Verwaltungsgericht Halle Urteil, 26. Nov. 2013 - 2 A 197/13

ECLI:ECLI:DE:VGHALLE:2013:1126.2A197.13.0A
26.11.2013

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Änderungsbescheid des Beklagten, mit dem er ihr nachträglich aufgibt, eine Bankbürgschaft zu leisten.

2

Die Klägerin betreibt ein Duales System nach der Verpackungsverordnung. Mit Bescheid vom 07. November 2007 erteilte das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt der Klägerin auf ihren Antrag vom 05. Februar 2007 eine Feststellung gemäß § 6 Abs. 3 der Verpackungsverordnung. Wörtlich lautet die Entscheidung wie folgt:

3

„1. Im Land Sachsen-Anhalt ist durch die Antragstellerin im Wege der Mitbenutzung der bislang von der Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH (DSD GmbH), der ISD INTERSEROH Dienstleistungs GmbH, der Landbell AG, der Vfw GmbH sowie der BellandVision GmbH genutzten Erfassungseinrichtungen ein System eingerichtet, das flächendeckend die regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen aus Glas, Weißblech, Kunststoffen, Aluminium, Papier, Pappe und Kartonagen sowie Verbunden beim privaten Endverbraucher oder in dessen Nähe in ausreichender Weise gewährleistet.“

4

Unter Ziff. 2 enthält die Feststellung mehrere Nebenbestimmungen. Die Ziff. 2.12 lautet wie folgt:

5

„Die Antragstellerin hat in den Antragsunterlagen vom 15.2.2007 eine Patronatserklärung beigebracht. Diese Bürgschaft ist unwiderruflich und unbefristet. Auf Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage gemäß §§ 770, 771 Bürgerliches Gesetzbuch ist zu verzichten. Die entsprechende Verzichtserklärung ist bis zum 31.12.2007 beim Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt einzureichen. Im Sicherungsfall sind die im System befindlichen Abfälle und der A. zuzurechnenden Abfälle durch die {C.}zu entsorgen. Auf Anforderung ist die zu stellende Sicherheit in alternativer Form (z. B. Bankbürgschaft) nachzuweisen.“

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In der Begründung heißt es dazu, dass die Forderung nach der Sicherheitsleistung in Ziff. 3 Abs. 3 Nr. 7 des Anhang I (zu § 6) Verpackungsverordnung begründet sei. Weiter heißt es unter Hinweise wörtlich: „Die vorliegende Feststellung kann auch nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen werden, die erforderlich sind, um die beim Erlass der Feststellung vorliegenden Voraussetzungen auch während des Betriebs des Systems dauerhaft sicher zu stellen (§ 6 Abs. 3 Satz 12 VerpackV).2

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Auf Blatt 43 des Verwaltungsvorgangs befindet sich eine „Patronatserklärung im Zusammenhang mit dem Antrag der A. auf Freistellung eines Systems nach § 6 Abs. 3 VerpackV“ der {C.}aus A-Stadt vom 05. Februar 2007. Weiter heißt es dort wörtlich: „In der vorbezeichneten Angelegenheit verpflichtet sich die REMONDIS AG & Co KG, im Feststellungszeitraum dafür Sorge zu tragen, dass die A. als Tochtergesellschaft jederzeit in der Lage ist, ihre Verpflichtungen im Falle der Einstellung des Systembetriebs zu erfüllen und die Kosten der Abwicklung im Hinblick auf die Entsorgung der dann noch im System befindlichen Verpackungsabfälle, jedoch beschränkt auf den auf die A. entfallenden Verpackungsanteil, zu tragen.“

8

Die zu diesem Zeitpunkt gültige Fassung von § 6 VerpackV (gültig ab 07. Januar 2006 bis 31. Dezember 2008) sah in Abs. 3 Satz 11 die in Rede stehende Feststellung der Behörde vor. § 6 Abs. 3 Satz 12 (VerpackV a. F.) lautete: „Die Feststellung kann auch nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen werden, die erforderlich sind, um die beim Erlass der Feststellung vorliegenden Voraussetzungen auch während des Betriebssystems dauerhaft sicher zu stellen“. Dieser Gesetzeswortlaut ist – wie ausgeführt - in den Hinweisen zu dem Feststellungsbescheid vom 07. November 2012 wiedergegeben. § 6 VerpackV wurde zum 02. April 2008 geändert. Die Neufassung sieht nunmehr die entsprechende Feststellung in § 6 Abs. 5 Satz 1 vor. Weiter heißt es in § 6 Abs. 5 Satz 2 und 3 VerpackV n. F. wie folgt:

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„Die Feststellung nach Satz 1 kann nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen werden, die erforderlich sind, um die beim Erlass der Feststellung vorliegenden Voraussetzungen auch während des Betriebs des Systems dauerhaft sicher zu stellen. Die für die Abfallwirtschaft zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde kann bei der Feststellung nach Satz 1 oder nachträglich verlangen, dass der Systembetreiber eine angemessene, insolvenzsichere Sicherheit für den Fall leistet, dass er oder die von ihm Beauftragten die Pflichten nach dieser Verordnung ganz oder teilweise nicht erfüllen und die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder die zuständigen Behörden Kostenerstattung wegen Ersatzvornahme verlangen können.“

10

Unter dem 23. Januar 2012 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass auf Grund der Änderungen der Verpackungsverordnung und des zunehmenden Wettbewerbs zwischen den Systemen die Prüfung der Form sowie eine Neufassung der Sicherheitsleistungen erforderlich seien. Die Länder hätten sich in der 24. Sitzung des Ausschusses für die Produktverantwortung der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall zur Gewährleistung eines einheitlichen Vollzugs auf die Art und die Berechnung der Sicherheitsleistung verständigt. In Abstimmung der Länder werde das durch die {D.} GmbH erarbeitete Berechnungsmodell befürwortet und zur Anwendung empfohlen. Er beabsichtige daher, den Nachweis in Form einer Bankbürgschaft aufzuerlegen und den Angleich an die sich ändernden Mengenanteile sowie Preise jährlich bis zum 01.10. des Folgejahres nachzuweisen. Der Kläger habe Gelegenheit, sich bis zum 29. Februar 2012 zu äußern.

11

Der Beklagte legte diesem Schreiben einen Entwurf des beabsichtigten Änderungsbescheides bei. Danach werde die Ziff. 2.12 (Sicherheitsleistung) geändert. Die Inhaberin des Bescheides habe anstelle der bisherigen Sicherheit spätestens bis 01. Oktober 2012 eine insolvenzfeste Sicherheit gemäß §§ 232 ff. BGB in Form einer Bankbürgschaft zu Gunsten des Landes Sachsen-Anhalt, vertreten durch das Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, dieses vertreten durch seinen Präsidenten, entsprechend den nachfolgend genannten Bedingungen beizubringen: Diese Bankbürgschaft sei unwiderruflich und befristet zu Gunsten des Landes auszustellen. Auf Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage gemäß §§ 770, 771 BGB sei zu verzichten.

12

Unter dem 13. Februar 2012 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, die beabsichtigte Eingrenzung des Sicherungsmittels auf eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft stelle eine nicht erforderliche Einschränkung dar. Die Verwaltungsvorschriften des Landes Sachsen-Anhalt sähen ausdrücklich eine Konzernbürgschaft als Sicherungsmittel vor. Die Bonität der Bürgin könne durch Vorlage aussagekräftiger Unterlagen eines unabhängigen Wirtschaftsprüfungsunternehmens belegt werden.

13

Unter dem 22. Februar 2012 hat der Beklagte der Klägerin offenbar mitgeteilt, dass Bankbürgschaften von allen Systembetreibern in Sachsen-Anhalt gefordert würden. Diese Forderung finde auch in Bescheiden aller Bundesländer ihren Ausdruck. Dieses Schreiben enthält allerdings den Zusatz „Entwurf“.

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Mit hier in Rede stehendem ersten Änderungsbescheid vom 12. März 2012 änderte der Beklagte den Feststellungsbescheid nach § 6 Abs. 3 VerpackV vom 07. November 2007 hinsichtlich der Nebenbestimmung 2.12 (Sicherheitsleistung), wie in dem Anhörungsschreiben und dem dort beigefügten Entwurf bereits angekündigt. Zur Begründung führte er aus, dass zu den Pflichten des Systembetreibers nicht nur die Entsorgung der bereits erfassten Verkaufsverpackungen, sondern u.a. auch schon die flächendeckende Abholung der Verkaufsverpackungen beim Endverbraucher und die Sauberhaltung der Sammelplätze gehöre. Die Sicherheit müsse nach dem neuen Gesetzeswortlaut „insolvenzsicher“ sein. Damit sei unter Bezugnahme auf die Begründung des Bundesrates klargestellt, dass das Sicherungsmittel grundsätzlich der Verfügungsbefugnis des Systembetreibers entzogen sei und im Insolvenzverfahren als vorrangig zu befriedigende Masseverbindlichkeit im Sinne des § 53 InsO zu behandeln sei. Als Mittel zur Absicherung einer Schuld sei die Bankbürgschaft allgemein anerkannt. Aufgrund der Änderungen in der Verpackungsverordnung und des zunehmenden Wettbewerbs zwischen den Systemen seien die Prüfung der Form sowie eine Neufassung der Sicherheitsleistung von Systemen erforderlich. Die Länder hätten sich in der 24. APV-Sitzung zur Gewährleistung eines einheitlichen Vollzuges auf die Art und die Berechnung der Sicherheitsleistung verständigt. Das von den Ländern befürwortete Modell der {D.} GmbH solle auch im Land Sachen-Anhalt Anwendung finden.

15

Hiergegen hat die Klägerin am 12. April 2012 bei dem erkennenden Gericht Klage erhoben. Das Sachgebiet des Abfallrechts ist von der zunächst zuständigen 3. Kammer (dort Aktenzeichen 3 A 96/12 HAL) im September 2013 auf die 2. Kammer übergegangen. Die Klägerin führt aus, dass es im Gegensatz zu Anhang I zu § 6 Nr. 2 Abs. 2 Nr. 3 VerpackV (siehe auch Anhang I zu § 6 Nr. 3 Abs. 3 Nr. 7 VerpackV a. F.) nicht um die Sicherstellung der Entsorgung bereits durch die Klägerin erfasster Mengen bei Einstellung ihres Systembetriebs gehe, sondern um eine Sicherheitsleistung für einen Kostenerstattungsanspruch der daraus resultiere, dass die Klägerin irgendeiner sie nach der Verpackungsverordnung treffenden Handlungspflicht nicht nachkomme und die Behörde im Wege der Ersatzvornahme mit der Folge eines Kostenerstattungsanspruchs eingreife.

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Die geleistete Konzernbürgschaft der Konzernmuttergesellschaft der Klägerin, der REMONDIS AG & Co KG mit Sitz in A-Stadt, sei nach wie vor ausreichend. Sie sei weltweit tätig und verfüge über ein Eigenkapital von 1.002.618.000,00 EUR, wovon lediglich 80.000.000,00 EUR Haftkapital darstellten. Die {C.}sei von der Deutschen Bundesbank als notenbankfähig eingestuft worden. Dies bedeute, dass Banken Forderungen gegenüber der {C.}ihrerseits zum Zwecke der eigenen Refinanzierung einsetzen könnten. Gemäß Art. 18.1 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) seien für alle Kreditgeschäfte des Eurosystems notenbankfähige Sicherheiten zu leisten. Als notenbankfähige Sicherheiten könnten auch Kreditforderungen an Handel und Industrie eingesetzt werden. Voraussetzung sei jedoch, dass der Schuldner die hohen Bonitätsanforderungen erfülle, die das Eurosystem festgelegt habe. Dabei stütze sich das Eurosystem unter anderem auf Ergebnisse von Rating-Agenturen und interne Bonitätsanalyseverfahren der nationalen Zentralbanken. Der Bonitätsschwellenwert für notenbankfähige Sicherheiten entspreche grundsätzlich „BBB“ (Investmentgrade). Das Eurosystem betrachte eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 0,4 % über einen Zeithorizont von einem Jahr als Äquivalent zu diesem Schwellenwert. Diese Voraussetzungen erfülle ihre Muttergesellschaft. Selbst wenn der Beklagte höhere Schwellenwerte als das europäische System der Zentralbanken ansetzen dürfte, müssten zumindest andere Bürgen als Banken zugelassen werden, beispielsweise die {E.} Versicherungs AG, die sogar mit AA geratet worden sei. Sowohl die Möglichkeit eines Kreditversicherers, aber erst Recht die Konzernbürgschaft, wäre für die Klägerin weniger belastend als die Stellung einer Bankbürgschaft. Denn hierfür würden Avalzinsen geschuldet, die ein beträchtliches Ausmaß annehmen könnten. Denn die Höhe der jeweils zu stellenden Bürgschaft sei abhängig von dem jeweiligen Marktanteil der Klägerin im dualen System, der wiederum ständig variiere. Die Konzernbürgschaft könne die Klägerin demgegenüber unentgeltlich beschaffen. Eine Bankbürgschaft reduziere zudem den Kreditrahmen der Klägerin, weil – obwohl die Bürgschaft nur das Risiko einer Inanspruchnahme begründe – der Bürgschaftsbetrag von Banken wie eine tatsächlich in Anspruch genommene Kreditlinie bewertet werde. Die Bürgschaft eines Kreditversicherers wäre zwar entgeltlich, würde die Klägerin aber weniger belasten als eine Bankbürgschaft.

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Die Klage habe bereits deshalb Erfolg, weil es an einer wirksamen Rechtsgrundlage fehle. Denn § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV sei unwirksam. Dieser müsse sich an Art. 80 Abs. 1 Satz 1 und 2 Grundgesetz messen lassen, wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß durch Gesetz bestimmt seien. Der einzig in Betracht kommende § 24 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG (a. F.), wonach „geeignete Maßnahmen“ zur Sicherstellung der Rückgabe der Verkaufsverpackungen getroffen werden könnten, reiche nicht aus. Eine Sicherheitsleistung sei zudem auch keine geeignete Maßnahme zur Sicherstellung der Rückgabe von Verkaufsverpackungen. Außerdem lasse § 24 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG nicht hinreichend deutlich erkennen, mit welchen Regelungen die Betroffenen genau rechnen müssten. Insbesondere sei auf Grund dieser gesetzlichen Grundlage nicht vorhersehbar, dass eine Bankbürgschaft als Sicherheitsleistung geschuldet sei. Andere Rücknahmesysteme sähen schließlich keine Sicherheitsleistungen vor (§ 6 Abs. 3 BatterieG, § 8 AltölV, § 3 HKWAbfV und § 9 Abs. 8 ElektroG). Soweit in KrW-/AbfG Rechtsgrundlagen für Sicherheitsleistungen durch Rechtsverordnungen geschaffen worden seien, seien eindeutige und entsprechend konkrete Regelungen vorhanden z. B. § 36 c Abs. 4 i. V. m. § 32 Abs. 3 KrW-/AbfG.

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Selbst wenn aber § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV wirksam wäre, wäre die Anordnung zur Stellung der Sicherheit ausschließlich in Form der Bankbürgschaft ermessensfehlerhaft. Der in Bezug genommene Maßstab der §§ 232 ff. BGB setze nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch Maßstäbe für die Vergleichbarkeit von Sicherheitsleistungen. Insoweit obliege das in § 232 BGB vorgesehene Wahlrecht dem Schuldner und nicht dem Gläubiger. Schließlich sei der Ausschluss der Konzernbürgschaft unverhältnismäßig, weil eine Konzernbürgschaft den Schuldner am wenigsten belaste. Die {C.}könne dem Vergleich mit nationalen und internationalen Banken hinsichtlich der Bonität Stand halten. Sie sei – wie ausgeführt - notenbankfähig. Es gäbe zudem auch Banken, die insoweit (lediglich) über ein Ranking von BBB verfügten. Zudem gäbe es auch Banken mit lediglich CCC-Rating. Eine Bankbürgschaft zeuge also nicht zwangsläufig von einer besseren Bonität als die Konzernbürgschaft. Die Konzernbürgschaft sei auch im Abfallrecht anerkannt. So sei die ehemalige TA-Abfall Nr. 3.2.1 von einer Konzernbürgschaft als ein taugliches insolvenzfestes Sicherungsmittel ausgegangen. Auch der fünfte Runderlass des MLU Sachsen-Anhalt vom 20. Januar 2005 zur Sicherheitsleistung für Abfallentsorgungsanlagen benenne die Konzernbürgschaft als taugliches Sicherungsmittel im Sinne von § 232 BGB.

19

Der Verwaltungsaufwand für die Bonitätsprüfung sei auch gering. Denn sie, die Klägerin, könne unaufgefordert jährlich die Notenbankfähigkeit ihrer Konzernmutter vorlegen. Schließlich fehle es an der erforderlichen Bestimmtheit der Regelung, weil die Höhe der zu leistenden Bankbürgschaft nicht geregelt sei.

20

Die Klägerin beantragt,

21

den ersten Änderungsbescheid des Beklagten vom 12. März 2012 zum Feststellungsbescheid vom 07. November 2007 (System {F.}) aufzuheben.

22

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

24

Der angefochtene Änderungsbescheid stütze sich auf § 6 Abs. 5 VerpackV. Diese Vorschrift sei wirksam, insbesondere von der Ermächtigung des § 24 Krw-/AbfG erfasst. Durch § 6 VerpackV werde eine Pflicht zur Gewährleistung der flächendeckenden Rücknahme von Verkaufsverpackungen eingeführt, die beim privaten Endverbraucher anfallen. Es werde damit genau die Programmformel des Gesetzgebers aus § 24 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG umgesetzt. Er, der Beklagte, habe das ihm zustehende Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Die im Rahmen der 5. Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung eingefügte Vorschrift diene ausweislich der Gesetzesbegründung dazu, eine starke Sicherheit für den Fall zu haben, dass der Systembetreiber oder die von ihm Beauftragten die Pflichten nach der Verpackungsverordnung nicht oder teilweise nicht erfüllten. Es müsse mithin ein unabhängiges Sicherungsmittel vorliegen, das auch insolvenzsicher sei. Der Ausschluss der Konzernbürgschaft sei ermessensfehlerfrei, weil eine wirtschaftliche Abhängigkeit zwischen Tochtergesellschaft zur Muttergesellschaft bestehe. Insoweit sei die Konzernbürgschaft vom Grundsatz her risikobehafteter als die Bürgschaft eines großen Kreditinstituts (unter Bezugnahme auf Güntzer-Hammacher, Handbuch der Auftragsabwicklung, 3. Auflage 2007, 241). Es führe zu einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand, wenn die Behörde regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Muttergesellschaft prüfen müsse. Dass die Konzernbürgschaft einer (unabhängigen) Bankbürgschaft nicht gleichwertig sei, sei auch aus dem Umstand ersichtlich, dass die Klägerin keine Zinsen für die Konzernbürgschaft zu zahlen habe, aber Avalzinsen gleichwohl. Aus der Notenbankfähigkeit der Muttergesellschaft folge nichts anderes. Zwar sei für die Erlangung der Notenbankfähigkeit ein Bonitätsschwellenwert von BBB erforderlich. Ein solches Rating reiche allerdings nicht an eine typische Sicherheit von Bankbürgschaften heran, die in aller Regel ein „A-Rating“ erhielten. Aus dem Umstand, dass einzelne ausländische Banken in Folge der Finanzkrise ein niedrigeres Rating erhalten hätten, könne sich nichts Anderes ergeben. Eine sogenannte „harte Patronatserklärung“ reiche auch nach dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg nicht aus (Beschluss vom 21. Dezember 2011, OVG 11 S 62/11). Das BBB-Rating der {C.}in die IFD-Rating-Stufen (Initiative Finanzstandort Deutschland) ergebe jedenfalls kein Rating der IFD-Stufe 1. Ein solches sei nur erreicht bei einem maximalen Ausfallrisiko von 0,3 %. Indem der Beklagte eine Bankbürgschaft als Sicherungsmittel zulasse, komme sie dem Schuldner schon im Sinne des § 232 BGB entgegen. Denn der Beklagte verlange insbesondere keine Sicherungsmittel nach § 232 Abs. 1 BGB, die mit noch deutlich stärkeren Belastungen einhergingen. Auch andere Vorschriften schlössen die Abgabe von Patronatserklärungen aus: so z. B. § 8 a des Altersteilzeitgesetzes. In der Seeanlagenverordnung sei ausdrücklich die Beibringung einer Konzernbürgschaft ermöglicht, was aber in der hier in Rede stehenden Verpackungsverordnung gerade nicht der Fall sei. Der Beklagte behandele auch die anderen Systembetriebe gleich und fordere von diesen eine Bankbürgschaft. Gerade auf dem breiten Markt der Kreditversicherer seien sehr unterschiedliche Ratings anzutreffen. Zudem habe die Klägerin erstmals in der Klageschrift ihre Bereitschaft zur Beibringung einer Bürgschaft eines Kreditversicherers signalisiert. Bisher sei lediglich die Konzernbürgschaft durch ihre Muttergesellschaft als Austauschmittel angeboten worden. Einer der Marktführer der Kreditversicherer in Deutschland, die {G.} Deutschland AG sei ihrer Herabstufung durch die Rating-Agentur Standard & Poor’s dadurch zuvor gekommen, dass sie nunmehr ganz auf ein Rating verzichte (unter Bezugnahme auf Financial Times Deutschland vom 20. September 2010). Insoweit sei es für den Beklagten nicht praktikabler, Rückversicherer als Sicherungsgeber zuzulassen. Der Ausschuss für die Produktverantwortung der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall habe in seiner 24. Sitzung am 01. und 02. Juni 2010 in Lutherstadt Wittenberg einheitliche Maßstäbe für die Berechnung der Höhe der Sicherheiten festgelegt. Unter Zugrundelegung des Basisjahres 2011 belaufe sich die beizubringende Bankbürgschaft für die Klägerin voraussichtlich auf 5.305,32 EUR. Die Höhe der Sicherheitsleistungen sei zwar in Zukunft Schwankungen unterworfen. Denn sie sei abhängig von den Marktanteilen der Klägerin. Der in Betracht kommende Betrag sei für die Klägerin aber nicht unverhältnismäßig hoch. Schließlich habe er bereits in seinem Feststellungsbescheid vom 07. November 2007 einen Auflagenvorbehalt bestimmt.

25

Der Verwaltungsaufwand für die jährliche Anpassung der Sicherheiten sämtlicher Systembetreiber sei für sie niedriger als die jeweilige wirtschaftliche Bewertung der jeweiligen Konzernbürgschaft. Denn die Höhe der Sicherheit werde anhand des von der {D.} GmbH erarbeiteten Berechnungsmodells ermittelt, das den Ländern zur Anwendung empfohlen wurde.

26

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

27

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

28

Der angefochtene Änderungsbescheid vom 12. März 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

29

Die angefochtene Verfügung dürfte bereits rechtsfehlerfrei auf den (mit seinen Nebenbestimmungen) bestandskräftigen Feststellungsbescheid vom 07. November 2007 zu stützen sein. In Ziff. 2.12 Satz 5 hat sich der Beklagte ausdrücklich vorbehalten, auf Anforderung eine Sicherheit in alternativer Form (nach-)zufordern. Insoweit sah bereits die Verpackungsverordnung (a. F.) im § 6 Abs. 3 Satz 12 vor, dass die Feststellung nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen werden kann, die erforderlich sind, um die im Zeitpunkt der Feststellung vorliegenden Voraussetzungen auch während des Betriebs des Systems dauerhaft sicherzustellen.

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Dies bedarf aber keiner Vertiefung. Denn der Beklagte hat den Bescheid jedenfalls (auch) zulässigerweise auf § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV n.F. gestützt. Nach dieser Vorschrift kann die für die Abfallwirtschaft zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde bei der Feststellung nach Satz 1 oder nachträglich verlangen, dass der Systembetreiber eine angemessene, insolvenzsichere Sicherheit für den Fall leistet, dass er oder die von ihm Beauftragten die Pflichten nach dieser Verordnung ganz oder teilweise nicht erfüllen und die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder die zuständigen Behörden Kostenerstattung wegen Ersatzvornahme verlangen können.

31

Diese Vorschrift ist wirksam. Insbesondere verstößt sie nicht gegen Bundesrecht. Die Kammer hat keine Zweifel, dass die in Rede stehende Vorschrift über die Sicherheitsleistung von der Ermächtigung aus § 24 Abs. 1 Ziff. 2 KrW-/AbfG a. F. (vgl. nunmehr auch § 25 Abs. 1 Ziff. 2 KrWG) ausreichend im Sinne des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG umfasst ist. Denn diese Ermächtigungsgrundlage bestimmt Inhalt, Zweck und Ausmaß auch hinsichtlich einer Sicherheitsleistung. Durch diese Vorschrift wird die Bundesregierung zur Festlegung von Anforderungen gemäß § 22 ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 60) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass Hersteller oder Vertreiber 1. (…), 2. bestimmte Erzeugnisse zurückzunehmen und die Rückgabe durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch Rücknahmesysteme oder durch Erhebung eines Pfandes, sicherzustellen haben. § 22 betrifft die Produktverantwortung. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 trägt derjenige zur Erfüllung der Ziele der Kreislaufwirtschaft die Produktverantwortung, der Erzeugnisse entwickelt, herstellt, be- und verarbeitet oder vertreibt. Die Ziele der Kreislaufwirtschaft ergeben sich aus § 1 des Gesetzes, wonach der Zweck des Gesetzes die Förderung der Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen und die Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen ist. Die Pflicht zur Abfallvermeidung bestimmt sich nach § 5 KrW-/AbfG unter anderem auch nach den auf Grund der §§ 23 und 24 erlassenen Rechtsverordnungen (vgl. zu alledem auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Oktober 2005, OVG 12 B 3.05, zitiert aus juris, Rn. 84). Die Regelung über die Sicherheitsleistung hält sich nach Überzeugung des Gerichts im Rahmen der Ermächtigung. Die Verpackungsverordnung bezweckt, die Auswirkung von Verpackungsabfällen auf die Umwelt zu vermeiden und zu verringern, wobei Verpackungsabfälle in erster Linie zu vermeiden sind (§ 1 VerpackV). Letztlich dient die Sicherheitsleistung dazu, die Produktverantwortung nach § 22 KrW-/AbfG umzusetzen. Sie ist Bestandteil der Sicherung der Rückgabe in einem Rücknahmesystem. § 24 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG ist offen und fordert lediglich „die Rückgabe durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch Rücknahmesysteme oder durch Erhebung eines Pfandes, sicher zu stellen“. Beide Möglichkeiten (Rücknahmesystem oder Pfanderhebung) müssen geeignet sein, die Abfallbesitzer dazu zu veranlassen, die aus den Erzeugnissen entstandenen Abfälle zurückzugeben. Diese Rücknahme muss „gesichert“ sein im Sinne der Vorschrift. Ziel der Änderungsverordnung ist es nach dem Verordnungsgeber, die haushaltsnahe Entsorgung von Verkaufsverpackungen dauerhaft sicherzustellen und faire Wettbewerbsbedingungen zwischen den Wirtschaftsbeteiligten zu schaffen (BT-Drucks 16/6400). Hierzu leistet die Sicherheitsleistung in § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV n. F. ihren Anteil.

32

Das Kreislaufwirtschaftsgesetz ist durchzogen mit Ermächtigungen für den Erlass von Rechtsverordnungen. Nach dem dualen System sollen nach europarechtlichen Vorgaben Hersteller und Vertreiber von Verpackungen verpflichten werden, gebrauchte Verpackungen zurückzunehmen und ordnungsgemäß zu verwerten. Hierfür sieht die Verpackungsverordnung ein umfangreiches Modell für die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen vor. Dieses Modell findet – wie ausgeführt – seine gesetzlich Ermächtigung in § 24 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG a.F. So sind Gegenstand des Modells, dass die o.g. Pflichten bei Verpackungen entfallen, für die sich der Hersteller oder Vertreiber an einem System beteiligt, das flächendeckend eine regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher oder in dessen Nähe in ausreichender Weise gewährleistet und die ordnungsgemäße Verwertung sicherstellt (§ 6 Abs. 3 VerpackV). Die zuständige Behörde stellt auf Antrag des Systembetreibers fest, dass ein Sammelsystem nach § 6 Abs. 3 Satz 1 VerpackV flächendeckend eingerichtet ist (§ 6 Abs. 3 Satz 11 VerpackV a. F.). Die zuständige Behörde kann die Systemfeststellung widerrufen, sobald und soweit sie feststellt, dass die in § 6 Abs. 3 Satz 1 VerpackV genannten Anforderungen nicht mehr eingehalten werden (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VerpackV a. F.). § 6 Abs. 5 VerpackV regelt dabei zunächst in den Sätzen 1 und 2 die Art und Weise der Feststellung der flächendeckenden Einführung eines Rücknahmesystems und die Möglichkeit zum Erlass von Nebenbestimmungen. Mit § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV nutzt der Verordnungsgeber die Möglichkeit, die Rückgabe durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, wie es die Ermächtigungsgrundlage in § 24 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG a.F. (vgl. § 25 Abs. 1 Nr. 2 KrWG) vorsieht. Denn die Sicherheit kann dann eingesetzt werden, wenn der Systembetreiber oder die von ihm Beauftragten die Pflichten aus der Verpackungsverordnung ganz oder teilweise nicht erfüllten. Indem § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV weiter vorschreibt, dass die Sicherheit nur für den Fall genutzt werden könne, in dem die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder die zuständigen Behörden Kostenerstattung wegen einer Ersatzvornahme verlangen könnten, wird deutlich, dass mit der Vorschrift nur das Ziel verfolgt werde, die Rücknahme der in Verkehr gebrachten Erzeugnisse zu sichern. Die Leistung von Sicherheiten durch den Systembetreiber stellt damit (lediglich) ein Detail des umfangreichen Modells mit dem Umgang von Verpackungsabfällen dar, das von der Verpackungsverordnung umfassend geregelt wird.

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Insoweit ist die Leistung einer Sicherheit auch nicht systemfremd. Schließlich sieht das Gesetz selbst bereits bei einer Abfallbeseitigungsanlage nach § 32 Abs. 3 KrW-/AbfG a. F. (vgl. nunmehr § 36 Abs. 3 KrW-/AbfG) eine Sicherheitsleistung vor.

34

Aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 2008 (7 C 50/07) folgt nichts anderes. Im Gegenteil spricht diese Entscheidung eher für die hier in Rede stehende Rechtsauffassung. Danach überschreitet § 19 Abs. 4 Satz 2 letzte Alternative DepV, der betriebliche Rückstellungen als gleichwertige Sicherheit zulässt, die Grenzen der Ermächtigungsgrundlage des § 36 c Abs. 4 KrW-/AbfG und ist damit unwirksam, soweit handelsrechtlich zu bildende betriebliche Rückstellungen als gleichwertige Sicherheit zugelassen werden. Zur Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass diese betrieblichen Rückstellungen nicht insolvenzsicher seien. Mithin sei die Depotverordnung zu weitgehend und überschreite damit Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigungsgrundlage, weil die Ermächtigungsgrundlage engere, frühere Anforderungen an die Sicherheitsleistung stelle. Mit der Formulierung in § 32 Abs. 3 KrW-/AbfG hebe das Gesetz ersichtlich auf die Bestimmung des § 232 BGB ab (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2008, 7 C 50/07). Könnten betriebliche Rückstellungen wegen ihrer fehlenden Insolvenzfestigkeit nicht als gleichwertig mit den in § 232 BGB genannten Sicherheitsleistungen bezeichnet werden, überschreite § 19 Abs. 4 Satz 2 letzte Alternative DepV den Zweck der Ermächtigungsgrundlage und damit die durch diese gezogenen Grenzen.

35

Auch die zivilrechtliche Rechtsprechung spricht für diese Rechtsauffassung: Eine Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen eines VOB-Vertrages, wonach der Gewährleistungseinbehalt ausschließlich durch eine Bankbürgschaft abgelöst werden könne, stelle auch keine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers dar und sei mit dem AGB-Recht vereinbar (LG München I, Urteil vom 29. Mai 2008, 2 O 1977/07 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 13. November 2003, VII ZR 57/02 und OLG Dresden, Beschluss vom 23. September 2004, 12 U 1161/04). Der Auftragnehmer sei nicht übermäßig beschränkt, wenn er als Bürgen eine Bank zu stellen habe und sein Wahlrecht insoweit eingeschränkt sei.

36

Die Begründung von präventiven Nachsorgepflichten ist dem öffentlichen Recht auch im Übrigen nicht unbekannt. So bestimmt § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB, für bestimmte Vorhaben eine Rückbausicherheit (Vgl. dazu nur BVerwG, Urteil vom 07. Oktober 2012, 4 C 5/11, vorhergehend OVG LSA, Urteil vom 12. Mai 2011, 2 L 239/09; siehe zudem auch die Rückbausicherheit nach § 71 Abs. 3 S. 2 BauO LSA).

37

§ 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV ist auch anwendbar. Eines Rückgriffs auf die §§ 48, 49 VwVfG über die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten bedarf es mithin nicht, weil diese Vorschrift die zuständige Behörde spezialgesetzlich ermächtigt, nachträglich eine angemessene, insolvenzsichere Sicherheit zu verlangen. Denn bei § 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV handelt es sich um das maßgebliche Fachrecht mit der Folge, dass es eines Rückgriffs auf die Grundsätze über Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten nicht bedarf (vgl. hierzu allgemein OVG LSA, Urteil vom 25. Oktober 2012, 2 L 87/11 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1982, 7 C 42.80, BVerwGE 65, 313 [390]). Der Beklagte darf von der Klägerin mithin nachträglich, also in Änderung seines Feststellungsbescheids vom 07. November 2007, die Beibringung einer Bankbürgschaft verlangen.

38

Der Bescheid ist auch formell rechtmäßig, insbesondere hinreichend bestimmt i.S.d. § 37 VwVfG. Regelungsgegenstand war die Änderung der Art der zu leistenden Sicherheit. Die Höhe der Sicherheitsleistung darf später bestimmt werden.

39

Die nachträgliche Forderung der Beibringung einer Bankbürgschaft ist auch nicht ermessensfehlerhaft.

40

Der angefochtene Änderungsbescheid lässt zunächst unter Berücksichtigung des Anhörungsschreibens noch hinreichend deutlich eine Ermessensentscheidung erkennen. Zwar ist in dem angefochtenen Bescheid der Begriff „Ermessen“ nicht ausdrücklich erwähnt. Aus der Formulierung, dass die „Prüfung“ der Form einer beizubringen Sicherheit erforderlich sei, ist noch hinreichend deutlich erkennbar, dass sich der Beklagte in seiner Entscheidung nicht gebunden gesehen hat, sondern eine Entscheidung wegen der eingetretenen tatsächlichen und rechtlichen Veränderungen vom Ergebnis seiner Prüfung abhängig machen wollte. Das Entschließungsermessen, die geforderte Sicherheit in Form der Bankbürgschaft zu verlangen, hat der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die Neufassung des § 6 Abs. 5 VerpackV n.F. und die Absprachen in der Bund-Länder Arbeitsgruppe gestützt. Es ist zudem rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Erkenntnisse und Ergebnisse des Ausschusses für Produktverantwortung der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (24. Sitzung am 01./02. Juni 2010 in Lutherstadt Wittenberg) über eine einheitliche Verwaltungsübung in allen Bundesländern zur Art der Sicherheitsleistung und den Maßstäben für die Berechnung ihrer Höhe übernommen hat.

41

Es ist rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die die Klägerin weniger belastende Konzernbürgschaft nicht als gleich geeignetes Mittel angesehen hat. Unabhängig davon, ob die Konzernbürgschaft unter gewissen Voraussetzungen auch die eines „tauglichen Bürgen“ im Sinne des § 239 BGB erfüllt, heißt es in dem Handbuch zur Auftragsabwicklung von Güntzer/Hammacher auf Seite 241 unter „11.3.3.6 tauglicher Bürge“ wörtlich wie folgt: „Die Erfahrung hat gezeigt, dass in kritischen Zeiten die Insolvenz der Mutter auch die Insolvenz der Tochter nachzieht, bzw. dass die Insolvenz einer bedeutenden Tochter auch zur Insolvenz des ganzen Konzerns führen kann. Die Konzernbürgschaft ist deshalb vom Grundsatz her risikobehafteter als die Bürgschaft eines großen Kreditinstituts. Das muss von Fall zu Fall entschieden werden; mangels eigener Erkenntnisse wird sich der Vertragspartner dabei auf Bonitätsaussagen Dritter verlassen müssen. Ist im Vertrag nur allgemein von „geeignetem Bürgen“ oder „Bank oder Versicherung“ die Rede, sind alle Kreditinstitute oder Kreditversicherer, die in der europäischen Union zugelassen sind, taugliche Bürgen“ (vgl. Fundstelle http://buchs.google.de)

42

Eine Bankbürgschaft wird hingegen von einem Dritten geleistet, der außerhalb der konzernrechtlichen Verflechtungen steht. Eine Bank ist also unabhängig von den gesellschaftsrechtlichen Bindungen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Systembetreibers. Darüber hinaus stellt eine Bankbürgschaft ein allgemein anerkanntes, übliches Sicherungsmittel dar, das typischerweise zur Absicherung von Verbindlichkeiten oder Risiken dient. Die Forderung einer Bankbürgschaft ist mithin auch für die öffentliche Hand nicht besonders begründungsbedürftig. So heißt es z.B. in Jarass/Ruchay/Weidemann (KrW-/AbfG, § 32, Rn. 136, 11. Ergänzungslieferung September 2002) zur Sicherheitsleistung bei Abfallbeseitigungsanlagen, dass die Bestellung einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft „üblich“ sei.

43

Der Beklagte muss als Austauschmittel mithin nicht die (bereits vorgelegte) Konzernbürgschaft der weltweit tätigen REMONDIS AG & Co KG - 500 Standorte in 34 Ländern – anerkennen. Insoweit stellt es einen zulässigen sachlichen Grund dar, dass der Beklagte nunmehr pauschal auf Bankbürgschaften besteht und nicht im Einzelnen die Bonität der jeweiligen Muttergesellschaften oder Kreditversicherer zu prüfen hat, die bekanntlich gesellschaftsrechtlichen und wirtschaftlichen Veränderungen unterliegen. Insbesondere die gesetzlich vorgesehene Voraussetzung der „Insolvenzfestigkeit“ der Sicherheit mutet es den Sicherungsgebern zu, nunmehr kostenpflichtige Bankbürgschaften zu leisten.

44

Der Umstand, dass vereinzelte ausländische Kreditinstitute (z. B. griechische) auf Grund der Finanzkrise ein schlechteres Rating als der betreffende Konzern haben, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dies sind untypische Ausnahmefälle, die im Rahmen der Verwaltungspraktikabilität des Beklagten keine Berücksichtigung finden müssen.

45

Der Sicherungsgeber, hier die Klägerin, wird hierdurch nicht unzumutbar belastet. Nach der von dem Beklagten vorgelegten Berechnung, die die Klägerin nicht bestritten hat, beliefe sich die von der Klägerin zu leistende Sicherheit auf voraussichtlich rund 5.305,32 EUR. Ein solcher Betrag ist nach Überzeugung der Kammer mit Blick auf die wirtschaftliche Bedeutung und den Umsatz des Unternehmens ohne weiteres tragbar. Darüber hinaus ist die Klägerin durch den angefochtenen ersten Änderungsbescheid auch nicht unverhältnismäßig beschwert, weil durch den Auflagenvorbehalt unter Ziff. 2.12 des Feststellungsbescheids vom 07. November 2007 bereits die Zulässigkeit der Anforderung einer alternativen Sicherheit durch z. B. Bankbürgschaft vorbehalten war, die Klägerin mithin mit einer entsprechenden Nachforderung rechnen musste. Zudem sah auch die vorherige Gesetzesfassung eine nachträgliche Änderung des Feststellungsbescheids vor.

46

Zudem durfte der Beklagte auch den Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität im Rahmen seiner Ermessensausübung berücksichtigen. Das Vorbringen, für ihn sei die jährliche Anpassung der Sicherheiten praktikabler als die jeweilige Bonitätsprüfung des (Konzern-) Bürgen begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

47

Schließlich darf der Beklagte seine Ermessensentscheidung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Er trägt insoweit unwidersprochen vor, er fordere nunmehr von allen Systembetreibern eine Bankbürgschaft.

48

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

49

Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung nach §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Halle Urteil, 26. Nov. 2013 - 2 A 197/13

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Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes


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Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 37 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes; Rechtsbehelfsbelehrung


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Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat (Einrede der Vorausklage). Erhebt der Bürge die Einrede der Vorausklage, ist die Verjähr

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(1) Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten.

(2) Die gleiche Befugnis hat der Bürge, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann.

Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat (Einrede der Vorausklage). Erhebt der Bürge die Einrede der Vorausklage, ist die Verjährung des Anspruchs des Gläubigers gegen den Bürgen gehemmt, bis der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat.

(1) Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten.

(2) Die gleiche Befugnis hat der Bürge, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann.

Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat (Einrede der Vorausklage). Erhebt der Bürge die Einrede der Vorausklage, ist die Verjährung des Anspruchs des Gläubigers gegen den Bürgen gehemmt, bis der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat.

Aus der Insolvenzmasse sind die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten vorweg zu berichtigen.

(1) Wer gewerbsmäßig Verbrennungsmotoren- oder Getriebeöl an Endverbraucher abgibt, hat vor einer Abgabe eine Annahmestelle nach Absatz 2 für solche gebrauchten Öle einzurichten oder eine solche durch entsprechende vertragliche Vereinbarung nachzuweisen. Bei der Abgabe an private Endverbraucher ist durch leicht erkennbare und lesbare Schrifttafeln am Ort des Verkaufs auf die Annahmestelle nach Absatz 2 hinzuweisen.

(2) Die Annahmestelle muss gebrauchte Verbrennungsmotoren- oder Getriebeöle bis zur Menge der im Einzelfall abgegebenen Verbrennungsmotoren- und Getriebeöle kostenlos annehmen. Sie muss über eine Einrichtung verfügen, die es ermöglicht, den Ölwechsel fachgerecht durchzuführen.

(3) Befindet sich die Annahmestelle nicht am Verkaufsort, so muss sie in einem solchen räumlichen Zusammenhang zum Verkaufsort stehen, dass ihre Inanspruchnahme für den Käufer zumutbar ist.

(4) Die Absätze 1 bis 2 gelten sinngemäß auch für Ölfilter und beim Ölwechsel regelmäßig anfallende ölhaltige Abfälle.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend, wenn für den gewerbsmäßigen Verkauf von Verbrennungsmotoren- und Getriebeölen an Endverbraucher Fernkommunikationsmittel verwendet werden.

(1) Wer als Vertreiber Lösemittel in Mengen von 10 l oder mehr innerhalb eines Monats an einen Betreiber der in § 1 Abs. 1 genannten Anlagen abgibt, ist verpflichtet, von diesem Betreiber die nach § 2 Abs. 2 unvermischten gebrauchten Lösemittel zurückzunehmen oder die Rücknahme durch einen von ihm zu bestimmenden Dritten sicherzustellen.

(2) Die Rücknahmeverpflichtung nach Absatz 1 bezieht sich auf Art und Menge der abgegebenen Lösemittel, zuzüglich der verfahrensbedingt bei ordnungsgemäßem Gebrauch hinzugekommenen oder hinzugefügten sonstigen Stoffe oder Zubereitungen.

(1) Elektro- und Elektronikgeräte, die nach den in § 3 Nummer 4 genannten Zeitpunkten in Verkehr gebracht werden, sind vor dem Inverkehrbringen auf dem europäischen Markt dauerhaft so zu kennzeichnen, dass der Hersteller eindeutig zu identifizieren ist und festgestellt werden kann, dass das Gerät nach dem jeweiligen in § 3 Nummer 4 genannten Zeitpunkt erstmals auf dem europäischen Markt in Verkehr gebracht wurde.

(2) Die Geräte nach Absatz 1 sind außerdem mit dem Symbol nach Anlage 3 dauerhaft zu kennzeichnen. Sofern es in Ausnahmefällen auf Grund der Größe oder der Funktion des Elektro- oder Elektronikgerätes erforderlich ist, ist das Symbol statt auf dem Gerät auf die Verpackung, die Gebrauchsanweisung oder den Garantieschein für das Elektro- oder Elektronikgerät aufzudrucken. Satz 2 gilt auch für die Kennzeichnung mit Blick auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens nach Absatz 1, sofern die Kennzeichnung gemeinsam mit dem Symbol nach Satz 1 erfolgt.

(1) Wer Sicherheit zu leisten hat, kann dies bewirken
durch Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren,
durch Verpfändung von Forderungen, die in das Bundesschuldbuch oder in das Landesschuldbuch eines Landes eingetragen sind,
durch Verpfändung beweglicher Sachen,
durch Bestellung von Schiffshypotheken an Schiffen oder Schiffsbauwerken, die in einem deutschen Schiffsregister oder Schiffsbauregister eingetragen sind,
durch Bestellung von Hypotheken an inländischen Grundstücken,
durch Verpfändung von Forderungen, für die eine Hypothek an einem inländischen Grundstück besteht, oder durch Verpfändung von Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken.

(2) Kann die Sicherheit nicht in dieser Weise geleistet werden, so ist die Stellung eines tauglichen Bürgen zulässig.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Zur Festlegung von Anforderungen nach § 23 wird die Bundesregierung ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass Hersteller oder Vertreiber

1.
bestimmte Erzeugnisse nur bei Eröffnung einer für den jeweiligen Bereich flächendeckenden Rückgabemöglichkeit sowie Sicherstellung der umweltverträglichen Verwertung oder Beseitigung abgeben oder in Verkehr bringen dürfen,
2.
bestimmte Erzeugnisse zurückzunehmen und die Rückgabe sowie die umweltverträgliche Verwertung und Beseitigung durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen haben, insbesondere durch die Einrichtung von Rücknahmesystemen, die Beteiligung an Rücknahmesystemen, die Erhebung eines Pfandes oder die Gewährung anderer wirtschaftlicher Anreize,
3.
bestimmte Erzeugnisse an der Abgabe- oder Anfallstelle oder einer anderen vorgeschriebenen Stelle zurückzunehmen haben,
4.
sich an Kosten zu beteiligen haben, die den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts für die Reinigung der Umwelt und die anschließende umweltverträgliche Verwertung und Beseitigung der nach Gebrauch der von einem Hersteller oder Vertreiber in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gemäß Teil E des Anhangs zu der Richtlinie (EU) 2019/904 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt (ABl. L 155 vom 12.6.2019, S. 1) entstehen,
5.
bestimmte Erzeugnisse nur bei Bestellung eines Bevollmächtigten in Verkehr bringen dürfen, der im Geltungsbereich dieses Gesetzes niedergelassen ist und für die mit der Produktverantwortung verbundenen Pflichten verantwortlich ist, die sich aus den auf Grund der §§ 24 und 25 erlassenen Rechtsverordnungen ergeben, wenn der Hersteller oder Vertreiber in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist,
6.
bestimmter Erzeugnisse Systeme zur Förderung der Wiederverwendung und Reparatur zu unterstützen haben,
7.
einen Nachweis zu führen haben
a)
über die in Verkehr gebrachten Erzeugnisse, deren Eigenschaften und Mengen,
b)
über die Rücknahme von Abfällen und die Beteiligung an Rücknahmesystemen sowie
c)
über Art, Menge und Bewirtschaftung der zurückgenommenen Erzeugnisse oder der nach Gebrauch der Erzeugnisse entstehenden Abfälle,
8.
Belege nach Nummer 7 beizubringen, einzubehalten, aufzubewahren oder auf Verlangen vorzuzeigen haben sowie
9.
zur Gewährleistung einer angemessenen Transparenz für bestimmte, unter die Obhutspflicht fallende Erzeugnisse einen Bericht zu erstellen haben, der die Verwendung der Erzeugnisse, insbesondere deren Art, Menge, Verbleib und Entsorgung, sowie die getroffenen und geplanten Maßnahmen zur Umsetzung der Obhutspflicht zum Inhalt hat; es kann auch bestimmt werden, ob und in welcher Weise der Bericht durch Dritte zu überprüfen, der zuständigen Behörde vorzulegen oder in geeigneter Weise zu veröffentlichen ist; die gültige Umwelterklärung einer in das EMAS-Register eingetragenen Organisation erfüllt die Anforderungen an den Bericht, soweit sie die erforderlichen Obhutspflichten adressiert.

(2) Durch Rechtsverordnung nach Absatz 1 kann zur Festlegung von Anforderungen nach § 23 sowie zur ergänzenden Festlegung von Pflichten sowohl der Erzeuger und Besitzer von Abfällen als auch der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Rahmen der Kreislaufwirtschaft weiter bestimmt werden,

1.
wer die Kosten für die Sammlung, Rücknahme, Verwertung und Beseitigung, die Kennzeichnung, die Datenerhebung und -übermittlung sowie die Beratung und Information nach § 24 Nummer 9 zu tragen hat,
2.
wie die Kosten festgelegt werden, insbesondere, dass bei der Festlegung der Kosten der Lebenszyklus der Erzeugnisse zu berücksichtigen ist,
3.
dass derjenige, der die Kosten zu tragen hat, einen Nachweis darüber zu erbringen hat, dass er über die erforderlichen finanziellen oder finanziellen und organisatorischen Mittel verfügt, um den Verpflichtungen im Rahmen der Produktverantwortung nachzukommen, insbesondere durch Leisten einer Sicherheit oder Bilden betrieblicher Rücklagen,
4.
dass derjenige, der die Kosten zu tragen hat, eine geeignete Eigenkontrolle einzurichten und durchzuführen hat zur Prüfung und Bewertung
a)
seiner Finanzen, einschließlich der Kostenverteilung, und
b)
der Qualität der Daten, für die eine Nachweisführung nach Absatz 1 Nummer 7 verordnet wurde,
5.
dass derjenige, der die Kosten zu tragen hat, eine Prüfung der Eigenkontrolle nach Nummer 4 durch einen von der zuständigen Behörde bekannt gegebenen Sachverständigen, eine von dieser Behörde bekannt gegebene Stelle oder eine sonstige Person, die über die erforderliche Fach- und Sachkunde verfügt, durchführen zu lassen hat,
6.
dass die Besitzer von Abfällen diese den nach Absatz 1 verpflichteten Herstellern, Vertreibern oder nach Absatz 1 Nummer 2 eingerichteten Rücknahmesystemen zu überlassen haben,
7.
auf welche Art und Weise die Abfälle überlassen werden, einschließlich der Maßnahmen zum Bereitstellen, Sammeln und Befördern und des jeweils gebotenen Umfangs sowie der Bringpflichten der in Nummer 6 genannten Besitzer von Abfällen,
8.
dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Sinne des § 20 durch Erfassung der Abfälle als ihnen übertragene Aufgabe bei der Rücknahme mitzuwirken und die erfassten Abfälle den nach Absatz 1 Verpflichteten zu überlassen haben,
9.
welche Form, welchen Inhalt und welches Verfahren die Bestellung eines Bevollmächtigten nach Absatz 1 Nummer 5 oder eines freiwillig Bevollmächtigten einzuhalten hat,
10.
welche Anforderungen an die Verwertung eingehalten werden müssen, insbesondere durch Festlegen abfallwirtschaftlicher Ziele, und
11.
dass Daten über die Einhaltung der abfallwirtschaftlichen Ziele nach Nummer 10 sowie weitere Daten über die Organisation und Struktur der Rücknahmesysteme zu erheben und in geeigneter Weise zu veröffentlichen sind.

(1) Wer Sicherheit zu leisten hat, kann dies bewirken
durch Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren,
durch Verpfändung von Forderungen, die in das Bundesschuldbuch oder in das Landesschuldbuch eines Landes eingetragen sind,
durch Verpfändung beweglicher Sachen,
durch Bestellung von Schiffshypotheken an Schiffen oder Schiffsbauwerken, die in einem deutschen Schiffsregister oder Schiffsbauregister eingetragen sind,
durch Bestellung von Hypotheken an inländischen Grundstücken,
durch Verpfändung von Forderungen, für die eine Hypothek an einem inländischen Grundstück besteht, oder durch Verpfändung von Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken.

(2) Kann die Sicherheit nicht in dieser Weise geleistet werden, so ist die Stellung eines tauglichen Bürgen zulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 57/02
Verkündet am:
13. November 2003
Seelinger-Schardt
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
AGBG § 9 Bf

a) Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages,
daß ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5% der Bausumme für die Dauer
der fünfjährigen Gewährleistungsfrist durch eine selbstschuldnerische unbefristete
Bürgschaft abgelöst werden kann, verstößt nicht gegen § 9
Abs. 1 AGBG (im Anschluß an BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR
324/95, BGHZ 136, 27).

b) Wird die Ablösung durch die selbstschuldnerische Bürgschaft zusätzlich
davon abhängig gemacht, daß keine wesentlichen Mängel vorhanden
sind, ist diese Vertragsklausel unwirksam.
BGH, Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Januar 2002 insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil entschieden worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 7. März 2001 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der Kosten der Streithelfer.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Bauträgerunternehmen, nimmt die beklagte Bank aus einer Gewährleistungsbürgschaft auf Zahlung und Feststellung in Anspruch. Sie hat die inzwischen insolvente S. GmbH mit Generalunternehmervertrag vom 9. April 1997 (GUV) damit beauftragt, ein Haus in D. schlüsselfertig zu modernisieren. Als die Klägerin die Beseitigung von Mängeln verlangte, lehnte der Gesamtvollstreckungsverwalter die weitere Erfüllung des Vertrages ab.
In § 16 Nr. 2 GUV ist vereinbart: "Zur Absicherung eventueller Gewährleistungsansprüche werden 5 % des Pauschalfestpreises für die Dauer von fünf Jahren in Geld einbehalten. Der Auftragnehmer kann, soweit die Sicherheitsleistung nicht verwertet ist, die Auszahlung verlangen ... (,) sofern er in Höhe der geschuldeten Sicherheit eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft ... gem. § 17 Ziff. 4 VOB/B ohne Hinterlegungsklausel erbringt und wesentliche Mängel nicht mehr vorhanden sind. Die Anlegungs- und Verzinsungspflicht nach § 17 Ziff. 6 VOB/B wird abbedungen. ... " Die Beklagte hat eine solche Bürgschaft ausgegeben. Sie hält jedoch die Vertragsklausel für unwirksam und möchte deshalb aus der Bürgschaft nicht für die Erfüllung der Verbindlichkeit einstehen. Nach ihrer Ansicht hat die Klägerin die Bürgschaft wegen der Unwirksamkeit des § 16 Nr. 2 GUV ohne Rechtsgrund erlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten , welche die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils anstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Die Berufung der Klägerin ist unter Aufhebung des Berufungsurteils zurückzuweisen.
Das maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen.

I.

1. Das Berufungsgericht stellt fest, daß es sich bei § 16 Nr. 2 GUV um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin handelt. Das ist nicht zu beanstanden und wird von der Revision als ihr günstig hingenommen. 2. Das Berufungsgericht führt aus, die Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu einem Bauvertrag, wonach der Auftraggeber nach Abnahme des Bauwerks 5 % der Auftragssumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist als Sicherheit einbehalten dürfe, benachteilige den Auftragnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen und sei unwirksam, wenn dem Auftragnehmer kein angemessener Ausgleich zugestanden werde. Das stellt die Revision zu Recht nicht in Frage; es entspricht der Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27). 3. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist § 16 Nr. 2 GUV zunächst dahingehend zu verstehen, daß die Hauptschuldnerin den als Sicherheit einbehaltenen Betrag nur durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft ablösen könne. Die Möglichkeit, Sicherheit durch Hinterlegung gemäß § 17 Nr. 5 VOB/B zu leisten , sei ausgeschlossen, desgleichen das Wahlrecht nach § 17 Nr. 3 VOB/B. Diese Auslegung der Klausel wird von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen und sie ist rechtlich nicht zu beanstanden.
4. Das Berufungsgericht ist ferner der Ansicht, eine selbstschuldnerische Bürgschaft als einzige Austauschsicherheit sei kein angemessener Ausgleich für den vorgesehenen 5%igen Sicherheitseinbehalt. Diese Auffassung teilt der Senat nicht, jedoch ist die Klausel aus anderen Gründen unwirksam. § 16 Nr. 2 GUV ist gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, weil der Auftragnehmer unangemessen benachteiligt wird. Das ergibt sich im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus der Einschränkung, daß der Sicherheitseinbehalt nur gegen eine selbstschuldnerische Bürgschaft auszuzahlen ist (a), sondern aus der weiteren Voraussetzung, daß wesentliche Mängel nicht vorhanden sein dürfen (b).
a) Anders als im Falle einer Bürgschaft auf erstes Anfordern (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 – VII ZR 324/95, a.a.O.) bietet die Möglichkeit eines Austausches des Sicherheitseinbehaltes gegen eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft einen hinreichenden Ausgleich zu dem in der Vertragsklausel vorgesehenen Einbehalt. Die Klausel stellt den Auftragnehmer vor die Alternative, entweder für fünf Jahre auf unbestrittenen restlichen Werklohn zu verzichten, entsprechende Zinsverluste hinzunehmen und das Insolvenzrisiko des Auftraggebers zu tragen, oder seine Liquidität durch Beibringung einer Bankbürgschaft zu schmälern, die regelmäßig auf Kosten der Kreditlinie geht; außerdem sind für die Bankbürgschaft Avalzinsen zu zahlen, die wiederum einen Zinsertrag aus dem abgelösten Sicherheitseinbehalt schmälern. Die in der Zinsbelastung und dem Einfluß auf die Kreditlinie liegenden Nachteile bei Bereitstellung einer Bürgschaft erscheinen, berücksichtigt man auf der anderen Seite die berechtigten Interesse des Auftraggebers, nicht als so gewichtig, daß ihretwegen die Unwirksamkeit der Klausel angenommen werden müßte (vgl. für den Fall der Vertragserfüllungsbürgschaft BGH, Urteil vom 20. April 2000 – VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498 = ZfBR 2000, 477).

b) Die weitere Voraussetzung in § 16 Nr. 2 GUV dagegen, daß wesentliche Mängel nicht vorhanden sein dürfen, führt zur Unwirksamkeit der Klausel. Diese Voraussetzung bedeutet eine so weitreichende Einschränkung der Berechtigung , eine Austauschbürgschaft zu stellen, daß ein angemessener Ausgleich zu den Nachteilen des Sicherheitseinbehaltes nicht mehr zugestanden wird. Jeder Streit um wesentliche Mängel blockiert das Austauschrecht, so daß es bei dem Sicherheitseinbehalt bleibt. Es ist nichts Ungewöhnliches, daß solche Auseinandersetzungen sich selbst bei unberechtigten Beanstandungen über die Dauer der Gewährleistungsfrist hinziehen. 5. Auf die weiteren Überlegungen des Berufungsgerichts zu einer bedingten Bürgschaft, für deren Vereinbarung sich aus der Vertragsklausel keine Anhaltspunkte ergeben, kommt es aus den vorstehenden Überlegungen nicht an.

II.

Weitere Feststellungen sind nicht zu treffen, so daß der Senat in der Sache selber entscheiden kann. Da § 16 Nr. 2 GUV unwirksam ist, hält die Klägerin die Bürgschaft ohne Rechtsgrund. Aus ihr kann sie die Beklagte nicht in Anspruch nehmen (§§ 768 Abs. 1, 812 Abs. 1 BGB).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Dressler Hausmann Wiebel Kuffer Bauner

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Nebenbestimmungen, die einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage beigefügt sind. Die der Klägerin erteilte Genehmigung vom 21. Dezember 2007 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 27. April 2011 enthält unter Nr. III.2.1.2, 2.1.3 und 2.1.4 die Nebenbestimmungen, dass die Klägerin vor Beginn der Bauarbeiten zur Finanzierung der Rückbaukosten nach dauerhafter Nutzungsaufgabe der Windenergieanlage eine Sicherheitsleistung in Höhe von 36 000 € je Megawatt in Form einer der in § 232 BGB genannten Arten zu erbringen habe.

2

Die Anfechtungsklage der Klägerin gegen die Nebenbestimmungen wies das Verwaltungsgericht als unbegründet ab. Die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Zur Begründung wird im Wesent-lichen ausgeführt: Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG könne die Genehmigung unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich sei, um die Erfüllung der in § 6 BImSchG genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Die Leistung einer Rückbausicherheit diene der Sicherstellung der Erfüllung der in § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG enthaltenen Genehmigungsvoraussetzung. § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA sei von der Gesetzgebungskompetenz des Landes gedeckt. Die Vorschrift sei dem Bauordnungsrecht zuzuordnen. Aus § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 BauGB ergebe sich keine Sperrwirkung. § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA habe einen andersgearteten Regelungsgehalt als die bodenrechtliche Regelung. Eine ungenutzte Anlage störe latent die Eigenart der Landschaft. Die Bauaufsichtsbehörde werde im Regelfall eine Abrissanordnung nach § 79 BauO LSA zu treffen haben, die sie im Wege der Ersatzvornahme durchsetzen dürfe. Diesen Weg abzusichern, diene die Rückbausicherheit nach § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA. Die Sicherheitsleistung sei ein geeignetes Sicherungsmittel; sie sei auch erforderlich. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass sie sich gegenüber dem Grundstückseigentümer bereits verpflichtet habe, eine Sicherheitsleistung zu erbringen. Diese Sicherheit entfalte der Bauaufsichtsbehörde gegenüber keine Bindungswirkung. Es sei auch nicht unverhältnismäßig, die Leistung der Sicherheit bereits vor Betriebsbeginn mit der Erteilung der Genehmigung zu fordern. Die Bemessung der Höhe der Sicherheit entspreche den Angaben des Bundesverbandes Windenergie, nach denen die Kosten des Rückbaus von Windenergieanlagen zwischen 30 000 € bei kleinen Anlagen und 60 000 € bei Anlagen mit einer Größe von 2 Megawatt lägen.

3

Die Klägerin macht mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision geltend, die Nebenbestimmungen ließen sich nicht auf § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA stützen. § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB sei eine abschließende bundesrechtliche Regelung, die einen Rückgriff auf § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA ausschließe. Nach § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB sei die Rückbaupflicht durch Baulast oder in anderer Weise sicherzustellen. Im vorliegenden Fall sei eine Baulast bestellt worden, so dass den Vorgaben des § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB Rechnung getragen worden sei. Unabhängig davon sei die Anordnung jedenfalls unverhältnismäßig. In der Praxis stelle der Rückbau von Windenergieanlagen kein Problem dar. Es sei nicht erforderlich, eine Rückbausicherheit bereits bei Baubeginn zu verlangen. Die negativen volkswirtschaftlichen Folgen durch Kapitalbindung würden nicht berücksichtigt. Es gäbe deutlich mildere Mittel wie beispielsweise das Ansparmodell. Darüber hinaus sei die Berechnung der Höhe der Sicherheitsleistung ungeeignet. Die Regelung verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, weil lediglich die umweltfreundliche Windenergienutzung, nicht jedoch andere, umweltschädliche Energieerzeugung wie z.B. Atom- oder Kohlekraftwerke mit einer Rückbausicherheit belegt würden.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil steht mit Bundesrecht in Einklang. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Die angefochtenen Nebenbestimmungen sind rechtmäßig.

5

A. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Die Nebenbestimmungen Nr. III.2.1.2, 2.1.3 und 2.1.4 sind selbständig anfechtbar. Ob eine Nebenbestimmung isoliert aufgehoben werden, die Genehmigung also ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann, ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des mit der Anfechtungsklage verfolgten Aufhebungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet (Urteile vom 12. März 1982 - BVerwG 8 C 23.80 - BVerwGE 65, 139 <140>, vom 7. September 1984 - BVerwG 8 C 48.83 - Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 11 S. 35, vom 19. Januar 1989 - BVerwG 7 C 31.87 - BVerwGE 81, 185 <186> und vom 22. November 2000 - BVerwG 11 C 2.00 - BVerwGE 112, 221 <224>; Beschluss vom 16. August 1995 - BVerwG 1 B 25.95 - Buchholz 310 § 120 VwGO Nr. 9). Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass die Pflicht zum Rückbau einer Windenergieanlage nach dauerhafter Aufgabe der Nutzung sowie die hieran anknüpfende Bedingung, eine Sicherheit zu leisten, einen anderen Regelungsgegenstand als die Errichtung und der Betrieb der Anlage betrifft und davon zeitlich, begrifflich und inhaltlich klar unterscheidbar ist, lässt einen Verstoß gegen Bundesrecht nicht erkennen.

6

B. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass die Erteilung einer Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage unter der aufschiebenden Bedingung der Leistung einer Rückbausicherheit zulässig ist und ungeachtet der Regelung in § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB auf die landesrechtliche Regelung des § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA gestützt werden kann, ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

7

1. Rechtsgrundlage für die Nebenbestimmung ist § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Danach kann der Genehmigung einer Anlage i.S.d. § 4 BImSchG, zu der nach Nr. 1.6 der Spalte 2 der 4. BImSchV die Errichtung einer Windenergieanlage gehört, eine Nebenbestimmung beigefügt werden, wenn diese erforderlich ist, um die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 BImSchG sicherzustellen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn andere öffentlich-rechtliche Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Die Vorschrift verweist damit u.a. auf die Bestimmungen des Städtebau- und des Bauordnungsrechts, deren Einhaltung die für die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zuständige Behörde aufgrund der Konzentrationswirkung gemäß § 13 BImSchG sicherzustellen hat.

8

Nach der auf der Auslegung von Landesrecht beruhenden und damit bindenden (§§ 137 Abs. 2, 173 Satz 1 VwGO, § 560 ZPO) Auffassung des Oberverwaltungsgerichts dienen die Nebenbestimmungen der Sicherstellung der in § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA enthaltenen Genehmigungsvoraussetzung. Dass das Oberverwaltungsgericht als öffentlich-rechtliche Vorschrift i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG die landesrechtliche Regelung des § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA herangezogen hat, steht nicht im Widerspruch zu Bundesrecht. Der Gesetzgeber hat zwar mit der durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau (EAG Bau) 2004 eingeführten Vorschrift des § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB eine bundesrechtliche Rechtsgrundlage für die Bestellung einer Rückbausicherheit geschaffen. Die Regelung beansprucht bundeseinheitliche Geltung und entfaltet Vorrangwirkung. Sie steht aber der Anwendbarkeit einer landesrechtlichen Vorschrift, die als Genehmigungsvoraussetzung die Bestellung einer Sicherheitsleistung zur Sicherstellung einer bauaufsichtlichen Rückbaupflicht verlangt, nicht generell entgegen.

9

2. § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 BauGB macht die Erteilung einer Baugenehmigung für Vorhaben nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 vom Erlass von Nebenbestimmungen zur Sicherstellung der Pflicht zum Rückbau nach dauerhafter Aufgabe der privilegierten Nutzung abhängig. Es handelt sich um eine eigenständige bundesrechtliche Ermächtigungsgrundlage.

10

2.1 § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB bestimmt, dass für Vorhaben nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6, zu denen nach Nr. 5 Vorhaben zur Erforschung, Entwicklung und Nutzung der Windenergie gehören, als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben ist, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen. Das Anerkenntnis der Rückbaupflicht in Gestalt einer Verpflichtungserklärung ist konstitutiv für die Genehmigungserteilung. Begründet werden damit präventiv Nachsorgepflichten (vgl. dazu auch Urteil vom 13. März 2008 - BVerwG 7 C 44.07 - BVerwGE 131, 11 Rn. 27).

11

Die Verpflichtungserklärung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB ist kein vollstreckbarer Titel. Anders als das Anerkenntnis nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB kommt ihr auch keine dingliche Wirkung zu. Sie bewirkt zunächst nur, dass sich der Pflichtige, wenn er der Pflicht zum Rückbau nicht nachkommt, nach Treu und Glauben (Verbot des widersprüchlichen Verhaltens) nicht mit Erfolg gegen eine Beseitigungsanordnung wenden kann (vgl. auch Urteil vom 18. April 1996 - BVerwG 4 C 22.94 - BVerwGE 101, 58 <63>). Daran knüpft § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB an. Danach "soll" die Baugenehmigungsbehörde durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 "sicherstellen". Die Genehmigungsbehörde wird damit bundesrechtlich verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen bei Erteilung der Genehmigung die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Rückbau, zu dem sich der Vorhabenträger nach § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB verpflichtet hat, nach dauerhafter Nutzungsaufgabe auch auf seine Kosten durchgesetzt werden wird.

12

Die Vorschrift hat nicht lediglich "bundesrechtlich" klarstellende Bedeutung (a.A. Berkemann, in: Berkemann/Halama, Erstkommentierungen zum BauGB 2004, § 35 Rn. 134; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, 6. Aufl. 2010, § 35 Rn. 167). Mit § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB hat der Gesetzgeber vielmehr eine eigene bundesrechtliche Ermächtigungsgrundlage dafür geschaffen, dass eine Baugenehmigung unter den genannten Voraussetzungen in zulässiger Weise mit Nebenbestimmungen zur Gewährleistung des Rückbaus nach dauerhafter Nutzungsaufgabe des Vorhabens verbunden werden darf. Die Regelung ist abzugrenzen von landesrechtlichen Maßnahmen zur Sicherung der bauaufsichtsrechtlichen Pflicht zum Rückbau eines Vorhabens nach dauerhafter Nutzungsaufgabe (vgl. auch Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Juni 2012, § 35 Rn. 165a). Sie ist nicht auf eine "Verzahnung" mit dem Bauordnungsrecht angelegt (so aber: Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 35 Rn. 125a). Die Vorschrift ist nach Tatbestand und Rechtsfolge hinreichend bestimmt und gilt unabhängig davon, ob sich in der Bauordnung eines Landes eine Vorschrift findet, die - ausdrücklich oder sinngemäß wie § 67 Abs. 3 Satz 3 BbgBO; § 72 Abs. 3 Satz 2 SächsBO und § 70 Abs. 3 Satz 2 ThürBO - auf § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB Bezug nimmt.

13

Dass der Gesetzgeber mit § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB eine eigene bundesrechtliche Rechtsgrundlage schaffen wollte, die zum Erlass von Nebenbestimmungen zur Einhaltung der Rückbaupflicht ermächtigt und damit auch die Auferlegung einer Sicherheitsleistung rechtfertigt, ergibt sich aus den Gesetzgebungsmaterialien, in denen auf das "Verursacherprinzip" und die Notwendigkeit, angesichts der zunehmenden Inanspruchnahme des Außenbereichs die Einhaltung der Rückbaupflicht "sicherzustellen", verwiesen wird (BTDrucks 15/2250 S. 56). Dem steht nicht entgegen, dass sich im Gesetzestext die Formulierung "nach Landesrecht" findet. Bei diesem Verweis handelt es sich nur um einen erläuternden Zusatz, der sich auf den Begriff "Baulast" bezieht und deutlich macht, dass es Länder wie Bayern und Brandenburg gibt, die das Rechtsinstitut der öffentlich-rechtlichen Baulast nicht kennen. Sinn und Zweck der Regelung bestätigen, dass der Gesetzgeber mit § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB eine eigene bauplanungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage geschaffen hat. Der Gesetzgeber bringt mit der Regelung zum Ausdruck, dass es zum Schutz des Außenbereichs nicht ausreichend ist, dass nach dauerhafter Nutzungsaufgabe aufgrund des baurechtswidrigen Zustands grundsätzlich eine bauordnungsrechtliche Pflicht zur Beseitigung des Vorhabens besteht, weil - wie in den Gesetzgebungsmaterialien ausgeführt wird - die Frage, ob die Bauaufsichtsbehörde die Beseitigung einer solchen Anlage verlangen darf, von weiteren Voraussetzungen abhänge (BTDrucks 15/2250 S. 94). Das "Baurecht auf Zeit" (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2004 - BVerwG 4 C 7.04 - BVerwGE 122, 308 <310>) verlangt nach verbindlichen Sicherungen.

14

2.2 Die Ermächtigung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB umfasst alle Maßnahmen, die geeignet sind, die Einhaltung der Verpflichtungserklärung sicherzustellen, und damit - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch die Auferlegung einer Sicherheitsleistung als Maßnahme zur finanziellen Absicherung eines möglichen Liquiditätsrisikos.

15

Die Bestellung einer Baulast schließt die Anordnung "anderer" geeigneter Maßnahmen nicht aus. Der Wortlaut "durch ... Baulast oder in anderer Weise" ist nicht als Alternative zu verstehen, mit der die Bandbreite möglicher Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 eingeschränkt wird. Mit dieser Auslegung wird die Wortlautgrenze - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht contra legem überschritten. Der Klägerin ist zuzugeben, dass der Gesetzgeber die Regelung hätte klarer fassen können. Die Formulierung ist indes dem gesetzestechnischen Umstand geschuldet, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 BauGB an den vorhandenen Gesetzestext, der auf Absatz 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g verweist, angeknüpft und sich darauf beschränkt hat, die Anwendbarkeit des Satzes 3 auf die Fallkonstellation der Rückbaupflicht allein durch Einfügung der Wörter "nach Satz 2 sowie" deutlich zu machen. Auch die Gesetzgebungsgeschichte belegt, dass die Baulast, mit der auch bauplanungsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen sichergestellt werden können (Beschluss vom 12. November 1987 - BVerwG 4 B 216.87 - Buchholz 406.17 Bauordnungsrecht Nr. 24), lediglich beispielhaft als eine geeignete Maßnahme zur dinglichen Sicherung genannt wird: § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB, der mit dem Bau- und Raumordnungsgesetz - BauROG 1998 eingeführt wurde, entspricht ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien "sprachlich vereinfacht und angepasst an die Streichung..." dem früheren Absatz 6 des § 35 BauGB (BTDrucks 13/6392 S. 11, 59), der seinerseits nach Art einer Generalklausel die allgemein gehaltene Formulierung "in geeigneter Weise" enthielt. Eine inhaltliche Änderung hat der Gesetzgeber mit der Neufassung in Satz 3 ausdrücklich nicht bezweckt. Sinn und Zweck der Regelung bestätigen, dass sich § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB nicht in der Verpflichtung der Baugenehmigungsbehörde erschöpft, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass über die Berechtigung der Rückbaupflicht nicht mehr gestritten wird. Eine Absicherung des finanziellen Risikos bei Ausfall des Pflichtigen lässt sich mit einer Baulast oder in Ländern, die das Rechtsinstitut der Baulast nicht kennen, durch Bestellung einer Grunddienstbarkeit nicht bewirken. Dem Gesetzgeber ging es indes gerade um die Absicherung der Kosten des Rückbaus, zu dem sich der Vorhabenträger nach § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB verpflichten muss, will er die beantragte Baugenehmigung erhalten. Das Liquiditätsrisiko wird zwar in den Gesetzgebungsmaterialien nicht ausdrücklich genannt. Mit der Betonung des Verursacherprinzips hat der Gesetzgeber jedoch deutlich gemacht, dass die Kostentragung durch den Vorhabenträger bzw. seinen Rechtsnachfolger durch geeignete Maßnahmen, die mit der Baugenehmigung zu verbinden sind, sichergestellt sein muss. Dazu gehört auch die Absicherung des Liquiditätsrisikos. Nach dem gesetzgeberischen Regelungszweck soll die Durchsetzung der Rückbaupflicht nicht daran scheitern, dass von einer Vollstreckung abgesehen wird, weil keine ausreichenden öffentlichen Mittel für eine Ersatzvornahme zur Verfügung stehen. Dass der Gesetzgeber die Auferlegung einer Sicherheitsleistung als eine von § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB gedeckte Maßnahme erachtet, belegt auch der EAG Bau-Mustererlass vom 12. Juli 2004, der unter Nr. 4.3.1.5 als Beispiele für die Sicherstellung in anderer Weise z.B. die Grunddienstbarkeit oder Sicherheitsleistung anführt.

16

3. Gegen § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Bund hat seine Regelungskompetenz nicht überschritten. Die Vorschrift erweist sich mit dem dargelegten Inhalt auch im Übrigen als verfassungsgemäß.

17

3.1 Die Regelung des § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB ist von der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Bodenrecht i.S.d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG gedeckt. Zur Materie "Bodenrecht" i.S.d. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG gehören solche Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand haben, also die rechtlichen Beziehungen des Menschen zum Grund und Boden regeln (BVerfG, Gutachten vom 16. Juni 1954 - 1 PBvV 2/52 - BVerfGE 3, 407 <424>). Hierzu zählt das Bauplanungsrecht, nicht aber das Bauordnungsrecht. Maßgeblich für die Abgrenzung von Bauplanungs- und Bauordnungsrecht ist die gesetzgeberische Zielsetzung, nicht der Regelungsgegenstand. Regelungen des Bauplanungsrechts sind gekennzeichnet durch einen flächenbezogenen Regelungsinhalt, der die Nutzung von Grund und Boden betrifft (Urteil vom 11. Oktober 2007 - BVerwG 4 C 8.06 - BVerwGE 129, 318 Rn. 15, 26). Sie dienen dazu, konkurrierende Bodennutzungen und Bodenfunktionen zu koordinieren und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist die Inanspruchnahme von Grund und Boden.

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Eine Verletzung der Bundeszuständigkeit für das Bodenrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG liegt nicht schon dann vor, wenn eine bauordnungsrechtliche Vorschrift in der konkreten Rechtsanwendung zu Ergebnissen führt, die im Einzelfall auch auf der Grundlage von § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB erzielt werden können (vgl. auch Urteil vom 11. Oktober 2007 a.a.O. Rn. 27). Vorhaben i.S.d. § 29 BauGB können je nach der gesetzgeberischen Zielsetzung sowohl einer bauplanungsrechtlichen als auch einer bauordnungsrechtlichen Regelung zugänglich sein (Urteil vom 11. Oktober 2007 a.a.O. Rn. 13). Maßgeblich ist der konkrete Regelungszweck.

19

Die Regelung in § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB ist bauplanungsrechtlicher Natur. Sie dient dem Schutz des Außenbereichs. Anlass für die Regelung war der Umstand, dass im Zuge der Förderung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 BauGB erweitert worden ist und die Anzahl der danach errichteten Anlagen wie z.B. Windkraftanlagen im Außenbereich spürbar zugenommen hat. Diese Anlagen sollen, wenn sie nicht mehr dauerhaft genutzt, d.h. aufgegeben werden, nicht mehr den Außenbereich beeinträchtigen (BTDrucks 15/2250 S. 56) und deswegen verlässlich auf Kosten des Verursachers beseitigt werden. Ziel der Regelung ist es, nach dem den § 35 BauGB insgesamt prägenden Leitgedanken der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs (vgl. dazu nur Urteil vom 19. Juni 1991 - BVerwG 4 C 11.89 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 273) Beeinträchtigungen der Landschaft durch endgültig aufgegebene Anlagen effektiv und konsequent zu verhindern. Anders als bei einer bauordnungsrechtlichen Beseitigungsanordnung zielt § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB nicht auf baupolizeiliche Gefahrenabwehr, die im Ermessen der Bauaufsichtsbehörde steht. Die Rückbaupflicht soll vielmehr aus städtebaulichen Gründen präventiv gesichert werden. Das entspricht dem Anliegen der Bodenschutzklausel.

20

3.2 Die Regelung - insbesondere mit dem Inhalt, eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen - erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als verfassungswidrig.

21

Dass § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB nur für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB gilt, begründet entgegen der Auffassung der Klägerin keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG). Die unterschiedliche Behandlung ist bereits deswegen gerechtfertigt, weil - wie der Gesetzgeber als Anlass für die Regelung festgestellt hat - die Zahl der Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB im Außenbereich erheblich zugenommen hat; die privilegierte Zulassung solcher Vorhaben hat sich inzwischen zu einem Massenphänomen entwickelt. Das besondere Kostenrisiko der öffentlichen Hand liegt hier in der Vielzahl der Anlagen und in dem Umstand begründet, dass die Wiederherstellung der natürlichen Gegebenheiten des Außenbereichs nicht davon abhängen kann, ob die öffentliche Hand über hinreichende Mittel verfügt, um den Rückbau im Wege der Ersatzvornahme durchzusetzen.

22

Die Regelung verstößt nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Es handelt sich um eine den Inhalt und die Schranken des Eigentums bestimmende Vorschrift im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Bei derartigen Regelungen muss der Gesetzgeber sowohl der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch dem Sozialgebot des Art. 14 Abs. 2 GG in gleicher Weise Rechnung tragen. Er hat dabei die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Eigentumsbindungen müssen deshalb stets verhältnismäßig sein (vgl. nur Urteil vom 21. November 1996 - BVerwG 4 C 33.94 - BVerwGE 102, 260 <267>).

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§ 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB stellt einen verhältnismäßigen Interessenausgleich dar. Dem Gesetzgeber steht bei der Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen eine Nutzung des Außenbereichs zulässig sein soll, ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu. Der Schutz des Außenbereichs, dem ein hoher Stellenwert zukommt, ist ein legitimer Zweck, der im besonderen öffentlichen Interesse liegt. Diesem Zweck dient die Auferlegung einer Sicherheitsleistung unabhängig davon, ob Anzeichen für ein Liquiditätsrisiko vorliegen. Die Erforderlichkeit der Maßnahme hängt nicht von einem konkreten Anlass ab. Es entspricht dem Wesen der Sicherheitsleistung, dass sie zukunftsgerichtet wirkt. Könnte eine Sicherheitsleistung erst dann verlangt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Liquiditätsschwäche des Vorhabenträgers bzw. seines Rechtsnachfolgers bestünden, könnte die Anordnung regelmäßig erst ergehen, wenn er im Hinblick auf seine angespannte wirtschaftliche Lage nicht mehr kreditwürdig und daher außerstande wäre, die Sicherheitsleistung zu erbringen (vgl. auch Urteil vom 13. März 2008 - BVerwG 7 C 44.07 - BVerwGE 131, 11 Rn. 29 und 33). Besondere Bedeutung kommt dabei dem Umstand zu, dass es sich angesichts der Vielzahl der Anlagen um ein Massenphänomen handelt und sich die Gefahr des Ausfalls des Pflichtigen und damit das Liquiditätsrisiko nicht lediglich im überschaubaren Einzelfall realisieren würde.

24

Es ist nicht zu erkennen, dass die Auferlegung einer Sicherheitsleistung prohibitiv wirkt (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 1987 - 1 BvR 995/86 - ZfB 1988, 80). Zwar bindet eine Sicherheitsleistung - wie die Klägerin geltend macht - Kapital zu einem Zeitpunkt, zu dem sich der Vorhabenträger mit nicht unerheblichen Investitionskosten belastet sieht und sich die Anlage wirtschaftlich noch nicht amortisiert hat. Dass sich ein Vorhabenträger allein wegen der finanziellen Zusatzbelastung, die die Bestellung einer Sicherheitsleistung mit sich bringt, von der Verwirklichung des Vorhabens abhalten ließe, erscheint indes fernliegend, da die Sicherheitsleistung, die ihrerseits der Höhe nach verhältnismäßig sein muss, einen vergleichsweise geringen Anteil der Gesamtkosten ausmacht. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das von ihr als milderes Mittel favorisierte Ansparmodell, bei dem die Rücklage durch (jährliche) Aufstockung während der Laufzeit der Anlage gebildet wird, keine geeignete Alternative. Denn eine Sicherheitsleistung muss auch dann bereitstehen, wenn entgegen der Wirtschaftlichkeitsberechnung und dem Abschreibungszeitpunkt bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Nutzung - aus welchen Gründen auch immer - dauerhaft eingestellt wird. Soweit die Klägerin einwendet, es seien keine Fälle bekannt, in denen Windenergieanlagen nach Stilllegung nicht zurückgebaut worden seien, beachtet sie nicht, dass dem Gesetzgeber ein weiter Einschätzungsspielraum im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer Regelung zusteht. Insbesondere bedarf es keines empirischen Nachweises, in welchem Umfang sich ein Liquiditätsrisiko zu Lasten der öffentlichen Hand in der Vergangenheit realisiert hat. Angesichts der erheblichen Beanspruchung des Außenbereichs durch die Vielzahl von Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB erscheint die Annahme des Gesetzgebers, es könnten in Zukunft vermehrt Fälle auftreten, in denen bei Durchsetzung der Rückbaupflicht ein Liquiditätsrisiko droht, jedenfalls plausibel.

25

4. § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB entfaltet grundsätzlich Vorrangwirkung gegenüber Landesrecht. Dieser Anwendungsvorrang schließt aber die Auferlegung einer Sicherheitsleistung auf der Grundlage einer landesrechtlichen Vorschrift nicht aus.

26

Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Eine bundesgesetzliche Regelung hat für die Gesetzgebung der Länder dann eine Sperrwirkung zur Folge, wenn und soweit sie die betreffende Materie erschöpfend regelt. Von einer erschöpfenden und abschließenden Regelung ist auch dann auszugehen, wenn der Sache nach ergänzende Regelungen zwar möglich, nach dem erkennbaren Regelungswillen aber ausgeschlossen sein sollen (BVerfG, Beschluss vom 9. Februar 1972 - 1 BvR 111/68 - BVerfGE 32, 319 <327>). Auch bei umfassender Regelung eines Gegenstandes der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz durch den Bund sind landesrechtliche Regelungen aber insoweit zulässig, als das Bundesrecht Vorbehalte zu Gunsten der Landesgesetzgebung enthält (Urteil vom 7. Juni 1996 - BVerwG 8 C 23.94 - BVerwGE 101, 211 <213>; BVerfGE 20, 238 <251>). Ob dies der Fall ist, muss einer Gesamtwürdigung des betreffenden Normenkomplexes entnommen werden (Urteil vom 14. November 2002 - BVerwG 5 C 37.01 - BVerwGE 117, 172 <176> unter Bezugnahme auf BVerfGE 7, 342 <347>; 49, 343 <358>; 67, 299 <324>).

27

4.1 Den Anwendungsvorrang, der § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB zukommt, hat der Bundesgesetzgeber selbst eingeschränkt. Das ergibt sich aus den Gesetzgebungsmaterialien. Mit Blick darauf, dass es bauordnungsrechtliche Regelungen nach Landesrecht gibt, die zum Erlass von Maßnahmen zur Durchsetzung der Beseitigungspflicht nach Nutzungsaufgabe ermächtigen, ist dort ausdrücklich festgehalten, dass die "vorgeschlagene Verpflichtung zum Rückbau sonstige Verpflichtungen auf Grund anderer Regelungen unberührt lässt" (BTDrucks 15/2250 S. 94). Damit hat der Bundesgesetzgeber dem Landesgesetzgeber ("soweit") Raum gelassen für landesrechtliche Vorschriften, die die Bauaufsichtsbehörde aus Gründen der Gefahrenabwehr zur Auferlegung einer Rückbausicherheit ermächtigen.

28

4.2 Die Einschränkung des Anwendungsvorrangs steht jedoch nach Sinn und Zweck des § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB unter dem Vorbehalt, dass die bundesrechtlichen Vorgaben zur Sicherstellung der aus bauplanungsrechtlichen Gründen normierten Rückbaupflicht beachtet werden. Mit § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB werden Mindestanforderungen normiert, um zum Schutz des Außenbereichs bundeseinheitlich zu gewährleisten, dass ungenutzte Anlagen im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB nach dauerhafter Nutzungsaufgabe verlässlich zurückgebaut werden. Deswegen hat der Gesetzgeber die Pflicht zum Rückbau und die Sicherstellung dieser Pflicht zur zwingenden Genehmigungsvoraussetzung erhoben. Die Anordnung von Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtung nach Absatz 5 Satz 2 ist nicht in das freie Ermessen der Baugenehmigungsbehörde gestellt; die Baugenehmigung ist in der Regel ("soll") mit Nebenbestimmungen zur Einhaltung der Rückbaupflicht zu versehen. Dazu gehört auch die Auferlegung einer Sicherheitsleistung, es sei denn, es liegen besondere Umstände des Einzelfalls vor, die eine Ausnahme rechtfertigen. Diese Vorgaben muss die Baugenehmigungsbehörde bei Erteilung der Genehmigung beachten. Der Spielraum, den der Bund dem Landesgesetzgeber belassen hat, steht mithin unter dem Vorbehalt, dass diesen Vorgaben Rechnung getragen wird. Unter dieser Voraussetzung bleiben landesrechtliche Regelungen, die der Sache nach - auf anderer Rechtsgrundlage - zur Beachtung der zwingenden Vorgaben des § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB führen, vom bundesrechtlichen Anwendungsvorrang unberührt.

29

5. § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA steht nicht im Widerspruch zur Vorrangwirkung des § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB. Auf der Grundlage der für die Auslegung des Landesrechts maßgeblichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts lässt sich feststellen, dass die landesrechtliche Vorschrift die Einhaltung der bundesrechtlichen Mindestanforderungen gewährleistet.

30

5.1 Wie bereits dargelegt, ist die Einhaltung der Rückbaupflicht nach § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB grundsätzlich auch dann durch Auferlegung einer Sicherheitsleistung sicherzustellen, wenn eine öffentlich-rechtliche Baulast bestellt worden ist. Davon ist auch das Oberverwaltungsgericht bei Anwendung des § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA ausgegangen, weil - wie im Berufungsurteil zu Recht ausgeführt wird - die der Beklagten eingeräumte Baulast das Kostenrisiko für eine mögliche Ersatzvornahme nicht absichert. Ebenso wenig ist die Erwägung des Oberverwaltungsgerichts, es sei unerheblich, dass sich die Klägerin gegenüber dem Grundstückseigentümer bereits verpflichtet habe, eine Sicherheitsleistung zu erbringen, weil diese Sicherheit der Bauaufsichtsbehörde gegenüber keine Bindungswirkung entfalte und sie im Falle einer Ersatzvornahme darauf keinen Zugriff nehmen könne, bundesrechtlich zu beanstanden. Bundesrecht verlangt eine verlässliche Sicherung gegenüber der zuständigen Behörde. Privatrechtliche Vereinbarungen, die keinen behördlichen Zugriff auf die Sicherheitsleistung eröffnen, haben außer Betracht zu bleiben.

31

5.2 Bundesrechtlich bestehen auch keine Bedenken, dass § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA nach der für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindenden Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts die Auferlegung der Sicherheitsleistung zu Gunsten der Bauaufsichtsbehörde verlangt.

32

Wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist "Baugenehmigungsbehörde" i.S.d. § 35 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 BauGB aufgrund der Genehmigungsbedürftigkeit nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz die immissionsschutzrechtlich zuständige Genehmigungsbehörde; sie tritt an die Stelle der Baugenehmigungsbehörde, der gegenüber die Verpflichtungserklärung nach Satz 2 abzugeben ist. Das ergibt sich aus der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG. Bundesrecht trifft aber keine Aussage darüber, zu Gunsten welcher Behörde die angeordnete Sicherheitsleistung zu bestellen ist. Die Konzentrationswirkung bezieht sich auf das Genehmigungsverfahren. Die Befugnis der Genehmigungsbehörde zur Sicherstellung der (bundesrechtlichen) Rückbaupflicht ist von der Frage der Durchsetzung zu unterscheiden. Die Genehmigungsbehörde muss zwar bestimmen, zu Gunsten welcher Behörde die Sicherheitsleistung zu bestellen ist und welcher Behörde der Nachweis der Bestellung vorzulegen ist. Sie ist aber bundesrechtlich nicht verpflichtet anzuordnen, dass die Sicherheitsleistung zu ihren Gunsten zu bestellen ist. Sie kann im Fall der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht auch auf die für den Baurechtsvollzug zuständige Bauaufsichtsbehörde verweisen. Bundesrechtlich unzulässig wäre nur die Anordnung, eine Sicherheitsleistung sowohl zu Gunsten der Genehmigungsbehörde als auch zu Gunsten einer mit ihr nicht identischen Aufsichtsbehörde zu bestellen. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Soweit in den Nebenbestimmungen Nr. 2.1.2 und 2.1.4 sowohl von der "zuständigen Bauaufsichtsbehörde" als auch von der "Genehmigungsbehörde" die Rede ist, hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zur Klarstellung eine Erklärung zu Protokoll gegeben, dass damit ein und dieselbe Behörde, nämlich - wie vom Oberverwaltungsgericht zugrunde gelegt - die zuständige Bauaufsichtsbehörde gemeint sei.

33

6. Die Auferlegung der Sicherheitsleistung begegnet auch im konkreten Fall keinen bundesrechtlichen Bedenken.

34

Die Höhe der geforderten Sicherheit ist nicht unverhältnismäßig; auch insoweit ist eine erdrosselnde Wirkung nicht festzustellen. Bundesrecht erlaubt eine Pauschalierung der Kosten. Maßgeblich ist, ob die Kostenschätzung auf einer geeigneten Grundlage beruht und die daran anknüpfende Pauschalierung sachlich nachvollziehbar ist. Davon geht auch das Oberverwaltungsgericht bei Anwendung des § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA aus. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat der Beklagte die Höhe der Sicherheit unter Zugrundelegung der Hinweise des Ministeriums für Bau und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt vom 21. Juni 2005 berechnet, wonach zur Vereinfachung als Anhaltspunkt von Kosten für den vollständigen Rückbau einer Windenergieanlage von zurzeit ca. 30 000 € pro Megawatt installierte elektrische Leistung ausgegangen werden könne. Dieser Betrag entspricht - wie das Oberverwaltungsgericht festgestellt hat - den von der Bundesregierung anlässlich der Beantwortung einer Kleinen Anfrage referierten Angaben des Bundesverbandes Windenergie, wonach die Kosten des Rückbaus von Windenergieanlagen zwischen 30 000 € bei kleinen Anlagen und 60 000 € bei Anlagen mit einer Größe von 2 Megawatt liegen (BTDrucks 15/1417 S. 2). Zugrunde gelegt werden mithin aussagekräftige Erkenntnismittel zu den voraussichtlichen Kosten eines Rückbaus. Unabhängig davon hat das Oberverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht bindend festgestellt, dass Anhaltspunkte dafür, dass die Kosten für den Rückbau der hier strittigen Windenergieanlage niedriger sein könnten als vom Beklagten beziffert, weder vorgetragen noch ersichtlich seien.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen die Höhe der von ihr geforderten Sicherheitsleistung für den Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage und eines Zwischenlagers.

2

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der (…) GmbH und Co. KG. Dieser erteilte der Beklagte auf Antrag unter dem 22.06.2007 eine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG zur Errichtung einer neuen Teilanlage zur Behandlung von Abfällen mit einem Durchsatz von ca. 110.000 t/a sowie zur Errichtung und zum Betrieb eines Zwischenlagers für besonders überwachungsbedürftige Abfälle mit einer Lagerkapazität von ca. 3.200 t festen Abfällen und ca. 100 t flüssigen Abfällen sowie zur Erweiterung des Abfallartenkataloges. Unter Ziff. III 1.5 der Genehmigung verpflichtete der Beklagte die Rechtsvorgängerin der Klägerin zur Erbringung einer Sicherheitsleistung im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 BImSchG a.F. in Höhe von 255.800,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Sicherheitsleistung sollte aus den Mitteln des § 232 BGB frei gewählt werden können. Mit dem Betrieb der Anlage durfte erst begonnen werden, wenn die zu hinterlegende und mit der zuständigen Abfallbehörde abgestimmte Sicherheitsleistung beim zuständigen Amtsgericht hinterlegt ist, und eine Kopie des Hinterlegungsscheins dem Landesverwaltungsamt vorliegt. Die Höhe der Sicherheitsleistung sollte in begründeten Fällen an die Bedingungen des Marktes angepasst werden können. Dieser Bescheid ist bestandskräftig.

3

Die Klägerin erwarb mit Wirkung vom 07.11.2007 die von der Änderungsgenehmigung betroffene Teilanlage von der (...) GmbH und Co. KG und zeigte dies dem Beklagten mit Schreiben vom 06.11.2007 an. Unter dem 10.12.2007 bestätigte der Beklagte den Eingang dieser Anzeige und wies die Klägerin darauf hin, dass mit dem Betreiberwechsel sämtliche Rechte und Pflichten gemäß den Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheides von ihr einzuhalten seien. Unter dem 20.12.2007 zeigte die Klägerin die Inbetriebnahme der Anlage zum 27.12.2007 an.

4

Nachdem der Beklagte die Klägerin mit zwei Schreiben aus dem März 2008 darauf hingewiesen hatte, dass sie nach dem Betreiberwechsel nunmehr verpflichtet sei, die im Bescheid vom 22.06.2007 geforderte Sicherheitsleistung zu entrichten, wandte sich die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 01.04.2008 an den Beklagten und beantragte, den Bescheid vom 22.06.2007 in Ziff. III. 1.5 dahingehend abzuändern, dass nur noch eine Sicherheitsleistung in Höhe von max. 100.000,- € zzgl. MwSt. zu hinterlegen sei. Zur Begründung führte die Klägerin aus, zwar seien die seinerzeit zugrunde gelegten Mengen zutreffend, jedoch nicht die angenommenen Kosten für die Entsorgung. Nach ihrem Kenntnisstand fielen für die Entsorgung gefährlicher Abfälle bei der Mitteldeutschen Sanierungs- und Entsorgungsgesellschaft mbH (MDSE) Kosten in Höhe von 40,00 € pro Tonne in der Deponieklasse 3 an. Selbst wenn man annehme, dass noch eine Behandlung erforderlich sei, um die Deponieklasse 3 zu erreichen, so fielen hierfür maximal weitere 10,00 €/t an. Gleiches gelte für eventuell noch erforderliche Gutachten, die ebenfalls mit maximal 10,00 €/t zu Buche schlügen. Folglich sei ein Ansatz von 60,00 €/t statt von 150,00 €/t als Sicherheitsleistung angemessen und ausreichend. Hinsichtlich der nicht gefährlichen Abfälle sei mit Kosten vom maximal 15,00 €/t statt der veranschlagten 40,00 €/t zu rechnen.

5

Mit Datum vom 19.06.2008 lehnte der Beklagte die Änderung der Nebenbestimmung in Ziff. III. 1.5 zum Bescheid vom 22.06.2007 ab. Es bestehe kein rechtliches Interesse an einer Bescheidung, der Bescheid sei bestandskräftig. Die Sicherheitsleistung entspreche zudem in ihrer Höhe den gängigen regelmäßig anfallenden Entsorgungskosten im Land Sachsen-Anhalt.

6

Mit am 14.07.2008 beim Verwaltungsgericht Halle eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 19.06.2008 erhoben und die Reduzierung der Sicherheitsleistung begehrt.

7

Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens in erster Instanz hat der Beklagte die Sicherheitsleistung mehrfach neu festgesetzt.

8

Mit Bescheid vom 15.09.2009 bestimmte der Beklagte unter Ziff. I:

9

„Der Ihren Antrag auf Reduzierung der Sicherheitsleistung ablehnende Bescheid des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt (nachfolgend LVwA) vom 19. Juni 2008, AZ. (…) wird hinsichtlich der vollumfänglichen Ablehnung aufgehoben und wie folgt geändert:

10
1. Ihrem Antrag wird insoweit entsprochen als die unter Abschnitt III, Ziff. 1.5 des Genehmigungsbescheides des LVwA vom 22.06.2007, AZ: (…) gefasste Nebenbestimmung bezogen auf die Höhe der Sicherheitsleistung aufgehoben und nunmehr in Höhe von 242.641 Euro festgesetzt wird.“
11

Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Bescheid sei auf der Grundlage von § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 49 VwVfG aufzuheben. Auch sehe die Genehmigung vom 22.06.2007 ausdrücklich die Anpassung der Sicherheitsleistung an geänderte Markterfordernisse vor. Zur Bestimmung der Höhe sei auf die vom Landesamt für Umweltschutz erarbeitete und jährlich fortgeschriebene Übersicht über die durchschnittlichen Entsorgungskosten zurückzugreifen. Er verwies insoweit auf die als Anlage beigefügte Übersicht der Abfallentsorgungskosten aus dem Jahre 2008. Die Klägerin habe demgegenüber keine geringeren Entsorgungskosten nachgewiesen. Im Einzelnen berechnete der Beklagte für den Abfall-Input für gefährliche Abfälle (800 Tonnen) 63,00 € pro Tonne, d. h. 50.400,00 €, für nicht gefährliche Abfälle (1.050 Tonnen) je 50,00 € pro Tonne, d. h. 52.500,00 €. Für den Output-Abfall berechnete der Beklagte für gefährliche Abfälle (500 Tonnen) je 64,00 € pro Tonne, d. h. 32.000,00 € und für nicht gefährliche Abfälle (500 Tonnen) je 71,00 € pro Tonne, d. h. 35.500,00 €. Zu den so ermittelten Entsorgungskosten in Höhe von 170.400,00 € addierte der Beklagte Transportkosten in Höhe von 28.500,00 € (2.850 t x 10,00 €/t) und Analytikkosten in Höhe von 5.000,00 € (5 x 1.000,00 €). Zuzüglich der Mehrwertsteuer in Höhe von 38.741,00 € ergab sich damit eine Sicherheitsleistung in Höhe von 242.641,00 €.

12

Diesen Bescheid hat die Klägerin in das gerichtliche Verfahren einbezogen und zunächst einen Antrag auf Neuverbescheidung angekündigt.

13

Mit Bescheid vom 09.11.2010 setzte der Beklagte die Sicherheitsleistung erneut anders fest:

14

„Der Bescheid des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt (nachfolgend LVwA) vom 19. Juni 2008, Az. (…), i.d.F. des Bescheids des LVwA vom 15.09.2009, Az: (…) wird wie folgt geändert:

15
1. Die unter Abschnitt III, Ziff. 1.5 des Genehmigungsbescheides des LVwA vom 22.06.2007, Az; (…) gefasste Nebenbestimmung wird bezogen auf die Höhe der Sicherheitsleistung angepasst und diese wird nunmehr auf einen Betrag von 385.950,- € zzgl. MwSt festgesetzt.
16
2. Die Fa. A. trägt die Kosten des Anpassungsverfahrens.“
17

Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Bescheid vom 22.06.2007 sei bestandskräftig. Wegen des „fortschreitenden Erkenntnisstandes über die marktgängigen Entsorgungspreise im Verlaufe d. J.“ sei eine Neufestsetzung der Sicherheitsleistung notwendig. Die „Verböserung“ sei auch im Klageverfahren noch zulässig, sie halte sich innerhalb des durch die Klägerin vorgegebenen Streitgegenstandes. Er verfolge damit das Ziel, eine korrekt ermittelte Sicherheitsleistung festzusetzen. Es seien hier mangels spezialgesetzlicher Regeln im BImSchG die allgemeinen Regeln über Rücknahme und Widerruf zu beachten. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne sich auf Vertrauensschutz nicht berufen, wer einen belastenden Verwaltungsakt anfechte. Ferner sehe die Änderungsgenehmigung ausdrücklich die Anpassung an geänderte Marktverhältnisse vor. Die Höhe der Sicherheitsleistung sei unter Berücksichtigung des Runderlasses des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes vom 20.01.2005 und der Handlungsempfehlung des Landesverwaltungsamtes vom 01.03.2010 in Anwendung der jährlichen Berichte des LAU zu bestimmen. Die Klägerin habe wiederum keine anderen Preise belegt.

18

Im Bescheid erläuterte er die Berechnung wie folgt:

19

Input

                                   

gefährlicher Abfall:

        

750 Tonnen x 120 €/Tonne

        

 90.000 €

Abfall der ASN 07 01 08*

        

50 Tonnen x 300 €/Tonne

        

 15.000 €

nicht gefährlicher Abfall:

        

 1.050 Tonnen x 119 €/Tonne

        

 124.950 €

Abfall der ASN 06 13 03

        

 229.950 €

Abfall Output:

                                   

gefährlicher Abfall

        

500 Tonnen x 115 €/Tonne

        

 57.500 €

Abfall der ASN 19 02 04*

                                   

nicht gefährlicher Abfall:

        

500 Tonnen x 130 €/Tonne

        

  65.000 €

Abfall der ASN 19 02 03

                          

 122.500 €

20

Hinsichtlich der Transportkosten und der Analytikkosten verblieb es bei den ursprünglich angenommenen Kosten in Höhe von insgesamt 28.500,- €.

21

Im Zuge der Erläuterung der Neufestsetzung mit Schriftsatz vom 26.01.2011 hat der Beklagte die geforderte Sicherheitsleistung auf 379.000,00 € verringert, was er wie folgt erklärt hat:

22

„Input mit Mengenbegrenzung der ASN 07 01 08*1:

        

gefährlicher Abfall:

        

1.200 Tonnen x 120 €/Tonne

        

144.000 €

Abfall der ASN 07 01 08*

        

 50 Tonnen x 300 €/Tonne

        

15.000 €

nicht gefährlicher Abfall:

        

1.050 Tonnen x 100 €/Tonne

        

105.000 €

                                   

264.000 €

Output

                                   

nicht gefährlicher Abfall:

        

500 Tonnen x 60 €/Tonne

                 

(Durchschnittswert der ASN 19 02 03 zugrunde gelegt)

30.000 €

gefährlicher Abfall:

        

500 Tonnen x 90 €/Tonne

                 

(Durchschnittswert der ASN 19 02 04* zugrunde gelegt)

 47.500 €

                                   

77.500 €

Sonstige Kosten

                                   

Transportkosten:

        

3.300 Tonnen x 10 €/Tonne

        

33.500 €

Analytikkosten:

        

 5 x 1.000 €

        

  5.000 €.“

23

Der Beklagte hat insoweit ausgeführt, die Entsorgungskosten seien der LAU-Tabelle des Jahres 2010 entnommen. Für die Abfälle mit der ASN 190203 und ASN 190204* ergäben sich die angenommenen Entsorgungskosten aus der Bildung von Durchschnittswerten, wobei er die Werte aus den LAU-Tabellen nicht miteinbezogen habe; er habe sich vielmehr an eigenen Ermittlungen orientiert. Dabei habe er Preise von Unternehmen in Brandenburg, Niedersachsen und aus Sachsen-Anhalt berücksichtigt und einen Durchschnittswert gebildet. Auch die Kosten der MDSE mbH seien berücksichtigt, wobei hier die für die Beseitigung in der höchsten Deponieklasse anfallenden Kosten anzusetzen seien, da bei einer Ersatzvornahme im schlechtesten Fall entsprechend dem Schadstoffgehalt dieser Abfälle eine Entsorgung nur dort in Betracht komme. Ferner habe er von der Annahme ausgehend, dass die zu entsorgenden Abfälle der genannten ASN nicht deponiert werden können, weil z. B. die Schwermetallgehalte bzw. die eluierbare Organik zu hoch sind, einen zweiten Entsorgungsweg ermittelt, nämlich die Verbringung in den Untertageversatz. Für diesen Entsorgungsweg lägen Angaben der Fa. D. GmbH, D-Stadt vor. Schließlich habe man die bisher angesetzte Lagermenge für den Input-Bereich hinsichtlich der gefährlichen Abfälle korrigieren müssen. Der Lagermenge müssten 450 Tonnen gefährliche Abfälle der Lagerbereiche LI 03/LI 04 hinzugefügt werden. Zuzüglich der Lagerbereiche SI 04 mit 250 Tonnen sowie der Abfälle der Lagertanks TI mit 100 Tonnen ergebe sich eine Gesamtlagermenge für gefährliche Abfälle im Input-Bereich von 1.250 Tonnen.

24

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Beklagte erklärt, er ändere den Bescheid vom 09.11.2010 dahingehend, dass nunmehr eine Sicherheitsleistung in Höhe von 379.000,- € festgesetzt werde.

25

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die angesetzten Entsorgungskosten seien zu hoch. Sie entsorge auf landeseigenen Deponien, so dass bei der Berechnung der Entsorgungskosten die Kosten dieser Deponien heranzuziehen seien. Insoweit hat sie auf eine Aufstellung der aktuellen Kosten der landeseigenen Entsorgungsgesellschaft, der MDSE GmbH, verwiesen, wonach sich die Kosten im Oktober 2008 auf 7,- bis 8,- € pro Tonne beliefen. Unter Zugrundelegung eines nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Ansatz zu bringenden Sicherheitszuschlages von 20 % sowie von Gutachterkosten und unter Berücksichtigung eines Investitionszuschlages sei davon auszugehen, dass 60,- € pro Tonne ausreichend seien. Soweit der Beklagte auf den Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt vom 20.01.2005 verweise, entfalteten derartige interne Weisungen keine unmittelbare Rechtswirkung nach außen. Sie könnten zwar Indizien für eine Verwaltungspraxis sein, von dieser dürfe aber unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots und des Willkürverbots nicht zu Lasten Einzelner abgewichen werden.

26

Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,

27

den Bescheid des Beklagten vom 19.06.2008 sowie den Änderungsbescheid des Beklagten vom 15.09.2009 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 02.11.2010 sowie 09.11.2010 aufzuheben, soweit eine Sicherheitsleistung von mehr als 100.000 € zuzüglich Mehrwertsteuer festgesetzt wird.

28

Der Beklagte hat beantragt,

29

die Klage abzuweisen.

30

Er hat sich dazu auf die Begründung der angefochtenen Bescheide bezogen.

31

Mit Urteil vom 24.03.2011 hat das Verwaltungsgericht Halle die Klage abgewiesen. Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Sicherheitsleistung sei § 12 Abs. 1 Satz 2 BImSchG. Die Verpflichtung zur Erbringung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 379.000,- € sei nicht zu beanstanden. Ausgangspunkt der Berechnung des Beklagten sei der sein Ermessen lenkende Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt vom 20. Januar 2005 (MBl. LSA Nr. 7/2005 v. 21.02.2005), der die Möglichkeit der Anpassung der Sicherheitsleistung unter Ziff. 4.7 ausdrücklich zulasse. Dieser werde konkretisiert durch die „2. Fassung der Handlungsempfehlung des Landesverwaltungsamtes für die Bestellung von Sicherheiten im Zusammenhang mit dem Vollzug des BImSchG für die Anlagen nach Nr. 8 des Anhangs der 4. BImSchV“ vom 01.03.2010. Die zulässige Höhe der Sicherheitsleistung richte sich nach der Höhe der voraussichtlichen Kosten für die nach Betriebseinstellung der geplanten Abfallentsorgungsanlage zur Erfüllung der nach § 5 Abs. 3 BImSchG erforderlichen Maßnahmen, nämlich der Sicherung, Entsorgung und Sanierung. Es sei von einer Lagermenge von 3.300 Tonnen auszugehen. Von geringeren Kosten könne nur dann ausgegangen werden, wenn die Klägerin geringere Kosten für die Erfüllung des Sicherungszweckes verlässlich nachgewiesen hätte. Einen solchen Nachweis habe die Klägerin nicht erbracht. In den von ihr beigebrachten Rechnungen vom 18.01.2010 bis 01.04.2010 fehle die Zuordnung der Entsorgungskosten auf einzelne Abfallarten. Auch müssten nicht die niedrigsten heute feststellbaren Entsorgungskosten zugrunde gelegt werden, weshalb die Entsorgungskosten der MDSE nicht hätten vergleichend herangezogen werden müssen. Es sei eine Risikoprognose vorzunehmen und dabei vom ungünstigsten Fall auszugehen. Auch sei es im Hinblick auf die Insolvenzfestigkeit nicht zu beanstanden, dass der Beklagte eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft verlange. Die von der Klägerin angebotene handelsrechtlich zu bildende betriebliche Rückstellung sei nicht ausreichend. Im Übrigen sei diese Art der Sicherheitsleistung bereits in den Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheides vom 22.06.2007 nicht vorgesehen.

32

Gegen das ihr am 20.04.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 09.05.2011 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Berechnung der Sicherheitsleistung durch den Beklagten sei von dem Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt bzw. von der „2. Fassung der Handlungsempfehlung des Landesverwaltungsamtes für die Bestellung von Sicherheiten im Zusammenhang mit dem Vollzug des BImSchG für die Anlagen nach Nr. 8 des Anhangs zur 4. BImSchV“ vom 01.03.2010 nicht gedeckt. Der Beklagte habe nicht auf die Erhebung des Landesamtes für Umweltschutz zurückgegriffen, sondern vielmehr Entsorgungskosten in die Berechnung eingestellt, welche in den Ländern Brandenburg und Niedersachsen ermittelt worden seien. Auf dieser Grundlage habe er auch den Durchschnittswert für die Abfälle ASN 190203 und ASN 190204* berechnet. Es verletze das Gleichbehandlungsgebot und das Willkürverbot, wenn der Beklagte im Einzelfall zu Lasten einzelner von diesen Weisungen abweiche. Entsprechend Ziff. 4.6 des Erlasses habe auch Veranlassung zur Außerachtlassung der Zahlen des LAU bestanden, da die Klägerin geringere Kosten für die Erfüllung des Sicherungszwecks „verlässlich“ nachgewiesen habe. Sie habe mit Schriftsatz vom 07.11.2008 dem Beklagten eine Ablichtung der Rechnungsaufstellung der landeseigenen Entsorgungsgesellschaft MDSE übersandt. Ferner habe sie mit Schreiben vom 13.04.2010 weitere Rechnungen vom 18.01. bis 01.04.2010 übersandt. Sie habe auch erläutert, dass es sich bei der Rechnung vom 01.02.2010 um die Entsorgung von gefährlichen Abfällen handele, sich der Preis von 42,- € pro Tonne also hierauf beziehe. Sie habe auch erläutert, dass es sich dabei um den höchstmöglichen Entsorgungspreis handele, den die MDSE in Rechnung stelle. Im Hinblick auf die Rechnung vom 19.03.2010 habe sie ausgeführt, dass es sich um nicht gefährliches Material gehandelt habe und die Entsorgungskosten sich auf 10,- € pro Tonne beliefen. Sie habe ferner angegeben, dass die höchstmöglichen Kosten für nicht gefährliche Abfälle 30,- € pro Tonne bei der MDSE betrügen und insoweit auf die Rechnung vom 01.04.2010 verwiesen. Soweit das Gericht ausgeführt habe, eine betriebliche Rückstellung komme als Sicherheitsleistung bereits deshalb nicht in Betracht, weil dies nicht in den Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheides vom 22.06.2007 vorgesehen sei, habe es § 18 Abs. 3 Satz 4 der Deponieverordnung (DepV) übersehen, der ausdrücklich vorsehe, dass gebildete Rücklagen bei der Höhe der erforderlichen Sicherheit angerechnet werden, soweit sie in der zur Sicherung des Sicherungszwecks erforderlichen Höhe der Verfügungsbefugnis des Deponiebetreibers entzogen sind. Diese Vorschriften der Deponieverordnung gälten für nach § 12 BImSchG zu leistende Sicherheiten entsprechend.

33

Die Klägerin beantragt,

34

unter Änderung des angefochtenen Urteils vom 24.03.2011 die Bescheide des Beklagten vom 15.09.2009 und 09.11.2010 in Gestalt der Änderung vom 24.03.2011 aufzuheben, soweit darin eine Sicherheitsleistung von über 100.000 € zuzüglich Mehrwertsteuer festgesetzt worden ist.

35

Der Beklagte beantragt,

36

die Berufung zurückzuweisen.

37

Er trägt dazu vor: Nach dem Willen des Erlassgebers und dem Wortlauf von Ziff. 3.2. Satz 2 des Runderlasses des MLU vom 20.01.2005 - 31.2 - 44002 und der „2. Fassung der Handlungsempfehlung des LVWA für die Bestellung von Sicherheiten im Zusammenhang mit dem Vollzug des BImSchG für Anlagen nach Nr. 8 des Anhangs zur 4. BImSchV“ vom 01.03.2010 solle die Übersicht des LAU lediglich als eine (ergänzende) Handlungshilfe zur Ausübung des Ermessens und nicht eine verbindliche abschließende Vorgabe zur Regelung eines jeden Einzelfalls darstellen. Somit ergebe sich weder aus der Abweichung von den Werten für die durchschnittlichen Entsorgungskosten aus der Übersicht des LAU noch aus dem Vortrag der Klägerin, es seien in den Ländern Brandenburg und Niedersachsen ermittelte Entsorgungskosten in die Berechnung eingestellt worden, eine ermessensfehlerhafte Bemessung der Höhe der Sicherheitsleistung. Bei der Berechnung der Sicherheitsleistung sei eine Risikoprognose vorzunehmen und es sei vom schlechtest möglichen Fall auszugehen. Es sei auch zu beanstanden, dass die Klägerin in ihren Rechnungen vom 18.01. bis 01.04.2010 eine Zuordnung der Entsorgungskosten auf einzelne Abfallarten nicht vorgenommen habe. Es entspreche der gerichtlich nie beanstandeten Verwaltungspraxis des Beklagten, sich bei der Kalkulation der Höhe der Sicherheitsleistung grundsätzlich an der Übersicht des LAU zu orientieren und lediglich in Einzelfällen, in denen die vom LAU ermittelten Zahlen nicht nachvollzogen werden könnten, auf besseres Zahlenmaterial zurückzugreifen. Es spreche auch nicht für die Unzumutbarkeit der Höhe der Sicherheitsleistung, dass das Angebot der MDSE günstiger sei. Auch aus dem Verweis auf Ziff. 4.6 des Runderlasses ergebe sich kein rechtlich relevanter Widerspruch. Vielmehr habe beim verlässlichen Nachweis geringerer Entsorgungskosten durch die Klägerin eine weitere Fallgruppe vorgelegen, um ggf. durch den Beklagten von den Zahlenwerten der Übersicht des LAU abweichen zu können. Diese Voraussetzungen hätten indes nicht vorgelegen. Er folge auch nicht der Auffassung, Rückstellungen könnten als Sicherheiten dienen. Vielmehr seien Rückstellungen kein Sicherungsmittel, sondern im Wesentlichen ein bilanztechnisches Mittel zur Erfassung von Verbindlichkeiten.

38

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

39

Die zulässige Berufung ist im tenorierten Umfang begründet.

40

I. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig (vgl. Urt. d. erk. Senats v. 12.05.2011 – 2 L 239/09 – m. w. N., nach juris).

41

II. Die Klage ist teilweise begründet.

42

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 15.09.2009. Dieser ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

43

1.1. Die die Sicherheitsleistung aus dem Bescheid vom 22.06.2007 im Wege des Wiederaufgreifens des Verfahrens abändernde Nebenbestimmung findet ihre Rechtsgrundlage in § 12 Abs. 1 Satz 2 BImSchG a.F. Danach kann zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Abs. 3 BImSchG bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG eine Sicherheitsleistung auferlegt werden.

44

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 BlmSchG a.F. liegen vor. Bei der von der Klägerin betriebenen Abfallentsorgungsanlage handelt es sich um eine Anlage im Sinne von § 4 Abs. 1 Sätze 1, 3 BlmSchG i.V.m. Nr. 8.7 Spalte 1, Nr. 8.11 aa) Spalte 1 und 8.12 Spalte 1 des Anhangs der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BlmSchV).

45

Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 BlmSchG a.F. hat die Behörde dem Grunde nach sowie über die Art und die Höhe der Sicherheitsleistung nach Ermessen zu bestimmen. Das verlangt, dass das Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten sind. Im Interesse einer gleichmäßigen Verwaltungspraxis darf das Ermessen durch Verwaltungsvorschriften konkretisiert werden, die die Behörde, vorbehaltlich wesentlicher Besonderheiten des Einzelfalls, intern binden und bei entsprechender Umsetzung deren eigene Ermessensausübung ausmachen (vgl. OVG NW, Urt. v. 09.11.2006 - 20 D 25/06.AK -, nach juris). Bei dem Runderlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt vom 20.01.2005 (- 32.1 - 44002, MBl. LSA Nr. 7/2005) auf den der Beklagte seinen Bescheid vom 15.09.2009 gestützt hat, handelt es sich auch im Hinblick auf die Höhe der zu fordernden Sicherheitsleistung um eine solche ermessenslenkende Vorschrift. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Verwaltungsvorschriften auch die Festsetzung der Sicherheitsleistung für Abfallbehandlungsanlagen bestimmen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.2008 - 7 C 44/07 -, BVerwGE 131, 11, NdsOVG, Urt. v. 16.11.2009 - 12 LB 344/07 - UPR 2010, 151, OVG NW, Urt. v. 09.11.2006, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht bei Abfallentsorgungsanlagen das besondere Risiko, dass im Falle der Insolvenz hohe Kosten für die Erfüllung der Pflichten nach § 5 Abs. 3 BlmSchG anfallen, weil Abfälle normalerweise einen negativen Marktwert haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.2008, a.a.O.). Der Betreiber der Anlage erhält in der Regel ein Entgelt für die Annahme des Abfalls, bei der weiteren Entsorgung (Lagerung/Behandlung) der Abfälle entstehen hingegen Kosten. Diese Kosten muss im Falle der Insolvenz - bei fehlender Sicherheit - die öffentliche Hand tragen, ohne dass ihr die Entgelte, die der Unternehmer erhalten hat, zur Verfügung stünden. Sinn und Zweck von § 12 Abs. 1 Satz 2 BlmSchG ist es, sicherzustellen, dass die öffentliche Hand bei Zahlungsunfähigkeit des Betreibers einer Abfallentsorgungsanlage nicht die zum Teil erheblichen Sicherungs-, Sanierungs- und Entsorgungskosten zu tragen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.2008, a.a.O.). Dass der Beklagte zu Recht eine Sicherheitsleistung dem Grunde nach gefordert hat, ist unter den Verfahrensbeteiligten auch nicht streitig.

46

1.2. Die im Bescheid vom 15.09.2009 auf 255.800,- € festgesetzte Sicherheitsleistung ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Über die Höhe der Sicherheitsleistung trifft § 12 Absatz 1 Satz 2 BlmSchG keine Aussage. Maßgebend hierfür sind die zu erwartenden Kosten etwaiger Ersatzvornahmen. Diese wiederum hängen von Art und Umfang der Anlage und ihres voraussichtlichen Betriebes ab (Czayka, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, 2. Auflage, 165. Aktualisierung [Stand Oktober 2011] § 12 RdNr. 52).

47

Insoweit liegt der Festsetzung der Sicherheitsleistung eine Prognose der Kosten einer künftigen Ersatzvornahme zugrunde, die im gerichtlichen Verfahren nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. Urt. d. erk. Senats v. 12.05.2011 - 2 L 239/09 -, juris zu einer vergleichbaren Rechtslage; OVG NW, Beschl. v. 02.02.2011 - 8 B 1675/10 -, UPR 2011, 195). Die Anordnung betrifft in der Zukunft liegende Pflichten, und die Behörde muss abschätzen, ob und in welchem Umfang diese Pflichten entstehen werden. Eine solche Prognose ist schon ihrem Wesen nach stets mit Unwägbarkeiten hinsichtlich ungewisser zukünftiger Entwicklungen belastet. Die Anordnung der Sicherheit ist nur daraufhin überprüfbar, ob der Beklagte bei seiner Entscheidung den zutreffenden Maßstab zugrunde gelegt hat und ob die Prognose der Kosten über die voraussichtlichen Entsorgungskosten vertretbar ist (so auch: OVG NW, Beschl. v. 02.02.2011, a.a.O.).

48

Maßstab für die Bestimmung der Höhe der Sicherheitsleistung ist der Sicherungszweck. Dieser wird bestimmt durch die aus § 5 Abs. 3 BlmSchG folgenden Nachsorgepflichten; denn die Sicherheitsleistung wird erbracht, damit die für die Überwachung und Durchsetzung der Nachsorgepflichten zuständige Behörde ggf. mit diesen Mitteln eine Ersatzvornahme finanzieren kann. Nach § 5 Abs. 3 BlmSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu betreiben, dass auch nach einer Betriebseinstellung von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustands des Betriebsgeländes gewährleistet ist. Diese sog. Nachsorgepflichten sind im Hinblick auf die jeweilige Anlage zu konkretisieren, d.h. es ist festzustellen, welche Gefahren durch die Anlage verursacht werden. Vorliegend besteht die Gefahr, dass nach einer Betriebseinstellung die Abfälle aus dem Input- und Outputlager sich noch auf dem Betriebsgrundstück befinden und von dem Beklagten beseitigt werden müssen.

49

Bei der Ermittlung der Entsorgungskosten konnte der Beklagte den Erlass des Landesamts für Umweltschutz – LAU – vom 20.01.2005 zugrunde legen, der insoweit ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften enthält. Der Runderlass sieht in Ziff. 3.1 unter lit. a) vor, dass die Höhe der Sicherheitsleistung u. a. bestimmt wird durch Entsorgungskosten für die maximal durch die Genehmigung zugelassene Abfallmenge, einschließlich eventuell bestehender Bereitstellungslager im Ein- und Ausgang. Dabei sollen abfallartspezifische Entsorgungskosten zugrunde gelegt und die Kosten für Analytik, Verpackung, Transport u.ä. berücksichtigt werden. Weiter heißt es unter Ziff. 3.2: „Die Sicherheitsleistung soll ihrer Höhe nach mindestens die Entsorgungskosten der bei Stilllegung potentiell lagernder Abfälle abdecken (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG). Das Landesamt für Umweltschutz erarbeitet eine Übersicht über durchschnittliche Entsorgungskosten, die als Handlungs- und Bemessungsgrundlage genutzt werden kann und einmal jährlich fortgeschrieben wird.“ Diese Regelungen begegnen keinen durchgreifenden Bedenken. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind für die Höhe der Sicherheitsleistung insbesondere die Entsorgungskosten für die maximal genehmigten Abfälle und ein Zuschlag von 10 bis 20 % für Analyse-, Umschlag-, Transportkosten und Unvorhergesehenes zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.2008, a.a.O., Rdnr. 41).

50

Soweit die Klägerin meint, es müssten alleine die von ihr vorgetragenen Zahlen der Mitteldeutschen Sanierungs- und Entsorgungsgesellschaft mbH aus S. – MDSE – zugrunde gelegt werden, so kann dem nicht gefolgt werden. Zwar sieht die Verwaltungsvorschrift in Ziff. 4.6 vor, dass dem Betreiber die Möglichkeit zu geben ist, geringere Kosten für die Durchführung der einzelnen Nachsorgepflichten verlässlich nachzuweisen. Dies ist der Klägerin indes nicht gelungen.

51

Zum einen nennt sie nur die Preise der Entsorgung von einem Unternehmen. Dies kann keine geeignete Grundlage für die Schätzung von Entsorgungskosten sein. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es angesichts des Normzwecks nicht darauf ankommt, welchen Preis die Klägerin ggf. nach ausführlicher Sondierung des Marktes und Verhandlungen mit verschiedenen Unternehmen erzielen kann. Vielmehr richten sich die Kosten der Ersatzvornahme zur Erfüllung der Nachsorgepflichten nach den Angeboten, die der Behörde dann auf ihre Nachfrage unterbreitet werden. Gerade aber wenn eine Behörde auf eine kurzfristige Abholung bzw. eine Abnahme des Abfalls angewiesen ist, werden die ihr angebotenen Konditionen in der Regel ungünstiger sein als die, die die Klägerin ggf. unter Ausnutzung ihrer Geschäftskontakte erzielen kann (vgl. NdsOVG, Urt. v. 16.11.2009, a.a.O.).

52

Zum anderen werden die von der Klägerin genannten Preise nicht nach Abfallarten aufgeschlüsselt. Die mit Schriftsatz vom 07.11.2008 vorgelegte Rechnung enthält keine Angaben zur Abfallnummer, als „Sorte“ wird „Immobilisat“ angegeben. Auch die vorgelegte Rechnung vom 01.04.2010 mit der Rechnungsnummer 367084 enthält keinerlei numerische Angaben zur Abfallart, sondern unter der Rubrik „Sorte“ die Angabe „Immobilisierung“. In einer weiteren Rechnung vom 01.04.2010, Rechnungsnummer 367108, wird die „Sorte“ mit „vorgemischte Abfälle“ angegeben. Auch die Rechnungen vom 15.03.2010 und vom 18.01.2010 enthalten jeweils nur eine dieser Angaben. Da sich die Preishöhe in den Rechnungen indes selbst dann unterscheidet, wenn die gleiche Abfallsorte angegeben wird, nämlich bspw. einmal 30,- €/t „vorgemischte Abfälle“ und einmal 42,- €/t „vorgemischte Abfälle“, ist davon auszugehen, dass hier unterschiedliche Arten von Abfall geliefert worden sind. Die Angaben der Klägerin zur Erläuterung der Rechnungen führen insoweit auch nicht weiter. Sie vermag mit den vorgelegten Rechnungen ihre Behauptungen nicht zu belegen. Es ist ferner nicht ersichtlich, ob auch der bei der Klägerin gelagerte und noch nicht von ihr behandelte Abfall (sog. Input) zu den von ihr genannten Kosten entsorgt werden könnte.

53

Im Einzelnen gilt in Bezug auf die Höhe der im Bescheid vom 15.09.2009 festgesetzten Höhe der Sicherheitsleistung folgendes:

54

Es ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte 50.400,- € als Sicherheitsleistung für 800 t gefährlichen Abfall in Ansatz bringt und dabei 63,- € pro Tonne zugrunde legt. Ausweislich der Antragsunterlagen für die Änderungsgenehmigung handelt es sich bei dem gefährlichen Abfall bspw. um Abfälle der Abfallarten ASN 12 01 14 (Bearbeitungsschlämme, die gefährliche Stoffe enthalten) und ASN 12 01 20 (gebrauchte Hon- und Schleifmittel, die gefährliche Stoffe enthalten) zugrunde. Diese Abfallarten sind auch von der Änderungsgenehmigung erfasst. Für diese Abfallarten sieht die vom Beklagten als Anlage zum Bescheid vom 15.09.2009 beigefügte Übersicht des Landesamtes für Umweltschutz für das Jahr 2008 einen durchschnittlichen Preis von 120,- € (ASN 12 01 14) bzw. 55,- € (ASN 12 01 20) vor. Auch die angenommene Menge ist nicht zu beanstanden. Aus den Antragsunterlagen ergibt sich, dass für gefährliche Abfälle im Input-Bereich die Lagerbereiche LI 03 und LI 04 mit einer maximalen Lagermenge von je 450 t vorgesehen sind, d.h. im ungünstigsten Fall mit einem Volumen von 900 t zu rechnen ist. Zwar hat der Beklagte 50 t der Lagerflächen LI 03 und LI 04 für die Abfallart ASN 07 01 08 vergeben, dennoch bleiben bei richtiger Betrachtung noch 850 t für die Abfallarten 12 01 14 und 12 01 20 auf diesen Lagerflächen.

55

Bei den vom Beklagten berechneten 52.500,- € für 1.050 t nicht gefährlichen Abfall im Anlageninput legt der Beklagte den Preis von 50,- €/t zugrunde. Diese Berechnung ist weder der Menge noch dem Preis nach zu beanstanden. Im Inputlagerbereich besteht eine Kapazität von 1.050 t. Unter Berücksichtigung der in der LAU-Tabelle von 2008 genannten Preise ist die Prognose von Kosten in Höhe von 50,- € /t zutreffend.

56

Ausweislich der Antragsunterlagen können im Lagerbereich LI 01 mit einer Kapazität von 300 t bspw. die Abfallarten ASN 17 08 02 (Baustoffe auf Gipsbasis), 19 02 06 (Schlämme aus chemisch-physikalischer Behandlung) und 19 02 03 (vorgemischte Abfälle, die ausschließlich aus nicht gefährlichen Abfällen bestehen) anfallen. Diese sind auch von der Änderungsgenehmigung vom 22.06.2007 erfasst. Nach der Übersicht des LAU aus dem Jahre 2008 würden hierfür, 25,- € (ASN 17 08 02), 48,50 € (ASN 19 02 06) oder 130,- € (ASN 19 02 03) pro Tonne anfallen.

57

Auch im Lagerbereich LI 02 mit 450 t Kapazität können nicht gefährliche Abfälle gelagert werden. Der höchste dort mögliche Preis von 60,- € pro Tonne entfällt auf die dort nach den Antragsunterlagen vorgesehene Abfallart mit der Nummer 19 10 04 (Schredderleichtfraktionen). Im Übrigen schwanken die Preise für die Abfallarten dort zwischen 55,- € pro Tonne für die Abfallart Nr. 12 01 15 (Bearbeitungsschlämme) und 30,- € pro Tonne für die Abfallart Nr. 10 10 08 (Gießformen und -sande).

58

In der Silolagerung SI 02 mit einer Kapazität von 70 t ist der höchste mögliche Entsorgungspreis 46,80 € pro Tonne für die Abfallart 01 04 10 (staubende und pulvrige Abfälle). Die Lagerkapazität von Silo SI 03 kann weiter hinzugerechnet werden, nämlich 230 t. Die höchsten Entsorgungskosten verursacht dort die Abfallart 19 10 04 (Schredderleichtfraktionen und Staub mit Ausnahme derjenigen die unter 19 10 03 fallen), die ausweislich der LAU-Tabelle bei 60,- €/t liegen. Geringere Kosten, nämlich 46,80 €/t verursacht dort die Abfallart 10 09 14 (Abfälle von Bindemitteln).

59

Ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken begegnet es, dass der Beklagte im Anlagenoutput für den nicht gefährlichen Abfall der Abfallnummer ASN 19 02 03 (vorgemischte Abfälle, die ausschließlich aus nicht gefährlichen Stoffen bestehen) 32.000,- € berechnet, nämlich 500 t à 64,- €. Der angenommene Preis ist geringer als derjenige der LAU-Tabelle, der bei 130,- €/t liegt. Die Nichtanwendung dieser Werte belastet die Klägerin somit nicht. Gegen die zugrunde gelegte Menge von 500 t kann wegen des genehmigten Abfalldurchsatzes kein Einwand erhoben werden, sie ergibt sich zudem aus der Größe des Zwischenlagers, welches für diese Outputabfallart eine Menge von 500 t vorsieht.

60

Auch die in Ansatz gebrachte Sicherheitsleistung von 35.500,- € für 500 t der Abfallart ASN 19 02 04 (vorgemischte Abfälle, die wenigstens eine gefährlichen Abfall enthalten) begegnet keinen Bedenken. Die LAU-Tabelle aus dem Jahre 2008 sieht hierfür 115,- € vor. Auch insoweit ist, die angenommene Menge nicht zu beanstanden; auch gehört die Abfallart zum genehmigten Anlagenoutput.

61

Die angesetzten Transportkosten beruhen auf der Abfallmenge, von deren Vorhandensein der Beklagte im Falle der Insolvenz der Kläger vor dem Hintergrund der Lagerkapazitäten und der Abfalldurchsatzmenge ausgehen darf. Die Höhe der Kosten bleibt gleichfalls unbeanstandet.

62

Auch die Analytikkosten sind zutreffend in Ansatz gebracht. Der Beklagte hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass an sich 12 Laborproben notwendig wären; er geht indes weiterhin davon aus, auch mit 5 Analysen auskommen zu können.

63

Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, dass als Sicherheitsleistungen auch betriebliche Rückstellungen in Betracht kämen. Als mögliches Mittel der Sicherheitsleistung hat der Bescheid vom 22.06.2007 solche bestimmt, die in § 232 BGB vorgesehen sind. Insoweit ist der Bescheid vom 22.06.2007 bestandskräftig geworden. Im Übrigen kommen betriebliche Rückstellungen grundsätzlich als Sicherheitsleistungen nicht in Betracht (vgl. Czajka, a.a.O., § 12 RdNr. 53). Etwas anderes regelt zwar § 18 Abs. 3 Satz 4 DepV für Mülldeponien, aber auch nur für den Fall, dass die Rückstellung der Verfügungsbefugnis des Deponiebetreibers entzogen ist. Soweit vereinzelt die Auffassung vertreten wird, bzw. zu § 19 Abs. 4 DepV a.F. vertreten wurde, die Regelung aus der DepV sei auf Abfallbehandlungsanlagen entsprechend anwendbar (vgl. Jarass, BImSchG, 8.Aufl., § 12, RdNr. 18), so ist dem nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.06.2008 (BVerwG, Urt. v. 26.06.2008 - 7 C 50/07 -, BVerwGE 131, 251, nach juris) in keinem Fall mehr zu folgen. Dort hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, § 19 Abs. 4 Satz 2 DepV überschreite den Rahmen der Ermächtigung aus § 36 c Abs. 4 KrW-/AbfG. Denn Rückstellungen seien kein Sicherungsmittel im Sinne des § 232 BGB, nur solche lasse aber das KrW-/AbfG zu. Sicherungsmittel müssten insolvenzfest seien, um den durch sie verfolgten Sicherungszweck zu erreichen. Bei einer betrieblichen Rückstellung behalte indes der Schuldner den Zugriff auf diese Vermögensmasse, es bestünden keine nach außen wirkende, im Insolvenzverfahren wirksam geschützte Rechte der Behörde an der Rückstellung, sondern lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung des Anlagenbetreibers zur zweckentsprechenden Verwendung der Mittel. Vor diesem Hintergrund muss es daher dabei verbleiben, dass nur in dem vorgenannten Ausnahmefall überhaupt Rückstellungen als Sicherheit in Betracht kommen. Im Übrigen bleiben sie ausgeschlossen.

64

2. Die Klägerin hat hingegen einen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 09.11.2010 in der Fassung der Änderung vom 24.03.2011. Dieser ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

65

2.1. Grundsätzlich richtet sich die Aufhebung und Änderung von Nebenbestimmungen – ungeachtet der Art der Nebenbestimmung – nach den gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA geltenden §§ 48 ff. VwVfG (vgl. U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7 Aufl., § 36 RdNr. 45, m.w.N.). Legt ein Anlagenbetreiber gegen eine Nebenbestimmung zu einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 12 Abs. 1 BImSchG Rechtsmittel ein mit dem Ziel der Aufhebung einer von ihm für ungerechtfertigt gehaltenen Nebenbestimmung, bestimmt sich die Zulässigkeit der Verschärfung einer bereits angeordneten – regelmäßig belastenden Nebenbestimmung nach den Grundsätzen für die Zulässigkeit einer sogenannten reformatio in peius im Widerspruchsverfahren (vgl. Czajka, in: Feldhaus, BImSchG, § 12 RdNr. 21). Lässt sich dem maßgeblichen Fachrecht – wie hier dem BImSchG – keine Regelung zur Zulässigkeit der „reformatio in peius" entnehmen, so richtet sich deren Zulässigkeit nach den Grundsätzen über die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten (BVerwG, Urt. v. 18.05.1982 – 7 C 42.80 –, BVerwGE 65, 313 [319]; Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 79 RdNr. 41). Dies bedeutet, dass derjenige, der einen ihn belastenden Verwaltungsakt anficht, mit der Verschlechterung seiner Position rechnen muss, weil der angefochtene Verwaltungsakt nicht mehr (uneingeschränkt) Grundlage eines Vertrauensschutzes sein kann (Kallerhoff, a.a.O., m.w.N.).

66

Etwas anderes gilt hier auch nicht deshalb, weil die Höhe der Sicherheitsleistung im Bescheid vom 22.06.2007 bereits bestandskräftig festgesetzt worden war. Auf den Antrag der Klägerin hat der Beklagte das Verfahren im weiteren Sinne wiederaufgegriffen und die bereits bestandskräftige Nebenbestimmung mit dem Bescheid vom 16.09.2009 widerrufen und die Sicherheitsleistung neu festgesetzt. Eine „reformatio in peius“ ist zwar bei einem Wiederaufgreifen des Verfahrens im engeren Sinne nach § 51 VwVfG unzulässig, nicht aber im Fall des Wiederaufgreifen des Verfahrens im weiteren Sinne nach den §§ 48, 49 VwVfG (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 51 RdNr. 20a).

67

Die §§ 48 VwVfG sind allerdings nicht unmittelbar anwendbar. Dies hat zur Folge, dass die Entscheidung über die reformatio in peius bei Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nicht im Ermessen der Behörde steht; in diesen Fällen hat vielmehr die Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht regelmäßig Vorrang gegenüber dem gering veranschlagten Vertrauensinteresse des Rechtsmittelführers (vgl. Dolde/Porsch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann, Pietzner, VwGO, § 68 RdNr. 49, m.w.N.).

68

Dies zugrunde gelegt hätte die Sicherheitsleistung ohne weiteres dann rechtmäßig erhöht werden können, wenn die Genehmigung für die Abfallbeseitigungsanlage mit Zwischenlager mit der bisherigen Sicherheitsleistung nicht hätte erteilt werden dürfen, also rechtswidrig gewesen wäre. Dies lässt sich indes nicht feststellen. § 12 Abs. 2 Satz 1 BImSchG trifft – wie bereits dargelegt – keine Aussage zur Höhe der aufzuerlegenden Sicherheitsleistung. Diese steht vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen der Genehmigungsbehörde auf der Grundlage einer vertretbaren Prognose über die voraussichtlich anfallenden Kosten einer künftigen Ersatzvornahme. Auch der Beklagte ist davon ausgegangen, dass die im Bescheid vom 15.09.2009 auferlegte Sicherheitsleistung von 242.641,00 € nach dem Erkenntnisstand im Zeitpunkt des Bescheiderlasses „zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Abs. 3 BImSchG“ genügte. Unabhängig davon wäre die Anordnung der Sicherheitsleistung auch dann nicht rechtswidrig, wenn sie dem Erlass vom 20.01.2005 oder verwaltungsinternen Handlungsempfehlungen des Beklagten oder des LAU nicht entsprochen hätte. Ein Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften kann als solcher nicht zur Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts führen; anders liegt es nur, wenn von einer Verwaltungspraxis abgewichen wird, insbesondere der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt wird (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 48 RdNr. 54; BVerwG, Urt. v. 23.04.2003 – 3 C 25.02 –, NVwZ 2003, 1384). Liegt der Ermessensentscheidung – wie hier – eine Prognose zugrunde, führen neue Erkenntnisse über die der Prognose zugrunde Berechnungsfaktoren nicht zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung.

69

Allerdings ist die reformatio in peius nicht nur bei Rechtswidrigkeit der Ausgangsentscheidung, sondern auch aufgrund einer von der Ausgangsentscheidung abweichenden Ermessensausübung möglich (Dolde/Porsch, a.a.O., RdNr. 50). Dem entsprechend kann eine nach § 12 Abs. 1 Satz 2 BImSchG auferlegte Sicherheitsleistung, deren Höhe nach den oben dargelegten Gründen im pflichtgemäßen Ermessen der Genehmigungsbehörde steht, dann erhöht werden, wenn die Voraussetzungen für einen Widerruf der Nebenbestimmung vorliegen. Insbesondere kann eine Nebenbestimmung zu einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung verschärft werden, wenn dies – wie hier – im bestandskräftigen Genehmigungsbescheid vorbehalten wurde (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.05.1982, a.a.O.). Dies erfordert allerdings eine entsprechende Ermessensentscheidung der Behörde, die nicht nur das nunmehr anders beurteilte Sicherungsbedürfnis der öffentlichen Hand, sondern auch die Belange des Anlagenbetreibers hinreichend berücksichtigt. Dies folgt daraus, dass bei einer Verböserung von Ermessensentscheidungen das Interesse des Betroffenen (wenigstens) an der Beibehaltung der Ausgangsentscheidung stärker zu berücksichtigen ist als bei der Rechtswidrigkeit der Ausgangsentscheidung (Dolde/Porsch, a.a.O., RdNr. 50). Dem Erfordernis einer Ermessensentscheidung steht hier nicht entgegen, dass im Bescheid vom 22.06.2007 „in begründeten Fällen“ die Möglichkeit der Anpassung der Sicherheitsleistung „an die Bedingungen des Marktes“ vorbehalten wurde und die Klägerin daher nicht darauf vertrauen konnte, dass die Sicherheitsleistung in keinem Fall erhöht wird. Unabhängig davon, ob diese Regelung den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten (§ 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG) genügt, ist nach dem Wortlaut dieser Nebenbestimmung eine Anpassung auch bei Vorliegen eines „begründeten Falles“ nicht zwingend; die Regelung belässt der Behörde, wie aus der Formulierung „kann“ hervorgeht, auch insoweit einen (Ermessens-)Spielraum. Ferner ist in Rechnung zu stellen, dass der Anlagenbetreiber in besonderem Maße ein Interesse daran hat, Rechtssicherheit über die von ihm (höchstens) zu leistende Sicherheit zu bekommen. Dies gilt hier insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach der (bestandskräftigen) Nebenbestimmung Nr. 1.5 des Bescheids vom 22.06.2007 mit dem Betrieb der Abfallbehandlungsanlage erst dann begonnen werden darf, wenn die zu hinterlegende Sicherheit und mit der zuständigen Abfallbehörde angestimmte Sicherheitsleistung beim zuständigen Amtsgericht hinterlegt ist und die Kopie des Hinterlegungsscheins dem Beklagten vorliegt. Eine Erhöhung der Sicherheitsleistung führt mithin dazu, dass eine bereits in Betrieb genommene Anlage bis zur Erfüllung der verschärften Auflage nicht weiterbetrieben werden darf.

70

Eine solche Ermessensentscheidung lässt der Bescheid vom 09.11.2010 indes nicht erkennen. Darin wird zwar ausgeführt, dass die Verböserung zulässig sei, die Klägerin die Verschlechterung ihrer Position in Kauf nehmen müsse und die Änderungsgenehmigung vom 22.06.2007 sowie der Erlass vom 20.01.2005 die Möglichkeit der Anpassung der Sicherheitsleistung an geänderte Marktverhältnisse ausdrücklich vorsehen. Er verweist ferner darauf, dass der ermessenslenkende Erlass durch die innerbehördlich strikt gehandhabte Handlungsempfehlung des Beklagten konkretisiert werde. Im Übrigen ist der Beklagte aber davon ausgegangen, dass aufgrund des fortschreitenden Erkenntnisstandes über die marktgängigen Entsorgungspreise im Verlaufe des Jahres eine Neufestsetzung der Sicherheitsleistung „notwendig“ geworden sei (vgl. Seite 3, vorletzter Absatz).

71

2.2. Der Bescheid vom 09.11.2010 in der Fassung der Änderung vom 24.03.2011 lässt sich auch nicht auf der Grundlage der Regelung in § 17 Abs. 4a Satz 1 BImSchG aufrechterhalten, die bestimmt, dass zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Abs. 3 bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden soll. Daraus ergibt sich eine Pflicht der Behörde zur nachträglichen Anordnung einer Sicherheitsleistung nur dem Grunde nach, eine Aussage zur Höhe trifft die Vorschrift ebenso wenig wie § 12 Abs. 1 Satz 2 BImSchG. Daher würde, selbst wenn diese Vorschrift als Rechtsgrundlage für eine nachträgliche Erhöhung der Sicherheitsleistung herangezogen werden könnte, die nachträgliche Erhöhung auch in diesem Rahmen eine entsprechende Ermessensentscheidung der Behörde voraussetzen.

72

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

73

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach §132 VwGO liegen nicht vor.


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.

(1) Ein Bürge ist tauglich, wenn er ein der Höhe der zu leistenden Sicherheit angemessenes Vermögen besitzt und seinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat.

(2) Die Bürgschaftserklärung muss den Verzicht auf die Einrede der Vorausklage enthalten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.