebiets der Beklagten gelegenen Grundstück Sch. Straße ... einen von der Beklagten im Jahre 2001 genehmigten Lebensmittelmarkt. Das eingeschossige Gebäude enthält einen 47,35 m x 17,30 m großen Verkaufsraum; die übrige Fläche wird in erster Linie als Lager genutzt.
Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Wangergasse“ der Beklagten vom 20.6.2001, der es als Mischgebiet ausweist. Gemäß dem dazu geschlossenen Durchführungsvertrag sei „somit hier von der baurechtlichen Zulässigkeit eines Lebensmittelmarkts bis maximal 800 m 2 Verkaufsfläche und 1.200 m 2 Geschossfläche auszugehen“.
Die Klägerin möchte eine 3,25 m x 17,00 m (= 55,25 m 2 ) große Teilfläche, die bisher als Lager genutzt wurde, in den Verkaufsraum einbeziehen und stellte unter dem 11.6.2004 einen entsprechenden Bauantrag. Die Beklagte lehnte dieses Vorhaben am 25.8.2004 mit der Begründung ab, es widerspreche dem Bebauungsplan. Diesem lägen Pläne zugrunde, in denen eine Verkaufsfläche von 781 m 2 ausgewiesen sei. Nach der Begründung des Bebauungsplans solle eine Verkaufsfläche für einen Discount-Markt bis 800 m 2 zugelassen werden. Mit der beabsichtigten Nutzung eines Teils der bisherigen Lagerfläche als Verkaufsfläche werde die gesamte Verkaufsfläche auf 831 m 2 erhöht und damit gegen den Bebauungsplan verstoßen. Befreiungsgründe im Sinne des § 31 Abs. 2 BauGB seien nicht erkennbar.
Gegen diesen ablehnenden Bescheid legte die Klägerin am 13.9.2004 Widerspruch ein und trug vor, ihr Vorhaben sei selbst dann zulässig, wenn man davon ausgehe, dass die Einpackzone von 39 m 2 der Verkaufsfläche hinzuzurechnen sei. Zwar sei dann die im Bebauungsplan festgesetzte maximale Verkaufsfläche um 37 m 2 überschritten, sie habe jedoch einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Befreiung. Insbesondere würden durch diese Überschreitung die Grundzüge der Planung nicht berührt, weil die zu schützende Infrastruktur der Stadt in keiner Weise betroffen werde. Erforderlichenfalls werde dies durch ein noch vorzulegendes Gutachten (z. B. der GMA Ludwigsburg) belegt. Das Befreiungsermessen sei auf Null reduziert. Dieser Widerspruch blieb unbeschieden.
Am 1.2.2005 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem Antrag Klage erhoben, die Beklagte unter Aufhebung ihres ablehnenden Bescheids zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen. Sie hat darauf verwiesen, die der streitigen Verkaufsstätte zukommende Nahversorgungsfunktion komme sinnfällig dadurch zum Ausdruck, dass sie auf ausdrückliche Bitte der Beklagten eine fußläufige Verbindung zu dem unmittelbar angrenzenden Wohngebiet geschaffen habe.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Der Vorhaben- und Erschließungsplan der Klägerin sei gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB Bestandteil des Bebauungsplans. Im Teilplan „Grundriss“ sei die zulässige Verkaufsfläche definiert als „Verkaufsraum mit einer Nutzfläche von 799,85 m 2 .“ Entsprechend seiner Rechtsnatur als vorhabenbezogener Bebauungsplan erschöpfe er sich in der Zulassung eines bestimmten Vorhabens. Modifikationen bedürften neuer planungsrechtlicher Rechtfertigung. Die Aufstockung auf eine Verkaufsfläche von 831 m 2 sei daher durch den Bebauungsplan nicht gedeckt und bedürfe neuer planerischer Zulassung. Im Übrigen seien weder Anhaltspunkte für eine betriebliche noch für eine städtebauliche Atypik erkennbar, die ein Abweichen von der Regelvermutung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO zuließen.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19.1.2006 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei als Untätigkeitsklage zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der Bebauungsplan „Wangergasse“ erlaube nur eine Verkaufsfläche von 800 m 2 und dieses Maß werde durch die von der Klägerin beabsichtigte Nutzung eines Teils des bisherigen Lagerraums als Verkaufsfläche überschritten. Da der Vorhaben- und Erschließungsplan, der Bebauungsplan und der Durchführungsvertrag aufeinander abgestimmt sein müssten und sich nicht widersprechen dürften, sei fraglich, ob eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans strukturell in Betracht komme. Dies bedürfe aber keiner abschließenden Klärung, da die Befreiungsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht vorlägen, weil die von der Klägerin beanspruchte Abweichung von den Vorgaben des Bebauungsplans die Grundzüge der Planung berühre. Die für die zulässige Verkaufsfläche geltende Grenze von 800 m 2 sei nicht als mehr oder weniger beliebige Zahl „gegriffen“, sondern eine für die Plankonzeption der Beklagten wesentliche Regelung, von der eine Befreiung nicht erteilt werden könne.
Hiergegen richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 17.8.2006 - 8 S 483/06 - zugelassene Berufung der Klägerin, mit der sie beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Januar 2006 - 12 K 475/05 - zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 25. August 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die mit Schreiben vom 11. Juni 2004 beantragte Baugenehmigung zur Erweiterung der Verkaufsfläche innerhalb ihres bestehenden Einzelhandelsbetriebs in Kirchheim/Teck, Sch. Straße ..., zu erteilen sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.
11 
Sie macht geltend: Auch ein vorhabenbezogener Bebauungsplan sei einer Befreiungsentscheidung zugänglich. Der Gesetzgeber habe in § 12 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 4 BauGB die Anwendung bestimmter planungsrechtlich relevanter Vorschriften ausgeschlossen, nicht jedoch die Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB. Hinzu komme, dass die „Abstimmung“ zwischen Vorhabenträger und planender Gemeinde im vorliegenden Fall lediglich darin bestanden habe, dass die Beklagte eine maximale Verkaufsfläche von 800 m 2 verbindlich vorgegeben habe. Es bestehe deshalb im Hinblick auf Befreiungsmöglichkeiten kein Unterschied zu einem „normalen“ Bebauungsplan, der diese Vorgabe durch die Festsetzung eines Baugebiets mache. Die Sachverhalte seien deshalb identisch zu beurteilen. Städtebaulich relevante Gesichtspunkte, die es rechtfertigen könnten, die beantragte Befreiung zu verweigern, seien nicht gegeben.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Sie erwidert: Im Falle eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans könne der Tatbestand des § 31 Abs. 2 BauGB schon deshalb nicht erfüllt sein, weil er nur eine Befreiung von einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans erlaube, die Zulässigkeit eines Vorhabens im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans aber nach § 30 Abs. 2 BauGB voraussetze, dass es dem Bebauungsplan schlechthin nicht widerspreche. Diese unterschiedliche Formulierung berücksichtige, dass ein vorhabenbezogener Bebauungsplan einerseits keine Festsetzungen im Sinne des § 9 BauGB treffen müsse und er andererseits von dem Katalog dieser Bestimmung unabhängige Vorgaben enthalten könne. Für § 30 Abs. 2 BauGB gebe es keine seinen Wortlaut aufgreifende Befreiungsvorschrift. Eine analoge Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB verbiete sich schon deshalb, weil diese Bestimmung keine geeigneten Maßstäbe für Abweichungen von Zulässigkeitsvorgaben enthalten könne, die nicht aus dem Festsetzungskatalog des § 9 BauGB stammten. § 12 Abs. 3 Satz 2 BauGB sei schrankenlos formuliert, dem entsprechend ließen sich allgemeine Voraussetzungen für die Zulassung von Abweichungen schwerlich aufstellen.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorliegenden Akten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die - aufgrund ihrer Zulassung im Beschluss des Senats vom 17.8.2006 statthafte und auch im Übrigen zulässige - Berufung ist begründet, denn die Klägerin hat einen Anspruch auf die begehrte Abweichung von den Vorgaben des Bebauungsplans „Wangergasse“. Die Vorschriften über Befreiungen von Bebauungsplänen in § 31 Abs. 2 BauGB sind auf vorhabenbezogene Bebauungspläne im Sinne des § 12 BauGB anwendbar (nachfolgend 1.), die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung liegen vor (nachfolgend 2.) und das Befreiungsermessen ist auf Null reduziert (nachfolgend 3.).
17 
1. Der Senat bejaht die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene, letztlich aber offen gelassene Frage, ob auch vorhabenbezogene Bebauungspläne einer Befreiung nach den Bestimmungen des § 31 Abs. 2 BauGB zugänglich sind. Der Gesetzeswortlaut steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen. Denn § 12 Abs. 3 BauGB führt - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - eine Reihe von Bestimmungen an, die keine Anwendung finden; § 31 BauGB gehört jedoch nicht dazu. Auch der Wortlaut des § 30 Abs. 2 BauGB weist - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht in die gegenteilige Richtung. Es trifft zwar zu, dass hier - anders als in § 30 Abs. 1 BauGB - nicht von „Festsetzungen“ die Rede ist, sondern von „dem Bebauungsplan“, dem das Vorhaben nicht widersprechen darf. Das erklärt sich aber daraus, dass ein vorhabenbezogener Bebauungsplan nach § 12 Abs. 3 BauGB nicht notwendig Festsetzungen (im Sinne des § 9 BauGB und der BauNVO) enthalten muss. Ferner überzeugt das weitere Vorbringen der Beklagten nicht, § 31 Abs. 2 BauGB enthalte keine geeigneten Maßstäbe für die Beurteilung von Abweichungen und allgemeine Voraussetzungen ließen sich schwerlich aufstellen, denn die Voraussetzungen für Ausnahmen und Befreiungen ergeben sich aus § 31 BauGB und nicht aus dem Festsetzungskatalog des § 9 BauGB. Auch der Sache nach erscheint es nicht gerechtfertigt, jede noch so kleine Abweichung von einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan unter den Vorbehalt einer Planänderung zu stellen. Eine solche Inflexibilität würde dieses Instrument städtebaulicher Planung in nicht unerheblichem Umfang seiner Vorteile berauben, weil Investoren befürchten müssten, notwendige Änderungen bei der Detailplanung ihrer Vorhaben durch ein - auch unter Berücksichtigung des vereinfachten Verfahrens nach § 13 BauGB - zähes Bauleitplanverfahren schleusen zu müssen. Schließlich besteht aufgrund der Einbindung des Vorhaben- und Erschließungsplans in den Bebauungsplan (§ 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB) auch keine Notwendigkeit für eine restriktive Auslegung des § 31 BauGB. Denn Übereinstimmung muss nur auf der Planungsebene herrschen. Auf der Genehmigungsebene besteht dagegen kein prinzipieller Unterschied zu „normalen“ Bebauungsplänen. Die Besonderheit besteht lediglich darin, dass nicht nur von der gemeindlichen Bauleitplanung, sondern auch vom Vorhaben- und Erschließungsplan abgewichen wird. Es gibt aber keinen Grund, den Investor in einem solchen Plangebiet nur deshalb schlechter zu stellen, weil seine Planungen mit denjenigen der Gemeinde „abgestimmt“ sind. Ebenso wie demjenigen, der in einem „normalen“ Plangebiet bauen möchte, muss es ihm möglich sein, von den zunächst einvernehmlich getroffenen planerischen Entscheidungen abzuweichen, wenn die Voraussetzungen für die Zulassung einer solchen Abweichung vorliegen. Es kann ihm nicht zum Schaden gereichen, dass er sich damit auch von seinen eigenen ursprünglichen Planungsvorstellungen distanziert, die im Vorhaben- und Erschließungsplan ihren Niederschlag gefunden hatten. Dementsprechend geht die Kommentarliteratur - soweit ersichtlich - einhellig davon aus, dass von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen Ausnahmen und Befreiungen erteilt werden können (vgl. die Zitate auf S. 6 des angefochtenen Urteils; ebenso ausdrücklich: Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. 2002, § 31 RdNr. 3; auch Rieger, in Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 31 RdNr. 4, schließt dies nicht aus). Schließlich hält ersichtlich auch das Bundesverwaltungsgericht § 31 Abs. 2 BauGB auf vorhabenbezogene Bebauungspläne grundsätzlich für anwendbar, denn es erwähnt in diesem Zusammenhang die Grenzen für die Zulassung einer Abweichung, ohne den Rückgriff auf diese Bestimmung prinzipiell auszuschließen (Beschluss vom 23.6.2003 - 4 BN 7.03 - BauR 2004, 975).
18 
2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des sonach anwendbaren § 31 Abs. 2 BauGB liegen vor.
19 
a) Das Verwaltungsgericht nimmt an, eine Befreiung sei ausgeschlossen, weil sie die Grundzüge der Planung berühren würde. Denn die Festlegung einer Grenze von 800 m 2 für die Verkaufsfläche des zugelassenen Marktes sei nicht „gegriffen“, sondern bewusst zur Verdeutlichung der Schwelle zur Großflächigkeit gewählt worden. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
20 
Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach den §§ 1 Abs. 8, 2 Abs. 1 BauGB unverändert der Gemeinde und nicht der Baurechtsbehörde. Diese Regelung darf deshalb nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (BVerwG, Beschluss vom 5.3.1999 - 4 B 5.99 - NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438; Urteil des Senats vom 2.11.2006 - 8 S 361/06 -). Umgekehrt wird diese Grenze für die Erteilung einer Befreiung nicht überschritten, wenn die Abweichung von Festsetzungen, die für die Grundzüge der Planung maßgeblich sind, nicht ins Gewicht fällt oder wenn die Festsetzung, von der abgewichen werden soll, eher „zufällig“ bzw. „isoliert“ erfolgt ist oder diese Planvorgabe auf einer Annahme beruht, die später entfallen ist (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 RdNrn. 36 und 38).
21 
Nach keiner dieser Deutungsvarianten sind im vorliegenden Fall die Grundzüge der Planung berührt. Der Gesichtspunkt der planungsrechtlichen Beliebigkeit, weil sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle dieselben Gründe für eine Befreiung anführen ließen, kann hier nicht zum Tragen kommen, weil der Bebauungsplan als einzigen wesentlichen Regelungsgegenstand nur die Zulassung des Marktes der Klägerin umfasst und es weitere Einzelhandelsbetriebe auf einer vergleichbaren planungsrechtlichen Grundlage im Gemeindegebiet der Beklagten nach Auskunft ihrer Vertreter in der mündlichen Verhandlung nicht gibt. Die Abweichung von der vorgegebenen Verkaufsfläche von 800 m 2 fällt auch nicht ins Gewicht, denn mit ihr soll keine Erweiterung des Sortiments verbunden sein und es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Einbeziehung einer bisherigen Lagerfläche mit einer Größe von etwa 55 m 2 in den Verkaufsbereich die Plankonzeption der Beklagten grundlegend in Frage stellen würde. Denn sie hat durch die Festschreibung einer Grenze von 800 m 2 zwar ersichtlich die Schwelle zur Großflächigkeit verdeutlichen wollen und sich dabei - wie ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert haben - von der Regelgrenze einer Geschossfläche von 1200 m 2 in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO leiten lassen. Da durch das streitige Erweiterungsvorhaben der Klägerin die Geschossfläche des Marktes aber nicht geändert wird, bleibt dieser Ausgangspunkt der Beklagten unangetastet. Deshalb spricht nichts für die Annahme, die Ausweitung der Verkaufsfläche um etwa 7 % könne derart tief in das Interessengeflecht der Abwägung eingreifen, dass die Grundzüge der Planung nicht mehr gewahrt wären.
22 
Es kommt hinzu, dass die Beklagte, wenn sie sich schon an der Geschossflächengrenze von 1200 m 2 in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO orientierte, die maximale Verkaufsfläche nicht starr festlegen durfte. Denn dabei handelt es sich lediglich um eine Vermutungsregel für die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO aufgeführten Auswirkungen, die aber nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO widerlegbar ist. Anhaltspunkte dafür, dass trotz Beibehaltung der Geschossfläche allein durch die Erhöhung der Verkaufsfläche um etwa 7 % aus dem bisher auch nach Auffassung der Beklagten „unbedenklichen“ Lebensmittelmarkt ein etwa in Ansehung seiner negativen Auswirkungen auf die Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche in der Kernstadt nicht mehr hinnehmbarer Einzelhandelsgroßbetrieb entstehen könnte, sind nicht ersichtlich und konnten auch von den Vertretern der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht angeführt werden. Im Übrigen hat die Klägerin im Verlauf des Verfahrens mehrfach angeboten, durch Einholung eines Gutachtens (z. B. der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung in Ludwigsburg) zu belegen, dass die Ausweitung der Verkaufsfläche die zu schützende Infrastruktur der Stadt nicht beeinträchtige. Hätte die Beklagte - entgegen dem vorstehend Ausgeführten - doch Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dies der Fall sein könnte, hätte sie die Klägerin zur Beibringung eines derartigen Gutachtens anhalten müssen. Der Senat sieht nach Aktenlage und nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung, eine entsprechende sachverständige Äußerung einzuholen oder von der Klägerin beibringen zu lassen.
23 
Dies erscheint schließlich auch deshalb nicht geboten, weil die Beklagte ersichtlich bei Erlass des Bebauungsplans „Wangergasse“ selbst davon ausgegangen ist, dass die Infrastruktur ihrer Kernstadt auch dann nicht tangiert wird, wenn in dem eher peripher gelegenen Plangebiet ein Lebensmittelmarkt zugelassen wird, der eine größere Verkaufsfläche aufweist als der bundesweit anerkannte Typ eines die Grenze zur Großflächigkeit nicht übersteigenden Einzelhandelsbetriebs der wohnungsnahen Versorgung. Das ergibt sich aus folgendem: Ausgehend von mehreren Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.5.1987 (u. a. - 4 C 19.85 - BauR 1987, 528; - 4 C 30.86 - VBlBW 1988, 130, dazu: Birk, VBlBW 1988, 281 ff.) hat die Rechtsprechung nahezu einhellig bis in das Jahr 2005 angenommen, dass nach dem Einkaufsverhalten der Bevölkerung und den Gegebenheiten im Einzelhandel die Verkaufsflächen-Obergrenze für Einzelhandelsbetriebe der wohnungsnahen Versorgung „nicht wesentlich unter 700 m 2 , aber auch nicht wesentlich darüber“ liege (so etwa noch: BVerwG, Beschluss vom 22.7.2004 - 4 B 29.04 - DVBl. 2004, 1308; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.7.2004 - 5 S 1205/03 - VBlBW 2005, 67; Urteil vom 16.6.2005 - 3 S 479/05 - BauR 2006, 486). Vor diesem Hintergrund lässt die Entscheidung der Beklagten, in dem Bebauungsplan „Wangergasse“ vom 20.6.2001 trotz Festsetzung eines Mischgebiets „von der baurechtlichen Zulässigkeit eines Lebensmittelmarkts bis maximal 800 m 2 Verkaufsfläche und 1.200 m 2 Geschossfläche auszugehen“, nur den Schluss zu, dass sie aufgrund örtlicher Besonderheiten die kritische Grenze erst bei einer gegenüber dem Bundesdurchschnitt um etwa 100 m 2 höheren Verkaufsfläche gesehen hat. In den letzten Jahren hat sich aber der Anteil der Verkaufsflächen an den Geschossflächen von Einzelhandelsbetrieben typischerweise erhöht und der Anteil der Lagerflächen wegen der „Lagerhaltung auf der Straße“ verringert, ohne dass sich daraus eine Verstärkung der Auswirkungen auf zentrale Lagen ergeben hätte. Dem hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteile vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - BVerwGE 124, 364 und - 4 C 14.04 - BVerwGE 124, 376; dem folgend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433; vgl. auch: Birk, VBlBW 2006, 289 ff.; Schütz, UPR 2006, 169 ff.) Rechnung getragen und die Grenze der Verkaufsflächengröße, ab der von einem großflächigen Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO auszugehen ist, bei 800 m2 gezogen. Vor diesem Hintergrund kann nur angenommen werden, dass aufgrund dieser allenthalben zu konstatierenden Verschiebung der Verkaufsflächen- und Lagerflächenanteile für den Bereich der Beklagten die kritische Grenze auch heute mehr oder weniger deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Da diese Schwelle nach den genannten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.11.2005 nunmehr bei (exakt) 800 m 2 anzunehmen ist, muss davon ausgegangen werden, dass eine Überschreitung der im Bebauungsplan mit derselben Maßzahl vorgegebenen maximalen Verkaufsfläche - ohne Abzug für Putz und ohne Herausrechnung der Einpackzone und des Windfangs - um etwa 50 m 2 , wie sie die Klägerin beantragt hat, innerhalb der die allgemeine Schwelle übersteigenden Bandbreite bleibt, die die Beklagte nach ihren Planungsvorstellungen hinnehmen wollte. Auch unter diesem Gesichtspunkt sind deshalb die Grundzüge der Planung gewahrt.
24 
b) Die Befreiung ist auch städtebaulich vertretbar im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Voraussetzung dafür ist, dass die Abweichung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung entsprechend § 1 BauGB vereinbar ist und deshalb zulässiger Inhalt eines Bebauungsplans sein könnte (BVerwG, Urteil vom 17.12.1998 - 4 C 16.97 - BVerwGE 108, 190; Urteil vom 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 RdNr. 47 m.w.N.). Daran kann im vorliegenden Fall aber kein Zweifel bestehen. Denn die Beklagte könnte unter Berücksichtigung dessen, dass sie bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht an die Vorgaben des § 9 BauGB und der BauNVO gebunden ist, auch eine Verkaufsfläche von 850 m2 ausdrücklich zulassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Vergrößerung der Verkaufsfläche um etwa 50 m 2 ohne Sortimentserweiterung gegen einen der Grundsätze des § 1 BauGB verstoßen könnte, sind dagegen weder vorgetragen noch ersichtlich.
25 
3. Da somit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB für eine Befreiung vorliegen, hat die Klägerin auch einen Rechtsanspruch auf die begehrte Genehmigung. Das der Baurechtsbehörde bei der Erteilung einer Befreiung auf der Rechtsfolgenseite ansonsten zustehende Ermessen ist vorliegend ausnahmsweise auf Null reduziert.
26 
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen gegeben sind. Auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf sie; vielmehr hängt die Befreiung von einer Ermessensentscheidung ab. Sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben, besteht für die Ausübung des Ermessens allerdings wenig Raum und steht das mit der Befreiungsvorschrift vom Gesetzgeber beabsichtigte Ziel der Einzelfallgerechtigkeit und städtebaulichen Flexibilität sowie der Grundsatz der Wahrung der Verhältnismäßigkeit einer leichtfertigen Ermessensausübung entgegen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder dass das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Erforderlich für eine negative Ermessensentscheidung ist nur, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (BVerwG, Urteil vom 19.9.2002, a.a.O.; Urteil vom 4.7.1986 - 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315). Kommen dagegen bei einem Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, bei dem aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind, für die Gemeinde Nachteile durch eine Zulassung des Vorhabens nicht in Betracht, so kann sich das ihr zustehende Ermessen dahin verdichten, dass sie zur Erteilung einer Befreiung verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 23.9.1993 - 3 ZR 54.92 - DVBl. 1994, 278; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.3.2004 - 3 S 1745/02 -). Denn in diesen Fällen ist wegen des Umfangs der Anwendungsvoraussetzungen für die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB der Spielraum für zusätzliche Erwägungen bei Ausübung des Ermessens tendenziell gering, so dass sich die Ermessensausübung im Einzelfall auf Null reduzieren kann (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438).
27 
So liegt es hier. Gewichtige öffentliche Belange, die der Erteilung der Befreiung im Ermessenswege entgegenstehen könnten, sind nicht gegeben. Die vorliegende Entscheidung eignet sich auch nicht als Berufungsfall für andere Vorhaben. Sie beruht auf den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls, die sich daraus ergeben, dass zum einen negative städtebauliche Auswirkungen nicht zu erwarten sind, es zum anderen um die Erweiterung eines vorhandenen und nicht um die Erstellung eines neuen Betriebes geht und schließlich - wie bereits angeführt - im Stadtgebiet der Beklagten keine Einzelhandelsbetriebe auf vergleichbarer planungsrechtlicher Grundlage existieren, die sich im Falle von Erweiterungswünschen auf die vorliegende Entscheidung stützen könnten. Nach alledem ist vorliegend ausnahmsweise von einer Ermessensreduktion auf Null auszugehen. Zur Klarstellung ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Beklagte durch dieses Verpflichtungsurteil nicht daran gehindert wird, Anforderungen, die die grundsätzliche Zulässigkeit der Markterweiterung nicht in Frage stellen (z. B. bau- oder brandschutzrechtlicher Art), durch die Erteilung von Auflagen Rechnung zu tragen.
28 
Nach allem ist der Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
29 
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren ist für notwendig zu erklären (§ 162 Abs. 2 VwGO), da diese Frage vom Standpunkt einer verständigen Partei aus und nicht aus der Sicht einer rechtskundigen Person zu beurteilen ist (BVerwG, Urteil vom 6.12.1963 - VII C 14.63 - BVerwGE 17, 245). Einem Rechtsunkundigen wäre es aber angesichts der Komplexität des Falles unmöglich gewesen, das Vorverfahren ordnungsgemäß einzuleiten und zu betreiben.
30 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 9.1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (VBlBW 2004, 467) auf EUR 8.250,-- festgesetzt.
33 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die - aufgrund ihrer Zulassung im Beschluss des Senats vom 17.8.2006 statthafte und auch im Übrigen zulässige - Berufung ist begründet, denn die Klägerin hat einen Anspruch auf die begehrte Abweichung von den Vorgaben des Bebauungsplans „Wangergasse“. Die Vorschriften über Befreiungen von Bebauungsplänen in § 31 Abs. 2 BauGB sind auf vorhabenbezogene Bebauungspläne im Sinne des § 12 BauGB anwendbar (nachfolgend 1.), die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung liegen vor (nachfolgend 2.) und das Befreiungsermessen ist auf Null reduziert (nachfolgend 3.).
17 
1. Der Senat bejaht die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene, letztlich aber offen gelassene Frage, ob auch vorhabenbezogene Bebauungspläne einer Befreiung nach den Bestimmungen des § 31 Abs. 2 BauGB zugänglich sind. Der Gesetzeswortlaut steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen. Denn § 12 Abs. 3 BauGB führt - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - eine Reihe von Bestimmungen an, die keine Anwendung finden; § 31 BauGB gehört jedoch nicht dazu. Auch der Wortlaut des § 30 Abs. 2 BauGB weist - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht in die gegenteilige Richtung. Es trifft zwar zu, dass hier - anders als in § 30 Abs. 1 BauGB - nicht von „Festsetzungen“ die Rede ist, sondern von „dem Bebauungsplan“, dem das Vorhaben nicht widersprechen darf. Das erklärt sich aber daraus, dass ein vorhabenbezogener Bebauungsplan nach § 12 Abs. 3 BauGB nicht notwendig Festsetzungen (im Sinne des § 9 BauGB und der BauNVO) enthalten muss. Ferner überzeugt das weitere Vorbringen der Beklagten nicht, § 31 Abs. 2 BauGB enthalte keine geeigneten Maßstäbe für die Beurteilung von Abweichungen und allgemeine Voraussetzungen ließen sich schwerlich aufstellen, denn die Voraussetzungen für Ausnahmen und Befreiungen ergeben sich aus § 31 BauGB und nicht aus dem Festsetzungskatalog des § 9 BauGB. Auch der Sache nach erscheint es nicht gerechtfertigt, jede noch so kleine Abweichung von einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan unter den Vorbehalt einer Planänderung zu stellen. Eine solche Inflexibilität würde dieses Instrument städtebaulicher Planung in nicht unerheblichem Umfang seiner Vorteile berauben, weil Investoren befürchten müssten, notwendige Änderungen bei der Detailplanung ihrer Vorhaben durch ein - auch unter Berücksichtigung des vereinfachten Verfahrens nach § 13 BauGB - zähes Bauleitplanverfahren schleusen zu müssen. Schließlich besteht aufgrund der Einbindung des Vorhaben- und Erschließungsplans in den Bebauungsplan (§ 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB) auch keine Notwendigkeit für eine restriktive Auslegung des § 31 BauGB. Denn Übereinstimmung muss nur auf der Planungsebene herrschen. Auf der Genehmigungsebene besteht dagegen kein prinzipieller Unterschied zu „normalen“ Bebauungsplänen. Die Besonderheit besteht lediglich darin, dass nicht nur von der gemeindlichen Bauleitplanung, sondern auch vom Vorhaben- und Erschließungsplan abgewichen wird. Es gibt aber keinen Grund, den Investor in einem solchen Plangebiet nur deshalb schlechter zu stellen, weil seine Planungen mit denjenigen der Gemeinde „abgestimmt“ sind. Ebenso wie demjenigen, der in einem „normalen“ Plangebiet bauen möchte, muss es ihm möglich sein, von den zunächst einvernehmlich getroffenen planerischen Entscheidungen abzuweichen, wenn die Voraussetzungen für die Zulassung einer solchen Abweichung vorliegen. Es kann ihm nicht zum Schaden gereichen, dass er sich damit auch von seinen eigenen ursprünglichen Planungsvorstellungen distanziert, die im Vorhaben- und Erschließungsplan ihren Niederschlag gefunden hatten. Dementsprechend geht die Kommentarliteratur - soweit ersichtlich - einhellig davon aus, dass von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen Ausnahmen und Befreiungen erteilt werden können (vgl. die Zitate auf S. 6 des angefochtenen Urteils; ebenso ausdrücklich: Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl. 2002, § 31 RdNr. 3; auch Rieger, in Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 31 RdNr. 4, schließt dies nicht aus). Schließlich hält ersichtlich auch das Bundesverwaltungsgericht § 31 Abs. 2 BauGB auf vorhabenbezogene Bebauungspläne grundsätzlich für anwendbar, denn es erwähnt in diesem Zusammenhang die Grenzen für die Zulassung einer Abweichung, ohne den Rückgriff auf diese Bestimmung prinzipiell auszuschließen (Beschluss vom 23.6.2003 - 4 BN 7.03 - BauR 2004, 975).
18 
2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des sonach anwendbaren § 31 Abs. 2 BauGB liegen vor.
19 
a) Das Verwaltungsgericht nimmt an, eine Befreiung sei ausgeschlossen, weil sie die Grundzüge der Planung berühren würde. Denn die Festlegung einer Grenze von 800 m 2 für die Verkaufsfläche des zugelassenen Marktes sei nicht „gegriffen“, sondern bewusst zur Verdeutlichung der Schwelle zur Großflächigkeit gewählt worden. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
20 
Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach den §§ 1 Abs. 8, 2 Abs. 1 BauGB unverändert der Gemeinde und nicht der Baurechtsbehörde. Diese Regelung darf deshalb nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Sie darf - jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind - nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (BVerwG, Beschluss vom 5.3.1999 - 4 B 5.99 - NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438; Urteil des Senats vom 2.11.2006 - 8 S 361/06 -). Umgekehrt wird diese Grenze für die Erteilung einer Befreiung nicht überschritten, wenn die Abweichung von Festsetzungen, die für die Grundzüge der Planung maßgeblich sind, nicht ins Gewicht fällt oder wenn die Festsetzung, von der abgewichen werden soll, eher „zufällig“ bzw. „isoliert“ erfolgt ist oder diese Planvorgabe auf einer Annahme beruht, die später entfallen ist (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 RdNrn. 36 und 38).
21 
Nach keiner dieser Deutungsvarianten sind im vorliegenden Fall die Grundzüge der Planung berührt. Der Gesichtspunkt der planungsrechtlichen Beliebigkeit, weil sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle dieselben Gründe für eine Befreiung anführen ließen, kann hier nicht zum Tragen kommen, weil der Bebauungsplan als einzigen wesentlichen Regelungsgegenstand nur die Zulassung des Marktes der Klägerin umfasst und es weitere Einzelhandelsbetriebe auf einer vergleichbaren planungsrechtlichen Grundlage im Gemeindegebiet der Beklagten nach Auskunft ihrer Vertreter in der mündlichen Verhandlung nicht gibt. Die Abweichung von der vorgegebenen Verkaufsfläche von 800 m 2 fällt auch nicht ins Gewicht, denn mit ihr soll keine Erweiterung des Sortiments verbunden sein und es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Einbeziehung einer bisherigen Lagerfläche mit einer Größe von etwa 55 m 2 in den Verkaufsbereich die Plankonzeption der Beklagten grundlegend in Frage stellen würde. Denn sie hat durch die Festschreibung einer Grenze von 800 m 2 zwar ersichtlich die Schwelle zur Großflächigkeit verdeutlichen wollen und sich dabei - wie ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert haben - von der Regelgrenze einer Geschossfläche von 1200 m 2 in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO leiten lassen. Da durch das streitige Erweiterungsvorhaben der Klägerin die Geschossfläche des Marktes aber nicht geändert wird, bleibt dieser Ausgangspunkt der Beklagten unangetastet. Deshalb spricht nichts für die Annahme, die Ausweitung der Verkaufsfläche um etwa 7 % könne derart tief in das Interessengeflecht der Abwägung eingreifen, dass die Grundzüge der Planung nicht mehr gewahrt wären.
22 
Es kommt hinzu, dass die Beklagte, wenn sie sich schon an der Geschossflächengrenze von 1200 m 2 in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO orientierte, die maximale Verkaufsfläche nicht starr festlegen durfte. Denn dabei handelt es sich lediglich um eine Vermutungsregel für die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO aufgeführten Auswirkungen, die aber nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO widerlegbar ist. Anhaltspunkte dafür, dass trotz Beibehaltung der Geschossfläche allein durch die Erhöhung der Verkaufsfläche um etwa 7 % aus dem bisher auch nach Auffassung der Beklagten „unbedenklichen“ Lebensmittelmarkt ein etwa in Ansehung seiner negativen Auswirkungen auf die Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche in der Kernstadt nicht mehr hinnehmbarer Einzelhandelsgroßbetrieb entstehen könnte, sind nicht ersichtlich und konnten auch von den Vertretern der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht angeführt werden. Im Übrigen hat die Klägerin im Verlauf des Verfahrens mehrfach angeboten, durch Einholung eines Gutachtens (z. B. der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung in Ludwigsburg) zu belegen, dass die Ausweitung der Verkaufsfläche die zu schützende Infrastruktur der Stadt nicht beeinträchtige. Hätte die Beklagte - entgegen dem vorstehend Ausgeführten - doch Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dies der Fall sein könnte, hätte sie die Klägerin zur Beibringung eines derartigen Gutachtens anhalten müssen. Der Senat sieht nach Aktenlage und nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung, eine entsprechende sachverständige Äußerung einzuholen oder von der Klägerin beibringen zu lassen.
23 
Dies erscheint schließlich auch deshalb nicht geboten, weil die Beklagte ersichtlich bei Erlass des Bebauungsplans „Wangergasse“ selbst davon ausgegangen ist, dass die Infrastruktur ihrer Kernstadt auch dann nicht tangiert wird, wenn in dem eher peripher gelegenen Plangebiet ein Lebensmittelmarkt zugelassen wird, der eine größere Verkaufsfläche aufweist als der bundesweit anerkannte Typ eines die Grenze zur Großflächigkeit nicht übersteigenden Einzelhandelsbetriebs der wohnungsnahen Versorgung. Das ergibt sich aus folgendem: Ausgehend von mehreren Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.5.1987 (u. a. - 4 C 19.85 - BauR 1987, 528; - 4 C 30.86 - VBlBW 1988, 130, dazu: Birk, VBlBW 1988, 281 ff.) hat die Rechtsprechung nahezu einhellig bis in das Jahr 2005 angenommen, dass nach dem Einkaufsverhalten der Bevölkerung und den Gegebenheiten im Einzelhandel die Verkaufsflächen-Obergrenze für Einzelhandelsbetriebe der wohnungsnahen Versorgung „nicht wesentlich unter 700 m 2 , aber auch nicht wesentlich darüber“ liege (so etwa noch: BVerwG, Beschluss vom 22.7.2004 - 4 B 29.04 - DVBl. 2004, 1308; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.7.2004 - 5 S 1205/03 - VBlBW 2005, 67; Urteil vom 16.6.2005 - 3 S 479/05 - BauR 2006, 486). Vor diesem Hintergrund lässt die Entscheidung der Beklagten, in dem Bebauungsplan „Wangergasse“ vom 20.6.2001 trotz Festsetzung eines Mischgebiets „von der baurechtlichen Zulässigkeit eines Lebensmittelmarkts bis maximal 800 m 2 Verkaufsfläche und 1.200 m 2 Geschossfläche auszugehen“, nur den Schluss zu, dass sie aufgrund örtlicher Besonderheiten die kritische Grenze erst bei einer gegenüber dem Bundesdurchschnitt um etwa 100 m 2 höheren Verkaufsfläche gesehen hat. In den letzten Jahren hat sich aber der Anteil der Verkaufsflächen an den Geschossflächen von Einzelhandelsbetrieben typischerweise erhöht und der Anteil der Lagerflächen wegen der „Lagerhaltung auf der Straße“ verringert, ohne dass sich daraus eine Verstärkung der Auswirkungen auf zentrale Lagen ergeben hätte. Dem hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteile vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 - BVerwGE 124, 364 und - 4 C 14.04 - BVerwGE 124, 376; dem folgend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433; vgl. auch: Birk, VBlBW 2006, 289 ff.; Schütz, UPR 2006, 169 ff.) Rechnung getragen und die Grenze der Verkaufsflächengröße, ab der von einem großflächigen Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO auszugehen ist, bei 800 m2 gezogen. Vor diesem Hintergrund kann nur angenommen werden, dass aufgrund dieser allenthalben zu konstatierenden Verschiebung der Verkaufsflächen- und Lagerflächenanteile für den Bereich der Beklagten die kritische Grenze auch heute mehr oder weniger deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Da diese Schwelle nach den genannten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.11.2005 nunmehr bei (exakt) 800 m 2 anzunehmen ist, muss davon ausgegangen werden, dass eine Überschreitung der im Bebauungsplan mit derselben Maßzahl vorgegebenen maximalen Verkaufsfläche - ohne Abzug für Putz und ohne Herausrechnung der Einpackzone und des Windfangs - um etwa 50 m 2 , wie sie die Klägerin beantragt hat, innerhalb der die allgemeine Schwelle übersteigenden Bandbreite bleibt, die die Beklagte nach ihren Planungsvorstellungen hinnehmen wollte. Auch unter diesem Gesichtspunkt sind deshalb die Grundzüge der Planung gewahrt.
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b) Die Befreiung ist auch städtebaulich vertretbar im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Voraussetzung dafür ist, dass die Abweichung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung entsprechend § 1 BauGB vereinbar ist und deshalb zulässiger Inhalt eines Bebauungsplans sein könnte (BVerwG, Urteil vom 17.12.1998 - 4 C 16.97 - BVerwGE 108, 190; Urteil vom 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 RdNr. 47 m.w.N.). Daran kann im vorliegenden Fall aber kein Zweifel bestehen. Denn die Beklagte könnte unter Berücksichtigung dessen, dass sie bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht an die Vorgaben des § 9 BauGB und der BauNVO gebunden ist, auch eine Verkaufsfläche von 850 m2 ausdrücklich zulassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Vergrößerung der Verkaufsfläche um etwa 50 m 2 ohne Sortimentserweiterung gegen einen der Grundsätze des § 1 BauGB verstoßen könnte, sind dagegen weder vorgetragen noch ersichtlich.
25 
3. Da somit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB für eine Befreiung vorliegen, hat die Klägerin auch einen Rechtsanspruch auf die begehrte Genehmigung. Das der Baurechtsbehörde bei der Erteilung einer Befreiung auf der Rechtsfolgenseite ansonsten zustehende Ermessen ist vorliegend ausnahmsweise auf Null reduziert.
26 
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen gegeben sind. Auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf sie; vielmehr hängt die Befreiung von einer Ermessensentscheidung ab. Sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben, besteht für die Ausübung des Ermessens allerdings wenig Raum und steht das mit der Befreiungsvorschrift vom Gesetzgeber beabsichtigte Ziel der Einzelfallgerechtigkeit und städtebaulichen Flexibilität sowie der Grundsatz der Wahrung der Verhältnismäßigkeit einer leichtfertigen Ermessensausübung entgegen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der zuständigen Behörde entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zusteht oder dass das Ermessen stets auf Null reduziert ist, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Erforderlich für eine negative Ermessensentscheidung ist nur, dass der Befreiung gewichtige Interessen entgegenstehen (BVerwG, Urteil vom 19.9.2002, a.a.O.; Urteil vom 4.7.1986 - 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315). Kommen dagegen bei einem Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, bei dem aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind, für die Gemeinde Nachteile durch eine Zulassung des Vorhabens nicht in Betracht, so kann sich das ihr zustehende Ermessen dahin verdichten, dass sie zur Erteilung einer Befreiung verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 23.9.1993 - 3 ZR 54.92 - DVBl. 1994, 278; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.3.2004 - 3 S 1745/02 -). Denn in diesen Fällen ist wegen des Umfangs der Anwendungsvoraussetzungen für die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB der Spielraum für zusätzliche Erwägungen bei Ausübung des Ermessens tendenziell gering, so dass sich die Ermessensausübung im Einzelfall auf Null reduzieren kann (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.6.2003 - 3 S 2324/02 - VBlBW 2003, 438).
27 
So liegt es hier. Gewichtige öffentliche Belange, die der Erteilung der Befreiung im Ermessenswege entgegenstehen könnten, sind nicht gegeben. Die vorliegende Entscheidung eignet sich auch nicht als Berufungsfall für andere Vorhaben. Sie beruht auf den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls, die sich daraus ergeben, dass zum einen negative städtebauliche Auswirkungen nicht zu erwarten sind, es zum anderen um die Erweiterung eines vorhandenen und nicht um die Erstellung eines neuen Betriebes geht und schließlich - wie bereits angeführt - im Stadtgebiet der Beklagten keine Einzelhandelsbetriebe auf vergleichbarer planungsrechtlicher Grundlage existieren, die sich im Falle von Erweiterungswünschen auf die vorliegende Entscheidung stützen könnten. Nach alledem ist vorliegend ausnahmsweise von einer Ermessensreduktion auf Null auszugehen. Zur Klarstellung ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Beklagte durch dieses Verpflichtungsurteil nicht daran gehindert wird, Anforderungen, die die grundsätzliche Zulässigkeit der Markterweiterung nicht in Frage stellen (z. B. bau- oder brandschutzrechtlicher Art), durch die Erteilung von Auflagen Rechnung zu tragen.
28 
Nach allem ist der Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
29 
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren ist für notwendig zu erklären (§ 162 Abs. 2 VwGO), da diese Frage vom Standpunkt einer verständigen Partei aus und nicht aus der Sicht einer rechtskundigen Person zu beurteilen ist (BVerwG, Urteil vom 6.12.1963 - VII C 14.63 - BVerwGE 17, 245). Einem Rechtsunkundigen wäre es aber angesichts der Komplexität des Falles unmöglich gewesen, das Vorverfahren ordnungsgemäß einzuleiten und zu betreiben.
30 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 9.1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (VBlBW 2004, 467) auf EUR 8.250,-- festgesetzt.
33 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwaltungsgericht

1.
in der Sache selbst entscheiden,
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der im Revisionsverfahren nach § 142 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Verweist das Bundesverwaltungsgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 49 Nr. 2 und nach § 134 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Oberverwaltungsgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht anhängig geworden wäre.

(6) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(7) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit das Bundesverwaltungsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend hält. Das gilt nicht für Rügen nach § 138 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.