Verwaltungsgericht Minden Urteil, 27. Juli 2016 - 11 K 544/14
Tenor
Der Teilrücknahmebescheid vom 21.01.2014 wird aufgehoben.
Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldner können die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in dieser Höhe leisten.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger beantragten am 06.05.2010 die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides für eine Windenergieanlage des Typs Enercon E-82 E2 in C. X. , Gemarkung G. , Flur 1, Flurstück 2 (im Folgenden als WEA 40 bezeichnet), „hinsichtlich der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens und seiner Vereinbarkeit mit den militärischen Belangen und den Belangen des Luftverkehrs“. Ausweislich des Antragsformulars war u.a. ein Turbulenzgutachten beigefügt. In den Verwaltungsvorgängen befindet sich auf diesem Gutachten ein Eingangsstempel vom 25.08.2010 (Bl. 12 BA I). Das Gutachten der F2E vom 23.02.2010 bestätigt die Standsicherheit der von den Klägern geplanten Anlage unter Berücksichtigung von standortspezifischen detaillierten Lastrechnungen der Enercon.
3Nachdem der Beklagte sie mit Schreiben vom 12.05.2010 darauf hingewiesen hatte, dass die Unterlagen mit Blick auf die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens unvollständig seien, legten die Kläger am 25.08.2010 eine Umweltverträglichkeitsstudie und eine Schallimmissionsprognose vor.
4Die Beigeladene beantragte unter dem 29.06.2010 – ebenfalls für eine Anlage Enercon E-82 E2, im Folgenden: WEA 26 – eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für einen ca. 207 m südwestlich der WEA der Kläger gelegenen Standort und reichte am 14.09.2010 ein Turbulenzintensitätsgutachten ein, das die von den Klägern geplante Anlage nicht berücksichtigte. Unter dem 11.10.2010 hörte der Beklagte die Beigeladene zu seiner Absicht an, den Antrag abzulehnen, weil der Anlagenstandort außerhalb einer ausgewiesenen Windvorrangzone liege. Nach weiterem Schriftwechsel beantragte die Beigeladene mit Schreiben vom 25.05.2012, das Verfahren bis auf Widerruf ruhend zu stellen.
5Den Vorbescheidsantrag der Kläger hatte der Beklagte mit Bescheid vom 15.03.2011 abgelehnt, weil der Standort der WEA 40 ebenfalls außerhalb einer ausgewiesenen Windvorrangzone lag. Im Rahmen der gegen den Ablehnungsbescheid erhobenen Anfechtungsklage wiesen die Kläger darauf hin, dass es sich bei dem vorgesehenen Standort „um den aus Turbulenzintensitätsgründen letzten möglichen Windenergieanlagenstandort“ handele (Schriftsatz vom 05.04.2011 im Klageverfahren 11 K 762/11, Bl. 59 BA I). Der Ablehnungsbescheid wurde vom Beklagten im Rahmen dieses Klageverfahrens aufgehoben, nachdem das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen im Rahmen eines anderen Verfahrens festgestellt hatte, dass die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB durch die im Flächennutzungsplan der Stadt X. ausgewiesenen Vorrangzonen nicht eingetreten ist (Urteil vom 20.11.2012 - 8 A 430/10 -).
6Mit Schreiben vom 09.05.2013 erklärten die Kläger, dass auch die immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit (Schall und Schattenschlag) sowie die Zulässigkeit unter Turbulenzintensitätsgesichtspunkten festgestellt werden solle (Bl. 159 BA I). Mit Schreiben vom 10.05.2013 teilten sie mit, dass zum Schutz der örtlichen Rotmilanpopulation über den Betrieb tagsüber (Morgendämmerung bis Sonnenuntergang) in der Zeit vom 01.03. bis 31.07. eines Jahres nicht entschieden werden solle.
7Das Bauamt des Beklagten führte in einer internen Stellungnahme vom 24.06.2013 aus, mit dem Gutachten der F2E aus Februar 2010 sei der erforderliche Nachweis, dass eine Gefährdung der Standsicherheit nicht bestehe, erbracht. Damit sei der Aspekt der Turbulenzen im Rahmen der Genehmigungsvoraussetzungen abschließend berücksichtigt; weiterer Nachweise bedürfe es „bezogen auf den beantragten Anlagentyp mit zugehöriger Typenstatik“ nicht.
8Unter dem 17.07.2013 erteilte der Beklagte den Klägern einen „Vorbescheid hinsichtlich der planungs- und immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeit, der Vereinbarkeit mit den militärischen Belangen und den Belangen des Luftverkehrs sowie der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit nur in Bezug auf die Turbulenzintensität“. Unter Bezugnahme auf den Antrag der Kläger vom 06.05.2010 und dessen Ergänzung vom 09.05.2013 stellt der Bescheid im Tenor fest, dass „die Genehmigungsvoraussetzungen bzgl. der
9- planungsrechtlichen Zulässigkeit – mit der Einschränkung: Im Zeitraum 01.03. bis 31.07. eines Jahres nur in der Zeit von Sonnenuntergang bis Morgendämmerung –,
10- Vereinbarkeit mit den militärischen Belangen,
11- Belange des Luftverkehrs,
12- Immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit (Schall, Schattenwurf) und
13- Turbulenzintensität“
14für den Anlagenstandort vorliegen.
15Die Anträge vom 06.05.2010 und 09.05.2013 wurden ebenso wie das Turbulenzgutachten vom 23.02.2010 unter „II. Antragsunterlagen“ zum Bestandteil des Vorbescheides und bestimmend für dessen Inhalt und Umfang erklärt. Unter „Hinweise“ wird ausgeführt, dass mit dem Antrag auf Genehmigung die standortspezifischen Angaben und Nachweise zur Prüfung vorzulegen seien, z.B. Standsicherheitsnachweis und Turbulenzgutachten. Weiter heißt es: „Der Vorbescheid behandelt ausschließlich die grundsätzliche planungsrechtliche Zulässigkeit der Baumaßnahme (Bebauungsgenehmigung). Die bauordnungsrechtlichen Belange waren nicht Gegenstand dieser Prüfung. Sie sind im Baugenehmigungsverfahren zu berücksichtigen.“
16Die Beigeladene erhob am 12.09.2013 Widerspruch gegen den den Klägern erteilten Vorbescheid mit der Begründung, ihr Genehmigungsantrag gehe deren Vorbescheidsantrag vor.
17Das Widerspruchsschreiben der Beigeladenen wurde den Klägern unter dem 16.09.2013 „zu Ihrer Information“ und unter Hinweis auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs übersandt. Bereits mit Schreiben vom 22.08.2013 hatte der Beklagte den Klägern auf eine entsprechende Anfrage mitgeteilt, dass betreffend die WEA 26 von der Beigeladenen ein Turbulenzgutachten angefordert worden sei, das die WEA 40 berücksichtige.
18Mit Bescheid vom 21.01.2014 nahm der Beklagte den Vorbescheid vom 17.07.2013 insoweit zurück, als dieser „die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit im Hinblick auf die Turbulenzintensität feststellt“. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Kläger hätten erst mit Schreiben vom 09.05.2013 ihren Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides dahingehend erweitert, dass auch die Zulässigkeit unter Turbulenzintensitätsgesichtspunkten festgestellt werden sollte. Das Turbulenzgutachten sei zwar bereits am 25.08.2010 bei ihm eingegangen; eine Änderung des Vorbescheidsantrags sei damit aber nicht verbunden gewesen. Eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Anlage im Hinblick auf die Turbulenzintensität hätte daher ohne Berücksichtigung der Anlage der Beigeladenen nicht getroffen werden dürfen, sodass der Vorbescheid rechtswidrig sei, soweit es die Zulässigkeit im Hinblick auf die Turbulenzintensität feststelle. Bliebe es bei dem Vorbescheid, müssten die aus Gründen der Turbulenzintensität absehbar notwendigen Betriebsregelungen (Abschaltungen) von der Beigeladenen getroffen werden. Infolge der Teilrücknahme müssten diese Abschaltungen an der Anlage der Kläger vorgenommen werden.
19Der Rücknahmebescheid wurde den Prozessbevollmächtigten der Kläger am 29.01.2014 zugestellt. – Der Beigeladenen wurde unter Hinweis auf den Rücknahmebescheid am 05.02.2014 ein stattgebender Widerspruchsbescheid erteilt.
20Mit weiterem Bescheid vom 21.01.2014 erteilte der Beklagte der Rechtsnachfolgerin der Kläger auf deren Antrag vom 01.08.2013 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die WEA 40. Als Bedingung ist unter A) 3. die Vorlage eines die WEA 26 berücksichtigenden Turbulenzgutachtens enthalten. Die Festsetzung von nach diesem Gutachten evt. erforderlichen Betriebseinschränkungen, die „die Standsicherheit aller Anlagen im Einwirkbereich der Turbulenzen (…) gewährleisten“ sollen, ist Gegenstand des Auflagenvorbehalts unter B) 1.). – Die Genehmigung wurde den Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen am 07.02.2014 zugestellt (Bl. 128 BA I). Klage wurde nicht erhoben.
21Die WEA 26 der Beigeladenen wurde ebenfalls unter dem 21.01.2014 immissionsschutzrechtlich genehmigt. Die Kläger bzw. deren Rechtsnachfolgerin erhoben hiergegen Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist.
22Inzwischen liegen sowohl der Standort der WEA 26 der Beigeladenen als auch der Standort der WEA 40 der Kläger innerhalb einer im Flächennutzungsplan der Stadt C. X. ausgewiesenen Windvorrangzone.
23Die Kläger haben am 25.02.2014 Klage gegen den Teilrücknahmebescheid vom 21.01.2014 erhoben.
24Außerdem hat die Rechtsnachfolgerin der Kläger am 21.02.2014 im Verfahren 11 K 494/14 Klage gegen die Nebenbestimmungen A) 3. und B) 1. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 21.01.2014 erhoben.
25Die Kläger machen geltend, nach der Rechtsauffassung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts sei auf einen Vorbescheidsantrag für Windenergieanlagen durch nachfolgend beantragte Anlagen in jedem Fall auch im Hinblick auf die mögliche Beeinträchtigung der Standsicherheit Rücksicht zu nehmen. Danach komme es vorliegend nicht darauf an, ob und wann die Feststellung der Zulässigkeit unter Turbulenzintensitäts- bzw. Standsicherheitsaspekten ausdrücklich beantragt worden sei. Unabhängig davon sei mit dem Vorbescheidsantrag aber ein Turbulenzgutachten in sechsfacher Ausfertigung vorgelegt worden, das alle zum Zeitpunkt der Antragstellung vorhandenen Vorbelastungen durch bereits errichtete oder beantragte Anlagen berücksichtigt habe. Bei sachgerechter Auslegung erfasse der Vorbescheidsantrag damit auch die Feststellung der Zulässigkeit unter Turbulenzintensitätsgesichtspunkten. Erst im Laufe des Jahres 2013 hätten Gespräche mit dem Beklagten gezeigt, dass dieser in Bezug auf Turbulenzen eine ausdrückliche Antragstellung für geboten halte. Nur vor diesem Hintergrund sei der Antrag mit Schreiben vom 09.05.2013 ergänzt worden.
26Soweit sie gegenüber dem Beklagten unter dem 15.04.2014 eine mögliche Standortverschiebung um 6 m in nördlicher Richtung angekündigt hätten, solle diese nur erfolgen, wenn sie auf die Anlage der Beigeladenen Rücksicht nehmen müssten (Bl. 35 BA II.
27Während des gerichtlichen Verfahrens legten die Kläger zwei überarbeitete Turbulenzgutachten der F2E vor. Danach sind – auch unter Berücksichtigung der ermittelten effektiven Turbulenzintensitäten in Verbindung mit weiteren ermittelten Windbedingungen für standortspezifische Berechnungen der Betriebslasten der Anlagen durch den Hersteller – zur Gewährleistung der Standsicherheit der WEA 26 und der WEA 40 Betriebsbeschränkungen erforderlich, und zwar entweder durch das Abschalten der turbulenzverursachenden Anlage bei Auftreten der jeweiligen Nachlaufsituation oder durch Abschalten der durch die in der erhöhten Turbulenz der Nachlaufströmung betroffenen Anlage (S. 29 f. des Gutachtens vom 30.04.2014; S. 20 f. des Gutachtens vom 24.06.2016).
28Die Klägerin beantragt,
29den Teilrücknahmebescheid vom 21.01.2014 aufzuheben.
30Der Beklagte beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Er ist der Auffassung, dass der Antrag der Kläger auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides sich seinem Wortlaut nach nicht auf die Prüfung der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit erstreckt habe. Der Teilrücknahmebescheid vom 21.01.2014 stelle zutreffend darauf ab, dass erst am 10.05.2013 beantragt worden sei, auch über die Zulässigkeit hinsichtlich der Turbulenzintensität zu entscheiden. Dass bereits mit dem ursprünglichen Antrag ein Turbulenzgutachten vorgelegt worden sei, sei irrelevant. In der Praxis würden im Vorbescheidsverfahren häufig Unterlagen vorgelegt, die nicht zum eigentlichen Prüfungsumfang gehörten, etwa um auszuschließen, dass ein thematisch begrenzter Vorbescheid ergehe, obwohl das Vorhaben aus anderen Gründen offensichtlich unzulässig sei.
33Mit dem Rücknahmebescheid vom 21.01.2014 habe die Feststellung des Vorbescheides, dass das Vorhaben in Bezug auf Turbulenzintensitäten zulässig sei, zur Gänze beseitigt werden sollen.
34Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
35die Klage abzuweisen.
36Sie ist der Auffassung, die unter dem 21.01.2014 genehmigte WEA 26 genieße gegenüber der WEA 40 der Klägerin unter Turbulenzgesichtspunkten den Vorrang. Maßgeblich für die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses zwischen den beiden Anlagen sei die Tatsache, dass sie im Unterschied zu den Klägern von vornherein einen Vollbescheid beantragt habe. Eine immissionsschutzrechtliche (Voll-)Genehmigung sei darauf ausgerichtet, dass unmittelbar nach deren Erlass mit der Ausführung des Vorhabens begonnen werden könne. Das Vorbescheidsverfahren sei dagegen sowohl in verfahrensrechtlicher als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht durch das Fortbestehen des Genehmigungserfordernisses gekennzeichnet.
37Das von ihr im Verwaltungsverfahren vorgelegte Turbulenzgutachten habe die Anlage der Kläger auch deshalb zutreffenderweise nicht berücksichtigt, weil Gegenstand des Vorbescheidsantrags vom 06.05.2010 lediglich die planungsrechtliche Zulässigkeit und die Vereinbarkeit mit militärischen und luftverkehrsrechtlichen Belangen gewesen sei.
38Der Vorbescheid vom 17.07.2013 sei in Bezug auf die Klärung der Turbulenzintensität indifferent, zumindest in sich so widersprüchlich, dass er keine hinreichend eindeutige Entscheidung enthalte, die gegen die WEA 26 ins Feld geführt werden könne. Fragen der Turbulenzintensität seien eindeutig solche der bauordnungsrechtlichen Standsicherheit nach § 15 BauO. Bauordnungsrecht sei aber nicht Gegenstand des Prüfbegehrens der Kläger gewesen; dies gelte umso mehr, als eine Typenstatik im Vorbescheidsverfahren nicht vorgelegt worden sei.
39Der Hinweis der Kläger auf die Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts gehe schon deshalb fehl, weil dort zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Vorbescheidsantrag noch keinerlei konkurrierende Windenergieanlagen in Rede gestanden hätten. Insoweit habe keinerlei Anlass bestanden, sich im Vorbescheidsverfahren mit Turbulenzintensitäten auseinanderzusetzen. Das konkurrierende Vorhaben sei erst vier Jahre nach Erteilung des Vorbescheids beantragt worden. Im vorliegenden Fall sei dagegen von vornherein klar gewesen, dass sich Fragen der Anlagenkonkurrenz auch unter Turbulenzaspekten stellen würden.
40Entscheidungsgründe:
41Die Kammer konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten damit einverstanden waren.
42Die Anfechtungsklage hat Erfolg.
43I.
44Sie ist zunächst zulässig.
45Dass für die WEA 40 mit Bescheid vom 21.01.2014 inzwischen eine immissionsschutzrechtliche (Voll-)Genehmigung erteilt worden ist, lässt das Rechtsschutzinteresse der Kläger betreffend die teilweise Rücknahme des Vorbescheides nicht entfallen.
46Nach § 9 Abs. 1 BImSchG soll auf Antrag über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage verbindlich entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheids besteht. Soweit der Vorbescheid damit über das Vorliegen bestimmter Genehmigungsvoraussetzungen entscheidet, bindet er als Ausschnitt aus dem feststellenden Teil der Genehmigung die Genehmigungsbehörde für das weitere Genehmigungsverfahren und nimmt insoweit die Entscheidung vorweg.
47Vgl. OVG NRW, Urteile vom 20.11.2012 – 8 A 252/10 –, juris Rn. 36, und vom 09.12.2009 – 8 D 12/08.AK –, juris Rn. 144 m.w.N.
48Die durch den Vorbescheid vom 17.07.2013 getroffenen Feststellungen sind in die Genehmigung vom 21.01.2014 auch nicht im Sinne eines sog. Zweitbescheides erneut aufgenommen worden. Während der Vorbescheid – u.a. – die planungs- und immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens sowie dessen bauordnungsrechtliche Zulässigkeit in Bezug auf die Turbulenzintensität feststellt, liegt den Nebenbestimmungen A) 3. und B) 1. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung die gegenteilige Annahme zugrunde, nämlich, dass die Anlage der Kläger auf die WEA 26 der Beigeladenen unter Turbulenzgesichtspunkten Rücksicht zu nehmen hat. Da die Bindungswirkung des Vorbescheids dem Erlass dieser – im Übrigen im Verfahren 11 K 494/14 angefochtenen – Nebenbestimmungen entgegensteht, falls der streitgegenständliche Rücknahmebescheid aufzuheben ist, liegt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Anfechtungsklage vor.
49II.
50Die Anfechtungsklage ist auch begründet. Der Teilrücknahmebescheid vom 21.01.2014 ist formell und materiell rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
511.
52Der Rücknahmebescheid vom 21.01.2014 genügt allerdings den nach § 37 Abs. 1 VwVfG NRW zu stellenden – formellen – Anforderungen an seine Bestimmtheit. Soweit man mit Blick auf die Formulierung im Bescheidtenor, wonach der Vorbescheid vom 17.07.2013 insoweit zurückgenommen wird, „wie er die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit im Hinblick auf die Turbulenzintensität feststellt“, Zweifel an seinem Regelungsgehalt haben kann, ergibt sich aus der Begründung hinreichend deutlich, dass der Vorbescheid hinsichtlich sämtlicher Feststellungen betreffend Turbulenzaspekte beseitigt werden sollte, unabhängig davon, ob diese dem Bereich des Bauordnungs-, Bauplanungs- oder Immissionsschutzrechts zuzuordnen sind. Der Beklagte war erkennbar der Auffassung, dass die Anlage der Beigeladenen dem Vorhaben der Kläger unter Turbulenzaspekten in jeder Hinsicht vorging und daher bei der Beurteilung der von der WEA 40 ausgehenden und auf sie einwirkenden Turbulenzen berücksichtigt werden musste. Dass dies die Zielsetzung des Teilrücknahmebescheides war, hat der Beklagte auch im Erörterungstermin vom 25.01.2016 klar gestellt.
532.
54Der Rücknahmebescheid vom 21.01.2014 ist aber deshalb formell rechtswidrig und deshalb aufzuheben, weil er im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens ergangen ist und die Kläger vor seinem Erlass entgegen § 71 VwGO nicht angehört worden sind.
55Nach § 79 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist Gegenstand der Anfechtungsklage der Abhilfebescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält; als eine zusätzliche selbständige Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern er auf dieser Verletzung beruht. Der auf den Widerspruch der Beigeladenen ergangene Rücknahmebescheid stellt einen Abhilfebescheid dar.
56§ 71 VwGO bestimmt, dass der Betroffene vor Erlass eines Abhilfebescheides gehört werden soll, wenn die Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsakts im Widerspruchsverfahren – wie hier – erstmalig mit einer Beschwer verbunden ist.
57Der Beklagte hat den Klägern das Widerspruchsschreiben der Beigeladenen lediglich zur Information übersandt. Dies genügt nicht, um dem Anhörungserfordernis zu genügen.
58Die Anhörung soll dem Betroffenen Gelegenheit geben, sich zu der anstehenden Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern. Sie muss sich deshalb auf Tatsachen, insbesondere auch auf Ermittlungsergebnisse, sowie auf Rechtsfragen beziehen. Ergeben sich im Widerspruchsverfahren neue Tatsachen oder zeichnet sich eine neue rechtliche Bewertung ab, muss die Behörde den Betroffenen darauf hinweisen.
59Vgl. Dolde/Porsch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO (Stand: Oktober 2015), § 71 Rn. 7 m.w.N.
60Vor dem Erlass des dem Widerspruch abhelfenden und die Kläger erstmalig beschwerenden Rücknahmebescheides wurde den Klägern keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und sie auch nicht darauf hingewiesen, dass der Beklagte auf der Grundlage der Widerspruchsbegründung das Rangverhältnis zwischen den Windenergieanlagen 26 und 40 möglicherweise anders beurteilen würde. Dazu hätte vorliegend jedenfalls deshalb Anlass bestanden, weil den Klägern noch mit Schreiben vom 22.08.2013 mitgeteilt worden war, die Beigeladene müsse die WEA 40 berücksichtigen.
61Dieser Verfahrensfehler ist nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW geheilt worden. Die bloße Durchführung des gerichtlichen Verfahrens genügt nicht, um eine im Verwaltungsverfahren unterbliebene Anhörung nachzuholen. Um dem Anhörungserfordernis nach § 71 VwGO bzw. § 28 VwVfG Rechnung zu tragen, bedarf es einer Handlung, die das Anhörungsrecht vollwertig ersetzt, und damit eines den Rahmen des Prozesses übersteigenden Vorgangs. Die Möglichkeit, sich im gerichtlichen Verfahren zu äußern, heilt einen vorherigen Anhörungsmangel nicht.
62Vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 76, 86.
63Die unterbliebene Anhörung ist schließlich nicht nach § 46 VwVfG bzw. deshalb irrelevant, weil der Abhilfebescheid nicht i.S.d. § 79 Abs. 2 Satz 2 VwGO auf dem Verfahrensmangel beruht. Die Rücknahme des von der Beigeladenen mit Widerspruch angefochtenen Vorbescheids stellte eine Ermessensentscheidung dar, vgl. § 48 Abs. 1 VwVfG NRW, und es ist nicht auszuschließen, dass der Beklagte nach ordnungsgemäßer Anhörung der Kläger eine andere Entscheidung getroffen hätte.
64Vgl. zu diesem Maßstab Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 79 Rn. 50 m.w.N.; Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O. § 79 Rn. 15 m.w.N.
653.
66Schließlich ist der Teilrücknahmebescheid vom 21.01.2014 materiell rechtswidrig. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Vorbescheids liegen nicht vor.
67Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach Satz 2 darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
68Der den Klägern erteilte Vorbescheid vom 17.07.2013 ist, soweit er die Feststellung enthält, dass die (bauordnungsrechtliche) Zulässigkeit im Hinblick auf Turbulenzintensität gegeben ist, nicht rechtswidrig. Der Vorbescheidsantrag der Kläger erstreckte sich auf die bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Zulässigkeit ihres Vorhabens unter Turbulenzaspekten (a)), und die diesbezügliche Feststellung ist mit dem Vorbescheid auch mit Blick auf die Anlage der Beigeladenen zu Recht getroffen worden (b)).
69a)
70Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ist der Vorbescheidsantrag vom 06.05.2010 dahingehend auszulegen, dass die Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich der Turbulenzintensitäten umfassend festgestellt werden sollte. Eine Differenzierung zwischen Bauplanungs-, Bauordnungs-, oder Immissionsschutzrechtrecht war in diesem Zusammenhang nicht beabsichtigt.
71Nach § 23 der 9. BImSchV muss der Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides außer den in § 3 genannten Angaben insbesondere die bestimmte Angabe enthalten, für welche Genehmigungsvoraussetzungen oder für welchen Standort der Vorbescheid beantragt wird. § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV verlangt, dass dem Antrag die Unterlagen beizufügen sind, die zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich sind.
72Entscheidend bei der Auslegung des Antrags der Kläger vom 06.05.2010 ist nach Auffassung der Kammer zweierlei: Dem Antrag war ein Turbulenzgutachten in sechsfacher Ausfertigung beigefügt bzw. dieses am 25.08.2010 nachgereicht worden und dieses stellte fest, dass die Standsicherheit der Anlage der Kläger unter Berücksichtigung der entsprechenden Lastrechnungen gewährleistet ist (S. 3 des Gutachtens der F2E aus Februar 2010). Außerdem war der Antrag nach seinem Wortlaut auf eine verbindliche Feststellung des Beklagten zur – standortbezogenen – bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens gerichtet.
73Der Vorlage des die Standsicherheit der Anlage bejahenden Turbulenzgutachtens kommt deshalb wesentliche Bedeutung zu, weil der vorgesehene Standort der WEA 40 im Hinblick auf die Standsicherheit bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung unter Turbulenzgesichtspunkten kritisch war. Aufgrund des Standorts des Vorhabens, der seinerzeit nicht innerhalb einer Windvorrangzone lag, aber sowohl nach Norden als auch nach Süden mit einem Abstand von ca. 300 m an eine bereits ausgewiesene, östlich gelegene hufeisenförmige Vorrangzone grenzte, und der bereits vorhandenen bzw. geplanten weiteren Windenergieanlagen in diesem Gebiet lag die Frage nach der Turbulenzbelastung ohne Weiteres nahe; die Kläger hatten darauf auch im April 2011 im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens 11 K 762/11 hingewiesen. Einen diesen Aspekt nicht berücksichtigenden und nur auf die Vereinbarkeit mit der Flächennutzungsplanung gerichteten Vorbescheid zu beantragen, machte vor diesem Hintergrund keinen Sinn. Dies verstärkt die Bedeutung, die der Vorlage des Turbulenzgutachtens mit dem Vorbescheidsantrag für dessen Verständnis durch den Beklagten haben musste. Lediglich ergänzend sei insoweit angemerkt, dass § 2 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV der Genehmigungsbehörde aufgibt, den Antragsteller im Hinblick auf die Antragstellung zu beraten.
74Soweit die Beigeladene darauf verwiesen hat, dem Antrag sei die für die Prüfung der (bauordnungsrechtlichen) Standsicherheit erforderliche Typenstatik nicht beigefügt gewesen, verkennt sie, dass dem Gutachten der F2E detaillierte Lastrechnungen der Enercon und damit eine besondere, nämlich die konkrete Lasten der Anlagen berücksichtigende Statik zugrunde lag.
75Diese Reichweite des Vorbescheidsantrags der Kläger ergibt sich des Weiteren daraus, dass der Antrag auf die Feststellung der planungsrechtlichen Zulässigkeit gerichtet war und – und das ist entscheidend – Turbulenzen schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und damit planungsrechtlich relevant sein können.
76Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt ein der planungsrechtlichen Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich nach Absatz 1 entgegenstehender öffentlicher Belang vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird.
77Turbulenzen sind ähnliche Umwelteinwirkungen und damit Immissionen i.S.d. § 3 Abs. 2 BImSchG,
78vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 01.02.2000 – 10 B 1831/99 –, juris Rn. 43,
79und damit im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB zu berücksichtigen, der insoweit das Gebot der Rücksichtnahme konkretisiert. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB bezweckt den Schutz baulicher Anlagen und ihrer Nutzung gegen Immissionen, die entweder die bauliche Anlage selbst oder ihre Nutzung beeinträchtigen.
80Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 01.02.2000, a.a.O. Rn. 27.
81Die Voraussetzungen nach § 35 Abs. 3 BauGB werden üblicherweise als bauplanungsrechtliche Anforderungen verstanden.
82Im Rahmen der bauordnungsrechtlichen Regelungen in §§ 15 Abs. 1 oder 18 Abs. 3 BauO NRW stellt sich die Frage nach Turbulenzintensitäten konkret unter dem Aspekt der Standsicherheit. Eine Anlage muss nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauO am vorgesehenen Standort für sich allein standsicher sein; ebenso darf sie die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen nicht gefährden, Satz 2. § 18 Abs. 3 BauO NRW erfasst dabei auch Gefahren, die durch die Nutzung der neuen baulichen Anlage entstehen. Wie nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB ist es, wenn Turbulenzen in Rede stehen, bauordnungsrechtlich ebenfalls erforderlich, sowohl die von einer Anlage ausgehenden als auch die auf sie einwirkenden Umwelteinwirkungen zu betrachten. Sowohl der Umfang der Prüfung nach §§ 15, 18 BauO NRW als auch die aus deren Ergebnis zu ziehenden rechtlichen Konsequenzen entsprechen insoweit weitgehend denjenigen nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Solange sie die Standsicherheit nicht gefährden, handelt es sich nicht um nach § 3 BImSchG abwehrfähige Immissionen.
83So Rolshoven, „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst? – zum Prioritätsprinzip bei konkurrierenden Genehmigungsanträgen“, NVwZ 2006, 516 (518); vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 09.07.2003 – 7 B 949/03 –, juris Rn. 16: „Hinsichtlich der behaupteten Beeinträchtigungen, die von der Erhöhung der natürlichen Turbulenzintensität durch die Windenergieanlage des Beigeladenen ausgingen, ergibt sich aus § 22 BImSchG kein weitergehender Anspruch als nach den §§ 15, 18 BauO NRW.“
84Stehen damit bauplanungsrechtlich schädliche Umwelteinwirkungen durch Turbulenzen in Rede, stellt sich die dem Bauordnungsrecht zugeordnete Frage nach der Standsicherheit gleichermaßen.
85Die Zielsetzungen des Bauplanungsrechts einer- und des Bauordnungsrechts andererseits ermöglichen keine an diese Begrifflichkeiten anknüpfende sinnvolle Differenzierung, soweit es um Turbulenzen bzw. deren Auswirkungen geht. Das öffentliche Bau-(Planungs-)Recht zielt unter anderem darauf ab, mögliche Konflikte bei der Nutzung von Grundstücken zu verhindern oder sachangemessen zu bewältigen. Das öffentliche Bau-(Ordnungs-)Recht will Gefahren abwehren, die von der Nutzung von Grundstücken, insbesondere von dort zu errichtenden baulichen Anlagen ausgehen können. Insgesamt dienen die Vorschriften des öffentlichen Baurechts, soweit sie mit Blick auf Nachbargrundstücke und deren Nutzung erlassen worden sind, dem Ausgleich der Interessen. Aufgrund dessen kann ein Vorhaben gegen die Standsicherheitsvorschriften in den Landesbauordnungen verstoßen und zugleich das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verletzt sein.
86So OVG R-P, Beschluss vom 21.03.2014 – 8 B 10139/14.OVG –, juris Rn. 15; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 09.07.2003, a.a.O. Rn. 22, wonach eine Baugenehmigung einerseits gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW, andererseits gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und das darin enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstoßen kann.
87Der regelmäßig sowohl bauplanungs- als auch bauordnungsrechtlichen Relevanz von Turbulenzen trägt auch der „Erlass für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung (Windenergie-Erlass)“, Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz VII-3 – 02.21 WEA-Er. 15, des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr VI A I – 901.3/202 und der Staatskanzlei III B 4 – 30.55.03.01 vom 04.11.2015 (MBl. NRW. 2016, S. 321) Rechnung. Dort wird unter Bezugnahme auf den Beschluss des OVG NRW vom 01.02.2000 unter „ 5.2.2.3 Entgegenstehen öffentlicher Belange (§ 35 Abs. 3 BauGB)“ ausgeführt: „Aus dem Rücksichtnahmegebot kann sich auch das Erfordernis von Abständen von Windenergieanlagen untereinander ergeben. (…) In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass auch aus Gründen der Standsicherheit Abstände erforderlich sind (siehe Nr. 5.2.3.4).“
88Während die Ausführungen unter Nr. 5.2.2.3 dem Abschnitt 5.2.2 „Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit“ unterfallen, ist die Regelung unter Nr. 5.2.3.4 dem Abschnitt 5.2.3 „Bauordnungsrechtliche Anforderungen“ zugeordnet.
89Vor diesem Hintergrund erfasste der Antrag der Kläger vom 06.05.2010 die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf Turbulenzen, ohne dass zwischen Bauplanungsrecht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB) und Bauordnungsrecht (§§ 15 Abs. 1, 18 Abs. 3 BauO) zu differenzieren war. Das Schreiben der Kläger vom 09.05.2013 stellt dies im Hinblick auf Turbulenzintensitäten lediglich klar, nachdem, wie die Kläger unwidersprochen vorgetragen haben, für sie erkennbar geworden war, dass der Beklagte ihren Vorbescheidsantrag bislang anders verstanden hatte.
90b)
91Auf den in diesem Sinne umfassend zu verstehenden Antrag der Kläger hat der Beklagte den Vorbescheid vom 17.07.2013 für die WEA 40 zu Recht – auch – auf die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit in Bezug auf die Turbulenzintensität erstreckt.
92Der Vorbescheidsantrag der Kläger vom 06.05.2010 ging dem Antrag der Beigeladenen vom 29.06.2010 auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die WEA 26 vor.
93Im Immissionsschutzrecht finden sich keine Regelungen dazu, wie Genehmigungsanträge zu behandeln sind, die sich gegenseitig ganz oder teilweise ausschließen. Es entspricht jedoch anerkannter Auffassung, dass regelmäßig eine Entscheidung nach Maßgabe des sog. Prioritätsprinzips sachgerecht ist. Danach ist – ggf. vorbehaltlich besonderer Einzelfallumstände – die zeitliche Reihenfolge maßgebend, wenn ein geplantes Projekt auf bereits vorhandene Projekte trifft. Dieser Grundsatz gilt insbesondere im Immissionsschutz- und Baurecht.
94Vgl. OVG NRW, Urteil vom 01.12.2011 – 8 D 58/08.AK –, juris Rn. 622 f. unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 – 7 C 77.87 –, BVerwGE 81, 197, juris Leitsatz 4 und Rn. 29; zum Prioritätsprinzip vgl. auch OVG M-V, Beschluss vom 28.03.2008 – 3 M 188/07 –, BauR 2008, 1562, juris Rn. 32.
95Liegt eine sog. echte Konkurrenzsituation vor, hat die Genehmigungsbehörde eine fehlerfreie Ermessensentscheidung darüber zu treffen, in welcher Reihenfolge sie die Anträge bescheidet. Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangen hier eine sachgerechte Auswahl bzw. Reihung unter den sich ausschließenden Genehmigungsanträgen. Dabei erweist sich der Gesichtspunkt der Priorität konkurrierender Anträge grundsätzlich als sachgerechtes Kriterium, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalls eine Abweichung hiervon rechtfertigen.
96Vgl. OVG R-P, Beschluss vom 21.03.2014, a.a.O. Rn. 21 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des OVG Nds., Urteil vom 26.09.1991 – 1 L 74 und 75/91 –, juris Rn. 82; OVG M-V, Beschluss vom 28.03.2008 – 3 M 188/07 –, BauR 2008, 1562 = juris Rn. 31 f.; Thür. OVG, Beschluss vom 17.07.2012 – 1 EO 35/12 –, ZNER 2012, 443 = juris, Rn. 30 f.; vgl. auch: VG Mainz, Beschluss vom 23.11.2012 – 3 L 1610/12.MZ –, S. 3 des Urteilsabdrucks; Rolshoven, a.a.O., S. 520 ff.
97aa)
98Nach Auffassung der Kammer kann ein Vorbescheid bzw. ein auf dessen Erteilung gerichteter Antrag im Rahmen seiner Reichweite mit einer immissionsschutzrechtlichen (Voll-)Genehmigung bzw. einem darauf gerichteten Antrag konkurrieren. Anderenfalls würde ein Vorbescheid, mit dem nach § 9 Abs. 1 BImSchG über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlageverbindlich entschieden werden soll, weitgehend entwertet. Die ihm zukommende Bindungswirkung für ein späteres Genehmigungsverfahren würde entfallen und das mit ihm verfolgte Ziel, unnötige Detailplanungen zu vermeiden, nicht erreicht. Mittels eines Vorbescheids soll der Betreiber einer genehmigungspflichtigen Anlage vorab und verbindlich klären lassen können, ob einzelne Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind, um auf dieser Grundlage entscheiden zu können, ob das Vorhaben überhaupt realisiert und dazu weiterer Planungsaufwand betrieben werden soll. Erforderlichenfalls ist – um keine rechtswidrige Genehmigung in Aussicht zu stellen – die Bindungswirkung des Vorbescheids durch Vorbehalte, insbesondere durch Angabe von Nebenbestimmungen zu der späteren Genehmigung einzuschränken.
99Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.11.2012 – 8 A 252/10 –, juris Rn. 36; Jarass, BImSchG, 11. Auflage 2015, § 9 Rn. 8a, 10.
100Diese Qualität des Vorbescheids rechtfertigt es, bei der Bescheidung konkurrierender Genehmigungs- und Vorbescheidsanträge im Grundsatz ebenso zu verfahren wie bei konkurrierenden Genehmigungsanträgen, wenn nicht ausnahmsweise standortbezogene Genehmigungsvoraussetzungen nicht Gegenstand des Vorbescheids sind.
101Vgl. Thür. OVG, a.a.O. Rn. 26 f.; OVG R-P, Urteil vom 29.01.2015 – 1 A 10676/14 –, juris Rn. 25 ff.; a.A. OVG R-P, Beschluss vom 21.03.2014, a.a.O. Rn. 26.
102bb)
103In Anwendung des Prioritätsprinzips stellt sich die Feststellung im Vorbescheid vom 17.07.2013, dass das Vorhaben der Kläger unter Turbulenzintensitätsgesichtspunkten bauordnungsrechtlich zulässig ist, nicht als rechtswidrig dar. Es ist nicht willkürlich gewesen, dem Antrag der Kläger auf Erteilung eines Vorbescheids gegenüber dem Genehmigungsantrag der Beigeladenen den Vorrang einzuräumen.
104Nach inzwischen wohl herrschender Auffassung kommt es für die Frage, welcher Antragsteller bei konkurrierenden Vorhaben durch das Prioritätsprinzip begünstigt ist, darauf an, wann der jeweilige Antrag prüffähig war.
105Vgl. OVG NRW, Urteil vom 01.12.2011 – 8 D 58/08.AK –, juris Rn. 632 ff. m.w.N.; Maslaton, Windenergieanlagen, S. 130 Rn. 207.
106Im Falle einer Konkurrenz zwischen einem Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides und einem Antrag auf Erteilung einer (Voll-)Genehmigung ist allerdings dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Prüffähigkeit eines umfassenden Genehmigungsantrag umfangreichere Prüfungen und Nachweise vom Antragsteller erfordert, als ein Vorbescheidsantrag. Bei einem Vorbescheidsantrag, der sich lediglich auf eine Genehmigungsvoraussetzung erstrecken soll, ist Vollständigkeit
107– vgl. Thür. OVG, a.a.O. Rn. 31; OVG R-P, Beschluss vom 21.03.2014, a.a.O. Rn. 23 f.; VG Aachen, Beschluss vom 02.03.2015 – 6 L 27/15 – juris Rn. 50 f.; Maslaton, a.a.O. Rn. 209 –
108und damit Prüffähigkeit deutlich einfacher und schneller herzustellen als bei einem umfassenden Genehmigungsantrag. Daher kann einem Vorbescheidsantrag nicht bereits deshalb Priorität eingeräumt werden, weil er eher vollständig gewesen ist als der Genehmigungsantrag. Ansonsten könnte ein auf einzelne Genehmigungsvoraussetzungen beschränkter Vorbescheidsantrag rechtsmissbräuchlich dazu verwendet werden, einem bereits gestellten Genehmigungsantrag, zu dem nur noch einige wenige Unterlagen nachgereicht werden müssen, den Vorrang zu nehmen. Sachgerecht erscheint es daher, dem Zeitpunkt der Vollständigkeit des Vorbescheids den Zeitpunkt gegenüberzustellen, in dem der Genehmigungsantrag in Bezug auf die konkurrierenden Genehmigungsvoraussetzungen vollständig ist.
109Dies zugrunde gelegt kann – neben der Tatsache, dass der Antrag der Kläger eher beim Beklagten einging als der Genehmigungsantrag der Beigeladenen – vorliegend nicht außer Betracht bleiben, dass der Antrag der Beigeladenen in Bezug auf Turbulenzen erst am 14.09.2010 vollständig war, während die Kläger ihren Antrag mit der Vorlage von Turbulenzgutachten – falls dieses nicht bereits dem Antrag beigefügt war –, Schallimmissionsprognose und Umweltverträglichkeitsstudie bereits am 25.08.2010 vervollständigt hatten.
110cc)
111Auf der Grundlage des Gutachtens der F2E vom 23.02.2010 waren dem Beklagten schließlich auch Feststellungen zu Turbulenzen möglich. Soweit im Vorbescheid darauf hingewiesen wird, dass mit dem Antrag auf Genehmigung standortspezifische Nachweise zur Prüfung vorzulegen seien, „z. B. Standsicherheitsnachweis, Turbulenzgutachten, Eiserkennungssystem usw. (H)“, ist dies nicht verständlich. Im Hinblick auf das Turbulenzgutachten dürfte es sich offensichtlich um ein Versehen handeln. Der Hinweis auf das Erfordernis eines Standsicherheitsnachweises im Genehmigungsverfahren resultiert wahrscheinlich daraus, dass in einem Vermerk des Bauamts vom 16.05.2013 (Bl. 170 und 171 d. BA I) festgehalten wurde, es liege dort keine Typenstatik vor. Diese war mit Blick auf die detaillierten standortspezifischen Lastrechnungen („Rechnerische Ermittlung des Betriebslastkollektive einzelner WEA im Windpark X. -Haaren der Fa. ENERCON, Aurich, Februar 2010, Ver. 1.0“), die dem Gutachten der F2E vom 23.02.2010 ausweislich des Literaturverzeichnisses zugrunde lagen (s. Bl. 57 und 59 BA I im 11 K 494/14), aber weder aussagekräftig noch sonst erforderlich; möglicherweise diente der Hinweis im Vorbescheid vom 17.07.2013 daher nur der formalen Vervollständigung der Genehmigungsunterlagen. Dass die Lastrechnungen dem Gutachten der F2E nicht beigefügt waren, ist gerichtsbekannt übliche Praxis.
112III.
113Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Ob und ggf. in welcher Art und Weise das Prioritätsprinzip auch bei einem Konkurrenzverhältnis zwischen immissionsschutzrechtlichem Vorbescheid und (Voll‑)Genehmigung angewendet werden kann, ist in der Rechtsprechung umstritten und nicht abschließend geklärt. Entsprechendes gilt, soweit ersichtlich, für die Möglichkeit der Heilung eines Anhörungsmangels nach § 71 VwGO im gerichtlichen Verfahren und deren Voraussetzungen.
114Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Minden Urteil, 27. Juli 2016 - 11 K 544/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Auf Antrag soll durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht.
(2) Der Vorbescheid wird unwirksam, wenn der Antragsteller nicht innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit die Genehmigung beantragt; die Frist kann auf Antrag bis auf vier Jahre verlängert werden.
Tenor
Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.
(*1) Die Nebenbestimmungen unter A) 3. und B) 1. des Genehmigungsbescheides vom 21.01.2014 werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens tragen Beklagter und Beigeladene je zu zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldner können die Vollstreckung der Klägerin jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. (*2)
1
Tatbestand:
2Die Rechtsvorgänger der Klägerin beantragten am 06.05.2010 die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides für eine Windenergieanlage des Typs Enercon E-82 E2 in C1. X. , Gemarkung G. , Flur 1, Flurstück 2 (im Folgenden als WEA 40 bezeichnet), „hinsichtlich der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens und seiner Vereinbarkeit mit den militärischen Belangen und den Belangen des Luftverkehrs“. Ausweislich des Antragsformulars war u.a. ein Turbulenzgutachten beigefügt; in den Verwaltungsvorgängen befindet sich auf diesem Gutachten ein Eingangsstempel vom 25.08.2010. Das Turbulenzgutachten der F2E vom 23.02.2010 bestätigt die Standsicherheit der geplanten Anlage unter Berücksichtigung von standortspezifischen detaillierten Lastrechnungen des Herstellers.
3Die Beigeladene beantragte unter dem 29.06.2010 – ebenfalls für eine Anlage Enercon E-82 E2, im Folgenden: WEA 26 – eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für einen ca. 207 m südwestlich der WEA 40 gelegenen Standort und reichte am 14.09.2010 ein Turbulenzintensitätsgutachten ein, das die von den Rechtsvorgängern der Klägerin geplante Anlage nicht berücksichtigte.
4Mit Schreiben vom 09.05.2013 erklärten die Rechtsvorgänger der Klägerin, dass auch die immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit (Schall und Schattenschlag) des Vorhabens sowie seine Zulässigkeit unter Turbulenzintensitätsgesichtspunkten festgestellt werden solle.
5Das Bauamt des Beklagten führte in einer internen Stellungnahme vom 24.06.2013 aus, mit dem Gutachten der F2E aus Februar 2010 sei der erforderliche Nachweis, dass eine Gefährdung der Standsicherheit nicht bestehe, erbracht. Damit sei der Aspekt der Turbulenzen im Rahmen der Genehmigungsvoraussetzungen abschließend berücksichtigt; weiterer Nachweise bedürfe es „bezogen auf den beantragten Anlagentyp mit zugehöriger Typenstatik“ nicht.
6Unter dem 17.07.2013 erteilte der Beklagte den Rechtsvorgängern der Klägerin für die WEA 40 einen „Vorbescheid hinsichtlich der planungs- und immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeit, der Vereinbarkeit mit den militärischen Belangen und den Belangen des Luftverkehrs sowie der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit nur in Bezug auf die Turbulenzintensität“. Unter Bezugnahme auf den Antrag der Kläger vom 06.05.2010 und dessen Ergänzung vom 09.05.2013 stellt der Bescheid im Tenor fest, dass „die Genehmigungsvoraussetzungen bzgl. der
7- planungsrechtlichen Zulässigkeit – mit der Einschränkung: Im Zeitraum 01.03. bis 31.07. eines Jahres nur in der Zeit von Sonnenuntergang bis Morgendämmerung –,
8- Vereinbarkeit mit den militärischen Belangen,
9- Belange des Luftverkehrs,
10- Immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit (Schall, Schattenwurf) und
11- Turbulenzintensität“
12für den Anlagenstandort vorliegen.
13Die Beigeladene erhob hiergegen am 12.09.2013 Widerspruch mit der Begründung, ihr Genehmigungsantrag gehe dem Vorbescheidsantrag vor.
14Die Klägerin beantragte am 01.08.2013 die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die WEA 40. Mit e-mail vom 20.01.2014 forderte sie eine Genehmigungserteilung spätestens bis zum 22.01.2014 „wenn auch unter Auflagen zur Abschaltung in bestimmten Turbulenzkonstellationen“. Gegen diese Nebenbestimmungen könne dann ggf. Widerspruch erhoben und deren Berechtigung „in Ruhe später geklärt“ werden.
15Mit Bescheid vom 21.01.2014 nahm der Beklagte den Vorbescheid vom 17.07.2013 insoweit zurück, als dieser „die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit im Hinblick auf die Turbulenzintensität feststellt“. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Anlage im Hinblick auf die Turbulenzintensität hätte ohne Berücksichtigung der Anlage der Beigeladenen nicht getroffen werden dürfen, sodass der Vorbescheid insoweit rechtswidrig sei.
16Der Teilrücknahmebescheid vom 21.01.2014 war Gegenstand des gerichtlichen Verfahren 11 K 544/14. Mit Urteil vom 27.07.2016 hat die erkennende Kammer den Teilrücknahmebescheid aufgehoben.
17Mit dem vorliegend streitgegenständlichen Bescheid vom 21.01.2014 erteilte der Beklagte der Klägerin die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die WEA 40. Als Bedingung ist unter A) 3. die Vorlage eines die WEA 26 berücksichtigenden Turbulenzgutachtens vor Baubeginn enthalten. Die Festsetzung von nach diesem Gutachten evt. erforderlichen Betriebseinschränkungen, die „die Standsicherheit aller Anlagen im Einwirkbereich der Turbulenzen (…) gewährleisten“ sollen, ist Gegenstand des Auflagenvorbehalts unter B) 1.
18Die WEA 26 der Beigeladenen wurde ebenfalls unter dem 21.01.2014 genehmigt. Über den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin ist noch nicht entschieden.
19Die Klägerin hat am 21.02.2014 Klage gegen die Nebenbestimmungen unter A) 3. und B) 1. sowie unter D) 15., 24., 25., 33., 34. und 35. der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 21.01.2014 sowie die dort enthaltene Feststellung, dass die Betriebsweise der Anlage im Betriebsmodus I beantragt sei, erhoben.
20Die Klägerin ist der Auffassung, über die Zulässigkeit ihres Vorhabens unter Turbulenzintensitätsgesichtspunkten sei durch den Vorbescheid vom 17.07.2013 zutreffend entschieden worden. Zum Zeitpunkt ihres Antrags auf Erteilung eines Vorbescheids habe es noch keinen Antrag betreffend die WEA 26 der Beigeladenen gegeben, sodass diese nicht habe berücksichtigt werden müssen. Aufgrund der Rechtswidrigkeit des Teilrücknahmebescheides sei der Beklagte an die Feststellung im Vorbescheid gebunden mit der Folge, dass die Nebenbestimmungen A) 3. und B) 1. rechtswidrig seien. Der Auflagenvorbehalt unter B) 1. sei darüber hinaus deshalb rechtswidrig, weil die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2a BImSchG nicht vorlägen; danach sei das Einverständnis des Antragstellers erforderlich. Ein solches Einverständnis sei nicht im Schreiben vom 20.01.2014 erklärt worden.
21Während des gerichtlichen Verfahrens wurden von der Klägerin zwei weitere Turbulenzgutachten der F2E vorgelegt. Danach sind – auch unter Berücksichtigung der effektiven Turbulenzintensitäten in Verbindung mit weiter ermittelten Windbedingungen für standortspezifische Berechnungen der Betriebslasten der Anlagen durch den Hersteller – zur Gewährleistung der Standsicherheit der WEA 26 und der WEA 40 Betriebsbeschränkungen erforderlich, und zwar entweder durch das Abschalten der turbulenzverursachenden Anlage bei Auftreten der jeweiligen Nachlaufsituation oder durch Abschalten der durch die in der erhöhten Turbulenz der Nachlaufströmung betroffenen Anlage (S. 29 f. des Gutachtens vom 30.04.2014; S. 20 f. des Gutachtens vom 24.06.2016).
22Die Klägerin beantragt nach Rücknahme der Klage im Übrigen nunmehr,
23die Nebenbestimmung unter B) 1. aufzuheben und
24festzustellen, dass die Nebenbestimmung unter A) 3. rechtwidrig gewesen ist.
25Der Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Er legt dar, dass das Schreiben der Klägerin vom 20.01.2014 als Einverständnis mit Nebenbestimmungen verstanden worden sei; in dem Auflagenvorbehalt sei die einzige Möglichkeit gesehen worden, die Genehmigung kurzfristig – mit der Folge einer Einspeisevergütung nach dem „alten“ EEG – zu erteilen und die strittige Frage des Rangverhältnisses zwischen der WEA 40 und der WEA 26 danach zu klären.
28Da sich der Antrag der Rechtsvorgänger der Klägerin auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides ursprünglich nicht auf die Prüfung der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit erstreckt habe und erst am 10.05.2013 beantragt worden sei, auch über die Zulässigkeit hinsichtlich der Turbulenzintensität zu entscheiden, gehe der Genehmigungsantrag der Beigeladenen betreffend die WEA 26 der WEA 40 insoweit vor.
29Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
30die Klage abzuweisen.
31Sie ist ebenfalls der Auffassung, die unter dem 21.01.2014 genehmigte WEA 26 genieße gegenüber der WEA 40 der Klägerin unter Turbulenzgesichtspunkten den Vorrang.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens 11 K 544/14 sowie die in diesen Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
33Entscheidungsgründe:
34Die Kammer konnte gemäß §§ 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin entscheiden, weil die Beteiligten damit einverstanden waren.
35Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, war das Verfahren einzustellen, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
36Im Übrigen hat die Klage Erfolg.
37I.
38Sie ist zunächst zulässig.
39In Bezug auf die Nebenbestimmung unter A) 3. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 21.01.2014 ist die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft.
40Die Bedingung unter A) 3. hat sich erledigt, nachdem die Klägerin während des gerichtlichen Verfahrens das die WEA 26 berücksichtigende Turbulenzgutachten der F2E vom 30.04.2014 vorgelegt hat. Die Klägerin hat ihren ursprünglich angekündigten Aufhebungsantrag zulässigerweise auf eine Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt. Das besondere Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich zumindest unter dem Aspekt eines Schadenersatzanspruchs in Bezug auf die Gutachterkosten.
41In Bezug auf den Auflagenvorbehalt unter B) 1. ist – nach wie vor – die Anfechtungsklage statthaft.
42Anfechtungs- und Fortsetzungsfeststellungsklage sind auch im Übrigen zulässig. Die streitgegenständlichen Nebenbestimmungen sind bzw. waren einer isolierten Aufhebung zugänglich.
43Nach inzwischen wohl gefestigter Rechtsprechung ist die (isolierte) Anfechtungsklage gegen jede den jeweiligen Kläger belastende Nebenbestimmung grundsätzlich statthaft und nicht zwingend eine Verpflichtungsklage auf Erteilung der Genehmigung ohne die Nebenbestimmung zu erheben. Ob die Klage zur isolierten Aufhebung der belastenden Nebenbestimmung führen kann, was nur der Fall ist, wenn der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann, ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit eines Anfechtungsbegehrens. Etwas anderes gilt dann, wenn eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet,
44vgl. BVerwG, Urteile vom 17.10.2012 – 4 C 5/11 –, juris Rn. 5 m.w.N., und vom 22.11.2000 – 11 C 2/00 –, juris Rn. 25; Thüringer OVG, Beschluss vom 10.02.2015 – 1 EO 356/14 –, juris Rn. 39; OVG Lüneburg, Urteil vom 14.03.2013 – 12 LC 153/11 –, juris Rn. 51,
45was vorliegend nicht der Fall ist. Die der Klägerin erteilte Genehmigung vom 21.01.2014 kann grundsätzlich auch ohne die Bedingung unter A) 3. (Vorlage eines überarbeiteten, die WEA 26 berücksichtigenden Turbulenzgutachtens vor Errichtung der Anlage) und den Auflagenvorbehalt unter B) 1. (Festlegung der nach dem überarbeiteten Turbulenzgutachten erforderlichen Betriebseinschränkungen) bestehen bleiben, nämlich dann, wenn nicht „ihre“ WEA 40, sondern ausschließlich die WEA 26 der Beigeladenen nach dem Prioritätsprinzip Rücksicht nehmen muss. Die unter Turbulenzgesichtspunkten erforderlichen Nebenbestimmungen sind dann in die der Beigeladenen für die WEA 26 erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 21.01.2014 aufzunehmen; diese dürfte im Übrigen aufgrund des von den Rechtsvorgängern der Klägerin erhobenen Widerspruchs nicht bestandskräftig geworden sein.
46II.
47Sowohl die Anfechtungs- als auch die Fortsetzungsfeststellungsklage sind begründet.
48Die Bedingung unter A) 3. ist rechtswidrig gewesen, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Der Auflagenvorbehalt unter B) 1. ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
49Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kann die Genehmigung unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verlangt, dass die Erfüllung der in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG normierten Grundpflichten sichergestellt ist. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG setzt die Genehmigungserteilung voraus, dass andere öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.
50§ 12 Abs. 2a Satz 1 BImSchG ermöglicht im Einverständnis des Antragstellers eine Erteilung der Genehmigung mit dem Vorbehalt nachträglicher Auflagen, soweit hierdurch hinreichend bestimmte, in der Genehmigung bereits allgemein festgelegte Anforderungen an die Errichtung oder den Betrieb der Anlage in einem Zeitpunkt nach Erteilung der Genehmigung näher festgelegt werden sollen.
51Der Beklagte hat die streitgegenständliche Bedingung und – an deren Inhalt anknüpfend – den Auflagenvorbehalt erlassen, um die Standsicherheit der WEA 26 der Beigeladenen sicherzustellen, weil er aufgrund des geringen Abstands zwischen den beiden Anlagen davon ausging, dass die durch die WEA 40 hervorgerufenen Turbulenzbelastung die Auslegungswerte der WEA 26 überschreiten könnte.
52Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW darf durch eine bauliche Anlage die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die Tragfähigkeit des Baugrundes des Nachbargrundstücks nicht gefährdet werden. § 18 Abs. 3 BauO NRW fordert, dass Erschütterungen oder Schwingungen, die von ortsfesten Anlagen ausgehen, so zu dämmen sind, dass Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen.
53Turbulenzen können darüber hinaus ähnliche – schädliche – Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 2 BImSchG sein,
54vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 01.02.2000 – 10 B 1831/99 –, juris Rn. 43,
55die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG bei der Errichtung und dem Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage nicht hervorgerufen werden dürfen. Sie sind ebenfalls im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB zu berücksichtigen, der insoweit das Gebot der Rücksichtnahme konkretisiert. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB bezweckt den Schutz baulicher Anlagen und ihrer Nutzung gegen Immissionen, die entweder die bauliche Anlage selbst oder ihre Nutzung beeinträchtigen.
56Vgl. OVG NRW, a.a.O. Rn. 27.
57Die Voraussetzungen nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG und § 12 Abs. 2a Satz 1 BImSchG lagen bzw. liegen nicht vor.
58Die Bedingung unter A) 3. war nicht erforderlich, um in Verbindung mit dem Auflagenvorbehalt unter B) 1. sicherzustellen, dass die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 BImSchG erfüllt sind. Auf der Grundlage des Vorbescheids vom 17.07.2013 geht das Vorhaben der Klägerin dem Vorhaben der Beigeladenen unter Turbulenzaspekten vor, sodass im Rahmen der Genehmigung der WEA 40 die WEA 26 insoweit nicht zu berücksichtigen war.
59Gegenstand des Vorbescheids vom 17.07.2013 ist ausweislich des Tenors u.a. die planungs- und immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit der Anlage; dass – auch – die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit bezüglich der Turbulenzintensität vorliegt, wird ebenfalls festgestellt. Der Teilrücknahmebescheid vom 21.01.2014, mit dem der Vorbescheid zurückgenommen wurde, soweit er „die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit im Hinblick auf die Turbulenzintensität feststellt“, ist mit Urteil der Kammer vom 27.07.2016 – 11 K 544/14 – aufgehoben worden. Auf die dortigen Entscheidungsgründe wird in entsprechender Anwendung des § 117 Abs. 5 VwGO verwiesen.
60Der auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 BImSchG erteilte Vorbescheid vom 17.07.2013 bindet im Rahmen seiner Reichweite als Ausschnitt aus dem feststellenden Teil der Genehmigung die Genehmigungsbehörde für das weitere Genehmigungsverfahren und nimmt insoweit die Entscheidung vorweg.
61Vgl. OVG NRW, Urteile vom 20.11.2012 – 8 A 252/10 –, juris Rn. 36, und vom 09.12.2009 – 8 D 12/08.AK –, juris Rn. 144 m.w.N.
62Die durch den Vorbescheid vom 17.07.2013 getroffenen Feststellungen zur planungs- und immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens sowie dessen (bauordnungsrechtlicher) Zulässigkeit in Bezug auf die Turbulenzintensität stehen bzw. standen den Nebenbestimmungen A) 3. und B) 1. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 21.01.2014 materiell-rechtlich entgegen. Die geforderte Vorlage eines die WEA 26 berücksichtigenden Turbulenzgutachtens und der auf dessen Ergebnis fußende Vorbehalt von Betriebsbeschränkungen widerspricht der
63– zutreffend nicht mit Blick auf die WEA 26 der Beigeladenen eingeschänkten – Feststellung des Vorbescheides, dass die Anlage der Klägerin bauplanungs-, bauordnungs- und immissionsschutzrechtlich in Bezug auf die Turbulenzintensität zulässig ist.
64Ob der Auflagenvorbehalt unter B) 1. des Genehmigungsbescheides vom 21.01.2014 außerdem deshalb rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt, weil die von ihren Prozessbevollmächtigten verfasste e-mail vom 20.01.2014 nicht als Einverständnis nach § 12 Abs. 2a BImSchG qualifiziert werden kann, bedarf damit keiner Entscheidung mehr.
65III.
66Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Ob und ggf. in welcher Art und Weise das Prioritätsprinzip auch bei einem Konkurrenzverhältnis zwischen immissionsschutzrechtlichem Vorbescheid und (Voll‑)Genehmigung angewendet werden kann, ist in der Rechtsprechung umstritten und nicht abschließend geklärt.
67IV.
68Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Soweit die Klägerin – infolge der Klagerücknahme freiwillig – unterlegen ist, also in Bezug auf den zulässigen Betriebsmodus der Anlage und die Nebenbestimmungen unter D) des Genehmigungsbescheides, stellt sich dies im Verhältnis zu der zur Bedingung gemachten Vorlage eines überarbeiteten Turbulenzgutachtens und dem diesbezüglichen Auflagenvorbehalt als geringfügig dar.
69Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
70(*1) und (*2):
71Am 26.08.2016 erging folgender Berichtigungsbeschluss:
72Das Urteil vom 15.08.2015 wird im Tenor wie folgt berichtigt:
731. Der Ausspruch zur Hauptsache – Absatz 2 des Urteilstenors – wird wie folgt gefasst:
74„Es wird festgestellt, dass die Nebenbestimmung unter A) 3. des Genehmigungsbescheides vom 21.01.2014 rechtswidrig gewesen ist. Die Nebenbestimmung unter B) 1. wird aufgehoben.“
752. Nach der Entscheidung betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit
76und Abwendungsbefugnis wird ergänzt:
77„Die Berufung wird zugelassen.“
78Gründe:
79Der Tenor des Urteils vom 15.08.2016 ist gemäß § 118 Abs. 1 VwGO im dargestellten Umfang zu berichtigen, weil er insoweit offensichtlich unrichtig ist.
80Die offensichtliche Unrichtigkeit betreffend den Hauptsachetenor ergibt sich aus den Entscheidungsgründen des Urteils, nach denen der im Tatbestand dargestellte Klageantrag zur Nebenbestimmung A) 3. als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig und begründet ist.
81Entsprechendes gilt für den Ausspruch zur Zulassung der Berufung. Dieser wird in den Entscheidungsgründen begründet, ist aber im Tenor nicht enthalten.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
Ist die Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsakts im Widerspruchsverfahren erstmalig mit einer Beschwer verbunden, soll der Betroffene vor Erlaß des Abhilfebescheids oder des Widerspruchsbescheids gehört werden.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
Ist die Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsakts im Widerspruchsverfahren erstmalig mit einer Beschwer verbunden, soll der Betroffene vor Erlaß des Abhilfebescheids oder des Widerspruchsbescheids gehört werden.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist
- 1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, - 2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.
(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, - 2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und - 3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.
(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Tenor
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 08.10.2007 wird geändert.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die der Beigeladenen zu 1) erteilten Genehmigung vom 08.03.2007 wird wiederhergestellt.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsgegner und die Beigeladene zu 1) je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) sind nicht erstattungsfähig. Die Beigeladene zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf jeweils 300.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
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Die Antragstellerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, beabsichtigt, im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 4 der Beigeladenen zu 2 Windkraftanlagen zu errichten. Die Beigeladene zu 2 hatte einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss vom 24.05.2000 am 16.05.2003 und zugleich eine Veränderungssperre am 28.11.2003 für die Dauer von zwei Jahren bekannt gemacht. Eine erste Auslegung und Beteiligung der Träger öffentlicher Belange fand im April bzw. Juni 2004 statt. Unter dem 20.05.2005 schlossen die Beigeladenen zu 1 und 2 einen städtebaulichen Vertrag betr. die Errichtung von Windkraftanlagen im Plangebiet. Am 23.06.2005 stellte die Antragstellerin den Antrag auf Genehmigung von Windenergieanlagen. Am 14.09.2005 stellte die Beigeladene zu 1 den Antrag zur Genehmigung der von ihr vorgesehenen Windenergieanlagen. Am 17.10.2005 machte die Beigeladene zu 2 eine Verlängerung der Veränderungssperre für ein Jahr bekannt. Der Antragsgegner lehnte den Genehmigungsantrag der Antragstellerin unter Hinweis auf das durch die Beigeladene zu 2 versagte Einvernehmen und die Veränderungssperre sowie darauf, dass die Genehmigungsunterlagen nicht vollständig vorlägen, ab. Hiergegen hat die Antragstellerin Widerspruch erhoben, über den noch nicht entschieden ist; die Antragstellerin hat insoweit Untätigkeitsklage erhoben. Am 10.11.2006 trat der Bebauungsplan Nr. 4 in Kraft. Mit Bescheid vom 08.03.2007 genehmigte der Antragsgegner der Beigeladenen zu 1 die Errichtung der beantragten Windenergieanlagen. Die Genehmigung wurde für sofortig vollziehbar erklärt. Hiergegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein, über den bislang ebenfalls nicht entschieden ist.
- 2
Die Antragstellerin hat am 27.03.2007 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und im Wesentlichen geltend gemacht, der der Genehmigung der Beigeladenen zu 1 zu Grunde liegende Bebauungsplan der Beigeladenen zu 2 sei unwirksam.
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Das Verwaltungsgericht Greifswald hat den Antrag durch Beschluss vom 08.10.2007 abgelehnt.
II.
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Die Beschwerde der Antragstellerin hat nach Maßgabe des gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu berücksichtigenden Beschwerdevorbringens Erfolg. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die der Beigeladenen zu 1 erteilte Genehmigung ist wiederherzustellen.
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A. Widerspruch und Klage und damit auch der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO sind entgegen der Ansicht der Beigeladenen zu 1 nicht von vorneherein mangels möglicher Verletzung der Antragstellerin in eigenen Rechten i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig.
- 6
Es geht im vorliegenden Fall nicht darum, dass ein Nachbar sich gegen eine Genehmigung wehrt, weil Immissionen auf sein Grundstück einwirken. Vielmehr macht die Antragstellerin geltend, die der Beigeladenen zu 1 erteilte Genehmigung mache ihre eigenen Bauwünsche zunichte. Damit macht sie in der Sache die Verletzung ihrer Baufreiheit für bestimmte Grundstücke geltend. Insoweit kommt ihr ein subjektives Recht zu, zumal sie über entsprechende obligatorische Nutzungsrechte verfügt (vgl. BVerwG, U. v. 23.03.1973 - IV C 49.71 - BVerwGE 42, 115 = NJW 1973, 1518).
- 7
Eine Konkurrenz der Genehmigungsanträge liegt in dem Sinne vor, dass die Realisierung des Vorhabens der Beigeladenen zu 1 das der Antragstellerin hindert. Dies ist zwischen den Beteiligten unbestritten. Dabei ist auch auf den Betrieb der Anlagen abzustellen, da er durch die Genehmigung legalisiert wird.
- 8
B. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat Erfolg.
- 9
In Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigenständige Ermessensentscheidung auf der Grundlage einer summarischen Sachprüfung. Die gerichtliche Entscheidung orientiert sich im Wesentlichen an den Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren. Wird die Anfechtungsklage wenigstens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben, wird in der Regel die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen sein. Umgekehrt wird der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen sein, wenn erkennbar ist, dass die Klage in der Hauptsache keinen Erfolg haben dürfte. Nur wenn die Rechtslage offen ist, ein Obsiegen der Antragsteller im Hauptsacheverfahren ebenso wahrscheinlich wie unwahrscheinlich ist, trifft das Gericht eine Ermessensentscheidung allein unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände, insbesondere unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten.
- 10
Die der Beigeladenen erteilte Genehmigung erweist sich nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als rechtswidrig. Sie ist geeignet, im gegenwärtigen Verfahrensstand die Antragstellerin in ihren Rechten zu verletzten.
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1. Die Genehmigung des Antragsgegners vom 08.03.2007 an die Beigeladene zu 1 kann sich nicht gem. § 30 Abs. 1 BauGB auf die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 4 der Beigeladenen zu 2 stützen. Der Bebauungsplan erweist sich bei summarischer Würdigung der Sach- und Rechtslage als unwirksam. Er leidet an einem Abwägungsmangel, der erheblich im Sinne von § 214 Abs. 1 Nr.1 i.V.m. Abs. 3 S. 2 BauGB ist.
- 12
Das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB gebietet, die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Es ist dann verletzt, wenn ein sachgerechter Abwägungsvorgang überhaupt nicht stattgefunden hat (Abwägungsausfall), in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie hätte eingestellt werden müssen (Abwägungsdefizit), wenn die Bedeutung der betroffenen privaten und öffentlichen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belange in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Gewicht steht (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301, 309). Die Anforderungen an die Abwägung beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auch - mit Ausnahme des Erfordernisses, dass überhaupt eine Abwägung stattgefunden haben muss - auf das Abwägungsergebnis (vgl. BVerwG, U. v. 05.07.1974 - IV C 50.72 - BVerwGE 45, 309, 315). Für die Abwägung - und somit auch für ihre gerichtliche Überprüfung - ist auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abzustellen (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Mängel im Abwägungsvorgang sind zudem nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB).
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In der bauleitplanerischen Abwägung sind solche privaten Belange zu berücksichtigen, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben. Nicht abwägungsbeachtlich sind insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, B. v. 25.01.2001 - 6 BN 2.00 - BRS 64 Nr. 214). Daraus ergibt sich, dass dann, wenn eine Gesellschaft zur Entwicklung regenerativer Energieprojekte oder ein anderer mit Windkraft befasster Interessent im Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes für Windkraftanlagen ein eigenes Interesse an der Nutzung der Windenergie im Plangebiet geltend macht, die Gemeinde verpflichtet sein kann, ggf. die ins Auge gefassten Standorte für Windkraftanlagen in Erfahrung zu bringen, jedenfalls aber das Nutzungsinteresse in ihre Abwägung einzustellen (vgl. OVG Weimar, B. v. 16.08.2004 - 1 EN 944/03 - BauR 2005, 507; Senat, B. v. 31.07.2007 - 3 M 15/07). Das von der Antragstellerin in das Verfahren eingebrachte Nutzungsinteresse ist jedenfalls dann, wenn - wie hier - die zur Nutzung vorgesehenen Flächen vertraglich gesichert sind, zum notwendigen Abwägungsmaterial zu zählen, weil es sich um ein durch § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB rechtlich geschütztes Interesse handelt. Auch wird die Gemeinde von ihrer Verpflichtung, sich im Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes selbst Gewissheit über die abwägungserheblichen Belange zu verschaffen, grundsätzlich nicht durch Stellungnahmen von Beteiligten des Planverfahrens entbunden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. August 1989 - 4 NB 24.88 - BRS 49 Nr. 22).
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Diesen Anforderungen genügt der Bebauungsplan nicht. Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 19.05.2006 im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB auf ihren Genehmigungsantrag vom 21.03.2005 hingewiesen und ihr Interesse an der Nutzung der Flurstücke 51 und 53 Flur 1 Gemarkung X., der Flurstücke 151 und 159 der Flur 2 der Gemarkung Y. und des Flurstücks 177 der Flur 1 der Gemarkung Z. artikuliert. Der Genehmigungsantrag vom 21.03.2005 konkretisierte die beabsichtigten Standorte u.a. in der dem schalltechnischen Gutachten beigefügten Anlage 1.
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Mit dieser Anregung hat sich die Beigeladene in einer Weise auseinandergesetzt, die im Ergebnis zu einem Abwägungsausfall hinsichtlich dieses Belangs geführt hat. In der Abwägungsdokumentation wird ausgeführt:
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Die Festsetzung zu den Standorten erfolgten aus städtebaulichen Gründen (Immissionsschutz) und unterlägen dem Optimierungsgebot. Mit dem Abschluss eines städtebaulichen Vertrags mit der Beigeladenen zu 1 im Ergebnis eines Auswahlverfahrens von 15 Bewerbern, an dem sich die Antragstellerin nicht beteiligt habe, sichere und fördere die Beigeladene zu 1 die mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele einschließlich der Sicherung des Ausgleichs des Eingriffs in Natur und Landschaft und die Grundstücksverfügbarkeit. Sie habe zur Sicherung der Bauleitplanung eine Veränderungssperre erlassen, die zum Zeitpunkt des Antrags auf Genehmigung von Windkraftanlagen durch die Antragstellerin wirksam gewesen sei; sie habe das Einvernehmen versagt. Sie sei seinerzeit zur weiteren Prüfung des Bauantrags nicht gefordert gewesen. Ebenfalls habe der Antragsgegner den Antrag abgelehnt und die Existenz eines anderen privaten Interesses in der Auslegung des Bebauungsplans nicht bekannt gemacht. Ein ausdrückliches Auskunftsersuchen des Amts Landhagen diesbezüglich vom 03.08.2006 an den Antragsgegner sei dahingehend beantwortet worden, dass ein entsprechender Antrag der Antragstellerin abgelehnt und ein Widerspruchsverfahren anhängig sei. Erst mit den nunmehr vorliegenden Anregungen und Bedenken vom 19.05.2006 seien erstmals standortbezogene Interessen bekundet worden. Mit der nun erreichten Planung und Grundstücksverfügbarkeit sei die Eignungsfläche ausgelastet. Weitere Standorte seien immissionsschutzrechtlich nicht mehr möglich. Die von der Antragstellerin genannten fünf Standorte seien aus Schallschutzgründen nicht realisierbar. Bei der Planung zur Standortauswahl durch die Beigeladene zu 2 seien maßgeblich Schallschutzbelange und die Grundstücksverfügbarkeit gewesen. Die Standorte Flurstücke 151 und 159 der Flur 2 Gemarkung Y. seien schalltechnisch wegen der vorhandenen drei Anlagen nicht realisierbar. Der Standort Flurstück 177 der Flur 1 Gemarkung Z. liege außerhalb des Bebauungsplans und zu dicht an schützenswerter Bebauung. Die Standorte der Flurstücke 51 und 53 der Flur 1 Gemarkung X. seien alternativ für die geplanten WKA 8 und 9 möglich, jedoch nicht zusätzlich. Bei den Verhandlungen zur Grundstückssicherung mit der Landgesellschaft M-V (Flurstück 51) und der Agrargesellschaft Y. (Flurstück 53) seien diese mit der Begründung einer anderweitigen Bindung nicht zur Verfügung gestellt worden und könnten daher planerisch nicht berücksichtigt werden. Wie erst jetzt bekannt geworden sei, seien diese Grundstücke durch die Antragstellerin gebunden. Die Einbeziehung dieser Flurstücke in die Bauleitplanung sei nicht angezeigt. Die Beigeladene zu 1 sehe und erkenne das private Interesse der Antragstellerin. Zur Zielsetzung einer optimierten Auslastung der Eignungsfläche seien diese Standortvorschläge keine Alternative, zumal der Immissionsschutz diese weitgehend nicht zulasse. Als Ergebnis der Abwägung würden diese Standorte nicht berücksichtigt werden.
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Hieraus wird deutlich, dass die Gemeinde jedenfalls hinsichtlich der von der Antragstellerin ins Spiel gebrachten Standorte auf den Flurstücken 51 und 53 der Flur 1 Gemarkung X., die durch die Beigeladene zu 1 ausgewählten Standorte als "gesetzt" behandelt hat. Sie ist einerseits davon ausgegangen, dass die Planung einen Stand erreicht hatte, der eine Änderung nur noch in der Form einer ergänzenden Aufnahme weiterer Anlagen gestattete, was sie für städteplanerisch nicht für vertretbar hielt. Damit hat sie einerseits übersehen, dass ihr der Belang der Antragstellerin aus ihrer Beteiligung nach § 36 BauGB bekannt sein musste. Außerdem hat sie übersehen, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB gerade dazu dient, gemessen an dem jeweiligen Planungsstand Anregungen einzubringen. Eine "Präklusion" tritt nicht ein, wenn sich ein Privater noch nicht in vorherigen Auslegungsverfahren geäußert hat.
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Die Beigeladene zu 2 ist schließlich wesentlich davon ausgegangen, dass nur diejenigen Standorte in Betracht kommen, über die die Beigeladene zu 1 die Verfügungsbefugnis hat. Sie hat nämlich tragend die Nichtberücksichtigung der von der Antragstellerin genannten Flurstücke damit begründet, dass hierüber die Beigeladene zu 1 nicht verfügen könne. Es kann dahinstehen, ob dieser Belang im Rahmen der städtebaulichen Planung einer Gemeinde maßgeblich eingestellt werden kann. Hierfür mag immerhin sprechen, dass die Gemeinde auch ein Interesse daran haben kann, dass eine Bauleitplanung realisiert wird. Dazu mag auch das Interesse gehören, einen städtebaulichen Vertrag mit einem Investor abzuschließen.
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Dies setzt aber voraus, dass die zu Grunde liegende Entscheidung, das heißt die Entscheidung darüber, bei wem die planende Gemeinde die Verfügbarkeit annimmt und wie diese Grundstücke in die städtebauliche Planung eingeordnet werden können, auf einer sachgerechten Planungsentscheidung beruhen. Die Vorentscheidung für die auf Grund einer vertraglichen Regelung "ausgesuchten" Flächen muss als planerische Vorabentscheidung Voraussetzungen erfüllen, denen das Verfahren in vorliegenden Fall nicht genügt:
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können dem Planverfahren vorgeschaltete Besprechungen, Abstimmungen, Zusagen, Verträge u. a. m. geradezu unerlässlich sein, um überhaupt sachgerecht planen und eine angemessene, effektive Realisierung dieser Planung gewährleisten zu können (BVerwG, U. v. 05.07.1974 - IV C 50.72 - BVerwGE 45, 309, 317). Daher ist eine Bauleitplanung nicht ohne Weiteres deshalb fehlerhaft, weil ihr ein (Folgekosten-)Vertrag vorausgegangen ist und sich das auf die den Plan tragende Abwägung ausgewirkt hat (BVerwG, U. v. 06.07.1973 - IV C 22.72 - BVerwGE 42, 331, 338). Ferner leidet ein Bebauungsplan nicht schon deshalb unter Abwägungsmängeln, weil die Gemeinde ihn auf der Grundlage eines vom künftigen Bauherrn vorgelegten Projektentwurfs für ein Großvorhaben aufgestellt hat, das im Geltungsbereich des Plans verwirklicht werden soll (BVerwG, B. v. 26.08.1987 - 4 N 1.86 - NVwZ 1988, 351). Letztlich lässt es sich je nach dem Inhalt eines Bebauungsplans, nach dem Gegenstand der Vorentscheidungen, nach der Art und Stärke der von ihnen ausgehenden - rechtlichen oder tatsächlichen - Bindung, nach dem Ablauf des Planungsverfahrens und insbesondere dem Ertrag des Anregungsverfahrens nach § 3 Abs. 2 BauGB nur im Einzelfall entscheiden, ob der Schluss auf eine Verkürzung des vom Gesetz geforderten Abwägungsvorganges gerechtfertigt oder nicht gerechtfertigt ist. Im Prinzip spricht eine gewisse Vermutung für die trotz der einen oder anderen Bindung freie Entscheidung des zur Abwägung berufenen Gemeinderates (vgl. BVerwG, U. v. 05.07.1974, a.a.O., S. 320; VGH Mannheim, U. v. 24.05.2006 - 8 S 1367/05). Das auf diese Weise entstehende Defizit bei der Abwägung im eigentlichen Planungsprozess muss dadurch ausgeglichen werden, dass die im Vertrag zum Ausdruck kommende Vorwegnahme der Entscheidung sachlich gerechtfertigt war. Ein städtebaulicher Vertrag ist daher zulässig, wenn die Abwägung, also der vorweggenommene Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis, dem Abwägungsgebot entsprechen, was insbesondere voraussetzt, dass die Entscheidung von dem in planungsrechtlicher Hinsicht zuständigen Organ getroffen wurde und die wesentlichen öffentlichen und privaten Belange in die Entscheidung eingestellt und gegeneinander und untereinander abgewogen worden sind (BVerwG, U. v. 05.07.1974 - a.a.O., S. 312).
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Dass die Gemeinde diese Voraussetzungen beachtet hat, ist den Verwaltungsvorgängen nicht zu entnehmen. Sie hat mehrere Interessenten veranlasst, Angebote zur Bebauung des Vorranggebiets und Windkraftanlagen abzugeben. Aus den Unterlagen ist nicht deutlich, auf welchem Wege Interessenten angesprochen worden sind. Insbesondere ist nicht erkennbar, ob das Vorhaben öffentlich bekannt gemacht und Interessenten zur Abgabe eines Angebots aufgefordert worden sind. Die Auswahl zwischen den Interessenten, die in dem maßgebenden Protokoll der Gemeindevertretersitzung als "Wahl" bezeichnet wird, erfolgte ausweislich der Sitzungsvorlage nach ausschließlich wirtschaftlichen Kriterien. Aus den Unterlagen ist nicht erkennbar, dass auch die Frage in die Abwägung einbezogen wurde, welche der Grundstücke im Plangebiet dem jeweiligen Bewerber zur Verfügung stand und wie die sich dadurch ergebende Situation städtebaulich zu bewerten ist. Es wird auch nicht deutlich, ob in Hinblick auf die so zur Verfügung stehenden Grundstücke die Möglichkeit der Zulassung anderweitiger - einzelner - Windenergieanlagen berücksichtigt werden könnte. Der einzige im engeren Sinne städtebauliche Gesichtspunkt im Rahmen der Auswahlkriterien betrifft die Anzahl der beabsichtigten Windkraftanlagen. Hinzu kommt, dass die Auswahlentscheidung jedenfalls nach den überreichten Unterlagen auch nach Maßgabe der von der Gemeinde selbst aufgestellten Kriterien nicht nachvollziehbar ist. Die Beigeladene zu 1 weist eine erheblich geringere Punktzahl auf als etliche der "Mitbewerber".
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Die in der Abwägung vorausgesetzte wesentliche Bedeutung der Verfügbarkeit der Grundstücke für die Beigeladene zu 1 ist auch deswegen fehlerhaft, weil sie auf einer nicht wirksamen vertraglichen Bindung der Beigeladenen zu 1 zur Beigeladenen zu 2 beruht. Der zwischen diesen abgeschlossene städtebauliche Vertrag vom 29.05.2002 ist nämlich unwirksam. Dies ergibt sich aus Folgendem:
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§ 13 Abs. 2 bestimmt:
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"Die Durchführung des Vorhabens macht insbesondere bestimmte Folgeeinrichtungen, städtebauliche Planungen und Maßnahmen notwendig, deren Kosten die Gemeinde zur Zeit nicht tragen kann. Aus diesem Grunde verpflichtet sich B., an die Gemeinde folgende Beiträge zur Mitfinanzierung der bezeichneten Kosten zu zahlen:
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B. und etwaige Rechtsnachfolger zahlen an die Gemeinde einen Infrastrukturbeitrag von 5.000,00 Euro jährlich pro 1,5 Megawatt für die Dauer von 25 Jahren von der Inbetriebnahme des ersten Windenergiekonverter ab, für die geplanten 18 MW (12 Anlagen ab jeweils 1,5 MW). Die maximal zu zahlende Summe beträgt 60.000,00 Euro."
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§ 13 Abs. 2 des Vertrages verstößt gegen das Koppelungsverbot in Bezug auf die Gegenleistung des Bürgers in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag. Die Gegenleistung des Bürgers muss gemäß §56 Abs. 1 Satz 1 VwVfG für einen bestimmten Zweck vereinbart werden und zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben dienen. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB beinhaltet detaillierte Regelungen zu diesem Koppelungsverbot speziell für Folgekostenverträge. Er nennt als Zweck den Beitrag zu den Kosten von "städtebaulichen Maßnahmen" innerhalb der Aufgabe der Gemeinde, die städtebauliche Entwicklung und Ordnung herzustellen. Die Gegenleistung muss gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2, 2. HS VwVfG im sachlichen Zusammenhang mit der Leistung der Behörde stehen. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB regelt insoweit genauer: Die Gegenleistung des Bürgers muss in der Übernahme von Kosten oder Aufwendungen für abgeschlossene oder künftige städtebauliche Maßnahmen bestehen. Der sachliche Zusammenhang der Leistungen muss darin liegen, dass die städtebaulichen Maßnahmen Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind. Die Gegenleistung muss nach § 56 Abs. 1 Satz 2, 1. HS VwVfG den gesamten Umständen nach angemessen sein; Identisches regelt § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Ob ein Folgekostenbeitrag eine Übernahme von "Kosten oder Aufwendungen" für städtebauliche Maßnahmen darstellt, steht im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage, ob die städtebaulichen Maßnahmen Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind, also mit der Ursächlichkeit. Die Zurechnung gründet sich nicht auf Ursächlichkeit im Sinne von tatsächlicher Kausalität. Stattdessen geht es um die rechtlich vermittelte Kausalität. Innerhalb dieser Kausalität muss eine konkret-reale, unmittelbare Zurechnung der Folgemaßnahme zum einzelnen Plan bestehen. Die mittelbare rechnerische Zurechnung über ein Gesamtkonzept reicht nicht ausreichen. Bei Folgekostenverträgen ist eine Gewinnmöglichkeit für die Gemeinden auszuschließen (vgl. zusammenfassend OVG Lüneburg, U.v. 10.07.2007 - 1 LC 200/05 - ZfBR 2007, 804; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, 3. Aufl. Rn. 1907).
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Die erforderliche konkret-reale, unmittelbare Zurechnung der zu finanzierenden Folgemaßnahme(n) zu dem Bebauungsplan Nr. 4 ist nicht erkennbar. Durch die unbestimmte Benennung des Zweckes der Zahlungen als Beitrag für "Folgeeinrichtungen, städtebauliche Planungen und Maßnahmen", die mit dem Wort "insbesondere" auch noch als beispielhafte Aufzählung zu verstehen sind, wird es in das Belieben der Gemeinde gestellt, die eingenommenen Gelder für jedwede Maßnahmen zu verwenden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Zahlungen der Beigeladenen zu 1 in den allgemeinen Haushalt der Gemeinde fließen und beliebigen öffentlichen Aufgaben der Gemeinde dienen. Ein sachlicher Zusammenhang mit der Bauleitplanung und den dadurch ausgelösten Kosten besteht somit nicht. Es wird auch daraus deutlich, dass die Höhe der Zahlungen an die Leistung der Windenergieanlagen gekoppelt wird. Ein Zusammenhang zwischen dieser Größe und etwaigen Anforderungen an Infrastrukturmaßnahmen ist nicht erkennbar.
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Allerdings sieht § 15 Abs. 2 der Vertrags vor, dass die Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen die Gültigkeit der übrigen Vertragsinhalte nicht berührt. Nach dieser salvatorischen Klausel soll der Vertrag bei Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen soweit wie möglich aufrecht erhalten bleiben, es also grundsätzlich mit der Teilnichtigkeit sein Bewenden haben. Indessen ist hier zu berücksichtigen, dass die Unwirksamkeitsfolge des § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG eintritt. Der hier gegebene Verstoß gegen das Verbot sachwidriger Koppelung von Geldleistungspflichten und hoheitlichen Leistungen dient einerseits dem Schutz des Bürgers, der zu Leistungen verpflichtet wird, die nicht in einem sachlichen und angemessenen Verhältnis zur Gegenleistung stehen. Es soll zugleich auch dem "Verkauf" von Hoheitsrechten die Wirksamkeit versagt werden. § 56 VwVfG umfasst in diesem Sinne auch das Erfordernis, dass der Zweck der Gegenleistung im Vertrag festgelegt sein muss (Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9.Aufl. § 59 Rn. 28). Die Unwirksamkeit jedenfalls des § 13 Abs. 2 ergreift danach den gesamten Vertrag. Zudem ist nicht anzunehmen, dass der Vertrag auch ohne den nichtigen Teil abgeschlossen worden wäre (§ 59 Abs. 3 VwVfG). Die Zahlungsverpflichtung ist ein wesentlicher Bestandteil des Vertrags aus der Sicht der Beigeladenen zu 2. Es wird nicht nur aus dem Vertragstext selbst deutlich, sondern auch aus den Umständen des Zustandekommens. Die Höhe der Zahlungen hat die Beigeladene zu 1 im Rahmen ihrer Entscheidungsmatrix zweimal mit der höchsten Punktzahl von 4 in Form der "Gestattungsabgabe" pro Jahr an die Gemeinde und der "Einmalzahlung" bewertet. Sie macht daher 8 von 39 Gewichtungspunkten aus. Die Bestimmung des § 15 Abs. 2 des Vertrags widerspricht somit jedenfalls hinsichtlich des § 13 Abs. 2 nicht nur der gesetzlichen Regelung des §59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG, sondern auch dem Vertragsinhalt im Übrigen.
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Die Unwirksamkeit des städtebaulichen Vertrages ergreift auch den Bebauungsplan. Es besteht zwar keine strikte Rechtmäßigkeitsverknüpfung zwischen dem städtebaulichen Vertrag und dem zugeordneten Bebauungsplan, ob und inwieweit ein solcher Zusammenhang besteht, ist vielmehr eine Frage der Abwägung (Reidt, BauR 2001 46/54). Im vorliegenden Fall war jedoch der städtebauliche Vertrag nicht nur ein tragendes, sondern das tragende Element in der zum Bebauungsplan führenden Abwägung. Mit dem städtebaulichen Vertrag fällt deswegen auch der Bebauungsplan. Die im Folgenden darzustellenden Zusammenhänge sind offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB).
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Dies ergibt sich zum einen aus den oben dargelegten Zusammenhängen im Rahmen der Behandlung der Anregung der Antragstellerin. Die Ursächlichkeit folgt weiter daraus, dass in der Begründung, aber auch den Entwurfsbegründungen im gesamten Aufstellungsverfahren, unter Ziffer 2 "Ziel und Zweck des B-Plans" ausgeführt wird: Die WEA hätten eine Nabenhöhe von 105m und 3-flüglige Rotoren mit einem Radius von 45 m. Die resultierende Höhe betrage 150 m über Gelände. Unter Nr. 7 "Erläuterung der Standortplanung" wird sodann ausgeführt, Vorgaben aus dem Flächennutzungsplan, immissionsschutzrechtliche Parameter und Grenzwerte auf der Grundlage von Gutachten und Prognosen, sowie physikalische Messgrößen hinsichtlich der Windintensität und Turbulenzen beschränkten neben vorhandenen Anlagen die freie Standortwahl und die Anzahl der WEA. Weiterhin seien die Grundstücksverfügbarkeit einschließlich derer für die Zuwegungen sowie die minimale Inanspruchnahme von Boden Plankriterien. Auch hier wird deutlich, dass die Grundstücksverfügbarkeit für die Beigeladene zu 1 ein wesentliches Planelement darstellt; Gleiches gilt für die von der Beigeladenen zu 1 in die Planung eingeführten Parameter ihrer Anlagen. Aus alledem wird deutlich, dass der gesamte Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis entscheidend von der Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Beigeladenen zu 1 und 2 abhängt.
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2. Das Vorhaben der Beigeladenen zu 1 ist daher aus der Sicht des Senats in Hinblick auf die Beurteilung der Aussicht der Anfechtungsklage an § 35 BauGB zu messen. Dabei ist eine Rechtsverletzung der Antragstellerin im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht ausgeschlossen. Denn der Antragsgegner hätte den Grundsatz einer sachgerechten Auswahl unter sich ausschließenden Genehmigungsanträgen zu Gunsten der Antragstellerin zu beachten. Das Rangfolgeproblem stellt sich - erst - dann, wenn ein Ausgleich durch gegenseitige Rücksichtnahme tatsächlich ausgeschlossen bzw. rechtlich von einem der Investoren nicht zu verlangen ist (vgl. zu Erweiterungsinteressen BVerwG, U. v. 25.05.1977 - IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122; vgl. auch Stüer a.a.O. Rn. 2663) und somit nur eines der betroffenen Vorhaben realisierbar ist.
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In einem solchen Fall ist, soweit das Gesetz nichts Abweichendes regelt, nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu verfahren, namentlich dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. So liegt der Fall hier: Das Bundesimmissionsschutzgesetz trifft keine - ausdrückliche - Regelung über den Vorrang beim Zusammentreffen konkurrierender Anträge. Daraus könnte folgen, dass die Behörde eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, die nicht willkürlich sein darf (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 26.09.1991 - 1 L 74/91, 1 L 75/91 - zit. nach juris). Selbst wenn dem Bundesimmissionsschutzgesetz die Geltung des strikten Prioritätsprinzips entnommen werden kann (so wohl Rolshoven, NVwZ 2006, 516), bleibt offen, worauf bei Anwendung des Prioritätsprinzips abzustellen wäre, ob auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags (so OVG Lüneburg a.a.O.), dessen Vollständigkeit (so Rolshoven, NVwZ 2006, 516) oder dessen Genehmigungsfähigkeit (vgl. VGH München, U. v. 15.05.2006 - 1 B 04.1893 - NVwZ-RR 2007, 83; vgl. zur Problematik Klinski: Überblick über die Zulassung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien, 2005, S.67f.). Selbst wenn das Prioritätsprinzip maßgebend ist, wäre zu erwägen, ob nicht andere sachgerechte Erwägungen (vgl. Schütte, NuR 2008, 142, 146) jedenfalls im Ausnahmefall - etwa aus Vertrauensschutzgesichtspunkten (vgl. Klinski, S. 68 zu § 5 Abs. 1 Satz 4 SeeAnlV) - auch eine andere Entscheidung rechtfertigen können oder sogar gebieten (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 26.09.1991 - 1 L 74/91, 1 L 75/91 - zit. nach juris).
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Im Rahmen der summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist es für den Senat offen, auf welche Kriterien im vorliegenden Fall sachgerecht abgestellt werden kann bzw. muss. Zum einen ist derzeit nicht erkennbar, - wenn hierauf abgestellt wird - ob zum gegenwärtigen Zeitpunkt oder zu welchem jeweiligen Zeitpunkt die Anträge der Antragstellerin bzw. der Beigeladenen zu 1 nach Maßgabe des § 35 BauGB - jeweils das konkurrierende Vorhaben hinweggedacht - genehmigungsfähig geworden sind. Ebenso lässt sich nicht beurteilen - wenn auf diesen Gesichtspunkt abgestellt wird -, zu welchem Zeitpunkt die Anträge in Hinblick auf eine Beurteilung nach § 35 BauGB vollständig gewesen sind. Gleiches gilt, wenn man auf die Genehmigungsfähigkeit in dem Sinne abstellt, dass die Anträge nach Durchführung der erforderlichen Öffentlichkeitsbeteiligung und weiterer Verfahrensschritte entscheidungsreif sind. Schließlich dürfte im vorliegenden Fall der angesprochene Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes näher zu prüfen sein: Unabhängig davon, ob der Antragsgegner die Antragstellerin zusätzlich darauf hingewiesen hat, dass die Antragsunterlagen nicht vollständig sind, dürfte zu berücksichtigen sein, dass diese - wie die vorstehend angestellte summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergeben hat zu Recht - auf den Standpunkt steht, dass ihr Antrag jedenfalls nicht an den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 4 der Beigeladenen zu 2 scheitert. Insoweit hatte sich die Antragstellerin aus ihrer Sicht zunächst mit der Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit auseinanderzusetzen. Von ihrem Standpunkt aus wären die vollständigen Unterlagen bezogen gewesen auf ein Außenbereichsvorhaben, von dem der Antragsgegner davon ausgegangen ist, das konkurrierende Vorhaben der Antragstellerin sei nach dieser Vorschrift nicht zu beurteilen.
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3. Für die nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Folgenabwägung ist unter diesen Umständen wesentlich: Derzeit ist eine Beurteilung beider Vorhaben durch den Antragsgegner nach § 35 BauGB ausgeschlossen. Mangels Verwerfungskompetenz des Antragsgegners, der nach wie vor von der Gültigkeit des Bebauungsplans Nr. 4 auszugehen hat, kommt die Erteilung einer Genehmigung an die Antragstellerin offensichtlich nicht in Betracht. Ebenso scheidet die Beurteilung des Vorhabens der Beigeladenen zu 1 an Hand von § 35 BauGB aus. Vielmehr hat unter den oben dargelegten Gesichtspunkten die Beigeladene zu 2 zu entscheiden, ob sie gemäß § 1 Abs. 8 BauGB den Bebauungsplan Nr. 4 aufhebt - alsdann wären beide Vorhaben durch den Antragsgegner nach § 35 BauGB zu beurteilen -, ob sie ein Verfahren zu dessen Änderung gemäß §1 Abs. 8 BauGB einleitet, um zu versuchen, die aufgezeigten Mängel zu beseitigen, oder ob sie ein gänzlich neues Bebauungsplanverfahren einleitet unter gleichzeitiger Aufhebung des bisherigen Bebauungsplanes Nr. 4. Dabei käme auch der Erlass einer Veränderungssperre in Betracht (siehe dazu Senat, B. v. 19.10.2006 - 3 M 63/06 - NordÖR 2007, S. 80 = BRS 70 Nr. 150; BVerwG, U. v. 21.11.1986 - 4 C 22.83 - BVerwGE 75, 172 = NJW 1987, S. 1344). Durch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin wird der Weg frei, auf der Grundlage der tragenden Ausführungen des Senates in diesem Beschluss über das weitere Verfahren zu befinden.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG, die Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz3 GKG).
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Auf Antrag soll durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht.
(2) Der Vorbescheid wird unwirksam, wenn der Antragsteller nicht innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit die Genehmigung beantragt; die Frist kann auf Antrag bis auf vier Jahre verlängert werden.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 6. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Betrieb einer Windkraftanlage.
- 2
Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen (Fa. ABO Wind AG) begehrte mit einem am 7. März 2011 bei dem Beklagten eingegangenen Antrag, der mit einem vom 23. Dezember 2011 eingegangenen Schreiben abgeändert worden war, die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für fünf Windenergieanlagen in den Gemarkungen B… und W…. Der Beklagte erteilte unter dem 14. Juni 2012 die beantragte Genehmigung.
- 3
Die Klägerin hatte am 23. März 2011 und am 17. September 2011 die Erteilung von immissionsschutzrechtlichen Vorbescheiden für die Errichtung von insgesamt fünf Windkraftanlagen in der Gemarkung H… beantragt. Der Abstand der zueinander nächstgelegenen Anlagen der Windparks der Beigeladenen und der Klägerin beträgt 1,9 km. Die beantragten Vorbescheide wurden der Klägerin unter dem 13. Oktober 2011 bzw. dem 7. Dezember 2011 erteilt. Im Tenor beider Bescheide heißt es, den Vorhaben werde nach Maßgabe der vorgelegten Antrags- und Planunterlagen, die Bestandteil dieses Bescheides seien, bezüglich der bauleit- und landesplanerischen Zulässigkeit zugestimmt.
- 4
Gegen die der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 14. Juni 2012 erhob die Klägerin Widerspruch und machte im Wesentlichen geltend, es bestehe die Befürchtung, dass sich aufgrund der Kumulierung von Anlagen für sie Nachteile in puncto Schallimmissionen ergeben könnten. Aufgrund der ihr erteilten positiven Vorbescheide beanspruche sie, dass ihre Anlagen als Vorbelastung berücksichtigt würden. Diesen Widerspruch wies der Kreisrechtsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2013 als unzulässig zurück. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, die Klägerin befinde sich lediglich im Besitz eines positiven Bauvorbescheides. Schall- bzw. immissionsschutzrechtliche Festsetzungen würden von diesem Vorbescheid nicht umfasst.
- 5
Die Klägerin stellte unter dem 26. März 2013 einen Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb derjenigen Anlagen, die bereits Gegenstand der Vorbescheide vom 13. Oktober 2011 und 6. Dezember 2011 waren.
- 6
Die von der Klägerin angestrengte Klage vor dem Verwaltungsgericht blieb ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht Koblenz hat zur Begründung seines klageabweisenden Urteils vom 6. Mai 2014 im Wesentlichen ausgeführt, zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass grundsätzlich beide Vorhaben nebeneinander bestehen könnten. Allerdings könnten nicht beide Verfahren im Falle eines gemeinsamen Betriebes so viel immitieren, wie dies bei Genehmigung lediglich eines Vorhabens möglich wäre. Der Klägerin sei im Ansatz zuzugeben, dass zwischen einem Vorbescheid und dem Genehmigungsbescheid ein echtes Konkurrenzverhältnis bestehen könne. Auch der Grundsatz der Priorität könne ein sachliches Kriterium darstellen. Allerdings setze dies voraus, dass der betreffende Vorbescheid von seinem Inhalt her eine Regelung treffe, welcher die Vorbelastung konkret beschreibe. Nur durch eine solche Konkretisierung könne eine Bindungswirkung entstehen, die im Genehmigungsverfahren für eine konkurrierende Anlage als bestehende Rechtsposition zu berücksichtigen sei. Eine solche Position habe die Klägerin indes durch die beiden Vorbescheide nicht erlangt, da diese bloße Standortvorbescheide darstellten. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Vorbescheide, die lediglich die bauleit- und landesplanerische Zulässigkeit der Vorhaben in Bezug nähmen. Die Auswirkungen von Lärm und Schatten seien nicht Gegenstand der erteilten Vorbescheide und könnten an deren Bindungswirkung nicht teilnehmen.
- 7
Mit der vom Senat zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Sie trägt im Wesentlichen vor, der Vorbescheid bringe zum Ausdruck, dass der konkret festgelegte Standort der Anlage einer positiven Gesamtbeurteilung Stand halte. Dass dem Vorhaben keine unüberwindlichen Hindernisse entgegenstünden, lasse sich anhand des dem Antrag beigefügten Kartenmaterials belegen, woraus sich ergebe, dass angesichts der aus zahlreichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse der Mindestabstand zur Wohnbebauung oder zu Einzelgehöften im vorliegenden Fall gewahrt bleibe. Die Zustimmung zu einem vorläufigen positiven Gesamtergebnis, die als feststellender Teil des Verwaltungsaktes anzusehen sei, führe unter dem Gesichtspunkt der TA-Lärm dazu, dass die zeitlich vorrangige Genehmigung im Wege des Immissionsvorbescheides als Vorbelastung für die weiteren fünf Anlagen zu gelten habe.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 6. Mai 2014 die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 12. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2013 mit einer Nebenbestimmung des Inhalts zu versehen, dass darin die von den fünf Windenergieanlagen der Klägerin ausgehenden Schall- und Schattenwurfimmissionen als Vorbelastung gemäß Nr. 2.4, 3.2.1 TA-Lärm Berücksichtigung finden.
- 10
Der Beklagte beantragt,
- 11
die Berufung zurückzuweisen.
- 12
Er trägt im Wesentlichen vor, die Klägerin habe es versäumt in ihren Anträgen auf Erteilung der Vorbescheide die Bewertung von Schall- und Schattenimmissionen zur Prüfung zu stellen. Sie könne den Beklagten nunmehr nicht anlasten, die Einbeziehung dieser Aspekte unterlassen zu haben, die sie selbst bei der Antragstellung nicht erwogen habe. Es sei gängige Praxis, dass Windkraftbetreiber sich sogenannte Schall- und Schattenkontingente über Vorbescheide sicherten, in dem sie die Prüfung der Schall- und Schattenimmissionen im Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides mit beantragten.
- 13
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
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die Berufung zurückzuweisen.
- 15
Sie trägt vor, das Rechtsstaatsprinzip und der Gleichheitsgrundsatz verlangten eine sachgerechte Auswahl bzw. Reihung unter den sich ausschließenden Genehmigungsanträgen. Dabei erweise sich der Gesichtspunkt der Priorität konkurrierender Anträge grundsätzlich als sachgerechtes Kriterium, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalles eine Abweichung hiervon rechtfertigen. Die Voraussetzung hierfür sei, dass eine echte Konkurrenzsituation bestehe. Davon könne aber nur dann ausgegangen werden, wenn die parallelen Anträge denselben Genehmigungsinhalt beträfen und denselben Verfahrensstand erreicht hätten. Vorliegend habe dem beklagten Landkreis im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den Genehmigungsantrag der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen am 14. Juni 2012 noch kein Genehmigungsantrag der Klägerin vorgelegen, der zum ersteren in Konkurrenz hätte treten können. Die Klägerin habe vielmehr erst am 26. März 2013 mithin mehr als neun Monate später einen Genehmigungsantrag bei dem Beklagten eingereicht. Auch die von ihr eingereichten Voranfragen und die hierauf vom Beklagten erteilten Vorbescheide seien zu keinem Zeitpunkt in ein echtes Konkurrenzverhältnis mit dem Genehmigungsantrag der Rechtsvorgänger der Beigeladenen getreten, weil diese nicht denselben Genehmigungsinhalt betroffen hätten. Im Gegensatz zu dem Genehmigungsantrag der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen hätten die Voranfragen der Klägerin keine Aussage zu den Emissionen des Vorhabens, erst Recht nicht zu deren immissionsschutzrechtlicher Zulässigkeit enthalten. Der Klägerin seien keine umfassenden Standortvorbescheide, sondern lediglich auf einzelne Genehmigungsvoraussetzungen begrenzte Vorbescheide erteilt worden. Wie sich aus der Begründung der Vorbescheide ergebe, sei die bauleit- und landesplanerische Zulässigkeit bestätigt worden, aber nicht umfassend, sondern – mangels Vorlage weiterer Unterlagen – lediglich das Nichtentgegenstehen des Planvorbehalts nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB geprüft und festgestellt worden. Wie die Begründung der Vorbescheide ausdrücklich betone, seien alle weiteren Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 BImSchG nicht geprüft worden. Die Immissionen des Vorhabens der Klägerin bzw. dessen Zulässigkeit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 BImSchG seien somit nicht Gegenstand der zu ihren Gunsten erteilten Vorbescheiden vom 13. Oktober 2011 und vom 7. Dezember 2011 geworden.
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Die immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens des § 5 Abs. 1 BImSchG sei auch nicht Prüfungsgegenstand einer vorläufigen Gesamtbeurteilung des klägerischen Vorhabens durch den Beklagten geworden. Denn die in § 9 Abs. 1 vorgesehene vorläufige Gesamtbeurteilung ist auf die vom Kläger eingereichten Unterlagen beschränkt, sodass sie nur soweit reichen könne, wie die Prüfung tatsächlich stattgefunden habe und aus dem Tenor bzw. den Gründen des Bescheides hervorgehe. Mangels Vorlage entsprechender Unterlagen zum Immissionsschutz habe aber der Beklagte bei Erteilung der beiden Vorbescheide überhaupt keine vorläufige positive Gesamtbeurteilung der Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht vornehmen können.
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Unabhängig davon würde auch eine unterstellte positive vorläufige Gesamtbeurteilung dem Antragsteller keinen Schutz gegenüber späteren Änderungen der Sach- oder Rechtslage vermitteln. Denn die Regelungen zur vorläufigen Gesamtbeurteilung in § 8 BImSchG gälten im Rahmen des Vorbescheides nach § 9 Abs. 1 BImSchG entsprechend. Danach entfalle die Bindungswirkung der vorläufigen positiven Gesamtbeurteilung u.a. bei einer Änderung der Sach- und Rechtslage. Dies habe vorliegend zur Folge, dass die Klägerin nicht davor geschützt sei, dass sich die immissionsschutzrechtliche Vorbelastung bis zur behördlichen Entscheidung über ihren Genehmigungsantrag ändere. Die Klägerin sei auch gegenüber einer veränderten immissionsschutzrechtlichen Vorbelastung im Umfeld ihres Vorhabens nicht schutzwürdig, das sie in diese Richtung jedenfalls bis zur Einreichung ihres Genehmigungsantrages vom 26. März 2013 keinen Planungsaufwand betrieben habe.
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Im Übrigen sei der Genehmigungsantrag der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen bereits am 7. März 2011 bei der Genehmigungsbehörde eingereicht worden, wobei bereits zu diesem Zeitpunkt das Schalltechnische Gutachten für die Errichtung und den Betrieb der fünf Windenergieanlagen am Standort N… vorgelegt worden sei. Demgegenüber habe die Klägerin zunächst mit Schreiben vom 22. März 2011 planungsrechtliche Bauvoranfrage für die Errichtung und den Betrieb von drei Windenergieanlagen und mit Schreiben vom 15. September 2011 eine Bauvoranfrage für die planungsrechtliche Zulässigkeit weiterer zwei Windkraftanlagen eingereicht. Beiden Anträgen seien aber keine Unterlagen beigefügt worden, die die Prüfung und Feststellung weiterer Genehmigungsvoraussetzungen ermöglicht hätten. Insbesondere zur immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeit seien keinerlei Angaben vorgelegt worden.
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Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten und den dazu eingereichten Anlagen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung ist unbegründet.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Abänderung der der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 14. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2013 für die Errichtung und den Betrieb von fünf Windenergieanlagen in N… zu Recht abgewiesen. Die Klage, die als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig ist (1), hat keinen Erfolg. Die Entscheidung des Beklagten, bei der Erteilung der immissionsschutzschutzrechtlichen Genehmigung an die Beigeladene die durch die von der Klägerin geplanten Windenergieanlagen hervorgerufenen Schallimmissionen und Belästigungen durch Schattenwurf nicht als vorhandene Vorbelastung zu berücksichtigen, ist rechtmäßig (2.).
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1. Der Senat versteht das Begehren der Klägerin dahin, dass sie aufgrund der ihr erteilten bestandskräftigen Vorbescheide vom 13. Oktober 2011 und vom 7. Dezember 2011 eine subjektiv-öffentliche Rechtsposition für sich in Anspruch nimmt, die bei Erteilung der hier angefochtenen Genehmigung hätte berücksichtigt werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, begehrt sie in der Sache die teilweise Aufhebung der der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 14. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2013 und die Verpflichtung der Behörde, der Beigeladenen eine Genehmigung nur unter Berücksichtigung der von ihren Anlagen (von den Anlagen der Klägerin) ausgehenden Immissionen zu erteilen. Dieses Begehren ist zulässig.
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Zugunsten der Klägerin kann zunächst davon ausgegangen werden, dass angesichts der konkreten Situation vor Ort nur ein gewisses Kontingent von zulässigen Lärmimmissionen und Belästigungen durch Schattenwurf (Igesamt) zur Verfügung steht: Durch die Immissionen, die von den fünf mit der Genehmigung vom 14. Juni 2012 zugelassenen Anlagen der Beigeladenen ausgehen (IWEA N…), wird dieses Kontingent (Igesamt) bereits zu einem großen Teil ausgeschöpft. Daraus folgt, dass bei Bestandskraft der der Beigeladenen erteilten Genehmigung vom 14. Juni 2012 die Genehmigung des Vorhabens der Klägerin nur noch unter Beifügung von Auflagen möglich ist, die zur eine wesentlichen Begrenzung des Anlagenbetriebs hinsichtlich Lärm und Schattenwurf führen müssen; das verbleibende Kontingent (Igesamt - IWEA N…= IDiff.1) erlaubt der Klägerin keinen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen mehr. Das Ausmaß der für den auskömmlichen Betrieb der von der Klägerin geplanten Anlagen erforderlichen Immissionen und Belästigungen (I …) übersteigt das verbleibende Kontingent (IDiff.1) in erheblichem Umfang. Danach ist das Begehren der Klägerin dahin zu verstehen, dass die Genehmigung vom 14. Juni 2012 insoweit aufgehoben werden soll, als das Kontingent (Igesamt) nicht zunächst an sie und erst das danach verbleibende Restkontingent (Igesamt – I..H = IDiff.2) an die Beigeladene vergeben worden ist und dass darüber hinaus das zur Verfügung stehenden Kontingent von zulässigen Lärmimmissionen und Belästigungen durch Schattenwurf ihr zugeteilt werden soll.
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2. Bereits das Anfechtungsbegehren ist aber unbegründet, sodass der zusätzlich gestellte Verpflichtungsantrag ins Leere geht. Die Anfechtungsklage wäre begründet, wenn die immissionsrechtliche Genehmigung vom 14. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2013 insoweit, als der Klägerin danach statt dem Immissionskontingent (I H…) nur das Kontingent (IDiff.1) verbleibt, rechtswidrig ist und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt wird. Dies ist aber nicht der Fall, da der Beklagte durch die Vorbescheide vom 13. Oktober 2011 und vom 7. Dezember 2011 nicht gehindert war, zu entscheiden wie geschehen (a.), und auch ansonsten ermessensfehlerfrei über die Genehmigungsanträge der Klägerin und des Beigeladenen befunden hat (b.).
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a. Aufgrund der bestandskräftigen Vorbescheide vom 13. Oktober 2011 und vom 7. Dezember 2011 war der Beklagte nicht gehindert, dem Genehmigungsantrag der Beigeladenen in vollem Umfang stattzugeben. Allerdings erscheint es durchaus denkbar, dass ein Vorbescheid für ein nachfolgendes, von einem Konkurrenten betriebenes Genehmigungsverfahren Bindungswirkungen erzeugt. Ein nicht nichtiger Verwaltungsakt entfaltet nämlich gemäß Art. 20 Abs. 3 GG und § 43 VwVfG eine sogenannte Tatbestandswirkung: Die getroffene Regelung ist zu beachten und nachfolgenden Entscheidungen über Genehmigungsanträge von Konkurrenten als gegeben zugrunde zu legen. Sofern und soweit mit den genannten Vorbescheiden die immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit der von der Klägerin geplanten Anlagen festgestellt worden ist, wäre der Beklagte daher im Rahmen des hier zu beurteilenden Verfahrens daran gebunden gewesen und hätte das zur Verfügung stehende Immissionskontingent (Igesamt) im Umfang der von den Anlagen der Klägerin ausgehenden Immissionen (I H….) dieser zuteilen und dieses Kontingent als Vorbelastung für die Anlagen der Beigeladenen berücksichtigen müssen.
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b. Diese Tatbestandswirkung wie sie von der Klägerin im rechtlichen Ausgangspunkt ihrer Überlegungen zutreffend angenommen wird, wird aber durch den Inhalt der Vorbescheide begrenzt. Hier ergibt eine Auslegung der Vorbescheide, dass die immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit der von der Klägerin geplanten Anlagen nicht festgestellt worden ist.
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Für die Auslegung der wortgleichen Vorbescheide vom 13. Oktober 2011 und vom 7. Dezember 2011 ist nach der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Regel der §§ 133, 157 BGB der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger der Bescheide bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Abzustellen ist dabei auf den Inhalt der Bescheide, aber auch auf die bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Begleitumstände.
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aa. Danach ist hier zunächst vom Tenor der Vorbescheide (vgl. jeweils Nr. I 1.) auszugehen, wonach
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„…dem Vorhaben … bezüglich der bauleit- und landesplanerischen Zulässigkeit…“
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zugestimmt werde. Wenn hier u.a. die bauleitplanerische Zulässigkeit einer im Außenbereich geplanten Windenergieanlage angesprochen wird, kann das nur so verstanden werden, dass die Zulässigkeit nach § 35 BauGB gemeint ist. Windenergieanlagen, die zu den privilegierten Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB zählen, sind danach dann zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt, soweit vorliegend von Interesse, gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB auch dann vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt ist. Mit dem Begriff der schädlichen Umweltauswirkungen verweist § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 auf die Begriffsbestimmung in § 3 Abs. 1 BImSchG, wonach schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen sind, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft hervorzurufen.
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Wenn somit durch die hier streitigen Vorbescheide die bauleitplanerische Zulässigkeit der Windenergieanlagen attestiert wird, spricht dies zunächst dafür, dass die beiden Vorbescheide dahin zu verstehen, dass mit den Vorbescheiden festgestellt wird, dass von dem Vorhaben „Windpark H…“ keine schädlichen Umwelteinwirkungen ausgehen. Zwar wird § 35 BauGB im Tenor und in den Gründen der beiden Vorbescheide nicht ausdrücklich erwähnt, dies ist aber nicht erforderlich. Zum einen ist im Falle eines Außenbereichsvorhabens der Begriff „bauleitplanerische Zulässigkeit“ synonym mit der Zulässigkeit nach § 35 BauGB zu verstehen. Im Übrigen ergibt sich aber auch aus den in den Gründen der Vorbescheiden angesprochenen Ersetzung des Einvernehmens der Ortsgemeinde W…-H… nach § 36 Abs. 1 BauGB, dass die Genehmigungsbehörde die in § 36 Abs. 1 angesprochenen Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 BauGB zum Gegenstand des Bescheides gemacht hat.
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bb. Bei der Ermittlung des Regelungsgehaltes der beiden Vorbescheide muss aber weiter berücksichtigt werden, dass nach dem Tenor beider Vorbescheide die Feststellung der bauleitplanerischen Zulässigkeit nur
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„… nach Maßgabe der vorgelegten Antrags- und Planunterlagen, die Bestandteil dieses Bescheides sind …“
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erfolgt. Die damit zum Gegenstand der Vorbescheide gemachten Antragsunterlagen umfassen neben Übersichtskarten und Lageplänen, in denen jeweils die Standorte der vorgesehenen Anlagen eingetragen sind, und der Bezeichnung der Standorte anhand der Gauß-Krüger-Koordinaten auch eine zeichnerische Darstellung der vorgesehenen Anlagen, aus der Typ und Maße, insbesondere die Nabenhöhe, die höchste Blattposition und die Gesamthöhe (179,38 m) ersichtlich sind. Nach dem für die Auslegung maßgeblichen Empfängerhorizont hat der Beklagte demnach – soweit vorliegend von Interesse – festgestellt, dass die durch Bezugnahme auf die Antragsunterlagen bezeichneten Windenergieanlagen an ihrem konkreten Standorten keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufen werden, soweit dies anhand der vorgelegten Unterlagen festgestellt werden kann. Dies liegt auch schon deshalb nahe, weil gemäß § 19 Abs. 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 BImSchG und § 4 Abs. 1 Satz 1 sowie § 4a Abs. 1, 2 Nr. 1 der aufgrund des § 10 Abs. 10 BImSchG erlassenden 9. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes – 9. BImSchV –, soweit durch geplante Anlagen schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können, die Antragsunterlagen auch eine Prognose der zu erwartenden Immissionen enthalten müssen. Ferner müssen dem Antrag gemäß § 4b der 9. BImSchV Angaben über die vorgesehenen Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und vor sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen beigefügt werden. Legt daher der Betreiber einer Windenergieanlage – wie hier – keine Unterlagen zu den Lärmauswirkungen der geplanten Anlage auf die Umgebung und zu dem von der Anlage hervorgerufenen Schattenwurf vor, kann er als Adressat des Vorbescheides nicht annehmen, dass die Zumutbarkeit Lärmimmissionen und Schattenwurf schon durch den Vorbescheid endgültig festgestellt worden ist.
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Der Regelungsgehalt der Vorbescheide kann aus der Sicht eines vernünftigen Adressaten daher nur dahin verstanden werden, dass die Genehmigungsbehörde die immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit der Vorhaben der Klägerin noch nicht abschließend beurteilt hat und die endgültige Entscheidung darüber erst erfolgen soll, wenn die Immissionsbelastung auf der Grundlage der von der Klägerin im Genehmigungsverfahren noch vorzulegenden Schall- und Schattenwurfgutachten beurteilt werden kann.
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Damit hat aber der Vorbescheid gerade nicht den feststellenden Teil der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung betreffend die immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit vollständig vorweggenommen, sondern diese Prüfung zu einem großen Teil dem künftigen Genehmigungsverfahren vorbehalten. Eine Bindungswirkung hinsichtlich des zulässigen Umfangs von Lärmimmissionen und Belästigungen durch Schattenwurf kommt den Vorbescheiden daher nicht zu. Durch diese Beschränkung der Prüfung auf die vorgelegten Unterlagen wird auch die Reichweite des vorläufigen positiven Gesamturteils begrenzt.
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c. Die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung war auch nicht etwa deshalb verfahrensfehlerhaft, weil der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, nach den Grundsätzen über die willkürfreie Behandlung paralleler Genehmigungsanträge ihren Antrag vor demjenigen der Beigeladenen zu bescheiden. Zwar erweist sich der Gesichtspunkt der Priorität konkurrierender Anträge grundsätzlich als sachgerechtes Kriterium, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalls eine Abweichung hiervon rechtfertigen (vgl. Beschluss des 8. Senats vom 21. März 2014, 8 B 19139/14.OVG m.w.N). Hier braucht darauf aber schon deshalb nicht näher eigegangen zu werden, weil über den Genehmigungsantrag der Beigeladenen vom 25. Februar 2011 unter dem 14. Juni 2012 entschieden worden war, derjenige der Klägerin aber erst am 26. März 2013 bei dem Beklagten eingegangen ist.
- 38
Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO zurückzuweisen.
- 39
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.
Beschluss
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Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren und zugleich für das Verfahren erster Instanz auf 137.500 €. festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 3 Nr.2 GKG).
Gründe
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In Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ist der Streitwert gemäß § 52 Abs.1 GKG nach der sich aus dem Antrag für den Kläger ergebenden Bedeutung der Sache festzusetzen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000,00 €, der sogenannte Auffangwert, anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Das Gericht ist somit, sofern genügende Anhaltspunkte vorliegen, berechtigt und verpflichtet, einen Streitwert nach richterlichem Ermessen zu bestimmen. Bei der Ausübung dieses Ermessens ist im Interesse der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung eine weitgehende Pauschalisierung und Schematisierung für gleichartige Streitigkeiten zulässig und geboten (vgl. BVerwG, JurBüro 1998, 809 f.). Dabei orientiert sich der Senat an den mit dem „Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013“ (LKRZ 2014, 169) vorgeschlagenen Werten. Dem Streitwertkatalog kommt zwar keine normative Wirkung zu, die dort vorgeschlagenen Werte können aber im Sinne einer „guten Praxis der Verwaltungsgerichte“ verstanden werden (vgl. BayVGH vom 11. Juli 2003, BayVBl. 2003, 28) und sind daher in der Regel eine geeignete Ausgangsbasis für die in das Ermessen des Senates gestellte Streitwertfestsetzung (so auch BVerwG, Beschluss vom 15. Juli 1994, 4 B 102/94).
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Das hier maßgebliche wirtschaftliche Interesse der Klägerin an einem Obsiegen im vorliegenden Verfahren wird dadurch bestimmt, dass sie selbst 5 Windenergieanlagen betreiben möchte und hier den behaupteten, ihr durch die Vorbescheide eingeräumten Bestand verteidigen will. Dieses Interesse ist gemäß Nr. 19.1.1 des Streitwertkataloges regelmäßig mit einem Betrag von 2,5 % der Herstellungskosten und mit dem durch Nr. 19.1.4 für die Bewertung eines Vorbescheides vorgesehenen Abschlag von 50 % angemessen bewertet. Hier waren danach der Bewertung die geschätzten Herstellungskosten von ca. 2.200.000 € je Anlage, insgesamt mithin 11.000.000 € zugrunde zu legen. 2,5% von diesem Betrag ergeben 275.000 €; die Hälfte davon beträgt 137.500 €.
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,-- € festgesetzt.
1
G r ü n d e:
2Der gemäß §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthafte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 6 K 2079/14 geführten Klage gegen die der Beigeladenen durch den Antragsgegner erteilte Genehmigung vom 17. Juni 2014 (Az.: ) zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage vom Typ Enercon E 70 E 4 mit einer Nabenhöhe von 63,50 m, einem Rotordurchmesser von 71,0 m und einer Gesamthöhe von 99,0 m auf dem Grundstück in O. , Gemarkung F. , wiederherzustellen,
4hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber nicht begründet.
5Der Antragstellerin fehlt es nicht bereits an der analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Antragsbefugnis. Denn sie kann geltend machen, möglicherweise in ihrem (Verfahrens-)Recht auf willkürfreie Behandlung paralleler Genehmigungsanträge durch die angefochtene Genehmigung verletzt worden zu sein. Diese Möglichkeit einer Rechtsverletzung reicht für die Antragsbefugnis aus.
6Vgl. u.a. Oberverwaltungsgericht des Landes Rheinland-Pfalz (OVG Rh-Pf), Beschluss vom 21. März 2014 - 8 B 10139/14.OVG -, juris Rn. 13 ff.
7Der mithin zulässige Antrag ist jedoch nicht begründet.
8Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 17. Juni 2014 ist zunächst in formaler Hinsicht nicht zu beanstanden.
9Namentlich entspricht sie den Anforderungen der §§ 80a Abs. 3 Satz 1 und Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, wonach das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO schriftlich zu begründen ist.
10Die schriftliche Begründung muss in nachvollziehbarer Weise die Erwägungen erkennen lassen, die die Behörde zur Anordnung der sofortigen Vollziehung veranlasst haben. Die Behörde ist verpflichtet, abgestellt auf den konkreten Fall das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung sowie die Ermessenserwägungen, die sie zur Anordnung der sofortigen Vollziehung bewogen haben, schlüssig und substanziiert darzulegen. Formelhafte und pauschale Begründungen oder Wendungen, mit denen lediglich der Gesetzestext wiederholt wird, reichen nicht aus.
11Vgl. etwa OVG für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 8. Mai 2007 - 8 B 2477/06 -, juris Rn. 43 und 45; Verwaltungsgericht (VG) Aachen, Beschluss vom 11. Januar 2010 - 6 L 319/09 -, juris Rn. 8 und 10; Puttler, in: Sodan/Ziekow, Kommentar zur VwGO, 2. Auflage 2006, § 80 Rn. 97 mit weiteren Nachweisen.
12In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob die für die sofortige Vollziehung angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind. Die Abwägung, ob das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin die gegenläufigen Vollziehungsinteressen der Beigeladenen überwiegt, ist vielmehr Teil der eigenständigen gerichtlichen Interessenabwägung.
13Vgl. VG Aachen, u.a. Beschluss vom 11. Januar 2010 - 6 L 319/09 -, juris Rn. 12.
14Diesen Anforderungen hat der Antragsgegner bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt. Er hat mit Blick auf den vorliegenden Einzelfall zur Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs ausgeführt, das überwiegende private Interesse der Beigeladenen folge aus den erheblichen finanziellen Nachteilen, die ihr aufgrund einer Verzögerung durch die aufschiebende Wirkung der von der Antragstellerin erhobenen Klage entstünden. Dazu zählten vor allem Verluste aus der Degression der Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die sich auf 20 Jahre hin auswirkten und die Kostenkalkulation insgesamt gefährdeten.
15Damit hat der Antragsgegner schlüssig und nachvollziehbar zu erkennen gegeben, aufgrund welcher konkreten Überlegungen er gerade im vorliegenden Fall ein überwiegendes privates Interesse an der sofortigen Vollziehung als gegeben ansieht. Dies genügt, wie dargelegt, den Begründungserfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
16Die in materieller Hinsicht vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Ungunsten der Antragstellerin aus.
17Maßgebliches Kriterium innerhalb der vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, überwiegt das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse. Stellt der angefochtene Verwaltungsakt sich dagegen als offensichtlich rechtmäßig dar, überwiegt in der Regel das Vollzugsinteresse. Lässt sich hingegen bei summarischer Überprüfung eine Offensichtlichkeitsbeurteilung nicht treffen, kommt es entscheidend auf eine Abwägung zwischen den für eine sofortige Vollziehung sprechenden Interessen einerseits und dem Interesse des Betroffenen an einer Aussetzung der Vollziehung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren andererseits an. Die Erfolgsaussichten sind dabei auch unabhängig von einer fehlenden Offensichtlichkeit einzubeziehen. Je höher diese sind, umso größer ist das Interesse an der aufschiebenden Wirkung. Sind die Erfolgsaussichten demgegenüber gering, fällt das Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts stärker ins Gewicht.
18Bei Anwendung dieses Maßstabs erweist sich die Genehmigung vom 17. Juni 2014 bei summarischer Betrachtung nicht aufgrund einer Verletzung dem Schutze der Antragstellerin dienender Vorschriften als offensichtlich rechtswidrig. Nach derzeitigem Sachstand ist vielmehr davon auszugehen, dass sie Rechte der Antragstellerin offensichtlich nicht verletzt.
19Da die Antragstellerin sich gegen den Genehmigungsbescheid nicht als Adressatin, sondern als Dritte wendet, ist Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung allein die Frage, ob die erteilte Genehmigung im Hinblick auf Vorschriften, die dem Schutz der Antragstellerin dienen, rechtmäßig ist. Einen Anspruch auf Rechtsschutz gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung haben Dritte nämlich nicht schon dann, wenn die Genehmigung objektiv rechtswidrig ist, also öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Vielmehr setzt die Gewährung von Rechtsschutz voraus, dass die Dritten durch den Verwaltungsakt zugleich in ihren Rechten verletzt sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz des Dritten dient, also drittschützende Wirkung hat.
20Die Verletzung einer drittschützenden Norm ist im vorliegenden Fall jedoch nicht erkennbar. Die angefochtene Genehmigung ist bei der hier allein möglichen, aber auch nur gebotenen summarischen Überprüfung im Ergebnis nicht zu beanstanden.
21Rechtsgrundlage für die angefochtene Genehmigung zur Errichtung der Windenergieanlage ist § 6 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG). Danach ist die erforderliche Genehmigung zu erteilen, wenn
22- 23
1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
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2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.
In Betracht kommt vorliegend unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung von Drittrechten allerdings nicht ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG.
27Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.
28Diese Bestimmung ist zwar grundsätzlich für Nachbarn drittschützend. Die Antragstellerin hat aber nicht aufgezeigt, dass von dem genehmigten Vorhaben mit Blick auf ihren eigenen Betrieb schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen ausgehen. Auch der Umstand, dass sie auf dem benachbarten, im Eigentum ihres Geschäftsführers stehenden Flurstück 48 selbst die Errichtung und den Betrieb einer Kleinwindenergieanlage plant, macht sie ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht zu einer Nachbarin im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG.
29Vgl. Jarass, BImSchG, Kommentar, 10. Auflage 2013, § 6 Rn. 70.
30Es liegt auch kein Verstoß gegen andere öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne des § 6 Nr. 2 BImSchG vor. Die Antragstellerin kann sich insbesondere nicht auf eine bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens sowie auf eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme berufen.
31Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens folgt aus § 30 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB). Danach ist ein Vorhaben planungsrechtlich zulässig, wenn es im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt, seinen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
32Dies ist hier der Fall. Das für den Standort der geplanten Windenergieanlage von der Beigeladenen vorgesehene Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans "Windkraftkonzentrationszone" der Gemeinde O. . Im Baugebiet wird die maximale Bauhöhe für Windkraftanlagen auf 99,0 m begrenzt. Dieser Festsetzung entspricht das streitgegenständliche Vorhaben. Daran, dass die Erschließung gesichert ist, bestehen keine Zweifel.
33Soweit durch das Fundament der genehmigten Windenergieanlage die nach den Festsetzungen des Bebauungsplans überbaubare Fläche überschritten wird, hat der Antragsgegner nach Erteilung des erforderlichen Einvernehmens durch den Rat der Gemeinde O. im Genehmigungsbescheid insoweit von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB eine Befreiung erteilt. Dass hierdurch Rechte der Antragstellerin, die nicht Eigentümerin eines angrenzenden oder sonst von den Auswirkungen des Vorhabens betroffenen Grundstücks und damit nicht Nachbarin im Sinne des § 31 Abs. 2 BauGB ist,
34vgl. Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 7. Auflage 2006, § 31 Rn. 45 ff.,
35verletzt sein könnten, ist nicht erkennbar. Auf das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme, das einen angemessenen Interessenausgleich zwischen benachbarten Grundstückseigentümern gewähren soll, kann sich die Antragstellerin daher ebenfalls nicht berufen.
36Berufen kann sich die Antragstellerin hingegen darauf, das Konkurrenzverhältnis zwischen dem streitgegenständlichen Vorhaben der Beigeladenen und dem von ihr im gleichen Baufeld geplanten Vorhaben sei durch die angefochtene Genehmigung des konkurrierenden Vorhabens willkürlich zu ihren Lasten und damit ihre Rechte verletzend gelöst worden. Eine Verletzung der Rechte der Antragstellerin kann die Kammer im Ergebnis jedoch nicht feststellen.
37Wie ein echtes Konkurrenzverhältnis zwischen parallel zur Genehmigung gestellten Vorhaben, die sich im Fall ihrer Realisierung vollständig oder teilweise ausschließen, von der Genehmigungsbehörde zu behandeln ist, ist im Immissionsschutzrecht nicht ausdrücklich geregelt. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass bei Vorliegen einer echten Konkurrenzsituation parallel gestellter Genehmigungsanträge von der Behörde eine fehlerfreie Ermessensentscheidung darüber gefordert ist, in welcher Reihenfolge sie die Anträge bescheidet. Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangen hier eine sachgerechte Auswahl bzw. Reihung unter den sich ausschließenden Genehmigungsanträgen. Dabei erweist sich der Gesichtspunkt der Priorität konkurrierender Anträge zwar nicht zwingend als alleiniges, grundsätzlich aber als sachgerechtes Kriterium, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalls eine Abweichung hiervon rechtfertigen.
38Vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 13. Mai 2014 - 22 CS 14.851 -, juris Rn. 13; OVG Rh-Pf, Beschluss vom 21. März 2014 - 8 B 10139/14.OVG -, juris Rn. 21; Thüringer OVG (ThürOVG), Beschlüsse vom 17. Juli 2012 - 1 EO 35/12 -, juris Rn. 30, und vom 1. Juni 2011 - 1 EO 69/11 -, juris Rn. 33; OVG des Landes Mecklenburg-Vorpommern (OVG MV), Beschluss vom 28. März 2008 - 3 M 188/07 -, juris Rn.32; Rolshoven, Wer zuerst kommt, mahlt zuerst? - Zum Prioritätsprinzip bei konkurrierenden Genehmigungsanträgen, NVwZ 2006, 522 f.
39Die Kammer muss vorliegend nicht entscheiden, ob es sich bei dem Zusammentreffen von Anträgen auf eine (immissionsschutzrechtliche) Vollgenehmigung und auf Erteilung eines (baurechtlichen) Vorbescheids in rechtlicher Hinsicht überhaupt um ein echtes Konkurrenzverhältnis in diesem Sinn handelt.
40Vgl. OVG Rh-Pf, Beschluss vom 21. März 2014 - 8 B 10139/14.OVG -, juris Rn. 26 (wohl verneinend); ThürOVG, Beschluss vom 17. Juli 2012 - 1 EO 35/12 -, juris Rn. 26 ff. (bejahend).
41Auch muss die Kammer hier nicht weiter aufklären, ob die Realisierung des Vorhabens der Beigeladenen eine Realisierung des konkurrierenden Vorhabens der Antragstellerin in tatsächlicher Hinsicht zwingend ausschließt. Der zwischen den Standorten der beiden geplanten Windenergieanlagen bestehende Abstand von lediglich 84 m spricht allerdings auch ohne Einholung eines Turbulenzgutachtens dafür, dass eine Verwirklichung des Vorhabens der Beigeladenen (Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von 63,50 m und einem Rotordurchmesser von 71,0 m) aufgrund der von dieser Anlage zu erwartenden Auswirkungen auf die Standsicherheit der von der Antragstellerin geplanten Anlage für eine Realisierung dieses Vorhabens selbst unter günstigsten Bedingungen eine Sperrwirkung wohl entfalten dürfte.
42Vgl. Ziffer 5.2.3.4 des Windenergie-Erlasses NRW vom 11. Juli 2011 (MBl. NRW. 2011 S. 321), der insoweit für benachbarte Windenergieanlagen der neuen Generation erst ab einem Abstand von mindestens fünf (bis acht) Rotordurchmessern eine Ungefährlichkeit der Turbulenzeffekte annimmt und eine Unterschreitung eines Mindestabstands von drei Rotordurchmessern als regelmäßig gefährlich für die Standsicherheit ansieht; vgl. auch: OVG NRW, u.a. Beschluss vom 9. Juli 2003 - 7 B 949/03 -, juris Rn. 6 (drei- bis fünffacher Rotordurchmesser); Rolshoven, a.a.O., NVwZ 2006, 516 ff., 518.
43Ob eine solche Sperrwirkung aber bereits von der Genehmigung ausgelöst wird und die Genehmigung eines konkurrierenden Vorhabens damit ausschließt oder ob mit Blick darauf, dass eine erteilte Genehmigung nicht zwangsläufig auch umgesetzt werden muss, nicht lediglich die Baufreigabe für das konkurrierende Vorhaben nur unter der auflösenden Bedingung erteilt werden darf, dass von der Erstgenehmigung Gebrauch gemacht worden ist,
44vgl. hierzu: OVG Rh-Pf, Beschluss vom 21. März 2014 - 8 B 10139/14.OVG -, juris Rn. 17; Rolshoven, a.a.O., NVwZ 2006, 516 ff., 519, 522 f.,
45muss hier im Übrigen ebenfalls nicht entschieden werden, weil streitgegenständlich nicht die unter dem 9. Juli 2014 - aus anderen Gründen - erfolgte Zurückweisung des Antrages der Antragstellerin auf Erteilung eines Bauvorbescheides ist. Diese ist vielmehr Gegenstand des beim erkennenden Gericht parallel geführten Klageverfahrens 3 K 1508/14.
46Vorliegend geht es allein um die Frage, ob durch die Erteilung der Genehmigung für das Vorhaben der Beigeladenen Rechte der Antragstellerin verletzt sind. Diese Frage kann die Kammer hier aber verneinen, ohne dass die aufgeworfenen Fragen letztlich beantwortet werden müssten. Denn selbst bei Annahme einer - in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht - echten Konkurrenzsituation verletzt die Entscheidung des Antragsgegners, das Vorhaben der Beigeladenen zu genehmigen, Rechte der Antragstellerin nicht.
47Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist sich der Antragsgegner der (möglichen) Konkurrenzsituation bewusst gewesen und hat diese unter Anwendung des Prioritätsprinzips zugunsten der Beigeladenen gelöst.
48Die Antragstellerin hatte zunächst am 21. November 2013 unter Vorlage eines Lageplans und zweier Übersichtskarten einen Antrag auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids für eine Windenergieanlage vom gleichen Typ wie die genehmigte Anlage der Beigeladenen gestellt. Nachdem sie vom Antragsgegner auf die Unvollständigkeit der Unterlagen hingewiesen und um Vorlage einzeln bezeichneter Gutachten gebeten worden war, nahm sie den Antrag mit Schreiben vom 11. Dezember 2013 zurück und stellte zugleich einen Antrag auf Erteilung eines planungsrechtlichen Bauvorbescheids für eine Kleinwindenergieanlage mit einer Gesamthöhe von weniger als 49 m. Nachdem die Baugenehmigungsbehörde des Antragsgegners mit Schreiben vom 16. Mai 2014 auch hinsichtlich dieses Antrages nach Beteiligung seiner Immissionsschutzbehörde weitere Unterlagen angefordert, diese aber innerhalb der gesetzten Frist nicht erhalten hatte, wies sie den Antrag mit - nicht bestandskräftigem - Bescheid vom 9. Juli 2014 unter Hinweis auf die Unvollständigkeit der Bauvorlagen zurück.
49Die für die Entscheidung über den Genehmigungsantrag der Beigeladenen zuständige Immissionsschutzbehörde ist mithin in dem baurechtlichen Verfahren auf Erteilung eines planungsrechtlichen Vorbescheids beteiligt worden. In ihrer Stellungnahme vom 5. März 2014 führt die Immissionsschutzbehörde im vorliegend relevanten Zusammenhang aus: "Da bereits ein Vollantrag vorliegt und dieser zur Genehmigung ansteht, ist in diesem Konkurrenzverhältnis zu klären, ob das Kleinwindrad aus bautechnischer und planungsrechtlicher Sicht noch zusätzlich (an zweiter Stelle) genehmigungsfähig ist". Damit hat sie dem aus ihrer Sicht vollständigen und zur Entscheidung anstehenden Genehmigungsantrag der Beigeladenen unter Hinweis auf den Prioritätsgrundsatz eindeutig den Vorzug gegenüber dem Vorhaben der Antragstellerin gegeben. Dass sie in dem Genehmigungsbescheid vom 17. Juni 2014 hierzu keine Ausführungen gemacht hat, ist vor dem Hintergrund des insoweit eindeutigen Akteninhalts unschädlich, wenngleich sich regelmäßig aus Gründen der Rechtsklarheit und -sicherheit eine Dokumentation der Auswahlentscheidung im Genehmigungsbescheid anbieten dürfte.
50Die Entscheidung des Antragsgegners, im Ergebnis maßgeblich darauf abzustellen, dass hinsichtlich des Genehmigungsantrags der Beigeladenen bereits am 30. September 2013 die Vollständigkeit der Unterlagen festgestellt worden war und das Genehmigungsverfahren nach Durchführung der Behördenbeteiligung bereits soweit fortgeschritten war, dass der Antrag zur Genehmigung anstand, ist nicht zu beanstanden.
51Ob unter Anwendung des Prioritätsprinzips auf den Zeitpunkt des Antrags, auf dessen Vollständigkeit oder auf dessen Genehmigungsfähigkeit abzustellen ist, wird nicht einheitlich beantwortet. Grundsätzlich wird man aber annehmen können, dass eine Planung regelmäßig Rücksicht auf eine bereits hinreichend verfestigte andere Planung nehmen muss, die den zeitlichen „Vorsprung“ hat.
52Vgl. BayVGH, Beschluss vom 13. Mai 2014 - 22 CS 14.851 -, juris Rn. 13; OVG Rh-Pf, Beschluss vom 21. März 2014 - 8 B 10139/14.OVG -, juris Rn. 21 und 23; ThürOVG, Beschluss vom 17. Juli 2012 - 1 EO 35/12 -, juris Rn. 30; OVG MV, Beschluss vom 28. März 2008 - 3 M 188/07 -, juris Rn.32.
53Dies wird in der Regel jedenfalls der Antrag sein, der früher vervollständigt worden ist. Denn (erst) zu diesem Zeitpunkt hat sich der Gegenstand des Verfahrens in einer Weise konkretisiert, dass er Gegenstand einer sachgerechten Prüfung werden und der Antragsteller davon ausgehen kann, aus Gründen des Vertrauensschutzes davor bewahrt zu sein, dass der von ihm betriebene Aufwand, um seinen Antrag entscheidungsreif zu machen, durch das Verhalten eines Konkurrenten - etwa auch durch die Stellung eines unter Umständen nahezu ohne Planungsaufwand möglichen Antrags auf Erteilung eines Vorbescheids - nachträglich entwertet wird.
54Vgl. ThürOVG, Beschluss vom 1. Juni 2011 - 1 EO 69/11 -, juris Rn. 38; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 13. Mai 2014 - 22 CS 14.851 -, juris Rn. 13; OVG Rh-Pf, Beschluss vom 21. März 2014 - 8 B 10139/14.OVG -, juris Rn. 23.
55Angesichts dieser Überlegungen ist die vom Antragsgegner getroffene Entscheidung, das Vorhaben der Beigeladenen zu genehmigen, auch wenn diese Genehmigung (bzw. deren Ausnutzung) möglicherweise dazu führt, dass das Vorhaben der Antragstellerin nicht mehr genehmigungsfähig oder realisierbar ist, nicht willkürlich oder sonst verfahrensfehlerhaft. Denn für den Genehmigungsantrag der Beigeladenen ist bereits am 30. September 2013 und damit deutlich vor Einreichung des (nach Auffassung der Baugenehmigungsbehörde unvollständigen) Antrags der Antragstellerin auf Erteilung eines baurechtlichen Vorbescheids die Vollständigkeit der Unterlagen festgestellt und die Behördenbeteiligung eingeleitet worden. Dass die Feststellung der Vollständigkeit fehlerhaft gewesen sein könnte, ist für die Kammer entgegen der nicht weiter belegten Behauptung der Antragstellerin nicht erkennbar. Dass der Antrag der Beigeladenen zu diesem Zeitpunkt möglicherweise noch nicht genehmigungsfähig war, weil unter anderem das gemeindliche Einvernehmen zu der beantragten Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans sowie die luftverkehrsrechtliche Zustimmung noch fehlten, ist nach dem zuvor Gesagten nicht entscheidend. Die Planung der Beigeladenen war jedenfalls in der erforderlichen Weise hinreichend verfestigt und ein im vorliegenden Zusammenhang berücksichtigungsfähiger Vertrauensschutztatbestand entstanden.
56Es ist auch nicht ausnahmsweise zu Gunsten der Antragstellerin zu berücksichtigen gewesen, dass ihre eigene Planung sich bereits in einer Weise verfestigt hätte, dass abweichend von dem beschriebenen Prioritätskriterium eine andere Auswahlentscheidung geboten gewesen wäre. Denn der Antrag auf Erteilung eines baurechtlichen Vorbescheids ist von der Antragstellerin mit geringstmöglichem Planungsaufwand gestellt und auf die Beantwortung der Frage reduziert worden, ob an dem vorgesehenen Standort eine Kleinwindenergieanlage mit einer Gesamthöhe von weniger als 49 m planungsrechtlich zulässig ist. Von einer bereits verfestigten Planung, die ausnahmsweise im Sinne der Antragstellerin vorzugswürdig sein könnte, kann angesichts dessen keine Rede sein.
57Vgl. BayVGH, Beschluss vom 13. Mai 2014 - 22 CS 14.851 -, juris Rn. 13.
58Weitere Gesichtspunkte, die eine abweichende Auswahlentscheidung erfordern könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
59Durch den angefochtenen Genehmigungsbescheid des Antragsgegners vom 17. Juni 2014 werden Rechte der Antragstellerin daher nicht verletzt.
60Vor diesem Hintergrund fällt die Interessenabwägung zum Nachteil der Antragstellerin aus. Leitend dafür ist der Befund, dass die Genehmigung - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt - mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht gegen subjektiv-öffentliche Rechte der Antragstellerin verstößt. Des Weiteren gibt den Ausschlag, dass auch im Übrigen die privaten wirtschaftlichen Interessen an der Ausnutzung der Genehmigung das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegen. Insoweit stellt sich die Interessenlage im Ergebnis so dar, wie sie vom Antragsgegner in der Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung zutreffend ausgeführt worden ist. Hierauf wird Bezug genommen. Die Kammer weist ergänzend darauf hin, dass die mit dem genehmigten Vorhaben beabsichtigte Erhöhung des Stromanteils aus erneuerbaren Energien am gesamten Strombedarf erklärtes politisches Ziel in der Bundesrepublik Deutschland ist und vor diesem Hintergrund der zügige Ausbau der aus der Windkraft zu gewinnenden Energie auch ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse begründet.
61Der Antrag ist mithin vollumfänglich abzulehnen.
62Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil sie einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
63Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Dabei orientiert sich das Gericht bei der Bewertung des Interesses der Antragstellerin an dem vorliegenden Verfahren in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des OVG NRW (vgl. u.a. Beschluss vom 5. November 2009 - 8 B 1342/09.AK -, juris Rn. 8 ff., 15) an Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der (Neu-)Fassung vom 18. Juli 2013 und berücksichtigt, dass in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen des lediglich vorläufigen Charakters der begehrten Entscheidung der Streitwert regelmäßig auf die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzusetzenden Streitwerts (hier 15.000,-- €) zu beziffern ist.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Ist die Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsakts im Widerspruchsverfahren erstmalig mit einer Beschwer verbunden, soll der Betroffene vor Erlaß des Abhilfebescheids oder des Widerspruchsbescheids gehört werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.