Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 31. Juli 2014 - 2 K 1762/13

bei uns veröffentlicht am31.07.2014

Tenor

1. Der Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin als Beamtin auf Probe in den Polizeivollzugsdienst einzustellen. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.03.2013 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.06.2013 werden aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe als Polizeikommissarin im Polizeivollzugsdienst.
Sie wurde am … 1990 geboren und absolvierte nach ihrem Abitur ab dem 01.07.2009 die Ausbildung für den gehobenen Dienst im Polizeivollzugsdienst des Landes Baden-Württemberg als Polizeikommissaranwärterin. Die Ausbildung schloss sie am 26.03.2013 erfolgreich mit dem „Bachelor of Arts (B.A.) - Polizeivollzugsdienst/Police Service“ mit der Note befriedigend ab. Zum 01.04.2013 bewarb sie sich um die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst des Landes Baden-Württemberg und zur Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe.
Im November 2012 unternahm sie eine mehrtägige Flug- und Autoreise, in deren Anschluss sie an einer 2-Etagen-Thrombose am linken Bein erkrankte. Am 07.01.2013 unterschrieb sie im Rahmen ihrer Einstellungsuntersuchung für den Polizeivollzugsdienst eine vom Beklagten vorgefertigte Erklärung, in der es insbesondere hieß: „Ich bin bereit, dem untersuchenden Polizeiarzt alle Umstände zu offenbaren, die für die Beurteilung meines Gesundheitszustandes von Bedeutung sein können, soweit dies zur Abklärung meiner Polizeidiensttauglichkeit erforderlich ist.“ Entsprechend legte die Klägerin unter anderem einen im Rahmen der erlittenen Thrombose erstellten ärztlichen Befundbericht vor, welcher bei ihr einen Gendefekt (sog. heterozygote Variante einer Faktor-V-Leiden-Mutation) diagnostizierte. Weiter hieß es in dem Befundbericht: „Träger dieses Genotyps haben ein 5 bis 10fach erhöhtes Risiko für tiefe Venenthrombosen. Das Vorliegen weiterer exogener oder endogener hereditärer oder erworbener Risikofaktoren (zum Beispiel andere Gerinnungsdefekte, schwere Erkrankungen, Immobilisierung, Einnahme oraler Kontrazeptiva, Schwangerschaft) führt zu einem weiteren Anstieg des Risikos.“
In einer ärztlicher Stellungnahme vom 17.01.2013 erachtete der Leiter des ärztlichen Dienstes des Bereitschaftspolizeipräsidiums Baden-Württemberg die Klägerin für nicht polizeidiensttauglich. Das Risiko eines Rezidivs einer Thromboembolie aufgrund der vorhandenen genetischen Disposition sei mit der Polizeidiensttauglichkeit nicht zu vereinbaren. Es liege die Fehlernummer 2.2.1 der Polizeidienstvorschrift PDV-300 vor (Nr. 2.1.3 der neuen Fassung). Mit polizeiärztlichem Zeugnis vom 31.01.2013 wurde festgestellt, dass die Klägerin zur Einstellung in den Polizeivollzugsdienst nicht gesundheitlich geeignet sei.
Daraufhin legte die Klägerin weitere fachärztliche Zeugnisse vor, denen zufolge eine sehr gute Rekanalisierung der thrombosierten Areale bestehe und keine phlebologischen Gründe der Ausübung des Polizeiberufes entgegenstünden bzw. ihre Polizeidiensttauglichkeit nicht eingeschränkt sei.
Mit Bescheid vom 15.03.2013 teilte das Regierungspräsidium Karlsruhe unter Bezugnahme auf die polizeiärztlichen Feststellungen der Klägerin mit, dass sie mangels Polizeidiensttauglichkeit „zur Zeit“ nicht als Polizeikommissarin in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt werden könne. Falls bei einer erneuten Untersuchung die Polizeidiensttauglichkeit festgestellt werde, werde man ihre Einstellung beim Polizeipräsidium Karlsruhe zum nächstmöglichen Zeitpunkt prüfen.
Mit ihrem am 27.03.2013 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst erfordere, dass der Beamte den besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes genüge. Die tiefe Beinvenenthrombose nebst Thrombophilie in Form der Faktor-V-Leiden-Mutation führe jedoch zu keiner Einschränkung ihrer Polizeidiensttauglichkeit. Dies ergebe sich aus den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen. Diese bestätigten, dass die Möglichkeit künftiger Erkrankungen mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Die Thrombose aus dem Jahr 2012 habe auf mehreren ungünstigen Faktoren beruht: einem ungünstigen Pillenpräparat, einem heftigen Infekt, Wassermangel sowie langem Sitzen während eines Flugs. Inzwischen nehme die Klägerin keine Ovulationshemmer mehr. Soweit sie weitere Vorsichtsmaßnahmen beachte, sei die Polizeidiensttauglichkeit nicht eingeschränkt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.2013 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei gemäß § 9 BeamtStG zur Ausübung des Polizeivollzugsdienstes gesundheitlich nicht geeignet. In bestimmten Laufbahnen wie z.B. in Vollzugsdiensten müssten an die Tauglichkeit besondere Anforderungen gestellt werden. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 und 4 LVOPol i.V.m. § 16 Abs. 2 LBG dürfe nur eingestellt werden, wer polizeidiensttauglich und nach dem Ergebnis des Einstellungsverfahrens geeignet sei. Es liege der Fehler 2.2.1 der Polizeidienstvorschrift 300 (a.F.) vor, der eine Einstellung ausschließe. Die Möglichkeit des Eintritts einer dauerhaften Polizeidienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze könne aufgrund des Risikos eines Rezidivs einer Thromboembolie in Folge der vorhandenen genetischen Disposition nicht ausgeschlossen werden. Polizeiärztlichen Gutachten komme bei der Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit zudem ein höherer Beweiswert als sonstigen ärztlichen Gutachten zu.
Am 18.07.2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie verweist auf ihre Widerspruchsbegründung sowie auf weitere ärztliche Stellungnahmen, wonach eine vollständige Rekanalisation des linken Beins eingetreten und die Behandlung mit Marcumar beendet worden sei. Das Risiko für eine Rezidiv-Thrombose werde durch die bei ihr diagnostizierte heterozygote Form des Faktor-V-Leidens nicht signifikant erhöht. Der Dienstherr habe nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Feststellung der gesundheitlichen Eignung. Das Bundesverwaltungsgericht halte bislang vorgenommene Typisierungen und statistische Wahrscheinlichkeiten, die weder einem Gegenbeweis noch einer nachträglichen Korrektur zugänglich seien, nunmehr für rechtswidrig. Eine solche vom Bundesverwaltungsgericht beanstandete Typisierung nebst statistischen Wahrscheinlichkeiten wohne der PDV 300 inne. Das Bundesverwaltungsgericht fordere daher eine hinreichende Tatsachenbasis bei der Prognosebeurteilung. Sie sei gesund, lebe bewusst, trinke und rauche nicht, treibe Sport und nehme auch keine Medikamente mehr ein.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten zu verpflichten, sie unter Aufhebung des Bescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.03.2013 sowie des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.06.2013 in das Beamtenverhältnis auf Probe einzustellen,
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den Beklagten zu verpflichten, sie besoldungs-, versorgungs- und auch sonst dienstrechtlich so zu stellen, als sei sie am 01.04.2013 in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt worden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung verweist er auf den Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, die Polizeidienstvorschrift 300 sei eine auch Fürsorgegesichtspunkten Rechnung tragende, allgemeine Entscheidung des Dienstherrn, welche gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen von den Bewerbern und den Polizeibeamten erfüllt sein müssten, um den besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie an die seelische Belastbarkeit zu genügen. Die Polizeidiensttauglichkeit setze die Verwendbarkeit des Beamten der Vollzugspolizei zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seiner Amtsbezeichnung entsprechenden Stellung voraus, ohne Rücksicht darauf, ob er im Außen- oder Innendienst eingesetzt sei. Als Fehlerkennziffer, die eine Einstellung ausschließe, nenne die Anlage 1.1 der PDV 300 Ausgabe 1998 die Nr. 2.2.1 „Krankheiten des Blutes und/oder der blutbildenden Organe“. Auch in der Ausgabe 2012 der PDV 300 sei diese Fehlerkennziffer unter der Nr. 2.1.3 aufgeführt. Träger eines Faktor-V-Leidens hätten ein fünf- bis zehnfach erhöhtes Risiko tiefer Venenthrombosen. Kämen bei diesen Personen weitere exogene oder endogene hereditäre oder erworbene Risikofaktoren (zum Beispiel Gerinnungsdefekte, schwere Erkrankungen, Immobilisierung, Einnahme oraler Kontrazeptiva, Schwangerschaft etc.) hinzu, führe dies zu einem weiteren Anstieg des Risikos. Die polizeiärztlichen Feststellungen seien zum Zeitpunkt der Untersuchung geeignet, von einer Polizeidienstunfähigkeit auf Dauer auszugehen. Das latent vorhandene Risiko einer erneuten Komplikation könne nicht ausgeschlossen werden. Die Klägerin sei akut mit Marcumar behandelt worden und trage präventiv einen Kompressionsstrumpf. Der Dienstherr würde somit ein erhebliches Risiko eingehen, wenn er die Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe einstellen und möglicherweise noch in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen würde. Nicht zuletzt auch im Hinblick auf eine mögliche vorzeitige krankheitsbedingte Zurruhesetzung und die damit verbundenen Pensionsleistungen könne eine Einstellung nicht erfolgen. Zwar gingen die ärztlichen Bescheinigungen unter den Bedingungen einer konsequenten physikalischen Therapie, einer steten Gewichtskontrolle, der Durchführung von Venensport und des Tragens eines Kompressionsstrumpfes von der Minimierung eines weiter vorhandenen Risikos aus. Aber die Veranlagung der Klägerin, erneut an einer Thrombose zu erkranken, sei weiterhin vorhanden. Dieses Restrisiko könne nicht auf Null reduziert werden. Es könne auch nicht auf den Dienstherrn verlagert werden. Anders als in den vom Bundesverwaltungsgericht in seinen Urteilen vom 25.07.2013 - 2 C 12/11 - und vom 30.10.2013 - 2 C 16/12 - (jeweils juris) entschiedenen Fällen gehe es hier nicht um den von der Rechtsprechung nun abgelehnten Beurteilungsspielraum des Dienstherrn hinsichtlich eines Nichterreichens der Altersgrenze, sondern um die Erfüllung der besonderen gesundheitlichen Voraussetzungen für die Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes. Diese Einstellungsvoraussetzungen seien in der PDV 300 zusammengefasst. Anders als in den vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fällen enthalte die PDV 300 als Fehlerziffer auch die Blutkrankheit der Klägerin. Für ein erheblich größeres Risiko der Klägerin, nicht nur in Bezug auf eine vorzeitige Dienstunfähigkeit, sondern auch in Bezug auf eine konkrete gesundheitliche Schädigung durch die besonderen Belastungen des Polizeivollzugsdienstes sprächen neben den dienstlichen Anforderungen insbesondere beim geschlossenen Einsatz (stundenlanges Sitzen oder Stehen in beengten Verhältnissen) auch die erforderliche Therapie mit blutverdünnenden Mitteln (Verletzungsgefahr). Insofern sei es auch aus Fürsorgegesichtspunkten geboten, die Klägerin nicht in den Polizeivollzugsdienst als Beamtin auf Probe einzustellen. Über ihre allgemeinen Dienstfähigkeit sei damit nicht entschieden; auf diese komme es aber auch nicht an.
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Die Kammer hat am 16.06.2014 ein erstes Mal über den Streitgegenstand mündlich verhandelt. Durch Beschluss vom 16.06.2014 hat das Gericht die mündliche Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO zur weiteren Sachverhaltsaufklärung wiedereröffnet (vgl. im Einzelnen die Gründe des Beschlusses vom 16.06.2014). Zudem hat die Kammer die Beteiligten auf die Vorschrift des § 53 Abs. 4 bis 6 LBG hingewiesen.
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Im Anschluss daran haben sich die Beteiligten ergänzend geäußert. Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte habe schuldhaft gegen § 53 Abs. 6 LBG verstoßen, weswegen sie einen Anspruch auf Ersatz der ihr entstandenen Schäden habe.
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Der Beklagte vertritt die Auffassung, die Berücksichtigung der genetischen Disposition sei zulässig, weil hinsichtlich des Risikos einer erneuten Thrombose ein Bezug zum Dienstposten bestehe. Es gehe nicht darum, ein umfassendes Persönlichkeits- und Gesundheitsprofil zu erstellen. Auch wenn man das Ergebnis der genetischen Untersuchung der Klägerin hinweg denke, blieben Eignungszweifel, weil in diesem Fall ungewiss sei, weshalb die Klägerin eine Thrombose erlitten habe. Diese Ungewissheit rechtfertige die Ablehnung der Klägerin als polizeidienstuntauglich. Auch die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen forderten - trotz Genesung der Klägerin - durchweg Vorsichtsmaßnahmen. Die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setze sich in Widerspruch zu Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach dem Dienstherrn hinsichtlich der Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Eignung ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zustehe. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei unbegründet, weil der Klägerin mangels gesundheitlicher Eignung kein Anspruch auf Einstellung zustehe.
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In der weiteren mündlichen Verhandlung vom 31.07.2014 hat das Gericht einen Sachverständigenbeweis erhoben durch Anhörung des Leiters der Gerinnungs- und Thromboseambulanz der Inneren Medizin Abteilung III des Universitätsklinikums Heidelberg, ..., Facharzt für Angiologie und Kardiologie. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die dem Gericht vorliegenden Akten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Klägerin hat einen Anspruch auf Einstellung in den Polizeivollzugsdienst und Ernennung zur Beamtin auf Probe; die ablehnenden Bescheide des Regierungspräsidiums Karlsruhe sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist hingegen unbegründet.
I.
22 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Einstellung in den Polizeivollzugsdienst und Ernennung zur Beamtin auf Probe gemäß §§ 4, 5 Abs. 1 Nr. 1 LVOPol i.V.m. § 16 Abs. 2 LBG. Sie hat mit der erfolgreichen Absolvierung des Vorbereitungsdienstes für den gehobenen Dienst und durch Bestehen der Laufbahnprüfung die Befähigung für die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe erworben. Der Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass nicht alle erfolgreichen Absolventen des Vorbereitungsdienstes in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen werden würden, weil zwischen den Absolventen des Vorbereitungsdienstes eine (weitere) Auswahl nach Leistungsgesichtspunkten stattfinden würde.
23 
Die Klägerin ist nach Überzeugung des Gerichts auch polizeidiensttauglich (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 LVOPol).
24 
1. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 LVOPol darf in den Polizeidienst nur eingestellt werden, wer polizeidiensttauglich ist. Die Vorschrift konkretisiert damit für den Sachbereich des Polizeidienstes die allgemeinen Vorschriften des Art. 33 Abs. 2 GG sowie des § 9 BeamtStG, wonach Ernennungen nur nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen sind.
25 
Geeignet in diesem Sinne ist nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 16/12 -, BVerwGE 148, 204, juris Rn. 10 m.w.N.). Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (vgl. hierzu und zum Folgenden BVerwG, Urteil vom 30.10.2013, a.a.O., juris Rn. 18 ff.). Dabei ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein. Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Auf dieser Basis können sich die Verwaltungsgerichte im gleichen Maße ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung des Bewerbers und über die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen bilden wie die zuständige Behörde; insoweit besteht kein Anlass, die gerichtliche Kontrolldichte zugunsten der Verwaltung einzuschränken.
26 
Aufgrund des Lebenszeit- und des Alimentationsprinzips (Art. 33 Abs. 5 GG), die den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten verpflichten, besteht ein legitimes Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten. Deswegen kann der Dienstherr einem Bewerber die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn auch dann absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 16/12 -, a.a.O., juris Rn. 23 ff., Aufgabe der vorherigen Rechtsprechung, die eine fehlende gesundheitliche Eignung bereits bejahte, wenn eine vorzeitige Dienstunfähigkeit nicht ausgeschlossen werden konnte).
27 
Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Das individuelle Leistungsvermögen muss in Bezug zu den körperlichen Anforderungen der Dienstposten gesetzt werden, die den Statusämtern der betreffenden Laufbahn zugeordnet sind. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Für die Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes des Bewerbers muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und seiner Verfassung erstellen. Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Insbesondere ist es bei der medizinischen Bewertung zu berücksichtigen, wenn der individuelle Krankheitsverlauf des Betroffenen Besonderheiten gegenüber den statistischen Erkenntnissen aufweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013, a.a.O., juris Rn. 30 ff.).
28 
Der Polizeivollzugsdienst stellt besondere Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie die seelische Belastbarkeit, wobei die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit von Bewerbern um die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst in Sinne einer universellen Einsetzbarkeit insbesondere die Verwendung im Außendienst und (Wechsel-)Schichtdienst, den körperlichen Einsatz gegen Personen, die Anwendung unmittelbaren Zwangs und den Gebrauch von Waffen zulassen muss (vgl. hierzu auch Nr. 1.2 der aktuellen Fassung der Polizeidienstvorschrift 300 „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und Polizeidienstfähigkeit“ - PDV 300 -). Welche Anforderungen im Einzelnen nach dem Willen des Dienstherrn an die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern für den Polizeivollzugsdienst zu stellen sind, konkretisiert die bundesweit einheitliche PDV 300, die in ihrer Anlage 1.1 Merkmalsnummern festlegt, deren Vorliegen die sogenannte Polizeidiensttauglichkeit ausschließen sollen (vgl. Nr. 2.3.3 i.V.m. mit der Anlage 1.1 der PDV 300). Bei der PDV 300 handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift, die von einer Bund-Länder-Kommission aus Juristen, Polizeipraktikern und Leitenden Polizeiärzten erarbeitet wird, durch die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern zur Einführung empfohlen wird und sodann von den jeweiligen Innenministerien für ihren Hoheitsbereich per Anordnung in Kraft gesetzt wird. Die aktuelle Ausgabe der PDV 300 ist durch Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 22.07.2013 mit Wirkung zum 01.09.2013 in Kraft gesetzt worden.
29 
Hinsichtlich der Auslegung und Anwendung der PDV 300 sind nach Auffassung der Kammer nach der oben zitierten neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwei Fallgruppen zu unterscheiden (ähnlich wohl VG Berlin, Urteil vom 22.01.2014 - 7 K 117.13 -, juris Rn. 25):
30 
Soweit die PDV 300 Merkmale formuliert, die - ohne Auswirkungen auf die gegenwärtige Wahrnehmung der Ämter der Laufbahn - lediglich bezogen auf die Zukunft sicherstellen sollen, dass der Beamte bis zum Beginn der Altersgrenze dienstfähig bleibt, handelt es sich hierbei nicht um nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbare körperliche Anforderungen im Sinne der obigen Rechtsprechung. Vielmehr muss das Gericht hinsichtlich solcher Merkmale ohne Einschränkung der Prüfungsdichte positiv feststellen, dass aufgrund des Vorliegens einer in der Anlage der PDV 300 festgelegten Merkmals mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine vorzeitige Dienstunfähigkeit oder regelmäßige krankheitsbedingte Ausfälle des Beamten zu erwarten sind. Soweit dies der Wortlaut der in der Anlage 1.1 der PDV 300 formulierten körperlichen Zustände zulässt, ist dieser Prognosemaßstab bereits im Rahmen der Auslegung der PDV 300 zu berücksichtigen.
31 
Soweit die PDV 300 spezifische körperliche Anforderungen festlegt, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können, ist diese Festlegung vom Gericht grundsätzlich nur eingeschränkt überprüfbar; dem Dienstherrn kommt hinsichtlich der Bestimmung der körperlichen Anforderungen grundsätzlich ein weiter Beurteilungsspielraum zu (vgl. zu einem solchen Fall Bayerischer VGH, Beschluss vom 15.01.2014 - 3 ZB 13.1074 -, juris Rn. 14). Auch ist davon auszugehen, dass es dem Dienstherrn - schon aufgrund der großen Vielzahl verschiedener Krankheitstypen - nicht verwehrt ist, bei der Festlegung der körperlichen Anforderungen an die Polizeivollzugsbeamten auch in gewissem Umfang zu typisieren. Dem Gericht obliegt grundsätzlich lediglich die Prüfung, ob der Beamte die festgelegten körperlichen Anforderungen erfüllt.
32 
Eingeschränkt wird der insoweit bestehende grundsätzlich weite Beurteilungsspielraum des Dienstherrn zur Festlegung körperlicher Merkmale allerdings hinsichtlich genetischer Dispositionen eines Beamtenbewerbs durch § 53 Abs. 4 bis 6 LBG. Gemäß § 53 Abs. 4 Nr. 1 LBG sind genetische Untersuchungen und Analysen im Sinne von § 3 Nr. 1 und 2 des Gendiagnostikgesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2529) - GenDG - in der jeweils geltenden Fassung bei Bewerberinnen und Bewerbern für ein Beamtenverhältnis vor und nach der Ernennung unzulässig. Gemäß § 53 Abs. 6 LBG darf die Mitteilung von Ergebnissen bereits vorgenommener genetischer Untersuchungen oder Analysen weder verlangt werden, noch dürfen solche Ergebnisse entgegen genommen oder verwendet werden. Diese gesetzlichen Vorgaben sind wiederum - soweit möglich - bereits im Rahmen der Auslegung der Merkmalsnummern der PDV 300 zu berücksichtigen.
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2. Gemessen hieran ist die Polizeidiensttauglichkeit der Klägerin zu bejahen. Die Voraussetzungen der Merkmalsnummer 2.1.3 der aktuellen Fassung der PDV 300 bzw. der Nr. 2.2.1 der vorherigen Fassung, auf die der Beklagte die Annahme der Polizeidienstuntauglichkeit der Klägerin stützt, liegen nicht vor.
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Die Merkmalsnummer 2.1.3 der aktuellen Fassung der PDV 300 legt fest, dass „Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe, Gerinnungsstörungen“ die Polizeidiensttauglichkeit ausschließen. Diese Tatbestandsmerkmale sind nach Ansicht der Kammer einschränkend dahingehend auszulegen, dass eine heterozygote Form einer Faktor-V-Leiden-Mutation hiervon nicht erfasst wird. Denn es ist nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass ein Beamter oder eine Beamtin mit einer solchen Faktor-V-Leiden-Mutation vorzeitig dienstunfähig werden oder regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen wird (vgl. dazu a)). Auch ist das Nichtvorliegen einer solchen Faktor-V-Leiden-Mutation kein körperliches Merkmal, von dem der Dienstherr zulässiger Weise annehmen darf, nur ein Beamter ohne dieses Merkmal sei in der Lage, alle von ihm geforderten Aufgaben als Polizeivollzugsbeamter zu erfüllen (vgl. b)). Schließlich ist die Polizeidiensttauglichkeit der Klägerin auch nicht im Übrigen aufgrund der im Jahr 2012 erlittenen Beinvenenthrombose zu verneinen (vgl. dazu a) sowie c)).
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a) Eine heterozygote Form einer Faktor-V-Leiden-Mutation kann nicht unter die in der Merkmalsnummer 2.1.3 der aktuellen Fassung der PDV 300 genannten „Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe, Gerinnungsstörungen“ mit dem Argument subsumiert werden, bei Vorliegen dieser Faktor-V-Leiden-Mutation drohe eine vorzeitige Dienstunfähigkeit des Beamten oder regelmäßige krankheitsbedingte Ausfälle.
36 
In seinen angefochtenen Bescheiden war der Beklagte noch davon ausgegangen, die genannte Merkmalsnummer schließe die Einstellung von Beamtenbewerbern mit einer heterozygoten Form einer Faktor-V-Leiden-Mutation im Hinblick auf eine drohende vorzeitige Dienstunfähigkeit aus. Diese Annahme beruhte allerdings auf der zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums noch bestehenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der zufolge die gesundheitliche Eignung eines Beamten bereits dann verneint werden durfte, wenn eine vorzeitige Dienstunfähigkeit nicht ausgeschlossen werden konnte. Zwischenzeitlich hat das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung allerdings geändert und verlangt nunmehr, dass eine vorzeitige Dienstunfähigkeit oder regelmäßige krankheitsbedingte Ausfälle des Beamten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Eine solche überwiegende Wahrscheinlichkeit lässt sich indes nicht feststellen: Das Faktor-V-Leiden als solches erhöht (in seiner heterozygoten Form) die Thrombosegefahr nach den Feststellungen des in der mündlichen Verhandlung gehörten Sachverständigen lediglich in geringem Maße, etwa in gleicher Weise wie die Einnahme östrogenhaltiger Empfängnisverhütungsmittel. Auch wenn eine Faktor-V-Leiden-Mutation vom Wortlaut der Merkmalsnummer 2.1.3 genannten „Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe, Gerinnungsstörungen“ wohl erfasst wäre, ist die Merkmalsnummer vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nunmehr einschränkend auszulegen.
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Unabhängig hiervon sind auch keine individuellen, risikoerhöhenden Faktoren erkennbar, die erwarten ließen, dass die Klägerin vorzeitig dienstunfähig würde oder regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen könnte. Ihre Thrombose ist mittlerweile vollständig ausgeheilt, ohne dass in irgendeiner Weise therapiebedürftige Defekte zurückgeblieben wären. Insbesondere muss die Klägerin keine blutverdünnenden Medikamente mehr einnehmen und auch das Tragen von Kompressionsstrümpfen ist nach Ansicht des Sachverständigen nicht mehr angezeigt. Wie der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, gibt es eine Vielzahl von exogenen und endogenen Faktoren, die das Risiko des Auftretens von Thrombosen erhöhen. Im Fall der Klägerin war die bei ihr aufgetretene Thrombose in erster Linie durch das Zusammenwirken mehrerer ungünstiger exogener Faktoren (Immobilisation im Rahmen einer langen Flug- und Autoreise, schwerer Infekt, Flüssigkeitsverlust, Einnahme eines östrogenhaltigen Kontrazeptivums) bedingt. Nachdem die Klägerin um das Vorliegen der Faktor-V-Leiden-Mutation weiß, achtet sie bewusst darauf, alle (beeinflussbaren) exogenen risikoerhöhenden Faktoren zu vermeiden, führt einen gesunden Lebenswandel, treibt regelmäßig Sport (Handball), raucht nicht und nimmt keine östrogenhaltigen Kontrazeptiva ein. Nach dem Eindruck des Gerichts von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung wird sie dies auch in Zukunft gewissenhaft beachten: Auch wenn sie gegenwärtig - nach Ablehnung der Einstellung in den Polizeivollzugsdienst - eine Ausbildung zur Krankenschwester macht, ist es doch ihr sehnlichster Wunsch, der Familientradition entsprechend ihr Berufsleben im Polizeivollzugsdienst zu verbringen, so dass anzunehmen ist, dass sie alles ihr Mögliche unternehmen wird, um diesen Wunsch wahr werden zu lassen.
38 
Auch der Beklagte hat nach Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr die Ansicht vertreten, im Fall der Klägerin drohe eine vorzeitige Dienstunfähigkeit.
39 
b) Eine heterozygote Form einer Faktor-V-Leiden-Genmutation kann auch nicht mit der Begründung unter die in der Merkmalsnummer 2.1.3 der PDV 300 genannten „Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe, Gerinnungsstörungen“ gefasst werden, nur Beamte ohne diese Disposition seien in der Lage, alle von einem Polizeivollzugsbeamten geforderten Aufgaben uneingeschränkt wahrzunehmen.
40 
Die Kammer hat bereits Zweifel, ob trotz des grundsätzlich weiten Beurteilungsspielraums des Dienstherrn hinsichtlich der Festlegung von die Dienstausübung betreffenden körperlichen Merkmalen hinreichende sachliche Gründe für den Ausschluss von Beamten mit einer heterozygoten Form einer Faktor-V-Leiden-Mutation bestehen. Denn wie bereits ausgeführt ist das durch eine solche Faktor-V-Leiden-Mutation bedingte Thromboserisiko verhältnismäßig gering und entspricht ungefähr dem Thromboserisiko durch die Einnahme östrogenhaltiger Kontrazeptiva und damit einem Risiko, das der Dienstherr als hinnehmbar ansieht.
41 
Dies kann allerdings offen bleiben, weil die in der Merkmalsnummer 2.1.3 der PDV 300 genannten „Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe, Gerinnungsstörungen“ jedenfalls aufgrund § 53 Abs. 4 und Abs. 6 LBG einschränkend dahin auszulegen sind, dass hiervon genetische Dispositionen des Beamtenbewerbers nicht erfasst werden.
42 
Die Faktor-V-Leiden-Genmutation ist eine Disposition, die dem Dienstherrn aufgrund einer genetische Untersuchung bzw. Analyse im Sinne von § 3 Nr. 1 und 2 GenDG bekannt geworden ist und damit im Rahmen einer Untersuchung, die gemäß § 53 Abs. 4 Nr. 1 LBG bei Bewerberinnen und Bewerbern für ein Beamtenverhältnis vor und nach der Ernennung unzulässig ist. Entgegen der der Klägerin vorgelegten (und von ihr unterzeichneten) Einverständniserklärung über die Offenbarung aller für die Beurteilung ihres Gesundheitszustandes bedeutsamen Umstände, durfte der Dienstherr gemäß § 53 Abs. 6 LBG die Vorlage von genetischen Untersuchungen oder Analysen nicht verlangen und die von der Klägerin überreichten Untersuchungsergebnisse auch nicht entgegen nehmen. Die dennoch entgegen genommenen Ergebnisse durften gemäß § 53 Abs. 6 LBG nicht verwendet werden.
43 
Die Berücksichtigung der genetischen Disposition der Klägerin war auch nicht ausnahmsweise zulässig gemäß § 53 Abs. 5 LBG. Denn nach § 53 Abs. 5 Satz 1 LBG sind lediglich abweichend von § 53 Abs. 4 Nr. 2 LBG diagnostische genetische Untersuchungen ausnahmsweise zulässig, soweit sie zur Feststellung genetischer Eigenschaften erforderlich sind, die für schwerwiegende gesundheitliche Störungen, die bei einer Tätigkeit auf einem bestimmten Dienstposten oder mit einer bestimmten Tätigkeit entstehen können, ursächlich oder mitursächlich sind. Im vorliegenden Fall steht einer Berücksichtigung der genetischen Disposition der Klägerin aber § 53 Abs. 4 Nr. 1 LBG entgegen, der nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ausnahmslos gilt und auch durch § 53 Abs. 5 LBG keine Einschränkung erfährt. Ein anderes Verständnis der Vorschrift ist auch nicht nach ihrem Sinn und Zweck geboten: Dem Gesetzgeber geht es im Wege der Transformation des bundesrechtlichen Gendiagnostikgesetzes in Landesrecht darum, zum Schutz der Würde des Menschen und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung eine Benachteiligung aufgrund genetischer Eigenschaften zu verhindern (vgl. §§ 1, 4 GenDG). Dass damit notwendigerweise eine gewisse Einschränkung des Handlungsspielraums des Dienstherrn bei der Auswahl seiner Bewerber einhergeht, ist vom Gesetzgeber gewollt und auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (zur Einschränkung von Art. 33 Abs. 2 GG durch kollidierendes Verfassungsrecht vgl. etwa Jarass/Pieroth, GG, 13. Auflage 2014, Art. 33 Rn. 17 m.n.N.).
44 
Selbst wenn man aber entgegen der obigen Ausführungen § 53 Abs. 5 LBG im vorliegenden Fall für grundsätzlich anwendbar halten würde, durfte die genetische Disposition der Klägerin dennoch keine Berücksichtigung finden. Dabei kann offen bleiben, ob die bei der Klägerin festgestellte heterozygote Form der Faktor-V-Leiden-Mutation eine genetische Eigenschaft darstellt, „die für schwerwiegende gesundheitliche Störungen, die bei einer Tätigkeit auf einem bestimmten Dienstposten oder mit einer bestimmten Tätigkeit entstehen können, ursächlich oder mitursächlich“ ist. Bereits hieran bestehen erhebliche Zweifel, nachdem die genetische Disposition der Klägerin ihr Thromboserisiko lediglich geringfügig in einem Umfang erhöht, der in etwa dem Thromboserisiko durch die Einnahme östrogenhaltiger Kontrazeptiva entspricht; auch vom Beklagten ist nicht die Ansicht vertreten worden, Polizeibeamtinnen, die östrogenhaltige Kontrazeptiva einnähmen, drohten bei der Teilnahme an Großeinsätzen schwerwiegende gesundheitliche Störungen.
45 
Eine Berücksichtigung der genetischen Disposition der Klägerin im Rahmen von § 53 Abs. 5 Satz 1 LBG steht jedenfalls entgegen, dass eine solche gemäß § 53 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 8 GenG nur mit Einwilligung des Beamten zulässig ist. Die Klägerin ist mit einer Berücksichtigung der körperlichen Disposition zu ihren Lasten aber nicht einverstanden. Dass sie sich am 07.01.2013 mit der Offenbarung aller für die Beurteilung ihres Gesundheitszustandes bedeutsamen Umstände einverstanden erklärte, spielt insoweit keine Rolle: Abgesehen davon, dass die von ihr unterschriebene Erklärung keinen Hinweis auf die fehlende Pflicht zur Offenbarung genetischer Dispositionen enthielt, hat die Klägerin eine einmal erteilte Einwilligung jedenfalls mittlerweile (zumindest konkludent) widerrufen.
46 
Außerdem sind genetische Untersuchungen im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen nachrangig zu anderen Maßnahmen des Arbeitsschutzes (§ 53 Abs. 5 LBG). Solche Maßnahmen müsste der Dienstherr zuerst ausschöpfen, bevor er der Klägerin ihre genetische Disposition vorhalten dürfte. Dies ist nach Ansicht der Kammer bislang nicht hinreichend erfolgt. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor allem vorgetragen, das Thromboserisiko der Klägerin erhöhe sich bei Großeinsätzen wegen der zeitweise Immobilisierung bei langen Anfahrtswegen in Verbindung mit einem Flüssigkeitsverlust, der eintreten könne, wenn die Polizeibeamten über lange Zeiträume schwere Körperschutzausrüstung - KSA - tragen müssten und zudem der Nachschub von Getränken - etwa durch Einschluss der Polizeibeamten durch Demonstranten - nicht funktioniere.
47 
Die Immobilisierung bei langen Anfahrtswegen lässt sich ohne weiteres durch kurze Pausen beheben. Wenn der Dienstherr darüber hinaus der Ansicht ist, die Körperschutzausrüstung in Verbindung mit einem unter Umständen nicht gewährleisteten Flüssigkeitsnachschub führe zu einer unverantwortlichen Erhöhung des Thromboserisikos bei Personen mit einer Faktor-V-Leiden-Mutation, so müsste er konsequenter Weise davon ausgehen, dass er bereits gegenwärtig eine Reihe seiner Beamtinnen regelmäßig unverantwortlichen Thromboserisiken aussetzt, nämlich alle gut 5 % der Beamtinnen, die unerkannt eine Faktor-V-Leiden-Mutation aufweisen, alle Beamtinnen, die östrogenhaltige Pillenpräparate einnehmen und erst Recht alle Beamtinnen, die zusätzlich noch Raucherinnen sind. Im letzteren Fall - der Kombination von östrogenhaltigen Kontrazeptiva mit Tabakkonsum - besteht nach Aussage des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ein deutlich höheres Thromboserisiko als bei einer Faktor-V-Leiden-Mutation. Wenn der Dienstherr das durch eine Faktor-V-Leiden-Mutation bedingte Thromboserisiko für zu hoch erachtet, müsste er aus Gründen des Arbeitsschutzes bereits heute größere Anstrengungen unternehmen, um die Belastung gerade von Beamtinnen durch Körperschutzausrüstung zu reduzieren und die Flüssigkeitsversorgung auch unter schwierigen Einsatzbedingungen stets zu gewährleisten. Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass beides grundsätzlich möglich ist (vgl. zur Diskussion um eine gerade Beamtinnen weniger belastenden KSA etwa die Stellungnahme der Gewerkschaft der Bundespolizei vom 01.04.2014, abrufbar unter www.gdpbundespolizei.de).
48 
c) Auch der Umstand, dass die Klägerin im Jahr 2012 eine Beinvenenthrombose erlitten hat, vermag ihre Polizeidienstuntauglichkeit nicht zu begründen.
49 
Die erlittene Thrombose stellt keine der in Merkmalsnummer 2.1.3 der PDV 300 genannten „Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe, Gerinnungsstörungen“ dar. Wie oben ausgeführt ist die Thrombose der Klägerin vollständig verheilt, ohne dass therapiebedürftige Defekte der Blutgerinnung oder des Blutes zurückgeblieben wären. Anders als bei anderen Merkmalsnummern der Anlage 1.1 PDV 300 (vgl. etwa Nr. 1.1) finden sich bereits im Wortlaut der Merkmalsnummer 2.1.3 keine Anhaltspunkte dafür, dass nicht nur gegenwärtig bestehende Krankheiten oder Gerinnungsstörungen, sondern darüber hinaus auch bloße - mittlerweile ausgeheilte - Vorerkrankungen die Polizeidiensttauglichkeit ausschließen könnten. Auch der Beklagte geht offenbar nicht davon aus, dass dies der Fall ist. Wie der in der mündlichen Verhandlung anwesende Vertreter des polizeiärztlichen Dienstes der Klägerin mitgeteilt hat, stehe eine Thrombose der Einstellung in den Polizeivollzugsdienst und der Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit nicht entgegen, solange ausgeschlossen sei, dass angeborene Faktoren - wie die Faktor-V-Leiden-Genmutation - für die erlittene Thrombose (mit)ursächlich gewesen seien. Dass eine heterozygote Form einer Faktor-V-Leiden-Genmutation im Rahmen der Auslegung und Anwendung der Merkmalsnummer 2.1.3 wegen des Verbots des § 53 Abs. 4 und 6 LBG unberücksichtigt zu bleiben hat, ist bereits oben ausgeführt worden.
50 
Auch kann der Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen, die einmal erlittene Thrombose führe - unabhängig vom Vorliegen eines der in der Anlage der 1.1 der PDV 300 aufgeführten Merkmale - zu einer Dienstuntauglichkeit der Klägerin, weil sie aus Fürsorgegesichtspunkten beim sogenannten geschlossenen Einsatz, der mit langem Stehen und Sitzen in beengten Verhältnissen sowie wegen des meist erforderlichen Tragens von Körperschutzausrüstung und der nicht immer gesicherten Wasserversorgung ggfs. mit Flüssigkeitsverlust einhergehe, nicht eingesetzt werden könne, weil sie in solchen Situationen den Bedingungen ausgesetzt werde, die bei ihr bereits einmal zu einer schweren Thrombose geführt hätten.
51 
Der Beklagte geht selbst davon aus, dass eine einmal erlittene Thrombose die Polizeidiensttauglichkeit nicht automatisch ausschließt, sondern (wohl im Sinne von Nr. 2.3.2 der PDV 300) eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist. Auch im Rahmen einer solchen Einzelfallprüfung darf aber eine genetische Disposition wegen des Verbots des § 53 Abs. 4 und 6 LBG nicht berücksichtigt werden. Dass damit der Dienstherr unter Umständen nicht verhindern kann, dass er Beamte einstellt, bei denen sich später herausstellt, dass sie aufgrund einer genetischen Disposition (wie etwa einer homozygoten Form einer Faktor-V-Leiden-Mutation) nicht universell einsetzbar sind, wird vom Gesetzgeber zum Schutz der Würde der Beamtenbewerber und ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bewusst in Kauf genommen. Selbst wenn der Dienstherr im Rahmen der Einzelfallprüfung aber die bei der Klägerin vorliegende heterozygote Form einer Faktor-V-Leiden-Mutation berücksichtigen dürfte, spricht viel dafür, dass ihre Polizeidiensttauglichkeit zu bejahen wäre. Denn nach den Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ist das statistische Rezidivrisiko eines Thrombosepatienten mit einer Faktor-V-Leiden-Genmutation im Vergleich mit einem Thrombosepatienten ohne eine Faktor-V-Leiden-Genmutation statistisch nur in einem minimalen - aus medizinisch-therapeutischer Sicht zu vernachlässigenden - Umfang erhöht. Der Beklagte setzt darüber hinaus auch im geschlossenen Einsatz Beamtinnen ein, die bereits einmal eine Thrombose erlitten haben, ohne beispielsweise sicherstellen zu können, dass diese - trotz entsprechender Warnung durch den polizeiärztlichen Dienst - weiter Rauchen oder östrogenhaltige Kontrazeptiva einnehmen. Außerdem wäre wiederum im speziellen Fall der Klägerin zu berücksichtigen, dass ihre Thrombose mittlerweile vollständig ausgeheilt ist und von ihr - jedenfalls nach dem Eindruck des Gerichts - zu erwarten ist, dass sie auch in Zukunft gewissenhaft alle exogenen Risikofaktoren für eine erneute Thrombose meiden wird.
II.
52 
Die Klägerin hat nach Auffassung der Kammer keinen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als wäre sie bereits zum 01.04.2013 in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt worden.
53 
Dabei kann offen bleiben, ob die Klage hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs bereits deswegen unzulässig ist, weil die Klägerin insoweit kein Widerspruchsverfahren durchgeführt hat (vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 28.06.2001 - 2 C 48/00 -, Rn. 15). Denn das Schadensersatzbegehren ist jedenfalls unbegründet.
54 
Die richterrechtlich ausgeformte Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch bildet Art. 33 Abs. 2 GG. Danach kann ein Beamter von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23/12 -, juris Rn. 42 m.w.N.). Dieser Anspruch steht auch einem Bewerber um die Verbeamtung zu, weil auch Einstellung und Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe an Art. 33 Abs. 2 GG zu messen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 12/11 -, BVerwGE 147, 244, juris Rn. 61). Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem Beamtenverhältnis gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des Bürgerlichen Rechts. Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Nach diesem objektiv-abstrakten Sorgfaltsmaßstab ist auf die Anforderungen abzustellen, deren Beachtung von dem verantwortlichen Beamten generell erwartet werden kann. Dies bedeutet, dass jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes die Sach- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden muss. Wird eine behördliche Maßnahme gerichtlich missbilligt, so kann daraus ein Verstoß des verantwortlichen Amtsinhabers gegen Sorgfaltspflichten nicht hergeleitet werden, wenn er die zugrunde liegende Rechtsauffassung aufgrund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen hat und sie im Ergebnis als vertretbar angesehen werden kann. Eine letztlich als unzutreffend erkannte Rechtsauffassung stellt sich als vertretbar dar, wenn die Rechtsfrage nicht einfach zu beurteilen und weder durch die Rechtsprechung geklärt noch im Schrifttum abschließend behandelt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.08.2005 - 2 C 37.04 -, juris Rn. 24 f. m.w.N.).
55 
Danach fehlt es hier an einem Verschulden auf Seiten des Dienstherrn. Dieser hat in seinen hier angefochtenen Bescheiden die Polizeidiensttauglichkeit der Klägerin auf Grundlage einer erst später aufgegebenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verneint. Dass bereits an dieser Stelle die Vorschriften des § 53 Abs. 4 und 6 LBG wohl übersehen worden sind, vermag aus Sicht der Kammer ebenfalls kein Außerachtlassen der im Verkehr erforderliche Sorgfalt begründen, nachdem die erst wenige Jahre alten Vorschriften - soweit ersichtlich - in der Praxis bisher kaum Bedeutung erlangt haben und bis zu einem Hinweis durch den Sachverständigen sowohl dem Gericht als auch der - bei einer Beamtengewerkschaft tätigen - Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht präsent waren.
56 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwGO.
57 
Beschluss
58 
Der Streitwert wird unter Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 23.07.2013 gemäß § 52 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 GKG in der zum Zeitpunkt der Klageerhebung geltenden Fassung auf 15.534,87 EUR festgesetzt (vgl. Empfehlung aus Nr. 10.1 des die damalige Fassung des § 52 Abs. 5 S. 2 GKG betreffenden Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, hier: 6,5 x 2.389,98 EUR (monatlicher Grundgehaltssatz eines Polizeikommissars nach der Einstellung, Besoldungsgruppe A 9) = 15.534,87 EUR).
59 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
21 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Einstellung in den Polizeivollzugsdienst und Ernennung zur Beamtin auf Probe; die ablehnenden Bescheide des Regierungspräsidiums Karlsruhe sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist hingegen unbegründet.
I.
22 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Einstellung in den Polizeivollzugsdienst und Ernennung zur Beamtin auf Probe gemäß §§ 4, 5 Abs. 1 Nr. 1 LVOPol i.V.m. § 16 Abs. 2 LBG. Sie hat mit der erfolgreichen Absolvierung des Vorbereitungsdienstes für den gehobenen Dienst und durch Bestehen der Laufbahnprüfung die Befähigung für die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe erworben. Der Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass nicht alle erfolgreichen Absolventen des Vorbereitungsdienstes in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen werden würden, weil zwischen den Absolventen des Vorbereitungsdienstes eine (weitere) Auswahl nach Leistungsgesichtspunkten stattfinden würde.
23 
Die Klägerin ist nach Überzeugung des Gerichts auch polizeidiensttauglich (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 LVOPol).
24 
1. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 LVOPol darf in den Polizeidienst nur eingestellt werden, wer polizeidiensttauglich ist. Die Vorschrift konkretisiert damit für den Sachbereich des Polizeidienstes die allgemeinen Vorschriften des Art. 33 Abs. 2 GG sowie des § 9 BeamtStG, wonach Ernennungen nur nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen sind.
25 
Geeignet in diesem Sinne ist nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 16/12 -, BVerwGE 148, 204, juris Rn. 10 m.w.N.). Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (vgl. hierzu und zum Folgenden BVerwG, Urteil vom 30.10.2013, a.a.O., juris Rn. 18 ff.). Dabei ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein. Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Auf dieser Basis können sich die Verwaltungsgerichte im gleichen Maße ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung des Bewerbers und über die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen bilden wie die zuständige Behörde; insoweit besteht kein Anlass, die gerichtliche Kontrolldichte zugunsten der Verwaltung einzuschränken.
26 
Aufgrund des Lebenszeit- und des Alimentationsprinzips (Art. 33 Abs. 5 GG), die den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten verpflichten, besteht ein legitimes Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten. Deswegen kann der Dienstherr einem Bewerber die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn auch dann absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 16/12 -, a.a.O., juris Rn. 23 ff., Aufgabe der vorherigen Rechtsprechung, die eine fehlende gesundheitliche Eignung bereits bejahte, wenn eine vorzeitige Dienstunfähigkeit nicht ausgeschlossen werden konnte).
27 
Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Das individuelle Leistungsvermögen muss in Bezug zu den körperlichen Anforderungen der Dienstposten gesetzt werden, die den Statusämtern der betreffenden Laufbahn zugeordnet sind. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Für die Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes des Bewerbers muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und seiner Verfassung erstellen. Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Insbesondere ist es bei der medizinischen Bewertung zu berücksichtigen, wenn der individuelle Krankheitsverlauf des Betroffenen Besonderheiten gegenüber den statistischen Erkenntnissen aufweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013, a.a.O., juris Rn. 30 ff.).
28 
Der Polizeivollzugsdienst stellt besondere Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie die seelische Belastbarkeit, wobei die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit von Bewerbern um die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst in Sinne einer universellen Einsetzbarkeit insbesondere die Verwendung im Außendienst und (Wechsel-)Schichtdienst, den körperlichen Einsatz gegen Personen, die Anwendung unmittelbaren Zwangs und den Gebrauch von Waffen zulassen muss (vgl. hierzu auch Nr. 1.2 der aktuellen Fassung der Polizeidienstvorschrift 300 „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und Polizeidienstfähigkeit“ - PDV 300 -). Welche Anforderungen im Einzelnen nach dem Willen des Dienstherrn an die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern für den Polizeivollzugsdienst zu stellen sind, konkretisiert die bundesweit einheitliche PDV 300, die in ihrer Anlage 1.1 Merkmalsnummern festlegt, deren Vorliegen die sogenannte Polizeidiensttauglichkeit ausschließen sollen (vgl. Nr. 2.3.3 i.V.m. mit der Anlage 1.1 der PDV 300). Bei der PDV 300 handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift, die von einer Bund-Länder-Kommission aus Juristen, Polizeipraktikern und Leitenden Polizeiärzten erarbeitet wird, durch die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern zur Einführung empfohlen wird und sodann von den jeweiligen Innenministerien für ihren Hoheitsbereich per Anordnung in Kraft gesetzt wird. Die aktuelle Ausgabe der PDV 300 ist durch Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 22.07.2013 mit Wirkung zum 01.09.2013 in Kraft gesetzt worden.
29 
Hinsichtlich der Auslegung und Anwendung der PDV 300 sind nach Auffassung der Kammer nach der oben zitierten neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwei Fallgruppen zu unterscheiden (ähnlich wohl VG Berlin, Urteil vom 22.01.2014 - 7 K 117.13 -, juris Rn. 25):
30 
Soweit die PDV 300 Merkmale formuliert, die - ohne Auswirkungen auf die gegenwärtige Wahrnehmung der Ämter der Laufbahn - lediglich bezogen auf die Zukunft sicherstellen sollen, dass der Beamte bis zum Beginn der Altersgrenze dienstfähig bleibt, handelt es sich hierbei nicht um nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbare körperliche Anforderungen im Sinne der obigen Rechtsprechung. Vielmehr muss das Gericht hinsichtlich solcher Merkmale ohne Einschränkung der Prüfungsdichte positiv feststellen, dass aufgrund des Vorliegens einer in der Anlage der PDV 300 festgelegten Merkmals mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine vorzeitige Dienstunfähigkeit oder regelmäßige krankheitsbedingte Ausfälle des Beamten zu erwarten sind. Soweit dies der Wortlaut der in der Anlage 1.1 der PDV 300 formulierten körperlichen Zustände zulässt, ist dieser Prognosemaßstab bereits im Rahmen der Auslegung der PDV 300 zu berücksichtigen.
31 
Soweit die PDV 300 spezifische körperliche Anforderungen festlegt, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können, ist diese Festlegung vom Gericht grundsätzlich nur eingeschränkt überprüfbar; dem Dienstherrn kommt hinsichtlich der Bestimmung der körperlichen Anforderungen grundsätzlich ein weiter Beurteilungsspielraum zu (vgl. zu einem solchen Fall Bayerischer VGH, Beschluss vom 15.01.2014 - 3 ZB 13.1074 -, juris Rn. 14). Auch ist davon auszugehen, dass es dem Dienstherrn - schon aufgrund der großen Vielzahl verschiedener Krankheitstypen - nicht verwehrt ist, bei der Festlegung der körperlichen Anforderungen an die Polizeivollzugsbeamten auch in gewissem Umfang zu typisieren. Dem Gericht obliegt grundsätzlich lediglich die Prüfung, ob der Beamte die festgelegten körperlichen Anforderungen erfüllt.
32 
Eingeschränkt wird der insoweit bestehende grundsätzlich weite Beurteilungsspielraum des Dienstherrn zur Festlegung körperlicher Merkmale allerdings hinsichtlich genetischer Dispositionen eines Beamtenbewerbs durch § 53 Abs. 4 bis 6 LBG. Gemäß § 53 Abs. 4 Nr. 1 LBG sind genetische Untersuchungen und Analysen im Sinne von § 3 Nr. 1 und 2 des Gendiagnostikgesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2529) - GenDG - in der jeweils geltenden Fassung bei Bewerberinnen und Bewerbern für ein Beamtenverhältnis vor und nach der Ernennung unzulässig. Gemäß § 53 Abs. 6 LBG darf die Mitteilung von Ergebnissen bereits vorgenommener genetischer Untersuchungen oder Analysen weder verlangt werden, noch dürfen solche Ergebnisse entgegen genommen oder verwendet werden. Diese gesetzlichen Vorgaben sind wiederum - soweit möglich - bereits im Rahmen der Auslegung der Merkmalsnummern der PDV 300 zu berücksichtigen.
33 
2. Gemessen hieran ist die Polizeidiensttauglichkeit der Klägerin zu bejahen. Die Voraussetzungen der Merkmalsnummer 2.1.3 der aktuellen Fassung der PDV 300 bzw. der Nr. 2.2.1 der vorherigen Fassung, auf die der Beklagte die Annahme der Polizeidienstuntauglichkeit der Klägerin stützt, liegen nicht vor.
34 
Die Merkmalsnummer 2.1.3 der aktuellen Fassung der PDV 300 legt fest, dass „Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe, Gerinnungsstörungen“ die Polizeidiensttauglichkeit ausschließen. Diese Tatbestandsmerkmale sind nach Ansicht der Kammer einschränkend dahingehend auszulegen, dass eine heterozygote Form einer Faktor-V-Leiden-Mutation hiervon nicht erfasst wird. Denn es ist nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass ein Beamter oder eine Beamtin mit einer solchen Faktor-V-Leiden-Mutation vorzeitig dienstunfähig werden oder regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen wird (vgl. dazu a)). Auch ist das Nichtvorliegen einer solchen Faktor-V-Leiden-Mutation kein körperliches Merkmal, von dem der Dienstherr zulässiger Weise annehmen darf, nur ein Beamter ohne dieses Merkmal sei in der Lage, alle von ihm geforderten Aufgaben als Polizeivollzugsbeamter zu erfüllen (vgl. b)). Schließlich ist die Polizeidiensttauglichkeit der Klägerin auch nicht im Übrigen aufgrund der im Jahr 2012 erlittenen Beinvenenthrombose zu verneinen (vgl. dazu a) sowie c)).
35 
a) Eine heterozygote Form einer Faktor-V-Leiden-Mutation kann nicht unter die in der Merkmalsnummer 2.1.3 der aktuellen Fassung der PDV 300 genannten „Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe, Gerinnungsstörungen“ mit dem Argument subsumiert werden, bei Vorliegen dieser Faktor-V-Leiden-Mutation drohe eine vorzeitige Dienstunfähigkeit des Beamten oder regelmäßige krankheitsbedingte Ausfälle.
36 
In seinen angefochtenen Bescheiden war der Beklagte noch davon ausgegangen, die genannte Merkmalsnummer schließe die Einstellung von Beamtenbewerbern mit einer heterozygoten Form einer Faktor-V-Leiden-Mutation im Hinblick auf eine drohende vorzeitige Dienstunfähigkeit aus. Diese Annahme beruhte allerdings auf der zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums noch bestehenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der zufolge die gesundheitliche Eignung eines Beamten bereits dann verneint werden durfte, wenn eine vorzeitige Dienstunfähigkeit nicht ausgeschlossen werden konnte. Zwischenzeitlich hat das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung allerdings geändert und verlangt nunmehr, dass eine vorzeitige Dienstunfähigkeit oder regelmäßige krankheitsbedingte Ausfälle des Beamten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Eine solche überwiegende Wahrscheinlichkeit lässt sich indes nicht feststellen: Das Faktor-V-Leiden als solches erhöht (in seiner heterozygoten Form) die Thrombosegefahr nach den Feststellungen des in der mündlichen Verhandlung gehörten Sachverständigen lediglich in geringem Maße, etwa in gleicher Weise wie die Einnahme östrogenhaltiger Empfängnisverhütungsmittel. Auch wenn eine Faktor-V-Leiden-Mutation vom Wortlaut der Merkmalsnummer 2.1.3 genannten „Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe, Gerinnungsstörungen“ wohl erfasst wäre, ist die Merkmalsnummer vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nunmehr einschränkend auszulegen.
37 
Unabhängig hiervon sind auch keine individuellen, risikoerhöhenden Faktoren erkennbar, die erwarten ließen, dass die Klägerin vorzeitig dienstunfähig würde oder regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen könnte. Ihre Thrombose ist mittlerweile vollständig ausgeheilt, ohne dass in irgendeiner Weise therapiebedürftige Defekte zurückgeblieben wären. Insbesondere muss die Klägerin keine blutverdünnenden Medikamente mehr einnehmen und auch das Tragen von Kompressionsstrümpfen ist nach Ansicht des Sachverständigen nicht mehr angezeigt. Wie der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, gibt es eine Vielzahl von exogenen und endogenen Faktoren, die das Risiko des Auftretens von Thrombosen erhöhen. Im Fall der Klägerin war die bei ihr aufgetretene Thrombose in erster Linie durch das Zusammenwirken mehrerer ungünstiger exogener Faktoren (Immobilisation im Rahmen einer langen Flug- und Autoreise, schwerer Infekt, Flüssigkeitsverlust, Einnahme eines östrogenhaltigen Kontrazeptivums) bedingt. Nachdem die Klägerin um das Vorliegen der Faktor-V-Leiden-Mutation weiß, achtet sie bewusst darauf, alle (beeinflussbaren) exogenen risikoerhöhenden Faktoren zu vermeiden, führt einen gesunden Lebenswandel, treibt regelmäßig Sport (Handball), raucht nicht und nimmt keine östrogenhaltigen Kontrazeptiva ein. Nach dem Eindruck des Gerichts von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung wird sie dies auch in Zukunft gewissenhaft beachten: Auch wenn sie gegenwärtig - nach Ablehnung der Einstellung in den Polizeivollzugsdienst - eine Ausbildung zur Krankenschwester macht, ist es doch ihr sehnlichster Wunsch, der Familientradition entsprechend ihr Berufsleben im Polizeivollzugsdienst zu verbringen, so dass anzunehmen ist, dass sie alles ihr Mögliche unternehmen wird, um diesen Wunsch wahr werden zu lassen.
38 
Auch der Beklagte hat nach Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr die Ansicht vertreten, im Fall der Klägerin drohe eine vorzeitige Dienstunfähigkeit.
39 
b) Eine heterozygote Form einer Faktor-V-Leiden-Genmutation kann auch nicht mit der Begründung unter die in der Merkmalsnummer 2.1.3 der PDV 300 genannten „Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe, Gerinnungsstörungen“ gefasst werden, nur Beamte ohne diese Disposition seien in der Lage, alle von einem Polizeivollzugsbeamten geforderten Aufgaben uneingeschränkt wahrzunehmen.
40 
Die Kammer hat bereits Zweifel, ob trotz des grundsätzlich weiten Beurteilungsspielraums des Dienstherrn hinsichtlich der Festlegung von die Dienstausübung betreffenden körperlichen Merkmalen hinreichende sachliche Gründe für den Ausschluss von Beamten mit einer heterozygoten Form einer Faktor-V-Leiden-Mutation bestehen. Denn wie bereits ausgeführt ist das durch eine solche Faktor-V-Leiden-Mutation bedingte Thromboserisiko verhältnismäßig gering und entspricht ungefähr dem Thromboserisiko durch die Einnahme östrogenhaltiger Kontrazeptiva und damit einem Risiko, das der Dienstherr als hinnehmbar ansieht.
41 
Dies kann allerdings offen bleiben, weil die in der Merkmalsnummer 2.1.3 der PDV 300 genannten „Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe, Gerinnungsstörungen“ jedenfalls aufgrund § 53 Abs. 4 und Abs. 6 LBG einschränkend dahin auszulegen sind, dass hiervon genetische Dispositionen des Beamtenbewerbers nicht erfasst werden.
42 
Die Faktor-V-Leiden-Genmutation ist eine Disposition, die dem Dienstherrn aufgrund einer genetische Untersuchung bzw. Analyse im Sinne von § 3 Nr. 1 und 2 GenDG bekannt geworden ist und damit im Rahmen einer Untersuchung, die gemäß § 53 Abs. 4 Nr. 1 LBG bei Bewerberinnen und Bewerbern für ein Beamtenverhältnis vor und nach der Ernennung unzulässig ist. Entgegen der der Klägerin vorgelegten (und von ihr unterzeichneten) Einverständniserklärung über die Offenbarung aller für die Beurteilung ihres Gesundheitszustandes bedeutsamen Umstände, durfte der Dienstherr gemäß § 53 Abs. 6 LBG die Vorlage von genetischen Untersuchungen oder Analysen nicht verlangen und die von der Klägerin überreichten Untersuchungsergebnisse auch nicht entgegen nehmen. Die dennoch entgegen genommenen Ergebnisse durften gemäß § 53 Abs. 6 LBG nicht verwendet werden.
43 
Die Berücksichtigung der genetischen Disposition der Klägerin war auch nicht ausnahmsweise zulässig gemäß § 53 Abs. 5 LBG. Denn nach § 53 Abs. 5 Satz 1 LBG sind lediglich abweichend von § 53 Abs. 4 Nr. 2 LBG diagnostische genetische Untersuchungen ausnahmsweise zulässig, soweit sie zur Feststellung genetischer Eigenschaften erforderlich sind, die für schwerwiegende gesundheitliche Störungen, die bei einer Tätigkeit auf einem bestimmten Dienstposten oder mit einer bestimmten Tätigkeit entstehen können, ursächlich oder mitursächlich sind. Im vorliegenden Fall steht einer Berücksichtigung der genetischen Disposition der Klägerin aber § 53 Abs. 4 Nr. 1 LBG entgegen, der nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ausnahmslos gilt und auch durch § 53 Abs. 5 LBG keine Einschränkung erfährt. Ein anderes Verständnis der Vorschrift ist auch nicht nach ihrem Sinn und Zweck geboten: Dem Gesetzgeber geht es im Wege der Transformation des bundesrechtlichen Gendiagnostikgesetzes in Landesrecht darum, zum Schutz der Würde des Menschen und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung eine Benachteiligung aufgrund genetischer Eigenschaften zu verhindern (vgl. §§ 1, 4 GenDG). Dass damit notwendigerweise eine gewisse Einschränkung des Handlungsspielraums des Dienstherrn bei der Auswahl seiner Bewerber einhergeht, ist vom Gesetzgeber gewollt und auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (zur Einschränkung von Art. 33 Abs. 2 GG durch kollidierendes Verfassungsrecht vgl. etwa Jarass/Pieroth, GG, 13. Auflage 2014, Art. 33 Rn. 17 m.n.N.).
44 
Selbst wenn man aber entgegen der obigen Ausführungen § 53 Abs. 5 LBG im vorliegenden Fall für grundsätzlich anwendbar halten würde, durfte die genetische Disposition der Klägerin dennoch keine Berücksichtigung finden. Dabei kann offen bleiben, ob die bei der Klägerin festgestellte heterozygote Form der Faktor-V-Leiden-Mutation eine genetische Eigenschaft darstellt, „die für schwerwiegende gesundheitliche Störungen, die bei einer Tätigkeit auf einem bestimmten Dienstposten oder mit einer bestimmten Tätigkeit entstehen können, ursächlich oder mitursächlich“ ist. Bereits hieran bestehen erhebliche Zweifel, nachdem die genetische Disposition der Klägerin ihr Thromboserisiko lediglich geringfügig in einem Umfang erhöht, der in etwa dem Thromboserisiko durch die Einnahme östrogenhaltiger Kontrazeptiva entspricht; auch vom Beklagten ist nicht die Ansicht vertreten worden, Polizeibeamtinnen, die östrogenhaltige Kontrazeptiva einnähmen, drohten bei der Teilnahme an Großeinsätzen schwerwiegende gesundheitliche Störungen.
45 
Eine Berücksichtigung der genetischen Disposition der Klägerin im Rahmen von § 53 Abs. 5 Satz 1 LBG steht jedenfalls entgegen, dass eine solche gemäß § 53 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 8 GenG nur mit Einwilligung des Beamten zulässig ist. Die Klägerin ist mit einer Berücksichtigung der körperlichen Disposition zu ihren Lasten aber nicht einverstanden. Dass sie sich am 07.01.2013 mit der Offenbarung aller für die Beurteilung ihres Gesundheitszustandes bedeutsamen Umstände einverstanden erklärte, spielt insoweit keine Rolle: Abgesehen davon, dass die von ihr unterschriebene Erklärung keinen Hinweis auf die fehlende Pflicht zur Offenbarung genetischer Dispositionen enthielt, hat die Klägerin eine einmal erteilte Einwilligung jedenfalls mittlerweile (zumindest konkludent) widerrufen.
46 
Außerdem sind genetische Untersuchungen im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen nachrangig zu anderen Maßnahmen des Arbeitsschutzes (§ 53 Abs. 5 LBG). Solche Maßnahmen müsste der Dienstherr zuerst ausschöpfen, bevor er der Klägerin ihre genetische Disposition vorhalten dürfte. Dies ist nach Ansicht der Kammer bislang nicht hinreichend erfolgt. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor allem vorgetragen, das Thromboserisiko der Klägerin erhöhe sich bei Großeinsätzen wegen der zeitweise Immobilisierung bei langen Anfahrtswegen in Verbindung mit einem Flüssigkeitsverlust, der eintreten könne, wenn die Polizeibeamten über lange Zeiträume schwere Körperschutzausrüstung - KSA - tragen müssten und zudem der Nachschub von Getränken - etwa durch Einschluss der Polizeibeamten durch Demonstranten - nicht funktioniere.
47 
Die Immobilisierung bei langen Anfahrtswegen lässt sich ohne weiteres durch kurze Pausen beheben. Wenn der Dienstherr darüber hinaus der Ansicht ist, die Körperschutzausrüstung in Verbindung mit einem unter Umständen nicht gewährleisteten Flüssigkeitsnachschub führe zu einer unverantwortlichen Erhöhung des Thromboserisikos bei Personen mit einer Faktor-V-Leiden-Mutation, so müsste er konsequenter Weise davon ausgehen, dass er bereits gegenwärtig eine Reihe seiner Beamtinnen regelmäßig unverantwortlichen Thromboserisiken aussetzt, nämlich alle gut 5 % der Beamtinnen, die unerkannt eine Faktor-V-Leiden-Mutation aufweisen, alle Beamtinnen, die östrogenhaltige Pillenpräparate einnehmen und erst Recht alle Beamtinnen, die zusätzlich noch Raucherinnen sind. Im letzteren Fall - der Kombination von östrogenhaltigen Kontrazeptiva mit Tabakkonsum - besteht nach Aussage des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ein deutlich höheres Thromboserisiko als bei einer Faktor-V-Leiden-Mutation. Wenn der Dienstherr das durch eine Faktor-V-Leiden-Mutation bedingte Thromboserisiko für zu hoch erachtet, müsste er aus Gründen des Arbeitsschutzes bereits heute größere Anstrengungen unternehmen, um die Belastung gerade von Beamtinnen durch Körperschutzausrüstung zu reduzieren und die Flüssigkeitsversorgung auch unter schwierigen Einsatzbedingungen stets zu gewährleisten. Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass beides grundsätzlich möglich ist (vgl. zur Diskussion um eine gerade Beamtinnen weniger belastenden KSA etwa die Stellungnahme der Gewerkschaft der Bundespolizei vom 01.04.2014, abrufbar unter www.gdpbundespolizei.de).
48 
c) Auch der Umstand, dass die Klägerin im Jahr 2012 eine Beinvenenthrombose erlitten hat, vermag ihre Polizeidienstuntauglichkeit nicht zu begründen.
49 
Die erlittene Thrombose stellt keine der in Merkmalsnummer 2.1.3 der PDV 300 genannten „Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe, Gerinnungsstörungen“ dar. Wie oben ausgeführt ist die Thrombose der Klägerin vollständig verheilt, ohne dass therapiebedürftige Defekte der Blutgerinnung oder des Blutes zurückgeblieben wären. Anders als bei anderen Merkmalsnummern der Anlage 1.1 PDV 300 (vgl. etwa Nr. 1.1) finden sich bereits im Wortlaut der Merkmalsnummer 2.1.3 keine Anhaltspunkte dafür, dass nicht nur gegenwärtig bestehende Krankheiten oder Gerinnungsstörungen, sondern darüber hinaus auch bloße - mittlerweile ausgeheilte - Vorerkrankungen die Polizeidiensttauglichkeit ausschließen könnten. Auch der Beklagte geht offenbar nicht davon aus, dass dies der Fall ist. Wie der in der mündlichen Verhandlung anwesende Vertreter des polizeiärztlichen Dienstes der Klägerin mitgeteilt hat, stehe eine Thrombose der Einstellung in den Polizeivollzugsdienst und der Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit nicht entgegen, solange ausgeschlossen sei, dass angeborene Faktoren - wie die Faktor-V-Leiden-Genmutation - für die erlittene Thrombose (mit)ursächlich gewesen seien. Dass eine heterozygote Form einer Faktor-V-Leiden-Genmutation im Rahmen der Auslegung und Anwendung der Merkmalsnummer 2.1.3 wegen des Verbots des § 53 Abs. 4 und 6 LBG unberücksichtigt zu bleiben hat, ist bereits oben ausgeführt worden.
50 
Auch kann der Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen, die einmal erlittene Thrombose führe - unabhängig vom Vorliegen eines der in der Anlage der 1.1 der PDV 300 aufgeführten Merkmale - zu einer Dienstuntauglichkeit der Klägerin, weil sie aus Fürsorgegesichtspunkten beim sogenannten geschlossenen Einsatz, der mit langem Stehen und Sitzen in beengten Verhältnissen sowie wegen des meist erforderlichen Tragens von Körperschutzausrüstung und der nicht immer gesicherten Wasserversorgung ggfs. mit Flüssigkeitsverlust einhergehe, nicht eingesetzt werden könne, weil sie in solchen Situationen den Bedingungen ausgesetzt werde, die bei ihr bereits einmal zu einer schweren Thrombose geführt hätten.
51 
Der Beklagte geht selbst davon aus, dass eine einmal erlittene Thrombose die Polizeidiensttauglichkeit nicht automatisch ausschließt, sondern (wohl im Sinne von Nr. 2.3.2 der PDV 300) eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist. Auch im Rahmen einer solchen Einzelfallprüfung darf aber eine genetische Disposition wegen des Verbots des § 53 Abs. 4 und 6 LBG nicht berücksichtigt werden. Dass damit der Dienstherr unter Umständen nicht verhindern kann, dass er Beamte einstellt, bei denen sich später herausstellt, dass sie aufgrund einer genetischen Disposition (wie etwa einer homozygoten Form einer Faktor-V-Leiden-Mutation) nicht universell einsetzbar sind, wird vom Gesetzgeber zum Schutz der Würde der Beamtenbewerber und ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bewusst in Kauf genommen. Selbst wenn der Dienstherr im Rahmen der Einzelfallprüfung aber die bei der Klägerin vorliegende heterozygote Form einer Faktor-V-Leiden-Mutation berücksichtigen dürfte, spricht viel dafür, dass ihre Polizeidiensttauglichkeit zu bejahen wäre. Denn nach den Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ist das statistische Rezidivrisiko eines Thrombosepatienten mit einer Faktor-V-Leiden-Genmutation im Vergleich mit einem Thrombosepatienten ohne eine Faktor-V-Leiden-Genmutation statistisch nur in einem minimalen - aus medizinisch-therapeutischer Sicht zu vernachlässigenden - Umfang erhöht. Der Beklagte setzt darüber hinaus auch im geschlossenen Einsatz Beamtinnen ein, die bereits einmal eine Thrombose erlitten haben, ohne beispielsweise sicherstellen zu können, dass diese - trotz entsprechender Warnung durch den polizeiärztlichen Dienst - weiter Rauchen oder östrogenhaltige Kontrazeptiva einnehmen. Außerdem wäre wiederum im speziellen Fall der Klägerin zu berücksichtigen, dass ihre Thrombose mittlerweile vollständig ausgeheilt ist und von ihr - jedenfalls nach dem Eindruck des Gerichts - zu erwarten ist, dass sie auch in Zukunft gewissenhaft alle exogenen Risikofaktoren für eine erneute Thrombose meiden wird.
II.
52 
Die Klägerin hat nach Auffassung der Kammer keinen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als wäre sie bereits zum 01.04.2013 in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt worden.
53 
Dabei kann offen bleiben, ob die Klage hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs bereits deswegen unzulässig ist, weil die Klägerin insoweit kein Widerspruchsverfahren durchgeführt hat (vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 28.06.2001 - 2 C 48/00 -, Rn. 15). Denn das Schadensersatzbegehren ist jedenfalls unbegründet.
54 
Die richterrechtlich ausgeformte Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch bildet Art. 33 Abs. 2 GG. Danach kann ein Beamter von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23/12 -, juris Rn. 42 m.w.N.). Dieser Anspruch steht auch einem Bewerber um die Verbeamtung zu, weil auch Einstellung und Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe an Art. 33 Abs. 2 GG zu messen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 12/11 -, BVerwGE 147, 244, juris Rn. 61). Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem Beamtenverhältnis gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des Bürgerlichen Rechts. Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Nach diesem objektiv-abstrakten Sorgfaltsmaßstab ist auf die Anforderungen abzustellen, deren Beachtung von dem verantwortlichen Beamten generell erwartet werden kann. Dies bedeutet, dass jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes die Sach- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden muss. Wird eine behördliche Maßnahme gerichtlich missbilligt, so kann daraus ein Verstoß des verantwortlichen Amtsinhabers gegen Sorgfaltspflichten nicht hergeleitet werden, wenn er die zugrunde liegende Rechtsauffassung aufgrund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen hat und sie im Ergebnis als vertretbar angesehen werden kann. Eine letztlich als unzutreffend erkannte Rechtsauffassung stellt sich als vertretbar dar, wenn die Rechtsfrage nicht einfach zu beurteilen und weder durch die Rechtsprechung geklärt noch im Schrifttum abschließend behandelt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.08.2005 - 2 C 37.04 -, juris Rn. 24 f. m.w.N.).
55 
Danach fehlt es hier an einem Verschulden auf Seiten des Dienstherrn. Dieser hat in seinen hier angefochtenen Bescheiden die Polizeidiensttauglichkeit der Klägerin auf Grundlage einer erst später aufgegebenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verneint. Dass bereits an dieser Stelle die Vorschriften des § 53 Abs. 4 und 6 LBG wohl übersehen worden sind, vermag aus Sicht der Kammer ebenfalls kein Außerachtlassen der im Verkehr erforderliche Sorgfalt begründen, nachdem die erst wenige Jahre alten Vorschriften - soweit ersichtlich - in der Praxis bisher kaum Bedeutung erlangt haben und bis zu einem Hinweis durch den Sachverständigen sowohl dem Gericht als auch der - bei einer Beamtengewerkschaft tätigen - Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht präsent waren.
56 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwGO.
57 
Beschluss
58 
Der Streitwert wird unter Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 23.07.2013 gemäß § 52 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 GKG in der zum Zeitpunkt der Klageerhebung geltenden Fassung auf 15.534,87 EUR festgesetzt (vgl. Empfehlung aus Nr. 10.1 des die damalige Fassung des § 52 Abs. 5 S. 2 GKG betreffenden Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, hier: 6,5 x 2.389,98 EUR (monatlicher Grundgehaltssatz eines Polizeikommissars nach der Einstellung, Besoldungsgruppe A 9) = 15.534,87 EUR).
59 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


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Zur Entschädigung in Land (§ 1 Abs. 1 Nr. 3) oder zur Unterbringung von Personen, Betrieben und öffentlichen Einrichtungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 5) dürfen nicht enteignet werden

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b)
Grundstücke der Gemeinden, die zur Sicherung der Durchführung der Bauleitplanung erforderlich sind;
c)
Grundstücke, deren Ertrag ausschließlich der Erfüllung der Aufgaben der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie deren Einrichtungen dient oder zu dienen bestimmt ist;
d)
Grundstücke von Betrieben des öffentlichen Verkehrs und der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wasser, Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Grundstücke mit Wassergewinnungsanlagen für die öffentliche Versorgung mit Wasser, Grundstücke mit Anlagen der Abwasserwirtschaft und Grundstücke im Bereich von Wasserschutzgebieten; dies gilt auch bei Enteignungen zu Zwecken des § 1 Abs. 1 Nr. 4;
2.
Grundstücke eines landwirtschaftlichen Kleinbetriebs oder eines bäuerlichen Betriebs, soweit der Betrieb zu seiner wirtschaftlichen Fortführung auf die Grundstücke angewiesen ist;
3.
Grundstücke, die aufgrund eines Pachtvertrages oder eines ähnlichen Nutzungsverhältnisses an Vertriebene oder Sowjetzonenflüchtlinge oder an Familienbetriebe zur Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz übergeben worden sind;
4.
Grundstücke, auf die der Eigentümer mit seiner Berufs- oder Erwerbstätigkeit angewiesen ist.

Tatbestand

1

Der Kläger beansprucht die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe als Studienrat und Schadensersatz wegen rechtsfehlerhafter Ablehnung seiner Bewerbung.

2

Der 1965 geborene Kläger ist seit 2006 als angestellter Berufsschullehrer in Niedersachsen tätig. Er ist an Multipler Sklerose erkrankt und hat einen Bandscheibenvorfall erlitten. Unter Berufung darauf lehnte die Beklagte seine Verbeamtung wegen fehlender gesundheitlicher Eignung ab. Der Kläger sei zwar gegenwärtig beschwerde- und symptomfrei. Es bestehe aber eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass er vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze dienstunfähig werde. Nach der Ablehnung ist ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt worden.

3

Auf die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende erstinstanzliche Urteil hat das Oberverwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, über den Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe erneut zu entscheiden. Es hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen, soweit das Verwaltungsgericht die Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Verbeamtung und auf Schadensersatz wegen der Ablehnung der Bewerbung abgewiesen hat. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

4

Die Beklagte habe ihren Beurteilungsspielraum für die gesundheitliche Eignung rechtsfehlerhaft ausgeübt. Die Eignung eines behinderten Beamtenbewerbers sei bereits dann anzunehmen, wenn sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn eine dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit des Bewerbers mit einem überwiegenden Grad an Wahrscheinlichkeit ausschließen lasse. Der allgemeine Prognosemaßstab sei hier wegen der Behinderung abgesenkt. Die amtsärztlichen Stellungnahmen reichten nach ihrem Inhalt nicht aus, um eine derartige Prognose treffen zu können. Daher müsse die Beklagte auf verbesserter medizinischer Tatsachengrundlage erneut über den Übernahmeantrag des Klägers entscheiden. Ein Schadensersatzanspruch scheitere jedenfalls am fehlenden Verschulden. Der Beklagten könne kein Vorwurf gemacht werden, dass sie die Bewerbung auf der Grundlage des allgemeinen Prognosemaßstabs abgelehnt habe. Die Behinderung des Klägers sei erst im Nachhinein anerkannt worden.

5

Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er beantragt,

die Urteile des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 25. Januar 2011 und des Verwaltungsgerichts Hannover vom 27. Mai 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger in das Beamtenverhältnis auf Probe als Studienrat zu übernehmen, hilfsweise über den Antrag auf Übernahme unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden sowie die Beklagte zu verpflichten, den Kläger besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei er am 1. März 2008, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt, in das Beamtenverhältnis auf Probe als Studienrat übernommen worden.

6

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren und unterstützt die Rechtsauffassung der Beklagten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers hat mit der Maßgabe der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht Erfolg (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht seine Berufung gegen die Abweisung seines vorrangigen Klagebegehrens, die Beklagte zur Verbeamtung zu verpflichten, zurückgewiesen hat. Insoweit verstößt das Berufungsurteil gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

9

Die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung des Klägers sei gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar, ist mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 - BeamtStG - nicht vereinbar. Auch ist diese Beurteilung anhand eines anderen als dem vom Oberverwaltungsgericht angewandten Prognosemaßstabs vorzunehmen. Erweist sich der Kläger als gesundheitlich geeignet, steht ihm ein Anspruch auf Verbeamtung zu, wenn er der fachlich am besten geeignete Bewerber für eine freie Stelle als Studienrat ist. Hierfür muss der insoweit bestehende Beurteilungsspielraum der für die Bewerberauswahl zuständigen Stelle auf Null reduziert sein. In Bezug auf die Schadensersatzklage hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu Recht zurückgewiesen.

10

1. Nach Art. 33 Abs. 2 GG und nach § 9 BeamtStG, der nach § 1 dieses Gesetzes für das Statusrecht der Landesbeamten unmittelbar gilt, sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Geeignet in diesem Sinne ist nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, Beschluss vom 21. Februar 1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140 <151>). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Dezember 2008 - 2 BvR 2571/07 - BVerfGK 14, 492 <496> = juris Rn. 11). Ist nach der körperlichen oder psychischen Konstitution eines Bewerbers die gesundheitliche Eignung nicht gegeben, kann er unabhängig von seiner fachlichen Eignung nicht verbeamtet werden. Er kann nicht in den Leistungsvergleich der Bewerber um die zur Vergabe stehenden Ämter einbezogen werden.

11

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Dementsprechend sieht § 9 Abs. 2 i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes vom 25. März 2009 - NBG - (Nds. GVBl S. 72) in der Fassung des Gesetzes vom 12. Dezember 2012 (Nds. GVBl S. 591) vor, dass die gesundheitliche Eignung aufgrund einer Untersuchung durch einen Amtsarzt oder einen beamteten Arzt festzustellen ist. Dieser muss gegebenenfalls einen Facharzt hinzuziehen. Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 f.).

12

Es obliegt dem Dienstherrn, die körperlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn zu bestimmen. Hierbei steht ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren hat. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (Urteil vom 21. Juni 2007 a.a.O.). Auf dieser Grundlage muss festgestellt werden, ob ein Bewerber, dessen Leistungsfähigkeit - etwa aufgrund eines chronischen Leidens - gemindert ist, den Anforderungen gewachsen ist, die die Ämter einer Laufbahn für die Dienstausübung stellen.

13

Die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das von ihm angestrebte öffentliche Amt bezieht sich nicht nur auf den gegenwärtigen Stand, sondern auch auf die künftige Amtstätigkeit und enthält eine Prognose, die eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers verlangt (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Die gesundheitliche Eignung eines im Zeitpunkt der Einstellungsuntersuchung dienstfähigen Beamtenbewerbers kann daher im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe oder eine chronische Erkrankung mit progredientem Verlauf verneint werden.

14

Die Prognose erfasst den Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Es kommt darauf an, ob der Beamtenbewerber voraussichtlich bis zu diesem Zeitpunkt Dienst leisten wird oder wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden muss.

15

Dieser Prognosezeitraum folgt aus den in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten hergebrachten Grundsätzen des Lebenszeit- und des Alimentationsprinzips. Diese Grundsätze verpflichten den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Tritt der Beamte vor Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand, ist das Gleichgewicht zwischen Dienstzeit und Ruhestand verschoben, weil dem Dienstherrn die Arbeitskraft des Beamten zu früh verloren geht (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 16 f.).

16

Der Ausschluss des Zugangs zum Beamtenverhältnis aus gesundheitlichen Gründen ungeachtet der fachlichen Eignung stellt eine Einschränkung der durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Zugangsmöglichkeit dar, die einer subjektiven Berufswahlschranke im Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG entspricht (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 3 C 26.11 - NJW 2013, 1320 Rn. 15). Aufgrund dieser grundrechtlichen Bedeutung des Ausschlusses und des überaus langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraums hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest, wonach der Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein muss (vgl. Urteile vom 17. Mai 1962 - BVerwG 2 C 87.59 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 6; vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <149> und vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2). Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, kann der Dienstherr die gesundheitliche Eignung aktuell dienstfähiger Bewerber nur verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird.

17

Der bisherige Maßstab ist geeignet, Bewerber schon deshalb von dem Zugang zum Beamtenverhältnis auszuschließen, weil ihr gesundheitlicher Zustand vom Regelzustand abweicht. Dies gilt auch dann, wenn die Leistungsfähigkeit der Bewerber aktuell und auf absehbare Zeit nicht beeinträchtigt ist. Die negative Eignungsprognose ist in diesen Fällen bislang mit Typisierungen und statistischen Wahrscheinlichkeiten begründet worden, die weder einem Gegenbeweis noch einer nachträglichen Korrektur zugänglich sind (vgl. hierzu Höfling/Stockter, ZBR 2008, 17).

18

Dies belegt der Fall des derzeit uneingeschränkt leistungsfähigen Klägers: Die Einschätzung, er werde vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze dienstunfähig, beruht ausschließlich auf der Annahme, dass eine bestimmte Personengruppe - hier die Multiple-Sklerose-Erkrankten - in ihrer Gesamtheit ein erhöhtes Risiko vorzeitiger Dienstunfähigkeit aufweist.

19

Angesichts des sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraums und der Komplexität der medizinischen Prognosen sind Entscheidungen über die gesundheitliche Eignung eines Beamtenbewerbers mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt. Künftige Präventions- oder Heilmethoden können heute noch nicht einbezogen werden. Vielfach ist auch die Wechselwirkung und damit Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwerwiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht. Belastbare Studien zur korrelationsstatistischen Beziehung einzelner Risikofaktoren zur Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit liegen nur sehr eingeschränkt vor.

20

Schließlich kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch nicht davon ausgegangen werden, dass die vorzeitige Dienstunfähigkeit in nennenswertem Umfang auf Krankheiten zurückzuführen ist, die man zum Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung hätte vorhersagen können (Nationaler Ethikrat, Prädiktive Gesundheitsinformationen bei Einstellungsuntersuchungen: Stellungnahme, 2005, S. 59). Regelmäßig geht die vorzeitige Dienstunfähigkeit daher auf erst nachträglich eintretende Umstände zurück.

21

Eine entsprechende Prognosebeurteilung setzt eine hinreichende Tatsachenbasis voraus. Die gegenwärtig vorhandene gesundheitliche Eignung kann wegen künftiger Entwicklungen nur verneint werden, wenn durch tatsächliche Anhaltspunkte belegt werden kann, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist.

22

Daher muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis für die Prognose auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen. Er muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und für die Erfüllung der beruflichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Dabei hat er verfügbare Erkenntnisse über den voraussichtlichen Verlauf chronischer Krankheiten auszuwerten und in Bezug zum gesundheitlichen Zustand des Bewerbers zu setzen.

23

Die medizinische Diagnose muss daher Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlage offenlegen. Auf dieser Grundlage hat sie unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG eigenverantwortlich zu beantworten (vgl. zur erforderlichen Prognosebasis auch BVerfG, Urteil vom 5. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 - BVerfGE 109, 133 <165>).

24

2. Die Verwaltungsgerichte haben über die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein; diesem steht insoweit kein Beurteilungsspielraum zu. Auch insoweit hält der Senat an seiner früheren Rechtsprechung nicht fest (vgl. Urteile 17. Mai 1962 - BVerwG 2 C 87.59 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 6 S. 14 f. und vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2).

25

Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG überträgt die Letztentscheidungsbefugnis für die Auslegung und Anwendung normativer Regelungen den Verwaltungsgerichten. Ein Beurteilungsspielraum der Verwaltung mit der Folge einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte muss zum einen normativ angelegt sein, d.h. sich durch Normauslegung ermitteln lassen. Zum anderen muss die Bestimmung des Bedeutungsgehalts einer Rechtsnorm so vage oder ihre fallbezogene Anwendung so schwierig sein, dass die gerichtliche Kontrolle wegen der hohen Komplexität oder der besonderen Dynamik der geregelten Materie an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung stößt. Es reicht nicht aus, dass eine rechtliche Würdigung auf der Grundlage eines komplexen Sachverhalts zu treffen ist. Hinzu kommen muss, dass die Gerichte die Aufgabe, die entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände festzustellen und rechtlich zu bewerten, selbst dann nicht bewältigen können, wenn sie im gebotenen Umfang auf die Sachkunde der Verwaltung zurückgreifen oder sich auf andere Weise sachverständiger Hilfe bedienen (BVerfG, Beschlüsse vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 und 213/83 - BVerfGE 84, 34 <49 f.> und vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <20 f.>; BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 33.08 - BVerwGE 134, 108 = Buchholz 240 § 58a BBesG Nr. 2 jeweils Rn. 11).

26

Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die Prognose der gesundheitlichen Eignung von Beamtenbewerbern nicht erfüllt:

27

Der Spielraum des Dienstherrn bei der Bestimmung der gesundheitlichen Anforderungen für eine Laufbahn rechtfertigt keine Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte bei der Beurteilung der daran anknüpfenden gesundheitlichen Eignung. Dabei ist der Gesundheitszustand des Beamtenbewerbers in Bezug zu den Anforderungen der Beamtenlaufbahn zu setzen. Es ist zu beurteilen, ob der Bewerber den Anforderungen genügt und ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich daran bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit überwiegender Wahrscheinlichkeit etwas ändert.

28

Wie dargestellt hat der Dienstherr die gesundheitliche Eignungsprognose auf der Grundlage einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass die Verwaltungsgerichte im Gegensatz zum Dienstherrn gehindert wären, sich auf dieser Grundlage ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes und die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen zu bilden. Dementsprechend ist anerkannt, dass dem Dienstherrn für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit als Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung eines Beamten in den Ruhestand kein Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. nur Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 14 f.)

29

Dagegen besteht für die vergleichende fachliche Eignung der Bewerber ein Beurteilungsspielraum des Dienstherrn, der vor allem die Gewichtung der leistungsbezogenen Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 45).

30

Der Senat kann auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht beurteilen, ob der Kläger gesundheitlich geeignet ist, um verbeamtet zu werden. Das Oberverwaltungsgericht wird nunmehr vor allem zu beurteilen haben, ob sich aufgrund der Multiplen Sklerose in der individuellen Situation des Klägers Anhaltspunkte ergeben, die den Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze überwiegend wahrscheinlich machen.

31

Im Falle seiner gesundheitlichen Eignung hat der Kläger einen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe als Studienrat, wenn er sich bei der Bewerberauswahl für eine Beamtenstelle als Studienrat aufgrund eines Leistungsvergleichs als der am besten geeignete Bewerber erweist. Hierfür muss der Beurteilungsspielraum des Dienstherrn zugunsten des Klägers auf Null reduziert sein. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass dieser Spielraum aufgrund des Erfahrungsvorsprungs, den der Kläger durch seine berufliche Praxis als Lehrer erworben hat, jedenfalls eingeschränkt ist. Auch insoweit wird das Oberverwaltungsgericht gegebenenfalls die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.

32

Der Verbeamtung steht nicht entgegen, dass der Kläger im Laufe des gerichtlichen Verfahrens die Höchstaltersgrenze für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe überschritten hat (§ 16 Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Laufbahnverordnung vom 30. März 2009 - NLVO - Nds. GVBl S. 118; geändert durch Verordnung vom 19. Mai 2010, Nds. GVBl S. 218). Zwar darf eine Verbeamtung nur vorgenommen werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Übernahme- oder Einstellungsanspruch vorliegen (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 11).

33

Nach § 16 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 NLVO können aber Ausnahmen von der Höchstaltersgrenze zugelassen werden, wenn sich der berufliche Werdegang eines Bewerbers aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen in einem Maß verzögert hat, das die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist angesichts der Tatsache, dass der Kläger seinen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis noch vor Überschreitung der Altersgrenze gestellt hatte, das insoweit bestehende Ermessen für die Gewährung einer Ausnahme von der Altersgrenze auf Null reduziert, sollte sich die Ablehnung als rechtswidrig erweisen (vgl. Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. jeweils Rn. 35).

34

3. Weitere Modifikationen der Eignungsanforderungen für Behinderte, die weder schwerbehindert noch schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind (§ 2 Abs. 3 SGB IX), sind verfassungsrechtlich nicht geboten.

35

Von dem vorstehend dargelegten Maßstab abweichende Erleichterungen für die Feststellung der gesundheitlichen Eignung von Beamtenbewerbern sind im nationalen Recht nur für schwerbehinderte Menschen vorgesehen. Nach § 128 Abs. 1 SGB IX sind die besonderen Vorschriften und Grundsätze für die Besetzung der Beamtenstellen so zu gestalten, dass die Einstellung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen gefördert und ein angemessener Anteil schwerbehinderter Menschen unter den Beamten erreicht wird. Dieser Gesetzgebungsauftrag ist von den Beamtengesetzgebern in Bund (vgl. § 9 Satz 2 BBG, § 5 Abs. 1 BLV) und Ländern aufgegriffen und in den Laufbahnverordnungen umgesetzt worden. Nach § 25 Nr. 13 NBG wird die Landesregierung ermächtigt, Ausgleichsmaßnahmen zugunsten von schwerbehinderten Menschen durch Verordnung zu regeln. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 der hierauf gestützten Laufbahnverordnung darf von schwerbehinderten Menschen bei der Einstellung nur das Mindestmaß körperlicher Eignung für die Wahrnehmung von Laufbahnaufgaben verlangt werden. In Nr. 3.4 der durch Beschluss der Landesregierung vom 9. November 2004 erlassenen Richtlinien zur gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Menschen am Berufsleben im öffentlichen Dienst (Nds. MBl 2004 S. 783) wird dies dahin konkretisiert, dass die Eignung von schwerbehinderten Menschen im Allgemeinen auch dann noch als gegeben angesehen werden kann, wenn sie nur für die Wahrnehmung bestimmter Dienstposten der betreffenden Laufbahn geeignet sind.

36

Während grundsätzlich bei der Einstellung von Beamten die körperliche Eignung für die gesamte Laufbahn mit allen zu ihr gehörenden Ämtern und den diesen zugeordneten Dienstposten zu verlangen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>; BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - BVerwG 2 VR 1.13 - juris Rn. 22 und 28 ff.), gilt dies bei Schwerbehinderten daher nicht. Hier wird nur das Mindestmaß körperlicher Eignung vorausgesetzt, so dass der Schwerbehinderte nicht für alle Dienstposten geeignet sein muss. Zu prüfen ist vielmehr, ob die körperliche Eignung ausreicht, um dem Bewerber irgendeine amtsangemessene Beschäftigung zuweisen zu können, die mit den dienstlichen Bedürfnissen in Einklang steht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Dezember 2008 - 2 BvR 2571/07 - BVerfGK 14, 492 <496 f.> = juris Rn. 12; BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 28; Zängl, in: GKÖD, Stand August 2013, K § 8 Rn. 82a; Lemhöfer, in: Lemhöfer/Leppek, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten, Stand August 2012, BLV 2009 § 5 Rn. 8).

37

Kann ein schwerbehinderter Bewerber auch diese Anforderungen nicht erfüllen, scheidet eine Übernahme in das Beamtenverhältnis aus. Dies gilt auch in Ansehung der Gewährleistung des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, weil die Ungleichbehandlung dann auf zwingenden Gründen beruht. Fehlen einer Person gerade aufgrund ihrer Behinderung bestimmte geistige oder körperliche Fähigkeiten, die unerlässliche Voraussetzung für die Wahrnehmung eines Rechts sind, liegt in der Verweigerung dieses Rechts kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfG, Beschluss vom 19. Januar 1999 - 1 BvR 2161/94 - BVerfGE 99, 341 <357>; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 5 C 16.10 - BVerwGE 139, 135 Rn. 20 zu § 7 Abs. 1 AGG).

38

Die unterschiedliche Behandlung von schwerbehinderten Menschen im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB IX - sowie ggf. der ihnen nach § 2 Abs. 3 SGB IX gleichgestellten behinderten Menschen - gegenüber anderen Behinderten in Bezug auf die Einstellung in ein Beamtenverhältnis ist mit Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG vereinbar.

39

Die Besserstellung knüpft an das sachlich gerechtfertigte Kriterium der höheren Schutzbedürftigkeit dieser Personen an und stellt darauf ab, dass sie infolge ihrer Behinderung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht oder nur schwieriger erlangen können. Es ist daher folgerichtig, gerade diesem Personenkreis besondere Fürsorge im Verfahren der Einstellung in ein Beamtenverhältnis zukommen zu lassen. Die Personengruppen der Schwerbehinderten einerseits und der weniger schwer behinderten Menschen andererseits weisen wesentliche Unterschiede in Bezug auf den Regelungsgegenstand auf, sodass eine Gleichbehandlung aus Rechtsgründen nicht geboten ist. Aus diesem Grunde sehen § 128 Abs. 1 SGB IX sowie die verfahrensbezogene Vorschrift in § 82 Satz 2 SGB IX eine Bevorzugung dieser Personengruppe im Einstellungsverfahren ausdrücklich vor.

40

Entsprechende Privilegierungen für Menschen, die zwar Funktionseinbußen zu erleiden haben, deren Schweregrad aber nicht zur Annahme einer Schwerbehinderung ausreicht und die schwerbehinderten Menschen auch nicht gleichgestellt sind, sind auch nicht geboten. Diesem Personenkreis fehlt es an der die Schutzbedürftigkeit begründenden eingeschränkten Vermittlungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt (vgl. § 2 Abs. 3 SGB IX). Eine Einbeziehung der weniger schwer behinderten Menschen in die Privilegierungen hätte überdies eine Entwertung der für schwerbehinderte Menschen vorgesehenen Erleichterungen zur Folge, weil sie die Erfolgschancen dieser Bewerber im Wettbewerb um die Vergabe öffentlicher Ämter verschlechtern würde.

41

4. Die Anwendung des allgemeinen Prognosemaßstabs und Prognosezeitraums auf behinderte Bewerber, die nicht schwerbehindert oder Schwerbehinderten gleichgestellt sind, ist mit der Richtlinie 2000/78/EG des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2000 - RL - (ABl EG Nr. L 303 S. 16) und dem diese Richtlinie umsetzenden Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 - AGG - (BGBl I S. 1897) vereinbar.

42

Es kann offenbleiben, ob auch behinderte Menschen, die weder schwerbehindert noch schwerbehinderten Menschen nach § 2 Abs. 3 SGB IX gleichgestellt sind, vom Begriff der Behinderung nach Art. 1 der RL erfasst werden. Wird dies bejaht, bewirkt die Anwendung des allgemeinen Prognosemaßstabs und Prognosezeitraums eine mittelbare Ungleichbehandlung dieser Gruppe (Art. 1, Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b und Art. 3 RL; § 7 i.V.m. § 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und § 3 Abs. 2 AGG).

43

Zwar knüpft die Prognose der gesundheitlichen Eignung nicht unmittelbar an die Behinderteneigenschaft an; vielmehr gelten die Anforderungen für behinderte und nicht behinderte Menschen gleichermaßen.

44

Dieser Personenkreis ist aber einem erhöhten Risiko ausgesetzt, wegen einer negativen gesundheitlichen Eignungsprognose nicht verbeamtet zu werden. Behinderungen haben regelmäßig zur Folge, dass die Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist oder Einschränkungen mit zunehmendem Alter zu erwarten sind. Dieses Risiko verwirklicht sich auch dann, wenn behinderten Bewerbern zwar nicht der Zugang zum Beruf, aber zu dessen Ausübung im Beamtenverhältnis verwehrt wird. Die mittelbare Ungleichbehandlung besteht hier darin, dass sich die Behinderung auf die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der RL (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG) auswirkt.

45

Die mittelbare Ungleichbehandlung stellt aber keine unionsrechtswidrige Diskriminierung dar, weil sie durch ein angemessenes Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (Art. 2 Abs. 2 Buchst. b RL). Die Auslegung dieser Vorschrift durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ist wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts für die Auslegung des inhaltsgleichen § 3 Abs. 2 AGG verbindlich.

46

Angemessene Ziele im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der RL können sich insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung ergeben; daneben kommt jedes weitere sozialpolitische Ziel in Betracht (EuGH, Urteil vom 13. September 2011 - Rs. C-447/09, Prigge u.a. - NJW 2011, 3209 Rn. 81). Die Mitgliedstaaten verfügen über einen weiten Spielraum bei der Wahl der Maßnahmen, die sie zur Erreichung eines angemessenen Ziels für erforderlich halten. Die Wahl kann auf politischen, wirtschaftlichen, sozialen, demografischen oder fiskalischen Erwägungen beruhen, wobei letztere für sich allein nicht ausreichen (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 - Rs. C-159/10 und 160/10, Fuchs und Köhler - NVwZ 2011, 1249 Rn. 61, 73 f. und 80 f.). Die Angemessenheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme ist nachgewiesen, wenn sie im Hinblick auf das verfolgte Ziel nicht unvernünftig erscheint und auf Beweismittel gestützt ist, deren Beweiskraft das nationale Gericht zu beurteilen hat (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 a.a.O. Rn. 83). Somit ist auch Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der RL Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Urteile vom 19. Februar 2009 - BVerwG 2 C 18.07 - BVerwGE 133, 143 = Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 6 jeweils Rn. 15 und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 44).

47

Das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestand der Beamten stellt ein angemessenes Ziel im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der RL dar. Dies folgt aus dem Zusammenhang zwischen der Dienstleistung der Beamten und den Versorgungsleistungen im Ruhestand. Wie oben dargelegt erdienen Beamte die lebenslange Versorgung während der aktiven Zeit. Die unionsrechtliche Anerkennung des daraus folgenden Interesses an einer adäquaten Lebensdienstzeit wird durch Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c der RL belegt, wonach Ungleichbehandlungen wegen des Alters insbesondere die Festlegung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand einschließen (Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. jeweils Rn. 45).

48

Die Anwendung der allgemeinen Prognose für die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern auf behinderte Bewerber, die weder schwerbehindert noch Schwerbehinderten gleichgestellt sind, stellt eine geeignete und erforderliche Maßnahme dar, um eine angemessene, die lebenslange Versorgung rechtfertigende Lebensdienstzeit sicherzustellen.

49

Der zeitliche Bezugspunkt der Prognoseentscheidung ist - vorbehaltlich einer gesetzlichen Regelung - durch das Lebenszeit- und Alimentationsprinzip vorgegeben. Die hauptberufliche Beschäftigung auf Lebenszeit und das hiermit korrespondierende Alimentationsprinzip sind prägende Strukturmerkmale des Berufsbeamtentums (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <263>). Sie bilden die Voraussetzung dafür, dass sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern, beitragen kann.

50

Das auf Lebenszeit angelegte Beamtenverhältnis, das Schutz vor Entlassung, amtsangemessene Besoldung und lebenslange Versorgung für den Beamten und seine Hinterbliebenen gewährleistet, rechtfertigt das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit des Beamten (Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. jeweils Rn. 16 sowie Rn. 45). Die Erhaltung einer unabhängigen Beamtenschaft stellt ein rechtmäßiges Ziel im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Ziff. i der RL dar. Darüber hinaus ist die Sicherung einer angemessenen Lebensdienstzeit auch aus fiskalischen Erwägungen geboten (vgl. zur Berücksichtigung der versicherungsmathematischen Bedeutung der Lebensarbeitszeit auch Art. 6 Abs. 2 der RL). Die Versorgungslast der pensionierten Beamten wird im Gegensatz zum umlagefinanzierten Rentenversicherungssystem in vollem Umfang aus dem Haushalt der Anstellungskörperschaft finanziert. Ein angemessenes Verhältnis zwischen aktiver Dienstzeit und Versorgungslast hat deshalb bei Beamten besonderes Gewicht.

51

Die Eignungsprognose mit dem dargestellten Inhalt ist auch eine verhältnismäßige Maßnahme zur Gewährleistung der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter.

52

Die Anforderung der gesundheitlichen Eignung ist erforderlich, weil andere Maßnahmen das Lebenszeitprinzip beeinträchtigen und daher nicht gleich wirksam im Hinblick auf das angestrebte Ziel sind.

53

Sie ist auch angemessen. Bei den Beamten typischerweise übertragenen hoheitlichen Tätigkeiten geht es um die Aufgabenbereiche des Funktionsvorbehalts aus Art. 33 Abs. 4 GG, deren Wahrnehmung - gerade im Interesse des gesetzesunterworfenen Bürgers - die besonderen Verlässlichkeits-, Stetigkeits- und Rechtsstaatlichkeitsgarantien des Beamtentums erfordern (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 a.a.O. S. 261). Die besonderen Anforderungen an die Art und Qualität der Aufgabenerfüllung in diesen sensiblen Bereichen lassen es nicht zu, Abstriche von den Eignungsanforderungen zu machen und Bewerber einzustellen, deren vorzeitige Dienstunfähigkeit schon jetzt wahrscheinlich ist (vgl. zur Berücksichtigung der Art der Aufgaben und dem Ermessen der Mitgliedstaaten bei der Organisation ihrer öffentlichen Verwaltung EuGH, Urteil vom 8. September 2011 - Rs. C-177/10 - Slg. 2011, I-7907 Rn. 69 und 76; zum Interesse, eingestellte Beamte über einen hinreichend langen Zeitraum verwenden zu können, auch Urteil vom 12. Januar 2010 - Rs. C-229/08 - Slg. 2010, I-1 Rn. 43). Soweit - wie für die in Rede stehende Berufsgruppe der Lehrer - auch eine Tätigkeit als Tarifbeschäftigter möglich ist, betrifft die Ungleichbehandlung überdies nicht die Berufsausübung selbst, sondern nur deren rechtliche Ausgestaltung.

54

5. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Ersatz des Schadens zu, den er durch die rechtswidrige Ablehnung seiner Bewerbung erlitten hat. Es fehlt an dem hierfür erforderlichen Verschulden der Beklagten.

55

Ein derartiger Anspruch folgt nicht aus § 15 Abs. 1 AGG, weil der hierfür erforderliche Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen nicht vorliegt. Wie dargelegt ist die Anwendung des - herabgestuften - allgemeinen Prognosemaßstabs für die gesundheitliche Eignung auf diese Bewerbergruppe nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Ziff. i der RL (§ 3 Abs. 2 AGG) gerechtfertigt.

56

Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht auch ein Verschulden der Beklagten verneint (§ 15 Abs. 1 Satz 2 AGG). Sie hatte im Zeitpunkt der Ablehnung der Bewerbung des Klägers keinen Anlass, eine Behinderung anzunehmen. Weder hatte der Amtsarzt entsprechende Diagnosen getroffen noch hatte der Kläger einen Feststellungsbescheid vorgelegt (vgl. Beschluss vom 7. April 2011 - BVerwG 2 B 79.10 - juris Rn. 5).

57

Das Verschuldenserfordernis ist auch mit den Vorgaben des Rechts der Europäischen Union vereinbar. Art. 17 der RL schreibt keine bestimmten Sanktionen vor (EuGH, Urteil vom 25. April 2013 - Rs. C-81/12 - juris Rn. 60). Festgelegt ist lediglich, dass die Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen. Diesen Anforderungen genügt das nationale Recht, das in § 15 AGG ein abgestuftes Sanktionssystem etabliert (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 38).

58

Nach § 15 Abs. 2 AGG werden Entschädigungsansprüche verschuldensunabhängig gewährt. Damit ist sichergestellt, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot auch im Falle fehlenden Verschuldens nicht sanktionslos bleibt. Die Sanktionsregelung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist daher nicht ineffektiv: sie greift auch dann, wenn ein Vertretenmüssen des Arbeitgebers nicht nachgewiesen werden kann (vgl. hierzu EuGH, Urteile vom 8. November 1990 - Rs. C-177/88 - Slg. 1990, I-3941 Rn. 24 und vom 22. April 1997 - Rs. C-180/95 - Slg. 1997, I-2195 Rn. 22 zur Richtlinie 76/207/EWG). Das Haftungsmodell des § 15 AGG differenziert aber. Während der Arbeitgeber sich im Falle eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot einer Entschädigungszahlung nicht entziehen kann, wird die Verpflichtung zum Ersatz des materiellen Schadens - der erheblich höhere Beträge umfassen kann - an das hierfür im deutschen Schadensrecht generell erforderliche Vertretenmüssen (vgl. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) gebunden. Diese Abstufung entspricht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit (Art. 17 Satz 2 RL). Es wiegt ungleich schwerer und bedarf abschreckenderer Sanktionen, wenn ein Arbeitgeber den Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot zu vertreten hat oder sogar absichtlich begeht. Musste er dagegen bei seiner Entscheidung nicht vom Vorliegen einer Behinderung ausgehen, kann die Beschränkung einer Haftung auf eine Entschädigung für immaterielle Schäden nicht als unverhältnismäßig bewertet werden.

59

Schließlich hat der Kläger den Anspruch nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG geltend gemacht (vgl. zur Zulässigkeit der Fristenregelung EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - Rs. C-246/09, Bulicke - Slg. 2010, I-7003; BAG, Urteil vom 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - NJW 2013, 555; BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 5 C 16.10 - BVerwGE 139, 135 Rn. 32 und Beschluss vom 16. April 2013 - BVerwG 2 B 145.11 - juris Rn. 10). Die Beklagte hatte die Bewerbung mit Schreiben vom 31. Oktober 2006 unter Hinweis auf die gesundheitliche Verfassung des Klägers abgelehnt. Der Schriftsatz vom 21. November 2007, in dem der Kläger Schadensersatz verlangte, ging offensichtlich nach Ablauf der gesetzlichen Zweimonatsfrist ein.

60

Dem Kläger steht auch kein Schadensersatz wegen Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG zu.

61

Dieser Anspruch steht auch einem Bewerber um die Verbeamtung zu, weil auch Einstellung und Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe an Art. 33 Abs. 2 GG zu messen sind. Ein Bewerber kann deshalb Ersatz des ihm durch Nichteinstellung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Amtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Bewerbers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, wenn diese Rechtsverletzung für die Nichteinstellung des Bewerbers kausal war und wenn der Bewerber es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45 jeweils Rn. 16).

62

Auch insoweit fehlt es an einem Verschulden der Beklagten. Neben der Unkenntnis von der Behinderung des Klägers, die ihr nicht vorgeworfen werden kann, entsprach der angewandte Prognosemaßstab für die gesundheitliche Eignung dem damaligen Stand von Rechtsprechung und Schrifttum (Urteile vom 25. Februar 2010 a.a.O. jeweils Rn. 26 und vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 40).

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe und beansprucht ihre Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit.

2

Am 1. Dezember 1997 berief die Beklagte die 1964 geborene Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe. Mit Wirkung vom 1. April 2000 stellte sie die Klägerin an und ernannte sie zur Verwaltungsrätin. Die Klägerin leistete von Anfang 1999 bis Anfang Februar 2005 keinen Dienst. Sie befand sich nach der Geburt ihrer Kinder im Mutterschutz, im Erziehungsurlaub und in der Elternzeit.

3

Nach dem Ende der Elternzeit war die Klägerin von Anfang Februar 2005 bis Ende 2006 wegen der Folgewirkungen zweier Bandscheibenvorfälle dienstunfähig erkrankt. Im Hinblick hierauf verlängerte die Beklagte die Probezeit bis Mitte September 2007. Nachdem die Klägerin von Anfang Januar bis Anfang April 2007 im Rahmen ihrer stufenweisen Wiedereingliederung nur teilweise gearbeitet hatte, leistete sie ab April 2007 wieder vollständig Dienst.

4

Die Beklagte entließ die Klägerin mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Die gesundheitliche Eignung der Klägerin sei nicht nachgewiesen. Die bis zum Ablauf der Probezeit verbliebene Dienstzeit reiche nicht aus, um ihre gesundheitliche Eignung zuverlässig festzustellen.

5

In der Berufungsinstanz hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlich erfolgreiche Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

6

Die gerichtlich nur beschränkt überprüfbare prognostische Einschätzung der Beklagten, die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet, sei aufgrund der Beweisaufnahme nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei während ihrer verlängerten Probezeit nahezu zwei Jahre ununterbrochen dienstunfähig erkrankt gewesen. Zum einen habe die Klägerin ab Anfang 2005 mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten. Zum anderen hätten diese zu einem chronifizierten Schmerzsyndrom mit selbstständigem Krankheitswert geführt. Diese beiden Diagnosen schlössen eine positive gesundheitliche Eignungsprognose zum Ablauf der Probezeit der Klägerin aus.

7

Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 5. September 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Juni 2009 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 31 des Bundesbeamtengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 9. Juli 2001 (- BBG a.F. -, BGBl I S. 1510). Ob es sich aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht entscheiden.

10

1. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. kann ein Beamter auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) entlassen werden. Auch die fehlende gesundheitliche Eignung stellt einen Entlassungsgrund dar. Dies folgt zudem aus Art. 33 Abs. 2 GG, dessen Kriterien § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. übernimmt. Geeignet ist nach Art. 33 Abs. 2 GG nur derjenige, der dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, Beschlüsse vom 21. Februar 1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140 <151> und vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - Rn. 10 ). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O.).

11

Obwohl § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. davon spricht, dass ein Beamter auf Probe entlassen werden "kann", ist der Behörde hinsichtlich der Entlassung eines Probebeamten, der sich in der Probezeit nicht bewährt hat, kein Ermessen eröffnet. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 der Bundeslaufbahnordnung (- BLV a.F. -) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 2002 (BGBl I S. 2459) werden Beamtinnen und Beamte, die sich nicht bewährt haben, entlassen. Das Wort "kann" trägt lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die Probezeit, wie hier geschehen, zu verlängern ist, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist (Urteile vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 7 S. 6; vom 19. März 1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263 <271> = Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 9 S. 7 und vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 2 C 26.97 - BVerwGE 108, 64 <70> = Buchholz 111 Art. 20 EV Nr. 4 S. 15).

12

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Probebeamten ist der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung. Dies folgt aus dem materiellen Recht, das auch bestimmt zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (stRspr; vgl. Urteile vom 17. Oktober 1989 - BVerwG 9 C 58.88 - Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 8 S. 9, vom 31. März 2004 - BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f. und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 11).

13

Die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. über die Entlassung von Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) steht im Zusammenhang mit § 9 BBG a.F., der die Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit festlegt. Danach darf Beamter auf Lebenszeit u.a nur werden, wer sich als Laufbahnbewerber oder als anderer Bewerber (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BBG a.F.) in einer Probezeit bewährt hat. Ferner schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 BLV a.F. vor, dass vor Ablauf der Probezeit festgestellt wird, ob der Beamte sich bewährt hat.

14

Aus diesen Bestimmungen folgt, dass in die Entscheidung des Dienstherrn über die gesundheitliche Bewährung des Probebeamten, nur solche Umstände Eingang finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf dieser Zeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <150 ff.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5).

15

War die Erkrankung eines Probebeamten bereits vor der Begründung dieses Beamtenverhältnisses bekannt, so darf der Dienstherr die gesundheitliche Eignung des Beamten bei der anstehenden Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit nur dann im Hinblick auf diese Erkrankung verneinen, wenn sich die Grundlagen ihrer Bewertung inzwischen geändert haben. Bei unveränderter Sachlage ist der Dienstherr an seine Bewertung der gesundheitlichen Eignung vor Begründung des Probebeamtenverhältnisses gebunden.

16

a) Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, trotz der Anstellung der Klägerin zum 1. April 2000 habe die Beklagte zum Ablauf der verlängerten Probezeit Mitte September 2007 noch über deren gesundheitliche Eignung befinden können. Mit der Anstellung der Klägerin war nicht die Feststellung ihrer Bewährung in der Probezeit verbunden, die die gesundheitliche Eignung mit umfasst. Ist die Anstellung wegen Kindererziehungszeiten vorgezogen worden, so ist nach § 10 Abs. 3 Satz 6 BLV a.F. die vorgeschriebene Probezeit ungeachtet der Anstellung abzuleisten. Die Regel des § 10 Abs. 2 Satz 1 BLV a.F. findet dann keine Anwendung.

17

b) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagten stehe hinsichtlich der Frage der gesundheitlichen Eignung der Klägerin ein Beurteilungsspielraum zu, ist mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 33 Abs. 2 GG sowie § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. nicht vereinbar.

18

Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, um sich durch die erfolgreiche Ableistung der Probezeit zu bewähren, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest; subjektive Rechte der Beamten werden hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 12). Für die vergleichende fachliche Eignung der Bewerber steht dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu, der vor allem die Gewichtung der leistungsbezogenen Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 45).

19

Demgegenüber ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein. Insoweit sind die Voraussetzungen, unter denen eine Einschränkung der aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Letztentscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte für die Auslegung und Anwendung normativer Regelungen anzunehmen ist, nicht erfüllt (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff.).

20

Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Auf dieser Basis können sich die Verwaltungsgerichte im gleichen Maße ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung des Bewerbers und über die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen bilden wie die zuständige Behörde. Können die Verwaltungsgerichte mit sachkundiger Hilfe ihrer Aufgabe gerecht werden, die entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände festzustellen und rechtlich zu bewerten, besteht kein Anlass, die gerichtliche Kontrolldichte zugunsten der Verwaltung einzuschränken. Insoweit besteht eine Parallele zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Beamten als Voraussetzung für seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Auch hier steht der Behörde kein Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 14 f.)

21

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht jedoch nicht auf diesem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar im Obersatz davon ausgegangen, die Entscheidung der Beklagten über die gesundheitliche Eignung sei lediglich auf die Einhaltung der bei einem Beurteilungsspielraum allgemein anerkannten Grenzen überprüfbar. Im Gegensatz hierzu hat es aber zu deren Überprüfung eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt und aufgrund dieser die Begründung der Beklagten für die angebliche mangelnde gesundheitliche Eignung der Klägerin wesentlich ergänzt.

22

c) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht erfordere, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen, ist mit Art. 33 Abs. 2 GG und demnach mit § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. unvereinbar. Diesen Prognosemaßstab hat der Senat in Bezug auf die Bewertung der gesundheitlichen Eignung von solchen Bewerbern aufgegeben, die die Ernennung zum Probebeamten beanspruchen (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16). Gleiches muss für die Prognoseentscheidung gelten, ob Probebeamte für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich geeignet sind. Maßgeblich sind folgende Erwägungen:

23

Das Lebenszeit- und das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) verpflichten den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Dementsprechend kann der Dienstherr unter Berufung auf den gesundheitlichen Zustand des Bewerbers die Begründung eines Beamtenverhältnisses ablehnen, wenn absehbar ist, dass bei diesem das angemessene Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit voraussichtlich spürbar gestört sein wird. Dies ist der Fall, wenn der Beamte vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 21). Gleiches gilt, wenn der Beamte zwar die gesetzliche Altersgrenze im Dienst erreichen wird, es aber absehbar ist, dass er wegen einer chronischen Erkrankung voraussichtlich regelmäßig erhebliche dem Dienstherrn in der Gesamtheit nicht zumutbare Ausfallzeiten aufweisen wird. Die wahrscheinlich erwartbaren Fehlzeiten müssen in der Summe ein Ausmaß erreichen, das einer Pensionierung wegen Dienstunfähigkeit etliche Jahre vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gleichkommt. Es muss der Schluss gerechtfertigt sein, die Lebensdienstzeit sei erheblich verkürzt.

24

Der bisherige, vom Senat aufgegebene Prognosemaßstab stellt demgegenüber eine unverhältnismäßige Einschränkung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG auf Zugang zu einem öffentlichen Amt dar. Er hat in der Praxis dazu geführt, dass Bewerber und Probebeamte ohne Prüfung ihrer voraussichtlichen gesundheitlichen Entwicklung als ungeeignet angesehen worden sind, weil ihr Gesundheitszustand vom Regelzustand abgewichen ist oder sie in der Probezeit vorübergehend erkrankten. Dies ist insbesondere im Hinblick auf den langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraum und die Unsicherheit medizinischer Prognosen angesichts des Art. 33 Abs. 2 GG unverhältnismäßig.

25

Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, ist maßgeblich für die Prognose, ob der Bewerber dauernd dienstunfähig oder aufgrund einer chronischen Erkrankung regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen wird, die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Je nach Laufbahn kann sich die Prognose danach auf mehrere Jahrzehnte erstrecken. Die damit verbundenen Unwägbarkeiten werden noch durch die Komplexität von medizinisch fundierten Vorhersagen über den voraussichtlichen Verlauf einer Erkrankung verschärft. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt. Künftige Präventions- und Heilmethoden können zum Zeitpunkt der Eignungsprognose noch nicht in die Bewertung einbezogen werden. Vielfach ist auch die Wechselwirkung und damit Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwerwiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht. Zudem kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch nicht davon ausgegangen werden, der teilweise Ausfall der Lebensdienstzeit von Beamten sei in nennenswertem Umfang auf solche Krankheiten zurückzuführen, die zum Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung vorhersehbar waren. Vielmehr geht dies regelmäßig auf erst nachträglich eingetretene Umstände zurück (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16 ff.).

26

Daher kann der Dienstherr einem Bewerber die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn nur dann absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen (im Anschluss an das Urteil vom 25. Juli 2013). Dabei kann die gesundheitliche Eignung nur im Hinblick auf Erkrankungen, insbesondere chronische Erkrankungen verneint werden, nicht aber unter Berufung auf gesundheitliche Folgen, die mit dem allgemeinen Lebensrisiko, wie z.B. einem Unfall bei sportlichen Aktivitäten des Bewerbers, verbunden sind.

27

Ist zum Zeitpunkt der Begründung des Beamtenverhältnisses auf Probe oder auf Lebenszeit eine Erkrankung des Bewerbers bereits bekannt, so ist der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit des Bewerbers vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze oder von regelmäßigen und erheblichen Ausfallzeiten über Jahre hinweg überwiegend wahrscheinlich, wenn für die Richtigkeit dieser Annahme nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht maßgeblich in Betracht kommen.

28

Lassen sich vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit oder krankheitsbedingte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten nach Ausschöpfen der zugänglichen Beweisquellen weder feststellen noch ausschließen ("non liquet"), so geht dies zu Lasten des Dienstherrn. Denn die Voraussetzungen für die Annahme der mangelnden gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers im Sinne von § 31 Abs. 1 BBG a.F. sind nicht erfüllt.

29

Bloße Zweifel des Dienstherrn an der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers, die den genannten Anforderungen nicht genügen, sind dagegen unerheblich. Soweit der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung für die Annahme mangelnder gesundheitlicher Eignung des Bewerbers auch "nachhaltige Zweifel" des Dienstherrn, insbesondere aufgrund von erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten, hat ausreichen lassen, wird diese aufgegeben (Urteil vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2 und Beschluss vom 16. September 1986 - BVerwG 2 B 92.86 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 39 S. 16 m.w.N.). Auch bei längeren oder wiederkehrenden krankheitsbedingten Fehlzeiten während der Probezeit ist auf der Grundlage aussagekräftiger ärztlicher Stellungnahmen zu klären, ob der Beamte wegen der diesen Fehlzeiten zugrundeliegenden Erkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden muss. Gleiches gilt, wenn der Beamte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten aufweisen wird.

30

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Das individuelle Leistungsvermögen muss in Bezug zu den körperlichen Anforderungen der Dienstposten gesetzt werden, die den Statusämtern der betreffenden Laufbahn zugeordnet sind. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt.

31

Für die Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes des Bewerbers muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und seiner Verfassung erstellen. Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Auf dieser Grundlage hat er unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung eigenverantwortlich zu beantworten (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 23).

32

Als Grundlage für die vom Dienstherrn oder vom Gericht zu treffende Entscheidung über die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers reicht die nicht näher belegte Einschätzung eines Mediziners über den voraussichtlichen Verlauf der beim Bewerber bestehenden Erkrankung nicht aus. Sofern statistische Erkenntnisse über die gewöhnlich zu erwartende Entwicklung einer Erkrankung herangezogen werden sollen, sind diese nur verwertbar, wenn sie auf einer belastbaren Basis beruhen. Dafür muss über einen längeren Zeitraum hinweg eine signifikante Anzahl von Personen beobachtet worden sein. Zudem ist es bei der medizinischen Bewertung zu berücksichtigen, wenn der individuelle Krankheitsverlauf des Betroffenen Besonderheiten gegenüber den statistischen Erkenntnissen aufweist.

33

Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe die zuständige Behörde und das Gericht angewiesen sind, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Die Behörde muss - ebenso wie das Gericht - die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden. Im Hinblick auf die Verwertbarkeit der ärztlichen Stellungnahme muss geprüft werden, ob Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Arztes bestehen, dieser von zutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen ist und die entscheidungserheblichen Fragen plausibel und nachvollziehbar abgehandelt hat. Gegebenenfalls muss darauf hingewirkt werden, dass der Arzt seine Ausführungen ergänzt, oder es ist ein weiterer Arzt, insbesondere ein Facharzt, einzuschalten (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 f. und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11).

34

2. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann der Senat nicht entscheiden, ob die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Probezeit nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. gesundheitlich ungeeignet und deshalb zu entlassen war. Die mündlichen Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung, denen das Oberverwaltungsgericht gefolgt ist, sind nicht verwertbar. Diese gutachtliche Stellungnahme leidet an rechtserheblichen Mängeln.

35

Ein Sachverständigengutachten kann seine Aufgabe, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln, nicht erfüllen, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Urteil vom 19. Dezember 1968 - BVerwG 8 C 29.67 - BVerwGE 31, 149 <156>; Beschlüsse vom 10. März 1977 - BVerwG 6 B 38.76 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 21 S. 6 und vom 31. Oktober 2012 - BVerwG 2 B 33.12 - NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 34). Dies gilt auch für mündliche Darlegungen eines Sachverständigen zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens nach § 411 Abs. 3 ZPO.

36

Nach diesen Grundsätzen konnte das Oberverwaltungsgericht seine Einschätzung, die Klägerin sei gesundheitlich nicht geeignet und sei deshalb zu Recht entlassen worden, nicht auf die lediglich mündlichen Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung stützen. Die Stellungnahme des Gutachters beruht insoweit auf einer erkennbar unzureichenden tatsächlichen Grundlage.

37

Zum einen hat dieser bei seinen mündlichen Ausführungen zum chronifizierten Schmerzsyndrom der Klägerin nicht gewürdigt, dass die Schmerzbehandlung mit Botox ab September 2006 erfolgreich war. Nach der Niederschrift über die letzte Berufungsverhandlung hat der Gutachter dort selbst ausgeführt, seine Feststellung eines chronifizierten Schmerzsyndroms wäre unrichtig, wenn bei der Klägerin eine Therapieform nachhaltig angeschlagen hätte. Zum anderen hätte der Gutachter vor seiner entscheidenden Aussage zum Vorliegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms die Unterlagen des behandelnden Arztes einsehen müssen. Ohne Prüfung der Unterlagen über die intensive und lang andauernde Schmerztherapie war eine sachverständige Äußerung über das Schmerzsyndrom, das den Gutachter zur geänderten Beantwortung der ihm gestellten Beweisfrage veranlasst hat, nicht möglich.

38

Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr zu klären, ob die Klägerin zum Ablauf ihrer Probezeit neben der Bandscheibenerkrankung noch an einer weiteren Krankheit litt, die es in ihrer Gesamtheit als überwiegend wahrscheinlich machten, dass sie mit der Folge einer erheblich geringeren Lebensdienstzeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen sein oder über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen wird.

39

3. § 31 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. bestimmt, dass in dem hier gegebenen Fall des Satzes 1 Nr. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung § 42 Abs. 3 BBG a.F. sinngemäß anzuwenden ist. Auf diese Regelung, deren Verletzung zur Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung führt, ist das Oberverwaltungsgericht im angegriffenen Urteil nicht eingegangen.

40

Die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift über die Versetzung eines Lebenszeitbeamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit auf den Fall der Entlassung eines Probebeamten wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung muss der gegenüber § 42 Abs. 3 BBG a.F. geänderten Ausgangslage Rechnung tragen. Bei einem dauernd dienstunfähigen Lebenszeitbeamten soll entsprechend dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" von der Zurruhesetzung abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Demgegenüber kommt es für die anderweitige Verwendung eines Probebeamten darauf an, ob der Betroffene noch für einen ausreichend großen Teil der Dienstposten der gesamten bisherigen Laufbahn oder für eine andere Laufbahn, für die der Beamte die Befähigung besitzt oder voraussichtlich erwerben wird, mit insgesamt geringeren gesundheitlichen Anforderungen gesundheitlich geeignet ist. Die aus § 42 Abs. 3 BBG a.F. folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 25 ff.) besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist. Auch diese Frage hat das Oberverwaltungsgericht im erneuten Berufungsverfahren zu klären, falls es erneut zu dem Ergebnis kommt, der Klägerin fehle die gesundheitliche Eignung.

41

4. Wird die gesundheitliche Eignung der Klägerin festgestellt, so ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. für die Entscheidung der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung auch die fachliche Eignung der Klägerin während der Probezeit zu klären. Insoweit steht der Beklagten aber ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.

42

5. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Oberverwaltungsgericht auch über den gerichtlich geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit zu entscheiden haben, den es im angegriffenen Urteil nicht beschieden hat. Dieser Anspruch besteht, wenn feststeht, dass sich die Klägerin in der Probezeit bewährt hat.

43

Rechtsgrundlage dieses Anspruchs der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit ist § 9 Abs. 2 BBG a.F. (vgl. § 147 Abs. 2 Satz 1 BBG in der Fassung des Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. März 2012, BGBl I S. 462). Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBG a.F. ist ein Beamtenverhältnis auf Probe spätestens nach fünf Jahren in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, wenn der Beamte die beamtenrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt, d.h. wenn er sich bewährt hat. Ansonsten ist er zu entlassen. Nach Satz 2 verlängert sich die Frist um die Zeit einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge. Der Anspruch setzt neben den Anforderungen des § 7 BBG a.F. die Vollendung des 27. Lebensjahres sowie die Bewährung des Probebeamten in der Probezeit voraus. Dagegen ist nicht von Bedeutung, ob eine entsprechende Planstelle frei ist.

44

Die Probezeit dient der Klärung der Frage der Bewährung des Probebeamten. Während dieser Zeit hat der Beamte seine allseitige Eignung, unter Einschluss der gesundheitlichen Eignung, für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nachzuweisen. Entsprechend diesem Zweck der Probezeit und der ihm obliegenden Fürsorgepflicht ist der Dienstherr gehalten, unverzüglich nach ihrem Ablauf eine Entscheidung über die Bewährung des Beamten zu treffen (Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder Entlassung) und damit zugleich dem Beamten Klarheit über seinen künftigen Berufsweg zu verschaffen (Urteil vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 NdsLBG Nr. 7 S. 8).

45

Da für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit die Erkenntnisse bis zum Ablauf der Probezeit maßgeblich sind, ist der Beurteilungszeitpunkt des Verpflichtungsbegehrens mit dem der Anfechtungsklage gegen die Entlassungsverfügung identisch. Es können nur solche Umstände Eingang in die Entscheidung finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf der Probezeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <151 f.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5 m.w.N.).

(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern.

(2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(3) Nach Erörterung der Streitsache erklärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröffnung beschließen.

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

(1) Werden infolge von Landbeschaffungen Änderungen oder Neuordnungen von Gemeinde-, Schul- oder Kirchenverhältnissen oder von Anlagen im öffentlichen Interesse erforderlich, so trägt der Erwerber insoweit die Kosten, als die den öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen entstehenden Lasten und Nachteile nicht durch Vorteile ausgeglichen werden. § 4 Abs. 3 gilt sinngemäß.

(2) Werden infolge von Landbeschaffungen zur Beseitigung eines dringenden Wohnraumbedarfs Neubauten erforderlich, so hat der Bund die Erstellung des angemessenen Wohnraums zu gewährleisten.

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Zur Entschädigung in Land (§ 1 Abs. 1 Nr. 3) oder zur Unterbringung von Personen, Betrieben und öffentlichen Einrichtungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 5) dürfen nicht enteignet werden

1.
a)
Grundstücke, die unmittelbar öffentlichen Zwecken oder der Wohlfahrtspflege, dem Unterricht, der Forschung, der Kranken- und Gesundheitspflege, der Erziehung und der Körperertüchtigung dienen oder zu dienen bestimmt oder unter Denkmalschutz gestellt oder als Naturschutzgebiete, Nationalparke, Naturdenkmale oder geschützte Landschaftsbestandteile ausgewiesen sind;
b)
Grundstücke der Gemeinden, die zur Sicherung der Durchführung der Bauleitplanung erforderlich sind;
c)
Grundstücke, deren Ertrag ausschließlich der Erfüllung der Aufgaben der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie deren Einrichtungen dient oder zu dienen bestimmt ist;
d)
Grundstücke von Betrieben des öffentlichen Verkehrs und der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wasser, Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Grundstücke mit Wassergewinnungsanlagen für die öffentliche Versorgung mit Wasser, Grundstücke mit Anlagen der Abwasserwirtschaft und Grundstücke im Bereich von Wasserschutzgebieten; dies gilt auch bei Enteignungen zu Zwecken des § 1 Abs. 1 Nr. 4;
2.
Grundstücke eines landwirtschaftlichen Kleinbetriebs oder eines bäuerlichen Betriebs, soweit der Betrieb zu seiner wirtschaftlichen Fortführung auf die Grundstücke angewiesen ist;
3.
Grundstücke, die aufgrund eines Pachtvertrages oder eines ähnlichen Nutzungsverhältnisses an Vertriebene oder Sowjetzonenflüchtlinge oder an Familienbetriebe zur Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz übergeben worden sind;
4.
Grundstücke, auf die der Eigentümer mit seiner Berufs- oder Erwerbstätigkeit angewiesen ist.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe und beansprucht ihre Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit.

2

Am 1. Dezember 1997 berief die Beklagte die 1964 geborene Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe. Mit Wirkung vom 1. April 2000 stellte sie die Klägerin an und ernannte sie zur Verwaltungsrätin. Die Klägerin leistete von Anfang 1999 bis Anfang Februar 2005 keinen Dienst. Sie befand sich nach der Geburt ihrer Kinder im Mutterschutz, im Erziehungsurlaub und in der Elternzeit.

3

Nach dem Ende der Elternzeit war die Klägerin von Anfang Februar 2005 bis Ende 2006 wegen der Folgewirkungen zweier Bandscheibenvorfälle dienstunfähig erkrankt. Im Hinblick hierauf verlängerte die Beklagte die Probezeit bis Mitte September 2007. Nachdem die Klägerin von Anfang Januar bis Anfang April 2007 im Rahmen ihrer stufenweisen Wiedereingliederung nur teilweise gearbeitet hatte, leistete sie ab April 2007 wieder vollständig Dienst.

4

Die Beklagte entließ die Klägerin mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Die gesundheitliche Eignung der Klägerin sei nicht nachgewiesen. Die bis zum Ablauf der Probezeit verbliebene Dienstzeit reiche nicht aus, um ihre gesundheitliche Eignung zuverlässig festzustellen.

5

In der Berufungsinstanz hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlich erfolgreiche Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

6

Die gerichtlich nur beschränkt überprüfbare prognostische Einschätzung der Beklagten, die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet, sei aufgrund der Beweisaufnahme nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei während ihrer verlängerten Probezeit nahezu zwei Jahre ununterbrochen dienstunfähig erkrankt gewesen. Zum einen habe die Klägerin ab Anfang 2005 mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten. Zum anderen hätten diese zu einem chronifizierten Schmerzsyndrom mit selbstständigem Krankheitswert geführt. Diese beiden Diagnosen schlössen eine positive gesundheitliche Eignungsprognose zum Ablauf der Probezeit der Klägerin aus.

7

Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 5. September 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Juni 2009 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 31 des Bundesbeamtengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 9. Juli 2001 (- BBG a.F. -, BGBl I S. 1510). Ob es sich aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht entscheiden.

10

1. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. kann ein Beamter auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) entlassen werden. Auch die fehlende gesundheitliche Eignung stellt einen Entlassungsgrund dar. Dies folgt zudem aus Art. 33 Abs. 2 GG, dessen Kriterien § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. übernimmt. Geeignet ist nach Art. 33 Abs. 2 GG nur derjenige, der dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, Beschlüsse vom 21. Februar 1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140 <151> und vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - Rn. 10 ). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O.).

11

Obwohl § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. davon spricht, dass ein Beamter auf Probe entlassen werden "kann", ist der Behörde hinsichtlich der Entlassung eines Probebeamten, der sich in der Probezeit nicht bewährt hat, kein Ermessen eröffnet. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 der Bundeslaufbahnordnung (- BLV a.F. -) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 2002 (BGBl I S. 2459) werden Beamtinnen und Beamte, die sich nicht bewährt haben, entlassen. Das Wort "kann" trägt lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die Probezeit, wie hier geschehen, zu verlängern ist, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist (Urteile vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 7 S. 6; vom 19. März 1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263 <271> = Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 9 S. 7 und vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 2 C 26.97 - BVerwGE 108, 64 <70> = Buchholz 111 Art. 20 EV Nr. 4 S. 15).

12

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Probebeamten ist der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung. Dies folgt aus dem materiellen Recht, das auch bestimmt zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (stRspr; vgl. Urteile vom 17. Oktober 1989 - BVerwG 9 C 58.88 - Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 8 S. 9, vom 31. März 2004 - BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f. und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 11).

13

Die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. über die Entlassung von Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) steht im Zusammenhang mit § 9 BBG a.F., der die Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit festlegt. Danach darf Beamter auf Lebenszeit u.a nur werden, wer sich als Laufbahnbewerber oder als anderer Bewerber (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BBG a.F.) in einer Probezeit bewährt hat. Ferner schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 BLV a.F. vor, dass vor Ablauf der Probezeit festgestellt wird, ob der Beamte sich bewährt hat.

14

Aus diesen Bestimmungen folgt, dass in die Entscheidung des Dienstherrn über die gesundheitliche Bewährung des Probebeamten, nur solche Umstände Eingang finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf dieser Zeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <150 ff.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5).

15

War die Erkrankung eines Probebeamten bereits vor der Begründung dieses Beamtenverhältnisses bekannt, so darf der Dienstherr die gesundheitliche Eignung des Beamten bei der anstehenden Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit nur dann im Hinblick auf diese Erkrankung verneinen, wenn sich die Grundlagen ihrer Bewertung inzwischen geändert haben. Bei unveränderter Sachlage ist der Dienstherr an seine Bewertung der gesundheitlichen Eignung vor Begründung des Probebeamtenverhältnisses gebunden.

16

a) Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, trotz der Anstellung der Klägerin zum 1. April 2000 habe die Beklagte zum Ablauf der verlängerten Probezeit Mitte September 2007 noch über deren gesundheitliche Eignung befinden können. Mit der Anstellung der Klägerin war nicht die Feststellung ihrer Bewährung in der Probezeit verbunden, die die gesundheitliche Eignung mit umfasst. Ist die Anstellung wegen Kindererziehungszeiten vorgezogen worden, so ist nach § 10 Abs. 3 Satz 6 BLV a.F. die vorgeschriebene Probezeit ungeachtet der Anstellung abzuleisten. Die Regel des § 10 Abs. 2 Satz 1 BLV a.F. findet dann keine Anwendung.

17

b) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagten stehe hinsichtlich der Frage der gesundheitlichen Eignung der Klägerin ein Beurteilungsspielraum zu, ist mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 33 Abs. 2 GG sowie § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. nicht vereinbar.

18

Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, um sich durch die erfolgreiche Ableistung der Probezeit zu bewähren, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest; subjektive Rechte der Beamten werden hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 12). Für die vergleichende fachliche Eignung der Bewerber steht dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu, der vor allem die Gewichtung der leistungsbezogenen Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 45).

19

Demgegenüber ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein. Insoweit sind die Voraussetzungen, unter denen eine Einschränkung der aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Letztentscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte für die Auslegung und Anwendung normativer Regelungen anzunehmen ist, nicht erfüllt (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff.).

20

Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Auf dieser Basis können sich die Verwaltungsgerichte im gleichen Maße ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung des Bewerbers und über die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen bilden wie die zuständige Behörde. Können die Verwaltungsgerichte mit sachkundiger Hilfe ihrer Aufgabe gerecht werden, die entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände festzustellen und rechtlich zu bewerten, besteht kein Anlass, die gerichtliche Kontrolldichte zugunsten der Verwaltung einzuschränken. Insoweit besteht eine Parallele zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Beamten als Voraussetzung für seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Auch hier steht der Behörde kein Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 14 f.)

21

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht jedoch nicht auf diesem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar im Obersatz davon ausgegangen, die Entscheidung der Beklagten über die gesundheitliche Eignung sei lediglich auf die Einhaltung der bei einem Beurteilungsspielraum allgemein anerkannten Grenzen überprüfbar. Im Gegensatz hierzu hat es aber zu deren Überprüfung eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt und aufgrund dieser die Begründung der Beklagten für die angebliche mangelnde gesundheitliche Eignung der Klägerin wesentlich ergänzt.

22

c) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht erfordere, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen, ist mit Art. 33 Abs. 2 GG und demnach mit § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. unvereinbar. Diesen Prognosemaßstab hat der Senat in Bezug auf die Bewertung der gesundheitlichen Eignung von solchen Bewerbern aufgegeben, die die Ernennung zum Probebeamten beanspruchen (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16). Gleiches muss für die Prognoseentscheidung gelten, ob Probebeamte für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich geeignet sind. Maßgeblich sind folgende Erwägungen:

23

Das Lebenszeit- und das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) verpflichten den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Dementsprechend kann der Dienstherr unter Berufung auf den gesundheitlichen Zustand des Bewerbers die Begründung eines Beamtenverhältnisses ablehnen, wenn absehbar ist, dass bei diesem das angemessene Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit voraussichtlich spürbar gestört sein wird. Dies ist der Fall, wenn der Beamte vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 21). Gleiches gilt, wenn der Beamte zwar die gesetzliche Altersgrenze im Dienst erreichen wird, es aber absehbar ist, dass er wegen einer chronischen Erkrankung voraussichtlich regelmäßig erhebliche dem Dienstherrn in der Gesamtheit nicht zumutbare Ausfallzeiten aufweisen wird. Die wahrscheinlich erwartbaren Fehlzeiten müssen in der Summe ein Ausmaß erreichen, das einer Pensionierung wegen Dienstunfähigkeit etliche Jahre vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gleichkommt. Es muss der Schluss gerechtfertigt sein, die Lebensdienstzeit sei erheblich verkürzt.

24

Der bisherige, vom Senat aufgegebene Prognosemaßstab stellt demgegenüber eine unverhältnismäßige Einschränkung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG auf Zugang zu einem öffentlichen Amt dar. Er hat in der Praxis dazu geführt, dass Bewerber und Probebeamte ohne Prüfung ihrer voraussichtlichen gesundheitlichen Entwicklung als ungeeignet angesehen worden sind, weil ihr Gesundheitszustand vom Regelzustand abgewichen ist oder sie in der Probezeit vorübergehend erkrankten. Dies ist insbesondere im Hinblick auf den langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraum und die Unsicherheit medizinischer Prognosen angesichts des Art. 33 Abs. 2 GG unverhältnismäßig.

25

Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, ist maßgeblich für die Prognose, ob der Bewerber dauernd dienstunfähig oder aufgrund einer chronischen Erkrankung regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen wird, die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Je nach Laufbahn kann sich die Prognose danach auf mehrere Jahrzehnte erstrecken. Die damit verbundenen Unwägbarkeiten werden noch durch die Komplexität von medizinisch fundierten Vorhersagen über den voraussichtlichen Verlauf einer Erkrankung verschärft. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt. Künftige Präventions- und Heilmethoden können zum Zeitpunkt der Eignungsprognose noch nicht in die Bewertung einbezogen werden. Vielfach ist auch die Wechselwirkung und damit Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwerwiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht. Zudem kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch nicht davon ausgegangen werden, der teilweise Ausfall der Lebensdienstzeit von Beamten sei in nennenswertem Umfang auf solche Krankheiten zurückzuführen, die zum Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung vorhersehbar waren. Vielmehr geht dies regelmäßig auf erst nachträglich eingetretene Umstände zurück (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16 ff.).

26

Daher kann der Dienstherr einem Bewerber die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn nur dann absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen (im Anschluss an das Urteil vom 25. Juli 2013). Dabei kann die gesundheitliche Eignung nur im Hinblick auf Erkrankungen, insbesondere chronische Erkrankungen verneint werden, nicht aber unter Berufung auf gesundheitliche Folgen, die mit dem allgemeinen Lebensrisiko, wie z.B. einem Unfall bei sportlichen Aktivitäten des Bewerbers, verbunden sind.

27

Ist zum Zeitpunkt der Begründung des Beamtenverhältnisses auf Probe oder auf Lebenszeit eine Erkrankung des Bewerbers bereits bekannt, so ist der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit des Bewerbers vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze oder von regelmäßigen und erheblichen Ausfallzeiten über Jahre hinweg überwiegend wahrscheinlich, wenn für die Richtigkeit dieser Annahme nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht maßgeblich in Betracht kommen.

28

Lassen sich vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit oder krankheitsbedingte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten nach Ausschöpfen der zugänglichen Beweisquellen weder feststellen noch ausschließen ("non liquet"), so geht dies zu Lasten des Dienstherrn. Denn die Voraussetzungen für die Annahme der mangelnden gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers im Sinne von § 31 Abs. 1 BBG a.F. sind nicht erfüllt.

29

Bloße Zweifel des Dienstherrn an der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers, die den genannten Anforderungen nicht genügen, sind dagegen unerheblich. Soweit der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung für die Annahme mangelnder gesundheitlicher Eignung des Bewerbers auch "nachhaltige Zweifel" des Dienstherrn, insbesondere aufgrund von erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten, hat ausreichen lassen, wird diese aufgegeben (Urteil vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2 und Beschluss vom 16. September 1986 - BVerwG 2 B 92.86 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 39 S. 16 m.w.N.). Auch bei längeren oder wiederkehrenden krankheitsbedingten Fehlzeiten während der Probezeit ist auf der Grundlage aussagekräftiger ärztlicher Stellungnahmen zu klären, ob der Beamte wegen der diesen Fehlzeiten zugrundeliegenden Erkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden muss. Gleiches gilt, wenn der Beamte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten aufweisen wird.

30

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Das individuelle Leistungsvermögen muss in Bezug zu den körperlichen Anforderungen der Dienstposten gesetzt werden, die den Statusämtern der betreffenden Laufbahn zugeordnet sind. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt.

31

Für die Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes des Bewerbers muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und seiner Verfassung erstellen. Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Auf dieser Grundlage hat er unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung eigenverantwortlich zu beantworten (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 23).

32

Als Grundlage für die vom Dienstherrn oder vom Gericht zu treffende Entscheidung über die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers reicht die nicht näher belegte Einschätzung eines Mediziners über den voraussichtlichen Verlauf der beim Bewerber bestehenden Erkrankung nicht aus. Sofern statistische Erkenntnisse über die gewöhnlich zu erwartende Entwicklung einer Erkrankung herangezogen werden sollen, sind diese nur verwertbar, wenn sie auf einer belastbaren Basis beruhen. Dafür muss über einen längeren Zeitraum hinweg eine signifikante Anzahl von Personen beobachtet worden sein. Zudem ist es bei der medizinischen Bewertung zu berücksichtigen, wenn der individuelle Krankheitsverlauf des Betroffenen Besonderheiten gegenüber den statistischen Erkenntnissen aufweist.

33

Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe die zuständige Behörde und das Gericht angewiesen sind, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Die Behörde muss - ebenso wie das Gericht - die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden. Im Hinblick auf die Verwertbarkeit der ärztlichen Stellungnahme muss geprüft werden, ob Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Arztes bestehen, dieser von zutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen ist und die entscheidungserheblichen Fragen plausibel und nachvollziehbar abgehandelt hat. Gegebenenfalls muss darauf hingewirkt werden, dass der Arzt seine Ausführungen ergänzt, oder es ist ein weiterer Arzt, insbesondere ein Facharzt, einzuschalten (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 f. und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11).

34

2. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann der Senat nicht entscheiden, ob die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Probezeit nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. gesundheitlich ungeeignet und deshalb zu entlassen war. Die mündlichen Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung, denen das Oberverwaltungsgericht gefolgt ist, sind nicht verwertbar. Diese gutachtliche Stellungnahme leidet an rechtserheblichen Mängeln.

35

Ein Sachverständigengutachten kann seine Aufgabe, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln, nicht erfüllen, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Urteil vom 19. Dezember 1968 - BVerwG 8 C 29.67 - BVerwGE 31, 149 <156>; Beschlüsse vom 10. März 1977 - BVerwG 6 B 38.76 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 21 S. 6 und vom 31. Oktober 2012 - BVerwG 2 B 33.12 - NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 34). Dies gilt auch für mündliche Darlegungen eines Sachverständigen zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens nach § 411 Abs. 3 ZPO.

36

Nach diesen Grundsätzen konnte das Oberverwaltungsgericht seine Einschätzung, die Klägerin sei gesundheitlich nicht geeignet und sei deshalb zu Recht entlassen worden, nicht auf die lediglich mündlichen Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung stützen. Die Stellungnahme des Gutachters beruht insoweit auf einer erkennbar unzureichenden tatsächlichen Grundlage.

37

Zum einen hat dieser bei seinen mündlichen Ausführungen zum chronifizierten Schmerzsyndrom der Klägerin nicht gewürdigt, dass die Schmerzbehandlung mit Botox ab September 2006 erfolgreich war. Nach der Niederschrift über die letzte Berufungsverhandlung hat der Gutachter dort selbst ausgeführt, seine Feststellung eines chronifizierten Schmerzsyndroms wäre unrichtig, wenn bei der Klägerin eine Therapieform nachhaltig angeschlagen hätte. Zum anderen hätte der Gutachter vor seiner entscheidenden Aussage zum Vorliegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms die Unterlagen des behandelnden Arztes einsehen müssen. Ohne Prüfung der Unterlagen über die intensive und lang andauernde Schmerztherapie war eine sachverständige Äußerung über das Schmerzsyndrom, das den Gutachter zur geänderten Beantwortung der ihm gestellten Beweisfrage veranlasst hat, nicht möglich.

38

Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr zu klären, ob die Klägerin zum Ablauf ihrer Probezeit neben der Bandscheibenerkrankung noch an einer weiteren Krankheit litt, die es in ihrer Gesamtheit als überwiegend wahrscheinlich machten, dass sie mit der Folge einer erheblich geringeren Lebensdienstzeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen sein oder über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen wird.

39

3. § 31 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. bestimmt, dass in dem hier gegebenen Fall des Satzes 1 Nr. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung § 42 Abs. 3 BBG a.F. sinngemäß anzuwenden ist. Auf diese Regelung, deren Verletzung zur Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung führt, ist das Oberverwaltungsgericht im angegriffenen Urteil nicht eingegangen.

40

Die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift über die Versetzung eines Lebenszeitbeamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit auf den Fall der Entlassung eines Probebeamten wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung muss der gegenüber § 42 Abs. 3 BBG a.F. geänderten Ausgangslage Rechnung tragen. Bei einem dauernd dienstunfähigen Lebenszeitbeamten soll entsprechend dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" von der Zurruhesetzung abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Demgegenüber kommt es für die anderweitige Verwendung eines Probebeamten darauf an, ob der Betroffene noch für einen ausreichend großen Teil der Dienstposten der gesamten bisherigen Laufbahn oder für eine andere Laufbahn, für die der Beamte die Befähigung besitzt oder voraussichtlich erwerben wird, mit insgesamt geringeren gesundheitlichen Anforderungen gesundheitlich geeignet ist. Die aus § 42 Abs. 3 BBG a.F. folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 25 ff.) besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist. Auch diese Frage hat das Oberverwaltungsgericht im erneuten Berufungsverfahren zu klären, falls es erneut zu dem Ergebnis kommt, der Klägerin fehle die gesundheitliche Eignung.

41

4. Wird die gesundheitliche Eignung der Klägerin festgestellt, so ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. für die Entscheidung der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung auch die fachliche Eignung der Klägerin während der Probezeit zu klären. Insoweit steht der Beklagten aber ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.

42

5. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Oberverwaltungsgericht auch über den gerichtlich geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit zu entscheiden haben, den es im angegriffenen Urteil nicht beschieden hat. Dieser Anspruch besteht, wenn feststeht, dass sich die Klägerin in der Probezeit bewährt hat.

43

Rechtsgrundlage dieses Anspruchs der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit ist § 9 Abs. 2 BBG a.F. (vgl. § 147 Abs. 2 Satz 1 BBG in der Fassung des Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. März 2012, BGBl I S. 462). Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBG a.F. ist ein Beamtenverhältnis auf Probe spätestens nach fünf Jahren in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, wenn der Beamte die beamtenrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt, d.h. wenn er sich bewährt hat. Ansonsten ist er zu entlassen. Nach Satz 2 verlängert sich die Frist um die Zeit einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge. Der Anspruch setzt neben den Anforderungen des § 7 BBG a.F. die Vollendung des 27. Lebensjahres sowie die Bewährung des Probebeamten in der Probezeit voraus. Dagegen ist nicht von Bedeutung, ob eine entsprechende Planstelle frei ist.

44

Die Probezeit dient der Klärung der Frage der Bewährung des Probebeamten. Während dieser Zeit hat der Beamte seine allseitige Eignung, unter Einschluss der gesundheitlichen Eignung, für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nachzuweisen. Entsprechend diesem Zweck der Probezeit und der ihm obliegenden Fürsorgepflicht ist der Dienstherr gehalten, unverzüglich nach ihrem Ablauf eine Entscheidung über die Bewährung des Beamten zu treffen (Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder Entlassung) und damit zugleich dem Beamten Klarheit über seinen künftigen Berufsweg zu verschaffen (Urteil vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 NdsLBG Nr. 7 S. 8).

45

Da für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit die Erkenntnisse bis zum Ablauf der Probezeit maßgeblich sind, ist der Beurteilungszeitpunkt des Verpflichtungsbegehrens mit dem der Anfechtungsklage gegen die Entlassungsverfügung identisch. Es können nur solche Umstände Eingang in die Entscheidung finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf der Probezeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <151 f.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5 m.w.N.).

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe und beansprucht ihre Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit.

2

Am 1. Dezember 1997 berief die Beklagte die 1964 geborene Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe. Mit Wirkung vom 1. April 2000 stellte sie die Klägerin an und ernannte sie zur Verwaltungsrätin. Die Klägerin leistete von Anfang 1999 bis Anfang Februar 2005 keinen Dienst. Sie befand sich nach der Geburt ihrer Kinder im Mutterschutz, im Erziehungsurlaub und in der Elternzeit.

3

Nach dem Ende der Elternzeit war die Klägerin von Anfang Februar 2005 bis Ende 2006 wegen der Folgewirkungen zweier Bandscheibenvorfälle dienstunfähig erkrankt. Im Hinblick hierauf verlängerte die Beklagte die Probezeit bis Mitte September 2007. Nachdem die Klägerin von Anfang Januar bis Anfang April 2007 im Rahmen ihrer stufenweisen Wiedereingliederung nur teilweise gearbeitet hatte, leistete sie ab April 2007 wieder vollständig Dienst.

4

Die Beklagte entließ die Klägerin mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Die gesundheitliche Eignung der Klägerin sei nicht nachgewiesen. Die bis zum Ablauf der Probezeit verbliebene Dienstzeit reiche nicht aus, um ihre gesundheitliche Eignung zuverlässig festzustellen.

5

In der Berufungsinstanz hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlich erfolgreiche Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

6

Die gerichtlich nur beschränkt überprüfbare prognostische Einschätzung der Beklagten, die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet, sei aufgrund der Beweisaufnahme nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei während ihrer verlängerten Probezeit nahezu zwei Jahre ununterbrochen dienstunfähig erkrankt gewesen. Zum einen habe die Klägerin ab Anfang 2005 mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten. Zum anderen hätten diese zu einem chronifizierten Schmerzsyndrom mit selbstständigem Krankheitswert geführt. Diese beiden Diagnosen schlössen eine positive gesundheitliche Eignungsprognose zum Ablauf der Probezeit der Klägerin aus.

7

Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 5. September 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Juni 2009 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 31 des Bundesbeamtengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 9. Juli 2001 (- BBG a.F. -, BGBl I S. 1510). Ob es sich aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht entscheiden.

10

1. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. kann ein Beamter auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) entlassen werden. Auch die fehlende gesundheitliche Eignung stellt einen Entlassungsgrund dar. Dies folgt zudem aus Art. 33 Abs. 2 GG, dessen Kriterien § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. übernimmt. Geeignet ist nach Art. 33 Abs. 2 GG nur derjenige, der dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, Beschlüsse vom 21. Februar 1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140 <151> und vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - Rn. 10 ). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O.).

11

Obwohl § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. davon spricht, dass ein Beamter auf Probe entlassen werden "kann", ist der Behörde hinsichtlich der Entlassung eines Probebeamten, der sich in der Probezeit nicht bewährt hat, kein Ermessen eröffnet. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 der Bundeslaufbahnordnung (- BLV a.F. -) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 2002 (BGBl I S. 2459) werden Beamtinnen und Beamte, die sich nicht bewährt haben, entlassen. Das Wort "kann" trägt lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die Probezeit, wie hier geschehen, zu verlängern ist, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist (Urteile vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 7 S. 6; vom 19. März 1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263 <271> = Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 9 S. 7 und vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 2 C 26.97 - BVerwGE 108, 64 <70> = Buchholz 111 Art. 20 EV Nr. 4 S. 15).

12

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Probebeamten ist der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung. Dies folgt aus dem materiellen Recht, das auch bestimmt zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (stRspr; vgl. Urteile vom 17. Oktober 1989 - BVerwG 9 C 58.88 - Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 8 S. 9, vom 31. März 2004 - BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f. und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 11).

13

Die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. über die Entlassung von Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) steht im Zusammenhang mit § 9 BBG a.F., der die Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit festlegt. Danach darf Beamter auf Lebenszeit u.a nur werden, wer sich als Laufbahnbewerber oder als anderer Bewerber (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BBG a.F.) in einer Probezeit bewährt hat. Ferner schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 BLV a.F. vor, dass vor Ablauf der Probezeit festgestellt wird, ob der Beamte sich bewährt hat.

14

Aus diesen Bestimmungen folgt, dass in die Entscheidung des Dienstherrn über die gesundheitliche Bewährung des Probebeamten, nur solche Umstände Eingang finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf dieser Zeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <150 ff.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5).

15

War die Erkrankung eines Probebeamten bereits vor der Begründung dieses Beamtenverhältnisses bekannt, so darf der Dienstherr die gesundheitliche Eignung des Beamten bei der anstehenden Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit nur dann im Hinblick auf diese Erkrankung verneinen, wenn sich die Grundlagen ihrer Bewertung inzwischen geändert haben. Bei unveränderter Sachlage ist der Dienstherr an seine Bewertung der gesundheitlichen Eignung vor Begründung des Probebeamtenverhältnisses gebunden.

16

a) Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, trotz der Anstellung der Klägerin zum 1. April 2000 habe die Beklagte zum Ablauf der verlängerten Probezeit Mitte September 2007 noch über deren gesundheitliche Eignung befinden können. Mit der Anstellung der Klägerin war nicht die Feststellung ihrer Bewährung in der Probezeit verbunden, die die gesundheitliche Eignung mit umfasst. Ist die Anstellung wegen Kindererziehungszeiten vorgezogen worden, so ist nach § 10 Abs. 3 Satz 6 BLV a.F. die vorgeschriebene Probezeit ungeachtet der Anstellung abzuleisten. Die Regel des § 10 Abs. 2 Satz 1 BLV a.F. findet dann keine Anwendung.

17

b) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagten stehe hinsichtlich der Frage der gesundheitlichen Eignung der Klägerin ein Beurteilungsspielraum zu, ist mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 33 Abs. 2 GG sowie § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. nicht vereinbar.

18

Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, um sich durch die erfolgreiche Ableistung der Probezeit zu bewähren, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest; subjektive Rechte der Beamten werden hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 12). Für die vergleichende fachliche Eignung der Bewerber steht dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu, der vor allem die Gewichtung der leistungsbezogenen Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 45).

19

Demgegenüber ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein. Insoweit sind die Voraussetzungen, unter denen eine Einschränkung der aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Letztentscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte für die Auslegung und Anwendung normativer Regelungen anzunehmen ist, nicht erfüllt (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff.).

20

Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Auf dieser Basis können sich die Verwaltungsgerichte im gleichen Maße ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung des Bewerbers und über die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen bilden wie die zuständige Behörde. Können die Verwaltungsgerichte mit sachkundiger Hilfe ihrer Aufgabe gerecht werden, die entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände festzustellen und rechtlich zu bewerten, besteht kein Anlass, die gerichtliche Kontrolldichte zugunsten der Verwaltung einzuschränken. Insoweit besteht eine Parallele zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Beamten als Voraussetzung für seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Auch hier steht der Behörde kein Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 14 f.)

21

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht jedoch nicht auf diesem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar im Obersatz davon ausgegangen, die Entscheidung der Beklagten über die gesundheitliche Eignung sei lediglich auf die Einhaltung der bei einem Beurteilungsspielraum allgemein anerkannten Grenzen überprüfbar. Im Gegensatz hierzu hat es aber zu deren Überprüfung eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt und aufgrund dieser die Begründung der Beklagten für die angebliche mangelnde gesundheitliche Eignung der Klägerin wesentlich ergänzt.

22

c) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht erfordere, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen, ist mit Art. 33 Abs. 2 GG und demnach mit § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. unvereinbar. Diesen Prognosemaßstab hat der Senat in Bezug auf die Bewertung der gesundheitlichen Eignung von solchen Bewerbern aufgegeben, die die Ernennung zum Probebeamten beanspruchen (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16). Gleiches muss für die Prognoseentscheidung gelten, ob Probebeamte für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich geeignet sind. Maßgeblich sind folgende Erwägungen:

23

Das Lebenszeit- und das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) verpflichten den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Dementsprechend kann der Dienstherr unter Berufung auf den gesundheitlichen Zustand des Bewerbers die Begründung eines Beamtenverhältnisses ablehnen, wenn absehbar ist, dass bei diesem das angemessene Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit voraussichtlich spürbar gestört sein wird. Dies ist der Fall, wenn der Beamte vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 21). Gleiches gilt, wenn der Beamte zwar die gesetzliche Altersgrenze im Dienst erreichen wird, es aber absehbar ist, dass er wegen einer chronischen Erkrankung voraussichtlich regelmäßig erhebliche dem Dienstherrn in der Gesamtheit nicht zumutbare Ausfallzeiten aufweisen wird. Die wahrscheinlich erwartbaren Fehlzeiten müssen in der Summe ein Ausmaß erreichen, das einer Pensionierung wegen Dienstunfähigkeit etliche Jahre vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gleichkommt. Es muss der Schluss gerechtfertigt sein, die Lebensdienstzeit sei erheblich verkürzt.

24

Der bisherige, vom Senat aufgegebene Prognosemaßstab stellt demgegenüber eine unverhältnismäßige Einschränkung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG auf Zugang zu einem öffentlichen Amt dar. Er hat in der Praxis dazu geführt, dass Bewerber und Probebeamte ohne Prüfung ihrer voraussichtlichen gesundheitlichen Entwicklung als ungeeignet angesehen worden sind, weil ihr Gesundheitszustand vom Regelzustand abgewichen ist oder sie in der Probezeit vorübergehend erkrankten. Dies ist insbesondere im Hinblick auf den langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraum und die Unsicherheit medizinischer Prognosen angesichts des Art. 33 Abs. 2 GG unverhältnismäßig.

25

Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, ist maßgeblich für die Prognose, ob der Bewerber dauernd dienstunfähig oder aufgrund einer chronischen Erkrankung regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen wird, die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Je nach Laufbahn kann sich die Prognose danach auf mehrere Jahrzehnte erstrecken. Die damit verbundenen Unwägbarkeiten werden noch durch die Komplexität von medizinisch fundierten Vorhersagen über den voraussichtlichen Verlauf einer Erkrankung verschärft. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt. Künftige Präventions- und Heilmethoden können zum Zeitpunkt der Eignungsprognose noch nicht in die Bewertung einbezogen werden. Vielfach ist auch die Wechselwirkung und damit Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwerwiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht. Zudem kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch nicht davon ausgegangen werden, der teilweise Ausfall der Lebensdienstzeit von Beamten sei in nennenswertem Umfang auf solche Krankheiten zurückzuführen, die zum Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung vorhersehbar waren. Vielmehr geht dies regelmäßig auf erst nachträglich eingetretene Umstände zurück (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16 ff.).

26

Daher kann der Dienstherr einem Bewerber die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn nur dann absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen (im Anschluss an das Urteil vom 25. Juli 2013). Dabei kann die gesundheitliche Eignung nur im Hinblick auf Erkrankungen, insbesondere chronische Erkrankungen verneint werden, nicht aber unter Berufung auf gesundheitliche Folgen, die mit dem allgemeinen Lebensrisiko, wie z.B. einem Unfall bei sportlichen Aktivitäten des Bewerbers, verbunden sind.

27

Ist zum Zeitpunkt der Begründung des Beamtenverhältnisses auf Probe oder auf Lebenszeit eine Erkrankung des Bewerbers bereits bekannt, so ist der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit des Bewerbers vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze oder von regelmäßigen und erheblichen Ausfallzeiten über Jahre hinweg überwiegend wahrscheinlich, wenn für die Richtigkeit dieser Annahme nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht maßgeblich in Betracht kommen.

28

Lassen sich vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit oder krankheitsbedingte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten nach Ausschöpfen der zugänglichen Beweisquellen weder feststellen noch ausschließen ("non liquet"), so geht dies zu Lasten des Dienstherrn. Denn die Voraussetzungen für die Annahme der mangelnden gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers im Sinne von § 31 Abs. 1 BBG a.F. sind nicht erfüllt.

29

Bloße Zweifel des Dienstherrn an der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers, die den genannten Anforderungen nicht genügen, sind dagegen unerheblich. Soweit der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung für die Annahme mangelnder gesundheitlicher Eignung des Bewerbers auch "nachhaltige Zweifel" des Dienstherrn, insbesondere aufgrund von erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten, hat ausreichen lassen, wird diese aufgegeben (Urteil vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2 und Beschluss vom 16. September 1986 - BVerwG 2 B 92.86 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 39 S. 16 m.w.N.). Auch bei längeren oder wiederkehrenden krankheitsbedingten Fehlzeiten während der Probezeit ist auf der Grundlage aussagekräftiger ärztlicher Stellungnahmen zu klären, ob der Beamte wegen der diesen Fehlzeiten zugrundeliegenden Erkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden muss. Gleiches gilt, wenn der Beamte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten aufweisen wird.

30

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Das individuelle Leistungsvermögen muss in Bezug zu den körperlichen Anforderungen der Dienstposten gesetzt werden, die den Statusämtern der betreffenden Laufbahn zugeordnet sind. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt.

31

Für die Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes des Bewerbers muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und seiner Verfassung erstellen. Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Auf dieser Grundlage hat er unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung eigenverantwortlich zu beantworten (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 23).

32

Als Grundlage für die vom Dienstherrn oder vom Gericht zu treffende Entscheidung über die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers reicht die nicht näher belegte Einschätzung eines Mediziners über den voraussichtlichen Verlauf der beim Bewerber bestehenden Erkrankung nicht aus. Sofern statistische Erkenntnisse über die gewöhnlich zu erwartende Entwicklung einer Erkrankung herangezogen werden sollen, sind diese nur verwertbar, wenn sie auf einer belastbaren Basis beruhen. Dafür muss über einen längeren Zeitraum hinweg eine signifikante Anzahl von Personen beobachtet worden sein. Zudem ist es bei der medizinischen Bewertung zu berücksichtigen, wenn der individuelle Krankheitsverlauf des Betroffenen Besonderheiten gegenüber den statistischen Erkenntnissen aufweist.

33

Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe die zuständige Behörde und das Gericht angewiesen sind, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Die Behörde muss - ebenso wie das Gericht - die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden. Im Hinblick auf die Verwertbarkeit der ärztlichen Stellungnahme muss geprüft werden, ob Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Arztes bestehen, dieser von zutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen ist und die entscheidungserheblichen Fragen plausibel und nachvollziehbar abgehandelt hat. Gegebenenfalls muss darauf hingewirkt werden, dass der Arzt seine Ausführungen ergänzt, oder es ist ein weiterer Arzt, insbesondere ein Facharzt, einzuschalten (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 f. und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11).

34

2. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann der Senat nicht entscheiden, ob die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Probezeit nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. gesundheitlich ungeeignet und deshalb zu entlassen war. Die mündlichen Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung, denen das Oberverwaltungsgericht gefolgt ist, sind nicht verwertbar. Diese gutachtliche Stellungnahme leidet an rechtserheblichen Mängeln.

35

Ein Sachverständigengutachten kann seine Aufgabe, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln, nicht erfüllen, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Urteil vom 19. Dezember 1968 - BVerwG 8 C 29.67 - BVerwGE 31, 149 <156>; Beschlüsse vom 10. März 1977 - BVerwG 6 B 38.76 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 21 S. 6 und vom 31. Oktober 2012 - BVerwG 2 B 33.12 - NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 34). Dies gilt auch für mündliche Darlegungen eines Sachverständigen zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens nach § 411 Abs. 3 ZPO.

36

Nach diesen Grundsätzen konnte das Oberverwaltungsgericht seine Einschätzung, die Klägerin sei gesundheitlich nicht geeignet und sei deshalb zu Recht entlassen worden, nicht auf die lediglich mündlichen Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung stützen. Die Stellungnahme des Gutachters beruht insoweit auf einer erkennbar unzureichenden tatsächlichen Grundlage.

37

Zum einen hat dieser bei seinen mündlichen Ausführungen zum chronifizierten Schmerzsyndrom der Klägerin nicht gewürdigt, dass die Schmerzbehandlung mit Botox ab September 2006 erfolgreich war. Nach der Niederschrift über die letzte Berufungsverhandlung hat der Gutachter dort selbst ausgeführt, seine Feststellung eines chronifizierten Schmerzsyndroms wäre unrichtig, wenn bei der Klägerin eine Therapieform nachhaltig angeschlagen hätte. Zum anderen hätte der Gutachter vor seiner entscheidenden Aussage zum Vorliegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms die Unterlagen des behandelnden Arztes einsehen müssen. Ohne Prüfung der Unterlagen über die intensive und lang andauernde Schmerztherapie war eine sachverständige Äußerung über das Schmerzsyndrom, das den Gutachter zur geänderten Beantwortung der ihm gestellten Beweisfrage veranlasst hat, nicht möglich.

38

Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr zu klären, ob die Klägerin zum Ablauf ihrer Probezeit neben der Bandscheibenerkrankung noch an einer weiteren Krankheit litt, die es in ihrer Gesamtheit als überwiegend wahrscheinlich machten, dass sie mit der Folge einer erheblich geringeren Lebensdienstzeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen sein oder über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen wird.

39

3. § 31 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. bestimmt, dass in dem hier gegebenen Fall des Satzes 1 Nr. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung § 42 Abs. 3 BBG a.F. sinngemäß anzuwenden ist. Auf diese Regelung, deren Verletzung zur Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung führt, ist das Oberverwaltungsgericht im angegriffenen Urteil nicht eingegangen.

40

Die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift über die Versetzung eines Lebenszeitbeamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit auf den Fall der Entlassung eines Probebeamten wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung muss der gegenüber § 42 Abs. 3 BBG a.F. geänderten Ausgangslage Rechnung tragen. Bei einem dauernd dienstunfähigen Lebenszeitbeamten soll entsprechend dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" von der Zurruhesetzung abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Demgegenüber kommt es für die anderweitige Verwendung eines Probebeamten darauf an, ob der Betroffene noch für einen ausreichend großen Teil der Dienstposten der gesamten bisherigen Laufbahn oder für eine andere Laufbahn, für die der Beamte die Befähigung besitzt oder voraussichtlich erwerben wird, mit insgesamt geringeren gesundheitlichen Anforderungen gesundheitlich geeignet ist. Die aus § 42 Abs. 3 BBG a.F. folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 25 ff.) besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist. Auch diese Frage hat das Oberverwaltungsgericht im erneuten Berufungsverfahren zu klären, falls es erneut zu dem Ergebnis kommt, der Klägerin fehle die gesundheitliche Eignung.

41

4. Wird die gesundheitliche Eignung der Klägerin festgestellt, so ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. für die Entscheidung der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung auch die fachliche Eignung der Klägerin während der Probezeit zu klären. Insoweit steht der Beklagten aber ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.

42

5. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Oberverwaltungsgericht auch über den gerichtlich geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit zu entscheiden haben, den es im angegriffenen Urteil nicht beschieden hat. Dieser Anspruch besteht, wenn feststeht, dass sich die Klägerin in der Probezeit bewährt hat.

43

Rechtsgrundlage dieses Anspruchs der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit ist § 9 Abs. 2 BBG a.F. (vgl. § 147 Abs. 2 Satz 1 BBG in der Fassung des Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. März 2012, BGBl I S. 462). Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBG a.F. ist ein Beamtenverhältnis auf Probe spätestens nach fünf Jahren in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, wenn der Beamte die beamtenrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt, d.h. wenn er sich bewährt hat. Ansonsten ist er zu entlassen. Nach Satz 2 verlängert sich die Frist um die Zeit einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge. Der Anspruch setzt neben den Anforderungen des § 7 BBG a.F. die Vollendung des 27. Lebensjahres sowie die Bewährung des Probebeamten in der Probezeit voraus. Dagegen ist nicht von Bedeutung, ob eine entsprechende Planstelle frei ist.

44

Die Probezeit dient der Klärung der Frage der Bewährung des Probebeamten. Während dieser Zeit hat der Beamte seine allseitige Eignung, unter Einschluss der gesundheitlichen Eignung, für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nachzuweisen. Entsprechend diesem Zweck der Probezeit und der ihm obliegenden Fürsorgepflicht ist der Dienstherr gehalten, unverzüglich nach ihrem Ablauf eine Entscheidung über die Bewährung des Beamten zu treffen (Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder Entlassung) und damit zugleich dem Beamten Klarheit über seinen künftigen Berufsweg zu verschaffen (Urteil vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 NdsLBG Nr. 7 S. 8).

45

Da für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit die Erkenntnisse bis zum Ablauf der Probezeit maßgeblich sind, ist der Beurteilungszeitpunkt des Verpflichtungsbegehrens mit dem der Anfechtungsklage gegen die Entlassungsverfügung identisch. Es können nur solche Umstände Eingang in die Entscheidung finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf der Probezeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <151 f.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5 m.w.N.).

Tenor

I.

Dem Kläger wird wegen der Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2010 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

IV.

Unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2010 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 6.177,73 € festgesetzt.

Gründe

I.

Dem Kläger war wegen der Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 4 Satz 2 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren.

1. Mit der Zustellung des Beschlusses, mit dem über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe entschieden worden ist, ist der Grund entfallen, der den Kläger im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO schuldlos an der Einhaltung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung und dessen Begründung gehindert hatte. Dabei steht der Wiedereinsetzung nicht entgegen, dass der Senat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 23. April 2013 - 3 ZB 11.403 - abgelehnt hat, weil er mit der Verneinung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils von der fehlenden Erfolgsaussicht in der Sache selbst ausgegangen ist. Auch wenn ein Prozesskostenhilfeantrag mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt worden ist, muss der unbemittelten Partei mittels der Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich der gleiche Zugang zu dem beabsichtigten Rechtsbehelfsverfahren wie Bemittelten eröffnet werden (vgl. BVerfG, B.v. 11.3.2011 - 1 BvR 290/10 - NJW 2010, 2567 - juris Rn. 14; vgl. Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 60 Rn. 4; Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: August 2012, § 60 Rn. 35; Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 1.10.2013, § 60 Rn. 13; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 60 Rn. 15; vgl. auch: BGH, B.v. 11.11.1992 - XII ZB 118/92, NJW 1993, 732 - juris Rn. 8 a.E.; BFH; B.v. 9.4.2013 - III B 247/11 - juris Rn. 14). Die Wiedereinsetzung ist danach zu gewähren, wenn sich der Kläger - wie hier - für bedürftig halten durfte und aus seiner Sicht alles Erforderliche getan hatte, damit aufgrund der von ihm eingereichten Unterlagen ohne Verzögerung über sein Prozesskostenhilfegesuch entschieden werden konnte (vgl. BVerfG, B.v. 11.3.2011 - 1 BvR 290/10 - NJW 2010, 2567 - juris Rn. 18).

Das Prozesskostenhilfegesuch war sachlich bescheidungsfähig, weil der Kläger die Zulassungsgründe soweit dargetan hat, wie dies ohne anwaltlichen Beistand möglich war. Zwar kann von dem anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten, der einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellt, nicht verlangt werden, dass er beispielsweise ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils darlegt oder den Verfahrensmangel in der Weise bezeichnet, wie dies gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO für die Begründung des Berufungszulassungsantrags selbst erforderlich wäre. Geboten ist aber, dass sich aus der fristgerecht vorgelegten Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs das Vorliegen eines Zulassungsgrundes zumindest in groben Zügen erkennen lässt (vgl. BVerwG, B.v. 4.5.2011 - 7 PKH 9/11- NVwZ-RR 2011, 621 - juris Rn. 2, zur vergleichbaren Situation eines Prozesskostenhilfeantrags bei der Nichtzulassungsbeschwerde; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 124a Rn. 42).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde rechtzeitig, nämlich vor Ablauf der Frist für den Zulassungsantrag gestellt. Weiter ließ sich dem Prozesskostenhilfegesuch vom 9. Februar 2011 mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass der Kläger zumindest ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung geltend machen wollte.

2. Der Kläger hat fristgerecht Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und innerhalb der einmonatigen Antragsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO die versäumte Rechtshandlung nachgeholt, § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO. Der ablehnende Prozesskostenhilfebeschluss wurde ihm am 4. Mai 2013 zugestellt, unter dem 14. Mai 2013 beantragte der Kläger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Zulassung der Berufung, am 4. Juni 2013 ging die Zulassungsbegründung bei Verwaltungsgerichtshof ein.

3. Der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand steht schließlich nicht entgegen, dass seit der Zustellung des Ersturteils am 10. Januar 2011 die Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO verstreichen ist. Die Versäumung dieser Frist führt nicht zur Unzulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags, wenn die Ursache in der Sphäre des Gerichts liegt (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.1992 - 5 B 50/92 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 177 - juris Rn. 3; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 60 Rn. 28; Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 1.10.2013, § 60 Rn. 34). Hier wurde über das Prozesskostenhilfegesuch vom 9. Februar 2011 erst am 23. April 2013 entschieden, so dass die Ausschlussfrist nicht anzuwenden ist (vgl. BAG, U.v. 2.7.1981 - 2 AZR 324/79) oder jedenfalls die Wiedereinsetzung aus Nachsicht zu gewähren ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 60 Rn. 28).

II.

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche Schwierigkeiten) und des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf zu Recht abgewiesen.

1. Es bestehen keine ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (z. B. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/547) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2010 - 7 AV 4/03 - DVBl 2004, 838/839). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Es begegnet keinen ernstlichen Zweifeln, dass das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der auf Art. 43 Abs. 1 BayBG (in der bis zum 31.3.2009 geltenden Fassung) gestützten Entlassung wegen fehlender gesundheitlicher Eignung bejaht und die Klage hiergegen abgewiesen hat.

Die vorgebrachten Zulassungsgründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung.

a. Der Kläger weist darauf hin, dass sich seine gesundheitliche Situation zwischen der Einstellungsuntersuchung und der Untersuchung am 3. Juni 2008 nicht geändert habe, was insbesondere durch die Bescheinigung des Augenarztes Dr. V. vom 6. Mai 2009 belegt sei.

Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der verfügten Entlassung ist die Sach- und Rechtslage zur Zeit des Erlasses der letzten Behördenentscheidung, hier also des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 29. Dezember 2008. Umstände, die erst danach eintreten, sind für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Entlassungsverfügung grundsätzlich unbeachtlich. Das trifft nur dann nicht zu, wenn sie einen Rückschluss auf den im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung vorliegenden Sachverhalt zulassen (vgl. BVerwG, U.v. 28.11. 1980 - 2 C 24.78 - BVerwGE 61, 200/209; BayVGH, B.v. 21.9.2009 - 3 B 05.1911 - juris für das Beamtenverhältnis auf Probe; OVG Münster, B.v. 19.2.2009 - 6 A 356/06 - juris für das Beamtenverhältnis auf Widerruf). Eine andere Beurteilung hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunkts ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juli 2013 - 2 C 12/11 - juris. Dort hatte das Bundesverwaltungsgericht unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass ein Beamtenbewerber gesundheitlich nur dann nicht geeignet ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist. Diese Entscheidung kann auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden, weil es nicht um eine Prognoseentscheidung hinsichtlich der Geeignetheit eines Beamtenbewerbers geht, sondern um die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit zu einem konkreten Zeitpunkt, hier dem 29. Dezember 2008. Dass keine Prognoseentscheidung bezogen auf die gesetzliche Altersgrenze, sondern allenfalls bezogen auf das Ende des Vorbereitungsdienstes bzw. eines absehbaren späteren Zeitpunkts (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 9.7.2013 - 3 CS 13.302 - juris Rn. 28) zu treffen ist, erklärt sich aus dem Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes; denn wenn der Widerrufsbeamte wegen seines Gesundheitszustandes nicht polizeidiensttauglich ist, kann der der Zweck des zeitlich befristeten Dienstverhältnisses nicht erreicht werden (vgl. BVerwG, B.v. 26.1.2010 - 2 B 47/09 - juris).

Welche Anforderungen an die gesundheitliche Eignung zu stellen sind, bestimmt der Dienstherr. Da der Polizeivollzugsdienst Tätigkeiten mit sich bringt, die in besonderem Maße körperliche Leistungsfähigkeit erfordern, ist es sachgerecht, bereits vom Polizeibeamten auf Widerruf ein hohes Maß an körperlicher Eignung zu verlangen und einen Eignungsmangel schon dann anzunehmen, wenn die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder Leistungsschwächen oder gar einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit nicht mit einem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 3.6.2004 - 2 B 52/03 - juris Rn. 5). Die bundeseinheitliche Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“ (PDV 300) interpretiert und konkretisiert die Anforderungen, denen Beamte des Polizeivollzugsdienstes in gesundheitlicher Hinsicht genügen müssen. In dieser Verwaltungsvorschrift sind die aufgrund besonderer Sachkunde gewonnenen, auf die spezifischen Anforderungen des Polizeidienstes zugeschnittenen ärztlichen Erfahrungswerte zusammengefasst. Ein Bewerber ist danach als „polizeidienstunfähig“ zu beurteilen, wenn ein oder mehrere Fehler festgestellt werden, die in der Anlage 1 zur PDV 300 unter einer Fehler-Nummer aufgeführt sind. Unter der Fehler-Nummer 5.1.2 der Anlage 1 zur PDV 300 heißt es, dass „Schielen, Augenmuskellähmungen, Nystagmus“ die „Einstellung“ ausschließen.

Das Attest des Augenfacharztes Dr. V. vom 6. Mai 2009 könnte also nur dann ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils begründen, wenn es die Bewertung von MedDir. Dr. M. vom polizeilichen Dienst (Gutachten vom 3. Juni 2008, ergänzende Stellungnahme vom 14. Juli 2009 und Vernehmung als sachverständiger Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht), die auf den augenfachärztlichen Stellungnahmen der Universitätsklinik R. vom 30. Mai 2008 basiert und eine „Schielstellung des rechten Auges (Exophorie) mit Auswirkungen auf das räumliche Sehvermögen. Dezenter Nystagmus“ diagnostiziert hatte (S. 7 des polizeilichen Gutachtens), in der Retrospektive ernstlich in Frage stellen könnte. Das ist jedoch nicht der Fall. Das Attest setzt sich weder mit dem polizeiärztlichen Gutachten und der Frage der Polizeidienstfähigkeit auseinander, noch trifft es eine Aussage zur Polizeidienstfähigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt. Dr. V. bestätigt lediglich kurz handschriftlich, dass am 6. Mai 2009 unter Anwendung des sog. Titmus-Tests ein räumliches Sehvermögen des Klägers festgestellt werden konnte. Da das Attest nach eigenem Verständnis nur einen ad hoc Zustand beschreibt, ist es in Hinblick auf den hier interessierenden Zeitpunkt im Dezember 2008 ohne jeglichen Beweiswert und kann maßgebliche Feststellungen für diesen Zeitpunkt nicht in Frage stellen. Im Übrigen wird der sog. Titmus-Test bei Mehrfachuntersuchungen von den Probanden relativ schnell beherrscht bzw. ist erlernbar (vgl. Aussage des sachverständigen Zeugen MedDir. Dr. M. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, Sitzungsniederschrift vom 21. September 2009, S. 4), so dass die fachliche Aussage des Attests bereits aus diesem Grund nur eingeschränkte Aussagekraft haben kann.

b. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben des Universitätsklinikums T. vom 29. August 2013. In der zusammenfassenden Beurteilung wird zwar festgestellt, dass das Stereosehen ausführlich mittels dreier verschiedener Tests untersucht worden sei und einen regelrechten Befund ergeben habe. Aber auch diese Bestätigung befasst sich nicht mit dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt und rechtfertigt nicht den Rückschluss, dass wenn heute alles regelrecht sei, dies auch im Dezember 2008 so gewesen sein müsse, zumal die Stellungnahme unter dem Vorbehalt eines weiteren Gutachtens mit einer „dann ganz genauen Analyse des Binokularsehens“ steht und damit keine abschließende, sondern eine nur vorläufige Bewertung darstellt.

c. Aus der Sicht des Klägers lässt die Stellungnahme von MedDir. Dr. M. vom 3. September 2010 die erforderliche Objektivität missen. Soweit er dies damit begründet, dass MedDir. Dr. M. in seinem Gutachten (= Bl. 81 ff. der VG-Akte Az. M 5 K 09.389) auf Seite vier ausführt, dass, sollten Zweifel an den entsprechenden polizeiärztlichen Entscheidungen bzw. dem externen Befundbericht der Universitätsklinik R. bestehen, durchaus eine erneute augenfachärztliche Begutachtung durch eine weitere anerkannte Kapazität auf diesem Gebiet mit konkreten Fragestellungen insbesondere zur Qualität des räumlichen Sehvermögens für den Polizeivollzugsdienst angeregt werde, aber gleichwohl betont, dass er eine solche Untersuchung im Hinblick auf die hier bekannten Ergebnisse für eigentlich entbehrlich halte, kann der Senat mit dem Kläger keine Voreingenommenheit erkennen, sondern das Gegenteil: Die Eröffnung der Möglichkeit eines weiteren Sachverständigengutachtens spricht für die Objektivität und Ergebnisoffenheit des Gutachters.

Im Übrigen geht die Rechtsprechung davon aus, dass der beamtete Arzt stets neutral und unabhängig ist. Im Gegensatz zu einem Privatarzt, der womöglich bestrebt ist, das Vertrauen des Patienten zu ihm zu erhalten, nimmt der Amtsarzt seine Beurteilung von seiner Aufgabenstellung her unbefangen und unabhängig vor. Er steht Dienstherrn und Beamten gleichermaßen fern (vgl. BVerwG, U.v. 9.10.2002 - 1 D 3.02 - juris). Darüber hinaus sind die in der Regel besseren Kenntnisse des beamteten Arztes hinsichtlich der Belange der öffentlichen Verwaltung und der von dem Beamten zu verrichtenden Tätigkeiten sowie seine größere Erfahrung bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit maßgebend. Für Gutachten, in denen Fragen des Dienstrechts aus medizinischer Sicht zu beurteilen sind, ist ein spezieller Sachverstand erforderlich, der einerseits auf der Kenntnis der Belange der öffentlichen Verwaltung, andererseits auf der Erfahrung aus einer Vielzahl von gleich oder ähnlich liegenden Fällen beruht (vgl. OVG Koblenz, U.v. 22.5.2013 - 2 A 11083 - juris Rn. 34).

d. Der Kläger trägt vor, dass ihm weder das polizeiärztliche Gutachten, noch die diesem zugrundeliegenden Feststellungen der Universitätsklinik R. bekannt gewesen seien, mit der Folge, dass diese der Universitätsklinik E. im April 2012 nicht zur Verfügung gestellt werden konnten. Die Universitätsklinik E. habe sich deshalb in dem Arztbrief vom 20. April 2012 mit den beiden Gutachten/Stellungnahmen nicht auseinandersetzen können.

Auch damit kann er keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils darlegen.

Das ärztliche Attest der Universitätsklinik E. befasst sich zum einen nicht mit der entscheidenden Frage der Polizeidienstfähigkeit des Klägers im Dezember 2008; vielmehr beziehen sich die Befunde der Universitätsklinik E. nur auf den Zeitpunkt der dortigen Untersuchung im April 2012. Zum anderen hat es der Kläger versäumt, sich das polizeiärztliche Gutachten vom 3. Juni 2008 bzw. den Bericht des Universitätsklinikums R. vom 30. Mai 2008 bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu beschaffen. Der Kläger muss sich dieses Versäumnis zurechnen lassen, zumal er mit der Vorlage des Arztbriefes vom 20. April 2012 die Feststellungen des Verwaltungsgerichts durch ein Gegengutachten zu erschüttern sucht und sich damit in einer eigenverantwortlichen Sphäre bewegt, bei der etwaige Versäumnisses ihm zuzurechnen sind und per se keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen können.

Der Kläger hat zwar im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Akteneinsicht beantragt (vgl. Klagebegründung vom 25.5.2009, Bl. 50 der VG-Akte), über die nicht entschieden worden ist, was grundsätzlichen einen wesentlichen Verfahrensmangel und damit einen Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO darstellen kann (vgl. Eyermann, VwGO, 10. Auflage 2013, § 100 Rn. 17; Beck‘scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 1.10.2013, § 60 Rn. 31). Der Kläger kann sich aber auf die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht berufen, weil er insoweit sein Rügerecht verloren hat. Er hat nichts unternommen, um sich das rechtliche Gehör zu verschaffen. Er hat nach der beantragten Akteneinsicht repliziert (Schriftsatz vom 12.4.2010, Bl. 65 der VG-Akte) und auch in der mündlichen Verhandlung am 21. September 2010 trotz anwaltlicher Vertretung nicht die Versagung der Akteneinsicht gerügt (vgl. zum Verlust des Rügerechts: BVerfG, B.v.13.4.2010 - 1 BvR 3515 - NVwZ 2010, 954 - juris Rn. 44 ff.; Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 1.10.2013, § 60 Rn. 84 und 84.1; VGH Mannheim, B.v. 4.7.1997 - 13 S 973/97 - NVwZ-RR 1998, 687 - juris Rn. 4).

2. Auch der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht gegeben.

Der Kläger trägt besondere tatsächliche Schwierigkeiten vor. Besondere tatsächliche Schwierigkeiten einer Rechtssache entstehen durch einen besonders unübersichtlichen und/oder einen schwierig zu ermittelnden Sachverhalt (vgl. Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 124 Rn. 33).

Inwieweit die Rechtssache besondere tatsächliche Schwierigkeiten aufweisen soll, wird nicht schlüssig erläutert. Der Kläger trägt vor, die Beurteilung der Frage, ob dem Kläger die gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst fehle, sei komplex und nur mit Hilfe besonderen Sachverstandes zu verstehen. Das rechtfertigt nicht die Annahme besonderer tatsächlicher Schwierigkeiten. Der Sachverhalt ist, soweit entscheidungserheblich, überschaubar und die vorliegenden medizinischen Stellungnahmen lassen sich eindeutig bewerten. Sie wurden auch nicht substanziell in Frage gestellt.

3. Auch ein Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, der sich aus mangelnder Sachaufklärung ergeben würde, weil das Verwaltungsgericht kein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt hat, ist zu verneinen. Dem Gericht, das die seiner Entscheidung zugrunde gelegten Ausführungen des Sachverständigen MedDir. Dr. M. für schlüssig und überzeugend erachtet hat, musste sich aus seiner Sicht eine weitere Sachaufklärung durch eine neue Begutachtung nicht aufdrängen. Außerdem hat der auch in der mündlichen Verhandlung anwaltschaftlich vertretene Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift keinen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt (s. auch Eyermann, VwGO, 13. Aufl., § 86 Rn. 10). Eine weitere Beweiserhebung durch das Verwaltungsgericht war somit nicht veranlasst.

Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, B.v. 13.6.2012 - 4 B 12/12 - juris Rn. 4).

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Festsetzung des Streitwert bemisst sich nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) in der Fassung der Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004, BGBl. I 718. Die mit dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013, BGBl. I 2586, zum 1. August 2013 in Kraft getretene Fassung des Gerichtskostengesetzes kommt nicht zur Anwendung, da nach der insoweit einschlägigen Übergangsvorschrift in § 134 des 2. KostRMoG in gerichtlichen Verfahren, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden sind, die Kosten nach bisherigem Recht erhoben werden. Dies gilt nach Satz 2 nicht im Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden ist. Hier wurde der Antrag auf Zulassung der Berufung unter dem 14. Mai 2013 gestellt, so dass das Gerichtskostengesetz in der Fassung vor dem 1. August 2013 Anwendung findet.

Danach beruht die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 GKG in der Fassung der Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (6,5-facher Anwärtergrundbetrag; Gegenstand des Antragsverfahrens: Beendigung eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf). Der Streitwertbeschluss des Verwaltungsgerichts war daher abzuändern. Die Befugnis des Verwaltungsgerichtshofs, den Streitwertansatz der Vorinstanz zu ändern, folgt aus § 63 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

(1) Werden infolge von Landbeschaffungen Änderungen oder Neuordnungen von Gemeinde-, Schul- oder Kirchenverhältnissen oder von Anlagen im öffentlichen Interesse erforderlich, so trägt der Erwerber insoweit die Kosten, als die den öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen entstehenden Lasten und Nachteile nicht durch Vorteile ausgeglichen werden. § 4 Abs. 3 gilt sinngemäß.

(2) Werden infolge von Landbeschaffungen zur Beseitigung eines dringenden Wohnraumbedarfs Neubauten erforderlich, so hat der Bund die Erstellung des angemessenen Wohnraums zu gewährleisten.

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

Im Sinne dieses Gesetzes

1.
ist genetische Untersuchung eine auf den Untersuchungszweck gerichtete
a)
genetische Analyse zur Feststellung genetischer Eigenschaften oder
b)
vorgeburtliche Risikoabklärung
einschließlich der Beurteilung der jeweiligen Ergebnisse,
2.
ist genetische Analyse eine auf die Feststellung genetischer Eigenschaften gerichtete Analyse
a)
der Zahl und der Struktur der Chromosomen (zytogenetische Analyse),
b)
der molekularen Struktur der Desoxyribonukleinsäure oder der Ribonukleinsäure (molekulargenetische Analyse) oder
c)
der Produkte der Nukleinsäuren (Genproduktanalyse),
3.
ist vorgeburtliche Risikoabklärung eine Untersuchung des Embryos oder Fötus, mit der die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen bestimmter genetischer Eigenschaften mit Bedeutung für eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung des Embryos oder Fötus ermittelt werden soll,
4.
sind genetische Eigenschaften ererbte oder während der Befruchtung oder bis zur Geburt erworbene, vom Menschen stammende Erbinformationen,
5.
ist verantwortliche ärztliche Person die Ärztin oder der Arzt, die oder der die genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken vornimmt,
6.
ist genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken eine diagnostische oder eine prädiktive genetische Untersuchung,
7.
ist eine diagnostische genetische Untersuchung eine genetische Untersuchung mit dem Ziel
a)
der Abklärung einer bereits bestehenden Erkrankung oder gesundheitlichen Störung,
b)
der Abklärung, ob genetische Eigenschaften vorliegen, die zusammen mit der Einwirkung bestimmter äußerer Faktoren oder Fremdstoffe eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung auslösen können,
c)
der Abklärung, ob genetische Eigenschaften vorliegen, die die Wirkung eines Arzneimittels beeinflussen können, oder
d)
der Abklärung, ob genetische Eigenschaften vorliegen, die den Eintritt einer möglichen Erkrankung oder gesundheitlichen Störung ganz oder teilweise verhindern können,
8.
ist prädiktive genetische Untersuchung eine genetische Untersuchung mit dem Ziel der Abklärung
a)
einer erst zukünftig auftretenden Erkrankung oder gesundheitlichen Störung oder
b)
einer Anlageträgerschaft für Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen bei Nachkommen,
9.
ist genetische Reihenuntersuchung eine genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken, die systematisch der gesamten Bevölkerung oder bestimmten Personengruppen in der gesamten Bevölkerung angeboten wird, ohne dass bei der jeweiligen betroffenen Person notwendigerweise Grund zu der Annahme besteht, sie habe die genetischen Eigenschaften, deren Vorhandensein mit der Untersuchung geklärt werden soll,
10.
ist genetische Probe biologisches Material, das zur Verwendung für genetische Analysen vorgesehen ist oder an dem solche Analysen vorgenommen wurden,
11.
sind genetische Daten die durch eine genetische Untersuchung oder die im Rahmen einer genetischen Untersuchung durchgeführte genetische Analyse gewonnenen Daten über genetische Eigenschaften,
12.
sind Beschäftigte
a)
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
b)
die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,
c)
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung (Rehabilitanden),
d)
die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen Beschäftigten,
e)
Personen, die nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz beschäftigt werden,
f)
Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten,
g)
Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist,
13.
sind Arbeitgeber (Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber) natürliche oder juristische Personen oder rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Nummer 12 beschäftigen, bei in Heimarbeit Beschäftigten und den ihnen Gleichgestellten die Auftraggeber oder Zwischenmeister oder bei Beschäftigten, die einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen werden, auch die Dritten.

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

Im Sinne dieses Gesetzes

1.
ist genetische Untersuchung eine auf den Untersuchungszweck gerichtete
a)
genetische Analyse zur Feststellung genetischer Eigenschaften oder
b)
vorgeburtliche Risikoabklärung
einschließlich der Beurteilung der jeweiligen Ergebnisse,
2.
ist genetische Analyse eine auf die Feststellung genetischer Eigenschaften gerichtete Analyse
a)
der Zahl und der Struktur der Chromosomen (zytogenetische Analyse),
b)
der molekularen Struktur der Desoxyribonukleinsäure oder der Ribonukleinsäure (molekulargenetische Analyse) oder
c)
der Produkte der Nukleinsäuren (Genproduktanalyse),
3.
ist vorgeburtliche Risikoabklärung eine Untersuchung des Embryos oder Fötus, mit der die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen bestimmter genetischer Eigenschaften mit Bedeutung für eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung des Embryos oder Fötus ermittelt werden soll,
4.
sind genetische Eigenschaften ererbte oder während der Befruchtung oder bis zur Geburt erworbene, vom Menschen stammende Erbinformationen,
5.
ist verantwortliche ärztliche Person die Ärztin oder der Arzt, die oder der die genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken vornimmt,
6.
ist genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken eine diagnostische oder eine prädiktive genetische Untersuchung,
7.
ist eine diagnostische genetische Untersuchung eine genetische Untersuchung mit dem Ziel
a)
der Abklärung einer bereits bestehenden Erkrankung oder gesundheitlichen Störung,
b)
der Abklärung, ob genetische Eigenschaften vorliegen, die zusammen mit der Einwirkung bestimmter äußerer Faktoren oder Fremdstoffe eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung auslösen können,
c)
der Abklärung, ob genetische Eigenschaften vorliegen, die die Wirkung eines Arzneimittels beeinflussen können, oder
d)
der Abklärung, ob genetische Eigenschaften vorliegen, die den Eintritt einer möglichen Erkrankung oder gesundheitlichen Störung ganz oder teilweise verhindern können,
8.
ist prädiktive genetische Untersuchung eine genetische Untersuchung mit dem Ziel der Abklärung
a)
einer erst zukünftig auftretenden Erkrankung oder gesundheitlichen Störung oder
b)
einer Anlageträgerschaft für Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen bei Nachkommen,
9.
ist genetische Reihenuntersuchung eine genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken, die systematisch der gesamten Bevölkerung oder bestimmten Personengruppen in der gesamten Bevölkerung angeboten wird, ohne dass bei der jeweiligen betroffenen Person notwendigerweise Grund zu der Annahme besteht, sie habe die genetischen Eigenschaften, deren Vorhandensein mit der Untersuchung geklärt werden soll,
10.
ist genetische Probe biologisches Material, das zur Verwendung für genetische Analysen vorgesehen ist oder an dem solche Analysen vorgenommen wurden,
11.
sind genetische Daten die durch eine genetische Untersuchung oder die im Rahmen einer genetischen Untersuchung durchgeführte genetische Analyse gewonnenen Daten über genetische Eigenschaften,
12.
sind Beschäftigte
a)
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
b)
die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,
c)
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung (Rehabilitanden),
d)
die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen Beschäftigten,
e)
Personen, die nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz beschäftigt werden,
f)
Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten,
g)
Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist,
13.
sind Arbeitgeber (Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber) natürliche oder juristische Personen oder rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Nummer 12 beschäftigen, bei in Heimarbeit Beschäftigten und den ihnen Gleichgestellten die Auftraggeber oder Zwischenmeister oder bei Beschäftigten, die einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen werden, auch die Dritten.

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

Zweck dieses Gesetzes ist es, die Voraussetzungen für genetische Untersuchungen und im Rahmen genetischer Untersuchungen durchgeführte genetische Analysen sowie die Verwendung genetischer Proben und Daten zu bestimmen und eine Benachteiligung auf Grund genetischer Eigenschaften zu verhindern, um insbesondere die staatliche Verpflichtung zur Achtung und zum Schutz der Würde des Menschen und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu wahren.

(1) Niemand darf wegen seiner oder der genetischen Eigenschaften einer genetisch verwandten Person, wegen der Vornahme oder Nichtvornahme einer genetischen Untersuchung oder Analyse bei sich oder einer genetisch verwandten Person oder wegen des Ergebnisses einer solchen Untersuchung oder Analyse benachteiligt werden.

(2) Die Geltung von Benachteiligungsverboten oder Geboten der Gleichbehandlung nach anderen Vorschriften und Grundsätzen wird durch dieses Gesetz nicht berührt. Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Vorschriften, die dem Schutz bestimmter Personengruppen dienen.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

(1) Der Aufnahme in die Satzung bedürfen Bestimmungen, nach welchen:

1.
die Genossenschaft auf eine bestimmte Zeit beschränkt wird;
2.
Erwerb und Fortdauer der Mitgliedschaft an den Wohnsitz innerhalb eines bestimmten Bezirks geknüpft wird;
3.
das Geschäftsjahr, insbesondere das erste, auf ein mit dem Kalenderjahr nicht zusammenfallendes Jahr oder auf eine kürzere Dauer als auf ein Jahr bemessen wird;
4.
die Generalversammlung über bestimmte Gegenstände nicht mit einfacher, sondern mit einer größeren Mehrheit oder nach weiteren Erfordernissen beschließen kann;
5.
die Ausdehnung des Geschäftsbetriebes auf Personen, welche nicht Mitglieder der Genossenschaft sind, zugelassen wird.

(2) Die Satzung kann bestimmen, dass Personen, die für die Nutzung oder Produktion der Güter und die Nutzung oder Erbringung der Dienste der Genossenschaft nicht in Frage kommen, als investierende Mitglieder zugelassen werden können. Sie muss durch geeignete Regelungen sicherstellen, dass investierende Mitglieder die anderen Mitglieder in keinem Fall überstimmen können und dass Beschlüsse der Generalversammlung, für die nach Gesetz oder Satzung eine Mehrheit von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen vorgeschrieben ist, durch investierende Mitglieder nicht verhindert werden können; zu diesem Zweck kann die Satzung das Stimmrecht investierender Mitglieder auch ganz ausschließen. Die Zulassung eines investierenden Mitglieds bedarf der Zustimmung der Generalversammlung; abweichend hiervon kann die Satzung die Zustimmung des Aufsichtrats vorschreiben. Die Zahl der investierenden Mitglieder im Aufsichtsrat darf ein Viertel der Aufsichtsratsmitglieder nicht überschreiten.

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

(1) Werden infolge von Landbeschaffungen Änderungen oder Neuordnungen von Gemeinde-, Schul- oder Kirchenverhältnissen oder von Anlagen im öffentlichen Interesse erforderlich, so trägt der Erwerber insoweit die Kosten, als die den öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen entstehenden Lasten und Nachteile nicht durch Vorteile ausgeglichen werden. § 4 Abs. 3 gilt sinngemäß.

(2) Werden infolge von Landbeschaffungen zur Beseitigung eines dringenden Wohnraumbedarfs Neubauten erforderlich, so hat der Bund die Erstellung des angemessenen Wohnraums zu gewährleisten.

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

(1) Werden infolge von Landbeschaffungen Änderungen oder Neuordnungen von Gemeinde-, Schul- oder Kirchenverhältnissen oder von Anlagen im öffentlichen Interesse erforderlich, so trägt der Erwerber insoweit die Kosten, als die den öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen entstehenden Lasten und Nachteile nicht durch Vorteile ausgeglichen werden. § 4 Abs. 3 gilt sinngemäß.

(2) Werden infolge von Landbeschaffungen zur Beseitigung eines dringenden Wohnraumbedarfs Neubauten erforderlich, so hat der Bund die Erstellung des angemessenen Wohnraums zu gewährleisten.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt Schadensersatz, weil er bei der Vergabe von Amtszulagen nicht berücksichtigt wurde.

2

Der Kläger ist Bundesbeamter im Amt eines Postbetriebsinspektors (BesGr. A 9vz BBesO). Nach der Umwandlung der Bundespost in privatrechtliche Nachfolgeunternehmen mit Wirkung vom 1. Januar 1995 war er bis Ende 2005 bei der Deutschen Post AG, danach bis Ende 2008 bei der Deutschen Postbank AG (im Folgenden: Postbank) als Sozialberater beschäftigt.

3

Die Postbank vergab mit Wirkung vom 1. Juli 2007 sechs Amtszulagen für Beamte mit einem Amt der Besoldungsgruppe A 9vz. Sie führte ein internes Auswahlverfahren ohne Ausschreibung durch, in das sie 26 Beamte, darunter den Kläger, einbezog und verlieh sechs Beamten die Amtszulage, ohne dies den anderen mitzuteilen.

4

Im August 2007 erfuhr der Kläger von diesen Vorgängen. Er widersprach seiner Nichtberücksichtigung und forderte die Postbank auf, ihre Auswahlentscheidungen zu begründen. Diese verwies auf die bessere Eignung der ausgewählten Beamten. Daraufhin legte der Kläger mit Schreiben vom 22. Oktober 2007 nochmals Widerspruch ein und beanstandete, die Postbank habe weder die Anzahl der zur Verfügung stehenden Amtszulagen noch die Anzahl der Bewerber und die Auswahlkriterien mitgeteilt. In einem Absatz am Ende des Schreibens machte er einen Anspruch auf Schadensersatz für den Fall geltend, dass seine Berücksichtigung wegen der anderweitigen Vergabe der Amtszulagen nicht mehr möglich sein sollte. Abschließend bat er um Stellungnahme bis 6. November 2007.

5

Die Postbank erwiderte mit Schreiben vom 5. November 2007: Sie habe nur Beamte ausgewählt, die als "sehr gut" geeignet eingestuft worden seien. Fünf Beamte hätten einen Eignungsvorsprung gegenüber dem Kläger, weil sie als Beamte des mittleren Dienstes erfolgreich in Positionen tätig seien, die auch Besoldungsgruppen des gehobenen Dienstes zugeordnet seien. Der sechste ausgewählte Beamte weise ein wesentlich höheres Dienstalter in dem Amt der Besoldungsgruppe A 9vz auf als der Kläger.

6

Mit der im Dezember 2007 erhobenen Klage will der Kläger erreichen, im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als wenn ihm die Amtszulage verliehen worden wäre. Die Postbank hat im Klageverfahren hauptsächlich gerügt, dass kein Widerspruchsverfahren durchgeführt worden sei. Hilfsweise hat sie sich in der Sache auf das Schadensersatzbegehren eingelassen.

7

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. In dem Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei unzulässig, weil der Klageerhebung kein Widerspruchsverfahren vorausgegangen sei. Der Kläger habe versäumt, innerhalb eines Jahres Widerspruch gegen die Ablehnung seines Schadensersatzantrags in dem Schreiben der Postbank vom 5. November 2007 einzulegen. Dieses Schreiben sei als Verwaltungsakt zu werten, obwohl es weder einen Tenor noch eine Rechtsmittelbelehrung enthalte. Der Regelungscharakter ergebe sich aus dem Inhalt und aus dem Zusammenhang mit dem Schreiben des Klägers vom 22. Oktober 2007. Darin habe der Kläger seinen Widerspruch gegen die Nichtberücksichtigung bekräftigt und zusätzlich einen Antrag auf Schadensersatz gestellt. Die Annahme eines eigenständigen Antrags folge daraus, dass der Kläger die Ausführungen zur Frage des Schadensersatzes deutlich abgesetzt an das Ende seines Schreibens gestellt habe. In dem darauf bezogenen Schreiben vom 5. November 2007 habe die Postbank unmissverständlich erklärt, sie halte ihre Auswahlentscheidungen aus den näher dargelegten Gründen für rechtmäßig. Daraus habe der Kläger den Schluss ziehen müssen, die Postbank habe den Antrag auf Schadensersatz rechtsverbindlich abgelehnt. Das gesetzlich vorgesehene Widerspruchsverfahren sei nicht entbehrlich geworden. Hierfür reiche nicht aus, dass sich die Beklagte in dem Klageverfahren hilfsweise auf das Schadensersatzbegehren eingelassen habe.

8

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision und beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. Oktober 2012 und des Verwaltungsgerichts Münster vom 24. Juni 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als wenn ihm mit Wirkung vom 1. Juli 2007 die Amtszulage für das Amt des Postbetriebsinspektors (Besoldungsgruppe A 9vz) verliehen worden wäre.

9

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie verteidigt das Berufungsurteil und trägt ergänzend vor, nach den im Berufungsverfahren eingeholten Leistungseinschätzungen habe der Kläger keine Aussicht gehabt, eine Amtszulage zu erhalten.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO), ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht, nämlich § 133 BGB und § 126 Abs. 3 des Beamtenrechtsrahmengesetzes - BRRG - in der im Jahr 2007 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 1999 (BGBl I S. 654). Das Berufungsurteil stellt sich nicht aus anderen als den vom Oberverwaltungsgericht angeführten Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Senat kann über die Begründetheit der form- und fristgerecht erhobenen allgemeinen Leistungsklage, d.h. über das Bestehen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs, nicht entscheiden, weil die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hierfür nicht ausreichen.

12

Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht mit der Begründung als unzulässig angesehen, der Kläger habe vor der Klageerhebung das gesetzlich vorgesehene Widerspruchsverfahren nicht eingeleitet. Die Auslegung seiner vorgerichtlichen Erklärungen ergibt, dass er in Bezug auf den Schadensersatzanspruch Widerspruch eingelegt hat. Darüber hinaus war ein Widerspruchsverfahren nach den Umständen des vorliegenden Falles entbehrlich.

13

1. Die tragende Erwägung des Oberverwaltungsgerichts, es fehle an einem Widerspruch des Klägers, beruht auf einer rechtsfehlerhaften Auslegung seines Schreibens an die Postbank vom 22. Oktober 2007. Die Auslegung genügt den sich aus § 133 BGB ergebenden Anforderungen nicht.

14

Die Ermittlung des Inhalts einer Erklärung im Wege der Auslegung gilt revisionsrechtlich als Tatsachenfeststellung im Sinne von § 137 Abs. 2 VwGO. Daher ist das Bundesverwaltungsgericht an den vom Tatsachengericht festgestellten Erklärungsinhalt gebunden, wenn dieses Gericht sein Ergebnis rechtsfehlerfrei begründet hat. Die Bindung tritt nicht ein, wenn die Auslegung auf einer unvollständigen Würdigung der festgestellten Tatsachen, einem Rechtsirrtum, einem Verstoß gegen eine Auslegungsregel oder einem Verstoß gegen einen allgemeinen Erfahrungssatz oder ein Denkgesetz beruht. In diesen Fällen kann das Bundesverwaltungsgericht die Erklärung selbst auslegen (stRspr; Urteile vom 5. November 2009 - BVerwG 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 = Buchholz 316 § 35 VwVfG Nr. 60 und vom 17. Juni 2010 - BVerwG 2 C 86.08 - BVerwGE 137, 138 = Buchholz 240 § 6 BBesG Nr. 28). Hier hat das Oberverwaltungsgericht gegen die Auslegungsregel des § 133 BGB verstoßen.

15

Nach der Auslegungsregel des § 133 BGB, die auch auf öffentlich-rechtliche Erklärungen Anwendung findet, ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Es kommt darauf an, wie die Erklärung aus der Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtung zu verstehen ist. Maßgebend ist der geäußerte Wille des Erklärenden, wie er sich dem Empfänger nach dem Wortlaut der Erklärung und den sonstigen Umständen darstellt, die der Empfänger bei Zugang der Erklärung erkennen kann. Dieser hat in den Blick zu nehmen, welchen Zweck der Erklärende verfolgt (stRspr; Urteil vom 15. September 2010 - BVerwG 8 C 21.09 - BVerwGE 138, 1 = Buchholz 310 § 68 VwGO Nr. 48).

16

§ 133 BGB gibt eine Auslegung vor, die - im Rahmen des für den Erklärungsempfänger Erkennbaren - den mit der Erklärung angestrebten Erfolg herbeiführt und die Erklärung nicht sinnlos macht (BGH, Urteile vom 23. Januar 1997 - IX ZR 69/96 - BGHZ 134, 325 <329> = NJW 1997, 1003 <1004> und vom 7. März 2005 - II ZR 194/03 - NJW 2005, 2618 <2619>). Dies gilt insbesondere für die Ermittlung des Inhalts von Erklärungen Privater gegenüber Behörden. Diese dürfen bei der Auslegung die erkennbare Interessenlage des Erklärenden nicht außer Acht lassen. Legt der Private erkennbar einen Rechtsbehelf ein, darf die Behörde der Erklärung keinen Inhalt geben, der die Rechtsverfolgung erschwert oder gar ausschließt, wenn nach den erkennbaren Umständen auch eine günstigere Auslegung möglich ist. In Zweifelsfällen sollte beim Erklärenden nachgefragt werden.

17

Die Interessenlage des Klägers wird durch § 126 Abs. 3 BRRG bestimmt, der nach wie vor in Kraft ist (§ 63 Abs. 3 Satz 2 des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 - BeamtStG - BGBl I S.1010). Nach dieser Regelung gelten für Klagen nach Absatz 1, d.h. für alle Klagen aus dem Beamtenverhältnis einschließlich der Leistungs- und Feststellungsklagen, die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung über das Widerspruchsverfahren. Danach ist eine Klage aus dem Beamtenverhältnis unabhängig von der Klageart erst nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (§ 126 Abs. 3 Nr. 4 BRRG). Darüber hinaus bedarf es eines Widerspruchsverfahrens nicht, wenn es sich nach den Umständen des Einzelfalles als sinnlos erweist (vgl. unter 2.).

18

Liegt kein Ausnahmefall vor, müssen Beamte gegen jedes Tun oder Unterlassen des Dienstherrn sowie gegen jeden von ihm zu verantwortenden Zustand, in dem sie eine Beeinträchtigung ihrer Rechtsstellung aus dem Beamtenverhältnis sehen, Widerspruch einlegen (Urteil vom 28. Juni 2001 - BVerwG 2 C 48.00 - BVerwGE 114, 350 <354> = Buchholz 230 § 126 BRRG Nr. 21 S. 3 f.). Die Klagemöglichkeit wird durch den Erlass des Widerspruchsbescheids eröffnet. Dieser ändert die Rechtsnatur der vom Beamten geforderten oder beanstandeten Maßnahme nicht. Eine verwaltungsinterne Maßnahme wird durch den Widerspruchsbescheid nicht zum Verwaltungsakt (Urteil vom 2. März 2006 - BVerwG 2 C 3.05 - BVerwGE 125, 85 = Buchholz 237.8 § 84 RhPLBG Nr. 1).

19

Ergeht nach Einlegung des Widerspruchs in angemessener Zeit kein Widerspruchsbescheid, kann der Beamte nach Maßgabe des § 75 VwGO Untätigkeitsklage erheben. Diese Vorschrift gilt auch für allgemeine Leistungs- und Feststellungsklagen aus dem Beamtenverhältnis, denen nach § 126 Abs. 3 BRRG ein Widerspruchsverfahren vorauszugehen hat (Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Aufl., § 75 Rn. 18; Rennert, in: Eyermann, VwGO, Kommentar, 13. Aufl., § 75 Rn. 1).

20

Der Gesetzgeber hat das Erfordernis des Widerspruchsverfahrens auf alle Streitigkeiten aus dem Beamtenverhältnis erstreckt, um sicherzustellen, dass Beamte vor der Anrufung der Verwaltungsgerichte den Dienstherrn mit ihren Anliegen befassen. Dem Dienstherrn soll stets die Möglichkeit eröffnet werden, einen gerichtlichen Rechtsstreit zu vermeiden, sei es durch Abhilfe, durch gütliche Einigung, soweit dies rechtlich möglich ist, oder durch nähere Begründung seines Rechtsstandpunktes. Neben der Selbstkontrolle des Dienstherrn dient das Widerspruchsverfahren auch in beamtenrechtlichen Angelegenheiten dem Rechtsschutz der Beamten und der Entlastung der Verwaltungsgerichte (Urteil vom 15. September 2010 a.a.O. Rn. 24 f.).

21

Aus dem Zweck des § 126 Abs. 3 BRRG folgt, dass das Widerspruchsverfahren den verfahrensrechtlichen Rahmen darstellt, in dem vorgerichtliche Auseinandersetzungen zwischen Beamten und Dienstherrn ausgetragen werden. Dieses gesetzlich geregelte Verfahren soll an die Stelle informeller Verfahren und Absprachen treten. Dies zwingt den Beamten, sein Anliegen inhaltlich zu konkretisieren (Urteil vom 28. Juni 2001 a.a.O. S. 354 f. bzw. S. 3 f.).

22

Aus der durch § 126 Abs. 3 BRRG angeordneten Konzentration auf das Widerspruchsverfahren folgt weiter, dass der Beamte einem Widerspruch, der sich nicht gegen einen Verwaltungsakt richtet (Leistungs- oder Feststellungswiderspruch), keinen Antrag vorschalten muss. Ein derartiges Antragserfordernis ergibt sich weder aus einer sonstigen Vorschrift des Prozessrechts noch aus der beamtenrechtlichen Treuepflicht. Es würde die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erschweren, weil der Beamte nach der Ablehnung des Antrags nicht sogleich Klage erheben kann, sondern Widerspruch einlegen muss (Urteil vom 28. Juni 2001 a.a.O. S. 355 f. bzw. S. 4 f.; Beschluss vom 18. Juni 2009 - BVerwG 2 B 64.08 - Buchholz 237.2 § 93 BlnLBG Nr. 1 = NVwZ 2009, 1314).

23

Aufgrund dieses Bedeutungsgehalts des § 126 Abs. 3 BRRG sind Rechtsbehelfe von Beamten ungeachtet ihrer Bezeichnung, etwa als Antrag oder Beschwerde, als Widerspruch zu werten, soweit diese Auslegung nach § 133 BGB vertretbar ist. Eine Ausnahme soll nur gelten, wenn der Beamte ausdrücklich einen gesonderten Antrag stellt, anstatt Widerspruch einzulegen, und auf Nachfrage daran festhält. In diesem Fall soll der Dienstherr verpflichtet sein, diesen Antrag zu bescheiden, sodass der Beamte gegen den ablehnenden Bescheid gesondert Widerspruch erheben muss (Beschluss vom 28. September 2006 - BVerwG 2 B 14.06 - Rn. 3).

24

Diese Grundsätze gelten auch für ein Schadensersatzbegehren, das ein Beamter mit der Behauptung geltend macht, der Dienstherr habe schuldhaft seine Rechte aus dem Beamtenverhältnis verletzt. Der Beamte kann die Beseitigung der behaupteten Rechtsverletzung und den daraus hergeleiteten Schadensersatzanspruch gegen den Dienstherrn mit einem einheitlichen Widerspruch verfolgen. Die Bündelung von Beseitigungs- und Schadensersatzbegehren in einem Widerspruchsverfahren entspricht dem Zweck des § 126 Abs. 3 Satz 1 BRRG, weil beide Anliegen in einem engen inhaltlichen Zusammenhang stehen. Zwischen ihnen besteht ein Stufenverhältnis wie zwischen Haupt- und Hilfsantrag im Klageverfahren. Die Gewährung von Schadensersatz kommt nur in Betracht, wenn es der Dienstherr ablehnt, die behauptete Rechtsverletzung zu beseitigen. Entspricht er dem Beseitigungsbegehren, wird das Schadensersatzbegehren gegenstandslos. Hält der Dienstherr das beanstandete Tun oder Unterlassen für rechtmäßig oder sieht er darin jedenfalls keine Verletzung der Rechtsstellung des Beamten, steht zugleich fest, dass er sich nicht für schadensersatzpflichtig hält. Daher ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Beamte in der Begründung des Widerspruchs deutlich macht, er verlange hilfsweise Schadensersatz (Urteil vom 28. Juni 2001 a.a.O. S. 355 f. bzw. S. 4).

25

Aus dieser durch § 126 Abs. 3 BRRG vorgegebenen Rechtslage ergibt sich das Interesse des Klägers, dass sein Schreiben vom 22. Oktober 2007 auch in Bezug auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht als eigenständiger Antrag, sondern als Erweiterung seines Widerspruchs gegen die Nichtberücksichtigung bei der Vergabe der Amtszulagen zu verstehen ist.

26

Dies liegt auch deshalb nahe, weil der Widerspruch des Klägers gegen die Nichtberücksichtigung bei der Vergabe der Amtszulagen im Jahr 2007 nach der damals einheitlichen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte aussichtslos war, weil die Postbank die Amtszulagen den ausgewählten Beamten bereits verliehen hatte. Bis zu dem Urteil des Senats vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - (BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47) war in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass Ernennungen und ernennungsähnliche Verwaltungsakte wie die Verleihung von Amtszulagen auch im Falle ihrer Rechtswidrigkeit von Mitbewerbern nicht mit Erfolg angefochten werden konnten. Es wurde angenommen, diese Maßnahmen berührten die subjektive Rechtstellung der Mitbewerber nicht und seien nach dem Grundsatz der Ämterstabilität stets rechtsbeständig. Nach der Ernennung der ausgewählten Bewerber waren Mitbewerber darauf verwiesen, Schadensersatz geltend zu machen. Erst in dem Urteil vom 4. November 2010 (a.a.O.) hat der Senat Ernennungen Drittwirkung zuerkannt und den Grundsatz der Ämterstabilität für unanwendbar erklärt, wenn der Dienstherr vor der Ernennung die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes durch Mitbewerber verhindert hat. Dies gilt in gleicher Weise für ernennungsähnliche Verwaltungsakte.

27

Diese Rechtslage und die sich daraus ergebenden Interessen des Klägers musste die Postbank schon deshalb erkennen und bei der Auslegung der Erklärungen des Klägers einbeziehen, weil auf sie die für Behörden geltenden Maßstäbe anzuwenden sind. Nach Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG übt die Postbank die Dienstherrnbefugnisse gegenüber den ihr zugewiesenen Bundesbeamten aus. Sie wird als Unternehmen privater Rechtsform im Auftrag des Bundes tätig, der sie mit hoheitlichen, einem Privaten ansonsten nicht zustehenden Befugnissen beliehen hat (Urteile vom 20. August 1996 - BVerwG 1 D 80.95 - BVerwGE 103, 375 <377> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 Nr. 7 S. 20 und vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - Buchholz 232.0 § 46 BBG 2009 Nr. 1 = NVwZ-RR 2009, 893).

28

In Anbetracht des erkennbaren Interesses des Klägers, seinen Widerspruch auf das Schadensersatzbegehren zu erstrecken, wäre die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Kläger habe in dem Schreiben vom 22. Oktober 2007 einen eigenständigen, dem Widerspruch vorgeschalteten Schadensersatzantrag gestellt, nur dann mit § 133 BGB vereinbar, wenn eine andere Auslegung ausgeschlossen wäre. Hierfür müsste der Wortlaut dieses Schreibens eindeutig für eine Antragstellung sprechen. Dies ist aber nicht der Fall:

29

Das Oberverwaltungsgericht hat seine Auffassung entscheidend darauf gestützt, der Kläger habe das Schadensersatzbegehren in einem eigenen Absatz am Ende des Schreibens geltend gemacht. Mit dieser formalen Betrachtungsweise hat es den Inhalt des Schreibens entgegen § 133 BGB nicht vollständig in den Blick genommen. Es hat nicht berücksichtigt, dass der Absatz über das Schadensersatzbegehren offensichtlich einen inhaltlichen Bezug zu den vorstehenden Ausführungen aufweist. Der Kläger hat zunächst dargelegt, seine Nichtberücksichtigung bei der Vergabe der Amtszulagen sei nicht nachvollziehbar, und die unzureichende Information durch die Postbank gerügt. Im Anschluss daran hat er Schadensersatz mit den Worten geltend gemacht, "soweit die Einweisung in eine Planstelle A 09vz mit Amtszulage nun wegen anderweitiger Besetzungen nicht mehr möglich sein sollte". Damit hat er unmissverständlich an den Widerspruch gegen die Nichtberücksichtigung angeknüpft. Er hat Schadensersatz für den Fall geltend gemacht hat, dass die Vergabe einer Amtszulage an ihn rechtlich ausgeschlossen sei.

30

Diesen inhaltlichen Zusammenhang lässt auch die Erwägung des Oberverwaltungsgerichts außer Acht, die Bitte um kurzfristige Stellungnahme in dem letzten Satz des Schreibens vom 22. Oktober 2007 habe sich nicht an die Postbank als Widerspruchsbehörde richten können, weil die Abgabe von Stellungnahmen nicht zu den Aufgaben einer Widerspruchsbehörde gehöre. Auch hat der Kläger diese Bitte nach ihrem Wortlaut nicht auf das Schadensersatzbegehren beschränkt.

31

Da der Kläger seinen Widerspruch durch das Schreiben vom 22. Oktober 2007 auf das Schadensersatzbegehren erstreckt hat, ist die allgemeine Leistungsklage auf Gewährung von Schadensersatz nach § 75 Satz 1 und 2 VwGO jedenfalls nach Ablauf von drei Monaten nach Einlegung des Widerspruchs zulässig geworden.

32

Im Übrigen verstößt auch die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts gegen § 133 BGB, die Postbank habe das Schadensersatzbegehren durch das Schreiben vom 5. November 2007 rechtsverbindlich in Form eines Verwaltungsakts abgelehnt. Bei der Bestimmung der Rechtsqualität einer behördlichen Erklärung aufgrund ihres tatsächlich festgestellten Inhalts handelt es sich um eine rechtliche Würdigung, die in vollem Umfang der Prüfung des Bundesverwaltungsgerichts im Revisionsverfahren unterliegt (stRspr; Urteil vom 5. November 2009 - BVerwG 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 = Buchholz 316 § 35 VwVfG Nr. 60).

33

Die Auslegung des Schreibens vom 5. November 2007 als Verwaltungsakt liegt schon deshalb fern, weil es weder einen von der Begründung abgesetzten Entscheidungsausspruch noch eine Rechtsmittelbelehrung enthält. Daher käme die Qualifizierung als Verwaltungsakt nur in Betracht, wenn sich der Regelungscharakter im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG ohne jeden Zweifel aus dem Inhalt ergäbe. Diesem lassen sich aber keine Hinweise für eine rechtsverbindliche Ablehnung des Schadensersatzbegehrens entnehmen. Vielmehr spricht nach der äußeren Gestaltung und dem Inhalt des Schreibens vom 5. November 2007 alles dafür, dass die Postbank dem Kläger eine abschließende Auskunft über die Sach- und Rechtslage erteilen wollte. Sie teilte ihm die tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen für ihre Auswahlentscheidungen mit und legte dar, dass der Kläger zu Recht nicht zum Zuge kam, ohne ausdrücklich auf das Schadensersatzbegehren einzugehen.

34

2. Unabhängig von dem Inhalt des Schreibens des Klägers vom 22. Oktober 2007 war das Widerspruchsverfahren im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ausnahmsweise entbehrlich.

35

Auch in beamtenrechtlichen Angelegenheiten dient das Widerspruchsverfahren der Selbstkontrolle der Verwaltung, dem individuellen Rechtsschutz und der Entlastung der Verwaltungsgerichte. Sind diese Ziele vor der Klageerhebung schon auf andere Weise erreicht worden oder können sie nicht mehr erreicht werden, ist ein Widerspruchsverfahren sinnlos. Seine Durchführung würde einen sachlich nicht zu rechtfertigenden Formalismus darstellen, der die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes unnötig verzögert. Die Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens in diesen Fällen stellt eine weitere, gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte Ausnahme dar, die sich aus Sinn und Zweck der § 126 Abs. 3 BRRG, §§ 68 f. VwGO ergibt (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 15. September 2010 - BVerwG 8 C 21.09 - BVerwGE 138, 1 = Buchholz 310 § 68 VwGO Nr. 48). Die genannte Entscheidung kann als Zusammenfassung der - vom Berufungsgericht kritisch dargestellten - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstanden werden.

36

Das Widerspruchsverfahren kann seinen Zweck nicht mehr erreichen, wenn feststeht, dass der Widerspruch unabhängig von der Begründung keinen Erfolg haben würde. Daher wird es regelmäßig nicht entbehrlich sein, wenn Ausgangs- und Widerspruchsbehörde nicht identisch sind oder gar unterschiedlichen Rechtsträgern angehören (Urteil vom 21. September 2010 a.a.O. Rn. 26). Auch wird das Widerspruchsverfahren regelmäßig durchzuführen sein, wenn die Widerspruchsbehörde einen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum wahrzunehmen hat. In diesen Fällen geht deren Nachprüfung inhaltlich über die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hinaus (§ 114 Satz 1 VwGO).

37

Im Übrigen kommt es vor allem auf den Inhalt der vorgerichtlichen Erklärungen der Beklagten an. Ergibt deren Gesamtwürdigung, dass sich die Beklagte endgültig darauf festgelegt hat, das Rechtsschutzbegehren abzulehnen, ist ein Widerspruchsverfahren sinnlos. Eine derartige Festlegung setzt voraus, dass die Beklagte zu erkennen gegeben hat, sie habe sich ihre Auffassung gebildet und gedenke daran auf jeden Fall festzuhalten. Hat der Betroffene daraufhin Klage erhoben, kann die Beklagte im Klageverfahren nicht dadurch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens erreichen, dass sie auf dessen Fehlen verweist und sich gar nicht oder nur hilfsweise zur Sache einlässt. Dadurch setzt sie sich in Widerspruch zu ihren vorgerichtlichen Erklärungen, aus denen der Kläger zu Recht den Schluss zog, ein Widerspruchsverfahren sei sinnlos.

38

Hat der Betroffene Klage erhoben, ohne dass ihm die Beklagte hierzu Anlass gegeben hat, kann diese das Widerspruchsverfahren entbehrlich machen, wenn sie sich im Klageverfahren vorbehaltlos zur Sache einlässt. Dagegen bringt sie in diesen Fällen durch eine nur hilfsweise Einlassung regelmäßig zum Ausdruck, dass sie den Kläger an der Durchführung des Widerspruchsverfahrens festhalten will. Dieses Verhalten ist dann auch nicht widersprüchlich, weil sich die Beklagte vorgerichtlich gerade nicht endgültig auf die Ablehnung des Klagebegehrens festgelegt hat.

39

Nach diesen Grundsätzen hat sich das Widerspruchsverfahren im vorliegenden Fall bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung als entbehrlich erwiesen: Die als Ausgangs- und Widerspruchsbehörde zuständige Postbank hatte sich gegenüber dem Kläger vorgerichtlich darauf festgelegt, dieser habe zu Recht keine Amtszulage erhalten. In dem Schreiben vom 5. November 2007 ließ sie keinen Zweifel daran, dass sie die dargelegten Auswahlkriterien und die darauf gestützte Bewerberauswahl für rechtmäßig halte. Nach Ansicht der Postbank wiesen die ausgewählten Beamten einen erheblichen Eignungsvorsprung gegenüber dem Kläger auf. Diese Erklärungen ließen aus der Sicht des Klägers nur den Schluss zu, die Postbank sei auf keinen Fall bereit, wegen dessen Nichtberücksichtigung Schadensersatz zu leisten.

40

Hatte sich ein Widerspruchsverfahren aufgrund der eindeutigen Aussagen der Postbank bereits vor der Klageerhebung als sinnlos erwiesen, kann sie durch ihr prozessuales Verhalten nicht mehr erreichen, dass ein solches Verfahren durchgeführt wird.

41

3. Die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ermöglichen es dem Senat nicht, abschließend zu beurteilen, ob der geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht. Er weist jedoch auf Folgendes hin:

42

Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (Urteile vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 Rn. 16; vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 53 und vom 29. November 2012 - BVerwG 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 = NVwZ 2013, 955 ).

43

Die Vergabe der Amtszulagen ist an Art. 33 Abs. 2 GG zu messen, weil es sich bei Ämtern gleicher Besoldungsgruppe mit und ohne Amtszulage um statusrechtlich verschiedene Ämter handelt. Liegt kein gesetzlicher Ernennungstatbestand vor, wird die Amtszulage durch einen ernennungsähnlichen Verwaltungsakt verliehen. Die Verleihung genießt in gleicher Weise Ämterstabilität wie eine Ernennung (Urteile vom 12. Juli 1972 - BVerwG 6 C 11.70 - BVerwGE 40, 229 <230 f.> = Buchholz 235.11 Art. 356 Nr. 1 und vom 23. Februar 1989 - BVerwG 2 C 25.87 - BVerwGE 81, 282 <286 f.> = Buchholz 237.6 § 18 NdsLBG Nr. 2 S. 3 f.; Beschluss vom 16. April 2007 - BVerwG 2 B 25.07 - Buchholz 240 § 42 BBesG Nr. 26 Rn. 4). Im vorliegenden Fall geht es um die Amtszulage nach Fußnote 3 zur Besoldungsgruppe A 9 in der Anlage I i.V.m. Anlage IX des Bundesbesoldungsgesetzes.

44

Die Erläuterungen der Postbank in dem Schreiben vom 5. November 2007 lassen es zumindest als ernsthaft möglich erscheinen, dass sie die Rechte des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt hat, weil sie die Bewerberauswahl auf nicht unmittelbar leistungsbezogene Auswahlkriterien, nämlich auf die Einstufung (Wertigkeit) der Tätigkeitsbereiche der Bewerber und das Dienstalter gestützt hat. In diesem Fall wäre der Postbank angesichts der bereits 2007 vorliegenden Rechtsprechung zu diesen Kriterien ein Verschulden anzulasten (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <151> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 f. und vom 17. August 2005 a.a.O. S. 103 bzw. Rn. 20).

45

Die Kausalität der Rechtsverletzung für den Eintritt des Schadens setzt voraus, dass der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG, d.h. bei rechtmäßiger Bewerberauswahl, zumindest reelle Aussichten gehabt hätte, das angestrebte Amt zu erhalten. Seine Berücksichtigung muss nach Lage der Dinge ernsthaft möglich gewesen sein. Hierfür muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre (Urteile vom 17. August 2005 a.a.O. S. 108 f. bzw. Rn. 36 f. und vom 26. Januar 2012 a.a.O. ). Hierfür muss aufgrund der 2007 vorhandenen Erkenntnisse nachgezeichnet werden, welches Ergebnis die Bewerberauswahl bei rechtsfehlerfreiem Verfahrensablauf voraussichtlich gehabt hätte. Beurteilungen der Bewerber, die spätere Erkenntnisse aufnehmen, dürfen nicht einbezogen werden.

46

Schließlich kann dem Kläger nicht angelastet werden, dass er nicht versucht hat, die Vergabe der Amtszulagen durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiliger Anordnung nach § 123 VwGO zu verhindern oder deren Aufhebung im Klageweg zu erreichen. Rechtsschutz nach § 123 VwGO war nicht möglich, weil ihm die Postbank ihre Auswahlentscheidungen vor der Verleihung der Amtszulagen nicht mitgeteilt hat. Aus diesem Grund hätten die Verleihungen zwar nach der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Ämterstabilität genossen (Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47). Im hier maßgebenden Jahr 2007 wären Klagen gegen die Verleihungen nach der damals einhelligen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte aber aussichtslos gewesen.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Der Kläger beansprucht die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe als Studienrat und Schadensersatz wegen rechtsfehlerhafter Ablehnung seiner Bewerbung.

2

Der 1965 geborene Kläger ist seit 2006 als angestellter Berufsschullehrer in Niedersachsen tätig. Er ist an Multipler Sklerose erkrankt und hat einen Bandscheibenvorfall erlitten. Unter Berufung darauf lehnte die Beklagte seine Verbeamtung wegen fehlender gesundheitlicher Eignung ab. Der Kläger sei zwar gegenwärtig beschwerde- und symptomfrei. Es bestehe aber eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass er vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze dienstunfähig werde. Nach der Ablehnung ist ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt worden.

3

Auf die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende erstinstanzliche Urteil hat das Oberverwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, über den Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe erneut zu entscheiden. Es hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen, soweit das Verwaltungsgericht die Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Verbeamtung und auf Schadensersatz wegen der Ablehnung der Bewerbung abgewiesen hat. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

4

Die Beklagte habe ihren Beurteilungsspielraum für die gesundheitliche Eignung rechtsfehlerhaft ausgeübt. Die Eignung eines behinderten Beamtenbewerbers sei bereits dann anzunehmen, wenn sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn eine dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit des Bewerbers mit einem überwiegenden Grad an Wahrscheinlichkeit ausschließen lasse. Der allgemeine Prognosemaßstab sei hier wegen der Behinderung abgesenkt. Die amtsärztlichen Stellungnahmen reichten nach ihrem Inhalt nicht aus, um eine derartige Prognose treffen zu können. Daher müsse die Beklagte auf verbesserter medizinischer Tatsachengrundlage erneut über den Übernahmeantrag des Klägers entscheiden. Ein Schadensersatzanspruch scheitere jedenfalls am fehlenden Verschulden. Der Beklagten könne kein Vorwurf gemacht werden, dass sie die Bewerbung auf der Grundlage des allgemeinen Prognosemaßstabs abgelehnt habe. Die Behinderung des Klägers sei erst im Nachhinein anerkannt worden.

5

Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er beantragt,

die Urteile des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 25. Januar 2011 und des Verwaltungsgerichts Hannover vom 27. Mai 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger in das Beamtenverhältnis auf Probe als Studienrat zu übernehmen, hilfsweise über den Antrag auf Übernahme unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden sowie die Beklagte zu verpflichten, den Kläger besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei er am 1. März 2008, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt, in das Beamtenverhältnis auf Probe als Studienrat übernommen worden.

6

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren und unterstützt die Rechtsauffassung der Beklagten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers hat mit der Maßgabe der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht Erfolg (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht seine Berufung gegen die Abweisung seines vorrangigen Klagebegehrens, die Beklagte zur Verbeamtung zu verpflichten, zurückgewiesen hat. Insoweit verstößt das Berufungsurteil gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

9

Die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung des Klägers sei gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar, ist mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 - BeamtStG - nicht vereinbar. Auch ist diese Beurteilung anhand eines anderen als dem vom Oberverwaltungsgericht angewandten Prognosemaßstabs vorzunehmen. Erweist sich der Kläger als gesundheitlich geeignet, steht ihm ein Anspruch auf Verbeamtung zu, wenn er der fachlich am besten geeignete Bewerber für eine freie Stelle als Studienrat ist. Hierfür muss der insoweit bestehende Beurteilungsspielraum der für die Bewerberauswahl zuständigen Stelle auf Null reduziert sein. In Bezug auf die Schadensersatzklage hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu Recht zurückgewiesen.

10

1. Nach Art. 33 Abs. 2 GG und nach § 9 BeamtStG, der nach § 1 dieses Gesetzes für das Statusrecht der Landesbeamten unmittelbar gilt, sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Geeignet in diesem Sinne ist nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, Beschluss vom 21. Februar 1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140 <151>). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Dezember 2008 - 2 BvR 2571/07 - BVerfGK 14, 492 <496> = juris Rn. 11). Ist nach der körperlichen oder psychischen Konstitution eines Bewerbers die gesundheitliche Eignung nicht gegeben, kann er unabhängig von seiner fachlichen Eignung nicht verbeamtet werden. Er kann nicht in den Leistungsvergleich der Bewerber um die zur Vergabe stehenden Ämter einbezogen werden.

11

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Dementsprechend sieht § 9 Abs. 2 i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes vom 25. März 2009 - NBG - (Nds. GVBl S. 72) in der Fassung des Gesetzes vom 12. Dezember 2012 (Nds. GVBl S. 591) vor, dass die gesundheitliche Eignung aufgrund einer Untersuchung durch einen Amtsarzt oder einen beamteten Arzt festzustellen ist. Dieser muss gegebenenfalls einen Facharzt hinzuziehen. Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 f.).

12

Es obliegt dem Dienstherrn, die körperlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn zu bestimmen. Hierbei steht ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren hat. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (Urteil vom 21. Juni 2007 a.a.O.). Auf dieser Grundlage muss festgestellt werden, ob ein Bewerber, dessen Leistungsfähigkeit - etwa aufgrund eines chronischen Leidens - gemindert ist, den Anforderungen gewachsen ist, die die Ämter einer Laufbahn für die Dienstausübung stellen.

13

Die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das von ihm angestrebte öffentliche Amt bezieht sich nicht nur auf den gegenwärtigen Stand, sondern auch auf die künftige Amtstätigkeit und enthält eine Prognose, die eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers verlangt (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Die gesundheitliche Eignung eines im Zeitpunkt der Einstellungsuntersuchung dienstfähigen Beamtenbewerbers kann daher im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe oder eine chronische Erkrankung mit progredientem Verlauf verneint werden.

14

Die Prognose erfasst den Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Es kommt darauf an, ob der Beamtenbewerber voraussichtlich bis zu diesem Zeitpunkt Dienst leisten wird oder wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden muss.

15

Dieser Prognosezeitraum folgt aus den in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten hergebrachten Grundsätzen des Lebenszeit- und des Alimentationsprinzips. Diese Grundsätze verpflichten den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Tritt der Beamte vor Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand, ist das Gleichgewicht zwischen Dienstzeit und Ruhestand verschoben, weil dem Dienstherrn die Arbeitskraft des Beamten zu früh verloren geht (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 16 f.).

16

Der Ausschluss des Zugangs zum Beamtenverhältnis aus gesundheitlichen Gründen ungeachtet der fachlichen Eignung stellt eine Einschränkung der durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Zugangsmöglichkeit dar, die einer subjektiven Berufswahlschranke im Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG entspricht (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 3 C 26.11 - NJW 2013, 1320 Rn. 15). Aufgrund dieser grundrechtlichen Bedeutung des Ausschlusses und des überaus langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraums hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest, wonach der Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein muss (vgl. Urteile vom 17. Mai 1962 - BVerwG 2 C 87.59 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 6; vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <149> und vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2). Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, kann der Dienstherr die gesundheitliche Eignung aktuell dienstfähiger Bewerber nur verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird.

17

Der bisherige Maßstab ist geeignet, Bewerber schon deshalb von dem Zugang zum Beamtenverhältnis auszuschließen, weil ihr gesundheitlicher Zustand vom Regelzustand abweicht. Dies gilt auch dann, wenn die Leistungsfähigkeit der Bewerber aktuell und auf absehbare Zeit nicht beeinträchtigt ist. Die negative Eignungsprognose ist in diesen Fällen bislang mit Typisierungen und statistischen Wahrscheinlichkeiten begründet worden, die weder einem Gegenbeweis noch einer nachträglichen Korrektur zugänglich sind (vgl. hierzu Höfling/Stockter, ZBR 2008, 17).

18

Dies belegt der Fall des derzeit uneingeschränkt leistungsfähigen Klägers: Die Einschätzung, er werde vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze dienstunfähig, beruht ausschließlich auf der Annahme, dass eine bestimmte Personengruppe - hier die Multiple-Sklerose-Erkrankten - in ihrer Gesamtheit ein erhöhtes Risiko vorzeitiger Dienstunfähigkeit aufweist.

19

Angesichts des sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraums und der Komplexität der medizinischen Prognosen sind Entscheidungen über die gesundheitliche Eignung eines Beamtenbewerbers mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt. Künftige Präventions- oder Heilmethoden können heute noch nicht einbezogen werden. Vielfach ist auch die Wechselwirkung und damit Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwerwiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht. Belastbare Studien zur korrelationsstatistischen Beziehung einzelner Risikofaktoren zur Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit liegen nur sehr eingeschränkt vor.

20

Schließlich kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch nicht davon ausgegangen werden, dass die vorzeitige Dienstunfähigkeit in nennenswertem Umfang auf Krankheiten zurückzuführen ist, die man zum Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung hätte vorhersagen können (Nationaler Ethikrat, Prädiktive Gesundheitsinformationen bei Einstellungsuntersuchungen: Stellungnahme, 2005, S. 59). Regelmäßig geht die vorzeitige Dienstunfähigkeit daher auf erst nachträglich eintretende Umstände zurück.

21

Eine entsprechende Prognosebeurteilung setzt eine hinreichende Tatsachenbasis voraus. Die gegenwärtig vorhandene gesundheitliche Eignung kann wegen künftiger Entwicklungen nur verneint werden, wenn durch tatsächliche Anhaltspunkte belegt werden kann, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist.

22

Daher muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis für die Prognose auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen. Er muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und für die Erfüllung der beruflichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Dabei hat er verfügbare Erkenntnisse über den voraussichtlichen Verlauf chronischer Krankheiten auszuwerten und in Bezug zum gesundheitlichen Zustand des Bewerbers zu setzen.

23

Die medizinische Diagnose muss daher Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlage offenlegen. Auf dieser Grundlage hat sie unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG eigenverantwortlich zu beantworten (vgl. zur erforderlichen Prognosebasis auch BVerfG, Urteil vom 5. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 - BVerfGE 109, 133 <165>).

24

2. Die Verwaltungsgerichte haben über die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein; diesem steht insoweit kein Beurteilungsspielraum zu. Auch insoweit hält der Senat an seiner früheren Rechtsprechung nicht fest (vgl. Urteile 17. Mai 1962 - BVerwG 2 C 87.59 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 6 S. 14 f. und vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2).

25

Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG überträgt die Letztentscheidungsbefugnis für die Auslegung und Anwendung normativer Regelungen den Verwaltungsgerichten. Ein Beurteilungsspielraum der Verwaltung mit der Folge einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte muss zum einen normativ angelegt sein, d.h. sich durch Normauslegung ermitteln lassen. Zum anderen muss die Bestimmung des Bedeutungsgehalts einer Rechtsnorm so vage oder ihre fallbezogene Anwendung so schwierig sein, dass die gerichtliche Kontrolle wegen der hohen Komplexität oder der besonderen Dynamik der geregelten Materie an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung stößt. Es reicht nicht aus, dass eine rechtliche Würdigung auf der Grundlage eines komplexen Sachverhalts zu treffen ist. Hinzu kommen muss, dass die Gerichte die Aufgabe, die entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände festzustellen und rechtlich zu bewerten, selbst dann nicht bewältigen können, wenn sie im gebotenen Umfang auf die Sachkunde der Verwaltung zurückgreifen oder sich auf andere Weise sachverständiger Hilfe bedienen (BVerfG, Beschlüsse vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 und 213/83 - BVerfGE 84, 34 <49 f.> und vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <20 f.>; BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 33.08 - BVerwGE 134, 108 = Buchholz 240 § 58a BBesG Nr. 2 jeweils Rn. 11).

26

Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die Prognose der gesundheitlichen Eignung von Beamtenbewerbern nicht erfüllt:

27

Der Spielraum des Dienstherrn bei der Bestimmung der gesundheitlichen Anforderungen für eine Laufbahn rechtfertigt keine Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte bei der Beurteilung der daran anknüpfenden gesundheitlichen Eignung. Dabei ist der Gesundheitszustand des Beamtenbewerbers in Bezug zu den Anforderungen der Beamtenlaufbahn zu setzen. Es ist zu beurteilen, ob der Bewerber den Anforderungen genügt und ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich daran bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit überwiegender Wahrscheinlichkeit etwas ändert.

28

Wie dargestellt hat der Dienstherr die gesundheitliche Eignungsprognose auf der Grundlage einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass die Verwaltungsgerichte im Gegensatz zum Dienstherrn gehindert wären, sich auf dieser Grundlage ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes und die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen zu bilden. Dementsprechend ist anerkannt, dass dem Dienstherrn für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit als Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung eines Beamten in den Ruhestand kein Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. nur Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 14 f.)

29

Dagegen besteht für die vergleichende fachliche Eignung der Bewerber ein Beurteilungsspielraum des Dienstherrn, der vor allem die Gewichtung der leistungsbezogenen Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 45).

30

Der Senat kann auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht beurteilen, ob der Kläger gesundheitlich geeignet ist, um verbeamtet zu werden. Das Oberverwaltungsgericht wird nunmehr vor allem zu beurteilen haben, ob sich aufgrund der Multiplen Sklerose in der individuellen Situation des Klägers Anhaltspunkte ergeben, die den Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze überwiegend wahrscheinlich machen.

31

Im Falle seiner gesundheitlichen Eignung hat der Kläger einen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe als Studienrat, wenn er sich bei der Bewerberauswahl für eine Beamtenstelle als Studienrat aufgrund eines Leistungsvergleichs als der am besten geeignete Bewerber erweist. Hierfür muss der Beurteilungsspielraum des Dienstherrn zugunsten des Klägers auf Null reduziert sein. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass dieser Spielraum aufgrund des Erfahrungsvorsprungs, den der Kläger durch seine berufliche Praxis als Lehrer erworben hat, jedenfalls eingeschränkt ist. Auch insoweit wird das Oberverwaltungsgericht gegebenenfalls die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.

32

Der Verbeamtung steht nicht entgegen, dass der Kläger im Laufe des gerichtlichen Verfahrens die Höchstaltersgrenze für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe überschritten hat (§ 16 Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Laufbahnverordnung vom 30. März 2009 - NLVO - Nds. GVBl S. 118; geändert durch Verordnung vom 19. Mai 2010, Nds. GVBl S. 218). Zwar darf eine Verbeamtung nur vorgenommen werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Übernahme- oder Einstellungsanspruch vorliegen (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 11).

33

Nach § 16 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 NLVO können aber Ausnahmen von der Höchstaltersgrenze zugelassen werden, wenn sich der berufliche Werdegang eines Bewerbers aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen in einem Maß verzögert hat, das die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist angesichts der Tatsache, dass der Kläger seinen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis noch vor Überschreitung der Altersgrenze gestellt hatte, das insoweit bestehende Ermessen für die Gewährung einer Ausnahme von der Altersgrenze auf Null reduziert, sollte sich die Ablehnung als rechtswidrig erweisen (vgl. Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. jeweils Rn. 35).

34

3. Weitere Modifikationen der Eignungsanforderungen für Behinderte, die weder schwerbehindert noch schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind (§ 2 Abs. 3 SGB IX), sind verfassungsrechtlich nicht geboten.

35

Von dem vorstehend dargelegten Maßstab abweichende Erleichterungen für die Feststellung der gesundheitlichen Eignung von Beamtenbewerbern sind im nationalen Recht nur für schwerbehinderte Menschen vorgesehen. Nach § 128 Abs. 1 SGB IX sind die besonderen Vorschriften und Grundsätze für die Besetzung der Beamtenstellen so zu gestalten, dass die Einstellung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen gefördert und ein angemessener Anteil schwerbehinderter Menschen unter den Beamten erreicht wird. Dieser Gesetzgebungsauftrag ist von den Beamtengesetzgebern in Bund (vgl. § 9 Satz 2 BBG, § 5 Abs. 1 BLV) und Ländern aufgegriffen und in den Laufbahnverordnungen umgesetzt worden. Nach § 25 Nr. 13 NBG wird die Landesregierung ermächtigt, Ausgleichsmaßnahmen zugunsten von schwerbehinderten Menschen durch Verordnung zu regeln. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 der hierauf gestützten Laufbahnverordnung darf von schwerbehinderten Menschen bei der Einstellung nur das Mindestmaß körperlicher Eignung für die Wahrnehmung von Laufbahnaufgaben verlangt werden. In Nr. 3.4 der durch Beschluss der Landesregierung vom 9. November 2004 erlassenen Richtlinien zur gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Menschen am Berufsleben im öffentlichen Dienst (Nds. MBl 2004 S. 783) wird dies dahin konkretisiert, dass die Eignung von schwerbehinderten Menschen im Allgemeinen auch dann noch als gegeben angesehen werden kann, wenn sie nur für die Wahrnehmung bestimmter Dienstposten der betreffenden Laufbahn geeignet sind.

36

Während grundsätzlich bei der Einstellung von Beamten die körperliche Eignung für die gesamte Laufbahn mit allen zu ihr gehörenden Ämtern und den diesen zugeordneten Dienstposten zu verlangen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>; BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - BVerwG 2 VR 1.13 - juris Rn. 22 und 28 ff.), gilt dies bei Schwerbehinderten daher nicht. Hier wird nur das Mindestmaß körperlicher Eignung vorausgesetzt, so dass der Schwerbehinderte nicht für alle Dienstposten geeignet sein muss. Zu prüfen ist vielmehr, ob die körperliche Eignung ausreicht, um dem Bewerber irgendeine amtsangemessene Beschäftigung zuweisen zu können, die mit den dienstlichen Bedürfnissen in Einklang steht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Dezember 2008 - 2 BvR 2571/07 - BVerfGK 14, 492 <496 f.> = juris Rn. 12; BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 28; Zängl, in: GKÖD, Stand August 2013, K § 8 Rn. 82a; Lemhöfer, in: Lemhöfer/Leppek, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten, Stand August 2012, BLV 2009 § 5 Rn. 8).

37

Kann ein schwerbehinderter Bewerber auch diese Anforderungen nicht erfüllen, scheidet eine Übernahme in das Beamtenverhältnis aus. Dies gilt auch in Ansehung der Gewährleistung des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, weil die Ungleichbehandlung dann auf zwingenden Gründen beruht. Fehlen einer Person gerade aufgrund ihrer Behinderung bestimmte geistige oder körperliche Fähigkeiten, die unerlässliche Voraussetzung für die Wahrnehmung eines Rechts sind, liegt in der Verweigerung dieses Rechts kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfG, Beschluss vom 19. Januar 1999 - 1 BvR 2161/94 - BVerfGE 99, 341 <357>; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 5 C 16.10 - BVerwGE 139, 135 Rn. 20 zu § 7 Abs. 1 AGG).

38

Die unterschiedliche Behandlung von schwerbehinderten Menschen im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB IX - sowie ggf. der ihnen nach § 2 Abs. 3 SGB IX gleichgestellten behinderten Menschen - gegenüber anderen Behinderten in Bezug auf die Einstellung in ein Beamtenverhältnis ist mit Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG vereinbar.

39

Die Besserstellung knüpft an das sachlich gerechtfertigte Kriterium der höheren Schutzbedürftigkeit dieser Personen an und stellt darauf ab, dass sie infolge ihrer Behinderung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht oder nur schwieriger erlangen können. Es ist daher folgerichtig, gerade diesem Personenkreis besondere Fürsorge im Verfahren der Einstellung in ein Beamtenverhältnis zukommen zu lassen. Die Personengruppen der Schwerbehinderten einerseits und der weniger schwer behinderten Menschen andererseits weisen wesentliche Unterschiede in Bezug auf den Regelungsgegenstand auf, sodass eine Gleichbehandlung aus Rechtsgründen nicht geboten ist. Aus diesem Grunde sehen § 128 Abs. 1 SGB IX sowie die verfahrensbezogene Vorschrift in § 82 Satz 2 SGB IX eine Bevorzugung dieser Personengruppe im Einstellungsverfahren ausdrücklich vor.

40

Entsprechende Privilegierungen für Menschen, die zwar Funktionseinbußen zu erleiden haben, deren Schweregrad aber nicht zur Annahme einer Schwerbehinderung ausreicht und die schwerbehinderten Menschen auch nicht gleichgestellt sind, sind auch nicht geboten. Diesem Personenkreis fehlt es an der die Schutzbedürftigkeit begründenden eingeschränkten Vermittlungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt (vgl. § 2 Abs. 3 SGB IX). Eine Einbeziehung der weniger schwer behinderten Menschen in die Privilegierungen hätte überdies eine Entwertung der für schwerbehinderte Menschen vorgesehenen Erleichterungen zur Folge, weil sie die Erfolgschancen dieser Bewerber im Wettbewerb um die Vergabe öffentlicher Ämter verschlechtern würde.

41

4. Die Anwendung des allgemeinen Prognosemaßstabs und Prognosezeitraums auf behinderte Bewerber, die nicht schwerbehindert oder Schwerbehinderten gleichgestellt sind, ist mit der Richtlinie 2000/78/EG des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2000 - RL - (ABl EG Nr. L 303 S. 16) und dem diese Richtlinie umsetzenden Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 - AGG - (BGBl I S. 1897) vereinbar.

42

Es kann offenbleiben, ob auch behinderte Menschen, die weder schwerbehindert noch schwerbehinderten Menschen nach § 2 Abs. 3 SGB IX gleichgestellt sind, vom Begriff der Behinderung nach Art. 1 der RL erfasst werden. Wird dies bejaht, bewirkt die Anwendung des allgemeinen Prognosemaßstabs und Prognosezeitraums eine mittelbare Ungleichbehandlung dieser Gruppe (Art. 1, Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b und Art. 3 RL; § 7 i.V.m. § 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und § 3 Abs. 2 AGG).

43

Zwar knüpft die Prognose der gesundheitlichen Eignung nicht unmittelbar an die Behinderteneigenschaft an; vielmehr gelten die Anforderungen für behinderte und nicht behinderte Menschen gleichermaßen.

44

Dieser Personenkreis ist aber einem erhöhten Risiko ausgesetzt, wegen einer negativen gesundheitlichen Eignungsprognose nicht verbeamtet zu werden. Behinderungen haben regelmäßig zur Folge, dass die Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist oder Einschränkungen mit zunehmendem Alter zu erwarten sind. Dieses Risiko verwirklicht sich auch dann, wenn behinderten Bewerbern zwar nicht der Zugang zum Beruf, aber zu dessen Ausübung im Beamtenverhältnis verwehrt wird. Die mittelbare Ungleichbehandlung besteht hier darin, dass sich die Behinderung auf die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der RL (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG) auswirkt.

45

Die mittelbare Ungleichbehandlung stellt aber keine unionsrechtswidrige Diskriminierung dar, weil sie durch ein angemessenes Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (Art. 2 Abs. 2 Buchst. b RL). Die Auslegung dieser Vorschrift durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ist wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts für die Auslegung des inhaltsgleichen § 3 Abs. 2 AGG verbindlich.

46

Angemessene Ziele im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der RL können sich insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung ergeben; daneben kommt jedes weitere sozialpolitische Ziel in Betracht (EuGH, Urteil vom 13. September 2011 - Rs. C-447/09, Prigge u.a. - NJW 2011, 3209 Rn. 81). Die Mitgliedstaaten verfügen über einen weiten Spielraum bei der Wahl der Maßnahmen, die sie zur Erreichung eines angemessenen Ziels für erforderlich halten. Die Wahl kann auf politischen, wirtschaftlichen, sozialen, demografischen oder fiskalischen Erwägungen beruhen, wobei letztere für sich allein nicht ausreichen (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 - Rs. C-159/10 und 160/10, Fuchs und Köhler - NVwZ 2011, 1249 Rn. 61, 73 f. und 80 f.). Die Angemessenheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme ist nachgewiesen, wenn sie im Hinblick auf das verfolgte Ziel nicht unvernünftig erscheint und auf Beweismittel gestützt ist, deren Beweiskraft das nationale Gericht zu beurteilen hat (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 a.a.O. Rn. 83). Somit ist auch Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der RL Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Urteile vom 19. Februar 2009 - BVerwG 2 C 18.07 - BVerwGE 133, 143 = Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 6 jeweils Rn. 15 und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 44).

47

Das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestand der Beamten stellt ein angemessenes Ziel im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der RL dar. Dies folgt aus dem Zusammenhang zwischen der Dienstleistung der Beamten und den Versorgungsleistungen im Ruhestand. Wie oben dargelegt erdienen Beamte die lebenslange Versorgung während der aktiven Zeit. Die unionsrechtliche Anerkennung des daraus folgenden Interesses an einer adäquaten Lebensdienstzeit wird durch Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c der RL belegt, wonach Ungleichbehandlungen wegen des Alters insbesondere die Festlegung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand einschließen (Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. jeweils Rn. 45).

48

Die Anwendung der allgemeinen Prognose für die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern auf behinderte Bewerber, die weder schwerbehindert noch Schwerbehinderten gleichgestellt sind, stellt eine geeignete und erforderliche Maßnahme dar, um eine angemessene, die lebenslange Versorgung rechtfertigende Lebensdienstzeit sicherzustellen.

49

Der zeitliche Bezugspunkt der Prognoseentscheidung ist - vorbehaltlich einer gesetzlichen Regelung - durch das Lebenszeit- und Alimentationsprinzip vorgegeben. Die hauptberufliche Beschäftigung auf Lebenszeit und das hiermit korrespondierende Alimentationsprinzip sind prägende Strukturmerkmale des Berufsbeamtentums (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <263>). Sie bilden die Voraussetzung dafür, dass sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern, beitragen kann.

50

Das auf Lebenszeit angelegte Beamtenverhältnis, das Schutz vor Entlassung, amtsangemessene Besoldung und lebenslange Versorgung für den Beamten und seine Hinterbliebenen gewährleistet, rechtfertigt das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit des Beamten (Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. jeweils Rn. 16 sowie Rn. 45). Die Erhaltung einer unabhängigen Beamtenschaft stellt ein rechtmäßiges Ziel im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Ziff. i der RL dar. Darüber hinaus ist die Sicherung einer angemessenen Lebensdienstzeit auch aus fiskalischen Erwägungen geboten (vgl. zur Berücksichtigung der versicherungsmathematischen Bedeutung der Lebensarbeitszeit auch Art. 6 Abs. 2 der RL). Die Versorgungslast der pensionierten Beamten wird im Gegensatz zum umlagefinanzierten Rentenversicherungssystem in vollem Umfang aus dem Haushalt der Anstellungskörperschaft finanziert. Ein angemessenes Verhältnis zwischen aktiver Dienstzeit und Versorgungslast hat deshalb bei Beamten besonderes Gewicht.

51

Die Eignungsprognose mit dem dargestellten Inhalt ist auch eine verhältnismäßige Maßnahme zur Gewährleistung der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter.

52

Die Anforderung der gesundheitlichen Eignung ist erforderlich, weil andere Maßnahmen das Lebenszeitprinzip beeinträchtigen und daher nicht gleich wirksam im Hinblick auf das angestrebte Ziel sind.

53

Sie ist auch angemessen. Bei den Beamten typischerweise übertragenen hoheitlichen Tätigkeiten geht es um die Aufgabenbereiche des Funktionsvorbehalts aus Art. 33 Abs. 4 GG, deren Wahrnehmung - gerade im Interesse des gesetzesunterworfenen Bürgers - die besonderen Verlässlichkeits-, Stetigkeits- und Rechtsstaatlichkeitsgarantien des Beamtentums erfordern (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 a.a.O. S. 261). Die besonderen Anforderungen an die Art und Qualität der Aufgabenerfüllung in diesen sensiblen Bereichen lassen es nicht zu, Abstriche von den Eignungsanforderungen zu machen und Bewerber einzustellen, deren vorzeitige Dienstunfähigkeit schon jetzt wahrscheinlich ist (vgl. zur Berücksichtigung der Art der Aufgaben und dem Ermessen der Mitgliedstaaten bei der Organisation ihrer öffentlichen Verwaltung EuGH, Urteil vom 8. September 2011 - Rs. C-177/10 - Slg. 2011, I-7907 Rn. 69 und 76; zum Interesse, eingestellte Beamte über einen hinreichend langen Zeitraum verwenden zu können, auch Urteil vom 12. Januar 2010 - Rs. C-229/08 - Slg. 2010, I-1 Rn. 43). Soweit - wie für die in Rede stehende Berufsgruppe der Lehrer - auch eine Tätigkeit als Tarifbeschäftigter möglich ist, betrifft die Ungleichbehandlung überdies nicht die Berufsausübung selbst, sondern nur deren rechtliche Ausgestaltung.

54

5. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Ersatz des Schadens zu, den er durch die rechtswidrige Ablehnung seiner Bewerbung erlitten hat. Es fehlt an dem hierfür erforderlichen Verschulden der Beklagten.

55

Ein derartiger Anspruch folgt nicht aus § 15 Abs. 1 AGG, weil der hierfür erforderliche Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen nicht vorliegt. Wie dargelegt ist die Anwendung des - herabgestuften - allgemeinen Prognosemaßstabs für die gesundheitliche Eignung auf diese Bewerbergruppe nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Ziff. i der RL (§ 3 Abs. 2 AGG) gerechtfertigt.

56

Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht auch ein Verschulden der Beklagten verneint (§ 15 Abs. 1 Satz 2 AGG). Sie hatte im Zeitpunkt der Ablehnung der Bewerbung des Klägers keinen Anlass, eine Behinderung anzunehmen. Weder hatte der Amtsarzt entsprechende Diagnosen getroffen noch hatte der Kläger einen Feststellungsbescheid vorgelegt (vgl. Beschluss vom 7. April 2011 - BVerwG 2 B 79.10 - juris Rn. 5).

57

Das Verschuldenserfordernis ist auch mit den Vorgaben des Rechts der Europäischen Union vereinbar. Art. 17 der RL schreibt keine bestimmten Sanktionen vor (EuGH, Urteil vom 25. April 2013 - Rs. C-81/12 - juris Rn. 60). Festgelegt ist lediglich, dass die Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen. Diesen Anforderungen genügt das nationale Recht, das in § 15 AGG ein abgestuftes Sanktionssystem etabliert (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 38).

58

Nach § 15 Abs. 2 AGG werden Entschädigungsansprüche verschuldensunabhängig gewährt. Damit ist sichergestellt, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot auch im Falle fehlenden Verschuldens nicht sanktionslos bleibt. Die Sanktionsregelung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist daher nicht ineffektiv: sie greift auch dann, wenn ein Vertretenmüssen des Arbeitgebers nicht nachgewiesen werden kann (vgl. hierzu EuGH, Urteile vom 8. November 1990 - Rs. C-177/88 - Slg. 1990, I-3941 Rn. 24 und vom 22. April 1997 - Rs. C-180/95 - Slg. 1997, I-2195 Rn. 22 zur Richtlinie 76/207/EWG). Das Haftungsmodell des § 15 AGG differenziert aber. Während der Arbeitgeber sich im Falle eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot einer Entschädigungszahlung nicht entziehen kann, wird die Verpflichtung zum Ersatz des materiellen Schadens - der erheblich höhere Beträge umfassen kann - an das hierfür im deutschen Schadensrecht generell erforderliche Vertretenmüssen (vgl. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) gebunden. Diese Abstufung entspricht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit (Art. 17 Satz 2 RL). Es wiegt ungleich schwerer und bedarf abschreckenderer Sanktionen, wenn ein Arbeitgeber den Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot zu vertreten hat oder sogar absichtlich begeht. Musste er dagegen bei seiner Entscheidung nicht vom Vorliegen einer Behinderung ausgehen, kann die Beschränkung einer Haftung auf eine Entschädigung für immaterielle Schäden nicht als unverhältnismäßig bewertet werden.

59

Schließlich hat der Kläger den Anspruch nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG geltend gemacht (vgl. zur Zulässigkeit der Fristenregelung EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - Rs. C-246/09, Bulicke - Slg. 2010, I-7003; BAG, Urteil vom 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - NJW 2013, 555; BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 5 C 16.10 - BVerwGE 139, 135 Rn. 32 und Beschluss vom 16. April 2013 - BVerwG 2 B 145.11 - juris Rn. 10). Die Beklagte hatte die Bewerbung mit Schreiben vom 31. Oktober 2006 unter Hinweis auf die gesundheitliche Verfassung des Klägers abgelehnt. Der Schriftsatz vom 21. November 2007, in dem der Kläger Schadensersatz verlangte, ging offensichtlich nach Ablauf der gesetzlichen Zweimonatsfrist ein.

60

Dem Kläger steht auch kein Schadensersatz wegen Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG zu.

61

Dieser Anspruch steht auch einem Bewerber um die Verbeamtung zu, weil auch Einstellung und Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe an Art. 33 Abs. 2 GG zu messen sind. Ein Bewerber kann deshalb Ersatz des ihm durch Nichteinstellung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Amtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Bewerbers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, wenn diese Rechtsverletzung für die Nichteinstellung des Bewerbers kausal war und wenn der Bewerber es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45 jeweils Rn. 16).

62

Auch insoweit fehlt es an einem Verschulden der Beklagten. Neben der Unkenntnis von der Behinderung des Klägers, die ihr nicht vorgeworfen werden kann, entsprach der angewandte Prognosemaßstab für die gesundheitliche Eignung dem damaligen Stand von Rechtsprechung und Schrifttum (Urteile vom 25. Februar 2010 a.a.O. jeweils Rn. 26 und vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 40).

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

(1) Werden infolge von Landbeschaffungen Änderungen oder Neuordnungen von Gemeinde-, Schul- oder Kirchenverhältnissen oder von Anlagen im öffentlichen Interesse erforderlich, so trägt der Erwerber insoweit die Kosten, als die den öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen entstehenden Lasten und Nachteile nicht durch Vorteile ausgeglichen werden. § 4 Abs. 3 gilt sinngemäß.

(2) Werden infolge von Landbeschaffungen zur Beseitigung eines dringenden Wohnraumbedarfs Neubauten erforderlich, so hat der Bund die Erstellung des angemessenen Wohnraums zu gewährleisten.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Zur Entschädigung in Land (§ 1 Abs. 1 Nr. 3) oder zur Unterbringung von Personen, Betrieben und öffentlichen Einrichtungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 5) dürfen nicht enteignet werden

1.
a)
Grundstücke, die unmittelbar öffentlichen Zwecken oder der Wohlfahrtspflege, dem Unterricht, der Forschung, der Kranken- und Gesundheitspflege, der Erziehung und der Körperertüchtigung dienen oder zu dienen bestimmt oder unter Denkmalschutz gestellt oder als Naturschutzgebiete, Nationalparke, Naturdenkmale oder geschützte Landschaftsbestandteile ausgewiesen sind;
b)
Grundstücke der Gemeinden, die zur Sicherung der Durchführung der Bauleitplanung erforderlich sind;
c)
Grundstücke, deren Ertrag ausschließlich der Erfüllung der Aufgaben der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie deren Einrichtungen dient oder zu dienen bestimmt ist;
d)
Grundstücke von Betrieben des öffentlichen Verkehrs und der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wasser, Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Grundstücke mit Wassergewinnungsanlagen für die öffentliche Versorgung mit Wasser, Grundstücke mit Anlagen der Abwasserwirtschaft und Grundstücke im Bereich von Wasserschutzgebieten; dies gilt auch bei Enteignungen zu Zwecken des § 1 Abs. 1 Nr. 4;
2.
Grundstücke eines landwirtschaftlichen Kleinbetriebs oder eines bäuerlichen Betriebs, soweit der Betrieb zu seiner wirtschaftlichen Fortführung auf die Grundstücke angewiesen ist;
3.
Grundstücke, die aufgrund eines Pachtvertrages oder eines ähnlichen Nutzungsverhältnisses an Vertriebene oder Sowjetzonenflüchtlinge oder an Familienbetriebe zur Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz übergeben worden sind;
4.
Grundstücke, auf die der Eigentümer mit seiner Berufs- oder Erwerbstätigkeit angewiesen ist.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe und beansprucht ihre Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit.

2

Am 1. Dezember 1997 berief die Beklagte die 1964 geborene Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe. Mit Wirkung vom 1. April 2000 stellte sie die Klägerin an und ernannte sie zur Verwaltungsrätin. Die Klägerin leistete von Anfang 1999 bis Anfang Februar 2005 keinen Dienst. Sie befand sich nach der Geburt ihrer Kinder im Mutterschutz, im Erziehungsurlaub und in der Elternzeit.

3

Nach dem Ende der Elternzeit war die Klägerin von Anfang Februar 2005 bis Ende 2006 wegen der Folgewirkungen zweier Bandscheibenvorfälle dienstunfähig erkrankt. Im Hinblick hierauf verlängerte die Beklagte die Probezeit bis Mitte September 2007. Nachdem die Klägerin von Anfang Januar bis Anfang April 2007 im Rahmen ihrer stufenweisen Wiedereingliederung nur teilweise gearbeitet hatte, leistete sie ab April 2007 wieder vollständig Dienst.

4

Die Beklagte entließ die Klägerin mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Die gesundheitliche Eignung der Klägerin sei nicht nachgewiesen. Die bis zum Ablauf der Probezeit verbliebene Dienstzeit reiche nicht aus, um ihre gesundheitliche Eignung zuverlässig festzustellen.

5

In der Berufungsinstanz hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlich erfolgreiche Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

6

Die gerichtlich nur beschränkt überprüfbare prognostische Einschätzung der Beklagten, die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet, sei aufgrund der Beweisaufnahme nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei während ihrer verlängerten Probezeit nahezu zwei Jahre ununterbrochen dienstunfähig erkrankt gewesen. Zum einen habe die Klägerin ab Anfang 2005 mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten. Zum anderen hätten diese zu einem chronifizierten Schmerzsyndrom mit selbstständigem Krankheitswert geführt. Diese beiden Diagnosen schlössen eine positive gesundheitliche Eignungsprognose zum Ablauf der Probezeit der Klägerin aus.

7

Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 5. September 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Juni 2009 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 31 des Bundesbeamtengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 9. Juli 2001 (- BBG a.F. -, BGBl I S. 1510). Ob es sich aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht entscheiden.

10

1. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. kann ein Beamter auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) entlassen werden. Auch die fehlende gesundheitliche Eignung stellt einen Entlassungsgrund dar. Dies folgt zudem aus Art. 33 Abs. 2 GG, dessen Kriterien § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. übernimmt. Geeignet ist nach Art. 33 Abs. 2 GG nur derjenige, der dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, Beschlüsse vom 21. Februar 1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140 <151> und vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - Rn. 10 ). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O.).

11

Obwohl § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. davon spricht, dass ein Beamter auf Probe entlassen werden "kann", ist der Behörde hinsichtlich der Entlassung eines Probebeamten, der sich in der Probezeit nicht bewährt hat, kein Ermessen eröffnet. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 der Bundeslaufbahnordnung (- BLV a.F. -) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 2002 (BGBl I S. 2459) werden Beamtinnen und Beamte, die sich nicht bewährt haben, entlassen. Das Wort "kann" trägt lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die Probezeit, wie hier geschehen, zu verlängern ist, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist (Urteile vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 7 S. 6; vom 19. März 1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263 <271> = Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 9 S. 7 und vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 2 C 26.97 - BVerwGE 108, 64 <70> = Buchholz 111 Art. 20 EV Nr. 4 S. 15).

12

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Probebeamten ist der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung. Dies folgt aus dem materiellen Recht, das auch bestimmt zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (stRspr; vgl. Urteile vom 17. Oktober 1989 - BVerwG 9 C 58.88 - Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 8 S. 9, vom 31. März 2004 - BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f. und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 11).

13

Die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. über die Entlassung von Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) steht im Zusammenhang mit § 9 BBG a.F., der die Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit festlegt. Danach darf Beamter auf Lebenszeit u.a nur werden, wer sich als Laufbahnbewerber oder als anderer Bewerber (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BBG a.F.) in einer Probezeit bewährt hat. Ferner schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 BLV a.F. vor, dass vor Ablauf der Probezeit festgestellt wird, ob der Beamte sich bewährt hat.

14

Aus diesen Bestimmungen folgt, dass in die Entscheidung des Dienstherrn über die gesundheitliche Bewährung des Probebeamten, nur solche Umstände Eingang finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf dieser Zeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <150 ff.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5).

15

War die Erkrankung eines Probebeamten bereits vor der Begründung dieses Beamtenverhältnisses bekannt, so darf der Dienstherr die gesundheitliche Eignung des Beamten bei der anstehenden Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit nur dann im Hinblick auf diese Erkrankung verneinen, wenn sich die Grundlagen ihrer Bewertung inzwischen geändert haben. Bei unveränderter Sachlage ist der Dienstherr an seine Bewertung der gesundheitlichen Eignung vor Begründung des Probebeamtenverhältnisses gebunden.

16

a) Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, trotz der Anstellung der Klägerin zum 1. April 2000 habe die Beklagte zum Ablauf der verlängerten Probezeit Mitte September 2007 noch über deren gesundheitliche Eignung befinden können. Mit der Anstellung der Klägerin war nicht die Feststellung ihrer Bewährung in der Probezeit verbunden, die die gesundheitliche Eignung mit umfasst. Ist die Anstellung wegen Kindererziehungszeiten vorgezogen worden, so ist nach § 10 Abs. 3 Satz 6 BLV a.F. die vorgeschriebene Probezeit ungeachtet der Anstellung abzuleisten. Die Regel des § 10 Abs. 2 Satz 1 BLV a.F. findet dann keine Anwendung.

17

b) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagten stehe hinsichtlich der Frage der gesundheitlichen Eignung der Klägerin ein Beurteilungsspielraum zu, ist mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 33 Abs. 2 GG sowie § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. nicht vereinbar.

18

Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, um sich durch die erfolgreiche Ableistung der Probezeit zu bewähren, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest; subjektive Rechte der Beamten werden hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 12). Für die vergleichende fachliche Eignung der Bewerber steht dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu, der vor allem die Gewichtung der leistungsbezogenen Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 45).

19

Demgegenüber ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein. Insoweit sind die Voraussetzungen, unter denen eine Einschränkung der aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Letztentscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte für die Auslegung und Anwendung normativer Regelungen anzunehmen ist, nicht erfüllt (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff.).

20

Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Auf dieser Basis können sich die Verwaltungsgerichte im gleichen Maße ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung des Bewerbers und über die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen bilden wie die zuständige Behörde. Können die Verwaltungsgerichte mit sachkundiger Hilfe ihrer Aufgabe gerecht werden, die entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände festzustellen und rechtlich zu bewerten, besteht kein Anlass, die gerichtliche Kontrolldichte zugunsten der Verwaltung einzuschränken. Insoweit besteht eine Parallele zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Beamten als Voraussetzung für seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Auch hier steht der Behörde kein Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 14 f.)

21

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht jedoch nicht auf diesem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar im Obersatz davon ausgegangen, die Entscheidung der Beklagten über die gesundheitliche Eignung sei lediglich auf die Einhaltung der bei einem Beurteilungsspielraum allgemein anerkannten Grenzen überprüfbar. Im Gegensatz hierzu hat es aber zu deren Überprüfung eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt und aufgrund dieser die Begründung der Beklagten für die angebliche mangelnde gesundheitliche Eignung der Klägerin wesentlich ergänzt.

22

c) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht erfordere, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen, ist mit Art. 33 Abs. 2 GG und demnach mit § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. unvereinbar. Diesen Prognosemaßstab hat der Senat in Bezug auf die Bewertung der gesundheitlichen Eignung von solchen Bewerbern aufgegeben, die die Ernennung zum Probebeamten beanspruchen (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16). Gleiches muss für die Prognoseentscheidung gelten, ob Probebeamte für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich geeignet sind. Maßgeblich sind folgende Erwägungen:

23

Das Lebenszeit- und das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) verpflichten den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Dementsprechend kann der Dienstherr unter Berufung auf den gesundheitlichen Zustand des Bewerbers die Begründung eines Beamtenverhältnisses ablehnen, wenn absehbar ist, dass bei diesem das angemessene Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit voraussichtlich spürbar gestört sein wird. Dies ist der Fall, wenn der Beamte vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 21). Gleiches gilt, wenn der Beamte zwar die gesetzliche Altersgrenze im Dienst erreichen wird, es aber absehbar ist, dass er wegen einer chronischen Erkrankung voraussichtlich regelmäßig erhebliche dem Dienstherrn in der Gesamtheit nicht zumutbare Ausfallzeiten aufweisen wird. Die wahrscheinlich erwartbaren Fehlzeiten müssen in der Summe ein Ausmaß erreichen, das einer Pensionierung wegen Dienstunfähigkeit etliche Jahre vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gleichkommt. Es muss der Schluss gerechtfertigt sein, die Lebensdienstzeit sei erheblich verkürzt.

24

Der bisherige, vom Senat aufgegebene Prognosemaßstab stellt demgegenüber eine unverhältnismäßige Einschränkung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG auf Zugang zu einem öffentlichen Amt dar. Er hat in der Praxis dazu geführt, dass Bewerber und Probebeamte ohne Prüfung ihrer voraussichtlichen gesundheitlichen Entwicklung als ungeeignet angesehen worden sind, weil ihr Gesundheitszustand vom Regelzustand abgewichen ist oder sie in der Probezeit vorübergehend erkrankten. Dies ist insbesondere im Hinblick auf den langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraum und die Unsicherheit medizinischer Prognosen angesichts des Art. 33 Abs. 2 GG unverhältnismäßig.

25

Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, ist maßgeblich für die Prognose, ob der Bewerber dauernd dienstunfähig oder aufgrund einer chronischen Erkrankung regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen wird, die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Je nach Laufbahn kann sich die Prognose danach auf mehrere Jahrzehnte erstrecken. Die damit verbundenen Unwägbarkeiten werden noch durch die Komplexität von medizinisch fundierten Vorhersagen über den voraussichtlichen Verlauf einer Erkrankung verschärft. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt. Künftige Präventions- und Heilmethoden können zum Zeitpunkt der Eignungsprognose noch nicht in die Bewertung einbezogen werden. Vielfach ist auch die Wechselwirkung und damit Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwerwiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht. Zudem kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch nicht davon ausgegangen werden, der teilweise Ausfall der Lebensdienstzeit von Beamten sei in nennenswertem Umfang auf solche Krankheiten zurückzuführen, die zum Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung vorhersehbar waren. Vielmehr geht dies regelmäßig auf erst nachträglich eingetretene Umstände zurück (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16 ff.).

26

Daher kann der Dienstherr einem Bewerber die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn nur dann absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen (im Anschluss an das Urteil vom 25. Juli 2013). Dabei kann die gesundheitliche Eignung nur im Hinblick auf Erkrankungen, insbesondere chronische Erkrankungen verneint werden, nicht aber unter Berufung auf gesundheitliche Folgen, die mit dem allgemeinen Lebensrisiko, wie z.B. einem Unfall bei sportlichen Aktivitäten des Bewerbers, verbunden sind.

27

Ist zum Zeitpunkt der Begründung des Beamtenverhältnisses auf Probe oder auf Lebenszeit eine Erkrankung des Bewerbers bereits bekannt, so ist der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit des Bewerbers vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze oder von regelmäßigen und erheblichen Ausfallzeiten über Jahre hinweg überwiegend wahrscheinlich, wenn für die Richtigkeit dieser Annahme nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht maßgeblich in Betracht kommen.

28

Lassen sich vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit oder krankheitsbedingte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten nach Ausschöpfen der zugänglichen Beweisquellen weder feststellen noch ausschließen ("non liquet"), so geht dies zu Lasten des Dienstherrn. Denn die Voraussetzungen für die Annahme der mangelnden gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers im Sinne von § 31 Abs. 1 BBG a.F. sind nicht erfüllt.

29

Bloße Zweifel des Dienstherrn an der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers, die den genannten Anforderungen nicht genügen, sind dagegen unerheblich. Soweit der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung für die Annahme mangelnder gesundheitlicher Eignung des Bewerbers auch "nachhaltige Zweifel" des Dienstherrn, insbesondere aufgrund von erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten, hat ausreichen lassen, wird diese aufgegeben (Urteil vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2 und Beschluss vom 16. September 1986 - BVerwG 2 B 92.86 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 39 S. 16 m.w.N.). Auch bei längeren oder wiederkehrenden krankheitsbedingten Fehlzeiten während der Probezeit ist auf der Grundlage aussagekräftiger ärztlicher Stellungnahmen zu klären, ob der Beamte wegen der diesen Fehlzeiten zugrundeliegenden Erkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden muss. Gleiches gilt, wenn der Beamte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten aufweisen wird.

30

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Das individuelle Leistungsvermögen muss in Bezug zu den körperlichen Anforderungen der Dienstposten gesetzt werden, die den Statusämtern der betreffenden Laufbahn zugeordnet sind. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt.

31

Für die Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes des Bewerbers muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und seiner Verfassung erstellen. Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Auf dieser Grundlage hat er unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung eigenverantwortlich zu beantworten (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 23).

32

Als Grundlage für die vom Dienstherrn oder vom Gericht zu treffende Entscheidung über die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers reicht die nicht näher belegte Einschätzung eines Mediziners über den voraussichtlichen Verlauf der beim Bewerber bestehenden Erkrankung nicht aus. Sofern statistische Erkenntnisse über die gewöhnlich zu erwartende Entwicklung einer Erkrankung herangezogen werden sollen, sind diese nur verwertbar, wenn sie auf einer belastbaren Basis beruhen. Dafür muss über einen längeren Zeitraum hinweg eine signifikante Anzahl von Personen beobachtet worden sein. Zudem ist es bei der medizinischen Bewertung zu berücksichtigen, wenn der individuelle Krankheitsverlauf des Betroffenen Besonderheiten gegenüber den statistischen Erkenntnissen aufweist.

33

Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe die zuständige Behörde und das Gericht angewiesen sind, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Die Behörde muss - ebenso wie das Gericht - die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden. Im Hinblick auf die Verwertbarkeit der ärztlichen Stellungnahme muss geprüft werden, ob Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Arztes bestehen, dieser von zutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen ist und die entscheidungserheblichen Fragen plausibel und nachvollziehbar abgehandelt hat. Gegebenenfalls muss darauf hingewirkt werden, dass der Arzt seine Ausführungen ergänzt, oder es ist ein weiterer Arzt, insbesondere ein Facharzt, einzuschalten (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 f. und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11).

34

2. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann der Senat nicht entscheiden, ob die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Probezeit nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. gesundheitlich ungeeignet und deshalb zu entlassen war. Die mündlichen Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung, denen das Oberverwaltungsgericht gefolgt ist, sind nicht verwertbar. Diese gutachtliche Stellungnahme leidet an rechtserheblichen Mängeln.

35

Ein Sachverständigengutachten kann seine Aufgabe, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln, nicht erfüllen, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Urteil vom 19. Dezember 1968 - BVerwG 8 C 29.67 - BVerwGE 31, 149 <156>; Beschlüsse vom 10. März 1977 - BVerwG 6 B 38.76 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 21 S. 6 und vom 31. Oktober 2012 - BVerwG 2 B 33.12 - NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 34). Dies gilt auch für mündliche Darlegungen eines Sachverständigen zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens nach § 411 Abs. 3 ZPO.

36

Nach diesen Grundsätzen konnte das Oberverwaltungsgericht seine Einschätzung, die Klägerin sei gesundheitlich nicht geeignet und sei deshalb zu Recht entlassen worden, nicht auf die lediglich mündlichen Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung stützen. Die Stellungnahme des Gutachters beruht insoweit auf einer erkennbar unzureichenden tatsächlichen Grundlage.

37

Zum einen hat dieser bei seinen mündlichen Ausführungen zum chronifizierten Schmerzsyndrom der Klägerin nicht gewürdigt, dass die Schmerzbehandlung mit Botox ab September 2006 erfolgreich war. Nach der Niederschrift über die letzte Berufungsverhandlung hat der Gutachter dort selbst ausgeführt, seine Feststellung eines chronifizierten Schmerzsyndroms wäre unrichtig, wenn bei der Klägerin eine Therapieform nachhaltig angeschlagen hätte. Zum anderen hätte der Gutachter vor seiner entscheidenden Aussage zum Vorliegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms die Unterlagen des behandelnden Arztes einsehen müssen. Ohne Prüfung der Unterlagen über die intensive und lang andauernde Schmerztherapie war eine sachverständige Äußerung über das Schmerzsyndrom, das den Gutachter zur geänderten Beantwortung der ihm gestellten Beweisfrage veranlasst hat, nicht möglich.

38

Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr zu klären, ob die Klägerin zum Ablauf ihrer Probezeit neben der Bandscheibenerkrankung noch an einer weiteren Krankheit litt, die es in ihrer Gesamtheit als überwiegend wahrscheinlich machten, dass sie mit der Folge einer erheblich geringeren Lebensdienstzeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen sein oder über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen wird.

39

3. § 31 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. bestimmt, dass in dem hier gegebenen Fall des Satzes 1 Nr. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung § 42 Abs. 3 BBG a.F. sinngemäß anzuwenden ist. Auf diese Regelung, deren Verletzung zur Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung führt, ist das Oberverwaltungsgericht im angegriffenen Urteil nicht eingegangen.

40

Die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift über die Versetzung eines Lebenszeitbeamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit auf den Fall der Entlassung eines Probebeamten wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung muss der gegenüber § 42 Abs. 3 BBG a.F. geänderten Ausgangslage Rechnung tragen. Bei einem dauernd dienstunfähigen Lebenszeitbeamten soll entsprechend dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" von der Zurruhesetzung abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Demgegenüber kommt es für die anderweitige Verwendung eines Probebeamten darauf an, ob der Betroffene noch für einen ausreichend großen Teil der Dienstposten der gesamten bisherigen Laufbahn oder für eine andere Laufbahn, für die der Beamte die Befähigung besitzt oder voraussichtlich erwerben wird, mit insgesamt geringeren gesundheitlichen Anforderungen gesundheitlich geeignet ist. Die aus § 42 Abs. 3 BBG a.F. folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 25 ff.) besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist. Auch diese Frage hat das Oberverwaltungsgericht im erneuten Berufungsverfahren zu klären, falls es erneut zu dem Ergebnis kommt, der Klägerin fehle die gesundheitliche Eignung.

41

4. Wird die gesundheitliche Eignung der Klägerin festgestellt, so ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. für die Entscheidung der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung auch die fachliche Eignung der Klägerin während der Probezeit zu klären. Insoweit steht der Beklagten aber ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.

42

5. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Oberverwaltungsgericht auch über den gerichtlich geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit zu entscheiden haben, den es im angegriffenen Urteil nicht beschieden hat. Dieser Anspruch besteht, wenn feststeht, dass sich die Klägerin in der Probezeit bewährt hat.

43

Rechtsgrundlage dieses Anspruchs der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit ist § 9 Abs. 2 BBG a.F. (vgl. § 147 Abs. 2 Satz 1 BBG in der Fassung des Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. März 2012, BGBl I S. 462). Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBG a.F. ist ein Beamtenverhältnis auf Probe spätestens nach fünf Jahren in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, wenn der Beamte die beamtenrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt, d.h. wenn er sich bewährt hat. Ansonsten ist er zu entlassen. Nach Satz 2 verlängert sich die Frist um die Zeit einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge. Der Anspruch setzt neben den Anforderungen des § 7 BBG a.F. die Vollendung des 27. Lebensjahres sowie die Bewährung des Probebeamten in der Probezeit voraus. Dagegen ist nicht von Bedeutung, ob eine entsprechende Planstelle frei ist.

44

Die Probezeit dient der Klärung der Frage der Bewährung des Probebeamten. Während dieser Zeit hat der Beamte seine allseitige Eignung, unter Einschluss der gesundheitlichen Eignung, für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nachzuweisen. Entsprechend diesem Zweck der Probezeit und der ihm obliegenden Fürsorgepflicht ist der Dienstherr gehalten, unverzüglich nach ihrem Ablauf eine Entscheidung über die Bewährung des Beamten zu treffen (Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder Entlassung) und damit zugleich dem Beamten Klarheit über seinen künftigen Berufsweg zu verschaffen (Urteil vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 NdsLBG Nr. 7 S. 8).

45

Da für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit die Erkenntnisse bis zum Ablauf der Probezeit maßgeblich sind, ist der Beurteilungszeitpunkt des Verpflichtungsbegehrens mit dem der Anfechtungsklage gegen die Entlassungsverfügung identisch. Es können nur solche Umstände Eingang in die Entscheidung finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf der Probezeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <151 f.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5 m.w.N.).

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe und beansprucht ihre Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit.

2

Am 1. Dezember 1997 berief die Beklagte die 1964 geborene Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe. Mit Wirkung vom 1. April 2000 stellte sie die Klägerin an und ernannte sie zur Verwaltungsrätin. Die Klägerin leistete von Anfang 1999 bis Anfang Februar 2005 keinen Dienst. Sie befand sich nach der Geburt ihrer Kinder im Mutterschutz, im Erziehungsurlaub und in der Elternzeit.

3

Nach dem Ende der Elternzeit war die Klägerin von Anfang Februar 2005 bis Ende 2006 wegen der Folgewirkungen zweier Bandscheibenvorfälle dienstunfähig erkrankt. Im Hinblick hierauf verlängerte die Beklagte die Probezeit bis Mitte September 2007. Nachdem die Klägerin von Anfang Januar bis Anfang April 2007 im Rahmen ihrer stufenweisen Wiedereingliederung nur teilweise gearbeitet hatte, leistete sie ab April 2007 wieder vollständig Dienst.

4

Die Beklagte entließ die Klägerin mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Die gesundheitliche Eignung der Klägerin sei nicht nachgewiesen. Die bis zum Ablauf der Probezeit verbliebene Dienstzeit reiche nicht aus, um ihre gesundheitliche Eignung zuverlässig festzustellen.

5

In der Berufungsinstanz hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlich erfolgreiche Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

6

Die gerichtlich nur beschränkt überprüfbare prognostische Einschätzung der Beklagten, die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet, sei aufgrund der Beweisaufnahme nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei während ihrer verlängerten Probezeit nahezu zwei Jahre ununterbrochen dienstunfähig erkrankt gewesen. Zum einen habe die Klägerin ab Anfang 2005 mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten. Zum anderen hätten diese zu einem chronifizierten Schmerzsyndrom mit selbstständigem Krankheitswert geführt. Diese beiden Diagnosen schlössen eine positive gesundheitliche Eignungsprognose zum Ablauf der Probezeit der Klägerin aus.

7

Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 5. September 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Juni 2009 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 31 des Bundesbeamtengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 9. Juli 2001 (- BBG a.F. -, BGBl I S. 1510). Ob es sich aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht entscheiden.

10

1. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. kann ein Beamter auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) entlassen werden. Auch die fehlende gesundheitliche Eignung stellt einen Entlassungsgrund dar. Dies folgt zudem aus Art. 33 Abs. 2 GG, dessen Kriterien § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. übernimmt. Geeignet ist nach Art. 33 Abs. 2 GG nur derjenige, der dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, Beschlüsse vom 21. Februar 1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140 <151> und vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - Rn. 10 ). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O.).

11

Obwohl § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. davon spricht, dass ein Beamter auf Probe entlassen werden "kann", ist der Behörde hinsichtlich der Entlassung eines Probebeamten, der sich in der Probezeit nicht bewährt hat, kein Ermessen eröffnet. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 der Bundeslaufbahnordnung (- BLV a.F. -) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 2002 (BGBl I S. 2459) werden Beamtinnen und Beamte, die sich nicht bewährt haben, entlassen. Das Wort "kann" trägt lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die Probezeit, wie hier geschehen, zu verlängern ist, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist (Urteile vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 7 S. 6; vom 19. März 1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263 <271> = Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 9 S. 7 und vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 2 C 26.97 - BVerwGE 108, 64 <70> = Buchholz 111 Art. 20 EV Nr. 4 S. 15).

12

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Probebeamten ist der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung. Dies folgt aus dem materiellen Recht, das auch bestimmt zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (stRspr; vgl. Urteile vom 17. Oktober 1989 - BVerwG 9 C 58.88 - Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 8 S. 9, vom 31. März 2004 - BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f. und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 11).

13

Die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. über die Entlassung von Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) steht im Zusammenhang mit § 9 BBG a.F., der die Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit festlegt. Danach darf Beamter auf Lebenszeit u.a nur werden, wer sich als Laufbahnbewerber oder als anderer Bewerber (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BBG a.F.) in einer Probezeit bewährt hat. Ferner schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 BLV a.F. vor, dass vor Ablauf der Probezeit festgestellt wird, ob der Beamte sich bewährt hat.

14

Aus diesen Bestimmungen folgt, dass in die Entscheidung des Dienstherrn über die gesundheitliche Bewährung des Probebeamten, nur solche Umstände Eingang finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf dieser Zeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <150 ff.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5).

15

War die Erkrankung eines Probebeamten bereits vor der Begründung dieses Beamtenverhältnisses bekannt, so darf der Dienstherr die gesundheitliche Eignung des Beamten bei der anstehenden Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit nur dann im Hinblick auf diese Erkrankung verneinen, wenn sich die Grundlagen ihrer Bewertung inzwischen geändert haben. Bei unveränderter Sachlage ist der Dienstherr an seine Bewertung der gesundheitlichen Eignung vor Begründung des Probebeamtenverhältnisses gebunden.

16

a) Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, trotz der Anstellung der Klägerin zum 1. April 2000 habe die Beklagte zum Ablauf der verlängerten Probezeit Mitte September 2007 noch über deren gesundheitliche Eignung befinden können. Mit der Anstellung der Klägerin war nicht die Feststellung ihrer Bewährung in der Probezeit verbunden, die die gesundheitliche Eignung mit umfasst. Ist die Anstellung wegen Kindererziehungszeiten vorgezogen worden, so ist nach § 10 Abs. 3 Satz 6 BLV a.F. die vorgeschriebene Probezeit ungeachtet der Anstellung abzuleisten. Die Regel des § 10 Abs. 2 Satz 1 BLV a.F. findet dann keine Anwendung.

17

b) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagten stehe hinsichtlich der Frage der gesundheitlichen Eignung der Klägerin ein Beurteilungsspielraum zu, ist mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 33 Abs. 2 GG sowie § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. nicht vereinbar.

18

Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, um sich durch die erfolgreiche Ableistung der Probezeit zu bewähren, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest; subjektive Rechte der Beamten werden hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 12). Für die vergleichende fachliche Eignung der Bewerber steht dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu, der vor allem die Gewichtung der leistungsbezogenen Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 45).

19

Demgegenüber ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein. Insoweit sind die Voraussetzungen, unter denen eine Einschränkung der aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Letztentscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte für die Auslegung und Anwendung normativer Regelungen anzunehmen ist, nicht erfüllt (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff.).

20

Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Auf dieser Basis können sich die Verwaltungsgerichte im gleichen Maße ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung des Bewerbers und über die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen bilden wie die zuständige Behörde. Können die Verwaltungsgerichte mit sachkundiger Hilfe ihrer Aufgabe gerecht werden, die entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände festzustellen und rechtlich zu bewerten, besteht kein Anlass, die gerichtliche Kontrolldichte zugunsten der Verwaltung einzuschränken. Insoweit besteht eine Parallele zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Beamten als Voraussetzung für seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Auch hier steht der Behörde kein Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 14 f.)

21

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht jedoch nicht auf diesem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar im Obersatz davon ausgegangen, die Entscheidung der Beklagten über die gesundheitliche Eignung sei lediglich auf die Einhaltung der bei einem Beurteilungsspielraum allgemein anerkannten Grenzen überprüfbar. Im Gegensatz hierzu hat es aber zu deren Überprüfung eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt und aufgrund dieser die Begründung der Beklagten für die angebliche mangelnde gesundheitliche Eignung der Klägerin wesentlich ergänzt.

22

c) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht erfordere, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen, ist mit Art. 33 Abs. 2 GG und demnach mit § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. unvereinbar. Diesen Prognosemaßstab hat der Senat in Bezug auf die Bewertung der gesundheitlichen Eignung von solchen Bewerbern aufgegeben, die die Ernennung zum Probebeamten beanspruchen (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16). Gleiches muss für die Prognoseentscheidung gelten, ob Probebeamte für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich geeignet sind. Maßgeblich sind folgende Erwägungen:

23

Das Lebenszeit- und das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) verpflichten den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Dementsprechend kann der Dienstherr unter Berufung auf den gesundheitlichen Zustand des Bewerbers die Begründung eines Beamtenverhältnisses ablehnen, wenn absehbar ist, dass bei diesem das angemessene Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit voraussichtlich spürbar gestört sein wird. Dies ist der Fall, wenn der Beamte vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 21). Gleiches gilt, wenn der Beamte zwar die gesetzliche Altersgrenze im Dienst erreichen wird, es aber absehbar ist, dass er wegen einer chronischen Erkrankung voraussichtlich regelmäßig erhebliche dem Dienstherrn in der Gesamtheit nicht zumutbare Ausfallzeiten aufweisen wird. Die wahrscheinlich erwartbaren Fehlzeiten müssen in der Summe ein Ausmaß erreichen, das einer Pensionierung wegen Dienstunfähigkeit etliche Jahre vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gleichkommt. Es muss der Schluss gerechtfertigt sein, die Lebensdienstzeit sei erheblich verkürzt.

24

Der bisherige, vom Senat aufgegebene Prognosemaßstab stellt demgegenüber eine unverhältnismäßige Einschränkung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG auf Zugang zu einem öffentlichen Amt dar. Er hat in der Praxis dazu geführt, dass Bewerber und Probebeamte ohne Prüfung ihrer voraussichtlichen gesundheitlichen Entwicklung als ungeeignet angesehen worden sind, weil ihr Gesundheitszustand vom Regelzustand abgewichen ist oder sie in der Probezeit vorübergehend erkrankten. Dies ist insbesondere im Hinblick auf den langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraum und die Unsicherheit medizinischer Prognosen angesichts des Art. 33 Abs. 2 GG unverhältnismäßig.

25

Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, ist maßgeblich für die Prognose, ob der Bewerber dauernd dienstunfähig oder aufgrund einer chronischen Erkrankung regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen wird, die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Je nach Laufbahn kann sich die Prognose danach auf mehrere Jahrzehnte erstrecken. Die damit verbundenen Unwägbarkeiten werden noch durch die Komplexität von medizinisch fundierten Vorhersagen über den voraussichtlichen Verlauf einer Erkrankung verschärft. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt. Künftige Präventions- und Heilmethoden können zum Zeitpunkt der Eignungsprognose noch nicht in die Bewertung einbezogen werden. Vielfach ist auch die Wechselwirkung und damit Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwerwiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht. Zudem kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch nicht davon ausgegangen werden, der teilweise Ausfall der Lebensdienstzeit von Beamten sei in nennenswertem Umfang auf solche Krankheiten zurückzuführen, die zum Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung vorhersehbar waren. Vielmehr geht dies regelmäßig auf erst nachträglich eingetretene Umstände zurück (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16 ff.).

26

Daher kann der Dienstherr einem Bewerber die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn nur dann absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen (im Anschluss an das Urteil vom 25. Juli 2013). Dabei kann die gesundheitliche Eignung nur im Hinblick auf Erkrankungen, insbesondere chronische Erkrankungen verneint werden, nicht aber unter Berufung auf gesundheitliche Folgen, die mit dem allgemeinen Lebensrisiko, wie z.B. einem Unfall bei sportlichen Aktivitäten des Bewerbers, verbunden sind.

27

Ist zum Zeitpunkt der Begründung des Beamtenverhältnisses auf Probe oder auf Lebenszeit eine Erkrankung des Bewerbers bereits bekannt, so ist der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit des Bewerbers vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze oder von regelmäßigen und erheblichen Ausfallzeiten über Jahre hinweg überwiegend wahrscheinlich, wenn für die Richtigkeit dieser Annahme nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht maßgeblich in Betracht kommen.

28

Lassen sich vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit oder krankheitsbedingte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten nach Ausschöpfen der zugänglichen Beweisquellen weder feststellen noch ausschließen ("non liquet"), so geht dies zu Lasten des Dienstherrn. Denn die Voraussetzungen für die Annahme der mangelnden gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers im Sinne von § 31 Abs. 1 BBG a.F. sind nicht erfüllt.

29

Bloße Zweifel des Dienstherrn an der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers, die den genannten Anforderungen nicht genügen, sind dagegen unerheblich. Soweit der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung für die Annahme mangelnder gesundheitlicher Eignung des Bewerbers auch "nachhaltige Zweifel" des Dienstherrn, insbesondere aufgrund von erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten, hat ausreichen lassen, wird diese aufgegeben (Urteil vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2 und Beschluss vom 16. September 1986 - BVerwG 2 B 92.86 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 39 S. 16 m.w.N.). Auch bei längeren oder wiederkehrenden krankheitsbedingten Fehlzeiten während der Probezeit ist auf der Grundlage aussagekräftiger ärztlicher Stellungnahmen zu klären, ob der Beamte wegen der diesen Fehlzeiten zugrundeliegenden Erkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden muss. Gleiches gilt, wenn der Beamte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten aufweisen wird.

30

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Das individuelle Leistungsvermögen muss in Bezug zu den körperlichen Anforderungen der Dienstposten gesetzt werden, die den Statusämtern der betreffenden Laufbahn zugeordnet sind. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt.

31

Für die Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes des Bewerbers muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und seiner Verfassung erstellen. Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Auf dieser Grundlage hat er unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung eigenverantwortlich zu beantworten (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 23).

32

Als Grundlage für die vom Dienstherrn oder vom Gericht zu treffende Entscheidung über die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers reicht die nicht näher belegte Einschätzung eines Mediziners über den voraussichtlichen Verlauf der beim Bewerber bestehenden Erkrankung nicht aus. Sofern statistische Erkenntnisse über die gewöhnlich zu erwartende Entwicklung einer Erkrankung herangezogen werden sollen, sind diese nur verwertbar, wenn sie auf einer belastbaren Basis beruhen. Dafür muss über einen längeren Zeitraum hinweg eine signifikante Anzahl von Personen beobachtet worden sein. Zudem ist es bei der medizinischen Bewertung zu berücksichtigen, wenn der individuelle Krankheitsverlauf des Betroffenen Besonderheiten gegenüber den statistischen Erkenntnissen aufweist.

33

Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe die zuständige Behörde und das Gericht angewiesen sind, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Die Behörde muss - ebenso wie das Gericht - die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden. Im Hinblick auf die Verwertbarkeit der ärztlichen Stellungnahme muss geprüft werden, ob Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Arztes bestehen, dieser von zutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen ist und die entscheidungserheblichen Fragen plausibel und nachvollziehbar abgehandelt hat. Gegebenenfalls muss darauf hingewirkt werden, dass der Arzt seine Ausführungen ergänzt, oder es ist ein weiterer Arzt, insbesondere ein Facharzt, einzuschalten (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 f. und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11).

34

2. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann der Senat nicht entscheiden, ob die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Probezeit nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. gesundheitlich ungeeignet und deshalb zu entlassen war. Die mündlichen Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung, denen das Oberverwaltungsgericht gefolgt ist, sind nicht verwertbar. Diese gutachtliche Stellungnahme leidet an rechtserheblichen Mängeln.

35

Ein Sachverständigengutachten kann seine Aufgabe, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln, nicht erfüllen, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Urteil vom 19. Dezember 1968 - BVerwG 8 C 29.67 - BVerwGE 31, 149 <156>; Beschlüsse vom 10. März 1977 - BVerwG 6 B 38.76 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 21 S. 6 und vom 31. Oktober 2012 - BVerwG 2 B 33.12 - NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 34). Dies gilt auch für mündliche Darlegungen eines Sachverständigen zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens nach § 411 Abs. 3 ZPO.

36

Nach diesen Grundsätzen konnte das Oberverwaltungsgericht seine Einschätzung, die Klägerin sei gesundheitlich nicht geeignet und sei deshalb zu Recht entlassen worden, nicht auf die lediglich mündlichen Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung stützen. Die Stellungnahme des Gutachters beruht insoweit auf einer erkennbar unzureichenden tatsächlichen Grundlage.

37

Zum einen hat dieser bei seinen mündlichen Ausführungen zum chronifizierten Schmerzsyndrom der Klägerin nicht gewürdigt, dass die Schmerzbehandlung mit Botox ab September 2006 erfolgreich war. Nach der Niederschrift über die letzte Berufungsverhandlung hat der Gutachter dort selbst ausgeführt, seine Feststellung eines chronifizierten Schmerzsyndroms wäre unrichtig, wenn bei der Klägerin eine Therapieform nachhaltig angeschlagen hätte. Zum anderen hätte der Gutachter vor seiner entscheidenden Aussage zum Vorliegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms die Unterlagen des behandelnden Arztes einsehen müssen. Ohne Prüfung der Unterlagen über die intensive und lang andauernde Schmerztherapie war eine sachverständige Äußerung über das Schmerzsyndrom, das den Gutachter zur geänderten Beantwortung der ihm gestellten Beweisfrage veranlasst hat, nicht möglich.

38

Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr zu klären, ob die Klägerin zum Ablauf ihrer Probezeit neben der Bandscheibenerkrankung noch an einer weiteren Krankheit litt, die es in ihrer Gesamtheit als überwiegend wahrscheinlich machten, dass sie mit der Folge einer erheblich geringeren Lebensdienstzeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen sein oder über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen wird.

39

3. § 31 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. bestimmt, dass in dem hier gegebenen Fall des Satzes 1 Nr. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung § 42 Abs. 3 BBG a.F. sinngemäß anzuwenden ist. Auf diese Regelung, deren Verletzung zur Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung führt, ist das Oberverwaltungsgericht im angegriffenen Urteil nicht eingegangen.

40

Die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift über die Versetzung eines Lebenszeitbeamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit auf den Fall der Entlassung eines Probebeamten wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung muss der gegenüber § 42 Abs. 3 BBG a.F. geänderten Ausgangslage Rechnung tragen. Bei einem dauernd dienstunfähigen Lebenszeitbeamten soll entsprechend dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" von der Zurruhesetzung abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Demgegenüber kommt es für die anderweitige Verwendung eines Probebeamten darauf an, ob der Betroffene noch für einen ausreichend großen Teil der Dienstposten der gesamten bisherigen Laufbahn oder für eine andere Laufbahn, für die der Beamte die Befähigung besitzt oder voraussichtlich erwerben wird, mit insgesamt geringeren gesundheitlichen Anforderungen gesundheitlich geeignet ist. Die aus § 42 Abs. 3 BBG a.F. folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 25 ff.) besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist. Auch diese Frage hat das Oberverwaltungsgericht im erneuten Berufungsverfahren zu klären, falls es erneut zu dem Ergebnis kommt, der Klägerin fehle die gesundheitliche Eignung.

41

4. Wird die gesundheitliche Eignung der Klägerin festgestellt, so ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. für die Entscheidung der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung auch die fachliche Eignung der Klägerin während der Probezeit zu klären. Insoweit steht der Beklagten aber ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.

42

5. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Oberverwaltungsgericht auch über den gerichtlich geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit zu entscheiden haben, den es im angegriffenen Urteil nicht beschieden hat. Dieser Anspruch besteht, wenn feststeht, dass sich die Klägerin in der Probezeit bewährt hat.

43

Rechtsgrundlage dieses Anspruchs der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit ist § 9 Abs. 2 BBG a.F. (vgl. § 147 Abs. 2 Satz 1 BBG in der Fassung des Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. März 2012, BGBl I S. 462). Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBG a.F. ist ein Beamtenverhältnis auf Probe spätestens nach fünf Jahren in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, wenn der Beamte die beamtenrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt, d.h. wenn er sich bewährt hat. Ansonsten ist er zu entlassen. Nach Satz 2 verlängert sich die Frist um die Zeit einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge. Der Anspruch setzt neben den Anforderungen des § 7 BBG a.F. die Vollendung des 27. Lebensjahres sowie die Bewährung des Probebeamten in der Probezeit voraus. Dagegen ist nicht von Bedeutung, ob eine entsprechende Planstelle frei ist.

44

Die Probezeit dient der Klärung der Frage der Bewährung des Probebeamten. Während dieser Zeit hat der Beamte seine allseitige Eignung, unter Einschluss der gesundheitlichen Eignung, für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nachzuweisen. Entsprechend diesem Zweck der Probezeit und der ihm obliegenden Fürsorgepflicht ist der Dienstherr gehalten, unverzüglich nach ihrem Ablauf eine Entscheidung über die Bewährung des Beamten zu treffen (Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder Entlassung) und damit zugleich dem Beamten Klarheit über seinen künftigen Berufsweg zu verschaffen (Urteil vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 NdsLBG Nr. 7 S. 8).

45

Da für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit die Erkenntnisse bis zum Ablauf der Probezeit maßgeblich sind, ist der Beurteilungszeitpunkt des Verpflichtungsbegehrens mit dem der Anfechtungsklage gegen die Entlassungsverfügung identisch. Es können nur solche Umstände Eingang in die Entscheidung finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf der Probezeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <151 f.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5 m.w.N.).

Tenor

I.

Dem Kläger wird wegen der Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2010 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

IV.

Unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2010 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 6.177,73 € festgesetzt.

Gründe

I.

Dem Kläger war wegen der Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 4 Satz 2 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren.

1. Mit der Zustellung des Beschlusses, mit dem über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe entschieden worden ist, ist der Grund entfallen, der den Kläger im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO schuldlos an der Einhaltung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung und dessen Begründung gehindert hatte. Dabei steht der Wiedereinsetzung nicht entgegen, dass der Senat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 23. April 2013 - 3 ZB 11.403 - abgelehnt hat, weil er mit der Verneinung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils von der fehlenden Erfolgsaussicht in der Sache selbst ausgegangen ist. Auch wenn ein Prozesskostenhilfeantrag mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt worden ist, muss der unbemittelten Partei mittels der Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich der gleiche Zugang zu dem beabsichtigten Rechtsbehelfsverfahren wie Bemittelten eröffnet werden (vgl. BVerfG, B.v. 11.3.2011 - 1 BvR 290/10 - NJW 2010, 2567 - juris Rn. 14; vgl. Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 60 Rn. 4; Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: August 2012, § 60 Rn. 35; Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 1.10.2013, § 60 Rn. 13; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 60 Rn. 15; vgl. auch: BGH, B.v. 11.11.1992 - XII ZB 118/92, NJW 1993, 732 - juris Rn. 8 a.E.; BFH; B.v. 9.4.2013 - III B 247/11 - juris Rn. 14). Die Wiedereinsetzung ist danach zu gewähren, wenn sich der Kläger - wie hier - für bedürftig halten durfte und aus seiner Sicht alles Erforderliche getan hatte, damit aufgrund der von ihm eingereichten Unterlagen ohne Verzögerung über sein Prozesskostenhilfegesuch entschieden werden konnte (vgl. BVerfG, B.v. 11.3.2011 - 1 BvR 290/10 - NJW 2010, 2567 - juris Rn. 18).

Das Prozesskostenhilfegesuch war sachlich bescheidungsfähig, weil der Kläger die Zulassungsgründe soweit dargetan hat, wie dies ohne anwaltlichen Beistand möglich war. Zwar kann von dem anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten, der einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellt, nicht verlangt werden, dass er beispielsweise ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils darlegt oder den Verfahrensmangel in der Weise bezeichnet, wie dies gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO für die Begründung des Berufungszulassungsantrags selbst erforderlich wäre. Geboten ist aber, dass sich aus der fristgerecht vorgelegten Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs das Vorliegen eines Zulassungsgrundes zumindest in groben Zügen erkennen lässt (vgl. BVerwG, B.v. 4.5.2011 - 7 PKH 9/11- NVwZ-RR 2011, 621 - juris Rn. 2, zur vergleichbaren Situation eines Prozesskostenhilfeantrags bei der Nichtzulassungsbeschwerde; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 124a Rn. 42).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde rechtzeitig, nämlich vor Ablauf der Frist für den Zulassungsantrag gestellt. Weiter ließ sich dem Prozesskostenhilfegesuch vom 9. Februar 2011 mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass der Kläger zumindest ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung geltend machen wollte.

2. Der Kläger hat fristgerecht Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und innerhalb der einmonatigen Antragsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO die versäumte Rechtshandlung nachgeholt, § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO. Der ablehnende Prozesskostenhilfebeschluss wurde ihm am 4. Mai 2013 zugestellt, unter dem 14. Mai 2013 beantragte der Kläger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Zulassung der Berufung, am 4. Juni 2013 ging die Zulassungsbegründung bei Verwaltungsgerichtshof ein.

3. Der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand steht schließlich nicht entgegen, dass seit der Zustellung des Ersturteils am 10. Januar 2011 die Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO verstreichen ist. Die Versäumung dieser Frist führt nicht zur Unzulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags, wenn die Ursache in der Sphäre des Gerichts liegt (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.1992 - 5 B 50/92 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 177 - juris Rn. 3; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 60 Rn. 28; Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 1.10.2013, § 60 Rn. 34). Hier wurde über das Prozesskostenhilfegesuch vom 9. Februar 2011 erst am 23. April 2013 entschieden, so dass die Ausschlussfrist nicht anzuwenden ist (vgl. BAG, U.v. 2.7.1981 - 2 AZR 324/79) oder jedenfalls die Wiedereinsetzung aus Nachsicht zu gewähren ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 60 Rn. 28).

II.

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche Schwierigkeiten) und des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf zu Recht abgewiesen.

1. Es bestehen keine ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (z. B. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/547) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2010 - 7 AV 4/03 - DVBl 2004, 838/839). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Es begegnet keinen ernstlichen Zweifeln, dass das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der auf Art. 43 Abs. 1 BayBG (in der bis zum 31.3.2009 geltenden Fassung) gestützten Entlassung wegen fehlender gesundheitlicher Eignung bejaht und die Klage hiergegen abgewiesen hat.

Die vorgebrachten Zulassungsgründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung.

a. Der Kläger weist darauf hin, dass sich seine gesundheitliche Situation zwischen der Einstellungsuntersuchung und der Untersuchung am 3. Juni 2008 nicht geändert habe, was insbesondere durch die Bescheinigung des Augenarztes Dr. V. vom 6. Mai 2009 belegt sei.

Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der verfügten Entlassung ist die Sach- und Rechtslage zur Zeit des Erlasses der letzten Behördenentscheidung, hier also des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 29. Dezember 2008. Umstände, die erst danach eintreten, sind für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Entlassungsverfügung grundsätzlich unbeachtlich. Das trifft nur dann nicht zu, wenn sie einen Rückschluss auf den im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung vorliegenden Sachverhalt zulassen (vgl. BVerwG, U.v. 28.11. 1980 - 2 C 24.78 - BVerwGE 61, 200/209; BayVGH, B.v. 21.9.2009 - 3 B 05.1911 - juris für das Beamtenverhältnis auf Probe; OVG Münster, B.v. 19.2.2009 - 6 A 356/06 - juris für das Beamtenverhältnis auf Widerruf). Eine andere Beurteilung hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunkts ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juli 2013 - 2 C 12/11 - juris. Dort hatte das Bundesverwaltungsgericht unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass ein Beamtenbewerber gesundheitlich nur dann nicht geeignet ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist. Diese Entscheidung kann auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden, weil es nicht um eine Prognoseentscheidung hinsichtlich der Geeignetheit eines Beamtenbewerbers geht, sondern um die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit zu einem konkreten Zeitpunkt, hier dem 29. Dezember 2008. Dass keine Prognoseentscheidung bezogen auf die gesetzliche Altersgrenze, sondern allenfalls bezogen auf das Ende des Vorbereitungsdienstes bzw. eines absehbaren späteren Zeitpunkts (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 9.7.2013 - 3 CS 13.302 - juris Rn. 28) zu treffen ist, erklärt sich aus dem Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes; denn wenn der Widerrufsbeamte wegen seines Gesundheitszustandes nicht polizeidiensttauglich ist, kann der der Zweck des zeitlich befristeten Dienstverhältnisses nicht erreicht werden (vgl. BVerwG, B.v. 26.1.2010 - 2 B 47/09 - juris).

Welche Anforderungen an die gesundheitliche Eignung zu stellen sind, bestimmt der Dienstherr. Da der Polizeivollzugsdienst Tätigkeiten mit sich bringt, die in besonderem Maße körperliche Leistungsfähigkeit erfordern, ist es sachgerecht, bereits vom Polizeibeamten auf Widerruf ein hohes Maß an körperlicher Eignung zu verlangen und einen Eignungsmangel schon dann anzunehmen, wenn die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder Leistungsschwächen oder gar einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit nicht mit einem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 3.6.2004 - 2 B 52/03 - juris Rn. 5). Die bundeseinheitliche Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“ (PDV 300) interpretiert und konkretisiert die Anforderungen, denen Beamte des Polizeivollzugsdienstes in gesundheitlicher Hinsicht genügen müssen. In dieser Verwaltungsvorschrift sind die aufgrund besonderer Sachkunde gewonnenen, auf die spezifischen Anforderungen des Polizeidienstes zugeschnittenen ärztlichen Erfahrungswerte zusammengefasst. Ein Bewerber ist danach als „polizeidienstunfähig“ zu beurteilen, wenn ein oder mehrere Fehler festgestellt werden, die in der Anlage 1 zur PDV 300 unter einer Fehler-Nummer aufgeführt sind. Unter der Fehler-Nummer 5.1.2 der Anlage 1 zur PDV 300 heißt es, dass „Schielen, Augenmuskellähmungen, Nystagmus“ die „Einstellung“ ausschließen.

Das Attest des Augenfacharztes Dr. V. vom 6. Mai 2009 könnte also nur dann ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils begründen, wenn es die Bewertung von MedDir. Dr. M. vom polizeilichen Dienst (Gutachten vom 3. Juni 2008, ergänzende Stellungnahme vom 14. Juli 2009 und Vernehmung als sachverständiger Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht), die auf den augenfachärztlichen Stellungnahmen der Universitätsklinik R. vom 30. Mai 2008 basiert und eine „Schielstellung des rechten Auges (Exophorie) mit Auswirkungen auf das räumliche Sehvermögen. Dezenter Nystagmus“ diagnostiziert hatte (S. 7 des polizeilichen Gutachtens), in der Retrospektive ernstlich in Frage stellen könnte. Das ist jedoch nicht der Fall. Das Attest setzt sich weder mit dem polizeiärztlichen Gutachten und der Frage der Polizeidienstfähigkeit auseinander, noch trifft es eine Aussage zur Polizeidienstfähigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt. Dr. V. bestätigt lediglich kurz handschriftlich, dass am 6. Mai 2009 unter Anwendung des sog. Titmus-Tests ein räumliches Sehvermögen des Klägers festgestellt werden konnte. Da das Attest nach eigenem Verständnis nur einen ad hoc Zustand beschreibt, ist es in Hinblick auf den hier interessierenden Zeitpunkt im Dezember 2008 ohne jeglichen Beweiswert und kann maßgebliche Feststellungen für diesen Zeitpunkt nicht in Frage stellen. Im Übrigen wird der sog. Titmus-Test bei Mehrfachuntersuchungen von den Probanden relativ schnell beherrscht bzw. ist erlernbar (vgl. Aussage des sachverständigen Zeugen MedDir. Dr. M. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, Sitzungsniederschrift vom 21. September 2009, S. 4), so dass die fachliche Aussage des Attests bereits aus diesem Grund nur eingeschränkte Aussagekraft haben kann.

b. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben des Universitätsklinikums T. vom 29. August 2013. In der zusammenfassenden Beurteilung wird zwar festgestellt, dass das Stereosehen ausführlich mittels dreier verschiedener Tests untersucht worden sei und einen regelrechten Befund ergeben habe. Aber auch diese Bestätigung befasst sich nicht mit dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt und rechtfertigt nicht den Rückschluss, dass wenn heute alles regelrecht sei, dies auch im Dezember 2008 so gewesen sein müsse, zumal die Stellungnahme unter dem Vorbehalt eines weiteren Gutachtens mit einer „dann ganz genauen Analyse des Binokularsehens“ steht und damit keine abschließende, sondern eine nur vorläufige Bewertung darstellt.

c. Aus der Sicht des Klägers lässt die Stellungnahme von MedDir. Dr. M. vom 3. September 2010 die erforderliche Objektivität missen. Soweit er dies damit begründet, dass MedDir. Dr. M. in seinem Gutachten (= Bl. 81 ff. der VG-Akte Az. M 5 K 09.389) auf Seite vier ausführt, dass, sollten Zweifel an den entsprechenden polizeiärztlichen Entscheidungen bzw. dem externen Befundbericht der Universitätsklinik R. bestehen, durchaus eine erneute augenfachärztliche Begutachtung durch eine weitere anerkannte Kapazität auf diesem Gebiet mit konkreten Fragestellungen insbesondere zur Qualität des räumlichen Sehvermögens für den Polizeivollzugsdienst angeregt werde, aber gleichwohl betont, dass er eine solche Untersuchung im Hinblick auf die hier bekannten Ergebnisse für eigentlich entbehrlich halte, kann der Senat mit dem Kläger keine Voreingenommenheit erkennen, sondern das Gegenteil: Die Eröffnung der Möglichkeit eines weiteren Sachverständigengutachtens spricht für die Objektivität und Ergebnisoffenheit des Gutachters.

Im Übrigen geht die Rechtsprechung davon aus, dass der beamtete Arzt stets neutral und unabhängig ist. Im Gegensatz zu einem Privatarzt, der womöglich bestrebt ist, das Vertrauen des Patienten zu ihm zu erhalten, nimmt der Amtsarzt seine Beurteilung von seiner Aufgabenstellung her unbefangen und unabhängig vor. Er steht Dienstherrn und Beamten gleichermaßen fern (vgl. BVerwG, U.v. 9.10.2002 - 1 D 3.02 - juris). Darüber hinaus sind die in der Regel besseren Kenntnisse des beamteten Arztes hinsichtlich der Belange der öffentlichen Verwaltung und der von dem Beamten zu verrichtenden Tätigkeiten sowie seine größere Erfahrung bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit maßgebend. Für Gutachten, in denen Fragen des Dienstrechts aus medizinischer Sicht zu beurteilen sind, ist ein spezieller Sachverstand erforderlich, der einerseits auf der Kenntnis der Belange der öffentlichen Verwaltung, andererseits auf der Erfahrung aus einer Vielzahl von gleich oder ähnlich liegenden Fällen beruht (vgl. OVG Koblenz, U.v. 22.5.2013 - 2 A 11083 - juris Rn. 34).

d. Der Kläger trägt vor, dass ihm weder das polizeiärztliche Gutachten, noch die diesem zugrundeliegenden Feststellungen der Universitätsklinik R. bekannt gewesen seien, mit der Folge, dass diese der Universitätsklinik E. im April 2012 nicht zur Verfügung gestellt werden konnten. Die Universitätsklinik E. habe sich deshalb in dem Arztbrief vom 20. April 2012 mit den beiden Gutachten/Stellungnahmen nicht auseinandersetzen können.

Auch damit kann er keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils darlegen.

Das ärztliche Attest der Universitätsklinik E. befasst sich zum einen nicht mit der entscheidenden Frage der Polizeidienstfähigkeit des Klägers im Dezember 2008; vielmehr beziehen sich die Befunde der Universitätsklinik E. nur auf den Zeitpunkt der dortigen Untersuchung im April 2012. Zum anderen hat es der Kläger versäumt, sich das polizeiärztliche Gutachten vom 3. Juni 2008 bzw. den Bericht des Universitätsklinikums R. vom 30. Mai 2008 bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu beschaffen. Der Kläger muss sich dieses Versäumnis zurechnen lassen, zumal er mit der Vorlage des Arztbriefes vom 20. April 2012 die Feststellungen des Verwaltungsgerichts durch ein Gegengutachten zu erschüttern sucht und sich damit in einer eigenverantwortlichen Sphäre bewegt, bei der etwaige Versäumnisses ihm zuzurechnen sind und per se keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen können.

Der Kläger hat zwar im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Akteneinsicht beantragt (vgl. Klagebegründung vom 25.5.2009, Bl. 50 der VG-Akte), über die nicht entschieden worden ist, was grundsätzlichen einen wesentlichen Verfahrensmangel und damit einen Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO darstellen kann (vgl. Eyermann, VwGO, 10. Auflage 2013, § 100 Rn. 17; Beck‘scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 1.10.2013, § 60 Rn. 31). Der Kläger kann sich aber auf die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht berufen, weil er insoweit sein Rügerecht verloren hat. Er hat nichts unternommen, um sich das rechtliche Gehör zu verschaffen. Er hat nach der beantragten Akteneinsicht repliziert (Schriftsatz vom 12.4.2010, Bl. 65 der VG-Akte) und auch in der mündlichen Verhandlung am 21. September 2010 trotz anwaltlicher Vertretung nicht die Versagung der Akteneinsicht gerügt (vgl. zum Verlust des Rügerechts: BVerfG, B.v.13.4.2010 - 1 BvR 3515 - NVwZ 2010, 954 - juris Rn. 44 ff.; Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 1.10.2013, § 60 Rn. 84 und 84.1; VGH Mannheim, B.v. 4.7.1997 - 13 S 973/97 - NVwZ-RR 1998, 687 - juris Rn. 4).

2. Auch der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht gegeben.

Der Kläger trägt besondere tatsächliche Schwierigkeiten vor. Besondere tatsächliche Schwierigkeiten einer Rechtssache entstehen durch einen besonders unübersichtlichen und/oder einen schwierig zu ermittelnden Sachverhalt (vgl. Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 124 Rn. 33).

Inwieweit die Rechtssache besondere tatsächliche Schwierigkeiten aufweisen soll, wird nicht schlüssig erläutert. Der Kläger trägt vor, die Beurteilung der Frage, ob dem Kläger die gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst fehle, sei komplex und nur mit Hilfe besonderen Sachverstandes zu verstehen. Das rechtfertigt nicht die Annahme besonderer tatsächlicher Schwierigkeiten. Der Sachverhalt ist, soweit entscheidungserheblich, überschaubar und die vorliegenden medizinischen Stellungnahmen lassen sich eindeutig bewerten. Sie wurden auch nicht substanziell in Frage gestellt.

3. Auch ein Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, der sich aus mangelnder Sachaufklärung ergeben würde, weil das Verwaltungsgericht kein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt hat, ist zu verneinen. Dem Gericht, das die seiner Entscheidung zugrunde gelegten Ausführungen des Sachverständigen MedDir. Dr. M. für schlüssig und überzeugend erachtet hat, musste sich aus seiner Sicht eine weitere Sachaufklärung durch eine neue Begutachtung nicht aufdrängen. Außerdem hat der auch in der mündlichen Verhandlung anwaltschaftlich vertretene Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift keinen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt (s. auch Eyermann, VwGO, 13. Aufl., § 86 Rn. 10). Eine weitere Beweiserhebung durch das Verwaltungsgericht war somit nicht veranlasst.

Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, B.v. 13.6.2012 - 4 B 12/12 - juris Rn. 4).

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Festsetzung des Streitwert bemisst sich nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) in der Fassung der Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004, BGBl. I 718. Die mit dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013, BGBl. I 2586, zum 1. August 2013 in Kraft getretene Fassung des Gerichtskostengesetzes kommt nicht zur Anwendung, da nach der insoweit einschlägigen Übergangsvorschrift in § 134 des 2. KostRMoG in gerichtlichen Verfahren, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden sind, die Kosten nach bisherigem Recht erhoben werden. Dies gilt nach Satz 2 nicht im Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden ist. Hier wurde der Antrag auf Zulassung der Berufung unter dem 14. Mai 2013 gestellt, so dass das Gerichtskostengesetz in der Fassung vor dem 1. August 2013 Anwendung findet.

Danach beruht die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 GKG in der Fassung der Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (6,5-facher Anwärtergrundbetrag; Gegenstand des Antragsverfahrens: Beendigung eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf). Der Streitwertbeschluss des Verwaltungsgerichts war daher abzuändern. Die Befugnis des Verwaltungsgerichtshofs, den Streitwertansatz der Vorinstanz zu ändern, folgt aus § 63 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

(1) Werden infolge von Landbeschaffungen Änderungen oder Neuordnungen von Gemeinde-, Schul- oder Kirchenverhältnissen oder von Anlagen im öffentlichen Interesse erforderlich, so trägt der Erwerber insoweit die Kosten, als die den öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen entstehenden Lasten und Nachteile nicht durch Vorteile ausgeglichen werden. § 4 Abs. 3 gilt sinngemäß.

(2) Werden infolge von Landbeschaffungen zur Beseitigung eines dringenden Wohnraumbedarfs Neubauten erforderlich, so hat der Bund die Erstellung des angemessenen Wohnraums zu gewährleisten.

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

Im Sinne dieses Gesetzes

1.
ist genetische Untersuchung eine auf den Untersuchungszweck gerichtete
a)
genetische Analyse zur Feststellung genetischer Eigenschaften oder
b)
vorgeburtliche Risikoabklärung
einschließlich der Beurteilung der jeweiligen Ergebnisse,
2.
ist genetische Analyse eine auf die Feststellung genetischer Eigenschaften gerichtete Analyse
a)
der Zahl und der Struktur der Chromosomen (zytogenetische Analyse),
b)
der molekularen Struktur der Desoxyribonukleinsäure oder der Ribonukleinsäure (molekulargenetische Analyse) oder
c)
der Produkte der Nukleinsäuren (Genproduktanalyse),
3.
ist vorgeburtliche Risikoabklärung eine Untersuchung des Embryos oder Fötus, mit der die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen bestimmter genetischer Eigenschaften mit Bedeutung für eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung des Embryos oder Fötus ermittelt werden soll,
4.
sind genetische Eigenschaften ererbte oder während der Befruchtung oder bis zur Geburt erworbene, vom Menschen stammende Erbinformationen,
5.
ist verantwortliche ärztliche Person die Ärztin oder der Arzt, die oder der die genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken vornimmt,
6.
ist genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken eine diagnostische oder eine prädiktive genetische Untersuchung,
7.
ist eine diagnostische genetische Untersuchung eine genetische Untersuchung mit dem Ziel
a)
der Abklärung einer bereits bestehenden Erkrankung oder gesundheitlichen Störung,
b)
der Abklärung, ob genetische Eigenschaften vorliegen, die zusammen mit der Einwirkung bestimmter äußerer Faktoren oder Fremdstoffe eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung auslösen können,
c)
der Abklärung, ob genetische Eigenschaften vorliegen, die die Wirkung eines Arzneimittels beeinflussen können, oder
d)
der Abklärung, ob genetische Eigenschaften vorliegen, die den Eintritt einer möglichen Erkrankung oder gesundheitlichen Störung ganz oder teilweise verhindern können,
8.
ist prädiktive genetische Untersuchung eine genetische Untersuchung mit dem Ziel der Abklärung
a)
einer erst zukünftig auftretenden Erkrankung oder gesundheitlichen Störung oder
b)
einer Anlageträgerschaft für Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen bei Nachkommen,
9.
ist genetische Reihenuntersuchung eine genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken, die systematisch der gesamten Bevölkerung oder bestimmten Personengruppen in der gesamten Bevölkerung angeboten wird, ohne dass bei der jeweiligen betroffenen Person notwendigerweise Grund zu der Annahme besteht, sie habe die genetischen Eigenschaften, deren Vorhandensein mit der Untersuchung geklärt werden soll,
10.
ist genetische Probe biologisches Material, das zur Verwendung für genetische Analysen vorgesehen ist oder an dem solche Analysen vorgenommen wurden,
11.
sind genetische Daten die durch eine genetische Untersuchung oder die im Rahmen einer genetischen Untersuchung durchgeführte genetische Analyse gewonnenen Daten über genetische Eigenschaften,
12.
sind Beschäftigte
a)
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
b)
die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,
c)
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung (Rehabilitanden),
d)
die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen Beschäftigten,
e)
Personen, die nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz beschäftigt werden,
f)
Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten,
g)
Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist,
13.
sind Arbeitgeber (Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber) natürliche oder juristische Personen oder rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Nummer 12 beschäftigen, bei in Heimarbeit Beschäftigten und den ihnen Gleichgestellten die Auftraggeber oder Zwischenmeister oder bei Beschäftigten, die einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen werden, auch die Dritten.

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

Im Sinne dieses Gesetzes

1.
ist genetische Untersuchung eine auf den Untersuchungszweck gerichtete
a)
genetische Analyse zur Feststellung genetischer Eigenschaften oder
b)
vorgeburtliche Risikoabklärung
einschließlich der Beurteilung der jeweiligen Ergebnisse,
2.
ist genetische Analyse eine auf die Feststellung genetischer Eigenschaften gerichtete Analyse
a)
der Zahl und der Struktur der Chromosomen (zytogenetische Analyse),
b)
der molekularen Struktur der Desoxyribonukleinsäure oder der Ribonukleinsäure (molekulargenetische Analyse) oder
c)
der Produkte der Nukleinsäuren (Genproduktanalyse),
3.
ist vorgeburtliche Risikoabklärung eine Untersuchung des Embryos oder Fötus, mit der die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen bestimmter genetischer Eigenschaften mit Bedeutung für eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung des Embryos oder Fötus ermittelt werden soll,
4.
sind genetische Eigenschaften ererbte oder während der Befruchtung oder bis zur Geburt erworbene, vom Menschen stammende Erbinformationen,
5.
ist verantwortliche ärztliche Person die Ärztin oder der Arzt, die oder der die genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken vornimmt,
6.
ist genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken eine diagnostische oder eine prädiktive genetische Untersuchung,
7.
ist eine diagnostische genetische Untersuchung eine genetische Untersuchung mit dem Ziel
a)
der Abklärung einer bereits bestehenden Erkrankung oder gesundheitlichen Störung,
b)
der Abklärung, ob genetische Eigenschaften vorliegen, die zusammen mit der Einwirkung bestimmter äußerer Faktoren oder Fremdstoffe eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung auslösen können,
c)
der Abklärung, ob genetische Eigenschaften vorliegen, die die Wirkung eines Arzneimittels beeinflussen können, oder
d)
der Abklärung, ob genetische Eigenschaften vorliegen, die den Eintritt einer möglichen Erkrankung oder gesundheitlichen Störung ganz oder teilweise verhindern können,
8.
ist prädiktive genetische Untersuchung eine genetische Untersuchung mit dem Ziel der Abklärung
a)
einer erst zukünftig auftretenden Erkrankung oder gesundheitlichen Störung oder
b)
einer Anlageträgerschaft für Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen bei Nachkommen,
9.
ist genetische Reihenuntersuchung eine genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken, die systematisch der gesamten Bevölkerung oder bestimmten Personengruppen in der gesamten Bevölkerung angeboten wird, ohne dass bei der jeweiligen betroffenen Person notwendigerweise Grund zu der Annahme besteht, sie habe die genetischen Eigenschaften, deren Vorhandensein mit der Untersuchung geklärt werden soll,
10.
ist genetische Probe biologisches Material, das zur Verwendung für genetische Analysen vorgesehen ist oder an dem solche Analysen vorgenommen wurden,
11.
sind genetische Daten die durch eine genetische Untersuchung oder die im Rahmen einer genetischen Untersuchung durchgeführte genetische Analyse gewonnenen Daten über genetische Eigenschaften,
12.
sind Beschäftigte
a)
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
b)
die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,
c)
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung (Rehabilitanden),
d)
die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen Beschäftigten,
e)
Personen, die nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz beschäftigt werden,
f)
Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten,
g)
Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist,
13.
sind Arbeitgeber (Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber) natürliche oder juristische Personen oder rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Nummer 12 beschäftigen, bei in Heimarbeit Beschäftigten und den ihnen Gleichgestellten die Auftraggeber oder Zwischenmeister oder bei Beschäftigten, die einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen werden, auch die Dritten.

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

Zweck dieses Gesetzes ist es, die Voraussetzungen für genetische Untersuchungen und im Rahmen genetischer Untersuchungen durchgeführte genetische Analysen sowie die Verwendung genetischer Proben und Daten zu bestimmen und eine Benachteiligung auf Grund genetischer Eigenschaften zu verhindern, um insbesondere die staatliche Verpflichtung zur Achtung und zum Schutz der Würde des Menschen und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu wahren.

(1) Niemand darf wegen seiner oder der genetischen Eigenschaften einer genetisch verwandten Person, wegen der Vornahme oder Nichtvornahme einer genetischen Untersuchung oder Analyse bei sich oder einer genetisch verwandten Person oder wegen des Ergebnisses einer solchen Untersuchung oder Analyse benachteiligt werden.

(2) Die Geltung von Benachteiligungsverboten oder Geboten der Gleichbehandlung nach anderen Vorschriften und Grundsätzen wird durch dieses Gesetz nicht berührt. Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Vorschriften, die dem Schutz bestimmter Personengruppen dienen.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

(1) Der Aufnahme in die Satzung bedürfen Bestimmungen, nach welchen:

1.
die Genossenschaft auf eine bestimmte Zeit beschränkt wird;
2.
Erwerb und Fortdauer der Mitgliedschaft an den Wohnsitz innerhalb eines bestimmten Bezirks geknüpft wird;
3.
das Geschäftsjahr, insbesondere das erste, auf ein mit dem Kalenderjahr nicht zusammenfallendes Jahr oder auf eine kürzere Dauer als auf ein Jahr bemessen wird;
4.
die Generalversammlung über bestimmte Gegenstände nicht mit einfacher, sondern mit einer größeren Mehrheit oder nach weiteren Erfordernissen beschließen kann;
5.
die Ausdehnung des Geschäftsbetriebes auf Personen, welche nicht Mitglieder der Genossenschaft sind, zugelassen wird.

(2) Die Satzung kann bestimmen, dass Personen, die für die Nutzung oder Produktion der Güter und die Nutzung oder Erbringung der Dienste der Genossenschaft nicht in Frage kommen, als investierende Mitglieder zugelassen werden können. Sie muss durch geeignete Regelungen sicherstellen, dass investierende Mitglieder die anderen Mitglieder in keinem Fall überstimmen können und dass Beschlüsse der Generalversammlung, für die nach Gesetz oder Satzung eine Mehrheit von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen vorgeschrieben ist, durch investierende Mitglieder nicht verhindert werden können; zu diesem Zweck kann die Satzung das Stimmrecht investierender Mitglieder auch ganz ausschließen. Die Zulassung eines investierenden Mitglieds bedarf der Zustimmung der Generalversammlung; abweichend hiervon kann die Satzung die Zustimmung des Aufsichtrats vorschreiben. Die Zahl der investierenden Mitglieder im Aufsichtsrat darf ein Viertel der Aufsichtsratsmitglieder nicht überschreiten.

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

(1) Werden infolge von Landbeschaffungen Änderungen oder Neuordnungen von Gemeinde-, Schul- oder Kirchenverhältnissen oder von Anlagen im öffentlichen Interesse erforderlich, so trägt der Erwerber insoweit die Kosten, als die den öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen entstehenden Lasten und Nachteile nicht durch Vorteile ausgeglichen werden. § 4 Abs. 3 gilt sinngemäß.

(2) Werden infolge von Landbeschaffungen zur Beseitigung eines dringenden Wohnraumbedarfs Neubauten erforderlich, so hat der Bund die Erstellung des angemessenen Wohnraums zu gewährleisten.

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

(1) Werden infolge von Landbeschaffungen Änderungen oder Neuordnungen von Gemeinde-, Schul- oder Kirchenverhältnissen oder von Anlagen im öffentlichen Interesse erforderlich, so trägt der Erwerber insoweit die Kosten, als die den öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen entstehenden Lasten und Nachteile nicht durch Vorteile ausgeglichen werden. § 4 Abs. 3 gilt sinngemäß.

(2) Werden infolge von Landbeschaffungen zur Beseitigung eines dringenden Wohnraumbedarfs Neubauten erforderlich, so hat der Bund die Erstellung des angemessenen Wohnraums zu gewährleisten.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt Schadensersatz, weil er bei der Vergabe von Amtszulagen nicht berücksichtigt wurde.

2

Der Kläger ist Bundesbeamter im Amt eines Postbetriebsinspektors (BesGr. A 9vz BBesO). Nach der Umwandlung der Bundespost in privatrechtliche Nachfolgeunternehmen mit Wirkung vom 1. Januar 1995 war er bis Ende 2005 bei der Deutschen Post AG, danach bis Ende 2008 bei der Deutschen Postbank AG (im Folgenden: Postbank) als Sozialberater beschäftigt.

3

Die Postbank vergab mit Wirkung vom 1. Juli 2007 sechs Amtszulagen für Beamte mit einem Amt der Besoldungsgruppe A 9vz. Sie führte ein internes Auswahlverfahren ohne Ausschreibung durch, in das sie 26 Beamte, darunter den Kläger, einbezog und verlieh sechs Beamten die Amtszulage, ohne dies den anderen mitzuteilen.

4

Im August 2007 erfuhr der Kläger von diesen Vorgängen. Er widersprach seiner Nichtberücksichtigung und forderte die Postbank auf, ihre Auswahlentscheidungen zu begründen. Diese verwies auf die bessere Eignung der ausgewählten Beamten. Daraufhin legte der Kläger mit Schreiben vom 22. Oktober 2007 nochmals Widerspruch ein und beanstandete, die Postbank habe weder die Anzahl der zur Verfügung stehenden Amtszulagen noch die Anzahl der Bewerber und die Auswahlkriterien mitgeteilt. In einem Absatz am Ende des Schreibens machte er einen Anspruch auf Schadensersatz für den Fall geltend, dass seine Berücksichtigung wegen der anderweitigen Vergabe der Amtszulagen nicht mehr möglich sein sollte. Abschließend bat er um Stellungnahme bis 6. November 2007.

5

Die Postbank erwiderte mit Schreiben vom 5. November 2007: Sie habe nur Beamte ausgewählt, die als "sehr gut" geeignet eingestuft worden seien. Fünf Beamte hätten einen Eignungsvorsprung gegenüber dem Kläger, weil sie als Beamte des mittleren Dienstes erfolgreich in Positionen tätig seien, die auch Besoldungsgruppen des gehobenen Dienstes zugeordnet seien. Der sechste ausgewählte Beamte weise ein wesentlich höheres Dienstalter in dem Amt der Besoldungsgruppe A 9vz auf als der Kläger.

6

Mit der im Dezember 2007 erhobenen Klage will der Kläger erreichen, im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als wenn ihm die Amtszulage verliehen worden wäre. Die Postbank hat im Klageverfahren hauptsächlich gerügt, dass kein Widerspruchsverfahren durchgeführt worden sei. Hilfsweise hat sie sich in der Sache auf das Schadensersatzbegehren eingelassen.

7

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. In dem Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei unzulässig, weil der Klageerhebung kein Widerspruchsverfahren vorausgegangen sei. Der Kläger habe versäumt, innerhalb eines Jahres Widerspruch gegen die Ablehnung seines Schadensersatzantrags in dem Schreiben der Postbank vom 5. November 2007 einzulegen. Dieses Schreiben sei als Verwaltungsakt zu werten, obwohl es weder einen Tenor noch eine Rechtsmittelbelehrung enthalte. Der Regelungscharakter ergebe sich aus dem Inhalt und aus dem Zusammenhang mit dem Schreiben des Klägers vom 22. Oktober 2007. Darin habe der Kläger seinen Widerspruch gegen die Nichtberücksichtigung bekräftigt und zusätzlich einen Antrag auf Schadensersatz gestellt. Die Annahme eines eigenständigen Antrags folge daraus, dass der Kläger die Ausführungen zur Frage des Schadensersatzes deutlich abgesetzt an das Ende seines Schreibens gestellt habe. In dem darauf bezogenen Schreiben vom 5. November 2007 habe die Postbank unmissverständlich erklärt, sie halte ihre Auswahlentscheidungen aus den näher dargelegten Gründen für rechtmäßig. Daraus habe der Kläger den Schluss ziehen müssen, die Postbank habe den Antrag auf Schadensersatz rechtsverbindlich abgelehnt. Das gesetzlich vorgesehene Widerspruchsverfahren sei nicht entbehrlich geworden. Hierfür reiche nicht aus, dass sich die Beklagte in dem Klageverfahren hilfsweise auf das Schadensersatzbegehren eingelassen habe.

8

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision und beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. Oktober 2012 und des Verwaltungsgerichts Münster vom 24. Juni 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als wenn ihm mit Wirkung vom 1. Juli 2007 die Amtszulage für das Amt des Postbetriebsinspektors (Besoldungsgruppe A 9vz) verliehen worden wäre.

9

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie verteidigt das Berufungsurteil und trägt ergänzend vor, nach den im Berufungsverfahren eingeholten Leistungseinschätzungen habe der Kläger keine Aussicht gehabt, eine Amtszulage zu erhalten.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO), ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht, nämlich § 133 BGB und § 126 Abs. 3 des Beamtenrechtsrahmengesetzes - BRRG - in der im Jahr 2007 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 1999 (BGBl I S. 654). Das Berufungsurteil stellt sich nicht aus anderen als den vom Oberverwaltungsgericht angeführten Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Senat kann über die Begründetheit der form- und fristgerecht erhobenen allgemeinen Leistungsklage, d.h. über das Bestehen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs, nicht entscheiden, weil die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hierfür nicht ausreichen.

12

Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht mit der Begründung als unzulässig angesehen, der Kläger habe vor der Klageerhebung das gesetzlich vorgesehene Widerspruchsverfahren nicht eingeleitet. Die Auslegung seiner vorgerichtlichen Erklärungen ergibt, dass er in Bezug auf den Schadensersatzanspruch Widerspruch eingelegt hat. Darüber hinaus war ein Widerspruchsverfahren nach den Umständen des vorliegenden Falles entbehrlich.

13

1. Die tragende Erwägung des Oberverwaltungsgerichts, es fehle an einem Widerspruch des Klägers, beruht auf einer rechtsfehlerhaften Auslegung seines Schreibens an die Postbank vom 22. Oktober 2007. Die Auslegung genügt den sich aus § 133 BGB ergebenden Anforderungen nicht.

14

Die Ermittlung des Inhalts einer Erklärung im Wege der Auslegung gilt revisionsrechtlich als Tatsachenfeststellung im Sinne von § 137 Abs. 2 VwGO. Daher ist das Bundesverwaltungsgericht an den vom Tatsachengericht festgestellten Erklärungsinhalt gebunden, wenn dieses Gericht sein Ergebnis rechtsfehlerfrei begründet hat. Die Bindung tritt nicht ein, wenn die Auslegung auf einer unvollständigen Würdigung der festgestellten Tatsachen, einem Rechtsirrtum, einem Verstoß gegen eine Auslegungsregel oder einem Verstoß gegen einen allgemeinen Erfahrungssatz oder ein Denkgesetz beruht. In diesen Fällen kann das Bundesverwaltungsgericht die Erklärung selbst auslegen (stRspr; Urteile vom 5. November 2009 - BVerwG 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 = Buchholz 316 § 35 VwVfG Nr. 60 und vom 17. Juni 2010 - BVerwG 2 C 86.08 - BVerwGE 137, 138 = Buchholz 240 § 6 BBesG Nr. 28). Hier hat das Oberverwaltungsgericht gegen die Auslegungsregel des § 133 BGB verstoßen.

15

Nach der Auslegungsregel des § 133 BGB, die auch auf öffentlich-rechtliche Erklärungen Anwendung findet, ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Es kommt darauf an, wie die Erklärung aus der Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtung zu verstehen ist. Maßgebend ist der geäußerte Wille des Erklärenden, wie er sich dem Empfänger nach dem Wortlaut der Erklärung und den sonstigen Umständen darstellt, die der Empfänger bei Zugang der Erklärung erkennen kann. Dieser hat in den Blick zu nehmen, welchen Zweck der Erklärende verfolgt (stRspr; Urteil vom 15. September 2010 - BVerwG 8 C 21.09 - BVerwGE 138, 1 = Buchholz 310 § 68 VwGO Nr. 48).

16

§ 133 BGB gibt eine Auslegung vor, die - im Rahmen des für den Erklärungsempfänger Erkennbaren - den mit der Erklärung angestrebten Erfolg herbeiführt und die Erklärung nicht sinnlos macht (BGH, Urteile vom 23. Januar 1997 - IX ZR 69/96 - BGHZ 134, 325 <329> = NJW 1997, 1003 <1004> und vom 7. März 2005 - II ZR 194/03 - NJW 2005, 2618 <2619>). Dies gilt insbesondere für die Ermittlung des Inhalts von Erklärungen Privater gegenüber Behörden. Diese dürfen bei der Auslegung die erkennbare Interessenlage des Erklärenden nicht außer Acht lassen. Legt der Private erkennbar einen Rechtsbehelf ein, darf die Behörde der Erklärung keinen Inhalt geben, der die Rechtsverfolgung erschwert oder gar ausschließt, wenn nach den erkennbaren Umständen auch eine günstigere Auslegung möglich ist. In Zweifelsfällen sollte beim Erklärenden nachgefragt werden.

17

Die Interessenlage des Klägers wird durch § 126 Abs. 3 BRRG bestimmt, der nach wie vor in Kraft ist (§ 63 Abs. 3 Satz 2 des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 - BeamtStG - BGBl I S.1010). Nach dieser Regelung gelten für Klagen nach Absatz 1, d.h. für alle Klagen aus dem Beamtenverhältnis einschließlich der Leistungs- und Feststellungsklagen, die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung über das Widerspruchsverfahren. Danach ist eine Klage aus dem Beamtenverhältnis unabhängig von der Klageart erst nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (§ 126 Abs. 3 Nr. 4 BRRG). Darüber hinaus bedarf es eines Widerspruchsverfahrens nicht, wenn es sich nach den Umständen des Einzelfalles als sinnlos erweist (vgl. unter 2.).

18

Liegt kein Ausnahmefall vor, müssen Beamte gegen jedes Tun oder Unterlassen des Dienstherrn sowie gegen jeden von ihm zu verantwortenden Zustand, in dem sie eine Beeinträchtigung ihrer Rechtsstellung aus dem Beamtenverhältnis sehen, Widerspruch einlegen (Urteil vom 28. Juni 2001 - BVerwG 2 C 48.00 - BVerwGE 114, 350 <354> = Buchholz 230 § 126 BRRG Nr. 21 S. 3 f.). Die Klagemöglichkeit wird durch den Erlass des Widerspruchsbescheids eröffnet. Dieser ändert die Rechtsnatur der vom Beamten geforderten oder beanstandeten Maßnahme nicht. Eine verwaltungsinterne Maßnahme wird durch den Widerspruchsbescheid nicht zum Verwaltungsakt (Urteil vom 2. März 2006 - BVerwG 2 C 3.05 - BVerwGE 125, 85 = Buchholz 237.8 § 84 RhPLBG Nr. 1).

19

Ergeht nach Einlegung des Widerspruchs in angemessener Zeit kein Widerspruchsbescheid, kann der Beamte nach Maßgabe des § 75 VwGO Untätigkeitsklage erheben. Diese Vorschrift gilt auch für allgemeine Leistungs- und Feststellungsklagen aus dem Beamtenverhältnis, denen nach § 126 Abs. 3 BRRG ein Widerspruchsverfahren vorauszugehen hat (Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Aufl., § 75 Rn. 18; Rennert, in: Eyermann, VwGO, Kommentar, 13. Aufl., § 75 Rn. 1).

20

Der Gesetzgeber hat das Erfordernis des Widerspruchsverfahrens auf alle Streitigkeiten aus dem Beamtenverhältnis erstreckt, um sicherzustellen, dass Beamte vor der Anrufung der Verwaltungsgerichte den Dienstherrn mit ihren Anliegen befassen. Dem Dienstherrn soll stets die Möglichkeit eröffnet werden, einen gerichtlichen Rechtsstreit zu vermeiden, sei es durch Abhilfe, durch gütliche Einigung, soweit dies rechtlich möglich ist, oder durch nähere Begründung seines Rechtsstandpunktes. Neben der Selbstkontrolle des Dienstherrn dient das Widerspruchsverfahren auch in beamtenrechtlichen Angelegenheiten dem Rechtsschutz der Beamten und der Entlastung der Verwaltungsgerichte (Urteil vom 15. September 2010 a.a.O. Rn. 24 f.).

21

Aus dem Zweck des § 126 Abs. 3 BRRG folgt, dass das Widerspruchsverfahren den verfahrensrechtlichen Rahmen darstellt, in dem vorgerichtliche Auseinandersetzungen zwischen Beamten und Dienstherrn ausgetragen werden. Dieses gesetzlich geregelte Verfahren soll an die Stelle informeller Verfahren und Absprachen treten. Dies zwingt den Beamten, sein Anliegen inhaltlich zu konkretisieren (Urteil vom 28. Juni 2001 a.a.O. S. 354 f. bzw. S. 3 f.).

22

Aus der durch § 126 Abs. 3 BRRG angeordneten Konzentration auf das Widerspruchsverfahren folgt weiter, dass der Beamte einem Widerspruch, der sich nicht gegen einen Verwaltungsakt richtet (Leistungs- oder Feststellungswiderspruch), keinen Antrag vorschalten muss. Ein derartiges Antragserfordernis ergibt sich weder aus einer sonstigen Vorschrift des Prozessrechts noch aus der beamtenrechtlichen Treuepflicht. Es würde die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erschweren, weil der Beamte nach der Ablehnung des Antrags nicht sogleich Klage erheben kann, sondern Widerspruch einlegen muss (Urteil vom 28. Juni 2001 a.a.O. S. 355 f. bzw. S. 4 f.; Beschluss vom 18. Juni 2009 - BVerwG 2 B 64.08 - Buchholz 237.2 § 93 BlnLBG Nr. 1 = NVwZ 2009, 1314).

23

Aufgrund dieses Bedeutungsgehalts des § 126 Abs. 3 BRRG sind Rechtsbehelfe von Beamten ungeachtet ihrer Bezeichnung, etwa als Antrag oder Beschwerde, als Widerspruch zu werten, soweit diese Auslegung nach § 133 BGB vertretbar ist. Eine Ausnahme soll nur gelten, wenn der Beamte ausdrücklich einen gesonderten Antrag stellt, anstatt Widerspruch einzulegen, und auf Nachfrage daran festhält. In diesem Fall soll der Dienstherr verpflichtet sein, diesen Antrag zu bescheiden, sodass der Beamte gegen den ablehnenden Bescheid gesondert Widerspruch erheben muss (Beschluss vom 28. September 2006 - BVerwG 2 B 14.06 - Rn. 3).

24

Diese Grundsätze gelten auch für ein Schadensersatzbegehren, das ein Beamter mit der Behauptung geltend macht, der Dienstherr habe schuldhaft seine Rechte aus dem Beamtenverhältnis verletzt. Der Beamte kann die Beseitigung der behaupteten Rechtsverletzung und den daraus hergeleiteten Schadensersatzanspruch gegen den Dienstherrn mit einem einheitlichen Widerspruch verfolgen. Die Bündelung von Beseitigungs- und Schadensersatzbegehren in einem Widerspruchsverfahren entspricht dem Zweck des § 126 Abs. 3 Satz 1 BRRG, weil beide Anliegen in einem engen inhaltlichen Zusammenhang stehen. Zwischen ihnen besteht ein Stufenverhältnis wie zwischen Haupt- und Hilfsantrag im Klageverfahren. Die Gewährung von Schadensersatz kommt nur in Betracht, wenn es der Dienstherr ablehnt, die behauptete Rechtsverletzung zu beseitigen. Entspricht er dem Beseitigungsbegehren, wird das Schadensersatzbegehren gegenstandslos. Hält der Dienstherr das beanstandete Tun oder Unterlassen für rechtmäßig oder sieht er darin jedenfalls keine Verletzung der Rechtsstellung des Beamten, steht zugleich fest, dass er sich nicht für schadensersatzpflichtig hält. Daher ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Beamte in der Begründung des Widerspruchs deutlich macht, er verlange hilfsweise Schadensersatz (Urteil vom 28. Juni 2001 a.a.O. S. 355 f. bzw. S. 4).

25

Aus dieser durch § 126 Abs. 3 BRRG vorgegebenen Rechtslage ergibt sich das Interesse des Klägers, dass sein Schreiben vom 22. Oktober 2007 auch in Bezug auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht als eigenständiger Antrag, sondern als Erweiterung seines Widerspruchs gegen die Nichtberücksichtigung bei der Vergabe der Amtszulagen zu verstehen ist.

26

Dies liegt auch deshalb nahe, weil der Widerspruch des Klägers gegen die Nichtberücksichtigung bei der Vergabe der Amtszulagen im Jahr 2007 nach der damals einheitlichen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte aussichtslos war, weil die Postbank die Amtszulagen den ausgewählten Beamten bereits verliehen hatte. Bis zu dem Urteil des Senats vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - (BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47) war in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass Ernennungen und ernennungsähnliche Verwaltungsakte wie die Verleihung von Amtszulagen auch im Falle ihrer Rechtswidrigkeit von Mitbewerbern nicht mit Erfolg angefochten werden konnten. Es wurde angenommen, diese Maßnahmen berührten die subjektive Rechtstellung der Mitbewerber nicht und seien nach dem Grundsatz der Ämterstabilität stets rechtsbeständig. Nach der Ernennung der ausgewählten Bewerber waren Mitbewerber darauf verwiesen, Schadensersatz geltend zu machen. Erst in dem Urteil vom 4. November 2010 (a.a.O.) hat der Senat Ernennungen Drittwirkung zuerkannt und den Grundsatz der Ämterstabilität für unanwendbar erklärt, wenn der Dienstherr vor der Ernennung die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes durch Mitbewerber verhindert hat. Dies gilt in gleicher Weise für ernennungsähnliche Verwaltungsakte.

27

Diese Rechtslage und die sich daraus ergebenden Interessen des Klägers musste die Postbank schon deshalb erkennen und bei der Auslegung der Erklärungen des Klägers einbeziehen, weil auf sie die für Behörden geltenden Maßstäbe anzuwenden sind. Nach Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG übt die Postbank die Dienstherrnbefugnisse gegenüber den ihr zugewiesenen Bundesbeamten aus. Sie wird als Unternehmen privater Rechtsform im Auftrag des Bundes tätig, der sie mit hoheitlichen, einem Privaten ansonsten nicht zustehenden Befugnissen beliehen hat (Urteile vom 20. August 1996 - BVerwG 1 D 80.95 - BVerwGE 103, 375 <377> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 Nr. 7 S. 20 und vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - Buchholz 232.0 § 46 BBG 2009 Nr. 1 = NVwZ-RR 2009, 893).

28

In Anbetracht des erkennbaren Interesses des Klägers, seinen Widerspruch auf das Schadensersatzbegehren zu erstrecken, wäre die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Kläger habe in dem Schreiben vom 22. Oktober 2007 einen eigenständigen, dem Widerspruch vorgeschalteten Schadensersatzantrag gestellt, nur dann mit § 133 BGB vereinbar, wenn eine andere Auslegung ausgeschlossen wäre. Hierfür müsste der Wortlaut dieses Schreibens eindeutig für eine Antragstellung sprechen. Dies ist aber nicht der Fall:

29

Das Oberverwaltungsgericht hat seine Auffassung entscheidend darauf gestützt, der Kläger habe das Schadensersatzbegehren in einem eigenen Absatz am Ende des Schreibens geltend gemacht. Mit dieser formalen Betrachtungsweise hat es den Inhalt des Schreibens entgegen § 133 BGB nicht vollständig in den Blick genommen. Es hat nicht berücksichtigt, dass der Absatz über das Schadensersatzbegehren offensichtlich einen inhaltlichen Bezug zu den vorstehenden Ausführungen aufweist. Der Kläger hat zunächst dargelegt, seine Nichtberücksichtigung bei der Vergabe der Amtszulagen sei nicht nachvollziehbar, und die unzureichende Information durch die Postbank gerügt. Im Anschluss daran hat er Schadensersatz mit den Worten geltend gemacht, "soweit die Einweisung in eine Planstelle A 09vz mit Amtszulage nun wegen anderweitiger Besetzungen nicht mehr möglich sein sollte". Damit hat er unmissverständlich an den Widerspruch gegen die Nichtberücksichtigung angeknüpft. Er hat Schadensersatz für den Fall geltend gemacht hat, dass die Vergabe einer Amtszulage an ihn rechtlich ausgeschlossen sei.

30

Diesen inhaltlichen Zusammenhang lässt auch die Erwägung des Oberverwaltungsgerichts außer Acht, die Bitte um kurzfristige Stellungnahme in dem letzten Satz des Schreibens vom 22. Oktober 2007 habe sich nicht an die Postbank als Widerspruchsbehörde richten können, weil die Abgabe von Stellungnahmen nicht zu den Aufgaben einer Widerspruchsbehörde gehöre. Auch hat der Kläger diese Bitte nach ihrem Wortlaut nicht auf das Schadensersatzbegehren beschränkt.

31

Da der Kläger seinen Widerspruch durch das Schreiben vom 22. Oktober 2007 auf das Schadensersatzbegehren erstreckt hat, ist die allgemeine Leistungsklage auf Gewährung von Schadensersatz nach § 75 Satz 1 und 2 VwGO jedenfalls nach Ablauf von drei Monaten nach Einlegung des Widerspruchs zulässig geworden.

32

Im Übrigen verstößt auch die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts gegen § 133 BGB, die Postbank habe das Schadensersatzbegehren durch das Schreiben vom 5. November 2007 rechtsverbindlich in Form eines Verwaltungsakts abgelehnt. Bei der Bestimmung der Rechtsqualität einer behördlichen Erklärung aufgrund ihres tatsächlich festgestellten Inhalts handelt es sich um eine rechtliche Würdigung, die in vollem Umfang der Prüfung des Bundesverwaltungsgerichts im Revisionsverfahren unterliegt (stRspr; Urteil vom 5. November 2009 - BVerwG 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 = Buchholz 316 § 35 VwVfG Nr. 60).

33

Die Auslegung des Schreibens vom 5. November 2007 als Verwaltungsakt liegt schon deshalb fern, weil es weder einen von der Begründung abgesetzten Entscheidungsausspruch noch eine Rechtsmittelbelehrung enthält. Daher käme die Qualifizierung als Verwaltungsakt nur in Betracht, wenn sich der Regelungscharakter im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG ohne jeden Zweifel aus dem Inhalt ergäbe. Diesem lassen sich aber keine Hinweise für eine rechtsverbindliche Ablehnung des Schadensersatzbegehrens entnehmen. Vielmehr spricht nach der äußeren Gestaltung und dem Inhalt des Schreibens vom 5. November 2007 alles dafür, dass die Postbank dem Kläger eine abschließende Auskunft über die Sach- und Rechtslage erteilen wollte. Sie teilte ihm die tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen für ihre Auswahlentscheidungen mit und legte dar, dass der Kläger zu Recht nicht zum Zuge kam, ohne ausdrücklich auf das Schadensersatzbegehren einzugehen.

34

2. Unabhängig von dem Inhalt des Schreibens des Klägers vom 22. Oktober 2007 war das Widerspruchsverfahren im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ausnahmsweise entbehrlich.

35

Auch in beamtenrechtlichen Angelegenheiten dient das Widerspruchsverfahren der Selbstkontrolle der Verwaltung, dem individuellen Rechtsschutz und der Entlastung der Verwaltungsgerichte. Sind diese Ziele vor der Klageerhebung schon auf andere Weise erreicht worden oder können sie nicht mehr erreicht werden, ist ein Widerspruchsverfahren sinnlos. Seine Durchführung würde einen sachlich nicht zu rechtfertigenden Formalismus darstellen, der die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes unnötig verzögert. Die Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens in diesen Fällen stellt eine weitere, gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte Ausnahme dar, die sich aus Sinn und Zweck der § 126 Abs. 3 BRRG, §§ 68 f. VwGO ergibt (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 15. September 2010 - BVerwG 8 C 21.09 - BVerwGE 138, 1 = Buchholz 310 § 68 VwGO Nr. 48). Die genannte Entscheidung kann als Zusammenfassung der - vom Berufungsgericht kritisch dargestellten - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstanden werden.

36

Das Widerspruchsverfahren kann seinen Zweck nicht mehr erreichen, wenn feststeht, dass der Widerspruch unabhängig von der Begründung keinen Erfolg haben würde. Daher wird es regelmäßig nicht entbehrlich sein, wenn Ausgangs- und Widerspruchsbehörde nicht identisch sind oder gar unterschiedlichen Rechtsträgern angehören (Urteil vom 21. September 2010 a.a.O. Rn. 26). Auch wird das Widerspruchsverfahren regelmäßig durchzuführen sein, wenn die Widerspruchsbehörde einen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum wahrzunehmen hat. In diesen Fällen geht deren Nachprüfung inhaltlich über die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hinaus (§ 114 Satz 1 VwGO).

37

Im Übrigen kommt es vor allem auf den Inhalt der vorgerichtlichen Erklärungen der Beklagten an. Ergibt deren Gesamtwürdigung, dass sich die Beklagte endgültig darauf festgelegt hat, das Rechtsschutzbegehren abzulehnen, ist ein Widerspruchsverfahren sinnlos. Eine derartige Festlegung setzt voraus, dass die Beklagte zu erkennen gegeben hat, sie habe sich ihre Auffassung gebildet und gedenke daran auf jeden Fall festzuhalten. Hat der Betroffene daraufhin Klage erhoben, kann die Beklagte im Klageverfahren nicht dadurch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens erreichen, dass sie auf dessen Fehlen verweist und sich gar nicht oder nur hilfsweise zur Sache einlässt. Dadurch setzt sie sich in Widerspruch zu ihren vorgerichtlichen Erklärungen, aus denen der Kläger zu Recht den Schluss zog, ein Widerspruchsverfahren sei sinnlos.

38

Hat der Betroffene Klage erhoben, ohne dass ihm die Beklagte hierzu Anlass gegeben hat, kann diese das Widerspruchsverfahren entbehrlich machen, wenn sie sich im Klageverfahren vorbehaltlos zur Sache einlässt. Dagegen bringt sie in diesen Fällen durch eine nur hilfsweise Einlassung regelmäßig zum Ausdruck, dass sie den Kläger an der Durchführung des Widerspruchsverfahrens festhalten will. Dieses Verhalten ist dann auch nicht widersprüchlich, weil sich die Beklagte vorgerichtlich gerade nicht endgültig auf die Ablehnung des Klagebegehrens festgelegt hat.

39

Nach diesen Grundsätzen hat sich das Widerspruchsverfahren im vorliegenden Fall bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung als entbehrlich erwiesen: Die als Ausgangs- und Widerspruchsbehörde zuständige Postbank hatte sich gegenüber dem Kläger vorgerichtlich darauf festgelegt, dieser habe zu Recht keine Amtszulage erhalten. In dem Schreiben vom 5. November 2007 ließ sie keinen Zweifel daran, dass sie die dargelegten Auswahlkriterien und die darauf gestützte Bewerberauswahl für rechtmäßig halte. Nach Ansicht der Postbank wiesen die ausgewählten Beamten einen erheblichen Eignungsvorsprung gegenüber dem Kläger auf. Diese Erklärungen ließen aus der Sicht des Klägers nur den Schluss zu, die Postbank sei auf keinen Fall bereit, wegen dessen Nichtberücksichtigung Schadensersatz zu leisten.

40

Hatte sich ein Widerspruchsverfahren aufgrund der eindeutigen Aussagen der Postbank bereits vor der Klageerhebung als sinnlos erwiesen, kann sie durch ihr prozessuales Verhalten nicht mehr erreichen, dass ein solches Verfahren durchgeführt wird.

41

3. Die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ermöglichen es dem Senat nicht, abschließend zu beurteilen, ob der geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht. Er weist jedoch auf Folgendes hin:

42

Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (Urteile vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 Rn. 16; vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 53 und vom 29. November 2012 - BVerwG 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 = NVwZ 2013, 955 ).

43

Die Vergabe der Amtszulagen ist an Art. 33 Abs. 2 GG zu messen, weil es sich bei Ämtern gleicher Besoldungsgruppe mit und ohne Amtszulage um statusrechtlich verschiedene Ämter handelt. Liegt kein gesetzlicher Ernennungstatbestand vor, wird die Amtszulage durch einen ernennungsähnlichen Verwaltungsakt verliehen. Die Verleihung genießt in gleicher Weise Ämterstabilität wie eine Ernennung (Urteile vom 12. Juli 1972 - BVerwG 6 C 11.70 - BVerwGE 40, 229 <230 f.> = Buchholz 235.11 Art. 356 Nr. 1 und vom 23. Februar 1989 - BVerwG 2 C 25.87 - BVerwGE 81, 282 <286 f.> = Buchholz 237.6 § 18 NdsLBG Nr. 2 S. 3 f.; Beschluss vom 16. April 2007 - BVerwG 2 B 25.07 - Buchholz 240 § 42 BBesG Nr. 26 Rn. 4). Im vorliegenden Fall geht es um die Amtszulage nach Fußnote 3 zur Besoldungsgruppe A 9 in der Anlage I i.V.m. Anlage IX des Bundesbesoldungsgesetzes.

44

Die Erläuterungen der Postbank in dem Schreiben vom 5. November 2007 lassen es zumindest als ernsthaft möglich erscheinen, dass sie die Rechte des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt hat, weil sie die Bewerberauswahl auf nicht unmittelbar leistungsbezogene Auswahlkriterien, nämlich auf die Einstufung (Wertigkeit) der Tätigkeitsbereiche der Bewerber und das Dienstalter gestützt hat. In diesem Fall wäre der Postbank angesichts der bereits 2007 vorliegenden Rechtsprechung zu diesen Kriterien ein Verschulden anzulasten (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <151> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 f. und vom 17. August 2005 a.a.O. S. 103 bzw. Rn. 20).

45

Die Kausalität der Rechtsverletzung für den Eintritt des Schadens setzt voraus, dass der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG, d.h. bei rechtmäßiger Bewerberauswahl, zumindest reelle Aussichten gehabt hätte, das angestrebte Amt zu erhalten. Seine Berücksichtigung muss nach Lage der Dinge ernsthaft möglich gewesen sein. Hierfür muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre (Urteile vom 17. August 2005 a.a.O. S. 108 f. bzw. Rn. 36 f. und vom 26. Januar 2012 a.a.O. ). Hierfür muss aufgrund der 2007 vorhandenen Erkenntnisse nachgezeichnet werden, welches Ergebnis die Bewerberauswahl bei rechtsfehlerfreiem Verfahrensablauf voraussichtlich gehabt hätte. Beurteilungen der Bewerber, die spätere Erkenntnisse aufnehmen, dürfen nicht einbezogen werden.

46

Schließlich kann dem Kläger nicht angelastet werden, dass er nicht versucht hat, die Vergabe der Amtszulagen durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiliger Anordnung nach § 123 VwGO zu verhindern oder deren Aufhebung im Klageweg zu erreichen. Rechtsschutz nach § 123 VwGO war nicht möglich, weil ihm die Postbank ihre Auswahlentscheidungen vor der Verleihung der Amtszulagen nicht mitgeteilt hat. Aus diesem Grund hätten die Verleihungen zwar nach der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Ämterstabilität genossen (Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47). Im hier maßgebenden Jahr 2007 wären Klagen gegen die Verleihungen nach der damals einhelligen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte aber aussichtslos gewesen.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Der Kläger beansprucht die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe als Studienrat und Schadensersatz wegen rechtsfehlerhafter Ablehnung seiner Bewerbung.

2

Der 1965 geborene Kläger ist seit 2006 als angestellter Berufsschullehrer in Niedersachsen tätig. Er ist an Multipler Sklerose erkrankt und hat einen Bandscheibenvorfall erlitten. Unter Berufung darauf lehnte die Beklagte seine Verbeamtung wegen fehlender gesundheitlicher Eignung ab. Der Kläger sei zwar gegenwärtig beschwerde- und symptomfrei. Es bestehe aber eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass er vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze dienstunfähig werde. Nach der Ablehnung ist ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt worden.

3

Auf die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende erstinstanzliche Urteil hat das Oberverwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, über den Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe erneut zu entscheiden. Es hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen, soweit das Verwaltungsgericht die Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Verbeamtung und auf Schadensersatz wegen der Ablehnung der Bewerbung abgewiesen hat. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

4

Die Beklagte habe ihren Beurteilungsspielraum für die gesundheitliche Eignung rechtsfehlerhaft ausgeübt. Die Eignung eines behinderten Beamtenbewerbers sei bereits dann anzunehmen, wenn sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn eine dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit des Bewerbers mit einem überwiegenden Grad an Wahrscheinlichkeit ausschließen lasse. Der allgemeine Prognosemaßstab sei hier wegen der Behinderung abgesenkt. Die amtsärztlichen Stellungnahmen reichten nach ihrem Inhalt nicht aus, um eine derartige Prognose treffen zu können. Daher müsse die Beklagte auf verbesserter medizinischer Tatsachengrundlage erneut über den Übernahmeantrag des Klägers entscheiden. Ein Schadensersatzanspruch scheitere jedenfalls am fehlenden Verschulden. Der Beklagten könne kein Vorwurf gemacht werden, dass sie die Bewerbung auf der Grundlage des allgemeinen Prognosemaßstabs abgelehnt habe. Die Behinderung des Klägers sei erst im Nachhinein anerkannt worden.

5

Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er beantragt,

die Urteile des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 25. Januar 2011 und des Verwaltungsgerichts Hannover vom 27. Mai 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger in das Beamtenverhältnis auf Probe als Studienrat zu übernehmen, hilfsweise über den Antrag auf Übernahme unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden sowie die Beklagte zu verpflichten, den Kläger besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei er am 1. März 2008, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt, in das Beamtenverhältnis auf Probe als Studienrat übernommen worden.

6

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren und unterstützt die Rechtsauffassung der Beklagten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers hat mit der Maßgabe der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht Erfolg (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht seine Berufung gegen die Abweisung seines vorrangigen Klagebegehrens, die Beklagte zur Verbeamtung zu verpflichten, zurückgewiesen hat. Insoweit verstößt das Berufungsurteil gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

9

Die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung des Klägers sei gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar, ist mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 - BeamtStG - nicht vereinbar. Auch ist diese Beurteilung anhand eines anderen als dem vom Oberverwaltungsgericht angewandten Prognosemaßstabs vorzunehmen. Erweist sich der Kläger als gesundheitlich geeignet, steht ihm ein Anspruch auf Verbeamtung zu, wenn er der fachlich am besten geeignete Bewerber für eine freie Stelle als Studienrat ist. Hierfür muss der insoweit bestehende Beurteilungsspielraum der für die Bewerberauswahl zuständigen Stelle auf Null reduziert sein. In Bezug auf die Schadensersatzklage hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu Recht zurückgewiesen.

10

1. Nach Art. 33 Abs. 2 GG und nach § 9 BeamtStG, der nach § 1 dieses Gesetzes für das Statusrecht der Landesbeamten unmittelbar gilt, sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Geeignet in diesem Sinne ist nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, Beschluss vom 21. Februar 1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140 <151>). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Dezember 2008 - 2 BvR 2571/07 - BVerfGK 14, 492 <496> = juris Rn. 11). Ist nach der körperlichen oder psychischen Konstitution eines Bewerbers die gesundheitliche Eignung nicht gegeben, kann er unabhängig von seiner fachlichen Eignung nicht verbeamtet werden. Er kann nicht in den Leistungsvergleich der Bewerber um die zur Vergabe stehenden Ämter einbezogen werden.

11

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Dementsprechend sieht § 9 Abs. 2 i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes vom 25. März 2009 - NBG - (Nds. GVBl S. 72) in der Fassung des Gesetzes vom 12. Dezember 2012 (Nds. GVBl S. 591) vor, dass die gesundheitliche Eignung aufgrund einer Untersuchung durch einen Amtsarzt oder einen beamteten Arzt festzustellen ist. Dieser muss gegebenenfalls einen Facharzt hinzuziehen. Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 f.).

12

Es obliegt dem Dienstherrn, die körperlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn zu bestimmen. Hierbei steht ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren hat. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (Urteil vom 21. Juni 2007 a.a.O.). Auf dieser Grundlage muss festgestellt werden, ob ein Bewerber, dessen Leistungsfähigkeit - etwa aufgrund eines chronischen Leidens - gemindert ist, den Anforderungen gewachsen ist, die die Ämter einer Laufbahn für die Dienstausübung stellen.

13

Die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das von ihm angestrebte öffentliche Amt bezieht sich nicht nur auf den gegenwärtigen Stand, sondern auch auf die künftige Amtstätigkeit und enthält eine Prognose, die eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers verlangt (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Die gesundheitliche Eignung eines im Zeitpunkt der Einstellungsuntersuchung dienstfähigen Beamtenbewerbers kann daher im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe oder eine chronische Erkrankung mit progredientem Verlauf verneint werden.

14

Die Prognose erfasst den Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Es kommt darauf an, ob der Beamtenbewerber voraussichtlich bis zu diesem Zeitpunkt Dienst leisten wird oder wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden muss.

15

Dieser Prognosezeitraum folgt aus den in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten hergebrachten Grundsätzen des Lebenszeit- und des Alimentationsprinzips. Diese Grundsätze verpflichten den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Tritt der Beamte vor Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand, ist das Gleichgewicht zwischen Dienstzeit und Ruhestand verschoben, weil dem Dienstherrn die Arbeitskraft des Beamten zu früh verloren geht (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 16 f.).

16

Der Ausschluss des Zugangs zum Beamtenverhältnis aus gesundheitlichen Gründen ungeachtet der fachlichen Eignung stellt eine Einschränkung der durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Zugangsmöglichkeit dar, die einer subjektiven Berufswahlschranke im Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG entspricht (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 3 C 26.11 - NJW 2013, 1320 Rn. 15). Aufgrund dieser grundrechtlichen Bedeutung des Ausschlusses und des überaus langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraums hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest, wonach der Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein muss (vgl. Urteile vom 17. Mai 1962 - BVerwG 2 C 87.59 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 6; vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <149> und vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2). Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, kann der Dienstherr die gesundheitliche Eignung aktuell dienstfähiger Bewerber nur verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird.

17

Der bisherige Maßstab ist geeignet, Bewerber schon deshalb von dem Zugang zum Beamtenverhältnis auszuschließen, weil ihr gesundheitlicher Zustand vom Regelzustand abweicht. Dies gilt auch dann, wenn die Leistungsfähigkeit der Bewerber aktuell und auf absehbare Zeit nicht beeinträchtigt ist. Die negative Eignungsprognose ist in diesen Fällen bislang mit Typisierungen und statistischen Wahrscheinlichkeiten begründet worden, die weder einem Gegenbeweis noch einer nachträglichen Korrektur zugänglich sind (vgl. hierzu Höfling/Stockter, ZBR 2008, 17).

18

Dies belegt der Fall des derzeit uneingeschränkt leistungsfähigen Klägers: Die Einschätzung, er werde vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze dienstunfähig, beruht ausschließlich auf der Annahme, dass eine bestimmte Personengruppe - hier die Multiple-Sklerose-Erkrankten - in ihrer Gesamtheit ein erhöhtes Risiko vorzeitiger Dienstunfähigkeit aufweist.

19

Angesichts des sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraums und der Komplexität der medizinischen Prognosen sind Entscheidungen über die gesundheitliche Eignung eines Beamtenbewerbers mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt. Künftige Präventions- oder Heilmethoden können heute noch nicht einbezogen werden. Vielfach ist auch die Wechselwirkung und damit Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwerwiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht. Belastbare Studien zur korrelationsstatistischen Beziehung einzelner Risikofaktoren zur Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit liegen nur sehr eingeschränkt vor.

20

Schließlich kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch nicht davon ausgegangen werden, dass die vorzeitige Dienstunfähigkeit in nennenswertem Umfang auf Krankheiten zurückzuführen ist, die man zum Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung hätte vorhersagen können (Nationaler Ethikrat, Prädiktive Gesundheitsinformationen bei Einstellungsuntersuchungen: Stellungnahme, 2005, S. 59). Regelmäßig geht die vorzeitige Dienstunfähigkeit daher auf erst nachträglich eintretende Umstände zurück.

21

Eine entsprechende Prognosebeurteilung setzt eine hinreichende Tatsachenbasis voraus. Die gegenwärtig vorhandene gesundheitliche Eignung kann wegen künftiger Entwicklungen nur verneint werden, wenn durch tatsächliche Anhaltspunkte belegt werden kann, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist.

22

Daher muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis für die Prognose auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen. Er muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und für die Erfüllung der beruflichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Dabei hat er verfügbare Erkenntnisse über den voraussichtlichen Verlauf chronischer Krankheiten auszuwerten und in Bezug zum gesundheitlichen Zustand des Bewerbers zu setzen.

23

Die medizinische Diagnose muss daher Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlage offenlegen. Auf dieser Grundlage hat sie unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG eigenverantwortlich zu beantworten (vgl. zur erforderlichen Prognosebasis auch BVerfG, Urteil vom 5. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 - BVerfGE 109, 133 <165>).

24

2. Die Verwaltungsgerichte haben über die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein; diesem steht insoweit kein Beurteilungsspielraum zu. Auch insoweit hält der Senat an seiner früheren Rechtsprechung nicht fest (vgl. Urteile 17. Mai 1962 - BVerwG 2 C 87.59 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 6 S. 14 f. und vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2).

25

Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG überträgt die Letztentscheidungsbefugnis für die Auslegung und Anwendung normativer Regelungen den Verwaltungsgerichten. Ein Beurteilungsspielraum der Verwaltung mit der Folge einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte muss zum einen normativ angelegt sein, d.h. sich durch Normauslegung ermitteln lassen. Zum anderen muss die Bestimmung des Bedeutungsgehalts einer Rechtsnorm so vage oder ihre fallbezogene Anwendung so schwierig sein, dass die gerichtliche Kontrolle wegen der hohen Komplexität oder der besonderen Dynamik der geregelten Materie an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung stößt. Es reicht nicht aus, dass eine rechtliche Würdigung auf der Grundlage eines komplexen Sachverhalts zu treffen ist. Hinzu kommen muss, dass die Gerichte die Aufgabe, die entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände festzustellen und rechtlich zu bewerten, selbst dann nicht bewältigen können, wenn sie im gebotenen Umfang auf die Sachkunde der Verwaltung zurückgreifen oder sich auf andere Weise sachverständiger Hilfe bedienen (BVerfG, Beschlüsse vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 und 213/83 - BVerfGE 84, 34 <49 f.> und vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <20 f.>; BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 33.08 - BVerwGE 134, 108 = Buchholz 240 § 58a BBesG Nr. 2 jeweils Rn. 11).

26

Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die Prognose der gesundheitlichen Eignung von Beamtenbewerbern nicht erfüllt:

27

Der Spielraum des Dienstherrn bei der Bestimmung der gesundheitlichen Anforderungen für eine Laufbahn rechtfertigt keine Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte bei der Beurteilung der daran anknüpfenden gesundheitlichen Eignung. Dabei ist der Gesundheitszustand des Beamtenbewerbers in Bezug zu den Anforderungen der Beamtenlaufbahn zu setzen. Es ist zu beurteilen, ob der Bewerber den Anforderungen genügt und ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich daran bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit überwiegender Wahrscheinlichkeit etwas ändert.

28

Wie dargestellt hat der Dienstherr die gesundheitliche Eignungsprognose auf der Grundlage einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass die Verwaltungsgerichte im Gegensatz zum Dienstherrn gehindert wären, sich auf dieser Grundlage ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes und die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen zu bilden. Dementsprechend ist anerkannt, dass dem Dienstherrn für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit als Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung eines Beamten in den Ruhestand kein Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. nur Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 14 f.)

29

Dagegen besteht für die vergleichende fachliche Eignung der Bewerber ein Beurteilungsspielraum des Dienstherrn, der vor allem die Gewichtung der leistungsbezogenen Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 45).

30

Der Senat kann auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht beurteilen, ob der Kläger gesundheitlich geeignet ist, um verbeamtet zu werden. Das Oberverwaltungsgericht wird nunmehr vor allem zu beurteilen haben, ob sich aufgrund der Multiplen Sklerose in der individuellen Situation des Klägers Anhaltspunkte ergeben, die den Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze überwiegend wahrscheinlich machen.

31

Im Falle seiner gesundheitlichen Eignung hat der Kläger einen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe als Studienrat, wenn er sich bei der Bewerberauswahl für eine Beamtenstelle als Studienrat aufgrund eines Leistungsvergleichs als der am besten geeignete Bewerber erweist. Hierfür muss der Beurteilungsspielraum des Dienstherrn zugunsten des Klägers auf Null reduziert sein. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass dieser Spielraum aufgrund des Erfahrungsvorsprungs, den der Kläger durch seine berufliche Praxis als Lehrer erworben hat, jedenfalls eingeschränkt ist. Auch insoweit wird das Oberverwaltungsgericht gegebenenfalls die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.

32

Der Verbeamtung steht nicht entgegen, dass der Kläger im Laufe des gerichtlichen Verfahrens die Höchstaltersgrenze für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe überschritten hat (§ 16 Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Laufbahnverordnung vom 30. März 2009 - NLVO - Nds. GVBl S. 118; geändert durch Verordnung vom 19. Mai 2010, Nds. GVBl S. 218). Zwar darf eine Verbeamtung nur vorgenommen werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Übernahme- oder Einstellungsanspruch vorliegen (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 11).

33

Nach § 16 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 NLVO können aber Ausnahmen von der Höchstaltersgrenze zugelassen werden, wenn sich der berufliche Werdegang eines Bewerbers aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen in einem Maß verzögert hat, das die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist angesichts der Tatsache, dass der Kläger seinen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis noch vor Überschreitung der Altersgrenze gestellt hatte, das insoweit bestehende Ermessen für die Gewährung einer Ausnahme von der Altersgrenze auf Null reduziert, sollte sich die Ablehnung als rechtswidrig erweisen (vgl. Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. jeweils Rn. 35).

34

3. Weitere Modifikationen der Eignungsanforderungen für Behinderte, die weder schwerbehindert noch schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind (§ 2 Abs. 3 SGB IX), sind verfassungsrechtlich nicht geboten.

35

Von dem vorstehend dargelegten Maßstab abweichende Erleichterungen für die Feststellung der gesundheitlichen Eignung von Beamtenbewerbern sind im nationalen Recht nur für schwerbehinderte Menschen vorgesehen. Nach § 128 Abs. 1 SGB IX sind die besonderen Vorschriften und Grundsätze für die Besetzung der Beamtenstellen so zu gestalten, dass die Einstellung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen gefördert und ein angemessener Anteil schwerbehinderter Menschen unter den Beamten erreicht wird. Dieser Gesetzgebungsauftrag ist von den Beamtengesetzgebern in Bund (vgl. § 9 Satz 2 BBG, § 5 Abs. 1 BLV) und Ländern aufgegriffen und in den Laufbahnverordnungen umgesetzt worden. Nach § 25 Nr. 13 NBG wird die Landesregierung ermächtigt, Ausgleichsmaßnahmen zugunsten von schwerbehinderten Menschen durch Verordnung zu regeln. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 der hierauf gestützten Laufbahnverordnung darf von schwerbehinderten Menschen bei der Einstellung nur das Mindestmaß körperlicher Eignung für die Wahrnehmung von Laufbahnaufgaben verlangt werden. In Nr. 3.4 der durch Beschluss der Landesregierung vom 9. November 2004 erlassenen Richtlinien zur gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Menschen am Berufsleben im öffentlichen Dienst (Nds. MBl 2004 S. 783) wird dies dahin konkretisiert, dass die Eignung von schwerbehinderten Menschen im Allgemeinen auch dann noch als gegeben angesehen werden kann, wenn sie nur für die Wahrnehmung bestimmter Dienstposten der betreffenden Laufbahn geeignet sind.

36

Während grundsätzlich bei der Einstellung von Beamten die körperliche Eignung für die gesamte Laufbahn mit allen zu ihr gehörenden Ämtern und den diesen zugeordneten Dienstposten zu verlangen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>; BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - BVerwG 2 VR 1.13 - juris Rn. 22 und 28 ff.), gilt dies bei Schwerbehinderten daher nicht. Hier wird nur das Mindestmaß körperlicher Eignung vorausgesetzt, so dass der Schwerbehinderte nicht für alle Dienstposten geeignet sein muss. Zu prüfen ist vielmehr, ob die körperliche Eignung ausreicht, um dem Bewerber irgendeine amtsangemessene Beschäftigung zuweisen zu können, die mit den dienstlichen Bedürfnissen in Einklang steht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Dezember 2008 - 2 BvR 2571/07 - BVerfGK 14, 492 <496 f.> = juris Rn. 12; BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 28; Zängl, in: GKÖD, Stand August 2013, K § 8 Rn. 82a; Lemhöfer, in: Lemhöfer/Leppek, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten, Stand August 2012, BLV 2009 § 5 Rn. 8).

37

Kann ein schwerbehinderter Bewerber auch diese Anforderungen nicht erfüllen, scheidet eine Übernahme in das Beamtenverhältnis aus. Dies gilt auch in Ansehung der Gewährleistung des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, weil die Ungleichbehandlung dann auf zwingenden Gründen beruht. Fehlen einer Person gerade aufgrund ihrer Behinderung bestimmte geistige oder körperliche Fähigkeiten, die unerlässliche Voraussetzung für die Wahrnehmung eines Rechts sind, liegt in der Verweigerung dieses Rechts kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfG, Beschluss vom 19. Januar 1999 - 1 BvR 2161/94 - BVerfGE 99, 341 <357>; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 5 C 16.10 - BVerwGE 139, 135 Rn. 20 zu § 7 Abs. 1 AGG).

38

Die unterschiedliche Behandlung von schwerbehinderten Menschen im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB IX - sowie ggf. der ihnen nach § 2 Abs. 3 SGB IX gleichgestellten behinderten Menschen - gegenüber anderen Behinderten in Bezug auf die Einstellung in ein Beamtenverhältnis ist mit Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG vereinbar.

39

Die Besserstellung knüpft an das sachlich gerechtfertigte Kriterium der höheren Schutzbedürftigkeit dieser Personen an und stellt darauf ab, dass sie infolge ihrer Behinderung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht oder nur schwieriger erlangen können. Es ist daher folgerichtig, gerade diesem Personenkreis besondere Fürsorge im Verfahren der Einstellung in ein Beamtenverhältnis zukommen zu lassen. Die Personengruppen der Schwerbehinderten einerseits und der weniger schwer behinderten Menschen andererseits weisen wesentliche Unterschiede in Bezug auf den Regelungsgegenstand auf, sodass eine Gleichbehandlung aus Rechtsgründen nicht geboten ist. Aus diesem Grunde sehen § 128 Abs. 1 SGB IX sowie die verfahrensbezogene Vorschrift in § 82 Satz 2 SGB IX eine Bevorzugung dieser Personengruppe im Einstellungsverfahren ausdrücklich vor.

40

Entsprechende Privilegierungen für Menschen, die zwar Funktionseinbußen zu erleiden haben, deren Schweregrad aber nicht zur Annahme einer Schwerbehinderung ausreicht und die schwerbehinderten Menschen auch nicht gleichgestellt sind, sind auch nicht geboten. Diesem Personenkreis fehlt es an der die Schutzbedürftigkeit begründenden eingeschränkten Vermittlungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt (vgl. § 2 Abs. 3 SGB IX). Eine Einbeziehung der weniger schwer behinderten Menschen in die Privilegierungen hätte überdies eine Entwertung der für schwerbehinderte Menschen vorgesehenen Erleichterungen zur Folge, weil sie die Erfolgschancen dieser Bewerber im Wettbewerb um die Vergabe öffentlicher Ämter verschlechtern würde.

41

4. Die Anwendung des allgemeinen Prognosemaßstabs und Prognosezeitraums auf behinderte Bewerber, die nicht schwerbehindert oder Schwerbehinderten gleichgestellt sind, ist mit der Richtlinie 2000/78/EG des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2000 - RL - (ABl EG Nr. L 303 S. 16) und dem diese Richtlinie umsetzenden Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 - AGG - (BGBl I S. 1897) vereinbar.

42

Es kann offenbleiben, ob auch behinderte Menschen, die weder schwerbehindert noch schwerbehinderten Menschen nach § 2 Abs. 3 SGB IX gleichgestellt sind, vom Begriff der Behinderung nach Art. 1 der RL erfasst werden. Wird dies bejaht, bewirkt die Anwendung des allgemeinen Prognosemaßstabs und Prognosezeitraums eine mittelbare Ungleichbehandlung dieser Gruppe (Art. 1, Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b und Art. 3 RL; § 7 i.V.m. § 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und § 3 Abs. 2 AGG).

43

Zwar knüpft die Prognose der gesundheitlichen Eignung nicht unmittelbar an die Behinderteneigenschaft an; vielmehr gelten die Anforderungen für behinderte und nicht behinderte Menschen gleichermaßen.

44

Dieser Personenkreis ist aber einem erhöhten Risiko ausgesetzt, wegen einer negativen gesundheitlichen Eignungsprognose nicht verbeamtet zu werden. Behinderungen haben regelmäßig zur Folge, dass die Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist oder Einschränkungen mit zunehmendem Alter zu erwarten sind. Dieses Risiko verwirklicht sich auch dann, wenn behinderten Bewerbern zwar nicht der Zugang zum Beruf, aber zu dessen Ausübung im Beamtenverhältnis verwehrt wird. Die mittelbare Ungleichbehandlung besteht hier darin, dass sich die Behinderung auf die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der RL (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG) auswirkt.

45

Die mittelbare Ungleichbehandlung stellt aber keine unionsrechtswidrige Diskriminierung dar, weil sie durch ein angemessenes Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (Art. 2 Abs. 2 Buchst. b RL). Die Auslegung dieser Vorschrift durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ist wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts für die Auslegung des inhaltsgleichen § 3 Abs. 2 AGG verbindlich.

46

Angemessene Ziele im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der RL können sich insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung ergeben; daneben kommt jedes weitere sozialpolitische Ziel in Betracht (EuGH, Urteil vom 13. September 2011 - Rs. C-447/09, Prigge u.a. - NJW 2011, 3209 Rn. 81). Die Mitgliedstaaten verfügen über einen weiten Spielraum bei der Wahl der Maßnahmen, die sie zur Erreichung eines angemessenen Ziels für erforderlich halten. Die Wahl kann auf politischen, wirtschaftlichen, sozialen, demografischen oder fiskalischen Erwägungen beruhen, wobei letztere für sich allein nicht ausreichen (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 - Rs. C-159/10 und 160/10, Fuchs und Köhler - NVwZ 2011, 1249 Rn. 61, 73 f. und 80 f.). Die Angemessenheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme ist nachgewiesen, wenn sie im Hinblick auf das verfolgte Ziel nicht unvernünftig erscheint und auf Beweismittel gestützt ist, deren Beweiskraft das nationale Gericht zu beurteilen hat (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 a.a.O. Rn. 83). Somit ist auch Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der RL Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Urteile vom 19. Februar 2009 - BVerwG 2 C 18.07 - BVerwGE 133, 143 = Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 6 jeweils Rn. 15 und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 44).

47

Das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestand der Beamten stellt ein angemessenes Ziel im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der RL dar. Dies folgt aus dem Zusammenhang zwischen der Dienstleistung der Beamten und den Versorgungsleistungen im Ruhestand. Wie oben dargelegt erdienen Beamte die lebenslange Versorgung während der aktiven Zeit. Die unionsrechtliche Anerkennung des daraus folgenden Interesses an einer adäquaten Lebensdienstzeit wird durch Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c der RL belegt, wonach Ungleichbehandlungen wegen des Alters insbesondere die Festlegung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand einschließen (Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. jeweils Rn. 45).

48

Die Anwendung der allgemeinen Prognose für die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern auf behinderte Bewerber, die weder schwerbehindert noch Schwerbehinderten gleichgestellt sind, stellt eine geeignete und erforderliche Maßnahme dar, um eine angemessene, die lebenslange Versorgung rechtfertigende Lebensdienstzeit sicherzustellen.

49

Der zeitliche Bezugspunkt der Prognoseentscheidung ist - vorbehaltlich einer gesetzlichen Regelung - durch das Lebenszeit- und Alimentationsprinzip vorgegeben. Die hauptberufliche Beschäftigung auf Lebenszeit und das hiermit korrespondierende Alimentationsprinzip sind prägende Strukturmerkmale des Berufsbeamtentums (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <263>). Sie bilden die Voraussetzung dafür, dass sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern, beitragen kann.

50

Das auf Lebenszeit angelegte Beamtenverhältnis, das Schutz vor Entlassung, amtsangemessene Besoldung und lebenslange Versorgung für den Beamten und seine Hinterbliebenen gewährleistet, rechtfertigt das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit des Beamten (Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. jeweils Rn. 16 sowie Rn. 45). Die Erhaltung einer unabhängigen Beamtenschaft stellt ein rechtmäßiges Ziel im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Ziff. i der RL dar. Darüber hinaus ist die Sicherung einer angemessenen Lebensdienstzeit auch aus fiskalischen Erwägungen geboten (vgl. zur Berücksichtigung der versicherungsmathematischen Bedeutung der Lebensarbeitszeit auch Art. 6 Abs. 2 der RL). Die Versorgungslast der pensionierten Beamten wird im Gegensatz zum umlagefinanzierten Rentenversicherungssystem in vollem Umfang aus dem Haushalt der Anstellungskörperschaft finanziert. Ein angemessenes Verhältnis zwischen aktiver Dienstzeit und Versorgungslast hat deshalb bei Beamten besonderes Gewicht.

51

Die Eignungsprognose mit dem dargestellten Inhalt ist auch eine verhältnismäßige Maßnahme zur Gewährleistung der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter.

52

Die Anforderung der gesundheitlichen Eignung ist erforderlich, weil andere Maßnahmen das Lebenszeitprinzip beeinträchtigen und daher nicht gleich wirksam im Hinblick auf das angestrebte Ziel sind.

53

Sie ist auch angemessen. Bei den Beamten typischerweise übertragenen hoheitlichen Tätigkeiten geht es um die Aufgabenbereiche des Funktionsvorbehalts aus Art. 33 Abs. 4 GG, deren Wahrnehmung - gerade im Interesse des gesetzesunterworfenen Bürgers - die besonderen Verlässlichkeits-, Stetigkeits- und Rechtsstaatlichkeitsgarantien des Beamtentums erfordern (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 a.a.O. S. 261). Die besonderen Anforderungen an die Art und Qualität der Aufgabenerfüllung in diesen sensiblen Bereichen lassen es nicht zu, Abstriche von den Eignungsanforderungen zu machen und Bewerber einzustellen, deren vorzeitige Dienstunfähigkeit schon jetzt wahrscheinlich ist (vgl. zur Berücksichtigung der Art der Aufgaben und dem Ermessen der Mitgliedstaaten bei der Organisation ihrer öffentlichen Verwaltung EuGH, Urteil vom 8. September 2011 - Rs. C-177/10 - Slg. 2011, I-7907 Rn. 69 und 76; zum Interesse, eingestellte Beamte über einen hinreichend langen Zeitraum verwenden zu können, auch Urteil vom 12. Januar 2010 - Rs. C-229/08 - Slg. 2010, I-1 Rn. 43). Soweit - wie für die in Rede stehende Berufsgruppe der Lehrer - auch eine Tätigkeit als Tarifbeschäftigter möglich ist, betrifft die Ungleichbehandlung überdies nicht die Berufsausübung selbst, sondern nur deren rechtliche Ausgestaltung.

54

5. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Ersatz des Schadens zu, den er durch die rechtswidrige Ablehnung seiner Bewerbung erlitten hat. Es fehlt an dem hierfür erforderlichen Verschulden der Beklagten.

55

Ein derartiger Anspruch folgt nicht aus § 15 Abs. 1 AGG, weil der hierfür erforderliche Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen nicht vorliegt. Wie dargelegt ist die Anwendung des - herabgestuften - allgemeinen Prognosemaßstabs für die gesundheitliche Eignung auf diese Bewerbergruppe nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Ziff. i der RL (§ 3 Abs. 2 AGG) gerechtfertigt.

56

Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht auch ein Verschulden der Beklagten verneint (§ 15 Abs. 1 Satz 2 AGG). Sie hatte im Zeitpunkt der Ablehnung der Bewerbung des Klägers keinen Anlass, eine Behinderung anzunehmen. Weder hatte der Amtsarzt entsprechende Diagnosen getroffen noch hatte der Kläger einen Feststellungsbescheid vorgelegt (vgl. Beschluss vom 7. April 2011 - BVerwG 2 B 79.10 - juris Rn. 5).

57

Das Verschuldenserfordernis ist auch mit den Vorgaben des Rechts der Europäischen Union vereinbar. Art. 17 der RL schreibt keine bestimmten Sanktionen vor (EuGH, Urteil vom 25. April 2013 - Rs. C-81/12 - juris Rn. 60). Festgelegt ist lediglich, dass die Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen. Diesen Anforderungen genügt das nationale Recht, das in § 15 AGG ein abgestuftes Sanktionssystem etabliert (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 38).

58

Nach § 15 Abs. 2 AGG werden Entschädigungsansprüche verschuldensunabhängig gewährt. Damit ist sichergestellt, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot auch im Falle fehlenden Verschuldens nicht sanktionslos bleibt. Die Sanktionsregelung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist daher nicht ineffektiv: sie greift auch dann, wenn ein Vertretenmüssen des Arbeitgebers nicht nachgewiesen werden kann (vgl. hierzu EuGH, Urteile vom 8. November 1990 - Rs. C-177/88 - Slg. 1990, I-3941 Rn. 24 und vom 22. April 1997 - Rs. C-180/95 - Slg. 1997, I-2195 Rn. 22 zur Richtlinie 76/207/EWG). Das Haftungsmodell des § 15 AGG differenziert aber. Während der Arbeitgeber sich im Falle eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot einer Entschädigungszahlung nicht entziehen kann, wird die Verpflichtung zum Ersatz des materiellen Schadens - der erheblich höhere Beträge umfassen kann - an das hierfür im deutschen Schadensrecht generell erforderliche Vertretenmüssen (vgl. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) gebunden. Diese Abstufung entspricht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit (Art. 17 Satz 2 RL). Es wiegt ungleich schwerer und bedarf abschreckenderer Sanktionen, wenn ein Arbeitgeber den Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot zu vertreten hat oder sogar absichtlich begeht. Musste er dagegen bei seiner Entscheidung nicht vom Vorliegen einer Behinderung ausgehen, kann die Beschränkung einer Haftung auf eine Entschädigung für immaterielle Schäden nicht als unverhältnismäßig bewertet werden.

59

Schließlich hat der Kläger den Anspruch nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG geltend gemacht (vgl. zur Zulässigkeit der Fristenregelung EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - Rs. C-246/09, Bulicke - Slg. 2010, I-7003; BAG, Urteil vom 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - NJW 2013, 555; BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 5 C 16.10 - BVerwGE 139, 135 Rn. 32 und Beschluss vom 16. April 2013 - BVerwG 2 B 145.11 - juris Rn. 10). Die Beklagte hatte die Bewerbung mit Schreiben vom 31. Oktober 2006 unter Hinweis auf die gesundheitliche Verfassung des Klägers abgelehnt. Der Schriftsatz vom 21. November 2007, in dem der Kläger Schadensersatz verlangte, ging offensichtlich nach Ablauf der gesetzlichen Zweimonatsfrist ein.

60

Dem Kläger steht auch kein Schadensersatz wegen Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG zu.

61

Dieser Anspruch steht auch einem Bewerber um die Verbeamtung zu, weil auch Einstellung und Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe an Art. 33 Abs. 2 GG zu messen sind. Ein Bewerber kann deshalb Ersatz des ihm durch Nichteinstellung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Amtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Bewerbers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, wenn diese Rechtsverletzung für die Nichteinstellung des Bewerbers kausal war und wenn der Bewerber es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45 jeweils Rn. 16).

62

Auch insoweit fehlt es an einem Verschulden der Beklagten. Neben der Unkenntnis von der Behinderung des Klägers, die ihr nicht vorgeworfen werden kann, entsprach der angewandte Prognosemaßstab für die gesundheitliche Eignung dem damaligen Stand von Rechtsprechung und Schrifttum (Urteile vom 25. Februar 2010 a.a.O. jeweils Rn. 26 und vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 40).

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Entschädigungsberechtigte nach § 20 Abs. 3 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme bei dem nach § 54 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung dieser Personen über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist.

(2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt.

(1) Werden infolge von Landbeschaffungen Änderungen oder Neuordnungen von Gemeinde-, Schul- oder Kirchenverhältnissen oder von Anlagen im öffentlichen Interesse erforderlich, so trägt der Erwerber insoweit die Kosten, als die den öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen entstehenden Lasten und Nachteile nicht durch Vorteile ausgeglichen werden. § 4 Abs. 3 gilt sinngemäß.

(2) Werden infolge von Landbeschaffungen zur Beseitigung eines dringenden Wohnraumbedarfs Neubauten erforderlich, so hat der Bund die Erstellung des angemessenen Wohnraums zu gewährleisten.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.