Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 24. Aug. 2018 - 3 A 814/16 HGW

bei uns veröffentlicht am24.08.2018

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Straßenbaubeitrag.

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Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks F 1 in einer Größe von 1.236 m² sowie des in gleicher Flur und Gemarkung gelegenen Grundstücks F 2 in einer Größe von 341 m². Das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück F 1 grenzt an die Hauptstraße in S.. Das als Pkw-Stellplatz für das Baugrundstück genutzte Grundstück F 2 grenzt nordwestlich an das Grundstück F 1 an. Beide Grundstücke sind mit einer Treppe verbunden. Das Grundstück F 2 ist über einen auf dem gemeindeeigenen Grundstück F 3 verlaufenden St.-weg an die westlich verlaufende Sch. Straße in S. angebunden. Die Nutzung des Grundstücks F 3 ist durch ein dinglich gesichertes Wegerecht gewährleistet.

3

Die Grundstücke – nicht aber die Sch. Straße – liegen im Geltungsbereich einer im förmlichen Verfahren beschlossenen Sanierungssatzung. Im Jahre 2014 ließ die Gemeinde Ostseebad S. im Rahmen einer gemeinsam mit dem Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen durchgeführten Baumaßnahme eine leitungsgebundene Straßenentwässerung in der Sch. Straße erstmals herstellen. Die letzte Unternehmerrechnung für die Baumaßnahme ging am 29. Januar 2015 bei der Gemeinde ein. Am 24. Februar 2015 fasste die Gemeindevertretung den Beschluss über die Kostenspaltung für die Maßnahme.

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Mit Bescheid vom 3. November 2015 zog der Beklagte den Kläger für beide Grundstücke zu einem Straßenausbaubeitrag i.H.v. 4.218,82 EUR heran. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2016 – zugestellt am 8. März 2016 – zurück.

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Am 8. April 2017 hat der Kläger Anfechtungsklage erhoben. Er ist der Auffassung, seine Heranziehung sei rechtswidrig. Die satzungsrechtliche Regelung über die Beitragspflicht sei nicht hinreichend bestimmt. Auch die Rechtsanwendung sei fehlerhaft. Der Kläger sei durch die Maßnahme nicht bevorteilt. Die Grundstücke wiesen ein starkes Gefälle in Richtung Hauptstraße auf. Daher nehme die Straßenentwässerung der Sch. Straße kein Oberflächenwasser dieser Grundstücke auf. Der Beitragserhebung führe mit Blick auf die für die Grundstücke noch zu erwartende Erhebung von Sanierungsausgleichsabgaben zu einer unzulässigen Doppelbelastung.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 3. November 2015 – – in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 7. März 2016 aufzuheben.

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Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Mit Beschluss vom 30. Mai 2018 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

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Er findet seine gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen in der Gemeinde Ostseebad S. (Straßenausbaubeitragssatzung – SABS) vom 7. Dezember 2001.

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1. Zweifel an der Wirksamkeit der Satzung bestehen nach gegenwärtiger Erkenntnis nicht.

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a) Der Einwand des Klägers, § 2 Satz 1 erste Var. SABS, wonach beitragspflichtig derjenige ist, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks ist, sei nicht hinreichend bestimmt, weil die Vorschrift nicht ausdrücklich auf den Eigentümer eines „bevorteilten“ Grundstücks verweise, greift nicht durch. Dass auch von § 2 Satz 1 SABS nur bevorteilte Grundstücke gemeint sind, folgt ohne weiteres aus dem Umstand, dass § 1 Satz 1 SABS auf bevorteilte Grundstücke Bezug nimmt und auf die Beitragspflichtigen nach § 2 SABS verweist.

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b) Fehlerhaft ist allerdings die Bestimmung des § 2 Satz 1 zweiter Var. SABS, wonach auch dingliche Berechtigte der Beitragspflicht unterliegen. Diese Regelung verstößt gegen § 7 Abs. 2 KAG M-V (OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris). Abgesehen von den in § 2 Satz 2 SABS gesondert erfassten Erbbauberechtigten unterliegen „sonstige“ dinglich Berechtigte nicht der Beitragspflicht. Der Fehler führt jedoch nur zu einer Teilnichtigkeit der Satzung (OVG Greifswald a.a.O.).

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c) Ebenfalls fehlerhaft ist die Regelung des § 2 Satz 3 SABS. Die Vorschrift bestimmt im Einklang mit § 8 Abs. 10 Satz 3 KAG 1993, dass auch der Eigentümer eines Gebäudes beitragspflichtig ist, wenn das Eigentum an einem Grundstück und an einem Gebäude infolge der Regelung des § 286 Zivilgesetzbuch vom 19. Juni 1975 (GBl. DDR I, S. 465) getrennt ist. Die in der Bestimmung enthaltene Konjunktion „auch“ ist seit dem Inkrafttreten der KAG-Novelle 2005 am 31.03.2005 nicht mehr zulässig, denn nunmehr bestimmt § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V, dass, wenn das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch belastet ist, der Inhaber dieses Rechtesanstelle des Eigentümers beitragspflichtig ist. Der Beklagte kann daher den Grundeigentümer nicht mehr neben dem Gebäudeeigentümer heranziehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 22 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V Danach bleiben Satzungen, die aufgrund des Kommunalabgabengesetzes vom 1. Juni 1993 (GVOBl. M-V S. 522, 916), geändert durch Artikel 27 des Gesetzes vom 22. November 2001 (GVOBl. M-V S. 438) gültig erlassen worden sind, weiterhin in Kraft. Allerdings sind sie gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V bis zum 1. Januar 2007 dem geänderten Recht anzupassen. Anderenfalls werden die mit dem Kommunalabgabengesetz nicht mehr zu vereinbarenden satzungsrechtlichen Bestimmungen unwirksam. Die Bestimmung des § 2 Satz 3 ABS ist mit Ablauf der Anpassungsfrist unwirksam geworden, denn eine Anpassung ist nicht erfolgt. Eine geltungserhaltende Auslegung der Bestimmung scheidet ebenfalls aus (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 11.11.2011 – 3 A 189/09 –, juris Rn. 23).

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Dennoch führt der Fehler nicht zur Nichtigkeit der Straßenausbaubeitragssatzung. Denn es ist im Straßenbaubeitragsrecht allgemein anerkannt und entspricht der Rechtsprechung der Kammer, dass eine fehlerhafte Verteilungsregelung der Beitragssatzung nur dann zur Rechtswidrigkeit des Heranziehungsbescheides führt, wenn sie im Abrechnungsgebiet auch tatsächlich zur Anwendung kommen muss (Grundsatz der regionalen Teilbarkeit, vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 26.02.2004 – 1 M 242/03 –, juris Rn. 46). Der Grundsatz der regionalen Teilbarkeit ist dabei nicht nur auf Verteilungsregelungen beschränkt, sondern auch auf Entstehensregeln bzw. sonstige Regelungen der Straßenbaubeitragssatzung anwendbar, wenn dies denklogisch möglich und sinnvoll ist, d.h. wenn die Regelung auch ohne den unwirksamen Teil noch Bestand hat und der unwirksame Teil im Abrechnungsgebiet tatsächlich keine Anwendung findet. Eine unwirksame Regelung zur Heranziehung eines Gebäudeeigentümers bei „isoliertem“ Gebäudeeigentum führt damit dann nicht zur Unwirksamkeit der Satzung, wenn es in dem Abrechnungsgebiet tatsächlich keine Gebäudeeigentümer gibt und die Regelung über die Heranziehung der Beitragsschuldner im Übrigen den Kreis der beitragspflichtigen im jeweiligen Abrechnungsgebiet richtig und vollständig umfasst (VG Greifswald, Urt. v. 15.03.2010 – 3 A 2032/08 –, n.v.).

19

Gemessen an diesen Kriterien ist die fehlerhafte Bestimmung mit Blick auf den Grundsatz der regionalen Teilbarkeit unschädlich. Denn es ist nicht ersichtlich – und wird vom Kläger auch nicht behauptet –, dass es im Abrechnungsgebiet der Sch. Straße Grundstücke gibt, an denen ein vom Grundeigentum getrenntes Gebäudeeigentum besteht. Weitere Ermittlungen zu dieser Frage sind auch mit Blick auf den verwaltungsprozessualen Untersuchungsgrundsatz (§ 86 VwGO) nicht geboten, denn dies liefe auf eine unzulässige Fehlersuche „ins Blaue“ hinaus.

20

d) Offen bleiben kann, ob die in § 5 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 SABS normierte Tiefenbegrenzung den Maßgaben des Vorteilsprinzips genügt. Insofern bestehen bereits mit Blick auf das Alter der Satzung gewisse Zweifel daran, dass die der Festsetzung der Tiefenbegrenzung in § 5 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 SBS zugrunde liegende Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe den Maßgaben der neueren Rechtsprechung des OVG Greifswald (vgl. Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 77) entspricht. Allerdings führt ein solcher – hier nur unterstellter – Fehler nicht zur Nichtigkeit der Straßenbaubeitragssatzung. Wie bereits dargelegt, ist es im Straßenbaubeitragsrecht allgemein anerkannt, dass eine fehlerhafte Verteilungsregelung der Beitragssatzung nur dann zur Rechtswidrigkeit des Heranziehungsbescheides führt, wenn sie im Abrechnungsgebiet auch tatsächlich zur Anwendung kommen muss. Dies ist vorliegend nicht der Fall, denn nach den vom Beklagten vorgelegten Abrechnungsunterlagen gehören übertiefe Randlagengrundstücke i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 3 SBS gehören nicht zum Abrechnungsgebiet. Damit greift auch insoweit der Grundsatz der regionalen Teilbarkeit.

21

e) Zudem ist die Regelung über den gewerblichen Artzuschlag in § 5 Abs. 5 Buchst. a SABS fehlerhaft. Der Artzuschlag resultiert aus dem dem Vorteilsprinzip innewohnenden Differenzierungsgebot. Er trägt den Verschiedenheiten in der Art der baulichen oder sonst beitragserheblichen Nutzung Rechnung. Gewerbliche und dem Gewerbe vergleichbare Nutzungen schöpfen regelmäßig aufgrund des durch sie typischerweise verursachten verstärkten Ziel- und Quellverkehrs aus einer Straße einen größeren Vorteil als eine Wohnnutzung. § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V schreibt zwar nicht vor, in welcher Weise die unterschiedliche Nutzungsart im Vergleich zum Nutzungsmaß beitragsrechtlich zu bewerten ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Vorschrift dem Ortsgesetzgeber für die Berücksichtigung der Nutzungsart im Verteilungsmaßstab ein weitgehendes (Bewertungs-) Ermessen einräumt. Die Ausübung dieses Ermessens ist jedoch durch das Vorteilsprinzip eingeschränkt (VG Greifswald, Urt. v. 19.04.2012 – 3 A 356/10 –, juris Rn. 13).

22

Mit Blick auf das Vorteilsprinzip ist es zwar nicht zu beanstanden, dass in der Straßenbaubeitragssatzung sowohl ein nutzungsbezogener (§ 5 Abs. 5 Buchst. a SABS) als auch ein gebietsbezogener (§ 5 Abs. 5 Buchst. b SABS) Artzuschlag normiert ist. Ebenfalls unbedenklich ist, dass der gebietsbezogene Artzuschlag höher ist als der nutzungsbezogene. Dies beruht auf der Annahme, dass Grundstücken in den in § 5 Abs. 5 Buchst. b SBS genannten Gebietstypen der Baunutzungsverordnung (Gewerbegebiet – § 8 BauNVO, Industriegebiet – § 9 BauNVO, Kerngebiet – § 7 BauNVO und sonstiges Sondergebiet – § 11 BauNVO) durch eine beitragsfähige Straßenbaumaßnahme ein größerer Vorteil vermittelt wird, als Grundstücken, die – außerhalb der genannten Gebietstypen gelegen – lediglich überwiegend gewerblich oder in einer der gewerblichen Nutzung ähnlichen Weise genutzt werden.

23

Fehlerhaft und weder mit dem Vorteilsprinzip des § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V noch mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) zu vereinbaren ist es jedoch, dass § 5 Abs. 5 Buchst. a SABS die Entstehung des nutzungsbezogenen Artzuschlags davon abhängig macht, dass die überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzten Grundstücke in einem der in der Vorschrift genannten festgesetzten oder faktischen Gebietstypen der Baunutzungsverordnung liegen. Dies schließt die Anwendbarkeit der Vorschrift auf überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzte Grundstücke im unbeplanten Innenbereich i.S.d. § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) und im Außenbereich (§ 35 BauGB) aus.

24

Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht erkennbar (vgl. VG Greifswald, Beschl. v. 28.08.2015 – 3 B 522/15 –, juris Rn. 15).Besonders deutlich wird dies mit Blick auf § 34 Abs. 2 BauGB, der die Anwendbarkeit der Baunutzungsverordnung davon abhängig macht, dass die Eigenart der näheren Umgebung (zufällig) einem der in der Baunutzungsverordnung genannten Baugebiete entspricht. Es ist aber generell sachwidrig, die Anwendung des nutzungsbezogenen Artzuschlages von der Belegenheit des Grundstücks in einem der in der Baunutzungsverordnung genannten Baugebiete abhängig zu machen. Zum einen führt dies dazu, dass gewerbliche Außenbereichsnutzungen vorteilswidrig von der Anwendung des Artzuschlages generell freigestellt werden. Zum anderen gibt es keinen Grund für die Annahme, dass beispielsweise der von einem in einem (faktischen oder festgesetzten) allgemeinen Wohngebiet gelegenen Bäckerladen ausgelöste Ziel- und Quellverkehr intensiver ist, als der von einem im unbeplanten Innenbereich (§ 34 Abs. 1 BauGB) gelegenen Bäckerladen. Dessen Freistellung vom Artzuschlag ist unter Vorteilsgesichtspunkten nicht zu begründen. Der Belegenheit in einem (faktischen oder festgesetzten) Baugebiet kann damit nur bei der Normierung des gebietsbezogenen Artzuschlages Bedeutung zukommen, da bestimmte Baugebiete (vgl. §§ 8, 9 und 11 BauNVO) den Rückschluss auf eine gewerbliche oder gewerbeähnliche Nutzung der dort gelegenen Grundstücke erlauben.

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Doch auch dieser Fehler ist nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit unbeachtlich. Denn es ist nicht erkennbar, dass zum Abrechnungsgebiet der Sch. Straße überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzte Grundstücke gehören, bei denen die an sich gebotene Anwendung des nutzungsbezogenen Artzuschlages nach § 5 Abs. 5 Buchst. a SABS wegen der Beschränkung der Vorschrift auf die genannten Gebietstypen ausscheidet. Zur Vermeidung von Missverständnissen sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass Ferienwohnungen keine gewerblichen oder gewerbeähnlichen Nutzungen i.S.d. § 5 Abs. 5 Buchst. a SABS sind (VG Greifswald, Urt. v. 20.08.2015 – 3 A 1107/13 –, juris Rn. 29 m.w.N.).

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2. Die Rechtsanwendung durch den Beklagten begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken.

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a) Zwar ist die Zusammenfassung der Flurstücke 485 und 480/1 und 482/1 in einem Bescheid unzulässig. Bei dem F 1 und den Flurstücken 480/1 und 482/1 handelt es sich um unterschiedliche Grundstücke im bürgerlich-rechtlichen Sinne, da sie Flurstücke im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs unter unterschiedlichen laufenden Nummer verzeichnet sind (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 53). Die Zusammenfassung selbstständiger Buchgrundstücke ist unzulässig, denn wegen des im Bereich des Straßenbaubeitragsrechts geltenden bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriffs muss für jedes Grundstück ein eigenständiger Beitragsbescheid erlassen werden (VG Greifswald, Urt. v. 07.07.2010 – 3 A 17/08 –, juris Rn. 14 ff.). Allerdings begründet dieser Fehler keinen Aufhebungsanspruch des Klägers. Denn nach § 127 Abgabenordnung (AO) – die Vorschrift findet gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V auch auf Straßenbaubeiträge Anwendung – kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes der nicht nach § 125 AO nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Die Vorschrift schließt damit bei – wie hier – gebundenen Entscheidungen eine Aufhebung wegen bloß formeller Fehler aus, die nicht zur Nichtigkeit des Bescheides führen. Die Aufhebung kann daher nur beim Vorliegen und im Umfang eines materiellen Fehlers erfolgen, der – wie noch zu zeigen sein wird – aber nicht aufgetreten ist.

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Zweifel über den Umfang der nach § 7 Abs. 6 KAG M-V auf den jeweiligen Einzelgrundstücken ruhenden öffentlichen Last (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: VG Greifswald a.a.O., Rn. 18) können vorliegend ebenfalls nicht entstehen, weil die jeweiligen Grundstücksgrößen in den Bescheiden quadratmetergenau angegeben sind und für die zusammengefassten Grundstücke dieselben Berechnungsparameter zur Beitragsermittlung gelten. Daher ist die auf dem einzelnen Grundstück ruhende öffentliche Last anhand der in den Bescheiden enthaltenen Angaben hinreichend genau bestimmbar (VG Greifswald, Urt. v. 07.04.2010 – 3 A 3035/05 –, juris Rn. 15).

29

b) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist der Bescheid nicht zu beanstanden.

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aa) Fehler bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes werden weder geltend gemacht, noch drängen sie sich auf. Bei der Anlegung der leitungsgebundenen Straßenentwässerung handelt es sich um eine beitragsfähige Verbesserung i.S.d. § 1 Satz 1 SABS, weil das ursprünglich vorhandene Entwässerungssystem (Versickerung des Niederschlagswassers im Randstreifen) angesichts der topografischen Verhältnisse der Sch. Straße unzureichend war. Da dies zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist, wird von weiteren Darlegungen abgesehen.

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bb) Die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes und insbesondere die Einbeziehung der klägerischen Grundstücke in den Vorteilsausgleich ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

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(1) § 154 Abs. 1 Satz 3 Baugesetzbuch (BauGB) steht der Einbeziehung nicht entgegen, weil die Sch. Straße nicht im Geltungsbereich der Sanierungssatzung verläuft (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 25.09.2001 – 3 A 1437/01 –).

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(2) Soweit der Kläger geltend macht, die Einbeziehung seiner Grundstücke sei fehlerhaft, weil es aufgrund des natürlichen Gefälles ausgeschlossen sei, dass Niederschlagswasser von diesen Grundstücken auf die Sch. Straße gelange, beruht dies auf einer Verkennung der Rechtslage. Der beitragsrelevante Vorteil liegt in der Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf der Sch. Straße durch Ableitung des dort anfallenden Niederschlagswassers und nicht in der Gewährleistung der Grundstücksentwässerung.

34

(3) Trotz ihrer Hinterliegereigenschaft sind die Grundstücke des Klägers sind zu Recht in den Vorteilsausgleich einbezogen worden, denn sie weisen die erforderliche räumlich enge Beziehung zur ausgebauten Straße auf. Mit dem Merkmal „Möglichkeit“ in § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V ist klargestellt, dass eine Beitragserhebung nur gerechtfertigt ist, wenn die Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage vom betreffenden Grundstück aus rechtlich und tatsächlich möglich und diese Möglichkeit hinreichend qualifiziert ist. Der durch den Straßenbaubeitrag abgegoltene Vorteil liegt in der dem Grundstück durch die Ausbaumaßnahme vermittelten verbesserten Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage (OVG Greifswald, Beschl. v. 16.12.2014 – 1 L 274/11 –, juris Rn. 12).

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(a) Dabei kann zunächst sogenannten gefangenen Hinterliegergrundstücken, also solchen Grundstücken, die – wie das Grundstück F 2 – ausschließlich über ein in Beziehung zur ausgebauten Anlage vorgelagertes Anliegergrundstück – hier das Grundstück F 3 – eine Verbindung zum gemeindlichen Verkehrsnetz haben, eine vorteilsrelevante qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit vermittelt werden. Sie besteht in aller Regel dann, wenn von einem solchen Hinterliegergrundstück über ein Anliegergrundstück eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage besteht (OVG Greifswald, Urt. v. 05.11.2014 – 1 L 220/13 –, juris Rn. 33). Daher ist es erforderlich, dass die Verbindung des Hinterliegergrundstücks zur betreffenden Straße zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht rechtlich gesichert ist. Diese Sicherung kann regelmäßig durch eine Grunddienstbarkeit oder die Eintragung einer Baulast erfolgen. Die erforderliche Sicherung der Zugangsmöglichkeit kann aber auch durch ein Notwegerecht vermittelt werden (VG Greifswald, Urt. v. 26.07.2012 – 3 A 229/09 –, juris Rn. 23). Vorliegend existiert unstreitig ein dinglich gesichertes Wegerecht. Damit ist die Einbeziehung des Grundstücks in den Vorteilsausgleich gerechtfertigt (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 05.11.2014 – 1 L 220/13 –, juris Rn. 33).

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(b) Auch gegen die Einbeziehung des Grundstücks F 1 in den Vorteilsausgleich ist nichts zu erinnern. Auch bei diesem Grundstück handelt es sich aus Sicht der Sch. Straße um ein Hinterliegergrundstück. Es liegt eine gestaffelte Hinterliegersituation vor. Das Straßenausbaubeitragsrecht beschränkt den Vorteilsausgleich nicht auf das erste Hinterliegergrundstück. Bei gegebener Vorteilslage können und müssen auch Hinterliegergrundstücke in der zweiten Reihe oder ggfs. sogar in weiteren Reihen herangezogen werden.

37

Dies trifft auf das Grundstück F 1 zu. Die Verbindung zur Sch. Straße ist durch das Wegerecht an dem Grundstück F 3 und durch die an dem Grundstücken F 2 und F 1 bestehende Eigentümeridentität gesichert. Allerdings erlaubt die bestehende Eigentümeridentität allein nicht die Annahme eines beitragsrelevanten Vorteils. Denn es ist zu beachten, dass es sich bei dem Grundstück F 1 im Unterschied zu dem Grundstück F 2 um ein sog. nicht gefangenes Hinterliegergrundstück handelt, weil es an die Hauptstraße angrenzt und damit über eine eigene Anbindung an das öffentliche Wegenetz verfügt. Bei einem solchen Grundstück reicht eine bestehende Eigentümeridentität für sich allein gesehen nicht als hinreichend für die Annahme eines Vorteils bzw. die Bejahung der erforderlichen qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit aus.

38

Vielmehr bedarf es als Korrektiv zusätzlich einer wertenden Betrachtung (vgl. für die Eigentümeridentität bei einem Anlieger- und einem Hinterliegergrundstück OVG Greifswald, Urt. v. 05.11.2014 – 1 L 220/13 –, juris Rn. 34 m.w.N.). Denn wegen anderweitiger Verbindungen oder Verbindungsmöglichkeiten des Hinterliegergrundstücks zum gemeindlichen Verkehrsnetz genügt trotz Eigentümeridentität eine bloß theoretische, aber unwahrscheinliche Möglichkeit der Inanspruchnahme nicht, weil daraus kein erwartbarer Vorteil im vorstehenden Sinne abgeleitet werden könnte. Denkbar ist, dass sich die Inanspruchnahmemöglichkeit als objektiv wertlos erweist, wenn das „nicht gefangene“ Hinterliegergrundstück eindeutig auf eine andere Straße hin ausgerichtet ist. Umgekehrt kann ein gewichtiges Indiz dafür, dass ein Vorteil nicht nur theoretisch denkbar und eine gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit nicht objektiv wertlos, sondern (wirtschaftlich) werthaltig bzw. nennenswert ist, regelmäßig in der einheitlichen Nutzung von Anlieger- und Hinterliegergrundstück erblickt werden. Denn bei einer solchen einheitlichen Nutzung spricht vieles dafür, dass das Hinterliegergrundstück vom Anliegergrundstück aus genutzt wird und umgekehrt. Die einheitliche Nutzung lässt die Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage auch vom Hinterliegergrundstück als hinreichend wahrscheinlich erwarten, sie lässt die Annahme zu, die Anlage, an der das vorgelagerte Anliegergrundstück liegt, werde auch vom Hinterliegergrundstück aus in Anspruch genommen werden. Eine einheitliche Nutzung in diesem Sinne liegt vor, wenn auf dem Anliegergrundstück Pkw-Stellplätze für die auf dem nicht gefangen Hinterliegergrundstück vorhandenen Ferienwohnungen vorhanden sind und zwischen beiden Grundstücken eine fußläufige Verbindung besteht. Ausreichend ist, dass ein Grundstück die (Haupt)nutzung des anderen nur unterstützt. Eine identische Nutzung beider Grundstücke ist nicht erforderlich (zum Ganzen: OVG Greifswald, a.a.O, Rn. 37 ff). Diese Erwägungen sind auch auf gestaffelte Hinterliegersituationen übertragbar, in denen eine Eigentümeridentität bei einem bevorteilten gefangenen Hinterliegergrundstück und einem nicht gefangenen weiteren Hinterliegergrundstück besteht.

39

Gemessen an diesen Kriterien ist von einer Vorteilslage auch für das Grundstück F 1 auszugehen. Dieses Grundstück und das Grundstück F 2 werden einheitlich genutzt. Auf dem Grundstück F 1 befindet sich eine Wohnbebauung, auf dem Grundstück F 2 befinden sich die dieser Bebauung zugeordneten Pkw-Stellplätze. Beide Grundstücke sind mit einer Treppe verbunden und damit wechselseitig fußläufig erreichbar.

40

cc) Schließlich ist auch die Heranziehung des Klägers nicht zu beanstanden. Mit dem Erlass des Kostenspaltungsbeschlusses vom 24. Februar 2015 ist die sachliche Beitragspflicht für die Teileinrichtung „Straßenentwässerung“ entstanden, so dass mit der Heranziehung des Klägers durch den streitgegenständlichen Bescheid gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V auch dessen persönliche Beitragspflicht entstehen konnte.

41

In der Heranziehung zu dem Straßenausbaubeitrag liegt keine unzulässige Doppelerhebung. Richtig ist zwar, dass der Kläger für die im Sanierungsgebiet durchgeführten Baumaßnahmen Ausgleichsbeträge (vgl. § 154 Abs. 1 Satz 1 BauGB) geleistet hat. Die Ausgleichsbeträge werden für die Steigerung des Bodenwertes infolge der im Sanierungsgebiet durchgeführten Ordnungsmaßnahmen (§ 147 BauGB) erhoben. Der Straßenbaubeitrag fällte für eine außerhalb des Sanierungsgebietes durchgeführte Baumaßnahme an. Es werden daher unterschiedliche Leistungen abgegolten.

42

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für die Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich.

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Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 24. Aug. 2018 - 3 A 814/16 HGW zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

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Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 20. Aug. 2015 - 3 A 1107/13

bei uns veröffentlicht am 20.08.2015

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 16. Dez. 2014 - 1 L 274/11

bei uns veröffentlicht am 16.12.2014

Tenor Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 18. März 2011 – 8 A 185/10 – wird abgelehnt. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird für

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 05. Nov. 2014 - 1 L 220/13

bei uns veröffentlicht am 05.11.2014

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 13. September 2013 – 3 A 1741/12 – wird zurückgewiesen. Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 26. Juli 2012 - 3 A 229/09

bei uns veröffentlicht am 26.07.2012

Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 19.11.2007 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 09.02.2009 wird aufgehoben. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollst

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 19. Apr. 2012 - 3 A 356/10

bei uns veröffentlicht am 19.04.2012

Tenor 1. Der Bescheid vom 16.11.2009 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 17.03.2010 wird insoweit aufgehoben, als die Festsetzung den Betrag von 4.271,85 Euro übersteigt. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferle

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 11. Nov. 2011 - 3 A 189/09

bei uns veröffentlicht am 11.11.2011

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 14. Sept. 2010 - 4 K 12/07

bei uns veröffentlicht am 14.09.2010

Tenor Die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 2

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 07. Juli 2010 - 3 A 17/08

bei uns veröffentlicht am 07.07.2010

Tenor 1. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und soweit die Kläger die Klage zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt. Der Bescheid des Beklagten vom 23.10.2007 in der Gestalt seines Widerspru

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 07. Apr. 2010 - 3 A 3035/05

bei uns veröffentlicht am 07.04.2010

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 23. Dezember 2009 wird für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem eingeschossigen Wohnhaus bebauten Grundstücks A-Straße in A-Stadt (Gemarkung A-Stadt, Flur 1, Flurstück 48) mit einer Größe von 11.000 qm. Er ist für sein im Bereich des beklagten Verbandes liegendes Grundstück bisher nicht zu Anschlussbeiträgen herangezogen worden.

2

Die Verbandsversammlung des Antragsgegners beschloss am 4. Dezember 2006 die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz (TBS). Die Satzung wurde am 14. Dezember 2006 von der Verbandsvorsteherin ausgefertigt und am 6. Januar 2007 öffentlich bekanntgemacht. Am 5. November 2007 beschloss die Verbandsversammlung die Erste Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz. Diese Satzung wurde am 15. November 2007 ausgefertigt. Sie ändert die in § 4 d) TBS enthaltene Regelung über die Tiefenbegrenzung von im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich liegenden Grundstücken. Der dem Satzungsbeschluss zugrundeliegenden Vorlage (Nr. 09-1/2007) beigefügt war eine fünfseitige "Dokumentation der Ermessenserwägungen bezüglich Auswahl, Ermittlung und Festsetzung einer qualifizierten Tiefenbegrenzung von 50 Metern". Mit der am 21. Dezember 2009 beschlossenen und am 23. Dezember 2009 ausgefertigten Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung wurde § 5 TBS dahingehend geändert, dass der Beitragssatz je Quadratmeter bevorteilter Grundstücksfläche nicht mehr wie zuvor 6,- Euro einschließlich Umsatzsteuer, sondern nunmehr 5,04 Euro zuzüglich gesetzlich geltender Umsatzsteuer beträgt.

3

Der Antragsteller hat am 15. Juni 2007 einen Normenkontrollantrag gegen die Schmutzwasserbeitrags- und die Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners gestellt (4 K 10/07). Mit Beschluss vom 10. Juli 2007 hat der Senat das Verfahren gegen die Trinkwasserbeitragssatzung abgetrennt und unter dem vorliegenden Aktenzeichen weitergeführt.

4

Zur Begründung trägt der Antragsteller vor:

5

Die Kalkulation des in § 5 TBS bestimmten Beitragssatzes sei zu beanstanden. Der der Beitragsbemessung zugrundeliegende Zeitraum der Globalkalkulation sei nicht mit dem Zeitraum des Trinkwasserversorgungskonzeptes identisch. In der Kalkulation fänden sich unterschiedliche Abzugsbeträge über kostenlos übernommenes Vermögen. Nicht nur 14.267.518,75 €, sondern 16.283.771,09 € hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es sei zu bezweifeln, dass die in der Kalkulation aufgeführten übernommenen Darlehen in dem einbezogenen Umfang der jeweiligen Einrichtung zuzurechnen seien. Unterlagen hierzu seien den Beitragsunterlagen nicht zu entnehmen. Auch der Umfang der Gesamtinvestitionen von 18.081.197,- € sei nicht nachvollziehbar. Es sei unklar, inwieweit es sich um Nettobeträge handele. Der Anlagespiegel sei nicht nachvollziehbar. Es gebe begründete Anhaltspunkte dafür, dass Aufwand für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten in die Kalkulation einbezogen worden sei. Beispielhaft werde auf die Positionen 60721950022, 6072192002 und 0560110 hingewiesen. Fraglich sei, ob der Aufwand für früher hergestellte Hausanschlüsse zu Recht in die Beitragskalkulation eingestellt worden sei. Die zur Beschlussfassung vorgelegten Kalkulationsunterlagen enthielten unterschiedliche Aussagen zum Zeitraum der Globalkalkulation. Die korrekte Berechnung der beitragsfähigen Flächen werde bestritten. Den Vertretern in der Verbandsversammlung hätten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 4. Dezember 2006 die Kalkulationsunterlagen nicht zur Kenntnis vorgelegen. Anderes könne weder der Ladung zur Verbandsversammlung noch den weiteren Unterlagen, insbesondere nicht dem Protokoll entnommen werden. Gleiches gelte für die Beschlussfassung über den geänderten Beitragssatz in der Verbandsversammlung vom 21. Dezember 2009. Der an diesem Tage beschlossenen Änderung (§ 5 TBS) hätte aufgrund verschiedener mittlerweile eingetretener Veränderungen auf der Flächenseite eine neue bzw. überarbeitete Kalkulation, die auch eine Überprüfung der Aufwandsseite erfordert hätte, zugrundegelegt werden müssen. Verschiedene Bestimmungen der Trinkwasserbeitragssatzung seien unwirksam. Den Kreis der Beitragsschuldner erstrecke § 6 Abs. 1 TBS im Widerspruch zu § 7 KAG auf "dinglich Berechtigte". Dies führe zur Unwirksamkeit der gesamten Beitragssatzung. Nach § 2 Abs. 1 TBS unterlägen auch Außenbereichsgrundstücke, die bebaut seien und nur angeschlossen werden könnten, ohne bereits angeschlossen zu sein, der Beitragspflicht. Im Außenbereich reiche aber die Bebauung des Grundstücks allein nicht aus, um die Beitragspflicht entstehen zu lassen. Die in § 4 Abs. 2 d) TBS normierte Tiefenbegrenzung von 50 m sei methodisch fehlerhaft ermittelt worden. Die durchschnittliche Bebauungstiefe beruhe auf einer fehlerhaften arithmetischen Mittelung der tatsächlichen Bebauung. Die Tiefenbegrenzung entspreche außerdem nicht den örtlichen Gegebenheiten. § 4 Abs. 2 d) TBS leide außerdem darunter, dass danach im Falle einer Zuwegung zum Grundstück die Grundstücksfläche beginnend vom Ende der Zuwegung bis zu einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen zu messen sei und die Zuwegung somit flächenmäßig unberücksichtigt bliebe. Nach § 4 Abs. 2 b) TBS würden die Grundstücke, die im Plangebiet liegen und in den Außenbereich übergehen, gegenüber vollständig im Außenbereich liegenden Grundstücken ungerechtfertigt bessergestellt. Nach § 4 Abs. 2 g) TBS komme auf privaten Grünflächen und Parkplätzen trotz bauakzessorischer Nutzung eine Beitragserhebung nicht in Betracht. Dies sei nicht vorteilsgerecht. § 4 Abs. 5 TBS sei gleichheitswidrig, weil danach für Bauten, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, keine konkrete Regelung zur Geschosshöhe bestehe. Eine derartige Unterscheidung zwischen vor und nach dem 30. April 1994 errichteten Bauten sei nur dann zulässig, wenn Altbauten auch mit geringerer Deckenhöhe als gemäß der Vollgeschossregelung für Neubauten generell weitgehender nutzbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Insbesondere Dachgeschosse von Neubauten mit Dachschrägen könnten baurechtlich ebenfalls zu Wohn- und gewerblichen Zwecken genutzt werden, ohne dass sie beitragsrechtlich als Vollgeschosse zu werten seien. Abweichend von anderen Beitragssatzungen enthalte § 4 Abs. 5 TBS keinerlei Einschränkungen bezüglich der Anrechenbarkeit bei Dachschrägen und einer geringeren Geschosshöhe des Obergeschosses gegenüber dem Untergeschoss, die eine Ungleichbehandlung relativieren bzw. sachlich legitimieren. Ein sachlicher Grund für diese weitgehende Regelung zum Vollgeschossmaßstab bestehe nicht.

6

Der Antragsteller beantragt,

7

die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der zweiten Änderungssatzung vom 23. Dezember 2009 für unwirksam zu erklären.

8

Der Antragsgegner beantragt,

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den Antrag abzuweisen.

10

Er tritt den Einwänden des Antragstellers in allen Punkten entgegen. Insbesondere die in § 4 Abs. 2 d) TBS normierte Regelung über die Tiefenbegrenzung für sogenannte Übergangsgrundstücke sei nicht zu beanstanden. Die Festlegung der qualifizierten Tiefenbegrenzung von 50 Metern entspreche den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen im Verbandsgebiet.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Der nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 13 AGGerStrG statthafte Normenkontrollantrag ist zulässig (I.) und begründet (II.).

13

I. Der Antrag ist fristgerecht nach § 47 Abs. 2 Satz 1, § 195 Abs. 7 VwGO binnen eines Jahres nach Bekanntmachung der angegriffenen Trinkwasserbeitragssatzung bei Gericht eingegangen. Die Satzung ist in ihrer ursprünglichen Fassung am 6. Januar 2007 veröffentlicht worden. Der Normenkontrollantrag wurde am 15. Juni 2007 gestellt.

14

Änderungen oder Neuregelungen der angegriffenen Rechtsvorschrift setzen die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Lauf, wenn mit ihnen eine neue oder zusätzliche Beschwer verbunden ist. Ein erneuter Fristenlauf beginnt dann, wenn sich aus der Neuregelung eine neue belastende Wirkung ergibt, z. B. durch das Zusammenwirken mit geänderten anderen Bestimmungen (vgl. OVG Bautzen, 20.08.2008 - 5 D 24/06 -, juris). Die mit der Ersten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 15. November 2007 vorgenommene Änderung der Tiefenbegrenzungsregel nach § 4 Abs. 2 d) TBS hat im Wesentlichen der Klarstellung schon geltenden Satzungsrechts gedient, insbesondere verläuft die Tiefenbegrenzungslinie nach der neuen Regelung unverändert zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 Metern dazu verlaufenden Parallelen. Danach hat die Erste Satzungsänderung keinen neuen Fristlauf ausgelöst. Die geänderte Bestimmung ist vielmehr von dem gegen die im Januar 2007 veröffentlichte Ursprungssatzung gerichteten Normenkontrollantrag vom 15. Juni 2007 erfasst.

15

Soweit der Antrag nunmehr auch die Zweite Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 und damit § 5 TBS mit dem jetzt geltenden Beitragssatz in Höhe von 5,04 € erfasst, liegt hierin eine in entsprechender Anwendung von § 91 VwGO zulässige Antragsänderung, insbesondere war die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach Bekanntmachung der Satzungsänderung noch nicht abgelaufen.

16

Der Antragsteller ist schließlich als noch nicht zu Trinkwasseranschlussbeiträgen herangezogener Eigentümer eines im Verbandsgebiet liegenden Grundstückes antragsbefugt i. S. v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Er kann geltend machen, möglicherweise durch die angefochtene Trinkwasserbeitragssatzung in seinen Rechten verletzt zu werden, indem er auf ihrer Grundlage zu Beitragszahlungen durch - bei angenommener Unwirksamkeit der Satzung - rechtswidrige Beitragsbescheide verpflichtet wird.

17

Der Senat versteht den nicht ausdrücklich beschränkten Antrag des Antragstellers, die Trinkwasserbeitragssatzung für unwirksam zu erklären, in der Weise (§ 133 BGB), dass die Ordnungswidrigkeitenbestimmung des § 11 TBS nicht angegriffen ist. Regelungen des Ordnungswidrigkeitenrechtes unterfallen nicht dem Verwaltungsrechtsweg und können daher von vornherein nicht Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle sein (OVG Greifswald, 27.07.2005 - 4 K 4/03 -, KStZ 2006, 156, 157). Durch die Erklärung der Unwirksamkeit der übrigen Satzungsbestimmungen verliert auch die Regelung über die Ordnungswidrigkeiten ihren rechtlichen Gehalt.

18

II. Der Normenkontrollantrag ist begründet. Zwar greifen die Einwendungen des Antragstellers ganz überwiegend nicht durch (nachfolgend 1.). Die angefochtene Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 war aber nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO insgesamt für unwirksam zu erklären, weil die Tiefenbegrenzungsregelung des § 4 Abs. 2 d) TBS gegen die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes (KAG) und den aus dem Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) folgenden Grundsatz der Abgabengerechtigkeit verstößt, daher unwirksam ist und die daraus folgende Satzungslücke zur Ungültigkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung führt (nachfolgend 2.).

19

Die formelle Ordnungsgemäßheit der Trinkwasserbeitragssatzung hat der Antragsteller nicht in Zweifel gezogen. Dem Senat drängen sich entsprechende Mängel nicht auf (vgl. zum Prüfungsmaßstab im Normenkontrollverfahren OVG Greifswald, 02.06.2004 – 4 K 38/02 -, juris, Rn. 133 = DVBl. 2005, 64 [nur Leitsätze]).

20

1. Die gegen die Gültigkeit der angefochtenen Satzung erhobenen Einwände des Antragstellers treffen ganz überwiegend nicht zu. Dies gilt insbesondere für die auf die Kalkulation des Beitragssatzes zielenden Rügen (nachfolgend a. bis f.). Die gegen die Gültigkeit einzelner Satzungsbestimmungen gerichteten Angriffe führen ebenfalls überwiegend nicht zum Erfolg (g. bis l.).

21

a. Wenn der Antragsteller geltend macht, der der Beitragsbemessung zugrundeliegende Zeitraum der Globalkalkulation sei nicht mit dem Zeitraum des Trinkwasserversorgungskonzeptes des Antragsgegners identisch, ist dem nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass bei einer Globalkalkulation nach § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG der notwendige Aufwand für die Herstellung der gesamten öffentlichen Einrichtung auf der Grundlage der von dem Verband gewählten Wasserversorgungskonzeption zu ermitteln ist (vgl. Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2010, § 8 Rn. 678b). Es liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dies hier nicht geschehen ist.

22

Die Kalkulation des Anschlussbeitrages Trinkwasser nennt einen Investitionszeitraum bis zum Jahre 2020 ("geplante Investitionen von 2006 bis 2020: 18.081.197,- €"). Das Trinkwasserversorgungskonzept des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt-Lübz ("Investitionen Rohrnetz [2006 bis 2020]") sieht Investitionen bis zum Jahr 2018 vor. Für die Jahre 2019 und 2020 ist für Investitionen jeweils der Betrag von 0,- € prognostiziert. Ein Widerspruch zwischen Kalkulation und Trinkwasserversorgungskonzept ist danach nicht zu erkennen. Der Antragsgegner hat zu diesem Einwand des Antragstellers ausgeführt, bei der Überarbeitung des Trinkwasserversorgungskonzeptes im Jahre 2006 habe sich bei der Spezifikation der einzelnen notwendigen Maßnahmen ergeben, dass bei günstigem zeitlichen Verlauf der Investitionen von einer Fertigstellung der Einrichtung bereits im Jahr 2018 auszugehen sei. Da zeitliche Verschiebungen nicht auszuschließen seien, sei auf eine Änderung des Zeitraumes für die Gültigkeit des Trinkwasserversorgungskonzeptes verzichtet worden. Die Kalkulation habe daher den nach dem Trinkwasserversorgungskonzept maßgeblichen Investitionszeitraum zutreffend berücksichtigt.

23

b. Auch der Einwand des Antragstellers führt nicht weiter, in der Kalkulation fänden sich unterschiedliche Abzugsbeträge über (von der Westmecklenburger Wasser GmbH) bei Errichtung des Verbandes kostenlos übernommenes Vermögen. Die Folge sei, dass möglicherweise nicht nur 14.267.518,75 €, sondern 16.283.771,09 € hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es trifft zu, dass es nach der Auffassung des Senates dann, wenn eine Altanlage kostenlos übernommen wird, rechtlich nicht zulässig ist, für diese Altanlage einen Wert in die Kalkulation einzustellen. Denn bei dem Wert der Altanlage handelt es sich dann nicht um Kosten, die dem Zweckverband für die Herstellung der Anlage tatsächlich entstanden sind. Anderes gilt, wenn dabei Schulden übernommen werden. Diese können als eigener Aufwand in die Kalkulation eingestellt werden (vgl. OVG Greifswald, 15.11.2000 - 4 K 8/99 -, KStZ 2001, 174, 177). Wenn der Antragsgegner danach aus dem Wert des Anlagevermögens für den Bereich Trinkwasser das kostenlos von "WMW" übernommene Vermögen abzuziehen hatte, so ist das offenbar auch im gebotenen Umfang geschehen. Der Senat hat nach der im gerichtlichen Verfahren abgegebenen plausiblen Erläuterung des Antragsgegners zu dem tatsächlichen Hintergrund des auf Blatt 172 der Verwaltungsvorgänge dargestellten Wertes von 16.283.771,09 € jedenfalls keinen Anlass, an der Richtigkeit des in der Kalkulation abgesetzten Betrages von 14.267.518,75 € zu zweifeln. Nach den Ausführungen des Antragsgegners hat der Verband die Summe der kostenlos übernommenen Anlagegüter aus einer Addition der in den Abschreibungsbuchunterlagen enthaltenen Angaben gewonnen und so einen Wert von vor 1993 angeschafften Gütern von 14.267.518,75 € ermittelt. Diesen Wert hat er anhand einer Obergrenze einer Plausibilitätsüberprüfung unterzogen, indem er ihn einem in der Bilanz zum 31.12.1993 ausgewiesenen übertragenen Gesamtvermögen von 16.283.771,09 € gegenübergestellt hat. Anhand dieser Gegenüberstellung konnte er kontrollieren, ob der Gesamtwert aus den Einzelwerten der Anlagegüter nicht etwa oberhalb des übertragenen Gesamtvermögens lag. Das Gesamtvermögen soll nach der Stellungnahme des Antragsgegners zum einen nicht beitragsfähige Positionen enthalten und zum anderen auch Anlagegüter, die nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung geworden seien. So erkläre sich die Differenz zwischen den beiden Werten. Darin liegt eine nachvollziehbare Begründung für die in den Kalkulationsunterlagen enthaltenen, das übernommene Anlagevermögen betreffenden unterschiedlichen Werte, die an dieser Stelle eine weitere Sachaufklärung nicht erfordert. Ob schließlich der Antragsgegner den Wert von 14.267.518,75 € korrekt ermittelt hat, hatte der Senat mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht weiter zu prüfen.

24

c. Der Einwand des Antragstellers, es sei zu bezweifeln, dass die in der Kalkulation aufgeführten übernommenen Darlehen ("Darlehen Investitionen KfW" in Höhe von 588.088,43 €) in dem einbezogenen Umfang der jeweiligen Wasserversorgungseinrichtung zuzurechnen seien, trifft nicht zu. Der Antragsgegner hat im gerichtlichen Verfahren Kopien der Beschlüsse seiner Verbandsversammlung vorgelegt, die die Übertragung von vier "KfW-Krediten" für der Wasserversorgung dienende Bauvorhaben in Goldberg und B-Stadt von der Westmecklenburger Wasser GmbH E-Stadt auf den Antragsgegner belegen. Die Summe der dort aufgeführten und in Anspruch genommenen bzw. abgerufenen Kreditbeträge ergibt den in der Kalkulation ausgewiesenen Betrag.

25

d. Der Antragsgegner hat auf den Einwand des Antragstellers, er habe in den beitragsfähigen Aufwand auch Aufwendungen für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten eingestellt, ausgeführt, solche Aufwendungen würden nicht aktiviert, sondern in die laufenden Kosten gebucht und über Gebühren finanziert. Weiteren Anlass zur Prüfung sieht der Senat danach an dieser Stelle ebenfalls nicht. Zu den von Antragstellerseite angesprochenen drei verschiedenen im Anlagespiegel enthaltenen Positionen hat der Antragsgegner erläutert, bei der Position 60721950022 ("Auswechslung Knotenpunkte") handele es sich um die planmäßige Umsetzung des im Trinkwasserversorgungskonzept bezüglich einer veralteten Altanlage vorgesehenen Standards und nicht um Instandhaltungs- oder Reparaturarbeiten. Gleiches gelte für eine unter der Position "05in60110" verzeichnete Baumaßnahme aus dem Jahr 2005 am Reinwasserbehälter im Wasserwerk Herzberg. Hier sei eine als Provisorium anzusehende veraltete Steuerungstechnik in einer seinerzeit kostenlos übernommenen Altanlage durch neue Steuerungstechnik ersetzt worden. Der im Anlagespiegel an der zugehörigen Stelle verwendete Begriff der Sanierung sei insoweit nicht zutreffend. Es handele sich nicht um eine Sanierung neu errichteter Anlagenteile, sondern um die erstmalige Verwirklichung des im Trinkwasserkonzept vorgesehenen Standards. Die Position 6072192002 sei schließlich in den Herstellungsaufwand nicht eingerechnet worden, weil sie zu dem vom Verband kostenlos übernommenen Vermögen gehöre. Danach war auch zu diesen Punkten keine vertiefte Überprüfung angezeigt.

26

Entgegen den Ausführungen des Antragstellers ergibt sich außerdem der Umfang der Gesamtinvestitionen aus dem Trinkwasserkonzept. Hier wird - entgegen dessen Auffassung - auch hinreichend deutlich, dass es sich um Nettoinvestitionen handeln soll.

27

e. Der Antragsteller rügt, den Vertretern der Verbandsversammlung hätten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 21. Dezember 2009 über die Änderung des Beitragssatzes in § 5 TBS (Zweite Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung) die Kalkulationsunterlagen nicht zur Kenntnis vorgelegen. Gleiches gelte für die Beschlussfassung vom 4. Dezember 2006. Anderes könne weder der Ladung zur Verbandsversammlung noch den weiteren Unterlagen, insbesondere nicht dem Protokoll der Verbandsversammlung entnommen werden. Diese Rüge ist unzutreffend.

28

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates (vgl. dazu die zahlreichen Nachweise bei Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG, Stand: Juni 2010, § 2 Anm. 8.3.1.2) muss der Verbandsversammlung - neben der Beschlussvorlage über die Satzung - eine (Global-) Kalkulation bei der Beschlussfassung über die Abgabensatzung vorliegen. Wird dem Rechtssetzungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Ungültigkeit des Abgabensatzes zur Folge, weil das Rechtssetzungsorgan das ihm bei der Festsetzung der Abgabensätze eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei hat ausüben können.

29

Es unterliegt aus Sicht des Senates keinen Zweifeln, dass der Verbandsversammlung in ihrer Sitzung vom 4. Dezember 2006 ebenso wie in der Sitzung vom 21. Dezember 2009 die Kalkulationsunterlagen mit der Möglichkeit zur Kenntnisnahme vorgelegen haben. Das folgt für die Sitzung vom 4. Dezember 2006 aus der wohl nach späterem Abhören des Tonbandmitschnittes am 19. März 2008 gefertigten Ergänzung zum Protokoll der Verbandsversammlung Nr. 02/2006, wonach im Anschluss an den Tagesordnungspunkt 5 die Verbandsvorsteherin explizit darauf hingewiesen habe, dass zur Beratung alle Kalkulationsunterlagen zur Einsichtnahme vorlagen. Diese in der mündlichen Verhandlung im Original vorgelegte Protokollergänzung ist als öffentliche Urkunde nach §§ 98 VwGO, 418 ZPO anzusehen, die den vollen Beweis der darin (aufgrund eigener Wahrnehmung, § 418 Abs. 3 ZPO) bezeugten Tatsache begründet, mithin dass der Hinweis durch die Verbandsvorsteherin auf die ausliegenden Kalkulationsunterlagen ergangen ist (vgl. dazu MüKo ZPO, § 418, Rn. 4; Rudisile in: Schoch, VwGO § 98, Rn. 206;). Die Voraussetzungen des § 418 ZPO liegen vor. Die Verbandsversammlung (§§ 155, 156 KV) ist eine öffentliche Behörde i.S.d. Definition der öffentlichen Urkunde nach § 415 Abs. 1 ZPO. Als solche Behörden werden nicht nur Verwaltungsbehörden angesehen, sondern die in den allgemeinen Organismus der Behörden eingefügte Organe der Staatsgewalt, die dazu berufen sind, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates oder der von ihm geförderten Zwecke tätig zu sein, gleichviel ob das Organ unmittelbar vom Staate oder einer dem Staate untergeordneten Körperschaft zunächst für deren eigene Zwecke bestellt ist (BGH, 16.10.1963 - IV ZB 171/63 -, BGHZ 40, 225, 228; vgl. OVG Magdeburg, 10.12.1998 - C 2 S 477/96 -, juris: Protokoll über die Sitzung des Gemeinderats ist öffentliche Urkunde, die nach § 418 ZPO den vollen Beweis begründet). Die von Antragstellerseite geäußerte Einschätzung, es sei ungewöhnlich, dass die Protokollergänzung so spät gekommen sei, ist danach unbeachtlich.

30

Damit erweist sich die Rüge fehlender Kalkulationsunterlagen allein als offenbar ungeprüfte und unzutreffende Vermutung. Gleiches gilt für den inhaltlich gleichlautenden, die Sitzung vom 21. Dezember 2009 betreffenden Einwand. Hier ist schon der Sitzungsniederschrift (Verbandsversammlung 03/2009) selbst zu entnehmen, dass die Kalkulationsunterlagen zur Einsichtnahme im Präsidium ausgelegen haben. Im Übrigen besteht kein einziger Anhaltspunkt, dass ein Verbandsvertreter Bedarf an einer Einsichtnahme in die Unterlagen geäußert hätte und diese nicht möglich gewesen wäre.

31

f. Wenn weiter eingewandt wird, die dem Beschluss der Verbandsversammlung über die Änderung des Beitragssatzes vom 21. Dezember 2009 zugrundeliegende Kalkulation habe der Antragsgegner nicht ohne Prüfung der Aktualität von Aufwands- und Flächenseite verwenden dürfen, insbesondere seien seit dem Jahre 2006 im Verbandsgebiet verschiedene Flächennutzungs- und Bebauungspläne sowie Abrundungssatzungen in Kraft getreten, so führt auch das nicht zum Erfolg. Der Erlass oder die Änderung solcher Pläne und Satzungen sind mit Blick auf die zahlreichen Gemeinden des gesamten Verbandsgebietes ein permanent stattfindender Vorgang der bauplanungsrechtlichen Fortentwicklung, der zu einer Vergrößerung ebenso wie zu einer Verkleinerung der beitragsrelevanten Gesamtfläche führen kann. Damit zusammenhängende Ungenauigkeiten der Flächenberechnung müssen bei einer gesetzlich zulässigen (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG) Globalkalkulation ebenso wie andere mit einer mehrere Jahre in die Zukunft reichenden Investitionsprognose verbundene Schätzungen in Kauf genommen werden. Anderenfalls müsste eine Kalkulation bei jeder Änderung der bauplanungsrechtlichen Gegebenheiten in einem Teil des Verbandsgebietes überarbeitet werden, um auch minimale Veränderungen der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen. Dies ist aber angesichts der ohnehin nur scheinbar vorhandenen Präzision der Kalkulation (Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 3.4) nicht zu fordern. Vielmehr wird - ohne dass sich der Senat an dieser Stelle mangels Entscheidungserheblichkeit abschließend äußern muss - angesichts der Regelung in § 6 Abs. 2 d) KAG eine Beitragskalkulation grundsätzlich für den Zeitraum von fünf Jahren als hinreichend aktuell angesehen (Aussprung, a.a.O., § 9 Anm. 3.4; vgl. dazu auch OVG M-V, 15.11.2000, a.a.O., 177).

32

Damit reicht allein der Hinweis des Antragstellers auf eine Veränderung bzw. den Erlass von Bebauungsplänen und Abrundungssatzungen nicht aus, um die Aktualität der Globalkalkulation des Antragsgegners in Zweifel zu ziehen. Anhaltspunkte dafür, dass dies ausnahmsweise anders gesehen werden müsste, etwa weil besonders intensive Flächenänderungen betroffen wären, die erhebliche Auswirkungen auf die Kalkulation hätten, fehlen im Vortrag des Antragstellers. Solche drängen sich bei der aus dem August 2006 stammenden Flächenkalkulation für den im Dezember 2009 getroffenen Beschluss über den Beitragssatz auch nicht auf.

33

g. § 2 TBS ist nicht im Hinblick auf eine etwaige Beitragspflicht noch nicht angeschlossener bebauter Außenbereichsgrundstücke zu beanstanden. Die Vorschrift lautet:

34

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Trinkwasserversorgung angeschlossen werden können und

35

(a) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden können, oder

36

(b) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinden zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen, oder

37

(c) wenn sie bebaut sind.

38

(2) Wird ein Grundstück an die Trinkwasserversorgung tatsächlich angeschlossen, so unterliegt es der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vorliegen.

(3).....................

39

§ 2 Abs. 1 c) TBS ist nicht so zu verstehen, dass bebaute Außenbereichsgrundstücke, die an die Einrichtung nur angeschlossen werden können, ohne schon angeschlossen zu sein, bereits der Beitragspflicht unterliegen sollen und dass die Bestimmung damit gegen das Vorteilsprinzip nach § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG verstieße. Mangels Baulandqualität solcher Grundstücke führt bei ihnen allein die Anschlussmöglichkeit noch nicht zu einer gesicherten Vorteilslage (vgl. Klausing in: Driehaus, Stand: März 2010, § 8, Rn. 1032). Entgegen der Auffassung des Antragstellers zwingt der Wortlaut des § 2 Abs. 1 TBS nicht zu einer solchen Deutung der Norm, denn er ist nicht in diesem Sinne eindeutig und lässt Raum für eine Lesart, die zu einer Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht führt.

40

Sollten schon nichtangeschlossene und nur anschließbare bebaute Außenbereichsgrundstücke der Beitragspflicht unterstellt werden, so müsste die Bestimmung folgendermaßen gelesen werden: "Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die ....angeschlossen werden können und wenn sie bebaut sind". Der Satz müsste dann aber richtigerweise lauten: "...angeschlossen werden können und bebaut sind". Wegen dieser grammatikalischen Ungenauigkeit lässt sich § 2 Abs. 1 TBS auch so verstehen, dass sich die Formulierung unter Buchstabe c) ("wenn sie bebaut sind") allein auf die unter den Buchstaben a) und b) geregelten Fälle festgesetzter oder nach der Verkehrsauffassung bestehender, aber noch nicht verwirklichter Bebaubarkeit bezieht (beplanter bzw. Innenbereich) und sie um die Fälle schon realisierter Bebauung solcher Grundstücke ergänzt. Der von dem Antragsteller angesprochene Fall des angeschlossenen und bebauten Außenbereichsgrundstückes unterfiele dann allein § 2 Abs. 2 TBS. Dass dieses nach dem Wortlaut mögliche Verständnis der Norm vorzugswürdig gegenüber einer Interpretation ist, die zur Unwirksamkeit der gesamten Satzung führt, versteht sich von selbst. Darüber hinaus fügt sich allein die so verstandene Bestimmung auch in das weitere Satzungsgefüge ein. Dies wäre nicht der Fall, wenn man § 2 Abs. 1 c) TBS entnehmen wollte, dass bereits bebaute und nur über eine Anschlussmöglichkeit verfügende Außenbereichsgrundstücke der Beitragspflicht unterfallen sollen. Für solche Grundstücke fehlte es dann nämlich an einem Beitragsmaßstab mit der Folge, dass sie zwar der Beitragspflicht unterstellt würden, letztendlich jedoch überhaupt nicht veranlagt werden könnten. Nach § 4 Abs. 1 TBS ("Beitragsmaßstab") wird der Anschlussbeitrag für die bevorteilte Grundstücksfläche unter Berücksichtigung der Art und des Maßes der Bebaubarkeit des Grundstückes berechnet. Ist eine Grundstücksfläche nicht bevorteilt, wird danach dafür auch kein Beitrag berechnet. Das trifft aber auf mit noch nicht angeschlossenen Baulichkeiten bebaute Außenbereichsgrundstücke mangels gesicherter Vorteilslage zu. Damit übereinstimmend regelt § 4 Abs. 2 i) TBS, dass bei bebauten Grundstücken im Außenbereich der mit 0,2 vervielfachte Teil der Grundfläche der an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten als Grundstücksfläche gilt. Ohne bereits angeschlossene Baulichkeiten errechnet sich danach keine unter Geltung des Grundstücksflächenmaßstabes für die Beitragserhebung erforderliche Grundstücksfläche.

41

h. Der Antragsteller meint, § 4 Abs. 2 b) TBS ordne für Grundstücke, die im Bereich eines Bebauungsplanes liegen und über die Grenzen des Bebauungsplanes hinausreichen, für den Außenbereichsteil die Geltung der Grundstücksfläche im Umfang der Grundfläche der Baulichkeit an. § 4 Abs. 2 i) TBS bestimme hingegen für ganz im Außenbereich liegende bebaute Grundstücke die durch die GRZ 0,2 geteilte Grundfläche als beitragspflichtige Fläche. Hierin sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu erkennen. Das trifft nicht zu.

42

§ 4 Abs. 2 b) TBS enthält entgegen der von dem Antragsteller vertretenen Auffassung keine Regelung für Grundstücke, die teils im Gebiet eines Bebauungsplanes und teils im Außenbereich liegen. Die Bestimmung setzt nämlich voraus, dass die Fläche außerhalb des Plangebietes baulich oder gewerblich genutzt werden kann. Die Möglichkeit einer baulichen Nutzung besteht jedoch für Außenbereichsflächen grundsätzlich nicht. Der Außenbereich ist nach § 35 Abs. 2 BauGB grundsätzlich unbebaubar (Battis/Krautzberger/Löhr, 11. Aufl., Vorb §§ 29-38, Rn. 5). Befindet sich ein Gebäude auf einer Außenbereichsfläche, so mag dieses Bestandsschutz genießen und als solches genutzt werden können. Damit ist jedoch nicht zugleich die Außenbereichsfläche selbst baulich nutzbar. Würde das Gebäude zerstört, dürfte es im Grundsatz wegen seiner Lage im Außenbereich nicht wieder aufgebaut werden (vgl. BVerwG, 20.09.1974 - IV C 70.72 -, DÖV 1975, 104, 105).

43

Damit ist § 4 Abs. 2 i) TBS alleinige Norm zur Berechnung der Grundstücksfläche bei bebauten und angeschlossenen Grundstücken im Außenbereich. Der von Antragstellerseite gerügte Konflikt mit § 4 Abs. 2 b) TBS besteht nicht.

44

Die von Antragstellerseite monierte Ungleichbehandlung führte aber auch nur dann zum Fehlen einer erforderlichen Maßstabsregelung, also einer Satzungslücke und somit zur Nichtigkeit der Satzung, wenn es im Verbandsbereich überhaupt vom Bebauungsplanbereich in den Außenbereich übergehende Grundstücke gäbe. Nur dann könnte sich eine nichtige Maßstabsregelung vor dem Hintergrund des im Recht der leitungsgebundenen Einrichtung geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit als rechtlich problematisch darstellen und ggf. zur Nichtigkeit der Satzung insgesamt führen (vgl. OVG Greifswald, 30.06.2004 - 4 K 34/02 -, juris, NordÖR 2004, 417[nur Leitsätze]). Der Antragsgegner hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, es gebe in seinem Verbandsgebiet keine Veranlagungsfälle, bei denen einzelne Buchgrundstücke über die Bebauungsplangrenze hinausreichten, direkt in den Außenbereich übergingen und trotz vorhandener Baulichkeiten nicht dem unbeplanten Innenbereich zuzurechnen wären.

45

i. Die § 4 Abs. 2 d) Satz 2 TBS betreffende Rüge des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Der Antragsteller meint, dass danach bei von der Tiefenbegrenzungsregelung betroffenen sogenannten "Pfeifenstielgrundstücken" die Zuwegung zum Grundstück bei der Berechnung des Beitrages außer Betracht bleibe, was mit dem Gleichheitssatz unvereinbar sei. Wegeflächen auf Grundstücken müssten bei der Kalkulation in vollem Umfang berücksichtigt werden.

46

Die Vorschrift lautet:

47

"Als Grundstücksfläche gilt:

d) bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Dieser Abstand wird bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen."

48

Die Bedenken des Antragstellers sind bei richtigem Verständnis der Bestimmung unbegründet. Im Falle einer Grundstückszuwegung wird nicht der straßenseitige Anfang der zu berechnenden Fläche von der Straße weg bis zum Ende der Zuwegung und Anfang der eigentlichen Grundstücksfläche verlegt mit der Folge, dass die Fläche der Zuwegung nicht mitzählte, sondern nur der Verlauf der Tiefenlinie, indem insoweit der Abstand von 50 Metern erst ab dem Ende der Zuwegung gemessen wird. Maßgeblich ist grundsätzlich die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Bei "Pfeifenstiel-" bzw. "Zuwegungsgrundstücken" wird nur der Verlauf dieser Parallele verschoben, indem der 50 Meter betragende Abstand (zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der Parallelen) erst von dem Ende der Zuwegung an gemessen wird. Die der Straße zugewandte Grundstücksseite wird nicht verschoben. Daher fällt die Zuwegung - anders als der Antragsteller meint - in die beitragspflichtige Fläche.

49

j. Die Rüge, § 4 Abs. 2 g) TBS sei nicht vorteilsgerecht, greift nicht durch. Die Bestimmung lautet:

50

"bei Grundstücken, für die im Bebauungsplan sonstige Nutzung ohne oder mit nur untergeordneter Bebauung festgesetzt ist oder die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (§ 34 BauGB) tatsächlich so genutzt werden (z.B. Schwimmbäder, Camping- und Sportplätze), die Grundfläche der an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten geteilt durch die Grundflächenzahl (GRZ) 0,2. Die unter Berücksichtigung des Maßes der Nutzung ermittelte Fläche wird den betreffenden Gebäuden so zugeordnet, dass ihre Grenzen jeweils im gleichen Abstand von den Außenwänden der Gebäude verlaufen. ..."

51

Nach Auffassung des Antragstellers blieben danach bauakzessorisch genutzte private Grünflächen oder private Parkplätze beitragsfrei, da sich auf diesen Flächen üblicherweise keine an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten befänden. Gleiches gelte, wenn in einem Bebauungsplan für Teilflächen eines Buchgrundstückes sowohl eine sonstige Nutzung ohne Bebauung als auch eine andere Teilfläche "Bebauung" geplant sei. Bei konsequenter Anwendung der Vorschrift wäre die Folge, dass trotz der Bebaubarkeit nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes nur die Grundfläche des an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Gebäudes geteilt durch die Grundflächenzahl 0,2 als Grundstücksfläche beitragsfähig wäre. Dies sei nicht vorteilsgerecht.

52

Dem ist nicht zu folgen.

53

Im Anschlussbeitragsrecht ist im Interesse von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff auszugehen (vgl. OVG Greifswald, 10.10.2007 - 1 L 256/06 - (Volkswerft), NordÖR 2008, 40, 41; 20.11.2003 - 1 M 180/03 -, DÖV 2004, 259, 260). Unter "Grundstück" ist danach derjenige katastermäßig abgegrenzte Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der im Grundbuch unter einer besonderen Nummer eingetragen ist. Diese vom Bundesverwaltungsgericht im Erschließungsbeitragsrecht vertretene Rechtsansicht (vgl. etwa BVerwG, 12.12.1986 - 8 C 9.86 -, NVwZ 1987, 420) gilt auch für das Recht der leitungsgebundenen Anlagen (vgl. OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Für die von dem Antragsteller aufgeworfene Frage der beitragsrechtlich maßgeblichen Ausnutzbarkeit des Grundstückes, insbesondere die Frage, ob das gesamte Grundstück oder nur Teile baulich nutzbar sind, muss ebenfalls grundsätzlich die (gesamte) Fläche des im Bereich eines Bebauungsplanes nach § 30 BauGB oder vollständig im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB liegenden Buchgrundstückes betrachtet werden. Eine Unterteilung des Grundstückes nach verschiedenen Nutzungsarten (Bauland, Parkplatz, Grünfläche etc.) scheidet - von Ausnahmen abgesehen - aus. Für die Frage der Baulandeigenschaft des Grundstückes ist dessen gesamte Fläche einheitlich und nicht nach Grundstücksteilen getrennt zu betrachten, obgleich so gut wie nie die gesamte Fläche der baulichen (oder sonstwie beitragsrechtlich relevanten) Nutzung zugeführt werden bzw. voll überbaut werden darf. Denn die Zulässigkeit einer Bebauung setzt zumeist die Freihaltung erheblicher Grundstücksteile voraus, für die Ausführbarkeit eines Bauvorhabens muss daher in der Regel mehr an Fläche zur Verfügung stehen, als für die bauliche Anlage als solche benötigt wird. Baulinien, Baugrenzen, Abstands- und Anbauverbotsvorschriften sind für den Umfang der zu berücksichtigenden Grundstücksfläche ebenso ohne Belang wie bauplanungsrechtliche Festsetzungen von Grundstücksteilen als private Grünfläche (BVerwG, 29.11.1994 - 8 B 171/94 -, NVwZ 1995, 1215, 1216; vgl. Klausing in: Driehaus, a.a.O., § 8, Rn. 1029). Anderes gilt nur, wenn ein Grundstücksteil einer privaten Nutzung durch den Eigentümer - wie etwa bei der Festsetzung als öffentliche Grünfläche - schlechthin entzogen ist (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 8).

54

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass § 4 Abs. 2 g) TBS eine von diesen Maßstäben abweichende Regelung treffen will. Wird demnach ein im Gebiet eines qualifizierten Bebauungsplanes oder vollständig im Bereich nach § 34 BauGB liegendes baulich nutzbares Grundstück in Teilen auch "sonstig" i.S.v. § 4 Abs. 2 g) TBS genutzt, so bleibt es für die Frage der Baulandqualität bei der gesamten Grundstücksfläche. Nur wenn das Grundstück ausschließlich im in § 4 Abs. 2 g) TBS angesprochenen Sinne nutzbar ist oder im Bereich nach § 34 BauGB in dieser Weise genutzt wird, gilt der dort geregelte Maßstab für die "sonstige Nutzung". Ein Verstoß gegen das Vorteilsprinzip kann daher nicht gesehen werden.

55

k. § 4 Abs. 5 TBS ist nicht zu beanstanden. Die im Zusammenhang mit § 4 Abs. 3 und 4 TBS stehende Bestimmung lautet:

56

(Abs.3) Zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Maßes der Nutzung wird die Fläche nach Abs. 2 mit einem Vom-Hundert-Satz für jedes Vollgeschoss wie folgt bewertet:

a) für das erste Vollgeschoss 25 %,

b) für jedes weitere Vollgeschoss 20 % der Grundstücksfläche nach Absatz 2

57

(Abs. 4) Als Zahl der Vollgeschosse gilt:

a) soweit ein B-Plan besteht, die hier festgesetzte höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse,

b) soweit kein B-Plan besteht oder in einem B-Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt ist:

- bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse,

- bei genehmigten Vorhaben die Zahl der genehmigten Vollgeschosse,

- bei unbebauten Grundstücken die Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse.

58

(Abs. 5) Als Vollgeschoss gelten alle Geschosse, die nach den Vorschriften der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern Vollgeschosse sind. Bei Gebäuden, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden, müssen die Mindesthöhen gemäß der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern nicht erreicht werden.

59

Der Antragsteller hält § 4 Abs. 5 TBS für gleichheitswidrig, weil danach für Bauten, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, keine konkrete Regelung zur Geschosshöhe bestehe. Die Vorschrift sei daher unbestimmt, und es bliebe letztlich der Entscheidung des rechtsanwendenden Sachbearbeiters überlassen, wie die zahlreich vor 1994 errichteten Gebäude zu veranlagen seien. Eine derartige Unterscheidung zwischen vor und nach dem 30. April 1994 errichteten Bauten sei auch nur dann zulässig, wenn Altbauten auch mit geringerer Deckenhöhe als der Vollgeschossregelung für Neubauten generell weitgehender nutzbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Diesen Einwänden vermag der Senat nicht zu folgen.

60

§ 4 Abs. 5 TBS ist nicht unbestimmt. Einer Norm - auch einer Bestimmung in einer kommunalen Beitragssatzung - fehlt nicht deshalb die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit oder Klarheit, weil sie der Auslegung bedarf. Der Bestimmtheitsgrundsatz verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen. Normen müssen so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen können und die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Vorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren. Das Gebot der Bestimmtheit darf nicht übersteigert werden, weil die Normen sonst starr und kasuistisch würden und der Vielgestaltigkeit der Sachverhalte oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten. Es ist deshalb ausreichend, wenn der Norminhalt durch die anerkannten Auslegungsmethoden zweifelsfrei ermittelt werden kann. Dabei ist die Interpretation nicht durch den formalen Wortlaut der Norm begrenzt. Ausschlaggebend ist der objektive Wille des Gesetzgebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Gesetzestext einen Niederschlag gefunden hat (BayVerfGH, 22.06.2010 - Vf. 15-VII-09 -; juris; OVG Weimar, 18.12.2000 - 4 N 472/00 -, LKV 2001, 415ff; BVerwG, 14.12.1995 - 4 N 2/95 -, NVwZ-RR 1996, 429). Im Interesse der Normerhaltung kann eine Bestimmung nur dann für nichtig gehalten werden, wenn keine nach anerkannten Auslegungsregeln zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende, insbesondere den Gesamtzusammenhang der getroffenen Regelung mit berücksichtigende Auslegung möglich ist (BVerwG, 20.08.2003 - 6 CN 5/02 -, juris; 15.12.1993 - 6 C 20/92 -, BVerwGE 94, 352, 358).

61

Danach kann § 4 Abs. 5 TBS in einer Weise ausgelegt werden, die auch im Satzungstext hinreichend deutlich ihren Ausdruck findet. Die Vorschrift für unbestimmt zu halten oder anzunehmen, sie treffe für Bauwerke, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung errichtet worden sind, im Hinblick auf die Anforderungen an deren Geschosshöhen überhaupt keine Regelung, sodass der Rechtsanwender nicht mehr in der Lage sei zu erkennen, was der Satzungsgeber für diese Fälle bestimmt habe, geht fehl.

62

Der Sinn der Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS, wonach bei Gebäuden, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden, die Mindesthöhen nach der Landesbauordnung nicht eingehalten werden müssen, ist in ausreichend deutlicher Weise der Regelungssystematik des in § 4 Abs. 3 bis 5 TBS bestimmten Vollgeschossmaßstabes zu entnehmen. Zur Ermittlung der für den Anschlussbeitrag maßgeblichen Grundstücksfläche (§ 4 Abs. 1 TBS) ist die nach § 4 Abs. 2 TBS ermittelte Fläche nach § 4 Abs. 3 TBS für das erste Vollgeschoss mit 25% und für jedes weitere Vollgeschoss mit 20% zu bewerten. Nach § 4 Abs. 4 b) TBS gilt, soweit kein Bebauungsplan besteht oder in einem solchen Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt ist, bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse. Absatz 5 des § 4 TBS schließlich regelt, dass als Vollgeschoss alle Geschosse gelten, die nach den Vorschriften der Landesbauordnung Vollgeschosse sind. Das sind nach § 2 Abs. 6 LBauO v. 26. April 1994 (GVOBl. 1994, 518) Geschosse, die über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses oder, wenn kein darunterliegendes Geschoss vorhanden ist, zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben. Ähnliches gilt nach § 87 Abs. 2 LBauO v. 18. April 2006 (GVOBl. 2006, 102), wonach die Geschosse über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben müssen, was auch schon nach § 2 Abs. 4 Gesetz über die Bauordnung v. 20. Juli 1990 (Gesetzblatt Teil I 1990, 929) geltendes Recht war (vgl. zur Legaldefinition des Vollgeschosses OVG Greifswald, 11.10.2007 - 3 M 169/07 -, LKV 2008, 421).

63

Wenn der Satzungsgeber vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen anordnet, dass für die Bewertung von Gebäuden, die vor Inkrafttreten der den Beurteilungsmaßstab für Vollgeschosse enthaltenden Rechtsvorschrift errichtet worden sind, die Anforderungen dieser Vorschrift nicht gelten sollen, so ist dem ohne Weiteres der Sinn zu entnehmen, dass für diese Gebäude - was die Mindesthöhe der Geschosse anbelangt - ein weniger strenger Begriff des Vollgeschosses gelten soll. Denn ordnete die Satzung auch für solche früher errichtete Gebäude den Vollgeschossmaßstab nach der Landesbauordnung an, so könnte der Fall eintreten, dass ein solches Gebäude allein deshalb, weil seine Geschosshöhen die an ein "Vollgeschoss" zu stellenden Voraussetzungen nicht erfüllen mussten und nicht erfüllten, obwohl es wie ein neueres Gebäude mit nach der Landesbauordnung vorgeschriebenen Geschosshöhen genutzt wird, vorteilswidrigerweise zu gering oder überhaupt nicht veranlagt wird, weil es keine Vollgeschosse i.S.d. Landesbauordnung, sondern nur niedrigere Geschosse aufwiese. Die Regelung will demnach verhindern, "Altbauten" wegen der Maßgeblichkeit der Anzahl der Vollgeschosse besser zu stellen, wenn sie die für Vollgeschosse geltenden Mindesthöhen der Landesbauordnung nicht erreichen. Da der vom Maß der Nutzung abhängige wirtschaftliche Vorteil bei Vollgeschossen einerseits und bei Geschossen unterhalb der Vollgeschossigkeit andererseits annähernd gleich ist (OVG NW, 29.08.2000 - 15 A 4178/00 -, juris, Rn. 4) verstieße das - wenn es denn solche Gebäude im Verbandsgebiet gäbe - gegen das nach § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG geltende Vorteilsprinzip, wonach die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen sind.

64

§ 4 Abs. 5 Satz 2 TBS ist zu entnehmen, dass sich für früher errichtete Gebäude die Qualifizierung als für die Flächenberechnung (§ 4 Abs. 3 TBS) relevantes Geschoss nach den zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Anforderungen bestimmen soll. Dies findet in dem Satzteil "..., die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden,..." hinreichend Ausdruck. Eine andere sinnvolle Interpretation der Norm bietet sich nicht an. Insbesondere scheidet eine Deutung aus, die quasi am Buchstaben des § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS haftete. Bei einer solchen Interpretation müssten die Mindesthöhen der Landesbauordnung nur dann nicht eingehalten werden, wenn das Gebäude vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet worden ist. Das hieße, dass Gebäude, die unter Missachtung der seinerzeitigen rechtlichen Anforderungen errichtet worden sind, nicht unter die Freistellung von den Mindesthöhen nach der Landesbauordnung fielen mit der Folge, dass für sie der Vollgeschossbegriff der Landesbauordnung anzuwenden wäre. Dann könnten Grundstücke mit solchen "illegalen" Gebäuden mangels Erreichen der Mindestgeschosshöhe nicht in vorteilsgerechtem Maße oder sogar überhaupt nicht herangezogen werden. Dies widerspräche dem Willen des Satzungsgebers, möglichst vorteilsgerechte Ergebnisse auch bezüglich der "Altbauten" zu erzielen.

65

Die Bestimmung kann auch nicht - wie der Antragsteller unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts E-Stadt vom 22. Januar 2010 (- 8 A 1364/09 -, Urteilsabdruck, S. 6) meint - deshalb beanstandet werden, weil danach satzungsrechtliche Einschränkungen für die Anrechenbarkeit von Dachräumen mit schrägen Wänden fehlten und Altbauten deshalb ohne hinreichenden sachlichen Grund in höherem Maße als Neubauten zur Berechnung des Vorteils herangezogen würden. Diese Erwägung ist nicht zwingend. § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS befreit lediglich von der Geltung der für Vollgeschosse vorgesehenen Mindesthöhen. Das Kriterium nach den oben genannten Bestimmungen der verschiedenen Landesbauordnungen, wonach die Mindesthöhe auf zwei Dritteln der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses oder der eigenen Grundfläche des Geschosses (vgl. § 2 Abs. 6 LBauO 1994) vorliegen muss, wird von § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS nicht berührt. Somit gilt auch für Dachgeschosse älterer Gebäude, dass die seinerzeitigen Anforderungen an die Mindesthöhe von Vollgeschossen bzw. von nach der beitragsrechtlich relevanten Nutzung her nicht anders zu behandelnden "Geschossen" gleichermaßen wie für Dachgeschosse von Neubauten auf zwei Dritteln der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses vorliegen müssen. Ein Dachraum in einem unter Geltung der Deutschen Bauordnung (DBO) vom 2. Oktober 1958 errichteten Gebäude muss danach eine lichte Höhe von 2,20 m (vgl. §§ 93c, 366 Abs. 2 DBO) über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses haben, um als Vollgeschoss i.S.v. § 4 Abs. 3 bis 5 TBS zu zählen.

66

§ 4 Abs. 5 Satz 2 TBS verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Bestimmung schon vor Inkrafttreten der Landesbauordnung errichtete Gebäude von der Geltung der dort geregelten Mindesthöhen ausnimmt, obwohl auch nach dem zuvor geltenden Gesetz über die Bauordnung dieselbe Mindesthöhe einzuhalten war (so aber VG Greifswald, 28.04.2010 - 3 A 1398/07 -, Urteilsabdruck, S. 5 zu einer vergleichbaren Satzungsregelung). Wie oben ausgeführt ist nach § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS für ältere Gebäude hinsichtlich der Mindesthöhe der Räume das seinerzeitige Recht anzuwenden, sodass für unter Geltung des Gesetzes über die Bauordnung errichtete Gebäude ebenfalls die nach den späteren Fassungen der Landesbauordnung vorgesehene Mindesthöhe (2,30 m) zugrundezulegen ist. § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS bleibt insoweit ohne rechtliche Bedeutung.

67

Wenn § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS danach im Einzelfall eines älteren Gebäudes nicht einfache Fragen nach den früheren rechtlichen Anforderungen an die Errichtung baulicher Anlagen in Bezug auf die Mindesthöhe von Geschossen aufwerfen kann und sich sein Regelungsgehalt erst aufgrund einer Auslegung der Norm vollständig erschließt, so kann darunter womöglich eine reibungslose Anwendung der Bestimmung im Einzelfall leiden. Eine Unwirksamkeit der Norm und damit womöglich der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung lässt sich daraus aber nicht ableiten. Im Übrigen weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass die Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS nicht auf sämtliche vor 1994 errichtete Gebäude Anwendung findet, sondern sich ihre Geltung auf solche Gebäude beschränkt, deren Geschosse niedriger als 2,30 m sind.

68

l. § 6 Abs. 1 TBS verstößt zwar gegen § 7 Abs. 2 KAG, soweit neben dem Eigentümer des Grundstückes der zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigte als Beitragsschuldner bezeichnet wird. Dieser Fehler führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung. § 6 Abs. 1 TBS lautet:

69

"Beitragsschuldner ist, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstückes oder zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigter ist. Bei einem erbbaubelasteten Grundstück ist der Erbbauberechtigte an Stelle des Eigentümers Beitragsschuldner. Ist das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch belastet, so ist der Inhaber dieses Rechtes anstelle des Pflichtigen nach Satz 1 oder Satz 2 beitragspflichtig."

70

Damit bestimmt § 6 Abs. 1 TBS auch den zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigten zum Beitragspflichtigen, obwohl nach § 7 Abs. 2 Satz 1 KAG, von dem Sonderfall des Inhabers eines Gewerbebetriebes im Zusammenhang mit § 8 Abs. 7 KAG abgesehen, allein der Eigentümer des bevorteilten Grundstückes Beitragspflichtiger ist. Dieser wird nach § 7 Abs. 2 Satz 3 KAG nur im Falle eines erbbaubelasteten Grundstückes durch den Erbbauberechtigten als Beitragspflichtigen ersetzt und nach Satz 4 dieser Bestimmung im Falle der Belastung des Grundstückes mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Artikel 233 § 4 EGBGB durch den Inhaber dieses Rechts. Weitere dinglich Berechtigte scheiden nach den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes daher, anders als noch nach § 8 Abs. 10 KAG in der Fassung vom 1. Juni 1993, als Beitragspflichtige aus. § 6 Abs. 1 TBS geht unzulässigerweise darüber hinaus.

71

Dieser Fehler führt nicht zur Gesamtnichtigkeit der angegriffenen Trinkwasserbeitragssatzung. Zwar gehört die Bestimmung des Kreises der Abgabenschuldner zu dem in § 2 Abs. 1 KAG geregelten notwendigen Umfang einer Abgabensatzung. Hier ist aber § 6 Abs. 1 TBS trotz des angesprochenen Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 KAG nur teilnichtig, denn die Norm bleibt auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll, insbesondere umfasst der Restbestand der Bestimmung den von § 2 Abs. 1 KAG erforderten Mindestinhalt, und es ist anzunehmen, dass der Antragsgegner § 6 Abs. 1 TBS auch ohne den nichtigen Teil (Bestimmung des dinglich Berechtigten als Beitragspflichtigen) erlassen hätte (vgl. zu diesen Voraussetzungen BVerwG, 27.01.1978 - VII C 44.76 -, DVBl. 1978, 536, 537; Sauthoff in: Driehaus, KAG, Stand: März 2010, § 8 Rn. 1714; OVG Greifswald, 29.11.2001 - 1 M 66/01 -, NordÖR 2002, 81, 82; 02.06.2004, a.a.O.). Die letztgenannte Annahme wird auch nicht dadurch widerlegt, dass der Antragsgegner die fragliche Satzungsbestimmung im Laufe des Prozesses verteidigt hat. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass er § 6 Abs. 1 TBS mit einem dem Kommunalabgabengesetz entsprechenden Regelungsgehalt nicht erlassen hätte. Diese Annahme wäre nicht nur deshalb fernliegend, weil der Antragsgegner als Körperschaft des öffentlichen Rechts per se um den Erlass gesetzeskonformer Satzungen bemüht sein muss, sondern auch deshalb, weil es nach der in der mündlichen Verhandlung gegebenen Auskunft des Antragsgegners aus seiner Sicht im Verbandsgebiet Anwendungsfälle des "dinglich Berechtigten" neben den in § 6 Abs. 1 TBS erfassten Fallgruppen (Erbbauberechtigter, Inhaber des Rechts nach Art. 233 § 4 EGBGB) nicht geben soll. Daher ist dem Antragsgegner an dieser Stelle auch kein Regelungsbedürfnis zu unterstellen, das der Annahme widersprechen könnte, er hätte die Satzungsbestimmung auch ohne den zu beanstandenden Teil erlassen.

72

2. § 4 Abs. 2 d) TBS verstößt gegen höherrangiges Recht, soweit die hier geregelte Tiefenbegrenzungslinie bei grundsätzlich 50 m gezogen wird (a.). Dieser Verstoß führt zur Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregel und damit zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung (b.).

73

§ 4 Abs. 2 d) lautet:

74

Als Grundstücksfläche gilt:

… bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Dieser Abstand wird bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen...

75

a. Die Bestimmung regelt eine sogenannte qualifizierte Tiefenbegrenzung, denn sie gilt ausschließlich für Grundstücke, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich liegen, nicht jedoch (auch) für vollständig im Innenbereich liegende Grundstücke (sogenannte schlichte Tiefenbegrenzung). Eine Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht nach der Rechtsprechung des Senates grundsätzlich zulässig (vgl. OVG Greifswald, 15.03.1995 - 4 K 22/94 -, KStZ 1996, 114, 118; 13.11.2001 - 4 K 16/00 -, NVwZ-RR 2002, 687ff; 02.06.2004, a.a.O.). Daran hat sich mit Einführung von § 9 Abs. 5 KAG durch die Novellierung des Kommunalabgabengesetzes im Jahre 2005 nichts geändert. Ziel der Einführung dieser Bestimmung war es nicht, ein in der Rechtsprechung allgemein anerkanntes Rechtsinstitut auf nunmehr besonders geregelte Fälle einzuschränken. Vielmehr sollte dem Satzungsgeber zusätzlich die Möglichkeit an die Hand gegeben werden, für bebaute Grundstücke im baurechtlichen Innenbereich mit einem überdurchschnittlich großen nicht bebauten Grundstücksteil aus abgabenpolitischen Gründen eine Flächenbegrenzung vorzusehen (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 4/1307, S. 49/50; dazu Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 10).

76

Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Die damit verbundene und im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen allgemein als zulässig angesehene Pauschalierung wirkt sich in Einzelfällen mehr oder weniger zu Lasten einzelner Beitragspflichtiger aus. Eine Tiefenbegrenzung findet gerade im Anschlussbeitragsrecht ihre Rechtfertigung darin, dass im Rahmen der Beitragskalkulation die Ermittlung der Gesamtbeitragsfläche erforderlich ist, die auf metrische Festlegungen angewiesen ist. Dadurch gewinnt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität und -vereinfachung besondere Bedeutung. Ohne Tiefenbegrenzung müsste gegebenenfalls eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegender unbeplanten Grundstücke trotz verbleibender Unsicherheiten in der Abgrenzung des Innenbereichs angestellt werden. Die Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität stehen im Spannungsfeld mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG). Danach sind die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen. Die Vorteile bestehen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, für die die Beiträge erhoben werden (vgl. dazu eingehend OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Da eine exakte Bemessung der Vorteile in der Praxis mit einem nicht akzeptablen Aufwand verbunden wäre, sind Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe anerkannt, insbesondere ist es zulässig, Vorteile nach einem - wie in § 4 Abs. 1 TBS geregelten - kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu bemessen (vgl. BVerwG, 26.07.1993 - 8 B 85/93 -, juris, Rn. 3). Nach diesem Maßstab ist die Größe der bevorteilten Fläche des Grundstückes ein wesentlicher Faktor zur Errechnung des auf das Grundstück entfallenden Beitrages. Je größer die Fläche des Grundstückes bzw. bei Grundstücken im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich der im Innenbereich liegende (bebaubare) Teil des Grundstückes ist, desto größer ist im Prinzip der zu leistende Beitrag. Dieser Zusammenhang ist bei der Normierung einer Tiefenbegrenzung zu beachten. Denn läge bei exakter Betrachtung des einzelnen Grundstückes die Grenze des baurechtlichen Innenbereiches (§ 34 Abs. 1 BauGB) vor (straßenseits) der Tiefenbegrenzungslinie, so würde der Eigentümer des Grundstückes - aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität grundsätzlich zulässigerweise - höher belastet als es ohne eine Tiefenbegrenzungsregelung der Fall wäre. Gleichermaßen würde derjenige Grundstückseigentümer, dessen Grundstück ohne die Vermutung der Tiefenbegrenzung erst jenseits der Tiefenlinie in den Außenbereich überginge, besser gestellt als ohne Geltung der Tiefenbegrenzungslinie.

77

Die Bestimmung einer Tiefenbegrenzungslinie hat sich daher zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt - wenn eine solche ermittelbar ist - die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 39). Der Senat hat daher in seiner bisherigen Rechtsprechung durchweg darauf abgestellt, ob sich die gewählte Tiefenlinie als ortsangemessen darstellt bzw. den örtlichen Verhältnissen entspricht (15.11.2000, - 4 K 8/99 -, a.a.O.; 13.11.2001, - 4 K 16/00 -, a.a.O.; 02.06.2004, - 4 K 38/02 -, a.a.O.; vgl. auch OVG Greifswald, 29.11.2001, - 1 M 66/01 -,a.a.O.). Dies stimmt mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts im Erschließungsbeitragsrecht an die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung überein. Danach muss die gewählte Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren (BVerwG, 01.09.2004 - 9 C 15/03 -, BVerwGE 121, 365, 369). Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu (BVerwG, 30.07.1976 - IV C 65.74 -, DÖV 1977, 247; OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 43). Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln (OVG Greifswald, 15.03.1995, a.a.O.; 15.11.2000, a.a.O.; 13.11.2001, a.a.O.; 20.11.2003, a.a.O.; 27.08.2008 - 1 L 155/06 -, n.v.). Die Ergebnisse dieser Ermittlung sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden (vgl. Erläuterungen zu den Gemeinsamen Satzungsmustern des Städte- und Gemeindetages M-V e.V. und des Innenministeriums M-V über Beiträge und Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung und die zentrale Niederschlagswasserbeseitigung, Anm. 10, abgedruckt bei Aussprung, a.a.O., KAG-Anhang 7.3). Das Normenkontrollgericht hat die Ermessensausübung durch den Satzungsgeber nur auf deren Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen zu überprüfen, darf jedoch keine eigene Entscheidung an die Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung setzen (OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.).

78

Hier hat der Antragsgegner die Anforderungen an eine solche sorgfältige Ermittlung der örtlichen Verhältnisse im Verbandsgebiet grundsätzlich erfüllt. Der Senat hält insbesondere die von dem Antragsgegner angestellte Ermittlung der örtlichen Verhältnisse begrenzt auf repräsentativ ausgewählten Ortslagen für zulässig. Müsste der Ortsgesetzgeber die tatsächlichen Bebauungstiefen in allen Ortslagen des Verbandsgebietes untersuchen, verlöre die Tiefenbegrenzung als Instrument zur Verwaltungsvereinfachung ihre Berechtigung, denn dann würden die Grundstücksdaten, die aufgrund der Tiefenbegrenzungsregel nicht sollen erhoben werden müssen, schon für die Bildung der Regel benötigt (vgl. Bloemenkamp in: Driehaus, KAG, Stand: März 2010, § 8, Rn. 1464). Auf welche Weise der Satzungsgeber die ortsüblichen Verhältnisse zu ermitteln hat, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Auch dies liegt in seinem Ermessen. Dass er dabei von zutreffenden tatsächlichen Umständen wie etwa der richtigen Anzahl der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Ortslagen auszugehen hat, bedarf keiner näheren Ausführungen.

79

Der Antragsgegner hat sodann jedoch die Tiefenbegrenzung nicht nach diesen Ermittlungen bestimmt, sondern die gewonnenen Ergebnisse mit im vorliegenden Zusammenhang rechtlich nicht zutreffenden Erfordernissen des auch im Abgabenrecht geltenden Grundsatzes der Typengerechtigkeit kombiniert. Damit hat er sich von seinen Daten über die ortsübliche Bebauungstiefe der vom Innen- in den Außenbereich übergehenden Grundstücke aufgrund eines hier nicht maßgeblichen Kriteriums entfernt und insoweit die Tiefenbegrenzungslinie nicht nach dem Maßstab von § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG, Art. 3 Abs. 1 GG rechtsfehlerfrei festgesetzt.

80

Der Grundsatz der Typengerechtigkeit dient der Erhaltung der dem Normgeber im Abgabenrecht in Bezug auf das Gleichbehandlungsgebot eingeräumten Gestaltungsfreiheit. Danach ist es ihm gestattet, bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben. Dabei stellt das Auftreten solcher abweichenden Einzelfälle die Entscheidung des Normgebers nicht in Frage, solange nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen. Der Grundsatz der Typengerechtigkeit bewahrt damit die im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität getroffene Entscheidung des Normgebers für einen bestimmten "Regelungstypus" davor, durch das Auftreten von Einzelfällen, die der Regelung unterfallen, dem Typus aber widersprechen, in Frage gestellt zu werden (BVerwG, 30.04.2009 - 9 B 60/08 -, Buchholz 401.9, Nr. 57; 01.08.1986 - 8 C 112/84 -, NVwZ 1987, 231, 232; 19.09.1983 - 8 N 1/83 -, BVerwGE 68, 36, 41; vgl. zum Grundsatz der Typengerechtigkeit, Schoch, Der Gleichheitssatz, DVBl. 1988, 863, 879).

81

Der Antragsgegner hat nach dem Inhalt seiner der Beschlussvorlage Nr. 09-1/2007 beigefügten Dokumentation der Ermessenserwägungen zur Ermittlung der Tiefenbegrenzung und der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, der Dokumentation seinerzeit ebenfalls beigefügten Excel-Tabelle festgestellt, dass 77% der in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke im Übergangsbereich vom Innen- in den Außenbereich kleiner oder gleich 40 Meter tief und 84% der Grundstücke kleiner oder gleich 45 Meter tief bebaut sind. Den weiteren Angaben ist zu entnehmen, dass danach nicht nur 7% aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke eine Bebauungstiefe von 40 bis 45 Metern aufwiesen, sondern auch nur 9 % eine Tiefe von 45 bis 50 Metern und 7% eine über 50 Meter hinausreichende Bebauungstiefe. Die Tiefenbegrenzungslinie hat er daraufhin in einem Abstand von 50 Meter gezogen, da dies – wie er meinte - nur dann willkürfrei geschehen könne, wenn die ermittelten örtlichen Verhältnisse belegten, dass die Grundstücke im unbeplanten Übergangsbereich mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzungslinie die Ausnahme, d.h. weniger als 10% der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Grundstücke, darstellten. Nur dann stehe die Ungleichbehandlung in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen der Typisierung. Betrage die Anzahl der übertiefen Grundstücke mehr als 10%, so lasse sich die Einführung einer Tiefenbegrenzung nicht mehr auf den Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität stützen.

82

Diese Auffassung führt zu unzutreffenden Ergebnissen. Die Anwendung der Regel auf die Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie, wonach nicht mehr als 10% der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen dürfen, bedingt bereits eine vorteils- und gleichheitswidrige Tiefenbegrenzungsregelung, wenn der Satzungsgeber allein die Grundstücke mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzung im Blick hat. Eine solche Vorgehensweise übersieht, dass nicht nur die bei exakter Einzelfallbetrachtung der örtlichen Grundstücksverhältnisse jenseits der Linie noch Baulandqualität aufweisenden Grundstücke "dem Typ" widersprechen. Auf die Grundstücke, deren Baulandeigenschaft bei genauer Betrachtung schon diesseits der Linie endet, trifft dies ebenso zu. Je weiter der Ortsgesetzgeber die Tiefenlinie in Richtung des Außenbereiches verlegt, desto geringer wird zwar die Anzahl der Grundstücke mit tieferer Bebaubarkeit, umso größer aber die Anzahl derer, deren Bebaubarkeit eigentlich schon eher (diesseits der Linie) endet. Auch diese Fälle widersprechen im Sinne des Grundsatzes der Typengerechtigkeit dem generalisierend normierten Regelfall. Die Zahl der von der Regel abweichenden Fälle kann durch ein Verschieben der Linie weg von den tatsächlich ermittelten Bebauungstiefeergebnissen daher nicht verringert werden. Geschieht dies - wie im vorliegenden Fall - dennoch, so geht dies zu Lasten der Eigentümer von Grundstücken mit geringerer Bebauungstiefe. Das im Übergangsbereich gelegene Grundstück, das bei exakter Betrachtung beispielsweise nur bis zur Tiefe von 35 Metern Baulandqualität hat, würde bei einer entsprechend einer ortsüblichen Bebauungstiefe im Verbandsgebiet von (angenommen) 40 Metern verlaufenden Tiefenbegrenzung - zulässigerweise pauschalierend - so behandelt, als wenn es fünf Meter tiefer Baulandqualität hätte. Bei einem Hinausschieben der Tiefenlinie auf 50 Meter verdreifachte sich aber bereits die beitragspflichtige Fläche, die bei genauer Grundstücksbetrachtung ohne Tiefenbegrenzungsregelung für die Bemessung des Beitrages überhaupt nicht angerechnet würde. Weicht der Satzungsgeber von dem aus Verwaltungsvereinfachungsgründen zulässigen Kriterium der ortsüblichen bzw. typischen Bebauungstiefe ab und gelangt so zu einem abweichenden Verlauf der Tiefenlinie, so entfernt er sich damit ohne vertretbaren Grund von dem wegen des Vorteilsprinzips (§ 7 Abs. 1 Satz 2 KAG) und aus Gründen der Gleichbehandlung bestehenden Erfordernis einer realitätsnahen Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen.

83

Die Anwendung der als Begrenzung des Grundsatzes der Typengerechtigkeit aufgestellten Quantifizierungsregel von höchstens 10% zulässiger Ausnahmefälle auf die Ermittlung der Tiefenbegrenzung erscheint aber auch grundsätzlich als unzutreffend. Die erforderliche Orientierung der Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung (BVerwG, 01.09.2004, a.a.O.) enthält bereits den entscheidenden Zulässigkeitsmaßstab der Pauschalierung und schließt die Anwendung der "10%-Regel" aus. Der Maßstab der ortsüblichen bzw. -angemessenen Bebauungstiefe greift weiter als das mit 90% und 10% quantifizierte Regel-Ausnahmeverhältnis. Ortsüblich ist die Bebauungstiefe, die im zu betrachtenden Gebiet üblich i.S.v. normal, geläufig, verbreitet oder in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffen ist (vgl. Bloemenkamp, a.a.O., Rn. 1464). Dafür ist nicht erforderlich, dass sie in mindestens 90% der Fälle auftritt. Dies würde wegen der unterschiedlichen Verteilung der die einzelnen Grundstücke betreffenden Bebauungstiefen wohl auch zumeist zur Unanwendbarkeit der Tiefenbegrenzung führen. Denn schon sobald sich die Streubreite der tatsächlich anzutreffenden Bebauungstiefen ausgehend von der festgesetzten Tiefenbegrenzungslinie um mehr als 5% nach oben und unten erstreckte, wäre die Höchstgrenze von 10% überschritten. Es ist - wie zuvor ausgeführt - anerkannt, dass sich die Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren muss. Die Begriffe "ortsüblich" und "orientieren" bringen mit der ihnen inbegriffenen Unschärfe zum Ausdruck, dass es nicht um die Ermittlung einer exakt zu berechnenden Größe geht, von der nur zu bestimmten Prozentanteilen abgewichen werden darf. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt vielmehr schon voraus, dass es daneben eine nicht nur geringe Anzahl von Grundstücken mit im Gebiet nicht üblichen Bebauungstiefen geben muss, die nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen muss. Aus all dem folgt, dass für die Annahme der Ortsüblichkeit ausreichend eine zahlenmäßig hinreichend große Gruppe von Grundstücken ist, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, so dass von einer üblichen Tiefe gesprochen werden kann (vgl. dazu Bloemenkamp, a.a.O.). Der Senat hätte keine Bedenken, dies in dem vorliegenden Fall etwa für die Gruppe der bis zu 40 m tief bebauten Grundstücke anzunehmen, für die der Antragsgegner den Wert von immerhin 77% aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke bei einer durchschnittlichen Bebauungstiefe aller Grundstücke von 34,85 m ermittelt hat.

84

Die bisherige Rechtsprechung des mit dem Abgabenrecht befassten 1. Senates steht dazu nicht im Widerspruch. Soweit er sich bislang zu Fragen der Tiefenbegrenzung in Verbindung mit dem Grundsatz der Typengerechtigkeit geäußert hat (04.12.2007 - 1 M 27/07 -, n.v.), ist das allein in dem Zusammenhang geschehen, dass eine im erstinstanzlichen Verfahren von dem Verwaltungsgericht festgestellte Kollision der festgesetzten Tiefenbegrenzung mit der "10%-Regel" nach Überarbeitung der Kalkulation durch den Zweckverband im Beschwerdeverfahren nicht mehr festgestellt werden konnte. Eine Aussage über die Anwendbarkeit dieser Quantifizierung im Zusammenhang mit der Tiefenbegrenzung ist damit entgegen anderslautender Einschätzung in der Kommentarliteratur (vgl. Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 4.3) nicht verbunden gewesen.

85

Der Senat hat dennoch erwogen, die vorliegend festgelegte Tiefenbegrenzungslinie von 50 Metern für ermessensgerecht zu erachten, weil bei Abgrenzung des Innen- vom Außenbereich zu berücksichtigen sein mag, dass der Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht unbedingt mit der Außenwand der letzten Baulichkeit enden muss, sondern je nach den örtlichen Gegebenheiten etwa noch einen Hausgarten einschließen kann (bauakzessorische Nutzung) und auch topographische Verhältnisse dabei eine prägende Rolle spielen können (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, § 34, Rn. 25f; Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 7. Aufl., § 34, Rn. 14). Der Senat sieht sich jedoch gehindert, die hier getroffene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung von 50 Metern aufgrund dieser Überlegungen für fehlerfrei zu halten. Der Antragsgegner hat ausweislich seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen diesen Gesichtspunkt bei der Festlegung der Tiefengrenze selbst nicht mit einbezogen, sondern allein die hintere Begrenzung des letzten nach seiner Einschätzung für einen Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB relevanten Gebäudes ausschlaggebend sein lassen. Allein danach und nach der Eingruppierung in derart definierte Tiefengruppen („Grenzwerte“ von 40,45 und 50 Metern) hat er die ortsübliche Bebauungstiefe ermittelt. Der Senat müsste damit an die Stelle der ortsgesetzgeberischen Ermessensentscheidung des Antragsgegners eine eigene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung setzen; dies ist ihm jedoch verwehrt. Außerdem erforderte eine Berücksichtigung dieser Umstände womöglich eine weitere Ermittlung der örtlichen Verhältnisse, weil das Ziehen der Grenze zwischen dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil und dem Außenbereich grundsätzlich eine Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhaltes erfordert (BVerwG, 06.11.1968 – IV C 2.66 -, BVerwGE 31, 20, 21).

86

b. Der danach festzustellende Verstoß von § 4 Abs. 2 d) TBS gegen den Vorteilsgrundsatz (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG) und das Gleichbehandlungsprinzip führt zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung.

87

Die Normierung einer Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht zwar nicht vorgeschrieben. Ihre Anordnung steht vielmehr im Ermessen des Ortsgesetzgebers. Fehlt sie, sind in jedem Einzelfall die örtlichen Grundstücksverhältnisse zu betrachten und der Kalkulation des Beitragssatzes sowie der Heranziehung des einzelnen Grundstückseigentümers zugrundezulegen. Dies kann dazu führen, dass eine Kanalbaubeitragssatzung trotz festgestellter Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzung fortbesteht.

88

Hier ist eine Fortgeltung der Trinkwasserbeitragssatzung trotz Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregelung nach § 4 Abs. 2 d) TBS jedoch ausgeschlossen. Die Ungültigkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung schlägt nur dann nicht auf die gesamte Regelung mit der Folge der Gesamtnichtigkeit durch, wenn die Restbestimmungen auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleiben und mit Sicherheit anzunehmen ist, daß sie auch ohne diesen erlassen worden wären (BVerwG, 27.01.1978, a.a.O.). Vorliegend sind beide Voraussetzungen nicht gegeben.

89

§ 4 Abs. 2 d) TBS könnte ohne die Regelung über die Tiefenbegrenzung nicht fortbestehen, weil dann bei Grundstücken im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich als Grundstücksfläche die Gesamtfläche des Grundstücks zählen würde. Dies wäre vorteilswidrig, weil dann auch die einer Bebauung entzogene Außenbereichsfläche mitgerechnet würde. Betrachtete man deshalb die gesamte Regelung unter § 4 Abs. 2 d) TBS als nichtig, so fehlte dem Beitragsmaßstab eine Regelung über die anrechenbare Grundstücksfläche von solchen Übergangsgrundstücken. Da im Verbandsgebiet zahlreiche Grundstücke dieser Art existieren, wäre die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG unabdingbare Bestimmung des Beitragsmaßstabes wegen des im Anschlussbeitragsrecht geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit (vgl. OVG Greifswald, 30.06.2004, a.a.O., juris, Rn. 91) zu beanstanden. Darüber hinaus würde sich die Unwirksamkeit von § 4 Abs. 2 d) TBS auf den Bestand weiterer Satzungsbestimmungen auswirken [(§ 4 Abs. 2 e) und f)], die auf diese Bestimmung Bezug nehmen.

90

Eine isolierte Nichtigkeit der Tiefenbegrenzungsregelung bei Fortbestand der weiteren Satzungsbestimmungen scheidet auch deshalb aus, weil sie nicht dem Willen des Satzungsgebers entspräche. Nach seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen waren Vorstand und Verbandsvorsteher zu dem Ergebnis gekommen, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität eine Vermutungsregel in Form einer Tiefenbegrenzung aufgestellt und keine konkreten Einzelabgrenzungen von Innen- und Außenbereichsflächen vorgenommen werden sollten. Denn eine ohne Tiefenbegrenzungsregel erforderliche einzelfallbezogene Abgrenzung von Innenbereichs- und Außenbereichsflächen wäre sehr zeit- und kostenaufwändig.

91

Danach würde dem Antragsgegner bei Annahme der alleinigen Nichtigkeit von § 4 Abs. 2 d) TBS eine Beitragssatzung aufgenötigt, die dieser ausdrücklich so nicht erlassen wollte. Somit musste der Senat die gesamte Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners für unwirksam erklären.

92

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

93

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag.

2

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke Flurstück … (2.260 m²), … (1.679 m²) und … (110 m²), jeweils Flur 1, Gemarkung A-Stadt. Bei dem Grundstück Flurstück … handelt es sich um ein Wegegrundstück, das nördlich an die S.straße angrenzt. Die Grundstücke Flurstücke … und … grenzen östlich an das Grundstück Flurstück … an. Das Grundstück Flurstück … ist ebenfalls unbebaut. Auf dem Grundstück Flurstück … befindet sich der Mittelteil eines Wohnhauses, das sich auch auf die Flurstücke … und … erstreckt. Bei der S.straße handelt es sich um eine Gemeindestraße, die von der Einmündung in die Dorfstraße auf einer Länge von 870 m in südöstliche Richtung führt und an der Einmündung in die G.Straße endet.

3

Im Jahre 1994 ließ die Gemeinde A-Stadt die S.straße ausbauen. Am 06.10.1993 hatte die Gemeindevertretung dazu folgenden Beschluss gefasst: „Die Gemeindevertretung A-Stadt stimmt den Planunterlage A-Stadt zu. Die Finanzierung des Eigenanteils ist durch Haushaltsmittel oder Kreditaufnahme im Haushaltsplan 1994 zu sichern. Gesamtkosten der Baumaßnahme lt. Kostenschätzung 1.506.231,75 DM.“

4

Die S.straße erhielt ab der Einmündung in die Dorfstraße auf einer Länge von 125 m eine Fahrbahn (Asphalt) in einer Breite von 5,50 m sowie einen beiderseitigen Gehweg (Betonsteinpflaster). Im weiteren Verlauf erhielt sie einen Fahrbahn in einer Breite von 4,00 m und einen einseitigen, überfahrbaren Gehweg. Des Weiteren wurden straßenbegleitende Pkw-Stellplätze, eine Straßenbeleuchtung sowie eine Straßenentwässerung angelegt.

5

Die Unternehmerrechnungen für die Baumaßnahme sind im Wesentlichen im Jahre 1994 bei Beklagten eingegangen. Mit Bescheid vom 07.11.2002 setzte das Vermessungsbüro K. für die im Jahre 1999 in Auftrag gegebene Vermessung der Flurstücke … Gebühren i.H.v. 11.836,70 fest. Mit Bescheid vom 16.06.2003 - beim Beklagten eingegangen am 19.06.2003 - setzte der Landkreis Rügen - Kataster- und Vermessungsamt - Gebühren für die Fortführung des Liegenschaftskatasters (Vermessung langgestreckter Anlagen) i.H.v. 410,00 EUR fest.

6

Für das Vorhaben sind Fördermittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ausgereicht worden. Das Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung liegt seit dem 12.12.1998 vor.

7

In der Sitzung der Gemeindevertretung der Gemeinde A-Stadt vom 01.11.2000 war die Frage des Zeitpunkts der Beitragserhebung für die Baumaßnahme in der S.straße Gegenstand von Anfragen. Ausweislich des Sitzungsprotokolls wurde dargestellt, dass dafür ein langer Zeitraum bestehe und dass die Beitragserhebung spätestens nach der Neuvermessung der Straße erfolgen müsse. In der Sitzung vom 27.02.2002 fasste die Gemeindevertretung den Beschluss über die Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenausbaubeitragssatzung). Die rückwirkend zum 01.01.1998 in Kraft getretene Satzung wurde am 11.03.2002 von der Landrätin des Landkreises Rügen als Untere Rechtsaufsichtsbehörde genehmigt, am 04.04.2002 vom Bürgermeister der Gemeinde A-Stadt ausgefertigt und in der Zeit vom 08.04.2002 bis 25.04.2002 durch Aushang bekannt gemacht.

8

In der Sitzung vom 06.11.2002 fasste die Gemeindevertretung den Beschluss, „auf die Beitragserhebung der Anlage ‚S.straße’ zu verzichten“. Unter dem 20.11.2002 legte der Bürgermeister der Gemeinde A-Stadt unter Hinweis auf die gesetzliche Beitragserhebungspflicht Widerspruch gegen den Beschluss vom 06.11.2002 ein. In der Sitzung vom 29.01.2003 fasste die Gemeindevertretung den Beschluss, „dem Widerspruch des Bürgermeisters (…) vom 20.11.2002 stattzugeben“. In der Sitzung am 29.10.2003 lehnte die Gemeindevertretung die Beschlussvorlage „keinen Beitragsverzicht in der S.straße vorzunehmen“ ab. In der Sitzung vom 24.06.2003 fasste die Gemeindevertretung den Beschluss einer 1. Änderungssatzung. Danach sollte in § 3 Abs. 2 der Straßenausbaubeitragssatzung u.a. die Wendung gestrichen werden, wonach zum beitragsfähigen Aufwand die Kosten für den Erwerb der erforderlichen Grundflächen einschließlich der der beitragsfähigen Maßnahme zuzuordnenden Ausgleichs- und Ersatzflächen einschließlich der Nebenkosten gehören. Die Bestimmung über die Erhebung von Vorausleistungen wurden aufgehoben. Eine Ausfertigung der 1. Änderungssatzung ist ebenso wenig erfolgt, wie ihre öffentliche Bekanntmachung. Gleiches gilt für die am 09.09.2003 von der Gemeindevertretung beschlossene 2. Änderungssatzung, wonach die Ausbaubeitragssatzung aufgehoben werden sollte, und für die am 16.12.2003 beschlossene Neufassung der Straßenausbaubeitragssatzung.

9

Mit Bescheiden vom 23.11.2007 zog der Beklagte den Kläger für die genannten Grundstücke zu Straßenausbaubeiträgen in Höhe von 192,44 EUR, 142,98 EUR bzw. 234,17 EUR (zusammen 569,59 EUR) heran. Für die Beitragsberechnung wurde die S.straße als Innerortsstraße eingestuft. Die Fläche des Grundstücks Flurstück … wurde mit dem Faktor 1 multipliziert, die Flächen der beiden übrigen Grundstücke mit dem für Außenbereichsflächen geltenden Faktor 0,04. Den Widerspruch des Klägers vom 14.01.2008 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 04.02.2009 als zulässig aber unbegründet zurück.

10

Am 23.02.2009 hat der Kläger Anfechtungsklage erhoben. Er ist der Auffassung, seine Heranziehung sei rechtswidrig. Die Bescheide seien unverständlich, da sie auf eine „Anlage D“ Bezug nähmen, die ihnen jedoch nicht beigefügt sei. Damit könne die Beitragsfestsetzung nicht nachvollzogen werden. Zudem seien die Grundstücke des Klägers nicht bevorteilt. Bei den Grundstücken Flurstücke … und … handele es sich um Hinterliegergrundstücke, denen die räumliche enge Beziehung zur S.straße fehle. Das Grundstück Flurstücke … sei der Weg zum Feuerlöschteich. Eine selbstständige Nutzung dieses Grundstücks sei ausgeschlossen.

11

Ungeachtet dessen seien die Beitragsansprüche infolge Festsetzungsverjährung erloschen. Die sachliche Beitragspflicht sei mit dem Inkrafttreten der Straßenausbaubeitragssatzung entstanden. Damit sei die Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.2002 abgelaufen. Die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht sei nicht dadurch hinausgezögert worden, dass der Grunderwerb an einzelnen Straßenflächen erst später durchgeführt worden sei, denn der Grunderwerb sei nicht erforderlich gewesen. Das Bauprogramm habe vorgesehen, dass die Baumaßnahme im Wesentlichen auf der alten Trassenführung erfolge. Zudem hätten die betroffenen Anwohner einer Inbesitznahme von Straßenflächen, die sich in ihrem Eigentum befunden hätten, schriftlich zugestimmt. Auch die Vermessungskosten seien beitragsrechtlich irrelevant. Die Vermessung sei erst nach Abschluss der Baumaßnahme in Auftrag gegeben worden. Sie sei aufgrund eines Bodenordnungsverfahrens notwendig geworden. Gehe man von einer Berücksichtigung der Kosten der Vermessung aus, sei gleichwohl Festsetzungsverjährung eingetreten, da die Festsetzungsfrist in diesem Fall mit Ablauf des 31.12.2006 abgelaufen wäre. Eine Verjährung liege nur dann nicht vor, wenn die Festsetzung der Katastergebühren zu berücksichtigen wäre. Dies sei nicht der Fall, da - wie bereits dargelegt - die Vermessungskosten nicht beitragsfähig seien. Im Übrigen stünden die Katastergebühren nicht erst mit dem Erlass des entsprechenden Gebührenbescheides fest. Maßgebend sei die im Jahre 1999 erfolgte Durchführung der Maßnahme. Hinsichtlich der Gebührenhöhe sei die Katastergebührenordnung maßgeblich. Ein Ermessen hinsichtlich der Gebührenhöhe bestehe nicht.

12

Zudem habe die Gemeinde ihr Recht zu Beitragserhebung verwirkt. Das Zeitmoment der Verwirkung liege vor. Die Baumaßnahme sei im Jahre 1994 beendet gewesen. Seit November 1994 hätten alle Unternehmerrechnungen vorgelegen. Dennoch seien die streitgegenständlichen Beitragsbescheide erst im Dezember 2007 erlassen worden. Auch das Umstandsmoment sei gegeben. Der Kläger genieße ein schutzwürdiges Vertrauen, nicht zu Straßenausbaubeiträgen für die S.straße herangezogen zu werden. Dieses Vertrauen sei durch die vielfältigen Beschlüsse der Gemeindevertretung, eine Beitragserhebung nicht durchzuführen, begründet worden.

13

Der Kläger beantragt,

14

die Bescheide des Beklagten vom 23.11.2007 in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 04.02.2009 aufzuheben.

15

Der Beklagte verteidigt die angegriffenen Bescheide und beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Mit Beschluss vom 11.11.2011 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

19

Der Rechtsstreit kann ohne mündlichen Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten hierzu mit Schriftsätzen vom 26.03.2009 bzw. 28.05.2009 ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

II.

20

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

21

1. Sie finden ihre gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Ausbaubeitragssatzung - ABS) vom 04.04.2002.

22

a. Zwar ist die Regelung des § 2 Satz 3 ABS unwirksam mit der Folge, dass die Ausbaubeitragssatzung den Kreis der Abgabenschuldner nicht mehr vollständig angibt und damit nicht mehr den Mindestinhalt nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) aufweist. Als Folge davon ist die Ausbaubeitragssatzung gegenwärtig insgesamt unwirksam. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: § 2 Satz 3 ABS bestimmt im Einklang mit § 8 Abs. 10 Satz 3 KAG 1993, dass auch der Eigentümer eines Gebäudes beitragspflichtig ist, wenn das Eigentum an einem Grundstück und an einem Gebäude infolge der Regelung des § 286 Zivilgesetzbuch vom 19. Juni 1975 (GBl. DDR I, S. 465) getrennt ist. Diese Bestimmung ist seit dem Inkrafttreten der KAG-Novelle 2005 am 31.03.2005 so nicht mehr zulässig, denn nunmehr bestimmt § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V, dass, wenn das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch belastet ist, der Inhaber dieses Rechtesanstelle des Eigentümers beitragspflichtig ist. Der Beklagte kann daher den Grundeigentümer nicht mehr neben dem Gebäudeeigentümer heranziehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 22 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V. Danach bleiben Satzungen, die aufgrund des Kommunalabgabengesetzes vom 1. Juni 1993 (GVOBl. M-V S. 522, 916), geändert durch Artikel 27 des Gesetzes vom 22. November 2001 (GVOBl. M-V S. 438) gültig erlassen worden sind, weiterhin in Kraft. Allerdings sind sie gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V bis zum 1. Januar 2007 dem geänderten Recht anzupassen. Anderenfalls werden die mit dem Kommunalabgabengesetz nicht mehr zu vereinbarenden satzungsrechtlichen Bestimmungen unwirksam. Die Bestimmung des § 2 Satz 3 ABS ist mit Ablauf der Anpassungsfrist unwirksam geworden, denn eine Anpassung ist nicht erfolgt.

23

Eine geltungserhaltende Auslegung der Regelung des § 2 Satz 3 SBS ist nicht möglich. Hierfür lässt die Bestimmung keinen Raum. Insbesondere räumt sie dem Beklagten bei der Heranziehung des Beitragspflichtigen kein Ermessen ein, denn sie bestimmt, dass "... auch der Eigentümer eines Gebäudes“ … beitragspflichtig ist. Folglich schuldet der Gebäudeeigentümer im Falle der Trennung von Grundstücks- und Gebäudeeigentum den Beitrag neben dem Grundstückseigentümer. Beide haften in diesen Fällen als Gesamtschuldner.

24

b. Dieser Fehler berührt die Beitragserhebung in Ansehung der S.straße jedoch nicht. Denn die Versäumung der Anpassungsfrist des § 22 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V führt dazu, dass die Unwirksamkeit der Satzung lediglich mit Wirkung für die Zukunft (ex-nunc) eintritt. Die Annahme einer Rückbewirkung der Nichtigkeitsfolge auf den Zeitpunkt des Satzungserlasses (ex-tunc) scheidet aus. Mit der Anpassungsfrist wird die Gültigkeitsdauer des an sich gegen die Maßgaben der KAG-Novelle 2005 verstoßenden Satzungsrechts verlängert. Daher ist die Annahme fern liegend, dass bei einer Versäumung der Anpassungsfrist die Unwirksamkeit der betreffenden Satzung rückwirkend eintritt. Folglich bleibt die Satzung auch bei einer Versäumung der Anpassungsfrist taugliche Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung, wenn die sachliche Beitragspflicht vor dem Ablauf der Anpassungsfrist entstanden ist. Dies trifft vorliegend zu, denn die sachliche Beitragspflicht ist - wie noch zu zeigen sein wird - mit dem Eingang des Gebührenbescheides des Landkreises Rügen - Kataster- und Vermessungsamt - vom 16.06.2003 beim Beklagten am 19.06.2003 und damit noch unter Geltung des KAG 1993 entstanden.

25

Die Frage, ob die Unwirksamkeit des § 2 Satz 3 ABS auch nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit unbeachtlich ist, weil im Abrechnungsgebiet der S.straße Fälle isolierten Gebäudeeigentums nicht auftreten (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 15.03.2010 - 3 A 2032/08, S. 5 ff. des Entscheidungsumdrucks), kann daher auf sich beruhen.

26

c. Andere zur Nichtigkeit der Satzung führende Fehler sind ebenfalls nicht erkennbar. Zwar verstößt die Bestimmung des § 5 Abs. 6 ABS (Eckgrundstücksvergünstigung) gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit (Art. 3 GG). Denn sie ist nicht so auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auch tatsächlich bestehende Wohngebiete bzw. Mischgebiete i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. §§ 2 bis 6 und 10 BauNVO erfassen soll. Denn anders als in § 5 Abs. 5 ABS werden die tatsächlich bestehenden Gebietstypen (§ 34 Abs. 2 BauGB) nicht neben den in einem Bebauungsplan festgesetzten Gebietstypen erwähnt. Daraus folgt, dass diese Fallgruppe im Rahmen des § 5 Abs. 6 ABS keine Berücksichtigung finden soll. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht ersichtlich (st. Rspr., vgl. VG Greifswald, Urt. v. 07.09.2005 - 3 A 620/03; Urt. v. 03.03.2010 - 3 A 1281/07).

27

Die somit eintretende Nichtigkeitsfolge beschränkt sich allerdings auf die Bestimmung des § 5 Abs. 6 ABS (Teilnichtigkeit, vgl. § 139 BGB), denn Vergünstigungsregeln für mehrfach erschlossene Grundstücke gehören weder zum notwendigen Mindestinhalt einer Straßenbaubeitragssatzung (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V) noch zwingt das Vorteilsprinzip zu ihrer Normierung. Auch der verfassungsrechtliche Grundsatz der Abgabengerechtigkeit gebietet es nicht, wegen der Nichtigkeit der Eckgrundstücksregelung die Nichtigkeit der Ausbaubeitragssatzung insgesamt anzunehmen. Denn die Regelung der Eckgrundstücksvergünstigung wirkt sich erst bei der Heranziehung der Beitragspflichtigen aus, da der sich nach § 5 - d.h. unter Anwendung der Maßstabsregelung - ergebende Beitrag nur zu zwei Dritteln erhoben wird. Den Ausfall trägt damit allein die Gemeinde A-Stadt. Im Rahmen der Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes hat die Regelung nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut dagegen keine Bedeutung. Damit ist eine ungerechtfertigte Mehrbelastung der übrigen Beitragspflichtigen ausgeschlossen.

28

d. Die von der Gemeindevertretung A-Stadt beschlossene 1. und 2. Änderungssatzung wurden ebensowenig öffentlich bekannt gemacht wie die am 16.12.2003 beschlossene Neufassung der Straßenausbaubeitragssatzung. Sie konnten damit nicht wirksam werden. Die Frage ihrer Rechtmäßigkeit kann daher auf sich beruhen.

29

2. Die Rechtsanwendung durch den Beklagten begegnet keinen Bedenken.

30

a. Die angegriffenen Bescheide sind formell rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Klägers sind sie inhaltlich hinreichend bestimmt, weil sie die festgesetzte Abgabe nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Abgabe schuldet, § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. §§ 119 Abs. 1, 157 Abs. 1 Satz 2 Abgabenordnung (AO). Zwar trifft es zu, dass die Bescheide auf eine „Anlage D“ Bezug nehmen, die ihnen jedoch nicht beigefügt ist. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Frage der inhaltlichen Bestimmtheit, sondern um eine Frage der ausreichenden Begründung der Bescheide. Bloße Begründungsmängel können jedoch nach § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 127 AO schon deshalb nicht zur Aufhebung der Bescheide führen, weil die Beitragserhebung - wie noch zu zeigen sein wird - rechtmäßig ist, so dass keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.

31

b. In materiell-rechtlicher Hinsicht ist zunächst die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes nicht zu beanstanden. Dass es sich bei der abgerechneten Maßnahme um eine beitragsfähige Herstellung bzw. Verbesserung i.S.d. § 1 Satz 1 ABS handelt, wird vom Kläger nicht bezweifelt. Von weiteren Darlegungen wird daher abgesehen.

32

Entgegen seiner Auffassung gehören die Kosten des Grunderwerbs ebenso zum beitragsfähigen Aufwand, wie die im Zusammenhang mit dem Grunderwerb entstehenden Vermessungskosten. Hierzu bestimmt § 3 Abs. 2 erster Anstrich ABS, dass zum beitragsfähigen Aufwand ferner die Kosten für den Erwerb der erforderlichen Grundflächen (…) einschließlich der Nebenkosten gehören. Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten „Übersicht zur Eigentumsregelung der S.straße“ (Verwaltungsvorgang, Bl. 142 d.A.) sowie der Fortführungsmitteilungen der Kataster- und Vermessungsverwaltung (VV, Bl. 143 bis 177 d.A.) verlief die Trasse der S.straße vor der Durchführung der abgerechneten Maßnahme auf einer Vielzahl von Grundstücken im Eigentum Dritter. Bereits damit war der Erwerb der betreffenden Teilflächen erforderlich i.S. des § 3 Abs. 2 erster Anstrich ABS. Die Bestimmung zielt darauf ab, dass die Gemeinde A-Stadt Eigentümerin sämtlicher in ihrer Straßenbaulast befindlichen Straßenflächen wird, an denen eine beitragsfähige Maßnahme durchgeführt wurde. Um den Eigentumserwerb finanziell abzusichern, werden die Kosten des Grunderwerbs einschließlich der Nebenkosten als beitragsfähiger Aufwand definiert. Dies ist sachgerecht, weil das (gemeindliche) Eigentum an einer Gemeindestraße deren Verwaltung erheblich erleichtert. So kann eine straßenrechtliche Widmung ohne die ansonsten gemäß § 7 Abs. 3 Straßen- und Wegegesetz (StrWG M-V) erforderliche Zustimmung der privaten Grundeigentümer erfolgen. Für die Zulässigkeit einer Nutzung der öffentlichen Straße nach bürgerlichem Recht (vgl. § 30 StrWG M-V) kommt es allein auf die Gestattung durch die Gemeinde als Grundeigentümerin an.

33

Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, dass die Kosten für den Erwerb von solchen Grundstücken beitragsfähig sein können, die unmittelbar für die Durchführung einer bestimmten Baumaßnahme benötigt wurden, die Erwerbskosten dagegen nicht beitragsfähig sind, wenn anlässlich einer Verbesserungsmaßnahme an einer vorhandenen Straße das bisher im Privateigentum stehende Straßenland aufgekauft wird, ohne dass zusätzliche Flächen für die Straße gewonnen werden (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage 2007, § 33 Rn. 31 m.w.N.), ist dem für das Landesrecht von Mecklenburg-Vorpommern nicht zu folgen, da § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V für eine solche Differenzierung nichts hergibt (so auch für das dortige Landesrecht: OVG Koblenz, Urt. v. 07.12.2004 - 6 A 11406/04 - KStZ 2005, 217). Gleiches gilt für § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993.

34

Unerheblich ist, dass die Eigentümer dieser Grundstücke der Gemeinde A-Stadt formularmäßig die „Erlaubnis zur Inbesitznahme für den Straßenbau“ erteilt haben. Denn die Inbesitznahme der für den Straßenbau erforderlichen Flächen ist nicht mit dem nach § 3 Abs. 2 erster Anstrich ABS erforderlichen Eigentumserwerb an diesen Flächen gleichzusetzen.

35

Ebenfalls unerheblich ist, dass das gemeindliche Bauprogramm für die S.straße einen Eigentumserwerb an den von der Baumaßnahme betroffenen Grundstücksflächen nicht vorsieht. Teilweise wird vertreten, dass eine ausdrückliche Aufnahme in das Bauprogramm nur erforderlich ist, wenn der Grunderwerb in der Vergangenheit weder aus Sicht der Gemeinde noch der Grundeigentümer für erforderlich gehalten worden war (OVG Koblenz Urt. v. 29.10.2002 - 6 A 10419/02 - juris Rn. 18 a.E.). Danach ist eine ausdrücklich Aufnahme des Grunderwerbs in das Bauprogramm nicht erforderlich gewesen, weil der Grunderwerb an den im Privateigentum stehenden Teilflächen der S.straße von der Gemeinde von Anfang an als erforderlich angesehen wurde. So ist bereits in dem Protokoll der Begehung der S.straße vom 02.06.1993 - an der die stellvertretende Bürgermeisterin der Gemeinde A-Stadt und die Bauamtsleiterin des damaligen Amtes Südwest-Rügen teilgenommen haben - ausgeführt, dass zur Sicherung der Grundstücksfragen mit den Anliegern (Eigentümern) zu klären sei, dass eventuell benötigte Flächen zur Bebauung bereitgestellt würden und der Eigentümerwechsel nach der Schlussvermessung erfolge. Demgemäß verweisen die im März 1994 von den betroffenen Grundeigentümern unterzeichneten „Erlaubnisse zur Inbesitznahme für den Straßenbau“ auf eine freiwillige Veräußerung bzw. Enteignung der betreffenden Flächen.

36

Ungeachtet dessen ist es ausreichend, wenn der erforderliche Grunderwerb in der Ausbaubeitragssatzung zum Herstellungsmerkmal bestimmt wird (OVG Koblenz, Urt. v. 07.12.2004, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 12.11.2010 - 9 N 121.08 - juris Rn. 8). Hiergegen wird zwar eingewandt, dass die im Zusammenhang mit einer beitragsfähigen Maßnahme angefallenen Grunderwerbskosten nur insoweit beitragsfähig sind, als sie entstanden seien, bevor gerade diese Maßnahme beendet und damit in der Regel auch die sachliche Beitragspflicht für sie begründet sei. Wann eine beitragsfähige Maßnahme beendet sei, richte sich nach dem für sie aufgestellten Bauprogramm (Driehaus a.a.O., Rn. 32). Dieser Auffassung ist jedoch ebenfalls nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass die sachliche Beitragspflicht nicht entstehen kann, bevor eine Maßnahme den Maßgaben des Bauprogramms entsprechend abgeschlossen ist (vgl. § 9 Satz 1 ABS). Richtig ist auch, dass der Grunderwerb nicht schon kraft Gesetzes Voraussetzung für die Beendigung einer beitragsfähigen Maßnahme ist. Daraus folgt aber nicht, dass allein das Bauprogramm darüber entscheidet, wann die Maßnahme abgeschlossen ist. Denn es ist zulässig, die Herstellungsmerkmale nicht ausschließlich in dem jeweiligen (konkreten) Bauprogramm, sondern auch (generell-abstrakt) in der Straßenausbaubeitragssatzung zu definieren. Gerade beim Merkmal des Eigentumserwerbs bietet sich diese Verfahrensweise an, da sich diese Frage in einer Vielzahl von Fällen stellt. Nichts anderes ist vorliegend in § 9 Satz 1 ABS erfolgt.

37

Schließlich ist es unschädlich, dass der Eigentumserwerb an den Straßenflächen erst im Rahmen des Bodenordnungsverfahrens A-Stadt erfolgt ist. Denn maßgeblich ist, dass er - wie dargelegt - durch die abgerechnete Baumaßnahme verursacht worden ist. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Erwerb der erforderlichen Straßenflächen erst im Bodenordnungsverfahren durchaus im wohlverstandenen Interesse der Beitragspflichtigen erfolgt ist, da auf diese Weise ein die Kosten der Maßnahme erhöhender Flächenankauf vermieden werden konnte.

38

c. Gegen die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes ist ebenfalls nicht zu erinnern. Die Einstufung der S.straße als Innerortsstraße i.S.d. § 3 Abs. 5 Nr. 2 ABS unterliegt wegen ihrer Verbindungsfunktion für die Ortschaft Güttin keinen Bedenken.

39

Auch das für die Vorteilsverteilung innerhalb der Gruppe der Beitragspflichtigen maßgebende Abrechnungsgebiet ist ordnungsgemäß gebildet worden. Die Bildung des Abrechnungsgebietes richtet sich vorliegend nach § 4 Abs. 1 ABS. Danach bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Dies trifft auch auf die Grundstücke des Klägers zu. Bei dem Anliegergrundstück Flurstück … mag es sich zwar ursprünglich um den Weg zu einem Feuerlöschteich gehandelt haben. Gegenwärtig kommt ihm diese Funktion offensichtlich aber nicht mehr zu. Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Lichtbilder handelt es sich jedenfalls bei der vorderen, straßennahen Teilfläche um eine Rasenfläche, die im Zusammenhang mit den östlich angrenzenden bebauten Flurstücken … bauakzessorisch genutzt wird. Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass im Straßenausbaubeitragsrecht die bauliche Nutzbarkeit eines Grundstücks nicht vorteilsbegründend ist, da der beitragrelevante Vorteil bereits in der Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs begründet wird. Daher ist eine private Wegefläche regelmäßig in den Vorteilsausgleich einzubeziehen. Erst wenn die Wegefläche straßenrechtlich gewidmet und damit gemeingebräuchlich ist (vgl. § 21 StrWG M-V), verbietet sich eine Einbeziehung, weil der Gemeingebrauch der Annahme eines privaten Sondervorteils entgegen steht.

40

Bei den Grundstücken Flurstücke … handelt es sich zwar um Hinterliegergrundstücke. Im Straßenbaubeitragsrecht kann jedoch auch so genannten Hinterliegergrundstücken eine vorteilsrelevante qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit vermittelt werden. Dies setzt voraus, dass der Eigentümer des Hinterliegergrundstücks von diesem Grundstück aus eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Straße besitzt. Diese Möglichkeit ist im Falle einer Eigentümeridentität bei Vorder- und Hinterliegergrundstück jedenfalls dann gegeben, wenn die Grundstücke einheitlich genutzt werden und eine Zugangsmöglichkeit zu der abgerechneten Verkehrsanlage besteht (Driehaus, a.a.O., § 35 Rn. 19 m.w.N.). Dies trifft auf die Grundstücke Flurstücke … zu, weil sie an die ebenfalls im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücke Flurstücke … (Anliegergrundstück) und … angrenzen. Letzteres grenzt an das ebenfalls dem Kläger gehörende Anliegergrundstück Flurstück … Wegen der Eigentümeridentität in Bezug auf die genannten Anlieger- und Hinterliegergrundstücke ist eine Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage S.straße auch von den Hinterliegergrundstücken aus dauerhaft gewährleistet.

41

Die Anwendung der satzungsrechtlichen Vervielfältiger für das Baugrundstück Flurstück … und die unbebauten Außenbereichsgrundstücke Flurstücke … und … entspricht den Maßgaben des § 5 Abs. 2 Nr. 4 ABS.

42

d. Schließlich ist auch die Heranziehung des Klägers nicht zu beanstanden.

43

aa. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Beschluss der Gemeindevertretung A-Stadt vom 06.10.1993, wonach die Finanzierung des Eigenanteils durch Haushaltsmittel oder Kreditaufnahme im Haushaltsplan 1994 zu sichern ist, der Beitragserhebung nicht entgegen steht. Dabei kann dahin stehen, ob der Beschluss so zu verstehen ist, dass die Gemeinde A-Stadt die Kosten der Baumaßnahme, die nicht durch Fördermittel abgedeckt sind, endgültig zu tragen hat. Zum einen kommt dem Beschluss keine Rechtnormqualität zu, so dass er weder vom Beklagten noch vom erkennenden Gericht zu beachten ist. Zum anderen ist er durch den Erlass der Ausbaubeitragssatzung (konkludent) abgeändert worden, da die Satzung eine Beitragserhebung und damit eine Kostenbeteiligung der Anlieger zwingend vorsieht.

44

bb. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Beitragsanspruch nicht gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 47 Abgabenordnung (AO) infolge Festsetzungsverjährung erloschen.

45

Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V beträgt die Festsetzungsfrist für alle kommunalen Abgaben und damit auch für Straßenausbaubeiträge vier Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. In Ansehung der S.straße ist die sachliche Beitragspflicht erst mit dem Eingang des Gebührenbescheides des Landkreises Rügen - Kataster- und Vermessungsamt - vom 16.06.2003 am 19.06.2003 entstanden. Demgemäß ist die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2003 an- und mit Ablauf des Jahres 2007 abgelaufen. Die Heranziehung des Klägers im November 2007 erfolgte daher fristgemäß. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

46

Nach § 8 Abs. 7 Satz 1 KAG 1993 - nunmehr § 8 Abs. 5 erste Var. KAG M-V - entsteht die Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung. Das Merkmal „Herstellung“ wird in § 9 Satz 1 ABS definiert. Danach entsteht die Beitragspflicht mit dem Abschluss der Baumaßnahme, sobald die Kosten feststehen und der erforderliche Grunderwerb grundbuchrechtlich durchgeführt ist. Dies ist nach Satz 2 l.cit. frühestens der Zeitpunkt des Eingangs der letzten Unternehmerrechnung. Der Gebührenbescheid vom 16.06.2003 ist die letzte „Unternehmerrechnung“ i.S.d. § 9 Satz 2 ABS. Bei den darin festgesetzten Gebühren für die Fortsetzung des Liegenschaftskatasters handelt es sich - ebenso wie bei den Gebühren für die Vermessung der S.straße - um beitragsfähige Nebenkosten des Grundstückserwerbs i.S.d. § 3 Abs. 2 erster Anstrich ABS. Auch diese Kosten sind durch Erwerb der durch Zerlegung entstandenen Grundstücke verursacht worden. Ohne die Zerlegung hätte der Erwerb der Grundstücke, auf denen die Trasse der S.straße verläuft, nicht erfolgen können.

47

Der Einwand des Klägers, die Gebühren für die Fortführung des Liegenschaftskatasters hätten von Beklagten anhand der einschlägigen Tarifstellen der Vermessungsgebührenverordnung vom Beklagten selbst ermittelt werden können, greift nicht durch. Denn die Kosten stehen erst fest i.S.d. § 9 ABS, wenn sie vom (letzten) Gläubiger in einer bestimmten Höhe geltend gemacht worden sind. Folgte man der Auffassung des Klägers, so liefe dies auf eine mehr oder weniger genaue Kostenschätzung hinaus. Für die Entstehung der in ihrer Höhe unveränderbaren sachlichen Beitragspflicht müssen die umlagefähigen Kosten jedoch centgenau feststehen. Aus demselben Grund ist es auch unerheblich, dass mit dem Gebührenbescheid vom 16.03.2003 ein - gemessen am Gesamtvolumen der Baumaßnahme - geringfügiger Betrag von 410,00 EUR festgesetzt worden ist.

48

cc. Schließlich hat der Beklagte das Recht, den Beitragsanspruch gegenüber dem Kläger geltend zu machen, nicht verwirkt (vgl. § 242 BGB). Als ein im Grundsatz von Treu und Glauben wurzelnder Vorgang der Rechtsvernichtung bedeutet Verwirkung, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung des Rechts als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete in Folge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand), und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauensbetätigung) (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 02.11.2005 - 1 L 105/05 - juris Rn. 81 m.w.N.).

49

Nach diesen Kriterien fehlt es bereits an der Vertrauensgrundlage. Zwar trifft es zu, dass die Gemeindevertretung von A-Stadt über lange Zeit mehr oder weniger trickreich versucht hat, eine Beitragserhebung für die S.straße zu verhindern. Entgegen der Auffassung des Klägers wurde durch das Verhalten der Gemeindevertretung jedoch kein schutzwürdiges Vertrauen dergestalt begründet, nicht zu einem Straßenausbaubeitrag für die S.straße herangezogen zu werden. Ein solches Vertrauen konnte bereits aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht entstehen. Denn nicht die Gemeindevertretung, sondern der Bürgermeister vertritt die Gemeinde im Außenverhältnis (vgl. § 39 Abs. 2 Satz 1 Kommunalverfassung [KV M-V]). Nur dessen Erklärungen sind daher geeignet, die Gemeinde im Verhältnis zu Dritten - und damit auch im Verhältnis zum Kläger - zu binden. Dieser aber hatte dem Beschluss der Gemeindevertretung vom 06.11.2002, auf die Beitragserhebung für die S.straße zu verzichten, unter dem 20.11.2002 widersprochen. Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Gemeinde A-Stadt um eine amtsangehörige Gemeinde handelt, der eine eigene Zuständigkeit für die Abgabenerhebung fehlt. Denn die Veranlagung und Erhebung der Gemeindeabgaben für die amtsangehörige Gemeinde erfolgt gemäß § 127 Abs. 2 Satz 1 KV M-V durch das Amt. Das sonach allein zuständige Amt West-Rügen hat jedoch ausweislich des dem Gericht vorliegenden umfangreichen Schriftwechsels mit der Gemeinde und der unteren Rechtsaufsichtsbehörde keinen Zweifel daran gelassen, dass Straßenausbaubeiträge für die S.straße erhoben werden.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Tenor

Die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 23. Dezember 2009 wird für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem eingeschossigen Wohnhaus bebauten Grundstücks A-Straße in A-Stadt (Gemarkung A-Stadt, Flur 1, Flurstück 48) mit einer Größe von 11.000 qm. Er ist für sein im Bereich des beklagten Verbandes liegendes Grundstück bisher nicht zu Anschlussbeiträgen herangezogen worden.

2

Die Verbandsversammlung des Antragsgegners beschloss am 4. Dezember 2006 die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz (TBS). Die Satzung wurde am 14. Dezember 2006 von der Verbandsvorsteherin ausgefertigt und am 6. Januar 2007 öffentlich bekanntgemacht. Am 5. November 2007 beschloss die Verbandsversammlung die Erste Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz. Diese Satzung wurde am 15. November 2007 ausgefertigt. Sie ändert die in § 4 d) TBS enthaltene Regelung über die Tiefenbegrenzung von im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich liegenden Grundstücken. Der dem Satzungsbeschluss zugrundeliegenden Vorlage (Nr. 09-1/2007) beigefügt war eine fünfseitige "Dokumentation der Ermessenserwägungen bezüglich Auswahl, Ermittlung und Festsetzung einer qualifizierten Tiefenbegrenzung von 50 Metern". Mit der am 21. Dezember 2009 beschlossenen und am 23. Dezember 2009 ausgefertigten Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung wurde § 5 TBS dahingehend geändert, dass der Beitragssatz je Quadratmeter bevorteilter Grundstücksfläche nicht mehr wie zuvor 6,- Euro einschließlich Umsatzsteuer, sondern nunmehr 5,04 Euro zuzüglich gesetzlich geltender Umsatzsteuer beträgt.

3

Der Antragsteller hat am 15. Juni 2007 einen Normenkontrollantrag gegen die Schmutzwasserbeitrags- und die Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners gestellt (4 K 10/07). Mit Beschluss vom 10. Juli 2007 hat der Senat das Verfahren gegen die Trinkwasserbeitragssatzung abgetrennt und unter dem vorliegenden Aktenzeichen weitergeführt.

4

Zur Begründung trägt der Antragsteller vor:

5

Die Kalkulation des in § 5 TBS bestimmten Beitragssatzes sei zu beanstanden. Der der Beitragsbemessung zugrundeliegende Zeitraum der Globalkalkulation sei nicht mit dem Zeitraum des Trinkwasserversorgungskonzeptes identisch. In der Kalkulation fänden sich unterschiedliche Abzugsbeträge über kostenlos übernommenes Vermögen. Nicht nur 14.267.518,75 €, sondern 16.283.771,09 € hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es sei zu bezweifeln, dass die in der Kalkulation aufgeführten übernommenen Darlehen in dem einbezogenen Umfang der jeweiligen Einrichtung zuzurechnen seien. Unterlagen hierzu seien den Beitragsunterlagen nicht zu entnehmen. Auch der Umfang der Gesamtinvestitionen von 18.081.197,- € sei nicht nachvollziehbar. Es sei unklar, inwieweit es sich um Nettobeträge handele. Der Anlagespiegel sei nicht nachvollziehbar. Es gebe begründete Anhaltspunkte dafür, dass Aufwand für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten in die Kalkulation einbezogen worden sei. Beispielhaft werde auf die Positionen 60721950022, 6072192002 und 0560110 hingewiesen. Fraglich sei, ob der Aufwand für früher hergestellte Hausanschlüsse zu Recht in die Beitragskalkulation eingestellt worden sei. Die zur Beschlussfassung vorgelegten Kalkulationsunterlagen enthielten unterschiedliche Aussagen zum Zeitraum der Globalkalkulation. Die korrekte Berechnung der beitragsfähigen Flächen werde bestritten. Den Vertretern in der Verbandsversammlung hätten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 4. Dezember 2006 die Kalkulationsunterlagen nicht zur Kenntnis vorgelegen. Anderes könne weder der Ladung zur Verbandsversammlung noch den weiteren Unterlagen, insbesondere nicht dem Protokoll entnommen werden. Gleiches gelte für die Beschlussfassung über den geänderten Beitragssatz in der Verbandsversammlung vom 21. Dezember 2009. Der an diesem Tage beschlossenen Änderung (§ 5 TBS) hätte aufgrund verschiedener mittlerweile eingetretener Veränderungen auf der Flächenseite eine neue bzw. überarbeitete Kalkulation, die auch eine Überprüfung der Aufwandsseite erfordert hätte, zugrundegelegt werden müssen. Verschiedene Bestimmungen der Trinkwasserbeitragssatzung seien unwirksam. Den Kreis der Beitragsschuldner erstrecke § 6 Abs. 1 TBS im Widerspruch zu § 7 KAG auf "dinglich Berechtigte". Dies führe zur Unwirksamkeit der gesamten Beitragssatzung. Nach § 2 Abs. 1 TBS unterlägen auch Außenbereichsgrundstücke, die bebaut seien und nur angeschlossen werden könnten, ohne bereits angeschlossen zu sein, der Beitragspflicht. Im Außenbereich reiche aber die Bebauung des Grundstücks allein nicht aus, um die Beitragspflicht entstehen zu lassen. Die in § 4 Abs. 2 d) TBS normierte Tiefenbegrenzung von 50 m sei methodisch fehlerhaft ermittelt worden. Die durchschnittliche Bebauungstiefe beruhe auf einer fehlerhaften arithmetischen Mittelung der tatsächlichen Bebauung. Die Tiefenbegrenzung entspreche außerdem nicht den örtlichen Gegebenheiten. § 4 Abs. 2 d) TBS leide außerdem darunter, dass danach im Falle einer Zuwegung zum Grundstück die Grundstücksfläche beginnend vom Ende der Zuwegung bis zu einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen zu messen sei und die Zuwegung somit flächenmäßig unberücksichtigt bliebe. Nach § 4 Abs. 2 b) TBS würden die Grundstücke, die im Plangebiet liegen und in den Außenbereich übergehen, gegenüber vollständig im Außenbereich liegenden Grundstücken ungerechtfertigt bessergestellt. Nach § 4 Abs. 2 g) TBS komme auf privaten Grünflächen und Parkplätzen trotz bauakzessorischer Nutzung eine Beitragserhebung nicht in Betracht. Dies sei nicht vorteilsgerecht. § 4 Abs. 5 TBS sei gleichheitswidrig, weil danach für Bauten, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, keine konkrete Regelung zur Geschosshöhe bestehe. Eine derartige Unterscheidung zwischen vor und nach dem 30. April 1994 errichteten Bauten sei nur dann zulässig, wenn Altbauten auch mit geringerer Deckenhöhe als gemäß der Vollgeschossregelung für Neubauten generell weitgehender nutzbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Insbesondere Dachgeschosse von Neubauten mit Dachschrägen könnten baurechtlich ebenfalls zu Wohn- und gewerblichen Zwecken genutzt werden, ohne dass sie beitragsrechtlich als Vollgeschosse zu werten seien. Abweichend von anderen Beitragssatzungen enthalte § 4 Abs. 5 TBS keinerlei Einschränkungen bezüglich der Anrechenbarkeit bei Dachschrägen und einer geringeren Geschosshöhe des Obergeschosses gegenüber dem Untergeschoss, die eine Ungleichbehandlung relativieren bzw. sachlich legitimieren. Ein sachlicher Grund für diese weitgehende Regelung zum Vollgeschossmaßstab bestehe nicht.

6

Der Antragsteller beantragt,

7

die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der zweiten Änderungssatzung vom 23. Dezember 2009 für unwirksam zu erklären.

8

Der Antragsgegner beantragt,

9

den Antrag abzuweisen.

10

Er tritt den Einwänden des Antragstellers in allen Punkten entgegen. Insbesondere die in § 4 Abs. 2 d) TBS normierte Regelung über die Tiefenbegrenzung für sogenannte Übergangsgrundstücke sei nicht zu beanstanden. Die Festlegung der qualifizierten Tiefenbegrenzung von 50 Metern entspreche den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen im Verbandsgebiet.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Der nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 13 AGGerStrG statthafte Normenkontrollantrag ist zulässig (I.) und begründet (II.).

13

I. Der Antrag ist fristgerecht nach § 47 Abs. 2 Satz 1, § 195 Abs. 7 VwGO binnen eines Jahres nach Bekanntmachung der angegriffenen Trinkwasserbeitragssatzung bei Gericht eingegangen. Die Satzung ist in ihrer ursprünglichen Fassung am 6. Januar 2007 veröffentlicht worden. Der Normenkontrollantrag wurde am 15. Juni 2007 gestellt.

14

Änderungen oder Neuregelungen der angegriffenen Rechtsvorschrift setzen die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Lauf, wenn mit ihnen eine neue oder zusätzliche Beschwer verbunden ist. Ein erneuter Fristenlauf beginnt dann, wenn sich aus der Neuregelung eine neue belastende Wirkung ergibt, z. B. durch das Zusammenwirken mit geänderten anderen Bestimmungen (vgl. OVG Bautzen, 20.08.2008 - 5 D 24/06 -, juris). Die mit der Ersten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 15. November 2007 vorgenommene Änderung der Tiefenbegrenzungsregel nach § 4 Abs. 2 d) TBS hat im Wesentlichen der Klarstellung schon geltenden Satzungsrechts gedient, insbesondere verläuft die Tiefenbegrenzungslinie nach der neuen Regelung unverändert zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 Metern dazu verlaufenden Parallelen. Danach hat die Erste Satzungsänderung keinen neuen Fristlauf ausgelöst. Die geänderte Bestimmung ist vielmehr von dem gegen die im Januar 2007 veröffentlichte Ursprungssatzung gerichteten Normenkontrollantrag vom 15. Juni 2007 erfasst.

15

Soweit der Antrag nunmehr auch die Zweite Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 und damit § 5 TBS mit dem jetzt geltenden Beitragssatz in Höhe von 5,04 € erfasst, liegt hierin eine in entsprechender Anwendung von § 91 VwGO zulässige Antragsänderung, insbesondere war die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach Bekanntmachung der Satzungsänderung noch nicht abgelaufen.

16

Der Antragsteller ist schließlich als noch nicht zu Trinkwasseranschlussbeiträgen herangezogener Eigentümer eines im Verbandsgebiet liegenden Grundstückes antragsbefugt i. S. v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Er kann geltend machen, möglicherweise durch die angefochtene Trinkwasserbeitragssatzung in seinen Rechten verletzt zu werden, indem er auf ihrer Grundlage zu Beitragszahlungen durch - bei angenommener Unwirksamkeit der Satzung - rechtswidrige Beitragsbescheide verpflichtet wird.

17

Der Senat versteht den nicht ausdrücklich beschränkten Antrag des Antragstellers, die Trinkwasserbeitragssatzung für unwirksam zu erklären, in der Weise (§ 133 BGB), dass die Ordnungswidrigkeitenbestimmung des § 11 TBS nicht angegriffen ist. Regelungen des Ordnungswidrigkeitenrechtes unterfallen nicht dem Verwaltungsrechtsweg und können daher von vornherein nicht Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle sein (OVG Greifswald, 27.07.2005 - 4 K 4/03 -, KStZ 2006, 156, 157). Durch die Erklärung der Unwirksamkeit der übrigen Satzungsbestimmungen verliert auch die Regelung über die Ordnungswidrigkeiten ihren rechtlichen Gehalt.

18

II. Der Normenkontrollantrag ist begründet. Zwar greifen die Einwendungen des Antragstellers ganz überwiegend nicht durch (nachfolgend 1.). Die angefochtene Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 war aber nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO insgesamt für unwirksam zu erklären, weil die Tiefenbegrenzungsregelung des § 4 Abs. 2 d) TBS gegen die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes (KAG) und den aus dem Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) folgenden Grundsatz der Abgabengerechtigkeit verstößt, daher unwirksam ist und die daraus folgende Satzungslücke zur Ungültigkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung führt (nachfolgend 2.).

19

Die formelle Ordnungsgemäßheit der Trinkwasserbeitragssatzung hat der Antragsteller nicht in Zweifel gezogen. Dem Senat drängen sich entsprechende Mängel nicht auf (vgl. zum Prüfungsmaßstab im Normenkontrollverfahren OVG Greifswald, 02.06.2004 – 4 K 38/02 -, juris, Rn. 133 = DVBl. 2005, 64 [nur Leitsätze]).

20

1. Die gegen die Gültigkeit der angefochtenen Satzung erhobenen Einwände des Antragstellers treffen ganz überwiegend nicht zu. Dies gilt insbesondere für die auf die Kalkulation des Beitragssatzes zielenden Rügen (nachfolgend a. bis f.). Die gegen die Gültigkeit einzelner Satzungsbestimmungen gerichteten Angriffe führen ebenfalls überwiegend nicht zum Erfolg (g. bis l.).

21

a. Wenn der Antragsteller geltend macht, der der Beitragsbemessung zugrundeliegende Zeitraum der Globalkalkulation sei nicht mit dem Zeitraum des Trinkwasserversorgungskonzeptes des Antragsgegners identisch, ist dem nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass bei einer Globalkalkulation nach § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG der notwendige Aufwand für die Herstellung der gesamten öffentlichen Einrichtung auf der Grundlage der von dem Verband gewählten Wasserversorgungskonzeption zu ermitteln ist (vgl. Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2010, § 8 Rn. 678b). Es liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dies hier nicht geschehen ist.

22

Die Kalkulation des Anschlussbeitrages Trinkwasser nennt einen Investitionszeitraum bis zum Jahre 2020 ("geplante Investitionen von 2006 bis 2020: 18.081.197,- €"). Das Trinkwasserversorgungskonzept des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt-Lübz ("Investitionen Rohrnetz [2006 bis 2020]") sieht Investitionen bis zum Jahr 2018 vor. Für die Jahre 2019 und 2020 ist für Investitionen jeweils der Betrag von 0,- € prognostiziert. Ein Widerspruch zwischen Kalkulation und Trinkwasserversorgungskonzept ist danach nicht zu erkennen. Der Antragsgegner hat zu diesem Einwand des Antragstellers ausgeführt, bei der Überarbeitung des Trinkwasserversorgungskonzeptes im Jahre 2006 habe sich bei der Spezifikation der einzelnen notwendigen Maßnahmen ergeben, dass bei günstigem zeitlichen Verlauf der Investitionen von einer Fertigstellung der Einrichtung bereits im Jahr 2018 auszugehen sei. Da zeitliche Verschiebungen nicht auszuschließen seien, sei auf eine Änderung des Zeitraumes für die Gültigkeit des Trinkwasserversorgungskonzeptes verzichtet worden. Die Kalkulation habe daher den nach dem Trinkwasserversorgungskonzept maßgeblichen Investitionszeitraum zutreffend berücksichtigt.

23

b. Auch der Einwand des Antragstellers führt nicht weiter, in der Kalkulation fänden sich unterschiedliche Abzugsbeträge über (von der Westmecklenburger Wasser GmbH) bei Errichtung des Verbandes kostenlos übernommenes Vermögen. Die Folge sei, dass möglicherweise nicht nur 14.267.518,75 €, sondern 16.283.771,09 € hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es trifft zu, dass es nach der Auffassung des Senates dann, wenn eine Altanlage kostenlos übernommen wird, rechtlich nicht zulässig ist, für diese Altanlage einen Wert in die Kalkulation einzustellen. Denn bei dem Wert der Altanlage handelt es sich dann nicht um Kosten, die dem Zweckverband für die Herstellung der Anlage tatsächlich entstanden sind. Anderes gilt, wenn dabei Schulden übernommen werden. Diese können als eigener Aufwand in die Kalkulation eingestellt werden (vgl. OVG Greifswald, 15.11.2000 - 4 K 8/99 -, KStZ 2001, 174, 177). Wenn der Antragsgegner danach aus dem Wert des Anlagevermögens für den Bereich Trinkwasser das kostenlos von "WMW" übernommene Vermögen abzuziehen hatte, so ist das offenbar auch im gebotenen Umfang geschehen. Der Senat hat nach der im gerichtlichen Verfahren abgegebenen plausiblen Erläuterung des Antragsgegners zu dem tatsächlichen Hintergrund des auf Blatt 172 der Verwaltungsvorgänge dargestellten Wertes von 16.283.771,09 € jedenfalls keinen Anlass, an der Richtigkeit des in der Kalkulation abgesetzten Betrages von 14.267.518,75 € zu zweifeln. Nach den Ausführungen des Antragsgegners hat der Verband die Summe der kostenlos übernommenen Anlagegüter aus einer Addition der in den Abschreibungsbuchunterlagen enthaltenen Angaben gewonnen und so einen Wert von vor 1993 angeschafften Gütern von 14.267.518,75 € ermittelt. Diesen Wert hat er anhand einer Obergrenze einer Plausibilitätsüberprüfung unterzogen, indem er ihn einem in der Bilanz zum 31.12.1993 ausgewiesenen übertragenen Gesamtvermögen von 16.283.771,09 € gegenübergestellt hat. Anhand dieser Gegenüberstellung konnte er kontrollieren, ob der Gesamtwert aus den Einzelwerten der Anlagegüter nicht etwa oberhalb des übertragenen Gesamtvermögens lag. Das Gesamtvermögen soll nach der Stellungnahme des Antragsgegners zum einen nicht beitragsfähige Positionen enthalten und zum anderen auch Anlagegüter, die nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung geworden seien. So erkläre sich die Differenz zwischen den beiden Werten. Darin liegt eine nachvollziehbare Begründung für die in den Kalkulationsunterlagen enthaltenen, das übernommene Anlagevermögen betreffenden unterschiedlichen Werte, die an dieser Stelle eine weitere Sachaufklärung nicht erfordert. Ob schließlich der Antragsgegner den Wert von 14.267.518,75 € korrekt ermittelt hat, hatte der Senat mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht weiter zu prüfen.

24

c. Der Einwand des Antragstellers, es sei zu bezweifeln, dass die in der Kalkulation aufgeführten übernommenen Darlehen ("Darlehen Investitionen KfW" in Höhe von 588.088,43 €) in dem einbezogenen Umfang der jeweiligen Wasserversorgungseinrichtung zuzurechnen seien, trifft nicht zu. Der Antragsgegner hat im gerichtlichen Verfahren Kopien der Beschlüsse seiner Verbandsversammlung vorgelegt, die die Übertragung von vier "KfW-Krediten" für der Wasserversorgung dienende Bauvorhaben in Goldberg und B-Stadt von der Westmecklenburger Wasser GmbH E-Stadt auf den Antragsgegner belegen. Die Summe der dort aufgeführten und in Anspruch genommenen bzw. abgerufenen Kreditbeträge ergibt den in der Kalkulation ausgewiesenen Betrag.

25

d. Der Antragsgegner hat auf den Einwand des Antragstellers, er habe in den beitragsfähigen Aufwand auch Aufwendungen für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten eingestellt, ausgeführt, solche Aufwendungen würden nicht aktiviert, sondern in die laufenden Kosten gebucht und über Gebühren finanziert. Weiteren Anlass zur Prüfung sieht der Senat danach an dieser Stelle ebenfalls nicht. Zu den von Antragstellerseite angesprochenen drei verschiedenen im Anlagespiegel enthaltenen Positionen hat der Antragsgegner erläutert, bei der Position 60721950022 ("Auswechslung Knotenpunkte") handele es sich um die planmäßige Umsetzung des im Trinkwasserversorgungskonzept bezüglich einer veralteten Altanlage vorgesehenen Standards und nicht um Instandhaltungs- oder Reparaturarbeiten. Gleiches gelte für eine unter der Position "05in60110" verzeichnete Baumaßnahme aus dem Jahr 2005 am Reinwasserbehälter im Wasserwerk Herzberg. Hier sei eine als Provisorium anzusehende veraltete Steuerungstechnik in einer seinerzeit kostenlos übernommenen Altanlage durch neue Steuerungstechnik ersetzt worden. Der im Anlagespiegel an der zugehörigen Stelle verwendete Begriff der Sanierung sei insoweit nicht zutreffend. Es handele sich nicht um eine Sanierung neu errichteter Anlagenteile, sondern um die erstmalige Verwirklichung des im Trinkwasserkonzept vorgesehenen Standards. Die Position 6072192002 sei schließlich in den Herstellungsaufwand nicht eingerechnet worden, weil sie zu dem vom Verband kostenlos übernommenen Vermögen gehöre. Danach war auch zu diesen Punkten keine vertiefte Überprüfung angezeigt.

26

Entgegen den Ausführungen des Antragstellers ergibt sich außerdem der Umfang der Gesamtinvestitionen aus dem Trinkwasserkonzept. Hier wird - entgegen dessen Auffassung - auch hinreichend deutlich, dass es sich um Nettoinvestitionen handeln soll.

27

e. Der Antragsteller rügt, den Vertretern der Verbandsversammlung hätten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 21. Dezember 2009 über die Änderung des Beitragssatzes in § 5 TBS (Zweite Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung) die Kalkulationsunterlagen nicht zur Kenntnis vorgelegen. Gleiches gelte für die Beschlussfassung vom 4. Dezember 2006. Anderes könne weder der Ladung zur Verbandsversammlung noch den weiteren Unterlagen, insbesondere nicht dem Protokoll der Verbandsversammlung entnommen werden. Diese Rüge ist unzutreffend.

28

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates (vgl. dazu die zahlreichen Nachweise bei Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG, Stand: Juni 2010, § 2 Anm. 8.3.1.2) muss der Verbandsversammlung - neben der Beschlussvorlage über die Satzung - eine (Global-) Kalkulation bei der Beschlussfassung über die Abgabensatzung vorliegen. Wird dem Rechtssetzungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Ungültigkeit des Abgabensatzes zur Folge, weil das Rechtssetzungsorgan das ihm bei der Festsetzung der Abgabensätze eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei hat ausüben können.

29

Es unterliegt aus Sicht des Senates keinen Zweifeln, dass der Verbandsversammlung in ihrer Sitzung vom 4. Dezember 2006 ebenso wie in der Sitzung vom 21. Dezember 2009 die Kalkulationsunterlagen mit der Möglichkeit zur Kenntnisnahme vorgelegen haben. Das folgt für die Sitzung vom 4. Dezember 2006 aus der wohl nach späterem Abhören des Tonbandmitschnittes am 19. März 2008 gefertigten Ergänzung zum Protokoll der Verbandsversammlung Nr. 02/2006, wonach im Anschluss an den Tagesordnungspunkt 5 die Verbandsvorsteherin explizit darauf hingewiesen habe, dass zur Beratung alle Kalkulationsunterlagen zur Einsichtnahme vorlagen. Diese in der mündlichen Verhandlung im Original vorgelegte Protokollergänzung ist als öffentliche Urkunde nach §§ 98 VwGO, 418 ZPO anzusehen, die den vollen Beweis der darin (aufgrund eigener Wahrnehmung, § 418 Abs. 3 ZPO) bezeugten Tatsache begründet, mithin dass der Hinweis durch die Verbandsvorsteherin auf die ausliegenden Kalkulationsunterlagen ergangen ist (vgl. dazu MüKo ZPO, § 418, Rn. 4; Rudisile in: Schoch, VwGO § 98, Rn. 206;). Die Voraussetzungen des § 418 ZPO liegen vor. Die Verbandsversammlung (§§ 155, 156 KV) ist eine öffentliche Behörde i.S.d. Definition der öffentlichen Urkunde nach § 415 Abs. 1 ZPO. Als solche Behörden werden nicht nur Verwaltungsbehörden angesehen, sondern die in den allgemeinen Organismus der Behörden eingefügte Organe der Staatsgewalt, die dazu berufen sind, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates oder der von ihm geförderten Zwecke tätig zu sein, gleichviel ob das Organ unmittelbar vom Staate oder einer dem Staate untergeordneten Körperschaft zunächst für deren eigene Zwecke bestellt ist (BGH, 16.10.1963 - IV ZB 171/63 -, BGHZ 40, 225, 228; vgl. OVG Magdeburg, 10.12.1998 - C 2 S 477/96 -, juris: Protokoll über die Sitzung des Gemeinderats ist öffentliche Urkunde, die nach § 418 ZPO den vollen Beweis begründet). Die von Antragstellerseite geäußerte Einschätzung, es sei ungewöhnlich, dass die Protokollergänzung so spät gekommen sei, ist danach unbeachtlich.

30

Damit erweist sich die Rüge fehlender Kalkulationsunterlagen allein als offenbar ungeprüfte und unzutreffende Vermutung. Gleiches gilt für den inhaltlich gleichlautenden, die Sitzung vom 21. Dezember 2009 betreffenden Einwand. Hier ist schon der Sitzungsniederschrift (Verbandsversammlung 03/2009) selbst zu entnehmen, dass die Kalkulationsunterlagen zur Einsichtnahme im Präsidium ausgelegen haben. Im Übrigen besteht kein einziger Anhaltspunkt, dass ein Verbandsvertreter Bedarf an einer Einsichtnahme in die Unterlagen geäußert hätte und diese nicht möglich gewesen wäre.

31

f. Wenn weiter eingewandt wird, die dem Beschluss der Verbandsversammlung über die Änderung des Beitragssatzes vom 21. Dezember 2009 zugrundeliegende Kalkulation habe der Antragsgegner nicht ohne Prüfung der Aktualität von Aufwands- und Flächenseite verwenden dürfen, insbesondere seien seit dem Jahre 2006 im Verbandsgebiet verschiedene Flächennutzungs- und Bebauungspläne sowie Abrundungssatzungen in Kraft getreten, so führt auch das nicht zum Erfolg. Der Erlass oder die Änderung solcher Pläne und Satzungen sind mit Blick auf die zahlreichen Gemeinden des gesamten Verbandsgebietes ein permanent stattfindender Vorgang der bauplanungsrechtlichen Fortentwicklung, der zu einer Vergrößerung ebenso wie zu einer Verkleinerung der beitragsrelevanten Gesamtfläche führen kann. Damit zusammenhängende Ungenauigkeiten der Flächenberechnung müssen bei einer gesetzlich zulässigen (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG) Globalkalkulation ebenso wie andere mit einer mehrere Jahre in die Zukunft reichenden Investitionsprognose verbundene Schätzungen in Kauf genommen werden. Anderenfalls müsste eine Kalkulation bei jeder Änderung der bauplanungsrechtlichen Gegebenheiten in einem Teil des Verbandsgebietes überarbeitet werden, um auch minimale Veränderungen der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen. Dies ist aber angesichts der ohnehin nur scheinbar vorhandenen Präzision der Kalkulation (Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 3.4) nicht zu fordern. Vielmehr wird - ohne dass sich der Senat an dieser Stelle mangels Entscheidungserheblichkeit abschließend äußern muss - angesichts der Regelung in § 6 Abs. 2 d) KAG eine Beitragskalkulation grundsätzlich für den Zeitraum von fünf Jahren als hinreichend aktuell angesehen (Aussprung, a.a.O., § 9 Anm. 3.4; vgl. dazu auch OVG M-V, 15.11.2000, a.a.O., 177).

32

Damit reicht allein der Hinweis des Antragstellers auf eine Veränderung bzw. den Erlass von Bebauungsplänen und Abrundungssatzungen nicht aus, um die Aktualität der Globalkalkulation des Antragsgegners in Zweifel zu ziehen. Anhaltspunkte dafür, dass dies ausnahmsweise anders gesehen werden müsste, etwa weil besonders intensive Flächenänderungen betroffen wären, die erhebliche Auswirkungen auf die Kalkulation hätten, fehlen im Vortrag des Antragstellers. Solche drängen sich bei der aus dem August 2006 stammenden Flächenkalkulation für den im Dezember 2009 getroffenen Beschluss über den Beitragssatz auch nicht auf.

33

g. § 2 TBS ist nicht im Hinblick auf eine etwaige Beitragspflicht noch nicht angeschlossener bebauter Außenbereichsgrundstücke zu beanstanden. Die Vorschrift lautet:

34

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Trinkwasserversorgung angeschlossen werden können und

35

(a) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden können, oder

36

(b) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinden zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen, oder

37

(c) wenn sie bebaut sind.

38

(2) Wird ein Grundstück an die Trinkwasserversorgung tatsächlich angeschlossen, so unterliegt es der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vorliegen.

(3).....................

39

§ 2 Abs. 1 c) TBS ist nicht so zu verstehen, dass bebaute Außenbereichsgrundstücke, die an die Einrichtung nur angeschlossen werden können, ohne schon angeschlossen zu sein, bereits der Beitragspflicht unterliegen sollen und dass die Bestimmung damit gegen das Vorteilsprinzip nach § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG verstieße. Mangels Baulandqualität solcher Grundstücke führt bei ihnen allein die Anschlussmöglichkeit noch nicht zu einer gesicherten Vorteilslage (vgl. Klausing in: Driehaus, Stand: März 2010, § 8, Rn. 1032). Entgegen der Auffassung des Antragstellers zwingt der Wortlaut des § 2 Abs. 1 TBS nicht zu einer solchen Deutung der Norm, denn er ist nicht in diesem Sinne eindeutig und lässt Raum für eine Lesart, die zu einer Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht führt.

40

Sollten schon nichtangeschlossene und nur anschließbare bebaute Außenbereichsgrundstücke der Beitragspflicht unterstellt werden, so müsste die Bestimmung folgendermaßen gelesen werden: "Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die ....angeschlossen werden können und wenn sie bebaut sind". Der Satz müsste dann aber richtigerweise lauten: "...angeschlossen werden können und bebaut sind". Wegen dieser grammatikalischen Ungenauigkeit lässt sich § 2 Abs. 1 TBS auch so verstehen, dass sich die Formulierung unter Buchstabe c) ("wenn sie bebaut sind") allein auf die unter den Buchstaben a) und b) geregelten Fälle festgesetzter oder nach der Verkehrsauffassung bestehender, aber noch nicht verwirklichter Bebaubarkeit bezieht (beplanter bzw. Innenbereich) und sie um die Fälle schon realisierter Bebauung solcher Grundstücke ergänzt. Der von dem Antragsteller angesprochene Fall des angeschlossenen und bebauten Außenbereichsgrundstückes unterfiele dann allein § 2 Abs. 2 TBS. Dass dieses nach dem Wortlaut mögliche Verständnis der Norm vorzugswürdig gegenüber einer Interpretation ist, die zur Unwirksamkeit der gesamten Satzung führt, versteht sich von selbst. Darüber hinaus fügt sich allein die so verstandene Bestimmung auch in das weitere Satzungsgefüge ein. Dies wäre nicht der Fall, wenn man § 2 Abs. 1 c) TBS entnehmen wollte, dass bereits bebaute und nur über eine Anschlussmöglichkeit verfügende Außenbereichsgrundstücke der Beitragspflicht unterfallen sollen. Für solche Grundstücke fehlte es dann nämlich an einem Beitragsmaßstab mit der Folge, dass sie zwar der Beitragspflicht unterstellt würden, letztendlich jedoch überhaupt nicht veranlagt werden könnten. Nach § 4 Abs. 1 TBS ("Beitragsmaßstab") wird der Anschlussbeitrag für die bevorteilte Grundstücksfläche unter Berücksichtigung der Art und des Maßes der Bebaubarkeit des Grundstückes berechnet. Ist eine Grundstücksfläche nicht bevorteilt, wird danach dafür auch kein Beitrag berechnet. Das trifft aber auf mit noch nicht angeschlossenen Baulichkeiten bebaute Außenbereichsgrundstücke mangels gesicherter Vorteilslage zu. Damit übereinstimmend regelt § 4 Abs. 2 i) TBS, dass bei bebauten Grundstücken im Außenbereich der mit 0,2 vervielfachte Teil der Grundfläche der an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten als Grundstücksfläche gilt. Ohne bereits angeschlossene Baulichkeiten errechnet sich danach keine unter Geltung des Grundstücksflächenmaßstabes für die Beitragserhebung erforderliche Grundstücksfläche.

41

h. Der Antragsteller meint, § 4 Abs. 2 b) TBS ordne für Grundstücke, die im Bereich eines Bebauungsplanes liegen und über die Grenzen des Bebauungsplanes hinausreichen, für den Außenbereichsteil die Geltung der Grundstücksfläche im Umfang der Grundfläche der Baulichkeit an. § 4 Abs. 2 i) TBS bestimme hingegen für ganz im Außenbereich liegende bebaute Grundstücke die durch die GRZ 0,2 geteilte Grundfläche als beitragspflichtige Fläche. Hierin sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu erkennen. Das trifft nicht zu.

42

§ 4 Abs. 2 b) TBS enthält entgegen der von dem Antragsteller vertretenen Auffassung keine Regelung für Grundstücke, die teils im Gebiet eines Bebauungsplanes und teils im Außenbereich liegen. Die Bestimmung setzt nämlich voraus, dass die Fläche außerhalb des Plangebietes baulich oder gewerblich genutzt werden kann. Die Möglichkeit einer baulichen Nutzung besteht jedoch für Außenbereichsflächen grundsätzlich nicht. Der Außenbereich ist nach § 35 Abs. 2 BauGB grundsätzlich unbebaubar (Battis/Krautzberger/Löhr, 11. Aufl., Vorb §§ 29-38, Rn. 5). Befindet sich ein Gebäude auf einer Außenbereichsfläche, so mag dieses Bestandsschutz genießen und als solches genutzt werden können. Damit ist jedoch nicht zugleich die Außenbereichsfläche selbst baulich nutzbar. Würde das Gebäude zerstört, dürfte es im Grundsatz wegen seiner Lage im Außenbereich nicht wieder aufgebaut werden (vgl. BVerwG, 20.09.1974 - IV C 70.72 -, DÖV 1975, 104, 105).

43

Damit ist § 4 Abs. 2 i) TBS alleinige Norm zur Berechnung der Grundstücksfläche bei bebauten und angeschlossenen Grundstücken im Außenbereich. Der von Antragstellerseite gerügte Konflikt mit § 4 Abs. 2 b) TBS besteht nicht.

44

Die von Antragstellerseite monierte Ungleichbehandlung führte aber auch nur dann zum Fehlen einer erforderlichen Maßstabsregelung, also einer Satzungslücke und somit zur Nichtigkeit der Satzung, wenn es im Verbandsbereich überhaupt vom Bebauungsplanbereich in den Außenbereich übergehende Grundstücke gäbe. Nur dann könnte sich eine nichtige Maßstabsregelung vor dem Hintergrund des im Recht der leitungsgebundenen Einrichtung geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit als rechtlich problematisch darstellen und ggf. zur Nichtigkeit der Satzung insgesamt führen (vgl. OVG Greifswald, 30.06.2004 - 4 K 34/02 -, juris, NordÖR 2004, 417[nur Leitsätze]). Der Antragsgegner hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, es gebe in seinem Verbandsgebiet keine Veranlagungsfälle, bei denen einzelne Buchgrundstücke über die Bebauungsplangrenze hinausreichten, direkt in den Außenbereich übergingen und trotz vorhandener Baulichkeiten nicht dem unbeplanten Innenbereich zuzurechnen wären.

45

i. Die § 4 Abs. 2 d) Satz 2 TBS betreffende Rüge des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Der Antragsteller meint, dass danach bei von der Tiefenbegrenzungsregelung betroffenen sogenannten "Pfeifenstielgrundstücken" die Zuwegung zum Grundstück bei der Berechnung des Beitrages außer Betracht bleibe, was mit dem Gleichheitssatz unvereinbar sei. Wegeflächen auf Grundstücken müssten bei der Kalkulation in vollem Umfang berücksichtigt werden.

46

Die Vorschrift lautet:

47

"Als Grundstücksfläche gilt:

d) bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Dieser Abstand wird bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen."

48

Die Bedenken des Antragstellers sind bei richtigem Verständnis der Bestimmung unbegründet. Im Falle einer Grundstückszuwegung wird nicht der straßenseitige Anfang der zu berechnenden Fläche von der Straße weg bis zum Ende der Zuwegung und Anfang der eigentlichen Grundstücksfläche verlegt mit der Folge, dass die Fläche der Zuwegung nicht mitzählte, sondern nur der Verlauf der Tiefenlinie, indem insoweit der Abstand von 50 Metern erst ab dem Ende der Zuwegung gemessen wird. Maßgeblich ist grundsätzlich die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Bei "Pfeifenstiel-" bzw. "Zuwegungsgrundstücken" wird nur der Verlauf dieser Parallele verschoben, indem der 50 Meter betragende Abstand (zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der Parallelen) erst von dem Ende der Zuwegung an gemessen wird. Die der Straße zugewandte Grundstücksseite wird nicht verschoben. Daher fällt die Zuwegung - anders als der Antragsteller meint - in die beitragspflichtige Fläche.

49

j. Die Rüge, § 4 Abs. 2 g) TBS sei nicht vorteilsgerecht, greift nicht durch. Die Bestimmung lautet:

50

"bei Grundstücken, für die im Bebauungsplan sonstige Nutzung ohne oder mit nur untergeordneter Bebauung festgesetzt ist oder die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (§ 34 BauGB) tatsächlich so genutzt werden (z.B. Schwimmbäder, Camping- und Sportplätze), die Grundfläche der an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten geteilt durch die Grundflächenzahl (GRZ) 0,2. Die unter Berücksichtigung des Maßes der Nutzung ermittelte Fläche wird den betreffenden Gebäuden so zugeordnet, dass ihre Grenzen jeweils im gleichen Abstand von den Außenwänden der Gebäude verlaufen. ..."

51

Nach Auffassung des Antragstellers blieben danach bauakzessorisch genutzte private Grünflächen oder private Parkplätze beitragsfrei, da sich auf diesen Flächen üblicherweise keine an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten befänden. Gleiches gelte, wenn in einem Bebauungsplan für Teilflächen eines Buchgrundstückes sowohl eine sonstige Nutzung ohne Bebauung als auch eine andere Teilfläche "Bebauung" geplant sei. Bei konsequenter Anwendung der Vorschrift wäre die Folge, dass trotz der Bebaubarkeit nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes nur die Grundfläche des an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Gebäudes geteilt durch die Grundflächenzahl 0,2 als Grundstücksfläche beitragsfähig wäre. Dies sei nicht vorteilsgerecht.

52

Dem ist nicht zu folgen.

53

Im Anschlussbeitragsrecht ist im Interesse von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff auszugehen (vgl. OVG Greifswald, 10.10.2007 - 1 L 256/06 - (Volkswerft), NordÖR 2008, 40, 41; 20.11.2003 - 1 M 180/03 -, DÖV 2004, 259, 260). Unter "Grundstück" ist danach derjenige katastermäßig abgegrenzte Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der im Grundbuch unter einer besonderen Nummer eingetragen ist. Diese vom Bundesverwaltungsgericht im Erschließungsbeitragsrecht vertretene Rechtsansicht (vgl. etwa BVerwG, 12.12.1986 - 8 C 9.86 -, NVwZ 1987, 420) gilt auch für das Recht der leitungsgebundenen Anlagen (vgl. OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Für die von dem Antragsteller aufgeworfene Frage der beitragsrechtlich maßgeblichen Ausnutzbarkeit des Grundstückes, insbesondere die Frage, ob das gesamte Grundstück oder nur Teile baulich nutzbar sind, muss ebenfalls grundsätzlich die (gesamte) Fläche des im Bereich eines Bebauungsplanes nach § 30 BauGB oder vollständig im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB liegenden Buchgrundstückes betrachtet werden. Eine Unterteilung des Grundstückes nach verschiedenen Nutzungsarten (Bauland, Parkplatz, Grünfläche etc.) scheidet - von Ausnahmen abgesehen - aus. Für die Frage der Baulandeigenschaft des Grundstückes ist dessen gesamte Fläche einheitlich und nicht nach Grundstücksteilen getrennt zu betrachten, obgleich so gut wie nie die gesamte Fläche der baulichen (oder sonstwie beitragsrechtlich relevanten) Nutzung zugeführt werden bzw. voll überbaut werden darf. Denn die Zulässigkeit einer Bebauung setzt zumeist die Freihaltung erheblicher Grundstücksteile voraus, für die Ausführbarkeit eines Bauvorhabens muss daher in der Regel mehr an Fläche zur Verfügung stehen, als für die bauliche Anlage als solche benötigt wird. Baulinien, Baugrenzen, Abstands- und Anbauverbotsvorschriften sind für den Umfang der zu berücksichtigenden Grundstücksfläche ebenso ohne Belang wie bauplanungsrechtliche Festsetzungen von Grundstücksteilen als private Grünfläche (BVerwG, 29.11.1994 - 8 B 171/94 -, NVwZ 1995, 1215, 1216; vgl. Klausing in: Driehaus, a.a.O., § 8, Rn. 1029). Anderes gilt nur, wenn ein Grundstücksteil einer privaten Nutzung durch den Eigentümer - wie etwa bei der Festsetzung als öffentliche Grünfläche - schlechthin entzogen ist (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 8).

54

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass § 4 Abs. 2 g) TBS eine von diesen Maßstäben abweichende Regelung treffen will. Wird demnach ein im Gebiet eines qualifizierten Bebauungsplanes oder vollständig im Bereich nach § 34 BauGB liegendes baulich nutzbares Grundstück in Teilen auch "sonstig" i.S.v. § 4 Abs. 2 g) TBS genutzt, so bleibt es für die Frage der Baulandqualität bei der gesamten Grundstücksfläche. Nur wenn das Grundstück ausschließlich im in § 4 Abs. 2 g) TBS angesprochenen Sinne nutzbar ist oder im Bereich nach § 34 BauGB in dieser Weise genutzt wird, gilt der dort geregelte Maßstab für die "sonstige Nutzung". Ein Verstoß gegen das Vorteilsprinzip kann daher nicht gesehen werden.

55

k. § 4 Abs. 5 TBS ist nicht zu beanstanden. Die im Zusammenhang mit § 4 Abs. 3 und 4 TBS stehende Bestimmung lautet:

56

(Abs.3) Zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Maßes der Nutzung wird die Fläche nach Abs. 2 mit einem Vom-Hundert-Satz für jedes Vollgeschoss wie folgt bewertet:

a) für das erste Vollgeschoss 25 %,

b) für jedes weitere Vollgeschoss 20 % der Grundstücksfläche nach Absatz 2

57

(Abs. 4) Als Zahl der Vollgeschosse gilt:

a) soweit ein B-Plan besteht, die hier festgesetzte höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse,

b) soweit kein B-Plan besteht oder in einem B-Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt ist:

- bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse,

- bei genehmigten Vorhaben die Zahl der genehmigten Vollgeschosse,

- bei unbebauten Grundstücken die Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse.

58

(Abs. 5) Als Vollgeschoss gelten alle Geschosse, die nach den Vorschriften der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern Vollgeschosse sind. Bei Gebäuden, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden, müssen die Mindesthöhen gemäß der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern nicht erreicht werden.

59

Der Antragsteller hält § 4 Abs. 5 TBS für gleichheitswidrig, weil danach für Bauten, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, keine konkrete Regelung zur Geschosshöhe bestehe. Die Vorschrift sei daher unbestimmt, und es bliebe letztlich der Entscheidung des rechtsanwendenden Sachbearbeiters überlassen, wie die zahlreich vor 1994 errichteten Gebäude zu veranlagen seien. Eine derartige Unterscheidung zwischen vor und nach dem 30. April 1994 errichteten Bauten sei auch nur dann zulässig, wenn Altbauten auch mit geringerer Deckenhöhe als der Vollgeschossregelung für Neubauten generell weitgehender nutzbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Diesen Einwänden vermag der Senat nicht zu folgen.

60

§ 4 Abs. 5 TBS ist nicht unbestimmt. Einer Norm - auch einer Bestimmung in einer kommunalen Beitragssatzung - fehlt nicht deshalb die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit oder Klarheit, weil sie der Auslegung bedarf. Der Bestimmtheitsgrundsatz verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen. Normen müssen so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen können und die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Vorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren. Das Gebot der Bestimmtheit darf nicht übersteigert werden, weil die Normen sonst starr und kasuistisch würden und der Vielgestaltigkeit der Sachverhalte oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten. Es ist deshalb ausreichend, wenn der Norminhalt durch die anerkannten Auslegungsmethoden zweifelsfrei ermittelt werden kann. Dabei ist die Interpretation nicht durch den formalen Wortlaut der Norm begrenzt. Ausschlaggebend ist der objektive Wille des Gesetzgebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Gesetzestext einen Niederschlag gefunden hat (BayVerfGH, 22.06.2010 - Vf. 15-VII-09 -; juris; OVG Weimar, 18.12.2000 - 4 N 472/00 -, LKV 2001, 415ff; BVerwG, 14.12.1995 - 4 N 2/95 -, NVwZ-RR 1996, 429). Im Interesse der Normerhaltung kann eine Bestimmung nur dann für nichtig gehalten werden, wenn keine nach anerkannten Auslegungsregeln zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende, insbesondere den Gesamtzusammenhang der getroffenen Regelung mit berücksichtigende Auslegung möglich ist (BVerwG, 20.08.2003 - 6 CN 5/02 -, juris; 15.12.1993 - 6 C 20/92 -, BVerwGE 94, 352, 358).

61

Danach kann § 4 Abs. 5 TBS in einer Weise ausgelegt werden, die auch im Satzungstext hinreichend deutlich ihren Ausdruck findet. Die Vorschrift für unbestimmt zu halten oder anzunehmen, sie treffe für Bauwerke, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung errichtet worden sind, im Hinblick auf die Anforderungen an deren Geschosshöhen überhaupt keine Regelung, sodass der Rechtsanwender nicht mehr in der Lage sei zu erkennen, was der Satzungsgeber für diese Fälle bestimmt habe, geht fehl.

62

Der Sinn der Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS, wonach bei Gebäuden, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden, die Mindesthöhen nach der Landesbauordnung nicht eingehalten werden müssen, ist in ausreichend deutlicher Weise der Regelungssystematik des in § 4 Abs. 3 bis 5 TBS bestimmten Vollgeschossmaßstabes zu entnehmen. Zur Ermittlung der für den Anschlussbeitrag maßgeblichen Grundstücksfläche (§ 4 Abs. 1 TBS) ist die nach § 4 Abs. 2 TBS ermittelte Fläche nach § 4 Abs. 3 TBS für das erste Vollgeschoss mit 25% und für jedes weitere Vollgeschoss mit 20% zu bewerten. Nach § 4 Abs. 4 b) TBS gilt, soweit kein Bebauungsplan besteht oder in einem solchen Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt ist, bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse. Absatz 5 des § 4 TBS schließlich regelt, dass als Vollgeschoss alle Geschosse gelten, die nach den Vorschriften der Landesbauordnung Vollgeschosse sind. Das sind nach § 2 Abs. 6 LBauO v. 26. April 1994 (GVOBl. 1994, 518) Geschosse, die über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses oder, wenn kein darunterliegendes Geschoss vorhanden ist, zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben. Ähnliches gilt nach § 87 Abs. 2 LBauO v. 18. April 2006 (GVOBl. 2006, 102), wonach die Geschosse über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben müssen, was auch schon nach § 2 Abs. 4 Gesetz über die Bauordnung v. 20. Juli 1990 (Gesetzblatt Teil I 1990, 929) geltendes Recht war (vgl. zur Legaldefinition des Vollgeschosses OVG Greifswald, 11.10.2007 - 3 M 169/07 -, LKV 2008, 421).

63

Wenn der Satzungsgeber vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen anordnet, dass für die Bewertung von Gebäuden, die vor Inkrafttreten der den Beurteilungsmaßstab für Vollgeschosse enthaltenden Rechtsvorschrift errichtet worden sind, die Anforderungen dieser Vorschrift nicht gelten sollen, so ist dem ohne Weiteres der Sinn zu entnehmen, dass für diese Gebäude - was die Mindesthöhe der Geschosse anbelangt - ein weniger strenger Begriff des Vollgeschosses gelten soll. Denn ordnete die Satzung auch für solche früher errichtete Gebäude den Vollgeschossmaßstab nach der Landesbauordnung an, so könnte der Fall eintreten, dass ein solches Gebäude allein deshalb, weil seine Geschosshöhen die an ein "Vollgeschoss" zu stellenden Voraussetzungen nicht erfüllen mussten und nicht erfüllten, obwohl es wie ein neueres Gebäude mit nach der Landesbauordnung vorgeschriebenen Geschosshöhen genutzt wird, vorteilswidrigerweise zu gering oder überhaupt nicht veranlagt wird, weil es keine Vollgeschosse i.S.d. Landesbauordnung, sondern nur niedrigere Geschosse aufwiese. Die Regelung will demnach verhindern, "Altbauten" wegen der Maßgeblichkeit der Anzahl der Vollgeschosse besser zu stellen, wenn sie die für Vollgeschosse geltenden Mindesthöhen der Landesbauordnung nicht erreichen. Da der vom Maß der Nutzung abhängige wirtschaftliche Vorteil bei Vollgeschossen einerseits und bei Geschossen unterhalb der Vollgeschossigkeit andererseits annähernd gleich ist (OVG NW, 29.08.2000 - 15 A 4178/00 -, juris, Rn. 4) verstieße das - wenn es denn solche Gebäude im Verbandsgebiet gäbe - gegen das nach § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG geltende Vorteilsprinzip, wonach die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen sind.

64

§ 4 Abs. 5 Satz 2 TBS ist zu entnehmen, dass sich für früher errichtete Gebäude die Qualifizierung als für die Flächenberechnung (§ 4 Abs. 3 TBS) relevantes Geschoss nach den zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Anforderungen bestimmen soll. Dies findet in dem Satzteil "..., die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden,..." hinreichend Ausdruck. Eine andere sinnvolle Interpretation der Norm bietet sich nicht an. Insbesondere scheidet eine Deutung aus, die quasi am Buchstaben des § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS haftete. Bei einer solchen Interpretation müssten die Mindesthöhen der Landesbauordnung nur dann nicht eingehalten werden, wenn das Gebäude vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet worden ist. Das hieße, dass Gebäude, die unter Missachtung der seinerzeitigen rechtlichen Anforderungen errichtet worden sind, nicht unter die Freistellung von den Mindesthöhen nach der Landesbauordnung fielen mit der Folge, dass für sie der Vollgeschossbegriff der Landesbauordnung anzuwenden wäre. Dann könnten Grundstücke mit solchen "illegalen" Gebäuden mangels Erreichen der Mindestgeschosshöhe nicht in vorteilsgerechtem Maße oder sogar überhaupt nicht herangezogen werden. Dies widerspräche dem Willen des Satzungsgebers, möglichst vorteilsgerechte Ergebnisse auch bezüglich der "Altbauten" zu erzielen.

65

Die Bestimmung kann auch nicht - wie der Antragsteller unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts E-Stadt vom 22. Januar 2010 (- 8 A 1364/09 -, Urteilsabdruck, S. 6) meint - deshalb beanstandet werden, weil danach satzungsrechtliche Einschränkungen für die Anrechenbarkeit von Dachräumen mit schrägen Wänden fehlten und Altbauten deshalb ohne hinreichenden sachlichen Grund in höherem Maße als Neubauten zur Berechnung des Vorteils herangezogen würden. Diese Erwägung ist nicht zwingend. § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS befreit lediglich von der Geltung der für Vollgeschosse vorgesehenen Mindesthöhen. Das Kriterium nach den oben genannten Bestimmungen der verschiedenen Landesbauordnungen, wonach die Mindesthöhe auf zwei Dritteln der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses oder der eigenen Grundfläche des Geschosses (vgl. § 2 Abs. 6 LBauO 1994) vorliegen muss, wird von § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS nicht berührt. Somit gilt auch für Dachgeschosse älterer Gebäude, dass die seinerzeitigen Anforderungen an die Mindesthöhe von Vollgeschossen bzw. von nach der beitragsrechtlich relevanten Nutzung her nicht anders zu behandelnden "Geschossen" gleichermaßen wie für Dachgeschosse von Neubauten auf zwei Dritteln der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses vorliegen müssen. Ein Dachraum in einem unter Geltung der Deutschen Bauordnung (DBO) vom 2. Oktober 1958 errichteten Gebäude muss danach eine lichte Höhe von 2,20 m (vgl. §§ 93c, 366 Abs. 2 DBO) über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses haben, um als Vollgeschoss i.S.v. § 4 Abs. 3 bis 5 TBS zu zählen.

66

§ 4 Abs. 5 Satz 2 TBS verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Bestimmung schon vor Inkrafttreten der Landesbauordnung errichtete Gebäude von der Geltung der dort geregelten Mindesthöhen ausnimmt, obwohl auch nach dem zuvor geltenden Gesetz über die Bauordnung dieselbe Mindesthöhe einzuhalten war (so aber VG Greifswald, 28.04.2010 - 3 A 1398/07 -, Urteilsabdruck, S. 5 zu einer vergleichbaren Satzungsregelung). Wie oben ausgeführt ist nach § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS für ältere Gebäude hinsichtlich der Mindesthöhe der Räume das seinerzeitige Recht anzuwenden, sodass für unter Geltung des Gesetzes über die Bauordnung errichtete Gebäude ebenfalls die nach den späteren Fassungen der Landesbauordnung vorgesehene Mindesthöhe (2,30 m) zugrundezulegen ist. § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS bleibt insoweit ohne rechtliche Bedeutung.

67

Wenn § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS danach im Einzelfall eines älteren Gebäudes nicht einfache Fragen nach den früheren rechtlichen Anforderungen an die Errichtung baulicher Anlagen in Bezug auf die Mindesthöhe von Geschossen aufwerfen kann und sich sein Regelungsgehalt erst aufgrund einer Auslegung der Norm vollständig erschließt, so kann darunter womöglich eine reibungslose Anwendung der Bestimmung im Einzelfall leiden. Eine Unwirksamkeit der Norm und damit womöglich der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung lässt sich daraus aber nicht ableiten. Im Übrigen weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass die Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS nicht auf sämtliche vor 1994 errichtete Gebäude Anwendung findet, sondern sich ihre Geltung auf solche Gebäude beschränkt, deren Geschosse niedriger als 2,30 m sind.

68

l. § 6 Abs. 1 TBS verstößt zwar gegen § 7 Abs. 2 KAG, soweit neben dem Eigentümer des Grundstückes der zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigte als Beitragsschuldner bezeichnet wird. Dieser Fehler führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung. § 6 Abs. 1 TBS lautet:

69

"Beitragsschuldner ist, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstückes oder zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigter ist. Bei einem erbbaubelasteten Grundstück ist der Erbbauberechtigte an Stelle des Eigentümers Beitragsschuldner. Ist das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch belastet, so ist der Inhaber dieses Rechtes anstelle des Pflichtigen nach Satz 1 oder Satz 2 beitragspflichtig."

70

Damit bestimmt § 6 Abs. 1 TBS auch den zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigten zum Beitragspflichtigen, obwohl nach § 7 Abs. 2 Satz 1 KAG, von dem Sonderfall des Inhabers eines Gewerbebetriebes im Zusammenhang mit § 8 Abs. 7 KAG abgesehen, allein der Eigentümer des bevorteilten Grundstückes Beitragspflichtiger ist. Dieser wird nach § 7 Abs. 2 Satz 3 KAG nur im Falle eines erbbaubelasteten Grundstückes durch den Erbbauberechtigten als Beitragspflichtigen ersetzt und nach Satz 4 dieser Bestimmung im Falle der Belastung des Grundstückes mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Artikel 233 § 4 EGBGB durch den Inhaber dieses Rechts. Weitere dinglich Berechtigte scheiden nach den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes daher, anders als noch nach § 8 Abs. 10 KAG in der Fassung vom 1. Juni 1993, als Beitragspflichtige aus. § 6 Abs. 1 TBS geht unzulässigerweise darüber hinaus.

71

Dieser Fehler führt nicht zur Gesamtnichtigkeit der angegriffenen Trinkwasserbeitragssatzung. Zwar gehört die Bestimmung des Kreises der Abgabenschuldner zu dem in § 2 Abs. 1 KAG geregelten notwendigen Umfang einer Abgabensatzung. Hier ist aber § 6 Abs. 1 TBS trotz des angesprochenen Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 KAG nur teilnichtig, denn die Norm bleibt auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll, insbesondere umfasst der Restbestand der Bestimmung den von § 2 Abs. 1 KAG erforderten Mindestinhalt, und es ist anzunehmen, dass der Antragsgegner § 6 Abs. 1 TBS auch ohne den nichtigen Teil (Bestimmung des dinglich Berechtigten als Beitragspflichtigen) erlassen hätte (vgl. zu diesen Voraussetzungen BVerwG, 27.01.1978 - VII C 44.76 -, DVBl. 1978, 536, 537; Sauthoff in: Driehaus, KAG, Stand: März 2010, § 8 Rn. 1714; OVG Greifswald, 29.11.2001 - 1 M 66/01 -, NordÖR 2002, 81, 82; 02.06.2004, a.a.O.). Die letztgenannte Annahme wird auch nicht dadurch widerlegt, dass der Antragsgegner die fragliche Satzungsbestimmung im Laufe des Prozesses verteidigt hat. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass er § 6 Abs. 1 TBS mit einem dem Kommunalabgabengesetz entsprechenden Regelungsgehalt nicht erlassen hätte. Diese Annahme wäre nicht nur deshalb fernliegend, weil der Antragsgegner als Körperschaft des öffentlichen Rechts per se um den Erlass gesetzeskonformer Satzungen bemüht sein muss, sondern auch deshalb, weil es nach der in der mündlichen Verhandlung gegebenen Auskunft des Antragsgegners aus seiner Sicht im Verbandsgebiet Anwendungsfälle des "dinglich Berechtigten" neben den in § 6 Abs. 1 TBS erfassten Fallgruppen (Erbbauberechtigter, Inhaber des Rechts nach Art. 233 § 4 EGBGB) nicht geben soll. Daher ist dem Antragsgegner an dieser Stelle auch kein Regelungsbedürfnis zu unterstellen, das der Annahme widersprechen könnte, er hätte die Satzungsbestimmung auch ohne den zu beanstandenden Teil erlassen.

72

2. § 4 Abs. 2 d) TBS verstößt gegen höherrangiges Recht, soweit die hier geregelte Tiefenbegrenzungslinie bei grundsätzlich 50 m gezogen wird (a.). Dieser Verstoß führt zur Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregel und damit zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung (b.).

73

§ 4 Abs. 2 d) lautet:

74

Als Grundstücksfläche gilt:

… bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Dieser Abstand wird bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen...

75

a. Die Bestimmung regelt eine sogenannte qualifizierte Tiefenbegrenzung, denn sie gilt ausschließlich für Grundstücke, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich liegen, nicht jedoch (auch) für vollständig im Innenbereich liegende Grundstücke (sogenannte schlichte Tiefenbegrenzung). Eine Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht nach der Rechtsprechung des Senates grundsätzlich zulässig (vgl. OVG Greifswald, 15.03.1995 - 4 K 22/94 -, KStZ 1996, 114, 118; 13.11.2001 - 4 K 16/00 -, NVwZ-RR 2002, 687ff; 02.06.2004, a.a.O.). Daran hat sich mit Einführung von § 9 Abs. 5 KAG durch die Novellierung des Kommunalabgabengesetzes im Jahre 2005 nichts geändert. Ziel der Einführung dieser Bestimmung war es nicht, ein in der Rechtsprechung allgemein anerkanntes Rechtsinstitut auf nunmehr besonders geregelte Fälle einzuschränken. Vielmehr sollte dem Satzungsgeber zusätzlich die Möglichkeit an die Hand gegeben werden, für bebaute Grundstücke im baurechtlichen Innenbereich mit einem überdurchschnittlich großen nicht bebauten Grundstücksteil aus abgabenpolitischen Gründen eine Flächenbegrenzung vorzusehen (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 4/1307, S. 49/50; dazu Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 10).

76

Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Die damit verbundene und im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen allgemein als zulässig angesehene Pauschalierung wirkt sich in Einzelfällen mehr oder weniger zu Lasten einzelner Beitragspflichtiger aus. Eine Tiefenbegrenzung findet gerade im Anschlussbeitragsrecht ihre Rechtfertigung darin, dass im Rahmen der Beitragskalkulation die Ermittlung der Gesamtbeitragsfläche erforderlich ist, die auf metrische Festlegungen angewiesen ist. Dadurch gewinnt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität und -vereinfachung besondere Bedeutung. Ohne Tiefenbegrenzung müsste gegebenenfalls eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegender unbeplanten Grundstücke trotz verbleibender Unsicherheiten in der Abgrenzung des Innenbereichs angestellt werden. Die Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität stehen im Spannungsfeld mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG). Danach sind die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen. Die Vorteile bestehen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, für die die Beiträge erhoben werden (vgl. dazu eingehend OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Da eine exakte Bemessung der Vorteile in der Praxis mit einem nicht akzeptablen Aufwand verbunden wäre, sind Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe anerkannt, insbesondere ist es zulässig, Vorteile nach einem - wie in § 4 Abs. 1 TBS geregelten - kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu bemessen (vgl. BVerwG, 26.07.1993 - 8 B 85/93 -, juris, Rn. 3). Nach diesem Maßstab ist die Größe der bevorteilten Fläche des Grundstückes ein wesentlicher Faktor zur Errechnung des auf das Grundstück entfallenden Beitrages. Je größer die Fläche des Grundstückes bzw. bei Grundstücken im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich der im Innenbereich liegende (bebaubare) Teil des Grundstückes ist, desto größer ist im Prinzip der zu leistende Beitrag. Dieser Zusammenhang ist bei der Normierung einer Tiefenbegrenzung zu beachten. Denn läge bei exakter Betrachtung des einzelnen Grundstückes die Grenze des baurechtlichen Innenbereiches (§ 34 Abs. 1 BauGB) vor (straßenseits) der Tiefenbegrenzungslinie, so würde der Eigentümer des Grundstückes - aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität grundsätzlich zulässigerweise - höher belastet als es ohne eine Tiefenbegrenzungsregelung der Fall wäre. Gleichermaßen würde derjenige Grundstückseigentümer, dessen Grundstück ohne die Vermutung der Tiefenbegrenzung erst jenseits der Tiefenlinie in den Außenbereich überginge, besser gestellt als ohne Geltung der Tiefenbegrenzungslinie.

77

Die Bestimmung einer Tiefenbegrenzungslinie hat sich daher zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt - wenn eine solche ermittelbar ist - die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 39). Der Senat hat daher in seiner bisherigen Rechtsprechung durchweg darauf abgestellt, ob sich die gewählte Tiefenlinie als ortsangemessen darstellt bzw. den örtlichen Verhältnissen entspricht (15.11.2000, - 4 K 8/99 -, a.a.O.; 13.11.2001, - 4 K 16/00 -, a.a.O.; 02.06.2004, - 4 K 38/02 -, a.a.O.; vgl. auch OVG Greifswald, 29.11.2001, - 1 M 66/01 -,a.a.O.). Dies stimmt mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts im Erschließungsbeitragsrecht an die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung überein. Danach muss die gewählte Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren (BVerwG, 01.09.2004 - 9 C 15/03 -, BVerwGE 121, 365, 369). Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu (BVerwG, 30.07.1976 - IV C 65.74 -, DÖV 1977, 247; OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 43). Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln (OVG Greifswald, 15.03.1995, a.a.O.; 15.11.2000, a.a.O.; 13.11.2001, a.a.O.; 20.11.2003, a.a.O.; 27.08.2008 - 1 L 155/06 -, n.v.). Die Ergebnisse dieser Ermittlung sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden (vgl. Erläuterungen zu den Gemeinsamen Satzungsmustern des Städte- und Gemeindetages M-V e.V. und des Innenministeriums M-V über Beiträge und Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung und die zentrale Niederschlagswasserbeseitigung, Anm. 10, abgedruckt bei Aussprung, a.a.O., KAG-Anhang 7.3). Das Normenkontrollgericht hat die Ermessensausübung durch den Satzungsgeber nur auf deren Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen zu überprüfen, darf jedoch keine eigene Entscheidung an die Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung setzen (OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.).

78

Hier hat der Antragsgegner die Anforderungen an eine solche sorgfältige Ermittlung der örtlichen Verhältnisse im Verbandsgebiet grundsätzlich erfüllt. Der Senat hält insbesondere die von dem Antragsgegner angestellte Ermittlung der örtlichen Verhältnisse begrenzt auf repräsentativ ausgewählten Ortslagen für zulässig. Müsste der Ortsgesetzgeber die tatsächlichen Bebauungstiefen in allen Ortslagen des Verbandsgebietes untersuchen, verlöre die Tiefenbegrenzung als Instrument zur Verwaltungsvereinfachung ihre Berechtigung, denn dann würden die Grundstücksdaten, die aufgrund der Tiefenbegrenzungsregel nicht sollen erhoben werden müssen, schon für die Bildung der Regel benötigt (vgl. Bloemenkamp in: Driehaus, KAG, Stand: März 2010, § 8, Rn. 1464). Auf welche Weise der Satzungsgeber die ortsüblichen Verhältnisse zu ermitteln hat, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Auch dies liegt in seinem Ermessen. Dass er dabei von zutreffenden tatsächlichen Umständen wie etwa der richtigen Anzahl der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Ortslagen auszugehen hat, bedarf keiner näheren Ausführungen.

79

Der Antragsgegner hat sodann jedoch die Tiefenbegrenzung nicht nach diesen Ermittlungen bestimmt, sondern die gewonnenen Ergebnisse mit im vorliegenden Zusammenhang rechtlich nicht zutreffenden Erfordernissen des auch im Abgabenrecht geltenden Grundsatzes der Typengerechtigkeit kombiniert. Damit hat er sich von seinen Daten über die ortsübliche Bebauungstiefe der vom Innen- in den Außenbereich übergehenden Grundstücke aufgrund eines hier nicht maßgeblichen Kriteriums entfernt und insoweit die Tiefenbegrenzungslinie nicht nach dem Maßstab von § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG, Art. 3 Abs. 1 GG rechtsfehlerfrei festgesetzt.

80

Der Grundsatz der Typengerechtigkeit dient der Erhaltung der dem Normgeber im Abgabenrecht in Bezug auf das Gleichbehandlungsgebot eingeräumten Gestaltungsfreiheit. Danach ist es ihm gestattet, bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben. Dabei stellt das Auftreten solcher abweichenden Einzelfälle die Entscheidung des Normgebers nicht in Frage, solange nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen. Der Grundsatz der Typengerechtigkeit bewahrt damit die im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität getroffene Entscheidung des Normgebers für einen bestimmten "Regelungstypus" davor, durch das Auftreten von Einzelfällen, die der Regelung unterfallen, dem Typus aber widersprechen, in Frage gestellt zu werden (BVerwG, 30.04.2009 - 9 B 60/08 -, Buchholz 401.9, Nr. 57; 01.08.1986 - 8 C 112/84 -, NVwZ 1987, 231, 232; 19.09.1983 - 8 N 1/83 -, BVerwGE 68, 36, 41; vgl. zum Grundsatz der Typengerechtigkeit, Schoch, Der Gleichheitssatz, DVBl. 1988, 863, 879).

81

Der Antragsgegner hat nach dem Inhalt seiner der Beschlussvorlage Nr. 09-1/2007 beigefügten Dokumentation der Ermessenserwägungen zur Ermittlung der Tiefenbegrenzung und der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, der Dokumentation seinerzeit ebenfalls beigefügten Excel-Tabelle festgestellt, dass 77% der in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke im Übergangsbereich vom Innen- in den Außenbereich kleiner oder gleich 40 Meter tief und 84% der Grundstücke kleiner oder gleich 45 Meter tief bebaut sind. Den weiteren Angaben ist zu entnehmen, dass danach nicht nur 7% aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke eine Bebauungstiefe von 40 bis 45 Metern aufwiesen, sondern auch nur 9 % eine Tiefe von 45 bis 50 Metern und 7% eine über 50 Meter hinausreichende Bebauungstiefe. Die Tiefenbegrenzungslinie hat er daraufhin in einem Abstand von 50 Meter gezogen, da dies – wie er meinte - nur dann willkürfrei geschehen könne, wenn die ermittelten örtlichen Verhältnisse belegten, dass die Grundstücke im unbeplanten Übergangsbereich mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzungslinie die Ausnahme, d.h. weniger als 10% der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Grundstücke, darstellten. Nur dann stehe die Ungleichbehandlung in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen der Typisierung. Betrage die Anzahl der übertiefen Grundstücke mehr als 10%, so lasse sich die Einführung einer Tiefenbegrenzung nicht mehr auf den Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität stützen.

82

Diese Auffassung führt zu unzutreffenden Ergebnissen. Die Anwendung der Regel auf die Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie, wonach nicht mehr als 10% der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen dürfen, bedingt bereits eine vorteils- und gleichheitswidrige Tiefenbegrenzungsregelung, wenn der Satzungsgeber allein die Grundstücke mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzung im Blick hat. Eine solche Vorgehensweise übersieht, dass nicht nur die bei exakter Einzelfallbetrachtung der örtlichen Grundstücksverhältnisse jenseits der Linie noch Baulandqualität aufweisenden Grundstücke "dem Typ" widersprechen. Auf die Grundstücke, deren Baulandeigenschaft bei genauer Betrachtung schon diesseits der Linie endet, trifft dies ebenso zu. Je weiter der Ortsgesetzgeber die Tiefenlinie in Richtung des Außenbereiches verlegt, desto geringer wird zwar die Anzahl der Grundstücke mit tieferer Bebaubarkeit, umso größer aber die Anzahl derer, deren Bebaubarkeit eigentlich schon eher (diesseits der Linie) endet. Auch diese Fälle widersprechen im Sinne des Grundsatzes der Typengerechtigkeit dem generalisierend normierten Regelfall. Die Zahl der von der Regel abweichenden Fälle kann durch ein Verschieben der Linie weg von den tatsächlich ermittelten Bebauungstiefeergebnissen daher nicht verringert werden. Geschieht dies - wie im vorliegenden Fall - dennoch, so geht dies zu Lasten der Eigentümer von Grundstücken mit geringerer Bebauungstiefe. Das im Übergangsbereich gelegene Grundstück, das bei exakter Betrachtung beispielsweise nur bis zur Tiefe von 35 Metern Baulandqualität hat, würde bei einer entsprechend einer ortsüblichen Bebauungstiefe im Verbandsgebiet von (angenommen) 40 Metern verlaufenden Tiefenbegrenzung - zulässigerweise pauschalierend - so behandelt, als wenn es fünf Meter tiefer Baulandqualität hätte. Bei einem Hinausschieben der Tiefenlinie auf 50 Meter verdreifachte sich aber bereits die beitragspflichtige Fläche, die bei genauer Grundstücksbetrachtung ohne Tiefenbegrenzungsregelung für die Bemessung des Beitrages überhaupt nicht angerechnet würde. Weicht der Satzungsgeber von dem aus Verwaltungsvereinfachungsgründen zulässigen Kriterium der ortsüblichen bzw. typischen Bebauungstiefe ab und gelangt so zu einem abweichenden Verlauf der Tiefenlinie, so entfernt er sich damit ohne vertretbaren Grund von dem wegen des Vorteilsprinzips (§ 7 Abs. 1 Satz 2 KAG) und aus Gründen der Gleichbehandlung bestehenden Erfordernis einer realitätsnahen Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen.

83

Die Anwendung der als Begrenzung des Grundsatzes der Typengerechtigkeit aufgestellten Quantifizierungsregel von höchstens 10% zulässiger Ausnahmefälle auf die Ermittlung der Tiefenbegrenzung erscheint aber auch grundsätzlich als unzutreffend. Die erforderliche Orientierung der Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung (BVerwG, 01.09.2004, a.a.O.) enthält bereits den entscheidenden Zulässigkeitsmaßstab der Pauschalierung und schließt die Anwendung der "10%-Regel" aus. Der Maßstab der ortsüblichen bzw. -angemessenen Bebauungstiefe greift weiter als das mit 90% und 10% quantifizierte Regel-Ausnahmeverhältnis. Ortsüblich ist die Bebauungstiefe, die im zu betrachtenden Gebiet üblich i.S.v. normal, geläufig, verbreitet oder in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffen ist (vgl. Bloemenkamp, a.a.O., Rn. 1464). Dafür ist nicht erforderlich, dass sie in mindestens 90% der Fälle auftritt. Dies würde wegen der unterschiedlichen Verteilung der die einzelnen Grundstücke betreffenden Bebauungstiefen wohl auch zumeist zur Unanwendbarkeit der Tiefenbegrenzung führen. Denn schon sobald sich die Streubreite der tatsächlich anzutreffenden Bebauungstiefen ausgehend von der festgesetzten Tiefenbegrenzungslinie um mehr als 5% nach oben und unten erstreckte, wäre die Höchstgrenze von 10% überschritten. Es ist - wie zuvor ausgeführt - anerkannt, dass sich die Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren muss. Die Begriffe "ortsüblich" und "orientieren" bringen mit der ihnen inbegriffenen Unschärfe zum Ausdruck, dass es nicht um die Ermittlung einer exakt zu berechnenden Größe geht, von der nur zu bestimmten Prozentanteilen abgewichen werden darf. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt vielmehr schon voraus, dass es daneben eine nicht nur geringe Anzahl von Grundstücken mit im Gebiet nicht üblichen Bebauungstiefen geben muss, die nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen muss. Aus all dem folgt, dass für die Annahme der Ortsüblichkeit ausreichend eine zahlenmäßig hinreichend große Gruppe von Grundstücken ist, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, so dass von einer üblichen Tiefe gesprochen werden kann (vgl. dazu Bloemenkamp, a.a.O.). Der Senat hätte keine Bedenken, dies in dem vorliegenden Fall etwa für die Gruppe der bis zu 40 m tief bebauten Grundstücke anzunehmen, für die der Antragsgegner den Wert von immerhin 77% aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke bei einer durchschnittlichen Bebauungstiefe aller Grundstücke von 34,85 m ermittelt hat.

84

Die bisherige Rechtsprechung des mit dem Abgabenrecht befassten 1. Senates steht dazu nicht im Widerspruch. Soweit er sich bislang zu Fragen der Tiefenbegrenzung in Verbindung mit dem Grundsatz der Typengerechtigkeit geäußert hat (04.12.2007 - 1 M 27/07 -, n.v.), ist das allein in dem Zusammenhang geschehen, dass eine im erstinstanzlichen Verfahren von dem Verwaltungsgericht festgestellte Kollision der festgesetzten Tiefenbegrenzung mit der "10%-Regel" nach Überarbeitung der Kalkulation durch den Zweckverband im Beschwerdeverfahren nicht mehr festgestellt werden konnte. Eine Aussage über die Anwendbarkeit dieser Quantifizierung im Zusammenhang mit der Tiefenbegrenzung ist damit entgegen anderslautender Einschätzung in der Kommentarliteratur (vgl. Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 4.3) nicht verbunden gewesen.

85

Der Senat hat dennoch erwogen, die vorliegend festgelegte Tiefenbegrenzungslinie von 50 Metern für ermessensgerecht zu erachten, weil bei Abgrenzung des Innen- vom Außenbereich zu berücksichtigen sein mag, dass der Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht unbedingt mit der Außenwand der letzten Baulichkeit enden muss, sondern je nach den örtlichen Gegebenheiten etwa noch einen Hausgarten einschließen kann (bauakzessorische Nutzung) und auch topographische Verhältnisse dabei eine prägende Rolle spielen können (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, § 34, Rn. 25f; Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 7. Aufl., § 34, Rn. 14). Der Senat sieht sich jedoch gehindert, die hier getroffene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung von 50 Metern aufgrund dieser Überlegungen für fehlerfrei zu halten. Der Antragsgegner hat ausweislich seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen diesen Gesichtspunkt bei der Festlegung der Tiefengrenze selbst nicht mit einbezogen, sondern allein die hintere Begrenzung des letzten nach seiner Einschätzung für einen Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB relevanten Gebäudes ausschlaggebend sein lassen. Allein danach und nach der Eingruppierung in derart definierte Tiefengruppen („Grenzwerte“ von 40,45 und 50 Metern) hat er die ortsübliche Bebauungstiefe ermittelt. Der Senat müsste damit an die Stelle der ortsgesetzgeberischen Ermessensentscheidung des Antragsgegners eine eigene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung setzen; dies ist ihm jedoch verwehrt. Außerdem erforderte eine Berücksichtigung dieser Umstände womöglich eine weitere Ermittlung der örtlichen Verhältnisse, weil das Ziehen der Grenze zwischen dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil und dem Außenbereich grundsätzlich eine Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhaltes erfordert (BVerwG, 06.11.1968 – IV C 2.66 -, BVerwGE 31, 20, 21).

86

b. Der danach festzustellende Verstoß von § 4 Abs. 2 d) TBS gegen den Vorteilsgrundsatz (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG) und das Gleichbehandlungsprinzip führt zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung.

87

Die Normierung einer Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht zwar nicht vorgeschrieben. Ihre Anordnung steht vielmehr im Ermessen des Ortsgesetzgebers. Fehlt sie, sind in jedem Einzelfall die örtlichen Grundstücksverhältnisse zu betrachten und der Kalkulation des Beitragssatzes sowie der Heranziehung des einzelnen Grundstückseigentümers zugrundezulegen. Dies kann dazu führen, dass eine Kanalbaubeitragssatzung trotz festgestellter Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzung fortbesteht.

88

Hier ist eine Fortgeltung der Trinkwasserbeitragssatzung trotz Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregelung nach § 4 Abs. 2 d) TBS jedoch ausgeschlossen. Die Ungültigkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung schlägt nur dann nicht auf die gesamte Regelung mit der Folge der Gesamtnichtigkeit durch, wenn die Restbestimmungen auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleiben und mit Sicherheit anzunehmen ist, daß sie auch ohne diesen erlassen worden wären (BVerwG, 27.01.1978, a.a.O.). Vorliegend sind beide Voraussetzungen nicht gegeben.

89

§ 4 Abs. 2 d) TBS könnte ohne die Regelung über die Tiefenbegrenzung nicht fortbestehen, weil dann bei Grundstücken im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich als Grundstücksfläche die Gesamtfläche des Grundstücks zählen würde. Dies wäre vorteilswidrig, weil dann auch die einer Bebauung entzogene Außenbereichsfläche mitgerechnet würde. Betrachtete man deshalb die gesamte Regelung unter § 4 Abs. 2 d) TBS als nichtig, so fehlte dem Beitragsmaßstab eine Regelung über die anrechenbare Grundstücksfläche von solchen Übergangsgrundstücken. Da im Verbandsgebiet zahlreiche Grundstücke dieser Art existieren, wäre die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG unabdingbare Bestimmung des Beitragsmaßstabes wegen des im Anschlussbeitragsrecht geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit (vgl. OVG Greifswald, 30.06.2004, a.a.O., juris, Rn. 91) zu beanstanden. Darüber hinaus würde sich die Unwirksamkeit von § 4 Abs. 2 d) TBS auf den Bestand weiterer Satzungsbestimmungen auswirken [(§ 4 Abs. 2 e) und f)], die auf diese Bestimmung Bezug nehmen.

90

Eine isolierte Nichtigkeit der Tiefenbegrenzungsregelung bei Fortbestand der weiteren Satzungsbestimmungen scheidet auch deshalb aus, weil sie nicht dem Willen des Satzungsgebers entspräche. Nach seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen waren Vorstand und Verbandsvorsteher zu dem Ergebnis gekommen, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität eine Vermutungsregel in Form einer Tiefenbegrenzung aufgestellt und keine konkreten Einzelabgrenzungen von Innen- und Außenbereichsflächen vorgenommen werden sollten. Denn eine ohne Tiefenbegrenzungsregel erforderliche einzelfallbezogene Abgrenzung von Innenbereichs- und Außenbereichsflächen wäre sehr zeit- und kostenaufwändig.

91

Danach würde dem Antragsgegner bei Annahme der alleinigen Nichtigkeit von § 4 Abs. 2 d) TBS eine Beitragssatzung aufgenötigt, die dieser ausdrücklich so nicht erlassen wollte. Somit musste der Senat die gesamte Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners für unwirksam erklären.

92

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

93

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

1. Der Bescheid vom 16.11.2009 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 17.03.2010 wird insoweit aufgehoben, als die Festsetzung den Betrag von 4.271,85 Euro übersteigt.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks G1 in einer Größe von 1.013 m². Das im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 65 „Grimmer Straße“ gelegene Grundstück ist als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen. Des Weiteren weist der Bebauungsplan auf dem Grundstück eine 150 m² große Fläche aus, die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zu Gunsten der Anlieger und Ver- und Entsorgungsträger zu belasten ist. Es grenzt an die Grimmer Straße und ist mit einem dreigeschossigen Hauptgebäude sowie einem eingeschossigen Nebengebäude nebst zweigeschossigem Anbau bebaut. Das Hauptgebäude wird zu Wohnzwecken genutzt. Das Nebengebäude sowie das Obergeschoss des Anbaus werden gewerblich genutzt. Im Erdgeschoss des Anbaus befinden sich der Sanitärbereich des Gewerbebetriebes sowie zwei Garagen und ein Lagerraum.

3

Mit Endbescheid 16.11.2009 zog der Beklagte den Kläger zu einem Straßenausbaubeitrag i.H.v. 6.485,45 EUR für die Straßenausbaumaßnahme Grimmer Straße in dem Abschnitt zwischen der Einmündung der Straße neben dem Gebäude Grimmer Straße 4-6 (Einkaufsmarkt) und der Einmündung der Straße Mühlenweg heran. Dabei zog er von der Grundstücksfläche die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zu belastenden Fläche ab, multiplizierte die Restfläche von 863 m² mit dem Faktor für eine dreigeschossige Bebauung (1,5) und dem Faktor für den gewerblichen Artzuschlag (1,5). Gegen die Berücksichtigung des zuletzt genannten Faktors wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 16.12.2009, der vom Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17.03.2010 als unbegründet zurückgewiesen worden ist.

4

Am 16.04.2010 hat der Kläger Anfechtungsklage erhoben. Er ist der Auffassung, die Berücksichtigung des gewerblichen Artzuschlages sei fehlerhaft. Das Grundstück weise eine Gesamtgeschossfläche von 684,51 m² auf. Davon werde eine Geschossfläche von 219,09 m² gewerblich genutzt. Der gewerblich genutzte Teil der Gesamtgeschossfläche erreiche die von der Rechtsprechung geforderte Grenze von einem Drittel nicht.

5

Der Kläger beantragt,

6

den Bescheid des Beklagten vom 16.11.2009 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 17.03.2010 insoweit aufzuheben, als die Festsetzung den Betrag von 4.271,85 EUR übersteigt.

7

Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Der Kammer haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Klage ist auch begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO), so dass er im Umfang der Anfechtung aufzuheben ist.

11

Ihm fehlt die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage, denn die Satzung der Hansestadt Greifswald über die Erhebung von Beiträgen für den Bau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenausbaubeitragssatzung - SABS) vom 02.11.2000 i.d.F. der ersten Änderungssatzung vom 06.05.2009 ist nichtig. Die Maßstabsregelung über den gewerblichen Artzuschlag in § 5 Abs. 5 SABS verstößt gegen das Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V) und ist daher unwirksam. Dies hat die Gesamtnichtigkeit der Satzung zur Folge, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V. Soweit das Gericht in früheren Entscheidungen von der Wirksamkeit der Straßenausbaubeitragssatzung ausgegangen ist (zuletzt: Urt. v.09.02.2011 – 3 A 505/10), wird daran nicht mehr festgehalten.

12

§ 5 Abs. 5 SABS bestimmt, dass zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Art der Nutzung die nach Abs. 3 ermittelte Fläche mit 1,5 vervielfacht wird, wenn das Grundstück innerhalb eines tatsächlich bestehenden (§ 34 Abs. 2 BauGB) oder durch Bebauungsplan ausgewiesenen Wohngebiets (§§ 3, 4, 4a BaunutzungsverordnungBauNVO), Dorfgebietes (§ 5 BauNVO) oder Mischgebietes (§ 6 BauNVO) oder ohne entsprechende Gebietsfestsetzung innerhalb eines Bebauungsplanes gewerblich oder in einer der gewerblichen Nutzung ähnlichen Weise (z.B. Verwaltungs-, Schul-, Post, Bahnhofsgebäude, Parkhaus, Praxen für freie Berufe, Museen) genutzt wird.

13

Der so genannte Artzuschlag resultiert aus dem dem Vorteilsprinzip innewohnenden Differenzierungsgebot. Er trägt den Verschiedenheiten in der Art der baulichen oder sonst beitragserheblichen Nutzung Rechnung. Gewerbliche und dem Gewerbe vergleichbare Nutzungen schöpfen regelmäßig aufgrund des durch sie typischerweise verursachten verstärkten Ziel- und Quellverkehrs aus einer Straße einen größeren Vorteil als eine Wohnnutzung. § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V schreibt zwar nicht vor, in welcher Weise die unterschiedliche Nutzungsart im Vergleich zum Nutzungsmaß beitragsrechtlich zu bewerten ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Vorschrift dem Ortsgesetzgeber für die Berücksichtigung der Nutzungsart im Verteilungsmaßstab ein weitgehendes (Bewertungs-) Ermessen einräumt. Die Ausübung dieses Ermessens ist jedoch durch das Vorteilsprinzip eingeschränkt (vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht: VGH München, Urt. v. 08.04.2008 – 6 B 05.1276 – juris Rn. 37).

14

Anknüpfungspunkt für den Artzuschlag ist der durch die gewerbliche Nutzung vermehrte Vorteil aufgrund der im Vergleich zur Wohnnutzung typischerweise deutlich intensiveren Inanspruchnahme einer Straße. Zwar ist nicht von Bedeutung, welchen Charakter das Gewerbe und welchen Umfang der von der Nutzung ausgelöste Verkehr im jeweiligen Einzelfall hat. Um den Typus Gewerbe von dem Typus Wohnen noch unterscheiden zu können, muss jedoch bei gemischt genutzten Grundstücken oder Gebäuden die gewerbliche Nutzung im Verhältnis zur Wohnnutzung ein gewisses Gewicht haben. Je geringer der gewerbliche Nutzungsanteil an einem Grundstück bzw. Gebäude ist, desto geringer wird erfahrungsgemäß der dadurch ausgelöste Verkehr und damit der Vorteil durch die Verkehrsanlage sein. Wenn der gewerbliche Nutzungsanteil nahezu gegen Null gehen kann, ist ein vermehrter Vorteil im Vergleich zur Wohnnutzung nicht mehr erkennbar, die Grenzen werden verwischt. Dass der Artzuschlag die Nutzungsfaktoren erhöht, Art und Maß der baulichen Nutzung also aneinander koppelt, verstärkt den Effekt (VGH München a.a.O.).

15

Den daraus folgenden Anforderungen wird § 5 Abs. 5 SABS nicht gerecht. Die Vorschrift normiert für den Artzuschlag keine Untergrenze für den gewerblichen Nutzungsanteil. Der Artzuschlag ist daher immer zu berücksichtigen, wenn das von der Vorschrift erfasste Grundstück gewerblich oder in einer der gewerblichen Nutzung vergleichbaren Weise genutzt wird. Dies führt dazu, dass Grundstücke, die in geringstem Umfang gewerblich genutzt werden, mit Grundstücken gleichbehandelt werden, die von einer ausschließlichen gewerblichen Nutzung geprägt sind. Damit verstößt die Regelung jedenfalls dann gegen das Differenzierungsgebot, wenn der Zuschlag – wie hier – 50 v.H. beträgt. Daraus folgt zwar nicht, dass die Satzung bei gemischt genutzten Grundstücken erst bei einer überwiegenden gewerblichen Nutzung eine Belastung mit dem grundstücksbezogenen Artzuschlag vorsehen darf. Die entsprechende Grenze kann auch niedriger festgesetzt werden. So ist eine Regelung unbedenklich, nach der die Belastung mit einem Artzuschlag einsetzen soll, wenn mehr als ein Drittel der vorhandenen bzw. zulässigen Gebäudeflächen tatsächlich gewerblich genutzt werden (VGH München, Beschl. v. 08.02.2010 – 6 ZB 08.2719 – juris Rn. 6; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 18 Rn. 66 m.w.N.). Die Kammer lässt offen, ob die Grenze noch niedriger bestimmt werden kann. Maßgeblich ist allein, dass in der Satzung die Anwendung des gewerblichen Artzuschlages in den Fällen geringfügiger gewerblicher oder einer geringfügig der gewerblichen Nutzung vergleichbaren Nutzung ausschließt. Hieran fehlt es vorliegend jedoch.

16

Gegenteiliges folgt entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht aus dem Urteil des OVG Schleswig vom 11.02.1998 (- 2 L 79/96 – juris Rn. 47). Zwar hat das Gericht eine Bestimmung nicht beanstandet, wonach der Zuschlag bereits dann fällig ist, wenn ein Grundstück außerhalb von Gewerbe- und Industriegebieten liegt und nicht ausschließlich reinen Wohnzwecken dient. Dies führt dazu, dass der Zuschlag auch bereits bei einer ganz geringfügigen gewerblichen Nutzung eingreift. Nach Auffassung des OVG Schleswig dürfte dies aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zulässig sein, solange ein Zuschlag von nicht mehr als 25 v.H. gewählt wird. Diese Erwägung trifft auf den vorliegenden Fall nicht zu, da § 5 Abs. 5 SABS den Faktor 1,5 enthält und der Artzuschlag daher bei 50 v.H. liegt.

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.

(2) Zulässig sind

1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten,
3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe,
4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen,
6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter,
7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen,
2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.

(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Straßenbaubeiträgen.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Flurstücke G1 (1.316 m²) sowie des südlich angrenzenden Grundstücks Flurstück G2 (1.317 m²). Auf dem Flurstück G1 betreibt der Kläger die Pension „R.“. Auf dem Flurstück G2 sind Stellplätze für Pensionsgäste angelegt.

3

Die Grundstücke liegen zwischen der nördlich verlaufenden Gemeindestraße „N.“, an die das Flurstück G1 angrenzt und der südlich verlaufenden Gemeindestraße „P.“, an die das Flurstück G2 angrenzt. Östlich des östlich gelegenen Nachbargrundstücks Flurstück 46 mündet die „P.“ in die „N.“ ein.

4

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2010 zog der Beklagte den Kläger für den Ausbau der P. (1. BA) zu einem Straßenausbaubeitrag für das – aus Sicht der „P.“ – Hinterliegergrundstück Flurstück G1 i.H.v. 1.640,11 EUR heran. Die hiergegen vom Kläger zum Az. 3 A 1741/12 erhobene Anfechtungsklage wies das erkennende Gericht mit Urteil vom 13. September 2013 ab. Mit Urteil vom 5. November 2014 (– 1 L 220/14 –) wies das OVG Greifswald die Berufung des Klägers zurück. Das Urteil ist rechtskräftig.

5

Im Jahre 2011 ließ die Gemeinde Wieck am Darß die Straße „N.“ ausbauen. Ursprünglich wies die Verkehrsanlage als Fahrbahnbefestigung eine Schotterdecke auf. Eine Straßenbeleuchtung war vorhanden. Eine Straßenentwässerung fehlte. Ein Gehweg war nicht durchgehend vorhanden. Im Zuge der Baumaßnahme erhielt die „N.“ eine Fahrbahn mit einem den anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Unterbau sowie einer Asphaltdecke. Eine Straßenentwässerung wurde angelegt, die Straßenbeleuchtung den Regeln der Technik entsprechend erneuert. Der für die Durchführung der Maßnahme erforderliche Grunderwerb ist noch nicht abgeschlossen.

6

Mit Bescheiden vom 7. Dezember 2012 zog der Beklagte den Kläger für die Grundstücke Flurstücke G1 und G2 zu Vorausleistungen (100 v.H. des voraussichtlichen Beitrages) auf den Straßenausbaubeitrag i.H.v. 2.213,13 EUR bzw. 982,87 EUR heran, wobei er die „N.“ als Innerortsstraße einstufte und für das Flurstück G1 – anders als für das Flurstück G2 – einen nutzungsbezogenen gewerblichen Artzuschlag und keine „Eckgrundstücksvergünstigung berücksichtigte. Die Widersprüche des Klägers gegen die Vorausleistungsbescheide wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 16. Oktober 2013 – zugestellt am 24. Oktober 2013 – zurück.

7

Am Montag, den 25. November 2013 hat der Kläger zu den Az. 3 A 1107/13 und 3 A 1108/13 Anfechtungsklagen erhoben, die das Gericht mit Beschluss vom 8. April 2015 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des erstgenannten Verfahrens verbunden hat.

8

Der Kläger ist der Auffassung, seine Heranziehung sei rechtswidrig. Es liege keine beitragsfähige Verbesserung der „N.“ vor. Vor der Durchführung der Baumaßnahme habe in der Straße ein Gehweg existiert, der nunmehr weggefallen sei. Damit sei eine Verschlechterung eingetreten.

9

Das Grundstück Flurstück G2 sei von der abgerechneten Maßnahme nicht bevorteilt, da es nicht an die „N.“ angrenze. Eine tatsächliche Zufahrt zu dieser Straße existiere nicht. Das Grundstück sei allein auf die „P.“ ausgerichtet. Das Grundstück Flurstück G1 grenze zwar an die ausgebaute Anlage an. Es sei jedoch bereits als Hinterliegergrundstück für den Ausbau der „P.“ beitragspflichtig. Mit der Erhebung der Vorausleistung für den Ausbau der „N.“ erfolge eine ungerechtfertigte Doppelbelastung. Zudem hätte auch für das Grundstück Flurstück G1 eine Ermäßigung wegen der Mehrfacherschließung erfolgen müssen.

10

Im Übrigen stünden dem Kläger Schadenersatzansprüche zu, mit denen er hilfsweise die Aufrechnung erkläre. Die Gemeinde Wieck am Darß habe es unterlassen, den Grünstreifen (Seitenstreifen) wieder herzustellen. Dies sei erst durch den Kläger veranlasst worden, wobei ihm Kosten i.H.v. 214,20 EUR entstanden seien. Des Weiteren sei im Rahmen der Durchführung der Baumaßnahme ein Grenzstein beseitigt und trotz Aufforderung durch den Kläger nicht wieder gesetzt worden. Auch dieses habe der Kläger veranlassen müssen. Dabei seien ihm Kosten i.H.v. 1.568,42 EUR entstanden.

11

Der Kläger beantragt,

12

die Bescheide des Beklagten vom 7. Dezember 2012 in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 16. Oktober 2013 aufzuheben.

13

Der Beklagte verteidigt die angegriffenen Bescheide und beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Mit Beschluss vom 8. April 2015 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge sowie die beigezogenen Gerichtsakten des Verfahrens 3 A 1741/12 und OVG 1 L 220/13 vorgelegen.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

18

1. Sie finden ihre gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der rückwirkend zum 7. Oktober 1995 in Kraft getretenen Satzung der Gemeinde Wieck a. D. über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen in der Gemeinde Wieck a. D. (Straßenbaubeitragssatzung - SBS) vom 6. November 2013. Zweifel an der Wirksamkeit der Satzung bestehen nicht. Entsprechende Rügen werden vom Kläger auch nicht erhoben. Die Rechtsanwendung begegnet ebenfalls keinen Bedenken.

19

a. Dies betrifft zunächst die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der abgerechneten Baumaßnahme um eine beitragsfähige Maßnahme i.S.d. § 1 Satz 1 SBS, wonach die Gemeinde Wieck a. D. zur Deckung des Aufwandes u.a. für die Herstellung, Verbesserung und Erneuerung von öffentlichen Straßen Beiträge erhebt. Dass es sich bei der Straßenentwässerung um eine (erstmalige) Herstellung handelt, wird vom Kläger nicht in Zweifel gezogen, so dass sich Ausführungen hierzu erübrigen.

20

Bei der Straßenbeleuchtung handelt es sich möglicherweise um eine beitragsfähige Verbesserung, jedenfalls aber um eine beitragsfähige Erneuerung im Sinne des § 1 Abs. 1 SBS. Unstreitig war die vorhandene Anlage zum Zeitpunkt der Durchführung der Baumaßnahme etwa 30 Jahre alt. Die Rechtsprechung nimmt für Straßenbeleuchtungsanlagen eine übliche Nutzungszeit von 30 Jahren an (vgl. OVG Münster, Urt. v. 28.08.2001 – 15 A 465/99 –, NVwZ-RR 2002, 299 <300>). Damit ist vorliegend davon auszugehen, dass erneuerte Straßenbeleuchtungsanlage verschlissen war, zumal Gegenteiliges vom Kläger nicht behauptet wird.

21

Auch in Ansehung der Fahrbahn liegt eine beitragsfähige Verbesserung vor. Dies ist dann der Fall, wenn sich der Zustand der Anlage nach dem Ausbau in irgendeiner Hinsicht von ihrem ursprünglichen Zustand in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf die Benutzbarkeit hat (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 32 Rn. 38 m.w.N.). Dabei kommt es allein auf die Verbesserung der Anlage als solche an, so dass es unerheblich ist, ob die Anlieger den geschaffenen Zustand, der objektiv eine Verbesserung darstellt, subjektiv auch als solche erkennen. Gemessen an diesen Kriterien liegt in Ansehung der Fahrbahn eine Verbesserung bereits deshalb vor, weil sie einen den anerkannten Regeln der Technik hergestellten Unterbau (Tragschicht, Frostschutzschicht etc.) und eine einheitliche Fahrbahndecke aus Asphalt erhalten hat. Dadurch erhöht sich die Benutzungssicherheit, dem Auftreten von Frostaufbrüchen und Absenkungen wird entgegengewirkt.

22

Der Einwand des Klägers, die „N.“ weise seit der Durchführung der Baumaßnahme keinen Gehweg mehr auf, betrifft die Frage der Vorteilskompensation. Es ist allgemein anerkannt, dass eine Straßenbaumaßnahme zugleich eine Verbesserung und eine Verschlechterung sein kann mit der Folge, dass die Verbesserung durch die Verschlechterung kompensiert wird (vgl. Driehaus, a.a.O. § 32 Rn. 51 m.w.N.). Betrifft die Verbesserung und die Verschlechterung dieselbe Teileinrichtung (sog. teileinrichtungsinterne Kompensation), entfällt der beitragsrelevante Vorteil, wenn die Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Teileinrichtung von Gewicht und deshalb erheblich ist (relative Verschlechterung). Liegt die Ursache für die Verschlechterung einer Teileinrichtung in der Schaffung einer neuen flächenmäßigen Teileinrichtung (z.B. Schaffung eines Radweges), entfällt der Vorteil erst, wenn die betroffene Teileinrichtung zur Erfüllung ihrer bestimmungsgemäßen Funktion nicht mehr hinreichend geeignet und daher gleichsam "weggefallen" ist (absolute Verschlechterung; vgl. zu allem: Driehaus a.a.O.). Von letzterem ist vorliegend auszugehen, da der ursprünglich streckenweise vorhandene Gehweg zu Gunsten der Fahrbahn vollständig weggefallen ist.

23

Dies hilft dem Kläger jedoch nicht weiter. Der Gedanke der Vorteilskompensation ist teileinrichtungsbezogen (Driehaus a.a.O. Rn. 54). Hinsichtlich der Teileinrichtung Gehweg kann im Rahmen der Beitragsberechnung keine Vorteilskompensation berücksichtigt werden, da diese Teileinrichtung nicht vorhanden und damit auch nicht abgerechnet worden ist. Hinsichtlich der Teileinrichtung Fahrbahn ist ebenfalls nicht von einer Vorteilskompensation auszugehen. Eine solche Annahme zwar nicht von vornherein ausgeschlossen. Wenn nämlich ein ursprünglich vorhandener Gehweg im Rahmen der Durchführung einer Straßenbaumaßnahme wegfällt, wird die Aufteilung der verschiedenen Verkehrsströme (Fußgängerverkehr einerseits und Fahrradverkehr bzw. motorisierter Verkehr andererseits) aufgehoben. Durch den dann zwangsläufig auf der Fahrbahn stattfindenden Fußgängerverkehr wird auch die Sicherheit und Leichtigkeit des übrigen Verkehrs beeinträchtigt. Diese Annahme setzt aber voraus, dass die Teileinrichtung vor der Durchführung der abgerechneten Maßnahme in beitragsrechtlicher Hinsicht vorhanden war. Denn nur dann waren die unterschiedlichen Verkehrsströme tatsächlich voneinander getrennt. Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Beklagten gab es in dem abgerechneten Bereich der „N.“ keinen durchgehend vorhandenen Gehweg. Damit handelte es sich bei den seinerzeit existierenden Gehwegstrecken um bloße Provisorien, deren Wegfall keine beitragsrechtlichen Folgen hat.

24

b. Die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes begegnet im Ergebnis keinen Bedenken. Zwar ist die Vorteilsverteilung im Verhältnis zwischen der Gemeinde und der Gesamtheit der Beitragspflichtigen fehlerhaft. Denn bei der „N.“ handelt es sich nicht um eine Innerortsstraße i.S.d. § 3 Abs. 3 Buchst. b SBS. Sie ist vielmehr als Anliegerstraße i.S.d. § 3 Abs. 3 Buchst. a SBS einzustufen. Da der Ausbauzustand der „N.“ und ihre Einbettung in das innerörtliche Wegesystem der Gemeinde Wieck am Darß dem der „P.“ weitgehend ähnelt, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in dem Urteil des erkennenden Gerichts vom 13. September 2013 - 3 A 1741/12 -, S. 5 f. des Entscheidungsumdrucks Bezug genommen. Es ist auch wenig einleuchtend, dass die Gemeinde Wieck am Darß bei dem Ausbau einer Innerortsstraße auf die Anlegung eines Gehwegs verzichtet. Der Fehler begründet jedoch keinen Aufhebungsanspruch des Klägers, da er wegen des höheren Gemeindeanteils am beitragsfähigen Aufwand lediglich entlastet wird.

25

Die Vorteilsverteilung innerhalb der Gruppe der Beitragspflichtigen ist dagegen nicht zu beanstanden. Dies betrifft zunächst die Bildung des Abrechnungsgebiets. Nach § 5 Abs. 1 SBS bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Verkehrseinrichtung nach § 1 eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Verkehrseinrichtung geboten wird. Dabei kann dahin stehen, ob die Beschränkung des Abrechnungsgebiets auf die zwischen der Kreuzung Bäderstraße und der Einmündung der „P.“ verlaufende Teilstrecke der „N.“ dem Anlagenbegriff entspricht. Dies wäre dann der Fall, wenn die „N.“ als beitragsfähige Anlage i.S.d. sog. „natürlichen Betrachtungsweise“ auf Höhe der Einmündung der „P.“ endet. Hieran bestehen insoweit gewisse Zweifel, als die Verkehranlage auch jenseits der Einmündung der „P.“ mit geradem Streckenverlauf und gleichem Ausbauzustand in östliche Richtung weiterführt.

26

Dies bedarf vorliegend jedoch keiner Vertiefung. Denn es ist zu berücksichtigen, dass mit den vorliegend streitgegenständlichen Bescheiden lediglich Vorausleistungen auf den künftigen Beitrag erhoben werden. Die Vorausleistung ist ihrem Wesen nach ein Vorschuss auf den Ausgleich eines später mit der Herstellung der beitragsfähigen Anlage vermittelten Sondervorteils. Ihre Erhebung setzt nicht das Vorliegen eines bereits voll ausgebildeten Sondervorteils voraus, so dass es ausreicht, dass der Sondervorteil so entstehen kann, wie bei der Ermittlung der Vorausleistung angenommen. Daraus folgt, dass das Abrechnungsgebiet bei der Erhebung einer Vorausleistung unter Berücksichtigung eines „gedachten“ Abschnittsbildungsbeschlusses i.S.d. § 8 Abs. 4 KAG M-V gebildet werden, wenn eine Abschnittsbildung an der betreffenden Stelle zulässig ist (VG Greifswald, Beschl. v. 15.12.2004 – 3 B 361/04 –). Dies ist auf der Höhe von Straßeneinmündungen in der Regel der Fall. Eine Abschnittsbildung ist gegenwärtig noch möglich, weil die sachliche Beitragspflicht für die „N.“ – wie noch zu zeigen sein wird – bisher nicht entstanden ist. Auch der Kläger hat keine Gründe vorgetragen, die einer Abschnittsbildung auf Höhe der Einmündung der „P.“ entgegenstehen könnten.

27

Die Einbeziehung der klägerischen Grundstücke in den Vorteilsausgleich ist nicht zu beanstanden. Das Grundstück Flurstück G1 grenzt unmittelbar an die ausgebaute Verkehrseinrichtung an und ist aus diesem Grund bevorteilt. Bei dem Grundstück Flurstück G2 handelt es sich aus Sicht der „N.“ um ein nicht gefangenes Hinterliegergrundstück. Zwar rechtfertigt die bestehende Eigentümeridentität allein die Einbeziehung dieses Grundstücks in den Vorteilsausgleich nicht. Erforderlich ist zusätzlich eine einheitliche wirtschaftliche Nutzung von Hinterlieger- und Anliegergrundstück. Eine solche Nutzung hat das OVG Greifswald in dem gegenüber den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ergangenen Urteil vom 5. November 2014 (– 1 L 220/13 – S. 12 des Entscheidungsumdrucks) festgestellt. Diese Feststellung ist auch im vorliegenden Verfahren verbindlich. Da sie die Entscheidung trägt, wird sie nämlich von der materiellen Rechtskraft des Urteils (§ 173 VwGO i.V.m. § 322 Abs. 1 ZivilprozessordnungZPO) erfasst.

28

Gleiches gilt für die Berücksichtigung des nutzungsbezogenen gewerblichen Artzuschlages nach § 7 Abs. 7 SBS. Das OVG Greifswald hat in dem Urteil vom 5. November 2014 offen gelassen, ob der Kläger auf dem Grundstück Flurstück G1 eine Pension betreibt oder (nur) Ferienwohnungen vermietet und entscheidungstragend ausgeführt, dass bereits die Nutzung der Gebäude als Ferienwohnungen den Artzuschlag rechtfertigt (S. 14 des Entscheidungsumdrucks).

29

Zwar ist zweifelhaft, ob diese Annahme zutrifft. Unter gewerblicher Nutzung im Sinne des Straßenbaubeitragsrechts wird zunächst die Nutzung eines Grundstücks als Betriebsstätte verstanden. Über die Nutzung im Sinne des Gewerberechts und Gewerbesteuerrechts hinaus werden auch solche Nutzungen erfasst, die der gewerblichen Nutzung im engeren Sinne durch Auslösung einer intensiveren Inanspruchnahme der Anbaustraße als bei reiner Wohnnutzung entsprechen. Anders als Grundstücke, die nur oder überwiegend der Wohnnutzung zu dienen bestimmt sind, sind Betriebsstätten typischerweise in besonderem Maße (gesteigert) abhängig von der qualifizierten Ausgestaltung der Straße, und zwar zum einen im Hinblick auf ihre Zugänglichkeit und zum anderen im Hinblick auf die Inanspruchnahme der Straße wegen des typischerweise erhöhten Ziel- und Quellverkehrs (Kunden- und Lieferverkehr etc.). All dies trifft auf eine als Ferienwohnung genutzte Wohnung nicht zu, und zwar unabhängig davon, ob sie vom Eigentümer für eigene Zwecke vorgehalten oder vom Eigentümer oder über einen gewerblichen Wohnungsvermittler (auch) an wechselnde Feriengäste vermietet wird. Die Nutzungsart bleibt Wohnnutzung. Die Betriebsstätte des gewerblichen Wohnungsvermittlers befindet sich regelmäßig an einem anderen Ort. Die Wohnungen sind lediglich Geschäftsobjekt. Der häufige Mieterwechsel führt regelmäßig zu keinem erhöhten Ziel- und Quellverkehr. Entsprechendes gilt auch für den Fall, dass vom Wohnungsvermittler oder von Drittfirmen Dienstleistungen erbracht werden. Auch der Dauermieter bzw. der selbstnutzende Eigentümer nimmt typischerweise Dienstleistung in Anspruch oder ist zur Daseinsversorgung und, soweit er keine Fremdleistungen in Anspruch nimmt, zur Materialbeschaffung auf die Inanspruchnahme der Anbaustraße angewiesen. Typische Unterschiede ergeben sich insoweit nicht. Zudem sind Leerstandzeiten bei Ferienwohnungen unvermeidbar. In diesen Zeiten ist der Ziel- und Quellverkehr deutlich geringer als bei einer Dauernutzung (VG Bayreuth, Urt. v. 14.05.2014 – B 4 K 13.371 –, juris Rn. 57 ff.; Urt. v. 16.04.2014 – B 4 K 13.293 –, juris Rn. 30 ff.; OVG Schleswig, Urt. v. 19.06.2012 – 4 LB 5/12 –, juris Rn. 38).

30

Dies bedarf vorliegend aber keiner Vertiefung, weil das erkennende Gericht aus prozessualen Gründen an einer Korrektur des das Grundstück Flurstück G1 betreffenden Vorausleistungsbescheides – für das Grundstück Flurstück G2 ist kein Artzuschlag berücksichtigt worden – gehindert ist. Wegen der materiellen Rechtskraft des Urteils des OVG Greifswald vom 5. November 2014 steht nämlich die Einstufung der Nutzung als gewerbliche Nutzung auch für das vorliegende Verfahren fest.

31

c. Die Heranziehung des Klägers ist schließlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V i.V.m. § 11 Abs. 1 SBS können auf die künftige Beitragsschuld Vorausleistungen bis zur Höhe der voraussichtlichen Beitragsschuld verlangt werden, sobald mit der Durchführung der Maßnahme begonnen worden ist. Die Vorausleistung darf nicht mehr verlangt werden, wenn die Beitragsschuld nicht mehr „künftig“, sondern „aktuell“ ist. „Aktuell“ ist die Beitragsschuld aber erst, sobald die sachliche Beitragspflicht entstanden ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall, da auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht erforderliche Grunderwerb (vgl. § 9 Abs. 1 SBS) noch nicht abgeschlossen ist.

32

Auch gegen die Höhe der Vorausleistung (100 v.H. des endgültigen Beitrags) ist nicht zu erinnern. Sie steht im Einklang mit § 7 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V i.V.m. § 11 Abs. 1 SBS und berücksichtigt den Umstand, dass der Straßenausbau technisch abgeschlossen ist und die Anlage in vollem Umfang benutzt werden kann.

33

Der Einwand des Klägers, mit der Erhebung der Vorausleistung für den Ausbau der „N.“ erfolge eine ungerechtfertigte Doppelbelastung des Grundstücks Flurstück G1 greift nicht durch. Denn der Kläger verkennt, dass die Vorausleistung für eine andere Maßnahme erhoben wird. Der in dem Verfahren 3 A 1741/12 streitgegenständliche Bescheid bezieht sich auf den Ausbau der „P.“. Damit scheidet die Annahme einer Doppelbelastung von vornherein aus.

34

Zu Recht wurde in Ansehung des Grundstücks Flurstück G1 auch die Vergünstigung für mehrfach erschlossene Grundstücke nach § 7 Abs. 8 Satz 1 SBS nicht berücksichtigt. Ihre Anwendung ist nach § 7 Abs. 8 Satz 2 erster Anstrich SBS ausgeschlossen, da das Grundstück gewerblich genutzt wird. Auch insoweit ist das erkennende Gericht mit Blick auf die materielle Rechtskraft des Urteils des OVG Greifswald vom 5. November 2014 an einer abweichenden Beurteilung gehindert. Für das Grundstück Flurstück G2 wurde die Vergünstigung berücksichtigt.

35

Die Erhebung der Vorausleistungen ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die ursprünglich vorhandenen Gehwegstrecken im Rahmen der abgerechneten Straßenbaumaßnahme beseitigt wurden. Es wurde bereits dargelegt, dass Vorausleistung ihrem Wesen nach ein Vorschuss auf den Ausgleich eines später mit der Herstellung der beitragsfähigen Anlage vermittelten Sondervorteils ist, so dass es für ihre Erhebung ausreicht, dass der Sondervorteil so entstehen kann, wie bei der Ermittlung der Vorausleistung angenommen.

36

Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Erhebung einer Vorausleistung ausscheidet, wenn fest steht, dass der Beitragsanspruch nicht entstehen kann. Hiervon kann auch mit Blick auf den Wegfall der Gehwegstrecken nicht ausgegangen werden. Zwar hat es die Gemeinde nicht in der Hand, über ein auf einzelne Teileinrichtungen beschränktes Bauprogramm die gesetzlichen Regelungen über die Entstehung der Beitragspflicht zu verdrängen. Diese verlangen ausdrücklich die endgültige Herstellung der Einrichtung insgesamt (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 18.10.2001 – 1 M 52/01 –, NVwZ-RR 2002, 304). Erforderlich ist daher grundsätzlich, dass die Anlage mit allen vorhandenen Teileinrichtungen ausgebaut wird (VG Greifswald, Urt. v. 29.10.2008 – 3 A 882/07 – n.v.). Dies setzt aber voraus, dass die betreffenden Teileinrichtungen vorhanden sind. Hieran fehlt es vorliegend, weil die Teileinrichtung Gehweg – wie bereits dargelegt – lediglich als Provisorium existierte und damit in beitragsrechtliche Sicht nicht als vorhanden angesehen werden muss.

37

Etwas anderes ergibt sich im Übrigen auch dann nicht, wenn man dem nicht folgt und davon ausgeht, dass die Teileinrichtung Gehweg in beitragsrechtlicher Hinsicht ursprünglich vorhanden war. In diesem Fall wäre nach der zitierten Rechtsprechung des OVG Greifswald die sachliche Beitragspflicht auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht entstanden. Damit besteht für die Gemeinde Wieck am Darß die Möglichkeit, die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht im Wege der Kostenspaltung nach § 7 Abs. 3 KAG M-V auf die ausgebauten Teileinrichtungen zu beschränken.

38

Die vom Kläger hilfsweise erklärte Aufrechnung führt schließlich ebenfalls nicht zu einem (teilweisen) Erfolg der Klage. Zwar kann die Aufrechnung keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Festsetzungen haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.06.1983 – 8 C 43/81 –, juris Rn. 18). Weil aber in Höhe der Aufrechnung Erfüllung eintritt und die festgesetzte Forderung erlischt, wäre bei einer wirksamen Aufrechnung das in den Vorausleistungsbescheiden enthaltene Leistungsgebot (§ 254 Abs. 1 Satz 1 AbgabenordnungAO) rechtwidrig (BVerwG, a.a.O. Rn. 19). Die Aufrechnung ist vorliegend jedoch unwirksam, denn sie ist nach § 226 Abs. 3 AO ausgeschlossen. Die Vorschrift ist im Straßenbaubeitragsrecht aufgrund der Verweisung in § 12 Abs. 1 KAG M-V entsprechend anwendbar. Nach § 226 Abs. 3 AO können die Steuerpflichtigen gegen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen aufrechnen. Damit wird über die in den §§ 387, 390 ff. BGB enthaltenen allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen hinaus speziell für das Abgabenrecht eine rechtliche Beschränkung des Aufrechnungsrechts auf nachgewiesene Forderungen normiert, wodurch verhindert werden soll, dass die Geltendmachung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis durch Vorschützen von ungewissen oder zweifelhaften, womöglich erst einer längeren Aufklärung und Feststellung bedürftigen Gegenforderungen aufgehalten wird (OVG Bautzen, Beschl. v. 16.07.1997 – 2 S 563/96 –, VwRR MO 1997, 50 <54>). Die Voraussetzungen des Aufrechnungsausschlusses sind vorliegend gegeben. Die vom Kläger behaupteten Gegenansprüche sind bisher weder rechtskräftig festgestellt noch unbestritten.

39

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 VwGO).

Tenor

Die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 23. Dezember 2009 wird für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem eingeschossigen Wohnhaus bebauten Grundstücks A-Straße in A-Stadt (Gemarkung A-Stadt, Flur 1, Flurstück 48) mit einer Größe von 11.000 qm. Er ist für sein im Bereich des beklagten Verbandes liegendes Grundstück bisher nicht zu Anschlussbeiträgen herangezogen worden.

2

Die Verbandsversammlung des Antragsgegners beschloss am 4. Dezember 2006 die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz (TBS). Die Satzung wurde am 14. Dezember 2006 von der Verbandsvorsteherin ausgefertigt und am 6. Januar 2007 öffentlich bekanntgemacht. Am 5. November 2007 beschloss die Verbandsversammlung die Erste Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz. Diese Satzung wurde am 15. November 2007 ausgefertigt. Sie ändert die in § 4 d) TBS enthaltene Regelung über die Tiefenbegrenzung von im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich liegenden Grundstücken. Der dem Satzungsbeschluss zugrundeliegenden Vorlage (Nr. 09-1/2007) beigefügt war eine fünfseitige "Dokumentation der Ermessenserwägungen bezüglich Auswahl, Ermittlung und Festsetzung einer qualifizierten Tiefenbegrenzung von 50 Metern". Mit der am 21. Dezember 2009 beschlossenen und am 23. Dezember 2009 ausgefertigten Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung wurde § 5 TBS dahingehend geändert, dass der Beitragssatz je Quadratmeter bevorteilter Grundstücksfläche nicht mehr wie zuvor 6,- Euro einschließlich Umsatzsteuer, sondern nunmehr 5,04 Euro zuzüglich gesetzlich geltender Umsatzsteuer beträgt.

3

Der Antragsteller hat am 15. Juni 2007 einen Normenkontrollantrag gegen die Schmutzwasserbeitrags- und die Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners gestellt (4 K 10/07). Mit Beschluss vom 10. Juli 2007 hat der Senat das Verfahren gegen die Trinkwasserbeitragssatzung abgetrennt und unter dem vorliegenden Aktenzeichen weitergeführt.

4

Zur Begründung trägt der Antragsteller vor:

5

Die Kalkulation des in § 5 TBS bestimmten Beitragssatzes sei zu beanstanden. Der der Beitragsbemessung zugrundeliegende Zeitraum der Globalkalkulation sei nicht mit dem Zeitraum des Trinkwasserversorgungskonzeptes identisch. In der Kalkulation fänden sich unterschiedliche Abzugsbeträge über kostenlos übernommenes Vermögen. Nicht nur 14.267.518,75 €, sondern 16.283.771,09 € hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es sei zu bezweifeln, dass die in der Kalkulation aufgeführten übernommenen Darlehen in dem einbezogenen Umfang der jeweiligen Einrichtung zuzurechnen seien. Unterlagen hierzu seien den Beitragsunterlagen nicht zu entnehmen. Auch der Umfang der Gesamtinvestitionen von 18.081.197,- € sei nicht nachvollziehbar. Es sei unklar, inwieweit es sich um Nettobeträge handele. Der Anlagespiegel sei nicht nachvollziehbar. Es gebe begründete Anhaltspunkte dafür, dass Aufwand für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten in die Kalkulation einbezogen worden sei. Beispielhaft werde auf die Positionen 60721950022, 6072192002 und 0560110 hingewiesen. Fraglich sei, ob der Aufwand für früher hergestellte Hausanschlüsse zu Recht in die Beitragskalkulation eingestellt worden sei. Die zur Beschlussfassung vorgelegten Kalkulationsunterlagen enthielten unterschiedliche Aussagen zum Zeitraum der Globalkalkulation. Die korrekte Berechnung der beitragsfähigen Flächen werde bestritten. Den Vertretern in der Verbandsversammlung hätten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 4. Dezember 2006 die Kalkulationsunterlagen nicht zur Kenntnis vorgelegen. Anderes könne weder der Ladung zur Verbandsversammlung noch den weiteren Unterlagen, insbesondere nicht dem Protokoll entnommen werden. Gleiches gelte für die Beschlussfassung über den geänderten Beitragssatz in der Verbandsversammlung vom 21. Dezember 2009. Der an diesem Tage beschlossenen Änderung (§ 5 TBS) hätte aufgrund verschiedener mittlerweile eingetretener Veränderungen auf der Flächenseite eine neue bzw. überarbeitete Kalkulation, die auch eine Überprüfung der Aufwandsseite erfordert hätte, zugrundegelegt werden müssen. Verschiedene Bestimmungen der Trinkwasserbeitragssatzung seien unwirksam. Den Kreis der Beitragsschuldner erstrecke § 6 Abs. 1 TBS im Widerspruch zu § 7 KAG auf "dinglich Berechtigte". Dies führe zur Unwirksamkeit der gesamten Beitragssatzung. Nach § 2 Abs. 1 TBS unterlägen auch Außenbereichsgrundstücke, die bebaut seien und nur angeschlossen werden könnten, ohne bereits angeschlossen zu sein, der Beitragspflicht. Im Außenbereich reiche aber die Bebauung des Grundstücks allein nicht aus, um die Beitragspflicht entstehen zu lassen. Die in § 4 Abs. 2 d) TBS normierte Tiefenbegrenzung von 50 m sei methodisch fehlerhaft ermittelt worden. Die durchschnittliche Bebauungstiefe beruhe auf einer fehlerhaften arithmetischen Mittelung der tatsächlichen Bebauung. Die Tiefenbegrenzung entspreche außerdem nicht den örtlichen Gegebenheiten. § 4 Abs. 2 d) TBS leide außerdem darunter, dass danach im Falle einer Zuwegung zum Grundstück die Grundstücksfläche beginnend vom Ende der Zuwegung bis zu einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen zu messen sei und die Zuwegung somit flächenmäßig unberücksichtigt bliebe. Nach § 4 Abs. 2 b) TBS würden die Grundstücke, die im Plangebiet liegen und in den Außenbereich übergehen, gegenüber vollständig im Außenbereich liegenden Grundstücken ungerechtfertigt bessergestellt. Nach § 4 Abs. 2 g) TBS komme auf privaten Grünflächen und Parkplätzen trotz bauakzessorischer Nutzung eine Beitragserhebung nicht in Betracht. Dies sei nicht vorteilsgerecht. § 4 Abs. 5 TBS sei gleichheitswidrig, weil danach für Bauten, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, keine konkrete Regelung zur Geschosshöhe bestehe. Eine derartige Unterscheidung zwischen vor und nach dem 30. April 1994 errichteten Bauten sei nur dann zulässig, wenn Altbauten auch mit geringerer Deckenhöhe als gemäß der Vollgeschossregelung für Neubauten generell weitgehender nutzbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Insbesondere Dachgeschosse von Neubauten mit Dachschrägen könnten baurechtlich ebenfalls zu Wohn- und gewerblichen Zwecken genutzt werden, ohne dass sie beitragsrechtlich als Vollgeschosse zu werten seien. Abweichend von anderen Beitragssatzungen enthalte § 4 Abs. 5 TBS keinerlei Einschränkungen bezüglich der Anrechenbarkeit bei Dachschrägen und einer geringeren Geschosshöhe des Obergeschosses gegenüber dem Untergeschoss, die eine Ungleichbehandlung relativieren bzw. sachlich legitimieren. Ein sachlicher Grund für diese weitgehende Regelung zum Vollgeschossmaßstab bestehe nicht.

6

Der Antragsteller beantragt,

7

die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der zweiten Änderungssatzung vom 23. Dezember 2009 für unwirksam zu erklären.

8

Der Antragsgegner beantragt,

9

den Antrag abzuweisen.

10

Er tritt den Einwänden des Antragstellers in allen Punkten entgegen. Insbesondere die in § 4 Abs. 2 d) TBS normierte Regelung über die Tiefenbegrenzung für sogenannte Übergangsgrundstücke sei nicht zu beanstanden. Die Festlegung der qualifizierten Tiefenbegrenzung von 50 Metern entspreche den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen im Verbandsgebiet.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Der nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 13 AGGerStrG statthafte Normenkontrollantrag ist zulässig (I.) und begründet (II.).

13

I. Der Antrag ist fristgerecht nach § 47 Abs. 2 Satz 1, § 195 Abs. 7 VwGO binnen eines Jahres nach Bekanntmachung der angegriffenen Trinkwasserbeitragssatzung bei Gericht eingegangen. Die Satzung ist in ihrer ursprünglichen Fassung am 6. Januar 2007 veröffentlicht worden. Der Normenkontrollantrag wurde am 15. Juni 2007 gestellt.

14

Änderungen oder Neuregelungen der angegriffenen Rechtsvorschrift setzen die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Lauf, wenn mit ihnen eine neue oder zusätzliche Beschwer verbunden ist. Ein erneuter Fristenlauf beginnt dann, wenn sich aus der Neuregelung eine neue belastende Wirkung ergibt, z. B. durch das Zusammenwirken mit geänderten anderen Bestimmungen (vgl. OVG Bautzen, 20.08.2008 - 5 D 24/06 -, juris). Die mit der Ersten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 15. November 2007 vorgenommene Änderung der Tiefenbegrenzungsregel nach § 4 Abs. 2 d) TBS hat im Wesentlichen der Klarstellung schon geltenden Satzungsrechts gedient, insbesondere verläuft die Tiefenbegrenzungslinie nach der neuen Regelung unverändert zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 Metern dazu verlaufenden Parallelen. Danach hat die Erste Satzungsänderung keinen neuen Fristlauf ausgelöst. Die geänderte Bestimmung ist vielmehr von dem gegen die im Januar 2007 veröffentlichte Ursprungssatzung gerichteten Normenkontrollantrag vom 15. Juni 2007 erfasst.

15

Soweit der Antrag nunmehr auch die Zweite Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 und damit § 5 TBS mit dem jetzt geltenden Beitragssatz in Höhe von 5,04 € erfasst, liegt hierin eine in entsprechender Anwendung von § 91 VwGO zulässige Antragsänderung, insbesondere war die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach Bekanntmachung der Satzungsänderung noch nicht abgelaufen.

16

Der Antragsteller ist schließlich als noch nicht zu Trinkwasseranschlussbeiträgen herangezogener Eigentümer eines im Verbandsgebiet liegenden Grundstückes antragsbefugt i. S. v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Er kann geltend machen, möglicherweise durch die angefochtene Trinkwasserbeitragssatzung in seinen Rechten verletzt zu werden, indem er auf ihrer Grundlage zu Beitragszahlungen durch - bei angenommener Unwirksamkeit der Satzung - rechtswidrige Beitragsbescheide verpflichtet wird.

17

Der Senat versteht den nicht ausdrücklich beschränkten Antrag des Antragstellers, die Trinkwasserbeitragssatzung für unwirksam zu erklären, in der Weise (§ 133 BGB), dass die Ordnungswidrigkeitenbestimmung des § 11 TBS nicht angegriffen ist. Regelungen des Ordnungswidrigkeitenrechtes unterfallen nicht dem Verwaltungsrechtsweg und können daher von vornherein nicht Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle sein (OVG Greifswald, 27.07.2005 - 4 K 4/03 -, KStZ 2006, 156, 157). Durch die Erklärung der Unwirksamkeit der übrigen Satzungsbestimmungen verliert auch die Regelung über die Ordnungswidrigkeiten ihren rechtlichen Gehalt.

18

II. Der Normenkontrollantrag ist begründet. Zwar greifen die Einwendungen des Antragstellers ganz überwiegend nicht durch (nachfolgend 1.). Die angefochtene Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 war aber nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO insgesamt für unwirksam zu erklären, weil die Tiefenbegrenzungsregelung des § 4 Abs. 2 d) TBS gegen die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes (KAG) und den aus dem Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) folgenden Grundsatz der Abgabengerechtigkeit verstößt, daher unwirksam ist und die daraus folgende Satzungslücke zur Ungültigkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung führt (nachfolgend 2.).

19

Die formelle Ordnungsgemäßheit der Trinkwasserbeitragssatzung hat der Antragsteller nicht in Zweifel gezogen. Dem Senat drängen sich entsprechende Mängel nicht auf (vgl. zum Prüfungsmaßstab im Normenkontrollverfahren OVG Greifswald, 02.06.2004 – 4 K 38/02 -, juris, Rn. 133 = DVBl. 2005, 64 [nur Leitsätze]).

20

1. Die gegen die Gültigkeit der angefochtenen Satzung erhobenen Einwände des Antragstellers treffen ganz überwiegend nicht zu. Dies gilt insbesondere für die auf die Kalkulation des Beitragssatzes zielenden Rügen (nachfolgend a. bis f.). Die gegen die Gültigkeit einzelner Satzungsbestimmungen gerichteten Angriffe führen ebenfalls überwiegend nicht zum Erfolg (g. bis l.).

21

a. Wenn der Antragsteller geltend macht, der der Beitragsbemessung zugrundeliegende Zeitraum der Globalkalkulation sei nicht mit dem Zeitraum des Trinkwasserversorgungskonzeptes des Antragsgegners identisch, ist dem nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass bei einer Globalkalkulation nach § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG der notwendige Aufwand für die Herstellung der gesamten öffentlichen Einrichtung auf der Grundlage der von dem Verband gewählten Wasserversorgungskonzeption zu ermitteln ist (vgl. Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2010, § 8 Rn. 678b). Es liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dies hier nicht geschehen ist.

22

Die Kalkulation des Anschlussbeitrages Trinkwasser nennt einen Investitionszeitraum bis zum Jahre 2020 ("geplante Investitionen von 2006 bis 2020: 18.081.197,- €"). Das Trinkwasserversorgungskonzept des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt-Lübz ("Investitionen Rohrnetz [2006 bis 2020]") sieht Investitionen bis zum Jahr 2018 vor. Für die Jahre 2019 und 2020 ist für Investitionen jeweils der Betrag von 0,- € prognostiziert. Ein Widerspruch zwischen Kalkulation und Trinkwasserversorgungskonzept ist danach nicht zu erkennen. Der Antragsgegner hat zu diesem Einwand des Antragstellers ausgeführt, bei der Überarbeitung des Trinkwasserversorgungskonzeptes im Jahre 2006 habe sich bei der Spezifikation der einzelnen notwendigen Maßnahmen ergeben, dass bei günstigem zeitlichen Verlauf der Investitionen von einer Fertigstellung der Einrichtung bereits im Jahr 2018 auszugehen sei. Da zeitliche Verschiebungen nicht auszuschließen seien, sei auf eine Änderung des Zeitraumes für die Gültigkeit des Trinkwasserversorgungskonzeptes verzichtet worden. Die Kalkulation habe daher den nach dem Trinkwasserversorgungskonzept maßgeblichen Investitionszeitraum zutreffend berücksichtigt.

23

b. Auch der Einwand des Antragstellers führt nicht weiter, in der Kalkulation fänden sich unterschiedliche Abzugsbeträge über (von der Westmecklenburger Wasser GmbH) bei Errichtung des Verbandes kostenlos übernommenes Vermögen. Die Folge sei, dass möglicherweise nicht nur 14.267.518,75 €, sondern 16.283.771,09 € hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es trifft zu, dass es nach der Auffassung des Senates dann, wenn eine Altanlage kostenlos übernommen wird, rechtlich nicht zulässig ist, für diese Altanlage einen Wert in die Kalkulation einzustellen. Denn bei dem Wert der Altanlage handelt es sich dann nicht um Kosten, die dem Zweckverband für die Herstellung der Anlage tatsächlich entstanden sind. Anderes gilt, wenn dabei Schulden übernommen werden. Diese können als eigener Aufwand in die Kalkulation eingestellt werden (vgl. OVG Greifswald, 15.11.2000 - 4 K 8/99 -, KStZ 2001, 174, 177). Wenn der Antragsgegner danach aus dem Wert des Anlagevermögens für den Bereich Trinkwasser das kostenlos von "WMW" übernommene Vermögen abzuziehen hatte, so ist das offenbar auch im gebotenen Umfang geschehen. Der Senat hat nach der im gerichtlichen Verfahren abgegebenen plausiblen Erläuterung des Antragsgegners zu dem tatsächlichen Hintergrund des auf Blatt 172 der Verwaltungsvorgänge dargestellten Wertes von 16.283.771,09 € jedenfalls keinen Anlass, an der Richtigkeit des in der Kalkulation abgesetzten Betrages von 14.267.518,75 € zu zweifeln. Nach den Ausführungen des Antragsgegners hat der Verband die Summe der kostenlos übernommenen Anlagegüter aus einer Addition der in den Abschreibungsbuchunterlagen enthaltenen Angaben gewonnen und so einen Wert von vor 1993 angeschafften Gütern von 14.267.518,75 € ermittelt. Diesen Wert hat er anhand einer Obergrenze einer Plausibilitätsüberprüfung unterzogen, indem er ihn einem in der Bilanz zum 31.12.1993 ausgewiesenen übertragenen Gesamtvermögen von 16.283.771,09 € gegenübergestellt hat. Anhand dieser Gegenüberstellung konnte er kontrollieren, ob der Gesamtwert aus den Einzelwerten der Anlagegüter nicht etwa oberhalb des übertragenen Gesamtvermögens lag. Das Gesamtvermögen soll nach der Stellungnahme des Antragsgegners zum einen nicht beitragsfähige Positionen enthalten und zum anderen auch Anlagegüter, die nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung geworden seien. So erkläre sich die Differenz zwischen den beiden Werten. Darin liegt eine nachvollziehbare Begründung für die in den Kalkulationsunterlagen enthaltenen, das übernommene Anlagevermögen betreffenden unterschiedlichen Werte, die an dieser Stelle eine weitere Sachaufklärung nicht erfordert. Ob schließlich der Antragsgegner den Wert von 14.267.518,75 € korrekt ermittelt hat, hatte der Senat mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht weiter zu prüfen.

24

c. Der Einwand des Antragstellers, es sei zu bezweifeln, dass die in der Kalkulation aufgeführten übernommenen Darlehen ("Darlehen Investitionen KfW" in Höhe von 588.088,43 €) in dem einbezogenen Umfang der jeweiligen Wasserversorgungseinrichtung zuzurechnen seien, trifft nicht zu. Der Antragsgegner hat im gerichtlichen Verfahren Kopien der Beschlüsse seiner Verbandsversammlung vorgelegt, die die Übertragung von vier "KfW-Krediten" für der Wasserversorgung dienende Bauvorhaben in Goldberg und B-Stadt von der Westmecklenburger Wasser GmbH E-Stadt auf den Antragsgegner belegen. Die Summe der dort aufgeführten und in Anspruch genommenen bzw. abgerufenen Kreditbeträge ergibt den in der Kalkulation ausgewiesenen Betrag.

25

d. Der Antragsgegner hat auf den Einwand des Antragstellers, er habe in den beitragsfähigen Aufwand auch Aufwendungen für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten eingestellt, ausgeführt, solche Aufwendungen würden nicht aktiviert, sondern in die laufenden Kosten gebucht und über Gebühren finanziert. Weiteren Anlass zur Prüfung sieht der Senat danach an dieser Stelle ebenfalls nicht. Zu den von Antragstellerseite angesprochenen drei verschiedenen im Anlagespiegel enthaltenen Positionen hat der Antragsgegner erläutert, bei der Position 60721950022 ("Auswechslung Knotenpunkte") handele es sich um die planmäßige Umsetzung des im Trinkwasserversorgungskonzept bezüglich einer veralteten Altanlage vorgesehenen Standards und nicht um Instandhaltungs- oder Reparaturarbeiten. Gleiches gelte für eine unter der Position "05in60110" verzeichnete Baumaßnahme aus dem Jahr 2005 am Reinwasserbehälter im Wasserwerk Herzberg. Hier sei eine als Provisorium anzusehende veraltete Steuerungstechnik in einer seinerzeit kostenlos übernommenen Altanlage durch neue Steuerungstechnik ersetzt worden. Der im Anlagespiegel an der zugehörigen Stelle verwendete Begriff der Sanierung sei insoweit nicht zutreffend. Es handele sich nicht um eine Sanierung neu errichteter Anlagenteile, sondern um die erstmalige Verwirklichung des im Trinkwasserkonzept vorgesehenen Standards. Die Position 6072192002 sei schließlich in den Herstellungsaufwand nicht eingerechnet worden, weil sie zu dem vom Verband kostenlos übernommenen Vermögen gehöre. Danach war auch zu diesen Punkten keine vertiefte Überprüfung angezeigt.

26

Entgegen den Ausführungen des Antragstellers ergibt sich außerdem der Umfang der Gesamtinvestitionen aus dem Trinkwasserkonzept. Hier wird - entgegen dessen Auffassung - auch hinreichend deutlich, dass es sich um Nettoinvestitionen handeln soll.

27

e. Der Antragsteller rügt, den Vertretern der Verbandsversammlung hätten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 21. Dezember 2009 über die Änderung des Beitragssatzes in § 5 TBS (Zweite Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung) die Kalkulationsunterlagen nicht zur Kenntnis vorgelegen. Gleiches gelte für die Beschlussfassung vom 4. Dezember 2006. Anderes könne weder der Ladung zur Verbandsversammlung noch den weiteren Unterlagen, insbesondere nicht dem Protokoll der Verbandsversammlung entnommen werden. Diese Rüge ist unzutreffend.

28

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates (vgl. dazu die zahlreichen Nachweise bei Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG, Stand: Juni 2010, § 2 Anm. 8.3.1.2) muss der Verbandsversammlung - neben der Beschlussvorlage über die Satzung - eine (Global-) Kalkulation bei der Beschlussfassung über die Abgabensatzung vorliegen. Wird dem Rechtssetzungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Ungültigkeit des Abgabensatzes zur Folge, weil das Rechtssetzungsorgan das ihm bei der Festsetzung der Abgabensätze eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei hat ausüben können.

29

Es unterliegt aus Sicht des Senates keinen Zweifeln, dass der Verbandsversammlung in ihrer Sitzung vom 4. Dezember 2006 ebenso wie in der Sitzung vom 21. Dezember 2009 die Kalkulationsunterlagen mit der Möglichkeit zur Kenntnisnahme vorgelegen haben. Das folgt für die Sitzung vom 4. Dezember 2006 aus der wohl nach späterem Abhören des Tonbandmitschnittes am 19. März 2008 gefertigten Ergänzung zum Protokoll der Verbandsversammlung Nr. 02/2006, wonach im Anschluss an den Tagesordnungspunkt 5 die Verbandsvorsteherin explizit darauf hingewiesen habe, dass zur Beratung alle Kalkulationsunterlagen zur Einsichtnahme vorlagen. Diese in der mündlichen Verhandlung im Original vorgelegte Protokollergänzung ist als öffentliche Urkunde nach §§ 98 VwGO, 418 ZPO anzusehen, die den vollen Beweis der darin (aufgrund eigener Wahrnehmung, § 418 Abs. 3 ZPO) bezeugten Tatsache begründet, mithin dass der Hinweis durch die Verbandsvorsteherin auf die ausliegenden Kalkulationsunterlagen ergangen ist (vgl. dazu MüKo ZPO, § 418, Rn. 4; Rudisile in: Schoch, VwGO § 98, Rn. 206;). Die Voraussetzungen des § 418 ZPO liegen vor. Die Verbandsversammlung (§§ 155, 156 KV) ist eine öffentliche Behörde i.S.d. Definition der öffentlichen Urkunde nach § 415 Abs. 1 ZPO. Als solche Behörden werden nicht nur Verwaltungsbehörden angesehen, sondern die in den allgemeinen Organismus der Behörden eingefügte Organe der Staatsgewalt, die dazu berufen sind, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates oder der von ihm geförderten Zwecke tätig zu sein, gleichviel ob das Organ unmittelbar vom Staate oder einer dem Staate untergeordneten Körperschaft zunächst für deren eigene Zwecke bestellt ist (BGH, 16.10.1963 - IV ZB 171/63 -, BGHZ 40, 225, 228; vgl. OVG Magdeburg, 10.12.1998 - C 2 S 477/96 -, juris: Protokoll über die Sitzung des Gemeinderats ist öffentliche Urkunde, die nach § 418 ZPO den vollen Beweis begründet). Die von Antragstellerseite geäußerte Einschätzung, es sei ungewöhnlich, dass die Protokollergänzung so spät gekommen sei, ist danach unbeachtlich.

30

Damit erweist sich die Rüge fehlender Kalkulationsunterlagen allein als offenbar ungeprüfte und unzutreffende Vermutung. Gleiches gilt für den inhaltlich gleichlautenden, die Sitzung vom 21. Dezember 2009 betreffenden Einwand. Hier ist schon der Sitzungsniederschrift (Verbandsversammlung 03/2009) selbst zu entnehmen, dass die Kalkulationsunterlagen zur Einsichtnahme im Präsidium ausgelegen haben. Im Übrigen besteht kein einziger Anhaltspunkt, dass ein Verbandsvertreter Bedarf an einer Einsichtnahme in die Unterlagen geäußert hätte und diese nicht möglich gewesen wäre.

31

f. Wenn weiter eingewandt wird, die dem Beschluss der Verbandsversammlung über die Änderung des Beitragssatzes vom 21. Dezember 2009 zugrundeliegende Kalkulation habe der Antragsgegner nicht ohne Prüfung der Aktualität von Aufwands- und Flächenseite verwenden dürfen, insbesondere seien seit dem Jahre 2006 im Verbandsgebiet verschiedene Flächennutzungs- und Bebauungspläne sowie Abrundungssatzungen in Kraft getreten, so führt auch das nicht zum Erfolg. Der Erlass oder die Änderung solcher Pläne und Satzungen sind mit Blick auf die zahlreichen Gemeinden des gesamten Verbandsgebietes ein permanent stattfindender Vorgang der bauplanungsrechtlichen Fortentwicklung, der zu einer Vergrößerung ebenso wie zu einer Verkleinerung der beitragsrelevanten Gesamtfläche führen kann. Damit zusammenhängende Ungenauigkeiten der Flächenberechnung müssen bei einer gesetzlich zulässigen (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG) Globalkalkulation ebenso wie andere mit einer mehrere Jahre in die Zukunft reichenden Investitionsprognose verbundene Schätzungen in Kauf genommen werden. Anderenfalls müsste eine Kalkulation bei jeder Änderung der bauplanungsrechtlichen Gegebenheiten in einem Teil des Verbandsgebietes überarbeitet werden, um auch minimale Veränderungen der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen. Dies ist aber angesichts der ohnehin nur scheinbar vorhandenen Präzision der Kalkulation (Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 3.4) nicht zu fordern. Vielmehr wird - ohne dass sich der Senat an dieser Stelle mangels Entscheidungserheblichkeit abschließend äußern muss - angesichts der Regelung in § 6 Abs. 2 d) KAG eine Beitragskalkulation grundsätzlich für den Zeitraum von fünf Jahren als hinreichend aktuell angesehen (Aussprung, a.a.O., § 9 Anm. 3.4; vgl. dazu auch OVG M-V, 15.11.2000, a.a.O., 177).

32

Damit reicht allein der Hinweis des Antragstellers auf eine Veränderung bzw. den Erlass von Bebauungsplänen und Abrundungssatzungen nicht aus, um die Aktualität der Globalkalkulation des Antragsgegners in Zweifel zu ziehen. Anhaltspunkte dafür, dass dies ausnahmsweise anders gesehen werden müsste, etwa weil besonders intensive Flächenänderungen betroffen wären, die erhebliche Auswirkungen auf die Kalkulation hätten, fehlen im Vortrag des Antragstellers. Solche drängen sich bei der aus dem August 2006 stammenden Flächenkalkulation für den im Dezember 2009 getroffenen Beschluss über den Beitragssatz auch nicht auf.

33

g. § 2 TBS ist nicht im Hinblick auf eine etwaige Beitragspflicht noch nicht angeschlossener bebauter Außenbereichsgrundstücke zu beanstanden. Die Vorschrift lautet:

34

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Trinkwasserversorgung angeschlossen werden können und

35

(a) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden können, oder

36

(b) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinden zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen, oder

37

(c) wenn sie bebaut sind.

38

(2) Wird ein Grundstück an die Trinkwasserversorgung tatsächlich angeschlossen, so unterliegt es der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vorliegen.

(3).....................

39

§ 2 Abs. 1 c) TBS ist nicht so zu verstehen, dass bebaute Außenbereichsgrundstücke, die an die Einrichtung nur angeschlossen werden können, ohne schon angeschlossen zu sein, bereits der Beitragspflicht unterliegen sollen und dass die Bestimmung damit gegen das Vorteilsprinzip nach § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG verstieße. Mangels Baulandqualität solcher Grundstücke führt bei ihnen allein die Anschlussmöglichkeit noch nicht zu einer gesicherten Vorteilslage (vgl. Klausing in: Driehaus, Stand: März 2010, § 8, Rn. 1032). Entgegen der Auffassung des Antragstellers zwingt der Wortlaut des § 2 Abs. 1 TBS nicht zu einer solchen Deutung der Norm, denn er ist nicht in diesem Sinne eindeutig und lässt Raum für eine Lesart, die zu einer Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht führt.

40

Sollten schon nichtangeschlossene und nur anschließbare bebaute Außenbereichsgrundstücke der Beitragspflicht unterstellt werden, so müsste die Bestimmung folgendermaßen gelesen werden: "Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die ....angeschlossen werden können und wenn sie bebaut sind". Der Satz müsste dann aber richtigerweise lauten: "...angeschlossen werden können und bebaut sind". Wegen dieser grammatikalischen Ungenauigkeit lässt sich § 2 Abs. 1 TBS auch so verstehen, dass sich die Formulierung unter Buchstabe c) ("wenn sie bebaut sind") allein auf die unter den Buchstaben a) und b) geregelten Fälle festgesetzter oder nach der Verkehrsauffassung bestehender, aber noch nicht verwirklichter Bebaubarkeit bezieht (beplanter bzw. Innenbereich) und sie um die Fälle schon realisierter Bebauung solcher Grundstücke ergänzt. Der von dem Antragsteller angesprochene Fall des angeschlossenen und bebauten Außenbereichsgrundstückes unterfiele dann allein § 2 Abs. 2 TBS. Dass dieses nach dem Wortlaut mögliche Verständnis der Norm vorzugswürdig gegenüber einer Interpretation ist, die zur Unwirksamkeit der gesamten Satzung führt, versteht sich von selbst. Darüber hinaus fügt sich allein die so verstandene Bestimmung auch in das weitere Satzungsgefüge ein. Dies wäre nicht der Fall, wenn man § 2 Abs. 1 c) TBS entnehmen wollte, dass bereits bebaute und nur über eine Anschlussmöglichkeit verfügende Außenbereichsgrundstücke der Beitragspflicht unterfallen sollen. Für solche Grundstücke fehlte es dann nämlich an einem Beitragsmaßstab mit der Folge, dass sie zwar der Beitragspflicht unterstellt würden, letztendlich jedoch überhaupt nicht veranlagt werden könnten. Nach § 4 Abs. 1 TBS ("Beitragsmaßstab") wird der Anschlussbeitrag für die bevorteilte Grundstücksfläche unter Berücksichtigung der Art und des Maßes der Bebaubarkeit des Grundstückes berechnet. Ist eine Grundstücksfläche nicht bevorteilt, wird danach dafür auch kein Beitrag berechnet. Das trifft aber auf mit noch nicht angeschlossenen Baulichkeiten bebaute Außenbereichsgrundstücke mangels gesicherter Vorteilslage zu. Damit übereinstimmend regelt § 4 Abs. 2 i) TBS, dass bei bebauten Grundstücken im Außenbereich der mit 0,2 vervielfachte Teil der Grundfläche der an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten als Grundstücksfläche gilt. Ohne bereits angeschlossene Baulichkeiten errechnet sich danach keine unter Geltung des Grundstücksflächenmaßstabes für die Beitragserhebung erforderliche Grundstücksfläche.

41

h. Der Antragsteller meint, § 4 Abs. 2 b) TBS ordne für Grundstücke, die im Bereich eines Bebauungsplanes liegen und über die Grenzen des Bebauungsplanes hinausreichen, für den Außenbereichsteil die Geltung der Grundstücksfläche im Umfang der Grundfläche der Baulichkeit an. § 4 Abs. 2 i) TBS bestimme hingegen für ganz im Außenbereich liegende bebaute Grundstücke die durch die GRZ 0,2 geteilte Grundfläche als beitragspflichtige Fläche. Hierin sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu erkennen. Das trifft nicht zu.

42

§ 4 Abs. 2 b) TBS enthält entgegen der von dem Antragsteller vertretenen Auffassung keine Regelung für Grundstücke, die teils im Gebiet eines Bebauungsplanes und teils im Außenbereich liegen. Die Bestimmung setzt nämlich voraus, dass die Fläche außerhalb des Plangebietes baulich oder gewerblich genutzt werden kann. Die Möglichkeit einer baulichen Nutzung besteht jedoch für Außenbereichsflächen grundsätzlich nicht. Der Außenbereich ist nach § 35 Abs. 2 BauGB grundsätzlich unbebaubar (Battis/Krautzberger/Löhr, 11. Aufl., Vorb §§ 29-38, Rn. 5). Befindet sich ein Gebäude auf einer Außenbereichsfläche, so mag dieses Bestandsschutz genießen und als solches genutzt werden können. Damit ist jedoch nicht zugleich die Außenbereichsfläche selbst baulich nutzbar. Würde das Gebäude zerstört, dürfte es im Grundsatz wegen seiner Lage im Außenbereich nicht wieder aufgebaut werden (vgl. BVerwG, 20.09.1974 - IV C 70.72 -, DÖV 1975, 104, 105).

43

Damit ist § 4 Abs. 2 i) TBS alleinige Norm zur Berechnung der Grundstücksfläche bei bebauten und angeschlossenen Grundstücken im Außenbereich. Der von Antragstellerseite gerügte Konflikt mit § 4 Abs. 2 b) TBS besteht nicht.

44

Die von Antragstellerseite monierte Ungleichbehandlung führte aber auch nur dann zum Fehlen einer erforderlichen Maßstabsregelung, also einer Satzungslücke und somit zur Nichtigkeit der Satzung, wenn es im Verbandsbereich überhaupt vom Bebauungsplanbereich in den Außenbereich übergehende Grundstücke gäbe. Nur dann könnte sich eine nichtige Maßstabsregelung vor dem Hintergrund des im Recht der leitungsgebundenen Einrichtung geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit als rechtlich problematisch darstellen und ggf. zur Nichtigkeit der Satzung insgesamt führen (vgl. OVG Greifswald, 30.06.2004 - 4 K 34/02 -, juris, NordÖR 2004, 417[nur Leitsätze]). Der Antragsgegner hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, es gebe in seinem Verbandsgebiet keine Veranlagungsfälle, bei denen einzelne Buchgrundstücke über die Bebauungsplangrenze hinausreichten, direkt in den Außenbereich übergingen und trotz vorhandener Baulichkeiten nicht dem unbeplanten Innenbereich zuzurechnen wären.

45

i. Die § 4 Abs. 2 d) Satz 2 TBS betreffende Rüge des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Der Antragsteller meint, dass danach bei von der Tiefenbegrenzungsregelung betroffenen sogenannten "Pfeifenstielgrundstücken" die Zuwegung zum Grundstück bei der Berechnung des Beitrages außer Betracht bleibe, was mit dem Gleichheitssatz unvereinbar sei. Wegeflächen auf Grundstücken müssten bei der Kalkulation in vollem Umfang berücksichtigt werden.

46

Die Vorschrift lautet:

47

"Als Grundstücksfläche gilt:

d) bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Dieser Abstand wird bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen."

48

Die Bedenken des Antragstellers sind bei richtigem Verständnis der Bestimmung unbegründet. Im Falle einer Grundstückszuwegung wird nicht der straßenseitige Anfang der zu berechnenden Fläche von der Straße weg bis zum Ende der Zuwegung und Anfang der eigentlichen Grundstücksfläche verlegt mit der Folge, dass die Fläche der Zuwegung nicht mitzählte, sondern nur der Verlauf der Tiefenlinie, indem insoweit der Abstand von 50 Metern erst ab dem Ende der Zuwegung gemessen wird. Maßgeblich ist grundsätzlich die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Bei "Pfeifenstiel-" bzw. "Zuwegungsgrundstücken" wird nur der Verlauf dieser Parallele verschoben, indem der 50 Meter betragende Abstand (zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der Parallelen) erst von dem Ende der Zuwegung an gemessen wird. Die der Straße zugewandte Grundstücksseite wird nicht verschoben. Daher fällt die Zuwegung - anders als der Antragsteller meint - in die beitragspflichtige Fläche.

49

j. Die Rüge, § 4 Abs. 2 g) TBS sei nicht vorteilsgerecht, greift nicht durch. Die Bestimmung lautet:

50

"bei Grundstücken, für die im Bebauungsplan sonstige Nutzung ohne oder mit nur untergeordneter Bebauung festgesetzt ist oder die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (§ 34 BauGB) tatsächlich so genutzt werden (z.B. Schwimmbäder, Camping- und Sportplätze), die Grundfläche der an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten geteilt durch die Grundflächenzahl (GRZ) 0,2. Die unter Berücksichtigung des Maßes der Nutzung ermittelte Fläche wird den betreffenden Gebäuden so zugeordnet, dass ihre Grenzen jeweils im gleichen Abstand von den Außenwänden der Gebäude verlaufen. ..."

51

Nach Auffassung des Antragstellers blieben danach bauakzessorisch genutzte private Grünflächen oder private Parkplätze beitragsfrei, da sich auf diesen Flächen üblicherweise keine an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten befänden. Gleiches gelte, wenn in einem Bebauungsplan für Teilflächen eines Buchgrundstückes sowohl eine sonstige Nutzung ohne Bebauung als auch eine andere Teilfläche "Bebauung" geplant sei. Bei konsequenter Anwendung der Vorschrift wäre die Folge, dass trotz der Bebaubarkeit nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes nur die Grundfläche des an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Gebäudes geteilt durch die Grundflächenzahl 0,2 als Grundstücksfläche beitragsfähig wäre. Dies sei nicht vorteilsgerecht.

52

Dem ist nicht zu folgen.

53

Im Anschlussbeitragsrecht ist im Interesse von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff auszugehen (vgl. OVG Greifswald, 10.10.2007 - 1 L 256/06 - (Volkswerft), NordÖR 2008, 40, 41; 20.11.2003 - 1 M 180/03 -, DÖV 2004, 259, 260). Unter "Grundstück" ist danach derjenige katastermäßig abgegrenzte Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der im Grundbuch unter einer besonderen Nummer eingetragen ist. Diese vom Bundesverwaltungsgericht im Erschließungsbeitragsrecht vertretene Rechtsansicht (vgl. etwa BVerwG, 12.12.1986 - 8 C 9.86 -, NVwZ 1987, 420) gilt auch für das Recht der leitungsgebundenen Anlagen (vgl. OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Für die von dem Antragsteller aufgeworfene Frage der beitragsrechtlich maßgeblichen Ausnutzbarkeit des Grundstückes, insbesondere die Frage, ob das gesamte Grundstück oder nur Teile baulich nutzbar sind, muss ebenfalls grundsätzlich die (gesamte) Fläche des im Bereich eines Bebauungsplanes nach § 30 BauGB oder vollständig im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB liegenden Buchgrundstückes betrachtet werden. Eine Unterteilung des Grundstückes nach verschiedenen Nutzungsarten (Bauland, Parkplatz, Grünfläche etc.) scheidet - von Ausnahmen abgesehen - aus. Für die Frage der Baulandeigenschaft des Grundstückes ist dessen gesamte Fläche einheitlich und nicht nach Grundstücksteilen getrennt zu betrachten, obgleich so gut wie nie die gesamte Fläche der baulichen (oder sonstwie beitragsrechtlich relevanten) Nutzung zugeführt werden bzw. voll überbaut werden darf. Denn die Zulässigkeit einer Bebauung setzt zumeist die Freihaltung erheblicher Grundstücksteile voraus, für die Ausführbarkeit eines Bauvorhabens muss daher in der Regel mehr an Fläche zur Verfügung stehen, als für die bauliche Anlage als solche benötigt wird. Baulinien, Baugrenzen, Abstands- und Anbauverbotsvorschriften sind für den Umfang der zu berücksichtigenden Grundstücksfläche ebenso ohne Belang wie bauplanungsrechtliche Festsetzungen von Grundstücksteilen als private Grünfläche (BVerwG, 29.11.1994 - 8 B 171/94 -, NVwZ 1995, 1215, 1216; vgl. Klausing in: Driehaus, a.a.O., § 8, Rn. 1029). Anderes gilt nur, wenn ein Grundstücksteil einer privaten Nutzung durch den Eigentümer - wie etwa bei der Festsetzung als öffentliche Grünfläche - schlechthin entzogen ist (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 8).

54

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass § 4 Abs. 2 g) TBS eine von diesen Maßstäben abweichende Regelung treffen will. Wird demnach ein im Gebiet eines qualifizierten Bebauungsplanes oder vollständig im Bereich nach § 34 BauGB liegendes baulich nutzbares Grundstück in Teilen auch "sonstig" i.S.v. § 4 Abs. 2 g) TBS genutzt, so bleibt es für die Frage der Baulandqualität bei der gesamten Grundstücksfläche. Nur wenn das Grundstück ausschließlich im in § 4 Abs. 2 g) TBS angesprochenen Sinne nutzbar ist oder im Bereich nach § 34 BauGB in dieser Weise genutzt wird, gilt der dort geregelte Maßstab für die "sonstige Nutzung". Ein Verstoß gegen das Vorteilsprinzip kann daher nicht gesehen werden.

55

k. § 4 Abs. 5 TBS ist nicht zu beanstanden. Die im Zusammenhang mit § 4 Abs. 3 und 4 TBS stehende Bestimmung lautet:

56

(Abs.3) Zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Maßes der Nutzung wird die Fläche nach Abs. 2 mit einem Vom-Hundert-Satz für jedes Vollgeschoss wie folgt bewertet:

a) für das erste Vollgeschoss 25 %,

b) für jedes weitere Vollgeschoss 20 % der Grundstücksfläche nach Absatz 2

57

(Abs. 4) Als Zahl der Vollgeschosse gilt:

a) soweit ein B-Plan besteht, die hier festgesetzte höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse,

b) soweit kein B-Plan besteht oder in einem B-Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt ist:

- bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse,

- bei genehmigten Vorhaben die Zahl der genehmigten Vollgeschosse,

- bei unbebauten Grundstücken die Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse.

58

(Abs. 5) Als Vollgeschoss gelten alle Geschosse, die nach den Vorschriften der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern Vollgeschosse sind. Bei Gebäuden, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden, müssen die Mindesthöhen gemäß der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern nicht erreicht werden.

59

Der Antragsteller hält § 4 Abs. 5 TBS für gleichheitswidrig, weil danach für Bauten, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, keine konkrete Regelung zur Geschosshöhe bestehe. Die Vorschrift sei daher unbestimmt, und es bliebe letztlich der Entscheidung des rechtsanwendenden Sachbearbeiters überlassen, wie die zahlreich vor 1994 errichteten Gebäude zu veranlagen seien. Eine derartige Unterscheidung zwischen vor und nach dem 30. April 1994 errichteten Bauten sei auch nur dann zulässig, wenn Altbauten auch mit geringerer Deckenhöhe als der Vollgeschossregelung für Neubauten generell weitgehender nutzbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Diesen Einwänden vermag der Senat nicht zu folgen.

60

§ 4 Abs. 5 TBS ist nicht unbestimmt. Einer Norm - auch einer Bestimmung in einer kommunalen Beitragssatzung - fehlt nicht deshalb die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit oder Klarheit, weil sie der Auslegung bedarf. Der Bestimmtheitsgrundsatz verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen. Normen müssen so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen können und die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Vorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren. Das Gebot der Bestimmtheit darf nicht übersteigert werden, weil die Normen sonst starr und kasuistisch würden und der Vielgestaltigkeit der Sachverhalte oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten. Es ist deshalb ausreichend, wenn der Norminhalt durch die anerkannten Auslegungsmethoden zweifelsfrei ermittelt werden kann. Dabei ist die Interpretation nicht durch den formalen Wortlaut der Norm begrenzt. Ausschlaggebend ist der objektive Wille des Gesetzgebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Gesetzestext einen Niederschlag gefunden hat (BayVerfGH, 22.06.2010 - Vf. 15-VII-09 -; juris; OVG Weimar, 18.12.2000 - 4 N 472/00 -, LKV 2001, 415ff; BVerwG, 14.12.1995 - 4 N 2/95 -, NVwZ-RR 1996, 429). Im Interesse der Normerhaltung kann eine Bestimmung nur dann für nichtig gehalten werden, wenn keine nach anerkannten Auslegungsregeln zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende, insbesondere den Gesamtzusammenhang der getroffenen Regelung mit berücksichtigende Auslegung möglich ist (BVerwG, 20.08.2003 - 6 CN 5/02 -, juris; 15.12.1993 - 6 C 20/92 -, BVerwGE 94, 352, 358).

61

Danach kann § 4 Abs. 5 TBS in einer Weise ausgelegt werden, die auch im Satzungstext hinreichend deutlich ihren Ausdruck findet. Die Vorschrift für unbestimmt zu halten oder anzunehmen, sie treffe für Bauwerke, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung errichtet worden sind, im Hinblick auf die Anforderungen an deren Geschosshöhen überhaupt keine Regelung, sodass der Rechtsanwender nicht mehr in der Lage sei zu erkennen, was der Satzungsgeber für diese Fälle bestimmt habe, geht fehl.

62

Der Sinn der Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS, wonach bei Gebäuden, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden, die Mindesthöhen nach der Landesbauordnung nicht eingehalten werden müssen, ist in ausreichend deutlicher Weise der Regelungssystematik des in § 4 Abs. 3 bis 5 TBS bestimmten Vollgeschossmaßstabes zu entnehmen. Zur Ermittlung der für den Anschlussbeitrag maßgeblichen Grundstücksfläche (§ 4 Abs. 1 TBS) ist die nach § 4 Abs. 2 TBS ermittelte Fläche nach § 4 Abs. 3 TBS für das erste Vollgeschoss mit 25% und für jedes weitere Vollgeschoss mit 20% zu bewerten. Nach § 4 Abs. 4 b) TBS gilt, soweit kein Bebauungsplan besteht oder in einem solchen Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt ist, bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse. Absatz 5 des § 4 TBS schließlich regelt, dass als Vollgeschoss alle Geschosse gelten, die nach den Vorschriften der Landesbauordnung Vollgeschosse sind. Das sind nach § 2 Abs. 6 LBauO v. 26. April 1994 (GVOBl. 1994, 518) Geschosse, die über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses oder, wenn kein darunterliegendes Geschoss vorhanden ist, zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben. Ähnliches gilt nach § 87 Abs. 2 LBauO v. 18. April 2006 (GVOBl. 2006, 102), wonach die Geschosse über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben müssen, was auch schon nach § 2 Abs. 4 Gesetz über die Bauordnung v. 20. Juli 1990 (Gesetzblatt Teil I 1990, 929) geltendes Recht war (vgl. zur Legaldefinition des Vollgeschosses OVG Greifswald, 11.10.2007 - 3 M 169/07 -, LKV 2008, 421).

63

Wenn der Satzungsgeber vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen anordnet, dass für die Bewertung von Gebäuden, die vor Inkrafttreten der den Beurteilungsmaßstab für Vollgeschosse enthaltenden Rechtsvorschrift errichtet worden sind, die Anforderungen dieser Vorschrift nicht gelten sollen, so ist dem ohne Weiteres der Sinn zu entnehmen, dass für diese Gebäude - was die Mindesthöhe der Geschosse anbelangt - ein weniger strenger Begriff des Vollgeschosses gelten soll. Denn ordnete die Satzung auch für solche früher errichtete Gebäude den Vollgeschossmaßstab nach der Landesbauordnung an, so könnte der Fall eintreten, dass ein solches Gebäude allein deshalb, weil seine Geschosshöhen die an ein "Vollgeschoss" zu stellenden Voraussetzungen nicht erfüllen mussten und nicht erfüllten, obwohl es wie ein neueres Gebäude mit nach der Landesbauordnung vorgeschriebenen Geschosshöhen genutzt wird, vorteilswidrigerweise zu gering oder überhaupt nicht veranlagt wird, weil es keine Vollgeschosse i.S.d. Landesbauordnung, sondern nur niedrigere Geschosse aufwiese. Die Regelung will demnach verhindern, "Altbauten" wegen der Maßgeblichkeit der Anzahl der Vollgeschosse besser zu stellen, wenn sie die für Vollgeschosse geltenden Mindesthöhen der Landesbauordnung nicht erreichen. Da der vom Maß der Nutzung abhängige wirtschaftliche Vorteil bei Vollgeschossen einerseits und bei Geschossen unterhalb der Vollgeschossigkeit andererseits annähernd gleich ist (OVG NW, 29.08.2000 - 15 A 4178/00 -, juris, Rn. 4) verstieße das - wenn es denn solche Gebäude im Verbandsgebiet gäbe - gegen das nach § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG geltende Vorteilsprinzip, wonach die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen sind.

64

§ 4 Abs. 5 Satz 2 TBS ist zu entnehmen, dass sich für früher errichtete Gebäude die Qualifizierung als für die Flächenberechnung (§ 4 Abs. 3 TBS) relevantes Geschoss nach den zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Anforderungen bestimmen soll. Dies findet in dem Satzteil "..., die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden,..." hinreichend Ausdruck. Eine andere sinnvolle Interpretation der Norm bietet sich nicht an. Insbesondere scheidet eine Deutung aus, die quasi am Buchstaben des § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS haftete. Bei einer solchen Interpretation müssten die Mindesthöhen der Landesbauordnung nur dann nicht eingehalten werden, wenn das Gebäude vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet worden ist. Das hieße, dass Gebäude, die unter Missachtung der seinerzeitigen rechtlichen Anforderungen errichtet worden sind, nicht unter die Freistellung von den Mindesthöhen nach der Landesbauordnung fielen mit der Folge, dass für sie der Vollgeschossbegriff der Landesbauordnung anzuwenden wäre. Dann könnten Grundstücke mit solchen "illegalen" Gebäuden mangels Erreichen der Mindestgeschosshöhe nicht in vorteilsgerechtem Maße oder sogar überhaupt nicht herangezogen werden. Dies widerspräche dem Willen des Satzungsgebers, möglichst vorteilsgerechte Ergebnisse auch bezüglich der "Altbauten" zu erzielen.

65

Die Bestimmung kann auch nicht - wie der Antragsteller unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts E-Stadt vom 22. Januar 2010 (- 8 A 1364/09 -, Urteilsabdruck, S. 6) meint - deshalb beanstandet werden, weil danach satzungsrechtliche Einschränkungen für die Anrechenbarkeit von Dachräumen mit schrägen Wänden fehlten und Altbauten deshalb ohne hinreichenden sachlichen Grund in höherem Maße als Neubauten zur Berechnung des Vorteils herangezogen würden. Diese Erwägung ist nicht zwingend. § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS befreit lediglich von der Geltung der für Vollgeschosse vorgesehenen Mindesthöhen. Das Kriterium nach den oben genannten Bestimmungen der verschiedenen Landesbauordnungen, wonach die Mindesthöhe auf zwei Dritteln der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses oder der eigenen Grundfläche des Geschosses (vgl. § 2 Abs. 6 LBauO 1994) vorliegen muss, wird von § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS nicht berührt. Somit gilt auch für Dachgeschosse älterer Gebäude, dass die seinerzeitigen Anforderungen an die Mindesthöhe von Vollgeschossen bzw. von nach der beitragsrechtlich relevanten Nutzung her nicht anders zu behandelnden "Geschossen" gleichermaßen wie für Dachgeschosse von Neubauten auf zwei Dritteln der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses vorliegen müssen. Ein Dachraum in einem unter Geltung der Deutschen Bauordnung (DBO) vom 2. Oktober 1958 errichteten Gebäude muss danach eine lichte Höhe von 2,20 m (vgl. §§ 93c, 366 Abs. 2 DBO) über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses haben, um als Vollgeschoss i.S.v. § 4 Abs. 3 bis 5 TBS zu zählen.

66

§ 4 Abs. 5 Satz 2 TBS verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Bestimmung schon vor Inkrafttreten der Landesbauordnung errichtete Gebäude von der Geltung der dort geregelten Mindesthöhen ausnimmt, obwohl auch nach dem zuvor geltenden Gesetz über die Bauordnung dieselbe Mindesthöhe einzuhalten war (so aber VG Greifswald, 28.04.2010 - 3 A 1398/07 -, Urteilsabdruck, S. 5 zu einer vergleichbaren Satzungsregelung). Wie oben ausgeführt ist nach § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS für ältere Gebäude hinsichtlich der Mindesthöhe der Räume das seinerzeitige Recht anzuwenden, sodass für unter Geltung des Gesetzes über die Bauordnung errichtete Gebäude ebenfalls die nach den späteren Fassungen der Landesbauordnung vorgesehene Mindesthöhe (2,30 m) zugrundezulegen ist. § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS bleibt insoweit ohne rechtliche Bedeutung.

67

Wenn § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS danach im Einzelfall eines älteren Gebäudes nicht einfache Fragen nach den früheren rechtlichen Anforderungen an die Errichtung baulicher Anlagen in Bezug auf die Mindesthöhe von Geschossen aufwerfen kann und sich sein Regelungsgehalt erst aufgrund einer Auslegung der Norm vollständig erschließt, so kann darunter womöglich eine reibungslose Anwendung der Bestimmung im Einzelfall leiden. Eine Unwirksamkeit der Norm und damit womöglich der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung lässt sich daraus aber nicht ableiten. Im Übrigen weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass die Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS nicht auf sämtliche vor 1994 errichtete Gebäude Anwendung findet, sondern sich ihre Geltung auf solche Gebäude beschränkt, deren Geschosse niedriger als 2,30 m sind.

68

l. § 6 Abs. 1 TBS verstößt zwar gegen § 7 Abs. 2 KAG, soweit neben dem Eigentümer des Grundstückes der zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigte als Beitragsschuldner bezeichnet wird. Dieser Fehler führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung. § 6 Abs. 1 TBS lautet:

69

"Beitragsschuldner ist, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstückes oder zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigter ist. Bei einem erbbaubelasteten Grundstück ist der Erbbauberechtigte an Stelle des Eigentümers Beitragsschuldner. Ist das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch belastet, so ist der Inhaber dieses Rechtes anstelle des Pflichtigen nach Satz 1 oder Satz 2 beitragspflichtig."

70

Damit bestimmt § 6 Abs. 1 TBS auch den zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigten zum Beitragspflichtigen, obwohl nach § 7 Abs. 2 Satz 1 KAG, von dem Sonderfall des Inhabers eines Gewerbebetriebes im Zusammenhang mit § 8 Abs. 7 KAG abgesehen, allein der Eigentümer des bevorteilten Grundstückes Beitragspflichtiger ist. Dieser wird nach § 7 Abs. 2 Satz 3 KAG nur im Falle eines erbbaubelasteten Grundstückes durch den Erbbauberechtigten als Beitragspflichtigen ersetzt und nach Satz 4 dieser Bestimmung im Falle der Belastung des Grundstückes mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Artikel 233 § 4 EGBGB durch den Inhaber dieses Rechts. Weitere dinglich Berechtigte scheiden nach den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes daher, anders als noch nach § 8 Abs. 10 KAG in der Fassung vom 1. Juni 1993, als Beitragspflichtige aus. § 6 Abs. 1 TBS geht unzulässigerweise darüber hinaus.

71

Dieser Fehler führt nicht zur Gesamtnichtigkeit der angegriffenen Trinkwasserbeitragssatzung. Zwar gehört die Bestimmung des Kreises der Abgabenschuldner zu dem in § 2 Abs. 1 KAG geregelten notwendigen Umfang einer Abgabensatzung. Hier ist aber § 6 Abs. 1 TBS trotz des angesprochenen Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 KAG nur teilnichtig, denn die Norm bleibt auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll, insbesondere umfasst der Restbestand der Bestimmung den von § 2 Abs. 1 KAG erforderten Mindestinhalt, und es ist anzunehmen, dass der Antragsgegner § 6 Abs. 1 TBS auch ohne den nichtigen Teil (Bestimmung des dinglich Berechtigten als Beitragspflichtigen) erlassen hätte (vgl. zu diesen Voraussetzungen BVerwG, 27.01.1978 - VII C 44.76 -, DVBl. 1978, 536, 537; Sauthoff in: Driehaus, KAG, Stand: März 2010, § 8 Rn. 1714; OVG Greifswald, 29.11.2001 - 1 M 66/01 -, NordÖR 2002, 81, 82; 02.06.2004, a.a.O.). Die letztgenannte Annahme wird auch nicht dadurch widerlegt, dass der Antragsgegner die fragliche Satzungsbestimmung im Laufe des Prozesses verteidigt hat. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass er § 6 Abs. 1 TBS mit einem dem Kommunalabgabengesetz entsprechenden Regelungsgehalt nicht erlassen hätte. Diese Annahme wäre nicht nur deshalb fernliegend, weil der Antragsgegner als Körperschaft des öffentlichen Rechts per se um den Erlass gesetzeskonformer Satzungen bemüht sein muss, sondern auch deshalb, weil es nach der in der mündlichen Verhandlung gegebenen Auskunft des Antragsgegners aus seiner Sicht im Verbandsgebiet Anwendungsfälle des "dinglich Berechtigten" neben den in § 6 Abs. 1 TBS erfassten Fallgruppen (Erbbauberechtigter, Inhaber des Rechts nach Art. 233 § 4 EGBGB) nicht geben soll. Daher ist dem Antragsgegner an dieser Stelle auch kein Regelungsbedürfnis zu unterstellen, das der Annahme widersprechen könnte, er hätte die Satzungsbestimmung auch ohne den zu beanstandenden Teil erlassen.

72

2. § 4 Abs. 2 d) TBS verstößt gegen höherrangiges Recht, soweit die hier geregelte Tiefenbegrenzungslinie bei grundsätzlich 50 m gezogen wird (a.). Dieser Verstoß führt zur Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregel und damit zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung (b.).

73

§ 4 Abs. 2 d) lautet:

74

Als Grundstücksfläche gilt:

… bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Dieser Abstand wird bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen...

75

a. Die Bestimmung regelt eine sogenannte qualifizierte Tiefenbegrenzung, denn sie gilt ausschließlich für Grundstücke, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich liegen, nicht jedoch (auch) für vollständig im Innenbereich liegende Grundstücke (sogenannte schlichte Tiefenbegrenzung). Eine Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht nach der Rechtsprechung des Senates grundsätzlich zulässig (vgl. OVG Greifswald, 15.03.1995 - 4 K 22/94 -, KStZ 1996, 114, 118; 13.11.2001 - 4 K 16/00 -, NVwZ-RR 2002, 687ff; 02.06.2004, a.a.O.). Daran hat sich mit Einführung von § 9 Abs. 5 KAG durch die Novellierung des Kommunalabgabengesetzes im Jahre 2005 nichts geändert. Ziel der Einführung dieser Bestimmung war es nicht, ein in der Rechtsprechung allgemein anerkanntes Rechtsinstitut auf nunmehr besonders geregelte Fälle einzuschränken. Vielmehr sollte dem Satzungsgeber zusätzlich die Möglichkeit an die Hand gegeben werden, für bebaute Grundstücke im baurechtlichen Innenbereich mit einem überdurchschnittlich großen nicht bebauten Grundstücksteil aus abgabenpolitischen Gründen eine Flächenbegrenzung vorzusehen (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 4/1307, S. 49/50; dazu Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 10).

76

Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Die damit verbundene und im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen allgemein als zulässig angesehene Pauschalierung wirkt sich in Einzelfällen mehr oder weniger zu Lasten einzelner Beitragspflichtiger aus. Eine Tiefenbegrenzung findet gerade im Anschlussbeitragsrecht ihre Rechtfertigung darin, dass im Rahmen der Beitragskalkulation die Ermittlung der Gesamtbeitragsfläche erforderlich ist, die auf metrische Festlegungen angewiesen ist. Dadurch gewinnt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität und -vereinfachung besondere Bedeutung. Ohne Tiefenbegrenzung müsste gegebenenfalls eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegender unbeplanten Grundstücke trotz verbleibender Unsicherheiten in der Abgrenzung des Innenbereichs angestellt werden. Die Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität stehen im Spannungsfeld mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG). Danach sind die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen. Die Vorteile bestehen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, für die die Beiträge erhoben werden (vgl. dazu eingehend OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Da eine exakte Bemessung der Vorteile in der Praxis mit einem nicht akzeptablen Aufwand verbunden wäre, sind Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe anerkannt, insbesondere ist es zulässig, Vorteile nach einem - wie in § 4 Abs. 1 TBS geregelten - kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu bemessen (vgl. BVerwG, 26.07.1993 - 8 B 85/93 -, juris, Rn. 3). Nach diesem Maßstab ist die Größe der bevorteilten Fläche des Grundstückes ein wesentlicher Faktor zur Errechnung des auf das Grundstück entfallenden Beitrages. Je größer die Fläche des Grundstückes bzw. bei Grundstücken im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich der im Innenbereich liegende (bebaubare) Teil des Grundstückes ist, desto größer ist im Prinzip der zu leistende Beitrag. Dieser Zusammenhang ist bei der Normierung einer Tiefenbegrenzung zu beachten. Denn läge bei exakter Betrachtung des einzelnen Grundstückes die Grenze des baurechtlichen Innenbereiches (§ 34 Abs. 1 BauGB) vor (straßenseits) der Tiefenbegrenzungslinie, so würde der Eigentümer des Grundstückes - aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität grundsätzlich zulässigerweise - höher belastet als es ohne eine Tiefenbegrenzungsregelung der Fall wäre. Gleichermaßen würde derjenige Grundstückseigentümer, dessen Grundstück ohne die Vermutung der Tiefenbegrenzung erst jenseits der Tiefenlinie in den Außenbereich überginge, besser gestellt als ohne Geltung der Tiefenbegrenzungslinie.

77

Die Bestimmung einer Tiefenbegrenzungslinie hat sich daher zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt - wenn eine solche ermittelbar ist - die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 39). Der Senat hat daher in seiner bisherigen Rechtsprechung durchweg darauf abgestellt, ob sich die gewählte Tiefenlinie als ortsangemessen darstellt bzw. den örtlichen Verhältnissen entspricht (15.11.2000, - 4 K 8/99 -, a.a.O.; 13.11.2001, - 4 K 16/00 -, a.a.O.; 02.06.2004, - 4 K 38/02 -, a.a.O.; vgl. auch OVG Greifswald, 29.11.2001, - 1 M 66/01 -,a.a.O.). Dies stimmt mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts im Erschließungsbeitragsrecht an die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung überein. Danach muss die gewählte Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren (BVerwG, 01.09.2004 - 9 C 15/03 -, BVerwGE 121, 365, 369). Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu (BVerwG, 30.07.1976 - IV C 65.74 -, DÖV 1977, 247; OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 43). Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln (OVG Greifswald, 15.03.1995, a.a.O.; 15.11.2000, a.a.O.; 13.11.2001, a.a.O.; 20.11.2003, a.a.O.; 27.08.2008 - 1 L 155/06 -, n.v.). Die Ergebnisse dieser Ermittlung sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden (vgl. Erläuterungen zu den Gemeinsamen Satzungsmustern des Städte- und Gemeindetages M-V e.V. und des Innenministeriums M-V über Beiträge und Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung und die zentrale Niederschlagswasserbeseitigung, Anm. 10, abgedruckt bei Aussprung, a.a.O., KAG-Anhang 7.3). Das Normenkontrollgericht hat die Ermessensausübung durch den Satzungsgeber nur auf deren Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen zu überprüfen, darf jedoch keine eigene Entscheidung an die Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung setzen (OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.).

78

Hier hat der Antragsgegner die Anforderungen an eine solche sorgfältige Ermittlung der örtlichen Verhältnisse im Verbandsgebiet grundsätzlich erfüllt. Der Senat hält insbesondere die von dem Antragsgegner angestellte Ermittlung der örtlichen Verhältnisse begrenzt auf repräsentativ ausgewählten Ortslagen für zulässig. Müsste der Ortsgesetzgeber die tatsächlichen Bebauungstiefen in allen Ortslagen des Verbandsgebietes untersuchen, verlöre die Tiefenbegrenzung als Instrument zur Verwaltungsvereinfachung ihre Berechtigung, denn dann würden die Grundstücksdaten, die aufgrund der Tiefenbegrenzungsregel nicht sollen erhoben werden müssen, schon für die Bildung der Regel benötigt (vgl. Bloemenkamp in: Driehaus, KAG, Stand: März 2010, § 8, Rn. 1464). Auf welche Weise der Satzungsgeber die ortsüblichen Verhältnisse zu ermitteln hat, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Auch dies liegt in seinem Ermessen. Dass er dabei von zutreffenden tatsächlichen Umständen wie etwa der richtigen Anzahl der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Ortslagen auszugehen hat, bedarf keiner näheren Ausführungen.

79

Der Antragsgegner hat sodann jedoch die Tiefenbegrenzung nicht nach diesen Ermittlungen bestimmt, sondern die gewonnenen Ergebnisse mit im vorliegenden Zusammenhang rechtlich nicht zutreffenden Erfordernissen des auch im Abgabenrecht geltenden Grundsatzes der Typengerechtigkeit kombiniert. Damit hat er sich von seinen Daten über die ortsübliche Bebauungstiefe der vom Innen- in den Außenbereich übergehenden Grundstücke aufgrund eines hier nicht maßgeblichen Kriteriums entfernt und insoweit die Tiefenbegrenzungslinie nicht nach dem Maßstab von § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG, Art. 3 Abs. 1 GG rechtsfehlerfrei festgesetzt.

80

Der Grundsatz der Typengerechtigkeit dient der Erhaltung der dem Normgeber im Abgabenrecht in Bezug auf das Gleichbehandlungsgebot eingeräumten Gestaltungsfreiheit. Danach ist es ihm gestattet, bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben. Dabei stellt das Auftreten solcher abweichenden Einzelfälle die Entscheidung des Normgebers nicht in Frage, solange nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen. Der Grundsatz der Typengerechtigkeit bewahrt damit die im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität getroffene Entscheidung des Normgebers für einen bestimmten "Regelungstypus" davor, durch das Auftreten von Einzelfällen, die der Regelung unterfallen, dem Typus aber widersprechen, in Frage gestellt zu werden (BVerwG, 30.04.2009 - 9 B 60/08 -, Buchholz 401.9, Nr. 57; 01.08.1986 - 8 C 112/84 -, NVwZ 1987, 231, 232; 19.09.1983 - 8 N 1/83 -, BVerwGE 68, 36, 41; vgl. zum Grundsatz der Typengerechtigkeit, Schoch, Der Gleichheitssatz, DVBl. 1988, 863, 879).

81

Der Antragsgegner hat nach dem Inhalt seiner der Beschlussvorlage Nr. 09-1/2007 beigefügten Dokumentation der Ermessenserwägungen zur Ermittlung der Tiefenbegrenzung und der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, der Dokumentation seinerzeit ebenfalls beigefügten Excel-Tabelle festgestellt, dass 77% der in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke im Übergangsbereich vom Innen- in den Außenbereich kleiner oder gleich 40 Meter tief und 84% der Grundstücke kleiner oder gleich 45 Meter tief bebaut sind. Den weiteren Angaben ist zu entnehmen, dass danach nicht nur 7% aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke eine Bebauungstiefe von 40 bis 45 Metern aufwiesen, sondern auch nur 9 % eine Tiefe von 45 bis 50 Metern und 7% eine über 50 Meter hinausreichende Bebauungstiefe. Die Tiefenbegrenzungslinie hat er daraufhin in einem Abstand von 50 Meter gezogen, da dies – wie er meinte - nur dann willkürfrei geschehen könne, wenn die ermittelten örtlichen Verhältnisse belegten, dass die Grundstücke im unbeplanten Übergangsbereich mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzungslinie die Ausnahme, d.h. weniger als 10% der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Grundstücke, darstellten. Nur dann stehe die Ungleichbehandlung in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen der Typisierung. Betrage die Anzahl der übertiefen Grundstücke mehr als 10%, so lasse sich die Einführung einer Tiefenbegrenzung nicht mehr auf den Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität stützen.

82

Diese Auffassung führt zu unzutreffenden Ergebnissen. Die Anwendung der Regel auf die Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie, wonach nicht mehr als 10% der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen dürfen, bedingt bereits eine vorteils- und gleichheitswidrige Tiefenbegrenzungsregelung, wenn der Satzungsgeber allein die Grundstücke mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzung im Blick hat. Eine solche Vorgehensweise übersieht, dass nicht nur die bei exakter Einzelfallbetrachtung der örtlichen Grundstücksverhältnisse jenseits der Linie noch Baulandqualität aufweisenden Grundstücke "dem Typ" widersprechen. Auf die Grundstücke, deren Baulandeigenschaft bei genauer Betrachtung schon diesseits der Linie endet, trifft dies ebenso zu. Je weiter der Ortsgesetzgeber die Tiefenlinie in Richtung des Außenbereiches verlegt, desto geringer wird zwar die Anzahl der Grundstücke mit tieferer Bebaubarkeit, umso größer aber die Anzahl derer, deren Bebaubarkeit eigentlich schon eher (diesseits der Linie) endet. Auch diese Fälle widersprechen im Sinne des Grundsatzes der Typengerechtigkeit dem generalisierend normierten Regelfall. Die Zahl der von der Regel abweichenden Fälle kann durch ein Verschieben der Linie weg von den tatsächlich ermittelten Bebauungstiefeergebnissen daher nicht verringert werden. Geschieht dies - wie im vorliegenden Fall - dennoch, so geht dies zu Lasten der Eigentümer von Grundstücken mit geringerer Bebauungstiefe. Das im Übergangsbereich gelegene Grundstück, das bei exakter Betrachtung beispielsweise nur bis zur Tiefe von 35 Metern Baulandqualität hat, würde bei einer entsprechend einer ortsüblichen Bebauungstiefe im Verbandsgebiet von (angenommen) 40 Metern verlaufenden Tiefenbegrenzung - zulässigerweise pauschalierend - so behandelt, als wenn es fünf Meter tiefer Baulandqualität hätte. Bei einem Hinausschieben der Tiefenlinie auf 50 Meter verdreifachte sich aber bereits die beitragspflichtige Fläche, die bei genauer Grundstücksbetrachtung ohne Tiefenbegrenzungsregelung für die Bemessung des Beitrages überhaupt nicht angerechnet würde. Weicht der Satzungsgeber von dem aus Verwaltungsvereinfachungsgründen zulässigen Kriterium der ortsüblichen bzw. typischen Bebauungstiefe ab und gelangt so zu einem abweichenden Verlauf der Tiefenlinie, so entfernt er sich damit ohne vertretbaren Grund von dem wegen des Vorteilsprinzips (§ 7 Abs. 1 Satz 2 KAG) und aus Gründen der Gleichbehandlung bestehenden Erfordernis einer realitätsnahen Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen.

83

Die Anwendung der als Begrenzung des Grundsatzes der Typengerechtigkeit aufgestellten Quantifizierungsregel von höchstens 10% zulässiger Ausnahmefälle auf die Ermittlung der Tiefenbegrenzung erscheint aber auch grundsätzlich als unzutreffend. Die erforderliche Orientierung der Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung (BVerwG, 01.09.2004, a.a.O.) enthält bereits den entscheidenden Zulässigkeitsmaßstab der Pauschalierung und schließt die Anwendung der "10%-Regel" aus. Der Maßstab der ortsüblichen bzw. -angemessenen Bebauungstiefe greift weiter als das mit 90% und 10% quantifizierte Regel-Ausnahmeverhältnis. Ortsüblich ist die Bebauungstiefe, die im zu betrachtenden Gebiet üblich i.S.v. normal, geläufig, verbreitet oder in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffen ist (vgl. Bloemenkamp, a.a.O., Rn. 1464). Dafür ist nicht erforderlich, dass sie in mindestens 90% der Fälle auftritt. Dies würde wegen der unterschiedlichen Verteilung der die einzelnen Grundstücke betreffenden Bebauungstiefen wohl auch zumeist zur Unanwendbarkeit der Tiefenbegrenzung führen. Denn schon sobald sich die Streubreite der tatsächlich anzutreffenden Bebauungstiefen ausgehend von der festgesetzten Tiefenbegrenzungslinie um mehr als 5% nach oben und unten erstreckte, wäre die Höchstgrenze von 10% überschritten. Es ist - wie zuvor ausgeführt - anerkannt, dass sich die Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren muss. Die Begriffe "ortsüblich" und "orientieren" bringen mit der ihnen inbegriffenen Unschärfe zum Ausdruck, dass es nicht um die Ermittlung einer exakt zu berechnenden Größe geht, von der nur zu bestimmten Prozentanteilen abgewichen werden darf. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt vielmehr schon voraus, dass es daneben eine nicht nur geringe Anzahl von Grundstücken mit im Gebiet nicht üblichen Bebauungstiefen geben muss, die nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen muss. Aus all dem folgt, dass für die Annahme der Ortsüblichkeit ausreichend eine zahlenmäßig hinreichend große Gruppe von Grundstücken ist, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, so dass von einer üblichen Tiefe gesprochen werden kann (vgl. dazu Bloemenkamp, a.a.O.). Der Senat hätte keine Bedenken, dies in dem vorliegenden Fall etwa für die Gruppe der bis zu 40 m tief bebauten Grundstücke anzunehmen, für die der Antragsgegner den Wert von immerhin 77% aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke bei einer durchschnittlichen Bebauungstiefe aller Grundstücke von 34,85 m ermittelt hat.

84

Die bisherige Rechtsprechung des mit dem Abgabenrecht befassten 1. Senates steht dazu nicht im Widerspruch. Soweit er sich bislang zu Fragen der Tiefenbegrenzung in Verbindung mit dem Grundsatz der Typengerechtigkeit geäußert hat (04.12.2007 - 1 M 27/07 -, n.v.), ist das allein in dem Zusammenhang geschehen, dass eine im erstinstanzlichen Verfahren von dem Verwaltungsgericht festgestellte Kollision der festgesetzten Tiefenbegrenzung mit der "10%-Regel" nach Überarbeitung der Kalkulation durch den Zweckverband im Beschwerdeverfahren nicht mehr festgestellt werden konnte. Eine Aussage über die Anwendbarkeit dieser Quantifizierung im Zusammenhang mit der Tiefenbegrenzung ist damit entgegen anderslautender Einschätzung in der Kommentarliteratur (vgl. Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 4.3) nicht verbunden gewesen.

85

Der Senat hat dennoch erwogen, die vorliegend festgelegte Tiefenbegrenzungslinie von 50 Metern für ermessensgerecht zu erachten, weil bei Abgrenzung des Innen- vom Außenbereich zu berücksichtigen sein mag, dass der Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht unbedingt mit der Außenwand der letzten Baulichkeit enden muss, sondern je nach den örtlichen Gegebenheiten etwa noch einen Hausgarten einschließen kann (bauakzessorische Nutzung) und auch topographische Verhältnisse dabei eine prägende Rolle spielen können (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, § 34, Rn. 25f; Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 7. Aufl., § 34, Rn. 14). Der Senat sieht sich jedoch gehindert, die hier getroffene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung von 50 Metern aufgrund dieser Überlegungen für fehlerfrei zu halten. Der Antragsgegner hat ausweislich seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen diesen Gesichtspunkt bei der Festlegung der Tiefengrenze selbst nicht mit einbezogen, sondern allein die hintere Begrenzung des letzten nach seiner Einschätzung für einen Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB relevanten Gebäudes ausschlaggebend sein lassen. Allein danach und nach der Eingruppierung in derart definierte Tiefengruppen („Grenzwerte“ von 40,45 und 50 Metern) hat er die ortsübliche Bebauungstiefe ermittelt. Der Senat müsste damit an die Stelle der ortsgesetzgeberischen Ermessensentscheidung des Antragsgegners eine eigene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung setzen; dies ist ihm jedoch verwehrt. Außerdem erforderte eine Berücksichtigung dieser Umstände womöglich eine weitere Ermittlung der örtlichen Verhältnisse, weil das Ziehen der Grenze zwischen dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil und dem Außenbereich grundsätzlich eine Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhaltes erfordert (BVerwG, 06.11.1968 – IV C 2.66 -, BVerwGE 31, 20, 21).

86

b. Der danach festzustellende Verstoß von § 4 Abs. 2 d) TBS gegen den Vorteilsgrundsatz (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG) und das Gleichbehandlungsprinzip führt zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung.

87

Die Normierung einer Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht zwar nicht vorgeschrieben. Ihre Anordnung steht vielmehr im Ermessen des Ortsgesetzgebers. Fehlt sie, sind in jedem Einzelfall die örtlichen Grundstücksverhältnisse zu betrachten und der Kalkulation des Beitragssatzes sowie der Heranziehung des einzelnen Grundstückseigentümers zugrundezulegen. Dies kann dazu führen, dass eine Kanalbaubeitragssatzung trotz festgestellter Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzung fortbesteht.

88

Hier ist eine Fortgeltung der Trinkwasserbeitragssatzung trotz Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregelung nach § 4 Abs. 2 d) TBS jedoch ausgeschlossen. Die Ungültigkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung schlägt nur dann nicht auf die gesamte Regelung mit der Folge der Gesamtnichtigkeit durch, wenn die Restbestimmungen auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleiben und mit Sicherheit anzunehmen ist, daß sie auch ohne diesen erlassen worden wären (BVerwG, 27.01.1978, a.a.O.). Vorliegend sind beide Voraussetzungen nicht gegeben.

89

§ 4 Abs. 2 d) TBS könnte ohne die Regelung über die Tiefenbegrenzung nicht fortbestehen, weil dann bei Grundstücken im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich als Grundstücksfläche die Gesamtfläche des Grundstücks zählen würde. Dies wäre vorteilswidrig, weil dann auch die einer Bebauung entzogene Außenbereichsfläche mitgerechnet würde. Betrachtete man deshalb die gesamte Regelung unter § 4 Abs. 2 d) TBS als nichtig, so fehlte dem Beitragsmaßstab eine Regelung über die anrechenbare Grundstücksfläche von solchen Übergangsgrundstücken. Da im Verbandsgebiet zahlreiche Grundstücke dieser Art existieren, wäre die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG unabdingbare Bestimmung des Beitragsmaßstabes wegen des im Anschlussbeitragsrecht geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit (vgl. OVG Greifswald, 30.06.2004, a.a.O., juris, Rn. 91) zu beanstanden. Darüber hinaus würde sich die Unwirksamkeit von § 4 Abs. 2 d) TBS auf den Bestand weiterer Satzungsbestimmungen auswirken [(§ 4 Abs. 2 e) und f)], die auf diese Bestimmung Bezug nehmen.

90

Eine isolierte Nichtigkeit der Tiefenbegrenzungsregelung bei Fortbestand der weiteren Satzungsbestimmungen scheidet auch deshalb aus, weil sie nicht dem Willen des Satzungsgebers entspräche. Nach seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen waren Vorstand und Verbandsvorsteher zu dem Ergebnis gekommen, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität eine Vermutungsregel in Form einer Tiefenbegrenzung aufgestellt und keine konkreten Einzelabgrenzungen von Innen- und Außenbereichsflächen vorgenommen werden sollten. Denn eine ohne Tiefenbegrenzungsregel erforderliche einzelfallbezogene Abgrenzung von Innenbereichs- und Außenbereichsflächen wäre sehr zeit- und kostenaufwändig.

91

Danach würde dem Antragsgegner bei Annahme der alleinigen Nichtigkeit von § 4 Abs. 2 d) TBS eine Beitragssatzung aufgenötigt, die dieser ausdrücklich so nicht erlassen wollte. Somit musste der Senat die gesamte Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners für unwirksam erklären.

92

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

93

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

1. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und soweit die Kläger die Klage zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt. Der Bescheid des Beklagten vom 23.10.2007 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 04.12.2007 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Anschlussbeitrag (Schmutzwasser).

2

Die Kläger sind bzw. waren zum Zeitpunkt ihrer Heranziehung Eigentümer der in der Gemarkung A-Stadt, Flur 1 gelegenen Grundstücke Flurstück G1 (915 m²), G2 (10.601 m²), G3 (633 m²) und G4 (366 m²). Die Grundstücke sind an die vom Beklagten betriebene zentrale Schmutzwasseranlage angeschlossen und entwässern in die Kläranlage in B-Stadt, eine Anlage mit 3. Reinigungsstufe.

3

Mit Bescheiden vom 23.10.2007 zog der Beklagte die Kläger Schmutzwasserbeiträge für die genannten Grundstücke i.H.v. 2.733,75 EUR, 26.179,20 EUR und 2.830,95 EUR heran. In dem Bescheid mit der Kundennummer A sind die Grundstücke Flurstücke G3 und G4 zusammengefasst worden und werden als "Flurstück G3, G04" bezeichnet. Der Beitragsermittlung legte er Teilflächen von 675 m² (Flurstück G1), 6.464 m² (Flurstück G2) bzw. 699 m² (Flurstücke G3 und G4) zugrunde. Die hiergegen gerichteten Widersprüche der Kläger wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2007 - zugestellt am 06.12.2007 - zurück.

4

Am Montag, den 07.01.2008 haben die Kläger Anfechtungsklage erhoben. Sie sind der Auffassung, ihre Heranziehung sei teilweise rechtswidrig. Zwar habe der Beklagte bei der Flächenermittlung zu Recht auf die Bestimmung des § 3 Abs. 4 lit. b der Beitragssatzung abgestellt, wonach bei Grundstücken, die über die Grenze des Bebauungsplanes hinausreichen, die Fläche im Bereich des Bebauungsplanes als beitragsfähige Grundstücksfläche gilt, wenn für das Grundstück im Bebauungsplan bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist. Auch sei bei einer übergreifenden Bebauung gemäß § 3 Abs. 4 lit. e die rückwärtige Grenze der übergreifenden Bebauung maßgeblich. Allerdings sei die Flächenreduzierung nicht ausreichend. Bei dem Grundstück Flurstück G1 reiche die vorhandene Bebauung mit einer Fläche von 9,9 m² über die Grenze des Bebauungsplanes hinaus. Daher betrage die beitragsfähige Fläche des Grundstücks Flurstück G1 nicht 675 m², sondern nur 661 m². Der Beitrag verringere sich um 56,70 EUR auf 2.677,05 EUR. Bei dem Grundstück Flurstück G2 lägen nicht nur 4.137 m² sondern 4.438 m² außerhalb des Geltungsbereich des Bebauungsplanes, so dass sich die berücksichtigungsfähige Fläche von 6.464 m² auf 6.163 m² reduziere. Der Beitrag verringere sich auf 24.969,15 EUR. Die Kläger seien nicht Eigentümer eines Grundstücks mit der vom Beklagten angegebenen Bezeichnung G04. Sie seien zwar Eigentümer eines Grundstücks mit der Flurstücksbezeichnung G4 in einer Größe von 366 m² gewesen. Hierfür seien sie aber nicht veranlagt worden, so dass diese Fläche nicht berücksichtigungsfähig sei. Die Bebauung auf dem Flurstück G3 reiche ebenfalls über die Grenze des Bebauungsplans hinaus. Daher sei die Fläche von 180 m² auf 453 m² zu reduzieren. Daher ergebe sich ein Beitrag i.H.v. 1.834,65 EUR.

5

Mit Schriftsatz vom 02.09.2008 teilte der Beklagte mit, dass in dem Bescheid mit der Kundenummer A hinsichtlich der Flurstücksbezeichnung G04 ein "Zahlendreher" vorliege und dass es richtig heißen müsse "Flurstück G4". Des Weiteren erklärte er, dass aus dem Bescheid mit der Kundennummer B keine Rechte hergeleitet würden, soweit die Festsetzung den Betrag von 24.960,15 EUR übersteige.

6

Mit Schriftsätzen vom 02.09.2008 bzw. 28.07.2009 haben die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt. In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger die Klage in Ansehung des Bescheides mit der Kundennummer C die Klage zurückgenommen.

7

Die Kläger beantragen,

8

den Bescheid des Beklagten vom 23.10.2007 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 04.12.2007 insoweit aufzuheben, als die Festsetzung den Betrag von 1.834,65 EUR übersteigt.

9

Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Mit Beschluss vom 23.10.2009 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

13

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt bzw. die Kläger die Klage zurückgenommen haben, ist das Verfahren einzustellen. Im Übrigen ist die zulässige Klage auch begründet. Der Bescheid mit der Kundennummer A ist rechtswidrig und verletzt die Kläger daher in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).Er ist daher im Umfang der Anfechtung aufzuheben.

14

Die Zusammenfassung der Flurstücke G3 und G4 in einem Bescheid ist formell rechtswidrig. Bei den genannten Flurstücken handelt es sich um selbstständige Buchgrundstücke weil sie im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs von A-Stadt, Blatt 1098, unter unterschiedlichen laufenden Nummern (1 und 5) verzeichnet waren. Das Grundstück Flurstück G3 wird zwischenzeitlich auf einem anderen Grundbuchblatt geführt. § 2 Abs. 2 Satz 1 der hier maßgebenden Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen über die Erhebung von Beiträgen für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung durch Anlagen mit 3. Reinigungsstufe (Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung für Anlagen mit 3. Reinigungsstufe - SBS) vom 27.10.2003 i.d.F. der 1. Änderung vom 18.06.2004 bestimmt im Einklang mit § 7 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V), dass für die Erhebung von Anschlussbeiträgen der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff gilt. Dies gilt auch in Fällen, in denen - wie hier - zwei selbständige Grundstücke aneinandergrenzen und gemeinsam baulich genutzt werden. Insbesondere liegt kein Fall des § 2 Abs. 2 Satz 2 lit. b SBS vor, da die Bestimmung zusätzlich erfordert, dass die betreffenden Grundstücke für sich allein nicht baulich nutzbar sind (sog. Handtuchgrundstücke). Ein solcher Fall liegt nach den Bekundungen der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung hier aber nicht vor.

15

Da auch § 155 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V eine Zusammenfassung mehrerer rechtlich selbstständiger Buchgrundstücke nicht erlaubt, muss im Rahmen der Beitragserhebung für jedes Buchgrundstück ein eigenständiger Bescheid erstellt werden. Dies ist vom Beklagten in Ansehung des Bescheides mit der Kundennummer A nicht beachtet worden.

16

Hiergegen kann nicht eingewandt werden, dass der Fehler nach § 127 AO i.V.m. § 12 KAG M-V unbeachtlich ist. Nach dieser Bestimmung kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Die letztgenannte Voraussetzung liegt hier aber nicht vor, denn es hätte eine andere Entscheidung - der Erlass getrennter Beitragsbescheide - erfolgen müssen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

17

Zwar spricht einiges dafür, dass die Beitragsbelastung der Kläger bei einer getrennten Veranlagung der Grundstücke Flurstücke G3 und G4 in der Summe unverändert wäre. Insbesondere ist die Flächenermittlung nicht zu beanstanden. Die Kläger machen ihre diesbezüglichen Einwände seit dem in der mündlichen Verhandlung erfolgten Rechtsgespräch nicht mehr geltend, was auch in der Klagerücknahme hinsichtlich des Bescheides mit der Kundennummer B zum Ausdruck kommt. Von einer Darlegung kann daher abgesehen werden.

18

Dennoch ist eine getrennte Veranlagung erforderlich, weil andernfalls der Umfang der öffentlichen Last nicht zweifelsfrei bestimmt werden kann. Nach § 7 Abs. 6 erste Var. KAG M-V ruht der Beitrag als öffentliche Last auf dem Grundstück. Die öffentliche Last ist ein Grundpfandrecht. Sie bewirkt eine dingliche Haftung des jeweiligen Grundstückseigentümers mit der Konsequenz, dass er wegen der Beitragsforderung die Zwangsvollstreckung in das Grundstück dulden muss (§ 191 Abs. 1 Satz 1 zweite Var. AO). Dies aber erfordert, dass der Umfang der auf dem jeweiligen Grundstück ruhenden öffentlichen Last aus dem Bescheid heraus zweifelsfrei bestimmt werden kann. Hieran fehlt es, wenn - wie hier - die Flächen selbstständiger Buchgrundstücke ebenso als bloße Summe in dem Bescheid ausgewiesen werden, wie die davon abzuziehenden nicht beitragsfähigen Flächen. Eine centgenaue Zuordnung der in dem Bescheid ausgewiesenen Beitrags(gesamt)forderung zu den einzelnen Grundstücken ist damit unmöglich. Insbesondere ist offen, wie viele Quadratmeter der jeweiligen Grundstücksflächen beitragsfähig sind und wie viele Quadratmeter nicht. Als Folge davon scheidet der Bescheid als Grundlage für den Erlass eines Duldungsbescheides aus.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 2, 161 Abs. 2 Satz 2 i.V.m § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich.

Die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt,
2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag.

2

Die Kläger sind Eigentümer der Grundstücke Flurstücke G1 und G2, Flur A, Gemarkung A-Stadt in einer Größe von jeweils 675 m² (zusammen 1.350 m²). Das im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 02/91 „W.-weg“ gelegene Grundstück Flurstück G2 grenzt an die Gemeindestraße „Z. F.“. Das ebenfalls im Geltungsbereich des Bebauungsplans gelegene Grundstück Flurstück G1 grenzt auf einer Länge von 5,50 m an die Straße „Z. F.“ und im Übrigen an das Grundstück Flurstück G2. Beide Grundstücke grenzen an die Straße M.-weg, die östlich dieser Grundstücke in die Straße „Z. F.“ einmündet. Die Straße „Z. F.“ beginnt an der Einmündung in die K.-M.-Straße. Sie verläuft zunächst in südöstliche Richtung, verschwenkt sich dann in südliche Richtung und endet an der Einmündung in den W.-weg. Südwestlich bzw. westlich münden die Straßen „Am F.“, „H.“, "M.-weg" und „H1.“ in die Straße „Z. F.“ ein. In diesem Bereich sind die an die Straße „Z. F.“ angrenzenden Grundstücke mit Einfamilienhäusern bebaut. Die auf der nordöstlichen Seite an die Straße angrenzenden Grundstücke sind bis zum Bereich der Einmündung der Straße „Am F.“ ebenfalls bebaut. Im weiteren Verlauf schließt sich auf dieser Straßenseite eine Kleingartenanlage an. Die südlich davon gelegenen Grundstücke auf dieser Straßenseite sind unbebaut.

3

Die Straße „Z. F.“ war in ihrem nordwestlichen Bereich bis zur Einmündung der Straße „Am F.“ am 03.10.1990 bereits als befestigte Anbaustraße vorhanden. In ihrem weiteren Verlauf war sie überwiegend unbefestigt (Sandweg, teilweise Betonspurplatten).

4

Mitte der 1990er Jahre ließ die Stadt A-Stadt die Teilstrecke zwischen der Einmündung der Straße „Am F.“ und der Einmündung in den W.-weg auf einer Länge von 353,20 m herstellen. Die Verkehrsanlage erhielt eine Fahrbahn aus Asphalt in einer Breite von 4,50 m, einen einseitigen überfahrbaren Gehweg (Betonsteine) in einer Breite von 1,50 m, eine Straßenentwässerung sowie eine Straßenbeleuchtung. Die Vergabe der einzelnen Gewerke erfolgte auf Grundlage von Ausschreibungen. Die Unternehmerrechnungen lagen Ende der 1990er Jahre vor, die Kosten des erforderlichen Grunderwerbs standen im Jahre 2000 fest. Die straßenrechtliche Widmung der Anlage erfolgte im April 2000. Für die Baumaßnahme wurden u.a. Fördermittel für den ländlichen Wegebau ausgereicht, die u.a. den beitragspflichtigen Grundeigentümern zugute kamen. Die Verwendungsnachweisprüfung war am 10.08.2004 abgeschlossen.

5

Mit Bescheid vom 20.05.2005 zog der Beklagte die Kläger zu einem Erschließungsbeitrag i.H.v. 15.304,60 EUR heran. Auf ihren Widerspruch reduzierte der Beklagte die Festsetzung auf 13.303,34 EUR und wies den Rechtsbehelf im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2005 - zugestellt am 18.10.2005 - zurück.

6

Am 18.11.2005 haben die Kläger Anfechtungsklage erhoben. Sie sind der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Die Baumaßnahme sei nicht nach Erschließungsbeitragsrecht abzurechnen. Bereits der ursprünglich vorhandene Weg sei ausreichend breit und ausreichend befestigt gewesen. Die Kostenermittlung sei fehlerhaft. Eine nachvollziehbare Kostenaufschlüsselung fehle, so dass davon auszugehen sei, dass Kosten umgelegt würden, die nicht der abgerechneten Anlage zuzuordnen seien. Dies betreffe insbesondere die Kosten der Ingenieurleistungen. Diese Kosten seien zudem nicht erforderlich, da die Planung auch vom Beklagten hätte durchgeführt werden können. Die Kosten für die Beseitigung der vorhandenen Trinkwasserleitung seien ebensowenig beitragsfähig wie die Kosten für ihre Neuanlegung. Ersparnisse bei der gleichzeitigen Baudurchführung von Trinkwasserleitung und Straße seien hätten beitragsreduzierend berücksichtigt werden müssen, was ebenfalls nicht erfolgt sei. Zudem sei der sogenannte Halbteilungsgrundsatz nicht berücksichtigt worden, obwohl die Möglichkeit bestehe, die nordöstlich der Straße „Z. F.“ gelegenen Grundstücke in Bauland umzuwandeln. Die für die Erschließung der südlich und westlich an die Anlage angrenzenden Baugrundstücke unerlässliche Ausbaubreite werde überschritten. Auch die Flächenermittlung sei fehlerhaft, da die von den Straßen „H.“, "M.-weg", „H1.“ und „R.-winkel“ erschlossenen Grundstücke zu berücksichtigen seien. Die Eigentümer die Eigentümer der an der Straße „R.-winkel“ gelegenen Grundstücke könnten wegen einer Fahrbahnverengung zwischen den Einmündungen des M.-wegs und des H. ihre Grundstücke ohne die Straße „Z. F.“ nicht erreichen. Das Grundstück Flurstück G3 grenze nicht an die Straße „Z. F.“ an. Insoweit sei ein beitragsrelevanter Vorteil nicht gegeben. Zudem sei Festsetzungsverjährung eingetreten.

7

Die Kläger beantragen,

8

den Erschließungsbeitragsbescheid des Beklagten vom 20.05.2005 - wei 237 - in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 12.10.2005 aufzuheben.

9

Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Mit Beschluss vom 18.06.2008 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge sowie die beigezogenen Akten des Verfahrens 3 B 3036/05 vorgelegen.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

14

Er findet seine Rechtsgrundlage in den §§ 127 ff. Baugesetzbuch (BauGB) i.V.m. der Erschließungsbeitragssatzung der Stadt A-Stadt (EBS) vom 04.05.1993 in der Fassung der zweiten Änderungssatzung vom 10.11.1995. Zweifel an der Wirksamkeit der Satzung werden von den Klägern weder geltend gemacht, noch drängen sie sich auf. Die in § 5 Abs. 3 lit. a EBS normierte "schlichte" Tiefenbegrenzung ist im Erschließungsbeitragsrecht zulässig und sogar geboten (BVerwG, Urt. 01.09.2004 - 9 C 15/03, BVerwGE 121, 365). Auch die Rechtsanwendung ist nicht zu beanstanden.

15

1. Zwar ist der Bescheid formell fehlerhaft. Er leidet an einem Verfahrensfehler, denn er enthält eine unzulässige Zusammenfassung der auf die Grundstücke Flurstücke G1 und G2 entfallenden Erschließungsbeiträge. Wegen des auch im Bereich des Erschließungsbeitragsrechts geltenden bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriffs muss für jedes Grundstück ein eigenständiger Beitragsbescheid erlassen werden. Allerdings begründet dieser Fehler keinen Aufhebungsanspruch der Kläger. Denn nach § 127 Abgabenordnung (AO) - die Vorschrift findet gemäß § 1 Abs. 4 und § 12 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) auch auf Erschließungsbeitragsbescheide Anwendung - kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes der nicht nach § 125 AO nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Wie noch zu zeigen sein wird sind die Kläger für beide Grundstücks beitragspflichtig. Die Summe der Beiträge entspricht der Höhe der Festsetzung in dem Beitragsbescheid vom 20.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2005. Zweifel über den Umfang der auf den jeweiligen Grundstücken ruhenden öffentlichen Last (§ 134 Abs. 2 BauGB) können nicht entstehen, weil die jeweiligen Grundstücksgrößen in dem Bescheid angegeben sind und daher die auf das einzelne Grundstück entfallende öffentliche Last hinreichend genau bestimmbar ist.

16

2. Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Erschließungsbeitragsrecht anwendbar, da es sich bei der Straße „Z. F.“ in A-Stadt um eine erstmalig hergestellte Erschließungsanlage i.S.d. § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB handelt.

17

Insbesondere ist die Anwendbarkeit des Erschließungsbeitragsrechts nicht nach § 242 Abs. 9 Satz 1 BauGB ausgeschlossen. Hiernach kann für Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts bereits hergestellt worden sind, nach diesem Gesetz ein Erschließungsbeitrag nicht erhoben werden. Diese Voraussetzungen liegen in Ansehung der abgerechneten Teilstrecke der Straße „Z. F.“ im Bereich zwischen der Einmündung der Anlage „Am F.“ und der Einmündung in den W.-weg auch dann nicht vor, wenn man zugunsten der Kläger unterstellt, dass auch diese Teilstrecke bereits am 03.10.1990 eine (einseitige) Anbaufunktion hatte und ihr daher bereits zu diesem Zeitpunkt die Qualität einer Erschließungsanlage i.S.d. § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zukam (zu diesem Erfordernis vgl. Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschl. v. 30.06.2003 - 4 EO 206/96, juris Rn. 29). Denn die Teilstrecke war am Stichtag nicht hergestellt i.S.d. § 242 Abs. 9 Satz 1 BauGB. Bereits hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen sind nach § 242 Abs. 9 Satz 2 BauGB die einem technischen Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertiggestellten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen. Hieran fehlt es. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten endete die ausgebaute Strecke der K.-M.-Straße - aus Richtung Stadt kommend - früher an der Abzweigung „Am F.“. In diesem Bereich war sie befestigt. Der weitere Straßenverlauf der Anlage bestand dagegen nur aus einem unbefestigten Sandweg, dessen Fahrbahn teilweise provisorisch mit Betonplatten ausgestattet war. Dass die Straße „Z. F.“ damit vor der hier abgerechneten Baumaßnahme nach einem Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten bereits endgültig hergestellt war, kann daher nicht angenommen werden und wird auch von den Klägern nicht behauptet.

18

Ihr Einwand, die Straße „Z. F.“ habe bereits vor ihrem Ausbau den Anforderungen an eine Befahrbarkeit mit Kraftfahrzeugen genügt und die Zufahrt zu den erschlossenen Grundstücken sei "hinreichend breit und befestigt" gewesen sei, unerheblich. Maßgebend ist allein, ob die Anlage dem Ausbauprogramm bzw. den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertiggestellt war. Dies ist jedoch - wie bereits dargelegt - nicht der Fall.

19

3. Fehler bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes sind nicht ersichtlich. Die Freilegungskosten sind nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten im Rahmen der Beitragsberechnung nicht berücksichtigt worden, so dass die daran anknüpfenden Einwände der Kläger auf sich beruhen können. Soweit sie weiter einwenden, dass die Kosten der Ingenieurleistungen für die Planung des Bauvorhabens nicht ansatzfähig seien, weil der Beklagte diese Leistungen auch mit "Eigenmitteln" hätte erbringen können, kann dem nicht gefolgt werden. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, die Planung selbst durchzuführen. Er kann diese Aufgabe auf Dritte übertragen.

20

Die in diesem Zusammenhang weiter erhobenen Einwände der Kläger sind unsubstanziiert und daher unbeachtlich. Im Bescheid vom 20.05.2005 sind die beitragsfähigen Aufwendungen, differenziert nach Teileinrichtungen, aufgelistet. Wenn die Kläger ausführen, sie müssten davon ausgehen, dass mit der Beitragserhebung Kosten umgelegt würden, die nicht der betroffenen Erschließungsanlage zuzuordnen seien, so handelt es sich um eine bloße Vermutung, die nicht näher erläutert wird. Sie ist nicht geeignet, weitere Ermittlungen auszulösen, denn dies liefe auf eine auch vom verwaltungsprozessualen Untersuchungsgrundsatz nicht mehr gedeckte Fehlersuche "ins Blaue" hinaus. Es ist die Sache der Kläger, etwaige Fehler hinreichend bestimmt darzulegen. Der Untersuchungsgrundsatz ist keine prozessuale Hoffnung, das Gericht würde mit seiner Hilfe schon die klagebegründenden Tatsachen finden (BVerwG, Buchholz 310 § 86 Nr. 76). Den Beteiligten obliegt, wollen sie aus einem bestimmten Sachverhalt ihnen rechtlich günstige Konsequenzen ziehen, diesen Sachverhalt wenigstens vorzutragen. Unterbleibt dies, ist das Gericht nicht verpflichtet, von sich aus auf die Suche nach dem Sachverhalt zu gehen, den die jeweiligen Beteiligten für sich geltend machen können. Den Verfahrensbeteiligten obliegt daher die prozessuale (Mitwirkungs-)Pflicht, einen Sachverhalt so konkret vorzutragen, dass das Gericht daraus entnehmen kann, welche tatsächlichen Umstände das Vorbringen stützen sollen (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 13.07.1999 - 1 M 59/99, S. 2 f. des Entscheidungsumdrucks).

21

Entgegen der Auffassung der Kläger ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte im Rahmen der Aufwandsermittlung die vollen Herstellungskosten berücksichtigt, obwohl - abgesehen von dem Grundstück Flurstück G4 - nur die im Geltungsbereich des Bebauungsplanes gelegenen südlich bzw. südwestlich an die Anlage angrenzenden Grundstücke Baulandqualität aufweisen, die nördlich bzw. nordöstlich an sie angrenzenden Grundstücke einschließlich der Kleingärten (dazu sogleich) dagegen nicht. Zwar kommt der Straße „Z. F.“ damit nur eine einseitige Anbaufunktion zu. Dennoch findet der so genannte Halbteilungsgrundsatz, wonach eine Straße, die lediglich einseitig zum Anbau bestimmt ist, grundsätzlich nur in ihrer den bebaubaren Grundstücken zugewandten Hälfte den Begriff der beitragsfähigen Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB erfüllt, mit der Folge, dass im Rahmen der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes ausschließlich die auf diese Hälfte entfallenden Kosten als Kosten für ihre erstmalige Herstellung i.S.d. § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB anzusehen und auf die Grundstücke der anbaubaren Straßenseite zu verteilen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.1992 - 8 C 31/90, BVerwGE 89, 362), vorliegend keine Anwendung. Denn die mit dem Halbteilungsgrundsatz angestrebte angemessene Entlastung greift nicht, wenn eine Gemeinde den Ausbau einer einseitig anbaubaren Straße entsprechend dem einschlägigen Ausbauprogramm von vornherein auf einen Umfang beschränkt, der für die hinreichende Erschließung der Grundstücke an der zum Anbau bestimmten Straßenseite unerlässlich ist. In diesem Fall ist die in ihrem Umfang unerlässliche Anlage zugleich die beitragsfähige Gesamterschließungsanlage. Ein Raum für eine ideelle Aufspaltung der Anlage besteht nicht (BVerwG a.a.O.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage 2007, § 12 Rn. 50). Bei Anlegung dieses Maßstabes bestehen keine Bedenken gegen die Beurteilung einer Gemeinde, mit Rücksicht auf den bei einer 550 m langen Straße in einem reinen Wohngebiet zu beachtenden Begegnungsverkehr von Last- und Personenkraftwagen eine Fahrbahnbreite von 5 m (und eine Fußwegbreite von 1,50 m) bzw. bei einer vergleichbar langen Straße eine Fahrbahnbreite von 5,50 m (und eine Fußwegbreite von 1,75 m oder bis zu 2 m) als für die Erschließung der Grundstücke an der anbaubaren Straßenseite unerlässlich zu halten (Driehaus a.a.O., Rn. 55 mit Beispielen aus der Rechtsprechung).

22

4. Auch gegen die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes ist nichts zu erinnern. Zu Unrecht machen die Kläger geltend, dass die Bildung des Abrechnungsgebietes fehlerhaft sei, weil die Straße „Z. F.“ nicht auf Höhe der Einmündung der Straße „Am F.“ ende, sondern noch ca. 200 m in Richtung Innenstadt weiterführe. Die Aufwandsverteilung und damit die Bildung des Abrechnungsgebietes richtet sich nach § 131 Abs. 1 BauGB (i.V.m. § 5 EBS). Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist der beitragsfähige Erschließungsaufwand auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Damit ist auch für die Aufwandsverteilung der Anlagenbegriff maßgebend. Zwar ist für die Beantwortung der Frage, was beitragsfähige Erschließungsanlage i.S.d. § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ist, darauf abzustellen, was sich bei natürlicher Betrachtungsweise als "gesamte Verkehrsanlage" darstellt, wobei auf das Erscheinungsbild (Straßenführung, Straßenbreite, Straßenlänge und Straßenausstattung) der Anlage im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht abzustellen ist (Driehaus, a.a.O., § 12 Rn. 11 m.w.N.). Daher mag es zwar zutreffen, dass die Straße „Z. F.“ nicht auf Höhe der Einmündung der Straße „Am F.“ endet, sondern bis zum Übergang in die K.-M.-Straße weiterführt. Dies bedarf jedoch keiner Vertiefung, denn der Grundsatz der natürlichen Betrachtungsweise gilt nicht ausnahmslos: Eine im Sinne der natürlichen Betrachtungsweise einheitliche Verkehrsanlage zerfällt in mehrere Abrechnungsabschnitte (Zwangsabschnitte), wenn eine Teilstrecke einer einheitlichen Anlage nach Erschließungsbeitragsrecht und eine andere Teilstrecke nach Straßenbaubeitragsrecht abgerechnet werden muss, weil § 242 Abs. 1 oder Abs. 9 BauGB eine Anwendbarkeit des Erschließungsbeitragsrechts ausschließt. Gelten damit für beide Teilstrecken von vornherein unterschiedliche Abrechnungsvorschriften, kann bereits deshalb nicht von einer einheitlichen Anlage ausgegangen werden (vgl. Driehaus a.a.O., § 12 Rn. 17 m.w.N.). Dies trifft hier zu, da der westlich der Einmündung der Straße „Am F.“ verlaufende Teil der Straße „Z. F.“ am 03.10.1990 befestigt und damit endgültig hergestellt i.S.d. § 242 Abs. 9 Satz 1 BauGB war und für diese Teilstrecke daher eine Abrechnung nach Erschließungsbeitragsrecht ausgeschlossen ist (s.o.). Insoweit kommt nur eine Abrechnung nach Straßenausbaubeitragsrecht (vgl. §§ 7 und 8 KAG M-V) in Betracht.

23

Zu Recht wurden die nördlich an die Straße „Z. F.“ angrenzenden Kleingartengrundstücke nicht in den Vorteilsausgleich einbezogen, da sie mangels Baulandqualität von der Erschließungsanlage nicht im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen werden (zur grundsätzlichen Deckungsgleichheit der von § 131 Abs. 1 Satz 1 und § 133 Abs. 1 BauGB erfassten Grundstücke siehe Driehaus a.a.O. § 17 Rn. 24). Der Bebauungsplan „W.-weg“ erfasst diese Grundstücke nicht. Ihnen kommt auch nicht die Qualität eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB zu. Mit dem Begriff des Ortsteils, der Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist und dem dazu im Gegensatz stehenden Begriff der Splittersiedlung verbindet das Gesetz Gebäude, die eine Siedlung ausmachen können. Das sind nur solche baulichen Anlagen, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen zu dienen bestimmt sind (BVerwG, Urt. v. 17.02.1984, DÖV 1984, 855). Anlagen, die ausschließlich anderen Zwecken dienen, können für sich keinen Ortsteil i.S.d. § 34 BauGB bilden. Wochenendhäuser können zwar zum dauerhaften Wohnen geeignet sein, sie sind jedoch ausschließlich dazu bestimmt, nur vorübergehend im Urlaub und an Wochenenden dem Aufenthalt von Menschen zu dienen. Bei ihnen handelt es sich immer um eine Splittersiedlung (BVerwG, Beschl. v. 12.06.1986 - 4 B 110/89; VG B-Stadt, Urt. v. 12.11.1998 - 1 A 933/96, S.9 des Entscheidungsumdrucks; vgl. zur Bebauung einer aus einhundert Einzelgärten bestehenden und durchgängig mit Lauben bebauten Kleingartenanlage: BVerwG NJW 1984, 1576). Damit handelt es sich bei der Kleingartenanlage in bodenrechtlicher Hinsicht um eine Splittersiedlung, sie ist daher als Außenbereichsgebiet i.S.d. § 35 BauGB einzustufen und nimmt an der Vorteilsverteilung nicht teil.

24

Entgegen der Auffassung der Kläger sind die von den Straßen „H1.“, "M.-weg", „H.“ und „R.-winkel“ erschlossenen Grundstücke, soweit sie nicht zusätzlich an die Straße „Z. F.“ angrenzen, nicht in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen. Diese Grundstücke werden allein durch die genannten Straßen, nicht zusätzlich durch die Straße „Z. F.“ erschlossen. Denn sie liegen an die Straße „Z. F.“ weder unmittelbar an, noch handelt es sich um Hinterliegergrundstücke.

25

Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass möglicherweise einige der betroffenen Grundstücke aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nur über die Straße „Z. F.“ erreichbar sind. Daraus folgt keinesfalls, dass, wie die Kläger meinen, diese Grundstücke "mittelbar" von der Straße „Z. F.“ erschlossen werden. Dies folgt aus dem Anlagenbegriff des Erschließungsbeitragsrechtes, der grundsätzlich auf den von der einzelnen Erschließungsanlage gebotenen Erschließungsvorteil abstellt. Demgegenüber führt die funktionale Abhängigkeit einzelner Straßenverläufe von anderen Straßenverläufen nicht ohne weiteres dazu, dass von einem einheitlichen Abrechnungsgebiet bzw. einer einheitlichen Anlage auszugehen wäre. Ersteres wäre nur bei einer Erschließungseinheit (§ 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB), zweiteres bei einem unselbständigen Anhängsel der Hauptanlage der Fall. Beides scheidet aus.

26

Die Zusammenfassung mehrerer Anlagen zu einer Erschließungseinheit setzt u.a. zum einen einen entsprechenden Beschluss der Gemeinde voraus und ist zum anderen im Regelfall nur für zwei Anlagen zulässig, nicht für drei oder mehr (vgl. Driehaus, a.a.O., § 14 Rn. 40 m.w.N.). Die Planstraßen sind auch keine bloßen Anhängsel der Straße „Z. F.“, da es sich ungeachtet der Länge der Planstraßen nicht um Sackgassen handelt (vgl. Driehaus, a.a.O. § 12 Rn. 14). Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die genannten Straßen jeweils eigenständige Erschließungsanlagen und keine Bestandteile der Erschließungsanlage „Z. F.“ sind.

27

Weiter wird das im Eigentum der Kläger befindliche Grundstück Flurstück G1 zu Recht in den Vorteilsausgleich einbezogen, denn es grenzt mit seiner südöstlichen Grenze auf einer Länge von 5,50 m an die Straße „Z. F.“ an. Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man dem nicht folgt und mit den Klägern der Auffassung ist, die angrenzende Strecke sei zu kurz um die Annahme eines Erschließungsvorteils zu begründen. Denn in diesem Fall ist es als sogenanntes Hinterliegergrundstück in den Vorteilsausgleich einzubeziehen. Es grenzt an das Anliegergrundstück Flurstück G2, das ebenfalls im Eigentum der Kläger steht (Fall der Eigentümeridentität). Da das Hinterliegergrundstück zusammen mit dem Anliegergrundstück einheitlich genutzt wird (Carport und Garten), wird ihm ein beitragsrelevanter Vorteil von der Straße „Z. F.“ vermittelt, obwohl es an den M.-weg angrenzt und damit über eine "eigene" Erschließung verfügt (vgl. Driehaus, a.a.O., § 17 Rn. 98).

28

5. Schließlich ist die Heranziehung der Kläger nicht zu beanstanden. Die sachliche Beitragspflicht ist - wie noch zu zeigen sein wird - entstanden. Die Kläger sind als Eigentümer des Grundstücks auch persönlich beitragspflichtig gemäß § 134 Abs. 1 Satz 1 BauGB.

29

Entgegen ihrer Auffassung ist der Beitragsanspruch nicht durch Festsetzungsverjährung erloschen. Die Festsetzungsfrist beträgt gemäß §§ 1 Abs. 4, 12 Abs. 2 KAG M-V vier Jahre. Nach § 170 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. Entstanden ist die sachliche Beitragspflicht gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB i.V.m. § 7 EBS mit der endgültigen Herstellung der Straße „Z. F.“. Maßgeblich ist dabei nicht nur ihre bereits in den 1990er Jahren erfolgte bautechnische Herstellung entsprechend den satzungsrechtlichen Herstellungsmerkmalen, das Vorliegen der Unternehmerrechnungen, die Durchführung des erforderlichen Grunderwerbs und die straßenrechtliche Widmung der Verkehrsanlagen. Da das Entstehen der Höhe nach voll ausgebildeter sachlicher Beitragspflichten wegen der Abhängigkeit der Beitragshöhe von dem Umfang der erschlossenen Grundstücksflächen und vom umzulegenden Aufwand abhängt, liegt eine endgültige Herstellung erst dann vor, wenn auch die Größe der erschlossenen Grundflächen bestimmbar ist und der umlagefähige Aufwand fest steht (vgl. Driehaus a.a.O., § 19 Rn. 6 m.w.N.). Letzteres ist erst sei dem Eingang des Ergebnisses der Verwendungsnachweisprüfung beim Beklagten am 10.08.2004 der Fall. Für die Baumaßnahme waren u.a. Fördermittel für den ländlichen Wegebau ausgereicht worden, die u.a. den beitragspflichtigen Grundeigentümer zugute kamen. Die Bescheide, aufgrund derer Fördermittel gewährt werden, bilden keine Rechtsgrundlage für das endgültige Behaltendürfen der Zuwendungen. Hierüber wird erst in der Verwendungsnachweisprüfung entschieden. Damit hängt von diesem Prüfergebnis auch die Höhe des umlagefähigen Aufwandes ab. Da die sachliche Beitragspflicht sonach erst im Jahre 2004 entstanden ist, erfolgte die Heranziehung der Kläger im Jahre 2005 innerhalb der Festsetzungsfrist. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte den Abschluss der Verwendungsnachweisprüfung verzögert hat, sind nicht ersichtlich und werden auch von den Klägern nicht dargetan.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich.

(1) Der Eigentümer eines im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücks hat zur Finanzierung der Sanierung an die Gemeinde einen Ausgleichsbetrag in Geld zu entrichten, der der durch die Sanierung bedingten Erhöhung des Bodenwerts seines Grundstücks entspricht. Miteigentümer haften als Gesamtschuldner; bei Wohnungs- und Teileigentum sind die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil heranzuziehen. Werden im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 hergestellt, erweitert oder verbessert, sind Vorschriften über die Erhebung von Beiträgen für diese Maßnahmen auf Grundstücke im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet nicht anzuwenden. Satz 3 gilt entsprechend für die Anwendung der Vorschrift über die Erhebung von Kostenerstattungsbeträgen im Sinne des § 135a Absatz 3.

(2) Die durch die Sanierung bedingte Erhöhung des Bodenwerts des Grundstücks besteht aus dem Unterschied zwischen dem Bodenwert, der sich für das Grundstück ergeben würde, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt worden wäre (Anfangswert), und dem Bodenwert, der sich für das Grundstück durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets ergibt (Endwert).

(2a) Die Gemeinde kann durch Satzung bestimmen, dass der Ausgleichsbetrag abweichend von Absatz 1 Satz 1 ausgehend von dem Aufwand (ohne die Kosten seiner Finanzierung) für die Erweiterung oder Verbesserung von Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 (Verkehrsanlagen) in dem Sanierungsgebiet zu berechnen ist; Voraussetzung für den Erlass der Satzung sind Anhaltspunkte dafür, dass die sanierungsbedingte Erhöhung der Bodenwerte der Grundstücke in dem Sanierungsgebiet nicht wesentlich über der Hälfte dieses Aufwands liegt. In der Satzung ist zu bestimmen, bis zu welcher Höhe der Aufwand der Berechnung zu Grunde zu legen ist; sie darf 50 vom Hundert nicht übersteigen. Im Geltungsbereich der Satzung berechnet sich der Ausgleichsbetrag für das jeweilige Grundstück nach dem Verhältnis seiner Fläche zur Gesamtfläche; als Gesamtfläche ist die Fläche des Sanierungsgebiets ohne die Flächen für die Verkehrsanlagen zu Grunde zu legen. § 128 Absatz 1 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Ausgleichsbetrag ist nach Abschluss der Sanierung (§§ 162 und 163) zu entrichten. Die Gemeinde kann die Ablösung im Ganzen vor Abschluss der Sanierung zulassen; dabei kann zur Deckung von Kosten der Sanierungsmaßnahme auch ein höherer Betrag als der Ausgleichsbetrag vereinbart werden. Die Gemeinde soll auf Antrag des Ausgleichsbetragspflichtigen den Ausgleichsbetrag vorzeitig festsetzen, wenn der Ausgleichsbetragspflichtige an der Festsetzung vor Abschluss der Sanierung ein berechtigtes Interesse hat und der Ausgleichsbetrag mit hinreichender Sicherheit ermittelt werden kann.

(4) Die Gemeinde fordert den Ausgleichsbetrag durch Bescheid an; der Betrag wird einen Monat nach der Bekanntgabe des Bescheids fällig. Vor der Festsetzung des Ausgleichsbetrags ist dem Ausgleichsbetragspflichtigen Gelegenheit zur Stellungnahme und Erörterung der für die Wertermittlung seines Grundstücks maßgeblichen Verhältnisse sowie der nach § 155 Absatz 1 anrechenbaren Beträge innerhalb angemessener Frist zu geben. Der Ausgleichsbetrag ruht nicht als öffentliche Last auf dem Grundstück.

(5) Die Gemeinde hat den Ausgleichsbetrag auf Antrag des Eigentümers in ein Tilgungsdarlehen umzuwandeln, sofern diesem nicht zugemutet werden kann, die Verpflichtung bei Fälligkeit mit eigenen oder fremden Mitteln zu erfüllen. Die Darlehensschuld ist mit höchstens 6 vom Hundert jährlich zu verzinsen und mit 5 vom Hundert zuzüglich der ersparten Zinsen jährlich zu tilgen. Der Tilgungssatz kann im Einzelfall bis auf 1 vom Hundert herabgesetzt werden und das Darlehen niedrig verzinslich oder zinsfrei gestellt werden, wenn dies im öffentlichen Interesse oder zur Vermeidung unbilliger Härten oder zur Vermeidung einer von dem Ausgleichsbetragspflichtigen nicht zu vertretenden Unwirtschaftlichkeit der Grundstücksnutzung geboten ist. Die Gemeinde soll den zur Finanzierung der Neubebauung, Modernisierung oder Instandsetzung erforderlichen Grundpfandrechten den Vorrang vor einem zur Sicherung ihres Tilgungsdarlehens bestellten Grundpfandrecht einräumen.

(6) Die Gemeinde kann von den Eigentümern auf den nach den Absätzen 1 bis 4 zu entrichtenden Ausgleichsbetrag Vorauszahlungen verlangen, sobald auf dem Grundstück eine den Zielen und Zwecken der Sanierung entsprechende Bebauung oder sonstige Nutzung zulässig ist; die Absätze 1 bis 5 sind sinngemäß anzuwenden.

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 18. März 2011 – 8 A 185/10 – wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 14.713,61 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Beteiligten streiten um eine Vorausleistung auf einen Straßenausbaubeitrag.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung S..., Flur ..., Flurstück .../.... Auf dem Grundstück befindet sich der Z...see, der als Bundeswasserstraße gewidmet und unter anderem am Südufer mit Bootshäusern überbaut ist. Im Umfang der Überbauung hat die Klägerin den jeweiligen Eigentümern der Bootshäuser die Wasserflächen vertraglich zur Nutzung überlassen. Die Landeshauptstadt Schwerin baute ab April 2009 die M...straße zwischen der Einmündung zur W...Straße und dem Kreisverkehr zur G...Straße aus. Mit Bescheid vom 9. Oktober 2009 setzte die Beklagte gegen die Klägerin eine Vorausleistung auf den Straßenausbaubeitrag in Höhe von 14.713,61 Euro fest. Dabei berücksichtigte die Beklagte die Gebäudegrundfläche der Bootshäuser Nummer 10 bis 19, 22 bis 38 und 70 von 3.651 qm mit einem Nutzungsfaktor von 0,5 und bezog sich zur Begründung insoweit auf § 5 Abs. 5 Nr. 2 Buchst. b der Satzung der Landeshauptstadt Schwerin über die Erhebung von Ausbaubeiträgen vom 14. Februar 2002 (Ausbaubeitragssatzung). Den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2010 zurück. Am 3. März 2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht Schwerin hat den Bescheid vom 9. Oktober 2009 und den Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2010 mit Urteil vom 18. März 2011 – 8 A 185/10 – aufgehoben. Das Urteil wurde der Beklagten am 25. August 2011 zugestellt.

3

Der innerhalb der Frist aus § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO am 23. September 2011 gestellte und ebenso fristgemäß (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) am 14. Oktober 2011 begründete Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. März 2011 – 8 A 185/10 – hat keinen Erfolg.

4

Die geltend gemachten Zulassungsgründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung; dabei berücksichtigt der Senat, dass die Voraussetzungen an eine Berufungszulassung mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.09.2009 – 1 BvR 814/09 –, NJW 2009, 3642; Beschl. v. 08.12.2009 – 2 BvR 758/07 –, NVwZ 2010, 634 [640] ; Beschl. v. 22.08.2011 – 1 BvR 1764/09 –, NVwZ-RR 2011, 963).

5

Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht hinreichend dargelegt bzw. liegt jedenfalls der Sache nach nicht vor.

6

Nach Maßgabe der ständigen Rechtsprechung des Senats muss sich ein auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel gestützter Antrag im Hinblick auf das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernsthaften Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Erforderlich dafür ist, dass sich unmittelbar aus der Antragsbegründung sowie der angegriffenen Entscheidung selbst schlüssig Gesichtspunkte ergeben, die ohne Aufarbeitung und Durchdringung des gesamten bisherigen Prozessstoffes – vorbehaltlich späterer Erkenntnisse – eine hinreichend verlässliche Aussage dahingehend ermöglichen, das noch zuzulassende Rechtsmittel werde voraussichtlich zum Erfolg führen. Ist eine Entscheidung in je selbstständig tragender Weise mehrfach begründet, so muss im Hinblick auf jeden der Begründungsteile ein Zulassungsgrund dargelegt werden und gegeben sein (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. zum Ganzen etwa Beschl. v. 15.10.2008 – 1 L 104/05 –).

7

In der Sache sieht der Senat diesen Zulassungsgrund als gegeben an, wenn die Zulassungsschrift – gegebenenfalls in Verbindung mit einem weiteren innerhalb der Antragsfrist eingegangenen Schriftsatz – Anlass gibt, das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Damit ist gesagt, dass sich der Begriff der ernstlichen Zweifel nicht ausschließlich auf die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung beziehen kann, sondern zusätzlich das Ergebnis, zu dem das Verwaltungsgericht gelangt ist, mit in den Blick zu nehmen hat. So liegen etwa in den Fällen, in denen zwar die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung ersichtlich unzutreffend ist, eine andere tragfähige Begründung sich dem Senat aber ohne Weiteres aufdrängt, ernstliche Zweifel im Sinne des Zulassungsrechts nicht vor. Ernstliche Zweifel können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend überschauen lassen, die Zulassungsschrift aber dem Senat die Einsicht vermittelt, dem Rechtsmittel seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen (ebenfalls ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. a.a.O.).

8

Nach diesen Maßstäben sind hier keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung auch tragend auf die Erwägung gestützt, dass die anzuwendende Ausbaubeitragssatzung keine vorteilsgerechte Maßstabsregel für die Veranlagung des herangezogenen Grundstücks enthalte, weil sie die Einbeziehung nur von Teilflächen des Seegrundstückes der Klägerin, nämlich der Aufstandsflächen der Bootshäuser, in das Abrechnungsgebiet nicht erlaube. Diese Annahme des Verwaltungsgerichts stellt das Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage. Die nach Auffassung der Beklagten einschlägige Maßstabsregel des § 5 Abs. 5 Nr. 2 Buchst. b Ausbaubeitragssatzung gilt nur für „die Flächen nach § 4 Abs. 4 Satz 2“ der Satzung. Flächen in diesem Sinne sind aber „die Gesamtflächen berücksichtigungsfähiger Grundstücke“. Auf diese Fläche hat sich die Ermittlung des Nutzungsfaktors nach § 5 Abs. 5 Ausbaubeitragssatzung zu beziehen. Wegen dieser satzungsrechtlichen Bestimmung fehlt es an einer Maßstabsregel für Grundstücke im Außenbereich, die nur mit einer Teilfläche von der ausgebauten Anlage bevorteilt werden. Einen solchen Fall hat die Beklagte aber angenommen.

9

Soweit sich die Beklagte auf § 4 Abs. 1 Ausbaubeitragssatzung bezieht, führt das nicht weiter. Dort ist anders als in Absatz 4 von der „Gesamtfläche“ des Grundstücks nicht die Rede. Absatz 1 regelt zunächst nur, welche Grundstücke (im bürgerlich-rechtlichen Sinn, § 4 Abs. 2 Ausbaubeitragssatzung) in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen sind, nicht jedoch deren flächenmäßige Beschränkung. Soweit die Beklagte etwas anderes vorträgt, erschöpft sich das Vorbringen in einer bloßen Behauptung, die dem Darlegungserfordernis aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht genügt.

10

Im Übrigen bestehen auch aus anderen Gründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts. Dieses erweist sich jedenfalls als im Ergebnis richtig. Der Bescheid der Beklagten vom 9. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

11

Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V i.V.m. § 10 der Satzung der Landeshauptstadt Schwerin über die Erhebung von Ausbaubeiträgen vom 14. Februar 2002 (Ausbaubeitragssatzung) können auf die künftige Beitragsschuld Vorausleistungen bis zur Höhe der voraussichtlichen Beitragsschuld verlangt werden, sobald mit der Durchführung von Maßnahmen begonnen worden ist. Der umlagefähige Aufwand wird dabei gemäß § 4 Abs. 1 Ausbaubeitragssatzung auf die Flächen der Grundstücke verteilt, von denen aus die Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage besteht. Beitragspflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Vorausleistungsbescheides Eigentümer des Grundstücks ist (§ 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Ausbaubeitragsatzung).

12

Das Grundstück der Klägerin ist auch mit den herangezogenen Teilflächen nicht in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen. Es wird von der ausgebauten Anlage nicht bevorteilt. Das Grundstück weist nicht die erforderliche räumlich enge Beziehung zur ausgebauten Straße auf. Mit dem Begriff der Möglichkeit in § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V ist klargestellt, dass eine Beitragerhebung nur gerechtfertigt ist, wenn die Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage vom betreffenden Grundstück aus rechtlich und tatsächlich möglich und diese Möglichkeit hinreichend qualifiziert ist. Der durch den Straßenbaubeitrag abgegoltene Vorteil liegt in der einem Grundstück durch die Ausbaumaßnahme vermittelten verbesserten Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage (OVG Greifswald, Urt. v. 23.06.2010 – 1 L 34/06 –, juris Rn. 36). Daran fehlt es hier. Auf die von der Beklagten angeführte verbesserte Verpachtungsmöglichkeit der Wasserflächen kommt es beitragsrechtlich nicht an.

13

Hinsichtlich der mit den Bootshäusern Nummern 35 bis 38 (Nummerierung laut Flurkarte Bl. 19 der Gerichtsakte) überbauten Teilflächen trägt die Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid selbst vor, dass diese von einem öffentlichen Schotterweg aus erreicht werden, der in nordöstlicher Richtung weiter bis zum Uferweg im benachbarten Plangebiet führt. Die Flächen sind mithin anderweitig als über die ausgebauten M...straße an das gemeindliche Verkehrsnetz angeschlossen. Bevorteilt wären sie daher allenfalls von dem genannten öffentlichen Weg, an den das klägerische Grundstück angrenzt. Der Schotterweg stellt sich ausbaubeitragsrechtlich nicht als unselbstständiger Bestandteil der ausgebauten Straße, sondern als eigenständige Anlage dar. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Ausdehnung der ausgebauten Anlage ist der erschließungsbeitragsrechtliche Anlagenbegriff. Daraus folgt, dass ebenso wie im Erschließungsbeitragsrecht für die Beantwortung der Frage, was beitragsfähige Anlage im Sinne von § 8 Abs. 1 KAG M-V ist, grundsätzlich darauf abzustellen ist, was sich bei natürlicher Betrachtungsweise aus der Sicht eines objektiven Betrachters als „gesamte Verkehrsanlage“ darstellt. Zwar ist für die Fallgruppe der Stichstraße (Sackgasse) in diesem Zusammenhang in der Rechtsprechung der Grundsatz entwickelt worden, dass eine öffentliche, für das Befahren mit Kraftfahrzeugen aller Art vorgesehene Sackgasse in der Regel nur als selbstständig zu qualifizieren ist, wenn sie entweder länger als 100 Meter ist oder vor Erreichen dieser Länge (mehr oder weniger) rechtswinklig abknickt oder sich verzweigt (OVG Greifswald, Urt. v. 13.12.2011 – 1 L 170/08 –, juris Rn. 20). Um eine Sackgasse handelt es sich in diesem Bereich des Schotterweges aber nicht, weil sich dieser als Uferweg im nordöstlich angrenzenden Plangebiet fortsetzt.

14

Der benannte Weg ist auch deshalb kein unselbstständiger Bestandteil der ausgebauten Straße, weil er einer anderen Straßenkategorie im Sinne von § 3 Ausbaubeitragssatzung zuzuordnen ist. Die ausgebaute Anlage ist als Hauptverkehrsstraße nach § 3 Abs. 1 Ausbaubeitragssatzung abgerechnet worden, der Schotterweg dient demgegenüber als Anliegerstraße gemäß § 3 Abs. 3 Ausbaubeitragssatzung überwiegend dem Anliegerverkehr. Auch dieser Umstand zwingt aus rechtlichen Gründen zur Annahme einer eigenen Anlage. Straßenbaubeitragsrechtlich muss der mit einer unterschiedlichen Straßenfunktion verbundene unterschiedlich hohe Gemeindeanteil bei der Bestimmung der Anlage Berücksichtigung finden. Nur so kann gewährleistet werden, dass den Anliegern der jeweiligen Straße nur die ihnen jeweils durch das Ortsrecht zugedachte Vorteilsquote zugerechnet werden kann. Eine Hauptstraße und deren Stichstraße bilden deshalb straßenbaubeitragsrechtlich grundsätzlich selbst dann zwei selbstständige Anlagen, wenn es sich bei natürlicher Betrachtungsweise um lediglich eine Anlage handeln würde (OVG Greifswald, Beschl. v. 10.02.2009 – 1 M 117/08 –, juris Rn. 27).

15

Hinsichtlich der übrigen berücksichtigten und mit den Bootshäusern Nummern 10 bis 19, 22 bis 34 und 70 überbauten Grundstücksflächen ist die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 21. April 2010 selbst davon ausgegangen, dass es sich insoweit um Teilflächen eines Hinterliegergrundstücks handelt. Der Senat muss für diese Entscheidung deshalb nicht klären, ob sich zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht auch auf dem zwischen der ausgebauten M...straße und dem Seeufer liegenden Flurstück ... voraussichtlich eine Verkehrsfläche in Gestalt einer Fortsetzung des oben angesprochenen Weges in westlicher Richtung befinden wird. Für den Fall würde das oben Gesagte gelten: Auch dieser Weg wäre wegen der beitragsrechtlich von der ausgebauten Anlage verschiedenen Verkehrsfunktion als eigene Anlage anzusehen. Das hätte wiederum zur Folge, dass sich die Frage der Vorteils für die veranlagten Flächen nur mit Blick auf diese nächstgelegene Anlage stellen könnte, die den weiteren Zugang zum gemeindlichen Verkehrsnetz einschließlich der M...straße vermitteln würde.

16

Aber selbst wenn die ausgebaute Anlage im Verhältnis zu den vorstehend genannten Bootshausflächen die nächste erreichbare selbstständige Verkehrseinrichtung wäre, würden diese Grundstücksteile nicht am Vorteilsausgleich teilnehmen. Zwar kann auch ein Hinterliegergrundstück eine vorteilsrelevante qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit zur ausgebauten Anlage haben. Da es sich bei dem beitragsrelevanten Vorteil um einen Dauervorteil handelt, setzt das allerdings voraus, dass die Verbindung des Hinterliegergrundstücks zur betreffenden Straße rechtlich gesichert ist und die Möglichkeit der Zuwegung über ein unmittelbar an der Straße gelegenes Grundstück deshalb voraussichtlich auf Dauer besteht (vgl. VGH München, Urt. v. 18.06.2010 – 6 BV 09.1228 –, juris Rn. 20). Der Klägerin steht aber keine Rechtsposition zur Seite, die ihr ein Überqueren des Flurstücks ..., soweit sich darauf keine öffentliche Verkehrsanlage befindet, oder der den Bootshäusern Nummern 19, 22 bis 34 und 70 südlich vorgelagerten Grundstücke erlauben würde. Auch die Beklagte konnte dafür nichts benennen. Soweit sie sich in ihrer Klageerwiderung auf die mit den Eigentümern der Bootshäuser abgeschlossenen Nutzungsverträge beruft, geben diese nichts für eine entsprechende rechtliche Befugnis her, weil sie sich nur auf die Wasserflächen und die darauf errichteten Anlagen beziehen, nicht jedoch auf die Grundstücke, die an der ausgebauten Anlage anliegen zudem auch nicht vollständig in der Verfügungsbefugnis der Pächter stehen. Die Einräumung eines Notwegesrechtes kann die Klägerin auch nicht mit Blick auf die Verpachtung der Wasserflächen verlangen (BGH, Urteil vom 05.12.2006 – V ZR 139/05 –, juris). Die Klägerin führt insoweit zu Recht aus, dass sie selbst auf eine Zuwegung auch gar nicht angewiesen ist.

17

Der darüber hinaus geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist schon nicht hinreichend dargelegt. Insoweit wären Darlegungen (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) dazu erforderlich gewesen, dass die Rechtssache in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufwirft, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist und deren Klärung der Weiterentwicklung des Rechts förderlich ist. Hierzu gehört, dass die klärungsbedürftige konkrete Rechtsfrage bezeichnet und dargestellt wird, woraus sich die grundsätzliche Bedeutung dieser speziellen Rechtsfrage ergibt. Der Antragsbegründung muss entnommen werden können, warum prinzipielle Bedenken gegen einen vom Verwaltungsgericht in einer bestimmten Rechts- oder Tatsachenfrage eingenommenen Standpunkt bestehen und es deshalb erforderlich ist, dass sich das Berufungsgericht noch einmal klärend mit der aufgeworfenen Frage auseinandersetzt. Dazu bedarf es einer substantiierten Darlegung, aus welchen Gründen ein von dem Verwaltungsgericht eingenommener Rechtsstandpunkt bzw. die vom Verwaltungsgericht festgestellten Tatsachen zweifelhaft geworden sind (ständige Rspr. des Senats, vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 20.11.2007 – 1 L 195/07 – und zuletzt etwa Beschl. v. 11.01.2011 – 1 L 145/07 –).

18

Zum einen benennt das Zulassungsvorbringen schon keine klärungsbedürftige konkrete Rechtsfrage, sondern beschränkt sich auf den Vortrag, der „Umgang mit den Bootshäusern“ sei auch für andere, beispielhaft benannte, „KAG-Maßnahmen von erheblicher Bedeutung“. Zudem fehlen Darlegungen dazu, dass sich in den genannten Sachverhalten fallübergreifende Rechtsfragen stellen. Die Zulassungsbegründung erwähnt dazu lediglich, dass auch an anderen Erschließungsanlagen Flächen für Bootshäuser, Marinas und Steganlagen anliegen würden. An diesem Anliegen fehlt es hier aber gerade. Schließlich wären mit Blick auf den Umstand, dass das Verwaltungsgericht die angefochtene Entscheidung auf drei unabhängig tragende Erwägungen gestützt hat, substantiierte Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit etwaiger Rechts- oder Tatsachenfragen erforderlich gewesen; an solchen fehlt es ebenfalls

19

Die Divergenzrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO), derzufolge das angefochtene Urteil von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 1987 – 8 C 85/86 – abweichen soll, führt schließlich auch nicht zum Erfolg des Zulassungsantrages.

20

Eine Divergenz ist dargelegt, wenn der konkrete Nachweis geführt wird, welcher der vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten, diese tragenden Rechtssätze zu einer Rechts- oder Tatsachenfrage einem Rechtssatz widerspricht, den eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte in tragender Weise mit gegenteiligem Inhalt aufgestellt hat (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 18.01.2007 – 1 L 345/05 –; Beschl. v. 06.04.2000 – 1 M 24/00 –; Beschl. v. 21.09.1999 – 1 M 71/99 –; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 05.06.2013 – 5 B 7.13 –; Beschl. vom 10.07.1995 – 9 B 18/95 –, NVwZ-RR 1997, 191 zu § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage, § 124 Rn. 11, § 132 Rn. 14). Eine Abweichung bzw. Divergenz im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist dabei grundsätzlich nur anzunehmen, wenn das Verwaltungsgericht in seinem Urteil mit einem seine Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift von einem in der Rechtsprechung der in der Vorschrift genannten Gerichte aufgestellten Rechtssatz abweicht (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 05.06.2013 – 5 B 7.13 –; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 124 Rn. 158, 160; Kopp/Schenke, a.a.O., § 132 Rn. 15; OVG Greifswald, Beschl. v. 18.01.2007 – 1 L 345/05 –; Beschl. v. 15.10.2008 – 1 L 104/05 –).

21

Eine Divergenz scheidet hier schon deshalb aus, weil die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Begriff des „Baulands“ in § 133 Abs. 1 BBauG (nunmehr § 133 Abs. 1 BauGB) ergangen ist. Diese Vorschrift betrifft das Erschließungsbeitragsrecht und war vom Verwaltungsgericht vorliegend nicht anzuwenden.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

23

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 GKG i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG und § 53 Abs. 2 GKG.

24

Hinweis:

25

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

26

Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 13. September 2013 – 3 A 1741/12 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Straßenbaubeitragsbescheid des Beklagten für den Um- und Ausbau der Straße „P. 1. BA“ in der Gemeinde W. auf dem Darß.

2

Er ist Eigentümer des streitgegenständlichen Flurstücks G1, Gemeinde W., mit einer Größe von 1.317 qm, sowie des südlich angrenzenden Flurstücks G2, mit einer Größe von 1.317 qm, beide Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich. An die ausgebaute Straße grenzt das Flurstück G2, das Flurstück G1 liegt in nördlicher Richtung dahinter (Lageskizzen: Anlage K3, Bl. 16 d. GA.; Anlage K4, Bl. 82 d. GA.; Luftbild, Anlage K 5, Bl. 83 d. GA.; Skizze Abrechnungsgebiet Bl. 83 d. VerwA.). Auf dem Flurstück G1 befinden sich zwei Gebäude, in denen der Kläger die „Pension R.“ betreibt, er vermietet Ferienzimmer und Ferienwohnungen (LiBi, Bl. 54 ff. d. GA.; Gewerbeanmeldung Bl. 157 d. VerwA.). Auf dem Flurstück G2 sind sieben Stellplätze für Pensionsgäste angelegt, die Einfahrt erfolgt durch ein Tor von der ausgebauten Straße. Auf der nicht ausgebauten Straße „Nordseite“ ist ein Tor und eine Zufahrt zum Flurstück G1 vorhanden (LiBi., Bl. 63 u. 84 d. GA.). Am Abzweig P. verweist ein großes Werbeschild der Pension R. per Richtungspfeil auf die Zufahrt über die Straße P. (LiBi., Bl. 54 d. GA.). Unmittelbar an der Parkplatzzufahrt von der ausgebauten Straße weisen ein Werbeschild und ein Aufsteller auf die Pension R. hin (LiBi., Bl. 57 d. GA.). Ein Zaun ist zwischen den Grundstücken nicht vorhanden (LiBi., Bl. 63 d. GA.). Auf der Internetseite der Pension wird mit einem „ca. 2.600 qm großen Grundstück“ geworben (Internetauszug, Bl. 69 d. GA.).

3

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2010 zog der Beklagte den Kläger zu einem Straßenbaubeitrag für das Flurstück G1 in Höhe von 1.640,11 € heran. Bei der Berechnung wurde zu der Vollgeschossmesszahl von „1“ ein „Zuschlag für erhöhten Quell-/ Zielverkehr (Nutzungszuschlag)“ von „0,5“ addiert und so die beitragsfähige Fläche von 1.317 qm auf eine bewertete Fläche von 1.975 qm erhöht, die mit dem Beitragssatz multipliziert wurde.

4

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 22. November 2010 Widerspruch ein. Er ist der Ansicht, das Flurstück G1 habe keinen Vorteil von der ausgebauten Straße. Auf dem Flurstück G1 befänden sich zwei Wohnhäuser. Es werde nicht gewerblich genutzt. Der Zugang und die Zufahrt zu diesem Flurstück erfolge ausschließlich über die „Nordseite“. Das Flurstück G2 sei eine nicht bebaubare Erholungsfläche, Wiese, Grünland.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 05. Dezember 2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Das Hinterliegergrundstück sei in die Verteilung des beitragsfähigen Aufwands einzubeziehen. Dem Eigentümer des Hinterliegergrundstücks werde ein beitragsrelevanter Vorteil geboten, weil er vom Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstück eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Straße besitze.

6

Am 28. Dezember hat der Kläger Klage gegen den Bescheid erhoben. Zur Begründung verweist er auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt (Urt. v. 03.04.2007 – 4 L 230/06 –). Von der ausgebauten Straße bestehe kein nennenswerter Vorteil der Inanspruchnahme durch das Flurstück G1. Das streitgegenständliche Flurstück sei ein „nicht gefangener Hinterlieger“, da es über eine eigenständige Erschließung von der Straße „Nordseite“ verfüge. Es bleibe daher bei der Verteilung des Erschließungsaufwandes grundsätzlich unberücksichtigt, wenn es aufgrund planungsrechtlicher, sonstiger rechtlicher oder tatsächlicher Umstände eindeutig erkennbar auf diejenigen Anbaurechte ausgerichtet ist, an die es angrenze. Die einheitliche Nutzung als Betriebsgelände reiche nicht aus.

7

Vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger beantragt,

8

den Bescheid des Beklagten vom 19. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Dezember 2012 aufzuheben.

9

Der Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Der Eigentümer beider Grundstücke habe es jederzeit in der Hand, aufgrund seiner rechtlichen und tatsächlichen Verfügungsmacht über beide Grundstücke die Erreichbarkeit des Hinterliegergrundstücks unter Benutzung des Anliegergrundstücks zu gewährleisten bzw. einen Zugang zu schaffen.

12

Mit Urteil vom 13. September 2013 hat das Verwaltungsgericht Greifswald – 3 A 1741/12 – die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt die Kammer im Wesentlichen aus: An der Wirksamkeit der Straßenbaubeitragssatzung der Gemeinde Wieck vom 01. Oktober 2001 i. d. F. der zweiten Änderungssatzung vom 05. Dezember 2006 als Rechtsgrundlage für den Bescheid bestünden keine Zweifel. Die Maßnahme sei auch beitragsfähig. Die Fahrbahn habe einen nach den anerkannten Regeln der Technik hergestellten Unterbau (Tragschicht, Frostschutzschicht etc.) erhalten, die Straßenbeleuchtung sei verbessert worden und entspreche erstmals der DIN 5044. Die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands sei fehlerfrei. Soweit die Verteilung des beitragsfähigen Aufwands rechtsfehlerhaft sei, da die nur 4 m breite, ausgebaute Straße unzutreffend als Innerortsstraße (erst ab 5 m Breite) und nicht als Anliegerstraße eingestuft worden sei, begünstige das den Kläger, da bei dieser Einstufung die Anliegeranteile geringer seien. Die Bildung des Abrechnungsgebiets sei nicht zu beanstanden.

13

Das Flurstück G1 sei bei der Aufwandsverteilung mit der gesamten Fläche zu berücksichtigen. Wegen der Eigentümeridentität sei der Zugang zur Straße vom Hinterliegergrundstück gewährleistet und werde ausweislich des unwidersprochenen Vortrags des Beklagten und der vorliegenden Lichtbilder auch tatsächlich genutzt. Beide Grundstücke werden einheitlich wirtschaftlich genutzt. Auf dem Flurstück G2 befinden sich Parkplätze für die auf dem Flurstück G1 betriebene Pension R.. Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich erheblich von demjenigen, der der Entscheidung des OVG Sachsen-Anhalt zugrunde liege.

14

Gegen das ihm am 30. September 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Oktober 2013 beantragt, die Berufung zuzulassen. Mit seiner Antragsbegründung vom 27. November 2013 hat der Kläger vorgetragen, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Bei Hinterliegergrundstücken sei für den Vorteil der Inanspruchnahmemöglichkeit nicht ohne Weiteres die Eigentümeridentität ausreichend. Die wenigen Parkplätze auf dem Flurstück G2, die durch Gäste der Ferienwohnungen auf dem benachbarten klägerischen Grundstück benutzt werden können, führten nicht zu einem beitragsrelevanten Vorteil. Die Parkflächen machen nur einen geringen Bruchteil der Gesamtfläche des Flurstücks aus. Es könne nicht von einer einheitlichen Nutzung der beiden Grundstücke ausgegangen werden. Die Straße sei vom Hinterliegergrundstück über das davor liegende Grundstück tatsächlich nicht erreichbar. Die Parkplätze stellten nur eine äußerst geringe und theoretische Ingebrauchnahmemöglichkeit von Gästen des Klägers dar. Die große Mehrheit der Feriengäste parke auf der Grundstücksseite, die über die Straße „Nordseite“ erschlossen werde.

15

Mit Beschluss vom 11. September 2014 hat der Senat die Berufung des Klägers zugelassen.

16

Nach Zustellung dieses Beschlusses am 21. September 2014 hat der Kläger die Berufung am 08. Oktober 2014 im Wesentlichen unter Wiederholung seines Vortrags aus dem Berufungszulassungsverfahren begründet.

17

Der Kläger beantragt,

18

unter Abänderung des angefochtenen Urteils, den Bescheid des Beklagten vom 19.10.2010 zum Az. 1526.04 – Lfd. Nr. 28 – in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2012 – aufzuheben.

19

Der Beklagte beantragt,

20

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 13.09.2013 (Az. 3 A 1741/12) zurückzuweisen.

21

Eine objektive Wertlosigkeit der Inanspruchnahmemöglichkeit könne nicht angenommen werden. Die Parkplätze unmittelbar vor den Ferienwohnungen seien ein wesentlicher, wenn nicht sogar notwendiger Bestandteil der wirtschaftlichen Nutzung des Hinterliegergrundstücks. Die als Garten angelegte Fläche werde bauakzessorisch genutzt und gehöre zu dem Pensionsangebot der auf dem Hinterliegergrundstück befindlichen Ferienwohnungen.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 05. November 2014 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, weil auch die zulässige Klage unbegründet ist. Der angefochtene Beitragsbescheid vom 19. Oktober 2010 und der Widerspruchsbescheid vom 05. Dezember 2012 sind rechtmäßig und der Kläger wird dadurch nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

24

1. Der Bescheid kann sich in Gestalt der Satzung der Gemeinde Wieck über die Erhebung von Beiträgen für den Bau von Straßen, Wegen und Plätzen vom 01. Oktober 2001 (Straßenbaubeitragssatzung) i. d. F. der zweiten Änderungssatzung vom 05. Dezember 2006 auf eine hinreichende Rechtsgrundlage stützen. Rechtsfehler der Satzung, die zu ihrer Gesamtunwirksamkeit führen könnten, hat der Kläger auch nicht geltend gemacht.

25

2. Auch die Rechtsanwendung des Beklagten ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu beanstanden.

26

Das streitgegenständliche Grundstück des Klägers gehörte zum Abrechnungsgebiet der Ausbaumaßnahme bzw. ist durch diese bevorteilt und war deshalb in die Aufwandsverteilung einzubeziehen. Nach § 5 Abs. 1 der Straßenbaubeitragssatzung bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Diese Regelung steht mit § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V in Einklang. Nach dieser Norm wird der Beitrag als Gegenleistung dafür erhoben, dass den Beitragspflichtigen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme Vorteile geboten werden.

27

Das streitgegenständliche Grundstück ist durch die Ausbaumaßnahme in diesem Sinne bevorteilt; es weist die erforderliche räumlich enge Beziehung zur ausgebauten Straße auf.

28

Mit dem Begriff der Möglichkeit in § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V stellt der Landesgesetzgeber – und in der Folge der kommunale Satzungsgeber – klar, dass es nicht darauf ankommt, dass die ausgebaute Straße vom in Rede stehenden Grundstück bereits zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Betragspflicht tatsächlich in Anspruch genommen wird. Maßgeblich ist, ob die Inanspruchnahme rechtlich und tatsächlich möglich und diese Möglichkeit hinreichend qualifiziert ist. Da es sich bei dem Beitrag im Sinne von § 7 KAG M-V um die Abgeltung eines Dauervorteils handelt, ist dabei auch die Lebensdauer der ausgebauten Anlage in den Blick zu nehmen. Dies zeigt, dass keine Unterscheidung danach vorgenommen werden kann, ob eine Inanspruchnahme zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich schon erfolgt, eine solche bereits geplant ist oder sich erst im Laufe der Zeit ergeben könnte. Aus diesem Grund kommt es nicht darauf an, ob der in Anspruch genommene Eigentümer subjektiv den Willen hat, während dieses Zeitraums die gebotene Möglichkeit tatsächlich zu nutzen. Denkbar ist nämlich, dass das Grundstück veräußert, versteigert, vererbt oder aus sonstigen Gründen übertragen wird und der neue Eigentümer andere Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks verfolgt. Das rechtfertigt es, darauf abzustellen, ob objektiv eine Inanspruchnahmemöglichkeit besteht.

29

Die objektive vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit haben straßenbaubeitragsrechtlich in erster Linie (Buch-)Grundstücke, die unmittelbar an die Straße angrenzen (sog. Anlieger- bzw. Vorderliegergrundstücke). Im Verhältnis zu anderen Grundstücken ist ihre Inanspruchnahmemöglichkeit betreffend die Straße, an der sie anliegen, schon deshalb qualifiziert und in straßenbaubeitragsrechtlich relevanter Weise vorteilhaft, weil aufgrund der offensichtlich räumlich engen Beziehung dieser Grundstücke zur ausgebauten Anlage im Sinne der vorgenannten Bestimmungen in aller Regel angenommen werden kann, die Anlage werde von ihnen aus intensiver beansprucht als von anderen Grundstücken aus, die nicht an ihr anliegen. Im Hinblick auf die Erreichbarkeit des Grundstücks von der Anlage aus ist es für den Fall, dass eine Zuwegung nicht besteht, zur Begründung der Vorteilslage ausreichend, dass eine solche geschaffen werden und damit die Inanspruchnahmemöglichkeit realisiert werden kann.

30

Für das streitgegenständliche Grundstück als ein sog. Hinterliegergrundstück besteht vorliegend ebenfalls eine seine Beitragspflicht begründende Inanspruchnahmemöglichkeit.

31

Für Hinterliegergrundstücke gelten dabei zunächst im Ausgangspunkt keine anderen Maßstäbe als für Anliegergrundstücke. Nur solche Hinterliegergrundstücke sind bevorteilt, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Das bedeutet zunächst, dass vom betreffenden Hinterliegergrundstück rechtlich und tatsächlich die Möglichkeit bestehen muss, die ausgebaute Anlage über ein Anliegergrundstück und ggf. weitere Hinterliegergrundstücke zu erreichen. Vorliegend bestehen keine tatsächlichen Umstände, die die Erreichbarkeit des Anliegergrundstücks Flurstück G2 vom in Anspruch genommen Hinterliegergrundstück Flurstück G1 hindern würde. Die rechtliche Befugnis zum Überqueren vermittelt der Umstand, dass Anlieger- und Hinterliegergrundstück denselben Eigentümer haben (sog. Eigentümeridentität).

32

Im Unterschied zu den Anliegergrundstücken ist allerdings bei Hinterliegergrundstücken die Annahme, die Anlage werde von ihnen aus intensiver beansprucht als von anderen Grundstücken aus, nicht in gleicher Weise offensichtlich regelmäßig gerechtfertigt; sie liegen eben gerade nicht in gleicher Weise unmittelbar an der ausgebauten Anlage, ihre räumliche Beziehung zu ihr ist auf den ersten Blick offensichtlich weniger eng als diejenige der Anliegergrundstücke. Bei Hinterliegergrundstücken kann allerdings zwischen sog. „gefangenen“ und anderen („nicht gefangenen“) differenziert werden.

33

Bei „gefangenen“ Hinterliegergrundstücken, also solchen Grundstücken, die ausschließlich über die jeweils in Beziehung zur ausgebauten Anlage vorgelagerten Anliegergrundstücke eine Verbindung zum gemeindlichen Verkehrsnetz haben, kann bei näherer Betrachtung wie bei den Anliegergrundstücken selbst in vergleichbarer Weise die erforderliche räumlich enge Beziehung und qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit bestehen. Sie besteht in aller Regel dann, wenn vom „gefangenen“ Hinterliegergrundstück aus über bzw. vermittelt durch das Anliegergrundstück eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage besteht. Diese besteht grundsätzlich immer im Falle der Eigentümeridentität, also in den Fällen, in denen der Eigentümer von Anlieger- und Hinterliegergrundstück identisch und damit die Erreichbarkeit der Anlage vom Hinterlieger- über das Anliegergrundstück auch rechtlich gesichert ist. Weil das „gefangene“ Hinterliegergrundstück hinsichtlich des Zugangs zum gemeindlichen Verkehrsnetz darauf angewiesen ist, über das vorgelagerte Anliegergrundstück die wegemäßige Erschließung zu erfahren und in diesem Sinne ausschließlich auf die ausgebaute Anlage hin ausgerichtet ist, kann bei einer Eigentümeridentität in der Regel angenommen werden, die Anlage werde von ihm aus – wie von dem Anliegergrundstück – wegen seiner räumlich engen Beziehung intensiver beansprucht als von anderen Grundstücken aus. Auch bei Hinterliegergrundstücken kommt es dabei folgerichtig nicht auf eine aktuell bestehende tatsächliche Nutzung an. Es kommt somit insbesondere nicht darauf an, ob bei Entstehung der sachlichen Beitragspflicht eine Zufahrt vom Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstück zur ausgebauten Straße tatsächlich besteht, sondern im Sinne der Inanspruchnahmemöglichkeit nur darauf, ob eine solche geschaffen werden könnte. Das ist sachgerecht, weil es beim Vorteilsbegriff nicht auf die häufig auch leicht änderbare oder schwer feststellbare tatsächliche Gestaltung der Grundstücksverhältnisse ankommt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.04.2007 – 9 LA 92/06 –, juris).

34

In den Fällen, in denen das Hinterliegergrundstück wie im vorliegenden Fall seinerseits an eine andere als die ausgebaute Straße angrenzt (sog. „nicht gefangenes“ Hinterliegergrundstück), kann demgegenüber der Umstand, dass für Anlieger- und Hinterliegergrundstück Eigentümeridentität besteht, für sich allein gesehen nicht als hinreichend für die Annahme eines Vorteils bzw. die Bejahung der erforderlichen qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit betrachtet werden. Vielmehr bedarf es als Korrektiv zusätzlich einer wertenden Betrachtung (so auch OVG Bautzen, Urt. v. 31.01.2013 – 5 A 783/10 –, juris und Urt. v. 03.09.2008 – 5 A 348/08 –, SächsVBl 2009, 40; VGH Kassel, Urt. v. 03.09.2008 – 5 A 688/08 –, juris; OVG Magdeburg, Urt. v. 03.04.2007 – 4 L 230/06 -, KStZ 2007, 178; VGH München, Beschl. v. 24.03.2014 – 6 ZB 13.2465 –, juris; in diese Richtung auch VG Schwerin, Urt. v. 04.01.2013 – 4 A 420/09 –; a. A. OVG Weimar, Beschl. v. 17.03.2009 – 4 EO 269/07 –, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.04.2007 – 9 LA 92/06 -, NStN 2007, 186 = DVBl. 2007, 851; VG Greifswald, Urt. v. 22.11.2013 – 3 A 217/12 –, juris; vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht auch VGH Kassel, Beschl. v. 14.12.2012 – 5 A 1884/12 – juris, das Revisionsverfahren hierzu ist beim BVerwG – 9 B 9/13 – anhängig). Auch bei einer Eigentümeridentität kann in diesen Fällen nicht ohne Weiteres vergleichbar mit den Anliegergrundstücken in der Regel angenommen werden, die Anlage werde vom „nicht gefangenen“ Hinterliegergrundstück wegen ihrer räumlich engen Beziehung intensiver beansprucht als von anderen Grundstücken aus.

35

Das Straßenausbaubeitragsrecht ist ausgerichtet auf einen Vorteilsausgleich; Grundstücke sollen sich an diesem Vorteilsausgleich beteiligen, wenn und soweit ihnen durch die Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Verkehrsanlage ein nennenswerter Vorteil zuwächst. Das Ausmaß des einem Grundstück vermittelten Vorteils richtet sich nach dem Ausmaß der von ihm aus zu erwartenden (wahrscheinlichen) Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage. Je weniger diese Anlage von einem Grundstück erfahrungsgemäß in Anspruch genommen werden wird, desto weniger wertvoll ist für dieses Grundstück die ihm gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Anlage. Ist die gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit für ein (Hinterlieger-)Grundstück objektiv wertlos, weil nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten ist, dass von diesem Grundstück aus die ausgebauten Verkehrsanlage in einem relevanten Umfang in Anspruch genommen werden wird, hat dieses Grundstück aus der gebotenen Inanspruchnahmemöglichkeit keinen nennenswerten Vorteil, scheidet deshalb aus dem Kreis der bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigenden Grundstücke aus (OVG Magdeburg, Urteil v. 03.04.2007 – 4 L 230/06 –, KStZ 2007, 178, zit. n. juris; so auch OVG Bautzen, Urteil v. 31.01.2013 – 5 A 783/10 –, juris; vgl. auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage, § 35, Rn. 24) und kann nicht mehr von einer „qualifizierten“ Inanspruchnahmemöglichkeit im Sinne der vorstehend erörterten Bestimmungen gesprochen werden. Eine mit Blick auf anderweitige Verbindungen oder Verbindungsmöglichkeiten des Hinterliegergrundstücks zum gemeindlichen Verkehrsnetz trotz Eigentümeridentität bloß theoretische, aber unwahrscheinliche Möglichkeit der Inanspruchnahme genügt nicht, weil daraus kein erwartbarer Vorteil im vorstehenden Sinne abgeleitet werden könnte. Denkbar ist, dass sich die Inanspruchnahmemöglichkeit als objektiv wertlos erweist, wenn das „nicht gefangene“ Hinterliegergrundstück eindeutig auf eine andere Straße hin ausgerichtet ist (vgl. VGH München, Urt. v. 25.10.2012 – 6 B 10.133 –, juris und Beschl. v. 15.01.2010 – 6 ZB 09.545 –, juris). Das könnte beispielsweise der Fall bei einem „nicht gefangenen“ Hinterliegergrundstück sein, das keine tatsächliche Zufahrt zum Vorderliegergrundstück hat und bei dem Eigentümeridentität besteht, wenn das im Außenbereich liegende Hinterliegergrundstück mit einem Wohnhaus (zum Beispiel der ehemaligen Hofstelle eines Landwirts) bestandsgeschützt bebaut und entsprechend genutzt wird und das Vorderliegergrundstück an einen anderen landwirtschaftlichen Betrieb zur entsprechenden Nutzung verpachtet ist.

36

Ein gewichtiges Indiz dafür, dass ein Vorteil nicht nur theoretisch denkbar und eine gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit nicht objektiv wertlos, sondern (wirtschaftlich) werthaltig bzw. nennenswert ist, kann regelmäßig in der einheitlichen Nutzung von Anlieger- und Hinterliegergrundstück erblickt werden. Denn bei einer solchen einheitlichen Nutzung spricht vieles dafür, dass das Hinterliegergrundstück vom Anliegergrundstück aus genutzt wird und umgekehrt. Die einheitliche Nutzung lässt nach Auffassung des Senats die Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage auch vom Hinterliegergrundstück als hinreichend wahrscheinlich erwarten, sie lässt die Annahme zu, die Anlage, an der das vorgelagerte Anliegergrundstück liegt, werde auch vom Hinterliegergrundstück aus in Anspruch genommen werden. Somit strahlt der Vorteil der ausgebauten Straße für das an der Straße unmittelbar anliegende Grundstück auf das Hinterliegergrundstück aus; beide Buchgrundstücke werden neben der Eigentümeridentität über die einheitliche Nutzung mit der Folge „verklammert“, dass eine hinreichende räumlich enge Beziehung die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit in dem Sinne erwarten lässt, dass auch vom Hinterliegrundstück aus die Anlage intensiver beansprucht wird als von anderen Grundstücken aus. Da bei bestehender Eigentümeridentität nicht selten auch eine einheitliche Nutzung der Grundstücke vorliegen wird, dürfte in der Verwaltungspraxis die Forderung nach einem neben der bloßen Eigentümeridentität festzustellenden weiteren Anhaltspunkt für die Annahme der qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit in zahlreichen Fällen nicht zu anderen Ergebnissen führen, als wenn die Eigentümeridentität für sich gesehen bereits als insoweit ausreichend betrachtet werden würde.

37

So liegt der Fall hier. Die Flurstücke werden tatsächlich einheitlich wirtschaftlich genutzt und ein Zugang (nicht Zufahrt) über das Anliegergrundstück besteht tatsächlich. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob die Flurstücke in gleichem Maße genutzt werden, vielmehr kann auch ein Grundstück die (Haupt)nutzung des anderen nur unterstützen. Es müssen also nicht auf beiden Grundstücken Ferienwohnungen vorhanden sein. Hier sind auf dem Anliegergrundstück Parkflächen und Gartenflächen vorhanden. Der Kläger bezeichnet selbst beide Grundstücke zusammen als „Betriebsgrundstück“ und verwendet in seinem Internetauftritt hierfür eine zusammenfassende Flächengrößenangabe von „ca. 2.600 qm“. Auch räumt der Kläger ein, dass auf dem Anliegergrundstück Parkplätze für Gäste seiner auf dem Hinterliegergrundstück betriebenen Ferienwohnungen vorhanden sind. Dabei ist der Vortrag des Beklagten unwidersprochen geblieben, dass es sich um sieben Parkplätze handelt. Der Kläger hat hierzu nur erklärt, dass es „wenige“ seien. Warum für diese Parkplätze nach Ansicht des Klägers nur eine „theoretische“ Inanspruchnahmemöglichkeit bestehe, hat er nicht begründet. Ein dauernder Hinderungsgrund für die Nutzung der Parkplätze ist weder von ihm vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Zudem werden die Feriengäste über das Hinweisschild mit dem Richtungspfeil sogar (vom Kläger) aufgefordert, die Zufahrt zur „Pension R.“ über die ausgebaute Straße „P.“ zu wählen und nicht etwa die Zufahrt über die Straße „Nordseite“.

38

Auch ist ein fußläufiger Zugang zum Hinterliegergrundstück gegeben. Auf eine Zufahrtsmöglichkeit mit dem Auto kommt es nicht an, zumal die Parkplätze an der rechten (östlichen) Seite des Anliegergrundstücks unmittelbar dem bis auf die Grenze zwischen den Grundstücken gebauten Gebäude vorgelagert sind, sodass zumindest dieses Gebäude leicht von diesen Stellplätzen aus erreicht werden kann.

39

In der Gesamtschau entlasten diese Parkflächen somit jedenfalls die Parksituation auf dem Hinterliegergrundstück und unterstützen somit die wirtschaftliche Ferienwohnungsnutzung des Hinterliegergrundstücks. Ob es sich dabei um baurechtlich notwendige Stellplätze handelt, kann hier dahinstehen bleiben.

40

Im Übrigen ist auch das restliche Anliegergrundstück als Gartenfläche für die „Pension R.“ nutzbar.

41

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass der vorliegende Fall mit dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt (Urt. v. 03.04.2007 – 4 L 230/06 –) zugrunde lag, nicht vergleichbar ist. Denn im dortigen Fall war in dem Bereich, in dem das Vorder- an das Hinterliegergrundstück angrenzt, das Vorderliegergrundstück vollständig mit einem Hotel überbaut und es gab nur einen Durchgang vom Hotel zur Tiefgarage auf dem Hinterliegergrundstück, der über einen Treppenschacht und ein Gitterrost führte und der als Fluchtweg aus brandschutzrechtlichen Gründen geschaffen wurde. Nach dem im dortigen Verfahren vom Verwaltungsgericht festgestellten (unstreitigen) Sachverhalt wurde diese Verbindung von den Hotelgästen nicht genutzt.

42

Hinsichtlich der Rechtsanwendung im Übrigen verweist der Senat zunächst auf die zutreffenden Gründe des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 130b Satz 2 VwGO). Insbesondere bestehen gegen den Zuschlag für die „gewerbliche“ Nutzung des Grundstücks von 0,5 gemäß § 7 Abs. 6 der Straßenbaubeitragssatzung keine Bedenken. Diese Vorschrift lautet:

43

„Zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Art der Nutzung wird der nach Abs. 2 festgelegte Faktor um 0,5 erhöht, wenn das Grundstück innerhalb eines tatsächlich bestehenden (§ 34 Abs. 2 BauGB) oder durch Bebauungsplan ausgewiesenen (…) ….gebietes liegt oder ohne entsprechende Gebietsfestsetzung innerhalb eines Bebauungsplangebietes überwiegend gewerblich oder in einer der gewerblichen Nutzung vergleichbaren Weise (z. B. Verwaltungs-, Schul-, Post-, Bahnhofsgebäude, Parkhäuser, Praxen für freiberufliche Tätigkeit; Museen) genutzt wird.“

44

Der Zuschlag wäre schon dann gerechtfertigt, wenn der Kläger nicht nur Ferienwohnungen vermietet, sondern mit einem Pensionsbetrieb eine der gewerblichen Nutzung vergleichbare Nutzung i. S. v. § 6 Abs. 6 der Satzung ausübt. Für eine „Pension“ spricht neben dem Namen „Pension R.“ auch, dass der Kläger nach seiner Preisliste (auf seiner Internetseite auch im Jahr 2014) nach Absprache auch Frühstück (5 €/P.) anbietet und somit typische Pensionsleistungen bereit hält, die über die bloße Vermietung hinausgehen. Auch die Größe der Anlage (insgesamt 18-22 Betten laut Internetseite 2014) spricht ebenso dafür wie die „Gewerbe-Anmeldung“ nach der GewO vom 05.08.1996. Auch dort ist neben Zimmervermietung, Vermietung von Ferienwohnungen eine Fremdenpension (13 Betten) angegeben. Indiz dafür, dass nicht nur eine bloße Vermietung erfolgt, sondern die Gäste auch betreut werden, ist, dass nach der Gewerbeanmeldung die „Zahl der bei Geschäftsaufnahme tätigen Personen (ohne Inhaber)“ mit „Vollzeit: 1“ angegeben worden ist. Zwar hat der Kläger nach der Darstellung im Widerspruchsbescheid wohl eine Gewerbeummeldung am 25. Juli 2011 auf „Vermietung von Wohnraum“ vorgenommen. Diese Ummeldung erfolgte jedoch erst nach Entstehung der sachlichen Beitragspflicht und wirkt nicht zurück.

45

Letztlich kann es jedoch dahinstehen bleiben, ob der Kläger eine Pension betreibt oder (nur) Ferienwohnungen vermietet, weil die Vorschrift des § 7 Abs. 6 der Straßenbaubeitragssatzung mit dem Begriff der Nutzung in einer „der gewerblichen Nutzung vergleichbaren Weise“ nicht auf eine (privat-)wirtschaftlich einem Gewerbe ähnliche Nutzung abstellt, wie sich schon daran zeigt, dass in der Norm als Beispiele für eine solche Nutzung auch öffentliche Verwaltungseinrichtungen aufgezählt werden. Sinn und Zwecks des Zuschlagsfaktors ist es vielmehr, den gegenüber einer Wohnnutzung wie bei einem Gewerbe erhöhten Straßenverkehr zu berücksichtigen. Darauf weist auch die Formulierung „Grundstücke mit erhöhtem Ziel- und Quellverkehr“ in § 7 Abs. 7 Satz 3 1. Spiegelstrich der Straßenbaubeitragssatzung hin. Eine solche erhöhte Nutzung durch Feriengäste erfolgt sowohl bei Ferienwohnungsvermietung als auch bei einem Pensionsbetrieb durch einen erhöhten An- und Abreiseverkehr. Für diese erhöhte Straßennutzung ist es gleichgültig, ob für die Gäste neben der Übernachtungsmöglichkeit noch zusätzliche (Pensi-ons-)Leistungen wie Frühstück und Gästebetreuung erbracht werden. Allein die Anzahl von sieben Stellplätzen auf dem Anliegergrundstück und noch mehreren auf dem Hinterliegergrundstück weist auf diese erhöhte Verkehrsnutzung hin.

46

Die konkrete Ausnutzung des Grundstücks im vorliegenden Fall zeigt im Vergleich mit einer typischen Wohnnutzung anschaulich, dass die Satzungsregelung über die Erhöhung des Nutzungsfaktors mit einem Zuschlag von 0,5 – also um 50 % – nicht unangemessen ist.

47

Mit den in § 8 Abs. 2 c) der Straßenbaubeitragssatzung aufgeführten „Campingplätzen, Zeltplätzen, Wochenend- und Ferienhaussiedlungen oder Badestränden“ im Außenbereich, für die nur eine Messzahl von 1,0 festgelegt ist, ist die wirtschaftliche Nutzung der klägerischen Grundstücke auch durch Ferienwohnungsvermietung nicht vergleichbar. Camping- und Zeltplätze werden typischerweise saisonal und nicht ganzjährig genutzt, jedenfalls nicht in vollem Umfang, und weisen daher nicht ganzjährig eine erhöhte Verkehrsnutzung auf. Entsprechendes gilt für Ferienhaussiedlungen, die zwar ganzjährig genutzt werden können, bei denen es sich jedoch typischerweise um Grundstücke mit jeweils nur einem Ferienhaus handelt, sodass je Grundstück – anders als bei der Ferienwohnungsanlage des Klägers – nur ein oder nur wenige Nutzer vorhanden sind, die keinen wesentlich erhöhten Ziel- oder Quellverkehr ausmachen.

48

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

49

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

50

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 19.11.2007 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 09.02.2009 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einer Vorausleistung auf den Straßenbaubeitrag für die Gemeindestraße „Am Seeufer“ in Waren (Müritz). Die Straße verläuft östlich der Binnenmüritz in nördliche Richtung. Sie beginnt an der Einmündung in die Papenbergstraße und verläuft dann in nördliche Richtung. Auf Höhe der Einmündung der Großen Gasse geht die Straße „Am Seeufer“ in die Müritzstraße über. Die Müritzstraße liegt im Geltungsbereich der Satzung der Stadt Waren Müritz über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes „Südliche Innenstadt“ vom 05.01.1993. Durch Satzung vom 04.07.2002 wurde die Sanierungssatzung lediglich im Bereich westlich der Müritzstraße aufgehoben.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücks Flurstück G1 in einer Größe von 12.542.780 m², das aus dem Grundstück G2 hervorgegangen ist. Das Grundstück besteht überwiegend aus Wasserflächen der Müritz bzw. Binnenmüritz. Es liegt westlich des zwischen den Knoten Papenbergstraße und Große Gasse verlaufenden Abschnitts der Gemeindestraße „Am Seeufer“. Das Grundstück grenzt nicht an diese Straße an, sondern ist durch Grundstücke, die im Eigentum Dritter stehen, von der Straße getrennt.

3

Der nördliche Teil des Uferbereichs auf Höhe der Anliegergrundstücke Flurstücke G3 und G4 von den Nutzern dieser Grundstücke (Fischereibetrieb bzw. Marina) genutzt. Eine vertragliche Grundlage für die Nutzung besteht nach den Angaben der Klägerin nicht. In diesem Bereich des Ufers befinden sich Bootsschuppen und Freiterrassen. Die Zufahrt erfolgt über die Anliegergrundstücke Flurstücke G3 bzw. G4. Ein vertragliche Absicherung der Zufahrt besteht nicht.

4

Der südlich daran anschließende Teil des Uferbereichs auf Höhe der Grundstücke Flurstücke G5 und G6 wird auf vertraglicher Grundlage von einem Angelsportverein genutzt, der dort sei ca. 100 Jahren eine Bootsschuppenanlage betreibt. Die Zuwegung erfolgt über das im Eigentum der Stadt Waren (Müritz) (künftig: Stadt) stehende Grundstück Flurstücke G5 und G6. Die Zuwegung ist durch einen schuldrechtlichen Vertrag zwischen dem Angelsportverein und der Stadt gesichert. Am 25.03.2008 bewilligte die Stadt ohne Mitwirkung der Klägerin die Eintragung eines Wegerechtes in Form einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zu Gunsten der Klägerin für die Grundstücke Flurstücke G5 und G6, die in der Folgezeit im Grundbuch von Waren – Blatt … – eingetragen wurde.

5

Für den weiter südlich gelegenen Teil der Uferbereichs auf Höhe der Grundstücke Flurstücke G7, G8, G9, G10 und G11 besteht ein Nutzungsvertrag mit der Stadt, die dort einen Uferwanderweg anlegen will.

6

In dem Zeitraum 1997 bis 2005 ließ die Stadt die Straße „Am Seeufer“ in allen vorhandenen Teileinrichtungen ausbauen. Die letzte Unternehmerrechnung ging im Jahre 2006 beim Beklagten ein. Für die Baumaßnahme wurden Fördermittel aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ in Verbindung mit Mitteln des „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ ausgereicht. Das Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung liegt dem Beklagten seit dem 11.07.2008 vor.

7

Mit Änderungsbescheid zum Vorausleistungsbescheid vom 19.11.2007 hatte der Beklagte die Klägerin für den zwischen den Knoten Papenbergstraße und Große Gasse verlaufenden Abschnitt der Straße „Am Seeufer“ zu einer Vorausleistung (100 v.H.) auf den Straßenausbaubeitrag (Teileinrichtung Fahrbahn) i.H.v. 43.998,31 EUR herangezogen. Unter dem 27.11.2007 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 19.11.2007 ein, der vom Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2009 zurückgewiesen wurde.

8

Am 05.03.2009 hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben. Sie ist der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Das Grundstück Flurstück 1/33 sei Bestandteil einer Bundeswasserstraße und damit nicht bevorteilt. Ungeachtet dessen sei es aus Sicht des abgerechneten Abschnitts der Straße „Am Seeufer“ ein nicht bevorteiltes Hinterliegergrundstück. Die Benutzung der Anlage sei ohne dingliche Sicherung der vorhandenen Zuwegungen nicht auf Dauer gewährleistet. Die beschränkt persönliche Dienstbarkeit sei mangels einer entsprechenden Einigung der Beteiligten nicht entstanden. Ihre Eintragung im Grundbuch sei daher fehlerhaft. Ein Notwegerecht bestehe ebenfalls nicht, weil die Klägerin zur bestimmungsgemäßen Nutzung des Grundstücks nicht auf eine Straßenanbindung angewiesen sei. Bei dem Grundstück Flurstück G2 handele es sich nicht um ein gefangenes Hinterliegergrundstück, da es an das ebenfalls im Eigentum der Klägerin stehende Grundstück Flurstück G12 angrenze. Auf diesem Grundstück (G.-Allee in W.) befinde sich die Außenstelle des Wasser- und Schifffahrtsamtes Lauenburg. Schließlich habe die Klägerin ein etwaiges Notwegerecht nicht geltend gemacht, so dass es an der für seine Entstehung erforderlichen Willenserklärung fehle.

9

Die Klägerin beantragt,

10

den Bescheid des Beklagten vom 19.11.2007 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 09.02.2009 aufzuheben.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er ist der Auffassung, die Heranziehung der Klägerin sei im Wesentlichen rechtmäßig. Das Grundstück der Klägerin sei von der abgerechneten Maßnahme bevorteilt, da zumindest die Zuwegung zur Straße „Am Seeufer“ über die Grundstücke Flurstücke G5 und G6 durch die beschränkt persönliche Grunddienstbarkeit dauerhaft gesichert sei. Deren Bestellung bedürfe nicht der Mitwirkung der Klägerin. Zudem sei der öffentliche Glaube des Grundbuchs zu berücksichtigen. Etwaige Fehler im Rahmen der Beitragsermittlung könnten im Rahmen des Erlasses des endgültigen Beitragsbescheides behoben werden.

14

Mit Beschluss vom 12.01.2012 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Klage ist auch begründet. Der streitgegenständliche Vorausleistungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO). Der Vorausleistungsbescheid verstößt gegen § 7 Abs. 4 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V), da die sachliche Beitragspflicht für die Baumaßnahme an der Straße „Am Seeufer“ vor Erlass des Widerspruchsbescheides entstanden war (1.). Ungeachtet dessen ist die Einbeziehung des Grundstücks der Klägerin in den Vorteilsausgleich fehlerhaft (2.).

17

1. Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V können auf die künftige Beitragsschuld Vorausleistungen bis zur Höhe der voraussichtlichen Beitragsschuld verlangt werden, sobald mit der Durchführung der Maßnahme begonnen worden ist. Daraus folgt, dass die Vorausleistung nicht mehr verlangt werden darf, wenn die Beitragsschuld nicht mehr „künftig“, sondern „aktuell“ ist. „Aktuell“ ist die Beitragsschuld, sobald die sachliche Beitragspflicht entstanden ist. Von diesem Zeitpunkt an ist der Erlass eines Vorausleistungsbescheides unzulässig.

18

Vorliegend ist die sachliche Beitragspflicht mit dem Eingang des Ergebnisses der Verwendungsnachweisprüfung für die für die Baumaßnahme ausgereichten Fördermittel am 11.07.2008 entstanden. Ausweislich des Eingangsstempels lag der diesbezügliche Bescheid des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 08.07.2008 dem Beklagten seit diesem Zeitpunkt vor. Zwar entsteht die Beitragspflicht nach § 8 Abs. 5 erste Var. KAG M-V mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung. Das Merkmal „endgültige Herstellung“ wird in § 9 Satz 1 der Satzung der Stadt Waren (Müritz) über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen vom 16.08.2000 (Straßenbaubeitragssatzung – SBS). Danach entsteht die Beitragspflicht mit dem Abschluss der Baumaßnahme, sobald die Kosten feststehen und der erforderliche Grunderwerb grundbuchrechtlich durchgeführt ist. Dies ist nach Satz 2 l.cit. frühestens der Zeitpunkt des Eingangs der letzten Unternehmerrechnung. Allerdings führt das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht in allen Fällen zur Entstehung der sachlichen Beitragspflicht. Vielmehr gibt es nach der ständigen Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern (vgl. nur OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 15.10.2008 - 1 L 104/05 - n.V.; Holz in: Aussprung/Siemers/Holz, Kommunalabgabenrecht, Stand Juli 2009, § 8 Anm. 1.7) über die in § 8 Abs. 5 KAG M-V unmittelbar bzw. ausdrücklich im Gesetz genannten Tatbestandsmerkmale hinausgehende - ungeschriebene - Tatbestandsmerkmale, die verwirklicht sein müssen, damit die sachliche Beitragspflicht. Bei der Gewährung von Zuwendungen, die - wie hier - auch den Beitragspflichtigen zu Gute kommen können, entsteht die sachliche Beitragspflicht erst, wenn der maßgebliche umlagefähige Aufwand bestimmt werden kann, also erst, wenn der Zuschussgeber mit dem Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung die endgültige Zuschusshöhe mitgeteilt hat. Dies ist vorliegend mit dem Bescheid vom 08.07.2008 erfolgt. Diesem Umstand trägt § 9 Satz 2 SBS mit der Wendung Rechnung, dass die Beitragspflichtfrühestens mit dem Zeitpunkt des Eingangs der letzten Unternehmerrechnung entsteht. Damit ist die sachliche Beitragspflicht für die Baumaßnahme an der Straße „Am Seeufer“ am 11.07.2008 entstanden.

19

Der Vorausleistungsbescheid vom 19.11.2007 ist zwar vor diesem Zeitpunkt erlassen worden, der Widerspruchsbescheid datiert jedoch vom 09.02.2009 und ist nach der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht erlassen worden. Er ist daher fehlerhaft. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Falle der Anfechtungsklage gegen einen beitragsrechtlichen Vorausleistungsbescheid der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides (so OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22.11.2010 – 9 S 29.10 – juris [zum Erschließungsbeitragsrecht] und VG Magdeburg, Beschl. v. 10.05.2010 – 9 B 435/09 – juris [zum Anschlussbeitragsrecht]). Der Auffassung, wonach maßgeblicher Zeitpunkt bereits der des Erlasses des Ausgangsbescheides ist (Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2009, § 8, Rn. 133, 142), folgt das erkennende Gericht nicht (noch offen gelassen von VG Greifswald, Urt. v. 19.08.2011 – 3 A 309/09 – juris Rn. 23). Denn sie übersieht, dass Gegenstand der Anfechtungsklage nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt ist, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Damit sind Änderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Vorauszahlungsbescheids bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids zu berücksichtigen.

20

Abweichendes folgt auch nicht aus § 7 Abs. 4 Satz 3 KAG M-V. Nach dieser Vorschrift ist die Vorausleistung mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht endgültig beitragspflichtig ist. Zwar betrifft die Bestimmung (nachträgliche) Veränderungen in der Person des Beitragspflichtigen, ohne danach zu differenzieren, ob die Veränderungen vor oder nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens eingetreten sind. Allerdings ist ihr Anwendungsbereich auf den Fall des Eigentümerwechsels bzw. den Wechsel des dinglich Berechtigten (§ 7 Abs. 2 Sätze 3 und 4 KAG M-V) beschränkt. Für die hier interessierende Fragestellung gibt die Bestimmung nichts her.

21

2. Entgegen der Auffassung des Beklagten darf das Grundstück der Klägerin nicht als Hinterliegergrundstück in den Vorteilsausgleich einbezogen werden. Dies folgt aus § 4 Abs. 1 SBS. Danach bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Dies trifft auf das Grundstück Flurstück 1/30 nicht zu.

22

Die Rechtfertigung, ein Grundstück zu einem Ausbaubeitrag zu veranlagen und es demgemäß bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes zu berücksichtigen, ergibt sich aus einer Sondervorteile vermittelnden, vorteilsrelevanten Inanspruchnahmemöglichkeit. Vorteilsrelevant in diesem Sinne ist eine Inanspruchnahmemöglichkeit, die für bestimmte Grundstücke im Verhältnis zu allen anderen deshalb besonders vorteilhaft ist, weil aufgrund der räumlich engen Beziehung dieser Grundstücke zur ausgebauten Anlage erfahrungsgemäß angenommen werden kann, diese werde von ihnen aus in stärkerem Umfang in Anspruch genommen als von anderen Grundstücken, führe also für sie zu einer Steigerung ihres Gebrauchswerts, die für die anderen Grundstücke nicht in vergleichbarer Weise eintritt.

23

Dabei kann auch sog. Hinterliegergrundstücken eine vorteilsrelevante qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit vermittelt werden. Allerdings liegt eine Inanspruchnahmemöglichkeit - sofern Anlieger- und Hinterliegergrundstücke (wie hier) im Eigentum verschiedener Personen stehen - nur dann vor, wenn die Zuwegung über ein unmittelbar an der Straße gelegenes Grundstück voraussichtlich auf Dauer besteht (zum Erschließungsbeitragsrecht vgl. BVerwG, Urt. v.08.05.2002 - 9 C 5/01 - NVwZ-RR 2002, 770), denn bei dem beitragsrelevanten Vorteil handelt es sich um einen Dauervorteil. Daher ist es erforderlich, dass die Verbindung des Hinterliegergrundstücks zur betreffenden Straße rechtlich gesichert. Diese Sicherung kann regelmäßig durch eine Grunddienstbarkeit oder die Eintragung einer Baulast erfolgen. Weiter kann die erforderliche Absicherung der Zugangsmöglichkeit durch ein Notwegerecht im Sinne des § 917 BGB vermittelt werden (VG Greifswald, Urt. v. 16.09.2002 - 3 A 1621/01 - juris Rn. 15).

24

Vorliegend fehlt es an der erforderlichen Sicherung. Eine entsprechende Baulast existiert unstreitig nicht. Die im Grundbuch von Waren – Blatt 10041 – für das Grundstück Flurstücke G5 und G6 eingetragene beschränkt persönliche Dienstbarkeit (Wegerecht der Klägerin) ist unwirksam (a.). Ein Anspruch der Klägerin auf Einräumung einer Grunddienstbarkeit oder beschränkt persönlichen Dienstbarkeit an dem Grundstück Flurstücke G5 und G6 nach § 116 Abs. 1 Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) besteht ebenso wenig (b.) wie ein Notwegerecht nach § 917 BGB (c.).

25

a. Eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit i.S.d. § 1090 Abs. 1 BGB ist bereits deshalb nicht entstanden, weil es an der zu ihrer Entstehung erforderlichen (dinglichen) Einigung der Klägerin und der Stadt i.S.d. § 873 Abs. 1 BGB fehlt. Unstreitig hat die Klägerin an der Bewilligung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit nicht mitgewirkt. Daher fehlt es an einer entsprechenden Willenserklärung der Klägerin. Eine einseitige Erklärung des Eigentümers reicht lediglich dann aus, wenn nur ein Eigentümerrecht – eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit zu Gunsten des Eigentümers des belasteten Grundgrundstücks – begründet werden soll. So liegt der Fall hier aber nicht. Der Hinweis des Beklagten auf den „öffentlichen Glauben des Grundbuchs“ hilft ihm ebenfalls nicht weiter, denn die Richtigkeitsvermutung der Grundbucheintragung (§ 891 Abs. 1 BGB) ist vorliegend widerlegt.

26

b. § 116 Abs. 1 SachenRBerG bietet ebenfalls keine Anspruchsgrundlage, die eine dauerhafte Sicherung der Zuwegung zu dem klägerischen Grundstück bieten könnte. Dabei kann dahin stehen, ob das Sachenrechtsbereinigungsgesetz in Ansehung der Zuwegung zu der Bootsschuppenanlage überhaupt Anwendung findet, denn der Anspruch auf Einräumung einer Dienstbarkeit oder beschränkt persönlichen Dienstbarkeit nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG würde nur dem Anglerverein, nicht aber der Klägerin zustehen. Die Entstehung der Vorteilslage für ein Hinterliegergrundstück setzt aber voraus, dass der Eigentümer des Hinterliegergrundstücks die Zuwegung über ein unmittelbar an der Straße gelegenes Grundstück dauerhaft nutzen kann.

27

c. Schließlich steht der Klägerin weder gegen die Stadt noch einen anderen Eigentümer eines an die Straße „Am Seeufer“ gelegenen Grundstücks ein Anspruch auf Einräumung eines Notwegerechts zu. Nach § 917 Abs. 1 BGB kann der Eigentümer den Zugang zu seinem Grundstück über ein fremdes Grundstück nur verlangen, wenn er zur ordnungsgemäßen unmittelbaren Nutzung seines Grundstücks hierauf angewiesen ist. Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin trägt vor, dass sie zur bestimmungsgemäßen Nutzung des Grundstücks nicht auf eine Anbindung zur Straße am Seeufer angewiesen ist. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks G.- Allee in W. Dieses Grundstück verfügt über einen unmittelbaren Zugang zur Müritz.

28

Etwas anderes folgt nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin vertraglich eine Teilfläche der Binnenmüritz an einen Angelsportverein überlassen hat, der dort eine Bootsschuppenanlage unterhält. Dabei kann dahin stehen, ob eine ordnungsgemäße Verbindung unter heutigen Verhältnissen voraussetzt, dass diese Anlage mit Pkw erreichbar ist (für Bootshäuser bejaht vom OLG Rostock, Urt. v. 04.11.1999 – 7 U 361/98 – juris Rn. 7). Denn jedenfalls ist das Bestehen eines Notwegerechts über das Grundstück Flurstücke G5 und G6 entsprechend § 918 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Die Vorschrift bestimmt, dass die Verpflichtung zur Duldung des Notweges nicht eintritt, wenn die bisherige Verbindung des Grundstücks durch eine willkürliche Handlung des Eigentümers aufgehoben wird. Sie enthält nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den allgemeinen Rechtsgedanken, dass ein Notwegerecht nicht mit einem Zustand begründet werden kann, den der Eigentümer durch Maßnahmen auf seinem Grundstück erst herbeiführt (Urt. v. 05.05.2006 – V ZR 139/05 – juris Rn. 13 m.w.N.). Daher ist der Umstand, dass ein Nutzungsvertrag mit dem Angelsportverein besteht, von vornherein nicht geeignet, ein Notwegerecht zu begründen. Die vorstehenden Ausführungen geltend entsprechend für die Fläche, die von dem mit der Stadt geschlossenen Nutzungsvertrag erfasst wird. Mit den übrigen Nutzern des Areals (Fischereibetrieb, Betreiber der Marina) hat die Klägerin nach eigenem Bekunden keine ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarungen geschlossen.

29

3. Auf die Frage, ob die Teilflächen des Grundstücks Flurstück G2, für die der Beklagte die Vorausleistung erhoben hat, Bestandteile der Bundeswasserstraße Müritz (vgl. Nr. 35 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 und § 2 Abs. 2 Bundeswasserstraßengesetz – WaStrG) sind und damit von der wegerechtlichen Widmung in § 1 Abs. 1 Nr. WaStrG erfasst werden, kommt es entscheidungserheblich nicht mehr an.

30

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 13. September 2013 – 3 A 1741/12 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Straßenbaubeitragsbescheid des Beklagten für den Um- und Ausbau der Straße „P. 1. BA“ in der Gemeinde W. auf dem Darß.

2

Er ist Eigentümer des streitgegenständlichen Flurstücks G1, Gemeinde W., mit einer Größe von 1.317 qm, sowie des südlich angrenzenden Flurstücks G2, mit einer Größe von 1.317 qm, beide Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich. An die ausgebaute Straße grenzt das Flurstück G2, das Flurstück G1 liegt in nördlicher Richtung dahinter (Lageskizzen: Anlage K3, Bl. 16 d. GA.; Anlage K4, Bl. 82 d. GA.; Luftbild, Anlage K 5, Bl. 83 d. GA.; Skizze Abrechnungsgebiet Bl. 83 d. VerwA.). Auf dem Flurstück G1 befinden sich zwei Gebäude, in denen der Kläger die „Pension R.“ betreibt, er vermietet Ferienzimmer und Ferienwohnungen (LiBi, Bl. 54 ff. d. GA.; Gewerbeanmeldung Bl. 157 d. VerwA.). Auf dem Flurstück G2 sind sieben Stellplätze für Pensionsgäste angelegt, die Einfahrt erfolgt durch ein Tor von der ausgebauten Straße. Auf der nicht ausgebauten Straße „Nordseite“ ist ein Tor und eine Zufahrt zum Flurstück G1 vorhanden (LiBi., Bl. 63 u. 84 d. GA.). Am Abzweig P. verweist ein großes Werbeschild der Pension R. per Richtungspfeil auf die Zufahrt über die Straße P. (LiBi., Bl. 54 d. GA.). Unmittelbar an der Parkplatzzufahrt von der ausgebauten Straße weisen ein Werbeschild und ein Aufsteller auf die Pension R. hin (LiBi., Bl. 57 d. GA.). Ein Zaun ist zwischen den Grundstücken nicht vorhanden (LiBi., Bl. 63 d. GA.). Auf der Internetseite der Pension wird mit einem „ca. 2.600 qm großen Grundstück“ geworben (Internetauszug, Bl. 69 d. GA.).

3

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2010 zog der Beklagte den Kläger zu einem Straßenbaubeitrag für das Flurstück G1 in Höhe von 1.640,11 € heran. Bei der Berechnung wurde zu der Vollgeschossmesszahl von „1“ ein „Zuschlag für erhöhten Quell-/ Zielverkehr (Nutzungszuschlag)“ von „0,5“ addiert und so die beitragsfähige Fläche von 1.317 qm auf eine bewertete Fläche von 1.975 qm erhöht, die mit dem Beitragssatz multipliziert wurde.

4

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 22. November 2010 Widerspruch ein. Er ist der Ansicht, das Flurstück G1 habe keinen Vorteil von der ausgebauten Straße. Auf dem Flurstück G1 befänden sich zwei Wohnhäuser. Es werde nicht gewerblich genutzt. Der Zugang und die Zufahrt zu diesem Flurstück erfolge ausschließlich über die „Nordseite“. Das Flurstück G2 sei eine nicht bebaubare Erholungsfläche, Wiese, Grünland.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 05. Dezember 2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Das Hinterliegergrundstück sei in die Verteilung des beitragsfähigen Aufwands einzubeziehen. Dem Eigentümer des Hinterliegergrundstücks werde ein beitragsrelevanter Vorteil geboten, weil er vom Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstück eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Straße besitze.

6

Am 28. Dezember hat der Kläger Klage gegen den Bescheid erhoben. Zur Begründung verweist er auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt (Urt. v. 03.04.2007 – 4 L 230/06 –). Von der ausgebauten Straße bestehe kein nennenswerter Vorteil der Inanspruchnahme durch das Flurstück G1. Das streitgegenständliche Flurstück sei ein „nicht gefangener Hinterlieger“, da es über eine eigenständige Erschließung von der Straße „Nordseite“ verfüge. Es bleibe daher bei der Verteilung des Erschließungsaufwandes grundsätzlich unberücksichtigt, wenn es aufgrund planungsrechtlicher, sonstiger rechtlicher oder tatsächlicher Umstände eindeutig erkennbar auf diejenigen Anbaurechte ausgerichtet ist, an die es angrenze. Die einheitliche Nutzung als Betriebsgelände reiche nicht aus.

7

Vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger beantragt,

8

den Bescheid des Beklagten vom 19. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Dezember 2012 aufzuheben.

9

Der Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Der Eigentümer beider Grundstücke habe es jederzeit in der Hand, aufgrund seiner rechtlichen und tatsächlichen Verfügungsmacht über beide Grundstücke die Erreichbarkeit des Hinterliegergrundstücks unter Benutzung des Anliegergrundstücks zu gewährleisten bzw. einen Zugang zu schaffen.

12

Mit Urteil vom 13. September 2013 hat das Verwaltungsgericht Greifswald – 3 A 1741/12 – die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt die Kammer im Wesentlichen aus: An der Wirksamkeit der Straßenbaubeitragssatzung der Gemeinde Wieck vom 01. Oktober 2001 i. d. F. der zweiten Änderungssatzung vom 05. Dezember 2006 als Rechtsgrundlage für den Bescheid bestünden keine Zweifel. Die Maßnahme sei auch beitragsfähig. Die Fahrbahn habe einen nach den anerkannten Regeln der Technik hergestellten Unterbau (Tragschicht, Frostschutzschicht etc.) erhalten, die Straßenbeleuchtung sei verbessert worden und entspreche erstmals der DIN 5044. Die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands sei fehlerfrei. Soweit die Verteilung des beitragsfähigen Aufwands rechtsfehlerhaft sei, da die nur 4 m breite, ausgebaute Straße unzutreffend als Innerortsstraße (erst ab 5 m Breite) und nicht als Anliegerstraße eingestuft worden sei, begünstige das den Kläger, da bei dieser Einstufung die Anliegeranteile geringer seien. Die Bildung des Abrechnungsgebiets sei nicht zu beanstanden.

13

Das Flurstück G1 sei bei der Aufwandsverteilung mit der gesamten Fläche zu berücksichtigen. Wegen der Eigentümeridentität sei der Zugang zur Straße vom Hinterliegergrundstück gewährleistet und werde ausweislich des unwidersprochenen Vortrags des Beklagten und der vorliegenden Lichtbilder auch tatsächlich genutzt. Beide Grundstücke werden einheitlich wirtschaftlich genutzt. Auf dem Flurstück G2 befinden sich Parkplätze für die auf dem Flurstück G1 betriebene Pension R.. Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich erheblich von demjenigen, der der Entscheidung des OVG Sachsen-Anhalt zugrunde liege.

14

Gegen das ihm am 30. September 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Oktober 2013 beantragt, die Berufung zuzulassen. Mit seiner Antragsbegründung vom 27. November 2013 hat der Kläger vorgetragen, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Bei Hinterliegergrundstücken sei für den Vorteil der Inanspruchnahmemöglichkeit nicht ohne Weiteres die Eigentümeridentität ausreichend. Die wenigen Parkplätze auf dem Flurstück G2, die durch Gäste der Ferienwohnungen auf dem benachbarten klägerischen Grundstück benutzt werden können, führten nicht zu einem beitragsrelevanten Vorteil. Die Parkflächen machen nur einen geringen Bruchteil der Gesamtfläche des Flurstücks aus. Es könne nicht von einer einheitlichen Nutzung der beiden Grundstücke ausgegangen werden. Die Straße sei vom Hinterliegergrundstück über das davor liegende Grundstück tatsächlich nicht erreichbar. Die Parkplätze stellten nur eine äußerst geringe und theoretische Ingebrauchnahmemöglichkeit von Gästen des Klägers dar. Die große Mehrheit der Feriengäste parke auf der Grundstücksseite, die über die Straße „Nordseite“ erschlossen werde.

15

Mit Beschluss vom 11. September 2014 hat der Senat die Berufung des Klägers zugelassen.

16

Nach Zustellung dieses Beschlusses am 21. September 2014 hat der Kläger die Berufung am 08. Oktober 2014 im Wesentlichen unter Wiederholung seines Vortrags aus dem Berufungszulassungsverfahren begründet.

17

Der Kläger beantragt,

18

unter Abänderung des angefochtenen Urteils, den Bescheid des Beklagten vom 19.10.2010 zum Az. 1526.04 – Lfd. Nr. 28 – in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2012 – aufzuheben.

19

Der Beklagte beantragt,

20

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 13.09.2013 (Az. 3 A 1741/12) zurückzuweisen.

21

Eine objektive Wertlosigkeit der Inanspruchnahmemöglichkeit könne nicht angenommen werden. Die Parkplätze unmittelbar vor den Ferienwohnungen seien ein wesentlicher, wenn nicht sogar notwendiger Bestandteil der wirtschaftlichen Nutzung des Hinterliegergrundstücks. Die als Garten angelegte Fläche werde bauakzessorisch genutzt und gehöre zu dem Pensionsangebot der auf dem Hinterliegergrundstück befindlichen Ferienwohnungen.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 05. November 2014 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, weil auch die zulässige Klage unbegründet ist. Der angefochtene Beitragsbescheid vom 19. Oktober 2010 und der Widerspruchsbescheid vom 05. Dezember 2012 sind rechtmäßig und der Kläger wird dadurch nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

24

1. Der Bescheid kann sich in Gestalt der Satzung der Gemeinde Wieck über die Erhebung von Beiträgen für den Bau von Straßen, Wegen und Plätzen vom 01. Oktober 2001 (Straßenbaubeitragssatzung) i. d. F. der zweiten Änderungssatzung vom 05. Dezember 2006 auf eine hinreichende Rechtsgrundlage stützen. Rechtsfehler der Satzung, die zu ihrer Gesamtunwirksamkeit führen könnten, hat der Kläger auch nicht geltend gemacht.

25

2. Auch die Rechtsanwendung des Beklagten ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu beanstanden.

26

Das streitgegenständliche Grundstück des Klägers gehörte zum Abrechnungsgebiet der Ausbaumaßnahme bzw. ist durch diese bevorteilt und war deshalb in die Aufwandsverteilung einzubeziehen. Nach § 5 Abs. 1 der Straßenbaubeitragssatzung bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Diese Regelung steht mit § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V in Einklang. Nach dieser Norm wird der Beitrag als Gegenleistung dafür erhoben, dass den Beitragspflichtigen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme Vorteile geboten werden.

27

Das streitgegenständliche Grundstück ist durch die Ausbaumaßnahme in diesem Sinne bevorteilt; es weist die erforderliche räumlich enge Beziehung zur ausgebauten Straße auf.

28

Mit dem Begriff der Möglichkeit in § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V stellt der Landesgesetzgeber – und in der Folge der kommunale Satzungsgeber – klar, dass es nicht darauf ankommt, dass die ausgebaute Straße vom in Rede stehenden Grundstück bereits zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Betragspflicht tatsächlich in Anspruch genommen wird. Maßgeblich ist, ob die Inanspruchnahme rechtlich und tatsächlich möglich und diese Möglichkeit hinreichend qualifiziert ist. Da es sich bei dem Beitrag im Sinne von § 7 KAG M-V um die Abgeltung eines Dauervorteils handelt, ist dabei auch die Lebensdauer der ausgebauten Anlage in den Blick zu nehmen. Dies zeigt, dass keine Unterscheidung danach vorgenommen werden kann, ob eine Inanspruchnahme zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich schon erfolgt, eine solche bereits geplant ist oder sich erst im Laufe der Zeit ergeben könnte. Aus diesem Grund kommt es nicht darauf an, ob der in Anspruch genommene Eigentümer subjektiv den Willen hat, während dieses Zeitraums die gebotene Möglichkeit tatsächlich zu nutzen. Denkbar ist nämlich, dass das Grundstück veräußert, versteigert, vererbt oder aus sonstigen Gründen übertragen wird und der neue Eigentümer andere Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks verfolgt. Das rechtfertigt es, darauf abzustellen, ob objektiv eine Inanspruchnahmemöglichkeit besteht.

29

Die objektive vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit haben straßenbaubeitragsrechtlich in erster Linie (Buch-)Grundstücke, die unmittelbar an die Straße angrenzen (sog. Anlieger- bzw. Vorderliegergrundstücke). Im Verhältnis zu anderen Grundstücken ist ihre Inanspruchnahmemöglichkeit betreffend die Straße, an der sie anliegen, schon deshalb qualifiziert und in straßenbaubeitragsrechtlich relevanter Weise vorteilhaft, weil aufgrund der offensichtlich räumlich engen Beziehung dieser Grundstücke zur ausgebauten Anlage im Sinne der vorgenannten Bestimmungen in aller Regel angenommen werden kann, die Anlage werde von ihnen aus intensiver beansprucht als von anderen Grundstücken aus, die nicht an ihr anliegen. Im Hinblick auf die Erreichbarkeit des Grundstücks von der Anlage aus ist es für den Fall, dass eine Zuwegung nicht besteht, zur Begründung der Vorteilslage ausreichend, dass eine solche geschaffen werden und damit die Inanspruchnahmemöglichkeit realisiert werden kann.

30

Für das streitgegenständliche Grundstück als ein sog. Hinterliegergrundstück besteht vorliegend ebenfalls eine seine Beitragspflicht begründende Inanspruchnahmemöglichkeit.

31

Für Hinterliegergrundstücke gelten dabei zunächst im Ausgangspunkt keine anderen Maßstäbe als für Anliegergrundstücke. Nur solche Hinterliegergrundstücke sind bevorteilt, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Das bedeutet zunächst, dass vom betreffenden Hinterliegergrundstück rechtlich und tatsächlich die Möglichkeit bestehen muss, die ausgebaute Anlage über ein Anliegergrundstück und ggf. weitere Hinterliegergrundstücke zu erreichen. Vorliegend bestehen keine tatsächlichen Umstände, die die Erreichbarkeit des Anliegergrundstücks Flurstück G2 vom in Anspruch genommen Hinterliegergrundstück Flurstück G1 hindern würde. Die rechtliche Befugnis zum Überqueren vermittelt der Umstand, dass Anlieger- und Hinterliegergrundstück denselben Eigentümer haben (sog. Eigentümeridentität).

32

Im Unterschied zu den Anliegergrundstücken ist allerdings bei Hinterliegergrundstücken die Annahme, die Anlage werde von ihnen aus intensiver beansprucht als von anderen Grundstücken aus, nicht in gleicher Weise offensichtlich regelmäßig gerechtfertigt; sie liegen eben gerade nicht in gleicher Weise unmittelbar an der ausgebauten Anlage, ihre räumliche Beziehung zu ihr ist auf den ersten Blick offensichtlich weniger eng als diejenige der Anliegergrundstücke. Bei Hinterliegergrundstücken kann allerdings zwischen sog. „gefangenen“ und anderen („nicht gefangenen“) differenziert werden.

33

Bei „gefangenen“ Hinterliegergrundstücken, also solchen Grundstücken, die ausschließlich über die jeweils in Beziehung zur ausgebauten Anlage vorgelagerten Anliegergrundstücke eine Verbindung zum gemeindlichen Verkehrsnetz haben, kann bei näherer Betrachtung wie bei den Anliegergrundstücken selbst in vergleichbarer Weise die erforderliche räumlich enge Beziehung und qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit bestehen. Sie besteht in aller Regel dann, wenn vom „gefangenen“ Hinterliegergrundstück aus über bzw. vermittelt durch das Anliegergrundstück eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage besteht. Diese besteht grundsätzlich immer im Falle der Eigentümeridentität, also in den Fällen, in denen der Eigentümer von Anlieger- und Hinterliegergrundstück identisch und damit die Erreichbarkeit der Anlage vom Hinterlieger- über das Anliegergrundstück auch rechtlich gesichert ist. Weil das „gefangene“ Hinterliegergrundstück hinsichtlich des Zugangs zum gemeindlichen Verkehrsnetz darauf angewiesen ist, über das vorgelagerte Anliegergrundstück die wegemäßige Erschließung zu erfahren und in diesem Sinne ausschließlich auf die ausgebaute Anlage hin ausgerichtet ist, kann bei einer Eigentümeridentität in der Regel angenommen werden, die Anlage werde von ihm aus – wie von dem Anliegergrundstück – wegen seiner räumlich engen Beziehung intensiver beansprucht als von anderen Grundstücken aus. Auch bei Hinterliegergrundstücken kommt es dabei folgerichtig nicht auf eine aktuell bestehende tatsächliche Nutzung an. Es kommt somit insbesondere nicht darauf an, ob bei Entstehung der sachlichen Beitragspflicht eine Zufahrt vom Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstück zur ausgebauten Straße tatsächlich besteht, sondern im Sinne der Inanspruchnahmemöglichkeit nur darauf, ob eine solche geschaffen werden könnte. Das ist sachgerecht, weil es beim Vorteilsbegriff nicht auf die häufig auch leicht änderbare oder schwer feststellbare tatsächliche Gestaltung der Grundstücksverhältnisse ankommt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.04.2007 – 9 LA 92/06 –, juris).

34

In den Fällen, in denen das Hinterliegergrundstück wie im vorliegenden Fall seinerseits an eine andere als die ausgebaute Straße angrenzt (sog. „nicht gefangenes“ Hinterliegergrundstück), kann demgegenüber der Umstand, dass für Anlieger- und Hinterliegergrundstück Eigentümeridentität besteht, für sich allein gesehen nicht als hinreichend für die Annahme eines Vorteils bzw. die Bejahung der erforderlichen qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit betrachtet werden. Vielmehr bedarf es als Korrektiv zusätzlich einer wertenden Betrachtung (so auch OVG Bautzen, Urt. v. 31.01.2013 – 5 A 783/10 –, juris und Urt. v. 03.09.2008 – 5 A 348/08 –, SächsVBl 2009, 40; VGH Kassel, Urt. v. 03.09.2008 – 5 A 688/08 –, juris; OVG Magdeburg, Urt. v. 03.04.2007 – 4 L 230/06 -, KStZ 2007, 178; VGH München, Beschl. v. 24.03.2014 – 6 ZB 13.2465 –, juris; in diese Richtung auch VG Schwerin, Urt. v. 04.01.2013 – 4 A 420/09 –; a. A. OVG Weimar, Beschl. v. 17.03.2009 – 4 EO 269/07 –, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.04.2007 – 9 LA 92/06 -, NStN 2007, 186 = DVBl. 2007, 851; VG Greifswald, Urt. v. 22.11.2013 – 3 A 217/12 –, juris; vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht auch VGH Kassel, Beschl. v. 14.12.2012 – 5 A 1884/12 – juris, das Revisionsverfahren hierzu ist beim BVerwG – 9 B 9/13 – anhängig). Auch bei einer Eigentümeridentität kann in diesen Fällen nicht ohne Weiteres vergleichbar mit den Anliegergrundstücken in der Regel angenommen werden, die Anlage werde vom „nicht gefangenen“ Hinterliegergrundstück wegen ihrer räumlich engen Beziehung intensiver beansprucht als von anderen Grundstücken aus.

35

Das Straßenausbaubeitragsrecht ist ausgerichtet auf einen Vorteilsausgleich; Grundstücke sollen sich an diesem Vorteilsausgleich beteiligen, wenn und soweit ihnen durch die Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Verkehrsanlage ein nennenswerter Vorteil zuwächst. Das Ausmaß des einem Grundstück vermittelten Vorteils richtet sich nach dem Ausmaß der von ihm aus zu erwartenden (wahrscheinlichen) Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage. Je weniger diese Anlage von einem Grundstück erfahrungsgemäß in Anspruch genommen werden wird, desto weniger wertvoll ist für dieses Grundstück die ihm gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Anlage. Ist die gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit für ein (Hinterlieger-)Grundstück objektiv wertlos, weil nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten ist, dass von diesem Grundstück aus die ausgebauten Verkehrsanlage in einem relevanten Umfang in Anspruch genommen werden wird, hat dieses Grundstück aus der gebotenen Inanspruchnahmemöglichkeit keinen nennenswerten Vorteil, scheidet deshalb aus dem Kreis der bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigenden Grundstücke aus (OVG Magdeburg, Urteil v. 03.04.2007 – 4 L 230/06 –, KStZ 2007, 178, zit. n. juris; so auch OVG Bautzen, Urteil v. 31.01.2013 – 5 A 783/10 –, juris; vgl. auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage, § 35, Rn. 24) und kann nicht mehr von einer „qualifizierten“ Inanspruchnahmemöglichkeit im Sinne der vorstehend erörterten Bestimmungen gesprochen werden. Eine mit Blick auf anderweitige Verbindungen oder Verbindungsmöglichkeiten des Hinterliegergrundstücks zum gemeindlichen Verkehrsnetz trotz Eigentümeridentität bloß theoretische, aber unwahrscheinliche Möglichkeit der Inanspruchnahme genügt nicht, weil daraus kein erwartbarer Vorteil im vorstehenden Sinne abgeleitet werden könnte. Denkbar ist, dass sich die Inanspruchnahmemöglichkeit als objektiv wertlos erweist, wenn das „nicht gefangene“ Hinterliegergrundstück eindeutig auf eine andere Straße hin ausgerichtet ist (vgl. VGH München, Urt. v. 25.10.2012 – 6 B 10.133 –, juris und Beschl. v. 15.01.2010 – 6 ZB 09.545 –, juris). Das könnte beispielsweise der Fall bei einem „nicht gefangenen“ Hinterliegergrundstück sein, das keine tatsächliche Zufahrt zum Vorderliegergrundstück hat und bei dem Eigentümeridentität besteht, wenn das im Außenbereich liegende Hinterliegergrundstück mit einem Wohnhaus (zum Beispiel der ehemaligen Hofstelle eines Landwirts) bestandsgeschützt bebaut und entsprechend genutzt wird und das Vorderliegergrundstück an einen anderen landwirtschaftlichen Betrieb zur entsprechenden Nutzung verpachtet ist.

36

Ein gewichtiges Indiz dafür, dass ein Vorteil nicht nur theoretisch denkbar und eine gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit nicht objektiv wertlos, sondern (wirtschaftlich) werthaltig bzw. nennenswert ist, kann regelmäßig in der einheitlichen Nutzung von Anlieger- und Hinterliegergrundstück erblickt werden. Denn bei einer solchen einheitlichen Nutzung spricht vieles dafür, dass das Hinterliegergrundstück vom Anliegergrundstück aus genutzt wird und umgekehrt. Die einheitliche Nutzung lässt nach Auffassung des Senats die Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage auch vom Hinterliegergrundstück als hinreichend wahrscheinlich erwarten, sie lässt die Annahme zu, die Anlage, an der das vorgelagerte Anliegergrundstück liegt, werde auch vom Hinterliegergrundstück aus in Anspruch genommen werden. Somit strahlt der Vorteil der ausgebauten Straße für das an der Straße unmittelbar anliegende Grundstück auf das Hinterliegergrundstück aus; beide Buchgrundstücke werden neben der Eigentümeridentität über die einheitliche Nutzung mit der Folge „verklammert“, dass eine hinreichende räumlich enge Beziehung die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit in dem Sinne erwarten lässt, dass auch vom Hinterliegrundstück aus die Anlage intensiver beansprucht wird als von anderen Grundstücken aus. Da bei bestehender Eigentümeridentität nicht selten auch eine einheitliche Nutzung der Grundstücke vorliegen wird, dürfte in der Verwaltungspraxis die Forderung nach einem neben der bloßen Eigentümeridentität festzustellenden weiteren Anhaltspunkt für die Annahme der qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit in zahlreichen Fällen nicht zu anderen Ergebnissen führen, als wenn die Eigentümeridentität für sich gesehen bereits als insoweit ausreichend betrachtet werden würde.

37

So liegt der Fall hier. Die Flurstücke werden tatsächlich einheitlich wirtschaftlich genutzt und ein Zugang (nicht Zufahrt) über das Anliegergrundstück besteht tatsächlich. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob die Flurstücke in gleichem Maße genutzt werden, vielmehr kann auch ein Grundstück die (Haupt)nutzung des anderen nur unterstützen. Es müssen also nicht auf beiden Grundstücken Ferienwohnungen vorhanden sein. Hier sind auf dem Anliegergrundstück Parkflächen und Gartenflächen vorhanden. Der Kläger bezeichnet selbst beide Grundstücke zusammen als „Betriebsgrundstück“ und verwendet in seinem Internetauftritt hierfür eine zusammenfassende Flächengrößenangabe von „ca. 2.600 qm“. Auch räumt der Kläger ein, dass auf dem Anliegergrundstück Parkplätze für Gäste seiner auf dem Hinterliegergrundstück betriebenen Ferienwohnungen vorhanden sind. Dabei ist der Vortrag des Beklagten unwidersprochen geblieben, dass es sich um sieben Parkplätze handelt. Der Kläger hat hierzu nur erklärt, dass es „wenige“ seien. Warum für diese Parkplätze nach Ansicht des Klägers nur eine „theoretische“ Inanspruchnahmemöglichkeit bestehe, hat er nicht begründet. Ein dauernder Hinderungsgrund für die Nutzung der Parkplätze ist weder von ihm vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Zudem werden die Feriengäste über das Hinweisschild mit dem Richtungspfeil sogar (vom Kläger) aufgefordert, die Zufahrt zur „Pension R.“ über die ausgebaute Straße „P.“ zu wählen und nicht etwa die Zufahrt über die Straße „Nordseite“.

38

Auch ist ein fußläufiger Zugang zum Hinterliegergrundstück gegeben. Auf eine Zufahrtsmöglichkeit mit dem Auto kommt es nicht an, zumal die Parkplätze an der rechten (östlichen) Seite des Anliegergrundstücks unmittelbar dem bis auf die Grenze zwischen den Grundstücken gebauten Gebäude vorgelagert sind, sodass zumindest dieses Gebäude leicht von diesen Stellplätzen aus erreicht werden kann.

39

In der Gesamtschau entlasten diese Parkflächen somit jedenfalls die Parksituation auf dem Hinterliegergrundstück und unterstützen somit die wirtschaftliche Ferienwohnungsnutzung des Hinterliegergrundstücks. Ob es sich dabei um baurechtlich notwendige Stellplätze handelt, kann hier dahinstehen bleiben.

40

Im Übrigen ist auch das restliche Anliegergrundstück als Gartenfläche für die „Pension R.“ nutzbar.

41

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass der vorliegende Fall mit dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt (Urt. v. 03.04.2007 – 4 L 230/06 –) zugrunde lag, nicht vergleichbar ist. Denn im dortigen Fall war in dem Bereich, in dem das Vorder- an das Hinterliegergrundstück angrenzt, das Vorderliegergrundstück vollständig mit einem Hotel überbaut und es gab nur einen Durchgang vom Hotel zur Tiefgarage auf dem Hinterliegergrundstück, der über einen Treppenschacht und ein Gitterrost führte und der als Fluchtweg aus brandschutzrechtlichen Gründen geschaffen wurde. Nach dem im dortigen Verfahren vom Verwaltungsgericht festgestellten (unstreitigen) Sachverhalt wurde diese Verbindung von den Hotelgästen nicht genutzt.

42

Hinsichtlich der Rechtsanwendung im Übrigen verweist der Senat zunächst auf die zutreffenden Gründe des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 130b Satz 2 VwGO). Insbesondere bestehen gegen den Zuschlag für die „gewerbliche“ Nutzung des Grundstücks von 0,5 gemäß § 7 Abs. 6 der Straßenbaubeitragssatzung keine Bedenken. Diese Vorschrift lautet:

43

„Zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Art der Nutzung wird der nach Abs. 2 festgelegte Faktor um 0,5 erhöht, wenn das Grundstück innerhalb eines tatsächlich bestehenden (§ 34 Abs. 2 BauGB) oder durch Bebauungsplan ausgewiesenen (…) ….gebietes liegt oder ohne entsprechende Gebietsfestsetzung innerhalb eines Bebauungsplangebietes überwiegend gewerblich oder in einer der gewerblichen Nutzung vergleichbaren Weise (z. B. Verwaltungs-, Schul-, Post-, Bahnhofsgebäude, Parkhäuser, Praxen für freiberufliche Tätigkeit; Museen) genutzt wird.“

44

Der Zuschlag wäre schon dann gerechtfertigt, wenn der Kläger nicht nur Ferienwohnungen vermietet, sondern mit einem Pensionsbetrieb eine der gewerblichen Nutzung vergleichbare Nutzung i. S. v. § 6 Abs. 6 der Satzung ausübt. Für eine „Pension“ spricht neben dem Namen „Pension R.“ auch, dass der Kläger nach seiner Preisliste (auf seiner Internetseite auch im Jahr 2014) nach Absprache auch Frühstück (5 €/P.) anbietet und somit typische Pensionsleistungen bereit hält, die über die bloße Vermietung hinausgehen. Auch die Größe der Anlage (insgesamt 18-22 Betten laut Internetseite 2014) spricht ebenso dafür wie die „Gewerbe-Anmeldung“ nach der GewO vom 05.08.1996. Auch dort ist neben Zimmervermietung, Vermietung von Ferienwohnungen eine Fremdenpension (13 Betten) angegeben. Indiz dafür, dass nicht nur eine bloße Vermietung erfolgt, sondern die Gäste auch betreut werden, ist, dass nach der Gewerbeanmeldung die „Zahl der bei Geschäftsaufnahme tätigen Personen (ohne Inhaber)“ mit „Vollzeit: 1“ angegeben worden ist. Zwar hat der Kläger nach der Darstellung im Widerspruchsbescheid wohl eine Gewerbeummeldung am 25. Juli 2011 auf „Vermietung von Wohnraum“ vorgenommen. Diese Ummeldung erfolgte jedoch erst nach Entstehung der sachlichen Beitragspflicht und wirkt nicht zurück.

45

Letztlich kann es jedoch dahinstehen bleiben, ob der Kläger eine Pension betreibt oder (nur) Ferienwohnungen vermietet, weil die Vorschrift des § 7 Abs. 6 der Straßenbaubeitragssatzung mit dem Begriff der Nutzung in einer „der gewerblichen Nutzung vergleichbaren Weise“ nicht auf eine (privat-)wirtschaftlich einem Gewerbe ähnliche Nutzung abstellt, wie sich schon daran zeigt, dass in der Norm als Beispiele für eine solche Nutzung auch öffentliche Verwaltungseinrichtungen aufgezählt werden. Sinn und Zwecks des Zuschlagsfaktors ist es vielmehr, den gegenüber einer Wohnnutzung wie bei einem Gewerbe erhöhten Straßenverkehr zu berücksichtigen. Darauf weist auch die Formulierung „Grundstücke mit erhöhtem Ziel- und Quellverkehr“ in § 7 Abs. 7 Satz 3 1. Spiegelstrich der Straßenbaubeitragssatzung hin. Eine solche erhöhte Nutzung durch Feriengäste erfolgt sowohl bei Ferienwohnungsvermietung als auch bei einem Pensionsbetrieb durch einen erhöhten An- und Abreiseverkehr. Für diese erhöhte Straßennutzung ist es gleichgültig, ob für die Gäste neben der Übernachtungsmöglichkeit noch zusätzliche (Pensi-ons-)Leistungen wie Frühstück und Gästebetreuung erbracht werden. Allein die Anzahl von sieben Stellplätzen auf dem Anliegergrundstück und noch mehreren auf dem Hinterliegergrundstück weist auf diese erhöhte Verkehrsnutzung hin.

46

Die konkrete Ausnutzung des Grundstücks im vorliegenden Fall zeigt im Vergleich mit einer typischen Wohnnutzung anschaulich, dass die Satzungsregelung über die Erhöhung des Nutzungsfaktors mit einem Zuschlag von 0,5 – also um 50 % – nicht unangemessen ist.

47

Mit den in § 8 Abs. 2 c) der Straßenbaubeitragssatzung aufgeführten „Campingplätzen, Zeltplätzen, Wochenend- und Ferienhaussiedlungen oder Badestränden“ im Außenbereich, für die nur eine Messzahl von 1,0 festgelegt ist, ist die wirtschaftliche Nutzung der klägerischen Grundstücke auch durch Ferienwohnungsvermietung nicht vergleichbar. Camping- und Zeltplätze werden typischerweise saisonal und nicht ganzjährig genutzt, jedenfalls nicht in vollem Umfang, und weisen daher nicht ganzjährig eine erhöhte Verkehrsnutzung auf. Entsprechendes gilt für Ferienhaussiedlungen, die zwar ganzjährig genutzt werden können, bei denen es sich jedoch typischerweise um Grundstücke mit jeweils nur einem Ferienhaus handelt, sodass je Grundstück – anders als bei der Ferienwohnungsanlage des Klägers – nur ein oder nur wenige Nutzer vorhanden sind, die keinen wesentlich erhöhten Ziel- oder Quellverkehr ausmachen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Der Eigentümer eines im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücks hat zur Finanzierung der Sanierung an die Gemeinde einen Ausgleichsbetrag in Geld zu entrichten, der der durch die Sanierung bedingten Erhöhung des Bodenwerts seines Grundstücks entspricht. Miteigentümer haften als Gesamtschuldner; bei Wohnungs- und Teileigentum sind die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil heranzuziehen. Werden im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 hergestellt, erweitert oder verbessert, sind Vorschriften über die Erhebung von Beiträgen für diese Maßnahmen auf Grundstücke im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet nicht anzuwenden. Satz 3 gilt entsprechend für die Anwendung der Vorschrift über die Erhebung von Kostenerstattungsbeträgen im Sinne des § 135a Absatz 3.

(2) Die durch die Sanierung bedingte Erhöhung des Bodenwerts des Grundstücks besteht aus dem Unterschied zwischen dem Bodenwert, der sich für das Grundstück ergeben würde, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt worden wäre (Anfangswert), und dem Bodenwert, der sich für das Grundstück durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets ergibt (Endwert).

(2a) Die Gemeinde kann durch Satzung bestimmen, dass der Ausgleichsbetrag abweichend von Absatz 1 Satz 1 ausgehend von dem Aufwand (ohne die Kosten seiner Finanzierung) für die Erweiterung oder Verbesserung von Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 (Verkehrsanlagen) in dem Sanierungsgebiet zu berechnen ist; Voraussetzung für den Erlass der Satzung sind Anhaltspunkte dafür, dass die sanierungsbedingte Erhöhung der Bodenwerte der Grundstücke in dem Sanierungsgebiet nicht wesentlich über der Hälfte dieses Aufwands liegt. In der Satzung ist zu bestimmen, bis zu welcher Höhe der Aufwand der Berechnung zu Grunde zu legen ist; sie darf 50 vom Hundert nicht übersteigen. Im Geltungsbereich der Satzung berechnet sich der Ausgleichsbetrag für das jeweilige Grundstück nach dem Verhältnis seiner Fläche zur Gesamtfläche; als Gesamtfläche ist die Fläche des Sanierungsgebiets ohne die Flächen für die Verkehrsanlagen zu Grunde zu legen. § 128 Absatz 1 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Ausgleichsbetrag ist nach Abschluss der Sanierung (§§ 162 und 163) zu entrichten. Die Gemeinde kann die Ablösung im Ganzen vor Abschluss der Sanierung zulassen; dabei kann zur Deckung von Kosten der Sanierungsmaßnahme auch ein höherer Betrag als der Ausgleichsbetrag vereinbart werden. Die Gemeinde soll auf Antrag des Ausgleichsbetragspflichtigen den Ausgleichsbetrag vorzeitig festsetzen, wenn der Ausgleichsbetragspflichtige an der Festsetzung vor Abschluss der Sanierung ein berechtigtes Interesse hat und der Ausgleichsbetrag mit hinreichender Sicherheit ermittelt werden kann.

(4) Die Gemeinde fordert den Ausgleichsbetrag durch Bescheid an; der Betrag wird einen Monat nach der Bekanntgabe des Bescheids fällig. Vor der Festsetzung des Ausgleichsbetrags ist dem Ausgleichsbetragspflichtigen Gelegenheit zur Stellungnahme und Erörterung der für die Wertermittlung seines Grundstücks maßgeblichen Verhältnisse sowie der nach § 155 Absatz 1 anrechenbaren Beträge innerhalb angemessener Frist zu geben. Der Ausgleichsbetrag ruht nicht als öffentliche Last auf dem Grundstück.

(5) Die Gemeinde hat den Ausgleichsbetrag auf Antrag des Eigentümers in ein Tilgungsdarlehen umzuwandeln, sofern diesem nicht zugemutet werden kann, die Verpflichtung bei Fälligkeit mit eigenen oder fremden Mitteln zu erfüllen. Die Darlehensschuld ist mit höchstens 6 vom Hundert jährlich zu verzinsen und mit 5 vom Hundert zuzüglich der ersparten Zinsen jährlich zu tilgen. Der Tilgungssatz kann im Einzelfall bis auf 1 vom Hundert herabgesetzt werden und das Darlehen niedrig verzinslich oder zinsfrei gestellt werden, wenn dies im öffentlichen Interesse oder zur Vermeidung unbilliger Härten oder zur Vermeidung einer von dem Ausgleichsbetragspflichtigen nicht zu vertretenden Unwirtschaftlichkeit der Grundstücksnutzung geboten ist. Die Gemeinde soll den zur Finanzierung der Neubebauung, Modernisierung oder Instandsetzung erforderlichen Grundpfandrechten den Vorrang vor einem zur Sicherung ihres Tilgungsdarlehens bestellten Grundpfandrecht einräumen.

(6) Die Gemeinde kann von den Eigentümern auf den nach den Absätzen 1 bis 4 zu entrichtenden Ausgleichsbetrag Vorauszahlungen verlangen, sobald auf dem Grundstück eine den Zielen und Zwecken der Sanierung entsprechende Bebauung oder sonstige Nutzung zulässig ist; die Absätze 1 bis 5 sind sinngemäß anzuwenden.

Die Durchführung der Ordnungsmaßnahmen ist Aufgabe der Gemeinde; hierzu gehören

1.
die Bodenordnung einschließlich des Erwerbs von Grundstücken,
2.
der Umzug von Bewohnern und Betrieben,
3.
die Freilegung von Grundstücken,
4.
die Herstellung und Änderung von Erschließungsanlagen sowie
5.
sonstige Maßnahmen, die notwendig sind, damit die Baumaßnahmen durchgeführt werden können.
Als Ordnungsmaßnahme gilt auch die Bereitstellung von Flächen und die Durchführung von Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3, soweit sie gemäß § 9 Absatz 1a an anderer Stelle den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet sind. Durch die Sanierung bedingte Erschließungsanlagen einschließlich Ersatzanlagen können außerhalb des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets liegen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.