Verwaltungsgericht München Urteil, 09. März 2016 - M 7 K 15.5177

bei uns veröffentlicht am09.03.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, ein Sportschütze, wendet sich gegen den Widerruf der ihm am ... Juli 19... erteilten Waffenbesitzkarte, in die ein Revolver, eine halbautomatische Pistole und eine Langwaffe eingetragen sind.

Aufgrund des Verdachts, dass der Kläger dem Bandidos Motorcycle Club (MC) ... angehört, leitete die Waffenbehörde des Landratsamtes Dachau (im Folgenden: Landratsamt) Ende 2012 eine waffenrechtliche Überprüfung des Klägers ein und richtete Anfragen an verschiedene Stellen, darunter die Polizei. Mit Schreiben vom ... Mai 2013 teilte die Kriminalpolizeiinspektion ... unter Hinweis auf ein ministerielles Schreiben vom 6. Oktober 2010 dem Landratsamt mit, dass der Kläger langjähriges Member (Mitglied) des Rockerclubs Bandidos MC ... sei, und regte eine waffenrechtliche Überprüfung an. Nachfolgend wurden Erkenntnisse übermittelt, wonach beim Kläger und drei weiteren Personen am ... März 2013 eine Wohnungsdurchsuchung wegen des Verdachts des Waffenerwerbs durch den Bandidos MC ... stattgefunden hat, die jedoch nichts Tatrelevantes erbracht hat. Das Ermittlungsverfahren ist mit Verfügung der Staatsanwaltschaft ... vom ... Juni 2013 gem. § 170 Abs. 2 StPO aus tatsächlichen Gründen eingestellt worden. Mit Schreiben vom ... November 2013 teilte die Kriminalpolizeiinspektion ... mit, der Kläger sei zuletzt als Teilnehmer beim „National Run des Bandidos MC Europe“ vom 26. bis 28. Juli 2013 in Spanien gesichert festgestellt worden. Er sei dort als Member mit Kutte und Full-Patch des Bandidos MC ... aufgetreten. Beigefügt waren zwei Fotos des Klägers, die ihn im Kreis von Clubangehörigen zeigen.

Daraufhin hörte das Landratsamt den Kläger mit Schreiben vom ... November 2013 zum Widerruf seiner Waffenbesitzkarte an. Dazu führte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom ... November 2013 aus, dass eine Mitgliedschaft beim Bandidos MC ... den Tatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht erfülle, da dieser eine auf Tatsachen gestützte Prognose verlange. Es bestehe nicht der geringste Anlass für eine zu prognostizierende hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Fehlverhaltens. Der Kläger habe seine Waffen außer zum Sportschießen nie benutzt. Er sei seit 19... Mitglied im ...schützen. Aufgrund der Mitgliedschaft in einem Motorradclub könne nicht unterstellt werden, dass er die Waffen Unbefugten überlassen werde. Er verwahre sie unter strengem Alleinverschluss in dem gesetzlich vorgeschriebenen Tresor. Er sei nicht vorbestraft, habe keine Punkte in Flensburg; gegen ihn laufe kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren. Er stehe in einem festen Arbeitsverhältnis im ...-gewerbe und habe die Waffenbesitzkarte seit ...0 Jahren inne, ohne dass sich zum Widerruf berechtigende Tatsachen ergeben hätten.

Mit Bescheid vom ... Januar 2014 widerrief das Landratsamt gestützt auf § 45 Abs. 2 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 a und c WaffG die dem Kläger am... Juli 19... erteilte Waffenbesitzkarte Nr. ... (Nummer 1) und gab ihm auf, die in der Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen innerhalb einer Woche nach Bestandskraft dieses Bescheides an einen Berechtigten zu überlassen und dem Landratsamt dies nachzuweisen sowie den jeweiligen Erwerber zu benennen (Nummer 2). Für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs wurde die Sicherstellung und Verwertung angekündigt. Ein Verwertungserlös stehe nach Abzug der Verwertungskosten dem Kläger zu (Nummer 3). Weiter wurde der Kläger verpflichtet, die Waffenbesitzkarte innerhalb einer Frist von fünf Werktagen nach Zustellung des Bescheides bzw. - im Falle der Anfechtung des Bescheides - innerhalb von fünf Werktagen nach Bestandskraft des Bescheides zurückzugeben (Nummer 4), und ihm widrigenfalls ein Zwangsgeld in Höhe von 100,- EUR angedroht sowie die Waffenbesitzkarte zur Fahndung ausgeschrieben (Nummer 5). Für die Nummern 2 bis 4 wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Nummer 6). In den Gründen des Bescheides wird ausgeführt, die Widerrufsgründe seien aufgrund der Mitgliedschaft des Klägers bei den Bandidos MC ... erfüllt. Dieser Rockerclub gehöre zu den sog. Outlaw Motorcycle Gangs (OMCG) und damit den sog. 1%er Rockergruppierungen, in deren Umfeld typische Delikte der Organisierten Kriminalität begangen würden. Es lägen Erkenntnisse vor, dass sich in den vergangenen Jahren die Gewaltbereitschaft, die Mitgliederzahl und das Eskalationspotential der OMCGs deutlich verschärft hätten. Auch wenn der Kläger sich nichts habe zuschulden kommen lassen, so sei er doch nicht von den strengen hierarchischen Strukturen ausgenommen, die für ein OMCG-Mitglied gelten würden. Die Waffenbehörde schließe sich der Rechtsauffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinen Entscheidungen vom 10. Oktober 2013 an, wonach die Nähe der Rockergruppierungen zur Organisierten Kriminalität die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertige. Insofern sei nicht isoliert auf ein bestimmtes Chapter abzustellen, denn das Milieu, in dem sich der betroffene potentielle Waffenträger bewege, werde durch das gesamte soziale Umfeld bestimmt. Auch wenn in den den Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zugrundeliegenden Fällen herausgehobene Mitglieder bayerischer OMCGs betroffen gewesen seien, würden die tragenden Erwägungen der Entscheidung uneingeschränkt für alle Mitglieder von OMCGs gelten. Wegen der Nebenverfügungen wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO auf die Gründe des angefochtenen Bescheides Bezug genommen.

Gegen den am ... Januar 2014 zugestellten Bescheid ließ der Kläger am ... Januar 2014 durch seinen Bevollmächtigten Klage (M 7 K 14.298) erheben und zugleich Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz (M 7 S 14.300) stellen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die bloße Mitgliedschaft in einem sog. Motorradrockerclub rechtfertige die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nicht. Seit ...0 Jahren habe der Kläger seine Waffen nur rechtmäßig benutzt. Vor diesem Hintergrund stütze sich die Prognose, der Kläger werde plötzlich missbräuchlich oder leichtfertig eine Waffe verwenden bzw. sie einer Person überlassen, die zur Ausübung der Gewalt über diese Waffe nicht berechtigt sei, nicht auf Tatsachen. Insoweit bestehe nicht einmal ein Restrisiko. Ohne irgendwelche Anhaltspunkte könne nicht unterstellt werden, die Mitgliedschaft des Klägers im Bandidos MC ... sei darauf ausgerichtet, an kriminellen Aktivitäten teilzuhaben. Dieser Vortrag erfülle an sich den Tatbestand einer Beleidigung gegen den Kläger, der sich in keiner Hinsicht etwas habe zuschulden kommen lassen. Er bewege sich weder in einem Milieu, in dem üblicherweise Straftaten begangen würden, noch zähle er zu den Führungsfiguren in dem Motorradclub. Er stehe in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis im ...-gewerbe, wo ohnehin ständig überprüft werde, ob kein Ermittlungsverfahren gegen ihn anhängig sei. Auch die kurze Frist, die dem Kläger zur Abgabe der Waffenbesitzkarte eingeräumt worden sei, sei rechtswidrig. Sie zwinge ihn dazu, teure Waffen zu verschleudern oder zu verschenken.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom ... Februar 2014 unter Bezug auf den angefochtenen Bescheid und jüngere obergerichtliche Rechtsprechung,

die Klage abzuweisen.

Mit Schreiben vom ... Februar 2014 regte der Bevollmächtigte des Klägers unter Bezug auf ein beim Bundesverwaltungsgericht anhängiges Revisionsverfahren (6 C 1.14) in einem ähnlich gelagerten Fall (21 BV 12.1280) an, das Verfahren in der Hauptsache bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auszusetzen. Nach Zustimmung des Beklagten im Schreiben vom 13. Februar 2014 wurde mit Gerichtsbeschluss vom 4. März 2014 das Ruhen des Klageverfahrens angeordnet.

Mit am 17. März 2014 zugestelltem Bescheid vom ... März 2014 änderte das Landratsamt - unter ausdrücklicher Aufrechterhaltung der Nummern 1, 3 und 5 - 8 des Ausgangsbescheides - diesen in Nummern 2 und 4 dahin ab, dass die in die Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides an einen Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen seien und dem Landratsamt dies nachzuweisen sowie der jeweilige Erwerber unverzüglich zu benennen sei (Nummer 1). Die Waffenbesitzkarte sei innerhalb von fünf Werktagen nach Überlassung oder Unbrauchbarmachung der Waffen an das Landratsamt zurückzugeben (Nummer 2). Für die Nummer 1 des Änderungsbescheides werde die sofortige Vollziehung angeordnet (Nummer 3).

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom ... März 2014 focht der Kläger auch den Änderungsbescheid vom ... März 2014 an und stellte wiederum Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz. Zur Begründung wurde auf die Klageschrift verwiesen und darüber hinaus ausgeführt, Nummer 1 des Änderungsbescheides könne nicht auf § 46 Abs. 3 Satz Nr. 1 und 3 WaffG gestützt werden, da diese Vorschrift nur darauf abstelle, ob der Waffenbesitz ohne die erforderliche Erlaubnis oder entgegen einem vollziehbaren Verbot nach § 41 Abs. 1 oder Abs. 2 WaffG ausgeübt werde. Die klägerischen Waffen unterlägen jedoch der Erlaubnispflicht. Es sei daher ein vollziehbares Verbot anzuordnen. In den vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Fällen sei es um den Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse von herausgehobenen Mitgliedern bayerischer Chapter des Bandidos MC gegangen. Sie könnten nicht auf alle Mitglieder ausgedehnt werden, insbesondere wenn wie beim Kläger ein ...0jähriger unbeanstandeter Waffenbesitz gegeben sei. Eine milieuspezifische Betrachtungsweise könne nicht unter § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG subsumiert werden, weil diese Vorschrift das Vorliegen von Tatsachen voraussetze und Betrachtungsweisen gerade nicht genügten.

Mit Schreiben vom ... Mai 2014 teilte der Bevollmächtigte auf Anfrage des Gerichts mit, ein genauer Zeitpunkt, seit dem der Kläger den Bandidos MC ... angehöre, könne nicht angegeben werden, da sich eine Aufnahme in den Club über einen langen Zeitraum hinweg entwickelt habe. Seit zweieinhalb Jahren sei der Kläger „Vollmember“ ohne Funktion und Aufgabenbereich. Allerdings verkehre er seit ca. seinem 16. Lebensjahr bei verschiedenen Motorradclubs wie den ..., den ... und schließlich den Bandidos. Er kenne aber diese Leute schon seit über 30 Jahren aus anderen Clubs aus gemeinsamer Arbeit im ...bereich, Sportveranstaltungen und Fitness-Studios etc.. Der Kläger treffe sich regelmäßig mit seinem Chapter und fahre etwa einmal im Monat auf eine sog. Bandidos-Party. Unter der Woche gehe er seiner Berufstätigkeit nach. Lediglich am Wochenende fahre er Motorrad, ca. 17.000 km im Jahr. Daraus ergebe sich, dass das Motorradfahren im Vordergrund stehe. Die Waffen habe der Kläger bereits besessen, als er noch den ... angehört habe.

Mit Beschluss vom 24. Juli 2014 lehnte das Gericht die Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof aufgrund einer Interessenabwägung mit Beschluss vom 1. Oktober 2014 (21 CS 14.1765) zurück.

Am 24. November 2014 löste sich der Bandidos MC ... selbst auf.

Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Urteil vom 28. Januar 2015 - 6 C 1/14 - die Revision in dem vom Kläger in seinem Aussetzungsantrag in Bezug genommenen Parallelverfahren zurück.

Mit Schreiben vom ... November 2015 beantragte der Klägerbevollmächtigte die Fortsetzung des Verfahrens und führte dazu aus, nach Auskunft des Klägers solle die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts für das anhängige Streitverfahren nicht verwertbar sein. Weiter wurde vorgetragen, der Rockerclub Bandidos ... habe sich aufgelöst. Nachdem der Widerrufstatbestand weggefallen sei, sei der Entzug der Waffenbesitzkarte unrechtmäßig, unabhängig davon, ob der Kläger in diesem Club ein Amt oder eine Funktion innegehabt bzw. auszuüben gehabt habe. Nach wie vor sei er nicht vorbestraft. Die Waffen seien mittlerweile an einen Berechtigten überlassen und die Waffenbesitzkarte an die Behörde zurückgegeben worden.

Mit Schreiben vom ... Februar 2016 wurde über das bisherige Klagevorbringen hinaus weiter vorgetragen, nach Auflösung des Chapters ... sei der Kläger jetzt Mitglied beim Chapter ... Es handele sich um ein neues Chapter, dessen Zusammenkunft und Sinn ausschließlich im Motorradfahren und in der Geselligkeit liege. Die ministerielle Weisung an die Waffenbehörden, die Waffen von Angehörigen der sog. Rockerszene zu widerrufen und Waffenbesitzverbote auszusprechen, sei unzulässig, desgleichen die korrespondierende Mitteilungspflicht der Polizei. Dies offenbare eine anlassunabhängige Kriminalisierungsstrategie bei der Bekämpfung der Rockerkriminalität. Den Mitgliedern von Rockervereinen drohe die kollektive Entrechtung. In diesem Zusammenhang erwiesen sich die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom Januar 2015 als problematisch. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich auf die Prüfung von Rechtsfragen beschränkt und die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in den Parallelverfahren getroffenen Tatsachenfeststellungen zur Gefährlichkeit und Gewaltgeneigtheit der Rockerszene ungeprüft zugrunde gelegt. Die maßgebliche Frage nach dem Missbrauchsrisiko könne jedoch nur dann beantwortet werden, wenn eingehend geprüft werde, wie viele Waffen im Rahmen von Streitigkeiten innerhalb der Rockerszene verwendet und wie viele hiervon legal durch Mitglieder der MCs erworben und anderen Mitgliedern zur missbräuchlichen Verwendung überlassen würden. Fragwürdig sei auch, dass die Obergerichte die Kriminalitätsbelastung der MCs bundesweit betrachtet und das möglicherweise kriminelle Verhalten von Mitgliedern eines Chapters unbelasteten Mitgliedern eines anderen Chapters aufgrund einer Milieu- bzw. Gruppenzugehörigkeit zugerechnet hätten. Dies führe dazu, dass die Art und Weise der Lebensführung unter Verwaltungsstrafe gestellt werde, und lasse sich mit der Garantie der Menschenwürde nicht vereinbaren, wonach kein Individuum zum Gegenstand einer typisierenden Betrachtungsweise gemacht werden dürfe. Im Gegensatz dazu differenziere der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 9. Juli 2015 - 3 StR 33/15 - sehr genau, inwieweit das jeweilige Chapter der Bandidos Nähe zur organisierten Kriminalität aufweise. Auch Vereinsverbote bezögen sich nicht auf die national oder gar weltweit agierende Dachorganisation, sondern allein auf regionale Unterabteilungen, deren Zwecke den Strafgesetzen zuwiderliefen. Für die „nationale Hauptgruppe“ Deutschland oder gar für die Bandidos insgesamt sei eine solche Rechtsfeindlichkeit nicht festgestellt. Die Nähe zur Organisierten Kriminalität (OK), Einbindung in einen hierarchischen Aufbau und Unterwerfung unter einen Ehrenkodex dürfe nicht unterstellt werden. Das beim Kläger unterstellte Restrisiko sei durch nichts nachgewiesen. Der Anteil der großen Motorrad-clubs an der Kriminalität sei verschwindend gering. Der Bezug auf historische Darstellungen, die im Übrigen auf Deutschland nicht übertragbar seien, und Erkenntnisse amerikanischer Strafverfolgungsbehörden diene lediglich der Stimmungsmache gegen den Kläger. Lediglich der nicht zu beanstandende „Wunsch nach fortdauernder Kameradschaft und nach einem starken Zusammenhalt und das gemeinsame Motorradfahren als verbindendes Element der Gruppen und das dabei empfundene Gefühl intensiver Lebendigkeit und Freiheit“ dürfte bei den hier in Deutschland in der Gegenwart existierenden MCs vorhanden sein. Eine Vergleichbarkeit mit kriminellen Vereinigungen sei weder zwingend noch nachgewiesen. Während der Verfassungsschutz eine „Nähe einzelner Mitglieder zur OK“ feststelle, so widerspreche dies der Feststellung des Bundeskriminalamtes. Die Bezugnahme auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Oktober 2013 sei schon deshalb unzulässig, weil dieses darauf abgestellt habe, dass der Kläger als ... des Bandidos MC ... eine hervorgehoben Funktion innegehabt habe. Der Kläger im hiesigen Verfahren gehöre nicht zu den sog. „One-Percenter“ eines MCs und sei völlig unbescholten. Die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes und der Polizei seien unsubstantiiert und widersprächen sich. Bei aller auffindbaren Literatur über den MC Bandidos im Internet falle auf, dass bei Durchsuchungen der Polizei nahezu ausschließlich sog. „kalte Waffen“ wie Messer, Totschläger, Skalpelle o.ä. gefunden worden seien, nicht jedoch Schusswaffen. Der Vorwurf, dass der lebenslange Zusammenhalt in dem jeweiligen MC Grund genug sein solle, die waffenrechtliche Unzuverlässigkeitsprognose stellen zu können, würde bedeuten, dass dies auch für Mitglieder von z. B. (schlagenden) Studentenverbindungen oder Rotary-Clubs zu gelten hätte, wenn in diesen auf lebenslange Mitgliedschaft gründenden Vereinigungen z. B. Einzelfälle von Steuerhinterziehungen vorkämen, Straftaten, die ebenfalls eine Regelunzuverlässigkeit begründeten. Ebenso anzugreifen sei der Kriminalisierungsversuch durch die Anwendung des Begriffs OMCG, der für eine Protestbewegung in der Country-Musik stehe. Outlaw bezeichne nicht jemanden, der sich selbst als außerhalb des Gesetzes stehend sehe und kriminell handele, sondern einen - möglicherweise zu Unrecht - aus der Gesellschaft Ausgestoßenen. Der Zusammenschluss von sich als ausgestoßen fühlenden Personen führe nicht zwingend zu kriminellen Aktivitäten, wie vom Beklagten offensichtlich unterstellt. Es befremde, dass die großangelegte Durchsuchungsaktion, die eigentlich dem ... MC und nicht dem Bandidos MC gegolten und nichts Tatrelevantes erbracht habe, zum Nachweis der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit herangezogen werde. Nachdem der Kläger alle gerichtlich gestellten Fragen beantwortet habe, werde ihm das jetzt zum Nachteil ausgelegt. Er sei ein Motorradfahrer „Old School“. Es gehe ihm nur um das Motorradfahren selbst, das Clubleben und das „Party machen“. Er nehme an Aktivitäten des Chapters teil, wobei es sich nur um solche der „Old School“ handele. Er gehe einer geregelten Arbeit nach, beginne zwischen 5:30 und 6:00 Uhr zu arbeiten und leiste 300 Überstunden im Jahr. Zusätzlich habe er noch einen 420,- EUR-Job bei einer Firma im ...-gewerbe. Schon aus zeitlichen Gründen bleibe ihm keine Zeit für irgendwelche ihm unterstellten kriminellen Aktivitäten. Die One-Percenter seien wirkliche Outlaws. Sie arbeiteten nicht, hätten keinen Wohnsitz und könnten in unserer Gesellschaft gar nicht mehr existieren. Sämtliche Member automatisch und ungeprüft zu One-Percentern zu erklären, sei unzulässig. Auch die Ansicht, dass ein Member zu lebenslänglicher Clubzugehörigkeit verpflichtet sei, sei unrichtig. Der Kläger könne jederzeit aus den Bandidos austreten. Bei der großen Aktion am ... März 2013 (Ermittlungsgruppe ...), auf die sich die Landesanwaltschaft in ihrem Schriftsatz vom ... September 2014 berufe, mögen wohl u. a. 54 Kurz- und Langwaffen sowie 2.000 Schuss Munition sichergestellt worden sein, nicht jedoch bei dem Bandidos MC. Der Begriff Rockerszene bedeute nicht automatisch Bandidos. Tatsache sei, dass die genannte Anzahl von Waffen bei Privatpersonen sichergestellt worden seien. Ferner seien die Waffen insgesamt wieder zurückgegeben worden, weil es sich bei ihnen, mit Ausnahme einer alten Flinte, um legale Waffen gehandelt habe. OK- und Rockergruppierungen müssten nicht zwangsläufig Motorradclubs sein und noch weniger zwangsläufig ein einziger Motorradclub wie der Bandidos MC.

In der mündlichen Verhandlung am 9. März 2016 wurde ein Sachbearbeiter des Bayerischen Landeskriminalamtes aus dem Bereich Rockerkriminalität als sachverständiger Zeuge gehört. Der Kläger beantragte,

den Bescheid des Beklagten vom ... Januar 2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom ... März 2014 aufzuheben.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Widerrufsbescheid des Beklagten vom ... Januar 2014 in der Fassung des nach § 91 Abs. 1 und 2 VwGO zulässig in die Klage einbezogenen Änderungsbescheides vom... März 2014 war im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, U. v. 16. Mai 2007 - 6 C 24/06 - juris Rn. 35; BayVGH, B. v. 18. August 2008 - 21 BV 06.3271 - juris Rn. 25) rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 45 Abs. 2 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis, hier die Waffenbesitzkarte (§ 10 Abs. 1 WaffG), zwingend zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Ein solcher Versagungsgrund ergibt sich u. a. aus § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG, der für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne von § 5 WaffG und die persönliche Eignung gem. § 6 WaffG voraussetzt. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a und c WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind. Die Mitgliedschaft in einer lokalen Organisationseinheit einer Rockergruppierung wie dem Bandidos MC ... rechtfertigt diese Annahme (vgl. BVerwG, U. v. 28. Januar 2015 - 6 C 1/14 - juris Rn. 6).

Eine missbräuchliche Verwendung im Sinn des Waffengesetzes ist unter anderem dann zu befürchten, wenn die Gefahr besteht, dass der Erlaubnisinhaber "sein Recht" außerhalb oder neben der bestehenden Rechtsordnung durchsetzen wird, sei es im Rahmen planvoll begangener Straftaten, sei es im Rahmen sogenannter Selbsthilfeexzesse (BayVGH, U. v. 10. Oktober 2013 - 21 BV 12.1280 - juris Rn. 29; N. Heinrich in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 5 Rn. 9). Auch das mangelnde Potential für gewaltfreie Konfliktlösungen, das insbesondere Auftritte in Gruppen, von denen Gewalt ausgeht, offenbaren, trägt die Prognose einer missbräuchlichen Verwendung, selbst wenn das eigene Verhalten für eine konkrete Tat nicht kausal war (BayVGH, a. a. O.). Eine aggressive Grundhaltung genügt, die die Taten anderer eher begünstigt als verhindert; denn hierin zeigt sich die Bereitschaft zur Konfliktlösung mit Gewalt und damit der Mangel, Konflikte friedlich zu lösen (BayVGH, a. a. O.).

In Anbetracht des vorbeugenden Gesetzeszwecks (vgl. § 1 Abs. 1 WaffG; BT-Drs. 14/7758, S. 51) und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, genügt für die auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellende Prognose eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (st. Rspr. des BVerwG und des BayVGH, vgl. BVerwG, U. v. 28. Januar 2015 - 6 C 1/14 - juris Rn. 17 und BayVGH, B. v. 4. Dezember 2013 - 21 CS 13.1969 - juris Rn. 14 jeweils m. w. N.; ebenso VGH BW, B. v. 3. August 2011 - 1 S 1391/11 - juris Rn. 4;). Die Prognose erfordert daher nicht den Nachweis eines bestimmten Fehlverhaltens und wird nicht dadurch widerlegt, dass eine Person im Zusammenhang mit ihrer Mitgliedschaft in einer Gruppierung strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist (BVerwG, U. v. 28. Januar 2015 - 6 C 1/14 - juris Rn. 16, 10; BayVGH, U. v. 10. Oktober 2013 - 21 BV 12.1280 - juris Rn. 61). Auch ohne konkrete Vorfälle genügt es als Tatsache für die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit, wenn der Erlaubnisinhaber einer sozialen Gruppe angehört, in der es gehäuft zu Straftaten gekommen ist, sofern die Strukturmerkmale dieser Gruppe die Annahme rechtfertigen, dass gerade auch der Erlaubnisinhaber künftig Straftaten verwirklichen wird, d. h. sofern zwischen der Annahme der Unzuverlässigkeit und der Gruppenzugehörigkeit eine kausale Verbindung besteht (vgl. BVerwG, a. a. O., Rn. 11 f.). Dies ist der Fall, wenn die Gruppe von einer Kultur der gewaltsamen Austragung von Rivalitäten und Konflikten geprägt ist, in die jede örtliche Organisationseinheit und jedes Mitglied aufgrund einer überörtlichen Vernetzung und eines hohen Loyalitäts- und Konformitätsdrucks jederzeit hineingezogen werden kann (vgl. BVerwG, a. a. O., Rn. 14, 16).

Davon ausgehend liegen Tatsachen vor, die den nachvollziehbaren und plausiblen Schluss rechtfertigen, dass der Kläger - ob beabsichtigt oder unter dem Druck einer Situation - selbst mit Waffen in einer vom Waffengesetz nicht geduldeten Form umgehen oder Dritten eine solchen Umgang durch willentliche Überlassung ermöglichen wird.

Der Bandidos MC, dessen am ... November 2014 aufgelöstem Chapter ... der Kläger bei Erlass der streitgegenständlichen Bescheide angehört hat, wird den sog. Rockergruppen bzw. den von den amerikanischen Strafverfolgungsbehörden so bezeichneten Outlaw Motorcycle Gangs (OMCG) zugeordnet (vgl. BayVerfSchBer 2014, S. 213 ff.; BayVerfSchBer 2013, S. 202 ff.; BayVGH, U. v. 10. Oktober 2013, a. a. O., Rn. 37, 66). Mit der Bezeichnung OMCG werden weltweit die polizeilich besonders relevanten Rockergruppierungen von der breiten Masse der Motorradclubs abgrenzt, welche zwar im Einzelfall auch kriminelle Aktivitäten verfolgen können, diese aber nicht als Hauptmotivation ihrer Existenz verstehen (BayVerfSchBer 2014, S. 213). Wegen der nachgewiesenen Nähe einzelner Mitglieder dieser Rockergruppen zur Organisierten Kriminalität (OK) im Sinn von Art. 1 Abs. 3 BayVSG wird der Bandidos MC in den Verfassungsschutzberichten derjenigen Bundesländer aufgeführt, in denen die Verfassungsschutzbehörde die OK beobachtet (BayVGH, a. a. O., Rn. 36). Die Schwerpunkte der Rockerkriminalität liegen im Rotlichtmilieu und dem Drogen- und Waffenhandel (vgl. BayVerfSchBer 2014, S. 213 ff.; BayVerfSchBer 2013, S. 202 ff.). Wegen der Aktivitäten der OMCGs, darunter des Bandidos MC, im Einzelnen und der von ihnen ausgehenden Straftaten und sonstigen Gefahren nimmt das Gericht auf die in den Urteilen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Oktober 2013 - 21 BV 12. 1280, 21 BV 13.429, 21 B 12.964, 21 B 12.960 - ausführlich dargelegten Erkenntnisse, die u. a. auf den auch der Kammer zur Verfügung stehenden allgemein zugänglichen Quellen (Wikipedia) und den Verfassungsschutzberichten Bayern 2009 - 2012 beruhen, und die Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs Bezug, ferner auf die nachfolgenden Verfassungsschutzberichte Bayern 2013 und 2014. Das Bundesverwaltungsgericht (U. v. 28. Januar 2015, a. a. O., Rn. 13), dem sich die Kammer anschließt, hat die Feststellungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs insoweit als maßgeblich angesehen, als von Mitgliedern der Bandidos gehäuft Straftaten unter zum Teil erheblicher Gewaltanwendung begangen worden sind, sie wie eine Reihe anderer Gruppierungen territorialen und finanziellen Machtzuwachs innerhalb der Rockerszene anstreben und entsprechende Ansprüche regelmäßig mit Gewalt durchzusetzen versuchen (vgl. auch die Sachverhalte, die dem durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, U. v. 20. Februar 2014 - 22 BV 13.1909 - juris, bestätigten Widerruf einer Bewachungserlaubnis eines Mitglieds des Bandidos MC ..., dem durch das OVG Bremen, U. v. 10. Juni 2014 - 1 D 126/11 - juris, bestätigten Vereinsverbot des Mongols MC Bremen und dem durch das Bundesverwaltungsgericht, B. v. 29. Januar 2013 - 6 B 40/12 - juris, bestätigten Vereinsverbot der Hells Angels Flensburg zugrunde lagen), Streitigkeiten aller Art innerhalb der Rockerszene regelmäßig mit Gewalt ausgetragen werden und es insbesondere zwischen dem Hells Angels MC und den Bandidos zu gewalttätigen Auseinandersetzungen bis hin zu Schießereien gekommen ist. Ferner hat das Bundesverwaltungsgericht die obergerichtlichen Feststellungen zugrunde gelegt, dass innerhalb von Rockergruppierungen ein strenger Ehrenkodex sowie ein einheitliches, formalisiertes Aufnahmeritual gilt, ein starkes Maß innerer Verbundenheit vorherrscht, die verschiedenen örtlichen Organisationseinheiten miteinander vernetzt sind und es vorgekommen ist, dass eine örtliche Organisationseinheit der Bandidos wegen befürchteter Auseinandersetzungen mit dem Hells Angel MC bundesweit Unterstützung angefordert hat. Diese gerichtlichen Feststellungen wurden durch die Aussagen des sachverständigen Zeugen, eines Sachbearbeiters des Bayerischen Landeskriminalamtes im Bereich Rockerkriminalität, in der mündlichen Verhandlung und durch statistische Auswertungen des Bundeskriminalamtes bestätigt und ergänzt, soweit sie den Zeitraum nach Erlass des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Oktober 2013 und dem dort maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt und dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheides Anfang 2014 betreffen. So haben sich nach dem im Internet veröffentlichten sog. Bundeslagebild OK ein signifikanter Anteil der OK-Verfahren, nämlich im Jahr 2012 4,6%, im Jahr 2013 5,5% und im Jahr 2014 8,4%, gegen Rockergruppierungen gerichtet, wobei das Bundeskriminalamt die Anzahl der Personen, die derartigen Gruppierungen angehören, in Deutschland auf ca. 9.000 schätzt. Auch in Bayern, wo der sachverständige Zeuge von 5.000 Rockern ausgeht, haben die 48 im Jahr 2014 gegen Rocker geführten OK-Verfahren einen erheblichen Anteil an der Gesamtzahl von 300 geführten OK-Verfahren, wobei der Anteil von 17 gegen Rocker geführten OK-Verfahren im Gewaltbereich im Verhältnis zu insgesamt 23 OK-Verfahren im Gewaltbereich signifikant ist. In Anbetracht der relativ niedrigen Anzahl von Rockern im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung bewegen sich diese Zahlen, anders als der Kläger meint, auch nicht im Promillebereich bzw. einem nicht aussagekräftigen Normalbereich.

Die Feststellungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts widersprechen nicht den Feststellungen des Bundesgerichtshofs in dem vom Kläger angeführten Urteil vom 9. Juli 2015 - 3 StR 33/15 -, die für die waffenrechtliche Prognose auch keine entscheidungserheblichen Tatsachen oder Wertungen ergeben. Soweit der Bundesgerichtshof festgestellt hat, dass die Gruppierung der Bandidos nicht aus einem einzelnen Verein besteht, sondern sich auf europäischer Ebene aus der jeweiligen "Nationalen Hauptgruppe" und auf regionaler Ebene aus zahlreichen Chaptern zusammensetzt, welche organisatorisch weitgehend selbstständig sind und von denen nur einzelne behördlich verboten worden sind, sagt dies über die vorliegend entscheidungserhebliche Vernetzung der Chapter untereinander und bestehende Loyalitätspflichten nichts aus. Soweit der Bundesgerichtshof zwischen Chaptern, die behördlich verboten worden sind, und anderen differenziert hat, und die den Verboten zugrunde liegenden Gründe geprüft hat, lag dies daran, dass der strafrechtliche Vorwurf der öffentlichen Verwendung von Kennzeichen eines verbotenen Vereins und des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen zu prüfen war. Dies hat mit dem Streitgegenstand der verwaltungsgerichtlichen Verfahren nichts zu tun.

Die wesensprägenden Strukturmerkmale der Bandidos MC, namentlich die Praxis der gewaltsamen Austragung der - ihrerseits szenetypischen - Rivalitäten, die bundesweite Vernetzung der örtlichen Organisationseinheiten, der hohe Loyalitätsdruck, der aus dem starken Verbundenheitsempfinden der Bandidos untereinander folgt, und die zahlreichen Verbindungen von Bandidos zur OK rechtfertigen auch die vom Kläger beanstandete bundesweite Betrachtung dieser Rockergruppierung und einheitliche Prognose für jede ihrer örtlichen Organisationseinheiten und jedes ihrer Mitglieder (vgl. BVerwG, U. v. 28. Januar 2015, a. a. O., Rn. 14 ff.; vgl. BayVGH, U. v. 10. Oktober 2013, a. a. O., Rn. 33, 44, 59, 64, 66, 68 f.).

Wie bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dargelegt, hält es das Gericht nicht für maßgeblich, dass der Kläger im Gegensatz zu den Klägern in den vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Fällen „nur“ ein „einfaches“ Vollmitglied des Bandidos MC ... ist. Denn bei der Auslegung des Begriffs der missbräuchlichen Verwendung in § 5 Abs. 1 Nr. 2 a WaffG und der Bestimmung des Prognosemaßstabs hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nicht ausschlaggebend auf eine bestimmte Funktion oder einzelne Aktivitäten des Erlaubnisinhabers abgestellt, sondern auf die - auch für jedes Vollmitglied ohne Funktion geltende - dem Motorcycle Club geschuldete bedingungslose Loyalität und lebenslange Zugehörigkeit (BayVGH, a. a. O., Rn. 43), auf eine in sonstigen gesellschaftlichen Gruppierungen nicht vorzufindende gegenseitige Verbundenheit der besonders restriktiv ausgewählten MC-Mitglieder (BayVGH, a. a. O., Rn. 43, 68), auf die Verzahnung und Vernetzung der einzelnen Chapter des Bandidos MC durch ortsgruppenübergreifende hierarchische Strukturen (BayVGH, a. a. O., Rn. 70) und auf die Parallelen zwischen der OK und den 1%er Rockergruppen wie der Begehung schwerer Straftaten, des hierarchischen inneren Aufbaus und eines internen Ehrenkodexes mit strengen, ungeschriebenen Regeln, der Durchsetzung von Gebietsansprüchen durch Gewaltanwendung, des Macht- und Gewinnstrebens und des arbeitsteiligen Vorgehens (BayVGH, a. a. O., Rn. 44). Aus diesen Gründen hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die kriminellen Aktivitäten des Bandidos MC in einer Gesamtschau auch den einzelnen Ortsgruppen, hier dem Chapter des Bandidos MC ..., zugeordnet (a. a. O., Rn. 69). Der herausgehobenen Funktion des Erlaubnisinhabers kam in den Entscheidungsgründen nur verstärkende Bedeutung zu, da hieraus erfahrungsgemäß geschlossen werden kann, dass ein Mitglied in herausragender Weise für die Ziele der Rockergruppe eingetreten ist und sich damit besonders identifiziert (BayVGH, a. a. O., Rn. 69). Ebenso wenig war die Wahrnehmung einer herausgehobenen Funktion für das Bundesverwaltungsgericht in seiner Revisionsentscheidung vom 28. Januar 2015 maßgebend.

Im Falle des Klägers haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die wesentlichen Gründe, die für die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit von OMCG-Mitgliedern sprechen, auf ihn nicht zutreffen. Er hat sich langjährig im Umfeld des Bandidos MC ... bewegt und damit in einem Milieu, in dem Straftaten gehäuft begangen worden sind. Nach der Auflösung dieses Clubs ist er Mitglied beim Chapter ... geworden. Nach eigenen Angaben hat er schon seit Jahrzehnten persönliche Kontakte zu anderen Clubangehörigen gepflegt. Er hat längere Zeit ein Aufnahmeverfahren durchlaufen, bevor er Vollmitglied geworden, hat sich also das Vertrauen der Clubmitglieder erworben und die für Mitglieder geltenden Verpflichtungen übernommen. Er hat regelmäßig an den Aktivitäten seines Chapters teilgenommen. Der Vortrag, dass bei ihm das Motorradfahren im Vordergrund stehe, ist weder geeignet, die aus der Mitgliedschaft zu ziehenden Schlussfolgerungen zu widerlegen, noch liegt darin eine Distanzierung von den Aktivitäten des Bandidos MC oder seinen für die Mitglieder geltenden Regeln. Wie das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt hat (U. v. 28. Januar 2015, a. a. O., Rn. 16), können auch solche Mitglieder der Bandidos, die sich bislang rechtskonform verhalten haben, in gewaltsame szeneinterne Auseinandersetzungen hineingezogen werden. Die Vorstellung, einzelne Mitglieder könnten sich gegen die wesensimmanente Tendenz der Gruppierung zur Gewalttätigkeit stemmen oder ihr zumindest persönlich ausweichen, muss im Lichte des hohen Geschlossenheitsgrades der Bandidos und des hieraus resultierenden Konformitätsdrucks als fernliegend eingeschätzt werden (BVerwG, ebenda). Ungeachtet einer anderslautenden Selbstdarstellung der MCs kann ebenso wenig davon ausgegangen werden, einzelne örtliche Organisationseinheiten könnten für sich eine Sonderexistenz jenseits der gruppentypischen Praxis führen (vgl. BVerwG, ebenda).

Der Einwand, die Waffenbehörde sei aufgrund einer unzulässigen Information der Kriminalpolizeiinspektion ... und einer rechtswidrigen Weisung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern gegen den Kläger vorgegangen, greift nicht durch. Rechtlich maßgeblich für den Widerruf der Waffenbesitzkarte ist allein das Waffengesetz. Die Gerichte sind an ministerielle Weisungen nicht gebunden. Abgesehen davon, dass die Waffenbehörde bereits vor der Mitteilung der Kriminalpolizeiinspektion ... Kenntnis von einer möglichen Mitgliedschaft des Klägers bei dem Bandidos MC ... hatte, hat sie nach § 5 Abs. 5 WaffG im Rahmen einer spätestens alle drei Jahre (§ 4 Abs. 3 WaffG) durchzuführenden Zuverlässigkeitsprüfung eine Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststelle einzuholen. Die Übermittlung personenbezogener Daten ist nach dem Polizeiaufgabengesetz zulässig (vgl. Art. 39 PAG) und erfordert, sofern sie auf ein entsprechendes Ersuchen hin erfolgt, nach Art. 39 Abs. 1 Satz 3 PAG lediglich die Prüfung, ob das Ersuchen im Rahmen der Aufgaben des Empfängers liegt. Im Hinblick auf ihre gesetzliche Aufgabe der Gefahrenabwehr (Art. 2 Abs. 1 PAG) ist es der Polizei jedoch auch nicht verwehrt, Informationen, die den Aufgabenbereich anderer Behörden betreffen, von sich aus zu übermitteln.

Auch die Anordnung in Nummer 1 des Änderungsbescheides vom ... März 2014 einschließlich der Länge der jeweiligen Handlungsfristen begegnet im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken, wenngleich Rechtsgrundlage hier nicht § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 3 WaffG ist, sondern § 46 Abs. 2 WaffG. Denn der Kläger besitzt seine Waffen nicht illegal oder entgegen einem gesetzlichen Verbot, sondern aufgrund der - nunmehr widerrufenen - Waffenbesitzkarte. Die Falschbezeichnung ist indes unschädlich, weil die Auswechslung der Rechtsgrundlage weder eine unzulässige Wesensänderung der Anordnung herbeiführt noch sich der Ermessensrahmen in der Sache verändert (vgl. BVerwG, U. v. 19. Mai 1992 - 9 C 54/91 - juris Rn. 21; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 45 Rn. 54). Eine Anordnung nach § 46 Abs. 2 WaffG ist auf die gleichen Rechtsfolgen (Wahlrecht zwischen Überlassung an einen Berechtigten oder Unbrauchbarmachung) gerichtet wie eine Anordnung nach § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 3 WaffG und erfordert die Abwägung derselben Interessen. Die Annahme des Landratsamtes, dass Schusswaffen wegen ihrer Gefährlichkeit nicht bis zum Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens im Besitz einer - aus welchen Gründen auch immer - unberechtigten Person bleiben können und deshalb das private Interesse des Klägers hinter das öffentliche Interesse zurücktreten muss, entspricht pflichtgemäßem Ermessen. Aus der zwingenden Widerrufspflicht in § 45 Abs. 2 WaffG, die dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit bzw. der materiellen Gerechtigkeit Vorrang vor den Aspekten von Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eingeräumt hat, folgt, dass die Waffenbehörde grundsätzlich bestrebt sein muss, den Waffenbesitz, der nicht mehr durch eine entsprechende Erlaubnis gedeckt ist, zu beenden und rechtmäßige Zustände herzustellen, indem sie von den Ermächtigungen in § 46 Abs. 2 oder 3 WaffG Gebrauch macht, damit ihre Entscheidung nicht wirkungslos bleibt (vgl. BVerwG, B. v. 15. April 1998 - 1 B 230/97 - juris Rn. 5).

Ebenso wenig begegnet die Androhung des Zwangsgeldes in Nummer 5 des Ausgangsbescheides nach Art. 19, 29, 30, 31 und 36 VwZVG rechtlichen Bedenken.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an einer deutschen Hochschule im Sinn des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 5 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 6.500,- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG - i. V. m. Nr. 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Über die Beschwerde entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an einer deutschen Hochschule im Sinn des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 5 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

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Verwaltungsgericht München Urteil, 09. März 2016 - M 7 K 15.5177 zitiert 24 §§.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 67


(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 3 Gerichtliche Vertretung


(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich: 1. § 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169

Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 5 Diplom-Juristen aus dem Beitrittsgebiet


Personen, die bis zum 9. September 1996 die fachlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 4 des Rechtsanwaltsgesetzes vom 13. September 1990 (GBl. I Nr. 61 S. 1504) erfüllt haben, stehen in den nachfolgenden Vorschriften

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(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersp

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Waffengesetz - WaffG 2002 | § 5 Zuverlässigkeit


(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht, 1. die rechtskräftig verurteilt worden sind a) wegen eines Verbrechens oderb) wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, wenn seit dem Ei

Waffengesetz - WaffG 2002 | § 45 Rücknahme und Widerruf


(1) Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. (2) Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Vers

Waffengesetz - WaffG 2002 | § 46 Weitere Maßnahmen


(1) Werden Erlaubnisse nach diesem Gesetz zurückgenommen oder widerrufen, so hat der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben. Das Gleiche gilt, wenn die Erlaubnis erloschen ist. (2) Hat

Waffengesetz - WaffG 2002 | § 4 Voraussetzungen für eine Erlaubnis


(1) Eine Erlaubnis setzt voraus, dass der Antragsteller 1. das 18. Lebensjahr vollendet hat (§ 2 Abs. 1),2. die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 5) und persönliche Eignung (§ 6) besitzt,3. die erforderliche Sachkunde nachgewiesen hat (§ 7),4. ein Bed

Waffengesetz - WaffG 2002 | § 6 Persönliche Eignung


(1) Die erforderliche persönliche Eignung besitzen Personen nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie 1. geschäftsunfähig sind,2. abhängig von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln, psychisch krank oder debil sind oder3. auf Grun

Waffengesetz - WaffG 2002 | § 1 Gegenstand und Zweck des Gesetzes, Begriffsbestimmungen


(1) Dieses Gesetz regelt den Umgang mit Waffen oder Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. (2) Waffen sind 1. Schusswaffen oder ihnen gleichgestellte Gegenstände und2. tragbare Gegenstände, a) die ihr

Waffengesetz - WaffG 2002 | § 10 Erteilung von Erlaubnissen zum Erwerb, Besitz, Führen und Schießen


(1) Die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Waffen wird durch eine Waffenbesitzkarte oder durch Eintragung in eine bereits vorhandene Waffenbesitzkarte erteilt. Für die Erteilung einer Erlaubnis für Schusswaffen sind Art, Anzahl und Kaliber der Schus

Waffengesetz - WaffG 2002 | § 41 Waffenverbote für den Einzelfall


(1) Die zuständige Behörde kann jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, und den Erwerb solcher Waffen oder Munition untersagen, 1. soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder zur Kontrol

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Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 16. März 2018 - RN 5 S 17.1323

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(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht,

1.
die rechtskräftig verurteilt worden sind
a)
wegen eines Verbrechens oder
b)
wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr,
wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie
a)
Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden,
b)
mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden,
c)
Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.

(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht,

1.
a)
die wegen einer vorsätzlichen Straftat,
b)
die wegen einer fahrlässigen Straftat im Zusammenhang mit dem Umgang mit Waffen, Munition oder explosionsgefährlichen Stoffen oder wegen einer fahrlässigen gemeingefährlichen Straftat,
c)
die wegen einer Straftat nach dem Waffengesetz, dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz
zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind oder bei denen die Verhängung von Jugendstrafe ausgesetzt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
die Mitglied
a)
in einem Verein, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde oder der einem unanfechtbaren Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz unterliegt, oder
b)
in einer Partei, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht nach § 46 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes festgestellt hat,
waren, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
3.
Bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren
a)
Bestrebungen einzeln verfolgt haben, die
aa)
gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind,
bb)
gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind oder
cc)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
b)
Mitglied in einer Vereinigung waren, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, oder
c)
eine solche Vereinigung unterstützt haben,
4.
die innerhalb der letzten fünf Jahre mehr als einmal wegen Gewalttätigkeit mit richterlicher Genehmigung in polizeilichem Präventivgewahrsam waren,
5.
die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften eines der in Nummer 1 Buchstabe c genannten Gesetze verstoßen haben.

(3) In die Frist nach Absatz 1 Nr. 1 oder Absatz 2 Nr. 1 nicht eingerechnet wird die Zeit, in welcher die betroffene Person auf behördliche oder richterliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.

(4) Ist ein Verfahren wegen Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 oder des Absatzes 2 Nr. 1 noch nicht abgeschlossen, so kann die zuständige Behörde die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens aussetzen.

(5) Die zuständige Behörde hat im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung folgende Erkundigungen einzuholen:

1.
die unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister;
2.
die Auskunft aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister hinsichtlich der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Straftaten;
3.
die Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststelle, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen; die örtliche Polizeidienststelle schließt in ihre Stellungnahme das Ergebnis der von ihr vorzunehmenden Prüfung nach Absatz 2 Nummer 4 ein;
4.
die Auskunft der für den Wohnsitz der betroffenen Person zuständigen Verfassungsschutzbehörde, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 begründen; liegt der Wohnsitz der betroffenen Person außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, ist das Bundesamt für Verfassungsschutz für die Erteilung der Auskunft zuständig.
Die nach Satz 1 Nummer 2 erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nur für den Zweck der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung verwendet werden. Erlangt die für die Auskunft nach Satz 1 Nummer 4 zuständige Verfassungsschutzbehörde im Nachhinein für die Beurteilung der Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 bedeutsame Erkenntnisse, teilt sie dies der zuständigen Behörde unverzüglich mit (Nachbericht). Zu diesem Zweck speichert sie Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsname, Geburtsort, Wohnort und Staatsangehörigkeit der betroffenen Person sowie Aktenfundstelle in den gemeinsamen Dateien nach § 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Lehnt die zuständige Behörde einen Antrag ab oder nimmt sie eine erteilte Erlaubnis zurück oder widerruft diese, so hat sie die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hiervon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hat in den Fällen des Satzes 5 die nach Satz 4 gespeicherten Daten unverzüglich zu löschen.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Werden Erlaubnisse nach diesem Gesetz zurückgenommen oder widerrufen, so hat der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben. Das Gleiche gilt, wenn die Erlaubnis erloschen ist.

(2) Hat jemand auf Grund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen, und besitzt er sie noch, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffen oder Munition sicherstellen.

(3) Besitzt jemand ohne die erforderliche Erlaubnis oder entgegen einem vollziehbaren Verbot nach § 41 Abs. 1 oder 2 eine Waffe oder Munition, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist

1.
die Waffe oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt oder
2.
im Fall einer verbotenen Waffe oder Munition die Verbotsmerkmale beseitigt und
3.
den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt.
Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffe oder Munition sicherstellen.

(4) Die zuständige Behörde kann Erlaubnisurkunden sowie die in den Absätzen 2 und 3 bezeichneten Waffen oder Munition sofort sicherstellen

1.
in Fällen eines vollziehbaren Verbots nach § 41 Abs. 1 oder 2 oder
2.
soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Waffen oder Munition missbräuchlich verwendet oder von einem Nichtberechtigten erworben werden sollen.
Zu diesem Zweck sind die Beauftragten der zuständigen Behörde berechtigt, die Wohnung der betroffenen Person zu betreten und diese Wohnung nach Urkunden, Waffen oder Munition zu durchsuchen; Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die zuständige Behörde angeordnet werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Sofern der bisherige Inhaber nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung einen empfangsbereiten Berechtigten benennt oder im Fall der Sicherstellung verbotener Waffen oder Munition nicht in dieser Frist eine Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4 beantragt, kann die zuständige Behörde die sichergestellten Waffen oder Munition einziehen und verwerten oder vernichten. Dieselben Befugnisse besitzt die zuständige Behörde im Fall der unanfechtbaren Versagung einer für verbotene Waffen oder Munition vor oder rechtzeitig nach der Sicherstellung beantragten Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4. Der Erlös aus einer Verwertung der Waffen oder Munition steht nach Abzug der Kosten der Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung dem nach bürgerlichem Recht bisher Berechtigten zu.

(1) Die zuständige Behörde kann jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, und den Erwerb solcher Waffen oder Munition untersagen,

1.
soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder zur Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist oder
2.
wenn Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass der rechtmäßige Besitzer oder Erwerbswillige abhängig von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln, psychisch krank oder debil ist oder sonst die erforderliche persönliche Eignung nicht besitzt oder ihm die für den Erwerb oder Besitz solcher Waffen oder Munition erforderliche Zuverlässigkeit fehlt.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 2 ist die betroffene Person darauf hinzuweisen, dass sie die Annahme mangelnder persönlicher Eignung im Wege der Beibringung eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über die geistige oder körperliche Eignung ausräumen kann; § 6 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.

(2) Die zuständige Behörde kann jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf, untersagen, soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist.

(3) Die zuständige Behörde unterrichtet die örtliche Polizeidienststelle über den Erlass eines Waffenbesitzverbotes.

(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht,

1.
die rechtskräftig verurteilt worden sind
a)
wegen eines Verbrechens oder
b)
wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr,
wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie
a)
Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden,
b)
mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden,
c)
Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.

(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht,

1.
a)
die wegen einer vorsätzlichen Straftat,
b)
die wegen einer fahrlässigen Straftat im Zusammenhang mit dem Umgang mit Waffen, Munition oder explosionsgefährlichen Stoffen oder wegen einer fahrlässigen gemeingefährlichen Straftat,
c)
die wegen einer Straftat nach dem Waffengesetz, dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz
zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind oder bei denen die Verhängung von Jugendstrafe ausgesetzt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
die Mitglied
a)
in einem Verein, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde oder der einem unanfechtbaren Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz unterliegt, oder
b)
in einer Partei, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht nach § 46 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes festgestellt hat,
waren, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
3.
Bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren
a)
Bestrebungen einzeln verfolgt haben, die
aa)
gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind,
bb)
gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind oder
cc)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
b)
Mitglied in einer Vereinigung waren, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, oder
c)
eine solche Vereinigung unterstützt haben,
4.
die innerhalb der letzten fünf Jahre mehr als einmal wegen Gewalttätigkeit mit richterlicher Genehmigung in polizeilichem Präventivgewahrsam waren,
5.
die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften eines der in Nummer 1 Buchstabe c genannten Gesetze verstoßen haben.

(3) In die Frist nach Absatz 1 Nr. 1 oder Absatz 2 Nr. 1 nicht eingerechnet wird die Zeit, in welcher die betroffene Person auf behördliche oder richterliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.

(4) Ist ein Verfahren wegen Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 oder des Absatzes 2 Nr. 1 noch nicht abgeschlossen, so kann die zuständige Behörde die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens aussetzen.

(5) Die zuständige Behörde hat im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung folgende Erkundigungen einzuholen:

1.
die unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister;
2.
die Auskunft aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister hinsichtlich der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Straftaten;
3.
die Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststelle, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen; die örtliche Polizeidienststelle schließt in ihre Stellungnahme das Ergebnis der von ihr vorzunehmenden Prüfung nach Absatz 2 Nummer 4 ein;
4.
die Auskunft der für den Wohnsitz der betroffenen Person zuständigen Verfassungsschutzbehörde, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 begründen; liegt der Wohnsitz der betroffenen Person außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, ist das Bundesamt für Verfassungsschutz für die Erteilung der Auskunft zuständig.
Die nach Satz 1 Nummer 2 erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nur für den Zweck der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung verwendet werden. Erlangt die für die Auskunft nach Satz 1 Nummer 4 zuständige Verfassungsschutzbehörde im Nachhinein für die Beurteilung der Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 bedeutsame Erkenntnisse, teilt sie dies der zuständigen Behörde unverzüglich mit (Nachbericht). Zu diesem Zweck speichert sie Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsname, Geburtsort, Wohnort und Staatsangehörigkeit der betroffenen Person sowie Aktenfundstelle in den gemeinsamen Dateien nach § 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Lehnt die zuständige Behörde einen Antrag ab oder nimmt sie eine erteilte Erlaubnis zurück oder widerruft diese, so hat sie die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hiervon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hat in den Fällen des Satzes 5 die nach Satz 4 gespeicherten Daten unverzüglich zu löschen.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.250,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller verfolgt mit seiner Beschwerde sein Rechtsschutzziel weiter, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Landratsamts Dachau vom 17. Januar 2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 13. März 2014 anzuordnen bzw. sinngemäß wiederherzustellen.

Mit Bescheid vom 17. Januar 2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 13. März 2014 widerrief das Landratsamt Dachau gestützt auf § 45 Abs. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG die dem Antragsteller erteilte waffenrechtliche Erlaubnis (Nr. 1) und gab dem Antragsteller auf, die in der Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Änderungsbescheids einem Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und dem Landratsamt dies nachzuweisen sowie den jeweiligen Erwerber unverzüglich zu benennen und dem Landratsamt dies nachzuweisen (Nr. 2). Für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs wurde die Sicherstellung und Verwertung angedroht. Ein Verwertungserlös stehe nach Abzug der Verwertungskosten dem Antragsteller zu (Nr. 3). Weiter wurde der Antragsteller verpflichtet, die Waffenbesitzkarte innerhalb einer Frist von fünf Werktagen nach Überlassung oder Unbrauchbarmachung der Waffen an das Landratsamt zurückzugeben (Nr. 4). Für die Nrn. 2 bis 4 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Nr. 6).

Vorausgegangen war, dass dem Landratsamt Dachau Ende des Jahres 2012 bekannt wurde, dass der Antragsteller Mitglied des Bandidos MC Regensburg ist. Mit Schreiben vom 17. Mai 2013 teilte die Kriminalinspektion Fürstenfeldbruck dem Landratsamt Dachau mit, dass der Antragsteller langjähriges Mitglied dort sei. Nachfolgend wurden Erkenntnisse übermittelt, wonach beim Antragsteller und drei weiteren Personen eine Wohnungsdurchsuchung wegen des Verdachts des Waffenerwerbs durch den Bandidos MC Regensburg stattgefunden habe, die jedoch nichts Tatrelevantes erbracht habe, weshalb das Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft aus tatsächlichen Gründen eingestellt wurde. Mit Schreiben vom 15. November 2013 teilte die Kriminalpolizeiinspektion Fürstenfeldbruck mit, dass der Antragsteller zuletzt als Teilnehmer einer Veranstaltung des Bandidos MC Europe vom 26. bis 28. Juli 2013 in Spanien gesichert festgestellt worden und dort als Member mit Kutte und Full-Patch des Bandidos MC Regensburg aufgetreten sei.

Das Verwaltungsgericht München hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 17. Januar 2014 und den Änderungsbescheid vom 13. März 2014 anzuordnen bzw. wiederherzustellen, mit Beschluss vom 24. Juli 2014 abgelehnt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Antragsteller sein Ziel weiterverfolgt, die Anordnung bzw. sinngemäß auch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Widerruf der Waffenbesitzkarte bzw. die weiter verfügten Maßnahmen zu erreichen.

II.

Die nach § 146 Abs. 1 und 4, § 147 VwGO zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Grundsatz beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen im Ergebnis nicht die Abänderung des angegriffenen Beschlusses.

Der Senat ist der Auffassung, dass im Hinblick auf die den Beteiligten bekannte Zulassung der Revision in verschiedenen Berufungsverfahren (U. v. 10.10.2013 - 21 B 12.960, 21 B 12.964 und 21 BV 12.1280 - jeweils juris) und die eingelegten Revisionen hierzu (BVerwG 6 C 2.14, 6 C 3.14 und 6 C 1.14) die Erfolgsaussicht im Hauptsacheverfahren als derzeit nicht hinreichend absehbar anzusehen ist, weshalb eine (reine) Interessenabwägung zu erfolgen hat, die hier zulasten des Antragstellers ausfällt.

Im Rahmen der hier vorzunehmenden Interessenabwägung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO 20. A., § 80 Rn. 152 ff.) sind die Folgen, die sich bei einer Ablehnung des Antrags und somit bei einem sofortigen Vollzug des Verwaltungsakts, wobei insoweit auch die gesetzlichen Wertungen aus § 45 Abs. 5 und § 46 Abs. 4 Satz 3 WaffG nicht außer Acht bleiben dürfen, einerseits und einer Stattgabe und somit eines Aufschubs der angeordneten Maßnahme andererseits für den Betroffenen bzw. das öffentliche Interesse ergeben können, gegenüberzustellen. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens wie hier noch nicht eindeutig prognostizierbar, so erlangen für die Entscheidung des Gerichts im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes diese Folgen dann ein beträchtliches Gewicht, wenn sie nicht oder nur schwer oder unter unzumutbaren Kosten wieder rückgängig gemacht werden könnten.

Dabei überwiegt das besondere öffentliche Interesse der Allgemeinheit, wegen der damit verbundenen Gefahren sofort vor einem unzuverlässigen Waffenbesitzer geschützt zu werden, das gegenläufige Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung der Hauptsache die Waffen weiter benutzen zu können bzw. die weiter verfügten Maßnahmen nicht befolgen zu müssen, zumal der Antragsteller konkret auch nichts dazu vorgetragen hat, beruflich oder wegen sonst schützenswerter Belange auf den Waffenbesitz angewiesen zu sein. Das private Interesse auf weitere Ausnutzung der waffenrechtlichen Erlaubnis - hier auf Waffenbesitz und Sportschützenausübung - muss dann zurücktreten (vgl. B. v. 15.8.2008 - 19 CS 08.1471 - juris). In diesem Zusammenhang ist weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen, dass dem Antragsteller durch die angefochtenen waffenrechtlichen Maßnahmen die Ausübung des Hauptberufs, die Sportausübung oder eine sonstige geschützte Tätigkeit unzumutbar erschwert oder gar unmöglich gemacht würden (vgl. B. v. 19.3.2010 - 21 CS 10.59 - juris). Dem Antragsteller ist es gesetzlich auch freigestellt, die Waffen einem Berechtigten zu überlassen. Im Übrigen erscheinen auch die für die angefochtenen Maßnahmen gesetzten Fristen als nicht unverhältnismäßig kurz, sondern angesichts des Maßnahmezwecks als angemessen.

Nachdem die Interessenabwägung somit unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Antragstellers ein Überwiegen des besonderen öffentlichen Interesses gegenüber seinem privaten Interesse ergibt, ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i. V. m. Nrn. 1.5 und 50.2 des Streitwertkataloges 2013. Da sich die Beschwerde nurmehr auf den vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO und nicht mehr auf § 123 VwGO bezieht, beträgt der Streitwert im Beschwerdeverfahren 3.250,- Euro.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Tatbestand

1

Der Kläger ist seit mehr als zwei Jahrzehnten Inhaber von Waffenbesitzkarten sowie einer Erlaubnis nach § 27 SprengG. Das Landratsamt widerrief diese, nachdem der Kläger 2009 Mitglied der "Bandidos MC Regensburg" geworden war. Auf seine Klage hat das Verwaltungsgericht den Widerrufbescheid aufgehoben.

2

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Die Stellung des Klägers als Präsident des "Bandidos MC Regensburg" rechtfertige die Annahme, dass er im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG bzw. § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c SprengG unzuverlässig sei. Dies folge aus der Eigenart der "Bandidos" als einer Gruppierung, die regelmäßig in gewalttätige Auseinandersetzungen mit anderen Rockergruppierungen verwickelt sei und eine Nähe zur Organisierten Kriminalität aufweise. Unerheblich sei, dass der Kläger persönlich nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten oder sonst auffällig geworden sei.

3

Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Einschätzung der "Bandidos", von der das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs ausgehe, beruhe auf bloßen Vermutungen. Der "Bandidos MC Regensburg" sei nicht verboten. Beim Kläger seien niemals waffenrechtliche oder strafrechtliche Verstöße festgestellt worden. Etwaige Vorkommnisse in anderen Organisationseinheiten der "Bandidos" dürften ihm nicht angelastet werden. Für die Prognose, auch die Regensburger Organisationseinheit könne in gewalttätige Auseinandersetzungen hineingezogen werde, fehle eine tatsächliche Grundlage.

4

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts beruht (§ 144 Abs. 2, § 137 Abs. 1 VwGO).

6

1. Der Widerruf der Waffenbesitzkarten des Klägers ist durch § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG gedeckt. Nach dieser Vorschrift ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine solche Tatsache liegt durch den Beitritt des Klägers zum "Bandidos MC Regensburg" vor. Hiermit ist für seine Person die Erlaubnisvoraussetzung (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG) der erforderlichen Zulässigkeit im Sinne von § 5 WaffG entfallen. Die Mitgliedschaft im "Bandidos MC Regensburg" rechtfertigt die Annahme, dass er Waffen und Munition missbräuchlich verwenden (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG) und nicht berechtigten Personen überlassen wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c WaffG).

7

a. Die Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist nicht durch die organisationsbezogenen Regelvermutungen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 WaffG gesperrt. Aus ihnen folgt nicht, dass andere als die dort normierten Gruppenzugehörigkeiten keine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit begründen könnten.

8

Die Regelvermutungen in § 5 Abs. 2 WaffG spiegeln die typisierende Einschätzung des Gesetzgebers wider, das Risiko des Waffenbesitzes sei für gewöhnlich nicht hinnehmbar, sofern eine Person einen der von der Vorschrift normierten Tatbestände erfülle; dies soll losgelöst davon gelten, ob zusätzlich die in § 5 Abs. 1 WaffG aufgeführten Voraussetzungen vorliegen. § 5 Abs. 2 WaffG erweitert so den absoluten Unzuverlässigkeitsbegriff des § 5 Abs. 1 WaffG und engt diesen nicht etwa ein, so wie auch die verschiedenen in § 5 Abs. 2 WaffG geregelten Fallgruppen selbständig nebeneinander stehen und wechselseitig keine Ausschlusswirkungen begründen (BVerwG, Urteil vom 30. September 2009 - 6 C 29.08 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 100 Rn. 13 ff.). Eine andere Sichtweise würde Schutzlücken aufreißen, die sachlich nicht erklärlich wären und dem Regelungszweck des Gesetzes widersprächen, Risiken des Waffenbesitzes auf ein Mindestmaß zu beschränken.

9

Daher kommt es insbesondere nicht darauf an, dass es sich beim "Bandidos MC Regensburg" nicht um einen unanfechtbar verbotenen Verein im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a WaffG handelt.

10

b. Der Einwand des Klägers, er sei in strafrechtlicher wie in waffenrechtlicher Hinsicht unbescholten und folglich zuverlässig, hindert die Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht. Die Vorschrift verlangt eine Prognose. Entscheidend ist, ob Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass zukünftig eine der in der Vorschrift aufgeführten Verhaltensweisen verwirklicht wird. Rechtskonformes Verhalten einer Person in der Vergangenheit ist wie jeder andere Umstand, der beurteilungsrelevant sein kann, in diese Prognose miteinzubeziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2008 - 6 B 4.08 - juris Rn. 5). Es ist aber möglich, dass sonstige Umstände zu dem Schluss führen, die Person werde eine Verhaltensweise im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen.

11

c. Die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verlangte Prognose ist auf diejenige Person zu beziehen, deren Zuverlässigkeit in Frage steht. Die Unzuverlässigkeit anderer, selbst nahestehender Personen rechtfertigt als solche nicht den Schluss auf ihre Unzuverlässigkeit. Individuelle Verhaltenspotentiale werden allerdings durch das soziale Umfeld mitbestimmt. Daher bestehen keine Bedenken dagegen, die Gruppenzugehörigkeit einer Person - ein personenbezogenes Merkmal - als Tatsache heranzuziehen, welche die Annahme der Unzuverlässigkeit stützt. Gefordert ist jedoch, dass zwischen der Annahme der Unzuverlässigkeit und der Gruppenzugehörigkeit eine kausale Verbindung besteht. Gerade die Gruppenzugehörigkeit der Person muss die Prognose tragen, dass diese künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen wird. Nicht ausreichend ist, dass solche Verhaltensweisen innerhalb der Gruppe regelmäßig vorgekommen sind oder noch immer vorkommen. Vielmehr müssen bestimmte Strukturmerkmale der Gruppe die Annahme rechtfertigen, dass gerade auch die Person, die in Rede steht, sie künftig verwirklichen wird.

12

d. Die Mitgliedschaft in einer örtlichen Organisationseinheit der Rockergruppierung "Bandidos" rechtfertigt auch dann die Annahme der Unzuverlässigkeit im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG, wenn keine sonstigen Tatsachen für die Unzuverlässigkeit der betreffenden Person sprechen oder sogar - wie im vorliegenden Fall die bisherige Unbescholtenheit des Klägers - andere Tatsachen dagegen sprechen.

13

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, die nicht in einer § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise mit Verfahrensrügen angegriffen sind und den Senat daher binden (§ 137 Abs. 2 VwGO), sind von Mitgliedern der "Bandidos" gehäuft Straftaten unter zum Teil erheblicher Gewaltanwendung begangen worden. Aus den vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen ergibt sich weiter, dass die "Bandidos" ebenso wie eine Reihe anderer Gruppierungen territorialen und finanziellen Machtzuwachs innerhalb der Rockerszene anstreben und entsprechende Ansprüche regelmäßig mit Gewalt durchzusetzen versuchen. Insbesondere zwischen den "Hells Angels MC" und den "Bandidos" ist es danach zu gewalttätigen Auseinandersetzungen bis hin zu Schießereien gekommen. Generell werden nach dem angefochtenen Urteil Streitigkeiten aller Art innerhalb der Rockerszene, der die "Bandidos" zugehören, regelmäßig mit Gewalt ausgetragen. Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass innerhalb von Rockergruppierungen wie den "Bandidos" ein strenger Ehrenkodex sowie ein einheitliches, formalisiertes Aufnahmeritual gilt, ein starkes Maß innerer Verbundenheit vorherrscht, die verschiedenen örtlichen Organisationseinheiten miteinander vernetzt sind und es vorgekommen ist, dass eine örtliche Organisationseinheit der "Bandidos" wegen befürchteter Auseinandersetzungen mit den "Hells Angel MC" bundesweit Unterstützung anforderte.

14

Die Praxis der gewaltsamen Austragung der - ihrerseits szenetypischen - Rivalitäten und Konflikte mit anderen Rockergruppierungen muss danach als wesensprägendes Strukturmerkmal der "Bandidos" angesehen werden, das sich bei jeder ihrer örtlichen Organisationseinheiten und bei jedem ihrer Mitglieder zu jedem Zeitpunkt aktualisieren kann. Aufgrund der bundesweiten Vernetzung der örtlichen Organisationseinheiten und des hohen Loyalitätsdrucks, der aus dem starken Verbundenheitsempfinden der "Bandidos" untereinander folgt, erscheint es darüber hinaus möglich, dass ein "Bandidos"-Mitglied einheitsübergreifende Unterstützung bei Auseinandersetzungen leistet.

15

Daher besteht auch für den Kläger die Möglichkeit, dass er - selbst wenn er dies persönlich nicht anstreben sollte oder sogar für sich vermeiden wollte -‌ künftig in gewaltsame Auseinandersetzungen hineingezogen wird. Tritt dieser Fall ein, liegt es wiederum nicht fern, dass er hierbei - ob beabsichtigt oder unter dem Druck der Situation - Waffen missbräuchlich verwenden oder Nichtberechtigten überlassen wird.

16

Dass der Kläger bislang strafrechtlich und waffenrechtlich nicht negativ in Erscheinung getreten ist und früher waffenrechtlich zuverlässig gewesen sein mag, rechtfertigt keine abweichende Einschätzung. Mit dem Eintritt in die "Bandidos" hat er eine Tatsache geschaffen, die in Anbetracht der dargelegten Strukturmerkmale dieser Gruppierung zu einer Prognoseänderung führen muss. Die Möglichkeit des Hineinziehens in gewaltsame szeneinterne Auseinandersetzungen ist aus den genannten Gründen auch bei solchen Mitgliedern der "Bandidos" gegeben, die sich bislang rechtskonform verhalten haben. Die Vorstellung, einzelne Mitglieder könnten sich gegen die wesensimmanente Tendenz der Gruppierung zur Gewalttätigkeit stemmen oder ihr zumindest persönlich ausweichen, muss im Lichte des hohen Geschlossenheitsgrades der "Bandidos" und des hieraus resultierenden Konformitätsdrucks als fernliegend eingeschätzt werden. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, einzelne örtliche Organisationseinheiten könnten für sich eine Sonderexistenz jenseits der gruppentypischen Praxis führen. Den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs kann entnommen werden, dass die örtlichen Einheiten keine unumschränkte Aktionsfreiheit genießen. So wurde etwa das sog. Friedensabkommen mit den "Hells Angels MC" im Jahre 2010 durch eine Führungsgruppe mit Wirkung für alle Untergruppierungen abgeschlossen.

17

e. Zu keinem anderen Ergebnis führt, dass das Hineinziehen des Klägers in gewaltsame szeneinterne Auseinandersetzungen danach zwar möglich, andererseits aber auch nicht gesichert erscheint. An die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG geforderte Prognose dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Die Prognose hat sich an dem Zweck des Gesetzes zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz ohnehin verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (BVerwG, stRspr; vgl. etwa Urteil vom 30. September 2009 - 6 C 29.08 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 100 Rn. 17 m.w.N.). Ausgehend hiervon hat der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Urteil zu Recht angenommen, es sei kein Nachweis erforderlich, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG normierten Unzuverlässigkeitstatbestand verwirklichen wird. Ausreichend ist vielmehr, wie der Senat bereits ausgesprochen hat, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit hierfür besteht (Beschluss vom 31. Januar 2008 - 6 B 4.08 - juris Rn. 5). Die Prognose der Unzuverlässigkeit ist bei Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen wird. Hiervon ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grundlage seiner Tatsachenfeststellungen zu Recht nicht ausgegangen.

18

2. Der Widerruf der Erlaubnis nach § 27 Abs. 1 SprengG ist aus den entsprechenden Gründen von § 34 Abs. 2 Satz 1, § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c SprengG gedeckt.

19

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen.

(2) Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz kann auch widerrufen werden, wenn inhaltliche Beschränkungen nicht beachtet werden.

(3) Bei einer Erlaubnis kann abweichend von Absatz 2 Satz 1 im Fall eines vorübergehenden Wegfalls des Bedürfnisses, aus besonderen Gründen auch in Fällen des endgültigen Wegfalls des Bedürfnisses, von einem Widerruf abgesehen werden. Satz 1 gilt nicht, sofern es sich um eine Erlaubnis zum Führen einer Waffe handelt.

(4) Verweigert eine betroffene Person im Fall der Überprüfung des weiteren Vorliegens von in diesem Gesetz oder in einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung vorgeschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen, bei deren Wegfall ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf einer Erlaubnis oder Ausnahmebewilligung gegeben wäre, ihre Mitwirkung, so kann die Behörde deren Wegfall vermuten. Die betroffene Person ist hierauf hinzuweisen.

(5) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 haben keine aufschiebende Wirkung, sofern die Erlaubnis wegen des Nichtvorliegens oder Entfallens der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 zurückgenommen oder widerrufen wird.

(1) Die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Waffen wird durch eine Waffenbesitzkarte oder durch Eintragung in eine bereits vorhandene Waffenbesitzkarte erteilt. Für die Erteilung einer Erlaubnis für Schusswaffen sind Art, Anzahl und Kaliber der Schusswaffen anzugeben. Die Erlaubnis zum Erwerb einer Waffe gilt für die Dauer eines Jahres, die Erlaubnis zum Besitz wird in der Regel unbefristet erteilt.

(2) Eine Waffenbesitzkarte über Schusswaffen, die mehrere Personen besitzen, kann auf diese Personen ausgestellt werden. Eine Waffenbesitzkarte kann auch einem schießsportlichen Verein oder einer jagdlichen Vereinigung als juristischer Person erteilt werden. Sie ist mit der Auflage zu verbinden, dass der Verein der Behörde vor Inbesitznahme von Vereinswaffen unbeschadet des Vorliegens der Voraussetzung des § 4 Abs. 1 Nr. 5 eine verantwortliche Person zu benennen hat, für die die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 nachgewiesen sind; diese benannte Person muss nicht vertretungsberechtigtes Organ des Vereins sein. Scheidet die benannte verantwortliche Person aus dem Verein aus oder liegen in ihrer Person nicht mehr alle Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 vor, so ist der Verein verpflichtet, dies unverzüglich der zuständigen Behörde mitzuteilen. Benennt der Verein nicht innerhalb von zwei Wochen eine neue verantwortliche Person, für die die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 nachgewiesen werden, so ist die dem Verein erteilte Waffenbesitzerlaubnis zu widerrufen und die Waffenbesitzkarte zurückzugeben.

(3) Die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Munition wird durch Eintragung in eine Waffenbesitzkarte für die darin eingetragenen Schusswaffen erteilt. In den übrigen Fällen wird die Erlaubnis durch einen Munitionserwerbsschein für eine bestimmte Munitionsart erteilt; sie ist für den Erwerb der Munition auf die Dauer von sechs Jahren zu befristen und gilt für den Besitz der Munition unbefristet. Die Erlaubnis zum nicht gewerblichen Laden von Munition im Sinne des Sprengstoffgesetzes gilt auch als Erlaubnis zum Erwerb und Besitz dieser Munition. Nach Ablauf der Gültigkeit des Erlaubnisdokuments gilt die Erlaubnis für den Besitz dieser Munition für die Dauer von sechs Monaten fort.

(4) Die Erlaubnis zum Führen einer Waffe wird durch einen Waffenschein erteilt. Eine Erlaubnis nach Satz 1 zum Führen von Schusswaffen wird für bestimmte Schusswaffen auf höchstens drei Jahre erteilt; die Geltungsdauer kann zweimal um höchstens je drei Jahre verlängert werden, sie ist kürzer zu bemessen, wenn nur ein vorübergehendes Bedürfnis nachgewiesen wird. Der Geltungsbereich des Waffenscheins ist auf bestimmte Anlässe oder Gebiete zu beschränken, wenn ein darüber hinausgehendes Bedürfnis nicht nachgewiesen wird. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen sind in der Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 3 Nr. 2 und 2.1 genannt (Kleiner Waffenschein).

(5) Die Erlaubnis zum Schießen mit einer Schusswaffe wird durch einen Erlaubnisschein erteilt.

(1) Eine Erlaubnis setzt voraus, dass der Antragsteller

1.
das 18. Lebensjahr vollendet hat (§ 2 Abs. 1),
2.
die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 5) und persönliche Eignung (§ 6) besitzt,
3.
die erforderliche Sachkunde nachgewiesen hat (§ 7),
4.
ein Bedürfnis nachgewiesen hat (§ 8) und
5.
bei der Beantragung eines Waffenscheins oder einer Schießerlaubnis eine Versicherung gegen Haftpflicht in Höhe von 1 Million Euro - pauschal für Personen- und Sachschäden - nachweist.

(2) Die Erlaubnis zum Erwerb, Besitz, Führen oder Schießen kann versagt werden, wenn der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht seit mindestens fünf Jahren im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.

(3) Die zuständige Behörde hat die Inhaber von waffenrechtlichen Erlaubnissen in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch nach Ablauf von drei Jahren, erneut auf ihre Zuverlässigkeit und ihre persönliche Eignung zu prüfen sowie in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 5 sich das Vorliegen einer Versicherung gegen Haftpflicht nachweisen zu lassen.

(4) Die zuständige Behörde hat das Fortbestehen des Bedürfnisses bei Inhabern einer waffenrechtlichen Erlaubnis alle fünf Jahre erneut zu überprüfen.

(5) Zur Erforschung des Sachverhalts kann die zuständige Behörde in begründeten Einzelfällen das persönliche Erscheinen des Antragstellers oder des Erlaubnisinhabers verlangen.

(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht,

1.
die rechtskräftig verurteilt worden sind
a)
wegen eines Verbrechens oder
b)
wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr,
wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie
a)
Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden,
b)
mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden,
c)
Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.

(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht,

1.
a)
die wegen einer vorsätzlichen Straftat,
b)
die wegen einer fahrlässigen Straftat im Zusammenhang mit dem Umgang mit Waffen, Munition oder explosionsgefährlichen Stoffen oder wegen einer fahrlässigen gemeingefährlichen Straftat,
c)
die wegen einer Straftat nach dem Waffengesetz, dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz
zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind oder bei denen die Verhängung von Jugendstrafe ausgesetzt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
die Mitglied
a)
in einem Verein, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde oder der einem unanfechtbaren Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz unterliegt, oder
b)
in einer Partei, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht nach § 46 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes festgestellt hat,
waren, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
3.
Bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren
a)
Bestrebungen einzeln verfolgt haben, die
aa)
gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind,
bb)
gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind oder
cc)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
b)
Mitglied in einer Vereinigung waren, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, oder
c)
eine solche Vereinigung unterstützt haben,
4.
die innerhalb der letzten fünf Jahre mehr als einmal wegen Gewalttätigkeit mit richterlicher Genehmigung in polizeilichem Präventivgewahrsam waren,
5.
die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften eines der in Nummer 1 Buchstabe c genannten Gesetze verstoßen haben.

(3) In die Frist nach Absatz 1 Nr. 1 oder Absatz 2 Nr. 1 nicht eingerechnet wird die Zeit, in welcher die betroffene Person auf behördliche oder richterliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.

(4) Ist ein Verfahren wegen Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 oder des Absatzes 2 Nr. 1 noch nicht abgeschlossen, so kann die zuständige Behörde die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens aussetzen.

(5) Die zuständige Behörde hat im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung folgende Erkundigungen einzuholen:

1.
die unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister;
2.
die Auskunft aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister hinsichtlich der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Straftaten;
3.
die Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststelle, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen; die örtliche Polizeidienststelle schließt in ihre Stellungnahme das Ergebnis der von ihr vorzunehmenden Prüfung nach Absatz 2 Nummer 4 ein;
4.
die Auskunft der für den Wohnsitz der betroffenen Person zuständigen Verfassungsschutzbehörde, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 begründen; liegt der Wohnsitz der betroffenen Person außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, ist das Bundesamt für Verfassungsschutz für die Erteilung der Auskunft zuständig.
Die nach Satz 1 Nummer 2 erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nur für den Zweck der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung verwendet werden. Erlangt die für die Auskunft nach Satz 1 Nummer 4 zuständige Verfassungsschutzbehörde im Nachhinein für die Beurteilung der Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 bedeutsame Erkenntnisse, teilt sie dies der zuständigen Behörde unverzüglich mit (Nachbericht). Zu diesem Zweck speichert sie Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsname, Geburtsort, Wohnort und Staatsangehörigkeit der betroffenen Person sowie Aktenfundstelle in den gemeinsamen Dateien nach § 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Lehnt die zuständige Behörde einen Antrag ab oder nimmt sie eine erteilte Erlaubnis zurück oder widerruft diese, so hat sie die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hiervon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hat in den Fällen des Satzes 5 die nach Satz 4 gespeicherten Daten unverzüglich zu löschen.

(1) Die erforderliche persönliche Eignung besitzen Personen nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie

1.
geschäftsunfähig sind,
2.
abhängig von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln, psychisch krank oder debil sind oder
3.
auf Grund in der Person liegender Umstände mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren können oder dass die konkrete Gefahr einer Fremd- oder Selbstgefährdung besteht.
Die erforderliche persönliche Eignung besitzen in der Regel Personen nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt sind. Die zuständige Behörde soll die Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststelle einholen. Der persönlichen Eignung können auch im Erziehungsregister eingetragene Entscheidungen oder Anordnungen nach § 60 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 des Bundeszentralregistergesetzes entgegenstehen.

(2) Sind Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung nach Absatz 1 begründen, oder bestehen begründete Zweifel an vom Antragsteller beigebrachten Bescheinigungen, so hat die zuständige Behörde der betroffenen Person auf Kosten der betroffenen Person die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über die geistige oder körperliche Eignung aufzugeben.

(3) Personen, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, haben für die erstmalige Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb und Besitz einer Schusswaffe auf eigene Kosten ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis über die geistige Eignung vorzulegen. Satz 1 gilt nicht für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2.

(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über das Verfahren zur Erstellung, über die Vorlage und die Anerkennung der in den Absätzen 2 und 3 genannten Gutachten bei den zuständigen Behörden zu erlassen.

Tatbestand

1

Der Kläger ist seit mehr als zwei Jahrzehnten Inhaber von Waffenbesitzkarten sowie einer Erlaubnis nach § 27 SprengG. Das Landratsamt widerrief diese, nachdem der Kläger 2009 Mitglied der "Bandidos MC Regensburg" geworden war. Auf seine Klage hat das Verwaltungsgericht den Widerrufbescheid aufgehoben.

2

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Die Stellung des Klägers als Präsident des "Bandidos MC Regensburg" rechtfertige die Annahme, dass er im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG bzw. § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c SprengG unzuverlässig sei. Dies folge aus der Eigenart der "Bandidos" als einer Gruppierung, die regelmäßig in gewalttätige Auseinandersetzungen mit anderen Rockergruppierungen verwickelt sei und eine Nähe zur Organisierten Kriminalität aufweise. Unerheblich sei, dass der Kläger persönlich nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten oder sonst auffällig geworden sei.

3

Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Einschätzung der "Bandidos", von der das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs ausgehe, beruhe auf bloßen Vermutungen. Der "Bandidos MC Regensburg" sei nicht verboten. Beim Kläger seien niemals waffenrechtliche oder strafrechtliche Verstöße festgestellt worden. Etwaige Vorkommnisse in anderen Organisationseinheiten der "Bandidos" dürften ihm nicht angelastet werden. Für die Prognose, auch die Regensburger Organisationseinheit könne in gewalttätige Auseinandersetzungen hineingezogen werde, fehle eine tatsächliche Grundlage.

4

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts beruht (§ 144 Abs. 2, § 137 Abs. 1 VwGO).

6

1. Der Widerruf der Waffenbesitzkarten des Klägers ist durch § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG gedeckt. Nach dieser Vorschrift ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine solche Tatsache liegt durch den Beitritt des Klägers zum "Bandidos MC Regensburg" vor. Hiermit ist für seine Person die Erlaubnisvoraussetzung (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG) der erforderlichen Zulässigkeit im Sinne von § 5 WaffG entfallen. Die Mitgliedschaft im "Bandidos MC Regensburg" rechtfertigt die Annahme, dass er Waffen und Munition missbräuchlich verwenden (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG) und nicht berechtigten Personen überlassen wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c WaffG).

7

a. Die Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist nicht durch die organisationsbezogenen Regelvermutungen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 WaffG gesperrt. Aus ihnen folgt nicht, dass andere als die dort normierten Gruppenzugehörigkeiten keine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit begründen könnten.

8

Die Regelvermutungen in § 5 Abs. 2 WaffG spiegeln die typisierende Einschätzung des Gesetzgebers wider, das Risiko des Waffenbesitzes sei für gewöhnlich nicht hinnehmbar, sofern eine Person einen der von der Vorschrift normierten Tatbestände erfülle; dies soll losgelöst davon gelten, ob zusätzlich die in § 5 Abs. 1 WaffG aufgeführten Voraussetzungen vorliegen. § 5 Abs. 2 WaffG erweitert so den absoluten Unzuverlässigkeitsbegriff des § 5 Abs. 1 WaffG und engt diesen nicht etwa ein, so wie auch die verschiedenen in § 5 Abs. 2 WaffG geregelten Fallgruppen selbständig nebeneinander stehen und wechselseitig keine Ausschlusswirkungen begründen (BVerwG, Urteil vom 30. September 2009 - 6 C 29.08 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 100 Rn. 13 ff.). Eine andere Sichtweise würde Schutzlücken aufreißen, die sachlich nicht erklärlich wären und dem Regelungszweck des Gesetzes widersprächen, Risiken des Waffenbesitzes auf ein Mindestmaß zu beschränken.

9

Daher kommt es insbesondere nicht darauf an, dass es sich beim "Bandidos MC Regensburg" nicht um einen unanfechtbar verbotenen Verein im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a WaffG handelt.

10

b. Der Einwand des Klägers, er sei in strafrechtlicher wie in waffenrechtlicher Hinsicht unbescholten und folglich zuverlässig, hindert die Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht. Die Vorschrift verlangt eine Prognose. Entscheidend ist, ob Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass zukünftig eine der in der Vorschrift aufgeführten Verhaltensweisen verwirklicht wird. Rechtskonformes Verhalten einer Person in der Vergangenheit ist wie jeder andere Umstand, der beurteilungsrelevant sein kann, in diese Prognose miteinzubeziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2008 - 6 B 4.08 - juris Rn. 5). Es ist aber möglich, dass sonstige Umstände zu dem Schluss führen, die Person werde eine Verhaltensweise im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen.

11

c. Die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verlangte Prognose ist auf diejenige Person zu beziehen, deren Zuverlässigkeit in Frage steht. Die Unzuverlässigkeit anderer, selbst nahestehender Personen rechtfertigt als solche nicht den Schluss auf ihre Unzuverlässigkeit. Individuelle Verhaltenspotentiale werden allerdings durch das soziale Umfeld mitbestimmt. Daher bestehen keine Bedenken dagegen, die Gruppenzugehörigkeit einer Person - ein personenbezogenes Merkmal - als Tatsache heranzuziehen, welche die Annahme der Unzuverlässigkeit stützt. Gefordert ist jedoch, dass zwischen der Annahme der Unzuverlässigkeit und der Gruppenzugehörigkeit eine kausale Verbindung besteht. Gerade die Gruppenzugehörigkeit der Person muss die Prognose tragen, dass diese künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen wird. Nicht ausreichend ist, dass solche Verhaltensweisen innerhalb der Gruppe regelmäßig vorgekommen sind oder noch immer vorkommen. Vielmehr müssen bestimmte Strukturmerkmale der Gruppe die Annahme rechtfertigen, dass gerade auch die Person, die in Rede steht, sie künftig verwirklichen wird.

12

d. Die Mitgliedschaft in einer örtlichen Organisationseinheit der Rockergruppierung "Bandidos" rechtfertigt auch dann die Annahme der Unzuverlässigkeit im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG, wenn keine sonstigen Tatsachen für die Unzuverlässigkeit der betreffenden Person sprechen oder sogar - wie im vorliegenden Fall die bisherige Unbescholtenheit des Klägers - andere Tatsachen dagegen sprechen.

13

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, die nicht in einer § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise mit Verfahrensrügen angegriffen sind und den Senat daher binden (§ 137 Abs. 2 VwGO), sind von Mitgliedern der "Bandidos" gehäuft Straftaten unter zum Teil erheblicher Gewaltanwendung begangen worden. Aus den vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen ergibt sich weiter, dass die "Bandidos" ebenso wie eine Reihe anderer Gruppierungen territorialen und finanziellen Machtzuwachs innerhalb der Rockerszene anstreben und entsprechende Ansprüche regelmäßig mit Gewalt durchzusetzen versuchen. Insbesondere zwischen den "Hells Angels MC" und den "Bandidos" ist es danach zu gewalttätigen Auseinandersetzungen bis hin zu Schießereien gekommen. Generell werden nach dem angefochtenen Urteil Streitigkeiten aller Art innerhalb der Rockerszene, der die "Bandidos" zugehören, regelmäßig mit Gewalt ausgetragen. Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass innerhalb von Rockergruppierungen wie den "Bandidos" ein strenger Ehrenkodex sowie ein einheitliches, formalisiertes Aufnahmeritual gilt, ein starkes Maß innerer Verbundenheit vorherrscht, die verschiedenen örtlichen Organisationseinheiten miteinander vernetzt sind und es vorgekommen ist, dass eine örtliche Organisationseinheit der "Bandidos" wegen befürchteter Auseinandersetzungen mit den "Hells Angel MC" bundesweit Unterstützung anforderte.

14

Die Praxis der gewaltsamen Austragung der - ihrerseits szenetypischen - Rivalitäten und Konflikte mit anderen Rockergruppierungen muss danach als wesensprägendes Strukturmerkmal der "Bandidos" angesehen werden, das sich bei jeder ihrer örtlichen Organisationseinheiten und bei jedem ihrer Mitglieder zu jedem Zeitpunkt aktualisieren kann. Aufgrund der bundesweiten Vernetzung der örtlichen Organisationseinheiten und des hohen Loyalitätsdrucks, der aus dem starken Verbundenheitsempfinden der "Bandidos" untereinander folgt, erscheint es darüber hinaus möglich, dass ein "Bandidos"-Mitglied einheitsübergreifende Unterstützung bei Auseinandersetzungen leistet.

15

Daher besteht auch für den Kläger die Möglichkeit, dass er - selbst wenn er dies persönlich nicht anstreben sollte oder sogar für sich vermeiden wollte -‌ künftig in gewaltsame Auseinandersetzungen hineingezogen wird. Tritt dieser Fall ein, liegt es wiederum nicht fern, dass er hierbei - ob beabsichtigt oder unter dem Druck der Situation - Waffen missbräuchlich verwenden oder Nichtberechtigten überlassen wird.

16

Dass der Kläger bislang strafrechtlich und waffenrechtlich nicht negativ in Erscheinung getreten ist und früher waffenrechtlich zuverlässig gewesen sein mag, rechtfertigt keine abweichende Einschätzung. Mit dem Eintritt in die "Bandidos" hat er eine Tatsache geschaffen, die in Anbetracht der dargelegten Strukturmerkmale dieser Gruppierung zu einer Prognoseänderung führen muss. Die Möglichkeit des Hineinziehens in gewaltsame szeneinterne Auseinandersetzungen ist aus den genannten Gründen auch bei solchen Mitgliedern der "Bandidos" gegeben, die sich bislang rechtskonform verhalten haben. Die Vorstellung, einzelne Mitglieder könnten sich gegen die wesensimmanente Tendenz der Gruppierung zur Gewalttätigkeit stemmen oder ihr zumindest persönlich ausweichen, muss im Lichte des hohen Geschlossenheitsgrades der "Bandidos" und des hieraus resultierenden Konformitätsdrucks als fernliegend eingeschätzt werden. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, einzelne örtliche Organisationseinheiten könnten für sich eine Sonderexistenz jenseits der gruppentypischen Praxis führen. Den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs kann entnommen werden, dass die örtlichen Einheiten keine unumschränkte Aktionsfreiheit genießen. So wurde etwa das sog. Friedensabkommen mit den "Hells Angels MC" im Jahre 2010 durch eine Führungsgruppe mit Wirkung für alle Untergruppierungen abgeschlossen.

17

e. Zu keinem anderen Ergebnis führt, dass das Hineinziehen des Klägers in gewaltsame szeneinterne Auseinandersetzungen danach zwar möglich, andererseits aber auch nicht gesichert erscheint. An die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG geforderte Prognose dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Die Prognose hat sich an dem Zweck des Gesetzes zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz ohnehin verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (BVerwG, stRspr; vgl. etwa Urteil vom 30. September 2009 - 6 C 29.08 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 100 Rn. 17 m.w.N.). Ausgehend hiervon hat der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Urteil zu Recht angenommen, es sei kein Nachweis erforderlich, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG normierten Unzuverlässigkeitstatbestand verwirklichen wird. Ausreichend ist vielmehr, wie der Senat bereits ausgesprochen hat, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit hierfür besteht (Beschluss vom 31. Januar 2008 - 6 B 4.08 - juris Rn. 5). Die Prognose der Unzuverlässigkeit ist bei Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen wird. Hiervon ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grundlage seiner Tatsachenfeststellungen zu Recht nicht ausgegangen.

18

2. Der Widerruf der Erlaubnis nach § 27 Abs. 1 SprengG ist aus den entsprechenden Gründen von § 34 Abs. 2 Satz 1, § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c SprengG gedeckt.

19

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Dieses Gesetz regelt den Umgang mit Waffen oder Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.

(2) Waffen sind

1.
Schusswaffen oder ihnen gleichgestellte Gegenstände und
2.
tragbare Gegenstände,
a)
die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen;
b)
die, ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und die in diesem Gesetz genannt sind.

(3) Umgang mit einer Waffe oder Munition hat, wer diese erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, damit schießt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt. Umgang mit einer Schusswaffe hat auch, wer diese unbrauchbar macht.

(4) Die Begriffe der Waffen und Munition sowie die Einstufung von Gegenständen nach Absatz 2 Nr. 2 Buchstabe b als Waffen, die Begriffe der Arten des Umgangs und sonstige waffenrechtliche Begriffe sind in der Anlage 1 (Begriffsbestimmungen) zu diesem Gesetz näher geregelt.

Tatbestand

1

Der Kläger ist seit mehr als zwei Jahrzehnten Inhaber von Waffenbesitzkarten sowie einer Erlaubnis nach § 27 SprengG. Das Landratsamt widerrief diese, nachdem der Kläger 2009 Mitglied der "Bandidos MC Regensburg" geworden war. Auf seine Klage hat das Verwaltungsgericht den Widerrufbescheid aufgehoben.

2

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Die Stellung des Klägers als Präsident des "Bandidos MC Regensburg" rechtfertige die Annahme, dass er im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG bzw. § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c SprengG unzuverlässig sei. Dies folge aus der Eigenart der "Bandidos" als einer Gruppierung, die regelmäßig in gewalttätige Auseinandersetzungen mit anderen Rockergruppierungen verwickelt sei und eine Nähe zur Organisierten Kriminalität aufweise. Unerheblich sei, dass der Kläger persönlich nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten oder sonst auffällig geworden sei.

3

Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Einschätzung der "Bandidos", von der das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs ausgehe, beruhe auf bloßen Vermutungen. Der "Bandidos MC Regensburg" sei nicht verboten. Beim Kläger seien niemals waffenrechtliche oder strafrechtliche Verstöße festgestellt worden. Etwaige Vorkommnisse in anderen Organisationseinheiten der "Bandidos" dürften ihm nicht angelastet werden. Für die Prognose, auch die Regensburger Organisationseinheit könne in gewalttätige Auseinandersetzungen hineingezogen werde, fehle eine tatsächliche Grundlage.

4

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts beruht (§ 144 Abs. 2, § 137 Abs. 1 VwGO).

6

1. Der Widerruf der Waffenbesitzkarten des Klägers ist durch § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG gedeckt. Nach dieser Vorschrift ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine solche Tatsache liegt durch den Beitritt des Klägers zum "Bandidos MC Regensburg" vor. Hiermit ist für seine Person die Erlaubnisvoraussetzung (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG) der erforderlichen Zulässigkeit im Sinne von § 5 WaffG entfallen. Die Mitgliedschaft im "Bandidos MC Regensburg" rechtfertigt die Annahme, dass er Waffen und Munition missbräuchlich verwenden (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG) und nicht berechtigten Personen überlassen wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c WaffG).

7

a. Die Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist nicht durch die organisationsbezogenen Regelvermutungen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 WaffG gesperrt. Aus ihnen folgt nicht, dass andere als die dort normierten Gruppenzugehörigkeiten keine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit begründen könnten.

8

Die Regelvermutungen in § 5 Abs. 2 WaffG spiegeln die typisierende Einschätzung des Gesetzgebers wider, das Risiko des Waffenbesitzes sei für gewöhnlich nicht hinnehmbar, sofern eine Person einen der von der Vorschrift normierten Tatbestände erfülle; dies soll losgelöst davon gelten, ob zusätzlich die in § 5 Abs. 1 WaffG aufgeführten Voraussetzungen vorliegen. § 5 Abs. 2 WaffG erweitert so den absoluten Unzuverlässigkeitsbegriff des § 5 Abs. 1 WaffG und engt diesen nicht etwa ein, so wie auch die verschiedenen in § 5 Abs. 2 WaffG geregelten Fallgruppen selbständig nebeneinander stehen und wechselseitig keine Ausschlusswirkungen begründen (BVerwG, Urteil vom 30. September 2009 - 6 C 29.08 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 100 Rn. 13 ff.). Eine andere Sichtweise würde Schutzlücken aufreißen, die sachlich nicht erklärlich wären und dem Regelungszweck des Gesetzes widersprächen, Risiken des Waffenbesitzes auf ein Mindestmaß zu beschränken.

9

Daher kommt es insbesondere nicht darauf an, dass es sich beim "Bandidos MC Regensburg" nicht um einen unanfechtbar verbotenen Verein im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a WaffG handelt.

10

b. Der Einwand des Klägers, er sei in strafrechtlicher wie in waffenrechtlicher Hinsicht unbescholten und folglich zuverlässig, hindert die Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht. Die Vorschrift verlangt eine Prognose. Entscheidend ist, ob Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass zukünftig eine der in der Vorschrift aufgeführten Verhaltensweisen verwirklicht wird. Rechtskonformes Verhalten einer Person in der Vergangenheit ist wie jeder andere Umstand, der beurteilungsrelevant sein kann, in diese Prognose miteinzubeziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2008 - 6 B 4.08 - juris Rn. 5). Es ist aber möglich, dass sonstige Umstände zu dem Schluss führen, die Person werde eine Verhaltensweise im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen.

11

c. Die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verlangte Prognose ist auf diejenige Person zu beziehen, deren Zuverlässigkeit in Frage steht. Die Unzuverlässigkeit anderer, selbst nahestehender Personen rechtfertigt als solche nicht den Schluss auf ihre Unzuverlässigkeit. Individuelle Verhaltenspotentiale werden allerdings durch das soziale Umfeld mitbestimmt. Daher bestehen keine Bedenken dagegen, die Gruppenzugehörigkeit einer Person - ein personenbezogenes Merkmal - als Tatsache heranzuziehen, welche die Annahme der Unzuverlässigkeit stützt. Gefordert ist jedoch, dass zwischen der Annahme der Unzuverlässigkeit und der Gruppenzugehörigkeit eine kausale Verbindung besteht. Gerade die Gruppenzugehörigkeit der Person muss die Prognose tragen, dass diese künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen wird. Nicht ausreichend ist, dass solche Verhaltensweisen innerhalb der Gruppe regelmäßig vorgekommen sind oder noch immer vorkommen. Vielmehr müssen bestimmte Strukturmerkmale der Gruppe die Annahme rechtfertigen, dass gerade auch die Person, die in Rede steht, sie künftig verwirklichen wird.

12

d. Die Mitgliedschaft in einer örtlichen Organisationseinheit der Rockergruppierung "Bandidos" rechtfertigt auch dann die Annahme der Unzuverlässigkeit im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG, wenn keine sonstigen Tatsachen für die Unzuverlässigkeit der betreffenden Person sprechen oder sogar - wie im vorliegenden Fall die bisherige Unbescholtenheit des Klägers - andere Tatsachen dagegen sprechen.

13

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, die nicht in einer § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise mit Verfahrensrügen angegriffen sind und den Senat daher binden (§ 137 Abs. 2 VwGO), sind von Mitgliedern der "Bandidos" gehäuft Straftaten unter zum Teil erheblicher Gewaltanwendung begangen worden. Aus den vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen ergibt sich weiter, dass die "Bandidos" ebenso wie eine Reihe anderer Gruppierungen territorialen und finanziellen Machtzuwachs innerhalb der Rockerszene anstreben und entsprechende Ansprüche regelmäßig mit Gewalt durchzusetzen versuchen. Insbesondere zwischen den "Hells Angels MC" und den "Bandidos" ist es danach zu gewalttätigen Auseinandersetzungen bis hin zu Schießereien gekommen. Generell werden nach dem angefochtenen Urteil Streitigkeiten aller Art innerhalb der Rockerszene, der die "Bandidos" zugehören, regelmäßig mit Gewalt ausgetragen. Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass innerhalb von Rockergruppierungen wie den "Bandidos" ein strenger Ehrenkodex sowie ein einheitliches, formalisiertes Aufnahmeritual gilt, ein starkes Maß innerer Verbundenheit vorherrscht, die verschiedenen örtlichen Organisationseinheiten miteinander vernetzt sind und es vorgekommen ist, dass eine örtliche Organisationseinheit der "Bandidos" wegen befürchteter Auseinandersetzungen mit den "Hells Angel MC" bundesweit Unterstützung anforderte.

14

Die Praxis der gewaltsamen Austragung der - ihrerseits szenetypischen - Rivalitäten und Konflikte mit anderen Rockergruppierungen muss danach als wesensprägendes Strukturmerkmal der "Bandidos" angesehen werden, das sich bei jeder ihrer örtlichen Organisationseinheiten und bei jedem ihrer Mitglieder zu jedem Zeitpunkt aktualisieren kann. Aufgrund der bundesweiten Vernetzung der örtlichen Organisationseinheiten und des hohen Loyalitätsdrucks, der aus dem starken Verbundenheitsempfinden der "Bandidos" untereinander folgt, erscheint es darüber hinaus möglich, dass ein "Bandidos"-Mitglied einheitsübergreifende Unterstützung bei Auseinandersetzungen leistet.

15

Daher besteht auch für den Kläger die Möglichkeit, dass er - selbst wenn er dies persönlich nicht anstreben sollte oder sogar für sich vermeiden wollte -‌ künftig in gewaltsame Auseinandersetzungen hineingezogen wird. Tritt dieser Fall ein, liegt es wiederum nicht fern, dass er hierbei - ob beabsichtigt oder unter dem Druck der Situation - Waffen missbräuchlich verwenden oder Nichtberechtigten überlassen wird.

16

Dass der Kläger bislang strafrechtlich und waffenrechtlich nicht negativ in Erscheinung getreten ist und früher waffenrechtlich zuverlässig gewesen sein mag, rechtfertigt keine abweichende Einschätzung. Mit dem Eintritt in die "Bandidos" hat er eine Tatsache geschaffen, die in Anbetracht der dargelegten Strukturmerkmale dieser Gruppierung zu einer Prognoseänderung führen muss. Die Möglichkeit des Hineinziehens in gewaltsame szeneinterne Auseinandersetzungen ist aus den genannten Gründen auch bei solchen Mitgliedern der "Bandidos" gegeben, die sich bislang rechtskonform verhalten haben. Die Vorstellung, einzelne Mitglieder könnten sich gegen die wesensimmanente Tendenz der Gruppierung zur Gewalttätigkeit stemmen oder ihr zumindest persönlich ausweichen, muss im Lichte des hohen Geschlossenheitsgrades der "Bandidos" und des hieraus resultierenden Konformitätsdrucks als fernliegend eingeschätzt werden. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, einzelne örtliche Organisationseinheiten könnten für sich eine Sonderexistenz jenseits der gruppentypischen Praxis führen. Den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs kann entnommen werden, dass die örtlichen Einheiten keine unumschränkte Aktionsfreiheit genießen. So wurde etwa das sog. Friedensabkommen mit den "Hells Angels MC" im Jahre 2010 durch eine Führungsgruppe mit Wirkung für alle Untergruppierungen abgeschlossen.

17

e. Zu keinem anderen Ergebnis führt, dass das Hineinziehen des Klägers in gewaltsame szeneinterne Auseinandersetzungen danach zwar möglich, andererseits aber auch nicht gesichert erscheint. An die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG geforderte Prognose dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Die Prognose hat sich an dem Zweck des Gesetzes zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz ohnehin verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (BVerwG, stRspr; vgl. etwa Urteil vom 30. September 2009 - 6 C 29.08 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 100 Rn. 17 m.w.N.). Ausgehend hiervon hat der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Urteil zu Recht angenommen, es sei kein Nachweis erforderlich, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG normierten Unzuverlässigkeitstatbestand verwirklichen wird. Ausreichend ist vielmehr, wie der Senat bereits ausgesprochen hat, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit hierfür besteht (Beschluss vom 31. Januar 2008 - 6 B 4.08 - juris Rn. 5). Die Prognose der Unzuverlässigkeit ist bei Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen wird. Hiervon ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grundlage seiner Tatsachenfeststellungen zu Recht nicht ausgegangen.

18

2. Der Widerruf der Erlaubnis nach § 27 Abs. 1 SprengG ist aus den entsprechenden Gründen von § 34 Abs. 2 Satz 1, § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c SprengG gedeckt.

19

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Bewachungsgewerbeerlaubnis.

Der Kläger ist Mitgesellschafter der Firma „T.“. Mit Bescheid des Landratsamts S. vom 11. März 2008 erhielt der Kläger nach § 34a GewO die Erlaubnis zur umfassenden Bewachungstätigkeit ohne Einschränkung. Zum 4. März 2008 meldete er die Firma als Gewerbe an und ergänzte seine Gewerbeanmeldung am 8. Juni 2010 um Versand- und Internet-Einzelhandel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren sowie am 30. Oktober 2012 um Büroservice und Arbeitnehmerüberlassung.

Am 25./26. Dezember 2010 kam es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung unter Mitgliedern der rivalisierenden MC B. und MC G. in S.. Nach polizeilichen Ermittlungen griffen Mitglieder des MC B. aus der Gaststätte „H.“ kommend vor deren benachbartem Vereinslokal „B.“ stehende Mitglieder des MC G. an. Mehrere Beteiligte wurden durch Schläge und Messerstiche verletzt, eine Person lebensgefährlich. Alle Beteiligten schwiegen sich über die Vorgänge aus. Der Kläger wurde von einer zum Tatort anrückenden Polizeistreife angetroffen, wie er sich in ruhiger Gangart entfernte und die Kutte mit den Abzeichen des MC B. trug. Auf Befragung gab er an, von einer Schlägerei nichts zu wissen. Mit Verfügung vom 14. Februar 2012 stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen hinsichtlich des Klägers nach § 170 Abs. 2 StPO ein (Behördenakte, Bl. 261 ff., 281 ff., 285).

Auf Anfragen im Bayerischen Landtag hin überprüfte das Landratsamt S. die Zuverlässigkeit des Klägers im Hinblick auf das Bewachungsgewerbe. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz teilte mit, der Kläger sei seit dem Jahr 2009 Mitglied („Member“) und Schriftführer („Secretary“) des MC B., und bestätigte die vor Erlaubniserteilung bekannten politischen Aktivitäten des Klägers (Behördenakte Bl. 205 f.).

Nach Anhörung und Äußerung des Klägers widerrief das Landratsamt mit Bescheid vom 31. Oktober 2012 die dem Kläger nach § 34a GewO erteilte Erlaubnis zur umfassenden Bewachungstätigkeit ohne Einschränkung, verpflichtete ihn zur Rückgabe der Erlaubnisurkunde innerhalb einer Woche nach Unanfechtbarkeit des Bescheids und drohte für den Fall der Nichterfüllung der Rückgabeverpflichtung ein Zwangsgeld in Höhe von 1000 Euro an. Es fehle an der Zuverlässigkeit des Klägers, da er Mitglied und Schriftführer des MC B. sei. Die Gewaltbereitschaft der B. und auch des C. zeige sich deutlich bei der Messerstecherei in S.. Zwar sei das Strafverfahren gegen den Kläger eingestellt worden; er habe sich jedoch unmittelbar vor der Auseinandersetzung mit weiteren Mitgliedern des MC B., die später die Tat begangen hätten, in der Nähe des Tatorts aufgehalten und das Lokal, von dem aus der Angriff begonnen worden sei, verlassen.

Gegen den Bescheid hat der Kläger Anfechtungsklage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg erhoben. Mit Urteil vom 1. August 2013 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab.

Der Kläger hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und beantragt:

1. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 1. August 2013 wird geändert.

2. Der Bescheid des Landratsamts S. vom 31. Oktober 2012 wird aufgehoben.

Zur Begründung führt er aus, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Mitglieder des MC B. das Gewaltmonopol des Staates missachteten, Selbstjustiz übten und die Durchführung von Racheaktionen pflegten sowie einem Schweigegelübde unterlägen. In Bayern sei es bisher zu keinem Vereinsverbot gegenüber Untergliederungen (Chapter) des MC B. gekommen. Nur ein Fall von Gewalttätigkeit sei im Verfassungsschutzbericht Bayern 2012 erwähnt, dies sei ein Fall einer Prügelei unter Mitgliedern des MC B. gewesen, wie sie in jeder Vereinigung vorkommen könnten. In allen anderen Fällen seien Mitglieder anderer Rockerbanden die Täter gewesen. Beim Vorfall am 25./26. Dezember 2010 sei der Kläger weder Rädelsführer dieses Vorkommnisses noch zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung anwesend gewesen. Der Kläger habe auch keine Möglichkeit oder Anlass gehabt, das Verlassen des Lokals durch die angreifenden Rocker zu unterbinden. Es sei reine Spekulation, dass er als ranghöchster Vertreter des MC B. etwas hätte tun können. Als Schriftführer bei einem kleinen Chapter habe er kein hohes Amt inne. Als er das Lokal „H.“ verlassen habe, sei bereits „alles vorbei“ gewesen. So habe er weder die Polizeibeamten herbeirufen noch diesen irgendwelche Hinweise auf den Sachverhalt geben können. Der Kläger unterliege keinem Schweigegebot, sondern habe mehrfach bei Strafverfahren als Zeuge umfangreiche Angaben gemacht und bei Einsätzen im Rahmen seines Bewachungsgewerbes mit der Polizei zusammengearbeitet. Er erkenne das Gewaltmonopol des Staates an und verabscheue Selbstjustiz. Dass der Kläger in den sechs Jahren seiner Zugehörigkeit zum MC B. - und zuvor zum MC G. - keine Straftaten begangen habe, zeige gerade, dass seine Zugehörigkeit keine negative Wirkung auf seine Berufsausübung habe. Die Selbstbezeichnung als „1-Prozenter“ symbolisiere in der heutigen Praxis der europäischen Motorradfahrerszene die Zugehörigkeit zu einer ausgesprochenen Minderheit und ein elitäres Selbstverständnis. Die europäische Motorradfahrerszene habe nichts mit einer amerikanischen Motorradfahrerszene aus dem Jahr 1947 zu tun. Die Hierarchie sei auch nicht anders als in anderen Vereinen. Im Fall einer Entziehung der Gewerbeerlaubnis für das Bewachungsgewerbe sei die wirtschaftliche Existenz des Klägers zerstört, denn die anderen Geschäftsfelder seiner Firma (Textilhandel und Bürodienstleistungen) befänden sich noch im Aufbau. Der Widerruf sei auch wegen Art. 12 Abs. 1 GG unverhältnismäßig. Auch das Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG wäre mittelbar verletzt, würde die Mitgliedschaft des Klägers beim MC B. den Grund für eine existenzvernichtende Gewerbeuntersagung bieten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 1. August 2013 zurückzuweisen.

Der Kläger sei im Sinne des Gewerberechts unzuverlässig. Die Mitgliedschaft und aktive Betätigung in einer „Outlaw Motorcycle Gang“ (OMCG - „gesetzlose Rockerbande“) rechtfertige die Annahme, dass der Kläger nicht die für das Bewachungsgewerbe erforderliche Zuverlässigkeit besitze.

Auf Anfrage des Verwaltungsgerichtshofs teilte das Bayerische Landeskriminalamt u. a. mit, über Organisations-Straftaten von Mitgliedern des MC B. lägen keine Erkenntnisse vor; als strafrechtsrelevante Vorfälle seien u. a. eine Prügelei von zwei Mitgliedern des MC B. mit zwei Mitgliedern des MC G. wohl aufgrund eines zufälligen Aufeinandertreffens (Kläger unbeteiligt) und der Vorfall am 25./26. Dezember 2010 als gezielte Provokation des MC G. (Beteiligung des Klägers ungeklärt) bekannt.

In der mündlichen Verhandlung betonte der Kläger, der MC B. umfasse etwa zehn Mitglieder und in ihm werde demokratisch abgestimmt; weder der Präsident noch der Schriftführer hätten herausgehobene Stellungen. Ob beim Vorfall am 25./26. Dezember 2010 noch ein anderer Funktionsträger anwesend gewesen sei, könne er nicht mehr sagen; es habe sich vermutlich um eine spontane Verabredung gehandelt. Es habe im Hinblick auf die Schlägerei auch danach keine vereinsinternen Maßnahmen gegeben, da es sich nicht um eine Unternehmung des Vereins gehandelt habe. Zuwiderhandlungen von Einzelnen seien für ihn kein Grund, die Gemeinschaft mit Anderen, die er als seine Freunde ansehe und bei denen es sich um persönlich und charakterlich untadelige Leute handele, zu beenden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten sowie die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten weiteren Unterlagen und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, weil das Verwaltungsgericht die Anfechtungsklage des Klägers zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da der Bescheid des Landratsamts S. vom 31. Oktober 2012 nicht rechtswidrig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig, weil der Widerruf der Erlaubnis des Klägers zur Ausübung des Bewachungsgewerbes auf Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG i. V. m. § 34a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewO gestützt werden konnte.

I.

Nachträglich eingetretene Tatsachen im Sinne von Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG liegen vor.

1. Nachträglich nach Erteilung der Erlaubnis mit Bescheid des Landratsamts S. vom 11. März 2008 eingetretene Tatsachen liegen nicht in Gestalt der politischen Aktivitäten des Klägers vor, da diese bereits bei Erteilung der Erlaubnis nach Inhalt und Umfang im Wesentlichen bekannt gewesen waren.

2. Für den streitgegenständlichen Erlaubniswiderruf zeitlich und sachlich relevante Tatsachen bestehen jedoch im Verhalten des Klägers als Mitglied und Inhaber einer Funktionsstellung beim MC B. im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung von Mitgliedern des MC B. mit Mitgliedern des rivalisierenden MC G. am 25./26. Dezember 2010 in S.

II.

Aufgrund dieser nachträglich eingetretenen Tatsachen wäre die Behörde berechtigt, dem Kläger die Erlaubnis zur Ausübung des Bewachungsgewerbes zu versagen, da er die für diesen Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.

1. Für die gewerbsmäßige Bewachung von Leben und Eigentum fremder Personen bedarf ein Gewerbetreibender nach § 34a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewO einer spezifischen Zuverlässigkeit, die aus der besonderen Stellung dieses Gewerbes mit Blick auf seine Konfliktträchtigkeit und „Nähe“ zur Ausübung von Gewalt resultiert.

Da dem Gewerberecht ein absoluter Zuverlässigkeitsbegriff fremd ist, kommt es für die Prüfung der Unzuverlässigkeit auf das jeweilige Gewerbe und den Schutzzweck der entsprechenden gewerberechtlichen Bestimmungen an (vgl. BVerwG, U. v. 27.6.1961 - 1 C 34.60 - GewArch 1961, 166).

Das Bewachungsgewerbe entlastet staatliche Sicherheitsbehörden von der Aufgabe einer - von diesen kapazitätsmäßig tatsächlich nicht leistbaren - ubiquitären Gewährleistung der Sicherheit, indem private Bewachungsunternehmen für (meist) private Auftraggeber konkrete Präventivaufgaben wie die Bewachung von Personen und Sachen übernehmen. Sie üben im privaten Auftrag polizeiähnliche Funktionen (vgl. Höfling in Friauf, GewO, Stand: 271. EL August 2013, § 34a GewO Rn. 20) und eine quasistaatliche Sicherheitsrolle aus. Dabei genießen Bewachungsunternehmer jedoch keine weiter reichenden Befugnisse als andere Private. Ihnen stehen nach § 34a Abs. 5 GewO nur die sogenannten „Jedermann-Rechte“ zu, die zwar u.U. auch die Anwendung von Gewalt einschließen, in deren Ausübung sie aber strikt den Grundsatz der Erforderlichkeit und das staatliche Gewaltmonopol respektieren müssen. Den Grundsatz der Erforderlichkeit hat der Gesetzgeber in § 34a Abs. 5 Satz 2 GewO eigens hervorgehoben.

Die spezifischen Pflichten eines Bewachungsunternehmers resultieren erstens aus der Gefahrgeneigtheit der Bewachungstätigkeit aufgrund der Schutzbedürftigkeit der Bewachungsobjekte, zweitens aus der Konfliktträchtigkeit der Erfüllung des Schutzauftrags gegenüber rechtswidrigen Angriffen Dritter sowie drittens aus der strengen Rechtsbindung insbesondere bei der Ausübung der sogenannten „Jedermann-Rechte“ unter Anwendung von körperlicher Gewalt nur in den engen Grenzen des Erforderlichen.

Bereits im Vorfeld seiner Tätigkeit muss ein Bewachungsunternehmer daher etwaige Gefahren erkennen und ihnen vorbeugen, potentielle Konflikte aufspüren und ihnen durch deeskalierendes Verhalten so entgegentreten, dass sich das Konfliktpotential gar nicht erst entlädt, sowie jegliche Provokationen unterlassen. Prävention und Deeskalation statt Provokation prägen das von § 34a Abs. 1 Satz 1 GewO vorgesehene Pflichtenprofil des Bewachungsgewerbes; nicht Gewaltanwendung, sondern Gewaltvermeidung muss nach § 34a Abs. 5 GewO die Handlungsmaxime sein. Deshalb gehören u. a. solche Fähigkeiten zum vorgeschriebenen Inhalt des Unterrichts, den Selbstständige im Bewachungsgewerbe durchlaufen müssen (vgl. § 34a Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GewO, § 1 Abs. 2 und insbesondere § 4 Satz 1 Nr. 5 BewachV, wo der Verordnungsgeber prägnant den Umgang mit Menschen, das Verhalten in Gefahrensituationen und Deeskalationstechniken in Konfliktsituationen nennt).

2. An diesen Maßstäben gemessen ist beim Kläger nach dem Gesamteindruck seines außergewerblichen Verhaltens im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung von Mitgliedern des MC B. mit Mitgliedern des rivalisierenden MC G. am 25./26. Dezember 2010 in S. eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit in Bezug auf das Bewachungsgewerbe anzunehmen.

a) Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233; BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2; std. Rspr.). Grundsätzlich ist für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden zwar auf sein Verhalten bei der Ausübung seines Gewerbes abzustellen, so dass Pflichtverletzungen gegenüber Beschäftigten, Gläubigern und Kunden die Annahme der Unzuverlässigkeit tragen können (zu Straftaten BayVGH, B. v. 15.2.2012 - 22 C 11.2563 - Rn. 4 ff.; BayVGH, B. v. 21.8.2012 - 22 C 12.1256 - Rn. 8; zur Verletzung zivilrechtlicher Pflichten gegenüber Kunden BayVGH, B. v. 20.10.2011 - 22 ZB 11.1473 - Rn. 7; zur Überschuldung BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233 f.; BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2; std. Rspr.). Ein Verhalten außerhalb der Gewerbeausübung kann nur herangezogen werden, soweit sich daraus Rückschlüsse auf Charakter oder Verhaltensweisen des Gewerbetreibenden ziehen lassen, die ihrerseits auch für sein Gewerbe relevant werden können (vgl. Brüning in Pielow, GewO, 2009, § 35 Rn. 22 m. w. N.; Ennuschat in: Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Aufl. 2011 § 34a Rn. 33). So können z. B. Eigentums- oder Vermögensdelikte eines Gewerbetreibenden darauf schließen lassen, dass er dazu neigt, sich fremdes Eigentum oder Vermögen in strafbarer Weise zu verschaffen, und die betroffenen Rechtsgüter nicht respektiert (vgl. BayVGH, B. v. 21.8.2012 - 22 C 12.1256 - Rn. 8). Für Bewachungsunternehmer gilt dies entsprechend; auch Tatsachen, die Rückschlüsse auf die Einstellung des Gewerbetreibenden zum Umgang mit Konfliktfällen und zur Gewaltvermeidung zulassen, sind hierbei von besonderer Bedeutung (vgl. auch Höfling in Friauf, GewO, Stand: 271. EL August 2013, § 34a GewO Rn. 76 f. m. w. N.). Es braucht sich nicht unbedingt um strafrechtlich relevante Tatsachen zu handeln.

Der Kläger ist zwar bisher in Ausübung seines Bewachungsgewerbes nicht durch Rechtsverstöße aufgefallen. Aber aus seinem außergewerblichen Verhalten im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung von Mitgliedern des MC B. mit Mitgliedern des rivalisierenden MC G. am 25./26. Dezember 2010 in S. lassen sich Rückschlüsse auf Charakter und Verhaltensweisen des Klägers ziehen, die den weiteren Schluss zulassen, dass der Kläger nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er die spezifischen Pflichten seines Gewerbes erfüllt.

b) Der Kläger hat durch sein Verhalten im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung von Mitgliedern des MC B. mit Mitgliedern des rivalisierenden MC G. am 25./26. Dezember 2010 in S. gezeigt, dass er außergewerblich an bewussten Provokationen teilnimmt, potentielle Konflikte nicht vermeidet und die Gefahr von Gewalttätigkeiten ignoriert.

aa) Die vom Kläger so bezeichnete „Kneipentour“ (Schriftsatz vom 13.1.2014, VGH-Akte Bl. 103/105) von Mitgliedern des MC B. am 25./26. Dezember 2010 in S. war nach dem objektiven äußeren Eindruck nicht lediglich eine spontane private Verabredung, sondern ein dem MC B. zurechenbarer, martialisch wirkender Auftritt als organisierte Gruppe.

Das damalige Auftreten der Mitglieder des MC B. in B.-Kutten konnte auch vom MC G. nicht - wie vom Kläger dargestellt - als private Veranstaltung, sondern nur als organisiertes Auftreten der rivalisierenden Gruppierung aufgefasst werden.

Nicht überzeugen konnte der Kläger mit seinem Versuch, die Selbstdarstellung der am 25./26. Dezember 2010 beteiligten Mitglieder des MC B.g zu verharmlosen. Deren Auftreten ist vor dem Hintergrund der Selbstdarstellung des gesamten Vereins MC B. zu sehen. Der Kläger war zwar auch insofern um Verharmlosung bemüht, indem er das Symbol der „1%-Raute“ nicht als Reminiszenz an die schweren Auseinandersetzungen zwischen Rockern und der Polizei 1947 in Hollister/USA sondern als „Modetrend“ darstellte (vgl. Niederschrift vom 13.2.2014, S. 3, 6). Aber für die Chapter des MC B. ist dieses Symbol nach ihrer Gründungsgeschichte und Herkunft prägend; es handelt sich um ein Selbstbeschreibungs- und Selbstunterscheidungsmerkmal von „Outlaw Motorcycle Gangs“ (OMCG) gegenüber „normalen“ und von ihnen als „Wochenendlern“ bezeichneten Motorradfahrern (vgl. Vahldieck in BKA [Hrsg.], Gewaltphänomene - Strukturen, Entwicklungen und Reaktionsbedarf, BKA-Herbsttagung 2010, S. 4; zum Verfahrensgegenstand gemacht mit Schreiben vom 12.12.2013, VGH-Akte Bl. 59/65 ff.). Dieser Selbststilisierung dienen auch typische OMCG-Wahlsprüche wie „God forgives, Outlaws don’t“ - welchen der MC B. variiert („God forgives B. don’t“, www.b..de, Abruf vom 9.12.2013) - oder „sangre por sangre“, was nach Darstellung des Klägers Ausdruck einer besonderen Verbundenheit, einer Art Blutsbrüderschaft sei (vgl. Niederschrift vom 13.2.2014, S. 3). Der Kläger hat zwar darauf hingewiesen, dass derartige Aussagen nicht wörtlich zu nehmen seien. Dies vermag nicht durchgehend zu überzeugen. Mögen auch Gruppen Jugendlicher oder Heranwachsender ohne besonderes Nachdenken martialisch wirkende Sprüche zur Selbstdarstellung verwenden, kann jedenfalls von einer Gruppe in Beruf und Familie stehender Erwachsener, wie sie die Mitglieder des MC B. nach Darstellung des Klägers als demokratisch entscheidende, persönlich und charakterlich untadelige Leute (Niederschrift vom 13.2.2014, S. 5) sein sollen, eine zumindest erkennbare äußere und innere Distanzierung von derartigen Aussagen erwartet werden. Anderenfalls wirkt das organisierte Auftreten als Provokation gerade durch den MC B., so wie hier geschehen.

Aus diesem Grund war der mehrstündige Aufenthalt von Mitgliedern des MC B. in B.-Kutten vom objektiven Empfängerhorizont des MC G. aus nicht als private Veranstaltung, sondern als Auftreten der rivalisierenden Organisation MC B. aufzufassen. Dafür spricht auch, dass der Konflikt nach Mitteilung eines der Präsidenten erst im Mai 2011 dauerhaft beigelegt worden und somit von beiden Seiten nicht als privater Streit, sondern als Konflikt zwischen den OMCG verstanden worden sei (vgl. KPI-Z N., Niederschrift vom 13.2.2014, S. 3).

bb) Das Auftreten der Mitglieder des MC B. einschließlich des Klägers am 25./26. Dezember 2010 in S. mit dem Besuch des dem Vereinslokal des MC G. gegenüber gelegenen Lokals war eine Provokation des rivalisierenden MC G. vor allem auch vor dem Hintergrund eines länger schwelenden Konflikts um Gebietsansprüche nach einer Abspaltung innerhalb des MC G..

Anfang des Jahres 2009 verließen der Kläger und weitere Mitglieder des MC G. den MC G., wechselten zum rivalisierenden MC B. und bildeten den neuen MC B., obwohl sie ihre Wohnsitze in S. hatten (vgl. BayLKA vom 17.1.2014, VGH-Akte Bl. 112/115). In S. blieb der MC G. bestehen. Somit existierten am selben Ort zwei Chapter konkurrierender OMCG.

Am 4. Januar 2010 ist ein interner Aufruf des MC G. wegen mangelnden Respekts seiner Gebietsansprüche durch den MC B. in N. polizeibekannt geworden; der MC G. sei von Mitgliedern anderer Chapter des MC G. aus dem Bundesgebiet unterstützt worden, während der MC B. diesen provoziert habe, indem seine Mitglieder offen in Kutten in S. aufgetreten seien. Durch intensive polizeiliche Maßnahmen sei eine Eskalation verhindert worden; im März 2010 seien die Streitigkeiten zunächst beigelegt worden (vgl. BayLKA vom 17.1.2014, VGH-Akte Bl. 112/115), aber wiederholte Provokationen des MC B. gegen den MC G. hätten die Situation verschärft, bis sie in o.g. Überfall wieder eskaliert sei (vgl. BayLfV [Hrsg.], Verfassungsschutzbericht Bayern 2010, S. 237). Im Jahr 2011 griff umgekehrt ein Mitglied des MC G. ein Mitglied des MC B. an (vgl. BayLfV [Hrsg.], Verfassungsschutzbericht Bayern 2011, S. 258). Es habe sich im Jahr 2010 nur um eine Art Waffenstillstand gehandelt, denn der Konflikt habe weitergeschwelt, wie die Mitteilung der dauerhaften Konfliktbeilegung durch einen Präsidenten erst im Mai 2011 zeige (vgl. KPI-Z N., Niederschrift vom 13.2.2014, S. 3).

cc) Insgesamt ergibt sich für den Verwaltungsgerichtshof folgendes Bild: Der Kläger nahm durch seinen mehrstündigen Aufenthalt mit weiteren Mitgliedern des MC B. in B.-Kutten in Lokalen in S. und sogar im dem Vereinslokal des MC G. gegenüber gelegenen Lokal eine Provokation des MC G. durch den MC B. mindestens bewusst in Kauf.

Aufgrund seiner Kenntnis der Vorgeschichte und der Abspaltung, die seinen Angaben zu Folge zwischenmenschliche Gründe hatte, ohne dass seitens des MC G. Racheakte ihm oder anderen Personen gegenüber erfolgt seien (Schreiben vom 13.1.2014, VGH-Akte Bl. 103/104), wusste der Kläger um die Brisanz dieser Art von Auftritt in S.. Dennoch verzichtete er weder auf ein Tragen der B.-Kutte noch auf einen Aufenthalt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Vereinslokal des MC G.. Ein solches Auftreten konnte und musste vom MC G. nur als Provokation verstanden werden (vgl. KPI-Z N., Niederschrift vom 13.2.2014, S. 3). Nach polizeilicher Einschätzung ist zwar nicht nachweisbar, dass sich der MC B. auf eine gewaltsame Auseinandersetzung vorbereitet hatte, aber eine gezielte Provokation sei geplant gewesen, bei der man ein gewalttätiges Ende nicht habe ausschließen können (vgl. KPI-Z N., Niederschrift vom 13.2.2014, S. 4 f.).

c) Der Kläger hat auch nichts unternommen, um die entstandene gewalttätige Auseinandersetzung zu unterbinden oder wenigstens zu stoppen, obwohl er als „Secretary“ (Schriftführer) des MC B. die herausgehobene Stellung eines „Officer“ bekleidete und diese hier hätte nutzen können.

Als „Secretary“ bekleidet der Kläger im MC B. ein Funktionsamt in der internen Hierarchie, die sich rockertypisch aus „President“ und „Vice-President“ an der Spitze sowie den „Officers“ „Sergeant at Arms“, „Secretary“, „Treasurer“ und „Road Captain“ zusammensetzt, welche die Aufgabenbereiche der Bewaffnung und Sicherung, der Schriftführung und Außendarstellung, der Finanzverwaltung und der Planung und Durchführung von Ausfahrten wahrnehmen (vgl. BayLKA vom 17.1.2014, VGH-Akte Bl. 112 f.; Niederschrift vom 13.2.2014, S. 4).

Auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist die Darstellung des Klägers nicht überzeugend, dass er vom zuletzt besuchten Lokal aus in Sichtweite des Vereinslokals des MC G. den Angriff der eigenen Mitglieder bis zuletzt nicht mitbekommen haben will. Nach eigenen Angaben will der Kläger im Lokal gewesen sein, bis „alles vorbei“ gewesen sei, so dass er weder die Polizei rufen noch irgendwelche Hinweise auf den Sachverhalt habe geben können (Schriftsatz vom 18.10.2013, VGH-Akte Bl. 33/39). Er habe vom eigentlichen Vorfall nichts mitbekommen (Niederschrift vom 13.2.2014, S. 2). Dies ist jedoch nicht nachvollziehbar, denn die konfliktträchtige Situation war bereits zuvor von ihm und anderen Mitgliedern des MC B. bewusst in Kauf genommen worden und konnte - wie dem Kläger klar sein musste - jederzeit in Gewalttätigkeiten - auch der anderen Seite - umschlagen, so dass das Geschehen vor dem Lokal und auf der Straße erst recht besondere Aufmerksamkeit erregen musste. Von daher ist es für den Verwaltungsgerichtshof nach wie vor nicht nachvollziehbar, dass er dem Geschehen seinen Lauf ließ.

Die gewalttätige Auseinandersetzung ging von den den Kläger begleitenden Mitgliedern des MC B. aus. Nach polizeilichen Feststellungen griffen Mitglieder des MC B. anlasslos und überraschend vor ihrem Clublokal stehende Mitglieder des MC G. an. Die gewalttätige und bewaffnete Auseinandersetzung forderte mehrere durch Schläge und Messerstiche Verletzte.

d) Nach dem als vorsätzliche Straftat zu wertenden Überfall, der nach polizeilichen Feststellungen von zuvor mit dem Kläger im Lokal anwesenden Mitgliedern des MC B. ausgegangen war, unterstützte der Kläger weder die polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen durch sachdienliche Hinweise, noch distanzierte er sich äußerlich und innerlich von Tat und Tätern, noch trug er aktiv dazu bei, dass sich dergleichen im MC B. nicht mehr wiederholen kann.

Der Kläger hat seine mangelnde Bereitschaft zur Klärung und Aufarbeitung des wegen schwerer Stichverletzungen gravierenden Vorfalls und seine mangelnde Bereitschaft zur künftigen Verhinderung derartiger Gewaltexzesse zunächst durch seine mangelnde Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden nach der Auseinandersetzung gezeigt. Zwar bestreitet der Kläger, einem Schweigegebot zu unterliegen, denn er habe mehrfach bei Strafverfahren als Zeuge umfangreiche Angaben gemacht und bei Einsätzen im Rahmen seines Bewachungsgewerbes mit der Polizei zusammengearbeitet. Er erkenne das Gewaltmonopol des Staates an und verabscheue Selbstjustiz. Dass der Kläger über Dritte keinem Schweigegebot unterliegt, die mit dem MC B. oder anderen OMCG nichts zu tun haben, mag sein. Ebenso mag er mit der Polizei bei der Aufklärung von Delikten zusammenarbeiten, in die keine Mitglieder von OMCG verwickelt sind. Die nähere Aufklärung der Auseinandersetzung vom 25./26. Dezember 2010 scheiterte aber an der „Mauer des Schweigens“, die er und die Mitglieder des MC B. ebenso wie jene des MC G. gegenüber den Strafverfolgungsbehörden errichteten (KPI S., Schlussvermerk vom 23.8.2011, Behördenakte Bl. 271/276).

Weiter trennte sich weder der MC B. von den Tätern, noch trennte sich der Kläger vom MC B.. Vereinsintern habe es keine Maßnahmen gegen die beteiligten Mitglieder gegeben, da es sich nicht um eine Unternehmung des Vereins gehandelt habe, so der Kläger (Niederschrift vom 13.2.2014, S. 2). Dem kann in keiner Weise gefolgt werden. Da es sich nach Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs um eine mindestens bewusst in Kauf genommene Provokation des MC B. gegenüber dem rivalisierenden MC G. gehandelt hat, handelte es sich sehr wohl um eine Angelegenheit des MC B.. Da die Auseinandersetzung bis hin zu lebensgefährlichen Verletzungen eskalierte, ist es unverständlich, dass nicht alles unternommen worden ist, um vereinsintern Aufarbeitung und Prävention zu betreiben. Da bis zur dauerhaften Konfliktbeilegung noch fast ein halbes Jahr verging, wäre ein aktiver Einsatz aller Mitglieder des MC B. erforderlich gewesen, um eine Wiederholung solcher Auseinandersetzungen dauerhaft zu verhindern. Doch der Kläger unternahm in dieser Richtung nichts; er war auch nicht an den Gesprächen zur Beilegung des Konflikts beteiligt (Niederschrift vom 13.2.2014, S. 5).

e) Es kann dahinstehen, ob der Kläger aktiv auf die Planung, Vorbereitung und Durchführung dieser Provokation Einfluss nahm oder nicht. Indem er als Mitglied des MC B. am 25./26. Dezember 2010 in S. in B.-Kutte und in unmittelbarer Nähe zum Vereinslokal des MC G. mit anderen Mitgliedern auftrat, hat er jedenfalls selbst eine Provokation begangen. Auch wenn die folgende Eskalation nach polizeilicher Einschätzung wohl nicht geplant war, tat der Kläger aber trotz seiner Berufserfahrung, seiner Vertrautheit mit den Charakteristika der beteiligten OMCG und seines Funktionsamts nichts, um einer Eskalation vorzubeugen oder sie zu verhindern.

Es entlastet den Kläger auch nicht, dass er behauptet, in R. seien noch niemals „Gebietskämpfe“ mit anderen Clubs ausgetragen worden, bayernweit seien ihm keine solchen bekannt und kein ihm bekannter MC sei überhaupt im Besitz oder Eigentum eigener Gebiete (Schriftsatz vom 13.1.2014, VGH-Akte Bl. 103/106), denn es geht hier nicht um pauschale Behauptungen und Gegenbehauptungen, sondern um konkrete Sachverhalte. Die Auseinandersetzung am 25./26. Dezember 2010 spielte sich in S. und nicht in R. ab und war nach der überzeugenden polizeilichen Einschätzung eine gezielte Provokation vor dem Hintergrund einer lokalen Rivalität zwischen den Chaptern des MC B. und des MC G. (vgl. BayLKA vom 17.1.2014, VGH-Akte Bl. 112/115; KPI-Z N., Niederschrift vom 13.2.2014, S. 3). Insoweit ist auch das Fehlen von Anhaltspunkten für eine gezielte Einflussnahme von OMCG auf Betriebe, Diskotheken oder Clubs in der Oberpfalz oder in N. (BayLKA vom 17.1.2014, VGH-Akte Bl. 112/114 f.) hier nicht ausschlaggebend.

Dass der Kläger als „Secretary“ keine Befehlsbefugnis innegehabt haben will, ändert nichts an seiner Mitverantwortung für die Provokation durch eigenes Fehlverhalten und entlastet ihn nicht wesentlich von seiner Mitverantwortung für das Fehlverhalten der Gruppe, denn er hätte im Vorfeld auf die anderen Mitglieder - selbst ohne hierarchische Befehlsgewalt wenigstens aufgrund seiner persönlichen Autorität oder jener als „Officer“ überredend und überzeugend - mäßigend einwirken und ein anderes Lokal wählen können. Statt dessen begab er sich mit ihnen gezielt in die unmittelbare Sichtweite des Vereinslokals des MC G., wo schon aufgrund der direkten Nachbarschaft eine Eskalation greifbar in der Luft lag. Trotz dieser für ihn erkennbaren Konfliktträchtigkeit der Situation blieb der Kläger vor Ort und entfernte sich erst nach der Auseinandersetzung.

3. Ohne den Widerruf der Bewachungserlaubnis des Klägers wäre das öffentliche Interesse gefährdet, denn angesichts seiner gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit besteht die Gefahr, dass er auch in seiner Berufsausübung die gesetzlichen Anforderungen an die besonderen Pflichten eines Bewachungsunternehmers wie Konfliktvermeidung und Konfliktbeilegung möglichst ohne Gewaltanwendung nicht erfüllt.

Für den Widerruf einer Gewerbeerlaubnis nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG genügt zwar nicht, dass er lediglich im öffentlichen Interesse liegt, sondern der Widerruf muss zur Abwehr einer Gefährdung des öffentlichen Interesses, also zur Beseitigung oder Verhinderung eines sonst drohenden Schadens für wichtige Gemeinschaftsgüter geboten sein. Allerdings kann bereits aus dem Fehlen erforderlicher Eignungsvoraussetzungen die Gefährdung des öffentlichen Interesses gefolgert werden (vgl. BVerwG, B. v. 17.8.1993 - 1 B 112/93 - juris Rn. 6 m. w. N.; BayVGH, B. v. 25.9.2012 - 22 ZB 12.731 - Rn. 13). Im vorliegenden Fall gefährdet die fehlende Zuverlässigkeit des Klägers das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit und Ordnung als wichtiges Gemeinschaftsgut. Es wäre mit der besonderen Stellung des Bewachungsgewerbes und seiner polizeiähnlichen Funktion nicht vereinbar, würde der Kläger als Bewachungsunternehmer auch in seiner Berufsausübung konfliktträchtige Situationen gezielt herbeiführen, gewaltbereite Dritte bewusst provozieren und anschließend an der strafrechtlichen Aufarbeitung der daraus entstandenen Eskalation nicht mitwirken. Dann wäre der Kläger als Bewachungsunternehmer gerade keine Entlastung für die staatlichen Sicherheitsbehörden, sondern eine Belastung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Seine weitere gewerbliche Berufsausübung angesichts dieser von ihm gezeigten außergewerblichen Verhaltensweisen zu unterbinden, liegt daher im wohlverstandenen öffentlichen Interesse, das ohne den Widerruf der Bewachungserlaubnis des Klägers sonst ernstlich gefährdet wäre.

Den Kläger weniger belastende Mittel stehen nicht zur Verfügung, da auch betriebsbezogene Nebenbestimmungen wie Beschäftigungsverbote für Mitglieder, Anwärter oder Interessenten des MC B. als Bewachungspersonal die in der Person des Klägers liegenden Unzuverlässigkeitsmerkmale nicht beseitigen würden.

4. Die innerhalb der Widerrufsfrist des Art. 48 Abs. 4, Art. 49 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG ergangene Widerrufsentscheidung leidet auch nicht an Ermessensfehlern.

Insbesondere liegt keine Ermessensfehleinstellung darin, dass die Behörde den Widerruf zunächst auch auf die vorliegend nicht maßgeblichen politischen Aktivitäten des Klägers gestützt hatte, weil sie ihn selbstständig tragend auf sein Verhalten im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung vom 25./26. Dezember 2010 gestützt hat.

Das Landratsamt hat das private Interesse des Klägers an der fortgesetzten Ausübung seines Bewachungsgewerbes rechtsfehlerfrei hintangestellt, da er zur Sicherung seines Lebensunterhalts nicht allein darauf angewiesen ist, sondern sich weitere Geschäftsfelder erschlossen hat (Versand- und Internet-Einzelhandel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren; seit 30.10.2012 auch Büroservice und Arbeitnehmerüberlassung). Mögen diese auch noch von untergeordneter Bedeutung sein, so bleibt dem Kläger doch die Möglichkeit, sich weitere Geschäftsfelder zu erschließen, von denen zu erwarten ist, dass sie seinen künftigen Lebensunterhalt werden sichern können. Zudem bleibt ihm unbenommen, neue nicht sicherheitsrelevante gewerbliche Tätigkeiten aufzunehmen, da er sich nur für die spezifischen Anforderungen des Bewachungsgewerbes als unzuverlässig erwiesen hat, oder sich eine abhängige Beschäftigung zu suchen.

III.

Der Widerruf seiner Bewachungserlaubnis verletzt den Kläger auch nicht in seiner Berufswahlfreiheit, seinem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder seiner Vereinigungsfreiheit.

1. Der Widerruf seiner Bewachungserlaubnis verletzt den Kläger nicht in seinem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, wobei dahinstehen kann, ob dieses in den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG fällt, da in diesem Fall durch Art. 12 Abs. 1 GG Schutz zu gewähren wäre. Im Übrigen stellt die Möglichkeit eines Widerrufs unter den hier erfüllten gesetzlichen Voraussetzungen jedenfalls eine verfassungsmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) sowie der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) dar.

2. Der Widerruf seiner Bewachungserlaubnis verletzt den Kläger auch nicht in seiner von Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Vereinigungsfreiheit, weil der Widerruf nicht an seine bloße Mitgliedschaft im MC B. als einem nicht verbotenen Verein anknüpft, sondern an sein persönliches Verhalten im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung vom 25./26. Dezember 2010.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 ff. ZPO i. V. m. § 167 Abs. 2 VwGO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Gründe

I.

1

Der Kläger ist ein nicht eingetragener Verein mit Sitz in Flensburg. Er ist Teil der "Hells Angels"-Bewegung. Durch Verfügung vom 21. April 2010 stellte das beklagte Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein fest: Der Zweck und die Tätigkeit des Klägers liefen den Strafgesetzen zuwider. Der Kläger richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Er sei deshalb verboten und werde aufgelöst. Das Vermögen des Klägers sowie näher bezeichnete Sachen Dritter wurden beschlagnahmt und eingezogen.

2

Auf die Klage des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht die Verfügung insoweit aufgehoben, als darin festgestellt wurde, der Kläger richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen: In formeller Hinsicht sei nicht zu beanstanden, dass der Beklagte unter Hinweis auf einen unerwünschten "Ankündigungseffekt" von einer vorherigen Anhörung des Klägers abgesehen habe. In materieller Hinsicht sei die Verfügung rechtmäßig, soweit der Beklagte sie auf den Verbotsgrund der Strafgesetzwidrigkeit gestützt habe. Eine strafgesetzwidrige Zwecksetzung und Tätigkeit des Klägers lasse sich allein schon aus der Zurechnung einer Straftat seines damaligen Präsidenten ableiten, wegen der ihn das Landgericht Flensburg durch rechtskräftiges Urteil vom 29. April 2011 wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt habe. Bei der Tat habe es sich um einen organisierten Angriff auf ein Mitglied der mit dem Kläger rivalisierenden Rockergruppe der "Bandidos" gehandelt. Ihr komme nach Anlass und Ausführung sowie mit Rücksicht auf die herausgehobene Position des Täters in seiner Funktion als Vereinspräsident eine den Kläger prägende Funktion zu. Hinzu träten weitere, dem Kläger zurechenbare Straftaten von Vereinsmitgliedern, unter anderem Verstöße gegen das Waffenrecht. Das Vereinsverbot erweise sich auch dann als rechtmäßig, sofern es mit Rücksicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als ultima ratio lediglich dann angewendet werden dürfe, wenn - was hier der Fall sei - mildere Mittel wie partielle Betätigungsverbote, Warnungen oder die Anwendung von Straftatbeständen nicht in Betracht kämen oder ausgeschöpft seien. Gegen die Übermittlung und Nutzung von Daten aus Strafverfahren sowie von solchen Daten, die Polizeibehörden zum Zwecke der Gefahrenabwehr erhoben und gespeichert hätten, bestünden keine Bedenken, die sich auf die Rechtmäßigkeit des Vereinsverbots auswirken könnten. Der Beklagte könne sich als Behörde der Gefahrenabwehr insoweit auf die §§ 177 ff. LVwG stützen. Soweit Daten aus Strafverfahren an den Beklagten weitergeleitet und von ihm ausgewertet worden seien, lägen die Voraussetzungen einer Datenübermittlung und -verwendung gemäß § 481 StPO vor, der auf das Landesverwaltungsgesetz als Polizeigesetz verweise. Selbst wenn nach verfassungsrechtlichen Maßstäben eine präzisere gesetzliche Festlegung der Befugnisse zur Datenverarbeitung im Zusammenhang mit Vereinsverboten erforderlich sein sollte, bestehe kein Verwertungsverbot für die personenbezogenen Informationen, die der Beklagte aus Strafverfahren und Datensammlungen zur Gefahrenabwehr erlangt habe.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II.

4

Der Senat hat das Rubrum dahin gefasst, dass der Kläger durch seine in der Beschwerdeschrift benannten noch verbliebenen sieben Mitglieder vertreten wird. Wie das Oberverwaltungsgericht bereits zutreffend dargelegt hat, entspricht dies dem in § 54 Satz 1 in Verbindung mit §§ 709, 710, 714 BGB niedergelegten Grundsatz, nach dem den Mitgliedern eines nicht rechtsfähigen Vereins die Geschäftsführung und Vertretung gemeinschaftlich zusteht, sofern nichts anderes vereinbart wurde, wofür hier nichts ersichtlich ist.

5

Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

6

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 20. Februar 2012 - BVerwG 6 B 38.11 - juris Rn. 11). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

7

1. Der Kläger wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,

ob im geltenden Recht ausreichend bestimmte und normenklare Regelungen existieren, die vor dem Hintergrund des aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Rechts auf informationelle Selbstbestimmung in verfassungskonformer Weise die Datenabfrage von Verbotsbehörden im Rahmen von Vereinsverbotsverfahren sowie die darauf folgende Übermittlung dieser Daten seitens der angefragten Behörde regeln.

8

a) Die aufgeworfene Frage ist nicht klärungsbedürftig, erst recht nicht in dieser Allgemeinheit. Ob das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts Bundesrecht verletzt, wäre in dem angestrebten Revisionsverfahren allenfalls insoweit zu klären, als das Oberverwaltungsgericht bei der Überprüfung der streitigen Verbotsverfügung und der hierfür erforderlichen Feststellung eines Verbotsgrundes entscheidungstragend Daten berücksichtigt hat, die dem beklagten Innenministerium auf seine Anfrage von anderen Behörden zur Verfügung gestellt worden sind. Nur soweit das Oberverwaltungsgericht die streitige Verbotsverfügung entscheidungstragend auf der Grundlage solcher Daten als rechtmäßig beurteilt hat, die dem beklagten Innenministerium auf seine Anfrage von anderen Behörden übermittelt worden sind, kann sich die Frage stellen, ob für diese Anfrage und die ihr nachfolgende Übermittlung eine ausreichende gesetzliche Regelung bestand. Sie stellt sich hingegen nicht, wenn zwar die Verbotsbehörde Daten bei anderen Behörden abgefragt und übermittelt erhalten hat, diese Daten aber für das Gericht nicht (mehr) entscheidungserheblich waren, weil sich der Verbotstatbestand aus Tatsachen ergab, die das Gericht im Wege der ihm obliegenden Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen selbst ermittelt hatte.

9

Für das Oberverwaltungsgericht waren keine Daten entscheidungserheblich, die dem beklagten Innenministerium auf dessen Anfrage von anderen Behörden übermittelt worden waren. Es hat vielmehr entscheidungstragend darauf abgestellt, dass eine am 12. September 2009 begangene Straftat des seinerzeitigen Präsidenten des Klägers allein ausreicht, den Verbotsgrund der Strafgesetzwidrigkeit festzustellen (UA Rn. 97): Die Tat begründe bereits für sich genommen einen hinreichenden Anlass für das Verbot des Klägers wegen strafgesetzwidriger Zwecke und strafgesetzwidriger Tätigkeit. Im Hinblick auf diesen Verbotstatbestand sei die Tat derart einschlägig, schwerwiegend und zentral und dokumentiere die durch ein Vereinsverbot zu begrenzende Gefahr einer weiteren, Rechtsgüter gefährdenden Selbstbehauptung gegenüber konkurrierenden Vereinigungen, dass es einer Zurechnung strafrechtswidriger weiterer Verhaltensweisen der Mitglieder an den Verein nicht mehr bedürfe, um das Vereinsverbot zu stützen. Auch ein singuläres Geschehen, eine einzelne Straftat könne schon ausreichen, um daraus das Vorliegen der Voraussetzungen für einen vereinsrechtlichen Verbotsgrund abzuleiten (UA Rn. 105). Diese Würdigung hat das Oberverwaltungsgericht wiederum auf das Strafurteil des Landgerichts Flensburg, das ihm das Landgericht auf seine Anfrage übermittelt hatte, sowie auf die von ihm beigezogenen Akten des Strafverfahrens gestützt.

10

Die Anforderung des Strafurteils und die Beiziehung der Strafverfahrensakten durch das Gericht beruht auf dessen Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 86 Abs. 1 VwGO). Behörden sind dabei zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet (§ 99 Abs. 1 VwGO). Eine bereichsspezifische Ermächtigung zur Herausgabe von Akten eines laufenden oder abgeschlossenen Strafverfahrens enthält § 474 Abs. 1 StPO. Danach erhalten Gerichte, Staatsanwaltschaften und andere Justizbehörden Akteneinsicht, wenn dies für Zwecke der Rechtspflege erforderlich ist.

11

b) Zwar hat das Oberverwaltungsgericht weitere strafrechtlich relevante Vorgänge benannt, die es dem Kläger zurechnet. Sie sollen jedoch nur den Verbotstatbestand zusätzlich untermauern, den das Oberverwaltungsgericht bereits aufgrund der Straftat vom 12. September 2009 als erfüllt ansah. Die insoweit verwerteten Erkenntnisse waren mithin zum einen nicht mehr entscheidungserheblich und beruhten zum anderen ihrerseits ebenfalls auf Strafverfahrensakten, die das Oberverwaltungsgericht beigezogen hatte.

12

c) Zwar setzt sich das Oberverwaltungsgericht, allerdings ohne Zusammenhang mit den von ihm verwerteten Erkenntnissen, mit dem Einwand des Klägers auseinander (UA Rn. 132), das beklagte Innenministerium habe personenbezogene Daten ohne ausreichende gesetzliche Befugnis für die Abfrage dieser Daten einerseits und ihre Übermittlung andererseits verwertet. Auf diese Ausführungen kam es aber für die Feststellung des Verbotsgrundes und damit für die Rechtmäßigkeit der Verfügung nicht an. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts führen mithin nicht auf eine klärungsbedürftige Frage.

13

Davon abgesehen hat der Kläger in diesem Zusammenhang keine Frage aufgezeigt, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig wäre. Das Oberverwaltungsgericht hat die Befugnis des beklagten Innenministeriums zur Abfrage der Daten für Zwecke des Vereinsverbots und die Zulässigkeit ihrer Übermittlung aus Vorschriften des Landesverwaltungsgesetzes und damit aus irrevisiblem Recht hergeleitet. Irrevisibel sind diese Vorschriften auch, soweit in der zwar revisiblen, für sich aber nicht klärungsbedürftigen Norm des § 481 Abs. 1 StPO einerseits die Polizeibehörden ermächtigt werden, Daten aus Strafverfahren nach Maßgabe der Polizeigesetze zu verwenden, und andererseits die Strafverfolgungsbehörden ermächtigt werden, zu diesem Zweck personenbezogene Daten aus Strafverfahren an Polizeibehörden zu übermitteln. Die in § 481 Abs. 1 StPO miterwähnten Polizeigesetze der Länder werden dadurch nicht zu revisiblem Bundesrecht. § 481 Abs. 1 StPO knüpft nur an (Landes-)Polizeigesetze an, die er als geltend voraussetzt. Sie kommen als Landesrecht zur Anwendung.

14

Der Kläger meint zwar, die vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Vorschriften des Landesverwaltungsgesetzes genügten nicht den Anforderungen, die Bundesverfassungsrecht, insbesondere das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG an Bestimmungen stelle, die den Austausch personenbezogener Daten zwischen verschiedenen Behörden regelten. Eine klärungsbedürftige Frage des revisiblen Bundesrechts ist damit nicht aufgezeigt. Das wäre nur dann der Fall, wenn der bundesrechtliche Maßstab über die schon vorliegende umfangreiche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinaus weiterer Klärung bedürfte. Dies zeigt der Kläger aber nicht auf. Ob die hier einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen den für sich hinreichend geklärten bundesverfassungsrechtlichen Anforderungen genügen, ist hingegen eine Frage der Auslegung dieser landesrechtlichen Normen. Erst aus ihrer Auslegung ergibt sich, ob Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in der Ermächtigung bereichsspezifisch, präzise und normenklar festgelegt sind.

15

2. In dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig wäre die weitere vom Kläger aufgeworfene Frage,

ob aus dem Fehlen von bereichspezifischen Ermächtigungsgrundlagen für die Datenabfrage der Verbotsbehörde und die Übermittlung der angefragten Daten durch die jeweiligen Hilfsbehörden im Vereinsverbotsverfahren ein Beweisverwertungsverbot für die insoweit rechtswidrig erlangten Informationen folgt.

16

Diese Frage stellt sich nicht, weil sich das Oberverwaltungsgericht entscheidungstragend auf Erkenntnisse gestützt hat, die es aus von ihm prozessordnungsgemäß beigezogenen Strafverfahrensakten gewonnen hat.

17

3. Der Kläger möchte die Frage geklärt wissen,

ob die ausschließliche bzw. ganz überwiegende Inanspruchnahme dritter Behörden (sog. Hilfsbehörden) zur Erlangung von Informationen und deren anschließende Verwertung durch die Verbotsbehörde eine ausreichende eigenständige Ermittlungstätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 VereinsG darstellt, mit der ein Vereinsverbot begründet werden kann.

18

Diese Frage ist ebenfalls nicht klärungsbedürftig. Zum einen hat sich das Oberverwaltungsgericht entscheidungstragend auf Erkenntnisse gestützt, die es selbst im Rahmen seiner Pflicht zur Amtsermittlung aus von ihm beigezogenen Strafverfahrensakten gewonnen hat. Soweit eine über den Einzelfall hinausweisende Antwort überhaupt möglich ist, ergibt sie sich zum anderen bereits unmittelbar aus dem Gesetz und muss deshalb nicht erst in einem Revisionsverfahren gefunden werden. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VereinsG kann die Verbotsbehörde für ihre Ermittlungen die Hilfe der für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zuständigen Behörden und Dienststellen in Anspruch nehmen. Es versteht sich von selbst, dass die Verbotsbehörde im Rahmen ihrer Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts (§ 24 Abs. 1 VwVfG) auf Erkenntnisse zurückgreifen darf, die je nach dem in Rede stehenden Verbotsgrund bei anderen insoweit befassten Behörden angefallen sind. Die Einholung von Informationen bei anderen Behörden ist ein wesentliches Mittel der Sachverhaltsaufklärung (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwVfG) und steht nicht etwa in einem Gegensatz zu eigenständigen Ermittlungen der Behörde, wie der Kläger unterstellt. § 4 Abs. 1 Satz 1 VereinsG hebt als naheliegende Behörden und Dienststellen eigens diejenigen hervor, die für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zuständig sind. Ob die durch ihre Inanspruchnahme erlangten Informationen nach Gehalt, Dichte und Zuverlässigkeit bereits allein ein Vereinsverbot begründen können oder ob die Verbotsbehörde darüber hinaus weitere Ermittlungen anzustellen hat, ist eine Frage der Würdigung des Sachverhalts in jedem Einzelfall. Dass die Verbotsbehörde die von ihr auch mit Hilfe anderer Behörden zusammengetragenen Informationen mit Blick auf die Verbotstatbestände eigenständig zu würdigen hat, versteht sich von selbst. Ebenso versteht sich von selbst, dass es an dieser eigenständigen Würdigung nicht allein deshalb fehlt, weil die Verbotsbehörde ihr überzeugend erscheinende Feststellungen anderer Behörden und Gerichte übernimmt.

19

4. Der Kläger wirft als grundsätzlich klärungsbedürftig die Fragen auf,

unter welchen Voraussetzungen im Rahmen eines vereinsrechtlichen Verbotsverfahrens von der durch § 87 Abs. 1 LVwG bzw. § 28 Abs. 1 VwVfG geforderten Anhörung des Verbotsadressaten abgesehen werden darf,

und

ob die insoweit vorgebrachte Bezugnahme auf einen möglichen "Ankündigungseffekt" einer behördlichen Anhörung, der es dem Verbotsadressaten ermöglicht hätte, Vermögen und Beweismittel dem behördlichen Zugriff zu entziehen, und damit ein wirksames Vorgehen gegen den Verein beeinträchtigt oder unmöglich gemacht hätte, weiterer Feststellungen und Erläuterungen bedarf.

20

a) Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Sie sind nicht mehr klärungsbedürftig. Soweit sie allgemeingültig, über den Einzelfall hinausweisend beantwortet werden können, sind sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.

21

Nach § 28 Abs. 1 VwVfG und dem damit wortgleichen § 87 Abs. 1 LVwG ist vor Erlass eines Verwaltungsaktes, der - wie ein Vereinsverbot - in Rechte eines Beteiligten eingreift, dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Jedoch kann nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG und § 87 Abs. 2 Nr. 1 LVwG von der Anhörung abgesehen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint.

22

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Vereinsrecht (Urteile vom 18. Oktober 1988 - BVerwG 1 A 89.83 - BVerwGE 80, 299 <303 f.> = Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 13 S. 19 f., vom 13. April 1999 - BVerwG 1 A 3.94 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 30 S. 3 und vom 27. November 2002 - BVerwG 6 A 4.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 35 S. 36, Beschluss vom 10. Januar 2003 - BVerwG 6 VR 13.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 38 S. 61 f., Urteile vom 3. Dezember 2004 - BVerwG 6 A 10.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 41 S. 77 f., vom 5. August 2009 - BVerwG 6 A 3.08 - BVerwGE 134, 275 Rn. 13 = Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 50, vom 1. September 2010 - BVerwG 6 A 4.09 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 55 Rn. 11 und vom 18. April 2012 - BVerwG 6 A 2.10 - NVwZ-RR 2012, 648 Rn. 11) genügt es, dass die Verbotsbehörde unter diesen Gesichtspunkten auf Grund der ihr bekannt gewordenen Tatsachen eine sofortige Entscheidung für notwendig halten durfte. Das hat das Bundesverwaltungsgericht namentlich in Fällen angenommen, in denen das Unterbleiben einer vorherigen Anhörung damit begründet wurde, dass eine Unterrichtung des betroffenen Vereins über den bevorstehenden Eingriff vermieden und ihm so keine Gelegenheit geboten werden sollte, sein Vermögen, verbotsrelevante Unterlagen oder dergleichen dem behördlichen Zugriff zu entziehen. Ein derartiges Bestreben, einer Verbotsverfügung größtmögliche Wirksamkeit zu verleihen, rechtfertigt in der Regel das Absehen von einer Anhörung (Urteile vom 13. April 1999 und vom 27. November 2002 jew. a.a.O., Beschluss vom 10. Januar 2003 a.a.O.).

23

Eine nur theoretische, nicht durch konkrete tatsächliche Hinweise belegte Möglichkeit eines die Wirksamkeit einer Verbotsverfügung beeinträchtigenden Ankündigungseffekts rechtfertigt es danach nicht, von einer Anhörung abzusehen. Notwendig - aber auch ausreichend - ist vielmehr, dass die Verbotsbehörde auf Grund ihr bekannt gewordener Tatsachen annehmen darf, eine Anhörung könnte der betroffenen Vereinigung die Gelegenheit geben, ihr Vermögen, verbotsrelevante Unterlagen oder dergleichen dem behördlichen Zugriff zu entziehen. Das wird in aller Regel bereits dann der Fall sein, wenn es tatsächliche Hinweise auf das Vorhandensein von nennenswerten Vermögensgegenständen oder Beweismaterial gibt. Weitergehender Feststellungen und Erläuterungen bedarf es nicht. Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht in der Vergangenheit darauf abgestellt, ob die Befürchtung eines negativen Ankündigungseffekts einer Anhörung bzw. das Bestreben, einem solchen Effekt durch Absehen von einer Anhörung zu begegnen, "nach den Umständen" nicht zu beanstanden (Urteile vom 13. April 1999 und vom 27. November 2002 jew. a.a.O., Beschluss vom 10. Januar 2003 a.a.O., Urteil vom 3. Dezember 2004 a.a.O.) bzw. "nachvollziehbar" (Urteil vom 18. April 2012 a.a.O.) war.

24

Eine weitere allgemeingültige Präzisierung ist angesichts der Vielgestaltigkeit denkbarer Fälle nicht möglich.

25

b) Die Einwände des Klägers gegen diese Rechtsprechung ergeben keinen Klärungsbedarf, der eine revisionsgerichtliche Befassung geboten erscheinen lässt.

26

aa) Der Kläger macht zum einen geltend, die Verbotsbehörde könne der Gefahr, dass Beweismittel und Vermögensgegenstände beiseite geschafft werden, durch Beschlagnahmen nach § 4 Abs. 4 Satz 1 VereinsG i.V.m. §§ 94 bis 97, § 98 Abs. 4 sowie §§ 99 bis 101 StPO sowie durch ein Verlangen nach Auskunft über Bestand und Verbleib des Vereinsvermögens nach § 10 Abs. 4 VereinsG entgegensteuern. Diese Instrumente bleiben jedoch in ihrer Sicherungswirkung hinter einem nicht durch vorherige Anhörung angekündigten Vereinsverbot zurück. § 4 Abs. 4 Satz 1 VereinsG ermöglicht einen behördlichen Zugriff lediglich auf bestimmte einzelne Gegenstände, die als Beweismittel von Bedeutung sein können. Im Unterschied dazu erstreckt sich die mit dem Vereinsverbot in der Regel zu verbindende Beschlagnahme und Einziehung des Vereinsvermögens (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VereinsG) auf sämtliche Vermögensgegenstände, und zwar ungeachtet ihres Verbleibs und ohne Rücksicht auf eine etwaige Bedeutung als Beweismittel. Die Auskunftspflicht der Vorstandsmitglieder hinsichtlich des Vereinsvermögens sichert eine angeordnete Vermögensbeschlagnahme ab. Sie ist jedoch nicht geeignet, einer Vermögensminderung entgegenzuwirken, die bereits im zeitlichen Vorfeld einer Vermögensbeschlagnahme und des (erst) damit einhergehenden Veräußerungsverbots (§ 10 Abs. 1 VereinsG) einzutreten droht.

27

bb) Der Kläger macht zum anderen geltend, die Beschlagnahme und Einziehung des Vereinsvermögens, die gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VereinsG mit dem Verbot in der Regel zu verbinden sei, sei mit den Grundrechten der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) sowie der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) nicht vereinbar; ihre Absicherung sei kein zulässiger Gesichtspunkt, um von einer grundsätzlich gebotenen Anhörung abzusehen.

28

Die damit aufgeworfene Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls bereits geklärt. Beschlagnahme und Einziehung des Vereinsvermögens sind danach als gesetzliche Regelfolgen eines Vereinsverbots unter dem Gesichtspunkt der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie nicht zu beanstanden (Urteil vom 3. Dezember 2004 a.a.O. S. 87). Die Vermögenseinziehung soll verhindern, dass den Mitgliedern des aufgelösten Vereins die materiellen Mittel für eine weitere Tätigkeit im Sinne des Vereins zur Verfügung stehen. Es handelt sich also um eine Sicherungsmaßnahme. Der mit der Einziehung einhergehende Rechtsverlust beruht auf rechtswidrigem Verhalten und dient der Verhütung weiteren rechtswidrigen Handelns. Damit stellt sich die Vermögenseinziehung weder als Enteignung noch als Aufopferung dar. Sie beruht vielmehr auf einer gesetzlichen Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Dem auch bei Inhalts- und Schrankenbestimmungen zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wird dadurch Rechnung getragen, dass sich der Gesetzesbefehl nur auf Regelfälle bezieht, bei atypischen Ausnahmefällen also nicht einschlägig ist, und unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 4 Satz 1 VereinsG von der Einziehung abgesehen werden kann (Urteil vom 3. Dezember 2004 a.a.O. m.w.N.).

29

Diese Erwägungen sind durch die Beschwerde nicht erschüttert. Mit seiner Behauptung, die Vermögenseinziehung sei eine unzulässige verkappte Bestrafung derjenigen, die in Ausübung ihres Grundrechts aus Art. 9 Abs. 1 GG einen Verein gebildet haben, stellt der Kläger der anderslautenden Einschätzung des Senats, wonach es sich um eine Sicherungsmaßnahme handle, lediglich seine eigene abweichende Rechtsauffassung entgegen, ohne sich mit der Senatsrechtsprechung inhaltlich auseinanderzusetzen.

30

5. Für klärungsbedürftig hält der Kläger die Frage,

ob die Verbotsbehörde bei der Feststellung der Strafgesetzwidrigkeit des Vereins im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VereinsG sowie das Oberverwaltungsgericht bei der Aufrechterhaltung der auf diesen Grund gestützten Verbotsverfügung mit Blick auf die bisher obergerichtlich entwickelten Grundsätze der Zurechnung strafbaren Verhaltens von Vereinsmitgliedern das unmittelbar aus Art. 9 Abs. 2 GG folgende Verbot strafgesetzwidriger Vereine unzulässig ausgedehnt haben.

31

Wörtlich verstanden wird damit schon keine fallübergreifende Rechtsfrage formuliert, sondern lediglich die Fehlerhaftigkeit der Rechtsanwendung durch das Oberverwaltungsgericht in dem von ihm entschiedenen Einzelfall behauptet.

32

Nach der weiteren Begründung seiner Beschwerde wendet der Kläger sich jedoch allgemein gegen die Auslegung des Verbotsgrundes der Strafgesetzwidrigkeit in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die auch das Oberverwaltungsgericht zugrunde gelegt hat. Danach erfüllt eine Vereinigung den Verbotstatbestand grundsätzlich dann, wenn ihre Mitglieder oder Funktionsträger Straftaten begehen, die der Vereinigung zurechenbar sind und ihren Charakter prägen (Urteil vom 18. Oktober 1988 a.a.O. S. 306 f. bzw. S. 23). Der Charakter einer Vereinigung kann durch Straftaten ihrer Mitglieder geprägt sein, wenn die Straftaten der Selbstbehauptung gegenüber einer konkurrierenden Organisation gedient haben, es sich bei den betreffenden Mitgliedern um Personen mit Leitungsfunktion gehandelt hat, entsprechende strafbare Verhaltensweisen in großer Zahl sowie noch nach einer strafrechtlichen Ahndung entsprechender Taten im Bereich der Vereinsmitglieder aufgetreten sind oder die betreffenden Taten im Interesse des Vereins begangen worden sind (Urteile vom 1. Februar 2000 - BVerwG 1 A 4.98 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 32 S. 26 und vom 5. August 2009 - BVerwG 6 A 3.08 - BVerwGE 134, 275 Rn. 42 = Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 50). Der Kläger hält diese Kriterien für ungeeignet, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren, und meint, eine den Charakter der Vereinigung prägende Kraft der von ihren Mitgliedern begangenen Straftaten dürfe erst dann angenommen werden, wenn die zugerechneten Taten im Sinne eines "allgemeinen Kriminalitätsnachweises" erkennen ließen, dass sich der Verein als Ganzes gegen die verfasste Rechtsordnung im Staat richte und daher - so der Kläger sinngemäß - den daraus folgenden Gefahren nicht mehr (allein) durch Ahndung und Verhinderung einzelner Straftaten mit den Mitteln des Strafrechts und Gefahrenabwehrrechts, sondern nur noch durch ein Vereinsverbot wirksam begegnet werden könne.

33

Dieses Vorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts herausgearbeiteten Kriterien, nach denen strafbares Verhalten ihrer Mitglieder einer Vereinigung zugerechnet werden darf und unter denen dieses Verhalten die Vereinigung zu prägen geeignet ist, bieten hinreichende Ansatzpunkte, um auf der Tatbestandsseite der Norm bei der Feststellung des Verbotsgrundes dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen. Dies liegt auf der Hand und bedarf deshalb nicht erst einer Klärung in einem Revisionsverfahren. Die dies pauschal bestreitende gegenteilige Auffassung des Klägers läuft darauf hinaus, dass eine Vereinigung erst dann den Verbotsgrund erfüllt, wenn alle ihre Mitglieder straffällig werden und Zweck und Tätigkeiten der Vereinigung ausschließlich auf die Begehung von Straftaten gerichtet sind. Das wird seinerseits der Gefährlichkeit einer Vereinigung nicht gerecht, die durch die Straftaten ihrer Mitglieder geprägt wird. Der Schutz bedrohter Rechtsgüter Dritter erfordert ein Verbot auch dann, wenn die Vereinigung neben legalen Zielen durch das Verhalten ihrer Mitglieder strafrechtlich relevante Zwecke verwirklicht und dadurch geprägt wird.

34

6. Die weitere Frage,

unter welchen Umständen und in welchem Umfang im Rahmen eines auf Art. 9 Abs. 2 Alt. 1 GG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG gestützten vereinsrechtlichen Verbotsverfahrens auf der Rechtsfolgenseite Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit anzustellen sind,

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts inzwischen geklärt. Danach muss die Verbotsbehörde auf der Rechtsfolgenseite grundsätzlich keine Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit des Verbots anstellen. Die Verbotsverfügung hat nicht die Funktion zu erfüllen, der Verbotsbehörde auf Rechtsfolgenseite der Norm die Ausübung von Ermessen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu ermöglichen. Sie dient vielmehr - jedenfalls in der Regel - allein dazu, aus Gründen der Rechtssicherheit klarzustellen, dass eine Vereinigung einen oder mehrere Verbotsgründe erfüllt, und durch die entsprechende Feststellung die gesetzlich vorgesehene Sperre für ein Vorgehen gegen den Verein aufzuheben. Den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist deshalb bereits auf der Tatbestandsseite der Norm bei der Prüfung Rechnung zu tragen, ob die Voraussetzungen des Verbotsgrundes vorliegen (Urteile vom 5. August 2009 a.a.O. Rn. 87, vom 18. April 2012 - BVerwG 6 A 2.10 - NVwZ-RR 2012, 648 Rn. 75 und vom 19. Dezember 2012 - BVerwG 6 A 6.11 - Rn. 56).

35

7. Der Kläger möchte schließlich die Frage geklärt wissen,

ob die durch die Innenministerien betriebenen, gegen Rockervereinigungen gerichteten Vereinsverbotsverfahren vor dem Hintergrund einer "Bekämpfungsstrategie Rockerkriminalität - Rahmenkonzeption" der Bund-Länder-Projektgruppe des Untersuchungsausschusses Führung, Einsatz und Kriminalitätsbekämpfung (UA FEK) vom 7. Oktober 2010 mit dem aus Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Rechtsstaatsprinzip, dem aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Gleichheitsgrundsatz sowie der aus Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Menschenwürde zu vereinbaren sind.

36

Insoweit genügt die Beschwerde schon nicht dem Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Der Kläger benennt keine Rechtsfrage, die sich in dem konkreten Fall entscheidungserheblich gestellt hat und sich in dem angestrebten Revisionsverfahren stellen würde. Er behandelt mit allgemeinen Ausführungen das Vorgehen der Polizei gegen Rockervereinigungen. Ein Bezug zu dem konkreten Vereinsverbot und den Voraussetzungen seiner Rechtmäßigkeit, wie das Oberverwaltungsgericht sie festgestellt hat, wird dabei nicht sichtbar. Der Kläger bittet losgelöst von dem konkreten Fall der Sache nach um eine Art Rechtsgutachten zu vielfältigem Vorgehen der Polizei.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 3 3 / 1 5
vom
9. Juli 2015
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Zur Strafbarkeit wegen Verwendens der Kennzeichen eines verbotenen Vereins
durch das Tragen sog. Rockerkutten.
BGH, Urteil vom 9. Juli 2015 - 3 StR 33/15 - LG Bochum
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen öffentlicher Verwendung von Kennzeichen eines verbotenen Vereins u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
11. Juni 2015 in der Sitzung am 9. Juli 2015, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten R. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Ra. ,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 28. Oktober 2014 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf der öffentlichen Verwendung von Kennzeichen eines verbotenen Vereins und dem des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen aus Rechtsgründen freigesprochen. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten, vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts sind die Angeklagten Mitglieder örtlicher Vereine der weltweit agierenden Rockergruppierung "Bandidos" , der Angeklagte R. des "MC Bandidos U. ", der Angeklagte Ra. des "MC Bandidos B. ".
3
Die Gruppierung der "Bandidos" besteht nicht aus einem einzelnen Verein , vielmehr setzt sie sich auf europäischer Ebene aus der jeweiligen "Nationalen Hauptgruppe" und darunter - auf regionaler Ebene - aus zahlreichen Orts- gruppen (sogenannte Chapter) zusammen. Diese Ortsgruppen sind organisatorisch weitgehend selbständig. In Deutschland gründeten sich die ersten 17 Chapter der "Bandidos" im November 1999, als mehrere regionale Abteilungen anderer Rockergruppierungen zu den "Bandidos" übertraten; als erstes Chapter - deshalb von den "Bandidos" als das deutsche "Mother Chapter" bezeichnet - bestand dasjenige in G. .
4
Die Mitglieder der "Bandidos" - auch diejenigen der deutschen Chapter - tragen Lederwesten, sogenannte Kutten, die innerhalb der weltweiten Organisation - von den Mitgliedern auch "Bandido-Nation" genannt - im Wesentlichen einheitlich gestaltet sind:
5
Auf der Rückseite der Weste befindet sich als Mittelabzeichen der "Fat Mexican", die Figur einer dicklichen, mit einem Revolver und einer Machete bewaffneten sowie mit einem Poncho und einem Sombrero bekleideten männlichen Gestalt. Darüber ist als obere Abgrenzung ein halbkreisförmig nach unten gebogener Aufnäher mit dem in roten Großbuchstaben auf gelbem Grund dargestellten Schriftzug "Bandidos" angebracht. Unterhalb des Mittelabzeichens befindet sich als untere Abgrenzung ein weiterer Aufnäher, der halbkreisförmig nach oben gebogen in gleicher Farbgebung einen weiteren Schriftzug darstellt: Nach Gründung der ersten Chapter der "Bandidos" benutzten alle Gruppen in Deutschland insoweit zunächst die nationale Bezeichnung "Germany" , nunmehr verwenden die Chapter uneinheitlich entweder den Namen ihrer jeweiligen Ortsgruppe, wie zum Beispiel "Probationary N. ", "U. " oder "B. ", oder - weiterhin - den Schriftzug "Germany". Die obere und die untere Abgrenzung bilden zusammen einen nicht geschlossenen Kreis um den "Fat Mexican". Rechts und links von diesem befinden sich - wiederum in roter Schrift auf gelbem Grund - ein rechteckiger Aufnäher mit der Aufschrift "MC" und ein rautenförmiger mit der Bezeichnung "1%".
6
Diese Abzeichen in ihrer Gesamtheit dürfen nur von Vollmitgliedern der "Bandidos" getragen werden, für Anwärter auf diese Vollmitgliedschaft gelten - je nach der Phase ihrer Anwartschaft - differenzierte Regelungen. Die auf den Westen angebrachten Abzeichen stehen nicht im Eigentum der sie tragenden Mitglieder, sondern werden ihnen nur ausgeliehen. Die Westen gelten als Symbol der Ehre, dem von einigen "Bandidos" ein höherer Wert beigemessen wird als dem eigenen Motorrad.
7
Zwei der örtlichen Chapter der "Bandidos", der Verein "Bandidos MC Chapter A. " und der Verein "Bandidos MC Probationary Chapter N. - " sind, weil ihre Zwecke den Strafgesetzen zuwiderlaufen, durch Verfügungen der Innenministerien Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein verboten. Die Verbotsverfügung betreffend den Verein "Bandidos MC Probationary Chapter N. " ist seit Februar 2013 bestandskräftig, das Verbot ist damit unanfechtbar. Gegen das Verbot des "Bandidos MC Chapter A. " vom 23. April 2012 ist hingegen vor dem Verwaltungsgericht A. eine Klage anhängig. Das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat indes die sofortige Vollziehung der Verfügung angeordnet.
8
Am 1. August 2014 begaben sich die Angeklagten in Begleitung ihrer Verteidiger zum Polizeipräsidium B. . Sie trugen jeder eine Weste, auf der sich als Mittelabzeichen der "Fat Mexican" und darüber der beschriebene Aufnäher mit dem Schriftzug "Bandidos" befanden. Jeweils als untere Abgrenzung waren Aufnäher mit den Ortsbezeichnungen ihrer Chapter U. und B. angebracht. Außerdem waren auf der Rückseite noch die Embleme "MC" und "1%" befestigt, sowie weitere Aufnäher auf den Vorderseiten der Westen. Die Angeklagten hielten es für möglich, sich durch das Tragen der Westen mit den angebrachten Aufnähern strafbar zu machen; sie wollten die Einleitung eines Strafverfahrens und eine Anklageerhebung erreichen, um dadurch eine höchstrichterliche Klärung der Frage der Strafbarkeit ihres Handelns herbeizuführen.
9
II. Der Freispruch der Angeklagten hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
10
1. Zu Recht ist das Landgericht zunächst davon ausgegangen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht erfüllt sind, weil die beiden verbotenen Vereine keine Vereinigungen im Sinne von § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellen; sie sind zwar verboten, aber nicht, weil sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richteten. Soweit die gegen den Verein "Bandidos MC Probationary Chapter N. " gerichtete Verbotsverfügung vom 21. April 2010 zunächst diese Feststellung enthielt, ist sie insoweit durch Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig aufgehoben worden.
11
2. Im Ergebnis zutreffend hat die Strafkammer auch eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen öffentlicher Verwendung von Kennzeichen eines verbotenen Vereins während der Vollziehbarkeit des Verbots nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG verneint.
12
a) Im Ausgangspunkt ist das Landgericht zunächst rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass sich das auf den Rückseiten der Westen angebrachte Mittelabzeichen ("Fat Mexican") sowie der Aufnäher mit dem Schriftzug "Bandidos" vereinsrechtlich je für sich als Kennzeichen im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG darstellen.
13
aa) Der Begriff des Kennzeichens ist nicht legal definiert. Die Strafvorschrift des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 2 VereinsG nimmt zwar auf § 9 Abs. 2 Satz 1 VereinsG Bezug. Dort findet sich indes keine allgemein gültige gesetzliche Umschreibung dieses Tatbestandsmerkmals. Vielmehr werden lediglich beispielhaft insbesondere Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen als Kennzeichen genannt. In Literatur und Rechtsprechung werden als Kennzeichen im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG - wie für § 86a Abs. 1 StGB - optisch oder akustisch wahrnehmbare Symbole und Sinnesäußerungen begriffen, durch die der Verein auf sich und seine Zwecke hinweist; intern sollen Kennzeichen den Zusammenhalt der Vereinsmitglieder stärken (OLG Hamburg, Urteil vom 7. April 2014 - 1-31/13 Rev, NJOZ 2014, 1487, 1488; MüKoStGB/Heinrich, 2. Aufl., § 20 VereinsG Rn. 102; Wache in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 146. Erg. Lfg. 2002, § 9 VereinsG Rn. 3; Groh, VereinsG, § 9 Rn. 6; Bock, HRRS 2012, 83, 84; s. zu § 86a StGB auch BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 3 StR 164/08, BGHSt 52, 364, 371). Soweit darüber hinaus vertreten wird, von dem Kennzeichen müsse eine Unterscheidungswirkung im Sinne eines Alleinstellungsmerkmals ausgehen (Albrecht, HRRS 2015, 167, 169 f.; Groh aaO; s. auch BT-Drucks. 14/7386 [neu], S. 49), kann dem nicht gefolgt werden. Es reicht vielmehr aus, dass sich ein Verein ein bestimmtes Symbol - etwa durch formale Widmung oder durch schlichte Übung - derart zu eigen gemacht hat, dass dieses zumindest auch als sein Kennzeichen erscheint (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 1998 - 3 StR 370/98), ohne dass es auf eine Unverwechselbarkeit des Kennzeichens ankommt (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 3 StR 164/08, BGHSt 52, 364, 372; BGH, Beschluss vom 7. Oktober 1998 - 3 StR 370/98, BGHR VereinsG § 20 Abs. 1 Nr. 5 Kennzeichen 1). Ob dieses auch von anderen , nicht verbotenen Vereinen oder in gänzlich anderem Kontext genutzt wird, ist für die Frage der Kennzeicheneigenschaft ohne Bedeutung. Denn andern- falls würden in die Prüfung, ob überhaupt ein Kennzeichen vorliegt, letztlich die außerhalb desselben liegenden Umstände seiner Verwendung einbezogen; eine solche Gesamtbetrachtung ist indes wegen der damit verbundenen nachteiligen Folgen für die Rechtssicherheit und die Bestimmtheit des Tatbestands abzulehnen: Ein Kennzeichen muss vielmehr in seinem auf den verbotenen Verein hinweisenden Symbolgehalt aus sich heraus verständlich sein (BGH, Beschluss vom 7. Oktober 1998 - 3 StR 370/98, BGHR VereinsG § 20 Abs. 1 Nr. 5 Kennzeichen 1; MüKoStGB/Heinrich, aaO; so im Ergebnis auch Groh, aaO; vgl. zu § 86a StGB auch BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 3 StR 164/08, BGHSt 52, 364, 372).
14
Nach diesen Maßgaben handelt es sich zunächst bei dem Mittelabzeichen , dem "Fat Mexican", das als Wappen der "Bandidos" dient (vgl. Bock, aaO), um ein Kennzeichen im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 2, § 9 Abs. 2 Satz 1 VereinsG: Nach dem Willen der Personen, die es tragen, bringt es die Identifikation - auch - mit den jeweiligen Ortsvereinen zum Ausdruck, die als regionale Chapter der "Bandidos-Bewegung" agieren und sowohl für sich genommen, als auch als Teil der "Bandidos" als Einheit wahrgenommen werden wollen. Aber auch der Schriftzug "Bandidos" erfüllt die Voraussetzungen eines Kennzeichens: Zwar ist der Name einer Vereinigung oder eines Vereins als solcher - sofern nicht besondere Umstände hinzutreten - nach der Rechtsprechung des Senats kein Kennzeichen (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - 3 StR 228/09, BGHSt 54, 61, 66 f. mwN). Etwas anderes gilt indes, wenn er eine bestimmte Formgebung erfahren hat, etwa in signifikanten Schriftzügen dargestellt wird, und sich deshalb als Erkennungszeichen darstellt, das einen den beispielhaft aufgeführten Kennzeichen entsprechenden Symbolcharakter aufweist (BGH aaO, S. 67 f. mwN; MüKoStGB/Heinrich, aaO). So verhält es sich hier: Der Aufnäher mit dem "Bandidos"-Schriftzug ist sowohl was die Farb- gebung, die ausgewählte Schriftart mit den Großbuchstaben und die Formgebung betrifft, darauf ausgelegt, als einheitliches Erkennungszeichen mit Wiedererkennungswert zu wirken; insoweit verfolgen die Träger dieses Aufnähers damit die gleichen Zwecke wie mit dem Tragen des Mittelabzeichens (vgl. Bock, aaO). Zu Recht ist das Landgericht deshalb davon ausgegangen, dass der Namensschriftzug in dieser Form aufgrund der beschriebenen Gestaltung und des damit verbundenen signifikanten Erscheinungsbildes ein Abzeichen im Sinne des Kennzeichenbegriffs darstellt (aA Albrecht/Braun, NJOZ 2014, 1481, 1482, die einen entsprechenden Symbolgehalt der Schriftzüge von Motorradclubs ohne nähere Begründung verneinen). Ob er sich auch als Uniformstück im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 VereinsG erweist (so OLG Hamburg, Urteil vom 7. April 2014 - 1-31/13 Rev, NJOZ 2014, 1487, 1488 f. für den Schriftzug "HELLS ANGELS"), kann deshalb ebenso offen bleiben, wie die von der Strafkammer verneinte Frage, ob auch die Aufnäher "MC" und "1%" Kennzeichen im Sinne des Vereinsrechts darstellen (vgl. insoweit auch Bock, aaO).
15
bb) Zutreffend ist auch die Auffassung des Landgerichts, die Kennzeicheneigenschaft bestehe hinsichtlich beider Abzeichen jeweils für sich genommen ; insbesondere ist nicht auf das Zusammenspiel von Vorder- und Rückseite der Weste als Ganzes (so aber LG München, Beschluss vom 13. Januar 2003 - 23 Qs 91/02, www.zvr-online.com, Dok. 7/2015; LG Verden, Beschluss vom 11. August 2003 - 1 Qs 161/03, www.zvr-online.com, Dok. 8/2015; wohl auch LG Cottbus, Beschluss vom 28. Februar 2002 - 26 Qs 464/01, StraFo 2002, 407) oder auch nur auf das Ensemble sämtlicher Abzeichen auf der Rückseite der Weste (sogenanntes Rückenpatch, so aber Albrecht/Braun aaO; Albrecht, HRRS 2015, 167, 169; vgl. insoweit aber auch BT-Drucks. 14/7386 [neu], S. 49) abzustellen: Die Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 1 VereinsG nennt als Kennzeichen insbesondere Abzeichen, so dass zur Beantwortung der Frage, ob Kennzeichen eines verbotenen Vereins verwendet wurden, die einzelnen Abzeichen des verbotenen Vereins mit den verwendeten zu vergleichen sind (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. März 2005 - 12 a 12101/04, juris Rn. 19; OLG Celle, Beschluss vom 19. März 2007 - 32 Ss 4/07, NStZ 2008, 159, 160; OLG Hamburg, Urteil vom 7. April 2014 - 1-31/13 Rev, NJOZ 2014, 1487, 1488; Groh, aaO, § 9 Rn. 6 f.; Rau/Zschieschack, NStZ 2008, 131, 133). Die Gegenauffassung verkennt in diesem Zusammenhang wiederum, dass mit der Berücksichtigung vorrangig des Zusammenspiels der einzelnen Abzeichen oder Symbole auf außerhalb des Kennzeichens liegende Umstände seiner Verwendung abgestellt würde, die - wie dargelegt - bei der Prüfung der Kennzeicheneigenschaft unberücksichtigt zu bleiben haben. Soweit die Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 3 VereinsG ebenfalls auf die "Zusammenstellung charakteristischer Elemente" abstellt, geschieht dies unter der Prämisse, dass von einem Kennzeichen eine die Vereinigung charakterisierende Unterscheidungswirkung im Sinne eines Alleinstellungsmerkmals ausgehen müsste (BT-Drucks. 14/7386 [neu], S. 49). Dieser rechtlich unzutreffende Maßstab ist indes - wie dargelegt - nicht anzuwenden.
16
Da für die Prüfung der Kennzeicheneigenschaft auf die einzelnen Abzeichen abzustellen ist, stellt sich die Frage nicht, ob durch die Hinzufügung einer abweichenden Ortsbezeichnung ein zum Verwechseln ähnliches Kennzeichen im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 2 VereinsG entstanden sein kann (so aber BayObLG, Urteile vom 23. September 2003 - 4St RR 104/03, juris Rn. 14 f.; vom 8. März 2005 - 4St RR 207/04, BayObLGSt 2004, 180, 181; kritisch insoweit Stegbauer, NStZ 2014, 621, 622). Aus diesem Grund ist hier auch keine weitere Prüfung geboten, ob ein solches zum Verwechseln ähnliches Kennzeichen gegebenenfalls mit dem einer legalen Organisation identisch ist und deshalb eine Strafbarkeit nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG ausscheiden könnte (vgl. zu einem solchen Fall BGH, Beschluss vom 7. Oktober 1998 - 3 StR 370/98, BGHR VereinsG § 20 Abs. 1 Nr. 5 Kennzeichen 1).
17
b) Nach den genannten Maßstäben erweist sich sodann allerdings die Auffassung des Landgerichts als rechtsfehlerhaft, die Angeklagten hätten, obwohl auf ihren Westen jeweils der "Fat Mexican" und der Bandidos-Schriftzug angebracht war, keine Kennzeichen (auch) der beiden verbotenen Chapter getragen , weil nicht zusätzlich als untere Abgrenzung des Ensembles auf der Rückseite ihrer Westen - wie bei den Mitgliedern dieser Chapter - der Schriftzug mit der Ortsbezeichnung "Probationary N. " oder der Landesbezeichnung "Germany" aufgenäht war.
18
aa) Hiermit setzt sich die Strafkammer zunächst in Widerspruch zu dem von ihr zutreffend erkannten rechtlichen Ausgangspunkt, dass die Kennzeicheneigenschaft sich nach dem Symbolgehalt des einzelnen Emblems oder Schriftzuges richtet, nicht aber nach demjenigen des Zusammenspiels der einzelnen Bestandteile des "Rückenpatches".
19
bb) Das Abstellen auf die Ortszusätze als mitprägende Elemente gerade der Kennzeichen der verbotenen Vereine (in diesem Sinne auch BayObLG, Urteil vom 23. September 2003 - 4St RR 104/03, juris Rn. 15 f; s. auch OLG Celle, Beschluss vom 19. März 2007 - 32 Ss 4/07, NStZ 2008, 159, 161) trägt zudem den Besonderheiten des Falles nicht Rechnung: Ungeachtet ihrer organisatorischen und vereinsrechtlichen Selbständigkeit sind die Chapter nach den Feststellungen des Landgerichts Teilorganisationen einer weltweiten "Bewegung" , der "Bandido-Nation". Sie tragen den auf den Rückseiten der Westen angebrachten "Bandidos"-Schriftzug und das Mittelabzeichen des "Fat Mexican" , um damit ihre Zugehörigkeit zu dieser Organisation zum Ausdruck zu bringen. Diese beiden Embleme, von denen insbesondere das gleichsam als Wappen dienende Mittelabzeichen weltweit einzigartig ist, sind nach dem Gesamteindruck eines durchschnittlichen, nicht genau prüfenden Betrachters (vgl. dazu BGH, Urteil vom 28. Juli 2005 - 3 StR 60/05, BGHR StGB § 86a Abs. 2 Satz 2 Kennzeichen 2) die Kennzeichen, die das Erscheinungsbild auch der verbotenen Vereine maßgeblich prägten; eines zusätzlichen Hinweises gerade auf die verbotenen Chapter bedarf es zur Beantwortung der Frage, ob es sich um deren Kennzeichen handelte, nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 3 StR 164/08, BGHSt 52, 364 zu § 86a StGB).
20
cc) Letztlich kommt es für die Frage der Kennzeicheneigenschaft entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht darauf an, welches Chapter in Deutschland zuerst gegründet wurde. Wie oben dargelegt ist es für den Kennzeichenbegriff nicht von Bedeutung, ob das Kennzeichen auch von einer nicht verbotenen Gruppierung verwendet wird (etwa dem zuerst gegründeten Chapter G. ) und von dem verbotenen Verein (etwa dem Chapter N. ) lediglich übernommen worden ist, weil damit wiederum auf außerhalb des Kennzeichens liegende Umstände seiner Verwendung abgestellt würde, die indes nicht zu berücksichtigen sind.
21
c) Dennoch erweist sich der Freispruch der Angeklagten im Ergebnis als richtig.
22
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats zu § 86a StGB scheidet ein tatbestandliches "Verwenden" des Kennzeichens einer verbotenen Organisation aus, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang der Benutzung des Kennzeichens eindeutig ergibt, dass diese dem Schutzzweck der Norm nicht zuwider läuft. Die aufgrund der weiten Fassung erforderliche restriktive Auslegung des Tatbestands setzt mithin nicht beim Kennzeichenbegriff an, weil eine solche Tatbestandseinschränkung mit dem Schutzzweck der Norm nicht in Einklang stünde, sondern bei dem Tatbestandsmerkmal des "Verwendens" (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 3 StR 164/08, BGHSt 52, 364, 373 ff.; so schon BGH, Urteil vom 18. Oktober 1972 - 3 StR 1/71, BGHSt 25, 30, 32 f.). Bei der Prüfung, ob die Verwendung eines Kennzeichens auch einer verbotenen Organisation dem Schutzzweck des § 86a StGB eindeutig nicht zuwiderläuft, kann in der Regel nicht allein auf die Darstellung des Symbols selbst zurückgegriffen werden; denn dieses lässt bei isoliertem Gebrauch meist gerade nicht erkennen , ob es als Kennzeichen der verbotenen Organisation oder zu anderen, nicht zu beanstandenden Zwecken verwendet wird. Vielmehr ist den Anforderungen , die die Grundrechte etwa der Meinungsfreiheit aber auch der allgemeinen Handlungsfreiheit an eine verfassungskonforme Auslegung des Tatbestands stellen, in der Weise Rechnung zu tragen, dass der mit dem Gebrauch des Kennzeichens verbundene Aussagegehalt anhand aller maßgeblichen Umstände des Falles ermittelt wird. Ergibt dies, dass der Schutzzweck der Norm in seinen oben dargestellten Ausprägungen eindeutig nicht berührt wird, so fehlt es an einem tatbestandlichen Verwenden des Kennzeichens, da dieses nicht als solches der verbotenen Organisation zur Schau gestellt wird. Sind die äußeren Umstände dagegen nicht eindeutig, so ist der objektive Tatbestand der Norm erfüllt (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 3 StR 164/08, BGHSt 52, 364, 375 f.).
23
Diese Grundsätze sind auf die Strafnorm des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG zu übertragen. Wie in § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist auch hier der objektive Tatbestand erfüllt, wenn Kennzeichen des verbotenen Vereins verbreitet oder öffentlich oder in einer Versammlung verwendet werden. Es besteht - wie dargelegt - keine Veranlassung, den identischen Begriff des Kennzeichens im VereinsG anders auszulegen, als in der verfassungswidrige Organisationen betreffenden Strafvorschrift. Der Tatbestand des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Ver- einsG stellt sich dann aber auch in gleicher Weise als weit gefasst dar, so dass auch hier - nicht zuletzt mit Blick auf das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 1 GG - eine Auslegung geboten ist, nach der dem Schutzzweck des Vereinsverbots eindeutig nicht zuwiderlaufende Kennzeichenverwendungen vom Tatbestand auszunehmen sind. Insoweit ist für Fälle wie den vorliegenden zudem in den Blick zu nehmen, dass das Vereinsverbot gerade nicht die - national oder gar weltweit - agierende Dachorganisation - hier der "Bandidos" - betrifft, sondern allein regionale Unterabteilungen, deren Zwecke den Strafgesetzen zuwiderliefen; für die "nationale Hauptgruppe" Deutschland oder gar für die "Bandidos" insgesamt ist eine solche Rechtsfeindlichkeit nicht festgestellt.
24
Dementsprechend sind die übrigen Chapter der "Bandidos" nicht verboten ; sie tragen aber gleichermaßen mit dem Schriftzug "Bandidos" und dem "Fat Mexican" Kennzeichen ihrer Vereine, die auch Kennzeichen der beiden verbotenen Chapter waren. Durch die Hinzufügung einer eindeutig auf ein nicht verbotenes Chapter hinweisenden Ortsbezeichnung - wie hier "D. " und "U. " - ergibt sich aus dem maßgeblichen Gesamtzusammenhang der Kennzeichenverwendung aber eindeutig, dass die Angeklagten den Schriftzug "Bandidos" und das Mittelabzeichen des "Fat Mexican" gerade nicht als Kennzeichen der verbotenen Chapter verwendeten, sondern als Kennzeichen ihrer eigenen, nicht mit einer Verbotsverfügung belegten Ortsvereine. Eine Strafbarkeit gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG scheidet mithin aufgrund der fehlenden Verwendung der Kennzeichen der verbotenen Vereine durch die Angeklagten aus.
25
bb) Kein anderes Ergebnis ergibt sich mit Blick auf die Vorschrift des § 9 Abs. 3 VereinsG (unbeschadet dessen, dass das Verbot des Chapters A. noch nicht bestandskräftig ist und daher § 9 Abs. 3 VereinsG im Hinblick auf Kennzeichen dieses Chapters von vornherein nicht zur Anwendung gelangen soll, vgl. BT-Drucks. 14/7386 [neu], S. 49). Insoweit gilt:
26
(1) Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung der Regelung in der Praxis aufgetretene Unklarheiten über die Reichweite des - polizeirechtlichen - Kennzeichenverbots in Fällen beseitigen, in denen mehrere Vereine das gleiche Erscheinungsbild und die Zielsetzung teilen, aber nur einer von ihnen verboten wird; Anlass für die beabsichtigte Klarstellung war die Frage, ob der im Wesentlichen gleiche Kennzeichen verwendende äußere Auftritt nicht verbotener Schwestervereine unter Beifügung unterscheidender Orts- oder Untergliederungsbezeichnungen unter das Kennzeichenverbot des § 9 VereinsG fällt (BT-Drucks. 14/7386 [neu], S. 49). Durch die Fassung des § 9 Abs. 3 VereinsG kommt - unbeschadet einiger Missverständlichkeiten der Gesetzesbegründung (siehe oben) - hinreichend zum Ausdruck, dass Kennzeichen, denen Orts- oder Untergliederungsbezeichnungen beigefügt werden, aus der Sicht des Gesetzgebers als solche anzusehen sind, die "in im Wesentlichen gleicher Form" verwendet werden.
27
Durch die Regelung in § 9 Abs. 3 VereinsG sollte zudem vermeintlich "klargestellt" werden, dass - bei Vorliegen der weiteren, einschränkenden Voraussetzungen - die Verbotsnorm des § 9 Abs. 1 VereinsG auch für Kennzeichen eines verbotenen Vereins gelte, die von nicht verbotenen Teilorganisationen oder Vereinen verwendet werden; eine Erweiterung des Kennzeichenverbots sei damit nicht verbunden (vgl. BT-Drucks. 14/7386 [neu], S. 48 f.). Zu einer etwaigen Strafbarkeit der Verwendung von Kennzeichen verbotener Verei- ne "in im Wesentlichen gleicher Form" verhält sich die Gesetzesbegründung nicht.
28
(2) Gleichwohl wird vertreten, die Regelung des § 9 Abs. 3 VereinsG sei auch im Rahmen der Strafnorm des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG zur Anwendung zu bringen, obwohl letztere - anders als etwa § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG - nicht auf den Verbotstatbestand verweist. Da - ebenfalls ohne ausdrücklichen Verweis - die Verwendung von Kennzeichen verbotener Vereinigungen nach § 9 Abs. 1 VereinsG unter die Strafvorschrift des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG falle und mit der Regelung in § 9 Abs. 3 VereinsG eine Erweiterung des Kennzeichenverbots nicht verbunden sei, gelte die Strafvorschrift auch in den Fällen der "in im Wesentlichen gleicher Form" verwendeten Kennzeichen (BayObLG, Urteil vom 23. September 2003 - 4St RR 104/03, juris Rn. 16 f.; OLG Celle, Beschluss vom 19. März 2007 - 32 Ss 4/07, NStZ 2008, 159, 160; Stegbauer, NStZ 2014, 621, 622 f.; Rau/Zschieschack, NStZ 2008, 131, 134; aA LG Berlin, Beschluss vom 2. Oktober 2002 - 537 Qs 104/02, StraFo 2003, 30; Groh, aaO, § 9 Rn. 12; MüKoStGB/Heinrich, aaO, § 20 VereinsG Rn. 104; Albrecht/Braun, NJOZ 2014, 1481, 1483; Mayer, Kriminalistik 2014, 236, 240). Der von der Gegenauffassung befürworteten einschränkenden Auslegung stehe zudem der Wille des Gesetzgebers des Terrorismusbekämpfungsgesetzes entgegen, nach dem das Verbot des Verwendens von Kennzeichen verbotener Vereine gerade nicht eingeschränkt, sondern effektiver ausgestaltet werden sollte (OLG Celle aaO; Bock, HRRS 2012, 83, 84 f.; vgl. BT-Drucks. 14/7386 [neu], S. 49).
29
(3) Dieser Auffassung kann indes nicht gefolgt werden.
30
Der Grundsatz "Keine Strafe ohne Gesetz", der wortgleich in § 1 StGB und in Art. 103 Abs. 2 GG niedergelegt ist, soll einerseits sicherstellen, dass jedermann vorhersehen kann, welches Verhalten mit Strafe bedroht ist; andererseits wird dadurch gewährleistet, dass der Gesetzgeber, nicht aber die vollziehende oder die Recht sprechende Gewalt darüber entscheidet, welches Verhalten strafbar ist (st. Rspr.; vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 15. September 2011 - 1 BvR 519/10, NVwZ 2012, 504, 505 mwN). Für die Rechtsprechung folgt daraus ein Verbot strafbegründender oder strafverschärfender Analogie, wobei Analogie nicht im engeren technischen Sinne zu verstehen ist; vielmehr wird jede Rechtsanwendung ausgeschlossen, die über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht (BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2014 - 2 BvR 450/11, NVwZ 2015, 361, 362 mwN).
31
Nach diesen Maßstäben könnte die Regelung des § 9 Abs. 3 VereinsG nur dann bei der Prüfung von § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG zur Anwendung gelangen, wenn damit eine Erweiterung der Strafbarkeit nach dieser Vorschrift nicht verbunden wäre. Gerade dies ist indes der Fall:
32
Nach der - wie dargelegt - gebotenen restriktiven Auslegung des Tatbestandsmerkmals des "Verwendens" sind die Fälle, in denen Mitglieder eines nicht verbotenen Schwestervereins unter Beifügung unterscheidender Ortsoder Untergliederungsbezeichnungen die Kennzeichen eines verbotenen Vereins tragen und die der Gesetzgeber bei der Einführung von § 9 Abs. 3 VereinsG im Blick hatte, von der Strafnorm des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG gerade nicht erfasst. Die Anwendung der polizeirechtlichen Regelung im Rahmen der Strafvorschrift würde dieses Ergebnis - wenn auch nur unter der einschränkenden Voraussetzung, dass die selbständigen Schwestervereine die "Zielrichtung des verbotenen Vereins" teilen - indes umkehren; sie hätte damit strafbarkeitserweiternden Charakter. Da der Gesetzgeber § 9 Abs. 3 VereinsG in der Strafnorm - insbesondere auch in § 20 Abs. 1 Satz 2 VereinsG - nicht in Bezug genommen und damit nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass er auch das Verwenden von Kennzeichen verbotener Vereine "in im Wesentlichen gleicher Form" der Strafbarkeit nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG unterworfen wissen wollte, kommt eine unmittelbare Anwendung der polizeirechtlichen Regelung nicht in Betracht; aufgrund des Analogieverbots verbietet sich für die Strafgerichte auch eine das Merkmal des "Verwendens" nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG erweiternde Auslegung der Strafvorschrift, die die Regelung des § 9 Abs. 3 VereinsG berücksichtigt.
33
Diesem Ergebnis kann nicht entgegengehalten werden, die Strafvorschrift des § 20 Abs. 1 VereinsG sei verwaltungsakzessorisch (vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. Januar 1996 - 3 StR 530/95, BGHSt 42, 30, 36 zu § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG), so dass die verwaltungsrechtlichen Vorgaben bei der Auslegung der Strafvorschrift zwingend berücksichtigt werden müssten (in diesem Sinne aber wohl Stegbauer, NStZ 2014, 621, 623). Denn jedenfalls der Tatbestand des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG enthält in sich alle Merkmale der Strafbarkeit und regelt etwa das Verbreiten der Kennzeichen (ohne Einschränkung strafbar) abweichend von dem polizeirechtlichen Kennzeichenverbot des § 9 Abs. 1 Satz 1 VereinsG (Verbreiten von Kennzeichen nur verboten, wenn sie in Schriften, Ton- oder Bildträgern, Abbildungen oder Darstellungen geschieht). Der Regelungsgehalt von § 9 VereinsG unterscheidet sich von demjenigen des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG etwa auch insoweit, als die Verwendung von Kennzeichen eines mit einem Betätigungsverbot nach § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 VereinsG belegten ausländischen Vereins nicht nach § 9 VereinsG polizeirechtlich verboten ist, gleichwohl von § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG aber unter Strafe gestellt wird. Der Gesetz- geber hat zudem durch die ausdrücklichen Verweise in § 20 Abs. 1 Satz 2 VereinsG auf die Sozialadäquanzklausel in § 9 Abs. 1 Satz 2 VereinsG sowie auf § 9 Abs. 2 VereinsG deutlich gemacht, dass er die Strafbarkeit in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG eigenständig geregelt und nicht als rein akzessorische Pönalisierung des Verstoßes gegen ein polizeirechtliches Kennzeichenverbot ausgestaltet hat.
34
(4) Nach alledem kommt es deshalb nicht mehr darauf an, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen das Merkmal des "Teilens der Zielrichtung" im Sinne von § 9 Abs. 3 VereinsG erfüllt ist (vgl. dazu OVG Rheinland -Pfalz, Urteil vom 22. März 2005 - 12 a 12101/04, juris Rn. 17; Groh, aaO, § 9 Rn. 11; Rau/Zschieschack, NStZ 2008, 131, 134; Mayer, Kriminalistik 2014, 236, 238; Albrecht/Braun, NJOZ 2014, 1481, 1483; Albrecht, HRRS 2015, 167, 173, die davon ausgehen, das Merkmal des Teilens der "Zielrichtung des verbotenen Vereins" müsse sich auf diejenigen Ziele beziehen, die zum Vereinsverbot geführt hatten und letztlich auch zum Verbot des Schwestervereins führen könnten; kritisch insoweit aber zugleich Rau/Zschieschack aaO; Mayer aaO, weil diese Auslegung des Merkmals dem vom Gesetzgeber intendierten Zweck der Regelung, die Kennzeichen verbotener Vereine effektiv aus der Öffentlichkeit zu verbannen, nicht gerecht werde). Denn dies kann nach geltender Gesetzeslage nur für die Frage von Bedeutung sein, ob den Angeklagten bzw. anderen Mitgliedern nicht verbotener Chapter das Tragen der Westen mit den Kennzeichen (auch) der verbotenen Vereine polizeirechtlich verboten und dieses Verbot gegebenenfalls im Wege eines Verwaltungsvollstreckungsverfahrens durchgesetzt werden kann.
Becker Pfister RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Spaniol

(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht,

1.
die rechtskräftig verurteilt worden sind
a)
wegen eines Verbrechens oder
b)
wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr,
wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie
a)
Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden,
b)
mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden,
c)
Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.

(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht,

1.
a)
die wegen einer vorsätzlichen Straftat,
b)
die wegen einer fahrlässigen Straftat im Zusammenhang mit dem Umgang mit Waffen, Munition oder explosionsgefährlichen Stoffen oder wegen einer fahrlässigen gemeingefährlichen Straftat,
c)
die wegen einer Straftat nach dem Waffengesetz, dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz
zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind oder bei denen die Verhängung von Jugendstrafe ausgesetzt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
die Mitglied
a)
in einem Verein, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde oder der einem unanfechtbaren Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz unterliegt, oder
b)
in einer Partei, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht nach § 46 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes festgestellt hat,
waren, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
3.
Bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren
a)
Bestrebungen einzeln verfolgt haben, die
aa)
gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind,
bb)
gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind oder
cc)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
b)
Mitglied in einer Vereinigung waren, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, oder
c)
eine solche Vereinigung unterstützt haben,
4.
die innerhalb der letzten fünf Jahre mehr als einmal wegen Gewalttätigkeit mit richterlicher Genehmigung in polizeilichem Präventivgewahrsam waren,
5.
die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften eines der in Nummer 1 Buchstabe c genannten Gesetze verstoßen haben.

(3) In die Frist nach Absatz 1 Nr. 1 oder Absatz 2 Nr. 1 nicht eingerechnet wird die Zeit, in welcher die betroffene Person auf behördliche oder richterliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.

(4) Ist ein Verfahren wegen Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 oder des Absatzes 2 Nr. 1 noch nicht abgeschlossen, so kann die zuständige Behörde die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens aussetzen.

(5) Die zuständige Behörde hat im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung folgende Erkundigungen einzuholen:

1.
die unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister;
2.
die Auskunft aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister hinsichtlich der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Straftaten;
3.
die Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststelle, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen; die örtliche Polizeidienststelle schließt in ihre Stellungnahme das Ergebnis der von ihr vorzunehmenden Prüfung nach Absatz 2 Nummer 4 ein;
4.
die Auskunft der für den Wohnsitz der betroffenen Person zuständigen Verfassungsschutzbehörde, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 begründen; liegt der Wohnsitz der betroffenen Person außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, ist das Bundesamt für Verfassungsschutz für die Erteilung der Auskunft zuständig.
Die nach Satz 1 Nummer 2 erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nur für den Zweck der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung verwendet werden. Erlangt die für die Auskunft nach Satz 1 Nummer 4 zuständige Verfassungsschutzbehörde im Nachhinein für die Beurteilung der Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 bedeutsame Erkenntnisse, teilt sie dies der zuständigen Behörde unverzüglich mit (Nachbericht). Zu diesem Zweck speichert sie Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsname, Geburtsort, Wohnort und Staatsangehörigkeit der betroffenen Person sowie Aktenfundstelle in den gemeinsamen Dateien nach § 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Lehnt die zuständige Behörde einen Antrag ab oder nimmt sie eine erteilte Erlaubnis zurück oder widerruft diese, so hat sie die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hiervon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hat in den Fällen des Satzes 5 die nach Satz 4 gespeicherten Daten unverzüglich zu löschen.

(1) Eine Erlaubnis setzt voraus, dass der Antragsteller

1.
das 18. Lebensjahr vollendet hat (§ 2 Abs. 1),
2.
die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 5) und persönliche Eignung (§ 6) besitzt,
3.
die erforderliche Sachkunde nachgewiesen hat (§ 7),
4.
ein Bedürfnis nachgewiesen hat (§ 8) und
5.
bei der Beantragung eines Waffenscheins oder einer Schießerlaubnis eine Versicherung gegen Haftpflicht in Höhe von 1 Million Euro - pauschal für Personen- und Sachschäden - nachweist.

(2) Die Erlaubnis zum Erwerb, Besitz, Führen oder Schießen kann versagt werden, wenn der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht seit mindestens fünf Jahren im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.

(3) Die zuständige Behörde hat die Inhaber von waffenrechtlichen Erlaubnissen in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch nach Ablauf von drei Jahren, erneut auf ihre Zuverlässigkeit und ihre persönliche Eignung zu prüfen sowie in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 5 sich das Vorliegen einer Versicherung gegen Haftpflicht nachweisen zu lassen.

(4) Die zuständige Behörde hat das Fortbestehen des Bedürfnisses bei Inhabern einer waffenrechtlichen Erlaubnis alle fünf Jahre erneut zu überprüfen.

(5) Zur Erforschung des Sachverhalts kann die zuständige Behörde in begründeten Einzelfällen das persönliche Erscheinen des Antragstellers oder des Erlaubnisinhabers verlangen.

(1) Werden Erlaubnisse nach diesem Gesetz zurückgenommen oder widerrufen, so hat der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben. Das Gleiche gilt, wenn die Erlaubnis erloschen ist.

(2) Hat jemand auf Grund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen, und besitzt er sie noch, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffen oder Munition sicherstellen.

(3) Besitzt jemand ohne die erforderliche Erlaubnis oder entgegen einem vollziehbaren Verbot nach § 41 Abs. 1 oder 2 eine Waffe oder Munition, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist

1.
die Waffe oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt oder
2.
im Fall einer verbotenen Waffe oder Munition die Verbotsmerkmale beseitigt und
3.
den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt.
Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffe oder Munition sicherstellen.

(4) Die zuständige Behörde kann Erlaubnisurkunden sowie die in den Absätzen 2 und 3 bezeichneten Waffen oder Munition sofort sicherstellen

1.
in Fällen eines vollziehbaren Verbots nach § 41 Abs. 1 oder 2 oder
2.
soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Waffen oder Munition missbräuchlich verwendet oder von einem Nichtberechtigten erworben werden sollen.
Zu diesem Zweck sind die Beauftragten der zuständigen Behörde berechtigt, die Wohnung der betroffenen Person zu betreten und diese Wohnung nach Urkunden, Waffen oder Munition zu durchsuchen; Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die zuständige Behörde angeordnet werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Sofern der bisherige Inhaber nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung einen empfangsbereiten Berechtigten benennt oder im Fall der Sicherstellung verbotener Waffen oder Munition nicht in dieser Frist eine Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4 beantragt, kann die zuständige Behörde die sichergestellten Waffen oder Munition einziehen und verwerten oder vernichten. Dieselben Befugnisse besitzt die zuständige Behörde im Fall der unanfechtbaren Versagung einer für verbotene Waffen oder Munition vor oder rechtzeitig nach der Sicherstellung beantragten Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4. Der Erlös aus einer Verwertung der Waffen oder Munition steht nach Abzug der Kosten der Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung dem nach bürgerlichem Recht bisher Berechtigten zu.

(1) Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen.

(2) Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz kann auch widerrufen werden, wenn inhaltliche Beschränkungen nicht beachtet werden.

(3) Bei einer Erlaubnis kann abweichend von Absatz 2 Satz 1 im Fall eines vorübergehenden Wegfalls des Bedürfnisses, aus besonderen Gründen auch in Fällen des endgültigen Wegfalls des Bedürfnisses, von einem Widerruf abgesehen werden. Satz 1 gilt nicht, sofern es sich um eine Erlaubnis zum Führen einer Waffe handelt.

(4) Verweigert eine betroffene Person im Fall der Überprüfung des weiteren Vorliegens von in diesem Gesetz oder in einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung vorgeschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen, bei deren Wegfall ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf einer Erlaubnis oder Ausnahmebewilligung gegeben wäre, ihre Mitwirkung, so kann die Behörde deren Wegfall vermuten. Die betroffene Person ist hierauf hinzuweisen.

(5) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 haben keine aufschiebende Wirkung, sofern die Erlaubnis wegen des Nichtvorliegens oder Entfallens der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 zurückgenommen oder widerrufen wird.

(1) Werden Erlaubnisse nach diesem Gesetz zurückgenommen oder widerrufen, so hat der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben. Das Gleiche gilt, wenn die Erlaubnis erloschen ist.

(2) Hat jemand auf Grund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen, und besitzt er sie noch, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffen oder Munition sicherstellen.

(3) Besitzt jemand ohne die erforderliche Erlaubnis oder entgegen einem vollziehbaren Verbot nach § 41 Abs. 1 oder 2 eine Waffe oder Munition, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist

1.
die Waffe oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt oder
2.
im Fall einer verbotenen Waffe oder Munition die Verbotsmerkmale beseitigt und
3.
den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt.
Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffe oder Munition sicherstellen.

(4) Die zuständige Behörde kann Erlaubnisurkunden sowie die in den Absätzen 2 und 3 bezeichneten Waffen oder Munition sofort sicherstellen

1.
in Fällen eines vollziehbaren Verbots nach § 41 Abs. 1 oder 2 oder
2.
soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Waffen oder Munition missbräuchlich verwendet oder von einem Nichtberechtigten erworben werden sollen.
Zu diesem Zweck sind die Beauftragten der zuständigen Behörde berechtigt, die Wohnung der betroffenen Person zu betreten und diese Wohnung nach Urkunden, Waffen oder Munition zu durchsuchen; Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die zuständige Behörde angeordnet werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Sofern der bisherige Inhaber nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung einen empfangsbereiten Berechtigten benennt oder im Fall der Sicherstellung verbotener Waffen oder Munition nicht in dieser Frist eine Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4 beantragt, kann die zuständige Behörde die sichergestellten Waffen oder Munition einziehen und verwerten oder vernichten. Dieselben Befugnisse besitzt die zuständige Behörde im Fall der unanfechtbaren Versagung einer für verbotene Waffen oder Munition vor oder rechtzeitig nach der Sicherstellung beantragten Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4. Der Erlös aus einer Verwertung der Waffen oder Munition steht nach Abzug der Kosten der Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung dem nach bürgerlichem Recht bisher Berechtigten zu.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.