Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 20. Mai 2016 - 4 L 378/16.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2016:0520.4L378.16.NW.0A
bei uns veröffentlicht am20.05.2016

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.750 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen eine für sofort vollziehbar erklärte straßenrechtliche Duldungsanordnung.

2

Der Antragsteller schloss mit Herrn A, Herrn B und Frau C am 21. April 2016 zwei notarielle Kaufverträge über den Erwerb der im Außenbereich von A-Dorf gelegenen Grundstücke Flurstück-Nrn. …, … und …. Die für die Wirksamkeit des Vertrages erforderliche Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz wurde bisher nicht erteilt. Ebenso fehlt noch der Verzicht auf das gemeindliche Vorkaufsrecht. § 5 der beiden notariellen Verträge lautet wie folgt:

3

Die Übergabe des Vertragsgegenstandes erfolgt sofort.

4

Mit der Übergabe gehen die Gefahr einer zufälligen Verschlechterung des Vertragsgegenstandes sowie die Verkehrssicherungspflicht auf den Käufer über. Von der Übergabe an stehen dem Käufer die Nutzungen zu.

5

Die Grundsteuern übernimmt der Käufer rückwirkend ab 1. Januar 2016.

6

Das Pachtverhältnis besteht mit dem Käufer. Eine Pacht für das laufende Wirtschaftsjahr ist nicht mehr zu leisten.“

7

Die drei genannten Grundstücke, die im Jahre 1982 an Herrn D aus B-Dorf, den Bruder des Antragstellers, verpachtet wurden, sind betroffen vom seit dem 14. Mai 2009 bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebs Mobilität für den Neubau der Ortsumgehung Bad Bergzabern im Zuge der Bundesstraße Nr. 427 (B 427) vom 12. Februar 2008 in der Gestalt des Ergänzungsbeschlusses vom 11. Februar 2009 (s. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. März 2009 – 8 C 10435/08 –, juris). Der Antragsgegner möchte im Rahmen der geplanten Ortsumgehung Bad Bergzabern geotechnische Untersuchungen durchführen und in diesem Zusammenhang auch auf den drei genannten Grundstücken Bodenuntersuchungen vornehmen.

8

Mit Schreiben vom 27. April 2016 bat der Antragsgegner den Antragsteller um Zustimmung zu den Bodenuntersuchungen. Dies verweigerte der Antragsteller mit der Begründung, das Eigentum sei derzeit noch nicht auf ihn übergegangen. Unter Hinweis darauf, dass ihm mit den beiden notariellen Verträgen bereits das Nutzungsrecht an den drei Grundstücken übertragen worden sei, bat der Antragsgegner den Antragsteller am 6. Mai 2016 erneut um Abgabe einer Zustimmungserklärung. Dazu war der Antragsteller jedoch nicht bereit. Daraufhin teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Schreiben vom 9. Mai 2016 mit, ab dem 25. Mai 2016 würden auch auf den in seinem Besitz befindlichen Grundstücken Flurstück-Nrn. …, … und ... die entsprechenden Baugrunduntersuchungen vorgenommen. Der mittels Bagger hergestellte Schurf werde nach Ende der Erkundung wieder verfüllt. Da die genannten Arbeiten im Interesse der Allgemeinheit lägen, habe § 16 a Bundesfernstraßengesetz – FStrG – die Grundstückseigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte verpflichtet, die Durchführung dieser Vorarbeiten zu dulden. Nachdem er die Betretungserlaubnis bzw. die entsprechende Genehmigung zur Bodenuntersuchung (Schurf) bisher nicht erteilt habe, ergehe hiermit eine Duldungsanordnung. Deren sofortiger Vollzug werde angeordnet.

9

Hiergegen hat der Antragsteller am 16. Mai 2016 Widerspruch eingelegt und zugleich am 17. Mai 2016 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung führt er aus, der Antragsgegner habe den Sofortvollzug angeordnet, ohne dies zu begründen. Schon deshalb sei dem Antrag stattzugeben. Ungeachtet dessen sei er der falsche Adressat der Duldungsanordnung. Das Eigentum sei noch nicht auf ihn übergegangen. Entgegen der Behauptung des Antragsgegners sei er auch nicht Pächter des Grundstücks. Während der Beurkundung sei der Notar möglicherweise stillschweigend davon ausgegangen, dass er, der Antragsteller, Pächter sei. Keiner der Vertragsbeteiligten, die sich auf den Notar verlassen hätten, hätten diesen Fehler bemerkt. So sei der Passus, laut welchem der Antragsteller Pächter sei, in § 5 Abs. 4 der Kaufverträge gelangt. Die notariellen Verträge wirkten jedoch nicht konstitutiv, d. h. der Antragsteller sei nicht Pächter und müsse sich auch nicht vom Antragsgegner als Pächter behandeln lassen, nur weil er in den notariellen Verträgen irrig als solcher bezeichnet werde.

10

Der angefochtene Bescheid sei ferner nicht hinreichend bestimmt. Es werde nicht deutlich, welche Arbeiten mit welchem Umfang zu dulden seien.

11

Der Antragsteller beantragt,

12

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 16. Mai 2016 gegen die Duldungsanordnung des Antragsgegners vom 9. Mai 2016 wiederherzustellen.

13

Der Antragsgegner beantragt,

14

den Antrag abzulehnen.

15

Er führt aus, der Antragsteller sei entgegen seinem Vortrag sehr wohl der richtige Adressat der Duldungsverfügung. Dies ergebe sich aus § 5 Satz 1 der beiden notariellen Kaufverträge vom 21. April 2016. Dort heiße es jeweils „Die Übergabe des Vertragsgegenstands erfolgt sofort." Es sei in diesem Zusammenhang unerheblich, dass möglicherweise der Antragsteller fälschlicherweise als Pächter in dem Vertrag bezeichnet worden sei. Dies ändere nichts an der eindeutigen Regelung, dass der Vertragsgegenstand - gegebenenfalls mit bestehendem Pachtverhältnis mit einem Dritten - auf den Antragsteller übergegangen sei. Dies mache ihn zum richtigen Adressaten der Duldungsverfügung.

16

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Duldungsverfügung sei im öffentlichen Interesse geboten. Die Grundstücksverkäufer und der Pächter Herr D hätten ihre Zustimmung zu den Vorarbeiten bereits erteilt. Der Beginn der Arbeiten sei auf den 25. Mai 2016 festgelegt. Die Ortsumgehung B 427 Bad Bergzabern sei eine Maßnahme des vordringlichen Bedarfs. Für die Realisierung seien durch die Bundesrepublik Deutschland Anfang 2016 kurzfristig Finanzmittel mit der Maßgabe zur Verfügung gestellt worden, die Baumaßnahme möglichst umgehend zu realisieren. Hierzu seien für die nähere Ausführungsplanung Bodenerkundungen erforderlich. Die Maßnahme sehe einen 1,4 km langen Tunnelvortrieb vor, dessen technische Komplexität einen erheblichen zeitlichen Vorlauf für die Erkundungen und die Ausführungsplanungen bedinge. Das private Interesse trete nicht zuletzt dadurch in den Hintergrund, als unmittelbare Nachteile, die durch die Vorarbeiten verursacht würden, gemäß § 16a Abs. 3 FStrG durch den Baulastträger zu entschädigen seien. Nach alledem überwiege das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der Duldungsanordnung.

II.

17

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom 9. Mai 2016 wiederherzustellen, ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alternative i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – statthaft und auch ansonsten zulässig.

18

Insbesondere ist das Verwaltungsgericht gemäß § 45 VwGO sachlich zuständig.

19

Zwar entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben betreffen, die u.a. in dem Bundesfernstraßengesetz bezeichnet sind. Gemäß § 17 e Abs. 1 FStrG gilt § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO aber nur für Vorhaben im Sinne des § 17 Satz 1 FStrG, soweit die Vorhaben Bundesfernstraßen betreffen, die wegen der Herstellung der Deutschen Einheit, der Einbindung der neuen Mitgliedstaaten in die Europäische Union, der Verbesserung der Hinterlandanbindung der deutschen Seehäfen, ihres sonstigen internationalen Bezuges oder der besonderen Funktion zur Beseitigung schwerwiegender Verkehrsengpässe in der Anlage aufgeführt sind. Die B 427 ist in dieser Anlage jedoch nicht aufgeführt.

20

Es fehlt vorliegend auch an einer sachlichen erstinstanzlichen Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 8 VwGO. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung von Bundesfernstraßen betreffen. Rechtsstreitigkeiten aus Anlass der Vollziehung eines bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses fallen jedoch nicht unter § 48 Abs. 1 Nr. 8 VwGO (s. Bier/Panzer in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Oktober 2015, § 48 Rn. 32 m.w.N.; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30. Oktober 2003 – 1 C 10611/03.OVG –).

21

In der Sache ist der Antrag aber unbegründet.

22

1. In formeller Hinsicht ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Duldungsanordnung vom 9. Mai 2016 im Ergebnis nicht zu beanstanden.

23

Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dies soll den Betroffenen in die Lage versetzen, in Kenntnis dieser Gründe seine Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs abzuschätzen. Der Behörde wird zugleich der Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung verdeutlicht und eine besonders sorgfältige Prüfung des Vollzugsinteresses auferlegt (vgl. z.B. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Mai 2016 – 8 B 866/15 –, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. April 2015 – OVG 11 S 39.14 –, juris). Dementsprechend muss die Begründung nachvollziehbar machen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt mit der Folge, dass dessen Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat. Pauschale und nichts sagende formelhafte Wendungen genügen nicht. Allerdings kann sich die Behörde auf die den Verwaltungsakt selbst tragenden Erwägungen stützen, wenn die den Erlass des Verwaltungsakts rechtfertigenden Gründe zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung belegen (s. auch Bay. VGH, Beschluss vom 9. Dezember 2003 – 12 CS 03.2471 –, BayVBl 2004, 468). Ebenso ausreichend ist es, wenn die Begründung der Vollziehungsanordnung auf die Gründe des zu vollziehenden Verwaltungsakts Bezug nimmt, aus der die besondere Dringlichkeit der Vollziehung im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO hinreichend deutlich hervorgeht, und im Übrigen die von der Behörde getroffene Interessenabwägung klar erkennbar wird (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 9. Dezember 2014 – 11 CS 14.2217 –; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26. Oktober 1990 – 2 B 12027/90 –, NVwZ-RR 1991, 307) .

24

Nach diesen Grundsätzen genügt der Bescheid vom 9. Mai 2016 nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Denn darin fehlen jegliche Ausführungen zur Frage des Sofortvollzugs.

25

Der Antragsgegner hat den Verstoß gegen die Bestimmung des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO allerdings durch Nachholen der Begründung in der Antragserwiderungschrift vom 18. Mai 2016 geheilt. Darin hat der Antragsgegner ausgeführt, der Beginn der Arbeiten sei auf den 25. Mai 2016 festgelegt. Die Ortsumgehung B 427 Bad Bergzabern sei eine Maßnahme des vordringlichen Bedarfs. Für die Realisierung seien durch die Bundesrepublik Deutschland Anfang 2016 kurzfristig Finanzmittel mit der Maßgabe zur Verfügung gestellt worden, die Baumaßnahme möglichst umgehend zu realisieren. Hierzu seien für die nähere Ausführungsplanung Bodenerkundungen erforderlich. Die Maßnahme sehe einen 1,4 km langen Tunnelvortrieb vor, dessen technische Komplexität einen erheblichen zeitlichen Vorlauf für die Erkundungen und die Ausführungsplanungen bedinge. Das private Interesse trete nicht zuletzt dadurch in den Hintergrund, als unmittelbare Nachteile, die durch die Vorarbeiten verursacht würden, gemäß § 16a Abs. 3 FStrG durch den Baulastträger zu entschädigen seien. Damit hat der Antragsgegner der mit dem Begründungserfordernis in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gegenüber dem Adressaten verfolgten Informationsfunktion und der gegenüber der Behörde selbst bezweckten Warnfunktion Genüge getan (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 2014 – 9 VR 3/14 –, juris). Ob die von dem Antragsgegner angeführte Begründung inhaltlich zutreffend ist und die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu rechtfertigen vermag, ist im Rahmen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO unbeachtlich; dies ist erst bei der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vom Gericht eigenständig vorzunehmenden Interessenbewertung zu erörtern (s. z.B. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. Mai 2015 – 7 B 10383/15 –, juris).

26

Die Angaben des Antragsgegners in der Antragserwiderungsschrift vom 18. Mai 2016 konnte die Kammer im vorliegenden Verfahren auch berücksichtigen. Denn der Antragsgegner war befugt, den Verfahrensverstoß nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO durch Nachholen der Begründung im gerichtlichen Eilverfahren zu heilen. Zwar verneint eine Ansicht (s. z.B. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3. April 2013 – 1 M 19/13 –, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. September 2011 – 1 S 2554/11 –, NVwZ-RR 2012, 54; Schoch/Schoch, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Oktober 2015, § 80 Rn. 249) dies mit der Begründung, andernfalls bestehe die Gefahr, dass die Begründungspflicht des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO leer liefe und ihre Funktion nicht mehr erfüllen könne, nicht nur den Betroffenen über die für die Behörde maßgeblichen Gesichtspunkte für die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu unterrichten, sondern auch die Verwaltung selbst zu einer besonders sorgfältigen Prüfung anzuhalten. Nach der Gegenmeinung (s. z.B. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 15. April 2014 – 7 ME 121/13 –, NdsVBl 2014, 286; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 3. April 2012 – 1 B 10136/12. OVG –, BauR 2012, 1362; Finkelnburg/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage 2011 Rn. 750) kann eine fehlende bzw. unzureichende Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges im Laufe des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nachgeholt werden. Dieser Ansicht folgt die Kammer in ständiger Rechtsprechung (s. z.B. Beschluss vom 5. Juli 2007 – 4 L 704/07.NW –, juris). Da nach § 45 Abs. 2 VwVfG Verfahrensfehler bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens geheilt werden können, sind keine Gründe ersichtlich, die gegen eine analoge Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG im Falle des Begründungsmangels nach § 80 Abs. 3 VwGO sprechen. Eine solche Heilungsmöglichkeit ist auch unter prozessökonomischen Gesichtspunkten zu befürworten, denn auch die Ansicht, die ein Nachholen der Begründung nach § 80 Abs. 3 VwGO nach Erhebung des Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ablehnt, vertritt die Auffassung, die Behörde könne nach Ergehen des Beschlusses des Verwaltungsgerichts den Sofortvollzug mit nunmehr ordnungsgemäßer Begründung erneut anordnen, ohne einen Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO stellen zu müssen. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass das Verwaltungsgericht nicht an die – ordnungsgemäße – Begründung der Verwaltungsbehörde gebunden ist, sondern eine eigene Ermessensentscheidung über die Frage trifft, ob der Sofortvollzug materiell gerechtfertigt ist, gibt es keine tragenden Gründe dafür, die Heilungsmöglichkeit nicht bereits während des noch laufenden Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zuzulassen. Der Antragsteller wird durch diese Verfahrensweise nicht unzumutbar in seinen Rechten verletzt, denn er kann hierauf prozessual mit einer Erledigungserklärung reagieren, die regelmäßig zur Folge haben dürfte, dass die Behörde die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Hiervon hat der Antragsteller vorliegend jedoch keinen Gebrauch gemacht.

27

2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Duldungsanordnung ist auch in materieller Hinsicht gerechtfertigt.

28

Für das Interesse des Betroffenen, einstweilen nicht dem Vollzug der behördlichen Maßnahmen ausgesetzt zu sein, sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs von Belang. Ein überwiegendes Interesse eines Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel anzunehmen, wenn die im Eilverfahren allein mögliche und gebotene summarische Überprüfung ergibt, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Denn an der Vollziehung eines ersichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Vollzugsinteresse bestehen. Ist der Verwaltungsakt dagegen offensichtlich rechtmäßig, so überwiegt das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers nur dann, wenn zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht. Kann aufgrund der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung nicht festgestellt werden, ob der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig oder offensichtlich rechtswidrig ist, so beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle des Sofortvollzuges des Verwaltungsakts auf die Durchführung einer Interessenabwägung, die je nach Fallkonstellation zugunsten des Antragstellers oder des Antragsgegners ausgehen kann.

29

Nach diesen Grundsätzen überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Duldungsanordnung das private Interesse des Antragstellers an der ungestörten Nutzung der Grundstücke Flurstück-Nrn. …, … und … in der Gemarkung A-Dorf, weil sich die Duldungsverfügung als offensichtlich rechtmäßig und ihre Vollziehung als eilbedürftig erweist. Wird der Antragsteller danach aber mit einem etwaigen Klageverfahren in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben und ist ein sofortiges Vollziehungsinteresse gegeben, so besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers wiederherzustellen.

30

Die angegriffene Duldungsverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 16a Abs. 1 Satz 1 FStrG. Danach haben Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte zur Vorbereitung der Planung und der Baudurchführung notwendige Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen einschließlich der vorübergehenden Anbringung von Markierungszeichen und sonstigen Vorarbeiten durch die Straßenbaubehörde oder von ihr Beauftragte zu dulden. Die Absicht, solche Arbeiten auszuführen, ist dem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten mindestens zwei Wochen vorher unmittelbar oder durch ortsübliche Bekanntmachung bekanntzugeben (§ 16 a Abs. 2 FStrG). Dadurch werden auch Vorarbeiten erfasst, die – wie hier – nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werden und der Baudurchführung dienen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 2014 – 9 VR 3/14 –, juris m.w.N.; Ronellenfitsch in: Marschall, Bundesfernstraßengesetz, 6. Auflage 2012, § 16a Rn. 3).

31

Die Voraussetzungen des § 16a Abs. 1 Satz 1 FStrG sind gegeben. Die auf diese Vorschrift gestützte Anordnung des Antragsgegners kann von dem Grundstückseigentümer oder sonstigem Nutzungsberechtigten nur mit der Begründung angefochten werden, dass die Vorarbeiten nach Art und Umfang nicht notwendig seien (OVG Niedersachsen, Urteil vom 27. April 2010 – 7 KS 85/09 –, NVwZ-RR 2010, 793). Denn dann brauchen Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte nicht einmal die regelmäßig damit verbundenen nur geringfügigen Beeinträchtigungen hinzunehmen. Die Zulässigkeit ist nicht davon abhängig, dass die Straßenbaubehörde bereits eine umfassende Abwägung vorgenommen oder Alternativen untersucht hat (Aust in: Kodal, Straßenrecht, 7. Auflage 2010. Kapitel 39 Rn. 42.2).

32

Danach greift der Antragsteller die Duldungsanordnung ohne Erfolg an.

33

Soweit er sich zunächst darauf beruft, er sei der falsche Adressat der Verfügung, da er weder Eigentümer noch Pächter der drei Grundstücke sei, kann er damit nicht durchdringen. „Sonstiger Nutzungsberechtigter“ im Sinne des § 16a Abs. 1 Satz 1 FStrG ist auch der Käufer eines Grundstücks, dem dieses – wie hier – mit sofortiger Wirkung übergeben worden ist und auf den mit der Übergabe die Gefahr einer zufälligen Verschlechterung des Vertragsgegenstandes sowie die Verkehrssicherungspflicht übergegangen ist (vgl. § 446 Bürgerliches GesetzbuchBGB –). Die Verkäufer der drei Grundstücke haben dem Antragsteller in den Verträgen ein unmittelbares Besitzrecht eingeräumt. Der Umstand, dass daneben möglicherweise noch ein kollidierendes Nutzungsrecht von Herrn D, dem Bruder des Antragstellers, besteht – ob dieses zutrifft, kann angesichts des nur summarischen Verfahrens in der Kürze nicht abschließend geklärt werden –, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Maßgebend ist hier allein, dass dem Antragsteller kraft zweier notarieller Verträge der unmittelbare Besitz an den drei Grundstücken eingeräumt wurde. Damit ist er „sonstiger Nutzungsberechtigter“ im Sinne des § 16a Abs. 1 Satz 1 FStrG und damit tauglicher Adressat der Duldungsanordnung. Es war dem Antragsgegner im Hinblick auf den nahen Untersuchungstermin auch nicht zuzumuten, die Frage, ob der Antragsteller ein unmittelbares Besitzrecht hat, ungeklärt zu lassen. Ohnehin ist es für die Kammer vor dem Hintergrund, dass sowohl die Grundstückseigentümer als auch der vermeintliche Pächter ihre Zustimmung zu den Bodenuntersuchungen erklärt haben, nicht nachvollziehbar, warum der Antragsteller sich gegen die Duldungsanordnung zur Wehr setzt, da diese mit keinerlei Kosten für ihn verbunden sind.

34

Es ist offenkundig, dass mit dem Projekt „Ortsumgehung Bad Bergzabern“, dem ein bestandkräftiger Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegt, eine Bauabsicht des Antragsgegners besteht, die Grundstücke Flurstück-Nrn. …, … und …, die der adressierte Antragsteller käuflich erworben hat und auf den der Besitz übergegangen ist, im Bereich des Planfeststellungsbeschlusses liegen (s. Blatt 1 der Verwaltungsakte B 427 – Umgehung Bad Bergzabern, Herr D) und die mit dem Schreiben vom 9. Mai 2016 angekündigten Bodenuntersuchungen notwendig sind, um die Detailplanungen des geplanten Tunnels voranzutreiben (§ 16 a Abs. 1 Satz 1 FStrG).

35

Entgegen der Ansicht des Antragstellers genügt die Duldungsanordnung auch dem Bestimmtheitserfordernis des § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i.V.m. § 37 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG –.

36

Hinreichende Bestimmtheit eines belastenden Verwaltungsakts bedeutet, dass der „Entscheidungssatz“ der Regelung - ggf. im Zusammenhang mit den Gründen - für den Betroffenen klar und unzweideutig erkennen lässt, was von ihm verlangt wird und die Behörde auf der Grundlage der ausgesprochenen Regelung ggf. eine Vollstreckung durchführen könnte. Im Einzelnen richtet sich der Maßstab nach dem jeweiligen Regelungsgehalt und den Besonderheiten des angewendeten materiellen Rechts (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Auflage 2015, § 37 Rn. 5 f.).

37

Die am 9. Mai 2016 gegenüber dem Antragsteller ergangene Duldungsanordnung bezeichnet alle drei Grundstücke, so dass der Antragsteller zweifelsfrei erkennen kann, dass und von welchen Maßnahmen die Grundstücke betroffen sind. Für den Antragsteller geht es im Wesentlichen nur um die Gestattung des Zugangs, auf den er sich ohne weiteres einstellen kann. Dass mögliche Maßnahmen bereits im Vorhinein nicht definitiv beschrieben und angeordnet werden, stellt die nötige Bestimmtheit insgesamt nicht in Frage (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 27. April 2010 – 7 KS 85/09 –, NVwZ-RR 2010, 793). Wo sich, wie hier, eine endgültige Festlegung nach Art und Umfang erst „vor Ort“ treffen lässt, reichen auch beispielhaft – hier die Vornahme eines Schurfs – oder für den Eventualfall benannte Maßnahmen aus (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 18. Juli 2012 – 7 KS 4/12 –, juris; Aust in: Kodal, Straßenrecht, a.a.O., Kapitel 39 Rn. 42.2). Zudem handelt es sich vorliegend um von dem Antragsgegner auszuführende Maßnahmen, die der Antragsteller ebenfalls nur zu dulden hat.

38

Ein Anhaltspunkt dafür, dass die Konkretisierung der Duldungspflicht in dem streitgegenständlichen Bescheid den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzen könnte, ist weder von dem Antragsteller glaubhaft gemacht worden noch sonst ersichtlich.

39

Erfüllt ist auch das Fristerfordernis des § 16a Abs. 2 FStrG, nach dem die Absicht, die in Abs. 1 genannten Arbeiten auszuführen, dem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten mindestens zwei Wochen vorher unmittelbar bekannt zu geben ist. Bereits bei der Festsetzung des konkreten Zeitraums, in dem die Vorarbeiten stattfinden sollen, ist darauf zu achten, dass dieser frühestens zwei Wochen nach Bekanntgabe stattfindet; andernfalls ist die Anordnung rechtswidrig (BVerwG, Beschluss vom 6. Mai 2008 – 9 A 6/08 –, juris). Dem Fristerfordernis ist durch Erlass des streitgegenständlichen Bescheids vom 9. Mai 2016, dem Antragsteller zugestellt am 11. Mai 2016, für die für den 25. Mai 2016 angekündigten Arbeiten Genüge getan.

40

Die das besondere Vollzugsinteresse rechtfertigende Eilbedürftigkeit der angeordneten Erkundungsarbeiten ergibt sich bereits daraus, dass es sich bei dem Neubau der Ortsumgehung Bad Bergzabern im Zuge der B 427 um ein Vorhaben handelt, das im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als vordringlicher Bedarf ausgewiesen ist. Mit der Ausweisung eines Vorhabens für den vordringlichen Bedarf hat der Gesetzgeber auch zeitliche Vorstellungen der Realisierung verbunden, die Rücksicht auf die Bewertung der Interessen an der sofortigen Vollziehung solcher Maßnahmen zulassen (BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 2014 – 9 VR 3/14 –, juris).

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz – GKG –. Dabei legt die Kammer für das vorliegende Eilverfahren die Hälfte des nach 34.2.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 im Hauptsacheverfahren festzusetzenden Streitwertes zugrunde (so auch BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 2014 – 9 VR 3/14 –, juris).

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Gründe 1 Die zulässige Beschwerde der Antragsstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Halle - 6. Kammer - vom 28. Januar 2013, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die fristgerecht dargelegten Gründe beschränkt ist,

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 03. Apr. 2012 - 1 B 10136/12

bei uns veröffentlicht am 03.04.2012

Tenor Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 13. Januar 2012 wird abgeändert. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche der Antragsteller wird nach Maßgabe der folgenden Anordnung abgelehnt:

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 27. Sept. 2011 - 1 S 2554/11

bei uns veröffentlicht am 27.09.2011

Tenor Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24. August 2011 - 4 K 1583/11 - geändert. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Beschlagnahmeanordnung vom 12.08.2011 durch die Antragsgegneri

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 10. März 2009 - 8 C 10435/08

bei uns veröffentlicht am 10.03.2009

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich als Natur
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 20. Mai 2016 - 4 L 378/16.NW.

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 15. Nov. 2018 - 5 L 1337/18.NW

bei uns veröffentlicht am 15.11.2018

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt. Gründe 1 Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 14. Juni 2016 - 4 L 403/16.NW

bei uns veröffentlicht am 14.06.2016

Tenor Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 26. Mai 2016 gegen die Schließungsanordnung der Antragsgegnerin vom 10. Mai 2016 wird wiederhergestellt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin. Der W

Referenzen


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als Naturschutzverband gegen den Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebs Mobilität für den Neubau der Ortsumgehung Bad Bergzabern im Zuge der Bundesstraße Nr. 427 (B 427) vom 12. Februar 2008 in der Gestalt des Ergänzungsbeschlusses vom 11. Februar 2009.

2

Das Vorhaben verschwenkt die bestehende B 427 im Einmündungsbereich der L 492 unter Ausnutzung der Alttrassen nach Westen (ca. 400 m), führt dann durch einen 1.440 m langen Tunnel unter einem Bergrücken (ca. 300 m ü.N.N.) westlich um Bad Bergzabern herum und schneidet sodann ein Weinbaugebiet (ca. 200 m Länge) sowie anschließend das Dörrenbachtal. Die neue Bundesstraße verläuft bis zu dem Knotenpunkt der L 508 mit der B 38 im Süden der Stadt, der in Zukunft südlicher zu liegen kommt. Die Baustrecke beträgt 2.560 m, der Gesamtflächenbedarf ca. 3,1 ha. Die Maßnahme ist aus dem raumordnerischen Entscheid vom 29. Dezember 1994 mit teilweise veränderter Linienführung entwickelt worden. Sie ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als vordringlicher Bedarf ausgewiesen.

3

Im Norden schneidet die Trasse ein 107 ha großes Teilgebiet des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ (Gesamtfläche 34.994 ha) erstmals tangential in einer Länge von ca. 200 m an. Die Flächeninanspruchnahme des Gebiets beträgt ca. 2.200 m² insgesamt, und zwar im Saumbereich der bestehenden Straßen. Davon werden im Bereich des Erlenbachs in einem Umfang von ca. 1.000 m² Auengehölze und Hochstaudenfluren überformt; die Brücke über den Bach wird um weitere 35 m auf 70 m verbreitert. Das Gebiet des Erlenbachs war zunächst als eigenes FFH-Gebiet geplant, ist jedoch - soweit hier relevant - Teil des vorgenannten FFH-Teilgebiets geworden. In einer Entfernung von ca. 350 m zum nördlichen Tunnelmund befindet sich der Eingang des stillgelegten Eisenerzstollens P. inmitten geschlossener Waldflächen, die nach anfänglich selbständiger Aufnahme in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung durch die EU-Kommission ebenfalls in dem FFH-Teilgebiet „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ aufgegangen sind. Die unter Schutz stehenden bzw. gemeldeten Vogelschutzgebiete sind in einer Entfernung von 6 bis 10 km zum Vorhaben gelegen.

4

Das Planaufstellungsverfahren wurde im Januar 2004 eingeleitet. Die Planoffenlage erfolgte vom 12. Juli bis 11. August 2004 (nach vorherigem Hinweis auf die Folgen verspäteten Vorbringens). Im Juli 2005 fand der Erörterungstermin statt. Zu den im Anschluss hieran erstellten weiteren Sachverständigengutachten zum Artenschutz vom September und November 2006 wurde u.a. der Kläger ergänzend angehört. Am 12. Februar 2008 wurde der Planfeststellungsbeschluss erlassen.

5

Nach Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses an den Kläger am 25. März 2008 hat dieser am 25. April 2008 Klage erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend, die habitatschutzrechtliche Verträglichkeitsprüfung sei unzureichend und fehlerhaft. Es fehle an einer ausreichenden Ermittlung und Dokumentation; im Übrigen weise sie Widersprüche auf. Dies gelte nicht nur für die Verträglichkeitsvoruntersuchung aus dem Jahr 2003, sondern auch für die im Dezember 2007 erstellte „vorsorgliche“ Verträglichkeitsprüfung, zu der entgegen Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-Richtlinie keine Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden habe. Es mangele ferner an einer nachvollziehbaren Risikoanalyse. Die Verträglichkeitsprüfung lasse die den Erlenbach säumenden Gehölzreihen aus Schwarz-Erlen außer Acht, die dem prioritären Lebensraumtyp 91E0 zuzuordnen seien. Unberücksichtigt bleibe ferner die Beeinträchtigung von dem Lebensraumtyp „Hainsimsen-Buchenwald“ (9110) zuzuordnenden Flächen und der dort anzutreffenden charakteristischen Vögel. Fehler- und lückenhaft seien vor allem die Ausführungen zur Gefährdung von Fledermäusen, die nur von theoretisch möglichen Jagdaktivitäten oder Durchflügen von Großem Mausohr, Wimperfledermaus und Bechsteinfledermaus ausgingen. Es gebe keine Dokumentation über die Aktivitäten der im nahegelegenen, europaweit wichtigen ehemaligen Bergwerk P. überwinternden mindestens 13 Fledermausarten und der Auswirkungen der Trasse auf diese. Das zur Verhinderung baubedingter Auswirkungen auf das Bergwerk geplante Sprenggutachten habe schon zur Durchführung der Verträglichkeitsprüfung erstellt und in diese einbezogen werden müssen. Unzureichend seien die Erhebungen auch hinsichtlich des Schwarzspechts; er werde nur als Gastvogel behandelt. Für den Bereich des nördlichen Tunnelmundes, einem typischen Schwarzspechthabitat, habe es keine Untersuchung darüber gegeben, ob der Vogel dort niste oder nur unregelmäßig nach Nahrung suche. Als lückenhaft erwiesen sich darüber hinaus die Erhebungen zu einer möglichen Gefährdung des Luchses. Dieser sei in den Wäldern um Dörrenbach gesichtet worden und gegen Kollisionsrisiken abzusichern. Es fehle ferner an einer Erwähnung der Wildkatze, die nach gutachterlichen Erkenntnissen im Raum Bad Bergzabern vorkomme. Die Verträglichkeitsprüfung hätte auf die Erhaltungsziele für die früher vorgesehenen FFH-Gebiete „Stillgelegter Eisenerzstollen P. und Umgebung bei Bad Bergzabern“ und „Erlenbach“ abstellen müssen. Deren Erhaltungsziele seien in ihrer Bedeutung nicht durch die Verschmelzung der Gebiete mit dem „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ entfallen. Das Vorhaben sei auch nach der habitatschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung unzulässig. Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses würden nur pauschal unter Hinweis auf die Planrechtfertigung und den Planfeststellungsbeschluss behauptet und nicht mit den Belangen des Habitatschutzes abgewogen. Dem Vogelschutzrecht werde ebenfalls nicht Rechnung getragen. Das Vorhaben greife in das in der IBA-Liste geführte Vogelschutzgebiet „Haardtrand“ ein. Es handele sich auch nach dem Landespflegerischen Begleitplan um ein für den Vogelschutz bedeutsames Gebiet, für das nach Art. 4 Abs. 4 Vogelschutzrichtlinie geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen seien. Deshalb habe eine Verpflichtung bestanden, Untersuchungen und Eingriffsbewertungen vorzunehmen, um zu Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen zu gelangen. Auch hinsichtlich des Artenschutzrechts fehle es an eigenständigen, lückenlosen und aktuellen Datenerhebungen. Es sei nicht ersichtlich, dass die Gutachten auf einer aktuellen Bewertung der Örtlichkeit beruhten. Deshalb sei der gutachterliche Schluss unzulässig, es würden durch das Vorhaben keine Biotope zerstört, die für die dort wild lebenden streng geschützten Tierarten nicht ersetzbar seien. Nicht nachvollziehbar sei auch die Sachverständigenaussage, für die Wildkatze sei nicht mit einer deutlichen Erhöhung des Zerschneidungseffekts und des Kollisionsrisikos zu rechnen. Die erhebliche Durchschneidung des Reviers durch die Teilstrecken nördlich und südlich der Tunnelausgänge mit ihrem erhöhten Verkehrsaufkommen werde zu ansteigenden Unfallzahlen führen. Deshalb hätten umfangreiche Untersuchungen durchgeführt und Minimierungsmaßnahmen vorgeschlagen werden müssen. Entsprechendes gelte für den Luchs. Es sei auch fehlerhaft, „ins Blaue hinein“ das Vorhandensein etwa von Muscheln, Amphibien, Wildkatzen oder Luchsen für wenig wahrscheinlich oder ausgeschlossen zu halten. Die Betroffenheit der Fledermäuse sei auch in artenschutzrechtlicher Hinsicht nur unzureichend untersucht worden. Das faunistische Gutachten habe es unterlassen, Größe, Erhaltungszustand und Störungsempfindlichkeit der verschiedenen Populationen sowie die Nutzung des Projektgebiets durch diese Tiere zu ermitteln. Der gutachterliche Vorschlag einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 km/h entbehre einer wissenschaftlichen Basis und sei auch nicht in die Planfeststellung eingegangen. Über die Zulässigkeit des Vorhabens habe auch nicht entschieden werden können, ohne vorher zu klären, ob durch die Sprengarbeiten eine nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung des Winterquartiers im Eisenerzstollen eintrete. Die Pflanzung straßenparalleler Gehölze als taugliches Mittel zur Verminderung des Kollisionsrisikos zwischen Fledermäusen und Fahrzeugen greife nicht bei allen Fledermausarten. Niedrig fliegende Fledermäuse wie das Große Mausohr jagten in geringer Höhe über der aufgewärmten Straße, weil dort viele Insekten zu finden seien. Mangels ausreichender Ermittlung des Verhaltens der vorhandenen Fledermäuse sei der pauschale Hinweis des Planfeststellungsbeschlusses auf straßenparallele Gehölzpflanzungen unzureichend. Der Verbotstatbestand nach der Vogelschutzrichtlinie sei ferner verletzt, wenn Bäume beseitigt würden, die baumbrütenden Vögeln (Schwarzspecht, Hohltaube, Waldkauz) zur Brut dienten. Deshalb reiche es nicht, dass Straßenbaumaßnahmen wegen der Nist- und Brutplätze nur außerhalb der Brutzeit durchgeführt werden sollten. Auch der naturschutzrechtliche Ausgleich sei misslungen. Wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt, seien Eingriffe nur unzureichend ermittelt worden. Darüber hinaus differenziere der Planfeststellungsbeschluss nicht zwischen den Ausgleichs- und den nachrangigen Ersatzmaßnahmen. Eine Folgenbewältigung unterbleibe, weil Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen verlegt werden könnten. Es fehle des Weiteren an einer ausreichenden Folgenbewältigung hinsichtlich der Deponierung der in ihrem Volumen zudem zu gering veranschlagten Erdaushubmassen. Nach Verzicht auf eine Deponierung in der Gemarkung D. bleibe offen, welche Flächen stattdessen in Anspruch genommen würden und wie der Transport ohne unzumutbare Belastungen erfolgen könne.

6

Der Kläger beantragt,

7

den Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-Pfalz vom 12. Februar 2008 in der Gestalt des Ergänzungsbeschlusses vom 11. Februar 2009 aufzuheben,

8

hilfsweise,

9

festzustellen, dass dieser Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Er hat den Planfeststellungsbeschluss vom 12. Februar 2008 in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Tunnelherstellung mit Blick auf den Schutz der Fledermäuse im ehemaligen Bergwerk P. inhaltlich ergänzt (vgl. zu den Einzelheiten S. 7 f. der Sitzungsniederschrift).

13

Der Beklagte ist der Auffassung, der Kläger sei mit seinem wesentlichen Klagevorbringen bereits präkludiert, weil er es an entsprechendem Vortrag im Verwaltungsverfahren habe fehlen lassen. Dessen ungeachtet sei der Planfeststellungsbeschluss fehlerfrei ergangen. Das Vorhaben stehe in Einklang mit den Habitatschutzvorschriften. Erhebliche Beeinträchtigungen von Schutzgebieten seien wegen der nur geringen Flächeninanspruchnahme bei bestehender Vorbelastung und der Untertunnelung der Trasse ausgeschlossen. Zu diesem Ergebnis sei bereits die Verträglichkeitsvoruntersuchung des Jahres 2003 gelangt. Die Straßenbaumaßnahme beeinträchtige die für das FFH-Gebiet „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ geltenden Erhaltungsziele jedenfalls nach der umfassenden Verträglichkeitsuntersuchung nicht erheblich. Der prioritäre Lebensraumtyp Auenwälder und der Lebensraumtyp Hainsimsen-Buchenwald seien nicht betroffen; die in der Örtlichkeit vorhandenen Vegetationsbestände seien nach fachwissenschaftlichen Kriterien nicht geeignet, das Vorliegen der Lebensraumtypen zu begründen. In einer worst-case-Betrachtung sei zwar von einer Betroffenheit der Flug- und Jagdrouten von geschützten Fledermäusen (Großes Mausohr, Bechsteinfledermaus, Wimperfledermaus, Mopsfledermaus) auszugehen, allerdings bestehe insoweit keine erhebliche Beeinträchtigung des Erhaltungsziels über den Schutz der Quartiere der Tiere. Durchflüge im weiten Talgebiet seien - auch mit Blick auf die bereits bestehende gleichartige Vorbelastung - weiterhin gewährleistet. Das Flugkollisionsrisiko werde durch die lückenlose hohe Straßenseitenbepflanzung bzw. -abgrenzung schon während der Bauphase gesichert. Zum Schutz der Fledermauswinterquartiere in dem Eisenerzstollen P. sei die Einholung eines Sprenggutachtens vor Ausführung der Baumaßnahme als Monitoring und Risikomanagement geeignet und erforderlich, an das sich ggf. weitere Maßnahmen anschließen könnten. Der Schwarzspecht als relevante charakteristische Art des Schutzgebiets sei nur als Nahrungsgast betroffen. Der Luchs sei im Schutzgebiet nicht anzutreffen, die Wildkatze unter Habitatgesichtspunkten bereits nicht geschützt. Schließlich sei die Straßentrasse jedenfalls nach einer Abweichungsprüfung zulässig. Insbesondere die gesetzliche Bedarfsfeststellung erlaube eine Abweichung. Die Vielzahl der Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen stellten auch die Kohärenz des Natura 2000-Netzes sicher. Beispielhaft insoweit zu nennen seien die Bepflanzungen der Straßen und ihrer Böschungen sowie die Entwicklung von Feuchtwiesenlebensräumen. Das Vorhaben stehe ferner mit dem europäischen Vogelhabitatschutz in Einklang. Bei dem in der IBA-Liste mit einer großräumiger abgegrenzten Fläche enthaltenen „Haardtrandgebiet“, das auch die Fläche der geplanten Straße umfasse, handele es sich nicht um ein faktisches Vogelschutzgebiet, das dem strengen Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 Vogelschutzrichtlinie unterliege. Nachdem das Vogelschutzgebietsausweisungsverfahren auch in Rheinland-Pfalz einen weit fortgeschrittenen Stand erreicht habe, bedürfe es besonderer Darlegung der notwendigen Ausweisung weiterer „geeignetster“ Vogelschutzgebiete. Hieran fehle es. Der Hinweis auf die Erfassung des Gebiets auf der IBA-Liste sei in dieser Situation nicht mehr ausreichend. Dies gelte umso mehr, als für die nach der IBA-Liste im Haardtrandgebiet relevanten Vogelarten keine geeigneten Lebensräume vorhanden seien und deshalb die Tiere dort nicht vorkämen. Der Artenschutz sei in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht fehlerfrei betrachtet worden. Die Untersuchungstiefe sei ausreichend. Sie sei von den naturräumlichen Gegebenheiten abhängig gemacht worden, ohne dass eine quantifizierende Ermittlung aller Artvorkommen erforderlich gewesen sei. Unsicherheiten auch hinsichtlich potentieller Arten und Beeinträchtigungen sei mit worst-case-Betrachtungen begegnet worden. Auf diese Weise sei vielfach die Verwirklichung von Verbotstatbeständen unterstellt worden (z.B. hinsichtlich der Wildkatze, der Fledermäuse), aufgrund der angeordneten landespflegerischen Maßnahmen könnten die Arten jedoch jedenfalls in einem günstigen Erhaltungszustand verbleiben. Dies gelte in Sonderheit für die Fledermäuse, für die eine strukturelle Vorbelastung durch die bestehenden Straße anzuerkennen und eine Überflugleitung durch undurchlässige Gehölzpflanzungen auch für tief fliegende Arten sowie vor Ausführung des Vorhabens eine Sprengbegutachtung im Hinblick auf Auswirkungen für das Quartier Eisenerzstollen P. vorgesehen seien. Die Datengrundlage sei nicht veraltet, zumal sich die bioökologische Situation vor Ort in der Zwischenzeit nicht verändert habe. Auch der naturschutzrechtliche Eingriff werde gesetzeskonform behandelt. Aufgrund der Untertunnelung von über 50 % der Trasse würden vermeidbare Beeinträchtigungen in einem wesentlichen Umfang unterlassen. Im Übrigen seien die im Landespflegerischen Begleitplan enthaltenen Maßnahmen geeignet und erforderlich, Eingriffe in die Natur und Landschaft auszugleichen. Die Möglichkeit einer Verlegung von Maßnahmen auf andere Flächen stehe dem nicht entgegen. Auch die Erdmassendeponierung sei fehlerfrei, insbesondere mit klarer und ausreichender Regelung geplant worden. Nach Aufgabe des ursprünglich vorgesehenen Deponiestandortes auf Flächen der Gemarkung D. aufgrund von Einwänden der Betroffenen, habe der Baulastträger freie Kapazitäten von rund 84.000 m³ im Zusammenhang mit dem Planfeststellungsbeschluss zum Neubau der Bundesstraßen 38/48 aus dem Jahr 1997 in der Gemarkung P.-O. eingebracht, auf die nach Zustimmung der Oberen Naturschutzbehörde die Erdmassen zu verbringen seien. Weitere Standorte zur Lagerung der übrigen Massen habe der Baulastträger aufgezeigt, bezüglich der er nach dem Planfeststellungsbeschluss vor Baubeginn eine Abstimmung vorzunehmen habe; insoweit bleibe ggf. ein ergänzendes Verfahren vorbehalten. Es stehe daher fest, dass eine vollständige Deponierung der Überschussmassen sicherzustellen sei, weshalb es nicht darauf ankomme, in welcher Größenordnung letztlich Überschussmassen anfielen, die sich nach ihrer erneuten Berechnung auf etwa 100.000 m³ beliefen.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die beigezogenen Behördenakten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss in seiner in der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2009 ergänzten Fassung ist unbegründet.

16

Der Kläger ist klagebefugt im Sinne des § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG. Es ist unschädlich, dass er nicht auf eine die Klagebefugnis begründende landesrechtliche Anerkennung nach neuem Recht (§§ 61 Abs. 1 Satz 1, 60 BNatSchG) zurückgreifen kann. Der Kläger ist unter Geltung der Vorgängerregelung des § 29 BNatSchG in der bis zum 3. April 2002 geltenden Fassung vom Beklagten anerkannt worden, was zwar nach Ablauf der in § 69 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG bezeichneten Übergangsfrist zum 3. April 2005 an sich nicht mehr ausreichen dürfte. Die Altanerkennung ist jedoch in eine solche nach neuem Recht überführt worden. Durch § 54 i.V.m. § 67 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG vom 28. September 2005 (GVBl. S. 387) ist die Weitergeltung der früheren Anerkennung mit Rückwirkung zum 4. April 2005 angeordnet worden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.3.2008 , BVerwGE 130, 299 und juris, Rn. 23).

17

Die Klage ist jedoch in ihrem Haupt- sowie in ihrem Hilfsantrag unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss in seiner ergänzten Fassung leidet an keinem Rechtsfehler, der den Kläger in seinen Rechten verletzt und die vollständige oder teilweise Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.

A.

18

Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht aufgrund eines durchgreifenden Verfahrensfehlers zu Stande gekommen, dessen Verletzung der Kläger geltend machen kann. Er beanstandet im Ergebnis zu Unrecht, dass ihm nicht vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses Gelegenheit zur Einsichtnahme in das FFH-Verträglichkeitsgutachten vom Dezember 2007 gegeben worden ist; auf eine fehlende Kenntnisnahmemöglichkeit durch die Öffentlichkeit oder andere Personen bzw. Stellen kann sich der Kläger, der nur die Verletzung von Bestimmungen mit naturschutzrechtlichem Bezug rügen und daher nicht eine umfassende gerichtliche Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses erreichen kann, von vornherein nicht berufen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.11.2007, NuR 2008, 176 und juris, Rn. 14; Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 36).

19

Eine Pflicht zur Auslegung des Gutachtens lässt sich nicht aus §§ 17 a Nr. 6 Satz 1 FStrG i.V. m. § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG herleiten, weil dies voraussetzt, dass die Planung nach Vorlage des Gutachtens geändert worden ist. Dies ist hier nicht der Fall. Auch Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7) - FFH-RL - dürfte keine strengere Auslegung verlangen. Den Hinweis auf die „gegebenenfalls“ anzuhörende Öffentlichkeit wird man als Bezugnahme auf die jeweilige Rechtslage des Mitgliedstaats verstehen müssen. Dies kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben.

20

Denn dem Kläger hätte jedenfalls nach § 39 Abs. 1 Satz 1 LNatSchG die Einsichtnahme in das FFH-Verträglichkeitsgutachten vom Dezember 2007 ermöglicht werden müssen. Danach ist anerkannten Naturschutzvereinen Gelegenheit zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben, zu der das in Rede stehende Gutachten zu zählen sein dürfte, auch wenn ihm eine öffentlich ausgelegte Verträglichkeitsvorprüfung (mit eingeschränktem Prüfungsinhalt) vorangegangen ist.

21

Es kann indes offen bleiben, ob sich der Verfahrensfehler mangels konkreter Möglichkeit einer anderen Entscheidung bei durchgeführter Anhörung bereits als unbeachtlich erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.6.2004, BVerwGE 121, 72 und juris, Rn. 48 m.w.N.; Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 37), denn er ist jedenfalls zwischenzeitlich nach § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG i.V.m. § 17 e Abs. 6 Satz 2, 2. Halbs. FStrG geheilt worden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.6.2004, a.a.O. und juris, Rn. 53 f.). Der Beklagte hat - wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen und vom Kläger nicht bestritten - während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine nachträgliche Anhörung des Klägers vorgenommen, indem er diesem das Verträglichkeitsgutachten vom Dezember 2007 schriftlich zur Verfügung gestellt und Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hat (vgl. Schriftsatz des Beklagten an den Kläger vom 15. Januar 2009). Da insoweit nur von einem teilweisen, nicht aber von einem vollständigen oder weitgehenden Ausfall der Beteiligung des klagenden Naturschutzvereins gesprochen werden kann, stehen der Heilung des unterstellten Verfahrensfehlers auch aus sonstigem Grund keine Bedenken entgegen.

B.

22

Eine Verletzung materieller Vorschriften, soweit der Kläger solche wegen eines naturschutzrechtlichen Bezugs rügen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.11.2007, a.a.O. und juris, Rn. 14; Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 36), lässt sich ebenfalls nicht erkennen.

I.

23

Die Planrechtfertigung für das planfestgestellte Vorhaben ist gegeben. Ob dieses Planerfordernis von einem anerkannten Naturschutzverein trotz dessen beschränkter Rügebefugnis (§ 61 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG) beanstandet werden kann, bedarf daher keiner Klärung (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 42). Das Vorhaben ist erneut in dem maßgeblichen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz (vgl. BGBl. 1993 I, S. 1877; BGBl. 2004 I, S. 2574) als vordringlicher Bedarf ausgewiesen worden. Diese Regelung ist für die Planfeststellung - auch im gerichtlichen Verfahren - verbindlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.6.2004, a.a.O. und juris, Rn. 55; Beschluss vom 23.11.2007, a.a.O. und juris, Rn. 5, jeweils m.w.N.) und wurde von dem Kläger auch nicht in der erforderlichen Art und Weise in Zweifel gezogen.

II.

24

Der in seiner Änderungsfassung zu betrachtende Planfeststellungsbeschluss weist keine Mängel hinsichtlich des FFH-Gebietsschutzes auf, wegen derer der Kläger seine Aufhebung oder die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit verlangen könnte. Das Vorhaben führt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“, zumindest liegen die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung vor (§ 27 Abs. 1, 2 LNatSchG).

25

Projekte sind nach § 27 Abs. 1 Satz 1 LNatSchG vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung hin zu überprüfen. Sie dürfen grundsätzlich nur zugelassen werden, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass das Projekt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des jeweiligen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Sind erhebliche Beeinträchtigungen nach den Ergebnissen der Verträglichkeitsprüfung zu besorgen, so ist das Projekt vorbehaltlich einer Abweichungsprüfung unzulässig (§ 27 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 LNatSchG). Bei der Verträglichkeitsprüfung handelt es sich um eine Einzelfallbewertung, die wesentlich von naturschutzfachlichen Feststellungen und Bewertungen abhängt.

26

1. Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung ist das bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses förmlich festgesetzte FFH-Gebiet „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“. Dieses Gebiet steht jedenfalls seit dem Beschluss der EU-Kommission vom 13. November 2007 bzw. dessen Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 15. Januar 2008 (L 12/383) europarechtlich förmlich unter Schutz (vgl. Art. 4 Abs. 2, 4 FFH-RL, § 33 Abs. 1, 2 BNatSchG). Eine entsprechende Unterschutzstellung auf nationaler Ebene besteht nach dem Vortrag des Beklagten seit dem 3. Landesgesetz zur Änderung des Landespflegegesetzes vom 24. Mai 2004 (GVBl. S. 275), zumindest aber seit dem Inkrafttreten des Landesnaturschutzgesetz vom 28. September 2005 (LNatSchG; GVBl. S. 387). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Verträglichkeit ist der Erlass des Planfeststellungsbeschluss - hier in seiner in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgesprochenen Änderungsfassung vom 11. Februar 2009 -, ggf. unter Berücksichtigung zwischenzeitlich erfolgter, im Sinne der Planerhaltung wirkender Rechts- und Sachänderungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 63, 256; Urteil vom 9.7.2008 , NuR 2009, 112 und juris, Rn. 87). Das Vorhaben ist daher auf seine Vereinbarkeit mit den für das FFH-Gebiet „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ geltenden Gebietsgrenzen und Schutzgegenständen hin zu beurteilen. Es kommt nicht (mehr) auf die Erhaltungsziele für die in der Auswahl- und Aufbauphase des Europäischen Netzes 2000 (vgl. § 32 f. BNatSchG) vom Beklagten herausgearbeiteten FFH-Gebietsvorschläge „Stillgelegter Eisenerzstollen P.“, „Erlenbach“ und „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ in den seinerzeitigen Grenzen an, wie sie der Verträglichkeitsvorprüfung 2003 noch zugrunde gelegen haben. Dessen ungeachtet bestehen aber auch keine gewichtigen Unterschiede hinsichtlich Schutzgegenstand und Erhaltungszielen zwischen den seinerzeit vorgesehenen Einzelgebieten und dem aktuellen und deshalb hier maßgeblichen FFH-Gebiet „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“.

27

2. Die behördliche Verträglichkeitsprüfung kann sich hinsichtlich der Wahrung des Habitatschutzes auf die Verträglichkeitsuntersuchung vom Dezember 2007 stützen. Das Gutachten ist in Ansatz und Durchführung plausibel. Auch unter Berücksichtigung der seitens des Klägers erhobenen Rügen lässt sich nicht feststellen, dass die vom Vorhabenträger in das Planfeststellungsverfahren eingebrachte Verträglichkeitsuntersuchung maßgebliche Gebietsbestandteile des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ fehlerhaft erfasst und bewertet oder die Einwirkungen auf diese mangelhaft ermittelt und beurteilt hat. Die angewandten Ermittlungs- und Bewertungsmethoden unterliegen keiner Beanstandung. Es ist auch nicht erkennbar, dass sie hinter dem Standard der „besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse“ zurückbleiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 73, 94, m.w.N.). Dem Sachverständigengutachten kann insbesondere nicht vorgehalten werden, es mache sich veraltetes und nur unzureichend in die Tiefe gehendes Ermittlungsmaterial zu Eigen.

28

Das Verträglichkeitsgutachten vom Dezember 2007 baut auf den im Planungsverfahren seit 1998 erstellten, jeweils auf erneuten Gebietsbegehungen beruhenden diversen Naturschutzsachverständigengutachten auf, die vorhandene Erkenntnisse und Fachliteratur einbeziehen, und prüft auf dieser Grundlage die Verträglichkeit des Vorhabens mit den für das FFH-Gebiet geltenden Erhaltungszielen (vgl. S. 4, 10 ff. des Gutachtens). Dieses auf Erkundungen vor Ort sowie auf Erkenntnisse und Fachliteratur gestützte Vorgehen unterliegt weder grundsätzlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.7.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 59 ff.) noch im vorliegenden Fall einer Beanstandung.

29

Ausgangspunkt auch der Verträglichkeitsbegutachtung ist der Landespflegerische Begleitplan vom Dezember 1999/Juli 2003 mit der Darstellung der naturräumlichen Struktur und der Herausarbeitung der vorkommenden Biotoptypen, die auf einer Geländeerfassung beruht (vgl. S. 2 des Landespflegerischen Begleitplans). Ermittlungen in der Örtlichkeit einschließlich Kartierungen hat es auch bezüglich der im Vorhabengebiet vorkommenden Fledermäuse und Vögel gegeben; sie haben ihren Niederschlag in dem faunistischen Gutachten vom Oktober 1998 gefunden (vgl. S. 3 des Gutachtens). Vor der Erstellung der Verträglichkeitsvoruntersuchung im Jahr 2003, den beiden Artenschutzgutachten im Jahr 2006 und nochmals vor Erarbeitung der Verträglichkeitsprüfung im Dezember 2007 hat es - bestätigt von den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung - jeweils Begehungen des Vorhabengebiets gegeben, die zum Ergebnis hatten, dass Strukturveränderungen in dem Gebiet seit den ersten Erhebungen im Jahr 1998 (vor Erstellung des Landespflegerischen Begleitplans) nicht festgestellt werden konnten (vgl. auch S. 7, 9 des Artenschutzgutachtens September 2006; S. 10 der Stellungnahme zu den Einwänden bezüglich der Artenschutzgutachten). Daneben wurden, wie die Gutachten im Einzelnen ausführen, vorhandene Erkenntnisse und umfangreiche Literatur herangezogen.

30

Dieses Vorgehen, das auf fortlaufende Einbeziehung der aktuellen Verhältnisse in der Örtlichkeit basiert und sich deshalb nicht dem Vorwurf ausgesetzt sehen muss, es beruhe auf einer veralteten Tatsachengrundlage, ist zulässig, denn es besteht keine Pflicht, ungeachtet konkreter Anhaltspunkte bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Planfeststellungsbeschluss fortwährend nachzuermitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 89). Es ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden.

31

Für die Verträglichkeitsprüfung bedurfte es - mit Blick auf das betreffende FFH-Gebiet und das Vorhaben - entgegen der Ansicht des Klägers nicht einer flächendeckenden und umfassenden Ermittlung des floristischen und faunistischen Inventars (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 72 ff.), auch nicht weitergehender Feststellungen hinsichtlich Umfang, Erhaltungszustand und Störungsempfindlichkeit der betroffenen Flora und Fauna. Eine Ermittlung ist nur soweit erforderlich, wie der Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung reicht. Erfasst und bewertet werden müssen nur die maßgeblichen Gebietsbestandsteile unter Berücksichtigung der für sie geltenden Erhaltungsziele, wobei der Behörde bei der Erfassung und Bewertung von Lebensraumtypen und Arten mangels normativer Vorgaben eine fachliche Einschätzungsprärogative zuzuerkennen ist (vgl. BVerwG, wie vor; Urteil vom 9.7.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 58). Allein hierauf ist die Bestandsaufnahme im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung ausgerichtet. Die Untersuchungstiefe hängt dabei maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die Ausstattung des Gebiets zu, so kann es mit der gezielten Erhebung der insoweit relevanten Daten sein Bewenden haben. Ein Ermittlungsaufwand, der keine zusätzlichen Erkenntnisse verspricht, ist nicht erforderlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.3.2008, NuR 2008, 495, 498 f.). Es ist daher auch eine Dokumentation der Mengenanteile der Kennarten regelmäßig nicht erforderlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 83). So auch hier nicht. Das angegriffene Verträglichkeitsgutachten hat die geschützten Lebensraumtypen und Arten nämlich nach ihrer Repräsentativität, ihrem Erhaltungszustand und ihrem Gesamtwert in dem Gebiet dargestellt (vgl. S. 5 ff. des Verträglichkeitsgutachtens Dezember 2007) und sodann die Auswirkungen des Vorhabens auf das vorhandene Inventar unter Berücksichtigung der Erhaltungsziele beurteilt (vgl. S. 16 ff. des Gutachtens). Dies ist vorliegend ausreichend. Es ist unschädlich, dass die Erfassung und Bewertung des geschützten Inventars auf der Grundlage des Landespflegerischen Begleitplans erfolgt ist, der letztlich auf die Abarbeitung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung mit ihren notwendigen Kompensationsmaßnahmen nach §§ 9, 10 LNatSchG ausgerichtet ist. Der Begleitplan stellt eine aussagekräftige Grundlage auch für die Verträglichkeitsprüfung dar, denn er nimmt eine naturräumliche Gesamtaufnahme vor, die insbesondere auf die Ermittlung von vorkommenden Biotoptypen gerichtet ist (vgl. S. 2 f. des Landespflegerischen Begleitplans). Hinzu gekommen ist, wie bereits angesprochen, eine nochmalige Begehung auch vor Fertigung des Verträglichkeitsgutachtens, die eine Strukturveränderung des Gebiets nicht feststellen konnte. Angesichts der Langzeitbetrachtung der Vorhabenfläche ist nicht erkennbar, inwieweit Lebensraumtypen oder Arten mit Blick auf die Erhaltungsziele in ihrer Bedeutung, die sie in der Örtlichkeit haben, nicht Rechnung getragen worden ist. Die Notwendigkeit einer weiterreichenden Datenerhebung zur Prüfung des Vorhabens mit den Habtitatschutzvorschriften musste sich nicht aufdrängen. Der Kläger hat auch nicht konkret aufgezeigt, dass die Verträglichkeitsprüfung vom Dezember 2007 mit ihrem eigenen Rechtsregime nicht auf der Grundlage der Feststellungen des Landespflegerischen Begleitplans und des faunistischen Gutachtens - mit den dortigen teilweise in anderem Rechtszusammenhang stehenden Bewertungen - vorgenommen werden konnte.

32

Die von dem Kläger ebenfalls erhobene Beanstandung, es hätten seinerzeit Grunddatenerfassungen zur Berichtspflicht und dem Gebietsmanagement gefehlt (vgl. S. 3 f., 9 des Verträglichkeitsgutachtens Dezember 2007), hinderte nicht die Verträglichkeitsprüfung nach § 27 LNatSchG. Diese Erhebungen beziehen sich auf nach Art. 6 Abs. 1 und 2 FFH-RL bzw. § 25 Abs. 2 Satz 4 LNatSchG bestehende Pflichten, die hier nicht in Rede stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 203).

33

3. Das planfestgestellte Vorhaben führt - jedenfalls unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung erfolgten Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses - nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ in seinen Erhaltungszielen im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG. Dieses Ergebnis der von dem Beklagten durchgeführten Verträglichkeitsprüfung hält einer rechtlichen Überprüfung Stand.

34

a) Dabei ist die gerichtliche Prüfung insoweit bereits von vornherein beschränkt, als der Kläger mit seinen Klageeinwendungen gemäß § 61 Abs. 3 BNatSchG präkludiert ist. Dieser Ausschluss ist gegeben, soweit er die Verkennung des Betroffenseins von geschützten prioritären Schwarzerlen am Erlenbach (LRT 91E0) sowie des Hainsimsenbuchenwalds (LRT 9110), eine erhebliche Beeinträchtigung von Hochstaudenfluren im Bereich des Erlenbachs (LRT6430) und die Unzulässigkeit der Überformung dieses Bachs geltend macht.

35

Nach der hier zu prüfenden Vorschrift des § 61 Abs. 3 BNatSchG, die § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a.F. und dem geltenden § 17 a Abs. 7 Satz 2 FStrG (vgl. § 24 Abs. 1 FStrG) mit Blick auf den Zeitpunkt des Anhörungsverfahrens vorgeht, ist der Naturschutzverband im gerichtlichen Verfahren über den Planfeststellungsbeschluss mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die er im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht hat, aber auf Grund der ihm überlassenen oder von ihm eingesehenen Unterlagen zum Gegenstand seiner Äußerung hätte machen können. Dabei korrespondiert dem naturschutzrechtlichen Verbandsklagerecht eine besondere Mitwirkungslast der Naturschutzvereine dahin, bei ihren Rügen im Verwaltungsverfahren mindestens Angaben darüber zu machen, welches Schutzgut des Naturschutzrechts durch ein Vorhaben betroffen ist und in welcher Hinsicht ihm Beeinträchtigungen drohen; entsprechendes gilt für die räumliche Zuordnung. Auch wenn von den Naturschutzvereinen keine tief greifende naturschutzrechtliche Darlegung mit wissenschaftlichem Anspruch oder eine zutreffende rechtliche Einordnung abverlangt werden kann, müssen sie aufgrund ihrer Mitwirkungslast im Anhörungsverfahren wenigstens grob bzw. schlagwortartig anführen, welches FFH-Gebiet von dem Vorhaben konkret betroffen sein und woraus sich aus seiner Sicht eine Beeinträchtigung des Schutzwecks und der Erhaltungsziele des besagten FFH-Gebiets ergeben könnte. Je umfangreicher und intensiver die vom Vorhabenträger bereits erfolgte Begutachtung und fachliche Bewertung insbesondere im Landespflegerischen Beitrag ausgearbeitet ist, umso intensiver muss auch die Auseinandersetzung mit dem vorhandenen Material ausfallen. Insbesondere dann aber, wenn ein Verein in seinen Einwendungen Ermittlungsdefizite rügt, die aus seiner Sicht einem vorgelegten Gutachten anhaften, ist von ihm zu erwarten, dass er diesen Vorwurf hinreichend substantiiert und diejenigen örtlichen Vorkommen von Flora und Fauna benennt, für die durch das Vorhaben etwa unter dem Aspekt des Habitatschutzes Risiken entstehen können. Ohne ein in dieser Weise substantiiertes Gegenvorbringen zum erarbeiteten Schutzkonzept verfehlt die Anhörung der anerkannten Naturschutzvereine ihren Sinn, ihren Sachverstand in ähnlicher Weise wie Naturschutzbehörden in das Verfahren einzubringen (zu Vorstehendem vgl. BVerwG, Urteil vom 2.1.2004, BauR 2004, 964 und juris, Rn. 27; Beschluss vom 23.11.2007, a.a.O. und juris, Rn. 31).

36

Diesen Anforderungen an das Verhalten im Verwaltungsverfahren hat der klagende Verein hinsichtlich des genannten Klagevortrags nicht Rechnung getragen. Er hat sich zwar mit Einwendungsschreiben vom 24. August 2004 sowie vom 14. und 15. Februar 2007 und sodann im Erörterungstermin geäußert. Er hat indes nur in sehr allgemeiner Weise - ohne Bezug auf ein FFH-Gebiet - bemängelt, dass die Erfassung von Flora und Fauna unzureichend erfolgt sei. Das Vorhanden- bzw. Betroffensein von geschützten (prioritären) Schwarz-Erlen und von Hainsimsen-Buchenwald hat er, obgleich sich diesbezügliche Ausführungen den seinerzeit ausgelegenen Unterlagen - dem Landespflegerischen Begleitplan und der Verträglichkeitsvorprüfung 2003 - entnehmen lassen (vgl. S. 10, 13 f., 15, 40 des Landespflegerischen Begleitplans; S. 2 bis 4, 8 der Verträglichkeitsvorprüfung), erstmals im Klageverfahren geltend gemacht. Vergleichbares gilt hinsichtlich der Beeinträchtigung von geschützten Hochstaudenfluren, deren Überformung in den ausgelegten Unterlagen ausdrücklich angesprochen wird (vgl. S. 10 f., 13, 15, 21, 29 f. des Landespflegerischen Begleitplans; S. 3, 6, 8 der Verträglichkeitsvorprüfung), nicht aber von dem klagenden Verein im Verwaltungsverfahren. Die Überformung des Erlenbachs hat der Kläger ebenfalls nicht bereits im Verwaltungsverfahren, sondern erstmals mit der Klage aufgegriffen; in den ausgelegten Unterlagen haben sich hierzu jedoch Darstellungen befunden (vgl. S. 10 ff., 25 f. des Landespflegerischen Begleitplans; S. 6, 8 der Verträglichkeitsvorprüfung). Der Kläger hat die Präklusion hinsichtlich dieser letztgenannten Einwendung auch in der mündlichen Verhandlung - unter Berücksichtigung seiner Rügen auf S. 4 des Schriftsatzes vom 24. August 2004 zur Überbrückung des Mückentalbachs - eingeräumt.

37

b) Erhebliche Beeinträchtigungen des einschlägigen Erhaltungsziels „Erhaltung oder Wiederherstellung von möglichst ungestörten Fledermausquartieren“ (vgl. Nr. 6812-301 der Anlage 1 der Landesverordnung über die Erhaltungsziele in den Natura 2000-Gebieten in der Fassung vom 18. Juli 2005, GVBl. 323; vgl. auch die Fassung vom 22.12.2008, GVBl. 2009, 4) sind hinsichtlich der vier im Einwirkungsbereich der Maßnahme vorkommenden und im FFH-Gebiet „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ geschützten Fledermausarten Großes Mausohr, Wimperfledermaus, Bechsteinfledermaus und Mopsfledermaus - insoweit ist das Klagevorbringen nicht nach § 61 Abs. 3 BNatSchG präkludiert - nicht festzustellen.

38

Ob ein Projekt das betreffende Schutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele bedeutsamen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der maßgeblichen Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinition des Art. 1 Buchst. e und i FFH-RL (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.1.2007 , BVerwGE 128, 1 und juris, Rn. 43 ff., 77). Ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben. Die Verträglichkeitsprüfung ist dabei nicht auf ein „Nullrisiko“ auszurichten. Ein Projekt ist vielmehr dann zulässig, wenn nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden. Um zu einer verlässlichen Beurteilung zu gelangen, muss die Verträglichkeitsprüfung die „besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse“ berücksichtigen. Bei Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge kann mit Prognosewahrscheinlichkeiten oder worst-case-Betrachtungen gearbeitet werden. Zugunsten des Projekts dürfen bei der Verträglichkeitsprüfung die vom Vorhabenträger geplanten oder im Rahmen der Planfeststellung behördlich angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden, wenn sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (vgl. zu Vorstehendem BVerwG, Urteil vom 17.1.2007 , a.a.O. und juris, Rn. 53 ff.; Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 94).

39

Die Einschätzung der Planfeststellungsbehörde (vgl. S. 91 des Planfeststellungsbeschlusses) auf der Grundlage der Verträglichkeitsprüfung vom Dezember 2007, dass unter Beachtung der planfestgestellten Vorkehrungen die für die Fledermäuse durch das Vorhaben zu erwartenden Risiken sicher beherrschbar sind, hält der gerichtlichen Überprüfung stand.

40

aa) Der Kläger vermag das in Ansatz und Durchführung nachvollziehbare Verträglichkeitsgutachten gerade mit Blick auf diese Tiere in seiner Aussagekraft nicht zu erschüttern. Dies gilt insbesondere insoweit, als der Kläger eine unzutreffende Ermittlung und Bewertung der Verhältnisse der Fledermäuse beanstandet. Ihr Erhaltungszustand im Vorhabenbereich wird als hervorragend bezeichnet, ihre Bedeutung in dem Gebiet deutlich herausgestellt und das vom Vorhaben überformte Teilgebiet als Fledermausjagdgebiet ebenso wie der Erzstollen P. als nächstgelegenes Winterquartier als bedeutsam anerkannt (vgl. S. 3, 9, 11, 12 f., 16, 17, 19 f. des Verträglichkeitsgutachtens). Vor diesem Hintergrund, aber auch mit Blick auf das für das FFH-Gebiet festgelegte (beschränkte) Erhaltungsziel „Erhaltung oder Wiederherstellung von möglichst ungestörten Fledermausquartieren“ und die zur Verhinderung der hierfür relevanten Zerschneidungswirkung und des Flugkollisionsrisikos vorgesehene Leithilfe (lückenlose Bepflanzung der Straßenränder im Norden des Vorhabens [Maßnahmen A 7, G 1, G 2] nebst Straßenunterquerungen an den Bächen) waren weitere Ermittlungen, etwa zur genauen Größe und zum konkreten Zustand der Populationen u.a. der Bechsteinfledermaus (vgl. S. 3 des Gutachtens Dr. P. vom 21.2.2009), nicht zu verlangen, zumal das Vorhaben einen in naturfachlicher Hinsicht mit einer breiten Grünbrücke vergleichbaren Tunnel beinhaltet (vgl. zu den Maßnahmen im Einzelnen das Nachfolgende). Beachtlich ist weiter, dass die Lage der Lebensräume, Jagdgebiete und Austauschbeziehungen ermittelt worden waren; sie sind in dem Bestands- und Konfliktplan 12.3 (Blatt K 1) als Anlage zum Planfeststellungsbeschluss dargestellt. Der Kläger hat daher nicht deutlich machen können, inwieweit zusätzlich zu den Detektoruntersuchungen und Netzfängen einerseits sowie auf Informationen der Bevölkerung und Kastenkontrollen zurückgehende Literatur, die im Rahmen der Erstellung des faunistischen Gutachtens herangezogen worden sind, Telemetrieerhebungen nicht nur grundsätzlich dem Standard der Erfassungstechnik entsprechen, sondern auch im vorliegenden Verfahren erforderlich gewesen wären, um das Vorhaben in dem Randbereich des FFH-Gebiets auf seine Vereinbarkeit mit dem genannten Erhaltungsziel zu beurteilen (vgl. zum Maßstab der naturfachlichen Einschätzung BVerwG, Urteil vom 9.7.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 74).

41

bb) Eine unmittelbare Beeinträchtigung von Fledermausquartieren im Vorhabenbereich, soweit er in das FFH-Gebiet hineinragt, kann nach dem Verträglichkeitsgutachten 2007 (vgl. S. 12; S. 9 des faunistischen Gutachtens) ausgeschlossen werden, weil Lebensstätten dieser Art in der Örtlichkeit nicht festgestellt werden konnten. Dies hat das jüngste Gutachten der Beratungsgesellschaft NATUR dbR vom 20.1.2009 bestätigt (vgl. S. 2 f.).

42

Nach dem Gutachten vom Dezember 2007 indes nicht ohne weiteres unbeachtet bleiben können hingegen mittelbare Beeinträchtigungen von Fledermausquartieren im FFH-Gebiet, etwa im ehemaligen Eisenerzstollen P.. Mit dem Vorhaben können nämlich Zerschneidungs- und Kollisionsrisiken für die vier unter Schutz stehenden Fledermausarten verbunden sein, deren Flug- und Jagdrouten im allgemein als Fledermausjagdgebiet anerkannten Talraumkomplex von Erlenbach und Mückentalbach in einer worst-case-Betrachtung gutachterlich als betroffen unterstellt wurden (vgl. S. 16 des Verträglichkeitsgutachtens Dezember 2007). Diese Risiken werden jedoch durch straßenflankierende Maßnahmen sicher aufgefangen. Mit der im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen hohen lückenlosen Gehölzpflanzung bzw. der Errichtung eines engmaschigen Drahtzauns im nördlichen Teil der Straße - außerhalb des Tunnels - schon mit Beginn der Bauphase als Überleithilfe (vgl. S. 13 des Planfeststellungsbeschlusses unter 6.; Maßnahmen A 7, G 1, G 2) können erhebliche Beeinträchtigungen der Fledermausquartiere infolge Zerschneidung der Flug- und Jagdrouten sowie Kollisionen der Tiere mit Fahrzeugen ausgeschlossen werden (vgl. S. 19 des Verträglichkeitsgutachtens vom Dezember 2007). Bedenken an der Geeignetheit dieser Maßnahme lassen sich nicht mit der seitens des Klägers geäußerten Befürchtung begründen, ein Absterben der Pflanzen etwa aufgrund unsachgemäßen Rückschnitts gewährleiste nicht eine dauerhaft funktionierende Überleithilfe (vgl. S. 4 des Gutachtens Dr. P. vom 21.2.2009). Aus der genannten Auflage im Planfeststellungsbeschluss ist zu entnehmen, dass die Überleithilfe dauerhaft einzurichten ist; hierzu ist der Vorhabenträger verpflichtet. Eventuelle Vollzugsprobleme im Sinne des klägerischen Vorbringens stehen nicht im Widerspruch zur Annahme eines sicheren Ausschlusses von Zerschneidungs- und Kollisionsrisiken zum Nachteil der Fledermäuse, zumal es dem Vorhabenträger unbenommen bleibt, den während der Bauzeit zu errichtenden engmaschigen Drahtzaun als dauerhafte Einrichtung zu erhalten.

43

Die durch die Überleithilfe erzeugte Wirkung wird verstärkt durch weitere Maßnahmen, die in der dichten Einpflanzung des nördlichen Tunnelmundes, dem Einbringen von das Durchfliegen der Tiere ermöglichenden Rohren/Durchgängen am Mückentalbach und Erlenbach (etwa für niedrig fliegende Fledermäuse wie die Wimpernfledermaus) sowie die Verwendung von Natriumdampf-Niederdrucklampen (vgl. S. 13 des Planfeststellungsbeschlusses unter 9.), die das Vorkommen von den Fledermäusen als Nahrung dienenden Insekten im Bereich der Straßenlampen reduzieren (vgl. auch S. 16 des faunistischen Gutachtens), bestehen (bestätigt durch S. 4 f. der gutachterlichen Stellungnahme der Beratungsgesellschaft NATUR dbR vom 20.1.2009). Es ergeben sich von daher sowie nach den bestätigenden Ausführungen der Sachverständigen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung keine Anhaltspunkte für die Annahme, für die in niedriger Höhe sich fortbewegenden Fledermäuse sei trotz der kompensierenden Maßnahmen von einer erheblichen Beeinträchtigung des Erhaltungsziels „Schutz von Fledermausquartieren“ auszugehen (vgl. zur Geeignetheit insbesondere der dichten Überflughilfe auch BVerwG, Beschluss vom 13.3.2008, NuR 2008, 495, 499). Dass die Rohrdurchlässe an dem Mückentalbach und dem Erlenbach nur über einen maximalen Durchlass von jeweils ca. 2 x 2 m verfügen, steht ihrer Wirksamkeit - entgegen der Auffassung des Klägers (vgl. S. 3 f. des Gutachtens Dr. P. vom 21.2.2009) - vorliegend nicht entgegen: Sie sollen zum einen eine – gutachterlich ausdrücklich gebilligte (vgl. S. 4 des Gutachtens Dr. P.) - trichterförmige Zuleitung erfahren, dienen andererseits auch nur der Ergänzung der Überleitungshilfe über die Straße. Des Weiteren ist auch die Toleranz der Tiere gegenüber den bestehenden Straßen - dies gilt für alle geschützten Fledermausarten - in die Beurteilung einzustellen (vgl. S. 19 des Verträglichkeitsgutachtens Dezember 2007). Nicht zuletzt ist nur ein kleinteiliger Jagdbereich des Talbereichs von dem Projekt betroffen, Jagdräume der Tiere bestehen zudem in den angrenzenden Bereichen innerhalb des FFH-Gebiets sowie in den nach den planerischen Maßnahmen neu zu schaffenden Feuchtwiesenräumen und dem Extensivgrünland (Maßnahmen bspw. nach A 13, A 14, A 24, A 28, E 1, E 4.1). Diese Bewertung hat der Kläger nicht als fachlich unvertretbar in Abrede gestellt.

44

Jedenfalls die eine Zerschneidungs- und Kollisionswirkung praktisch ausschließende Überleitungshilfe (bestehend aus einer geschlossenen Pflanzung bzw. einem engmaschigen Drahtzaun an den Straßenseiten im Anschluss an den als breite Grünbrücke wirkenden Tunnel bereits ab der Bauphase bzw. den ergänzenden Durchflugshilfen an den straßennahen Bächen) und das Anbringen von (weniger Insekten anziehenden) Niederdrucklampen stellen nach allgemeinem Erkenntnisstand - erhebliche Beeinträchtigungen im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 LNatSchG ausschließende - Schutz- und Kompensationsmaßnahmen dar, die gewährleisten, dass ein günstiger Erhaltungszustand der geschützten Arten in ihrem Verbreitungsgebiet und mit Blick auf ihre Populationsgröße stabil bleibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.1.2007 , a.a.O. und juris, Rn. 53; Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 94). Sie sollen auch zum Schutz der im FFH-Gebiet liegenden Fledermausquartiere schon den Eintritt von Trennwirkungen und Kollisionsrisiken ausschließen und nicht erst einen Ausgleich für eingetretene Wirkungen schaffen. Sie stellen die Vermeidung von erheblichen Beeinträchtigungen der geschützten Fledermausquartiere von Anfang an sicher, ohne dass die Tiere zu (gefährlichen) Straßenquerungen nördlich der Planmaßnahme an der B 492 gezwungen würden, zumal dort schützende Baumreihen die Straße säumen. Diese Wertung entspricht allgemein anerkanntem Fachstand (vgl. S. 19 des Verträglichkeitsgutachtens; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 13.3.2008, NuR 2008, 495, 499), den der Kläger lediglich verbal angegriffen hat, ohne einen konkreten fachwissenschaftlich notwendigen Nachbesserungsbedarf unter Berücksichtigung der Verhältnisse vor Ort - insbesondere der gewählten Tunnellösung in einem schon bisher von Straßen durchzogenen und damit vorbelasteten Bereich - aufzuzeigen. Dies gilt auch, soweit der Kläger das Anbringen von zusätzlichen abstrahlungsarmen Niederdrucklampen im Eingang des nördlichen Tunnelmundes und eine Baulichtvermeidung in diesem Bereich fordert (vgl. S. 4 f. des Gutachtens Dr. P. vom 21.2.2009). Insoweit kommt auch die weitere Auflage zum Tragen, wonach bei der Straßenbeleuchtung darauf zu achten ist, dass so wenig wie möglich Licht in die Landschaft abstrahlen kann (vgl. S. 13 Nr. 9 des Planfeststellungsbeschlusses). Das mit der Planung verfolgte Lösungskonzept bestätigen indes vielmehr auch die vom Kläger vorgelegte Stellungnahme des Arbeitskreises Fledermausschutz Rheinland-Pfalz vom 11. März 2008 (Bl. 48 f. der Gerichtsakte) und - auch für in niedriger Höhe jagende Fledermäuse - die Ausführungen im Rahmen der Darstellung einer Detektoruntersuchung vom Oktober 2008 (Bl. 252 ff. der Gerichtsakte, die eine (dichte) Überleitungshilfe als (ausreichendes) Mittel der Wahl benennen.

45

Diese Schadensminderungsmaßnahmen gewähren einen nachweislich wirksamen Schutz im Sinne vorgenannter Rechtsprechung auch mit Blick auf die seitens des Klägers angeführte Zunahme des Verkehrs auf der neuen B 427 gegenüber dem bisherigen geringeren Verkehrsfluss auf der L 492 (nördlich des Tunnels; vgl. S. 4 des Gutachtens Dr. P. vom 21.2.2009). Es ist nicht ersichtlich und von dem Kläger auch nicht dargelegt, dass die Funktion und die Wirksamkeit einer Überleitungs- und Durchflugshilfe von der Verkehrsdichte einer bestehenden, unverändert zweispurigen Straße in einer Art und Weise abhängig sind, die ihre vorbeschriebene Wirkungsweise maßgeblich verändert oder sogar ausschließt. Weil die Überleitungshilfe nach dem Planfeststellungsbeschluss schon in der Bauphase herzustellen ist, werden auch von dem Bauverkehr drohende Zerschneidungs- und Kollisionsrisiken abgedeckt. Im Übrigen bestehen zwingende Bauausführungsregelungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbare Einwirkungen aller Art zu verhindern suchen (vgl. S. 17 f. des Planfeststellungsbeschlusses).

46

Auch weitere betriebsbedingte Auswirkungen des Straßenneubaus wie Verkehrslärm, Abgase und sonstige mit Straßenverkehr einhergehende Veränderungen (Bodenabrieb, Feinstaub) begründen keine erheblichen Beeinträchtigungen der im FFH-Gebiet geschützten Fledermausquartiere. Dies hat die Verträglichkeitsbegutachtung vom Dezember 2007 nachvollziehbar ergeben (vgl. S. 17 ff.). In der mündlichen Verhandlung konnten die Sachverständigen des Beklagten dies bestätigen und insbesondere überzeugend darlegen, dass die Seitenbepflanzung an der Straße wie eine Lärmschutzwand wirke und die Praxis auch unter Einbeziehung der jüngsten Studie des Bundesverkehrsministeriums zu passiv ortenden Fledermäusen zeige, dass die Fledermäuse sich auch im näheren Umfeld von Straßen regelmäßig aufhielten. Diesen Darstellungen ist der Kläger nicht substantiiert entgegen getreten.

47

Die Risiken, die mit der Sprengung des Tunnels auf das ehemalige Bergwerk P. als in der Region bedeutsames Winterquartier einhergehen, sind - jedenfalls nunmehr nach einer diesbezüglichen Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses in der mündlichen Verhandlung - ebenfalls als sicher beherrschbar anzusehen. Zum Schutz vor Gefährdungen des Stollens durch Sprengarbeiten am Tunnel regelt der Planfeststellungsbeschluss die Pflicht des Vorhabenträgers zur Vorlage eines Sprenggutachtens vor Ausführung des Tunnels und zur Ergreifung zusätzlicher notwendiger Schutzmaßnahmen unter der zusätzlichen Maßgabe, dass in der Zeit von September bis Mai zum Schutz der Fledermäuse keinerlei Vibrationen im Stollen auftreten dürfen (vgl. S. 12 des Planfeststellungsbeschlusses unter IV.1.). Von dem Kläger hinsichtlich dieser Auflage aufgeworfene Bestimmtheitsbedenken vermag der Senat nicht zu teilen; insbesondere die einzuhaltenden Schutzziele der Auflage, die im Winter sich in dem Stollenquartier aufhaltenden Fledermäuse nicht zu stören und das Stollenquartier selbst vor Einsturzgefährdungen zu schützen, sind trotz der in diesem Zusammenhang auftauchenden Begrifflichkeit „leichte Vibrationen“ zumindest ausreichend bestimmbar. Mit der Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses in der mündlichen Verhandlung wird von dem Vorhabenträger jedoch zusätzlich weiter verlangt, bei sich aus dem Sprenggutachten ergebenden Erkenntnissen über „nicht gänzlich auszuschließende Auswirkungen auf die Standfestigkeit des Stollens“ durch Tunnelsprengungen auf andere Arbeitsmechanismen zur Tunnelerschließung auszuweichen (Tunnelvortriebsmaschine, maschineller Handausbruch, Bohrpfähle). Unabhängig davon wurde dem Vorhabenträger aufgegeben, vor Beginn der Baumaßnahme den Hauptstolleneingang gegen Einsturz zu sichern und ggf. eingestürzte Teilbereiche zu öffnen. Werden danach weniger erschütterungsträchtige Baumethoden vorgeschrieben, die eine Herstellung des Tunnels ohne Beeinträchtigung des Bergwerks nach den Darlegungen des Beklagten ermöglichen können, wird eventuellen Unsicherheiten, ob der Stollen bei der Herstellung des Tunnels im Wege der Sprengung vor Schaden bewahrt werden kann, ausreichend Rechnung getragen. Dem Vorhalt des Klägers, ohne Einholung eines Sprenggutachtens zum (früheren) Zeitpunkt der Verträglichkeitsprüfung könnten die baubedingten Auswirkungen auf die Fledermausquartiere nicht beurteilt werden (vgl. auch S. 6 des Gutachtens Dr. P. vom 21.2.2009), ist daher die Grundlage entzogen. Die Notwendigkeit weiterer Gegenmaßnahmen im Zusammenhang mit der Tunnelherstellung kann der Kläger (jedenfalls) aufgrund der Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses nicht (mehr) geltend machen. Kann fachlicherseits - wie nunmehr - sichergestellt werden, dass der Tunnel ohne Beschädigungen an dem Bergwerk hergestellt werden kann, so kommt es für die Zulassung des Vorhabens unter habitatschutzrechtlichen Gesichtspunkten nicht (mehr) auf die Frage an, was zu geschehen hat, wenn gleichwohl Stollenbereiche einstürzen und welche Auswirkungen dies etwa für die Wimpernfledermaus bedeutet (vgl. S. 5, 7 f. des Gutachtens Dr. P., wie vor). Unter diesen Umständen bedarf es auch nicht zwingend der Festlegung von Monitoring-Maßnahmen schon im Planfeststellungsbeschluss (vgl. S. 6, 8, 11 des Gutachtens Dr. P., wie vor), auch wenn dieses sicher sinnvoll sein dürfte. Ohne weiteres kann bei der Frage der sicheren Beherrschbarkeit von aufgegebenen Maßnahmen - hier des Schutzes des Hauptstolleneingangs vor Beginn der Baumaßnahmen - auch nicht eine ungeeignete Ausführung derselben unterstellt werden (vgl. S. 8 des Gutachtens Dr. P., wie vor), zumal dem Vorhabenträger aufgegeben wurde, „ggf. eingestürzte Teilbereiche“ zu öffnen, „um die Winterquartiertauglichkeit für die Fledermäuse herzustellen“ (vgl. Planergänzungserklärung in der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2009).

48

c) Unter Heranziehung der für das FFH-Gebiet „Biospährenreservat Pfälzer Wald“ normierten Erhaltungsziele bedeutet das Planvorhaben auch für den Luchs keine erhebliche Beeinträchtigung. Nach dem Verträglichkeitsgutachten vom Dezember 2007 (vgl. S. 14) sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Vorkommen dieser Art im Vorhabenbereich bereits auszuschließen. Luchse halten sich - wohl in geringer Zahl - im inneren (südlichen und westlichen) Pfälzer Wald (außerhalb des hier relevanten FFH-Teilgebiets) auf und finden dort einen ausreichenden Lebensraum vor (vgl. S. 2 des Gutachtens Öko-Log vom 22.1.2009 sowie die Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung). Angesichts der geplanten Herstellung eines Tunnels, der in naturschutzfachlicher Hinsicht als eine den überwiegenden Trassenbereich überspannende bewaldete Grünbrücke anzusehen ist, und der Vorbelastung durch die bestehenden Straßen (selbst bei einer zu erwartenden Verkehrszunahme, vgl. S. 3 des nachgelassenen Schriftsatzes des Klägers vom 23.2.2009) ist daher eine erhebliche Beeinträchtigung des Lebensraums des Luchses im abgewandten Projektbereich nicht zu erkennen. Vor diesem Hintergrund kann ohne Konkretisierung auch nicht die Mosaikqualität der einzelnen Teile des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ im Verhältnis zu dem Gesamtgebiet in Zweifel gezogen werden (vgl. S. 4 des Schriftsatzes des Klägers vom 23.2.2009). Insoweit spielt auch eine Rolle, dass die größten FFH-Teilgebiete westlich der Vorhabenfläche und in deutlicher Entfernung zu ihr gelegen sind; einige andere Teilgebiete befindlich sich nördlich, aber ebenfalls in deutlicher Entfernung zum geplanten Vorhaben. Eine andere Betrachtung gebieten schließlich nicht die von dem Kläger vorgetragenen fachwissenschaftlichen Kriterien über die Annahme von Belastungszonen für Raubtiere (vgl. S. 4 des Schriftsatzes vom 23.2.2009). Hierzu stehen die erstellten Sachverständigengutachten ihren inhaltlichen Aussagen nach - soweit sie den Luchs betreffen - nicht in Widerspruch (vgl. S. 14 des Verträglichkeitsgutachtens vom Dezember 2007; S. 2 Öko-Log vom 22.1.2009).

49

Die Wildkatze ist nicht Schutzgegenstand der FFH-Gebietsfestsetzung und keine im Habitatschutzrecht nach Anhang II der FFH-RL geschützte Art, die zu würdigen wäre.

50

3. Aber auch wenn man mit der Planfeststellungsbehörde hilfsweise unterstellen wollte, dass das Vorhaben mit Blick auf die Fledermäuse und den Luchs eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets „Biosphärenreservat Pfälzer Wald“ in seinen Erhaltungszielen im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG zur Folge hat, durfte es planfestgestellt werden, weil insoweit die Voraussetzungen für eine Abweichungszulassung gemäß § 27 Abs. 2 und 4 LNatSchG vorliegen.

51

a) Das Vorhaben ist aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art notwendig (§ 27 Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG). Der Absatz 3 des § 27 LNatSchG ist mangels Feststellung bzw. wegen der präkludierten Rüge eines Vorkommens einer prioritären Art durch den Kläger nicht einschlägig.

52

Damit sich die Gründe gegenüber dem Belang des Gebietsschutzes durchsetzen können, müssen keine Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann. Zu verlangen ist lediglich ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn 149 ff.).

53

Gemessen an diesen Vorgaben erweist sich die Abwägung als tragfähige Grundlage der getroffenen Abweichungsentscheidung.

54

Als Gründe für die Abweichung hat der Beklagte die gesetzliche Bedarfsfeststellung mit ihrem besonderen Aussagewert für das Planvorhaben, ferner die Entlastung der Gemeinde Bad Bergzabern von dem Verkehr der den Ortskern durchschneidenden Bundesstraße, die Verkehrssicherheit, die Lärm- und Schadstoffentlastung der Anwohner sowie die Funktion der Gemeinde als heilklimatischer Kurort als ihrer Art nach tragfähige Belange angeführt (vgl. S. 47 f., 52, 59 ff. des Planfeststellungsbeschlusses).

55

Die Notwendigkeit der Abwägung der dargelegten Gründe mit dem Integritätsinteresse des FFH-Gebiets hat der Beklagte auch nicht verkannt (vgl. S. 91 des Planfeststellungsbeschlusses). Der Hinweis auf die Planrechtfertigung insoweit nimmt lediglich Bezug auf die für die Abweichung sprechenden Gründe, die Abwägung selbst ergibt sich aus den sonstigen Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. S. 91, 60 f., 121 ff.). Das getroffene Abwägungsergebnis ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

56

b) In seiner hilfsweise durchgeführten Alternativenprüfung (§ 27 Abs. 2 Nr. 2 LNatSchG) ist der Beklagte ferner zutreffend zur Ansicht gelangt, es gebe keine zumutbaren Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen (vgl. S. 91 f. des Planfeststellungsbeschlusses).

57

Eine Alternative ist vorzugswürdig, wenn auch mit ihr die zulässigerweise verfolgten Planungsziele trotz gegebenenfalls hinnehmbaren Abstrichen erfüllt werden können und sich die Planungsziele an einem nach dem Schutzkonzept der Habitatrichtlinie günstigeren Standort oder mit geringerer Eingriffsintensität verwirklichen lassen. Bei der Prüfung einer Alternative ist auf die Schwere der Beeinträchtigungen abzustellen und eine gestufte Prüfung vorzunehmen, ohne dass allerdings eine parallele Verträglichkeitsprüfung durchzuführen wäre. Entscheidend ist allein, ob am Alternativstandort eine Linienführung möglich ist, bei der keine der als Lebensraumtypen oder Habitate besonders schutzwürdigen Flächen erheblich beeinträchtigt werden oder Arten verschont bleiben. Eine „Nullvariante“ ist nicht gefordert, zumutbare Abstriche vom Zielerfüllungsgrad sind jedoch hinzunehmen. Der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es aber rechtfertigen, selbst naturschutzfachlich vorzugswürdige Alternativen aus gewichtigen naturschutzexternen Gründen auszuscheiden; verkehrstechnische und auch finanzielle Erwägungen können demnach den Ausschlag geben (vgl. zu Vorstehendem BVerwG, Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. Rn. 169 ff., 184; Urteil vom 17.1.2007 , a.a.O. und juris, Rn. 141 ff.).

58

Die vorgenommene Alternativenprüfung trägt den rechtlichen Vorgaben Rechnung. Der Vorhabenträger hat im Laufe der Zeit, auch im Planungsverfahren, zahlreiche Trassenvarianten untersucht (vgl. S. 51 ff. des Planfeststellungsbeschlusses; S. 2 ff. des Erläuterungsberichts; ferner die eingeholten Verkehrsgutachten). Diese durchschnitten das FFH-Gebiet teilweise stärker oder verfolgten andere Ziele (z.B. eine großräumige Umgehung der Ortschaften entlang der B 427). Die geplante Trasse ist wegen der weitgehenden Untertunnelung der Strecke, ihrer Lage am Rand des FFH-Gebiets, der (teilweisen) Ausnutzung bereits bestehender Straßen mit vorhandenen Anschlüssen sowie einem Nicht-Betroffensein von prioritären Lebensraumtypen bzw. Arten eine relativ eingriffsarme Variante. Die planfestgestellte Linie nimmt weiter Rücksicht auf den Grundwasserschutz im Kurtalgebiet und beachtet - hinsichtlich der Tunnellinie - geologische Gegebenheiten (vgl. S. 50, 60 des Planfeststellungsbeschlusses; S. 7, 16 des Erläuterungsberichts). Die Behinderung von Flug- und Jagdrouten von Fledermäusen, die sich nach den Angaben der Sachverständigen an natürlichen Markierungen (Gewässer, Waldgrenzen) orientieren, hätte sich im Fall einer östlicher oder südlicher geführten Trasse ebenfalls nicht ausschließen lassen. Dies dürfte nur bei einer weitreichenden Verlagerung der Trasse möglich sein, als nachteilige Folgen wären dann aber größere Eingriffe in bislang unversiegelte Flächen (vgl. S. 15 des Planfeststellungsbeschlusses), höhere Kosten und ggf. eine kürzere Untertunnelungsstrecke mit höheren Eingriffen in die Umwelt festzuhalten.

59

Auf das vom Kläger in diesem Zusammenhang hingewiesene (schon bestehende) Nachtfahrverbot für den Schwerverkehr und Motorräder auf der B 427 (ausschließlich) in der Ortslage von Bad Bergzabern als vorzugswürdige Alternative, das nicht nur Bad Bergzabern, sondern - mittelbar - auch die an der B 427 gelegenen Nachbargemeinden vor nächtlichem Verkehrslärm schütze, muss sich der Beklagte ebenfalls nicht verweisen lassen. Eine solche Alternative stellt mit Blick auf das (bundesgesetzgeberisch vorgegebene) Planungsziel, vorrangig eine Verkehrsentlastung für Bad Bergzabern zu schaffen, lediglich eine Teillösung dar.

60

c) Der Beklagte hat schließlich in ausreichendem Umfang Maßnahmen getroffen, um den Schutz der globalen Kohärenz des ökologischen Netzes „Natura 2000“ mit Blick auf die Fledermäuse und den Luchs sicherzustellen (§ 27 Abs. 4 Satz 1 LNatSchG).

61

Die Funktionseinbuße für die Erhaltungsziele ist durch Maßnahmen, die zu dem Projekt hinzutreten, zu kompensieren; sie sollen ihren Beitrag leisten zu dem zusammenhängenden Natura 2000-Netz. Die Ausgestaltung der Kohärenzsicherungsmaßnahmen hat sich deshalb funktionsbezogen an der jeweiligen erheblichen Beeinträchtigung auszurichten, deretwegen sie ergriffen werden. Dies gilt sowohl für Art wie für Umfang der Maßnahmen. Ausreichend ist es, wenn Funktionseinbußen bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen werden, auch wenn sie erst auf längere Sicht wettgemacht werden, vorausgesetzt, das Erhaltungsziel wird bis dahin nicht irreversibel geschädigt. Naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen können ausreichend sein; erforderlich ist nur, dass nach aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine hohe Wahrscheinlichkeit ihrer Wirksamkeit besteht. Wegen der prognostischen Abschätzung des Erfolgs der Maßnahme unterliegt die naturschutzfachliche Betrachtung nur einer auf die Vertretbarkeitskontrolle beschränkten gerichtlichen Prüfung (vgl. zu Vorstehendem BVerwG, Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 197 ff.; Urteil vom 17.1.2007 , a.a.O. und juris, Rn. 147 ff.).

62

Nach diesen Grundsätzen reichen die planfestgestellten Maßnahmen zur Kohärenzsicherung hinsichtlich der in Rede stehenden beiden Tierarten aus. Hierbei wird zulässigerweise auf die zum naturschutzrechtlichen Eingriff getroffenen Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen verwiesen (vgl. S. 92 des Planfeststellungsbeschlusses), deren Eignung als Kohärenzmaßnahmen weder grundsätzlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 203) noch vorliegend in Frage zu stellen ist. Danach werden insbesondere - wie oben bereits ausgeführt - dichte Schutzpflanzungen an dem aus dem nördlichen Tunnelmund herausführenden Straßenabschnitt angebracht, um eine Überleithilfe für die Fledermäuse zu gewährleisten. Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen hinsichtlich der Straßenbeleuchtung und zur Sicherung des Winterquartiers im ehemaligen Bergwerk geregelt. Im Übrigen werden weitere Feuchtwiesen-Lebensräume geschaffen und Gründlandflächen extensiviert, um Nahrungs- und Jagdräume für die Fledermäuse zu schaffen. Gründe, die diese und die weiteren Maßnahmen des naturschutzrechtlichen Ausgleichs sowie die Herstellung eines langen Tunnels in seiner Funktion als breite Grünbrücke als naturschutzfachlich unvertretbar für die Bildung eines zusammenhängenden ökologischen Netzes auch für den Luchs erscheinen lassen, sind nicht erkennbar und vom Kläger auch nicht ausreichend aufgezeigt worden.

63

4. Es erübrigt sich eine - über das Vorstehende hinausgehende - weitere Berücksichtigung des nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 ZPO nachgelassenen Schriftsatzes des Klägers vom 23. Februar 2009 nebst angefügter gutachterlicher Stellungnahme von Dr. P. vom 21. Februar 2009 oder gar eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Diese Äußerungen des Klägers greifen vor allem die vom Beklagten eingeführten Stellungnahmen der Beratungsgesellschaft NATUR dbR vom 20. Januar 2009 und von Ökö-Log vom 22. Januar 2009 auf, die allerdings die im Planungsverfahren eingeholten Sachverständigenbegutachtungen inhaltlich nur bestätigen. Der nachgelassene Schriftsatz sowie die Anlage nehmen die Beklagtengutachten lediglich zum Anlass, schon bisher möglichen Vortrag in das Verfahren einzuführen oder bisheriges Vorbringen zu vertiefen. Unabhängig davon weist der Senat den erstmaligen Vortrag des Klägers zu dem Vorliegen wissenschaftlicher Kriterien über die Belastungszonen für Raubtiere (vgl. S. 3 f. des Schriftsatzes vom 23.2.2009) als unentschuldigt verspätetes, die Erledigung des Rechtsstreits verzögerndes Vorbringen auf der Grundlage von § 17 e Abs. 5 FStrG i.V.m. § 87 b Abs. 3 VwGO nach entsprechender Belehrung im Planfeststellungsbeschluss (vgl. dort S. 142) zurück.

III.

64

Das Vorhaben widerspricht auch nicht den naturschutzrechtlichen Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts zum Gebietsschutz von Vögeln. Bei dem Vorhabenraum handelt es sich nicht um ein faktisches Vogelschutzgebiet, dessen Durchschneidung mit der geplanten Trasse gegen das Beeinträchtigungs- und Störungsverbot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 103) - Vogelschutzrichtlinie (V-RL) - verstoßen könnte.

65

Das in der Important Bird Areas (IBA)-Liste eingetragene Gebiet „Haardtrand“ stellt, soweit es über das bereits landesrechtlich unter Schutz stehende Vogelschutzgebiet „Haardtrand“ (vgl. Anlage 2 zum LNatSchG, Nr. 6514-401) bzw. die im Januar 2008 an die europäische Kommission nachgemeldeten Haardtrandflächen hinausreicht und das Projektgebiet betrifft, entgegen der Auffassung des Klägers kein faktisches Vogelschutzgebiet dar, dessen Durchschneidung das Beeinträchtigungs- und Störungsverbot der V-RL (als das im Vergleich zu Art. 6 Abs. 4 FFH-RL strengere vorläufige Schutzregime) missachten könnte. Die Fläche, in dem das Vorhaben zur Realisierung gelangen soll, musste nicht zu einem Vogelschutzgebiet erklärt werden. Davon ist der Beklagte zutreffend ausgegangen (vgl. S. 92 f. des Planfeststellungsbeschlusses).

66

Zur Verwirklichung der Richtlinienziele bedürfen einer Unterschutzstellung - unter Heranziehung von ausschließlich ornithologischen Gesichtspunkten - nur die zur Erhaltung der Vogelarten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete (vgl. Art. 4 Abs. 1 Satz 4 V-RL). Sie müssen am besten geeignet sein, zur Netzbildung beizutragen. Je bedrohter, seltener oder empfindlicher die (in Anhang I oder in Art. 4 Abs. 2 V-RL genannten) Arten sind, desto größere Bedeutung ist dem Gebiet beizumessen, das die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physikalischen und biologischen Elemente aufweist. Nur Lebensräume und Habitate, die unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe für sich betrachtet in signifikanter Weise zur Arterhaltung beitragen, gehören zum Kreis der im Sinne des Art. 4 V-RL geeignetsten Gebiete. Den Mitgliedstaaten obliegt in dieser Frage ein fachlicher Beurteilungsspielraum, der nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist; die Prüfung geht allein auf die fachliche Vertretbarkeit einer Nichtausweisung eines Gebiets (vgl. zu Vorstehendem BVerwG, Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 51 f.; Beschluss vom 13.3.2008, NuR 2008, 495, 495 f.).

67

Inzwischen hat das Melde- und Gebietsausweisungsverfahren indes einen fortgeschrittenen Stand erreicht, so dass nach der Rechtsprechung nunmehr in Deutschland das von der Vogelschutzrichtlinie angestrebte zusammenhängende Netz der Vogelschutzgebiete entstanden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.3.2008, NuR 2008, 495, 496; ebenso OVG Niedersachsen, Urteil vom 22.5.2008, NuR 2008, 805 und juris, Rn. 77). Dementsprechend verringert sich die gerichtliche Kontrolldichte und unterliegt Parteivorbringen, es gebe ein faktisches Vogelschutzgebiet, das eine Lücke im Netz schließe, besonderen Darlegungsanforderungen (vgl. BVerwG, wie vor; Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 52 m.w.N., 58).

68

Hiernach spricht alles für eine stimmige und vertretbare Gebietsauswahl in dem von dem Vorhaben berührten Bereich des Haardtrandes zur Begründung eines von der Vogelschutzrichtlinie angestrebten zusammenhängenden Netzes. Den strengen Anforderungen an die Darlegung einer Netzlücke wird der Vortrag des Klägers nicht gerecht.

69

1. Zwar stellt die Listung eines Gebiets in dem Verzeichnis der IBA nach der Rechtsprechung grundsätzlich ein gewichtiges Indiz für die Eignung eines Gebiets als Vogelschutzgebiet dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 53). Die Indizwirkung schlägt jedoch im vorliegenden Fall nicht durch. Denn jedenfalls unter Beachtung der jüngsten umfangreichen Nachmeldung von Haardtrandflächen an die EU-Kommission spricht alles für eine umfangreiche Vernetzung von Vogelschutzflächen auch in diesem Bereich von Rheinland-Pfalz, wie schon ein Blick auf die vorgelegte Übersicht der Vogelschutzgebiete zeigt. Berücksichtigt man des Weiteren den (unwidersprochen gebliebenen) Vortrag des Beklagten, wonach die 7 in der IBA-Liste für das großräumige Gebiet „Haardtrand“ als relevant genannten Vogelarten (Ziegenmelker, Schwarzspecht, Heidelerche, Wiedehopf, Wendehals, Zaunammer, Steinschmätzer) - ausgenommen der Nahrungsgast Schwarzspecht - nicht in dem Projektgebiet vorkommen, weil es an für sie relevanten Lebensraumverhältnissen fehlt (Ausnahme: Randbetroffenheit des Wendehalses; vgl. S. 84 f. des Schriftsatzes des Beklagten vom 2.9.2008), dann spricht auch dies gegen die Notwendigkeit, zusätzlich das Projektgebiet in das Vogelschutznetz einzubeziehen. Den erforderlichen Schutz erhalten die nach der IBA-Liste für das Gebiet relevanten Vogelarten im Übrigen dadurch, dass sie sämtlich im nach Landesrecht ausgewiesenen Vogelschutzgebiet „Haardtrand“ unter Schutz stehen, überwiegend sogar als Hauptvorkommen. Die getroffene Gebietsauswahl erfährt eine Bestätigung nicht zuletzt auch insoweit, als nach dem Vortrag des Beklagten (vgl. S. 85 des Schriftsatzes vom 2.9.2008) weder die EU-Kommission noch die in Rheinland-Pfalz anerkannten Naturschutzvereine etwa mit Blick auf den Schwarzspecht und den Wendehals eine Erweiterung des Vogelschutzgebiets „Haardtrand“ gefordert haben.

70

2. Den strengen Darlegungsanforderungen an ein nicht erfasstes Vogelschutzgebiet, denen der Kläger unter diesen Umständen ausgesetzt ist, wird er indessen mit der Klage nicht gerecht. Er sieht einen Fehler lediglich im Unterlassen weiterer Untersuchungen in einem nach dem Landespflegerischen Begleitplan für den Vogelschutz hoch bedeutsamen Gebiet, die zu Vermeidungs-, Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen hätten führen müssen. Dies ist nicht ausreichend für die Begründung einer Lücke im Netz der europäischen Vogelschutzgebiete. Der Landespflegerische Begleitplan weist bereits eine etwas andere Bewertung des Gebiets unter Vogelschutzgesichtspunkten auf: Er misst dem Projektgebiet in avifaunistischer Hinsicht im weit überwiegenden Plangebiet (im Norden und in der Mitte) nur eine mittlere Bedeutung und lediglich im südlichen Randbereich eine sehr hohe Bedeutung zu (vgl. S. 17, 25 des Landespflegerischen Begleitplans; ebenso S. 6 f. und Anhang Bewertungstabelle des faunistischen Gutachtens). Dies vermag allenfalls die Feststellung zu rechtfertigen, es handele sich um ein naturschutzfachlich als wertvoll einzuschätzendes Gebiet, ohne dass damit zwingend die Aussage getroffen werden könnte, es liege eines der „geeignetsten“ vor, das für sich betrachtet in signifikanter Weise zur Arterhaltung beiträgt und deshalb hätte ausgewählt werden müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.3.2008, NuR 2008, 495, 496). Der bloße Hinweis auf die IBA-Listung genügt trotz der damit grundsätzlich verbundenen Indizwirkung in einem Fall wie dem Vorliegenden, in dem zahlreiche Flächen rund um den Projektbereich unter Berücksichtigung auch der nach IBA schutzwürdigen Vögel als Teil des Netzes ausgewiesen sind, nicht mehr. Entsprechend dem Stand des Ausweisungsverfahrens in Deutschland sinkt auch das Gewicht des IBA-Hinweises, wenn der Kläger es unterlässt, weitere Anhaltspunkte zu benennen, die darauf hindeuten, dass doch noch nicht alle „geeignetsten“ Gebiete ausgewiesen worden sind.

IV.

71

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss steht des Weiteren mit den zwingenden Vorgaben des europäischen und nationalen Artenschutzrechts in Einklang.

72

Der Beklagte hat auf der Grundlage zweier artenschutzrechtlicher Gutachten vom November 2006 und vom Februar 2008 sowie unter Berücksichtigung der bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses anzuwendenden Regelungen des §§ 42 Abs. 1, 5 BNatSchG in der seit dem 18. Dezember 2007 geltenden Fassung (vgl. Art. 1 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 12. Dezember 2007, BGBl. I S. 2873) das Vorliegen von Verbotstatbeständen hinsichtlich nach Anhang IV der FFH-RL geschützter Arten sowie europäischer Vogelarten im Sinne des Art. 1 V-RL weitgehend verneinen dürfen. Er hat dessen ungeachtet in rechtlich nicht zu beanstandender Weise hilfsweise das Vorliegen von Ausnahmen nach § 43 Abs. 8 BNatSchG geprüft und bejaht.

73

1. Die Untersuchungen der von dem Vorhaben betroffenen Arten lässt Fehler hinsichtlich der Methode, der Ermittlungstiefe oder der Aktualität der Datengrundlage nicht erkennen.

74

Die Prüfung, ob naturschutzrechtliche Verbote, insbesondere solche nach § 42 BNatSchG, eingreifen, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Vorhabenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus. Das verpflichtet die Behörde - ebenso wie im Habitatschutzrecht - aber nicht, ein lückenloses Arteninventar zu erstellen. Die Untersuchungstiefe hängt maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische Ausstattung zu, so kann es mit der gezielten Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten sein Bewenden haben. Das Recht, das selbst keine standardisierten Maßstäbe vorgibt und auf fachwissenschaftliche Kriterien angewiesen ist, nötigt nicht zu einem Ermittlungsaufwand, der keine zusätzlichen Erkenntnisse verspricht und deshalb den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verfehlt. Untersuchungen „ins Blaue hinein“ sind nicht veranlasst (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.3.2008, NuR 2008, 495, 498 f. m.w.N.; Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 243). Der grundsätzlich individuumsbezogene Ansatz der artenschutzrechtlichen Vorschriften verlangt andererseits Ermittlungen, deren Ergebnisse die Planfeststellungsbehörde in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.3.2008, NuR 2008, 495, 499; Urteil vom 9.7.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 54, 57 ff., 81). Hierfür benötigt sie regelmäßig Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen.

75

Diesen Anforderungen werden die im Auftrag des Beklagten durchgeführten Begutachtungen vom November 2006 und - ergänzend - vom Februar 2008 gerecht. Das einschlägige Artenspektrum ist im Gutachten vom November 2006 umfassend untersucht worden. Es beruht (vergleichbar dem Verfahren zum Habitatschutz) auf den zuvor erstellten Sachverständigengutachten - neben dem Landespflegerischen Begleitplan insbesondere dem Biotopgutachten vom September 2006 und dem faunistischen Gutachten -, denen jeweils Gebietsbegehungen vorangegangen sind; dieses Vorgehen, das auf Bestandserfassungen vor Ort und vorhandenen Erkenntnisse sowie Fachliteratur fußt, ist nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.7.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 59 ff.; s. auch die entsprechenden Ausführungen zum Habitatschutz). Neben dem faunistischen Gutachten, das seine Erhebungsmethoden näher beschreibt und auf Kartierungen zurückgeht (vgl. S. 3 des Gutachtens), listet auch das Gutachten vom September 2006 die geschützten Arten, deren Vorkommen im Wirkraum der Trasse nachgewiesen ist oder auf deren Vorkommen aufgrund vorhandener Biotopstrukturen geschlossen werden kann, Angaben zu Lebensraumansprüchen, Bestand im Untersuchungsraum sowie Gefährdungen auf (vgl. S. 3 ff. des Gutachtens vom September 2006).

76

Der Rüge des Klägers, die Heranziehung des ergänzenden Gutachtens vom Februar 2008 (Deckblatt Überprüfung der Ergebnisse mit den Bestimmungen des neuen BNatSchG) sei unzulässig (vgl. auch S. 1 f. des Schriftsatzes vom 23.2.2009), kann nicht gefolgt werden. Das Gutachten knüpft an die Tatsachengrundlage des Gutachtens vom November 2006 an und nimmt lediglich eine weitere Rechtsprüfung anhand der seit dem 18. Dezember 2007 geltenden neuen - in der Tendenz eingeschränkteren - Verbotsregelungen nebst Ausnahme-/Befreiungsvorschriften des BNatSchG vor (vgl. S. 1 des Gutachtens). Deshalb bedurfte es keiner ausdrücklichen Inbezugnahme des Gutachtens vom Februar 2008 in dem Planfeststellungsbeschluss (vgl. S. 104 ff.), zumal dem Beklagten das Ergebnis der Stellungnahme nach eigenem Vortrag einige Tage vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses am 12. Februar 2008 bekannt war. Es ist nicht ersichtlich und von dem Kläger auch nicht näher dargelegt worden, dass die im Gutachten vom Februar 2008 getroffenen rechtlichen Bewertungen nicht aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des früheren Artenschutzschutzgutachtens oder der anderen Fachgutachten des Planungsverfahrens möglich waren.

77

Der Beklagte musste darüber hinaus hinsichtlich des untersuchten Artenspektrums entgegen der Auffassung des Klägers keine quantifizierende Abschätzung der betroffenen Arten, hier insbesondere der Fledermäuse, des Luchses und der Wildkatze, vornehmen (die Lage der Lebensräume, Jagdgebiete und Austauschbeziehungen der Tiere werden in dem Bestands- und Konfliktplan 12.3, Blatt K 1, als Anlage zum Planfeststellungsbeschluss dargestellt). Denn die ursprünglich erstellten Gutachten gelangen hinsichtlich aller vorkommenden Arten des Anhangs IV der FFH-RL und der europäischen Vogelarten zunächst (unter Berücksichtigung der seinerzeit noch geltenden Verbotsregelungen) im Wege einer worst-case-Betrachtung zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich betroffener Tiere Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG in der Gesetzesfassung vom 10. Mai 2007 (BGBl. S. 666) - BNatSchG a.F. - erfüllt sind (vgl. S. 17 ff. des Gutachtens vom November 2006). Auch unter Berücksichtigung der seit der Änderung des § 42 Abs. 1 und der Einfügung des - Verbotstatbestände nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ausschließenden - Abs. 5 BNatSchG (vgl. Erstes Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 12. Dezember 2007, BGBl. I S. 2873) geltenden Neufassung des Verbotsrechts wurde an dieser worst-case-Betrachtung grundsätzlich festgehalten (vgl. S. 105 des Planfeststellungsbeschlusses). Gleichwohl konnte in der rechtlichen Neubewertung mit dem ergänzenden Gutachten vom Februar 2008 - insbesondere wegen der eingeführten populationsbezogenen Betrachtung in § 42 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 5 BNatSchG (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.7.2008 , a.a.O. und juris, R. 98) - das Vorliegen von Verbotstatbeständen weitgehend verneint werden (vgl. S. 3 des Gutachtens vom Februar 2008). Im Folgenden wurde das Vorliegen der Befreiungs- (§ 62 BNatSchG a.F/n.F.) und der Ausnahmevoraussetzungen (neue Rechtslage: § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG) zutreffend - wie noch auszuführen sein wird - bejaht (vgl. S. 97 ff., 105 des Planfeststellungsbeschlusses). Steht aufgrund einer worst-case-Betrachtung fest, dass bei allen betroffenen Arten Verbotstatbestände zwar gegeben sein können, die ökologische Funktion der von dem Vorhaben betroffenen Lebensstätten im räumlichen Zusammenhang aufgrund vorhandener Ermittlung des betroffenen Lebensraums aber weiterhin erfüllt werden kann (§ 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG) bzw. ein günstiger Erhaltungszustand der betroffenen Arten gewahrt werden kann (§ 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG/§ 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG a.F.), so verspricht der zusätzliche Ermittlungsaufwand für eine quantifizierende Erfassung eventuell betroffener Bestände dieser Arten keinen zusätzlichen relevanten Erkenntnisgewinn.

78

In der umfassenden Bejahung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände im Rahmen einer worst-case-Betrachtung und daran anknüpfend der pauschalen Verneinung von Verboten bzw. der pauschalen Ausnahme oder Befreiung von den Verboten für alle betroffenen Arten liegt keine unzulässige „Banalisierung des Artenschutzes“. Der Beklagte ist sich des artenschutzrechtlichen Vermeidungsgebots bewusst gewesen und hat ein Konzept zur Minimierung von Zugriffen und Störungen der geschützten Arten sowie von Beeinträchtigungen ihrer Lebensstätten entwickelt (vgl. S. 93 ff. des Planfeststellungsbeschlusses). Im Gutachten vom November 2006 wird hierzu eingehend dargelegt, aufgrund welcher (landespflegerischer) Schutz- und Kompensationsmaßnahmen vorhabenbedingte Verluste von Individuen dieser Arten oder ihrer Lebensstätten möglichst gering gehalten werden und die Tiere in einem günstigen Erhaltungszustand verbleiben können (vgl. S. 17 ff., 29 des Gutachtens; S. 13 ff. des Gutachtens September 2006). Der Planfeststellungsbeschluss enthält des Weiteren besondere Auflagen, um Verluste von Individuen der geschützten Arten möglichst zu vermeiden (vgl. S. 13 des Planfeststellungsbeschlusses). Diese gelten schon für die Bauphase, etwa für die Baufeldräumung.

79

2. Einer trotz der Regelung in § 42 Abs. 5 BNatSchG eventuell nicht auszuschließenden Erfüllung von Verbotstatbeständen nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG (zur Europarechtskonformität dieser Vorschriften vgl. BVerwG, Urteil vom 9.7.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 98, 104) steht die Zulassung des Vorhabens deswegen nicht entgegen, weil eine Ausnahme von den Verboten nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5, Satz 2 BNatSchG unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben insbesondere hinsichtlich der von dem Kläger in erster Linie angesprochenen Fledermäuse, des Luchses und der Wildkatze angenommen werden kann.

80

a) Das Vorhaben kann zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für sich in Anspruch nehmen (§ 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG i.V.m. Art. 16 FFH-RL). Zum Habitatschutz wurde dies bereits ausgeführt. Artenschutzrechtlich ergeben sich insoweit jedenfalls keine strengeren Anforderungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 239; Urteil vom 9.7.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 124 ff., 127). Mögliche artenschutzrechtlichen Beeinträchtigungen für die betroffenen Anhang IV-Arten und die europäischen Vogelarten, insbesondere aber die Fledermäuse und die Wildkatze, wiegen nicht so schwer, dass ihnen gegenüber den mit dem Vorhaben verfolgten Zielen größere Durchsetzungskraft zukäme.

81

b) Zur Erreichung der Planungsziele gibt es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 2 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL. Für die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung gelten im Ansatz vergleichbare Grundsätze wie für diejenige in der gebietsschutzrechtlichen Beurteilung. Ein Vorhabenträger braucht sich auf eine Alternativlösung nicht verweisen zu lassen, wenn sich die artenschutzrechtlichen Schutzvorschriften am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie am gewählten Standort. Er darf von einer Alternativlösung Abstand nehmen, die technisch an sich machbar und rechtlich zulässig ist, ihm aber Opfer abverlangt, die außer Verhältnis zu dem mit ihr erreichbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.3.2006 , NVwZ Beilage Nr. I 8, 1 und juris, Rn. 567 m.w.N.; Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 240; Urteil vom 9.7.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 119 ff.).

82

Die Ausführungen zum Gebietsschutz zeigen, dass gewichtige Gründe für das Vorhaben und gegen die erwogenen Alternativtrassen sprechen. Insbesondere die Tunnellösung und die Ausnutzung einer vorbelasteten Straßenverkehrssituation rechtfertigen die planfestgestellte Linie, ohne dass es noch auf einen zusätzlichen Vergleich in artenschutzrechtlicher Hinsicht ankäme.

83

c) Die Populationen der geschützten Arten verweilen entsprechend dem weiteren Erfordernis des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Beklagten auch in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in einem günstigen Erhaltungszustand. Im Hinblick auf das Ziel der FFH-RL, die Artenvielfalt zu schützen, kommt es nicht darauf an, jede lokale Art an ihrem Ort zu schützen, sondern es bedarf einer gebietsbezogenen Betrachtung, für die der Behörde ein naturschutzfachlicher Einschätzungsspielraum eingeräumt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.3.2008, NuR 2008, 495, 501). Es reicht mithin aus, dass die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinaus reicht, als lebensfähiges Element erhalten bleibt.

84

Für diese Beurteilung hat der Beklagte zulässigerweise berücksichtigt, dass umfangreiche (landespflegerische) Maßnahmen vorgesehen sind, mit denen insbesondere das mit der Trasse einhergehende Zerschneidungs- und Kollisionsrisiko minimiert (Tunnellösung, Überleithilfe durch dichte Straßenabpflanzung am nördlichen Teil der Straße, Rohrdurchlässe an den Bächen) und neue Habitatflächen für die betroffenen Arten zur Verfügung gestellt werden (vgl. S. 29, 17 ff. des Gutachtens vom November 2006; S. 13 ff. des Gutachtens vom September 2006; S. 97 ff. des Planfeststellungsbeschlusses). Die Bewertung hält sich innerhalb des naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraums, der der Behörde insoweit eingeräumt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.3.2006 , a.a.O., juris, Rn. 571 ff.; Urteil vom 12.3.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 242 m.w.N).

85

Die vom Kläger erhobenen Einwände greifen nicht durch. Insbesondere liegen - worauf an anderer Stelle bereits eingegangen worden ist - ausreichende Feststellungen zu Lebensraum und den Flugrouten der Fledermäuse vor. Eine genaue Ermittlung ihrer Populationsgröße war angesichts der für den nördlichen Teil der Straße geplanten und nach fachlicher Einschätzung zuverlässig wirkenden Überleitungsmöglichkeiten nicht erforderlich. Auch die gutachterlich ins Spiel gebrachte, aber nicht zusätzlich geforderte Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 km/h nördlich des Tunnels (vgl. S. 16 des Gutachtens vom November 2006) soll realisiert werden (vgl. S. 103 des Schriftsatzes des Beklagten vom 2.9.2008).

86

Zweifel an einem günstigen Erhaltungszustand ergeben sich auch nicht mit Blick auf den Luchs (vgl. dazu die Ausführungen zum Habitatschutzrecht). Vergleichbares gilt für die in Anhang IV FFH-RL geschützte Wildkatze, hinsichtlich der ein Zerschneidungs- und Kollisionsrisiko durch das Vorhaben zu prüfen war. Die von ihr besiedelten zentralen Räume liegen nämlich nicht im Projektgebiet, sondern im zentralen Pfälzerwald (vgl. S. 21 des Gutachtens vom November 2006; S. 6, 15 des Gutachtens vom September 2006; S. 2 des bestätigenden Gutachtens Öko-Log vom 22.1.2009). Eine (von § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG vorausgesetzte) signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.7.2008 , a.a.O. und juris, Rn. 90 zu § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) kann wegen der nur sporadischen Nutzung des Projektraums, aber auch mit Blick auf den - südlich von dem Vorhaben in einer Entfernung von 600 bis 800 m gelegenen - Austauschkorridor zwischen dem Pfälzerwald und dem Bienwald schon nicht angenommen werden (vgl. S. 15 des Gutachtens vom September 2006; ebenso S. 3 des Gutachtens Öko-Log vom 22.1.2009; dies bestätigt auch die mit der Klagebegründungschrift vom 31.5.2008 als Anhang K 2 vorgelegte Karte über Wildkatzenvorkommen). Einzubeziehen in die Beurteilung des Erhaltungszustands dieser Art sind aber auch der den überwiegenden Straßenteil verdeckende Tunnel, der als Querungshilfe anzusehen ist, wie auch die dichte Einzäunung der Straße nördlich des Tunnels, die als Leitsystem auch für diese Art verstanden werden kann. Schließlich ist die erhebliche (Straßenverkehrs)Vorbelastung des Gebiets - auch was das südliche Projektgebiet anbelangt - zu berücksichtigen (vgl. S. 15 des Gutachtens vom September 2006). Auf dieser Grundlage kann jedenfalls von einem Verbleiben in einem günstigen Erhaltungszustand der Wildkatze ausgegangen werden (vgl. S. 15 des Gutachtens vom September 2006), was auch in der mündlichen Verhandlung seitens des Gutachters der Firma Öko-Log nochmals bestätigt worden ist (vgl. das entsprechende Gutachten vom 22.1.2009, S. 2 f.). Der Kläger vermochte diese Einschätzung nicht in Zweifel zu ziehen. Der Hinweis auf den zunehmenden Verkehr auf dem südlichen Teil der geplanten Straße (vgl. S. 4 des Schriftsatzes vom 23.2.2009) allein ist zur Entkräftung der von dem Planträger vorgelegten Fachgutachten nicht ausreichend, insbesondere angesichts der Entfernung zum Wildkatzenkorridor und der straßenbezogenen Vorbelastung. Eine Außerachtlassung wissenschaftlicher Kriterien für die Belastungszonen für Raubtiere (vgl. S. 4 des Schriftsatzes des Klägers vom 23.2.3009) kann den hier herangezogenen Gutachten ebenfalls nicht vorgehalten werden, denn ihnen lässt sich insoweit ein Wertungswiderspruch nicht entnehmen (vgl. S. 15 des Gutachtens vom September 2006; S. 21, 29 des Gutachtens vom November 2006; S. 3 f. des Gutachtens vom Februar 2008). Einen solchen hat auch der Kläger nicht aufzeigen können.

87

Dass der Beklagte angesichts des Vorliegens der Ausnahmevoraussetzungen nach § 43 Abs. 8 BNatSchG auch die Befreiungsvoraussetzungen nach 62 BNatSchG a.F./n.F. bejaht (vgl. S. 3 des Planfeststellungsbeschlusses), unterliegt keiner Beanstandung.

88

3. Hinsichtlich der Unbeachtlichkeit der übrigen Ausführungen des nachgelassenen Schriftsatzes des Klägers vom 23. Februar 2009 mit anliegender Stellungnahme im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung kann auf die Ausführungen zum Habitatschutz verwiesen werden, die entsprechend gelten.

V.

89

Der Planfeststellungsbeschluss erkennt zutreffend (vgl. S. 83 ff. des Planfeststellungsbeschlusses), dass das Vorhaben einen Eingriff in die Belange von Natur und Landschaft bedeutet und die sich daraus ergebenden Beeinträchtigungen nach § 10 LNatSchG auszugleichen sind. Er geht zu Recht davon aus, dass die im Landespflegerischen Begleitplan (vgl. S. 37 ff.) dargestellten, nach Schutz-, Ausgleichs-, Ersatz-, Gestaltungs- und Minderungsmaßnahmen hinreichend differenzierten (vgl. Unterlage 12.4 zum Planfeststellungsbeschluss; S. 83 f. des Planfeststellungsbeschlusses) sowie sonstigen Auflagen im Planfeststellungsbeschluss einen Ausgleich bzw. eine ausreichende Kompensation im Sinne des § 10 Abs. 1 LNatSchG herstellen können. Insoweit besteht eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.3.2008, NuR 2008, 459, 501), deren fehlerhafte Ausnutzung nicht festgestellt werden kann.

90

1. Das Ausgleichskonzept enthält klare und bestimmte Kompensationsvorschriften. Der Kläger hat zu Unrecht Regelungen angegriffen, die insbesondere der Entlastung der von Kompensationen besonders betroffenen Grundstückseigentümer dienen sollen.

91

Zulässig ist zum einen die Regelung, die es erlaubt, auf Antrag eines betroffenen Grundstückseigentümers statt des Eigentumsentzugs lediglich eine dingliche Sicherung vorzunehmen und umgekehrt, vorausgesetzt, dies ist mit der Zielsetzung der jeweiligen Kompensationsmaßnahme zu vereinbaren (vgl. S. 14, 84 des Planfeststellungsbeschlusses). Diese Vorgehensweise begegnet unter eingriffsrechtlichen Gesichtspunkten keinen Bedenken.

92

Zum anderen ist auch die eröffnete Möglichkeit, im Einzelnen benannte landespflegerische Kompensationsmaßnahmen auf anderen als den nach dem Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Flächen mit Zustimmung der Oberen Naturschutzbehörde zu verwirklichen (vgl. S. 10 f., 85 des Planfeststellungsbeschlusses), als Planvorbehalt im Sinne des § 74 Abs. 3 VwVfG zulässig (vgl. dazu allgemein: BVerwG, Urteil vom 22.1.2000, BVerwGE 112, 221 und juris, Rn. 27 ff.; Urteil vom 12.12.1996, BVerwGE 102, 331 und juris, Rn. 59 f.). Weil zusätzlich verlangt wird, dass dabei das mit dem Gesamtausgleichskonzept verfolgte Ziel mindestens gleichwertig erreicht werden muss, bestehen auch keine Bedenken daran, dass die von dem Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen einer vollwertigen Kompensation zugeführt werden können. Zudem sind Ausweichhabitate für Tierarten nicht von der Verlegungsoption betroffen.

93

2. Der Planfeststellungsbeschluss ist auch mit dem besonderen Lebensraumschutz für streng geschützte Arten im Rahmen der Eingriffsregelung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 LNatSchG vereinbar.

94

Nach dieser Vorschrift ist, wenn als Folge des Eingriffs Biotope zerstört werden, die für die dort wildlebenden Tiere oder Pflanzen der streng geschützten Arten im Sinne des § 10 Abs. 2 Nr. 11 BNatSchG nicht ersetzbar sind, der Eingriff nur zulässig, wenn er aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses gerechtfertigt ist.

95

Abgesehen davon, dass es auf diese Anforderung wegen der anzunehmenden vollständigen Kompensation des Eingriffs schon nicht ankommt (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 LNatSchG), so hat sich der Beklagte zur Beurteilung dieser Frage zu Recht auf das zu dieser Rechtsfrage eingeholte Gutachten vom September 2006 stützen dürfen (vgl. S. 95 ff. des Planfeststellungsbeschlusses). Dieses gelangt nach Auswertung vorhandener Unterlagen und eigener Geländeerkundungen überzeugend zu dem Ergebnis, dass streng geschützte Arten vorkommen, durch das Vorhaben jedoch keine Lebensräume und Lebensraumfunktionen zerstört oder entwertet werden, die für die dort wildlebenden Arten nicht ersetzbar sind, auch unter Berücksichtigung von Vermeidungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen vielmehr sichergestellt ist, dass sich durch die Auswirkungen der Straße keine Verschlechterung des Erhaltungszustandes dieser Arten in ihrem Verbreitungsgebiet einstellen wird. Auf diese, im Einzelnen hinsichtlich jeder vorkommenden Art nachvollziehbar begründeten Feststellungen des Gutachtens hat der Planfeststellungsbeschluss (vgl. S. 95) in nicht zu beanstandender Weise verwiesen und daraus gefolgert, dass es mangels Vorliegens schon der Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz LNatSchG auf die Frage, ob der Eingriff durch zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses gerechtfertigt wird, an sich nicht mehr ankommt. Rein vorsorglich verweist der Planfeststellungsbeschluss insoweit aber auf die entsprechenden Ausführungen im Rahmen der Planrechtfertigung, was nicht zu beanstanden ist.

96

Da sich der Kläger mit diesem Gutachten nicht im Einzelnen auseinandersetzt, sondern lediglich - wie im Rahmen des Habitat- und Artenschutzes - eine methodisch fehlerhafte Ermittlung der betroffenen Arten sowie unzureichende Maßnahmen für Fledermäuse, den Luchs und die Wildkatze rügt, kann auf die an früheren Stellen erfolgten Ausführungen Bezug genommen werden.

VI.

97

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss genügt auch dem in § 17 Satz 2 FStrG normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen und dabei erkennbar gewordene Konflikte planerisch zu bewältigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.3.2007, NuR 2007, 488 und juris, Rn. 18).

98

1. Der Kläger beanstandet im Wesentlichen - ein Rügerecht im Sinne des § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG soll insoweit unterstellt werden - eine unvollständige Problembewältigung hinsichtlich der Deponierung von aus dem Tunnelaushub herrührenden Erdmassen. Dem kann nicht gefolgt werden.

99

Nachdem die Planung zunächst die Verbringung der Aushubmassen auf landwirtschaftlichen Flächen in der Gemarkung Dörrenbach vorgesehen hatte und damit auf starke Einwendungen der betroffenen Landwirte, Winzer und Grundstückseigentümer getroffen war, hat sich der Planungsträger entschlossen, auf die vorgesehenen Deponieflächen zu verzichten und den Tunnelaushub auf andere geeignete Flächen zu verbringen. Daher sieht der Planfeststellungsbeschluss nach Zustimmung der Oberen Naturschutzbehörde nunmehr vor (vgl. S. 9 f.), dass der Aushub auf noch freie, im Eigentum des Straßenbaulastträgers stehenden Deponieflächen aus anderen Straßenvorhaben in den nahe gelegenen Gemarkungen P.-O. und G.-G. verbracht wird; auf diese Weise kann der überwiegende Teil der zu erwartenden Aushubmasse (ca. 84.000 m³) deponiert werden. Die Ablagerung des übrigen Aushubs (ca. 16.000 m³) hat der Straßenbaulastträger auf anderen ihm zugänglichen Flächen, die jedoch noch nicht im Einzelnen feststehen, vorzunehmen und insoweit bis zum Baubeginn eine Abstimmung der Oberen Naturschutzbehörde herbeizuführen (vgl. S. 9 f. des Planfeststellungsbeschlusses). Darin liegt eine ausreichende Bewältigung des Erdmassenproblems, die sich ausdrücklich dem Ziel verpflichtet sieht, eine vollständige Deponierung aller Überschussmassen in rechtlich zulässiger Weise sicherzustellen. Der Vorbehalt eines eventuell notwendig werdenden ergänzenden Verfahrens ist gemäß § 74 Abs. 3 VwVfG zulässig.

100

Angesichts der bereits mit dem Planfeststellungsbeschluss festgelegten Deponieflächen für den weit überwiegenden Aushub ist es unerheblich, wie viel Erdmassen im Letzten anfallen und zu verbringen sein werden. Das geschätzte Volumen von 90.000 bis 100.000 m³ ist nach der Darstellung des Beklagten im Übrigen plausibel (vgl. S. 19 f. des Erläuterungsberichts; S. 34 des Landespflegerischen Begleitplans; Schreiben an den Landesstraßenbetrieb vom 31.5.2005, S. 2; S. 111 des Schriftsatzes des Beklagten vom 2.9.2008); auch steht fest, dass von dem Straßenbaulastträger ein Mehr an Massen untergebracht werden kann. Der mit gutachterlicher Stellungnahme begründeten Sicht des Klägers, die Aushubmasse sei deutlich höher, nämlich in einer Größenordnung von ca. 181.000 m³ zu veranschlagen (vgl. S. 12 der mit der Klageschrift vorgelegten Fachtechnischen Stellungnahme zum Planfeststellungsbeschluss des Büros für angewandten Umweltschutz vom 8.5.2008), ist der Beklagte in nachvollziehbarer konkreter fachlicher Auseinandersetzung entgegen getreten und hat seine Berechnung nochmals begründet (vgl. S. 111 des Schriftsatzes vom 2.9.2008). Damit hat sich der Kläger im Folgenden nicht mehr auseinander gesetzt, so dass eine weitere Abklärung insoweit entbehrlich ist.

101

2. Auch der entstehende Bau- und Transportverkehr im Zusammenhang mit der Tunnelerschließung und dem Verbringen des Erdaushubs wurde in den Blick genommen und einer angemessenen, die Natur und Landschaft sowie die Anwohner möglichst schonenden Lösung zugeführt. Der Planfeststellungsbeschluss hält Regelungen bereit, die ein möglichst belastungsfreies, dem Stand der Technik entsprechendes Vorgehen auch mit Gerätschaften gewährleisten soll (vgl. S. 17 f., 68 f., 76 f. des Planfeststellungsbeschlusses).

102

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

103

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

104

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

105

Beschluss

106

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 25.000,-- € festgesetzt (§§ 47, 52 GKG).

(1) Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte haben zur Vorbereitung der Planung und der Baudurchführung notwendige Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen einschließlich der vorübergehenden Anbringung von Markierungszeichen und sonstigen Vorarbeiten durch die Straßenbaubehörde oder die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten oder von den zuständigen Behörden Beauftragte zu dulden. Wohnungen dürfen nur mit Zustimmung des Wohnungsinhabers betreten werden. Satz 2 gilt nicht für Arbeits-, Betriebs- oder Geschäftsräume während der jeweiligen Arbeits-, Geschäfts- oder Aufenthaltszeiten.

(2) Die Absicht, solche Arbeiten auszuführen, ist dem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten mindestens zwei Wochen vorher unmittelbar oder durch ortsübliche Bekanntmachung in den Gemeinden, in deren Bereich die Vorarbeiten durchzuführen sind, bekannt zu geben.

(3) Entstehen durch eine Maßnahme nach Absatz 1 einem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten unmittelbare Vermögensnachteile, so hat der Träger der Straßenbaulast eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Kommt eine Einigung über die Geldentschädigung nicht zustande, so setzt die nach Landesrecht zuständige Behörde auf Antrag der Straßenbaubehörde, der Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes oder des Berechtigten die Entschädigung fest. Vor der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören.

Das Verwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht.

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug

1.
über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern und zwischen verschiedenen Ländern,
2.
über Klagen gegen die vom Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Vereinsgesetzes ausgesprochenen Vereinsverbote und nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes erlassenen Verfügungen,
3.
über Streitigkeiten gegen Abschiebungsanordnungen nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes und ihre Vollziehung sowie den Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbots auf dieser Grundlage,
4.
über Klagen, denen Vorgänge im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes zugrunde liegen,
5.
über Klagen gegen Maßnahmen und Entscheidungen nach § 12 Absatz 3a des Abgeordnetengesetzes, nach den Vorschriften des Elften Abschnitts des Abgeordnetengesetzes, nach § 6b des Bundesministergesetzes und nach § 7 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre in Verbindung mit § 6b des Bundesministergesetzes,
6.
über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben betreffen, die in dem Allgemeinen Eisenbahngesetz, dem Bundesfernstraßengesetz, dem Bundeswasserstraßengesetz, dem Energieleitungsausbaugesetz, dem Bundesbedarfsplangesetz, dem § 43e Absatz 4 des Energiewirtschaftsgesetzes, dem § 76 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes oder dem Magnetschwebebahnplanungsgesetz bezeichnet sind, über sämtliche Streitigkeiten, die Vorhaben zur Errichtung und zur Anbindung von Terminals zum Import von Wasserstoff und Derivaten betreffen, sowie über die ihm nach dem LNG-Beschleunigungsgesetz zugewiesenen Verfahren,
7.
über die ihm nach dem Energiesicherungsgesetz zugewiesenen Verfahren.

(2) In Verfahren nach Absatz 1 Nummer 6 ist § 48 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Hält das Bundesverwaltungsgericht nach Absatz 1 Nr. 1 eine Streitigkeit für verfassungsrechtlich, so legt es die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor.

(1) Bundesfernstraßen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Eine Änderung liegt vor, wenn eine Bundesfernstraße

1.
um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert wird oder
2.
in sonstiger Weise erheblich baulich umgestaltet wird.
Eine Änderung im Sinne von Satz 2 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um die Bundesfernstraße vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Die Maßgaben gelten entsprechend, soweit das Verfahren landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,

1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt,
2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht,
3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und
4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
In der vorläufigen Anordnung sind die Auflagen zur Sicherung dieser Interessen und der Umfang der vorläufig zulässigen Maßnahmen festzulegen. Sie ist den anliegenden Gemeinden sowie den Beteiligten zuzustellen oder ortsüblich bekannt zu machen. Sie ersetzt nicht die Planfeststellung. § 16a bleibt unberührt. Soweit die vorbereitenden Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung durch die Planfeststellung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung zurückgenommen wurde. Der Betroffene ist durch den Träger der Straßenbaulast zu entschädigen, soweit die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden oder ein Schaden eingetreten ist, der durch die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht ausgeglichen wird. Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Betrifft die vorläufige Anordnung ein Vorhaben im Sinne des § 17e Absatz 1, ist § 17e Absatz 1 und 5 in Bezug auf Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die betreffen

1.
die Errichtung, den Betrieb, die sonstige Innehabung, die Veränderung, die Stillegung, den sicheren Einschluß und den Abbau von Anlagen im Sinne der §§ 7 und 9a Abs. 3 des Atomgesetzes,
1a.
das Bestehen und die Höhe von Ausgleichsansprüchen auf Grund der §§ 7e und 7f des Atomgesetzes,
2.
die Bearbeitung, Verarbeitung und sonstige Verwendung von Kernbrennstoffen außerhalb von Anlagen der in § 7 des Atomgesetzes bezeichneten Art (§ 9 des Atomgesetzes) und die wesentliche Abweichung oder die wesentliche Veränderung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 des Atomgesetzes sowie die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen außerhalb der staatlichen Verwahrung (§ 6 des Atomgesetzes),
3.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraftwerken mit Feuerungsanlagen für feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als dreihundert Megawatt,
3a.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Anlagen zur Nutzung von Windenergie an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern sowie Anlagen von Windenergie auf See im Küstenmeer,
3b.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen im Sinne des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes ab einer Feuerungswärmeleistung von 50 Megawatt,
4.
Planfeststellungsverfahren gemäß § 43 des Energiewirtschaftsgesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist,
4a.
Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Einrichtungen nach § 66 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist,
5.
Verfahren für die Errichtung, den Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Anlagen zur Verbrennung oder thermischen Zersetzung von Abfällen mit einer jährlichen Durchsatzleistung (effektive Leistung) von mehr als einhunderttausend Tonnen und von ortsfesten Anlagen, in denen ganz oder teilweise Abfälle im Sinne des § 48 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gelagert oder abgelagert werden,
6.
das Anlegen, die Erweiterung oder Änderung und den Betrieb von Verkehrsflughäfen und von Verkehrslandeplätzen mit beschränktem Bauschutzbereich,
7.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen, Magnetschwebebahnen und von öffentlichen Eisenbahnen sowie für den Bau oder die Änderung von Rangier- und Containerbahnhöfen,
8.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung von Bundesfernstraßen und Landesstraßen,
9.
Planfeststellungsverfahren für den Neubau oder den Ausbau von Bundeswasserstraßen,
10.
Planfeststellungsverfahren für Maßnahmen des öffentlichen Küsten- oder Hochwasserschutzes,
11.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes oder nach landesrechtlichen Vorschriften für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Häfen, die für Wasserfahrzeuge mit mehr als 1 350 Tonnen Tragfähigkeit zugänglich sind, unbeschadet der Nummer 9,
12.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Wasserkraftanlagen mit einer elektrischen Nettoleistung von mehr als 100 Megawatt,
12a
Gewässerbenutzungen im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen,
12b
Planfeststellungsverfahren für Gewässerausbauten im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen,
13.
Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesberggesetz,
14.
Zulassungen von
a)
Rahmenbetriebsplänen,
b)
Hauptbetriebsplänen,
c)
Sonderbetriebsplänen und
d)
Abschlussbetriebsplänen
sowie Grundabtretungsbeschlüsse, jeweils im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen, und
15.
Planfeststellungsverfahren nach § 65 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nummer 19.7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung für die Errichtung und den Betrieb oder die Änderung von Dampf- oder Warmwasserpipelines.
Satz 1 gilt auch für Streitigkeiten über Genehmigungen, die anstelle einer Planfeststellung erteilt werden, sowie für Streitigkeiten über sämtliche für das Vorhaben erforderlichen Genehmigungen und Erlaubnisse, auch soweit sie Nebeneinrichtungen betreffen, die mit ihm in einem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen. Die Länder können durch Gesetz vorschreiben, daß über Streitigkeiten, die Besitzeinweisungen in den Fällen des Satzes 1 betreffen, das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug entscheidet.

(2) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug ferner über Klagen gegen die von einer obersten Landesbehörde nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Vereinsgesetzes ausgesprochenen Vereinsverbote und nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes erlassenen Verfügungen.

(3) Abweichend von § 21e Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes soll das Präsidium des Oberverwaltungsgerichts anordnen, dass ein Spruchkörper, der in einem Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 tätig geworden ist, für dieses nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. September 2014 wird in Nr. I abgeändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 2. September 2014 in Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 21. November 2014 wird unter folgender Auflage wiederhergestellt bzw. angeordnet:

Der Antragsteller

1. meldet sich sofort für ein Fahreignungsseminar nach § 4a StVG, § 42 FeV an und nimmt an allen Modulen und Sitzungen teil,

2. legt dem Landratsamt O. zum Nachweis der Anmeldung binnen 10 Tagen nach Zustellung dieses Beschlusses an seinen Bevollmächtigten eine von dem/den Seminarträgern verbindlich bestätigte Anmeldung zu der verkehrspädagogischen und verkehrspsychologischen Teilmaßnahme des Fahreignungsseminars vor,

3. a) legt dem Landratsamt O. zum Nachweis der Teilnahme an der verkehrspädagogischen Teilmaßnahme des Fahreignungsseminars nach § 42 Abs. 3 und 4 FeV (Module 1 und 2) sowie an der Sitzung 1 der verkehrspsychologischen Teilmaßnahme nach § 42 Abs. 6 und 7 FeV binnen eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses an seinen Bevollmächtigten jeweils eine schriftliche Bestätigung des Seminarträgers vor,

b) legt dem Landratsamt O. zum Nachweis der Teilnahme an der Sitzung 2 der verkehrspsychologischen Teilmaßnahme nach § 42 Abs. 6 und 8 FeV binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses an seinen Bevollmächtigten eine schriftliche Bestätigung des Seminarträgers vor.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen unter Abänderung von Nr. II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts der Antragsteller zu einem Drittel und der Antragsgegner zu zwei Dritteln.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die sofort vollziehbare Entziehung seiner Fahrerlaubnis.

Mit Bescheid vom 23. März 2009 entzog ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis der Klassen A und CE sowie sämtlicher darin enthaltener Klassen. Der Antragsteller hatte am 21. Juli 2007 18 oder mehr Punkte im damaligen Verkehrszentralregister erreicht. Den Punkten lagen verschiedene Verkehrsordnungswidrigkeiten zugrunde (2007 zwei Geschwindigkeitsüberschreitungen, 2006 eine Geschwindigkeitsüberschreitung, Fahren ohne Sicherheitsgurt sowie Überladung, 2005 eine Geschwindigkeitsüberschreitung, mangelhafte Bereifung und unzureichende Ladungssicherung sowie eine Überschreitung der Frist für die HU, 2004 Telefonieren am Steuer und 2002 ein Rotlichtverstoß). Einen dagegen eingelegten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 18. Mai 2009 abgelehnt (Au 7 S 09.513). Die Klage gegen den Bescheid vom 23. März 2009 nahm der Antragsteller daraufhin zurück.

Das Amtsgericht München verhängte mit Strafbefehl vom 7. Oktober 2009, rechtskräftig seit 15. Oktober 2009, wegen eines am 21. November 2008 begangenen Vergehens des fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine Geldstrafe von 25 Tagessätzen gegen den Antragsteller. Die Gültigkeit seiner Fahrerlaubnis der Klasse CE war am 7. Februar 2007 abgelaufen.

Auf seinen Antrag vom 19. August 2009 erteilte ihm die Fahrerlaubnisbehörde am 9. November 2009 die Fahrerlaubnis der Klassen A, BE, C1E, CE, M, S, L und T wieder. Dafür hatte er ein medizinisch-psychologisches Gutachten der A. GmbH vom 1. Oktober 2009 vorgelegt. Der Gutachter stellte fest, es sei zu erwarten, dass der Antragsteller auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Es bestehe jedoch begründete Aussicht, dass diese Einstellungsmängel durch die Teilnahme an einem Kurs nach § 70 FeV behoben werden könnten. Der Antragsteller nahm daraufhin an einem solchen Kurs teil und legte eine Teilnahmebestätigung vom 8. November 2009 vor.

Mit Schreiben vom 19. Mai 2014 teilte das Kraftfahrt-Bundesamt der Fahrerlaubnisbehörde mit, dass der Antragsteller vier Punkte im Fahreignungsregister erreicht habe. Folgende Taten seien gespeichert:

Tattag

Rechtskraft

OWi/Straftat

Punktezahl

21.11.2008

15.10.2009

Fahrlässiges Fahren ohne Fahrerlaubnis, Lkw mit Anhänger

6 P., wegen FE-Entzug gelöscht

11.2.2010

27.3.2010

Benutzung eines Mobiltelefons als Führer eines Kfz bis 3,5t

1 P. alt

17.3.2011

5.7.2011

Höchstgeschwindigkeit innerorts mit Kfz über 3,5t um 16 km/h überschritten

1 P. alt

2.5.2011

27.10.2011

Ladung ungenügend gesichert bei Kfz über 7,5t

1 P. alt

10.5.2012

31.7.2012

Inbetriebnahme eines Lkw mit Verstoß gegen Verkehrssicherheit (Bremsen)

3 P. alt

19.2.2013

5.4.2013

Benutzung eines Mobiltelefons als Führer eines Pkw

1 P. alt

1.5.2014

Umrechnung von 7 Punkte alt auf 3 Punkte neu (§ 65 Abs. 3 Nr. 4 StVG)

10.2.2014

25.3.2014

Benutzung eines Mobiltelefons als Führer eines Kfz über 3,5t

1 P. neu

Mit Schreiben vom 2. Juni 2014 forderte die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller unter Auflistung der ab 2010 begangenen Verkehrsordnungswidrigkeiten auf, ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung/Medizinisch-Psychologische Untersuchungsstelle beizubringen. Er habe zwischenzeitlich erneut sechs Mal gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen. Die Prognose des Gutachtens aus 2009 sei damit eindeutig widerlegt. Nachdem er das komplette Punktesystem bereits einmal durchlaufen und dies offensichtlich keinerlei Einfluss auf sein Verhalten im Straßenverkehr gehabt habe, sei die Behörde zu dem Schluss gekommen, dass nicht die Maßnahmen des neuen Fahreignungsbewertungssystems, sondern gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 4 FeV eine neuerliche Fahreignungsüberprüfung angebracht sei. Der Antragsteller legte kein Gutachten vor.

Daraufhin entzog ihm die Fahrerlaubnisbehörde mit Bescheid vom 2. September 2014 die Fahrerlaubnis sämtlicher Klassen (Nr. 1). Sie verpflichtete ihn, seinen Führerschein spätestens drei Tage nach Zustellung des Bescheids abzuliefern (Nr. 2) und ordnete die sofortige Vollziehung der Nr. 2 des Bescheids an (Nr. 3). In den Gründen des Bescheids führte sie unter Nr. IV aus, dass die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 dieses Bescheids nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet werde, da ein dringendes öffentliches Interesse daran bestehe, dass der Antragsteller nicht weiter am motorisierten Straßenverkehr teilnehme.

Über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 2. September 2014 ist nach Aktenlage noch nicht entschieden. Den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 30. September 2014 abgelehnt.

Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde erhoben. Der Sofortvollzug sei hinsichtlich der Nr. 1 des Bescheids überhaupt nicht angeordnet worden. Darüber hinaus sei er nach § 80 Abs. 3 VwGO nicht hinreichend begründet worden. Des Weiteren fehle es an einer ordnungsgemäßen Interessenabwägung. Die Voraussetzungen zu einem Vorgehen außerhalb des Punktesystems lägen nicht vor. Dazu bedürfe es einer Einzelfallbetrachtung und der Abwägung der konkreten Umstände. Die Anordnung der Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens sei rechtswidrig gewesen, da sie keine ausreichende Begründung enthalte, weshalb vom Punktesystem abgewichen werde. Es würden keine wiederholten Verstöße i. S. d. § 11 Abs. 3 Nr. 4 Alt. 2 FeV vorliegen. Der Antragsteller begehe nicht beharrlich und häufig die Verkehrssicherheit beeinträchtigende Verkehrsordnungswidrigkeiten, er sei weder ein notorischer Raser noch fahre er unter Alkoholeinfluss. Das Ermessen sei nicht ordnungsgemäß ausgeübt worden. Innerhalb der letzten 24 Monate habe er nur zwei Ordnungswidrigkeiten begangen, die zur Eintragung jeweils eines Punktes geführt hätten. Es hätte ausgereicht, das Absolvieren eines Seminars zum Abbau von Punkten anzuordnen.

Mit Bescheid vom 21. November 2014 hat der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheids vom 2. September 2014 angeordnet. Im Bescheid vom 2. September 2014 sei versehentlich nur die sofortige Vollziehung der Nr. 2 angeordnet worden. Es handele sich um einen offensichtlichen Schreibfehler, da in der Begründung von Nrn. 1 und 2 die Rede sei. Im Übrigen tritt er der Beschwerde entgegen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO das form- und fristgerechte Beschwerdevorbringen berücksichtigt, ist mit der Maßgabe begründet, dass die Wiederherstellung und Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Nummern 1 und 2 des Bescheids vom 2. September 2014 in Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 21. November 2014 mit Auflagen im Sinne von § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO zu verbinden war.

1. Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 2. September 2014 in der Gestalt, die er durch den Ergänzungsbescheid vom 21. November 2014 gefunden hat. Der Antragsgegner hat den Ergänzungsbescheid mit Schriftsatz vom 25. November 2014 in das Beschwerdeverfahren eingeführt. Im Rahmen der Beschwerde sind Änderungen der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde zu berücksichtigen, selbst wenn sie vom Beschwerdegegner geschaffen wurden (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 146 Rn. 42).

2. Die Anordnung des Sofortvollzugs genügt den formellen Anforderungen. Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43). Insbesondere bei Kraftfahrern, denen die erforderliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fehlt, ist das Erlassinteresse regelmäßig mit dem Vollzugsinteresse identisch (Schmidt, a. a. O. Rn. 36). Ein solcher Fall lag hier aus Sicht des Antragsgegners vor. Er hat vor diesem Hintergrund unter Nr. IV des Bescheids vom 2. September 2014 und unter Nr. II des Bescheids vom 21. November 2014 zwar knapp, aber ausreichend, das besondere Interesse am sofortigen Vollzug begründet. Im gerichtlichen Verfahren erfolgt keine materielle Überprüfung der Begründung der Behörde nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern es wird eine eigenständige Interessenabwägung durchgeführt.

3. Das Beschwerdevorbringen führt zu einer Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, da eine eigenständige gerichtliche Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs ergibt, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs unter Auflagen wiederhergestellt bzw. angeordnet werden kann.

Der Widerspruch wird mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein, denn gegen die Gutachtensanordnung vom 2. Juni 2014 bestehen rechtliche Bedenken.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) vom 5. März 2003 (BGBl S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. August 2013 (BGBl S. 3313), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 18. Dezember 2010 (BGBl S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 16. April 2014 (BGBl S. 348), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV).

Nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf die Behörde auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn ein gefordertes Gutachten nicht fristgerecht beigebracht wird. Der Schluss auf die Nichteignung ist jedoch nur dann zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (BVerwG, U. v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 - NJW 2002, 78). Diese Anforderungen sind hier bei summarischer Prüfung nicht erfüllt.

Gegen die Anordnung vom 2. Juni 2014 bestehen durchgreifende Bedenken. Zwar liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Alt. 2 FeV vor. Danach kann die Beibringung eines Gutachtens zur Klärung von Eignungszweifeln angeordnet werden, wenn wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen wurde. Dies ist beim Antragsteller der Fall, denn es sind sechs Verkehrsordnungswidrigkeiten im Fahreignungsregister eingetragen, auf die der Antragsgegner die Anordnung gestützt hat. Ob die Verstöße erheblich waren, ist nicht entscheidungserheblich, denn die Behörde hat sich auf mehrere Verstöße und nicht nur auf einen einzelnen erheblichen Verstoß nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 FeV bezogen.

Gegen die Anordnung bestehen jedoch rechtliche Bedenken dahingehend, ob die Fahrerlaubnisbehörde das in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV eröffnete Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt hat, mithin das Vorgehen außerhalb des Punktsystems ausreichend und zutreffend begründet hat.

Nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls festzulegen, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV muss die Behörde dem Betroffenen die Gründe für die Zweifel an seiner Eignung darlegen. Dabei sind an die Fragestellung und die Begründung strenge Anforderungen zu stellen, denn eine Gutachtensaufforderung ist nicht selbstständig anfechtbar und muss dem Betroffenen die Möglichkeit geben, sich frühzeitig Klarheit darüber zu verschaffen, ob die Anordnung rechtmäßig ist (BayVGH, B. v. 27.11.2012 - 11 ZB 12.1596 - juris Rn. 10; NdsOVG, U. v. 8.7.2014 - 12 LC 224/13 - juris Rn. 47). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gewahrt. Die Fahrerlaubnisbehörde hat unter Auflistung der seit 2010 begangenen Verkehrsordnungswidrigkeiten ausgeführt, dass damit die Prognose der MPU von 2009 widerlegt sei und das erstmalige Durchlaufen des Punktesystems keinerlei Einfluss auf das Verhalten des Antragstellers im Straßenverkehr gehabt habe. Dies trifft so nicht zu, denn zumindest Geschwindigkeitsüberschreitungen sind nicht mehr so häufig aufgetreten. Auch die Intervalle zwischen den einzelnen Verkehrsordnungswidrigkeiten sind länger geworden und gleichzeitig hat sich die Anzahl der Punkte pro Verstoß durchschnittlich verringert. Es wäre daher erforderlich gewesen, zu begründen, weshalb trotz einer gewissen Besserung im Verkehrsverhalten des Antragstellers ein Abweichen vom Punktsystem gerechtfertigt erscheint. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass alle Verkehrsordnungswidrigkeiten, die zum Entzug der Fahrerlaubnis mit Bescheid vom 23. März 2009 geführt haben, zum Zeitpunkt der Anordnung der medizinisch-psychologischen Begutachtung aus dem Fahreignungsregister getilgt waren. In der Anordnung wurden sie deshalb auch nicht erwähnt. Bei Wiederholungstätern, die das Punktesystem zum zweiten Mal durchlaufen, führt aber regelmäßig die trotz der Löschung der Punkte weiter bestehende Verwertbarkeit der vor der Entziehung der Fahrerlaubnis begangenen Verkehrsordnungswidrigkeiten zu flexibleren Reaktionsmöglichkeiten der Fahrerlaubnisbehörde (vgl. BayVGH, B. v. 7.8.2014 - 11 CS 14.352 - juris Rn. 24). Vor diesem Hintergrund hätte auch begründet werden müssen, weshalb im vorliegenden Fall trotz Tilgung dieser Verkehrsverstöße aus dem Fahreignungsregister von einem nahtlosen Anknüpfen an die vorherigen Verfehlungen ausgegangen werden kann.

Darüber hinaus bestehen auch Bedenken, ob überhaupt ein besonders gelagerter Ausnahmefall vorliegt, bei dem ein Abweichen vom Punktesystem möglich ist. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn binnen kurzer Zeit und in rascher Folge erneut Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr begangen werden (vgl. BayVGH, B. v. 7.8.2014 a. a. O.; B. v. 7.2.2012 - 11 CS 11.2708 - juris; VGH BW, B. v. 5.52014 - 10 S 705/14 - ZfSch 2014, 415; OVG NRW, B. v. 7.10.2013 - 16 A 2820/12 - juris; B. v. 29.6.2011 - 16 B 212/11 - ZfSch 2011, 536). Es erscheint eher fraglich, ob nach dem Erreichen der ersten Stufe des Punktesystems in einem Zeitraum von vier Jahren und sechs Monaten nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis und der Tilgung aller der Fahrerlaubnisentziehung zugrunde liegenden Verkehrsordnungswidrigkeiten ein solcher Ausnahmefall angenommen werden kann.

4. Die unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs durchgeführte Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO ergibt, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs unter Auflagen, die im Falle ihrer Erfüllung die Bedenken gegen die charakterliche Eignung des Antragstellers reduzieren, wiederhergestellt bzw. angeordnet werden kann.

Bei der Interessenabwägung ist einerseits die berufliche Situation des Antragstellers in den Blick zu nehmen. Er hat an Eides Statt versichert, dass er seine Fahrerlaubnis für die Fortführung seines Gewerbebetriebs mit neun Angestellten dringend benötigt. Es erscheint nachvollziehbar, dass die Aufrechterhaltung des Betriebs schwierig ist, da neben dem Antragsteller nur ein Angestellter eine Fahrerlaubnis der Klasse C besitzt und damit den firmeneigenen Lastkraftwagen führen kann. Andererseits ist das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG abzuleitende Auftrag des Staates zum Schutz der Verkehrsteilnehmer vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben zu beachten (vgl. z. B. BVerfG, U. v. 16.10.1977 - 1 BvQ 5/77 - BVerfGE 46, 160).

Bei der Abwägung ist weiter zu berücksichtigen, dass beim Antragsteller Fehleinstellungen vorhanden sind, die auf charakterliche Mängel hindeuten. Zum einen war er trotz des Wissens um die Notwendigkeit seiner Fahrerlaubnis für die Aufrechterhaltung seines Gewerbebetriebs bisher nicht in der Lage, eine längere Zeitspanne ohne Begehung von Verkehrsordnungswidrigkeiten am Straßenverkehr teilzunehmen. Zum anderen versucht er, seine Taten zu bagatellisieren. Das Gericht teilt seine Auffassung nicht, dass das Benutzen eines Mobiltelefons während des Führens eines Fahrzeugs keine Gefahr darstelle. Der Gesetzgeber hat diese Ordnungswidrigkeit auch nach dem neuen Punktesystem mit der Eintragung von einem Punkt belegt, denn das Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung lenkt den Fahrzeugführer ab und führt häufig zu gefährlichen Situationen. Es mag zwar zutreffen, dass der Antragsteller dabei bisher keinen Unfall verursacht hat. Dies ist ggf. aber auch nur dem geistesgegenwärtigen Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer zuzuschreiben. Das Telefonieren während des Fahrens kann zu einer erheblichen Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer führen, ohne dass der das Telefon nutzende Fahrzeugführer dies überhaupt wahrnimmt. Der Senat kann darüber hinaus nicht nachvollziehen, weshalb der Antragsteller keine Freisprechanlage oder ggf. ein einseitiges Head-Set benutzt, obwohl er bei der im Jahr 2009 durchgeführten medizinisch-psychologischen Untersuchung angegeben hat, er habe alle Autos damit ausgestattet und benutze diese Einrichtungen, um weitere Ordnungswidrigkeiten zu vermeiden.

Zu seinen Gunsten ist demgegenüber zu berücksichtigen, dass nach dem Entzug der Fahrerlaubnis im Jahr 2009 eine gewisse Besserung eingetreten ist und Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht mehr so häufig aufgetreten sind. Darüber hinaus haben sich seit dem Jahr 2010 im Vergleich zu der Zeit vor dem Entzug der Fahrerlaubnis auch die Intervalle zwischen den einzelnen Verkehrsordnungswidrigkeiten verlängert und gleichzeitig die Anzahl der Punkte pro Verstoß durchschnittlich verringert. Die begangenen Ordnungswidrigkeiten sind auch nicht Ausdruck einer aggressiven oder rücksichtslosen Persönlichkeitsstruktur, sondern sprechen eher für eine gewisse Gleichgültigkeit und Nachlässigkeit im Umgang mit den Pflichten als Verkehrsteilnehmer.

Das Gericht geht in Anbetracht der zu berücksichtigenden Umstände davon aus, dass die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar dem Antragsteller dazu verhelfen kann, seine eher leichtfertige Einstellung zu den Straßenverkehrsvorschriften zu überdenken und die schon eingeleitete Besserung zu festigen. Der Antragsteller hat selbst vorgetragen, dass als milderes Mittel gegenüber der Gutachtensanordnung die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar hätte angeordnet werden können. Es erscheint daher notwendig und zumutbar, aber auch ausreichend für seine vorläufige weitere Teilnahme am Straßenverkehr, ihm eine solche Maßnahme aufzuerlegen.

Der Antragsteller wird darauf hingewiesen, dass bei einem Verstoß gegen die Auflagen oder dem Bekanntwerden weiterer Verkehrsordnungswidrigkeiten eine umgehende Änderung der Entscheidung des Senats erfolgen kann.

5. Der Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 155 Abs. 1 VwGO teilweise stattzugeben. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs.1 GKG i. V. m. den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 46.1, 46.3 und 46.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, Anh. § 164 Rn. 14).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte haben zur Vorbereitung der Planung und der Baudurchführung notwendige Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen einschließlich der vorübergehenden Anbringung von Markierungszeichen und sonstigen Vorarbeiten durch die Straßenbaubehörde oder die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten oder von den zuständigen Behörden Beauftragte zu dulden. Wohnungen dürfen nur mit Zustimmung des Wohnungsinhabers betreten werden. Satz 2 gilt nicht für Arbeits-, Betriebs- oder Geschäftsräume während der jeweiligen Arbeits-, Geschäfts- oder Aufenthaltszeiten.

(2) Die Absicht, solche Arbeiten auszuführen, ist dem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten mindestens zwei Wochen vorher unmittelbar oder durch ortsübliche Bekanntmachung in den Gemeinden, in deren Bereich die Vorarbeiten durchzuführen sind, bekannt zu geben.

(3) Entstehen durch eine Maßnahme nach Absatz 1 einem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten unmittelbare Vermögensnachteile, so hat der Träger der Straßenbaulast eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Kommt eine Einigung über die Geldentschädigung nicht zustande, so setzt die nach Landesrecht zuständige Behörde auf Antrag der Straßenbaubehörde, der Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes oder des Berechtigten die Entschädigung fest. Vor der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Duldungsverfügung des Antragsgegners vom 14. August 2014 in der Fassung vom 22. August 2014 wiederherzustellen, wird abgelehnt mit der Maßgabe, dass mit der Ausführung der zu duldenden Arbeiten erst begonnen werden darf, nachdem der Antragsgegner das als Ersatzweide vorgesehene, im Schriftsatz vom 30. September 2014 bezeichnete Grundstück in der dort beschriebenen Weise eingezäunt hat.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3 750 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Reitstalles und Pferdebetriebs in ... Sie wendet sich gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfügung vom 14. August 2014 in der Fassung vom 22. August 2014, mit der ihr der Antragsgegner aufgegeben hat, Bodenbohrungen auf in ihrem Eigentum stehenden Weideflächen zur Vorbereitung der Baudurchführung für den Neubau der A 44 zwischen Ratingen und Velbert in der Zeit vom 1. Oktober 2014 bis zum 15. Dezember 2014 zu dulden.

II

2

1. Das Verwaltungsgericht hat die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zu Recht bejaht. Ausgehend von dem Beschleunigungsgrundsatz des § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO unterfallen dem Anwendungsbereich dieser Norm auch Verfahren, die Maßnahmen zur Vorbereitung der Baudurchführung nach § 16a Abs. 1 FStrG, namentlich zur Vorbereitung der Ausschreibung und Ausführungsplanung, zum Gegenstand haben (vgl. Beschluss vom 9. Oktober 2012 - BVerwG 7 VR 10.12 - Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 31 Rn. 6).

3

2. Der zulässige Antrag ist unbegründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchführung der Vorarbeiten wird in der Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 14. August 2014 in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet (a) und überwiegt das private Interesse der Antragstellerin an der ungestörten Nutzung ihres Grundstücks, weil sich die Duldungsverfügung - jedenfalls nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung und mit der im Tenor dieses Beschlusses enthaltenen Maßgabe - als offensichtlich rechtmäßig (b) und ihre Vollziehung als eilbedürftig erweist (c). Wird die Antragstellerin danach aber mit einem etwaigen Klageverfahren in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben und ist ein sofortiges Vollziehungsinteresse gegeben, so besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin wiederherzustellen.

4

a) Zu Unrecht rügt die Antragstellerin einen Verstoß gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der formellen Pflicht, in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts schriftlich zu begründen, ist die erlassende Behörde nachgekommen. Die das besondere Vollzugsinteresse rechtfertigende Eilbedürftigkeit der angeordneten Erkundungsarbeiten ergibt sich bereits daraus, dass es sich bei dem Bau der A 44 zwischen Ratingen und Velbert um ein Vorhaben handelt, das im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz i.d.F. des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004 (BGBl I S. 2574) als vordringlicher Bedarf ausgewiesen ist. Mit der Ausweisung eines Vorhabens für den vordringlichen Bedarf hat der Gesetzgeber auch zeitliche Vorstellungen der Realisierung verbunden, die Rücksicht auf die Bewertung der Interessen an der sofortigen Vollziehung solcher Maßnahmen zulassen (Beschluss vom 30. März 2007 - BVerwG 9 VR 7.07 - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 17 Rn. 7). Darüber hinaus hat der Antragsgegner das Eilbedürfnis der Anordnung der sofortigen Vollziehung mit dem Hinweis auf den teilweise fertig gestellten Nachbarabschnitt und die Notwendigkeit, einen kontinuierlichen Baufortschritt zu gewährleisten, begründet. Damit hat er der mit dem Begründungserfordernis in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gegenüber dem Adressaten verfolgten Informationsfunktion und der gegenüber der Behörde selbst bezweckten Warnfunktion Genüge getan.

5

b) Die angegriffene Duldungsverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 16a Abs. 1 FStrG. Danach sind seit der Erweiterung der Duldungspflicht durch das Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl I S. 2833 <2836>) die dort beispielhaft näher benannten Vorarbeiten nicht nur zur Vorbereitung der Planung, sondern auch der Baudurchführung von Grundstückseigentümern und sonstigen Nutzungsberechtigten zu dulden. Dadurch werden auch Vorarbeiten erfasst, die nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werden und etwa der Vorbereitung der Ausschreibungsunterlagen und der Ausführungsplanung dienen (Beschluss vom 1. März 2012 - BVerwG 9 VR 7.11 - Buchholz 406.403 § 63 BNatSchG 2010 Nr. 2 Rn. 11). Dass der Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007 für den Abschnitt der A 44 zwischen Ratingen und Velbert sowie ein die Änderung der Entwässerungsregelung dieses Abschnitts betreffender Änderungsbeschluss mit Urteilen des Senats vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 40.07 - (Buchholz 407.4 § 19 FStrG Nr. 16) und vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - (Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 3) für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt worden sind, ändert an der Anwendbarkeit des § 16a FStrG nichts. Den mit Urteil vom 18. März 2009 festgestellten Mangel bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Flächeninanspruchnahmen für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen hat der Antragsgegner mit Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 21. Dezember 2012 geheilt; die hiergegen gerichtete Klage hat der Senat mit Urteil vom 25. Juni 2014 - BVerwG 9 A 1.13 - abgewiesen. Aber auch die noch ausstehende Planänderung hinsichtlich des Entwässerungskonzepts steht dem Erlass einer Duldungsverfügung nicht entgegen. Die sich aus § 16a Abs. 1 FStrG ergebende Duldungspflicht für Vorarbeiten für die Baudurchführung erfasst nicht die Arbeiten in Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses und besteht daher unabhängig von der sofortigen Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses und einem etwaigen Erfolg im Klageverfahren (vgl. Beschluss vom 1. März 2012 a.a.O.). Da die zur Heilung des bei der Planung des Entwässerungskonzepts festgestellten Verfahrensfehlers erforderliche Planänderung keine Auswirkungen auf den Trassenverlauf hat, ist auch ausgeschlossen, dass die eigentumsrechtliche Betroffenheit der Antragstellerin noch Veränderungen erfährt.

6

Dass sich die auf dem Grundstück der Antragstellerin vorgesehenen 14 Bohrungen und die Anlage einer Grundwassermessstelle wegen der mit ihnen für den Betrieb der Antragstellerin einhergehenden Beeinträchtigungen als unverhältnismäßig erweisen könnten, ist nicht erkennbar.

7

Der Antragsgegner hat die mit den Bohrungen verbundenen Beeinträchtigungen für den Betrieb der Antragstellerin und die dort untergestellten Turnierreitpferde sowie die Gefahren, die durch durchgehende Pferde entstehen können, erkannt und berücksichtigt. Er hat den in der Stellungnahme des sicherheitstechnischen Dienstes der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau vom 26. August 2014 vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der vorgesehenen Bohrungen dadurch Rechnung getragen, dass auf den ursprünglich vorgesehenen Einsatz einer Rammsonde verzichtet wird und stattdessen schonendere und Erschütterungen durch Rammschläge vermeidende Drucksondierungen durchgeführt werden (E-Mail des Antragsgegners vom 9. September 2014). Soweit die Antragstellerin einwendet, die Durchführung der Drucksondierung ändere nichts an der Gefährdung der Sicherheit ihrer Mitarbeiter und der Tiere, substantiiert sie dies nicht. Das Schreiben des sicherheitstechnischen Dienstes gibt für die Annahme einer fortbestehenden Gefährdungslage nichts her, da es sich - der Ankündigung in der Duldungsverfügung entsprechend - auf die Gefahren einer Rammbohrung bezog. Angesichts des Verzichtes auf diese Art der Bohrung sind auch für die Standfestigkeit des Stallgebäudes und der übrigen Hofgebäude keine ernsthaften Gefährdungen erkennbar. Durch die vom Antragsgegner angekündigten Begutachtungen der Reithalle und des Stallgebäudes durch einen öffentlich bestellten Sachverständigen vor Beginn der Arbeiten und die durchzuführenden Schwingungsmessungen während der Bohrungen ist auch sichergestellt, dass bisher nicht erkennbare Gefährdungen rechtzeitig festgestellt werden können.

8

Spricht schon vieles dafür, dass der Verzicht auf die Rammbohrung einen ungefährdeten Verbleib der Tiere im Stall und auf der Weide des Hofes der Antragstellerin ermöglicht, so werden unzumutbare Belastungen der Antragstellerin jedenfalls durch die vom Antragsgegner für die Zeit der Arbeiten zur Verfügung gestellte Ersatzweidefläche ausgeschlossen. Dass diese 2,98 ha große Weide für den Aufenthalt der Tiere nicht geeignet wäre, behauptet die Antragstellerin nicht. Den Bedenken hinsichtlich der fehlenden Einzäunung und der einzuholenden Genehmigung für die Errichtung eines Zaunes aufgrund der Lage der Ersatzweide im Naturschutzgebiet Angertal hat der Antragsgegner durch seine im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes am 30. September 2014 abgegebene Zusage, die Einzäunung auf seine Kosten vorzunehmen, Rechnung getragen. Der Einwand der Antragstellerin, die Entfernung der Ersatzweide zum Stallgebäude sei mit 470 m zu groß und die Verbringung der Pferde dorthin beanspruche zu viel Zeit, greift nicht durch. Es trifft insbesondere nicht zu, dass der Weg zur Weide und von der Weide zu den Stallgebäuden zurück von den Pferden während der Durchführung der Bohrarbeiten zweimal am Tag zurückgelegt werden müsste. Der Antragsgegner ist der Antragstellerin bei der zeitlichen Gestaltung der Bohrarbeiten weitgehend entgegengekommen und hat insbesondere angeboten, die etwa zehn Arbeitstage in Anspruch nehmenden Arbeiten auf die Vormittage zu beschränken, um die Belastungen für den ab 14.00 Uhr stattfindenden Trainingsbetrieb der Antragstellerin möglichst gering zu halten. Die Antragstellerin muss die Pferde auch nicht selbst zur Weide führen, sondern kann sich hierzu ihrer Mitarbeiter oder sonstiger Hilfspersonen bedienen. Etwaige Kosten hierfür sind von der in der Mail des Antragsgegners vom 9. September 2014 in Anwendung des § 16a Abs. 3 Satz 1 FStrG abgegebenen Kostenübernahmeerklärung umfasst.

9

Der Duldungsverfügung, die keine bereits zum Vollstreckungsverfahren gehörende Zwangsmittelandrohung enthält, lässt auch nicht deshalb einen Rechtsmangel erkennen, weil nach Angaben der Antragstellerin 20 der 22 bei ihr untergestellten Pferde nicht in ihrem Eigentum stehen und sie diese nicht ohne Zustimmung der Eigentümer auf eine fremde Weide verbringen kann. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass das Miteigentum oder die sonstige Nebenberechtigung eines Dritten nicht die Rechtmäßigkeit der nicht auch an ihn gerichteten Verfügung berührt, sondern nur ein Vollstreckungshindernis bildet, das nachträglich durch eine gegen den Dritten gerichtete Verfügung ausgeräumt werden kann (Urteil vom 28. April 1972 - BVerwG 4 C 42.69 - BVerwGE 40, 101 <103>). Für eine solche gegen den Dritten gerichtete Verfügung stellt ebenfalls § 16a FStrG, der ausdrücklich auch den Nutzungsberechtigten als möglichen Adressaten bezeichnet, die Rechtsgrundlage dar. Hiervon wird der Antragsgegner gegebenenfalls vor Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen Gebrauch machen müssen.

10

Angesichts der hofnahen, für die Unterbringung der Pferde geeigneten Ersatzweidefläche ist nichts dafür erkennbar, dass die vorgesehenen, mit einem schonenden Bohrverfahren durchgeführten Bohrungen den Mietern der Pferde-unterstellplätze Anlass zu Kündigungen geben könnten. Der Hinweis der Antragstellerin auf die Kündigung einer Pferdebox durch eine Mieterin wegen der anstehenden Bohrarbeiten ist in diesem Zusammenhang ohne Aussagekraft, da die Kündigung vor Abgabe des Ersatzweideangebotes erfolgte.

11

Es sind auch sonst keine betrieblichen Erschwernisse zu befürchten, die die Antragstellerin unverhältnismäßig beeinträchtigen könnten. Die Turniere im Oktober werden schon deswegen nicht beeinträchtigt, weil sie an Sonntagen stattfinden. Auf den ab 14.00 Uhr beginnenden Trainingsbetrieb nimmt der Antragsgegner durch eine Beschränkung der Bohrarbeiten auf die Vormittage Rücksicht. Im Übrigen hat er der Antragstellerin angeboten, die Arbeiten mit ihr so zu koordinieren, dass die Beeinträchtigungen möglichst gering gehalten werden.

12

Der Antragsgegner hat auch die Fristvorgabe des § 16a Abs. 2 FStrG eingehalten, wonach die Absicht, die Arbeiten auszuführen, mindestens zwei Wochen vorher bekannt zu geben ist. Der Tatsache, dass die Duldungsverfügung vom 14. August 2014 in Bezug auf den möglichen Beginn der Arbeiten nicht diesem Fristerfordernis entsprach, hat der Antragsgegner mit Schreiben vom 22. August 2014 durch die Mitteilung eines um einen Monat verschobenen Baubeginns Rechnung getragen. Damit hatte die Antragstellerin rechtzeitig die erforderliche Gewissheit, wann frühestens mit den Arbeiten begonnen werden soll (vgl. hierzu Beschluss vom 6. Mai 2008 - BVerwG 9 A 6.08 - Buchholz 407.4 § 16a FStrG Nr. 3 Rn. 7). Dass der Antragsgegner für die vorzunehmenden Arbeiten einen Zeitraum von insgesamt zehneinhalb Wochen benannt hat (1. Oktober bis 15. Dezember 2014), ist vor dem Hintergrund, dass dieses Zeitfenster allein dazu dient, der Antragstellerin zu ermöglichen, die für sie geeignetsten Tage für die Durchführung der Arbeiten herauszusuchen, nicht zu beanstanden.

13

c) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin besteht auch eine das besondere Vollziehungsinteresse rechtfertigende Eilbedürftigkeit der angeordneten Vorarbeiten.

14

Sie folgt regelmäßig bereits daraus, dass es sich bei dem zu planenden Vorhaben - wie hier - um ein solches handelt, das im Bedarfsplan als vordringlicher Bedarf ausgewiesen ist. Diesem Umstand kommt notwendigerweise auch Bedeutung für vorausgehende Vorarbeiten zu, weil der Gesetzgeber mit seiner Entscheidung für die Ausweisung eines Vorhabens als vordringlichen Bedarf auch zeitliche Vorstellungen der Realisierung verbindet, die Rückschlüsse auf die Bewertung des Interesses an der sofortigen Vollziehung solcher Maßnahmen zulassen (Beschluss vom 30. März 2007 - BVerwG 9 VR 7.07 - Buchholz 407.3 § 5 VerKPBG Nr. 17 Rn. 7). Etwas anderes kann nur gelten, wenn sich aus der konkreten Situation ergibt, dass angeordnete Vorarbeiten dennoch nicht besonders dringlich sind, weil der weitere Verfahrensablauf und mithin die Realisierung des Vorhabens auch ohne alsbaldige Durchführung der Vorarbeiten nicht verzögert wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat deswegen den allgemeinen Hinweis auf einen vordringlichen Bedarf nicht als ausreichende Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung angesehen, wenn der Planfeststellungsbehörde der Antrag des Vorhabenträgers bereits vorliegt und die angeordneten Vorarbeiten der Erstellung von Unterlagen für die Ausschreibung des Vorhabens dienen, deren Durchführung angesichts des erreichten Verfahrensstandes aber noch nicht absehbar ist (Beschluss vom 7. August 2002 - BVerwG 4 VR 9.02 - Buchholz 407.4 § 16a FStrG Nr. 1 S. 3 f.).

15

Ein solcher oder vergleichbarer Fall liegt hier jedoch nicht vor. Dass die Bohrungen zwingend erforderlich sind, um die Ausführungsplanung und die Ausschreibung der Bauarbeiten vorzubereiten, stellt die Antragstellerin nicht in Frage. Umstände, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass die weitere Realisierung des Vorhabens in einer Weise verzögert wird, die die Eilbedürftigkeit der Vorarbeiten entfallen lässt, sind nicht erkennbar. Die insoweit geübte Kritik der Antragstellerin greift nicht durch.

16

Mit ihrem Einwand, es sei angesichts des für den Neubau des betroffenen Abschnitts noch erforderlichen Flächenerwerbs und des noch nicht eingeleiteten Änderungsplanfeststellungsverfahrens für das als rechtswidrig erkannte Entwässerungskonzept nicht erkennbar, dass, wie vom Antragsgegner angegeben, bis Anfang 2018 mit dem Bau begonnen werden könne, kann die Antragstellerin nicht durchdringen. Selbst wenn der Flächenerwerb sich noch hinziehen sollte, ist durch das Institut der vorzeitigen Besitzeinweisung in § 18f FStrG dem Antragsgegner ein Instrument in die Hand gegeben, mit dem er einen sofortigen Baubeginn sicherstellen kann. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand, ein Abschluss des Änderungsplanfeststellungsverfahrens für die überarbeitete Entwässerungsregelung sei noch nicht absehbar. Insbesondere trifft es nicht zu, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht abgeschlossen ist. Aus dem von der Antragstellerin selbst vorgelegten Anschreiben des Antragsgegners an die Träger öffentlicher Belange vom 10. September 2014, mit dem er zu einer Erörterung des Entwurfs des Landschaftspflegerischen Begleitplans einlädt, geht hervor, dass eine alle naheliegenden Standort- und Ausführungsvarianten untersuchende Endfassung der durchgeführten Umweltverträglichkeitsuntersuchung erstellt und den Verfahrensbeteiligten bereits zugesandt worden ist. Danach ist es nicht unrealistisch, dass in absehbarer Zeit der Entwurf des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses eingereicht und das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden wird. Ob dies bis zur 47. Kalenderwoche, wie vom Antragsgegner beabsichtigt, zu realisieren ist, kann dahinstehen. Ausreichend ist, dass mit einem Abschluss des Verfahrens in naher Zukunft und rechtzeitig vor dem geplanten Baubeginn gerechnet werden kann; dies ist angesichts des Standes der Vorarbeiten der Fall.

17

Die Eilbedürftigkeit steht auch nicht - gewissermaßen umgekehrt - deshalb in Frage, weil nicht zu erwarten ist, dass der Antragsgegner mehr als drei Jahre benötigt, um beginnend mit den Erkundungsbohrungen zu einem Baubeginn zu kommen. Die von der Antragstellerin geübte Kritik an dem vom Antragsgegner vorgelegten Zeitablaufplan überzeugt nicht. Dass sich Prüfungs- und Genehmigungsverfahren bei komplexen Bauvorhaben lange hinziehen, ist nicht ungewöhnlich. Der Antragsgegner hat in seinem Bauablaufplan insoweit auf konkrete Erfahrungen mit dem Brückenbauwerk Angerbach hingewiesen, bei dem die Prüfungsphase knapp 14 Monate dauerte. Dem kann die Antragstellerin auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass bei dem wesentlich größeren und aufwändigeren Brückenbauwerk Laubeckerbachtal zwischen Baugrunduntersuchung und Vergabe der Aufträge nur wenige Wochen lagen. Den von der Antragstellerin vorgelegten "Deckblättern" einzelner Unterlagen lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass sie den gesamten Ablauf zwischen den ersten Erkundungsbohrungen bis zum Baubeginn dokumentieren.

18

Schließlich greift auch der Einwand der Antragstellerin nicht, dass der zeitliche Vorlauf nicht mit der Notwendigkeit einer eventuellen Umplanung begründet werden könne, da der Senat im Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 31.07 - (UA S. 37) angenommen habe, eine Umplanung sei nach den Angaben der Gutachter des Beklagten praktisch ausgeschlossen. Der Senat hat in dem genannten Urteil Änderungen der Planung, die sich aufgrund neuer Erkenntnisse im Rahmen der Ausführungsplanung ergeben, nicht schlechthin ausgeschlossen, sondern dem im Planfeststellungsbeschluss enthaltenen Vorbehalt einer Planänderung ausdrücklich mit Blick auf einen nach ingenieurwissenschaftlicher Einschätzung nicht absehbaren Eventualfall gebilligt.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Dabei legt der Senat für das vorliegende Eilverfahren die Hälfte des nach 34.2.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 im Hauptsacheverfahren festzusetzenden Streitwertes zugrunde.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

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Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 18. März 2015 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

2

Die mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, die angegriffene Entscheidung aufzuheben oder abzuändern.

3

Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die unter Ziffer 2 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 9. Februar 2015 angeordnete Sicherstellung der Hündin „A“, die von einem Hund der Rasse American Staffordshire Terrier abstammt, und Verpflichtung des Antragstellers zur Übergabe der Hündin an das Tierheim des Tierschutzvereins W e.V. wiederherzustellen sowie die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die unter Ziffer 4 des Bescheides angedrohte Ersatzvornahme anzuordnen.

4

Entgegen der Auffassung des Antragstellers fehlt es weder an einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechenden Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung (dazu unter I.), noch überwiegt im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen das Suspensivinteresse des Antragstellers das Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Gefahrenabwehr (dazu unter II.), weil sich die Ziffern 2 und 4 der angegriffenen Verfügung - jedenfalls nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung - als offensichtlich rechtmäßig erweisen. Die Vollziehung der in Ziffer 2 verfügten Anordnungen ist auch eilbedürftig (dazu unter III.).

5

I. Zu Unrecht rügt der Antragsteller einen Verstoß gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Er trägt mit seiner Beschwerde vor, es fehle eine auf seinen konkreten Einzelfall abstellende Darlegung, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig sei und dass hinter dem erheblichen öffentlichen Interesse sein Interesse, zunächst von den Folgen der in Ziffer 2 getroffenen Regelungen des von ihm angegriffenen Bescheides der Antragsgegnerin vom 9. Februar 2015 verschont zu bleiben, zurücktreten müsse.

6

Zutreffend geht der Antragsteller davon aus, dass nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen ist. Dieser formell-rechtlichen Anforderung ist allerdings genügt, wenn die Behörde unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls erkennen lässt, aufgrund welcher Überlegungen sie die sofortige Vollziehung als notwendig ansieht; ob sich die angeführten Gründe im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung als tragfähig erweisen, betrifft nicht das formale Begründungserfordernis, sondern die Eilrechtsschutzentscheidung in der Sache. Eine bloß formelhafte Begründung genügt allerdings den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 85 m.w.N.).

7

Die Antragsgegnerin hat die Anordnung des Sofortvollzuges in der streitgegenständlichen Verfügung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß begründet. Sie hat unter Bezugnahme auf den konkreten Fall des Antragstellers hervorgehoben, dass dessen persönliche Interessen zurückzutreten haben, weil er einen gefährlichen Hund trotz bestehender Erlaubnispflicht ohne Erlaubnis halte und auch keine Erlaubnis bekommen könne. Nach der Begründung des Bescheides fehlt es dem Antragsteller am nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG erforderlichen berechtigten Interesse zur Haltung eines gefährlichen Hundes, weil es rechtsmissbräuchlich sei, zunächst einen gefährlichen Hund, ohne im Besitz einer Erlaubnis zu sein, in Obhut zu nehmen und ihn dann mit der Begründung zur Vermeidung eines Tierheimaufenthalts behalten zu wollen. Die Antragsgegnerin hat damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie vorliegend den Sofortvollzug wegen der Ordnungsfunktion des Landesgesetzes über gefährliche Hunde, nämlich der effektiven Sicherung des Schutzes der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden, für erforderlich erachte, um angemessen auf die Umgehung der Vorgaben dieses Gesetzes reagieren zu können.

8

II. Entgegen der Auffassung des Antragstellers überwiegt bei der Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO das öffentliche Interesse sein Interesse, bis zum Abschluss des Widerspruchs- und ggf. eines Klageverfahrens von den Folgen der in Ziffer 2 und 4 des Bescheides der Antragsgegnerin getroffenen Regelungen verschont zu bleiben.

9

1. Die in dem angefochtenen Bescheid der Antragsgegnerin unter Ziffer 2 angeordnete Sicherstellung der Hündin ist offensichtlich rechtmäßig.

10

Rechtsgrundlage für die Sicherstellung ist § 22 Nr. 1 POG. Zwar spricht die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur von einer Sicherstellung von Sachen, gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 POG findet sie jedoch für Tiere entsprechend Anwendung (vgl. Urteil des Senats vom 30. Oktober 2009 – 7 A 10723/09.OVG –, AS 38, 114, 115). Die Voraussetzungen des § 22 Nr. 1 POG sind vorliegend gegeben, da die Sicherstellung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erfolgte.

11

Eine gegenwärtige Gefahr liegt vor, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst dabei jede Norm des geschriebenen Rechts, die den Störer zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet. Nicht erforderlich ist dagegen, dass die Gefahr von dem sicherzustellenden Gegenstand, hier also der Hündin, selbst ausgeht. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LHundG bedarf derjenige, der einen gefährlichen Hund halten will, der Erlaubnis. Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier und Hunde, die von dieser Rasse abstammen, was vorliegend bei der Hündin „A“ der Fall ist, sind nach § 1 Abs. 2 LHundG gefährliche Hunde im Sinne von § 1 Abs. 1 LHundG. Da der Antragsteller die Hündin hält, ohne im Besitz einer Erlaubnis zu sein, liegt ein Verstoß gegen geltendes Recht vor und die Gefahr für die öffentliche Sicherheit hat sich bereits verwirklicht (vgl. Urteil des Senats vom 30. Oktober 2009 – 7 A 10723/09.OVG –, AS 38, 114, 122).

12

Die Sicherstellung ist auch nicht unverhältnismäßig gewesen. Denn dem Antragsteller kann – entgegen seiner Auffassung – keine Erlaubnis zur Haltung der Hündin „A“ erteilt werden, weil er – wie das Verwaltungsgericht in seiner angefochtenen Entscheidung unter Hinweis auf den Beschluss des Senats vom 2. März 2009 (7 A 11077/08.OVG) und die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid zutreffend ausgeführt haben – gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG kein berechtigtes Interesse an der Haltung der gefährlichen Hündin hat.

13

Der Begriff des berechtigten Interesses ist eng auszulegen. Die Erteilung der Erlaubnis für die Haltung eines gefährlichen Hundes kommt nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht (vgl. Beschlüsse des Senats vom 2. März 2009 – 7 A 11077/08.OVG –, AS 37, 185, 186, und 2. Juli 2007 – 7 B 10486/07.OVG –). Das normale Affektionsinteresse an der Haltung eines Hundes im Sinne des § 1 Abs. 1 LHundG, namentlich des in § 1 Abs. 2 LHundG genannten Typs bzw. der dort genannten Rassen, reicht nach dem Willen des Gesetzgebers nicht aus (vgl. LT-Drucks. 14/3512 S. 11). Entgegen der Auffassung des Antragstellers schließt ein Verhalten, das auf die Umgehung der Vorschriften des Landesgesetzes über gefährliche Hunde gerichtet ist und sich als rechtsmissbräuchliches darstellt, ein berechtigtes Interesse zur Haltung eines gefährlichen Hundes aus.

14

Der Antragsteller hat die Hündin „A“ nicht aus Belangen des Tierschutzes oder aus sozialen Gründen übernommen. Vielmehr wurden die Vorgaben des Landesgesetzes über gefährliche Hunde umgangen. Wie bereits im Beschluss des Senats vom 2. März 2009 (a.a.O.) ausgeführt, ist es rechtsmissbräuchlich, sich erst einen gefährlichen Hund zu verschaffen, um ihn dann - zur Vermeidung oder Beendigung eines Tierheimaufenthalts - legal behalten bzw. wieder aufnehmen zu können. Um die tatsächliche Wirkung des Gesetzes nicht zu beeinträchtigen, ist mit dieser Fallgestaltung in der Regel die Situation gleichzusetzen, in der ein Betroffener ohne entsprechende Erlaubnis einen gefährlichen Hund in Obhut nimmt, selbst wenn er dessen Eigenschaft nicht kennt (Beschluss des Senats vom 2. März 2009, a.a.O.).

15

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist nach Maßgabe dieser Grundsätze bei ihm ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHundG an der Haltung der Hündin „A“ nicht anzuerkennen. Selbst wenn die Initiative zum Erwerb der Hündin von seinem Sohn ausgegangen sein mag, so war der Antragsteller selbst nach Lage der Akten offensichtlich an dem Kauf beteiligt. In seinem Antrag auf Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes gemäß § 3 LHundG führte er in einer Anlage zum Antrag aus: „Der Züchter sagte uns, es handelt sich um einen American Bulli, es gäbe keine Probleme mit der Haltung eines solchen Hundes. Wir kauften daraufhin unsere A, … “. Nicht überzeugend sind die Ausführungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, wo er nunmehr dargelegt hat, sein Sohn habe den Hund gekauft und er habe erst später Gefallen an dem Tier gefunden. Den Widerspruch zu seinen ursprünglich noch von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts und der Antragsgegnerin unbeeinflussten Angaben erklärt er nicht. Dieser wird auch nicht dadurch aufgelöst, dass er in seinem Antrag auf gerichtlichen Eilrechtsschutz angegeben hat, nicht er habe den Hund gekauft, sondern sein Sohn. Er habe gewusst, dass sich sein Sohn einen Hund habe anschaffen wollen, und dieser habe ihm im Vorfeld des Kaufs Fotos von dem Hund gezeigt. Dass er an dem Kauf der Hündin beteiligt war, bekräftigte er bei seiner Antragstellung bei der Antragsgegnerin auch, indem er ausführte, wenn er die Probleme geahnt hätte, wäre der Hund nicht von „ihnen“ gekauft worden. Auch hierauf geht der Antragsteller nicht ein.

16

Zwar reicht die Beteiligung des Antragstellers am Kauf der gefährlichen Hündin bereits aus, um ein berechtigtes Interesse an deren Haltung zu verneinen. Hinzu kommt vorliegend allerdings – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt – darüber hinaus, dass dem berechtigten Interesse entgegensteht, dass der Sohn des Antragstellers, der nach Lage der Akten aufgrund von Verurteilungen wegen vorsätzlicher Straftaten als unzuverlässig im Sinne von § 3 Abs.1 Satz 2 und Abs. 3 Nr. 1 LHundG anzusehen ist, nicht unerhebliche Einwirkungsmöglichkeiten auf die Hündin hat. Das pauschale Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, dass sein Sohn, mit dem er in seinem eigenen Haus lebt, seit der angeblichen Übernahme des Hundes durch ihn (den Antragsteller) keinen Einfluss auf die Hundehaltung mehr habe, überzeugt nicht. Bei seiner Antragstellung auf Erteilung der Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes am 4. November 2014 führte der Antragsteller aus, er habe den Hund mittlerweile übernommen. Die Hündin lebe mit ihnen im Haus. Sie habe zwei Schlafplätze. Einer befinde sich bei ihm im Wohnzimmer und der andere im Obergeschoss bei seinem Sohn. Eine Änderung zu den früheren Verhältnissen, als sein Sohn eine Erlaubnis zur Haltung der gefährlichen Hündin beantragt hatte, zeigt sich damit nicht. Denn der Sohn des Antragstellers gab – worauf das Verwaltungsgericht sich in seiner Entscheidung stützt – in seinem Antrag an, dass die Hündin mit ihnen im Haus lebe und sowohl bei ihm als auch bei dem Antragsteller ihren Korb habe. Hierauf geht der Antragsteller mit seiner Beschwerde nicht ein. Dass sich eine tatsächliche Veränderung in der Einflussmöglichkeit seines Sohnes, der keine Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes hat und auch nicht erhalten kann, ergeben hätte und wie sich diese im Verhältnis zu den früheren Haltungsbedingungen auswirkte, hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht dargelegt. Sein Hinweis, es sei gefahrenabwehrrechtlich belanglos, dass sein Sohn den Hund in seinem Haus sehen könne, entkräftet seinen früheren Vortrag, dass die Hündin auch mit seinem Sohn im Haus lebt und auch bei diesem einen Schlafplatz hat, nicht. Das Vorbringen des Antragstellers bei der Antragstellung im November 2014, dass der Hund mit ihnen im Haus lebe, und die Schilderung des Kaufs lassen unter Berücksichtigung seines späteren lediglich pauschalen Vorbringens den Schluss zu, dass sein Sohn eine nicht unerhebliche Bestimmungsmacht über die Hündin hat und ihm Betreuungsaufgaben zukommen. Selbst unterstellt, der Antragsteller allein sei rechtlich als Halter anzusehen, hat sein Sohn ungeachtet von Abwesenheitszeiten aufgrund von mitunter mehrwöchigen Montageeinsätzen tatsächlich noch so weitgehende Einflussmöglichkeiten auf die Hündin, dass der Gesetzeswille umgangen würde.

17

Entgegen dem Vortrag des Antragstellers kommt auch die Erteilung einer Erlaubnis unter der Auflage, dass sein Sohn die Hündin nicht ausführen darf, nicht in Betracht. Ungeachtet dessen, dass der Sohn des Antragstellers nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LHundG nicht berechtigt ist, die gefährliche Hündin zu führen, erschöpfen sich dessen Einflussmöglichkeiten nach dem Vorbringen des Antragstellers bei seiner Antragstellung bei dem Antragsgegner nicht allein in dem Ausführen der Hündin.

18

2. Die Verpflichtung des Antragstellers zur Übergabe der Hündin an das Tierheim des Tierschutzvereins W e.V. ist offensichtlich rechtmäßig.

19

Nach § 23 Abs. 1 Sätze 2 und 3 POG kann die Antragsgegnerin als zuständige Ordnungsbehörde die sichergestellte Hündin zur Verwahrung einem Dritten überlassen und den Antragsteller verpflichten, die Hündin an diesen herauszugeben. Der Dritte, der die Verwahrung für die Ordnungsbehörde vorzunehmen hat, ist von dieser zu bestimmen. Die Antragsgegnerin hat das zur Aufnahme bereite und zu den Beteiligten räumlich nächstgelegene Tierheim ausgewählt. Umstände, aus denen sich eine Ungeeignetheit des von der Antragsgegnerin ausgewählten Tierheims ergeben könnte, sind nicht vorgetragen worden. Der Antragsteller hat weder im Anhörungsverfahren der Antragsgegnerin noch im gerichtlichen Verfahren ein aufnahmebereites Tierheim benannt oder eine Person, die bereit ist, die gefährliche Hündin aufzunehmen, und die Voraussetzungen für deren Haltung erfüllt.

20

3. Umstände, aus denen sich die Rechtswidrigkeit der in Ziffer 4 des Bescheides angedrohten Ersatzvornahme ergeben könnte, sind nicht vorgetragen worden.

21

III. Entgegen der Auffassung des Antragstellers besteht auch eine das besondere Vollziehungsinteresse rechtfertigende Eilbedürftigkeit der angeordneten Sicherstellung der Hündin und Verpflichtung zur Herausgabe an das Tierheim des Tierschutzvereins W e.V..

22

Zwar kann die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Grundverfügung allein die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht tragen, aber vorliegend sind besondere Gründe gegeben, die die Verwirklichung der in Ziffer 2 des Bescheides getroffenen Anordnungen vor der Entscheidung über den eingelegten Rechtsbehelf des Antragstellers erfordern und damit die Durchbrechung des vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehenen Suspensiveffekts rechtfertigen.

23

Ziel der Erlaubnispflicht des § 3 LHundG ist, die Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen oder Tieren, die von gefährlichen Hunden ausgehen können, soweit wie möglich zu reduzieren (LT-Drucks. 14/3512 S. 11). Nach dem Willen des Gesetzgebers kommt gerade der Zuverlässigkeit als Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes eine wesentliche Bedeutung im Rahmen der Gefahrenvorsorge zu (vgl. LT-Drucks. 14/3512 S. 12). Der Sohnes des Antragstellers, der nach Lage der Akten als unzuverlässig im Sinne von § 3 Abs.1 Satz 2 und Abs. 3 Nr. 1 LHundG anzusehen ist, hat – wie bereits oben ausgeführt – erhebliche Möglichkeiten, auf die gefährliche Hündin einzuwirken, sodass eine erhöhte Gefährdungslage, die die sofortige Sicherstellung der Hündin „A“ durch Übergabe an das Tierheim erfordert, besteht.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

25

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2, 47 GKG.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde der Antragsstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Halle - 6. Kammer - vom 28. Januar 2013, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die fristgerecht dargelegten Gründe beschränkt ist, ist begründet.

2

Das Verwaltungsgericht hat es zu Unrecht abgelehnt, die begehrte aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 13. Dezember 2012 gegen die Regelungen der Ziffn. 1 - 4 im Bescheid des Antragsgegners vom 12. November 2012 wieder herzustellen. Denn die Vollzugsanordnung des Antragsgegners in Ziff. 5 des vorgenannten Bescheides genügt nicht den an sie zu stellenden formellen Anforderungen.

3

Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, also in denen - wie hier - die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse besonders angeordnet wird, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Zu Recht weist die Antragstellerin darauf hin, dass es einer auf den konkreten Einzelfall abstellenden Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses bedarf, das erkennen lässt, warum das Aussetzungsinteresse des Betroffenen dahinter zurückzustehen hat.

4

Die Begründung in Ziff. 5 des Bescheides vom 12. November 2012 genügt diesen Anforderungen nicht. Sie lässt nicht erkennen, dass sie das Ergebnis einer Abwägung der im konkreten Fall betroffenen öffentlichen und privaten Interessen ist und welche Gründe für ein Überwiegen des öffentlichen Interesses, d. h. für ein besonderes Vollziehungsinteresse sprechen.

5

Die Begründung zu Ziff. 5 des angefochtenen Bescheides (Seite 6), die Anordnung der sofortigen Vollziehung liege im öffentlichen Interesse, verkennt, dass es eines „besonderen“ öffentlichen Interesses bedarf, also das öffentliche Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Betroffenen überwiegen muss und es deshalb nicht ausreicht, Aspekte des öffentlichen Interesses lediglich aufzuzählen, ohne sie gegen die privaten Interessen des Betroffenen abzuwägen und die Gründe zu benennen, weshalb sie sich gegen letztere durchsetzen. Nur eine solche Interessenabwägung und Darlegung der Gründe für ein besonderes - weil das Aussetzungsinteresse überwiegend ist - Vollziehungsinteresse wird dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gerecht. Es hat die Funktion, die Behörde dazu anzuhalten, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu sein, dem Betroffenen die Einschätzung der Erfolgsaussicht eines Aussetzungsantrages zu ermöglichen und dem Gericht - unbeschadet der in materiell-rechtlicher Hinsicht zu treffenden eigenen Abwägungsentscheidung im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO - aufgrund der Kenntnis der verwaltungsbehördlichen Erwägungen für die Vollziehungsanordnung eine ordnungsgemäße Rechtskontrolle zu ermöglichen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 27. September 2011 - 1 S 2554/11 -, juris).

6

Hiervon ausgehend genügt es nicht, dass sich der Antragsgegner auf die Sicherung der Daseinsvorsorge als im öffentlichen Interesse liegend bezieht. Der Antragsgegner legt weder nachvollziehbar dar, weshalb ohne die einstweilige Durchführung der angeordneten Sanierungsmaßnahmen die Weiterbenutzung der öffentlichen Infrastruktur infrage steht, noch weshalb dieser Aspekt das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt. Daher reicht es auch nicht aus, dass - worauf wohl das Verwaltungsgericht abstellt - im Gefahrenabwehrrecht die Überlegungen zum Verfügungserlass oftmals mit jenen zum Sofortvollzug übereinstimmen.

7

Soweit der Antragsgegner bei einer Verzögerung der Durchführung der Sanierungsmaßnahmen infolge der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs eine Verschlechterung des Zustands der Strecke für möglich hält, die Sicherheit des jetzigen Streckenzustandes nicht mehr gewährleistet werden könne, die Strecke einem weiteren Verfall ausgesetzt sei und die Aussichten auf eine erfolgreiche Instandsetzung beim jetzigen Zustand besser seien als zu einem späteren Zeitpunkt, lassen die angeführten Gründe (für ein öffentliches Interesse an der Vollziehungsanordnung) keine Abwägung mit dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin erkennen. Deren Aussetzungsinteresse besteht hier nicht nur in einem zeitlichen Aufschub der angeordneten Maßnahmen, sondern zwecks Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes darin, von der Schaffung vollendeter Tatsachen verschont zu bleiben, die mit nicht unerheblichen Kosten verbunden sind und in tatsächlicher, zumindest aber in wirtschaftlicher Hinsicht und damit faktisch nicht rückgängig zu machen sind. Die Erhaltung des Suspensiveffektes dient vorliegend dazu, durch effektiven Rechtsschutz eine unangemessene Vorwegnahme der Hauptsache zu vermeiden. Die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzuges in Ziff. 5 des angefochtenen Bescheides lässt nicht erkennen, dass und warum die vom Antragsgegner angeführten Gründe für eine mögliche Zustandsverschlechterung der Strecke das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegen. In diesem Zusammenhang stellt sich im Übrigen auch die Frage, warum die bisher von Kilometer 33,1 bis Kilometer 33,8 praktizierte Langsamfahrstelle nicht auf den Sanierungsbereich erweitert werden konnte bzw. warum eine Langsamfahrstelle insgesamt für den Zeitraum des Suspensiveffektes (vgl. § 80 b VwGO) als nicht (mehr) ausreichend anzusehen ist.

8

Soweit der Antragsgegner unter Verweis auf die Betriebssicherungspflicht der Antragstellerin bei einem fortdauernd schlechten Zustand der Infrastruktur erwartet, dass „früher oder später entsprechende Gefährdungen von der Schieneninfrastruktur ausgehen“, lässt die Begründung nicht erkennen, inwiefern von der betroffenen Gleisanlage bzw. dem Schotterfang eine derart schwerwiegende konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, dass das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin dahinter zurückzustehen hat. Der Begründung mangelt es insoweit an substantiierten Angaben, die eine konkrete schwerwiegende Gefahrenlage plausibel machen und aufzeigen, weshalb eine sofortige Gefahrenabwehr nur durch die Vollziehungsanordnung, nicht aber durch weniger einschneidende (vorübergehende) Maßnahmen, wie z. B. das Langsamfahrgebot oder - hinsichtlich von der Brücke fallenden Schotters - durch eine Durchgangssperre oder Anbringung eines Fangnetzes, realisiert werden kann. Auch in Bezug auf mögliche von der Schieneninfrastruktur ausgehende Gefährdungen lässt die Begründung der Vollziehungsanordnung keine Abwägung der betroffenen Interessen erkennen oder führt Umstände an, die eine Vollziehungsanordnung als notwendige und allein in Betracht kommende Gefahrenabwehrmaßnahme plausibel machen.

9

In Bezug auf die angeordnete Gleisbegehung zur Feststellung des materiellen Gleiszustandes gemäß Ziff. 4 des Bescheides vom 12. November 2012 fehlt es schließlich an jeglicher Begründung für die Vollziehungsanordnung. Denn die Begründung in Ziff. 5 des angefochtenen Bescheides bezieht sich lediglich auf die angeordneten Sanierungsmaßnahmen.

10

Von dem Begründungserfordernis konnte vorliegend auch nicht gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO abgesehen werden. Denn es handelt sich bei den Anordnungen gemäß Ziffn. 1 - 4 des Bescheides vom 12. November 2012 weder um Notstandsmaßnahmen noch wurden sie als solche bezeichnet.

11

Eine fehlende oder unzureichende Begründung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO kann im Hinblick auf die Warn- und Appellfunktion des Schriftlichkeitserfordernisses auch nicht mit heilender Wirkung nachgeholt werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 27. September 2011, a. a. O.), so dass es auf die ergänzenden Ausführungen des Antragsgegners im erstinstanzlichen und im Beschwerdeverfahren nicht entscheidungserheblich ankommt. Soweit der Antragsgegner im Übrigen mit seinen Ausführungen im Schriftsatz vom 28. Dezember 2012 von seiner bisherigen Begründung eines erhöhten Sanierungsaufwandes durch Zeitablauf sowie dem Argument, dass die Eisenbahninfrastruktur in ferner Zukunft unsicher werden könnte, abgerückt ist und stattdessen eine Beschneidung von Zugangsrechten Dritter als Grund für die Vollziehungsanordnung reklamiert, findet auch insoweit die gebotene Interessenabwägung mit dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin nicht statt. Der einleitende Hinweis, dass Sanierungsmaßnahmen nicht beliebig verschleppt werden könnten, spricht zudem für eine Verkennung des anzulegenden Maßstabes und der Umstände, die das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin begründen.

12

Im Falle eines formellen Fehlers gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist nicht die Vollziehungsanordnung der Behörde aufzuheben, sondern der Suspensiveffekt des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs wieder herzustellen. Die Aufhebung der Vollziehungsanordnung ist im Gesetz weder vorgesehen noch besteht für sie ein praktisches Bedürfnis. Am Erlass einer neuen, formell fehlerfreien Vollziehungsanordnung ist die Behörde weder gehindert noch auf eine Änderung dieses Beschlusses nach § 80 Abs. 7 VwGO angewiesen (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 2. Dezember 1993 - 4 M 10/93 -, juris).

13

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

14

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren und unter Aufhebung der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren zugleich für die erste Instanz beruht auf §§ 63 Abs. 3, 39, 47, 40, 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG. Das erstinstanzliche und das Beschwerdeverfahren haben mehrere Streitgegenstände zum Gegenstand, die wertmäßig zusammen zu rechnen sind (§ 39 Abs. 1 GKG). Da der Sach- und Streitgegenstand keine genügenden Anhaltspunkte für die Bewertung der Maßnahmen in Ziffn. 1 bis 4 des angefochtenen Bescheides vom 12. November 2012 bietet, wird jede Einzelanordnung gemäß § 52 Abs. 2 GKG mit dem Auffangwert von 5.000,00 € bemessen. Eine Reduzierung des Streitwertes wegen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens ist nicht geboten, da das Verfahren eine (faktische) Vorwegnahme der Hauptsache betrifft.

15

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24. August 2011 - 4 K 1583/11 - geändert. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Beschlagnahmeanordnung vom 12.08.2011 durch die Antragsgegnerin wird aufgehoben.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässigen Beschwerden (§ 146 Abs. 1 und 4, § 147 VwGO) sind begründet.
Die gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO mündlich durch die Antragsgegnerin getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der angegriffenen Beschlag-nahmeanordnung vom 12.08.2011, bestätigt durch Verfügung der Antragsgegnerin vom 15.08.2011, kann keinen Bestand haben, weil die Antragsgegnerin entgegen dem zwingenden Erfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung bei deren Anordnung nicht schriftlich begründet hat. Sie leidet daher an einem formellen Mangel, der zu ihrer Aufhebung nötigt, ohne dass es darauf ankommt, ob ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht (VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 25.08.1976 - X 1318/76 -, NJW 1977, 165 sowie Beschluss v. 17.07.1990 - 10 S 1121/90 -, juris m.w.N). Durch das Nachbringen der schriftlichen Begründung in der Verfügung vom 15.08.2011 kann der Formmangel nicht geheilt werden.
Die Vorschrift des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO bestimmt, dass die sofortige Vollziehung „besonders angeordnet wird“. Notwendig ist eine entsprechende behördliche Willensentschließung, die dem Betroffenen kundgetan wird. Dafür reicht weder die tatsächliche Vollziehung oder Einleitung der Vollstreckung eines Verwaltungsakts noch die Annahme einer konkludenten Anordnung. Die Entscheidung über die sofortige Vollziehbarkeit muss ausdrücklich erfolgen. Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts muss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich begründet werden. Auch die Offensichtlichkeit der Gründe, die einen Sofortvollzug gebieten, rechtfertigt in aller Regel keine Ausnahme vom Begründungszwang, wie die ausdrückliche Regelung in § 80 Abs. 3 S. 2 VwGO zeigt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse v. 25.8.1976, a.a.O. und v. 17.07.1990, a.a.O., m.w.N.). Von dem besonderen Begründungserfordernis darf nur unter den Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO, also bei sog. Notstandsmaßnahmen, abgesehen werden. Diese Bestimmungen weichen deutlich vom Begründungsgebot bei Verwaltungsakten und den dortigen Ausnahmen (§ 39 VwVfG) ab. Eine dem § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG vergleichbare Vorschrift fehlt in § 80 Abs. 3 VwGO. Angesichts dieser Rechtslage handelt es sich bei § 80 Abs. 3 VwGO um eine abschließende Spezialregelung. Das - danach zwingende - Begründungserfordernis in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verfolgt drei Funktionen. Die Behörde selbst wird angehalten, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu sein. Diese Warnfunktion soll zu einer sorgfältigen Prüfung des Interesses an der sofortigen Vollziehung veranlassen. Der Betroffene wird über die Gründe, die für die behördliche Entscheidung maßgebend gewesen sind, unterrichtet. Er kann danach die Erfolgsaussichten eines Aussetzungsantrags gemäß § 80 Abs. 4 VwGO abschätzen. Dem Gericht erlaubt die Kenntnis der verwaltungsbehördlichen Erwägungen für die sofortige Vollziehbarkeit eine ordnungsgemäße Rechtskontrolle.
Diese Vorgaben sind durch die Antragsgegnerin nur unzureichend beachtet worden.
Die Beschlagnahme der Fahrzeuge der Antragsteller wurde nach Maßgabe des § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG durch die Antragsgegnerin als der zuständigen Ortspolizeibehörde (§ 60 Abs. 1 PolG) am 12.08.2011 mündlich angeordnet. Zur Begründung erklärte die Antragsgegnerin, die Beschlagnahme sei erforderlich, um weitere Besetzungen von Grundstücken zu verhindern. Zugleich wurde von ihr mündlich die sofortige Vollziehung der Maßnahme erklärt. Die Beschlagnahme wurde durch den Polizeivollzugsdienst sofort vollstreckt. Den Antragstellern wurde vor Ort gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 und 2 PolG Bescheinigungen über den Vollzug der Beschlagnahme ausgestellt, in denen als Grund für die Beschlagnahme „Verhinderung weiterer Besetzungen von Grundstücken“ genannt worden ist; die Bescheinigungen weisen die Antragsgegnerin als anordnende Behörde aus.
Diese Bescheinigung ersetzt die erforderliche Begründung nicht. Sie dient vielmehr der Beweissicherung für den Betroffenen und soll es ihm ermöglichen, einen (eventuellen) späteren Anspruch auf Rückgabe der beschlagnahmten Sache mit Aussicht auf Erfolg geltend zu machen. Sie muss daher die beschlagnahmten Sachen hinreichend genau bezeichnen und die Polizeibehörde erkennen lassen, die die Beschlagnahme angeordnet hat (Belz/Mußmann, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 7. Auflage, § 33 RdNr. 12).
Von dem Begründungserfordernis kann nicht ausnahmsweise nach Maßgabe des § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO abgewichen werden. Danach gilt das Begründungserfordernis nach Satz 1 dann nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft (§ 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Dies war hier indes nicht der Fall. Auch wenn die Maßnahme aus der Sicht der Antragsgegnerin eilbedürftig war, handelte es sich weder um eine Notstandsmaßnahme, noch wurde sie als solche bezeichnet.
Über den Begründungsmangel kann auch nicht deshalb hinweggesehen werden, weil es sich um eine Maßnahme gehandelt hat, die sofort vollstreckt werden sollte. Der gesetzliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten (§ 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) erfasst ausdrücklich nur Verwaltungsakte des Polizeivollzugsdienstes im institutionellen Sinne, die sich nach Landesrecht bestimmen. Dieses Privileg ist einem Bedürfnis der Praxis geschuldet (vgl. Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 2010, § 80 RdNr. 122), erstreckt sich aber nicht auf - unaufschiebbare - Anordnungen und Maßnahmen der sog. Verwaltungspolizei (Ordnungs- bzw. Sicherheitsbehörden). Auch mit Blick darauf, dass für Maßnahmen nach § 33 PolG neben den Polizeibehörden (§ 60 Abs. 1 PolG) auch der Polizeivollzugsdienst (§ 60 Abs. 3 PolG) zuständig ist, ergibt sich nichts anderes. Da nach § 60 Abs. 3 PolG für die meisten der sog. polizeilichen Standardmaßnahmen neben der Zuständigkeit der Polizeibehörde eine eigene Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes besteht, werden diese auch bei unaufschiebbaren Maßnahmen im Regelfall tätig werden, sodass ihnen das Privileg des § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu Gute kommt und damit auch aus diesem Grunde eine Ausnahme vom Begründungserfordernis für die Ortspolizeibehörde nicht gerechtfertigt erscheint.
Durch die nach Vollzug der Maßnahme ergangene Verfügung vom 15.08.2011, die unter Ziff. 7 auch eine schriftliche Begründung der sofortigen Vollziehung enthält, ist der Begründungsmangel nicht geheilt worden.
10 
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs (Beschluss v. 25.08.1976, a.a.O. und Beschluss v. 17.07.1990, a.a.O.) und auch nach der überwiegend in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung (vgl. Eyermann, VwGO, 11. Auflage, § 80 RdNr. 44, Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O. § 80, RdNr. 179, jeweils m.w.N.; BayVGH, Beschluss. v. 24.02.1988, BayVBl. 1989, 117) kann eine fehlende oder unzureichende Begründung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht mit heilender Wirkung nachgeholt werden. Der Gegenauffassung (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 01.03.1995, NVwZ-RR 1995, 572; HessVGH Beschluss v. 17.5.1984, DÖV 1985, 75; OVG NRW, Beschluss v. 26.6.1985, NJW 1986, 1894), die dem Gründe der Prozessökonomie entgegenhält und ein Nachholen der Begründung jedenfalls bis zur Stellung eines Eilantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO erlaubt, ist mit Blick darauf, dass es sich bei § 80 Abs. 3 VwGO um eine abschließende Sonderregelung handelt, nicht zu folgen. Mit der Warn- und Appellfunktion des Schriftlichkeitserfordernisses wäre es nicht vereinbar, wenn eine fehlende Begründung mit heilender Wirkung nachgeholt werden könnte (vgl. Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., § 80 RdNr. 174 ff. m.w.N; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 17.07.1990, a.a.O; Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 2. Auflage, § 80 RdNr. 48, m.w.N.).
11 
In der Verfügung vom 15.08.2011 kann schließlich nicht eine neue Anordnung einer sofortigen Vollziehung mit diesmal gesetzeskonformer Begründung gesehen werden. Eine solche Annahme scheitert - ungeachtet der Frage, ob vor Aufhebung des Sofortvollzugs dieser überhaupt neu angeordnet werden kann - bereits daran, dass sich dies dem Inhalt der Verfügung nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 LVwVfG) entnehmen lässt.
12 
Sowohl der Eingang des Entscheidungssatzes („zu der am 12.08.2011 auf mündliche Anordnung der Polizeibehörde erfolgten Beschlagnahme Ihres Fahrzeugs ergeht folgende Verfügung“) als auch der erste Satz der Begründung („Die am 12.08.2011 auf Anordnung der Polizeibehörde erfolgte Beschlagnahme Ihres Fahrzeugs... wird wie folgt begründet:“) weisen vielmehr darauf hin, dass es sich wohl um eine nachträgliche Bestätigung der Beschlagnahme, die rechtlich zulässig ist, sowie um eine allerdings in rechtlicher Hinsicht - nicht zulässige (a.A. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 01.03.1995 - 11 B 10640/95 -) - nachträgliche Bestätigung und Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung handeln soll, ungeachtet der ebenfalls beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung. Insoweit bestehende Unklarheiten gehen zu Lasten der Antragsgegnerin.
13 
Mit dem Wegfall der Anordnung der sofortigen Vollziehung kommt dem Widerspruch der Antragsteller gemäß § 80 Abs. 1 VwGO wieder die aufschiebende Wirkung zu. Für eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist daher kein Raum. Es bedarf vielmehr ggfs. einer erneuten, formgemäßen Anordnung.
14 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 Satz 1 und § 39 GKG.
15 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 13. Januar 2012 wird abgeändert. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche der Antragsteller wird nach Maßgabe der folgenden Anordnung abgelehnt:

Den Beigeladenen wird aufgegeben, die Belegung der Teststrecke auf dem Flugplatz M... für Zwecke der Beigeladenen zu 2) mit einem Vorlauf von einer Woche schriftlich an den Antragsgegner zu melden, bei kürzerer Buchung der Strecke unverzüglich.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge einschließlich der außergerichtlichen Kosten beider Beigeladenen haben die Antragsteller zu je 3/8, die Antragsgegnerin zu 1/8 und die Beigeladenen zu je 1/16 zu tragen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die vorläufige Inbetriebnahme eines Automobil-, Test- und Erprobungszentrums auf dem Konversionsgelände Flugplatz M... Die Beigeladene zu 1) wendet sich als neuer Eigentümer und Investor des Geländes mit ihrer Beschwerde gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz (7 L 1074/11), mit dem es auf den Antrag der Antragsteller die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche gegen die der Beigeladenen nach §§ 4, 6, 10 und 16 BlmSchG erteilten Genehmigung des Antragsgegners vom 16.09.2011 wiederhergestellt hat. Die Beigeladene zu 2) ist Mieterin und Betreiberin der Anlage.

2

Die Antragstellerin zu 1) ist Miteigentümerin des Grundstücks I... K... ..., ... K..., der Antragsteller zu 2) des Grundstücks A... W... ..., ... K... Südwestlich der Gemeinde K... liegt in ungefähr 1.300 m Entfernung der frühere Heeresflugplatz der Bundeswehr (G...-P...-Kaserne). Die Gesamtfläche von 188 ha verteilt sich auf die Verbandsgemeinden M... und P... Diese haben den Zweckverband "Konversion Flugplatz M..." gegründet und ihm die Bauplanungshoheit zur städtebaulichen Fortentwicklung der Flächen übertragen. Die bereits eingeleiteten Bauleitplanverfahren (Änderung der Flächennutzungspläne der Gemeinden M... und P... und zur erstmaligen Aufstellung eines Bebauungsplans) sind derzeit noch nicht abgeschlossen.

3

Nach den Festlegungen eines städtebaulichen Vertrages vom 03.02.2009 zwischen dem Zweckverband Konversion Flugplatz M..., dem Land Rheinland-Pfalz und der Beigeladenen zu 1) soll die Liegenschaft – ein früherer Standort der Bundeswehr – einer gewerblich-industriellen Folgenutzung zugeführt werden. In dem Konversionsvertrag wird die Weiternutzung der vorhandenen Infrastruktur in Form der vormaligen Start- und Landebahn samt Nebenbereichen als ein Fahrzeugentwicklungszentrum ermöglicht.

4

Unter dem 16.09.2011 genehmigte der Antragsgegner der Beigeladenen zu 1) die Errichtung und den Betrieb eines Automobil-, Test- und Erprobungszentrums auf dem Konversionsgelände Flugplatz M... (Bl. 42 GA). Der Genehmigung beigefügt waren verschiedene Auflagen zum Immissionsschutz sowie zahlreiche weitere Nebenbestimmungen. Die Genehmigung erging im Hinblick auf den künftigen Bebauungsplan „Konversion Flugplatz M...“ der nach Darstellung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen Planreife erreicht hat. Zur Sicherstellung der Einhaltung der im Bebauungsplan vorgesehenen Lärm-Emissionskontingente sieht die streitgegenständliche Genehmigung vom 16.09.2011 zugunsten der betroffenen Wohngebiete der Umgebung den Einsatz eines sog. Monitoringsystems vor, wodurch die Schallemissionen der Anlage durch Vergleich mit berechneten Schwellenwerten kontinuierlich überwacht werden sollen.

5

Gegen die Genehmigung haben die Antragsteller mit getrennten Schreiben vom 28.09. und 17.10.2011 zunächst ohne Begründung Widerspruch erhoben. Unter dem 06.10.2011 ordnete der Antragsgegner mit gesondertem Bescheid die sofortige Vollziehung der Genehmigung vom 16.09.2011 an (Bl. 61 ff GA). Mit dem angegriffenen Beschluss vom 13.01.2012 hat das Verwaltungsgericht Koblenz die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragsteller gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Antragsgegners vom 16.09.2011 wiederhergestellt. Bereits zuvor – am 05.01.2012 – hatte die Beigeladene zu 1) die Wirkungen des Bebauungsplans für sich und ihre Rechtsnachfolger nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB schriftlich anerkannt (Bl. 378 GA).

6

Die Beigeladene zu 1) hat am 01.02.2012 Beschwerde erhoben und unter dem 15.02.2012 ausführlich begründet. Mit der Beschwerde eingereicht wurde ein Bescheid des Antragsgegners vom gleichen Tag, in dem die Begründung des Sofortvollzugs über mehrere Seiten ergänzt wurde (Bl. 553 GA). Unter dem 02.03.2012 hat die Beigeladene zu 1) ergänzend eine Zwischenregelung im Sinne einer vorläufigen Genehmigung beantragt, was der Senat mit Beschluss vom 07.03.2012 zurückgewiesen hat. Die Antragsteller sind der Beschwerde in ihrem Schriftsatz vom 20.03.2012 umfassend entgegen getreten.

II.

7

1. Die Beschwerde der Beigeladenen ist überwiegend begründet, weil eine umfassende Güter- und Interessenabwägung nach §§ 80a Abs. 3 Satz 1, 80 Abs. 5 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache ergibt, dass das Aussetzungsinteresse der Antragsteller das Verwirklichungsinteresse der Beigeladenen nicht überwiegt. Dabei ist hinsichtlich der Erfolgsaussichten in der Hauptsache auf eine etwaige Verletzung von subjektiv-rechtlichen, also nachbarschützenden Normen abzustellen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), während es hinsichtlich der Anordnung des Sofortvollzugs gemäß § 80 Abs. 3 VwGO auf die Einhaltung der dortigen formalen Voraussetzungen ankommt.

8

2. Bei der rechtlichen Beurteilung ist zunächst im Rahmen der dargelegten Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend nicht um den "Normalfall" der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes handelt, an dem lediglich die erlassende Behörde und der Adressat der Regelung selbst beteiligt sind. Es liegt vielmehr ein Verwaltungsakt mit Doppelwirkung vor, durch den ein Dreiecksverhältnis entsteht: Von den Rechtswirkungen der Genehmigung werden die erlassende Behörde, der begünstigte Genehmigungsinhaber und die von der Genehmigung betroffenen Nachbarn erfasst. Mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung wird in diesen Fällen mithin regelmäßig in erster Linie zwischen widerstreitenden Bürgerinteressen entschieden. Der vom Rechtsstaatsgedanken gebotene Schutz des Einzelnen gegenüber Eingriffen des Staates, der im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG eine sofortige Vollziehung von staatlichen Maßnahmen gegenüber dem Bürger nur in den engeren Grenzen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 1. Alt. VwGO zulässt, tritt daher zurück. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung hat in solchen Fällen mehr schiedsrichterlichen Charakter, wobei die voraussichtlichen Erfolgsaussichten in der Hauptsache ein zentraler, aber nicht der alleinige Maßstab der gerichtlichen Entscheidung sind. Dem trägt auch § 80 Abs. 2 Nr. 4, 2. Alt. VwGO Rechnung, wonach auf das "überwiegende Interesse eines Beteiligten" zur Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung abgestellt werden kann. Ein überwiegendes Interesse eines Beteiligten im Sinne der Vorschrift ist daher dann nicht anzunehmen, wenn das von ihm eingelegte Rechtsmittel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird und zudem die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung dem anderen, begünstigten Beteiligten gegenüber unbillig erscheinen muss (vgl. BVerfG; Beschluss vom 01.10.2008, 1 BvR 2466/08 BRS 73 Nr. 164 (2008); früher schon BVerwG, Beschluss vom 22.11.1965, DVBl 1966, 273).

9

In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass es bei im Ergebnis nicht erfolgreichen Einwendungen von Nachbarn zu finanziellen Mehrbelastungen eines Vorhabenträgers oder Bauherren kommen kann, die allein aus prozessualen Gründen „das Aus“ für ein Vorhaben bedeuten können, ohne dass sich im Hauptsacheverfahren die dagegen gerichteten Vorbehalte als rechtlich erheblich herausstellen. Zudem kann bei der Interessenabwägung unterschieden werden zwischen den Fällen in denen das Objekt der Genehmigung erst noch zu errichten ist (vgl. zuletzt Beschluss des Senats vom 29.02.2012, 1 B 11389/11.OVG – Erweiterung Bleirecycling-Anlage) und denen, wo schon ein mittels Investitionen eingerichteter Betrieb vorhanden ist, so dass jeder Monat der Nichtnutzung zu erheblichen finanziellen Verlusten bis hin zur Aufgabe des Vorhabens führen kann. Nach Maßgabe dieser Grundsätze war die Wiederherstellung des Sofortvollzuges anzuordnen, jedoch von ergänzenden Auflagen zum Schutz der Nachbarschaft abhängig zu machen (§ 80 Abs. 5 S. 4 VwGO).

10

3. Die Begründung des Sofortvollzuges der streitgegenständlichen Genehmigung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO war ordnungsgemäß.

11

a. § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO normiert formelle Rechtsmäßigkeitsvoraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsaktes. Die Vollziehungsanordnung ist grundsätzlich mit einer auf den konkreten Einzelfall abgestellten und nicht lediglich formelhaften Begründung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes zu versehen. Die Begründung des § 80 Abs. 3 VwGO hat dabei insbesondere den Zweck, die Betroffenen in die Lage zu versetzen, durch Kenntnis der Gründe, die die Behörde zur Vollziehungsanordnung veranlasst haben, ihre Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels abzuschätzen (Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 84 m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 22.01.2001, NJW 2001, 3427). Das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gebietet aber nicht, dass die Behörde mit substantiierten tatsächlichen Feststellungen im Einzelnen das besondere Vollzugsinteresse begründet (vgl. VGH BW, Beschluss vom 13.03.2003, NVwZ-RR 2003, 724).

12

b. Diese Voraussetzungen waren vorliegend schon mit der Begründung des Bescheides vom 06.10.2011 erfüllt. Der Antragsgegner hat zur Begründung gemäß der Vorschrift des § 80 Abs. 3 VwGO nach Darlegung der Interessen der Beigeladenen ausgeführt, dass aufgrund der zahlreichen Nebenbestimmungen der angefochtenen Genehmigung sowie der damit einhergehenden ständigen Überwachung gewährleistet sei, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren sowie rechtlich erhebliche Nachteile und Belästigungen nicht hervorgerufen werden können. In dem hier vorliegenden Dreiecksverhältnis ist auch zu beachten, dass die Nachbarn bis dahin ihre vorliegenden Widersprüche nicht begründet hatten. Dass in diesem Zusammenhang seitens des Antragsgegner oder der Beigeladenen (noch) keine konkreten Schadensbeträge angeführt werden, ist unschädlich, da auf der Hand liegt, dass die Vorhaltung einer solchen Anlage nach deren Einrichtung zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen führt, wenn die Anlagen bis zum rechtskräftigen Abschluss der eingeleiteten Rechtsbehelfsverfahren nicht betrieben und keine Einnahmen zur Kostendeckung erzielt werden können.

13

c. Darüber hinaus ist zu sehen, dass aus der Eigenschaft als formelle Rechtsmäßigkeitsvoraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit folgt, dass es nicht darauf ankommt, ob die Erwägungen der Behörde auch inhaltlich – im Sinne des objektiven Rechts und der Interessen der Beteiligten – vollständig zutreffend sind. Dies ist erst bei der umfassenden von dem Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung im Rahmen von § 80 Abs. 5 VwGO zu prüfen. Dieser „Vollprüfung“ muss sich die streitgegenständliche Genehmigung, nicht jedoch bereits die Anordnung der Vollziehbarkeit stellen. Nach alledem dürfen die Anforderungen an eine Begründung im Sinne von § 80 Abs. 3 VwGO nicht überspannt werden (vgl. VGH BW, Beschluss vom 13.03.2003; zuletzt OVG RP, Beschluss vom 09.02.2011, 10 B 11312/10).

14

4. Darüber hinaus entspricht die nachgeschobene umfangreiche Begründung vom 15.02.2012 (Bl. 553 GA) offensichtlich vollständig diesen Anforderungen. Der Senat schließt sich der Ansicht an, dass die nachträgliche Ergänzung der Gründe des Sofortvollzuges vom 15.02.2012 gemäß § 80 Abs. 3 VwGO nach dem Rechtsgedanken des § 45 Abs. 2 VwVfG grundsätzlich im Laufe des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nachgeholt werden kann (ebenso OVG MV, Beschluss vom 20.01.1998, NVwZ-RR 1999, 409; BayVGH, Beschluss vom 06.03.1997, BayVBl 1998, 373). Dabei sollte die Heilungsmöglichkeit bis zum Abschluss des gerichtlichen Eilverfahrens entsprechend den Grundsätzen zu § 114 Satz 2 VwGO zur materiellen Befugnis ausgelegt werden, so dass zumindest eine Ergänzung der Erwägungen möglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.09.2006, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr 115). Es wäre auch ein prozessökonomisch fragwürdiges Ergebnis, wenn die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit aufgrund eines Mangels nach § 80 Abs. 3 VwGO aufzuheben wäre, aber dann sofort wieder erneut ergehen dürfte. Darüber hinaus hätte die Antragsgegnerin dem Bescheid vom 15.02.2012 mit seiner umfassenden Begründung auch eine erneute Anordnung des Sofortvollzugs beifügen können. Der Gegenseite entstehen dadurch keine prozessualen Nachteile, da sie in solchen Fällen mit einer Erledigungserklärung nach § 161 Abs. 2 VwGO reagieren kann.

15

5. Es ist im Rahmen der für das einstweilige Rechtsschutzverfahren maßgeblichen Prüfung nicht ersichtlich, dass die streitgegenständliche Genehmigung zugunsten der Beigeladenen rechtswidrig ist und damit aufzuheben wäre.

16

a. Ein Rechtsverstoß folgt zunächst nicht aus der zu Beginn des Verfahrens zunächst noch fehlenden Anerkennung nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB. Nach dieser Vorschrift ist in Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ein Vorhaben schon vor Abschluss des Planverfahrens zulässig, wenn die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung durchgeführt worden ist und anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht und die Erschließung gesichert ist. Zudem muss der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennen.

17

b. Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass der hier maßgebliche Bebauungsplan „Konversionsgebiet Flugplatz M...“ die nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erforderliche „Planreife“ erreicht hat, nachdem die Bürger- und Behördenbeteiligung bereits Ende Februar 2011 abgeschlossen waren und gegenteilige Erkenntnisse im Verfahren nicht ersichtlich wurden. Der Inhalt dieses Bebauungsplanes ergibt sich aus den in der Akte befindlichen Textfestsetzungen und Begründungen. Dabei ist es naheliegend, dass die geplante Nutzung auch den Festlegungen des städtebaulichen Vertrages vom 03.02.2009 entspricht, ohne dass dies hier näherer Ausführung bedürfte.

18

c. Es ist indessen nicht davon auszugehen, dass die nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB erforderliche schriftliche Erklärung der Beigeladenen zu 1) derzeit (noch) fehlt. Zutreffend ist zwar, dass sich eine Erklärung zunächst nicht in den Verwaltungsakten befand und insofern diese formale Voraussetzung nicht erfüllt war. Zutreffend ist auch, dass die Erklärung nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB grundsätzlich vor der Entscheidung der Behörde als Voraussetzung für die städtebauliche Zulässigkeit eines Vorhabens vorzuliegen hat. Dies schließt indessen nicht aus, dass die notwendige Erklärung im laufenden gerichtlichen Verfahren nachgereicht wird. Entsprechend den Grundsätzen des § 45 Abs. 1 und Abs. 2 VwVfG können derartige Verfahrenshandlungen noch bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Es wäre indessen auch unter prozessökonomischen Gesichtspunkten verfehlt, den streitgegenständlichen Bescheid wegen des ursprünglichen Fehlens der Erklärung nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB aufzuheben, um ihn dann mit gleichem Inhalt und derselben beigefügten Erklärung erneut zu erlassen bzw. erlassen zu müssen.

19

d. Im Übrigen kann das Begehren der Antragsteller schon deswegen aufgrund von § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB nicht zum Erfolg führen, weil insofern eine Verletzung drittschützender Rechte nicht dargetan ist. Denn § 33 BauGB kann nur in dem Umfang Drittschutz vermitteln, in dem die antizipiert angewandten künftigen Festsetzungen des Bebauungsplanes selbst dem Drittschutz dienen (OVG NRW, Beschluss vom 15.02.1991, NWVBl 1991, 267). Eine losgelöste Berufung auf § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB unabhängig von dem Inhalt der Baugenehmigung und des Bebauungsplans ist dagegen nicht anzuerkennen. So besteht etwa auch ein Nachbarschutz gegenüber einer Veränderungssperre selbst dann nicht, wenn der Bebauungsplan zugunsten der Nachbarn später nachbarschützende Vorschriften enthält (BVerwG, Beschluss vom 05.12.1988, BauR 1989, 1861). Inhalt des Anerkenntnisses nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ist die öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Antragstellers für sich und seine Rechtsnachfolger, die künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans gegen sich gelten zu lassen, d.h. alles zu unterlassen, was mit den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht vereinbar ist. Würde man dem Nachbarn auch zugestehen, dass eine in Rede stehende Verletzung des § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ihn zur Anfechtung berechtigt, würde dies über die Funktion des subjektiven Rechts hinausgehen. Welche Rechtsschutzlücke für die Antragsteller aus einer entsprechenden Handhabung bei § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB folgen soll, haben diese hier aber nicht dargetan.

20

6. Auch im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Überprüfung ist nicht festzustellen, dass die Genehmigung vom 16.09.2011 offensichtlich rechtswidrig wäre. Es ist nach Aktenlage auf der Grundlage der im einstweiligen Rechtsschutz möglichen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon auszugehen, dass ein rechtmäßiger Betrieb der Teststrecke unter Einhaltung der Immissionsrichtwerte der TA-Lärm und Beachtung der Emissionskontingentierung auf der Grundlage der streitgegenständlichen Genehmigung grundsätzlich möglich sein wird. Im Übrigen können hierzu aber auch aus dem laufenden Betreib weitere Erkenntnisse gewonnen werden. Für die hier maßgebliche Interessenabwägung im Einzelnen gilt Folgendes:

21

a. Die Nutzung des Flugplatzes (auch) als automobiles Testzentrum entspricht den Konversionszielen des Landes Rheinland-Pfalz und den planungsrechtlichen Zielen der beteiligten Gemeinden. Insbesondere sieht der genannte städtebauliche Vertrag „Konversion Flugplatz M...“ dieser Parteien mit der Beigeladenen zu 1) als Investor vom 03.02.2009 dies für den Flugplatz ausdrücklich vor (Auszug § 3 Abs. 2a):

22

Die Parteien sind sich darüber einig, dass die vorhandene Start- und Landebahn auch zukünftig genutzt wird. Die für diese beabsichtigte zivile Luftverkehrsnutzung erforderliche luftverkehrsrechtliche Änderungsgenehmigung ist zwischenzeitlich von der M... Flugplatz GmbH beantragt worden. Die vorhandene Start- und Landebahn samt Nebenbereichen (Taxiways und Grünflächen) – Anlage 5 - soll zudem zukünftig als Fahrzeugentwicklungszentrum genutzt werden. soweit dies immissionsschutzrechtlich zulässig ist und den Festsetzungen der luftverkehrlichen Änderungsgenehmigung sowie der verbindlichen Bauleitplanung nicht widerspricht.

23

Unabhängig von dem Inhalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sollen nur Testfahrten und Motorentests mit Fahrzeugen zulässig sein, die nach der Straßenverkehrszulassungsordnung zugelassen sind oder zugelassen werden können oder deren Lärmemissionen geringer sind.

24

b. Diese vertraglichen Vorgaben hat der Zweckverband Konversion Flugplatz M... im Rahmen der Bauleitplanung aufgegriffen und in dem Entwurf von Januar 2011 umfassend berücksichtigt. Auf der Grundlage eines sogenannten „Masterplanes“ erfolgte im August 2010 eine schalltechnische Untersuchung zur Geräuschkontingentierung für den Bebauungsplan Konversionsgebiet Flugplatz M...“ des Ing.-Büro ISU, Bitburg. Unter Berücksichtigung der vorhandenen Wohn- und Gewerbegebiete wurden im Rahmen der Geräuschkontingentierung Gesamt-Immissionswerte festgelegt (S. 13, 19 Gutachten ISU). Dabei wurde als immissionsempfindliche Nutzung u.a. auch der Wohnbereich östlich des Konversionsgeländes in K... ausdrücklich benannt und berücksichtigt. Sodann wurden Richtungsemissionskontingente für die Tag- und Nachtzeit sowie richtungsabhängige Zusatzkontingente festgelegt.

25

c. Dieses umfassende Konzept der Geräuschkontingentierung der Firma ISU ist hinsichtlich des Betriebs der Test- und Erprobungsstrecke für Kraftfahrzeuge für die streitgegenständliche Genehmigung seitens des schalltechnischen Büros BeSB GmbH, Berlin ausführlich bei der konkreten Umrechnung in Immissionen zunächst im Gutachten vom 25.06.2010 berücksichtigt worden. Dabei wurden hinsichtlich der verschiedenen Rundkurse der Teststrecke ermittelte Dauerschallpegel gebildet, die nicht überschritten werden dürfen. Die aus dem Gutachten ISU resultierenden Emissionskontingente hat das Büro BeSB in Immissionskontingente hinsichtlich der 16 ausgewählten Immissionspunkte (davon 3 in K..., 7 in M... und 2 in T...) umgerechnet. Um eine noch genauere Anpassung an die Vorgaben des Gutachtens ISU zu erreichen, hat BeSB die Werte der im Genehmigungsbescheid als maßgeblich für die Immissionswerte genannten „Tabelle 2“ in einem Ergänzungsgutachten vom 04.01.2011 nochmals korrigiert. Auf der Grundlage dieser Berechnungen und Kontingentierungen wurde das Monitoring-System der permanenten Überwachung der Lärmimmissionen von dem Antragsgegner in die Genehmigung integriert.

26

7. Der Senat hält diese Vorgaben unter Hinzuziehung der im Tenor entsprechend § 80 Abs. 5 S. 4 VwGO ergänzten Auflage auch praktisch für ausreichend, um dem Schutz der Nachbarschaft – jedenfalls bis zu einer Hauptsacheentscheidung – Rechnung zu tragen. Die Begutachtungen der BeSB vom 25.06.2012, vom 04.01.2011 und 20.01.2012 sind hinreichend plausibel und fundiert, um einen (vorläufigen) Betrieb der Anlage zuzulassen. Die gegen die Genehmigung vom 16.09.2011 und der zugrunde liegende Begutachtung vorgetragenen Einwände der Antragsteller greifen auch unter Berücksichtigung der vorgelegten Gutachten des Instituts ... C... vom 19.12.2011, vom 02.01.2012 und vom 16.03.2012 dagegen (derzeit) nicht durch.

27

a. Dabei ist zunächst nicht zu erkennen, dass das System einer richtungsabhängigen Immissionskontingentierung (DIN 54691) aus der Bauleitplanung für die Regulierung der streitgegenständlichen Anlage grundsätzlich unzulänglich sein sollte (vgl. zuletzt Urteil des Senats vom 08.03.2012, 1 C 10775/11 – ESOVGRP). Weiter ist davon auszugehen, dass die konkret ausgewählten Immissionsorte für eine Beurteilung des notwendigen Immissionsschutzes ausreichend sind. Hinsichtlich der Lage der Wohnorte der Antragsteller sind die Immissionsorte IP 04a (W... Weg ..., K...) und IP 04b (R... 45, K...) als hinreichend repräsentativ anzusehen, denen einen Immissionskontingent von 47,4 bzw. 46,0 dB(A) tags inkl. Zusatzkontingent zugewiesen worden ist.

28

b. Es ist ferner nicht ersichtlich, dass das von dem Antragsgegner zwingend vorgeschriebene Monitoringsystem gegen das System der TA Lärm verstößt, dessen Funktionsfähigkeit nicht gewährleistet ist und eine Sonderfallprüfung unabdingbar wäre.

29

Für eine Prüfung im Regelfall nach Nr. 3.2.1 TA Lärm ist ein Vergleich des Beurteilungspegels nach Nr. 2.10 TA Lärm mit den Immissionsrichtwerten nach Nr. 6 TA Lärm geboten. Der Beurteilungspegel beruht dabei auf den physikalisch zu ermittelnden Größen für Schalldruck, Schallfrequenz und Dauer der Schalleinwirkungen (Nr. 2.7 i.V.m. Nr. 2.6 TA Lärm). Für die gebotene Einhaltung der Immissionsrichtwerten nach Nr. 6 TA-Lärm gibt es verschiedene Möglichkeiten der Lärmregulierung, wobei aktive und passive Schallschutzmaßnahmen in den Blick zunehmen sind (vgl. zum möglichen Schallschutz auch § 3 des städtebaulichen Vertrags). Dementsprechend stellt es einen zielführender Ansatz dar, durch die Bildung von richtungsbezogenen Emissionskontingenten den Betrieb in einer Weise zu steuern, dass er nachbarverträglich ausgeführt werden kann, unverträglicher Lärm mithin erst gar nicht entstehen kann. Demgegenüber sind die Vorgänge eines automobilen Testzentrums nicht völlig zu antizipieren, so dass der Vorhalt einer unzureichenden Darstellung der Betriebsabläufe aus Sicht des Immissionsschutzes nicht greift, da umgekehrt der zulässige Betrieb von den Emissionskontingenten gedeckelt wird.

30

c. Bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren möglichen summarischen Prüfung ergeben sich für den Senat auch keine ernstlichen Zweifel an der Funktionsfähigkeit des Messsystems. Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorhalt, es müsse im Bescheid sichergestellt werden, dass die verantwortlichen Personen vor Ort im Hinblick auf das Monitormessverfahren ausreichend instruiert seien, führt indessen zu weit. Dies ist eine Frage des Verwaltungsvollzugs und nicht notwendigerweise im Genehmigungsbescheid zu regeln. Auch die damit im Zusammenhang stehenden Zweifel an der ordnungsgemäßen Einrichtung der Monitormessvorrichtung führen nicht zum Erfolg des Begehrens der Antragsteller. Zum einen sind diese Zweifel nur unsubstantiiert geäußert worden. Zum anderen hat der Senat aber mit der Auflage einer Meldepflicht der künftigen Streckenbelegung dafür Sorge getragen, dass die zuständige Genehmigungsbehörde bei kritischen Veranstaltungen oder auch stichprobenartig im Normalbetrieb selbst die Messungen fachlich begleiten kann. Dies führt zu einer erheblichen Transparenz des künftigen Betriebs und möglicherweise auch zu validen Ergebnissen für das Hauptsacheverfahren.

31

d. Die von den Antragstellern weiterhin angezweifelten Möglichkeiten der Einhaltung der Immissionskontingente kann ebenfalls im weiteren Betrieb geprüft und nachgewiesen werden. Es ist gerade nicht so, dass erst eine umfassende Begutachtung mit immer neuen Parametern Klarheit hinsichtlich der Lärmbelastung schafft. Vielmehr ist es sachdienlich, dem Betreiber die Möglichkeit im Rahmen der vorläufigen Vollziehung zu geben, die Funktionsfähigkeit seines Lärmschutzkonzepts unter Beweis zu stellen. Umgekehrt wäre bei einem Nichtbetrieb bis zur Hauptsacheentscheidung ausschließlich auf weitere theoretische Berechnungen abzustellen. Gleichwohl schließt der Senat nicht aus, dass weitere Sachverhaltsermittlungen etwa durch Einholung eines „neutralen Sachverständigengutachtens“ angezeigt seien könnten.

32

e. Der Senat folgt nicht der Darlegung der Antragsteller, dass eine worst-case-Betrachtung im vorliegenden Fall zwingend zu einem anderen Ergebnis führen müsste. Der Gutachter der Antragsgegner und der Beigeladenen (Ing.-Büro ... GmbH) hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Testfahrten mit besonders lauten Sportwagen insbesondere zur besseren Messbarkeit und Unterscheidbarkeit der verschiedenen Geräuschquellen durchgeführt worden sei. Daraus lässt sich zur Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Beigeladenen nicht schließen, dass eine solche geräuschintensive Nutzung dauerhaft über einen längeren Zeitraum anzunehmen wäre. Vielmehr ist – wie bereits ausgeführt – die Nutzung der Teststrecke davon abhängig, dass die Fahrzeuge zumindest die Möglichkeit einer Straßenverkehrszulassung besitzen. Dies schließt von vorneherein den Einsatz von Formel 1-Fahrzeugen oder ähnlich motorisierter Automobile auf der Teststrecke aus. Hinzu kommt im Rahmen der Interessenabwägung, dass im bisherigen Betrieb nach den glaubhaften Angaben des Antragsgegners die einzuhaltenden Schwellenwerte nicht überschritten wurden (vgl. exempl. Schreiben vom 06.03.2012, Bl. 650 GA).

33

f. Ebenfalls nicht durchzudringen vermögen die Antragsteller mit der Einwendung, dass lediglich Schallausbreitungsberechnungen auf Basis des beanstandeten Monitorings vorgenommen und keine Messungen durchgeführt worden seien. Schon im Hinblick darauf, dass derzeit kein Betrieb auf der Strecke stattfindet, ist das Festhalten an der Methode der Schallausbreitungsberechnung vorliegend nicht zu beanstanden. Die Antragsteller können nicht im Rahmen ihres Rechtsschutzbegehrens eine vorläufige Einstellung des Betriebes bis zur abschließenden Entscheidung der Hauptsache fordern und zugleich tatsächliche Lärmausbreitungsmessungen verlangen.

34

g. Schließlich führen die von dem Verwaltungsgericht beanstandeten Nebenbestimmungen des Bescheides im Rahmen der Prüfung im Eilverfahren nicht zur Suspendierung der Genehmigung. Die hier insbesondere streitige Nebenbestimmung (Auflage I 2) lautet:

35

Die einzuhaltenden Schwellenwerte sind während des Betriebes zu beobachten und zu bewerten. Sollte sich im Fahrbetrieb herausstellen, dass die Schwellenwerte voraussichtlich erreicht bzw. überschritten werden, so ist der Betrieb entsprechend zu reduzieren bzw. einzustellen. Das Messmonitoring ist von einer nach §§ 26, 28 BImSchG benannten Stelle durchzuführen.

36

Auflage I 2 ist als permanente Pflicht des jeweiligen Betreibers zu verstehen und setzt – wie von den Beteiligten zutreffend erkannt – einen gewissen Sachverstand der jeweiligen damit beauftragten Personen voraus. Dies ist jedoch – wie bereits angedeutet – eine Frage des Verwaltungsvollzuges und kann nicht abstrakt für die Zukunft festgelegt werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die nach §§ 26, 28 BImSchG beauftragte Stelle entsprechende Schwachstellen in der Messung aufgreifen und mit den vor Ort beauftragten Personen abstellen würde. Hier gilt, dass Verstöße gegen diese Regelung zwar nicht unmittelbar seitens des Antragsgegners oder der SGD-Nord geahndet werden könnten. Eine solche Regelung wäre indessen auch ein atypischer Ausnahmefall, der in einem Genehmigungsbescheid regelmäßig nicht gefordert werden kann.

37

Auch die Auflage I 4 stellt die Rechtmäßigkeit der Genehmigung insgesamt nicht in Frage. Diese lautet:

38

Fahrzeuge, die bzgl. ihrer Schallemission als grenzwertig einzustufen sind, sind mit zwei Messungen vor dem Betrieb auf die Einhaltung folgender Grenzwerte zu überprüfen: - Nahfeldmessmethode: Grenzwert 100 dB(A) - beschleunigte Vorbeifahrt: Grenzwert 95 dB(A) (nach DMSB Geräuschvorschriften 2009) Die Messergebnisse sind mindestens 1 Jahr aufzubewahren und auf Verlangen der SGD Nord, Regionalstelle Gewerbeaufsicht Koblenz, in Klarschrift vorzulegen.

39

Hier kann zunächst in Ermangelung anderer Erkenntnisse nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die vor Ort beauftragten Personen des Betreibers nicht über die erforderliche Sachkunde verfügen, ein Kraftfahrzeug als „grenzwertig“ einzustufen. Der Senat gesteht den Angriffen gegen diese Bestimmung zu, dass die Regelung dem Anwender einen gewissen Spielraum überlässt, der im Moment der Reaktion des jeweiligen Anwenders nicht näher überprüfbar ist. Wie auch sonst bei Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe durch die Verwaltung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23.02.2011, NVwZ 2011, 1142) obliegt die Aufgabe der Präzisierung und Konkretisierung - ungeachtet der etwaigen nachfolgenden uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung - zunächst den zuständigen Verwaltungsbehörden. Die streitgegenständliche Bestimmung dient der Vermeidung von Pegelspitzen durch Vorabaussonderung bestimmter Fahrzeuge und zwar zugunsten der Nachbarn. Soweit keine verwertbaren Daten des Herstellers vorliegen, muss die Einschätzung der sachkundigen Bearbeitung durch Mitarbeiter vor Ort vorbehalten sein. Dabei ist der Begriff „grenzwertig“ offensichtlich zunächst so zu verstehen, dass mutmaßlich ein Grenzwert 100 dB(A) bzw. 95 dB(A) bei beschleunigter Vorbeifahrt erreicht bzw. gerade nicht erreicht wird. Entscheidend ist aber, dass die nur vermeintlich vollzugslose Bestimmung (lex imperfecta) bei Fehleinschätzung des Betreibers dazu führt, dass das Emissionskontingent wesentlich schneller erreicht wird, so dass sich der Betreiber durch solche Vorgänge schon kurzfristig selbst schadet. Zudem dürfte im Rahmen der Auswertung des Monitorings nachträglich feststellbar sein, dass „unzulässige“ Fahrzeuge im Einsatz waren, was ggf. im Hauptsacheverfahren näher aufgeklärt werden kann. Durch das permanente Monitoring, die Aufbewahrungspflichten hinsichtlich der Messergebnisse für ein Jahr und die vom Senat zusätzlich angeordnete Ankündigung von geräuschintensiven Nutzungen der Teststrecke lässt es als fernliegend erscheinen, wegen der nicht vollständig vorhersehbaren Handhabung des Begriffs „grenzwertig“ seitens des Betreibers der Genehmigung den vorläufigen Vollzug zu versagen.

40

h. Der Senat lässt offen, ob es vorliegend eines ergänzenden Sachverständigengutachtens unter Einschluss einer Sonderfallprüfung nach Ziffer 3.2.2 TA Lärm bedarf. Dies dürfte von weiteren tatsächlichen Feststellungen abhängen. Für eine etwaige ergänzende Prüfung im Sonderfall gemäß Ziffer 3.2.2 TA Lärm gelten folgende Grundsätze:

41

aa. Im Rahmen einer Regelfallprüfung werden in pauschalierter Weise bereits die Ton- und Informationshaltigkeit (Nr. A.2.5.2 und A.3.3.5 des Anhangs TA Lärm), die Impulshaltigkeit (Nr. A.2.5.3 und A.3.3.6 des Anhangs TA Lärm), der Anteil tieffrequenter Geräusche (Nr. 7.3 TA Lärm) sowie Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit (Nr. 6.5 TA Lärm) durch Zuschläge berücksichtigt. Liegen jedoch im Einzelfall besondere Umstände vor, die bei der Regelfallprüfung keine Berücksichtigung finden, nach Art und Gewicht jedoch wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung haben können, ob die Anlage zum Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen relevant beiträgt, so ist ergänzend zu prüfen, ob sich unter Berücksichtigung dieser Umstände des Einzelfalls eine abweichende Beurteilung ergibt. Dies stellt sich als eine notwendige Konsequenz des auf den Regelfall zugeschnittenen Beurteilungsverfahrens dar, das im Hinblick auf die Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG in atypischen Fällen Abweichungen zu Gunsten oder zu Lasten des Betreibers der Anlage erfordert (vgl. Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 4, B 3.6, Nr. 3 TA Lärm, Rn. 51ff).

42

bb. In Nr. 3.2.2 Satz 2 TA Lärm werden beispielhaft Umstände genannt, die Anlass zu einer solchen Sonderfallprüfung geben können (vgl. Hansmann, TA Lärm, Nr. 3.2.2, Rn. 31). Als Umstände, die eine Sonderfallprüfung erforderlich machen können, kommen nach den Regelbeispielen der Nr. 3.2.2 S. 2 TA Lärm insbesondere in Betracht: Schwierigkeiten der Summenpegelbildung, Auswirkungen auf die Akzeptanz durch besondere Standortbindung und positive Einstellung der Betroffenen, künftig absehbare Verbesserungen sowie Herkömmlichkeit und soziale Adäquanz der Geräuschimmission.

43

Die Regelbeispiele des Nr. 3.2.2 S. 2 TA Lärm sind indessen grundsätzlich nur als Umstände zu verstehen, die trotz einer negativen Regelfallprüfung zur Genehmigungsfähigkeit der Anlage führen können (Hansmann, TA Lärm, Nr. 3.2.2, Rn. 34). Daher ergibt sich die Notwendigkeit einer Sonderfallprüfung vorliegend nicht daraus, weil die von der genehmigten Test- und Erprobungsstrecke ausgehenden Geräuschemissionen möglicherweise „nicht sozialadäquat“ seien. Das Merkmal der sozialen Adäquanz soll vielmehr regelmäßig dazu dienen, bestimmte Vorgänge, die zum menschlichen Zusammenleben dazugehören und von der Gesellschaft positiv bewertet werden, nicht aus Gründen des Lärmschutzes untersagen zu müssen (vgl. Hansmann, TA Lärm, Nr. 3.2.2, Rn. 41 m.w.N; BVerwG, Urteil vom 12.12.1991, NJW 1992, 1779; Rechtsprechungsnachweise bei Feldhaus a.a.O., B 3.6, Nr. 3 TA Lärm, Rn. 71). Eine solche positive soziale Adäquanz kann die Rennstrecke nicht für sich in Anspruch nehmen. Umgekehrt sind in der Rechtsprechung – soweit ersichtlich – bisher keine Vorhaben als sozialinadäquat eingestuft worden, welche ansonsten TA-konform errichtet wurden. Solche Entscheidungen werden von den Beteiligten auch nicht benannt.

44

cc. Dagegen lässt sich die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Frage, „ob tieffrequente Geräusche – über ein Regelfallmaß hinaus – auftreten und gesondert behandelt werden müssen“ im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht abschließend beurteilen. Allerdings kann die Genehmigung aus diesem Grund nicht suspendiert werden, weil ein erhebliches Potential dieser Geräusche bisher nicht plausibel dargelegt worden ist. Tieffrequente Geräusche sind gesondert in Ziffer 7.3 der TA Lärm geregelt und legaldefiniert als Geräusche, „die vorherrschende Energieanteile im Frequenzbereich unter 90 Hz besitzen“. Der Senat folgt im vorläufigen Verfahren der Einschätzung der Gutachter ... GmbH dass "erhebliche Energieanteile unterhalb von 90 Hz bei normaler bis sportlicher Fahrt“ mit Kraftfahrzeugen nicht über das Normalmaß erzeugt werden. Es ist daher derzeit – für einen Testbetrieb auf der Strecke – nicht davon auszugehen, dass vermehrt solche tieffrequenten Geräusche auftreten, die zu schädlichen Umwelteinwirkungen oder erheblichen Belästigungen führen könnten. Allerdings kann den Einwendungen der ... C... (siehe u.a. Schreiben vom 16.03.2012) im weiteren Verfahren näher nachgegangen werden.

45

dd. Nicht vollständig aufklärbar im Eilverfahren ist insbesondere auch die Frage, ob die von ... C... reklamierte Lästigkeit durch Pegelschwankungen (abruptes Bremsen, Anfahren etc. – vgl. u.a. Bl. 742 GA) in dieser beschriebenen Weise besteht, ob also tatsächlich eine am Wohnort der Antragsteller spürbare und erhebliche Lästigkeit durch Impulshaltigkeit feststellbar sein wird. Die diesbezüglichen Ausführungen der A... vom 16.03.2012 können bisher nicht als widerlegt gelten. Allerdings kann vor dem Hintergrund der beschriebenen Interessenabwägung dieser Frage im weiteren Verfahren nachgegangen werden, ohne dass insofern die Anlage stillzulegen wäre, zumal bei den bisherigen Messungen die maßgeblichen allgemeinen Grenzwerte laut den Auskünften des Antragsgegners stets eingehalten wurden. Zudem können gerade die Erkenntnisse aus dem Betrieb einschließlich des laufenden Monitorings diesbezüglich weitere Daten liefern. Die weitere Aufklärung dieser Fragen kann demgemäß dem Hauptsachverfahren vorbehalten werden, wobei etwa auch ein behördliches oder gerichtliches Gutachten in Betracht kommen dürfte.

46

ee. Dagegen stellt die „Besonderheit“, dass beim vorgesehenen Betrieb „naturgemäß Fahr- und Ruhezeiten“ abwechseln, nicht zwingend einen Umstand im Sinne von Ziffer 3.2.2 Satz 2 Buchstabe b TA Lärm dar, nach dem eine Sonderfallprüfung angezeigt wäre. Der Betrieb eines Automobil- und Testzentrums ist vielmehr für sich genommen wegen seiner wechselnden Einsatzzeiten noch kein nach der TA Lärm zu betrachtender Sonderfall. Es ist keineswegs ungewöhnlich, dass sich bei einer nach dem Immissionsschutzrecht genehmigungsbedürftigen Anlage lautere Phasen mit leiseren Phasen abwechseln und diese schwankende Belastung in einen Beurteilungspegel umgerechnet wird. Sollte sich aus den zuvor genannten Punkten (Impulshaltigkeit bzw. Lästigkeit und Tieffrequenzen) die Notwendigkeit einer Sonderfallprüfung ergeben, wären indessen auch die wechselnden Einsatzzeiten in einer wertenden Gesamtabwägung zu berücksichtigen (vgl. hierzu Feldhaus, a.a.O., B 3.6, Nr. 3 TA- Lärm, Rn. 53).

47

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.

48

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte haben zur Vorbereitung der Planung und der Baudurchführung notwendige Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen einschließlich der vorübergehenden Anbringung von Markierungszeichen und sonstigen Vorarbeiten durch die Straßenbaubehörde oder die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten oder von den zuständigen Behörden Beauftragte zu dulden. Wohnungen dürfen nur mit Zustimmung des Wohnungsinhabers betreten werden. Satz 2 gilt nicht für Arbeits-, Betriebs- oder Geschäftsräume während der jeweiligen Arbeits-, Geschäfts- oder Aufenthaltszeiten.

(2) Die Absicht, solche Arbeiten auszuführen, ist dem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten mindestens zwei Wochen vorher unmittelbar oder durch ortsübliche Bekanntmachung in den Gemeinden, in deren Bereich die Vorarbeiten durchzuführen sind, bekannt zu geben.

(3) Entstehen durch eine Maßnahme nach Absatz 1 einem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten unmittelbare Vermögensnachteile, so hat der Träger der Straßenbaulast eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Kommt eine Einigung über die Geldentschädigung nicht zustande, so setzt die nach Landesrecht zuständige Behörde auf Antrag der Straßenbaubehörde, der Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes oder des Berechtigten die Entschädigung fest. Vor der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören.

Tenor

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Duldungsverfügung des Antragsgegners vom 14. August 2014 in der Fassung vom 22. August 2014 wiederherzustellen, wird abgelehnt mit der Maßgabe, dass mit der Ausführung der zu duldenden Arbeiten erst begonnen werden darf, nachdem der Antragsgegner das als Ersatzweide vorgesehene, im Schriftsatz vom 30. September 2014 bezeichnete Grundstück in der dort beschriebenen Weise eingezäunt hat.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3 750 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Reitstalles und Pferdebetriebs in ... Sie wendet sich gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfügung vom 14. August 2014 in der Fassung vom 22. August 2014, mit der ihr der Antragsgegner aufgegeben hat, Bodenbohrungen auf in ihrem Eigentum stehenden Weideflächen zur Vorbereitung der Baudurchführung für den Neubau der A 44 zwischen Ratingen und Velbert in der Zeit vom 1. Oktober 2014 bis zum 15. Dezember 2014 zu dulden.

II

2

1. Das Verwaltungsgericht hat die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zu Recht bejaht. Ausgehend von dem Beschleunigungsgrundsatz des § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO unterfallen dem Anwendungsbereich dieser Norm auch Verfahren, die Maßnahmen zur Vorbereitung der Baudurchführung nach § 16a Abs. 1 FStrG, namentlich zur Vorbereitung der Ausschreibung und Ausführungsplanung, zum Gegenstand haben (vgl. Beschluss vom 9. Oktober 2012 - BVerwG 7 VR 10.12 - Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 31 Rn. 6).

3

2. Der zulässige Antrag ist unbegründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchführung der Vorarbeiten wird in der Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 14. August 2014 in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet (a) und überwiegt das private Interesse der Antragstellerin an der ungestörten Nutzung ihres Grundstücks, weil sich die Duldungsverfügung - jedenfalls nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung und mit der im Tenor dieses Beschlusses enthaltenen Maßgabe - als offensichtlich rechtmäßig (b) und ihre Vollziehung als eilbedürftig erweist (c). Wird die Antragstellerin danach aber mit einem etwaigen Klageverfahren in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben und ist ein sofortiges Vollziehungsinteresse gegeben, so besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin wiederherzustellen.

4

a) Zu Unrecht rügt die Antragstellerin einen Verstoß gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der formellen Pflicht, in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts schriftlich zu begründen, ist die erlassende Behörde nachgekommen. Die das besondere Vollzugsinteresse rechtfertigende Eilbedürftigkeit der angeordneten Erkundungsarbeiten ergibt sich bereits daraus, dass es sich bei dem Bau der A 44 zwischen Ratingen und Velbert um ein Vorhaben handelt, das im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz i.d.F. des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004 (BGBl I S. 2574) als vordringlicher Bedarf ausgewiesen ist. Mit der Ausweisung eines Vorhabens für den vordringlichen Bedarf hat der Gesetzgeber auch zeitliche Vorstellungen der Realisierung verbunden, die Rücksicht auf die Bewertung der Interessen an der sofortigen Vollziehung solcher Maßnahmen zulassen (Beschluss vom 30. März 2007 - BVerwG 9 VR 7.07 - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 17 Rn. 7). Darüber hinaus hat der Antragsgegner das Eilbedürfnis der Anordnung der sofortigen Vollziehung mit dem Hinweis auf den teilweise fertig gestellten Nachbarabschnitt und die Notwendigkeit, einen kontinuierlichen Baufortschritt zu gewährleisten, begründet. Damit hat er der mit dem Begründungserfordernis in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gegenüber dem Adressaten verfolgten Informationsfunktion und der gegenüber der Behörde selbst bezweckten Warnfunktion Genüge getan.

5

b) Die angegriffene Duldungsverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 16a Abs. 1 FStrG. Danach sind seit der Erweiterung der Duldungspflicht durch das Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl I S. 2833 <2836>) die dort beispielhaft näher benannten Vorarbeiten nicht nur zur Vorbereitung der Planung, sondern auch der Baudurchführung von Grundstückseigentümern und sonstigen Nutzungsberechtigten zu dulden. Dadurch werden auch Vorarbeiten erfasst, die nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werden und etwa der Vorbereitung der Ausschreibungsunterlagen und der Ausführungsplanung dienen (Beschluss vom 1. März 2012 - BVerwG 9 VR 7.11 - Buchholz 406.403 § 63 BNatSchG 2010 Nr. 2 Rn. 11). Dass der Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007 für den Abschnitt der A 44 zwischen Ratingen und Velbert sowie ein die Änderung der Entwässerungsregelung dieses Abschnitts betreffender Änderungsbeschluss mit Urteilen des Senats vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 40.07 - (Buchholz 407.4 § 19 FStrG Nr. 16) und vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - (Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 3) für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt worden sind, ändert an der Anwendbarkeit des § 16a FStrG nichts. Den mit Urteil vom 18. März 2009 festgestellten Mangel bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Flächeninanspruchnahmen für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen hat der Antragsgegner mit Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 21. Dezember 2012 geheilt; die hiergegen gerichtete Klage hat der Senat mit Urteil vom 25. Juni 2014 - BVerwG 9 A 1.13 - abgewiesen. Aber auch die noch ausstehende Planänderung hinsichtlich des Entwässerungskonzepts steht dem Erlass einer Duldungsverfügung nicht entgegen. Die sich aus § 16a Abs. 1 FStrG ergebende Duldungspflicht für Vorarbeiten für die Baudurchführung erfasst nicht die Arbeiten in Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses und besteht daher unabhängig von der sofortigen Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses und einem etwaigen Erfolg im Klageverfahren (vgl. Beschluss vom 1. März 2012 a.a.O.). Da die zur Heilung des bei der Planung des Entwässerungskonzepts festgestellten Verfahrensfehlers erforderliche Planänderung keine Auswirkungen auf den Trassenverlauf hat, ist auch ausgeschlossen, dass die eigentumsrechtliche Betroffenheit der Antragstellerin noch Veränderungen erfährt.

6

Dass sich die auf dem Grundstück der Antragstellerin vorgesehenen 14 Bohrungen und die Anlage einer Grundwassermessstelle wegen der mit ihnen für den Betrieb der Antragstellerin einhergehenden Beeinträchtigungen als unverhältnismäßig erweisen könnten, ist nicht erkennbar.

7

Der Antragsgegner hat die mit den Bohrungen verbundenen Beeinträchtigungen für den Betrieb der Antragstellerin und die dort untergestellten Turnierreitpferde sowie die Gefahren, die durch durchgehende Pferde entstehen können, erkannt und berücksichtigt. Er hat den in der Stellungnahme des sicherheitstechnischen Dienstes der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau vom 26. August 2014 vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der vorgesehenen Bohrungen dadurch Rechnung getragen, dass auf den ursprünglich vorgesehenen Einsatz einer Rammsonde verzichtet wird und stattdessen schonendere und Erschütterungen durch Rammschläge vermeidende Drucksondierungen durchgeführt werden (E-Mail des Antragsgegners vom 9. September 2014). Soweit die Antragstellerin einwendet, die Durchführung der Drucksondierung ändere nichts an der Gefährdung der Sicherheit ihrer Mitarbeiter und der Tiere, substantiiert sie dies nicht. Das Schreiben des sicherheitstechnischen Dienstes gibt für die Annahme einer fortbestehenden Gefährdungslage nichts her, da es sich - der Ankündigung in der Duldungsverfügung entsprechend - auf die Gefahren einer Rammbohrung bezog. Angesichts des Verzichtes auf diese Art der Bohrung sind auch für die Standfestigkeit des Stallgebäudes und der übrigen Hofgebäude keine ernsthaften Gefährdungen erkennbar. Durch die vom Antragsgegner angekündigten Begutachtungen der Reithalle und des Stallgebäudes durch einen öffentlich bestellten Sachverständigen vor Beginn der Arbeiten und die durchzuführenden Schwingungsmessungen während der Bohrungen ist auch sichergestellt, dass bisher nicht erkennbare Gefährdungen rechtzeitig festgestellt werden können.

8

Spricht schon vieles dafür, dass der Verzicht auf die Rammbohrung einen ungefährdeten Verbleib der Tiere im Stall und auf der Weide des Hofes der Antragstellerin ermöglicht, so werden unzumutbare Belastungen der Antragstellerin jedenfalls durch die vom Antragsgegner für die Zeit der Arbeiten zur Verfügung gestellte Ersatzweidefläche ausgeschlossen. Dass diese 2,98 ha große Weide für den Aufenthalt der Tiere nicht geeignet wäre, behauptet die Antragstellerin nicht. Den Bedenken hinsichtlich der fehlenden Einzäunung und der einzuholenden Genehmigung für die Errichtung eines Zaunes aufgrund der Lage der Ersatzweide im Naturschutzgebiet Angertal hat der Antragsgegner durch seine im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes am 30. September 2014 abgegebene Zusage, die Einzäunung auf seine Kosten vorzunehmen, Rechnung getragen. Der Einwand der Antragstellerin, die Entfernung der Ersatzweide zum Stallgebäude sei mit 470 m zu groß und die Verbringung der Pferde dorthin beanspruche zu viel Zeit, greift nicht durch. Es trifft insbesondere nicht zu, dass der Weg zur Weide und von der Weide zu den Stallgebäuden zurück von den Pferden während der Durchführung der Bohrarbeiten zweimal am Tag zurückgelegt werden müsste. Der Antragsgegner ist der Antragstellerin bei der zeitlichen Gestaltung der Bohrarbeiten weitgehend entgegengekommen und hat insbesondere angeboten, die etwa zehn Arbeitstage in Anspruch nehmenden Arbeiten auf die Vormittage zu beschränken, um die Belastungen für den ab 14.00 Uhr stattfindenden Trainingsbetrieb der Antragstellerin möglichst gering zu halten. Die Antragstellerin muss die Pferde auch nicht selbst zur Weide führen, sondern kann sich hierzu ihrer Mitarbeiter oder sonstiger Hilfspersonen bedienen. Etwaige Kosten hierfür sind von der in der Mail des Antragsgegners vom 9. September 2014 in Anwendung des § 16a Abs. 3 Satz 1 FStrG abgegebenen Kostenübernahmeerklärung umfasst.

9

Der Duldungsverfügung, die keine bereits zum Vollstreckungsverfahren gehörende Zwangsmittelandrohung enthält, lässt auch nicht deshalb einen Rechtsmangel erkennen, weil nach Angaben der Antragstellerin 20 der 22 bei ihr untergestellten Pferde nicht in ihrem Eigentum stehen und sie diese nicht ohne Zustimmung der Eigentümer auf eine fremde Weide verbringen kann. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass das Miteigentum oder die sonstige Nebenberechtigung eines Dritten nicht die Rechtmäßigkeit der nicht auch an ihn gerichteten Verfügung berührt, sondern nur ein Vollstreckungshindernis bildet, das nachträglich durch eine gegen den Dritten gerichtete Verfügung ausgeräumt werden kann (Urteil vom 28. April 1972 - BVerwG 4 C 42.69 - BVerwGE 40, 101 <103>). Für eine solche gegen den Dritten gerichtete Verfügung stellt ebenfalls § 16a FStrG, der ausdrücklich auch den Nutzungsberechtigten als möglichen Adressaten bezeichnet, die Rechtsgrundlage dar. Hiervon wird der Antragsgegner gegebenenfalls vor Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen Gebrauch machen müssen.

10

Angesichts der hofnahen, für die Unterbringung der Pferde geeigneten Ersatzweidefläche ist nichts dafür erkennbar, dass die vorgesehenen, mit einem schonenden Bohrverfahren durchgeführten Bohrungen den Mietern der Pferde-unterstellplätze Anlass zu Kündigungen geben könnten. Der Hinweis der Antragstellerin auf die Kündigung einer Pferdebox durch eine Mieterin wegen der anstehenden Bohrarbeiten ist in diesem Zusammenhang ohne Aussagekraft, da die Kündigung vor Abgabe des Ersatzweideangebotes erfolgte.

11

Es sind auch sonst keine betrieblichen Erschwernisse zu befürchten, die die Antragstellerin unverhältnismäßig beeinträchtigen könnten. Die Turniere im Oktober werden schon deswegen nicht beeinträchtigt, weil sie an Sonntagen stattfinden. Auf den ab 14.00 Uhr beginnenden Trainingsbetrieb nimmt der Antragsgegner durch eine Beschränkung der Bohrarbeiten auf die Vormittage Rücksicht. Im Übrigen hat er der Antragstellerin angeboten, die Arbeiten mit ihr so zu koordinieren, dass die Beeinträchtigungen möglichst gering gehalten werden.

12

Der Antragsgegner hat auch die Fristvorgabe des § 16a Abs. 2 FStrG eingehalten, wonach die Absicht, die Arbeiten auszuführen, mindestens zwei Wochen vorher bekannt zu geben ist. Der Tatsache, dass die Duldungsverfügung vom 14. August 2014 in Bezug auf den möglichen Beginn der Arbeiten nicht diesem Fristerfordernis entsprach, hat der Antragsgegner mit Schreiben vom 22. August 2014 durch die Mitteilung eines um einen Monat verschobenen Baubeginns Rechnung getragen. Damit hatte die Antragstellerin rechtzeitig die erforderliche Gewissheit, wann frühestens mit den Arbeiten begonnen werden soll (vgl. hierzu Beschluss vom 6. Mai 2008 - BVerwG 9 A 6.08 - Buchholz 407.4 § 16a FStrG Nr. 3 Rn. 7). Dass der Antragsgegner für die vorzunehmenden Arbeiten einen Zeitraum von insgesamt zehneinhalb Wochen benannt hat (1. Oktober bis 15. Dezember 2014), ist vor dem Hintergrund, dass dieses Zeitfenster allein dazu dient, der Antragstellerin zu ermöglichen, die für sie geeignetsten Tage für die Durchführung der Arbeiten herauszusuchen, nicht zu beanstanden.

13

c) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin besteht auch eine das besondere Vollziehungsinteresse rechtfertigende Eilbedürftigkeit der angeordneten Vorarbeiten.

14

Sie folgt regelmäßig bereits daraus, dass es sich bei dem zu planenden Vorhaben - wie hier - um ein solches handelt, das im Bedarfsplan als vordringlicher Bedarf ausgewiesen ist. Diesem Umstand kommt notwendigerweise auch Bedeutung für vorausgehende Vorarbeiten zu, weil der Gesetzgeber mit seiner Entscheidung für die Ausweisung eines Vorhabens als vordringlichen Bedarf auch zeitliche Vorstellungen der Realisierung verbindet, die Rückschlüsse auf die Bewertung des Interesses an der sofortigen Vollziehung solcher Maßnahmen zulassen (Beschluss vom 30. März 2007 - BVerwG 9 VR 7.07 - Buchholz 407.3 § 5 VerKPBG Nr. 17 Rn. 7). Etwas anderes kann nur gelten, wenn sich aus der konkreten Situation ergibt, dass angeordnete Vorarbeiten dennoch nicht besonders dringlich sind, weil der weitere Verfahrensablauf und mithin die Realisierung des Vorhabens auch ohne alsbaldige Durchführung der Vorarbeiten nicht verzögert wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat deswegen den allgemeinen Hinweis auf einen vordringlichen Bedarf nicht als ausreichende Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung angesehen, wenn der Planfeststellungsbehörde der Antrag des Vorhabenträgers bereits vorliegt und die angeordneten Vorarbeiten der Erstellung von Unterlagen für die Ausschreibung des Vorhabens dienen, deren Durchführung angesichts des erreichten Verfahrensstandes aber noch nicht absehbar ist (Beschluss vom 7. August 2002 - BVerwG 4 VR 9.02 - Buchholz 407.4 § 16a FStrG Nr. 1 S. 3 f.).

15

Ein solcher oder vergleichbarer Fall liegt hier jedoch nicht vor. Dass die Bohrungen zwingend erforderlich sind, um die Ausführungsplanung und die Ausschreibung der Bauarbeiten vorzubereiten, stellt die Antragstellerin nicht in Frage. Umstände, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass die weitere Realisierung des Vorhabens in einer Weise verzögert wird, die die Eilbedürftigkeit der Vorarbeiten entfallen lässt, sind nicht erkennbar. Die insoweit geübte Kritik der Antragstellerin greift nicht durch.

16

Mit ihrem Einwand, es sei angesichts des für den Neubau des betroffenen Abschnitts noch erforderlichen Flächenerwerbs und des noch nicht eingeleiteten Änderungsplanfeststellungsverfahrens für das als rechtswidrig erkannte Entwässerungskonzept nicht erkennbar, dass, wie vom Antragsgegner angegeben, bis Anfang 2018 mit dem Bau begonnen werden könne, kann die Antragstellerin nicht durchdringen. Selbst wenn der Flächenerwerb sich noch hinziehen sollte, ist durch das Institut der vorzeitigen Besitzeinweisung in § 18f FStrG dem Antragsgegner ein Instrument in die Hand gegeben, mit dem er einen sofortigen Baubeginn sicherstellen kann. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand, ein Abschluss des Änderungsplanfeststellungsverfahrens für die überarbeitete Entwässerungsregelung sei noch nicht absehbar. Insbesondere trifft es nicht zu, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht abgeschlossen ist. Aus dem von der Antragstellerin selbst vorgelegten Anschreiben des Antragsgegners an die Träger öffentlicher Belange vom 10. September 2014, mit dem er zu einer Erörterung des Entwurfs des Landschaftspflegerischen Begleitplans einlädt, geht hervor, dass eine alle naheliegenden Standort- und Ausführungsvarianten untersuchende Endfassung der durchgeführten Umweltverträglichkeitsuntersuchung erstellt und den Verfahrensbeteiligten bereits zugesandt worden ist. Danach ist es nicht unrealistisch, dass in absehbarer Zeit der Entwurf des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses eingereicht und das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden wird. Ob dies bis zur 47. Kalenderwoche, wie vom Antragsgegner beabsichtigt, zu realisieren ist, kann dahinstehen. Ausreichend ist, dass mit einem Abschluss des Verfahrens in naher Zukunft und rechtzeitig vor dem geplanten Baubeginn gerechnet werden kann; dies ist angesichts des Standes der Vorarbeiten der Fall.

17

Die Eilbedürftigkeit steht auch nicht - gewissermaßen umgekehrt - deshalb in Frage, weil nicht zu erwarten ist, dass der Antragsgegner mehr als drei Jahre benötigt, um beginnend mit den Erkundungsbohrungen zu einem Baubeginn zu kommen. Die von der Antragstellerin geübte Kritik an dem vom Antragsgegner vorgelegten Zeitablaufplan überzeugt nicht. Dass sich Prüfungs- und Genehmigungsverfahren bei komplexen Bauvorhaben lange hinziehen, ist nicht ungewöhnlich. Der Antragsgegner hat in seinem Bauablaufplan insoweit auf konkrete Erfahrungen mit dem Brückenbauwerk Angerbach hingewiesen, bei dem die Prüfungsphase knapp 14 Monate dauerte. Dem kann die Antragstellerin auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass bei dem wesentlich größeren und aufwändigeren Brückenbauwerk Laubeckerbachtal zwischen Baugrunduntersuchung und Vergabe der Aufträge nur wenige Wochen lagen. Den von der Antragstellerin vorgelegten "Deckblättern" einzelner Unterlagen lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass sie den gesamten Ablauf zwischen den ersten Erkundungsbohrungen bis zum Baubeginn dokumentieren.

18

Schließlich greift auch der Einwand der Antragstellerin nicht, dass der zeitliche Vorlauf nicht mit der Notwendigkeit einer eventuellen Umplanung begründet werden könne, da der Senat im Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 31.07 - (UA S. 37) angenommen habe, eine Umplanung sei nach den Angaben der Gutachter des Beklagten praktisch ausgeschlossen. Der Senat hat in dem genannten Urteil Änderungen der Planung, die sich aufgrund neuer Erkenntnisse im Rahmen der Ausführungsplanung ergeben, nicht schlechthin ausgeschlossen, sondern dem im Planfeststellungsbeschluss enthaltenen Vorbehalt einer Planänderung ausdrücklich mit Blick auf einen nach ingenieurwissenschaftlicher Einschätzung nicht absehbaren Eventualfall gebilligt.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Dabei legt der Senat für das vorliegende Eilverfahren die Hälfte des nach 34.2.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 im Hauptsacheverfahren festzusetzenden Streitwertes zugrunde.

(1) Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte haben zur Vorbereitung der Planung und der Baudurchführung notwendige Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen einschließlich der vorübergehenden Anbringung von Markierungszeichen und sonstigen Vorarbeiten durch die Straßenbaubehörde oder die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten oder von den zuständigen Behörden Beauftragte zu dulden. Wohnungen dürfen nur mit Zustimmung des Wohnungsinhabers betreten werden. Satz 2 gilt nicht für Arbeits-, Betriebs- oder Geschäftsräume während der jeweiligen Arbeits-, Geschäfts- oder Aufenthaltszeiten.

(2) Die Absicht, solche Arbeiten auszuführen, ist dem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten mindestens zwei Wochen vorher unmittelbar oder durch ortsübliche Bekanntmachung in den Gemeinden, in deren Bereich die Vorarbeiten durchzuführen sind, bekannt zu geben.

(3) Entstehen durch eine Maßnahme nach Absatz 1 einem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten unmittelbare Vermögensnachteile, so hat der Träger der Straßenbaulast eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Kommt eine Einigung über die Geldentschädigung nicht zustande, so setzt die nach Landesrecht zuständige Behörde auf Antrag der Straßenbaubehörde, der Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes oder des Berechtigten die Entschädigung fest. Vor der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören.

Mit der Übergabe der verkauften Sache geht die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer über. Von der Übergabe an gebühren dem Käufer die Nutzungen und trägt er die Lasten der Sache. Der Übergabe steht es gleich, wenn der Käufer im Verzug der Annahme ist.

(1) Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte haben zur Vorbereitung der Planung und der Baudurchführung notwendige Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen einschließlich der vorübergehenden Anbringung von Markierungszeichen und sonstigen Vorarbeiten durch die Straßenbaubehörde oder die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten oder von den zuständigen Behörden Beauftragte zu dulden. Wohnungen dürfen nur mit Zustimmung des Wohnungsinhabers betreten werden. Satz 2 gilt nicht für Arbeits-, Betriebs- oder Geschäftsräume während der jeweiligen Arbeits-, Geschäfts- oder Aufenthaltszeiten.

(2) Die Absicht, solche Arbeiten auszuführen, ist dem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten mindestens zwei Wochen vorher unmittelbar oder durch ortsübliche Bekanntmachung in den Gemeinden, in deren Bereich die Vorarbeiten durchzuführen sind, bekannt zu geben.

(3) Entstehen durch eine Maßnahme nach Absatz 1 einem Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten unmittelbare Vermögensnachteile, so hat der Träger der Straßenbaulast eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Kommt eine Einigung über die Geldentschädigung nicht zustande, so setzt die nach Landesrecht zuständige Behörde auf Antrag der Straßenbaubehörde, der Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes oder des Berechtigten die Entschädigung fest. Vor der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören.

Tenor

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Duldungsverfügung des Antragsgegners vom 14. August 2014 in der Fassung vom 22. August 2014 wiederherzustellen, wird abgelehnt mit der Maßgabe, dass mit der Ausführung der zu duldenden Arbeiten erst begonnen werden darf, nachdem der Antragsgegner das als Ersatzweide vorgesehene, im Schriftsatz vom 30. September 2014 bezeichnete Grundstück in der dort beschriebenen Weise eingezäunt hat.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3 750 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Reitstalles und Pferdebetriebs in ... Sie wendet sich gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfügung vom 14. August 2014 in der Fassung vom 22. August 2014, mit der ihr der Antragsgegner aufgegeben hat, Bodenbohrungen auf in ihrem Eigentum stehenden Weideflächen zur Vorbereitung der Baudurchführung für den Neubau der A 44 zwischen Ratingen und Velbert in der Zeit vom 1. Oktober 2014 bis zum 15. Dezember 2014 zu dulden.

II

2

1. Das Verwaltungsgericht hat die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zu Recht bejaht. Ausgehend von dem Beschleunigungsgrundsatz des § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO unterfallen dem Anwendungsbereich dieser Norm auch Verfahren, die Maßnahmen zur Vorbereitung der Baudurchführung nach § 16a Abs. 1 FStrG, namentlich zur Vorbereitung der Ausschreibung und Ausführungsplanung, zum Gegenstand haben (vgl. Beschluss vom 9. Oktober 2012 - BVerwG 7 VR 10.12 - Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 31 Rn. 6).

3

2. Der zulässige Antrag ist unbegründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchführung der Vorarbeiten wird in der Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 14. August 2014 in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet (a) und überwiegt das private Interesse der Antragstellerin an der ungestörten Nutzung ihres Grundstücks, weil sich die Duldungsverfügung - jedenfalls nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung und mit der im Tenor dieses Beschlusses enthaltenen Maßgabe - als offensichtlich rechtmäßig (b) und ihre Vollziehung als eilbedürftig erweist (c). Wird die Antragstellerin danach aber mit einem etwaigen Klageverfahren in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben und ist ein sofortiges Vollziehungsinteresse gegeben, so besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin wiederherzustellen.

4

a) Zu Unrecht rügt die Antragstellerin einen Verstoß gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der formellen Pflicht, in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts schriftlich zu begründen, ist die erlassende Behörde nachgekommen. Die das besondere Vollzugsinteresse rechtfertigende Eilbedürftigkeit der angeordneten Erkundungsarbeiten ergibt sich bereits daraus, dass es sich bei dem Bau der A 44 zwischen Ratingen und Velbert um ein Vorhaben handelt, das im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz i.d.F. des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004 (BGBl I S. 2574) als vordringlicher Bedarf ausgewiesen ist. Mit der Ausweisung eines Vorhabens für den vordringlichen Bedarf hat der Gesetzgeber auch zeitliche Vorstellungen der Realisierung verbunden, die Rücksicht auf die Bewertung der Interessen an der sofortigen Vollziehung solcher Maßnahmen zulassen (Beschluss vom 30. März 2007 - BVerwG 9 VR 7.07 - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 17 Rn. 7). Darüber hinaus hat der Antragsgegner das Eilbedürfnis der Anordnung der sofortigen Vollziehung mit dem Hinweis auf den teilweise fertig gestellten Nachbarabschnitt und die Notwendigkeit, einen kontinuierlichen Baufortschritt zu gewährleisten, begründet. Damit hat er der mit dem Begründungserfordernis in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gegenüber dem Adressaten verfolgten Informationsfunktion und der gegenüber der Behörde selbst bezweckten Warnfunktion Genüge getan.

5

b) Die angegriffene Duldungsverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 16a Abs. 1 FStrG. Danach sind seit der Erweiterung der Duldungspflicht durch das Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl I S. 2833 <2836>) die dort beispielhaft näher benannten Vorarbeiten nicht nur zur Vorbereitung der Planung, sondern auch der Baudurchführung von Grundstückseigentümern und sonstigen Nutzungsberechtigten zu dulden. Dadurch werden auch Vorarbeiten erfasst, die nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werden und etwa der Vorbereitung der Ausschreibungsunterlagen und der Ausführungsplanung dienen (Beschluss vom 1. März 2012 - BVerwG 9 VR 7.11 - Buchholz 406.403 § 63 BNatSchG 2010 Nr. 2 Rn. 11). Dass der Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007 für den Abschnitt der A 44 zwischen Ratingen und Velbert sowie ein die Änderung der Entwässerungsregelung dieses Abschnitts betreffender Änderungsbeschluss mit Urteilen des Senats vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 40.07 - (Buchholz 407.4 § 19 FStrG Nr. 16) und vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - (Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 3) für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt worden sind, ändert an der Anwendbarkeit des § 16a FStrG nichts. Den mit Urteil vom 18. März 2009 festgestellten Mangel bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Flächeninanspruchnahmen für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen hat der Antragsgegner mit Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 21. Dezember 2012 geheilt; die hiergegen gerichtete Klage hat der Senat mit Urteil vom 25. Juni 2014 - BVerwG 9 A 1.13 - abgewiesen. Aber auch die noch ausstehende Planänderung hinsichtlich des Entwässerungskonzepts steht dem Erlass einer Duldungsverfügung nicht entgegen. Die sich aus § 16a Abs. 1 FStrG ergebende Duldungspflicht für Vorarbeiten für die Baudurchführung erfasst nicht die Arbeiten in Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses und besteht daher unabhängig von der sofortigen Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses und einem etwaigen Erfolg im Klageverfahren (vgl. Beschluss vom 1. März 2012 a.a.O.). Da die zur Heilung des bei der Planung des Entwässerungskonzepts festgestellten Verfahrensfehlers erforderliche Planänderung keine Auswirkungen auf den Trassenverlauf hat, ist auch ausgeschlossen, dass die eigentumsrechtliche Betroffenheit der Antragstellerin noch Veränderungen erfährt.

6

Dass sich die auf dem Grundstück der Antragstellerin vorgesehenen 14 Bohrungen und die Anlage einer Grundwassermessstelle wegen der mit ihnen für den Betrieb der Antragstellerin einhergehenden Beeinträchtigungen als unverhältnismäßig erweisen könnten, ist nicht erkennbar.

7

Der Antragsgegner hat die mit den Bohrungen verbundenen Beeinträchtigungen für den Betrieb der Antragstellerin und die dort untergestellten Turnierreitpferde sowie die Gefahren, die durch durchgehende Pferde entstehen können, erkannt und berücksichtigt. Er hat den in der Stellungnahme des sicherheitstechnischen Dienstes der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau vom 26. August 2014 vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der vorgesehenen Bohrungen dadurch Rechnung getragen, dass auf den ursprünglich vorgesehenen Einsatz einer Rammsonde verzichtet wird und stattdessen schonendere und Erschütterungen durch Rammschläge vermeidende Drucksondierungen durchgeführt werden (E-Mail des Antragsgegners vom 9. September 2014). Soweit die Antragstellerin einwendet, die Durchführung der Drucksondierung ändere nichts an der Gefährdung der Sicherheit ihrer Mitarbeiter und der Tiere, substantiiert sie dies nicht. Das Schreiben des sicherheitstechnischen Dienstes gibt für die Annahme einer fortbestehenden Gefährdungslage nichts her, da es sich - der Ankündigung in der Duldungsverfügung entsprechend - auf die Gefahren einer Rammbohrung bezog. Angesichts des Verzichtes auf diese Art der Bohrung sind auch für die Standfestigkeit des Stallgebäudes und der übrigen Hofgebäude keine ernsthaften Gefährdungen erkennbar. Durch die vom Antragsgegner angekündigten Begutachtungen der Reithalle und des Stallgebäudes durch einen öffentlich bestellten Sachverständigen vor Beginn der Arbeiten und die durchzuführenden Schwingungsmessungen während der Bohrungen ist auch sichergestellt, dass bisher nicht erkennbare Gefährdungen rechtzeitig festgestellt werden können.

8

Spricht schon vieles dafür, dass der Verzicht auf die Rammbohrung einen ungefährdeten Verbleib der Tiere im Stall und auf der Weide des Hofes der Antragstellerin ermöglicht, so werden unzumutbare Belastungen der Antragstellerin jedenfalls durch die vom Antragsgegner für die Zeit der Arbeiten zur Verfügung gestellte Ersatzweidefläche ausgeschlossen. Dass diese 2,98 ha große Weide für den Aufenthalt der Tiere nicht geeignet wäre, behauptet die Antragstellerin nicht. Den Bedenken hinsichtlich der fehlenden Einzäunung und der einzuholenden Genehmigung für die Errichtung eines Zaunes aufgrund der Lage der Ersatzweide im Naturschutzgebiet Angertal hat der Antragsgegner durch seine im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes am 30. September 2014 abgegebene Zusage, die Einzäunung auf seine Kosten vorzunehmen, Rechnung getragen. Der Einwand der Antragstellerin, die Entfernung der Ersatzweide zum Stallgebäude sei mit 470 m zu groß und die Verbringung der Pferde dorthin beanspruche zu viel Zeit, greift nicht durch. Es trifft insbesondere nicht zu, dass der Weg zur Weide und von der Weide zu den Stallgebäuden zurück von den Pferden während der Durchführung der Bohrarbeiten zweimal am Tag zurückgelegt werden müsste. Der Antragsgegner ist der Antragstellerin bei der zeitlichen Gestaltung der Bohrarbeiten weitgehend entgegengekommen und hat insbesondere angeboten, die etwa zehn Arbeitstage in Anspruch nehmenden Arbeiten auf die Vormittage zu beschränken, um die Belastungen für den ab 14.00 Uhr stattfindenden Trainingsbetrieb der Antragstellerin möglichst gering zu halten. Die Antragstellerin muss die Pferde auch nicht selbst zur Weide führen, sondern kann sich hierzu ihrer Mitarbeiter oder sonstiger Hilfspersonen bedienen. Etwaige Kosten hierfür sind von der in der Mail des Antragsgegners vom 9. September 2014 in Anwendung des § 16a Abs. 3 Satz 1 FStrG abgegebenen Kostenübernahmeerklärung umfasst.

9

Der Duldungsverfügung, die keine bereits zum Vollstreckungsverfahren gehörende Zwangsmittelandrohung enthält, lässt auch nicht deshalb einen Rechtsmangel erkennen, weil nach Angaben der Antragstellerin 20 der 22 bei ihr untergestellten Pferde nicht in ihrem Eigentum stehen und sie diese nicht ohne Zustimmung der Eigentümer auf eine fremde Weide verbringen kann. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass das Miteigentum oder die sonstige Nebenberechtigung eines Dritten nicht die Rechtmäßigkeit der nicht auch an ihn gerichteten Verfügung berührt, sondern nur ein Vollstreckungshindernis bildet, das nachträglich durch eine gegen den Dritten gerichtete Verfügung ausgeräumt werden kann (Urteil vom 28. April 1972 - BVerwG 4 C 42.69 - BVerwGE 40, 101 <103>). Für eine solche gegen den Dritten gerichtete Verfügung stellt ebenfalls § 16a FStrG, der ausdrücklich auch den Nutzungsberechtigten als möglichen Adressaten bezeichnet, die Rechtsgrundlage dar. Hiervon wird der Antragsgegner gegebenenfalls vor Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen Gebrauch machen müssen.

10

Angesichts der hofnahen, für die Unterbringung der Pferde geeigneten Ersatzweidefläche ist nichts dafür erkennbar, dass die vorgesehenen, mit einem schonenden Bohrverfahren durchgeführten Bohrungen den Mietern der Pferde-unterstellplätze Anlass zu Kündigungen geben könnten. Der Hinweis der Antragstellerin auf die Kündigung einer Pferdebox durch eine Mieterin wegen der anstehenden Bohrarbeiten ist in diesem Zusammenhang ohne Aussagekraft, da die Kündigung vor Abgabe des Ersatzweideangebotes erfolgte.

11

Es sind auch sonst keine betrieblichen Erschwernisse zu befürchten, die die Antragstellerin unverhältnismäßig beeinträchtigen könnten. Die Turniere im Oktober werden schon deswegen nicht beeinträchtigt, weil sie an Sonntagen stattfinden. Auf den ab 14.00 Uhr beginnenden Trainingsbetrieb nimmt der Antragsgegner durch eine Beschränkung der Bohrarbeiten auf die Vormittage Rücksicht. Im Übrigen hat er der Antragstellerin angeboten, die Arbeiten mit ihr so zu koordinieren, dass die Beeinträchtigungen möglichst gering gehalten werden.

12

Der Antragsgegner hat auch die Fristvorgabe des § 16a Abs. 2 FStrG eingehalten, wonach die Absicht, die Arbeiten auszuführen, mindestens zwei Wochen vorher bekannt zu geben ist. Der Tatsache, dass die Duldungsverfügung vom 14. August 2014 in Bezug auf den möglichen Beginn der Arbeiten nicht diesem Fristerfordernis entsprach, hat der Antragsgegner mit Schreiben vom 22. August 2014 durch die Mitteilung eines um einen Monat verschobenen Baubeginns Rechnung getragen. Damit hatte die Antragstellerin rechtzeitig die erforderliche Gewissheit, wann frühestens mit den Arbeiten begonnen werden soll (vgl. hierzu Beschluss vom 6. Mai 2008 - BVerwG 9 A 6.08 - Buchholz 407.4 § 16a FStrG Nr. 3 Rn. 7). Dass der Antragsgegner für die vorzunehmenden Arbeiten einen Zeitraum von insgesamt zehneinhalb Wochen benannt hat (1. Oktober bis 15. Dezember 2014), ist vor dem Hintergrund, dass dieses Zeitfenster allein dazu dient, der Antragstellerin zu ermöglichen, die für sie geeignetsten Tage für die Durchführung der Arbeiten herauszusuchen, nicht zu beanstanden.

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c) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin besteht auch eine das besondere Vollziehungsinteresse rechtfertigende Eilbedürftigkeit der angeordneten Vorarbeiten.

14

Sie folgt regelmäßig bereits daraus, dass es sich bei dem zu planenden Vorhaben - wie hier - um ein solches handelt, das im Bedarfsplan als vordringlicher Bedarf ausgewiesen ist. Diesem Umstand kommt notwendigerweise auch Bedeutung für vorausgehende Vorarbeiten zu, weil der Gesetzgeber mit seiner Entscheidung für die Ausweisung eines Vorhabens als vordringlichen Bedarf auch zeitliche Vorstellungen der Realisierung verbindet, die Rückschlüsse auf die Bewertung des Interesses an der sofortigen Vollziehung solcher Maßnahmen zulassen (Beschluss vom 30. März 2007 - BVerwG 9 VR 7.07 - Buchholz 407.3 § 5 VerKPBG Nr. 17 Rn. 7). Etwas anderes kann nur gelten, wenn sich aus der konkreten Situation ergibt, dass angeordnete Vorarbeiten dennoch nicht besonders dringlich sind, weil der weitere Verfahrensablauf und mithin die Realisierung des Vorhabens auch ohne alsbaldige Durchführung der Vorarbeiten nicht verzögert wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat deswegen den allgemeinen Hinweis auf einen vordringlichen Bedarf nicht als ausreichende Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung angesehen, wenn der Planfeststellungsbehörde der Antrag des Vorhabenträgers bereits vorliegt und die angeordneten Vorarbeiten der Erstellung von Unterlagen für die Ausschreibung des Vorhabens dienen, deren Durchführung angesichts des erreichten Verfahrensstandes aber noch nicht absehbar ist (Beschluss vom 7. August 2002 - BVerwG 4 VR 9.02 - Buchholz 407.4 § 16a FStrG Nr. 1 S. 3 f.).

15

Ein solcher oder vergleichbarer Fall liegt hier jedoch nicht vor. Dass die Bohrungen zwingend erforderlich sind, um die Ausführungsplanung und die Ausschreibung der Bauarbeiten vorzubereiten, stellt die Antragstellerin nicht in Frage. Umstände, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass die weitere Realisierung des Vorhabens in einer Weise verzögert wird, die die Eilbedürftigkeit der Vorarbeiten entfallen lässt, sind nicht erkennbar. Die insoweit geübte Kritik der Antragstellerin greift nicht durch.

16

Mit ihrem Einwand, es sei angesichts des für den Neubau des betroffenen Abschnitts noch erforderlichen Flächenerwerbs und des noch nicht eingeleiteten Änderungsplanfeststellungsverfahrens für das als rechtswidrig erkannte Entwässerungskonzept nicht erkennbar, dass, wie vom Antragsgegner angegeben, bis Anfang 2018 mit dem Bau begonnen werden könne, kann die Antragstellerin nicht durchdringen. Selbst wenn der Flächenerwerb sich noch hinziehen sollte, ist durch das Institut der vorzeitigen Besitzeinweisung in § 18f FStrG dem Antragsgegner ein Instrument in die Hand gegeben, mit dem er einen sofortigen Baubeginn sicherstellen kann. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand, ein Abschluss des Änderungsplanfeststellungsverfahrens für die überarbeitete Entwässerungsregelung sei noch nicht absehbar. Insbesondere trifft es nicht zu, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht abgeschlossen ist. Aus dem von der Antragstellerin selbst vorgelegten Anschreiben des Antragsgegners an die Träger öffentlicher Belange vom 10. September 2014, mit dem er zu einer Erörterung des Entwurfs des Landschaftspflegerischen Begleitplans einlädt, geht hervor, dass eine alle naheliegenden Standort- und Ausführungsvarianten untersuchende Endfassung der durchgeführten Umweltverträglichkeitsuntersuchung erstellt und den Verfahrensbeteiligten bereits zugesandt worden ist. Danach ist es nicht unrealistisch, dass in absehbarer Zeit der Entwurf des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses eingereicht und das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden wird. Ob dies bis zur 47. Kalenderwoche, wie vom Antragsgegner beabsichtigt, zu realisieren ist, kann dahinstehen. Ausreichend ist, dass mit einem Abschluss des Verfahrens in naher Zukunft und rechtzeitig vor dem geplanten Baubeginn gerechnet werden kann; dies ist angesichts des Standes der Vorarbeiten der Fall.

17

Die Eilbedürftigkeit steht auch nicht - gewissermaßen umgekehrt - deshalb in Frage, weil nicht zu erwarten ist, dass der Antragsgegner mehr als drei Jahre benötigt, um beginnend mit den Erkundungsbohrungen zu einem Baubeginn zu kommen. Die von der Antragstellerin geübte Kritik an dem vom Antragsgegner vorgelegten Zeitablaufplan überzeugt nicht. Dass sich Prüfungs- und Genehmigungsverfahren bei komplexen Bauvorhaben lange hinziehen, ist nicht ungewöhnlich. Der Antragsgegner hat in seinem Bauablaufplan insoweit auf konkrete Erfahrungen mit dem Brückenbauwerk Angerbach hingewiesen, bei dem die Prüfungsphase knapp 14 Monate dauerte. Dem kann die Antragstellerin auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass bei dem wesentlich größeren und aufwändigeren Brückenbauwerk Laubeckerbachtal zwischen Baugrunduntersuchung und Vergabe der Aufträge nur wenige Wochen lagen. Den von der Antragstellerin vorgelegten "Deckblättern" einzelner Unterlagen lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass sie den gesamten Ablauf zwischen den ersten Erkundungsbohrungen bis zum Baubeginn dokumentieren.

18

Schließlich greift auch der Einwand der Antragstellerin nicht, dass der zeitliche Vorlauf nicht mit der Notwendigkeit einer eventuellen Umplanung begründet werden könne, da der Senat im Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 31.07 - (UA S. 37) angenommen habe, eine Umplanung sei nach den Angaben der Gutachter des Beklagten praktisch ausgeschlossen. Der Senat hat in dem genannten Urteil Änderungen der Planung, die sich aufgrund neuer Erkenntnisse im Rahmen der Ausführungsplanung ergeben, nicht schlechthin ausgeschlossen, sondern dem im Planfeststellungsbeschluss enthaltenen Vorbehalt einer Planänderung ausdrücklich mit Blick auf einen nach ingenieurwissenschaftlicher Einschätzung nicht absehbaren Eventualfall gebilligt.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Dabei legt der Senat für das vorliegende Eilverfahren die Hälfte des nach 34.2.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 im Hauptsacheverfahren festzusetzenden Streitwertes zugrunde.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Tenor

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Duldungsverfügung des Antragsgegners vom 14. August 2014 in der Fassung vom 22. August 2014 wiederherzustellen, wird abgelehnt mit der Maßgabe, dass mit der Ausführung der zu duldenden Arbeiten erst begonnen werden darf, nachdem der Antragsgegner das als Ersatzweide vorgesehene, im Schriftsatz vom 30. September 2014 bezeichnete Grundstück in der dort beschriebenen Weise eingezäunt hat.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3 750 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Reitstalles und Pferdebetriebs in ... Sie wendet sich gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfügung vom 14. August 2014 in der Fassung vom 22. August 2014, mit der ihr der Antragsgegner aufgegeben hat, Bodenbohrungen auf in ihrem Eigentum stehenden Weideflächen zur Vorbereitung der Baudurchführung für den Neubau der A 44 zwischen Ratingen und Velbert in der Zeit vom 1. Oktober 2014 bis zum 15. Dezember 2014 zu dulden.

II

2

1. Das Verwaltungsgericht hat die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zu Recht bejaht. Ausgehend von dem Beschleunigungsgrundsatz des § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO unterfallen dem Anwendungsbereich dieser Norm auch Verfahren, die Maßnahmen zur Vorbereitung der Baudurchführung nach § 16a Abs. 1 FStrG, namentlich zur Vorbereitung der Ausschreibung und Ausführungsplanung, zum Gegenstand haben (vgl. Beschluss vom 9. Oktober 2012 - BVerwG 7 VR 10.12 - Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 31 Rn. 6).

3

2. Der zulässige Antrag ist unbegründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchführung der Vorarbeiten wird in der Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 14. August 2014 in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet (a) und überwiegt das private Interesse der Antragstellerin an der ungestörten Nutzung ihres Grundstücks, weil sich die Duldungsverfügung - jedenfalls nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung und mit der im Tenor dieses Beschlusses enthaltenen Maßgabe - als offensichtlich rechtmäßig (b) und ihre Vollziehung als eilbedürftig erweist (c). Wird die Antragstellerin danach aber mit einem etwaigen Klageverfahren in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben und ist ein sofortiges Vollziehungsinteresse gegeben, so besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin wiederherzustellen.

4

a) Zu Unrecht rügt die Antragstellerin einen Verstoß gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der formellen Pflicht, in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts schriftlich zu begründen, ist die erlassende Behörde nachgekommen. Die das besondere Vollzugsinteresse rechtfertigende Eilbedürftigkeit der angeordneten Erkundungsarbeiten ergibt sich bereits daraus, dass es sich bei dem Bau der A 44 zwischen Ratingen und Velbert um ein Vorhaben handelt, das im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz i.d.F. des 5. Änderungsgesetzes vom 4. Oktober 2004 (BGBl I S. 2574) als vordringlicher Bedarf ausgewiesen ist. Mit der Ausweisung eines Vorhabens für den vordringlichen Bedarf hat der Gesetzgeber auch zeitliche Vorstellungen der Realisierung verbunden, die Rücksicht auf die Bewertung der Interessen an der sofortigen Vollziehung solcher Maßnahmen zulassen (Beschluss vom 30. März 2007 - BVerwG 9 VR 7.07 - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 17 Rn. 7). Darüber hinaus hat der Antragsgegner das Eilbedürfnis der Anordnung der sofortigen Vollziehung mit dem Hinweis auf den teilweise fertig gestellten Nachbarabschnitt und die Notwendigkeit, einen kontinuierlichen Baufortschritt zu gewährleisten, begründet. Damit hat er der mit dem Begründungserfordernis in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gegenüber dem Adressaten verfolgten Informationsfunktion und der gegenüber der Behörde selbst bezweckten Warnfunktion Genüge getan.

5

b) Die angegriffene Duldungsverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 16a Abs. 1 FStrG. Danach sind seit der Erweiterung der Duldungspflicht durch das Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl I S. 2833 <2836>) die dort beispielhaft näher benannten Vorarbeiten nicht nur zur Vorbereitung der Planung, sondern auch der Baudurchführung von Grundstückseigentümern und sonstigen Nutzungsberechtigten zu dulden. Dadurch werden auch Vorarbeiten erfasst, die nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werden und etwa der Vorbereitung der Ausschreibungsunterlagen und der Ausführungsplanung dienen (Beschluss vom 1. März 2012 - BVerwG 9 VR 7.11 - Buchholz 406.403 § 63 BNatSchG 2010 Nr. 2 Rn. 11). Dass der Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2007 für den Abschnitt der A 44 zwischen Ratingen und Velbert sowie ein die Änderung der Entwässerungsregelung dieses Abschnitts betreffender Änderungsbeschluss mit Urteilen des Senats vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 40.07 - (Buchholz 407.4 § 19 FStrG Nr. 16) und vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - (Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 3) für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt worden sind, ändert an der Anwendbarkeit des § 16a FStrG nichts. Den mit Urteil vom 18. März 2009 festgestellten Mangel bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Flächeninanspruchnahmen für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen hat der Antragsgegner mit Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom 21. Dezember 2012 geheilt; die hiergegen gerichtete Klage hat der Senat mit Urteil vom 25. Juni 2014 - BVerwG 9 A 1.13 - abgewiesen. Aber auch die noch ausstehende Planänderung hinsichtlich des Entwässerungskonzepts steht dem Erlass einer Duldungsverfügung nicht entgegen. Die sich aus § 16a Abs. 1 FStrG ergebende Duldungspflicht für Vorarbeiten für die Baudurchführung erfasst nicht die Arbeiten in Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses und besteht daher unabhängig von der sofortigen Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses und einem etwaigen Erfolg im Klageverfahren (vgl. Beschluss vom 1. März 2012 a.a.O.). Da die zur Heilung des bei der Planung des Entwässerungskonzepts festgestellten Verfahrensfehlers erforderliche Planänderung keine Auswirkungen auf den Trassenverlauf hat, ist auch ausgeschlossen, dass die eigentumsrechtliche Betroffenheit der Antragstellerin noch Veränderungen erfährt.

6

Dass sich die auf dem Grundstück der Antragstellerin vorgesehenen 14 Bohrungen und die Anlage einer Grundwassermessstelle wegen der mit ihnen für den Betrieb der Antragstellerin einhergehenden Beeinträchtigungen als unverhältnismäßig erweisen könnten, ist nicht erkennbar.

7

Der Antragsgegner hat die mit den Bohrungen verbundenen Beeinträchtigungen für den Betrieb der Antragstellerin und die dort untergestellten Turnierreitpferde sowie die Gefahren, die durch durchgehende Pferde entstehen können, erkannt und berücksichtigt. Er hat den in der Stellungnahme des sicherheitstechnischen Dienstes der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau vom 26. August 2014 vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der vorgesehenen Bohrungen dadurch Rechnung getragen, dass auf den ursprünglich vorgesehenen Einsatz einer Rammsonde verzichtet wird und stattdessen schonendere und Erschütterungen durch Rammschläge vermeidende Drucksondierungen durchgeführt werden (E-Mail des Antragsgegners vom 9. September 2014). Soweit die Antragstellerin einwendet, die Durchführung der Drucksondierung ändere nichts an der Gefährdung der Sicherheit ihrer Mitarbeiter und der Tiere, substantiiert sie dies nicht. Das Schreiben des sicherheitstechnischen Dienstes gibt für die Annahme einer fortbestehenden Gefährdungslage nichts her, da es sich - der Ankündigung in der Duldungsverfügung entsprechend - auf die Gefahren einer Rammbohrung bezog. Angesichts des Verzichtes auf diese Art der Bohrung sind auch für die Standfestigkeit des Stallgebäudes und der übrigen Hofgebäude keine ernsthaften Gefährdungen erkennbar. Durch die vom Antragsgegner angekündigten Begutachtungen der Reithalle und des Stallgebäudes durch einen öffentlich bestellten Sachverständigen vor Beginn der Arbeiten und die durchzuführenden Schwingungsmessungen während der Bohrungen ist auch sichergestellt, dass bisher nicht erkennbare Gefährdungen rechtzeitig festgestellt werden können.

8

Spricht schon vieles dafür, dass der Verzicht auf die Rammbohrung einen ungefährdeten Verbleib der Tiere im Stall und auf der Weide des Hofes der Antragstellerin ermöglicht, so werden unzumutbare Belastungen der Antragstellerin jedenfalls durch die vom Antragsgegner für die Zeit der Arbeiten zur Verfügung gestellte Ersatzweidefläche ausgeschlossen. Dass diese 2,98 ha große Weide für den Aufenthalt der Tiere nicht geeignet wäre, behauptet die Antragstellerin nicht. Den Bedenken hinsichtlich der fehlenden Einzäunung und der einzuholenden Genehmigung für die Errichtung eines Zaunes aufgrund der Lage der Ersatzweide im Naturschutzgebiet Angertal hat der Antragsgegner durch seine im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes am 30. September 2014 abgegebene Zusage, die Einzäunung auf seine Kosten vorzunehmen, Rechnung getragen. Der Einwand der Antragstellerin, die Entfernung der Ersatzweide zum Stallgebäude sei mit 470 m zu groß und die Verbringung der Pferde dorthin beanspruche zu viel Zeit, greift nicht durch. Es trifft insbesondere nicht zu, dass der Weg zur Weide und von der Weide zu den Stallgebäuden zurück von den Pferden während der Durchführung der Bohrarbeiten zweimal am Tag zurückgelegt werden müsste. Der Antragsgegner ist der Antragstellerin bei der zeitlichen Gestaltung der Bohrarbeiten weitgehend entgegengekommen und hat insbesondere angeboten, die etwa zehn Arbeitstage in Anspruch nehmenden Arbeiten auf die Vormittage zu beschränken, um die Belastungen für den ab 14.00 Uhr stattfindenden Trainingsbetrieb der Antragstellerin möglichst gering zu halten. Die Antragstellerin muss die Pferde auch nicht selbst zur Weide führen, sondern kann sich hierzu ihrer Mitarbeiter oder sonstiger Hilfspersonen bedienen. Etwaige Kosten hierfür sind von der in der Mail des Antragsgegners vom 9. September 2014 in Anwendung des § 16a Abs. 3 Satz 1 FStrG abgegebenen Kostenübernahmeerklärung umfasst.

9

Der Duldungsverfügung, die keine bereits zum Vollstreckungsverfahren gehörende Zwangsmittelandrohung enthält, lässt auch nicht deshalb einen Rechtsmangel erkennen, weil nach Angaben der Antragstellerin 20 der 22 bei ihr untergestellten Pferde nicht in ihrem Eigentum stehen und sie diese nicht ohne Zustimmung der Eigentümer auf eine fremde Weide verbringen kann. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass das Miteigentum oder die sonstige Nebenberechtigung eines Dritten nicht die Rechtmäßigkeit der nicht auch an ihn gerichteten Verfügung berührt, sondern nur ein Vollstreckungshindernis bildet, das nachträglich durch eine gegen den Dritten gerichtete Verfügung ausgeräumt werden kann (Urteil vom 28. April 1972 - BVerwG 4 C 42.69 - BVerwGE 40, 101 <103>). Für eine solche gegen den Dritten gerichtete Verfügung stellt ebenfalls § 16a FStrG, der ausdrücklich auch den Nutzungsberechtigten als möglichen Adressaten bezeichnet, die Rechtsgrundlage dar. Hiervon wird der Antragsgegner gegebenenfalls vor Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen Gebrauch machen müssen.

10

Angesichts der hofnahen, für die Unterbringung der Pferde geeigneten Ersatzweidefläche ist nichts dafür erkennbar, dass die vorgesehenen, mit einem schonenden Bohrverfahren durchgeführten Bohrungen den Mietern der Pferde-unterstellplätze Anlass zu Kündigungen geben könnten. Der Hinweis der Antragstellerin auf die Kündigung einer Pferdebox durch eine Mieterin wegen der anstehenden Bohrarbeiten ist in diesem Zusammenhang ohne Aussagekraft, da die Kündigung vor Abgabe des Ersatzweideangebotes erfolgte.

11

Es sind auch sonst keine betrieblichen Erschwernisse zu befürchten, die die Antragstellerin unverhältnismäßig beeinträchtigen könnten. Die Turniere im Oktober werden schon deswegen nicht beeinträchtigt, weil sie an Sonntagen stattfinden. Auf den ab 14.00 Uhr beginnenden Trainingsbetrieb nimmt der Antragsgegner durch eine Beschränkung der Bohrarbeiten auf die Vormittage Rücksicht. Im Übrigen hat er der Antragstellerin angeboten, die Arbeiten mit ihr so zu koordinieren, dass die Beeinträchtigungen möglichst gering gehalten werden.

12

Der Antragsgegner hat auch die Fristvorgabe des § 16a Abs. 2 FStrG eingehalten, wonach die Absicht, die Arbeiten auszuführen, mindestens zwei Wochen vorher bekannt zu geben ist. Der Tatsache, dass die Duldungsverfügung vom 14. August 2014 in Bezug auf den möglichen Beginn der Arbeiten nicht diesem Fristerfordernis entsprach, hat der Antragsgegner mit Schreiben vom 22. August 2014 durch die Mitteilung eines um einen Monat verschobenen Baubeginns Rechnung getragen. Damit hatte die Antragstellerin rechtzeitig die erforderliche Gewissheit, wann frühestens mit den Arbeiten begonnen werden soll (vgl. hierzu Beschluss vom 6. Mai 2008 - BVerwG 9 A 6.08 - Buchholz 407.4 § 16a FStrG Nr. 3 Rn. 7). Dass der Antragsgegner für die vorzunehmenden Arbeiten einen Zeitraum von insgesamt zehneinhalb Wochen benannt hat (1. Oktober bis 15. Dezember 2014), ist vor dem Hintergrund, dass dieses Zeitfenster allein dazu dient, der Antragstellerin zu ermöglichen, die für sie geeignetsten Tage für die Durchführung der Arbeiten herauszusuchen, nicht zu beanstanden.

13

c) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin besteht auch eine das besondere Vollziehungsinteresse rechtfertigende Eilbedürftigkeit der angeordneten Vorarbeiten.

14

Sie folgt regelmäßig bereits daraus, dass es sich bei dem zu planenden Vorhaben - wie hier - um ein solches handelt, das im Bedarfsplan als vordringlicher Bedarf ausgewiesen ist. Diesem Umstand kommt notwendigerweise auch Bedeutung für vorausgehende Vorarbeiten zu, weil der Gesetzgeber mit seiner Entscheidung für die Ausweisung eines Vorhabens als vordringlichen Bedarf auch zeitliche Vorstellungen der Realisierung verbindet, die Rückschlüsse auf die Bewertung des Interesses an der sofortigen Vollziehung solcher Maßnahmen zulassen (Beschluss vom 30. März 2007 - BVerwG 9 VR 7.07 - Buchholz 407.3 § 5 VerKPBG Nr. 17 Rn. 7). Etwas anderes kann nur gelten, wenn sich aus der konkreten Situation ergibt, dass angeordnete Vorarbeiten dennoch nicht besonders dringlich sind, weil der weitere Verfahrensablauf und mithin die Realisierung des Vorhabens auch ohne alsbaldige Durchführung der Vorarbeiten nicht verzögert wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat deswegen den allgemeinen Hinweis auf einen vordringlichen Bedarf nicht als ausreichende Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung angesehen, wenn der Planfeststellungsbehörde der Antrag des Vorhabenträgers bereits vorliegt und die angeordneten Vorarbeiten der Erstellung von Unterlagen für die Ausschreibung des Vorhabens dienen, deren Durchführung angesichts des erreichten Verfahrensstandes aber noch nicht absehbar ist (Beschluss vom 7. August 2002 - BVerwG 4 VR 9.02 - Buchholz 407.4 § 16a FStrG Nr. 1 S. 3 f.).

15

Ein solcher oder vergleichbarer Fall liegt hier jedoch nicht vor. Dass die Bohrungen zwingend erforderlich sind, um die Ausführungsplanung und die Ausschreibung der Bauarbeiten vorzubereiten, stellt die Antragstellerin nicht in Frage. Umstände, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass die weitere Realisierung des Vorhabens in einer Weise verzögert wird, die die Eilbedürftigkeit der Vorarbeiten entfallen lässt, sind nicht erkennbar. Die insoweit geübte Kritik der Antragstellerin greift nicht durch.

16

Mit ihrem Einwand, es sei angesichts des für den Neubau des betroffenen Abschnitts noch erforderlichen Flächenerwerbs und des noch nicht eingeleiteten Änderungsplanfeststellungsverfahrens für das als rechtswidrig erkannte Entwässerungskonzept nicht erkennbar, dass, wie vom Antragsgegner angegeben, bis Anfang 2018 mit dem Bau begonnen werden könne, kann die Antragstellerin nicht durchdringen. Selbst wenn der Flächenerwerb sich noch hinziehen sollte, ist durch das Institut der vorzeitigen Besitzeinweisung in § 18f FStrG dem Antragsgegner ein Instrument in die Hand gegeben, mit dem er einen sofortigen Baubeginn sicherstellen kann. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand, ein Abschluss des Änderungsplanfeststellungsverfahrens für die überarbeitete Entwässerungsregelung sei noch nicht absehbar. Insbesondere trifft es nicht zu, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht abgeschlossen ist. Aus dem von der Antragstellerin selbst vorgelegten Anschreiben des Antragsgegners an die Träger öffentlicher Belange vom 10. September 2014, mit dem er zu einer Erörterung des Entwurfs des Landschaftspflegerischen Begleitplans einlädt, geht hervor, dass eine alle naheliegenden Standort- und Ausführungsvarianten untersuchende Endfassung der durchgeführten Umweltverträglichkeitsuntersuchung erstellt und den Verfahrensbeteiligten bereits zugesandt worden ist. Danach ist es nicht unrealistisch, dass in absehbarer Zeit der Entwurf des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses eingereicht und das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden wird. Ob dies bis zur 47. Kalenderwoche, wie vom Antragsgegner beabsichtigt, zu realisieren ist, kann dahinstehen. Ausreichend ist, dass mit einem Abschluss des Verfahrens in naher Zukunft und rechtzeitig vor dem geplanten Baubeginn gerechnet werden kann; dies ist angesichts des Standes der Vorarbeiten der Fall.

17

Die Eilbedürftigkeit steht auch nicht - gewissermaßen umgekehrt - deshalb in Frage, weil nicht zu erwarten ist, dass der Antragsgegner mehr als drei Jahre benötigt, um beginnend mit den Erkundungsbohrungen zu einem Baubeginn zu kommen. Die von der Antragstellerin geübte Kritik an dem vom Antragsgegner vorgelegten Zeitablaufplan überzeugt nicht. Dass sich Prüfungs- und Genehmigungsverfahren bei komplexen Bauvorhaben lange hinziehen, ist nicht ungewöhnlich. Der Antragsgegner hat in seinem Bauablaufplan insoweit auf konkrete Erfahrungen mit dem Brückenbauwerk Angerbach hingewiesen, bei dem die Prüfungsphase knapp 14 Monate dauerte. Dem kann die Antragstellerin auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass bei dem wesentlich größeren und aufwändigeren Brückenbauwerk Laubeckerbachtal zwischen Baugrunduntersuchung und Vergabe der Aufträge nur wenige Wochen lagen. Den von der Antragstellerin vorgelegten "Deckblättern" einzelner Unterlagen lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass sie den gesamten Ablauf zwischen den ersten Erkundungsbohrungen bis zum Baubeginn dokumentieren.

18

Schließlich greift auch der Einwand der Antragstellerin nicht, dass der zeitliche Vorlauf nicht mit der Notwendigkeit einer eventuellen Umplanung begründet werden könne, da der Senat im Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 31.07 - (UA S. 37) angenommen habe, eine Umplanung sei nach den Angaben der Gutachter des Beklagten praktisch ausgeschlossen. Der Senat hat in dem genannten Urteil Änderungen der Planung, die sich aufgrund neuer Erkenntnisse im Rahmen der Ausführungsplanung ergeben, nicht schlechthin ausgeschlossen, sondern dem im Planfeststellungsbeschluss enthaltenen Vorbehalt einer Planänderung ausdrücklich mit Blick auf einen nach ingenieurwissenschaftlicher Einschätzung nicht absehbaren Eventualfall gebilligt.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Dabei legt der Senat für das vorliegende Eilverfahren die Hälfte des nach 34.2.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 im Hauptsacheverfahren festzusetzenden Streitwertes zugrunde.