Tenor

I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.

Der Beklagte wird verurteilt, die Rede des Bayerischen Staatsministers des Innern vom ... 04.2013 zur Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2012 und die hierzu herausgegebene Pressemitteilung auf den Internetseiten des Beklagten nur mehr in der Weise zugänglich zu machen, dass bezüglich der die Klägerin betreffenden Passagen die Formulierungen …“verfassungsfeindliche Bewegung“ (Rede Seite 7, zweiter Absatz), …“pauschal islamfeindliche Propaganda“ (Rede Seite 8, erster Absatz am Ende; Pressemitteilung vierter Absatz) und …“die Religionsfreiheit, die Menschenwürde und der Gleichbehandlungsgrundsatz … verletzt“ (Rede Seite 8, zweiter Absatz; Pressemitteilung dritter Absatz) unkenntlich gemacht oder entfernt werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen Äußerungen des Bayerischen Staatsministers des Innern (nunmehr Bayerischer Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr) und hierzu veröffentlichte Pressemitteilungen vom ... April 2013.

Auf einer Pressekonferenz vom ... April 2013 anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes für das Jahr 2012 führte der Innenminister in seiner Rede unter dem Stichwort „Islamfeindlichkeit“ aus, dass sich Islamfeindlichkeit - losgelöst von klassischen rechtsextremistischen Kreisen - teilweise auch als verfassungsfeindliche Bewegung formiere. Seitdem ..., der Sprecher der ... (...), Anfang 2012 den Landesvorsitz der Partei „Die FREIHEIT“ übernommen habe, nutze der Landesverband eine Kampagne für ein Bürgerbegehren gegen das „Europäische Zentrum für Islam in München“ (ZIE-M) für pauschal islamfeindliche Propaganda. Die Aktivitäten zielten darauf ab, pauschale Ängste vor Muslimen als nicht integrierbare Ideologieanhänger zu schüren und alle Muslime aufgrund ihres Glaubens als Feinde des Rechtsstaats zu verunglimpfen. Dadurch würden die Religionsfreiheit, die Menschenwürde und der Gleichbehandlungsgrundsatz der freiheitlich demokratischen Grundordnung verletzt. Im Anschluss an diese Äußerungen teilte der Minister mit, dass der „Präsident des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz daher die Beobachtung der ...-Ortsgruppe ... und des Bayerischen Landesverbands der Partei „Die FREIHEIT“ angeordnet“ habe.

Im vorgestellten Verfassungsschutzbericht 2012 selbst finden sich keine Erwähnungen zur Klägerin. Dies geschah erst im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2013, der von der Klägerin vor dem Verwaltungsgericht München mit gesonderter Klage (Az. M 22 K 14.1743) und gesondertem Eilantrag (Az. M 22 E 14.1745) angegriffen wurde.

Zur Rede des Ministers wurde ein Manuskript an die anwesenden Vertreter der Presse verteilt. Die Rede wurde in der Pressemitteilung des Innenministeriums vom ... April 2013 Nr. ... und gleichlautend in einer Pressemitteilung unter dem Rubrum der Bayerischen Staatsregierung vom ... April 2013 (Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium des Innern) ins Internet gestellt.

Die Bevollmächtigten der Klägerin erhoben am 3. Mai 2013 Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragten der Sache nach,

den Beklagten zu verurteilen, die Äußerungen des Bayerischen Innenministers vom ... April 2013, dass die Partei „Die FREIHEIT“

● eine verfassungsfeindliche Bewegung sei,

● pauschal islamfeindliche Propaganda nutze und

● dadurch die Religionsfreiheit, die Menschenwürde und den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen würde,

sowie die hierzu veröffentlichten Pressemitteilungen des Bayerischen Innenministeriums und der Bayerischen Staatsregierung vom ... April 2013 zu widerrufen (Klageantrag Ziff. I.), entsprechende Äußerungen künftig zu unterlassen (Klageantrag Ziff. II.) und diese oder entsprechende auf den Internetseiten des Beklagten zu entfernen (Klageantrag Ziff. III.).

In der Klagebegründung wird ausgeführt, dass die Äußerung des Ministers und die Pressemitteilungen rechtswidrig seien und die Klägerin als Partei in ihrem Grundrecht nach Art. 21 GG verletzen würden. Der Minister habe in seiner Rede keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte und Nachweise für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Klägerin genannt, ebenso beinhalte der vorgestellte Verfassungsschutzbericht 2012 zur Klägerin keinerlei Erwähnungen. Solche tatsächlichen Anhaltspunkte bestünden auch nicht. Die Verbreitung politischer oder weltanschaulicher Ideen sei, auch wenn dies in pauschaler Form geschehe, keine verfassungsfeindliche Tätigkeit, ebenso nicht die - auch harte - Auseinandersetzung mit einzelnen Grundrechten wie hier dem Grundrecht der Religionsfreiheit. Dieses Grundrecht schütze nicht nur positiv die Freiheit der Religionsausübung, sondern ebenso die Ablehnung einer Religion und der entsprechenden Religionsausübung. Die Äußerungen des Ministers und die Pressemitteilungen verstießen gegen die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zur Publizierung verfassungsschutzrechtlicher Bewertungen, auch im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit.

In ihrer Klageerwiderung vom 13. August 2013 beantragte die Regierung von Oberbayern als Vertreterin des Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt die Regierung aus, dass es sich bei den Äußerungen des Ministers ganz überwiegend um Werturteile handle, gegen die der geltend gemachte Anspruch auf Widerruf, der allein der Richtigstellung unwahrer Tatsachenbehauptungen diene, von vornherein ausscheide. Im Übrigen seien die Äußerungen des Ministers zu Recht erfolgt. Den Bewertungen des Ministers läge eine Vielzahl wahrer, sachgerecht gewürdigter Tatsachen zugrunde, die die Annahme verfassungsfeindlicher Bestrebungen der Klägerin rechtfertigen würden. Die Regierung trägt hierzu umfangreich unter Nennung zahlreicher Erkenntnisquellen vor. Sie beleuchtet die Entstehung, die Ziele und die Programmatik der Partei „Die FREIHEIT“. Insbesondere zieht sie politische Äußerungen des Vorsitzenden der Klägerin, Herrn ..., in Stellungnahmen, Kommentaren, als Autor im Internet-Blog „www....“ oder bei öffentlichen Auftritten heran, vor allem aber sein mehrfach überarbeitetes islampolitisches Thesenpapier samt dem Katalog von Forderungen an die in Deutschland lebenden Muslime. Auf die Ausführungen wird verwiesen (siehe auch das Urteil der Kammer vom 16. Oktober 2014, Az. M 22 K 14.1743, zur Klage der Klägerin gegen ihre Erwähnung im Verfassungsschutzbericht 2013, in der der Beklagte im Wesentlichen die gleichen Erkenntnisse anführt).

In der mündlichen Verhandlung vom 16.10.2014 nahmen die Bevollmächtigten der Klägerin die Klage im Hinblick auf das Unterlassungsbegehren (Klageantrag Ziff. II.) zurück.

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, auch auf die der Verfahren Az. M 22 K 14.1743 und Az. M 22 E 14.1745 (Erwähnung der Klägerin im Verfassungsschutzbericht 2013) und Az. M 22 K 14.1092 (Zulässigkeit der Beobachtung der Klägerin mit Mitteln der offenen Informationsbeschaffung) sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2014 verwiesen.

Gründe

Soweit die Klage zurückgenommen wurde (Klageantrag Ziff. II.) war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

Im Hinblick auf das Widerrufsbegehren (Klageantrag Ziff. I.) war die Klage abzuweisen. Das Rechtsinstitut des Widerrufs, das auch im öffentlichen Recht Anwendung findet, dient ausschließlich der Richtigstellung unwahrer Tatsachenbehauptungen (siehe VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.5.1979, Az. X 639/78, juris Rn. 35 ff; VG Köln, Urteil vom 20.9.2012, Az. 26 K 7929/10, juris Rn. 136 ff.). Bei den gegenständlichen Äußerungen des Innenministers und den Pressemitteilungen hierzu vom ... April 2013 handelt es sich aber, wie der Beklagte zutreffend ausführt, ganz überwiegend nicht um Tatsachenbehauptungen, sondern um Werturteile. Von daher scheidet das Institut des Widerrufs aus; Rechtsschutz gegen die verfassungsschutzrechtlichen Bewertungen wird der Klägerin über andere Institute gewährt.

Im Übrigen (Klageantrag Ziff. III.) hat die Klage Erfolg.

Die Äußerungen des Bayerischen Staatsministers des Innern (nunmehr Bayerischer Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr) über die Klägerin auf der Pressekonferenz vom 12. April 2013 anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2012 und die Pressemitteilungen des Beklagten im Internet hierzu waren rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat Anspruch darauf, dass die Rede und die Pressemitteilungen auf den Internetseiten des Beklagten nur nach Unkenntlichmachung oder Entfernung der Passagen über die Klägerin zugänglich gemacht werden.

I.

Da der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch weder im Bayerischen Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) noch sonst spezialgesetzlich geregelt ist, kann sich ein solcher nur aus konkret betroffenen verfassungsrechtlichen Positionen der Klägerin, hier ihrer Parteienfreiheit (in Form der Gründungsfreiheit gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG, der Betätigungsfreiheit gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG und der aus einer Zusammenschau der Art. 3, 21 und 38 GG abzuleitenden politischen Chancengleichheit), ihrer Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG), und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) ergeben (vgl. BVerwG vom 21.5.2008 BVerwGE 131, 171 RdNr. 13; BayVGH vom 23.9.2010 Az. 10 CE 10.1850). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, auf das sich gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch die Klägerin als Partei und juristische Person bzw. Personenverband im Rahmen ihres Aufgabenbereichs berufen kann (vgl. BVerwG vom 21.5.2008 a. a. O. RdNr. 16), umfasst den Schutz vor staatlichen Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Bild der betroffenen Person in der Öffentlichkeit auszuwirken (st. Rspr. des BVerfG; vgl. z. B. B. v. 14.7.2004 NJW 2004, 3619). Hierzu zählen auch das Verfügungsrecht und das Selbstbestimmungsrecht über die eigene Außendarstellung sowie der Schutz des sozialen Geltungsanspruchs, der sog. „äußeren Ehre“ als des Ansehens in den Augen anderer (vgl. BVerwG vom 21.5.2008 a. a. O. RdNr. 16). Unmittelbarer Ausfluss dieses verfassungsrechtlichen Schutzanspruchs gegenüber - unzulässigen - Grundrechtseingriffen durch eine Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht oder durch sonstige hier einschlägige staatliche verfassungsschutzbezogene Äußerungen ist ein entsprechender, letztlich auf einer analogen Anwendung von § 1004 BGB i. V. m. § 823 Abs. 1 BGB beruhender Korrekturanspruch, der je nach Fallgestaltung in der Form der Unterlassung, Löschung, Unkenntlichmachung, Entfernung o. ä. zu erfüllen ist.

Die von der Klägerin angegriffenen Äußerungen und Pressemitteilungen, die kein beliebiges Erzeugnis staatlicher Öffentlichkeitsarbeit sind, sondern der Abwehr besonderer Gefahren durch mit besonderen Befugnissen ausgestatteten Behörde dienen, sind als Grundrechtseingriff zu bewerten, weil sie geeignet sind, sich abträglich auf das Bild der Klägerin in der Öffentlichkeit auszuwirken, und ihr gegenüber damit eine „mittelbar belastende negative Sanktion“ erfolgt (vgl. BVerfG vom 24.5.2005 BVerfGE 113, 63/77 f. - Junge Freiheit (JF); BayVGH vom 23.9.2010 a. a. O.).

Zusätzlich behindern diese Verlautbarungen die Klägerin als politische Partei in ihrer durch Art. 21 Abs. Satz 1 und 2 GG gewährleisteten Mitwirkung an der politischen Meinungsbildung des Volkes. Die Gründung der Parteien ist frei. Das Grundgesetz setzt die Staatsfreiheit der Parteien als frei gegründeter, im gesellschaftlich-politischen Bereich wurzelnder Gruppen voraus und gewährleistet ihre Unabhängigkeit vom Staat. Ihnen steht das Recht auf Selbstbestimmung zu. Zu dessen Kernbereich gehört das Recht der Parteien, selbst und ohne staatliche Einflussnahme oder Überwachung über ihre Ziele, Organisation und Tätigkeiten zu entscheiden. Sowohl die Freiheit der inneren Willensbildung als auch die freie Entfaltung der Tätigkeiten als Partei sind gewährleistet. Durch die Abschreckungs- und Warnfunktion von Verfassungsschutzberichten, aber auch von einer hier einschlägigen sonstigen verfassungsschutzbezogenen Unterrichtung der Öffentlichkeit, wird die Möglichkeit der Partei negativ beeinflusst, mit eigenen Zielvorstellungen und Programmen auf die politische Willensbildung Einfluss zu nehmen. Damit ist die Partei zugleich in der ihr durch Art. 3, 21 und 38 GG gewährleisteten Chancengleichheit betroffen, die ein wesentlicher Bestandteil der demokratischen Grundordnung darstellt (vgl. VG Düsseldorf v. 15.2.2011, Az. 22 K 404/09 - juris Rn. 233 ff.; BVerwG v. 21.7.2010, Az. 6 C 22/09, DVBl. 2010, 1370 ff. = juris Rn. 23; OVG Berlin-Brandenburg v. 6.4.2006, Az. OVG 3 B 3.99, juris Rn. 44).

II.

Allerdings finden das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die grundgesetzlichen Rechte einer Partei ihre Schranke in der Entscheidung des Grundgesetzes für eine streitbare Demokratie. Diese Grundentscheidung ist im Wesentlichen aus Art. 9 Abs. 2, Art. 18, Art. 20 Abs. 4, Art. 21 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 3 GG herzuleiten. Sie wird in den Zuständigkeitsvorschriften der Art. 73 Nr. 10 Buchstabe b GG und Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG bestätigt. Das Grundgesetz vertraut aufgrund geschichtlicher Erfahrung nicht allein darauf, die freiheitliche Demokratie werde sich im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung ohne weiteres behaupten. Es hat darüber hinaus dem Staat die Aufgabe übertragen, die zentralen Grundwerte der Verfassung durch (repressive) Schutzvorkehrungen zu sichern und zu gewährleisten (vgl. BVerwG v. 21.7.2010 a. a. O., juris Rn. 24).

Solche Beschränkungen erlaubt Art. 15 Satz 1 BayVSG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 BayVSG.

Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayVSG hat das Landesamt für Verfassungsschutz die Aufgabe, Bestrebungen, die u. a. gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, zu beobachten; solche Bestrebungen und Tätigkeiten können von Gruppierungen oder Einzelpersonen ausgehen. Die freiheitliche demokratische Grundordnung ist in Art. 1 Abs. 2 BayVSG definiert als eine Ordnung, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung gehören mindestens: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition (siehe auch BVerfG, U. v. 17.8.1956 BVerfGE 5,85 - KPD; U. v. 23.10.1952 BVerfGE 2,1 - SRP).

Das Landesamt für Verfassungsschutz hat in Erfüllung seiner Aufgabe Informationen, insbesondere sach- und personenbezogene Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen über solche Bestrebungen und Tätigkeiten zu sammeln und auszuwerten (siehe Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayVSG). Gemäß Art. 15 Satz 1 BayVSG unterrichten das Staatsministerium des Inneren (nunmehr: Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr) und das Landesamt für Verfassungsschutz die Öffentlichkeit über tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 BayVSG. Dass die Veröffentlichung in den Verfassungsschutzberichten eine grundsätzlich geeignete Vorkehrung zur Aufklärung der Öffentlichkeit und in diesem Rahmen zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen ist, ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. BVerfG vom 24.5.2005 BVerfGE 113, 63/77 f.).

Nach Auffassung der Kammer vollzieht sich auf der Rechtsgrundlage des Art. 15 BayVSG i. V. m. Art. 3 BayVSG nicht nur die Unterrichtung der Öffentlichkeit in Form von Verfassungsschutzberichten, sondern auch in Form von sonstigen verfassungsschutzbezogenen Verlautbarungen, Äußerungen und Mitteilungen wie hier der streitgegenständlichen Rede des Innenministers samt der zugehörigen Pressemitteilungen. Der Innenminister als der für Verfassungsschutz zuständige Ressortminister hat im Kontext der Vorstellung eines Verfassungsschutzberichtes auf einer Pressekonferenz auch über die Klägerin verfassungsschutzrechtliche Bewertungen getroffen, die der Beklagte über Pressemitteilungen im Internet weiter verbreitet hat. Die starke Nähe dieser Verlautbarungen zur Unterrichtung der Öffentlichkeit in Verfassungsschutzberichten lässt es geboten erscheinen, als Rechtsgrundlage für diese Verlautbarungen nicht die allgemeine Kompetenz zu Äußerungen von Regierungsmitgliedern (siehe hierzu etwa Thüringer Verfassungsgerichtshof, U. v. 3.12.2014, Az. VerfGH 2/14, juris) heranzuziehen und genügen zu lassen, sondern auf die Rechtsgrundlage des Art. 15 BayVSG i. V. m.

Art. 3 BayVSG zu rekurrieren, die speziell auf die verfassungsschutzbezogene Öffentlichkeitsunterrichtung zugeschnitten ist. Sämtliche Formen verfassungsschutzbezogener Unterrichtung der Öffentlichkeit sind von daher an

Art. 15 BayVSG i. V. m. Art. 3 BayVSG zu messen. Von der Anwendbarkeit der Norm auf die hier gegenständlichen Verlautbarungen geht auch der Beklagte aus (siehe Klageerwiderung, Seite 11).

III.

Die Voraussetzungen des Art. 15 BayVSG i. V. m. Art. 3 BayVSG liegen nicht vor. Die Norm trägt die streitgegenständlichen Äußerungen des Ministers vom ... April 2013 über die Klägerin nicht.

1. Es spricht bereits viel dafür, dass die Äußerungen, die sich im Wesentlichen als Werturteile darstellen, schon deshalb zu Unrecht geschehen sind, weil ihnen nicht gleichzeitig hinreichend tatsächliche Anhaltspunkte zu ihrer Stützung beigegeben waren. Schon nach dem Wortlaut des Art. 15 BayVSG wären aber solche Fakten der Öffentlichkeit mitzuteilen gewesen und nicht nur die Werturteile. Darüber hinaus hätte die Funktion der verfassungsschutzbezogenen Unterrichtung der Öffentlichkeit die Mitteilung entsprechender Fakten erfordert. Für die Unterrichtung der Öffentlichkeit in Verfassungsschutzberichten nach Art. 15 BayVSG hat der BayVGH im Beschluss vom 23.9.2010, Az. 10 CE 10.1830 - a. i. d. A. Eilverfahren, ausgeführt, dass entsprechend der Funktion von Verfassungsschutzberichten, als hinreichende Informationsgrundlage für den Bürger bei seiner eigenständigen Entscheidungsbildung zu dienen, aber auch schon aufgrund des Wortlauts des Art. 15 Satz 1 BayVSG „ein negatives Werturteil über die Einstufung einer Gruppierung als extremistisch und verfassungsfeindlich im Verfassungsschutzbericht nicht auf Art. 15 Satz 1, Art. 3 Abs. 1 BayVSG gestützt werden (könne), wenn die Öffentlichkeit in dem Bericht nicht auch über tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 BayVSG unterrichtet wird“ (so amtlicher Leitsatz des Beschlusses vom 23.9.2010 a. a. O., Unterstreichung nur hier). Die nachträgliche Vorlage belegbarer Erkenntnisse im Verwaltungsstreitverfahren vermöge dieser Anforderung nicht gerecht zu werden, da nicht sichergestellt sei, dass in einem Gerichtsverfahren vorgetragene tatsächliche Anhaltspunkte der Öffentlichkeit in gleicher Weise zugänglich werden wie der Verfassungsschutzbericht selbst (BayVGH v. 23.9.2010 a. a. O.). Offen blieb, in welcher Dichte und in welchem Umfang die tatsächlichen Anhaltspunkte in den Berichten mitzuteilen sind. Allerdings hat der BayVGH im späteren Beschluss vom 28.8.2012, Az. 10 ZB 11.1600 - a. i. d. A. Klageverfahren, die Berufung zugelassen, „weil die Rechtssache bezüglich der Frage, ob die Unterrichtung der Öffentlichkeit im Verfassungsschutzbericht gemäß Art. 15 Satz 1 BayVSG die Angabe tatsächlicher Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 BayVSG erfordert, grundsätzliche Bedeutung hat“. Zu dieser Klärung kam es nicht, weil die Parteien das Bezugsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärten. Nach Auffassung der Kammer liegt es auf der Hand, dass jedenfalls nicht verlangt werden kann, die maßgeblichen Anhaltspunkte mehr oder weniger vollständig im Bericht darzulegen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Zweck der Öffentlichkeitsunterrichtung eine knappe zusammenfassende Darstellung nahelegt und es vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden ist, wenn in dem Bericht, soweit man die Mitteilung tatsächlicher Anhaltspunkte für geboten erachtet, nur einzelne Geschehnisse oder Umstände, die die verfassungsschutzrechtliche Bewertung in einer für den Berichtsadressaten nachvollziehbaren Weise belegen sollen, angeführt werden (siehe VG München, Urteil vom 2.10.2014, Az. M 22 K 11.2221 - VVN-BdA).

Diese formellen Anforderungen an die Unterrichtung der Öffentlichkeit in Verfassungsschutzberichten sind bei der sonstigen verfassungsschutzbezogenen Unterrichtung der Öffentlichkeit außerhalb von Verfassungsschutzberichten gleichermaßen heranzuziehen. Auch in der vorliegenden Fallgestaltung wendet sich der Minister über Vertreter der Presse und der Beklagte über die Verbreitung der Inhalte der Rede des Ministers in Gestalt von Pressemitteilungen ebenso wie ein Verfassungsschutzbericht an die Öffentlichkeit, die auf die Äußerungen im Internet permanenten Zugriff hat.

An der gebotenen Mitteilung solcher die verlautbarten Bewertungen stützender nachvollziehbarer tatsächlicher Anhaltspunkte fehlte es hier völlig. In der Rede des Ministers und den zugehörigen Pressemitteilungen vom ... April 2013 fand sich hierzu nichts. Dieser formelle Mangel kann durch das vom Beklagten nunmehr im Verfahren vorgelegte tatsächliche Material nicht geheilt werden (siehe BayVGH v. 23.9.2010 a. a. O.). Schon deshalb spricht viel für die Rechtswidrigkeit der Äußerungen des Ministers und der Pressemitteilungen.

2. Jedenfalls sind die Äußerungen des Ministers vom ... April 2013 und deren Verbreitung durch Pressemitteilungen materiell rechtswidrig, weil zum Zeitpunkt dieser Verlautbarungen - wie im Übrigen bis heute - keine tatsächlichen Anhaltspunkte für die Behauptung existierten und existieren, die Klägerin sei eine verfassungsfeindliche Bewegung, die pauschal islamfeindliche Propaganda nutze und dadurch die Religionsfreiheit, die Menschenwürde und den Gleichbehandlungsgrundsatz verletze. Unbestritten müssen konkrete tatsächliche Anhaltspunkte (Anknüpfungstatsachen) für die Annahme verfassungsfeindlicher Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des Art. 3 Abs. 1 BayVSG objektiv vorliegen, um eine Erwähnung bestimmter Organisationen oder Personen im Verfassungsschutzbericht zu rechtfertigen (so BayVGH, B. v. 16.7.2010, Az. 10 CE 10.1201 - Islamische Gemeinde Penzberg), unabhängig von der Frage, inwieweit diese Anhaltspunkte auch im Bericht selbst genannt werden müssen (siehe dazu oben Ziff. 1.). So verstanden genügt Art. 15 BayVSG den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht angesichts der nachteiligen Auswirkungen auf die Betroffenen („mittelbar belastende negative Sanktion“) an eine Veröffentlichung in Verfassungsschutzberichten stellt, weil ein möglicher, nicht durch belegbare Tatsachen gestützter „bloßer Verdacht“ eben nicht ausreicht (BayVGH v. 16.7.2010 a. a. O. unter Hinweis auf BVerfG v. 24.5.2005 a. a. O. S. 76 und 81 ff.). Diese Anforderungen gelten auch bei der hier einschlägigen sonstigen verfassungsschutzbezogenen Unterrichtung der Öffentlichkeit.

Der Beklagte hat im Klageverfahren umfangreiches und substantielles Erkenntnismaterial zur Stützung der Bewertungen des Ministers vom ... April 2013 vorgelegt. Diese Erkenntnisse begründen allerdings nur den Verdacht, dass die Klägerin verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen könnte. Die Verdachtsmomente erlauben hingegen keine wie die hier getroffene definitive Aussage dahingehend, dass die Klägerin tatsächlich solche Bestrebungen verfolge. Dies hat die Kammer im Urteil vom 16. Oktober 2014, Az. M 22 K 14.1743, zu den Erwähnungen der Klägerin im Verfassungsschutzbericht 2013 und entsprechenden Äußerungen des Ministers, die die hier erhobenen Vorwürfe wiederholen und erweitern, entschieden. Die Kammer hat dabei die im Bezugsverfahren vom Beklagten vorgelegten Erkenntnisse, die im Wesentlichen denen im vorliegenden Verfahren gleichen, ausführlich im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Anforderungen (siehe hierzu BVerfG v. 24.5.2005 a. a. O.) gewürdigt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf dieses Urteil verwiesen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Beklagte auf der Basis der damaligen wie der heutigen Erkenntnislage nur das Recht hatte und hat, die Klägerin im Auge zu behalten und ihre weitere Entwicklung zu beobachten. Dem Beklagten war und ist es aber verwehrt, bereits jetzt gleichsam unter Vorwegnahme der Beobachtungsergebnisse zu einem endgültigen negativen verfassungsschutzrechtlichen Urteil über die Klägerin zu gelangen. Diese unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung kommt in der Rede des Ministers vom ... April 2013 zum Ausdruck, wenn er die Öffentlichkeit über die Beobachtung der Klägerin durch den Verfassungsschutz informiert, aber gleichzeitig bereits die definitive Einordnung der Klägerin als „verfassungsfeindliche Bewegung“ trifft.

Die Entscheidung über die Kosten beruht hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage (Klageantrag Ziff. II.) auf § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen auf § 155 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 06. Juli 2017 - 10 BV 16.1237

bei uns veröffentlicht am 06.07.2017

Tenor I. In Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 14. Januar 2016 wird die Klage abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufi

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(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

Tatbestand

1

Der Kläger, Mitglied der Partei DIE LINKE, wendet sich gegen die Sammlung personenbezogener Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz.

2

Die Partei DIE LINKE entstand im Juni 2007 aus der Verschmelzung der Partei Die Linkspartei.PDS (Die Linke.PDS) mit der Partei Arbeit & soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative (WASG). Die Partei Die Linkspartei.PDS (Die Linke.PDS) ist ihrerseits aus der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) hervorgegangen. Diese benannte sich im Dezember 1989 in Sozialistische Einheitspartei Deutschlands - Partei des Demokratischen Sozialismus (SED-PDS) und im Februar 1990 in Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) um. Ab Juli 2005 führte sie die Bezeichnung Die Linkspartei.PDS (Die Linke.PDS).

3

Der 1956 geborene Kläger war von 1981 bis 1990 Gewerkschaftssekretär in Mittelhessen. 1990 ging er nach Thüringen und war dort bis 1999 Landesvorsitzender der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen. Im April 1999 trat er der PDS bei. Von Oktober 1999 bis Oktober 2005 war er Abgeordneter im Thüringer Landtag, zunächst als stellvertretender Vorsitzender und ab 2001 als Vorsitzender der Landtagsfraktion. Zudem war er deren gewerkschafts- und wirtschaftspolitischer Sprecher. Im Oktober 2005 wurde der Kläger in den Bundestag und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden der Fraktion gewählt. Im August 2009 wurde er erneut in den Thüringer Landtag gewählt und ist dort Vorsitzender der Fraktion der Partei DIE LINKE.

4

Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt über den Kläger eine Personenakte, in der Unterlagen über seine politischen Aktivitäten zusammengestellt sind. Die Informationen reichen bis in die 1980er Jahre zurück. Sie wurden zunächst bei der Beobachtung der DKP und ihres Umfelds gewonnen, seit 1999 bei der Beobachtung der PDS bzw. der Linkspartei.PDS sowie gegenwärtig der Partei DIE LINKE. Das Bundesamt erhebt Informationen über die Tätigkeit des Klägers in der und für die Partei sowie über seine Abgeordnetentätigkeit, jedoch ohne sein Abstimmungsverhalten und seine Äußerungen im Parlament sowie in den Ausschüssen. Anfang 2003 erfuhr der Kläger, dass das Bundesamt über ihn Informationen sammelt.

5

Der Kläger hat daraufhin beim Verwaltungsgericht Klage mit dem Antrag erhoben, festzustellen, dass die Sammlung personenbezogener Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtswidrig ist, soweit es sich um Informationen handelt, die (1.) bis zur Aufnahme des Landtagsmandats im Oktober 1999, (2.) während der Zeit des Landtagsmandats und (3.) während der Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter erhoben worden sind. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren abgetrennt, soweit es die Sammlung von Informationen über den Kläger bis zur Aufnahme des Landtagsmandats im Oktober 1999 betroffen hat. Im Übrigen, soweit die Klage die Zeit als Abgeordneter des Thüringer Landtags und des Bundestags betrifft, hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Sammlung personenbezogener Informationen über den Kläger durch das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtswidrig ist.

6

Mit ihrer Berufung hat die Beklagte die Abweisung der Klage beantragt. Der Kläger hat im Berufungsverfahren seinen erstinstanzlichen Antrag dahin klargestellt, festzustellen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtswidrig Informationen über ihn in der Zeit seines Landtagsmandats sowie seit der Übernahme seines Bundestagsmandats bis zur mündlichen Verhandlung erhoben hat, und die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, über ihn künftig personenbezogene Daten zu erheben.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat durch Vernehmung eines Zeugen Beweis darüber erhoben, ob seit Oktober 1999 im Bundesamt für Verfassungsschutz die Anordnung getroffen wurde, personenbezogene Daten über den Kläger mit Mitteln der heimlichen Informationsbeschaffung zu erheben. Es hat sodann durch das angefochtene Urteil festgestellt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtswidrig Informationen über den Kläger in der Zeit seines Landtagsmandats (von Oktober 1999 bis Oktober 2005) sowie in der Zeit von der Übernahme seines Bundestagsmandats im Oktober 2005 bis zum 13. Februar 2009 aus allgemein zugänglichen Quellen erhoben hat. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, über den Kläger künftig personenbezogene Daten aus allgemein zugänglichen Quellen zu erheben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, nämlich insoweit, als der Kläger mit seinem Antrag auch begehrt hat, festzustellen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen über ihn rechtswidrig mit den Mitteln der heimlichen Informationsbeschaffung erhoben hat, und die Beklagte zu verurteilen, zukünftig den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel der heimlichen Informationsbeschaffung zu unterlassen. Insoweit hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe das Bundesamt Informationen über den Kläger seit Oktober 1999 nicht heimlich, sondern allein aus allgemein zugänglichen Quellen beschafft.

8

Soweit das Oberverwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat, hat es im Kern zur Begründung ausgeführt: Die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte deute darauf hin, dass die Parteien PDS, Linkspartei.PDS und heute DIE LINKE Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verfolgten, die darauf gerichtet seien, die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie das Recht des Volkes, die Volksvertretung in allgemeiner und gleicher Wahl zu wählen, zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Eine weitere Aufklärung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz erscheine deshalb erforderlich. Die Voraussetzungen für eine Beschaffung von Informationen über den Kläger aus allgemein zugänglichen Quellen (offene Beobachtung) seien allein schon wegen seiner politischen Betätigung in der Partei DIE LINKE (früher: PDS/Linkspartei.PDS) gegeben, auch wenn keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Kläger selbst durch seine Parteiarbeit politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verfolge. Die offene Beobachtung von Abgeordneten durch das Bundesamt für Verfassungsschutz bedürfe auch keiner besonderen Ermächtigungsgrundlage. Im Einzelfall des Klägers stehe aber das freie Mandat seiner offenen Beobachtung entgegen. Die offene Beobachtung greife jedenfalls deshalb in das freie Mandat ein, weil sie zumindest mit faktischen Nachteilen für die politische Tätigkeit eines Abgeordneten verbunden sein könne. Mit der Beobachtung durch den Verfassungsschutz sei eine "Stigmatisierung" verbunden, die den Zugang zu dem Teil der Bevölkerung erschweren könne, der sich als verfassungstreu betrachte. Wenn die offene Beobachtung des Klägers durch Verfassungsschutzbehörden allgemein bekannt werde, könne es für ihn schwieriger werden, Anhänger und Wähler für sich und seine Partei zu gewinnen sowie mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Demgegenüber sei eine unmittelbar drohende Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht gegeben. Die Partei DIE LINKE habe in ihrer parlamentarischen Arbeit und bei Regierungsbeteiligungen bislang keine Aktivitäten unternommen, die Ansätze für eine Überwindung der herrschenden Staats- und Gesellschaftsordnung erkennen ließen. Den Gruppierungen innerhalb der Partei, bei denen Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bestünden, komme innerhalb der Partei zwar nennenswerter, bislang aber kein bestimmender Einfluss zu. Dass das Bundesamt für Verfassungsschutz ohne eine Beobachtung des Klägers bei der gebotenen Gewinnung von Informationen über die Partei DIE LINKE in nicht hinzunehmender Weise an der Erfüllung seiner Aufgaben gehindert oder dabei zumindest beeinträchtigt würde, habe weder die Beklagte substantiiert vorgetragen noch sei dies sonst ersichtlich. Das Bundesamt könne die relevanten Informationen in erster Linie durch die Beobachtung der Partei als solcher, einzelner in ihr bestehender Gruppierungen sowie anderer führender Parteimitglieder gewinnen. Diese geringe Bedeutung einer Beobachtung des Klägers könne einen Eingriff in das freie Mandat nicht rechtfertigen. Insoweit sei maßgeblich, dass der Kläger zwar Spitzenfunktionär der Partei sei, jedoch keiner Gruppierung innerhalb der Partei angehöre, bei der der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen bestehe, wenn er auch die Kräfte innerhalb der Partei nicht aktiv bekämpfe, die solcher Bestrebungen verdächtig seien.

9

Soweit das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat, hat der Senat die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.

10

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, die Klage in vollem Umfang abzuweisen: Die Erhebung von Informationen über den Kläger sei auch mit Rücksicht auf dessen Status als Abgeordneter rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig. Die gegenteilige Wertung des Oberverwaltungsgerichts sei nicht nachvollziehbar, beruhe auf einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes und stehe namentlich im Widerspruch zu den Feststellungen, die das Oberverwaltungsgericht an anderer Stelle zu Recht über die verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Partei DIE LINKE, der Stellung des Klägers als eines Spitzenfunktionärs dieser Partei und die deshalb begründete Erforderlichkeit gerade seiner Beobachtung getroffen habe. Das Oberverwaltungsgericht leite die faktischen Nachteile für die politische Betätigung des Klägers daraus her, dass dessen Beobachtung durch den Verfassungsschutz allgemein bekannt werde. Der Kläger habe aber seine Beobachtung durch den Verfassungsschutz selbst publik gemacht. Er könne nicht unter Hinweis auf die dadurch angeblich ausgelöste Erschwernis seiner Arbeit die Rechtswidrigkeit seiner Beobachtung geltend machen.

11

Der Kläger hält das Berufungsurteil zwar im Ergebnis, nicht aber in den Gründen für zutreffend: Das Oberverwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Partei DIE LINKE vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet werden dürfe. Die Partei verfolge keine Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien. Bei seiner gegenteiligen Einschätzung sei das Oberverwaltungsgericht von unzutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen. Seine tatsächliche Würdigung beruhe auf einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes und der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der beklagten Bundesrepublik Deutschland ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Bei zutreffender Anwendung des § 8 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG) hätte das Oberverwaltungsgericht die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Die Erhebung von Informationen über den Kläger durch das Bundesamt für Verfassungsschutz war in der hier in Rede stehenden Zeit rechtmäßig, verstieß insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 8 Abs. 5 BVerfSchG). Deshalb kann der Kläger auch nicht beanspruchen, dass das Bundesamt eine Erhebung von Informationen über ihn künftig unterlässt. Diese Beurteilung kann der Senat auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts selbst abschließend treffen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Die Revisionsgründe, die der Kläger im Wege der Gegenrüge gegen diese Feststellungen vorgebracht hat, sind entweder unzulässig oder unbegründet (§ 137 Abs. 2 VwGO), so dass die Feststellungen für den Senat bindend sind.

13

Das Bundesamt für Verfassungsschutz erhob und erhebt Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung (1. a)); auch der Einsatz solcher Mittel zur Informationsbeschaffung stellt einen Eingriff in die Rechte des Betroffenen dar, der deshalb einer Ermächtigungsgrundlage bedarf (1. b)). Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung von Informationen mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung ist § 8 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG (2.). Diese Vorschrift deckt die Erhebung von Informationen über den Kläger, weil die Partei DIE LINKE verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt (3.) und die deshalb erforderliche Erhebung von Informationen durch den Verfassungsschutz auf den Kläger als eines ihrer herausgehobenen Mitglieder erstreckt werden darf (4.).

14

1. a) Nach den Feststellungen im Berufungsurteil hat das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen über den Kläger in der Zeit von Oktober 1999 bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung erhoben.

15

Bei dieser Art der Informationsbeschaffung werden Informationen aus offenen Quellen gesammelt und ausgewertet. Offene Quellen sind Informationsträger, die für jedermann, wenn auch nur unter gewissen Umständen, zugänglich sind. Dazu zählen Zeitungen und Zeitschriften, Rundfunk- und Fernsehsendungen sowie Internetangebote. Weiter rechnen dazu die sonstigen offen zugänglichen Verlautbarungen der beobachteten Organisationen (Presseerklärungen, Flugblätter, Programme, Aufrufe), der Besuch öffentlicher Veranstaltungen sowie Erkundigungen aus öffentlich zugänglichen Karteien und Registern.

16

Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt über den Kläger eine Personenakte, in der aus solchen allgemein zugänglichen Quellen Unterlagen über seine politischen Aktivitäten zusammengestellt sind. Die Erhebung von Informationen über den Kläger umfasste dessen gesamte Tätigkeit im linken politischen Spektrum, seine Aktivitäten in der und für die Partei DIE LINKE sowie zuvor in und für die Parteien PDS und Linkspartei.PDS, Teile seiner Abgeordnetentätigkeit im Bundestag und im Thüringer Landtag sowie seine sonstigen politischen Betätigungen. Bei der Erhebung von Informationen über die Abgeordnetentätigkeit des Klägers sind allein sein Abstimmungsverhalten und seine Äußerungen im Parlament sowie in dessen Ausschüssen außer Betracht geblieben. Die Informationen über seine Arbeit als Abgeordneter betreffen nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts andere Aspekte dieser Tätigkeit: Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat allein dokumentiert, wenn dem Kläger in den Fraktionen, denen er angehörte, besondere Funktionen (beispielsweise als Vorsitzender, stellvertretender Vorsitzender oder Sprecher für bestimmte Politikbereiche) übertragen wurden (Berufungsurteil Seite 42).

17

b) Bei der Erhebung von Informationen mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung handelt es sich um einen Eingriff, wenn die gewonnenen Informationen einzelnen Personen oder Personenmehrheiten zugeordnet werden. Unter "Erhebung" ist die aktive Informationsbeschaffung zu verstehen, nicht die zufällige Erlangung von Informationen beispielsweise durch unverlangte Mitteilungen. Erhebung ist nur die intendierte, auf den Betroffenen gezielte Informationsbeschaffung (Borgs, in: Borgs/Ebert, Das Recht der Geheimdienste, BVerfSchG § 3 Rn. 13). Wer am öffentlichen Leben in Wort, Schrift oder Aktion teilnimmt, willigt damit nicht notwendig in die gezielte, auf Vollständigkeit angelegte Erhebung oder gar Speicherung aller seiner öffentlichen Äußerungen ein. Die zielgerichtete Sammlung öffentlicher Verhaltensweisen oder Äußerungen einer bestimmten Person ist daher als "Erhebung" im datenschutzrechtlichen Sinne anzusehen (Borgs a.a.O. Rn. 13), die an gesetzliche Voraussetzungen gebunden ist. Dem steht nicht entgegen, dass es dem Staat nicht verwehrt ist, von jedermann zugänglichen Informationsquellen unter denselben Bedingungen wie jeder Dritte Gebrauch zu machen. Ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist jedoch anzunehmen, wenn - wie hier - die aus öffentlich zugänglichen Quellen stammenden Daten durch ihre systematische Erhebung, Sammlung und Erfassung einen zusätzlichen Aussagewert erhalten (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - BVerfGE 120, 378 <398 f.>).

18

2. Ermächtigungsgrundlage (Befugnisnorm) für die Erhebung von Informationen mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung ist § 8 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG. Nach dieser Vorschrift darf das Bundesamt für Verfassungsschutz die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen. Aufgabe des Bundesamts ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG unter anderem die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. In diesem Sinne sind Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in § 4 Abs. 2 BVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG). Zu diesen Verfassungsgrundsätzen gehören das Recht des Volkes, die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte (§ 4 Abs. 2 Buchst. a, c, d und g BVerfSchG).

19

3. Der Kläger war bzw. ist in den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE tätig. Bei diesen Parteien handelte und handelt es sich um Personenzusammenschlüsse im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG (a)), weil nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts bei ihnen im streitigen Zeitraum tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorlagen (b)).

20

a) Unter die Personenzusammenschlüsse im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG fallen auch Parteien. Der Anwendung der Vorschrift auf sie stehen weder das Parteienprivileg aus Art. 21 Abs. 2 GG (aa)) noch das Selbstbestimmungsrecht der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 GG (bb)) entgegen.

21

aa) Nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG entscheidet zwar ausschließlich das Bundesverfassungsgericht über die Frage der Verfassungswidrigkeit politischer Parteien. Vor Ergehen einer solchen Entscheidung ist ein administratives Einschreiten gegen den Bestand einer politischen Partei ausgeschlossen. Gegen die Partei, ihre Funktionäre, Mitglieder und Anhänger dürfen wegen ihrer mit allgemein erlaubten Mitteln arbeitenden parteioffiziellen Tätigkeiten keine rechtlichen Sanktionen angedroht oder verhängt werden. Die Beobachtung durch ein Amt für Verfassungsschutz ist aber keine solche Maßnahme, sondern dient der Aufklärung des Verdachts, dass die Partei verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Die Zulässigkeit einer solchen Aufklärung wird von der Verfassung vorausgesetzt. Auch ohne die Feststellung ihrer Verfassungswidrigkeit darf die Überzeugung gewonnen und vertreten werden, eine Partei verfolge verfassungsfeindliche Ziele (Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <130 f.>).

22

bb) Soweit § 8 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG das Bundesamt für Verfassungsschutz ermächtigt, bei Anhaltspunkten verfassungsfeindlicher Bestrebungen eine politische Partei zu beobachten, steht die Vorschrift mit Art. 21 Abs. 1 GG in Einklang.

23

Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit; ihre Gründung ist frei. Das Grundgesetz setzt die Staatsfreiheit der Parteien als frei gegründeter, im gesellschaftlich-politischen Bereich wurzelnder Gruppen voraus und gewährleistet ihre Unabhängigkeit vom Staat. Ihnen steht das Recht auf Selbstbestimmung zu. Zu dessen Kernbereich gehört das Recht der Parteien, selbst und ohne staatliche Einflussnahme oder Überwachung über ihre Ziele, Organisation und Tätigkeiten zu entscheiden. Sowohl die Freiheit der inneren Willensbildung als auch die freie Entfaltung der Tätigkeiten als Partei sind gewährleistet.

24

Das Selbstbestimmungsrecht der Parteien findet seine Schranke in der Entscheidung des Grundgesetzes für eine "streitbare Demokratie". Diese Grundentscheidung ist im Wesentlichen aus Art. 9 Abs. 2, Art. 18, Art. 20 Abs. 4, Art. 21 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 3 GG herzuleiten. Sie wird in den Zuständigkeitsvorschriften der Art. 73 Nr. 10 Buchst. b und Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG bestätigt. Das Grundgesetz vertraut aufgrund geschichtlicher Erfahrung nicht allein darauf, die freiheitliche Demokratie werde sich im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung ohne Weiteres behaupten. Es hat darüber hinaus dem Staat die Aufgabe übertragen, die zentralen Grundwerte der Verfassung durch (repressive) Schutzvorkehrungen zu sichern und zu gewährleisten. Die Beobachtung einer politischen Partei auf verfassungsfeindliche Bestrebungen hin zielt dabei nicht ausschließlich darauf ab, die Entscheidung über repressive staatliche Maßnahmen vorzubereiten. Sie bezweckt vielmehr auch, Informationen über die aktuelle Entwicklung verfassungsfeindlicher Kräfte, Gruppen und Parteien im Vorfeld einer Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Verfassungsordnung zu gewinnen und zu sammeln und damit die Regierung und die Öffentlichkeit in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise, namentlich mit politischen Mitteln entgegenzuwirken. Um die Überschreitung der Linie feststellen zu können, von der an verfassungsfeindliche Betätigungen zu einer Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung werden, der nicht mehr mit politischen Mitteln, sondern nurmehr mit juristischen Mitteln begegnet werden kann, muss dieses Vorfeld notwendig beobachtet werden (so unter Zusammenfassung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <131 ff.>).

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Der Gesetzgeber hat die Aufgaben und Befugnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz so bestimmt, dass Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht der Parteien auf das zur Selbstverteidigung der freiheitlichen Demokratie zwingend Gebotene beschränkt bleiben. Die widerstreitenden Prinzipien der Parteienfreiheit und der streitbaren Demokratie sind namentlich in § 8 Abs. 5 BVerfSchG und § 9 BVerfSchG mit Hilfe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit einem angemessenen Ausgleich zugeführt. Die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall genügt zur Wahrung der Rechte und schützenswerten Belange Betroffener. Dies gilt auch für politische Parteien (Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <134 f.>).

26

Werden die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung von Parteien durch den Verfassungsschutz eingehalten und wird dabei insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt, greift diese Beobachtung nicht stärker in den offenen Wettbewerb der Parteien um die Möglichkeit politischer Gestaltung ein, als dies mit Rücksicht auf die Verteidigung der verfassungsrechtlichen Grundlagen der Demokratie erforderlich ist. Das Bundesverfassungsschutzgesetz lässt es nicht zu, den Verfassungsschutz darüber hinaus einseitig parteipolitisch, namentlich im Interesse der Regierungsparteien zu instrumentalisieren. Missbräuchlich, und deshalb von den eingeschränkten Ermächtigungsgrundlagen des Bundesverfassungsschutzgesetzes nicht gedeckt, wäre eine einseitige und gezielte, zudem verdeckte Weitergabe von gewonnenen Erkenntnissen an einzelne Parteien oder Politiker, namentlich zur Verwendung im Wahlkampf. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsschutzes, Munition für den Wahlkampf bereitzustellen. Welche Folgerungen daraus für die Anforderungen zu stellen sind, unter denen in einem Verfassungsschutzbericht (§ 16 Abs. 2 Satz 1 BVerfSchG) politische Parteien oder einzelne Personen als extremistisch oder verfassungsfeindlich bewertet werden dürfen, bedarf hier keiner Entscheidung.

27

b) In dem hier streitigen Zeitraum von Oktober 1999 bis Februar 2009 lagen nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts tatsächliche Anhaltspunkte (aa)) für Bestrebungen in den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE vor, die im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet waren. Das dazu entwickelte Rechtsverständnis des Oberverwaltungsgerichts entspricht der Rechtslage (bb)). Das Oberverwaltungsgericht hat außerdem festgestellt, dass die verfassungsfeindlichen Bestrebungen in politisch ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG eingemündet sind (cc)). Die dazu jeweils getroffenen tatsächlichen Feststellungen binden mangels darauf gerichteter, zulässiger und begründeter Rügen das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO.

28

aa) Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG reichen für das Tätigwerden des Bundesamts für Verfassungsschutz "tatsächliche Anhaltspunkte" für verfassungsfeindliche Bestrebungen, konkret für Gefährdungen der gesetzlich näher beschriebenen Verfassungsrechtsgüter aus. Die Regelung verlangt keine Gewissheit darüber, dass Bestrebungen vorliegen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind.

29

Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht eingangs seiner Würdigung (auch) von tatsächlichen Anhaltspunkten "für den Verdacht" von Bestrebungen der Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gesprochen. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht damit aber nicht die Schwelle für die Beobachtung der Parteien entgegen dem maßgeblichen Recht herabgesetzt, mit der weiteren Folge, dass seine tatsächliche Würdigung, weil von einem falschen rechtlichen Maßstab ausgehend, revisionsgerichtlich zu beanstanden wäre. Liegen Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vor, besteht ein Verdacht solcher Bestrebungen. Die Anhaltspunkte müssen mithin geeignet sein, einen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu begründen. Die dann einsetzende Beobachtung dient der Klärung dieses Verdachts. Nichts anderes hat das Oberverwaltungsgericht gemeint, wenn es von Anhaltspunkten für einen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen spricht.

30

Das Tatbestandsmerkmal "tatsächlicher Anhaltspunkt" verlangt allerdings mehr als bloße Vermutungen. Es müssen konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als Tatsachenbasis für den Verdacht vorliegen (vgl. hierzu auch: Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 - BVerfGE 100, 313 <395>). Zur Annahme eines Verdachts kann ferner die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte führen, wenn jeder für sich genommen einen solchen Verdacht noch nicht zu begründen vermag (Urteil vom 17. Oktober 1990 - BVerwG 1 C 12.88 - BVerwGE 87, 23 <28>).

31

Diese Anforderungen an die tatsächlichen Anhaltspunkte genügen den verfassungsrechtlichen Vorgaben auch unter Berücksichtigung der grundgesetzlich garantierten freien Betätigung der Parteien. Weitere Eingrenzungen für die zulässige Beobachtung einer Partei lassen sich nicht der Entscheidung entnehmen, die der Kläger in diesem Zusammenhang anführt (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63). Sie befasst sich mit Blick auf die grundrechtlich garantierte Pressefreiheit mit der Aufnahme einer Wochenzeitung in den Verfassungsschutzbericht und dem dort enthaltenen Hinweis auf den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen. Das Bundesverfassungsgericht arbeitet zunächst im Anschluss an frühere Rechtsprechung heraus, wann das Informationshandeln der Regierung als Eingriff in ein Grundrecht zu werten ist und unter welchen Voraussetzungen ein solcher Eingriff gerechtfertigt sein kann. Es hebt dabei insbesondere (und insoweit auch mit Bedeutung für die bloße Beobachtung einer Partei) hervor, es seien keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen zu erheben, dass das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen für die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht ausreicht. Das Bundesverfassungsgericht betont im Anschluss daran vor allem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Die tatsächlichen Anhaltspunkte müssten hinreichend gewichtig sein. Rechtfertigten sie nur den Schluss, dass möglicherweise ein Verdacht begründet sei, reichten sie als Grundlage einer Grundrechtsbeeinträchtigung nicht aus. Stünden die Bestrebungen noch nicht fest, begründeten tatsächliche Anhaltspunkte aber einen entsprechenden Verdacht, müsse dessen Intensität hinreichen, um die Veröffentlichung in Verfassungsschutzberichten auch angesichts der nachteiligen Auswirkungen auf die Betroffenen zu rechtfertigen (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <81>). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt auch die Möglichkeit, Parteien wegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu beobachten. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich aber insoweit nicht ohne Weiteres übertragen. Das Gewicht des Eingriffs in die freie Betätigung der Parteien ist ein anderes, je nachdem ob sie (nur) beobachtet werden oder ob als Ergebnis einer solchen Beobachtung die Öffentlichkeit über Gefährdungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unterrichtet werden soll, die von der Partei ausgehen. Die Beobachtung dient gerade der Aufklärung, ob Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gegeben sind, die, ohne schon zum Mittel des Verbotsantrags zu greifen, doch die politische Auseinandersetzung mit dieser Partei erforderlich machen und ob zu diesem Zweck auch das Mittel einer Warnung der Öffentlichkeit über den Verfassungsschutzbericht eingesetzt werden soll. Diese Abstufung der Reaktion auf mögliche Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, schließt es aus, jeweils das gleiche Gewicht für tatsächliche Anhaltspunkte für solche Bestrebungen zu verlangen.

32

bb) Nach den den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts gab bzw. gibt es in den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und heute DIE LINKE tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, nämlich gegen das Recht des Volkes, die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, gegen das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, gegen die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie gegen die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.

33

Mit diesen zentralen Verfassungswerten nicht vereinbar sind eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne einer sozialistisch- kommunistischen Gesellschaftsordnung. In einer solchen Gesellschaft sind - vor allem in der Phase der Diktatur des Proletariats - die Wahrung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie allgemeine und gleiche Wahlen nicht gewährleistet. Nach marxistisch-leninistischer Lehre ist die Diktatur des Proletariats eine notwendige Vorstufe zur Erreichung des Sozialismus. In dieser Phase wandelt das Proletariat, das durch eine Revolution die Macht ergriffen hat, in fortgesetzten revolutionären Kämpfen die kapitalistische Gesellschaft in eine sozialistisch-kommunistische um. Hierzu bedarf es einer Unterdrückung des Widerstands der durch die Revolution entmachteten Klasse. Die Staatsgewalt ist bei der Staatspartei - der Kommunistischen Partei - konzentriert, die Trägerin des Klassenkampfes ist. Die so verstandene Diktatur des Proletariats ist mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes unvereinbar. Es wäre nicht denkbar, den Wesenskern des Grundgesetzes aufrechtzuerhalten, wenn eine Staatsordnung errichtet würde, die die kennzeichnenden Merkmale der Diktatur des Proletariats trüge. In einem derartigen Gemeinwesen sind die Menschenrechte nicht gewährleistet. Für die Angehörigen der unterdrückten Klasse ist das selbstverständlich. Da alles staatliche Handeln der Aufgabe der grundlegenden Neugestaltung der staatlichen Ordnung und der Erreichung des Sozialismus untergeordnet ist, stehen auch den Mitgliedern der herrschenden Klasse Grundrechte nur insoweit zu, als sie der Festigung der Diktatur des Proletariats zumindest nicht entgegenstehen. Angesichts der Allmacht der Kommunistischen Partei und ihrer alleinigen Einsicht in die politischen Notwendigkeiten scheiden eine Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung und erst recht Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition aus. Die Erörterung von Methoden und Einzelmaßnahmen ist ausgeschlossen, sobald sie einmal von der herrschenden Partei autoritativ verkündet worden sind. Angesichts dessen bestehen auch für eine Ablösbarkeit der Regierung sowie allgemeine und gleiche Wahlen kein Raum und kein Bedürfnis (BVerfG, Urteil vom 17. August 1956 - 1 BvB 2/51 - BVerfGE 5, 85 <147 ff.> KPD-Verbot).

34

Das Oberverwaltungsgericht hat die ihm vorliegenden Unterlagen dahin gewürdigt, aus ihnen ergäben sich tatsächliche Anhaltspunkte von hinreichendem Gewicht und in ausreichender Zahl dafür, dass durchaus namhafte Teile der Partei eine politische Umgestaltung der Bundesrepublik Deutschland verfolgten, nämlich durch eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne eine sozialistisch-kommunistische Gesellschaftsordnung anstrebten.

35

Diese Würdigung kann revisionsgerichtlich nicht beanstandet werden. Das Bundesverwaltungsgericht ist deshalb an sie als Revisionsgericht gebunden und hat sie seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Indem § 137 Abs. 2 VwGO das Revisionsgericht an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz bindet, entzieht die Vorschrift insbesondere die Beweiswürdigung des Tatrichters einer umfassenden revisionsgerichtlichen Nachprüfung. Dem Tatsachengericht ist die Aufgabe übertragen, sich im Wege der freien Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung über den zu entscheidenden Sachverhalt zu bilden. Dieser Vorgang ist revisionsgerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar (Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 20). Eine Grenze der freien Beweiswürdigung bildet nach der einen Seite hin das anzuwendende Recht und dessen Auslegung. Nach der anderen Seite hin ergibt sich die Grenze daraus, dass der Überzeugungsgrundsatz nicht für eine Würdigung in Anspruch genommen werden kann, die im Vorgang der Überzeugungsbildung an einem Fehler leidet, etwa weil das Gericht gesetzliche Beweisregeln, allgemeine Erfahrungssätze, unumstrittene Geschichtstatsachen oder gar die Denkgesetze missachtet oder Tatsachen berücksichtigt hat, die sich weder auf ein Beweisergebnis noch sonst auf den Akteninhalt stützen lassen (Urteil vom 25. Mai 1984 - BVerwG 8 C 108.82 - Buchholz 448.0 § 11 WPflG Nr. 35 S. 16; Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <123>). Das Gericht verstößt gegen das Gebot, seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen, wenn es von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen (Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 7 C 23.03 - BVerwGE 122, 85 <92>).

36

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist hingegen nicht schon dann in einer revisionsgerichtlich beachtlichen Weise verletzt, wenn auch eine inhaltlich andere Überzeugung möglich gewesen wäre. Der Überzeugungsgrundsatz setzt geradezu voraus, dass auch eine andere Überzeugung hätte gewonnen werden können. Er findet seine Grenze insoweit erst da, wo eine andere Überzeugungsbildung zwingend gewesen wäre, die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts also die Denkgesetze verletzt. Daraus folgt zugleich, dass eine Überzeugung, die als solche fehlerfrei gewonnen wurde, grundsätzlich nicht schon durch die Darlegung von Tatsachen erschüttert werden kann, die lediglich belegen, dass auch eine inhaltlich andere Überzeugung möglich gewesen wäre (Urteil vom 25. Mai 1984 - BVerwG 8 C 108.82 - Buchholz 448.0 § 11 WPflG Nr. 35 S. 16).

37

Das Oberverwaltungsgericht hat die Grenzen, die seiner freien Beweiswürdigung gesetzt sind, weder in die eine noch in die andere Richtung überschritten.

38

Der Senat hat nicht feststellen können, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Bewertung der Umstände, die für die Feststellung verfassungsfeindlicher Bestrebungen in der Partei DIE LINKE maßgeblich waren, die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale rechtlich fehlerhaft ausgelegt und angewandt hat, auf die hin der Sachverhalt zu würdigen war.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat nicht verkannt, dass Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c und Abs. 2 BVerfSchG nicht allein deshalb vorliegen, weil eine auch grundlegende Umgestaltung der wirtschaftspolitischen Verhältnisse als politisches Ziel verfolgt wird. Entgegen auch in der mündlichen Verhandlung angeklungener Kritik hat das Oberverwaltungsgericht beispielsweise die Forderung nach einer Verstaatlichung von Banken nicht für sich als Ausweis verfassungsfeindlicher Bestrebungen gewertet. Das Oberverwaltungsgericht hat vielmehr ausdrücklich hervorgehoben (Seite 54 f. des Urteilsabdrucks), es widerspräche vernünftiger Betrachtung, Anhaltspunkte für Verfassungsfeindlichkeit schon deshalb zu bejahen, weil eine Partei das Ziel ihrer Arbeit am gesellschaftlichen Umbau mit "Sozialismus", "demokratischer Sozialismus", "sozialistische Gesellschaft" oder ähnlichen Formulierungen umschreibt. Der Begriff "Sozialismus" werde im politischen Sprachgebrauch nicht nur im klassischen marxistisch-leninistischen Sinne benutzt, sondern könne auch eine als sozial verstandene, grundlegende Umgestaltung der wirtschaftspolitischen Verhältnisse meinen, die den Rahmen des Grundgesetzes nicht überschreite. Auch die Begriffe "Revolution", "Kapitalismus", "Demokratie" und "Menschenrechte" würden nicht einheitlich verwandt. "Revolution" bedeute nicht notwendig einen gewaltsamen Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes, sondern könne auch eine radikale, sich aber noch im Rahmen des Grundgesetzes haltende Umgestaltung der Gesellschaft sein. Der Begriff des "Kapitalismus" könne auf die Wirtschaftsordnung beschränkt sein, aber auch die ihn ermöglichende politische Ordnung erfassen.

40

Von diesem zutreffenden rechtlichen Verständnis der Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgehend hat das Oberverwaltungsgericht programmatische Aussagen und Forderungen festgestellt, die weitergehend auf eine Umgestaltung der Staats- und Gesellschaftsordnung im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne einer sozialistisch- kommunistischen Gesellschaftsordnung zielen.

41

Derartige Forderungen hat das Oberverwaltungsgericht zum einen bei der Kommunistischen Plattform ausgemacht (Seite 55 f. des Urteilsabdrucks). Es hat deren programmatische Äußerungen unter Hinweis auf die insoweit ausgewerteten Dokumente dahin ausgelegt, dass die Mitglieder dieses parteiinternen Zusammenschlusses sich der Sache nach ausdrücklich zu einer sozialistischen Revolution und der Diktatur des Proletariats bekennten: Ihre Forderungen nach einem "Sozialismus im Marx'schen Sinne", einem "wissenschaftlichen Sozialismus von Marx und Engels", einer Partei, die "im Geiste von Marx, Engels und Lenin gegen das Kapital, für den Sozialismus" wirke, und einer Gesellschaftsordnung, "in welcher die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abgeschafft und der Mensch nicht länger ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist", ließen verständigerweise keine andere Interpretation zu. Die Aussage, die angestrebte Gesellschaft werde "natürlich in ihrer Anfangsphase alles andere als perfekt" sein, und der Hinweis auf die Notwendigkeit, "unlogische, nicht objektive, ungerechte, einfache Macht" einzusetzen, seien vor diesem ideologischen Hintergrund nur als kaum verhohlene Bekenntnisse zur Diktatur des Proletariats und zur Gewaltanwendung während dieser Vorphase des Sozialismus zu verstehen. Wenn nach anderen Ausführungen gegenwärtig keine revolutionäre Situation bestehe, der Kapitalismus aber "von immer mehr Menschen als asozial, nicht friedfertig und als immer weniger demokratisch empfunden" werde, woran "zur Zeit des Zustandekommens von 'Deutschland einig Vaterland' nicht zu denken gewesen" sei, werde damit nicht bloß die politische Lage beschrieben, sondern der Hoffnung auf das Entstehen einer revolutionären Stimmung in Deutschland Ausdruck verliehen.

42

Das Oberverwaltungsgericht hat zum anderen ebenfalls an Hand ausgewerteter und im Einzelnen bezeichneter Dokumente festgestellt (Seite 56 f. des Urteilsabdrucks), auch das Marxistische Forum bekenne sich offen zu Zielen, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar seien: Es fordere nicht nur, "den Herrschenden ihre ökonomischen Machtgrundlagen zu entreißen", sondern wolle ihnen auch ihre "politische Macht (...) nehmen". Damit stelle es - so die Wertung des Oberverwaltungsgerichts - unmissverständlich klar, dass es sich nicht darauf beschränke, für wirtschaftspolitische Veränderungen einzutreten, die im Rahmen des Grundgesetzes zulässig seien. Dass das Marxistische Forum vielmehr anstrebt, die bestehende staatliche Ordnung durch ein gänzlich anderes Gemeinwesen zu ersetzen, hat das Oberverwaltungsgericht beispielhaft Aussagen entnommen, in denen das Grundgesetz als eine Verfassung beschrieben wird, die "nach marxistischem Verständnis Resultat von Klassenkämpfen" und "Waffenstillstandslinie bzw. Grenzmarke der kämpfenden Klassen" sei, die "auch nach ihrer Annahme immer wieder umkämpft" sei. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Aussagen dahin ausgelegt, die angestrebte Umgestaltung der Staats- und Gesellschaftsordnung solle auch durch eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne erreicht werden: Ein anderes Verständnis ließen die Bekenntnisse zu "Verbreitung marxistischen Wissens und dialektischen Herangehens" und "marxistischer Verfassungsbetrachtung" sowie die Auffassung nicht zu, die "marxistische Linke" benötige "eine revolutionäre Partei (...), die den Kampf um Gesellschaftsveränderung - letztlich um sozialistische Neuorganisierung der Gesellschaft - begreife und führe".

43

Schließlich hat das Oberverwaltungsgericht die Linksjugend <'solid>, die als Jugendorganisation der Partei DIE LINKE anerkannt ist, zu den Gruppierungen gezählt, die der Partei zuzurechnen seien und die tragende Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung offen ablehnten (Seite 57 des Urteilsabdrucks). Es hat diese Einschätzung beispielhaft auf eine Veröffentlichung gestützt, in der die Linksjugend <'solid> den Parlamentarismus als "Kasperletheater zur Legitimation kapitalistischer Verhältnisse" verunglimpft. Das Oberverwaltungsgericht hat daraus und aus weiteren Äußerungen dieser Gruppierung die Folgerung gezogen, die Linksjugend <'solid> spreche dem Parlament seine in der Staatsordnung des Grundgesetzes zentrale Rolle bei der politischen Willensbildung ab: Sie wolle das Parlament lediglich für ihre Zwecke instrumentalisieren, indem sie es als "Bühne (...) für den Kampf um eine gerechtere Welt" nutze, der "schwerpunktmäßig außerhalb der Parlamente" stattfinden solle.

44

Die Sichtung des umfangreichen Materials und die daran anknüpfende Bewertung, welche Aussagen und welches Verhalten nach ihrem Gewicht für die von der Partei verfolgten Ziele tatsächlich von Bedeutung sind, bildet danach ebenso wie die Würdigung mehrdeutiger Aussagen den Kern der freien Beweiswürdigung, die dem Tatsachengericht, nicht aber dem Bundesverwaltungsgericht als Revisionsgericht obliegt. Dass der Kläger die vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Dokumente anders bewertet, ergibt noch keinen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz, der die Bindung des Senats an die Schlussfolgerungen tatsächlicher Art beseitigen könnte, die das Oberverwaltungsgericht in freier Beweiswürdigung aus den von ihm ausgewerteten Dokumenten gezogen hat.

45

Zwar hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner Würdigung verfassungsfeindliche Bestrebungen nur bei einzelnen Gruppierungen innerhalb der Partei DIE LINKE festgestellt. Damit hat es aber ebenfalls nicht den rechtlichen Rahmen verlassen, der ihm bei der Würdigung des Sachverhalts durch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG gezogen war. Anhaltspunkte für Bestrebungen einer Partei, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, sind nicht nur dann gegeben, wenn die Partei in ihrer Gesamtheit solche Bestrebungen entfaltet. Das Oberverwaltungsgericht verweist zutreffend darauf (Seite 52 des Urteilsabdrucks), dass gerade die innere Zerrissenheit einer Partei, Flügelkämpfe und eine Annäherung an extremistische Gruppierungen oder Parteien eine Beobachtung durch Verfassungsschutzbehörden erfordern können. Nur so ist festzustellen, in welche Richtung sich die Partei letztlich bewegt. Allein durch die Beobachtung können die Regierung, das Parlament und die Öffentlichkeit über den Fortgang der weiteren, noch nicht abgeschlossenen Entwicklung der Partei sachkundig und angemessen unterrichtet werden. So können eindeutige verfassungsfeindliche Bestrebungen einzelner Gruppierungen innerhalb einer Partei Anhaltspunkte dafür liefern, in welche Richtung die Partei sich entwickeln kann. Das erfordert die Beobachtung der Partei insgesamt, nicht nur der einzelnen Gruppierung, mag auch diese für sich einen Personenzusammenschluss im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG darstellen. Das Oberverwaltungsgericht hat bei seiner Würdigung die Gesamtpartei als Bezugspunkt nicht aus den Augen verloren, sondern stets danach gefragt, inwieweit die von ihm festgestellten verfassungsfeindlichen Bestrebungen einzelner Gruppierungen für die künftige Entwicklung der Gesamtpartei von Bedeutung sein können.

46

Zu den Gruppierungen Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum und Linksjugend <'solid> hat das Oberverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang festgestellt, sie seien keine innerhalb der Partei unbedeutenden Splittergruppen, sondern besäßen nach ihrer satzungsmäßigen Stellung, der Zahl ihrer Mitglieder, ihrem Rückhalt bei der Gesamtheit der Parteimitglieder und dem sich hieraus ergebenden Einfluss nennenswertes Gewicht innerhalb der Partei (Seite 57 ff. des Urteilsabdrucks).

47

Das Oberverwaltungsgericht leitet dies zum einen aus programmatischen Äußerungen der Partei her, in denen die Partei sich als plural bzw. pluralistisch bezeichne und das Ziel verfolge, unterschiedliche Kräfte des linken politischen Spektrums zu binden. Hierbei beziehe sie ausdrücklich auch radikale Kräfte (Bundesgeschäftsführer Dr. Dietmar Bartsch) und solche Kräfte mit ein, "die die gegebenen Verhältnisse fundamental ablehnen" (Parteiprogramm der Linkspartei.PDS). Das Oberverwaltungsgericht verweist zum anderen auf die Satzung der Partei, die in ihrem § 7 innerparteilichen Zusammenschlüssen eine besondere Stellung einräume: Sie seien entsprechend ihren Schwerpunktthemen aktiv in die Arbeit von Parteivorstand, Kommissionen und Arbeitsgruppen aller Ebenen einzubeziehen, könnten Delegierte zum Parteitag entsenden und erhielten im Rahmen des Finanzplanes finanzielle Mittel für ihre Arbeit. Das Oberverwaltungsgericht knüpft seine Wertung aber nicht allein an die zahlenmäßige Stärke der von ihm als verfassungsfeindlich gekennzeichneten Gruppierungen und die Zahl der ihnen satzungsgemäß vorbehaltenen Sitze in den Gremien der Partei an, sondern auch an den Rückhalt ihrer Arbeit in der Gesamtpartei. Der Senat ist wiederum an die auf diese Umstände zusammengenommen gestützte tatsächliche Wertung gebunden, die vom Oberverwaltungsgericht als verfassungsfeindlich angesehenen Gruppierungen innerhalb der Partei besäßen einen Einfluss von nennenswertem Gewicht. Was der Kläger gegen den Einfluss der Gruppierungen Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum und Linksjugend <'solid> in der Partei anführt, stellt nur eine abweichende Würdigung des Sachverhalts dar, die trotz des wiederholten Hinweises auf den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) und die Verletzung der Denkgesetze die Voraussetzungen einer erfolgreichen Verfahrensrüge nicht erfüllt und die Bindungswirkung der gegenteiligen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht entfallen lässt.

48

Das Oberverwaltungsgericht hat umgekehrt gerade nicht feststellen können, dass diesen Gruppierungen ein nennenswertes Gewicht mit dem Argument abgesprochen werden könne, die von ihnen initiierten und unterstützten Strömungen in der Partei könnten sich angesichts einer Übermacht grundgesetzkonformer Meinungen und Aktivitäten niemals durchsetzen. Das Oberverwaltungsgericht benennt insoweit zahlreiche gewichtige Hinweise, die aus seiner Sicht Zweifel daran begründen, dass sich die Partei als solche vorbehaltlos zum zentralen Wertesystem des Grundgesetzes bekennt (Seite 59 ff. des Urteilsabdrucks). Es spricht in diesem Zusammenhang von einem "Nährboden" für verfassungsfeindliche Bestrebungen, der es derzeit nicht ausgeschlossen erscheinen lasse, dass es den Zusammenschlüssen Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum und Linksjugend <'solid> insbesondere auch im Zusammenwirken gelinge, ihre gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen innerhalb der Partei DIE LINKE durchzusetzen. Für diese Aussage verwertet das Oberverwaltungsgericht Aussagen im Parteiprogramm, die nach seiner Ansicht deutlich machten, dass die von der Partei angestrebten Veränderungen nicht auf die Wirtschaftspolitik beschränkt seien, sondern die bestehenden Gesellschafts- und Machtverhältnisse insgesamt betreffen sollten (Seite 60 f. des Urteilsabdrucks): In diesen Formulierungen könnten sich die Kräfte in der Partei wiederfinden, die den Übergang zu einer sozialistischen Gesellschaft im marxistisch-leninistischen Sinne anstrebten. Das Oberverwaltungsgericht verweist beispielhaft auf das Parteiprogramm Linkspartei.PDS. In ihm heiße es unter anderem, es bedürfe "alternativer Gesellschaftsstrukturen, die von der Verwirklichung gemeinschaftlicher Interessen geprägt sind und die Dominanz privatkapitalistischen Eigentums überwunden haben". An anderer Stelle werde dort ausgeführt, sozialistische Politik ziele "heute auf die Veränderung der Kräfteverhältnisse, die Schaffung der notwendigen Voraussetzungen für einen Richtungswechsel der Politik und die damit verbundene Umgestaltung von Eigentums- und Machtstrukturen". Das Oberverwaltungsgericht sieht darin Belege dafür, dass die von der Partei angestrebten Veränderungen nicht auf die Wirtschaftspolitik beschränkt seien, sondern die bestehenden Gesellschafts- und Machtverhältnisse insgesamt betreffen sollten, hält jedenfalls eine dahingehende Auslegung des Parteiprogramms der Linkspartei.PDS nicht für völlig ausgeschlossen, zumal in den programmatischen Eckpunkten der Partei DIE LINKE unter Berufung auf Karl Marx die "Überwindung aller Eigentums- und Herrschaftsverhältnisse, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist", gefordert und das Ziel formuliert werde, "Bürgerinnen und Bürger gegen Machtbestrebungen der herrschenden Klasse" zu "mobilisieren". Das Oberverwaltungsgericht räumt zwar ein, eine an die Sprache von Marx, Engels und Lenin anknüpfende Ausdrucksweise müsse nicht auf einen verfassungswidrigen Inhalt führen, hält der Partei aber vor, ohne eine deutliche Abkehr davon bleibe jedenfalls ein tatsächlicher Anhaltspunkt für verfassungsfeindliche Bestrebungen.

49

Wie dem Kläger einzuräumen ist, hat das Oberverwaltungsgericht nicht angenommen, die Partei strebe schon nach ihrem aktuellen Programm eine revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaftsordnung an. Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht aber davon ausgegangen (Seite 50 des Urteilsabdrucks), ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen könnten bereits dann gegeben sein, wenn aussagekräftiges Tatsachenmaterial lediglich einen Teilbereich der Zielsetzungen, Verlautbarungen und Aktivitäten des Personenzusammenschlusses widerspiegele. Deren Aussagekraft wird nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass daneben eine Vielzahl von Äußerungen existiert, denen sich keine Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Ausrichtung entnehmen lassen. Der Hinweis auf die Aussagen im Parteiprogramm hat in dem hier interessierenden Zusammenhang für das Oberverwaltungsgericht zudem nur die Funktion, zu belegen, dass die verfassungsfeindlich ausgerichteten Gruppen sich mit ihren Bestrebungen auf jedenfalls mehrdeutige und unklare Aussagen in dem Programm der Gesamtpartei berufen können, mit der Folge, dass sie nicht als Außenseiter angesehen werden können, die für die Ausrichtung der Partei gänzlich vernachlässigt werden müssen.

50

Soweit der Kläger im Weiteren die Auslegung programmatischer Aussagen im Parteiprogramm durch das Oberverwaltungsgericht angreift und dieser Auslegung seine eigene Deutung entgegensetzt, handelt es sich um einen Angriff auf die Sachverhaltswürdigung des Tatsachengerichts, der nicht die Voraussetzungen einer zulässigen und begründeten Verfahrensrüge erfüllt.

51

Diese Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen werden nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts verstärkt und bestätigt durch Verlautbarungen der Partei insgesamt sowie der Zusammenschlüsse in ihr, die für eine Solidarisierung mit der DDR und der Republik Kuba stritten (Seite 61 ff. des Urteilsabdrucks). Das Oberverwaltungsgericht verweist auf die totalitären Züge, die die Staatsgewalt in der DDR und in Kuba getragen habe bzw. trage. Die fehlende Distanz zu und die ausdrückliche Solidarität mit diesen Staatsgewalten trotz der gravierenden Verletzungen der Menschenrechte dort verstärkten die Zweifel, ob die Partei die Werte des Grundgesetzes teile, die für die freiheitliche demokratische Grundordnung grundlegend seien. Das Oberverwaltungsgericht räumt zwar ein, dass es in der Partei, beispielsweise in der Präambel des Parteiprogramms, deutliche Distanzierungen von den Verhältnissen in der DDR gebe. Dem stünden aber ebenso deutliche Versuche gegenüber, das begangene Unrecht zu relativieren, mit der Folge, dass die PDS, die Linkspartei.PDS sowie DIE LINKE bei der Würdigung des Unrechts in der DDR ein unverständliches, uneinheitliches Bild böten.

52

Das Oberverwaltungsgericht konnte Verlautbarungen aus der Partei zur DDR heranziehen, ohne damit die rechtlichen Grenzen zu überschreiten, die durch das Erfordernis von Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gezogen sind.

53

Entgegen in der mündlichen Verhandlung anklingender Kritik hat das Oberverwaltungsgericht zum einen nicht etwa jede Zustimmung zu wirtschaftlichen und sozialen Einrichtungen der DDR, wie etwa Polikliniken, pauschal als mangelnde Distanzierung von der DDR und als Ausweis fehlender Verbundenheit mit den Grundwerten der Demokratie angesehen. Das Oberverwaltungsgericht hat vielmehr Aussagen verwertet, die sich auf Erscheinungen beziehen, die in herausgehobener Weise die der Demokratie und den Menschenrechten feindlichen Seiten des politischen Systems der DDR kennzeichnen. So hat das Oberverwaltungsgericht beispielsweise auf eine Äußerung verwiesen, in der der Bau der Mauer gerechtfertigt wird, weil er berechtigten ökonomischen Interessen des Staates gedient habe (Seite 62 des Urteilsabdrucks). Die vom Oberverwaltungsgericht angeführte Äußerung des zeitweiligen stellvertretenden Bundesvorsitzenden der PDS Diether Dehm warnt davor, eine allzu gedankenlose Distanzierung vom Mauerbau könnte in Zukunft das Verständnis dahin dogmatisch versperren, wo eine ökonomisch unterentwickelte Region - um mehr Demokratie, mehr Ökologie, mehr Kulturausgaben, mehr Sozialausgaben zu wagen - sich abschotte oder etwa wegen der Abwerbung der vom Monopolkapital bevorzugten Kräftigen, Jungen, teuer Ausgebildeten verhindern wolle. Andere Äußerungen, die das Oberverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang angeführt hat, betreffen die Verharmlosung, wenn nicht gar Rechtfertigung der Staatssicherheit der DDR (Seite 63 des Urteilsabdrucks).

54

Das Oberverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass eine verfassungsfeindliche Abkehr von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht schon bei "Entgleisungen" einzelner Mitglieder oder Anhänger angenommen werden kann (Urteil vom 18. Mai 2001 - BVerwG 2 WD 42.00, 43.00 - BVerwGE 114, 258 <265>). Die von ihm angeführten Äußerungen stammen aber beispielsweise von einem ehemaligen stellvertretenden Bundesvorsitzenden und späteren Vorsitzenden eines Landesverbandes sowie von dem Ältestenrat der Partei und damit von Persönlichkeiten und Einrichtungen, von denen angenommen werden darf, dass sie zumindest Teile der Partei repräsentieren und Mitglieder und Wähler an die Partei binden sollen, die mit ihren Auffassungen übereinstimmen.

55

Zum anderen hat das Oberverwaltungsgericht die Verlautbarungen aus der Partei zur DDR nicht isoliert als Belege verfassungsfeindlicher Bestrebungen gewertet, sondern sie in einen Zusammenhang gestellt mit den von ihm festgestellten Bestrebungen einzelner Gruppierungen in der Partei, die auf eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne einer sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsordnung gerichtet sind. Wenn über diese Gruppierungen hinaus Tendenzen in der Partei feststellbar sind, die Verhältnisse in der DDR schön zu reden, erlaubt dies wiederum den Schluss, dass diese Bestrebungen nicht isoliert in der Partei dastehen, sondern - wie das Oberverwaltungsgericht sich ausdrückt - dort einen Nährboden finden. Die Rechtfertigung der DDR oder die Zurückweisung von Kritik an ihr kann Anhaltspunkte dafür liefern, was unter dem für sich vieldeutigen Begriff Sozialismus oder sozialistische Gesellschaftsordnung verstanden oder doch als mit diesen Begriffen vereinbar angesehen wird. In einer politischen Partei handelt es sich bei Aussagen zur DDR nicht um bloße Meinungsbekundungen zu einer interessanten zeitgeschichtlichen Frage, sondern um einen auf die Gegenwart bezogenen Beitrag zu den politischen Vorstellungen, die für die Partei erstrebenswert, jedenfalls tolerabel sind.

56

Unterlagen über die praktische Arbeit der Partei hat das Oberverwaltungsgericht zudem Hinweise für eine Annäherung der Partei an extremistische Organisationen im In- und Ausland und deren politische Unterstützung entnommen. Zu den extremistischen Organisationen im Inland zählt das Oberverwaltungsgericht die DKP, zu der die Partei DIE LINKE langjährige intensive Kontakte gepflegt habe und pflege (Seite 63 f. des Urteilsabdrucks). Nach der Wende in der DDR habe die PDS bei ihren Bemühungen, im politischen System der Bundesrepublik akzeptiert zu werden, zunächst auf die Hilfe der DKP gesetzt. In der Folgezeit habe sich die Zusammenarbeit intensiviert, bis hin zur Aufnahme von Mitgliedern der DKP in Wahlvorschläge der Partei DIE LINKE. Der auf dem Parteitag im Mai 2008 gefasste Beschluss, auf den Listen der Partei DIE LINKE für Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen zukünftig keine Personen mehr aufzunehmen, die Mitglied in anderen Parteien sind, sei nicht als Abkehr von dieser Zusammenarbeit zu verstehen. Vielmehr habe sogar der Kläger betont, der Beschluss sei nicht gegen die DKP gerichtet, sondern solle nur der Gefahr von Wahlanfechtungen begegnen. Zu den extremistischen Organisationen im Ausland zählt das Oberverwaltungsgericht ausländische Guerillaorganisationen wie die kolumbianische FARC, die auf der Terrorliste der EU geführt wird, und die auch in Deutschland verbotene PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA GEL, die die Partei politisch unterstütze, ohne dies von einer Beendigung terroristischer Aktionen abhängig zu machen.

57

Auch diese Hinweise haben in der Würdigung des Sachverhalts für das Oberverwaltungsgericht die Funktion, die Nähe von Teilen der Partei zu revolutionärer Gewalt und deren Rechtfertigung zu belegen (Seite 64 des Urteilsabdrucks). Der Kläger unternimmt demgegenüber weithin den Versuch, nachzuweisen, dass jeder einzelne vom Oberverwaltungsgericht verwertete Umstand für sich nicht geeignet ist, verfassungsfeindliche Bestrebungen zu belegen. Das geht schon deshalb an der Würdigung des Sachverhalts durch das Oberverwaltungsgericht vorbei, weil das Oberverwaltungsgericht zutreffend eine Gesamtbetrachtung anstellt, bei der die Bedeutung einzelner Umstände erst im Lichte anderer hervortritt. An das rechtsfehlerfrei zustande gekommene Ergebnis dieser Gesamtbetrachtung, nämlich der Feststellung tatsächlicher Anhaltspunkte verfassungsfeindlicher Bestrebungen, ist der Senat gebunden.

58

cc) Das Oberverwaltungsgericht hat darüber hinaus festgestellt, dass die verfassungsfeindlichen Bestrebungen in politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG eingemündet sind.

59

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG sind "Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung" nur die in diesem Sinne verfolgten politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen. Das Tatbestandsmerkmal einer "politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweise" erfordert damit über das bloße Vorhandensein bestimmter Bestrebungen hinaus ein aktives, nicht jedoch notwendig kämpferisch-aggressives Vorgehen zu deren Realisierung. Dementsprechend umschreibt das Gesetz verfassungsschutzrelevante Bestrebungen nicht als politisch motiviert, sondern als politisch bestimmt. Bestrebungen müssen also zum einen politisch determiniert, folglich objektiv geeignet sein, - über kurz oder lang - politische Wirkungen zu entfalten (Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 165). Kein Bestandteil des Merkmals "Bestrebung" ist ausweislich des Wortlauts der Norm ein "aktiv kämpferisches" Verhalten. Zudem definiert das Gesetz den Begriff der Bestrebung nicht anhand der Merkmale legal/illegal. Es kommt nicht darauf an, ob bestimmte Verhaltensweisen erlaubt sind oder nicht (Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 168).

60

§ 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG erfasst Verhaltensweisen, die über rein politische Meinungen hinausgehen und auf Durchsetzung eines Ziels ausgerichtet sind. Neben der Durchsetzung des politischen Hauptziels müssen die Aktivitäten auf die Beeinträchtigung eines der vom Gesetz geschützten Rechtsgüter abzielen und somit ein maßgeblicher Zweck der Bestrebung sein. Die bloße Inkaufnahme einer entsprechenden Gefährdung ist nicht ausreichend. Die verantwortlich Handelnden müssen auf den Erfolg der Rechtsgüterbeeinträchtigung hinarbeiten. Die bloße Übereinstimmung oder Sympathie mit den Zielen einer verfassungsfeindlichen Organisation reicht ebenso wie die wissenschaftliche Beschäftigung mit einer extremistischen Theorie nicht aus (Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 167 ff.). Die eindeutig bestimmbare Grenze zwischen wissenschaftlicher Theorie und politischem Ziel liegt dort, wo die betrachtend gewonnenen Erkenntnisse von einer politischen Partei, also einer ihrem Wesen nach zu aktivem Handeln im staatlichen Leben entschlossenen Gruppe, in ihren Willen aufgenommen, zu Bestimmungsgründen ihres politischen Handelns gemacht werden (BVerfG, Urteil vom 17. August 1956 - 1 BvB 2/51 - BVerfGE 5, 85 <147>).

61

Diese rechtlichen Vorgaben hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner Würdigung des Sachverhalts beachtet. Es hat insoweit zutreffend berücksichtigt, dass die bloße Kritik an Verfassungswerten und Verfassungsgrundsätzen nicht als Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzuschätzen ist, wohl aber darüber hinausgehende Aktivitäten zu deren Beseitigung (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <81>). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ebenso erlaubt ist wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern. Es ist allerdings verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Verfassungsschutzbehörde insoweit an die Inhalte von Meinungsäußerungen knüpft, als diese Ausdruck eines Bestrebens sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen. Es ist dem Staat grundsätzlich nicht verwehrt, aus Meinungsäußerungen Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls Maßnahmen zum Rechtsgüterschutz zu ergreifen. Lassen sich Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aus Meinungsäußerungen ableiten, dürfen Maßnahmen zur Verteidigung dieser Grundordnung ergriffen werden. (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <82>). Kritik an einem Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung muss danach nur als "bloße" Kritik unberücksichtigt bleiben, nicht jedoch, wenn sie verbunden ist mit der Ankündigung konkreter Aktivitäten zur Beseitigung dieses Verfassungsgrundsatzes oder mit der Aufforderung zu solchen Aktivitäten. Politische Parteien sind auf politische Aktivität und auf Änderung der politischen Verhältnisse ausgerichtete Organisationen. Bei Meinungsäußerungen, die von oder innerhalb einer politischen Partei abgegeben werden, liegt zumindest nahe, dass sie mit der Intention einer entsprechenden Änderung der realen Verhältnisse abgegeben werden (vgl. hierzu Murswiek, NVwZ 2006, 121 <125 und 127>).

62

Hiervon ausgehend hat das Oberverwaltungsgericht innerhalb der Partei aktive Verhaltensweisen, insbesondere der Kommunistischen Plattform, des Marxistischen Forums und der Linksjugend <'solid>, festgestellt, die darauf gerichtet sind, mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbare Ziele zunächst innerhalb der Partei und sodann über diese hinaus allgemein durchzusetzen (Seite 66 ff. des Urteilsabdrucks): So bemühten sich die extremistischen Kräfte, ihren Einfluss innerhalb der Partei zu vergrößern, indem sie bei den Parteimitgliedern massiv um Unterstützung für ihre Positionen würben. Derartige Bemühungen, parteiintern Unterstützung für ihre eigenen Positionen zu gewinnen, entfalteten die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Kräfte insbesondere zu Zeiten, in denen wesentliche programmatische Grundentscheidungen anstünden. Die Bemühungen der genannten Gruppierungen um Einfluss innerhalb und außerhalb der Partei würden zudem durch ihr Streben nach parteiinternen Ämtern und Parlamentsmandaten deutlich. Bei sich bietendem Anlass würden gezielt Parteimitglieder und -anhänger mobilisiert, um den Bundesvorstand und den Parteirat zu Äußerungen zu veranlassen, die geeignet seien, Zweifel daran zu begründen, dass die Partei die für die freiheitliche demokratische Grundordnung grundlegenden Werte des Grundgesetzes teile. Anhaltspunkte für über die Partei hinaus wirkende Aktivitäten zur Durchsetzung von Zielen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien, ergäben sich insbesondere aus der Unterstützung, die die Partei linksextremistischen Organisationen, wie insbesondere der DKP, gewähre.

63

Es kann schließlich von Rechts wegen nicht beanstandet werden, dass das Oberverwaltungsgericht den von ihm festgestellten tatsächlichen Anhaltspunkten für verfassungsfeindliche Bestrebungen ein hinreichendes Gewicht beigemessen hat, um nach wie vor eine Beobachtung der Partei DIE LINKE für gerechtfertigt zu halten. Das Oberverwaltungsgericht entnimmt diese tatsächlichen Anhaltspunkte im Wesentlichen den programmatischen Verlautbarungen und sonstigen Äußerungen der Kommunistischen Plattform, des Marxistischen Forums und der Linksjugend <'solid> sowie deren Mitglieder. Diese Gruppierungen bestehen zwar schon seit langem, ohne dass es ihnen nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts gelungen wäre, die Partei DIE LINKE zu dominieren und in die von ihnen gewünschte Richtung zu drängen. Dass der Einfluss der offen verfassungsfeindlichen Gruppierungen nicht merklich gewachsen ist, rechtfertigt allein noch nicht die Annahme, diese Gruppierungen und ihre Ziele hätten nach so langer Zeit jetzt nicht mehr das notwendige Gewicht, um Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Partei insgesamt zu liefern. Bestehen über die Jahre unverändert tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen, weil sich diese Anhaltspunkte trotz mehrjähriger Beobachtung nicht haben ausräumen lassen, rechtfertigen sie nach wie vor die Beobachtung der Partei durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Einschätzung auf Quellen gestützt, die auch aus jüngerer Zeit stammen. Zudem hat der Zusammenschluss der Linkspartei.PDS mit der WASG zur Partei DIE LINKE im Jahre 2007 zu einem beträchtlichen Mitgliederzuwachs geführt und der Partei neue Wählerschichten eröffnet. Es besteht ein berechtigtes öffentliches Interesse daran, die Entwicklung der neu zusammengesetzten Partei und ihrer maßgeblichen Funktionäre zu beobachten. Insbesondere bedarf der Aufklärung, ob es den extremistischen Kräften innerhalb der Partei gelingt, die verbreiterte Basis der Partei innerhalb der Gesellschaft für ihre Zwecke zu nutzen.

64

4. Die Tätigkeit des Klägers als eines herausgehobenen Mitglieds der Parteien PDS, Linkspartei.PDS und heute DIE LINKE rechtfertigt es, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz gemäß § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG Informationen über ihn mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung erhebt (a)). Diese Maßnahme ist verhältnismäßig (b)).

65

a) § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG verlangt keine Voraussetzungen, die über die Mitgliedschaft in dem Personenzusammenschluss hinausgehen (aa)). Einer Beobachtung des Klägers steht nicht entgegen, dass er nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in eigener Person keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt (bb)). Schließlich ist eine Beobachtung des Klägers nicht deshalb ausgeschlossen, weil § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG auf Abgeordnete des Bundestages oder eines Landesparlaments aus Gründen höherrangigen Rechts nicht anwendbar wäre (cc)).

66

aa) Über die bisher erörterten Voraussetzungen hinaus, die bei dem Personenzusammenschluss im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG vorliegen müssen, hängt die Zulässigkeit der Erhebung von Informationen über den Kläger nicht von individuellen und subjektiven Beiträgen des Klägers oder seiner intentionalen Beteiligung an Handlungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ab. § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG verlangt keine Voraussetzungen, die über die Mitgliedschaft in dem Personenzusammenschluss hinausgehen. § 4 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG gilt mit dem zusätzlichen Erfordernis einer nachdrücklichen Unterstützung nur für Personen, die nicht in dem Personenzusammenschluss, sondern ausschließlich für diesen handeln. Die noch weiter reichenden Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 4 BVerfSchG gelten nur für Personen, die weder in noch für den Personenzusammenschluss handeln.

67

bb) Die Beobachtung des Klägers ist nicht ausgeschlossen, weil er nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (Seite 68 f. des Urteilsabdrucks) in eigener Person keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt.

68

Allerdings bindet diese Feststellung das Revisionsgericht (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die insoweit erhobene Verfahrensrüge der Beklagten ist unbegründet. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts verstößt nicht gegen die Denkgesetze und kann deshalb nicht unter diesem Gesichtspunkt den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 VwGO verletzen. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar angenommen, dass über die Gruppierungen Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum und Linksjugend <'solid> hinaus sich auch in der Gesamtpartei Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen finden. Mit diesen hat das Oberverwaltungsgericht den Kläger persönlich aber nicht in Verbindung gebracht. Auch wenn der Kläger eine führende Rolle in der Partei spielt, ist es nicht aus Gründen der Logik ausgeschlossen, dass er selbst keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt, sondern eine andere Politik will.

69

§ 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG verlangt jedoch nach seinem Wortlaut nur, dass die verfassungsfeindlichen Bestrebungen von dem Personenzusammenschluss verfolgt werden. Die Beobachtung einzelner Personen, die in einem solchen Personenzusammenschluss tätig sind, ist nach dieser Vorschrift auch dann gerechtfertigt, wenn das Mitglied eines solchen Personenzusammenschlusses nicht selbst subjektiv das Ziel verfolgt, durch seine Tätigkeit in dem Personenzusammenschluss die freiheitliche demokratische Grundordnung ganz oder teilweise zu beseitigen. Vielmehr reicht es aus, dass seine Tätigkeit objektiv geeignet ist, solche Bestrebungen zu unterstützen. Das Bundesverfassungsschutzgesetz will nach seinem Zweck helfen, objektiv bestehende Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung abzuwehren. Solche Gefahren gehen nicht nur von Personen aus, die der freiheitlichen demokratischen Grundordnung feindlich gegenüberstehen und sie ganz oder teilweise beseitigen wollen. Ebenso gefährlich können Personen sein, die selbst auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen, jedoch bei objektiver Betrachtung durch ihre Tätigkeit verfassungsfeindliche Bestrebungen fördern, ohne dies zu erkennen oder als hinreichenden Grund anzusehen, einen aus anderen Beweggründen unterstützten Personenzusammenschluss zu verlassen. Eine derartige Person, die nicht merkt, wofür sie missbraucht wird, kann für den Bestand der freiheitlichen demokratischen Grundordnung genauso gefährlich sein wie der Überzeugungstäter (vgl. hierzu auch Urteil vom 11. November 2004 - BVerwG 3 C 8.04 - BVerwGE 122, 182 <191>).

70

cc) Eine Erhebung von Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil § 8 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG auf Abgeordnete des Bundestages oder eines Landesparlaments nicht angewandt werden dürfte. Die Vorschriften beschränken zulässigerweise den Grundsatz des freien Mandats aus Art. 38 Abs. 1 GG (aaa)). Für eine solche Beschränkung bedarf es keiner besonderen Ermächtigungsgrundlage, die eine Erhebung von Informationen mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung speziell gegenüber Abgeordneten zulässt. Eine solche Notwendigkeit ergibt sich weder aus dem Vorbehalt des Gesetzes noch besteht ein allgemeiner verfassungsrechtlicher Grundsatz, wonach Maßnahmen gegen Abgeordnete nur mit Zustimmung des Parlaments zulässig seien (bbb)). Schließlich steht der Anwendung der § 8 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG auf Abgeordnete das Parteienprivileg nicht entgegen (ccc)).

71

aaa) Grundlage des freien Mandats ist Art. 38 Abs. 1 GG. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG). Diese Norm schützt nicht nur den Bestand, sondern auch die tatsächliche Ausübung des Mandats (BVerfG, Urteil vom 13. Juni 1989 - 2 BvE 1/88 - BVerfGE 80, 188 <218>; Urteil vom 20. Juli 1998 - 2 BvE 2/98 - BVerfGE 99, 19 <32>). Der Abgeordnete ist - vom Vertrauen der Wähler berufen - Inhaber eines öffentlichen Amtes, Träger eines freien Mandats und, gemeinsam mit der Gesamtheit der Mitglieder des Parlaments (BVerfG, Beschluss vom 24. März 1981 - 2 BvR 215/81 - BVerfGE 56, 396 <405>), Vertreter des ganzen Volkes (BVerfG, Urteil vom 8. Dezember 2004 - 2 BvE 3/02 - BVerfGE 112, 118 <134>). Er hat einen repräsentativen Status inne, übt sein Mandat in Unabhängigkeit, frei von jeder Bindung an Aufträge und Weisungen, aus und ist nur seinem Gewissen unterworfen (BVerfG, Urteil vom 5. November 1975 - 2 BvR 193/74 - BVerfGE 40, 296 <314, 316>; Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 <341>).

72

Die Freiheit des Mandats ist allerdings nicht schrankenlos gewährleistet. Sie kann durch andere Rechtsgüter von Verfassungsrang begrenzt werden (BVerfG, Urteil vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 - BVerfGE 118, 277 <324>). Zu diesen Grundsätzen gehört, wie erwähnt, das Prinzip der streitbaren Demokratie. Die Tätigkeit des Bundesamts für Verfassungsschutz hat verfassungsrechtlichen Rang, insofern es institutionell (Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG) und mit seinen Aufgaben (Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b GG) im Grundgesetz erwähnt wird. § 8 BVerfSchG konkretisiert einfachrechtlich dieses Prinzip der streitbaren Demokratie.

73

bbb) Soweit Abgeordnete von der Tätigkeit des Bundesamts für Verfassungsschutz betroffen sind, bedarf diese Konkretisierung keines Gesetzes, das ein Tätigwerden gerade gegenüber Abgeordneten erlaubt.

74

Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen, und darf sie nicht anderen Normgebern (oder gar der Verwaltung) überlassen. Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten, zu entnehmen. Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel "wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte" (BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <251>) und in dem hier in Rede stehenden Bereich "wesentlich für die Verwirklichung des freien Mandats", dessen verfassungsrechtlich immanente Schranken bestimmt und konkretisiert werden müssen.

75

Die danach wesentlichen Entscheidungen hat der Gesetzgeber aber mit § 3 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c, § 8 BVerfSchG getroffen. Gegenstand dieser Regelungen sind Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und damit politisch motivierte Betätigungen. Dem Gesetzgeber war aufgrund der Geschichte, auch derjenigen der Bundesrepublik Deutschland, bewusst, dass Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung auch von Parteien ausgehen können, die bei Bundes- oder Landtagswahlen Mandate errungen haben. Dass die Abgeordneten solcher Parteien in ihnen zumeist eine herausragende Funktion einnehmen werden und deshalb zuvörderst Träger der verfassungsfeindlichen Bestrebungen sein können, lag für ihn auf der Hand. Dem Gesetzgeber war das Problem einer Anwendung der von ihm zur Verteidigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung geschaffenen Normen auf Abgeordnete mithin durchaus gegenwärtig. Er konnte andererseits nicht übersehen, dass die nachrichtendienstliche Beobachtung von Abgeordneten erhebliche Gefahren im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG) und auf die Mitwirkung der betroffenen Parteien bei der politischen Willensbildung (Art. 21 GG) und damit für den Prozess demokratischer Willensbildung insgesamt birgt (BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2009 - 2 BvE 5/06 - NVwZ 2009, 1092 <1095>). Den deshalb notwendigen Ausgleich der widerstreitenden Verfassungsprinzipien hat er nicht nur durch die eingehend normierten Eingriffsvoraussetzungen selbst, sondern insbesondere auch mit § 8 Abs. 5, § 9 BVerfSchG geschaffen, die die Tätigkeit des Bundesamts für Verfassungsschutz einem strikten Gebot der Verhältnismäßigkeit unterwerfen. Mit diesen Regelungen hat der Gesetzgeber selbst die wesentlichen Entscheidungen für die Auflösung des Spannungsverhältnisses von freiem Mandat und streitbarer Demokratie getroffen.

76

Der Gesetzgeber war dabei nicht von Verfassungs wegen gezwungen, die Erhebung von Informationen über Abgeordnete durch das Bundesamt für Verfassungsschutz von der vorherigen Genehmigung des Parlaments abhängig zu machen.

77

Dem Grundgesetz lässt sich kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts entnehmen, Maßnahmen anderer staatlicher Gewalten gegen Parlamentarier seien nur zulässig, wenn sie zuvor vom Parlament genehmigt wurden. Art. 46 Abs. 2 und Abs. 3 GG sehen eine Genehmigung des Bundestages nur vor für die Einleitung eines Strafverfahrens gegen Abgeordnete und für deren Verhaftung, für sonstige freiheitsbeschränkende Maßnahmen und für die Einleitung eines Verfahrens auf Verwirkung von Grundrechten nach Art. 18 GG. Diese punktuellen Regelungen sind nicht verallgemeinerungsfähig.

78

Die Existenz eines allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatzes lässt sich erst recht nicht anhand lediglich einfachrechtlicher Regelungen nachweisen, die das Verhältnis Verfassungsschutz/Abgeordnete (zudem zumeist nur am Rande) berühren. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG) gilt das Sicherheitsüberprüfungsgesetz nicht für Mitglieder der Verfassungsorgane des Bundes. Es ist damit insbesondere auf Bundestagsabgeordnete nicht anwendbar. Nach § 3 Abs. 1 SÜG liegt die Zuständigkeit für Sicherheitsüberprüfungen grundsätzlich nicht beim Bundesamt für Verfassungsschutz. Dieses führt Sicherheitsüberprüfungen nur selbst durch, wenn Bewerber und Mitarbeiter des eigenen Dienstes betroffen sind (§ 3 Abs. 3 SÜG). Im Übrigen wirkt das Bundesamt für Verfassungsschutz bei Überprüfungen, die andere Behörden durchzuführen haben, lediglich mit (§ 3 Abs. 2 SÜG). § 44c Abgeordnetengesetz (AbgG) ermöglicht eine Überprüfung von Bundestagsabgeordneten auf eine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR. Die Vorschrift dient nicht dazu, Abgeordnete aufgrund ihrer besonderen Stellung in der Ordnung des Grundgesetzes anders als Bürger, die diesen verfassungsrechtlichen Schutz nicht genießen, vor staatlichen Maßnahmen zu schützen. § 44c AbgG schafft vielmehr staatliche Eingriffsmöglichkeiten, die nur gegenüber Abgeordneten gelten. Umgekehrt verbietet § 3 Abs. 2 Satz 4 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz) die Einbeziehung von Abgeordnetenpost nur in Maßnahmen, die sich gegen Dritte richten. Abgeordnetenpost darf danach Gegenstand von Maßnahmen sein, die gegen den Abgeordneten selbst gerichtet sind. Das Gesetz geht damit von der Zulässigkeit solcher Maßnahmen der Verfassungsschutzbehörden gegen Abgeordnete aus, obwohl das Artikel 10-Gesetz keine Ermächtigungsgrundlage für Eingriffe enthält, die speziell diesen Personenkreis betreffen.

79

ccc) Die Tätigkeit des Klägers in der Partei zum Anknüpfungspunkt für Maßnahmen des Bundesamts für Verfassungsschutz zu machen, ist schließlich mit dem Parteienprivileg vereinbar. Zwar schützt das Privileg des Art. 21 Abs. 2 GG in erster Linie die Parteiorganisation, erstreckt sich jedoch auch auf die mit allgemein erlaubten Mitteln arbeitende parteioffizielle oder parteiverbundene Tätigkeit der Funktionäre und Anhänger einer Partei. Es stellt den Bürger bei solchen Tätigkeiten von Sanktionen frei, um ein ungestörtes und unbehindertes Funktionieren der Partei zu gewährleisten (Urteil vom 17. September 2003 - BVerwG 6 C 4.03 - Buchholz 448.0 § 48 WPflG Nr. 4 S. 9). Aus dem Schutzzweck des Art. 21 Abs. 2 GG folgt jedoch, dass der Kläger als Parteimitglied nicht im Hinblick auf seine Mitgliedschaft in der Partei gegen staatliche Maßnahmen geschützt sein kann, die die Partei selbst hinzunehmen hat.

80

b) Die Erhebung von Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat das Bundesamt für Verfassungsschutz gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 BVerfSchG diejenige zu wählen, die den Betroffenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf gem. § 8 Abs. 5 Satz 2 BVerfSchG keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. Die Erhebung von Informationen über den Kläger verfolgt einen legitimen Zweck (aa)), war geeignet (bb)), erforderlich (cc)) und verhältnismäßig im engeren Sinne (dd)).

81

aa) Bei den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE bestanden und bestehen nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Hiervon ausgehend gehörte und gehört die Gewinnung von Informationen über diese Parteien zu den legitimen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden. Die Beobachtung des Klägers bezweckt dabei, die bestehenden tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen weiter aufzuklären und mit den gewonnenen Informationen die Regierung und die Öffentlichkeit in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise zu begegnen. Solche Aufklärungsmaßnahmen entspringen dem bundesrechtlichen Prinzip der streitbaren Demokratie und gehören in diesem Zusammenhang zu den Aufgaben, die den Ämtern für Verfassungsschutz übertragen sind (vgl. Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <134 f.>).

82

bb) Die Erhebung von Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung ist geeignet, diesen Zweck zu fördern.

83

Ein Mittel ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Das Verwaltungshandeln darf keine zur Erreichung des Ziels objektiv untaugliche, rechtlich oder tatsächlich unmögliche Maßnahme darstellen.

84

Der Kläger hat bereits in der PDS und in der Linkspartei.PDS herausgehobene Funktionen wahrgenommen und tut dies weiterhin in der Partei DIE LINKE. Er war und ist Spitzenfunktionär der Partei. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wurde der Kläger im Oktober 2004 in den Parteivorstand gewählt und gehört ihm bis heute an. Ab Oktober 2005 nahm er in der Linkspartei.PDS die Aufgabe eines Fusionsbeauftragten wahr, d.h. eines Beauftragten für die Parteineubildung durch Zusammenschluss mit der WASG. Er hat weitere hervorgehobene Funktionen innerhalb seiner Partei inne. Die Erhebung von Informationen über den Kläger zeigt einen Ausschnitt der etwaigen verfassungsfeindlichen Betätigung der Partei DIE LINKE oder von Mitgliedern oder Gruppierungen innerhalb dieser Partei. Den Äußerungen und dem Verhalten der Spitzenfunktionäre einer Partei kommt erhebliche Bedeutung zu, wenn die von einer Partei ausgehenden Gefahren zu beurteilen sind. Diese Personen beeinflussen die politische Richtung der Partei, ihr Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit und die innerparteiliche Diskussion maßgeblich. Die Art und Weise der politischen Betätigung des Klägers hat innerhalb der Partei Gewicht und kann aussagekräftig für die verfassungsschutzrechtliche Bewertung dieser Gruppierung sein.

85

Die Erhebung von (weiteren) Informationen über den Kläger ist nicht deshalb ungeeignet, weil sie sich über zehn Jahre erstreckt und fortdauert, ohne beim Kläger selbst verfassungsfeindliche Bestrebungen aufgedeckt zu haben. Eine Dauerbeobachtung, die mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar sein kann, liegt vor, wenn sich nach umfassender Aufklärung durch eine mehrjährige Beobachtung der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen nicht bestätigt hat und die für die Beobachtung maßgeblichen tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sind (Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <137 f.>). Der Kläger betätigt sich nach wie vor politisch in einer Partei, bei der auch aktuell tatsächliche Anhaltspunkte für gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen vorliegen. Wie insoweit schon ausgeführt, stützt das Oberverwaltungsgericht zum einen seine Einschätzung der Partei auf Quellen, die auch aus jüngerer Zeit stammen, und es besteht zum anderen mit Blick auf den Zusammenschluss der Linkspartei.PDS mit der WASG zur Partei DIE LINKE ein berechtigtes öffentliches Interesse daran, die Entwicklung der neu zusammengesetzten Partei und ihrer maßgeblichen Funktionäre zu beobachten.

86

cc) Die Beobachtung des Klägers war und ist erforderlich. Zwar verfolgt der Kläger nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in eigener Person keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen. Das Oberverwaltungsgericht hat aber auch - den Senat ebenfalls bindend - festgestellt, dass sich das Ziel, verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der Partei DIE LINKE aufzuklären, ohne eine Beobachtung des Klägers als einer ihrer Spitzenfunktionäre nicht ebenso effektiv erreichen ließe.

87

Eine Gefahrenabschätzung wäre nicht in gleicher Weise möglich, wenn neben der Partei in ihrer Gesamtheit nur solche Mitglieder beobachtet würden, von denen verfassungsfeindliche Äußerungen bekannt geworden sind oder die einer der parteiinternen Gruppierungen angehören, bei denen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Ziele verfolgen. Aufgrund der Bedeutung, die Spitzenfunktionären für die politische Richtung der Partei, ihr Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit und die innerparteiliche Diskussion zukommt, sind Erkenntnisse über deren Verhältnis zu den radikalen Kräften innerhalb der Partei für eine zuverlässige Abschätzung der von der Partei ausgehenden Gefahren von wesentlicher Bedeutung. Spitzenfunktionäre sind maßgebliche Repräsentanten der Partei und bringen aufgrund dessen für Außenstehende zum Ausdruck, dass sie das Programm und die Politik der Partei umfassend unterstützen. Sie haben Einblick auch in die Zielsetzungen verfassungsfeindlich ausgerichteter Zusammenschlüsse und Organisationen in der Partei. Sie sind an maßgebender Stelle mitverantwortlich für Äußerungen und Erklärungen der Partei, selbst wenn sie sich diese subjektiv nicht zu eigen machen. Sie engagieren sich maßgeblich für die Partei in der Öffentlichkeit, um Unterstützer, Wähler und Mitglieder zu gewinnen und so die Position der Partei im politischen Wettbewerb zu verbessern. Damit unterstützen sie objektiv letztlich auch die Kräfte in der Partei, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Wächst die Partei in ihrer politischen Bedeutung und Durchsetzungsfähigkeit, erschließen sich auch für die verfassungsfeindlichen, weiterhin nicht parteiintern angegriffenen Kräfte neue Wege und Kreise, Unterstützung zu finden.

88

Um ein umfassendes Bild über die Partei zu gewinnen, ist deshalb nicht nur die Beobachtung solcher Spitzenfunktionäre erforderlich, bei denen Anhaltspunkte für eigene Aktivitäten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bekannt geworden sind. Auch die Beobachtung von Spitzenfunktionären, die - wie der Kläger - selbst zwar keine eigenen verfassungsfeindlichen Aktivitäten entfalten, aber die radikalen, offen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung eintretenden Kräfte innerhalb der Partei - wie das Oberverwaltungsgericht bezogen auf den Kläger ebenfalls festgestellt hat - genauso wenig aktiv bekämpfen, verspricht - wenn auch vergleichsweise geringfügige - zusätzliche Erkenntnisse. Sie ermöglicht eine unmittelbare und deshalb zuverlässigere Einschätzung des Verhältnisses dieser Spitzenfunktionäre zu den radikalen Kräften innerhalb der Partei, als sie aufgrund einer Beobachtung möglich wäre, die sich auf die Partei als solche oder die in ihr aktiven radikalen Kräfte beschränkt. Welche Entfaltungsmöglichkeiten für verdächtige Parteimitglieder bestehen, hängt entscheidend davon ab, wie sich die Spitzenfunktionäre positionieren und welche Freiräume sie anderen Strömungen geben.

89

dd) Die Erhebung von Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung wahrt die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Sie beachtet das Gebot des geringsten Mittels aus § 8 Abs. 5 Satz 1 BVerfSchG (aaa)) und verstößt nicht gegen das Übermaßverbot aus § 8 Abs. 5 Satz 2 BVerfSchG (bbb)).

90

aaa) Nach § 8 Abs. 5 Satz 1 BVerfSchG hat das Bundesamt für Verfassungsschutz von mehreren geeigneten Maßnahmen diejenige zu wählen, die den Betroffenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

91

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat sich dafür entschieden, Informationen über den Kläger nur mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung zu erheben. Das Bundesamt verzichtet hingegen auf den Einsatz der Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung im Sinne des § 8 Abs. 2 BVerfSchG, wie den Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Observationen, Bild- und Tonaufzeichnungen, Tarnpapiere und Tarnkennzeichen. Das Bundesamt erhebt in der hier in Rede stehenden Zeit Informationen über den Kläger allein aus allgemein zugänglichen Quellen, wie parlamentarische Drucksachen, Berichten in den Medien und Pressemitteilungen des Klägers oder seiner Partei. Dies hat das Oberverwaltungsgericht nach einer Beweisaufnahme festgestellt und gestützt hierauf die Klage insoweit rechtskräftig abgewiesen, als sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Einsatzes nachrichtendienstlicher Mittel im Sinne des § 8 Abs. 2 BVerfSchG zum Gegenstand hatte.

92

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus den Kernbereich der parlamentarischen Tätigkeit des Klägers, nämlich sein Abstimmungsverhalten sowie seine Äußerungen im Parlament und in dessen Ausschüssen, von der Beobachtung ausgenommen.

93

bbb) Eine Maßnahme darf ferner keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht (§ 8 Abs. 5 Satz 2 BVerfSchG). Die Vorteile, die eine Erhebung von Informationen über den Kläger für die wirksame Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung bietet, überwiegen unter den hier obwaltenden Umständen die Nachteile, die der Kläger durch die Erhebung von Informationen über ihn erleidet. Das Oberverwaltungsgericht ist zu seiner abweichenden Abwägung der konkret betroffenen Vor- und Nachteile deshalb gelangt, weil es die zuvor getroffenen tatsächlichen Wertungen rechtlich fehlerhaft, insbesondere in sich widersprüchlich gewichtet hat.

94

Auf der einen Seite erleidet der Kläger durch die Erhebung von Informationen über ihn Nachteile bei seiner Tätigkeit als Abgeordneter. Diese Nachteile für die Ausübung des freien Mandats haben Gewicht. Die nachrichtendienstliche Beobachtung von Abgeordneten birgt - wie schon erwähnt - erhebliche Gefahren im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG) und auf die Mitwirkung der betroffenen Parteien bei der politischen Willensbildung (Art. 21 GG) und damit für den Prozess demokratischer Willensbildung insgesamt (BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2009 - 2 BvE 5/06 - BVerfGE 124, 161 <195>).

95

Für die Ausübung des freien Mandats ergeben sich nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts faktische Nachteile daraus, dass die Erhebung von Informationen über den Kläger für ihn mit einer "Stigmatisierung" verbunden ist, die ihm den Zugang zu dem überwiegenden Teil der Bevölkerung erschweren kann, der sich als verfassungstreu betrachtet. Wenn die offene Informationsbeschaffung über den Kläger durch Verfassungsschutzbehörden allgemein bekannt wird, kann es für ihn schwieriger werden, Anhänger und Wähler für sich und seine Partei zu gewinnen sowie mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Letzteres hat auch deshalb negative Auswirkungen auf seine politische Arbeit, weil er für diese darauf angewiesen ist, Meinungen und Stimmungen der Wählerschaft zu kennen, sowie Informationen aus der Bevölkerung zu erhalten. Wenn dem einzelnen Abgeordneten als faktische Folge einer Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz der Zugang zur Bevölkerung erschwert wird, bedeutet dies aber nicht nur eine Beeinträchtigung der Arbeit dieses Abgeordneten. Zugleich gehen Erkenntnisse verloren, die für den Willensbildungsprozess des Parlaments in seiner Gesamtheit von Bedeutung sind. Im Parlament kann sich ein den Willen des Volkes widerspiegelnder, überindividueller Gesamtwille nur durch das ungehinderte Zusammenwirken aller Abgeordneten bilden. Er ist Ergebnis einer Diskussion, in die jedes Parlamentsmitglied sein Wissen und seine persönlichen Überzeugungen einbringt. Der Beitrag, den der einzelne Abgeordnete zu diesem Willensbildungsprozess leistet, beruht nicht nur auf seiner Ausbildung, seinem persönlichen Werdegang und den Erfahrungen in seinem privaten Umfeld, sondern ganz wesentlich auch auf Erkenntnissen, die er durch Kontakte mit der Bevölkerung gewinnt.

96

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind diese faktischen Nachteile für die Ausübung des freien Mandats zu berücksichtigen. Die Beklagte sieht einen Widerspruch darin, dass das Oberverwaltungsgericht den Eintritt faktischer Nachteile für den Kläger einerseits mit dem allgemeinen Bekanntwerden einer Informationsbeschaffung über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz verknüpft, aber andererseits die Rechtswidrigkeit der Erhebung von Informationen für den gesamten streitigen Zeitraum seit 1999 festgestellt hat, obwohl frühestens im Jahre 2003 allgemein bekanntgeworden sei, dass das Bundesamt Informationen über den Kläger erhebt. Die Beklagte missversteht in diesem Punkt das angefochtene Urteil. Das Oberverwaltungsgericht sieht die faktischen Nachteile zu Recht nicht erst in dem Bekanntwerden der Informationsbeschaffung, sondern in der Erhebung von Informationen selbst, weil sie mit der Gefahr des Bekanntwerdens verbunden ist. Das ist folgerichtig, weil faktische Nachteile der Informationsbeschaffung mit ihrem Bekanntwerden unwiderruflich eintreten und deshalb nicht erst ihr Bekanntwerden nur ihre Fortsetzung rechtswidrig machen kann.

97

Unerheblich ist ferner, dass nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts der Kläger im konkreten Fall selbst die Erhebung von Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz publik gemacht hat (Seite 79 des Urteilsabdrucks). Die Beklagte möchte wohl geltend machen, der Kläger (oder ein anderer Abgeordneter in vergleichbarer Lage) verhalte sich treuwidrig, wenn er die (sonst geheim bleibende) Beschaffung von Informationen über ihn durch den Verfassungsschutz selbst an die Öffentlichkeit bringt, um dann unter Berufung auf die damit ausgelösten faktischen Erschwernisse seiner Arbeit einen unverhältnismäßigen Eingriff in das freie Mandat geltend zu machen. Der Kläger ist jedoch nicht gehindert, publik zu machen, dass der Verfassungsschutz über ihn Informationen erhebt. Dies hat zwar einerseits die geschilderten faktischen Nachteile, kann aber gleichzeitig andererseits bei den ohnehin von seiner Arbeit Überzeugten eine Solidarisierung gegen seine "Bespitzelung" auslösen und ihm in diesem Kreis der Bevölkerung nützlich sein. Darauf darf der Kläger hinarbeiten.

98

Unabhängig von ihren Auswirkungen auf das freie Mandat kann sich eine (auch offene) Informationsbeschaffung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz nachteilig auf die politische Betätigung in Parlament und Partei auswirken. Wer sich beobachtet weiß und damit rechnen muss, dass seine Worte gesammelt und ausgewertet werden, verhält sich beispielsweise bei politischen Äußerungen oder der Unterschrift unter Aufrufe möglicherweise zögerlich oder ängstlich, kann sich jedenfalls in seiner politischen Arbeit gehemmt fühlen (vgl. hierzu wenn auch in etwas anderem Zusammenhang: BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43>).

99

Nicht berücksichtigt werden können hingegen hier (wie auch schon in anderem Zusammenhang) die vom Kläger beklagten Nachteile, die ihm daraus erwachsen sind, dass der Verfassungsschutz oder einzelne seiner Mitarbeiter den politischen Gegner gezielt mit Informationen versorgen, insbesondere zu einer Verwendung gegen den Kläger im Wahlkampf. Ein solches Verhalten wäre, weil von keiner Ermächtigungsgrundlage gedeckt, rechtswidrig und hat daher zu unterbleiben.

100

Diese Nachteile für die Ausübung des freien Mandats werden aber dadurch erheblich gemildert, dass sich das Bundesamt für Verfassungsschutz auf die offene Informationsbeschaffung beschränkt. Die Freiheit des Mandates wäre im Kern betroffen, wenn der Abgeordnete in seiner Arbeit mit den Menschen seines Vertrauens oder mit Menschen, die sich ihm anvertrauen, heimlich beobachtet würde. Dasselbe gälte für eine heimliche Beobachtung in seiner parlamentarischen Arbeit, soweit diese sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit vollzieht. Gegenstand der offenen Informationsbeschaffung sind jedoch nur öffentlich wahrnehmbare Tätigkeiten, die regelmäßig ohnehin auf eine möglichst weitreichende Wirkung und Kenntnisnahme gerichtet sind. Insoweit zielt der einzelne öffentlichkeitswirksame Beitrag eines Abgeordneten ohnehin über seine Person hinaus. Zudem bleibt der Kernbereich der parlamentarischen Arbeit von der Informationsbeschaffung ausgenommen.

101

Ferner hat das Oberverwaltungsgericht keine Anhaltspunkte dafür feststellen können, dass der Kläger sich durch die offene Informationsbeschaffung inhaltlich in seiner politischen Arbeit beeinflussen lassen könnte. Das Oberverwaltungsgericht verweist insoweit auf eine Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, nach der er eine solche Beeinflussung ausdrücklich verneint hat.

102

Nachteilig betroffen ist ferner - wie bereits aufgezeigt - das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers insoweit, als sich die Informationsbeschaffung auf Tätigkeiten erstreckt, die er in anderen Funktionen als in seiner Eigenschaft als Abgeordneter wahrnimmt. Durch die auf Vollständigkeit angelegte Sammlung aller Äußerungen und die Zusammenfassung der zusammengetragenen Unterlagen in einer Personenakte entsteht ein Informationsgehalt, der als Gesamtbild der politischen Persönlichkeit über das hinausgeht, was als Eindruck aus öffentlichen Äußerungen haften bleibt, die bei Gelegenheit wahrgenommen werden.

103

Jedoch wirkt sich die Informationsbeschaffung über den Kläger nur geringfügig auf sein Persönlichkeitsrecht aus. Das Bundesamt für Verfassungsschutz erhebt nur Informationen, die durch die Veröffentlichung in allgemein zugänglichen Quellen einem unbestimmt großen Personenkreis bekannt geworden sind. Sie betreffen nicht den persönlichen Lebensbereich des Klägers, sondern ausschließlich dessen politische Tätigkeit in der Öffentlichkeit. Das umfassende Bild der Aktivitäten und Ansichten des Klägers bleibt auf dessen politische Tätigkeit beschränkt, die sich ohnehin zu einem großen Teil öffentlich abspielt und von den Medien und den politischen Gegnern genau beobachtet wird. Es betrifft den Kläger nicht in seiner persönlichen Lebensführung.

104

Auf der anderen Seite ist der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung für den Bestand des Grundgesetzes und der in ihm verkörperten Werteordnung von existentieller Bedeutung.

105

Diesem Schutz dient zwar vor allem die Erhebung von Informationen über die Partei als solcher und der in ihr aktiven radikalen Kräfte. Die offene Informationsbeschaffung über den Kläger, deren Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen in tatsächlicher Hinsicht vom Oberverwaltungsgericht bindend festgestellt wurden, mag im Vergleich dazu nur einen begrenzten zusätzlichen Erkenntnisgewinn bieten. Jedoch ist auch dieser Gewinn an Erkenntnissen nicht zu vernachlässigen, wie schon ausführlich dargelegt. Spitzenfunktionäre einer Partei sind für deren Entwicklung und Ausrichtung von erheblicher Bedeutung. Erst Erkenntnisse über ihr Verhalten runden das Bild ab. Gerade die führenden Persönlichkeiten einer Partei werden, wenn diese den Stimmenanteil für einen Einzug in das Parlament erreicht, regelmäßig zu den Abgeordneten ihrer Partei gehören. Müssten sie deshalb von einer Beobachtung ausgenommen werden, obwohl tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen ihrer Partei vorliegen, wäre die Sammlung von Informationen über Aktivitäten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung wesentlich eingeschränkt. Im konkreten Fall würde dies beispielsweise auch für führende Repräsentanten der offen verfassungsfeindlichen Gruppierungen in der Partei DIE LINKE gelten, die aufgrund der vom Oberverwaltungsgericht dargelegten Stellung dieser Gruppierungen in der Partei einen günstigen Listenplatz für die Parlamentswahl und als Folge davon ein Abgeordnetenmandat erhalten haben.

106

Danach überwiegen die Vorteile einer Beschaffung von Informationen über den Kläger die diesem dadurch erwachsenden Nachteile. Diese verbleibenden Nachteile hinzunehmen, ist dem Kläger zuzumuten.

107

Der Kläger hat durch seine herausgehobene politische Betätigung in einer Partei, bei der Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bestehen, einen ihm zurechenbaren Anlass für die Erhebung von Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz geschaffen. Die Arbeit für und in der Partei lässt sich nicht säuberlich von der Wahrnehmung des Mandats trennen. Die politische Einbindung des Abgeordneten in Partei und Fraktion ist verfassungsrechtlich erlaubt und gewollt. Das Grundgesetz weist den Parteien eine besondere Rolle im Prozess der politischen Willensbildung zu (Art. 21 Abs. 1 GG), weil ohne die Formung des politischen Prozesses durch geeignete freie Organisationen eine stabile Demokratie in großen Gemeinschaften nicht gelingen kann. Die Fraktionen nehmen im parlamentarischen Raum unabdingbare Koordinierungsaufgaben wahr, bündeln die Vielfalt der Meinungen zur politischen Stimme und spitzen Themen auf politische Entscheidbarkeit hin zu. Wenn der einzelne Abgeordnete im Parlament politischen Einfluss von Gewicht ausüben, wenn er gestalten will, bedarf er der abgestimmten Unterstützung (BVerfG, Urteil vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 - BVerfGE 118, 277 <328>). Kehrseite dieser Vorteile, die der Abgeordnete bei der Wahrnehmung seines Mandats aus seiner Einbindung in eine Partei zieht, ist aber, dass er die Nachteile für seine Arbeit hinzunehmen hat, die sich an zulässige Maßnahmen des Verfassungsschutzes gegen die Partei knüpfen, für die er als Abgeordneter wirken will.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit (Artikel 5 Abs. 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Abs. 3), die Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das Asylrecht (Artikel 16a) zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) In bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau werden geführt der Auswärtige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung und nach Maßgabe des Artikels 89 die Verwaltung der Bundeswasserstraßen und der Schiffahrt. Durch Bundesgesetz können Bundesgrenzschutzbehörden, Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen, für die Kriminalpolizei und zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, eingerichtet werden.

(2) Als bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechtes werden diejenigen sozialen Versicherungsträger geführt, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. Soziale Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes, aber nicht über mehr als drei Länder hinaus erstreckt, werden abweichend von Satz 1 als landesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechtes geführt, wenn das aufsichtsführende Land durch die beteiligten Länder bestimmt ist.

(3) Außerdem können für Angelegenheiten, für die dem Bunde die Gesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden und neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes durch Bundesgesetz errichtet werden. Erwachsen dem Bunde auf Gebieten, für die ihm die Gesetzgebung zusteht, neue Aufgaben, so können bei dringendem Bedarf bundeseigene Mittel- und Unterbehörden mit Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages errichtet werden.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 22 K 11.2221

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 2. Oktober 2014

Sachgebiets-Nr. 535

22. Kammer

Hauptpunkte: Verfassungsschutzberichte Bayern 2010, 2011, 2012 und 2013; Vereinigung ..., Größte linksextremistisch, beeinflusste Organisation im Bereich des Antifaschismus; Tatsächliche Anhaltspunkte für diese Bewertung; Verbindungen zur DKP und gewaltorientierten autonomen Gruppen; Äußerungen des langjährigen Bundesvorsitzenden der ... und jetzigen Ehrenvorsitzenden Prof. Dr. ...

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwältin ...

gegen

Freistaat ...

vertreten durch: Regierung von ..., Prozessvertretung B-str. ..., M.,

- Beklagter -

wegen Verfassungsschutzrecht

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 22. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2. Oktober 2014 am 2. Oktober 2014 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin (im Folgenden: die Vereinigung, ...) wendet sich gegen ihre Erwähnung in den Verfassungsschutzberichten Bayern für die Jahre 2010, 2011, 2012 und 2013.

Unter dem Abschnitt „Linksextremismus“, Unterabschnitt „Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und Umfeld“ heißt es in den Berichten über die Vereinigung, sie verfolge einen kommunistisch orientierten Antifaschismus. Diese Form des Antifaschismus diene nicht nur dem Kampf gegen Rechtsextremismus; vielmehr würden alle nicht-marxistischen Systeme - also auch die parlamentarische Demokratie - als potentiell faschistisch, zumindest aber als Vorstufe zum Faschismus betrachtet, die es zu bekämpfen gelte.

Die Vereinigung sei die bundesweit größte linksextremistisch beeinflusste Organisation des Antifaschismus. Es bestehe maßgeblicher Einfluss der DKP, auch über DKP-Mitglieder, die herausgehobene Funktionen bei der Klägerin innehätten. Im Bericht für das Jahr 2010 wird in diesem Zusammenhang der (damalige) Landessprecher der ..., A., sowie der (damalige wie heutige) Bundessprecher der ..., B., namentlich erwähnt.

Die Vereinigung arbeite mit offen linksextremistischen Kräften, auch mit gewaltbereiten autonomen Gruppen zusammen. Der langjährige Bundesvorsitzende der ..., früherer Inoffizieller Mitarbeiter (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR, ehemaliger PDS-Bundestagsabgeordneter und Mitglied der Partei DIE LINKE, Herr Prof. Dr. ..., habe sich mehrfach für eine Zusammenarbeit mit diesen Gruppen ausgesprochen. Zum Beleg dafür und für die staats- und verfassungsfeindliche Grundposition der Vereinigung werden in den Berichten politische Äußerungen von Prof. Dr. ... in Zeitungsinterviews und einem Grußwort zitiert.

Herr Prof. Dr. ..., der von 2003 bis 2014 Bundesvorsitzender der ... war und seit Juli 2014 deren Ehrenvorsitzender ist, hat gegen die ihn betreffenden Passagen der Berichterstattung über die ... im eigenen Namen Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben (gesondertes Verfahren Az. M 22 K 11.4280); das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Die Klägerin ließ über ihre Bevollmächtigte gegen den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2010 am 9. Mai 2011 Klage zum Verwaltungsgericht München erheben und beantragen,

den Beklagten zu verpflichten, die weitere Verbreitung des Verfassungsschutzberichts 2010 zu unterlassen, wenn nicht zuvor die Eintragungen über die Klägerin auf den Seiten ..., des Berichts unkenntlich gemacht werden.

Die Seitenangaben beziehen sich dabei auf die im Internet einsehbare online-Version des Berichts (unter www...bayern.de), die von den Seitenangaben der Druckversion, insoweit nicht aber in deren Inhalt geringfügig abweicht (Seitenangaben Druckversion: Seiten ..., im Folgenden werden nur die Seitenangaben der online-Version zitiert). Die Passage auf Seite ... des Berichts 2010 steht im Kontext allgemeiner Bemerkungen und Einordnungen zum Linksextremismus und lautet: „Zu den wichtigsten linksextremistisch beeinflussten Organisationen, bei denen das antifaschistische Engagement im Vordergrund steht, gehört die Vereinigung (...)“. Die Seiten ... des Berichts betreffen den oben bereits in seinen wesentlichen Inhalten zitierten spezifischen Berichtseintrag über die Vereinigung. Die Seiten ... des Berichts stellen eine tabellarische Übersicht über „erwähnenswerte linksextremistische und linksextremistisch beeinflusste Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse“ dar. In dieser Übersicht wird die Klägerin als „DKP-beeinflusst“ aufgeführt.

In der Klagebegründung wird ausgeführt, dass die Behauptungen im Bericht 2010 durch nichts belegt sowie falsch seien. Bei der Vereinigung handle es sich um einen überparteilichen, überkonfessionellen Zusammenschluss von Verfolgten des Naziregimes, Widerstandskämpfern und Antifaschisten in Bayern. Nach der Vereinssatzung entfalte die Vereinigung ihre Tätigkeit auf dem Boden des Grundgesetzes. Die Vereinigung trete für die Verwirklichung der antifaschistisch-demokratischen Grundbestimmungen des Grundgesetzes und der bayerischen Verfassung ein und stelle sich jedem Versuch entgegen, diese Bestimmungen auszuhöhlen. Die satzungsmäßigen Aufgaben der Vereinigung bestünden in der Bekämpfung von Ursachen und Erscheinungsformen des Faschismus, des Militarismus, Antisemitismus, Rassismus, Revanchismus und Ausländerfeindlichkeit. Zur Erreichung des Zwecks erstrebe die Vereinigung die Zusammenarbeit aller demokratischen Kräfte, um zur Verwirklichung des Vermächtnisses des antifaschistischen Widerstandskampfes beizutragen.

Die hohen Hürden, die die Rechtsprechung insbesondere des Bundesverfassungsgerichts für die Aufnahme einer Organisation in Verfassungsschutzberichte anlege, seien vom Bericht 2010 verletzt worden. So fehle es für die Behauptung einer linksextremistischen Beeinflussung der Vereinigung an jeglichem Nachweis. Bei dem erwähnten ... A. handle es sich um einen Überlebenden des KZ Theresienstadt, der fast täglich gebeten werde, vor Schulklassen oder in der Gedenkstätte Dachau zu sprechen. Herr A. arbeite in einer Vielzahl von Gremien und sei in diesem Rahmen in Verbindung zu Mitgliedern der bayerischen Staatsregierung und vielen Repräsentanten des öffentlichen Lebens. Er sei Träger der Medaille „München leuchtet“. Völlig unzutreffend sei auch der Vorwurf einer Zusammenarbeit mit gewaltorientierten autonomen Gruppen. Es habe sich im Rahmen der Bundesveranstaltung „...“, den der Bericht 2010 erwähne, ganz banal um einen gemeinsamen Aufruf eines breiten Bündnisses aus Parteien, Gewerkschaften, Jugendorganisationen und Verfolgten des Naziregimes und Einzelpersonen gehandelt, die sich gegen die Kriminalisierung von Nazigegnern gewandt und auf dem Recht des zivilen Ungehorsams zur Blockade des Naziaufmarsches in ... bestanden hätten. Die Äußerungen von Prof. Dr. ..., der als Bundessprecher nichts mit der bayerischen Landesvereinigung der ... zu tun habe, seien kein Beleg für Gewaltbereitschaft oder für eine staats- oder verfassungsfeindliche Grundposition der Klägerin.

In ihrer Klageerwiderung vom 11.8.2011 beantragte die Regierung von ... als Vertreterin des beklagten Freistaats ... die Klage abzuweisen.

Die Regierung trug umfangreich und unter Beifügung zahlreicher Erkenntnisquellen zur Stützung der Behauptungen im Bericht 2010 vor.

Die ... sei im Jahr 1947 auf Initiative und unter prägendem Einfluss der - im Jahr 1956 verbotenen und im Jahr 1968 in Gestalt der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) weitergeführten - Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) gegründet worden. Ihre eigentliche Funktion sei nicht die überparteiliche Interessenvertretung von Verfolgten des Nationalsozialismus gewesen; vielmehr habe es sich um ein politisches Kampfinstrument der KPD beziehungsweise der DDR-Staatspartei SED gehandelt. Von Anfang an und über Jahrzehnte hinweg sei der ... nicht nur programmatisch, sondern auch personell und organisatorisch völlig von der SED abhängig gewesen. Den Namenszusatz „... (...)“ führe die ... seit dem Jahr 1971. Ab diesem Zeitpunkt habe sie sich auch für jüngere „Antifaschisten“ geöffnet. In den 1970er und 1980er Jahren bis zum Zusammenbruch der DDR sei die ... die bedeutendste und mitgliederstärkste Vorfeldorganisation der DKP gewesen.

Die ... sei bereits im bayerischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1976 als kommunistisch beeinflusste Organisation erwähnt worden. Seitdem sei über sie in jedem Verfassungsschutzbericht berichtet worden. Zuletzt sei sie im Bericht für das Jahr 2009 als linksextremistisch (vor allem DKP-) beeinflusste Organisation im Umfeld der DKP aufgeführt worden. Gegen diese seit über 30 Jahren bestehende Berichterstattung habe sich die ... bislang nicht gerichtlich zur Wehr gesetzt. Die streitgegenständlichen Aussagen im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2010 wiederholten nur weitestgehend die bereits im Bericht für das Jahr 2009 bzw. in den Berichten der Vorjahre enthaltenen Feststellungen und Bewertungen.

Die Bewertung der ... im Bericht 2010 als kommunistisch orientierte und linksextremistisch beeinflusste Organisation des Antifaschismus und der Vorwurf der Zusammenarbeit mit offen verfassungsfeindlichen und auch gewaltbereiten autonomen Gruppen sei mit der Rechtsprechung namentlich des BVerfG vereinbar. Der Beklagte treffe diese Feststellungen nicht auf einen bloßen „Verdacht“ hin. Vielmehr würden diese Feststellungen und die damit verbundene Feststellung verfassungsfeindlicher Bestrebungen von einer großen Vielzahl tatsächlicher Anhaltspunkte, die im Bericht und in der Klageerwiderung konkret und im Detail benannt würden, getragen. Diese Fakten zeigten, dass den scheinbar harmlos klingenden Satzungsbestimmungen der Vereinigung in der praktischen Realität und Umsetzung ein spezifisch kommunistisch linksextremistisches Verständnis zugrunde läge, das mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbaren sei. Wegen der Ausführungen im Einzelnen wird insbesondere auf den Abschnitt 1.4.3.1 „Kommunistisch orientierter linksextremistischer Antifaschismus“, auf den Abschnitt 1.4.3.2 „Kommunistisch orientierter linksextremistischer Antimilitarismus“, auf den Abschnitt 1.4.3.3 „Maßgeblicher Einfluss von Linksextremisten“, auf den Abschnitt 1.4.3.4 „Zusammenarbeit mit offen verfassungsfeindlichen Kräften“, auf den Abschnitt 1.4.3.5 „Verfassungsfeindliche Aussagen führender Vertreter der ...“ und auf den Abschnitt 1.4.3.6 „Fehlende Achtung vor den im GG konkretisierten Menschenrechten“ (zur Parole „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“) der Klageerwiderung verwiesen; die wesentlichen Elemente des Vortrags werden in den Entscheidungsgründen behandelt.

Auf gerichtliche Bitte vom 11.8.2011 nahm die Klägerin mit Schriftsatz vom 24.9.2014 hierzu Stellung.

Darin bestreitet die Klägerin unter Beifügung weiterführenden Materials die vom Beklagten vorgenommene historische Einordnung der Vereinigung. Der Gründung der ... seien unterschiedlichste Vereinigungen von Naziverfolgten vorausgegangen. In nahezu allen Städten und Gemeinden des damals besetzten Deutschlands habe es bereits kurz nach der Befreiung Arbeitsgemeinschaften und Ausschüsse ehemaliger NS-Verfolgter, häufig auch als kommunale Einrichtungen oder Einrichtungen des Roten Kreuzes („KZ-Betreuungsstellen“ u. a.), gegeben. Diese von den Besatzungsbehörden angeordneten Betreuungsstellen hätten zunächst die nahezu ganze Breite der rassisch, politisch und religiös Verfolgten umfasst. Aus diesen Organisationen seien dann die „...“ hervorgegangen. In den neugegründeten ...-Gruppen seien selbstverständlich alle damaligen Opfergruppen einbezogen und parteipolitisch breit getragen gewesen, was sich etwa aus einer Vorschlagsliste für die Vorstandschaft im Geschäftsjahr 1948 ergebe. Richtig sei, dass entsprechend der Größe der Opfergruppe eine Vielzahl von Kommunisten Mitglieder in den Vereinigungen gewesen seien. Dass später tatsächlich eine Verengung des politischen Spektrums der Mitglieder der ... erfolgt sei, sei dem Lager-Denken des Kalten Krieges und Unvereinbarkeitsbeschlüssen der Sozialdemokratie geschuldet gewesen. Die Behauptungen des Beklagten, bei der Klägerin lägen verfassungsfeindliche Bestrebungen vor, seien in methodischer und inhaltlicher Hinsicht unhaltbar. Die ... betreibe eine überparteiliche breite Bündnispolitik, in der sie möglichst viele demokratische Kräfte einbeziehe. Hierzu zählten auch die Partei DIE LINKE und die DKP. Auch die in ... führenden Parteien wie die CSU oder die SPD hätten zusammen mit der ... an solchen Aktionen teilgenommen, ohne dass diesen doch der Vorwurf der linksextremistischen Beeinflussung zu machen wäre. Eine Zusammenarbeit mit gewaltbereiten Gruppierungen gebe es nicht. Wegen der Details wird auf die Stellungnahme verwiesen.

Zuvor hatte die Klägerin mit Schriftsatz vom 9.9.2014 ihre Klage auf die zwischenzeitlich erschienenen Verfassungsschutzberichte Bayern für die Jahre 2011, 2012 und 2013 erweitert und beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, die weitere Verbreitung der Verfassungsschutzberichte 2011, 2012 und 2013 zu unterlassen, wenn nicht zuvor die Eintragungen über die Klägerin auf den Seiten ..., des Verfassungsschutzberichtes 2011 (Seitenangaben beziehen sich auf die online-Version), auf den Seiten ..., des Verfassungsschutzberichtes 2012 (Seitenangaben beziehen sich auf die online-Version) und auf den Seiten ..., des Verfassungsschutzberichtes 2013 (Seitenangaben beziehen sich auf die online-Version) unkenntlich gemacht werden.

Die Erwähnungen in den Verfassungsschutzberichten 2011, 2012 und 2013 über die Klägerin gleichen im Wesentlichen den Aussagen im Verfassungsschutzbericht 2010. In der Begründung der Klageerweiterung bezieht sich die Klägerin auf die Klagebegründung vom 9.5.2011.

Der Beklagte beantragt,

die Klage auch insoweit abzuweisen.

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 2.10.2014, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage bleibt ohne Erfolg.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Unkenntlichmachung der sie betreffenden Eintragungen in den Verfassungsschutzberichten Bayern für die Jahre 2010, 2011, 2012 und 2013 nicht zu. Die Erwähnungen erfolgten zu Recht und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

I.

Rechtsgrundlage des Anspruchs

Da der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch weder im Bayerischen Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) noch sonst spezialgesetzlich geregelt ist, kann sich ein solcher nur aus der konkret betroffenen Grundrechtsposition der Klägerin, hier jedenfalls aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, ergeben (vgl. BVerwG vom 21.5.2008 BVerwGE 131, 171 RdNr. 13; BayVGH vom 23.9.2010 Az. 10 CE 10.1850). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, auf das sich gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch die Klägerin als juristische Person bzw. Personenverband im Rahmen ihres Aufgabenbereichs berufen kann (vgl. BVerwG vom 21.5.2008 a. a. O. RdNr. 16), umfasst den Schutz vor staatlichen Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Bild der betroffenen Person in der Öffentlichkeit auszuwirken (st. Rspr. des BVerfG; vgl. z. B. Beschluss vom 14.7.2004 NJW 2004, 3619). Hierzu zählen auch das Verfügungsrecht und das Selbstbestimmungsrecht über die eigene Außendarstellung sowie der Schutz des sozialen Geltungsanspruchs, der sog. „äußeren Ehre“ als des Ansehens in den Augen anderer (vgl. BVerwG vom 21.5.2008 a. a. O. RdNr. 16). Unmittelbarer Ausfluss dieses verfassungsrechtlichen Schutzanspruchs gegenüber (unzulässigen) Grundrechtseingriffen durch eine Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht ist ein entsprechender Unterlassungs- bzw. Löschungsanspruch.

Die von der Klägerin angegriffene Nennung in den streitgegenständlichen Verfassungsschutzberichten, die kein beliebiges Erzeugnis staatlicher Öffentlichkeitsarbeit sind, sondern der Abwehr besonderer Gefahren durch eine mit besonderen Befugnissen ausgestatteten Behörde dienen, ist als Grundrechtseingriff zu bewerten, weil sie geeignet sind, sich abträglich auf das Bild der Klägerin in der Öffentlichkeit auszuwirken, und ihr gegenüber damit eine „mittelbar belastende negative Sanktion“ erfolgt (vgl. BVerfG vom 24.5.2005 BVerfGE 113, 63/77 f. - Junge Freiheit (JF); BayVGH vom 23.9.2010 a. a. O.).

Ein solcher Eingriff kann aber gemäß Art. 15 Satz 1 BayVSG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 BayVSG gerechtfertigt sein.

Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayVSG hat das Landesamt für Verfassungsschutz die Aufgabe, Bestrebungen, die u. a. gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, zu beobachten; solche Bestrebungen und Tätigkeiten können von Gruppierungen oder Einzelpersonen ausgehen. Die freiheitliche demokratische Grundordnung ist in Art. 1 Abs. 2 BayVSG definiert als eine Ordnung, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung gehören mindestens: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition (siehe auch BVerfG, U. v. 17.8.1956 BVerfGE 5,85 - KPD; U. v. 23.10.1952 BVerfGE 2,1 - SRP).

Das Landesamt für Verfassungsschutz hat in Erfüllung seiner Aufgabe Informationen, insbesondere sach- und personenbezogene Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen über solche Bestrebungen und Tätigkeiten zu sammeln und auszuwerten (siehe Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayVSG). Gemäß Art. 15 Satz 1 BayVSG unterrichten das Staatsministerium des Inneren (nunmehr: Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr) und das Landesamt für Verfassungsschutz die Öffentlichkeit über tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 BayVSG. Dass die Veröffentlichung in den Verfassungsschutzberichten eine grundsätzlich geeignete Vorkehrung zur Aufklärung der Öffentlichkeit und in diesem Rahmen zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen ist, ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. BVerfG vom 24.5.2005 BVerfGE 113, 63/77 f.).

Nach zutreffender Auslegung des Art. 15 Satz 1 BayVSG insbesondere auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Verfassungsschutzberichts - Informationen der Öffentlichkeit über entsprechende Bestrebungen und gleichzeitiger (Vorfeld-)Schutz der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne einer wehrhaften Demokratie bei erkennbaren Gefahrenlagen - müssen konkrete tatsächliche Anhaltspunkte (Anknüpfungstatsachen) für die Annahme verfassungsfeindlicher Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des Art. 3 Abs. 1 BayVSG vorliegen, um eine Erwähnung bestimmter Organisationen oder Personen im Verfassungsschutzbericht zu rechtfertigen (so BayVGH, B. v. 16.7.2010, Az. 10 CE 10.1201 - Islamische Gemeinde ...). Ähnlich wie bei der Anwendung von § 11 Satz 1 Nr. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) ist hier ebenfalls erforderlich, aber auch ausreichend, dass hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine derartige Annahme vorliegen (BayVGH v. 16.7.2010 a. a. O.). So verstanden genügt Art. 15 Satz 1 BayVSG den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht angesichts der nachteiligen Auswirkungen auf die Betroffenen („mittelbar belastende negative Sanktion“) an eine Veröffentlichung in Verfassungsschutzberichten stellt, weil ein möglicher, nicht durch belegbare Tatsachen gestützter „bloßer Verdacht“ eben nicht ausreicht (BayVGH v. 16.7.2010 a. a. O. unter Hinweis auf BVerfG v. 24.5.2005 a. a. O. S. 76 und 81 ff.). In Ergänzung hierzu hat der BayVGH zum Merkmal der „tatsächlichen Anhaltspunkte“ in Art. 15 Satz 1 BayVSG in einem späteren Beschluss vom 23.9.2010, Az. 10 CE 10.1830 - a. i. d. A. Eilverfahren, bestimmte formelle Anforderungen an das Merkmal der „tatsächlichen Anhaltspunkte“ gestellt. Entsprechend der Funktion von Verfassungsschutzberichten, als hinreichende Informationsgrundlage für den Bürger bei seiner eigenständigen Entscheidungsbildung zu dienen, aber auch schon aufgrund des Wortlauts des Art. 15 Satz 1 BayVSG könne „ein negatives Werturteil über die Einstufung einer Gruppierung als extremistisch und verfassungsfeindlich im Verfassungsschutzbericht nicht auf Art. 15 Satz 1, Art. 3 Abs. 1 BayVSG gestützt werden, wenn die Öffentlichkeit in dem Bericht nicht auch über tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 BayVSG unterrichtet wird“ (so amtlicher Leitsatz des Beschlusses vom 23.9.2010 a. a. O., Unterstreichung nur hier). Die nachträgliche Vorlage belegbarer Erkenntnisse im Verwaltungsstreitverfahren vermöge dieser Anforderung nicht gerecht zu werden, da nicht sichergestellt sei, dass in einem Gerichtsverfahren vorgetragene tatsächliche Anhaltspunkte der Öffentlichkeit in gleicher Weise zugänglich werden wie der Verfassungsschutzbericht selbst (BayVGH v. 23.9.2010 a. a. O.). Offen blieb, in welcher Dichte und in welchem Umfang die tatsächlichen Anhaltspunkte in den Berichten mitzuteilen sind. Allerdings hat der BayVGH im späteren Beschluss vom 28.8.2012, Az. 10 ZB 11.1600 - a. i. d. A. Klageverfahren, die Berufung zugelassen, „weil die Rechtssache bezüglich der Frage, ob die Unterrichtung der Öffentlichkeit im Verfassungsschutzbericht gemäß Art. 15 Satz 1 BayVSG die Angabe tatsächlicher Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 BayVSG erfordert, grundsätzliche Bedeutung hat“. Zu dieser Klärung kam es nicht, weil die Parteien das Bezugsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärten. Nach Auffassung der Kammer liegt es auf der Hand, dass jedenfalls nicht verlangt werden kann, die maßgeblichen Anhaltspunkte mehr oder weniger vollständig im Bericht darzulegen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Zweck der Öffentlichkeitsunterrichtung eine knappe zusammenfassende Darstellung nahelegt und es vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden ist, wenn in dem Bericht, soweit man die Mitteilung tatsächlicher Anhaltspunkte für geboten erachtet, nur einzelne Geschehnisse oder Umstände, die die verfassungsschutzrechtliche Bewertung in einer für den Berichtsadressaten nachvollziehbaren Weise belegen sollen, angeführt werden.

II.

Anwendung der Rechtsgrundlage

In Anwendung dieser Grundsätze hat der Beklagte in den Verfassungsschutzberichten für die Jahre 2010, 2011, 2012 und 2013 zutreffend und rechtmäßig über die Klägerin berichtet. Die angeführten tatsächlichen Anhaltspunkte entsprechen der Wahrheit. Sie tragen die verfassungsschutzrechtliche Bewertung der Klägerin als größte linksextremistisch, vor allem DKP - beeinflusste Organisation im Bereich des Antifaschismus, in der ein kommunistisch orientierter Antifaschismus verfolgt wird, der die parlamentarische Demokratie als zu bekämpfende Vorstufe zum Faschismus betrachtet; ebenso die Aussage, dass die Klägerin auch mit gewaltorientierten autonomen Gruppen zusammenarbeitet. Die zur Rechtfertigung des Werturteils herangezogenen tatsächlichen Anhaltspunkte sind im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip hinreichend gewichtig (vgl. zur Verhältnismäßigkeit einer Berichterstattung BVerfG v. 24.5.2005 a. a. O. S. 84; BayVGH v. 16.7.2010 a. a. O. Rn. 35; Art. 15 Satz 2 BayVSG).

1. Verfassungsschutzbericht 2010

a) Tatsächliche Anhaltspunkte

aa) Die Feststellung im Verfassungsschutzbericht 2010, auch im Landesverband Bayern der ... sei der „Einfluss von Linksextremisten, insbesondere aus der DKP, maßgeblich“ und es bestünden „über den (damaligen) bayerischen Landessprecher und das (damalige) Vorstandsmitglied der Klägerin, ... A., beispielsweise Verbindungen zur DKP und autonomen Gruppen“, ist zutreffend.

Die (damalige) Funktion A. im obersten Leitungsgremium der Klägerin, d. h. im Vereinsvorstand der bayerischen Landesvereinigung der ..., ist unbestritten. Nicht bestritten ist ferner, dass A., der früher in der ... der DDR und der verbotenen KPD engagiert war, bis heute Mitglied der DKP ist und sich als Kommunist bezeichnet (siehe Klageerwiderung, Anlagen B32, B33 und B34 sowie Internetausgabe der Tageszeitung Taz, taz.de vom 24.8.2011; Internetausgabe der Tageszeitung Merkur, merkur-online.de vom 13.11.2012). A. ist ein aktives Mitglied der DKP. So war er etwa Referent eines Vortrages der DKP .../... (Klageerwiderung, Anlage B34). Er war auch Redner auf einer ...-Demo in ..., an der auch das in den Verfassungsschutzberichten als verfassungsfeindlich bewertete „... (...)“ als Redner auftrat (Klageerwiderung, Anlage B35). Die Gruppierung ... kündigte zudem eine Veranstaltung mit ... A. als Redner an (Klageerwiderung, Anlage B36).

bb) Ebenfalls korrekt sind die Erwähnungen des Berichts zu ... B., wonach dieser „...-Bundessprecher und DKP-Mitglied ist und wiederholt im Umfeld von ...-Aktionen in Bayern in Erscheinung getreten ist“.

B. war und ist unbestritten Bundessprecher der ..., also Mitglied im obersten Führungsgremium der ... auf Bundesebene, d. h. im Vereinsvorstand der Bundesvereinigung. ... trat 1961 in die vom Bundesverfassungsgericht 1956 verbotene und deshalb illegale KPD ein. Er war 1968 Mitbegründer der DKP und der von den Verfassungsschutzberichten als Umfeldorganisation der DKP ebenfalls als verfassungsfeindlich eingestuften ... Er ist bis heute Mitglied der DKP und publiziert regelmäßig in deren offiziellem Organ „...“, deren stellvertretender Chefredakteur er gewesen war (Klageerwiderung, Anlage B22a, B22b; ...). Diese Fakten sind nicht bestritten. B. ist, wie im Bericht korrekt festgehalten wird, mehrfach im Umfeld von ...-Aktionen in ... in Erscheinung getreten. So trat er auf verschiedenen Veranstaltungen als Bundessprecher der ... oder als Vertreter der ... Nordrhein-Westfalen auf, wobei jeweils das Aktionsfeld „Antimilitarismus“ im Fokus stand. B. spielte bei der Mobilisierung und Durchführung der Protestveranstaltungen gegen das jährliche Gebirgsjägertreffen in ... eine zentrale Rolle. Mehrfach trat er hierbei als Akteur auf (Klageerwiderung, Anlage B23 bis B27). Im Oktober 2005 hielt B. in ... in seiner Funktion als Bundessprecher der ... ein Referat der „Antimilitaristischen Runde“, bei der es sich um eine Veranstaltung der ... handelte (Klageerwiderung, Anlage B28). In diesem Referat sprach B. von einer zunehmenden Militarisierung der deutschen Gesellschaft und von einem „neuen aggressiven deutschen Militärkonzept“ und zitiert in diesem Zusammenhang Karl Marx und W.I. Lenin (Klageerwiderung, Anlage B29). B. bezeichnet die heutigen europäischen Staaten als „imperialistisch“ (Klageerwiderung, Anlage B 30).

B. zieht eine Analogie zwischen der Reichswehr der Weimarer Republik und der Bundeswehr, die beide linke Kräfte bekämpft hätten bzw. bekämpfen würden. Diese Aussagen zu ... B. werden von der Klägerin nicht bestritten. Die Klägerin ist aber der Ansicht, dass sich daraus keine Rückschlüsse auf eine linksextremistische Einstellung B. oder eine solche Beeinflussung der Klägerin ableiten ließen.

cc) Die Behauptung im Bericht, es bestünden Kontakte der Klägerin zur Partei DIE LINKE, ist ebenfalls zutreffend. Sie werden von der Klägerin auch nicht bestritten. So war einer der Landessprecher der Klägerin, nämlich Dr. ..., im Jahr 2009 Bundestags-Direktkandidat der Partei DIE LINKE für den Wahlkreis ... und Mitglied des geschäftsführenden Landesvorstands dieser Partei (Klageerwiderung, Anlage B39). Zwei der sechs bayerischen Bundestagsabgeordneten der Partei verweisen auf ihren Webseiten auf die Klägerin bzw. allgemein auf die ... (Klageerwiderung, Anlage B40).

dd) Korrekt ist die Aussage im Bericht, die ... dokumentiere beispielsweise in ihrer Verbandszeitschrift „...“ den „Schulterschluss mit gewaltorientierten autonomen Gruppen anlässlich gemeinsamer Protestaktionen gegen Rechtsextremisten im Februar 2010 in ...“.

Bekanntlich kam es am ... 2010 in ... aus Anlass des 65. Jahrestages der alliierten Bombardierung zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Teilnehmern einer genehmigten Demonstration und gewaltbereiten Linksautonomen, die durch Blockadeaktionen die Versammlung stören und verhindern wollten. Die Blockaden mehrerer Zufahrtsstraßen zum genehmigten Versammlungsort, außerdem der Bahngleise vom Haupt- zum ... Bahnhof sowie Sitzblockaden und eine brennende Barrikade führten trotz eines Großaufgebots der Polizei zum beabsichtigten Erfolg (siehe hierzu Bericht in Spiegel ONLINE Politik vom ... 2010). Im Gefolge dieser Blockadeaktion, die auch im Folgejahr 2011 stattfand, kam es zu einer Reihe von Strafprozessen gegen Versammlungsstörer, wegen der Aktion am ... Februar 2011 in ... auch gegen den Geschäftsführer der ..., der wegen mehrfachen schweren Landfriedensbruchs und als einer der Rädelsführer der Blockade angeklagt wurde (siehe hierzu das in der mündlichen Verhandlung dem Gericht übergebene Exemplar der Zeitschrift „...“ des ... für Sept./Okt. 2014, Seite 1); das Verfahren ist inzwischen gegen eine Geldauflage nach § 153a StPO eingestellt worden (...de vom ...10.2014). In der Internetpublikation der ... „Unser Beitrag zum Klimaschutz“ wird offen zur Blockade der Versammlung am ... Februar 2010 aufgerufen: „Naziaufmärsche blockieren ist unser Recht ! Stellen wir uns den Nazis am ... Februar 2010 in ... gemeinsam entgegen“. In der Publikation wird weiter auf einen Infoblock zu den „geplanten Gegenaktivitäten“ hingewiesen sowie auf eine Veranstaltung zum Thema „Nazis blockieren - Blockadetraining“ (Klageerwiderung, Anlage B 49a Seite 2). In einer Veröffentlichung des ... Mannheim vom 14.2.2010 würdigte der damalige Bundesvorsitzende der ..., Herr Prof. Dr. ... (siehe hierzu auch unten) die Blockadeaktionen als großen Erfolg antifaschistischer Arbeit. Wörtlich äußerte ...: „Die erfolgreichen Blockaden haben eindrucksvoll bewiesen, dass wir uns im Kampf gegen alte und neue Nazis nur auf uns selbst und schon gar nicht auf eine Landesregierung oder Polizei oder Justiz verlassen können“ (Klageerwiderung, Anlage B49c). ... kritisierte dabei auch eine von der ... Oberbürgermeisterin gegen die Demonstration initiierte Menschenkette in der Altstadt fernab des Versammlungsortes als ineffektive „Symbolpolitik“. Der Bundesausschuss der ... vom 15.11.2009 rief im Vereinsorgan „...“ 1-2/2010, Seite 16, alle Bürgerinnen und Bürger zu einer „gemeinsamen Aktion zivilen Ungehorsams“ auf, und zwar unter dem bereits oben genannten Motto („Naziaufmärsche blockieren ist unser Recht ! Stellen wir uns den Nazis am ... Februar 2010 in ... entgegen !“); der Aufruf endet mit folgender Erklärung: „Wenn Nazis marschieren, werden wir dagegen protestieren ! Wenn es notwendig wird, auch mit einer Blockade !“ (Klageerwiderung, Anlage B49c). Vor dem Hintergrund dieser Fakten relativiert sich die Einordnung in der Klagebegründung, es habe sich dabei „ganz banal um einen gemeinsamen Aufruf eines breiten Bündnisses“ gehandelt, zugunsten der Charakterisierung dieses Verhaltens im Bericht als Schulterschluss mit gewaltorientierten Gruppen.

ee) Die Erwähnungen zu Prof. Dr. ... im Bericht 2010 werden von der Klägerin explizit im Punkt einer SED-Mitgliedschaft bestritten. Insoweit hat der Beklagte im gesonderten Klageverfahren von Prof. ... diese Behauptung fallen gelassen, so dass sich insoweit die Sache erledigt hat. Die übrigen Behauptungen zu Prof. ..., insbesondere der Vorwurf einer Tätigkeit als Informeller Mitarbeiter (IM) für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR wurden nicht explizit bestritten. Über die von Prof. ... stets bestrittene IM-Eigenschaft hat das Gericht im gesonderten Verfahren Beweis durch Einholung einer Auskunft des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU) erhoben; die Stellungnahmen der dortigen Parteien hierzu stehen noch aus. An dieser Stelle sei nur nachrichtlich erwähnt, dass das Landesarbeitsgericht ... mit Urteil vom ...12.1992, Az. ..., die außerordentliche Kündigung ... als Hochschulprofessor an der ...-Universität zu ... wegen einer früheren Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter für das MfS bestätigt hat. Das Bundesarbeitsgericht wies mit Beschluss vom ...9.1993, Az. ... die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurück, das Bundesverfassungsgericht die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde mit Urteil vom ...7.1997, Az. ... Der 1. Ausschuss des Deutschen Bundestages hat am ... 7. 2001 im Überprüfungsverfahren gemäß § 44b Abs. 2 AbgG eine inoffizielle Tätigkeit des (PDS-)Abgeordneten Dr. ... für das MfS der DDR als erwiesen festgestellt.

Nicht bestritten ist der im Bericht wiedergegebene Ausschnitt eines Interviews von Prof. ... mit der Zeitschrift „... (...)“ vom ... Januar 2010 zur Frage des Verhältnisses von Mitgliedern der ... zu autonomen Antifagruppen. In diesem Interview spricht ... von Unterschieden, meint aber, dass das Trennende keineswegs überwiege und er immer froh sei, wenn es zu breiten Bündnissen gegen Neonazis komme. Aus dem Kontext des gesamten Interviews (siehe dazu Klageerwiderung, Anlage B59) geht im Gegensatz zur Ansicht der Klägerin klar hervor, dass diese Äußerungen - jedenfalls auch - das Verhältnis zu „gewaltbereiten“ Autonomen meinen. Unmittelbar vor dieser Passage spricht Prof. ... selbst die Solidarisierung des Bundesverbands der ... mit drei Kriegsgegnern an, die im Oktober 2009 wegen Mitgliedschaft in der „... (...)“ sowie wegen versuchter Brandanschläge auf Bundeswehrfahrzeuge in .../... verurteilt wurden. Er stellt in diesem Zusammenhang fest, dass es offenbar auch zunehmend Antimilitaristen gebe, bei denen sich die Meinung durchgesetzt habe, dass die Zerstörung von Kriegswerkzeug der Bundeswehr beispielsweise in Afghanistan konkret Menschenleben retten könne. Auf Nachfrage des Interviewers zur Kritik der Bundestagsabgeordneten ... (Partei DIE LINKE) an dem Prozess gegen die Mitglieder der „...“ begrüßte ... das Engagement ... Unmittelbar nach den zitierten Äußerungen spricht ... von der Verhinderung des geplanten „Naziaufmarsches“ am ... Februar 2010 in ... Dieser Kontext erlaubt die Feststellung im Bericht, Prof. ... habe sich im erwähnten Interview zur Zusammenarbeit mit „gewaltbereiten“ Autonomen geäußert.

Schließlich ist auch die Behauptung im Bericht zutreffend, Prof. ... habe am ... August 2009 in einem Grußwort für die Kampagne „Klassenkampf statt Wahlkampf - Gegen den Notstand der Republik“ „Belege für die staats- und verfassungsfeindliche Grundposition seines Verbandes“ geliefert. ... erklärte in dem Grußwort die Unterstützung der Kampagne, die vom ...9.2009 bis zum ...10.2009 quer durch Deutschland zog und vor dem sowjetischen Ehrenmal in .../... endete, wo Teilnehmer Transparente mit der Aufschrift „Dank euch, ihr Sowjetsoldaten“ zeigten. Der Begriff „Klassenkampf“ ist ein zentraler Terminus der marxistischen Theorie. Im Kampf der gesellschaftlichen Klassen manifestiert sich danach der Widerspruch zwischen den gesellschaftlichen Produktivkräften (dem Entwicklungsstand der Arbeitskraft, der Produktionsmittel und Produktionstechniken) und den Produktionsverhältnissen (bzw. den Eigentumsverhältnissen an den Produktionsmitteln) als Klassengegensatz, welcher durch den Umsturz der bestehenden Klassengesellschaft eine revolutionäre Umwälzung der Produktionsverhältnisse herbeiführt. Das Klassenkampf-Konzept ist mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes nicht vereinbar, was der Bericht zutreffend zum Ausdruck bringt. Das Grußwort von Prof. ..., welches er ausdrücklich in seiner Eigenschaft als Bundesvorsitzender der ..., also als oberster Repräsentant der Vereinigung abgab, muss sich die Klägerin zurechnen lassen.

b) Verfassungsschutzrechtliche Bewertung

aa) Die Wertung im Bericht 2010, bei der Klägerin handle es sich um die größte linksextremistisch, vor allem DKP-beeinflusste Organisation im Bereich des Antifaschismus, wird von den oben dargestellten tatsächlichen Anhaltspunkten getragen.

In Gestalt der beiden Personen ... A. und ... B. bestand eine wesentliche personelle Verschränkung zwischen der DKP und der ... A. war als Landessprecher ein führender Repräsentant der bayerischen Landesvereinigung der ..., B. als Bundessprecher führender Repräsentant der Bundesvereinigung. A. und B. betätigten sich auch als DKP-Mitglieder auf den Politikfeldern der ... (Antifaschismus, Antimilitarismus etc.). Es gab demnach neben dieser personellen Teilidentität auch eine wesentliche politische Verschränkung der Aktivität in den verschiedenen Rollen, mithin auch eine inhaltlich-politische Teilidentität von DKP und ... auf oberster Führungsebene der ... Dieser Einfluss und diese Einwirkung der DKP auf andere Organisationen im Rahmen der Bündnispolitik ist programmatischer Auftrag der DKP. Im Parteiprogramm der DKP heißt es in Abschnitt V („Die Kräfte des Widerstands und des Fortschritts“) unter der Überschrift „Kommunisten und demokratische Bündnisse“ zum Thema Antifaschismus: „Die Mitglieder der DKP sind aktiv in antifaschistischen Organisationen und Bündnissen. Sie suchen die Gemeinsamkeit mit all jenen Kräften - vor allem jungen Menschen -, die sich gegen Faschismus, Rassismus und Krieg für die Rechte der Migrantinnen und Migranten, der Asylsuchenden und gegen weitere Einschränkungen demokratischer Grundrechte einsetzen. Die DKP tritt ein für die Verteidigung des antifaschistischen Erbes - des antifaschistischen Widerstandes 1933 bis 1945, des Kampfes von Antifaschisten nach 1945 in der BRD, der antifaschistischen Positionen der DDR. Sie verteidigt die antifaschistischen Intentionen des Grundgesetzes. Wir fordern gemeinsam mit anderen Antifaschistinnen und Antifaschisten das Verbot sowie die Auflösung aller neofaschistischen Parteien und Organisationen“ (siehe Klageerwiderung, Anlage B37). Die DKP bezeichnet sich ausdrücklich als „antifaschistische Partei“ und die ehemalige DDR als einen Staat, der „konsequent antifaschistisch“ war (Parteiprogramm, Abschnitt VI, DKP - Partei der Arbeiterklasse). Im Hinblick auf die allgemeine rein quantitative personelle Teilidentität zwischen DKP und ... ist festzuhalten, dass nach statistischen Angaben der DKP immerhin 14% der DKP-Mitglieder auch Mitglieder der ... sind, von denen ca. 30% Funktionen ausüben (siehe DKP-Organ „...“ in der Klageerwiderung, Anlage B21).

Dass es sich bei der DKP um eine nach den Worten des Berichts 2010 „linksextremistische“ Partei handelt, ist einheitliche Erkenntnislage der Verfassungsschutzbehörden und der Rechtsprechung. Danach ist die DKP eine klassisch marxistisch-leninistisch ausgerichtete verfassungsfeindliche Partei, deren Ziel nach wie vor die revolutionäre Überwindung des bestehenden Systems auch mit dem Mittel des Klassenkampfes zum Zweck der Errichtung einer sozialistisch/kommunistischen Gesellschaftsordnung ist (zur Rechtsprechung siehe etwa BAG v. 13.10.1988, Az. 6 AZR 14/85; BVerwG v. 1.2.1989, Az. 1 D 2.86; OVG NRW v. 13.2.2009).

bb) Ebenso nicht zu beanstanden ist die weitere Bewertung im Bericht 2010, in der ... werde ein kommunistisch orientierter Antifaschismus verfolgt, der in dieser Form nicht nur dem Kampf gegen Rechtsextremismus diene, sondern der alle nicht-marxistischen Systeme - also auch die parlamentarische Demokratie - als potenziell faschistisch, zumindest aber als zu bekämpfende Vorstufe zum Faschismus betrachte.

Diese Wertung rechtfertigt sich bereits aus dem dargestellten ganz erheblichen Einfluss der DKP auf die ... Daraus folgt die spezifisch kommunistische Färbung und Interpretation des Antifaschismus-Begriffs der DKP auch innerhalb der ..., der sich wesentlich vom bürgerlich-liberal geprägten Antifaschismus-Begriff unterscheidet. Nach der kommunistisch orientierten Antifaschismus-Theorie sind bürgerliche Demokratie und Faschismus nur verschiedene Ausprägungen des Kapitalismus; in Zeiten einer Bedrohung wandle sich die bürgerliche Demokratie in eine faschistische Diktatur. Folgerichtig führen danach nur die Abschaffung des Kapitalismus und die damit verbundene Überwindung aller Klassengegensätze zur Abschaffung des Faschismus. Echter Antifaschismus muss danach bei der kapitalistischen bürgerlichen Gesellschaftsordnung ansetzen.

Als maßgeblicher Vertreter der marxistischen Faschismustheorie innerhalb der ... kann Prof. Dr. ... angesehen werden. Dieser hielt auf dem 4. Bundeskongress der ... am ...4.2011 eine Rede zur Eröffnung der Schwerpunktdebatte (siehe eigene Dokumentation des Kongresses in Klageerwiderung, Anlage B9). Darin führt er u. a. aus: „Faschismus ist im Deutschen ein mehrdeutiges Wort: es bezeichnet eine Organisation, Bewegung oder Partei, eine Ideologie und eine Staatsform, die faschistische Diktatur genannt wird. Und diese Diktatur ist eine der denkbaren, möglichen und verwirklichten Ausprägungen bürgerlicher Herrschaft. Das ist das Wesen der Sache und des Streits. Eine Ausprägung neben anderen: der konstitutionellen Monarchie, der parlamentarischen Republik oder auch dieser oder jener Form autokratischer Herrschaft. In welchen Formen die bürgerliche Gesellschaft ihren staatlichen Rahmen findet, hängt nicht in erster Linie von Überzeugungen ab, wiewohl die beim Handeln von Menschen immer im Spiele sind, sondern davon, welche von ihnen den in der Gesellschaft dominierenden Interessen und deren Verfechtern dient, sie fördert und womöglich auch sichert“. Dieses spezifische Verständnis von „Antifaschismus“ der DKP und in der ... erinnert an den „Antifaschismus“ als Staatsdoktrin der ehemaligen DDR, wonach alle nicht-sozialistischen Staaten, also auch die Bundesrepublik Deutschland, „faschistisch“ waren (siehe auch die Bezeichnung der ehemaligen Berliner Mauer als „antifaschistischer Schutzwall“). Es setzt sich fort in den zu Beginn der 1980er-Jahre entstandenen ...-Gruppen, die sich auch auf die autonome Szene erstrecken. Nach verfassungsschutzrechtlicher Bewertung des Bundes (siehe etwa Verfassungsschutzbericht 2010 des Bundesministeriums des Innern, Internet) ist das Ziel der sogenannten Antifaschismus-Arbeit - in linksextremistischen Organisationen - „der Kampf gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung als kapitalistisches System, um die angeblich diesem Gesellschaftssystem immanenten Wurzeln des Faschismus zu beseitigen“; die Bekämpfung des Rechtsextremismus sei dabei lediglich eine vordergründige Aktivität. Die in diesem Zusammenhang oft geäußerte Parole „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“ (siehe hierzu ausführlich Klageerwiderung, Abschnitt 1.4.3.6) erscheint damit in einem anderen Licht. Wie der Beklagte zutreffend ausführt, dient die Parole schlicht der Bekämpfung und Diskreditierung missliebiger anderer Meinungen. Die Deutungshoheit darüber, was unter „Faschismus“ zu verstehen ist, nehmen die genannten Gruppen für sich in Anspruch.

cc) Die Behauptung im Bericht 2010, die ... arbeite auch mit gewaltorientierten autonomen Gruppen zusammen, wurde bereits oben unter a) dd) und ee) im Zusammenhang mit der Unterstützung von Blockadeaktionen in ... gegen genehmigte Versammlungen und der Solidarisierung mit gewaltbereiten Mitgliedern der „... (...)“ sowie Äußerungen von Prof. Dr. ... als zutreffend erkannt.

c) Verhältnismäßigkeit der Berichterstattung

Die Berichterstattung im Bericht 2010 genügt auch den dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit.

Insbesondere ist die Berichterstattung in Abwägung des öffentlichen Informationsinteresses und der privaten Belange der Klägerin nicht unzumutbar. Bei der ... handelt es sich um die bundesweit größte linksextremistisch beeinflusste Organisation des Antifaschismus, so dass schon von daher eine Berichterstattung geboten erscheint. Unzumutbare Nachteile für die Klägerin sind nicht ersichtlich, insbesondere vor dem Hintergrund der über dreißigjährigen im wesentlich gleichen Berichterstattung bis zum Jahr 2009, gegen die sich die Klägerin niemals gerichtlich zur Wehr gesetzt hat.

2. Verfassungsschutzberichte 2011, 2012 und 2013

Die Verfassungsschutzberichte für die Jahre 2011, 2012 und 2013 wiederholen im Wesentlichen die verfassungsschutzrechtlichen Bewertungen im Bericht 2010 und bringen zur Stützung der Bewertungen teilweise dieselben tatsächlichen Anhaltspunkte vor, ergänzen diese aber um aktuelle und ebenso zutreffende Fakten. Zum Vorwurf der Zusammenarbeit mit gewaltorientierten autonomen Gruppen zitieren die Berichte 2011 und 2012 einen Auszug aus einem weiteren Interview mit Prof. Dr. ... mit dem Titel „Es geht um die Verfasstheit dieser Gesellschaft“ in der Tageszeitung „... (...) vom ... 2011 (Internet-Fassung, siehe dazu Klageerwiderung, Anlage B48). Wie bei dem schon behandelten Interview mit dieser Zeitschrift vom ...1.2010 (siehe Klageerwiderung, Anlage B59) geht aus dem Kontext des Gesamtinterviews eindeutig hervor, dass hierbei die Frage der Zusammenarbeit mit „gewaltorientierten“ autonomen Gruppen inmitten steht, die Prof. Dr. ... nicht generell auszuschließen vermag. In diesem Interview bekräftigt ... erneut seine positive Beurteilung von Massenblockaden gegen genehmigte Veranstaltungen und sieht in diesen Aktionsformen ein „zukünftiges antifaschistisches Erfolgsrezept“. Im Bericht 2012 wird zu dieser Thematik ein Ausschnitt eines weiteren Interviews mit Prof. Dr. ... mit dem Titel „Wir lassen uns nicht einschüchtern“ in der „...“ vom ...1.2012 (zum Ausdruck siehe Bl. 290a der Gerichtsakte) gebracht. In diesem Interview verstärkt ... erneut sein Eintreten für Massenblockaden gegen genehmigte Veranstaltungen. Er ruft als Bundesvorsitzender der ... „ausdrücklich“ zur Beteiligung an den in ... geplanten „antifaschistischen Massenblockaden“ auf. Im Zusammenhang mit polizeilichen Maßnahmen gegen Teilnehmer früherer Blockadeaktionen, die im Interview als massive staatliche Kriminalisierung der linken Demonstranten qualifiziert werden, erklärt ..., dass die ...-Mitglieder mit allen solidarisch seien, die von der staatlichen Repressionswelle betroffen seien. ... erklärt weiter, dass sich die Mitglieder auch nicht von „martialisch ausgerüsteten Polizeibeamten, Wasserwerfern und Pfefferspray abhalten“ ließen. Deutlicher kann man kaum die Nähe zu illegalen Gewaltmaßnahmen und die aktive Teilnahme daran sogar gegenüber den staatlichen Sicherheitskräften zum Ausdruck bringen. Im Bericht 2013 wird im Zusammenhang mit der Thematik des Verhältnisses der ... zur Gewalt ein bayernweites „... Jugendcamp“ in der Nähe von ... erwähnt, das von der im Verfassungsschutzbericht als verfassungsfeindliche gewaltbereite autonome Gruppe qualifizierten Organisation „...-...“ und dem ... im September 2013 organisiert wurde. Auf dem Programm des Jugendcamps stand neben der Vermittlung marxistischer Theorien auch ein „Blockadetraining“. Zu diesem Sachverhalt hat sich die Klägerin nur insoweit eingelassen, als dass das Jugendcamp von prominenten Persönlichkeiten, wie z. B. von ..., unterstützt worden sei. An der linksextremistischen gewaltorientierten Ausrichtung des Camps ändert dieser Einwand freilich nichts.

Insgesamt lässt sich deshalb feststellen, dass auch die Berichterstattung für die Jahre 2011, 2012 und 2013 zu Recht erfolgt ist.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,00 festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.