Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 20. Aug. 2015 - 3 A 1107/13

bei uns veröffentlicht am20.08.2015

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Straßenbaubeiträgen.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Flurstücke G1 (1.316 m²) sowie des südlich angrenzenden Grundstücks Flurstück G2 (1.317 m²). Auf dem Flurstück G1 betreibt der Kläger die Pension „R.“. Auf dem Flurstück G2 sind Stellplätze für Pensionsgäste angelegt.

3

Die Grundstücke liegen zwischen der nördlich verlaufenden Gemeindestraße „N.“, an die das Flurstück G1 angrenzt und der südlich verlaufenden Gemeindestraße „P.“, an die das Flurstück G2 angrenzt. Östlich des östlich gelegenen Nachbargrundstücks Flurstück 46 mündet die „P.“ in die „N.“ ein.

4

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2010 zog der Beklagte den Kläger für den Ausbau der P. (1. BA) zu einem Straßenausbaubeitrag für das – aus Sicht der „P.“ – Hinterliegergrundstück Flurstück G1 i.H.v. 1.640,11 EUR heran. Die hiergegen vom Kläger zum Az. 3 A 1741/12 erhobene Anfechtungsklage wies das erkennende Gericht mit Urteil vom 13. September 2013 ab. Mit Urteil vom 5. November 2014 (– 1 L 220/14 –) wies das OVG Greifswald die Berufung des Klägers zurück. Das Urteil ist rechtskräftig.

5

Im Jahre 2011 ließ die Gemeinde Wieck am Darß die Straße „N.“ ausbauen. Ursprünglich wies die Verkehrsanlage als Fahrbahnbefestigung eine Schotterdecke auf. Eine Straßenbeleuchtung war vorhanden. Eine Straßenentwässerung fehlte. Ein Gehweg war nicht durchgehend vorhanden. Im Zuge der Baumaßnahme erhielt die „N.“ eine Fahrbahn mit einem den anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Unterbau sowie einer Asphaltdecke. Eine Straßenentwässerung wurde angelegt, die Straßenbeleuchtung den Regeln der Technik entsprechend erneuert. Der für die Durchführung der Maßnahme erforderliche Grunderwerb ist noch nicht abgeschlossen.

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Mit Bescheiden vom 7. Dezember 2012 zog der Beklagte den Kläger für die Grundstücke Flurstücke G1 und G2 zu Vorausleistungen (100 v.H. des voraussichtlichen Beitrages) auf den Straßenausbaubeitrag i.H.v. 2.213,13 EUR bzw. 982,87 EUR heran, wobei er die „N.“ als Innerortsstraße einstufte und für das Flurstück G1 – anders als für das Flurstück G2 – einen nutzungsbezogenen gewerblichen Artzuschlag und keine „Eckgrundstücksvergünstigung berücksichtigte. Die Widersprüche des Klägers gegen die Vorausleistungsbescheide wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 16. Oktober 2013 – zugestellt am 24. Oktober 2013 – zurück.

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Am Montag, den 25. November 2013 hat der Kläger zu den Az. 3 A 1107/13 und 3 A 1108/13 Anfechtungsklagen erhoben, die das Gericht mit Beschluss vom 8. April 2015 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des erstgenannten Verfahrens verbunden hat.

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Der Kläger ist der Auffassung, seine Heranziehung sei rechtswidrig. Es liege keine beitragsfähige Verbesserung der „N.“ vor. Vor der Durchführung der Baumaßnahme habe in der Straße ein Gehweg existiert, der nunmehr weggefallen sei. Damit sei eine Verschlechterung eingetreten.

9

Das Grundstück Flurstück G2 sei von der abgerechneten Maßnahme nicht bevorteilt, da es nicht an die „N.“ angrenze. Eine tatsächliche Zufahrt zu dieser Straße existiere nicht. Das Grundstück sei allein auf die „P.“ ausgerichtet. Das Grundstück Flurstück G1 grenze zwar an die ausgebaute Anlage an. Es sei jedoch bereits als Hinterliegergrundstück für den Ausbau der „P.“ beitragspflichtig. Mit der Erhebung der Vorausleistung für den Ausbau der „N.“ erfolge eine ungerechtfertigte Doppelbelastung. Zudem hätte auch für das Grundstück Flurstück G1 eine Ermäßigung wegen der Mehrfacherschließung erfolgen müssen.

10

Im Übrigen stünden dem Kläger Schadenersatzansprüche zu, mit denen er hilfsweise die Aufrechnung erkläre. Die Gemeinde Wieck am Darß habe es unterlassen, den Grünstreifen (Seitenstreifen) wieder herzustellen. Dies sei erst durch den Kläger veranlasst worden, wobei ihm Kosten i.H.v. 214,20 EUR entstanden seien. Des Weiteren sei im Rahmen der Durchführung der Baumaßnahme ein Grenzstein beseitigt und trotz Aufforderung durch den Kläger nicht wieder gesetzt worden. Auch dieses habe der Kläger veranlassen müssen. Dabei seien ihm Kosten i.H.v. 1.568,42 EUR entstanden.

11

Der Kläger beantragt,

12

die Bescheide des Beklagten vom 7. Dezember 2012 in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 16. Oktober 2013 aufzuheben.

13

Der Beklagte verteidigt die angegriffenen Bescheide und beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Mit Beschluss vom 8. April 2015 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge sowie die beigezogenen Gerichtsakten des Verfahrens 3 A 1741/12 und OVG 1 L 220/13 vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

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1. Sie finden ihre gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der rückwirkend zum 7. Oktober 1995 in Kraft getretenen Satzung der Gemeinde Wieck a. D. über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen in der Gemeinde Wieck a. D. (Straßenbaubeitragssatzung - SBS) vom 6. November 2013. Zweifel an der Wirksamkeit der Satzung bestehen nicht. Entsprechende Rügen werden vom Kläger auch nicht erhoben. Die Rechtsanwendung begegnet ebenfalls keinen Bedenken.

19

a. Dies betrifft zunächst die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der abgerechneten Baumaßnahme um eine beitragsfähige Maßnahme i.S.d. § 1 Satz 1 SBS, wonach die Gemeinde Wieck a. D. zur Deckung des Aufwandes u.a. für die Herstellung, Verbesserung und Erneuerung von öffentlichen Straßen Beiträge erhebt. Dass es sich bei der Straßenentwässerung um eine (erstmalige) Herstellung handelt, wird vom Kläger nicht in Zweifel gezogen, so dass sich Ausführungen hierzu erübrigen.

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Bei der Straßenbeleuchtung handelt es sich möglicherweise um eine beitragsfähige Verbesserung, jedenfalls aber um eine beitragsfähige Erneuerung im Sinne des § 1 Abs. 1 SBS. Unstreitig war die vorhandene Anlage zum Zeitpunkt der Durchführung der Baumaßnahme etwa 30 Jahre alt. Die Rechtsprechung nimmt für Straßenbeleuchtungsanlagen eine übliche Nutzungszeit von 30 Jahren an (vgl. OVG Münster, Urt. v. 28.08.2001 – 15 A 465/99 –, NVwZ-RR 2002, 299 <300>). Damit ist vorliegend davon auszugehen, dass erneuerte Straßenbeleuchtungsanlage verschlissen war, zumal Gegenteiliges vom Kläger nicht behauptet wird.

21

Auch in Ansehung der Fahrbahn liegt eine beitragsfähige Verbesserung vor. Dies ist dann der Fall, wenn sich der Zustand der Anlage nach dem Ausbau in irgendeiner Hinsicht von ihrem ursprünglichen Zustand in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf die Benutzbarkeit hat (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 32 Rn. 38 m.w.N.). Dabei kommt es allein auf die Verbesserung der Anlage als solche an, so dass es unerheblich ist, ob die Anlieger den geschaffenen Zustand, der objektiv eine Verbesserung darstellt, subjektiv auch als solche erkennen. Gemessen an diesen Kriterien liegt in Ansehung der Fahrbahn eine Verbesserung bereits deshalb vor, weil sie einen den anerkannten Regeln der Technik hergestellten Unterbau (Tragschicht, Frostschutzschicht etc.) und eine einheitliche Fahrbahndecke aus Asphalt erhalten hat. Dadurch erhöht sich die Benutzungssicherheit, dem Auftreten von Frostaufbrüchen und Absenkungen wird entgegengewirkt.

22

Der Einwand des Klägers, die „N.“ weise seit der Durchführung der Baumaßnahme keinen Gehweg mehr auf, betrifft die Frage der Vorteilskompensation. Es ist allgemein anerkannt, dass eine Straßenbaumaßnahme zugleich eine Verbesserung und eine Verschlechterung sein kann mit der Folge, dass die Verbesserung durch die Verschlechterung kompensiert wird (vgl. Driehaus, a.a.O. § 32 Rn. 51 m.w.N.). Betrifft die Verbesserung und die Verschlechterung dieselbe Teileinrichtung (sog. teileinrichtungsinterne Kompensation), entfällt der beitragsrelevante Vorteil, wenn die Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Teileinrichtung von Gewicht und deshalb erheblich ist (relative Verschlechterung). Liegt die Ursache für die Verschlechterung einer Teileinrichtung in der Schaffung einer neuen flächenmäßigen Teileinrichtung (z.B. Schaffung eines Radweges), entfällt der Vorteil erst, wenn die betroffene Teileinrichtung zur Erfüllung ihrer bestimmungsgemäßen Funktion nicht mehr hinreichend geeignet und daher gleichsam "weggefallen" ist (absolute Verschlechterung; vgl. zu allem: Driehaus a.a.O.). Von letzterem ist vorliegend auszugehen, da der ursprünglich streckenweise vorhandene Gehweg zu Gunsten der Fahrbahn vollständig weggefallen ist.

23

Dies hilft dem Kläger jedoch nicht weiter. Der Gedanke der Vorteilskompensation ist teileinrichtungsbezogen (Driehaus a.a.O. Rn. 54). Hinsichtlich der Teileinrichtung Gehweg kann im Rahmen der Beitragsberechnung keine Vorteilskompensation berücksichtigt werden, da diese Teileinrichtung nicht vorhanden und damit auch nicht abgerechnet worden ist. Hinsichtlich der Teileinrichtung Fahrbahn ist ebenfalls nicht von einer Vorteilskompensation auszugehen. Eine solche Annahme zwar nicht von vornherein ausgeschlossen. Wenn nämlich ein ursprünglich vorhandener Gehweg im Rahmen der Durchführung einer Straßenbaumaßnahme wegfällt, wird die Aufteilung der verschiedenen Verkehrsströme (Fußgängerverkehr einerseits und Fahrradverkehr bzw. motorisierter Verkehr andererseits) aufgehoben. Durch den dann zwangsläufig auf der Fahrbahn stattfindenden Fußgängerverkehr wird auch die Sicherheit und Leichtigkeit des übrigen Verkehrs beeinträchtigt. Diese Annahme setzt aber voraus, dass die Teileinrichtung vor der Durchführung der abgerechneten Maßnahme in beitragsrechtlicher Hinsicht vorhanden war. Denn nur dann waren die unterschiedlichen Verkehrsströme tatsächlich voneinander getrennt. Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Beklagten gab es in dem abgerechneten Bereich der „N.“ keinen durchgehend vorhandenen Gehweg. Damit handelte es sich bei den seinerzeit existierenden Gehwegstrecken um bloße Provisorien, deren Wegfall keine beitragsrechtlichen Folgen hat.

24

b. Die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes begegnet im Ergebnis keinen Bedenken. Zwar ist die Vorteilsverteilung im Verhältnis zwischen der Gemeinde und der Gesamtheit der Beitragspflichtigen fehlerhaft. Denn bei der „N.“ handelt es sich nicht um eine Innerortsstraße i.S.d. § 3 Abs. 3 Buchst. b SBS. Sie ist vielmehr als Anliegerstraße i.S.d. § 3 Abs. 3 Buchst. a SBS einzustufen. Da der Ausbauzustand der „N.“ und ihre Einbettung in das innerörtliche Wegesystem der Gemeinde Wieck am Darß dem der „P.“ weitgehend ähnelt, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in dem Urteil des erkennenden Gerichts vom 13. September 2013 - 3 A 1741/12 -, S. 5 f. des Entscheidungsumdrucks Bezug genommen. Es ist auch wenig einleuchtend, dass die Gemeinde Wieck am Darß bei dem Ausbau einer Innerortsstraße auf die Anlegung eines Gehwegs verzichtet. Der Fehler begründet jedoch keinen Aufhebungsanspruch des Klägers, da er wegen des höheren Gemeindeanteils am beitragsfähigen Aufwand lediglich entlastet wird.

25

Die Vorteilsverteilung innerhalb der Gruppe der Beitragspflichtigen ist dagegen nicht zu beanstanden. Dies betrifft zunächst die Bildung des Abrechnungsgebiets. Nach § 5 Abs. 1 SBS bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Verkehrseinrichtung nach § 1 eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Verkehrseinrichtung geboten wird. Dabei kann dahin stehen, ob die Beschränkung des Abrechnungsgebiets auf die zwischen der Kreuzung Bäderstraße und der Einmündung der „P.“ verlaufende Teilstrecke der „N.“ dem Anlagenbegriff entspricht. Dies wäre dann der Fall, wenn die „N.“ als beitragsfähige Anlage i.S.d. sog. „natürlichen Betrachtungsweise“ auf Höhe der Einmündung der „P.“ endet. Hieran bestehen insoweit gewisse Zweifel, als die Verkehranlage auch jenseits der Einmündung der „P.“ mit geradem Streckenverlauf und gleichem Ausbauzustand in östliche Richtung weiterführt.

26

Dies bedarf vorliegend jedoch keiner Vertiefung. Denn es ist zu berücksichtigen, dass mit den vorliegend streitgegenständlichen Bescheiden lediglich Vorausleistungen auf den künftigen Beitrag erhoben werden. Die Vorausleistung ist ihrem Wesen nach ein Vorschuss auf den Ausgleich eines später mit der Herstellung der beitragsfähigen Anlage vermittelten Sondervorteils. Ihre Erhebung setzt nicht das Vorliegen eines bereits voll ausgebildeten Sondervorteils voraus, so dass es ausreicht, dass der Sondervorteil so entstehen kann, wie bei der Ermittlung der Vorausleistung angenommen. Daraus folgt, dass das Abrechnungsgebiet bei der Erhebung einer Vorausleistung unter Berücksichtigung eines „gedachten“ Abschnittsbildungsbeschlusses i.S.d. § 8 Abs. 4 KAG M-V gebildet werden, wenn eine Abschnittsbildung an der betreffenden Stelle zulässig ist (VG Greifswald, Beschl. v. 15.12.2004 – 3 B 361/04 –). Dies ist auf der Höhe von Straßeneinmündungen in der Regel der Fall. Eine Abschnittsbildung ist gegenwärtig noch möglich, weil die sachliche Beitragspflicht für die „N.“ – wie noch zu zeigen sein wird – bisher nicht entstanden ist. Auch der Kläger hat keine Gründe vorgetragen, die einer Abschnittsbildung auf Höhe der Einmündung der „P.“ entgegenstehen könnten.

27

Die Einbeziehung der klägerischen Grundstücke in den Vorteilsausgleich ist nicht zu beanstanden. Das Grundstück Flurstück G1 grenzt unmittelbar an die ausgebaute Verkehrseinrichtung an und ist aus diesem Grund bevorteilt. Bei dem Grundstück Flurstück G2 handelt es sich aus Sicht der „N.“ um ein nicht gefangenes Hinterliegergrundstück. Zwar rechtfertigt die bestehende Eigentümeridentität allein die Einbeziehung dieses Grundstücks in den Vorteilsausgleich nicht. Erforderlich ist zusätzlich eine einheitliche wirtschaftliche Nutzung von Hinterlieger- und Anliegergrundstück. Eine solche Nutzung hat das OVG Greifswald in dem gegenüber den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ergangenen Urteil vom 5. November 2014 (– 1 L 220/13 – S. 12 des Entscheidungsumdrucks) festgestellt. Diese Feststellung ist auch im vorliegenden Verfahren verbindlich. Da sie die Entscheidung trägt, wird sie nämlich von der materiellen Rechtskraft des Urteils (§ 173 VwGO i.V.m. § 322 Abs. 1 ZivilprozessordnungZPO) erfasst.

28

Gleiches gilt für die Berücksichtigung des nutzungsbezogenen gewerblichen Artzuschlages nach § 7 Abs. 7 SBS. Das OVG Greifswald hat in dem Urteil vom 5. November 2014 offen gelassen, ob der Kläger auf dem Grundstück Flurstück G1 eine Pension betreibt oder (nur) Ferienwohnungen vermietet und entscheidungstragend ausgeführt, dass bereits die Nutzung der Gebäude als Ferienwohnungen den Artzuschlag rechtfertigt (S. 14 des Entscheidungsumdrucks).

29

Zwar ist zweifelhaft, ob diese Annahme zutrifft. Unter gewerblicher Nutzung im Sinne des Straßenbaubeitragsrechts wird zunächst die Nutzung eines Grundstücks als Betriebsstätte verstanden. Über die Nutzung im Sinne des Gewerberechts und Gewerbesteuerrechts hinaus werden auch solche Nutzungen erfasst, die der gewerblichen Nutzung im engeren Sinne durch Auslösung einer intensiveren Inanspruchnahme der Anbaustraße als bei reiner Wohnnutzung entsprechen. Anders als Grundstücke, die nur oder überwiegend der Wohnnutzung zu dienen bestimmt sind, sind Betriebsstätten typischerweise in besonderem Maße (gesteigert) abhängig von der qualifizierten Ausgestaltung der Straße, und zwar zum einen im Hinblick auf ihre Zugänglichkeit und zum anderen im Hinblick auf die Inanspruchnahme der Straße wegen des typischerweise erhöhten Ziel- und Quellverkehrs (Kunden- und Lieferverkehr etc.). All dies trifft auf eine als Ferienwohnung genutzte Wohnung nicht zu, und zwar unabhängig davon, ob sie vom Eigentümer für eigene Zwecke vorgehalten oder vom Eigentümer oder über einen gewerblichen Wohnungsvermittler (auch) an wechselnde Feriengäste vermietet wird. Die Nutzungsart bleibt Wohnnutzung. Die Betriebsstätte des gewerblichen Wohnungsvermittlers befindet sich regelmäßig an einem anderen Ort. Die Wohnungen sind lediglich Geschäftsobjekt. Der häufige Mieterwechsel führt regelmäßig zu keinem erhöhten Ziel- und Quellverkehr. Entsprechendes gilt auch für den Fall, dass vom Wohnungsvermittler oder von Drittfirmen Dienstleistungen erbracht werden. Auch der Dauermieter bzw. der selbstnutzende Eigentümer nimmt typischerweise Dienstleistung in Anspruch oder ist zur Daseinsversorgung und, soweit er keine Fremdleistungen in Anspruch nimmt, zur Materialbeschaffung auf die Inanspruchnahme der Anbaustraße angewiesen. Typische Unterschiede ergeben sich insoweit nicht. Zudem sind Leerstandzeiten bei Ferienwohnungen unvermeidbar. In diesen Zeiten ist der Ziel- und Quellverkehr deutlich geringer als bei einer Dauernutzung (VG Bayreuth, Urt. v. 14.05.2014 – B 4 K 13.371 –, juris Rn. 57 ff.; Urt. v. 16.04.2014 – B 4 K 13.293 –, juris Rn. 30 ff.; OVG Schleswig, Urt. v. 19.06.2012 – 4 LB 5/12 –, juris Rn. 38).

30

Dies bedarf vorliegend aber keiner Vertiefung, weil das erkennende Gericht aus prozessualen Gründen an einer Korrektur des das Grundstück Flurstück G1 betreffenden Vorausleistungsbescheides – für das Grundstück Flurstück G2 ist kein Artzuschlag berücksichtigt worden – gehindert ist. Wegen der materiellen Rechtskraft des Urteils des OVG Greifswald vom 5. November 2014 steht nämlich die Einstufung der Nutzung als gewerbliche Nutzung auch für das vorliegende Verfahren fest.

31

c. Die Heranziehung des Klägers ist schließlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V i.V.m. § 11 Abs. 1 SBS können auf die künftige Beitragsschuld Vorausleistungen bis zur Höhe der voraussichtlichen Beitragsschuld verlangt werden, sobald mit der Durchführung der Maßnahme begonnen worden ist. Die Vorausleistung darf nicht mehr verlangt werden, wenn die Beitragsschuld nicht mehr „künftig“, sondern „aktuell“ ist. „Aktuell“ ist die Beitragsschuld aber erst, sobald die sachliche Beitragspflicht entstanden ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall, da auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht erforderliche Grunderwerb (vgl. § 9 Abs. 1 SBS) noch nicht abgeschlossen ist.

32

Auch gegen die Höhe der Vorausleistung (100 v.H. des endgültigen Beitrags) ist nicht zu erinnern. Sie steht im Einklang mit § 7 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V i.V.m. § 11 Abs. 1 SBS und berücksichtigt den Umstand, dass der Straßenausbau technisch abgeschlossen ist und die Anlage in vollem Umfang benutzt werden kann.

33

Der Einwand des Klägers, mit der Erhebung der Vorausleistung für den Ausbau der „N.“ erfolge eine ungerechtfertigte Doppelbelastung des Grundstücks Flurstück G1 greift nicht durch. Denn der Kläger verkennt, dass die Vorausleistung für eine andere Maßnahme erhoben wird. Der in dem Verfahren 3 A 1741/12 streitgegenständliche Bescheid bezieht sich auf den Ausbau der „P.“. Damit scheidet die Annahme einer Doppelbelastung von vornherein aus.

34

Zu Recht wurde in Ansehung des Grundstücks Flurstück G1 auch die Vergünstigung für mehrfach erschlossene Grundstücke nach § 7 Abs. 8 Satz 1 SBS nicht berücksichtigt. Ihre Anwendung ist nach § 7 Abs. 8 Satz 2 erster Anstrich SBS ausgeschlossen, da das Grundstück gewerblich genutzt wird. Auch insoweit ist das erkennende Gericht mit Blick auf die materielle Rechtskraft des Urteils des OVG Greifswald vom 5. November 2014 an einer abweichenden Beurteilung gehindert. Für das Grundstück Flurstück G2 wurde die Vergünstigung berücksichtigt.

35

Die Erhebung der Vorausleistungen ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die ursprünglich vorhandenen Gehwegstrecken im Rahmen der abgerechneten Straßenbaumaßnahme beseitigt wurden. Es wurde bereits dargelegt, dass Vorausleistung ihrem Wesen nach ein Vorschuss auf den Ausgleich eines später mit der Herstellung der beitragsfähigen Anlage vermittelten Sondervorteils ist, so dass es für ihre Erhebung ausreicht, dass der Sondervorteil so entstehen kann, wie bei der Ermittlung der Vorausleistung angenommen.

36

Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Erhebung einer Vorausleistung ausscheidet, wenn fest steht, dass der Beitragsanspruch nicht entstehen kann. Hiervon kann auch mit Blick auf den Wegfall der Gehwegstrecken nicht ausgegangen werden. Zwar hat es die Gemeinde nicht in der Hand, über ein auf einzelne Teileinrichtungen beschränktes Bauprogramm die gesetzlichen Regelungen über die Entstehung der Beitragspflicht zu verdrängen. Diese verlangen ausdrücklich die endgültige Herstellung der Einrichtung insgesamt (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 18.10.2001 – 1 M 52/01 –, NVwZ-RR 2002, 304). Erforderlich ist daher grundsätzlich, dass die Anlage mit allen vorhandenen Teileinrichtungen ausgebaut wird (VG Greifswald, Urt. v. 29.10.2008 – 3 A 882/07 – n.v.). Dies setzt aber voraus, dass die betreffenden Teileinrichtungen vorhanden sind. Hieran fehlt es vorliegend, weil die Teileinrichtung Gehweg – wie bereits dargelegt – lediglich als Provisorium existierte und damit in beitragsrechtliche Sicht nicht als vorhanden angesehen werden muss.

37

Etwas anderes ergibt sich im Übrigen auch dann nicht, wenn man dem nicht folgt und davon ausgeht, dass die Teileinrichtung Gehweg in beitragsrechtlicher Hinsicht ursprünglich vorhanden war. In diesem Fall wäre nach der zitierten Rechtsprechung des OVG Greifswald die sachliche Beitragspflicht auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht entstanden. Damit besteht für die Gemeinde Wieck am Darß die Möglichkeit, die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht im Wege der Kostenspaltung nach § 7 Abs. 3 KAG M-V auf die ausgebauten Teileinrichtungen zu beschränken.

38

Die vom Kläger hilfsweise erklärte Aufrechnung führt schließlich ebenfalls nicht zu einem (teilweisen) Erfolg der Klage. Zwar kann die Aufrechnung keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Festsetzungen haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.06.1983 – 8 C 43/81 –, juris Rn. 18). Weil aber in Höhe der Aufrechnung Erfüllung eintritt und die festgesetzte Forderung erlischt, wäre bei einer wirksamen Aufrechnung das in den Vorausleistungsbescheiden enthaltene Leistungsgebot (§ 254 Abs. 1 Satz 1 AbgabenordnungAO) rechtwidrig (BVerwG, a.a.O. Rn. 19). Die Aufrechnung ist vorliegend jedoch unwirksam, denn sie ist nach § 226 Abs. 3 AO ausgeschlossen. Die Vorschrift ist im Straßenbaubeitragsrecht aufgrund der Verweisung in § 12 Abs. 1 KAG M-V entsprechend anwendbar. Nach § 226 Abs. 3 AO können die Steuerpflichtigen gegen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen aufrechnen. Damit wird über die in den §§ 387, 390 ff. BGB enthaltenen allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen hinaus speziell für das Abgabenrecht eine rechtliche Beschränkung des Aufrechnungsrechts auf nachgewiesene Forderungen normiert, wodurch verhindert werden soll, dass die Geltendmachung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis durch Vorschützen von ungewissen oder zweifelhaften, womöglich erst einer längeren Aufklärung und Feststellung bedürftigen Gegenforderungen aufgehalten wird (OVG Bautzen, Beschl. v. 16.07.1997 – 2 S 563/96 –, VwRR MO 1997, 50 <54>). Die Voraussetzungen des Aufrechnungsausschlusses sind vorliegend gegeben. Die vom Kläger behaupteten Gegenansprüche sind bisher weder rechtskräftig festgestellt noch unbestritten.

39

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 VwGO).

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 13. September 2013 – 3 A 1741/12 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Straßenbaubeitragsbescheid des Beklagten für den Um- und Ausbau der Straße „P. 1. BA“ in der Gemeinde W. auf dem Darß.

2

Er ist Eigentümer des streitgegenständlichen Flurstücks G1, Gemeinde W., mit einer Größe von 1.317 qm, sowie des südlich angrenzenden Flurstücks G2, mit einer Größe von 1.317 qm, beide Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich. An die ausgebaute Straße grenzt das Flurstück G2, das Flurstück G1 liegt in nördlicher Richtung dahinter (Lageskizzen: Anlage K3, Bl. 16 d. GA.; Anlage K4, Bl. 82 d. GA.; Luftbild, Anlage K 5, Bl. 83 d. GA.; Skizze Abrechnungsgebiet Bl. 83 d. VerwA.). Auf dem Flurstück G1 befinden sich zwei Gebäude, in denen der Kläger die „Pension R.“ betreibt, er vermietet Ferienzimmer und Ferienwohnungen (LiBi, Bl. 54 ff. d. GA.; Gewerbeanmeldung Bl. 157 d. VerwA.). Auf dem Flurstück G2 sind sieben Stellplätze für Pensionsgäste angelegt, die Einfahrt erfolgt durch ein Tor von der ausgebauten Straße. Auf der nicht ausgebauten Straße „Nordseite“ ist ein Tor und eine Zufahrt zum Flurstück G1 vorhanden (LiBi., Bl. 63 u. 84 d. GA.). Am Abzweig P. verweist ein großes Werbeschild der Pension R. per Richtungspfeil auf die Zufahrt über die Straße P. (LiBi., Bl. 54 d. GA.). Unmittelbar an der Parkplatzzufahrt von der ausgebauten Straße weisen ein Werbeschild und ein Aufsteller auf die Pension R. hin (LiBi., Bl. 57 d. GA.). Ein Zaun ist zwischen den Grundstücken nicht vorhanden (LiBi., Bl. 63 d. GA.). Auf der Internetseite der Pension wird mit einem „ca. 2.600 qm großen Grundstück“ geworben (Internetauszug, Bl. 69 d. GA.).

3

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2010 zog der Beklagte den Kläger zu einem Straßenbaubeitrag für das Flurstück G1 in Höhe von 1.640,11 € heran. Bei der Berechnung wurde zu der Vollgeschossmesszahl von „1“ ein „Zuschlag für erhöhten Quell-/ Zielverkehr (Nutzungszuschlag)“ von „0,5“ addiert und so die beitragsfähige Fläche von 1.317 qm auf eine bewertete Fläche von 1.975 qm erhöht, die mit dem Beitragssatz multipliziert wurde.

4

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 22. November 2010 Widerspruch ein. Er ist der Ansicht, das Flurstück G1 habe keinen Vorteil von der ausgebauten Straße. Auf dem Flurstück G1 befänden sich zwei Wohnhäuser. Es werde nicht gewerblich genutzt. Der Zugang und die Zufahrt zu diesem Flurstück erfolge ausschließlich über die „Nordseite“. Das Flurstück G2 sei eine nicht bebaubare Erholungsfläche, Wiese, Grünland.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 05. Dezember 2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Das Hinterliegergrundstück sei in die Verteilung des beitragsfähigen Aufwands einzubeziehen. Dem Eigentümer des Hinterliegergrundstücks werde ein beitragsrelevanter Vorteil geboten, weil er vom Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstück eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Straße besitze.

6

Am 28. Dezember hat der Kläger Klage gegen den Bescheid erhoben. Zur Begründung verweist er auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt (Urt. v. 03.04.2007 – 4 L 230/06 –). Von der ausgebauten Straße bestehe kein nennenswerter Vorteil der Inanspruchnahme durch das Flurstück G1. Das streitgegenständliche Flurstück sei ein „nicht gefangener Hinterlieger“, da es über eine eigenständige Erschließung von der Straße „Nordseite“ verfüge. Es bleibe daher bei der Verteilung des Erschließungsaufwandes grundsätzlich unberücksichtigt, wenn es aufgrund planungsrechtlicher, sonstiger rechtlicher oder tatsächlicher Umstände eindeutig erkennbar auf diejenigen Anbaurechte ausgerichtet ist, an die es angrenze. Die einheitliche Nutzung als Betriebsgelände reiche nicht aus.

7

Vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger beantragt,

8

den Bescheid des Beklagten vom 19. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Dezember 2012 aufzuheben.

9

Der Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Der Eigentümer beider Grundstücke habe es jederzeit in der Hand, aufgrund seiner rechtlichen und tatsächlichen Verfügungsmacht über beide Grundstücke die Erreichbarkeit des Hinterliegergrundstücks unter Benutzung des Anliegergrundstücks zu gewährleisten bzw. einen Zugang zu schaffen.

12

Mit Urteil vom 13. September 2013 hat das Verwaltungsgericht Greifswald – 3 A 1741/12 – die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt die Kammer im Wesentlichen aus: An der Wirksamkeit der Straßenbaubeitragssatzung der Gemeinde Wieck vom 01. Oktober 2001 i. d. F. der zweiten Änderungssatzung vom 05. Dezember 2006 als Rechtsgrundlage für den Bescheid bestünden keine Zweifel. Die Maßnahme sei auch beitragsfähig. Die Fahrbahn habe einen nach den anerkannten Regeln der Technik hergestellten Unterbau (Tragschicht, Frostschutzschicht etc.) erhalten, die Straßenbeleuchtung sei verbessert worden und entspreche erstmals der DIN 5044. Die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands sei fehlerfrei. Soweit die Verteilung des beitragsfähigen Aufwands rechtsfehlerhaft sei, da die nur 4 m breite, ausgebaute Straße unzutreffend als Innerortsstraße (erst ab 5 m Breite) und nicht als Anliegerstraße eingestuft worden sei, begünstige das den Kläger, da bei dieser Einstufung die Anliegeranteile geringer seien. Die Bildung des Abrechnungsgebiets sei nicht zu beanstanden.

13

Das Flurstück G1 sei bei der Aufwandsverteilung mit der gesamten Fläche zu berücksichtigen. Wegen der Eigentümeridentität sei der Zugang zur Straße vom Hinterliegergrundstück gewährleistet und werde ausweislich des unwidersprochenen Vortrags des Beklagten und der vorliegenden Lichtbilder auch tatsächlich genutzt. Beide Grundstücke werden einheitlich wirtschaftlich genutzt. Auf dem Flurstück G2 befinden sich Parkplätze für die auf dem Flurstück G1 betriebene Pension R.. Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich erheblich von demjenigen, der der Entscheidung des OVG Sachsen-Anhalt zugrunde liege.

14

Gegen das ihm am 30. September 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Oktober 2013 beantragt, die Berufung zuzulassen. Mit seiner Antragsbegründung vom 27. November 2013 hat der Kläger vorgetragen, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Bei Hinterliegergrundstücken sei für den Vorteil der Inanspruchnahmemöglichkeit nicht ohne Weiteres die Eigentümeridentität ausreichend. Die wenigen Parkplätze auf dem Flurstück G2, die durch Gäste der Ferienwohnungen auf dem benachbarten klägerischen Grundstück benutzt werden können, führten nicht zu einem beitragsrelevanten Vorteil. Die Parkflächen machen nur einen geringen Bruchteil der Gesamtfläche des Flurstücks aus. Es könne nicht von einer einheitlichen Nutzung der beiden Grundstücke ausgegangen werden. Die Straße sei vom Hinterliegergrundstück über das davor liegende Grundstück tatsächlich nicht erreichbar. Die Parkplätze stellten nur eine äußerst geringe und theoretische Ingebrauchnahmemöglichkeit von Gästen des Klägers dar. Die große Mehrheit der Feriengäste parke auf der Grundstücksseite, die über die Straße „Nordseite“ erschlossen werde.

15

Mit Beschluss vom 11. September 2014 hat der Senat die Berufung des Klägers zugelassen.

16

Nach Zustellung dieses Beschlusses am 21. September 2014 hat der Kläger die Berufung am 08. Oktober 2014 im Wesentlichen unter Wiederholung seines Vortrags aus dem Berufungszulassungsverfahren begründet.

17

Der Kläger beantragt,

18

unter Abänderung des angefochtenen Urteils, den Bescheid des Beklagten vom 19.10.2010 zum Az. 1526.04 – Lfd. Nr. 28 – in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2012 – aufzuheben.

19

Der Beklagte beantragt,

20

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 13.09.2013 (Az. 3 A 1741/12) zurückzuweisen.

21

Eine objektive Wertlosigkeit der Inanspruchnahmemöglichkeit könne nicht angenommen werden. Die Parkplätze unmittelbar vor den Ferienwohnungen seien ein wesentlicher, wenn nicht sogar notwendiger Bestandteil der wirtschaftlichen Nutzung des Hinterliegergrundstücks. Die als Garten angelegte Fläche werde bauakzessorisch genutzt und gehöre zu dem Pensionsangebot der auf dem Hinterliegergrundstück befindlichen Ferienwohnungen.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 05. November 2014 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, weil auch die zulässige Klage unbegründet ist. Der angefochtene Beitragsbescheid vom 19. Oktober 2010 und der Widerspruchsbescheid vom 05. Dezember 2012 sind rechtmäßig und der Kläger wird dadurch nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

24

1. Der Bescheid kann sich in Gestalt der Satzung der Gemeinde Wieck über die Erhebung von Beiträgen für den Bau von Straßen, Wegen und Plätzen vom 01. Oktober 2001 (Straßenbaubeitragssatzung) i. d. F. der zweiten Änderungssatzung vom 05. Dezember 2006 auf eine hinreichende Rechtsgrundlage stützen. Rechtsfehler der Satzung, die zu ihrer Gesamtunwirksamkeit führen könnten, hat der Kläger auch nicht geltend gemacht.

25

2. Auch die Rechtsanwendung des Beklagten ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu beanstanden.

26

Das streitgegenständliche Grundstück des Klägers gehörte zum Abrechnungsgebiet der Ausbaumaßnahme bzw. ist durch diese bevorteilt und war deshalb in die Aufwandsverteilung einzubeziehen. Nach § 5 Abs. 1 der Straßenbaubeitragssatzung bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Diese Regelung steht mit § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V in Einklang. Nach dieser Norm wird der Beitrag als Gegenleistung dafür erhoben, dass den Beitragspflichtigen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme Vorteile geboten werden.

27

Das streitgegenständliche Grundstück ist durch die Ausbaumaßnahme in diesem Sinne bevorteilt; es weist die erforderliche räumlich enge Beziehung zur ausgebauten Straße auf.

28

Mit dem Begriff der Möglichkeit in § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V stellt der Landesgesetzgeber – und in der Folge der kommunale Satzungsgeber – klar, dass es nicht darauf ankommt, dass die ausgebaute Straße vom in Rede stehenden Grundstück bereits zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Betragspflicht tatsächlich in Anspruch genommen wird. Maßgeblich ist, ob die Inanspruchnahme rechtlich und tatsächlich möglich und diese Möglichkeit hinreichend qualifiziert ist. Da es sich bei dem Beitrag im Sinne von § 7 KAG M-V um die Abgeltung eines Dauervorteils handelt, ist dabei auch die Lebensdauer der ausgebauten Anlage in den Blick zu nehmen. Dies zeigt, dass keine Unterscheidung danach vorgenommen werden kann, ob eine Inanspruchnahme zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich schon erfolgt, eine solche bereits geplant ist oder sich erst im Laufe der Zeit ergeben könnte. Aus diesem Grund kommt es nicht darauf an, ob der in Anspruch genommene Eigentümer subjektiv den Willen hat, während dieses Zeitraums die gebotene Möglichkeit tatsächlich zu nutzen. Denkbar ist nämlich, dass das Grundstück veräußert, versteigert, vererbt oder aus sonstigen Gründen übertragen wird und der neue Eigentümer andere Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks verfolgt. Das rechtfertigt es, darauf abzustellen, ob objektiv eine Inanspruchnahmemöglichkeit besteht.

29

Die objektive vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit haben straßenbaubeitragsrechtlich in erster Linie (Buch-)Grundstücke, die unmittelbar an die Straße angrenzen (sog. Anlieger- bzw. Vorderliegergrundstücke). Im Verhältnis zu anderen Grundstücken ist ihre Inanspruchnahmemöglichkeit betreffend die Straße, an der sie anliegen, schon deshalb qualifiziert und in straßenbaubeitragsrechtlich relevanter Weise vorteilhaft, weil aufgrund der offensichtlich räumlich engen Beziehung dieser Grundstücke zur ausgebauten Anlage im Sinne der vorgenannten Bestimmungen in aller Regel angenommen werden kann, die Anlage werde von ihnen aus intensiver beansprucht als von anderen Grundstücken aus, die nicht an ihr anliegen. Im Hinblick auf die Erreichbarkeit des Grundstücks von der Anlage aus ist es für den Fall, dass eine Zuwegung nicht besteht, zur Begründung der Vorteilslage ausreichend, dass eine solche geschaffen werden und damit die Inanspruchnahmemöglichkeit realisiert werden kann.

30

Für das streitgegenständliche Grundstück als ein sog. Hinterliegergrundstück besteht vorliegend ebenfalls eine seine Beitragspflicht begründende Inanspruchnahmemöglichkeit.

31

Für Hinterliegergrundstücke gelten dabei zunächst im Ausgangspunkt keine anderen Maßstäbe als für Anliegergrundstücke. Nur solche Hinterliegergrundstücke sind bevorteilt, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Das bedeutet zunächst, dass vom betreffenden Hinterliegergrundstück rechtlich und tatsächlich die Möglichkeit bestehen muss, die ausgebaute Anlage über ein Anliegergrundstück und ggf. weitere Hinterliegergrundstücke zu erreichen. Vorliegend bestehen keine tatsächlichen Umstände, die die Erreichbarkeit des Anliegergrundstücks Flurstück G2 vom in Anspruch genommen Hinterliegergrundstück Flurstück G1 hindern würde. Die rechtliche Befugnis zum Überqueren vermittelt der Umstand, dass Anlieger- und Hinterliegergrundstück denselben Eigentümer haben (sog. Eigentümeridentität).

32

Im Unterschied zu den Anliegergrundstücken ist allerdings bei Hinterliegergrundstücken die Annahme, die Anlage werde von ihnen aus intensiver beansprucht als von anderen Grundstücken aus, nicht in gleicher Weise offensichtlich regelmäßig gerechtfertigt; sie liegen eben gerade nicht in gleicher Weise unmittelbar an der ausgebauten Anlage, ihre räumliche Beziehung zu ihr ist auf den ersten Blick offensichtlich weniger eng als diejenige der Anliegergrundstücke. Bei Hinterliegergrundstücken kann allerdings zwischen sog. „gefangenen“ und anderen („nicht gefangenen“) differenziert werden.

33

Bei „gefangenen“ Hinterliegergrundstücken, also solchen Grundstücken, die ausschließlich über die jeweils in Beziehung zur ausgebauten Anlage vorgelagerten Anliegergrundstücke eine Verbindung zum gemeindlichen Verkehrsnetz haben, kann bei näherer Betrachtung wie bei den Anliegergrundstücken selbst in vergleichbarer Weise die erforderliche räumlich enge Beziehung und qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit bestehen. Sie besteht in aller Regel dann, wenn vom „gefangenen“ Hinterliegergrundstück aus über bzw. vermittelt durch das Anliegergrundstück eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage besteht. Diese besteht grundsätzlich immer im Falle der Eigentümeridentität, also in den Fällen, in denen der Eigentümer von Anlieger- und Hinterliegergrundstück identisch und damit die Erreichbarkeit der Anlage vom Hinterlieger- über das Anliegergrundstück auch rechtlich gesichert ist. Weil das „gefangene“ Hinterliegergrundstück hinsichtlich des Zugangs zum gemeindlichen Verkehrsnetz darauf angewiesen ist, über das vorgelagerte Anliegergrundstück die wegemäßige Erschließung zu erfahren und in diesem Sinne ausschließlich auf die ausgebaute Anlage hin ausgerichtet ist, kann bei einer Eigentümeridentität in der Regel angenommen werden, die Anlage werde von ihm aus – wie von dem Anliegergrundstück – wegen seiner räumlich engen Beziehung intensiver beansprucht als von anderen Grundstücken aus. Auch bei Hinterliegergrundstücken kommt es dabei folgerichtig nicht auf eine aktuell bestehende tatsächliche Nutzung an. Es kommt somit insbesondere nicht darauf an, ob bei Entstehung der sachlichen Beitragspflicht eine Zufahrt vom Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstück zur ausgebauten Straße tatsächlich besteht, sondern im Sinne der Inanspruchnahmemöglichkeit nur darauf, ob eine solche geschaffen werden könnte. Das ist sachgerecht, weil es beim Vorteilsbegriff nicht auf die häufig auch leicht änderbare oder schwer feststellbare tatsächliche Gestaltung der Grundstücksverhältnisse ankommt (OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.04.2007 – 9 LA 92/06 –, juris).

34

In den Fällen, in denen das Hinterliegergrundstück wie im vorliegenden Fall seinerseits an eine andere als die ausgebaute Straße angrenzt (sog. „nicht gefangenes“ Hinterliegergrundstück), kann demgegenüber der Umstand, dass für Anlieger- und Hinterliegergrundstück Eigentümeridentität besteht, für sich allein gesehen nicht als hinreichend für die Annahme eines Vorteils bzw. die Bejahung der erforderlichen qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit betrachtet werden. Vielmehr bedarf es als Korrektiv zusätzlich einer wertenden Betrachtung (so auch OVG Bautzen, Urt. v. 31.01.2013 – 5 A 783/10 –, juris und Urt. v. 03.09.2008 – 5 A 348/08 –, SächsVBl 2009, 40; VGH Kassel, Urt. v. 03.09.2008 – 5 A 688/08 –, juris; OVG Magdeburg, Urt. v. 03.04.2007 – 4 L 230/06 -, KStZ 2007, 178; VGH München, Beschl. v. 24.03.2014 – 6 ZB 13.2465 –, juris; in diese Richtung auch VG Schwerin, Urt. v. 04.01.2013 – 4 A 420/09 –; a. A. OVG Weimar, Beschl. v. 17.03.2009 – 4 EO 269/07 –, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.04.2007 – 9 LA 92/06 -, NStN 2007, 186 = DVBl. 2007, 851; VG Greifswald, Urt. v. 22.11.2013 – 3 A 217/12 –, juris; vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht auch VGH Kassel, Beschl. v. 14.12.2012 – 5 A 1884/12 – juris, das Revisionsverfahren hierzu ist beim BVerwG – 9 B 9/13 – anhängig). Auch bei einer Eigentümeridentität kann in diesen Fällen nicht ohne Weiteres vergleichbar mit den Anliegergrundstücken in der Regel angenommen werden, die Anlage werde vom „nicht gefangenen“ Hinterliegergrundstück wegen ihrer räumlich engen Beziehung intensiver beansprucht als von anderen Grundstücken aus.

35

Das Straßenausbaubeitragsrecht ist ausgerichtet auf einen Vorteilsausgleich; Grundstücke sollen sich an diesem Vorteilsausgleich beteiligen, wenn und soweit ihnen durch die Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Verkehrsanlage ein nennenswerter Vorteil zuwächst. Das Ausmaß des einem Grundstück vermittelten Vorteils richtet sich nach dem Ausmaß der von ihm aus zu erwartenden (wahrscheinlichen) Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage. Je weniger diese Anlage von einem Grundstück erfahrungsgemäß in Anspruch genommen werden wird, desto weniger wertvoll ist für dieses Grundstück die ihm gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Anlage. Ist die gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit für ein (Hinterlieger-)Grundstück objektiv wertlos, weil nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten ist, dass von diesem Grundstück aus die ausgebauten Verkehrsanlage in einem relevanten Umfang in Anspruch genommen werden wird, hat dieses Grundstück aus der gebotenen Inanspruchnahmemöglichkeit keinen nennenswerten Vorteil, scheidet deshalb aus dem Kreis der bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigenden Grundstücke aus (OVG Magdeburg, Urteil v. 03.04.2007 – 4 L 230/06 –, KStZ 2007, 178, zit. n. juris; so auch OVG Bautzen, Urteil v. 31.01.2013 – 5 A 783/10 –, juris; vgl. auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage, § 35, Rn. 24) und kann nicht mehr von einer „qualifizierten“ Inanspruchnahmemöglichkeit im Sinne der vorstehend erörterten Bestimmungen gesprochen werden. Eine mit Blick auf anderweitige Verbindungen oder Verbindungsmöglichkeiten des Hinterliegergrundstücks zum gemeindlichen Verkehrsnetz trotz Eigentümeridentität bloß theoretische, aber unwahrscheinliche Möglichkeit der Inanspruchnahme genügt nicht, weil daraus kein erwartbarer Vorteil im vorstehenden Sinne abgeleitet werden könnte. Denkbar ist, dass sich die Inanspruchnahmemöglichkeit als objektiv wertlos erweist, wenn das „nicht gefangene“ Hinterliegergrundstück eindeutig auf eine andere Straße hin ausgerichtet ist (vgl. VGH München, Urt. v. 25.10.2012 – 6 B 10.133 –, juris und Beschl. v. 15.01.2010 – 6 ZB 09.545 –, juris). Das könnte beispielsweise der Fall bei einem „nicht gefangenen“ Hinterliegergrundstück sein, das keine tatsächliche Zufahrt zum Vorderliegergrundstück hat und bei dem Eigentümeridentität besteht, wenn das im Außenbereich liegende Hinterliegergrundstück mit einem Wohnhaus (zum Beispiel der ehemaligen Hofstelle eines Landwirts) bestandsgeschützt bebaut und entsprechend genutzt wird und das Vorderliegergrundstück an einen anderen landwirtschaftlichen Betrieb zur entsprechenden Nutzung verpachtet ist.

36

Ein gewichtiges Indiz dafür, dass ein Vorteil nicht nur theoretisch denkbar und eine gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit nicht objektiv wertlos, sondern (wirtschaftlich) werthaltig bzw. nennenswert ist, kann regelmäßig in der einheitlichen Nutzung von Anlieger- und Hinterliegergrundstück erblickt werden. Denn bei einer solchen einheitlichen Nutzung spricht vieles dafür, dass das Hinterliegergrundstück vom Anliegergrundstück aus genutzt wird und umgekehrt. Die einheitliche Nutzung lässt nach Auffassung des Senats die Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage auch vom Hinterliegergrundstück als hinreichend wahrscheinlich erwarten, sie lässt die Annahme zu, die Anlage, an der das vorgelagerte Anliegergrundstück liegt, werde auch vom Hinterliegergrundstück aus in Anspruch genommen werden. Somit strahlt der Vorteil der ausgebauten Straße für das an der Straße unmittelbar anliegende Grundstück auf das Hinterliegergrundstück aus; beide Buchgrundstücke werden neben der Eigentümeridentität über die einheitliche Nutzung mit der Folge „verklammert“, dass eine hinreichende räumlich enge Beziehung die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit in dem Sinne erwarten lässt, dass auch vom Hinterliegrundstück aus die Anlage intensiver beansprucht wird als von anderen Grundstücken aus. Da bei bestehender Eigentümeridentität nicht selten auch eine einheitliche Nutzung der Grundstücke vorliegen wird, dürfte in der Verwaltungspraxis die Forderung nach einem neben der bloßen Eigentümeridentität festzustellenden weiteren Anhaltspunkt für die Annahme der qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit in zahlreichen Fällen nicht zu anderen Ergebnissen führen, als wenn die Eigentümeridentität für sich gesehen bereits als insoweit ausreichend betrachtet werden würde.

37

So liegt der Fall hier. Die Flurstücke werden tatsächlich einheitlich wirtschaftlich genutzt und ein Zugang (nicht Zufahrt) über das Anliegergrundstück besteht tatsächlich. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob die Flurstücke in gleichem Maße genutzt werden, vielmehr kann auch ein Grundstück die (Haupt)nutzung des anderen nur unterstützen. Es müssen also nicht auf beiden Grundstücken Ferienwohnungen vorhanden sein. Hier sind auf dem Anliegergrundstück Parkflächen und Gartenflächen vorhanden. Der Kläger bezeichnet selbst beide Grundstücke zusammen als „Betriebsgrundstück“ und verwendet in seinem Internetauftritt hierfür eine zusammenfassende Flächengrößenangabe von „ca. 2.600 qm“. Auch räumt der Kläger ein, dass auf dem Anliegergrundstück Parkplätze für Gäste seiner auf dem Hinterliegergrundstück betriebenen Ferienwohnungen vorhanden sind. Dabei ist der Vortrag des Beklagten unwidersprochen geblieben, dass es sich um sieben Parkplätze handelt. Der Kläger hat hierzu nur erklärt, dass es „wenige“ seien. Warum für diese Parkplätze nach Ansicht des Klägers nur eine „theoretische“ Inanspruchnahmemöglichkeit bestehe, hat er nicht begründet. Ein dauernder Hinderungsgrund für die Nutzung der Parkplätze ist weder von ihm vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Zudem werden die Feriengäste über das Hinweisschild mit dem Richtungspfeil sogar (vom Kläger) aufgefordert, die Zufahrt zur „Pension R.“ über die ausgebaute Straße „P.“ zu wählen und nicht etwa die Zufahrt über die Straße „Nordseite“.

38

Auch ist ein fußläufiger Zugang zum Hinterliegergrundstück gegeben. Auf eine Zufahrtsmöglichkeit mit dem Auto kommt es nicht an, zumal die Parkplätze an der rechten (östlichen) Seite des Anliegergrundstücks unmittelbar dem bis auf die Grenze zwischen den Grundstücken gebauten Gebäude vorgelagert sind, sodass zumindest dieses Gebäude leicht von diesen Stellplätzen aus erreicht werden kann.

39

In der Gesamtschau entlasten diese Parkflächen somit jedenfalls die Parksituation auf dem Hinterliegergrundstück und unterstützen somit die wirtschaftliche Ferienwohnungsnutzung des Hinterliegergrundstücks. Ob es sich dabei um baurechtlich notwendige Stellplätze handelt, kann hier dahinstehen bleiben.

40

Im Übrigen ist auch das restliche Anliegergrundstück als Gartenfläche für die „Pension R.“ nutzbar.

41

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass der vorliegende Fall mit dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt (Urt. v. 03.04.2007 – 4 L 230/06 –) zugrunde lag, nicht vergleichbar ist. Denn im dortigen Fall war in dem Bereich, in dem das Vorder- an das Hinterliegergrundstück angrenzt, das Vorderliegergrundstück vollständig mit einem Hotel überbaut und es gab nur einen Durchgang vom Hotel zur Tiefgarage auf dem Hinterliegergrundstück, der über einen Treppenschacht und ein Gitterrost führte und der als Fluchtweg aus brandschutzrechtlichen Gründen geschaffen wurde. Nach dem im dortigen Verfahren vom Verwaltungsgericht festgestellten (unstreitigen) Sachverhalt wurde diese Verbindung von den Hotelgästen nicht genutzt.

42

Hinsichtlich der Rechtsanwendung im Übrigen verweist der Senat zunächst auf die zutreffenden Gründe des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 130b Satz 2 VwGO). Insbesondere bestehen gegen den Zuschlag für die „gewerbliche“ Nutzung des Grundstücks von 0,5 gemäß § 7 Abs. 6 der Straßenbaubeitragssatzung keine Bedenken. Diese Vorschrift lautet:

43

„Zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Art der Nutzung wird der nach Abs. 2 festgelegte Faktor um 0,5 erhöht, wenn das Grundstück innerhalb eines tatsächlich bestehenden (§ 34 Abs. 2 BauGB) oder durch Bebauungsplan ausgewiesenen (…) ….gebietes liegt oder ohne entsprechende Gebietsfestsetzung innerhalb eines Bebauungsplangebietes überwiegend gewerblich oder in einer der gewerblichen Nutzung vergleichbaren Weise (z. B. Verwaltungs-, Schul-, Post-, Bahnhofsgebäude, Parkhäuser, Praxen für freiberufliche Tätigkeit; Museen) genutzt wird.“

44

Der Zuschlag wäre schon dann gerechtfertigt, wenn der Kläger nicht nur Ferienwohnungen vermietet, sondern mit einem Pensionsbetrieb eine der gewerblichen Nutzung vergleichbare Nutzung i. S. v. § 6 Abs. 6 der Satzung ausübt. Für eine „Pension“ spricht neben dem Namen „Pension R.“ auch, dass der Kläger nach seiner Preisliste (auf seiner Internetseite auch im Jahr 2014) nach Absprache auch Frühstück (5 €/P.) anbietet und somit typische Pensionsleistungen bereit hält, die über die bloße Vermietung hinausgehen. Auch die Größe der Anlage (insgesamt 18-22 Betten laut Internetseite 2014) spricht ebenso dafür wie die „Gewerbe-Anmeldung“ nach der GewO vom 05.08.1996. Auch dort ist neben Zimmervermietung, Vermietung von Ferienwohnungen eine Fremdenpension (13 Betten) angegeben. Indiz dafür, dass nicht nur eine bloße Vermietung erfolgt, sondern die Gäste auch betreut werden, ist, dass nach der Gewerbeanmeldung die „Zahl der bei Geschäftsaufnahme tätigen Personen (ohne Inhaber)“ mit „Vollzeit: 1“ angegeben worden ist. Zwar hat der Kläger nach der Darstellung im Widerspruchsbescheid wohl eine Gewerbeummeldung am 25. Juli 2011 auf „Vermietung von Wohnraum“ vorgenommen. Diese Ummeldung erfolgte jedoch erst nach Entstehung der sachlichen Beitragspflicht und wirkt nicht zurück.

45

Letztlich kann es jedoch dahinstehen bleiben, ob der Kläger eine Pension betreibt oder (nur) Ferienwohnungen vermietet, weil die Vorschrift des § 7 Abs. 6 der Straßenbaubeitragssatzung mit dem Begriff der Nutzung in einer „der gewerblichen Nutzung vergleichbaren Weise“ nicht auf eine (privat-)wirtschaftlich einem Gewerbe ähnliche Nutzung abstellt, wie sich schon daran zeigt, dass in der Norm als Beispiele für eine solche Nutzung auch öffentliche Verwaltungseinrichtungen aufgezählt werden. Sinn und Zwecks des Zuschlagsfaktors ist es vielmehr, den gegenüber einer Wohnnutzung wie bei einem Gewerbe erhöhten Straßenverkehr zu berücksichtigen. Darauf weist auch die Formulierung „Grundstücke mit erhöhtem Ziel- und Quellverkehr“ in § 7 Abs. 7 Satz 3 1. Spiegelstrich der Straßenbaubeitragssatzung hin. Eine solche erhöhte Nutzung durch Feriengäste erfolgt sowohl bei Ferienwohnungsvermietung als auch bei einem Pensionsbetrieb durch einen erhöhten An- und Abreiseverkehr. Für diese erhöhte Straßennutzung ist es gleichgültig, ob für die Gäste neben der Übernachtungsmöglichkeit noch zusätzliche (Pensi-ons-)Leistungen wie Frühstück und Gästebetreuung erbracht werden. Allein die Anzahl von sieben Stellplätzen auf dem Anliegergrundstück und noch mehreren auf dem Hinterliegergrundstück weist auf diese erhöhte Verkehrsnutzung hin.

46

Die konkrete Ausnutzung des Grundstücks im vorliegenden Fall zeigt im Vergleich mit einer typischen Wohnnutzung anschaulich, dass die Satzungsregelung über die Erhöhung des Nutzungsfaktors mit einem Zuschlag von 0,5 – also um 50 % – nicht unangemessen ist.

47

Mit den in § 8 Abs. 2 c) der Straßenbaubeitragssatzung aufgeführten „Campingplätzen, Zeltplätzen, Wochenend- und Ferienhaussiedlungen oder Badestränden“ im Außenbereich, für die nur eine Messzahl von 1,0 festgelegt ist, ist die wirtschaftliche Nutzung der klägerischen Grundstücke auch durch Ferienwohnungsvermietung nicht vergleichbar. Camping- und Zeltplätze werden typischerweise saisonal und nicht ganzjährig genutzt, jedenfalls nicht in vollem Umfang, und weisen daher nicht ganzjährig eine erhöhte Verkehrsnutzung auf. Entsprechendes gilt für Ferienhaussiedlungen, die zwar ganzjährig genutzt werden können, bei denen es sich jedoch typischerweise um Grundstücke mit jeweils nur einem Ferienhaus handelt, sodass je Grundstück – anders als bei der Ferienwohnungsanlage des Klägers – nur ein oder nur wenige Nutzer vorhanden sind, die keinen wesentlich erhöhten Ziel- oder Quellverkehr ausmachen.

48

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

49

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

50

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

(1) Soweit nichts anderes bestimmt ist, darf die Vollstreckung erst beginnen, wenn die Leistung fällig ist und der Vollstreckungsschuldner zur Leistung oder Duldung oder Unterlassung aufgefordert worden ist (Leistungsgebot) und seit der Aufforderung mindestens eine Woche verstrichen ist. Das Leistungsgebot kann mit dem zu vollstreckenden Verwaltungsakt verbunden werden. Ein Leistungsgebot ist auch dann erforderlich, wenn der Verwaltungsakt gegen den Vollstreckungsschuldner wirkt, ohne ihm bekannt gegeben zu sein. Soweit der Vollstreckungsschuldner eine von ihm auf Grund einer Steueranmeldung geschuldete Leistung nicht erbracht hat, bedarf es eines Leistungsgebots nicht.

(2) Eines Leistungsgebots wegen der Säumniszuschläge und Zinsen bedarf es nicht, wenn sie zusammen mit der Steuer beigetrieben werden. Dies gilt sinngemäß für die Vollstreckungskosten, wenn sie zusammen mit dem Hauptanspruch beigetrieben werden. Die gesonderte Anforderung von Säumniszuschlägen kann ausschließlich automationsgestützt erfolgen.

(1) Für die Aufrechnung mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis sowie für die Aufrechnung gegen diese Ansprüche gelten sinngemäß die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis kann nicht aufgerechnet werden, wenn sie durch Verjährung oder Ablauf einer Ausschlussfrist erloschen sind.

(3) Die Steuerpflichtigen können gegen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen aufrechnen.

(4) Für die Aufrechnung gilt als Gläubiger oder Schuldner eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis auch die Körperschaft, die die Steuer verwaltet.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.