Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 17. Jan. 2017 - AN 1 K 16.01045

bei uns veröffentlicht am17.01.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Volljuristin und mit einem GdB von 50 schwerbehindert. Mit ihrer Klage begehrt sie Schadensersatz wegen Diskriminierung aufgrund ihrer Behinderung durch Nichteinladung zu einem Vorstellungsgespräch.

Die am … 1980 in … geborene Klägerin bestand am …1998 die Abiturprüfung mit einer Durchschnittsnote von 2,4. Von September 1998 bis Juni 2001 absolvierte sie eine Berufsausbildung mit dem Abschluss „…“. In der Zeit von September 2001 bis April 2003 war sie beim … … in … als … und bei verschiedenen Unternehmen als Verkäuferin beschäftigt. Von Oktober 2003 bis September 2006 studierte sie an der …Universität … „Theater- und Medienwissenschaft“ mit den Nebenfächern „Psychologie und „Amerikanistik-Literaturwissenschaft“.

Von Oktober 2006 bis September 2011 studierte sie an der …Universität „Rechtswissenschaft“. Am …2011 bestand sie die Erste Juristische Prüfung mit der Prüfungsgesamtnote „ausreichend (5,41)“. Diese Gesamtnote setzte sich zusammen aus der Note für die Erste Juristische Staatsprüfung (5,16 Punkte) und der Note der juristischen Universitätsprüfung im Schwerpunktbereich „Kriminalwissenschaften“ (6,00 Punkte). Vom 4 Oktober 2011 bis 20. November 2013 absolvierte sie ihr Rechtsreferendariat am Oberlandesgericht* … Am … 2013 bestand sie die Zweite Juristische Staatsprüfung mit der Prüfungsgesamtnote „ausreichend (4,50)“.

In der Zeit vom 1. Mai 2014 bis 15. März 2015 war die Klägerin als Rechtsanwältin in der Kanzlei „…“ in … beschäftigt (Strafrecht, Zivilrecht). Seit dem 1 Dezember 2010 ist die Klägerin als freie Mitarbeiterin in der Kanzlei „…“ in … tätig (Zivilrecht, Verwaltungsrecht). In der Zeit vom 20. Mai 2015 bis 31. Dezember 2015 war die Klägerin befristet in der … als Fachkraft (…) beschäftigt.

Darüber hinaus absolvierte die Klägerin im Zeitraum vom 26. Januar 2015 bis 17. April 2015 einen Fachanwaltslehrgang Arbeitsrecht und vom 20. April 2015 bis 19. Mai 2015 einen Fachanwaltslehrgang Steuerrecht.

Seit dem 1. Januar 2016 ist die Klägerin Beamtin der Bundesrepublik Deutschland und als Regierungsinspektorin (Sachbearbeiterin) im … „…“ beim … in … tätig.

Mit Email vom 8. Februar 2016 übersandte die Klägerin an die Beklagte ihre Bewerbung unter Bezugnahme auf die Stellenausschreibung „Juristische/r Sachbearbeiter/in und stellvertretende/r Amtsleiter/in“ unter Hinweis auf ihren GdB von 50. In der Ausschreibung sind folgende Voraussetzungen genannt:

„Bewerberkreis: Volljuristinnen/ Volljuristen mit Prädikat in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung. Verwaltungsausbildung, praktische Verwaltungserfahrung bzw. verwaltungsrechtliche Verfahrens- oder Prozesserfahrung ist vorteilhaft, jedoch keine Bedingung.

Wir erwarten:

– herausragende juristische Fähigkeiten

– hohe Einsatzbereitschaft und Belastbarkeit, Eigeninitiative, Selbständigkeit, gutes Urteilsvermögen und Entschlusskraft

– die Fähigkeit und Bereitschaft Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu motivieren, zu fordern und zu fördern

– Sozialkompetenz; die Fähigkeit komplexe Sachverhalte kurz und verständlich zu vermitteln. …“

Mit Schreiben vom 12. Februar 2016 teilte Herr Verwaltungsamtsrat … von der Beklagten der Klägerin mit, nach Prüfung der Bewerbungsunterlagen müsse leider mitgeteilt werden, dass sie die Bewerbungsvoraussetzungen für die ausgeschriebene Stelle leider nicht erfülle. Die Klägerin machte daraufhin mit Schreiben vom 23. März 2016 einen Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 AGG gegenüber der Beklagten in Höhe von 13.640,52 EUR (3 Monate Besoldungsgruppe A 14, Stufe 5, Familienzuschlag Stufe 1) geltend.

Daraufhin teilte Frau … von der Beklagten der Klägerin mit Schreiben vom 7. April 2016 mit, dass die ausgeschriebene Stelle der stellvertretenden Amtsleitung Rechtsamt bisher noch nicht besetzt worden sei und auch noch keine Entscheidung über die Besetzung mit einer bestimmten Person gefallen sei. Die Klägerin werde daher doch zu einem Vorstellungsgespräch am … 2016 um 9:30 Uhr eingeladen.

Aus einem Aktenvermerk des Rechtsamtes der Beklagten vom 13. April 2016 ergibt sich folgendes:

„Nachtrag zum Besetzungsvorschlag StPl. …, juristische Sachbearbeiter/-in, stv. Amtsleitung Im Nachgang zu den Bewerbungsgesprächen wurde noch Frau … eingeladen. Frau … ist Volljuristin, ihr 2. Staatsexamen schloss sie mit 4,50 Punkten ab. Bei ihr liegt eine Schwerbehinderung vor. Wegen der risikobehafteten Gesetzeslage infolge des AGG wurde sie trotz des Verfehlens der Notengrenze (Prädikat = 6,5 Punkte) eingeladen.

Frau … vermochte jedoch den gegenüber den vorgeschlagenen Bewerbern bestehenden erheblichen Rückstand in der Examensnote im persönlichen Gespräch nicht auszugleichen.

Sie zeigte sich zwar als durchaus vielseitige Juristin, die bereits mehrere verschiedene kürzere Tätigkeiten als Rechtsanwältin, bei der …aktuell beim …(beides als Sachbearbeiterin auf der Ebene des gehobenen Dienstes) ausgeübt hat bzw. ausübt. Sie wäre daher möglicherweise zu einer schnellen Einarbeitung in die verschiedenen Rechtsmaterien fähig. Andererseits hatte sie keinerlei konkrete Vorstellung von der Tätigkeit des Rechtsamts und wirkte insgesamt sehr zurückhaltend und eher zu einer rein schriftlichen Arbeitsweise geneigt. Ihre Antworten fielen überwiegend recht knapp und wenig detailfreudig aus. Ihre bisherigen Tätigkeiten bezogen sich vorrangig auf Arbeitsrecht, die verwaltungsgerichtliche Präsenz betraf Prüfungsrecht. Aktuell ist sie mit Asylrecht befasst. Insgesamt fehlt der „rote Faden“ und die nötige Konstanz in ihrem Werdegang, zum Beispiel hat Frau … den theoretischen Teil von zwei Fachanwaltslehrgängen abgeschlossen, den Titel jedoch mangels praktischer Einsätze nicht erworben. Sie hat bisher keine der bisherigen Tätigkeiten über längere Zeit ausgeübt.

Daher konnte sie im Vergleich zu den vorgeschlagenen Bewerbern nicht bestehen, sowohl was die Noten angeht (Frau … 4,5 Punkte - Herr … und Frau … über 9 Punkte, Herr … immerhin noch über 7 Punkte) als auch in Bezug auf glaubhaftes Verwaltungsinteresse, Fähigkeit zu einer stetigen Arbeitsweise und Bereitschaft zur Eingliederung in das Team nicht überzeugen.“

Dieser Vermerk wurde von Frau ORRin … Herrn … und Herrn … mit dem Hinweis übersandt, die Entschädigungsforderung sei weder im Vorstellungsgespräch, noch in der Begründung erfolgt, dies solle auch im Ausschuss nicht geschehen in der Hoffnung, dass das Thema damit erledigt sei.

Mit Schreiben vom 29. April 2016 an die Beklagte zeigte sich der Bevollmächtigte der Klägerin an und forderte erneut die Entschädigungszahlung bis zum 13. Mai 2016.

Mit Schreiben des Personalamts vom 2. Mai 2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die ausgeschriebene Stelle werde anderweitig besetzt, der Personal- und Organisationsausschuss habe in seiner Sitzung am 29. April 2016 einen anderen Bewerber gewählt.

Mit Schreiben vom 3. Mai 2016 an den Bevollmächtigten teilte die Beklagte mit, der Klägerin sei im Schreiben vom 12. Februar 2016 gerade nicht mitgeteilt worden, dass nach Beteiligung der Personal- und Schwerbehindertenvertretung die Entscheidung auf einen anderen Bewerber gefallen sei. Es treffe auch nicht zu, dass eine Entscheidung gefallen sei, ohne die Klägerin vorher zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu haben. Es werde daher angeregt, dass sich der Bevollmächtigte zunächst einmal mit seiner Mandantin bespreche und sich von ihr den Schriftwechsel vorlegen lasse, bevor Forderungen gestellt würden.

Die Klägerin ließ durch einen am 16. Juni 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenen Schriftsatz vom 15. Juni 2016 ihres Bevollmächtigten Klage erheben mit dem in der mündlichen Verhandlung folgendermaßen konkretisierten Antrag:

„Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine in das Ermessen des Gerichtes gestellte angemessene Entschädigung zu bezahlen, die jedoch den Betrag in Höhe von … EUR nicht unterschreiten soll, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 2.4.2016.“

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin sei „noch schnell“ zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Allerdings habe sie nicht davon ausgehen können, dass angesichts der Entschädigungsforderung Hoffnung auf Einstellung bestanden habe. Das Bewerbungsgespräch sei deshalb seitens der Beklagten „rein platonischer Natur“ gewesen. Der Beklagten sei von vornherein klar gewesen, dass die Klägerin nicht eingestellt werde. Sie habe damit nur versucht, ihrer Schadensersatzverpflichtung zu entgehen. Die Stellenausschreibung sei intransparent gewesen. Darüber hinaus sei die Auswahlentscheidung auf das Amt im statusrechtlichen Sinne bezogen und dürfe daher grundsätzlich nicht anhand der Anforderungen eines konkreten Dienstpostens erfolgen. Eine Einladung zum Vorstellungsgespräch nach Geltendmachung eines Ersatzanspruches führe nicht zu einer Heilung der Diskriminierung, weil ein Arbeitgeber keinesfalls unbeeinflusst in solch ein Vorstellungsgespräch gehen würde.

Mit Schriftsatz vom 30. Juni 2016 zeigte sich der Bevollmächtigte der Beklagten an und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 13. Juni 2016 legte der Bevollmächtigte die Originalakten vor. Mit weiterem Schriftsatz vom 4. August 2016 wurde der Abweisungsantrag begründet. Der Klägerin fehle offensichtlich die fachliche Eignung im Sinne von § 82 Satz 3 SGB IX. Die Mindestanforderung sei nicht erfüllt worden, weil die Beklagte ein „Prädikat“ vorausgesetzt habe und habe voraussetzen dürfen. Die Beklagte habe auch deutlich gemacht, dass es sich hier um eine zwingende Voraussetzung handle. Dies trage auch dem Grundsatz der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung und gewährleiste einen objektiv nachprüfbaren Nachweis. Das offensichtliche Fehlen dieser Voraussetzung könne auch nicht kompensiert werden.

Der Bevollmächtigte der Klägerin replizierte mit Schriftsatz vom 21. September 2016. Die Beklagte verkenne, dass bei der Klägerin aufgrund ihrer Schwerbehinderung die fachliche Eignung nicht allein am Examensergebnis zu messen sei, sondern anhand der Gesamtschau der beruflichen Qualifikationen der Klägerin. Die Examensnote der Klägerin sei behinderungsbedingt. Aufgrund der bei der Klägerin vorliegenden hypoglykämiebedingten massiven Konzentrations- und Sehstörungen sei sie in den Klausuren und in der mündlichen Prüfung nicht in der Lage gewesen, ihre volle Leistungsfähigkeit abzurufen. Damit sei das Ergebnis der Zweiten Juristischen Staatsprüfung trotz Bestehens weit hinter ihrem tatsächlichen Leistungsvermögen zurückgeblieben. Dass die Klägerin zu erheblich besseren Leistungen im juristischen Berufsfeld in der Lage sei, ergebe sich eindeutig aus den Stations- und Arbeitszeugnissen. Darüber hinaus sei insbesondere der Vortrag der Beklagten schlicht falsch, nur Prädikatsexamina würde die Fähigkeiten aufzeigen, in verschiedenen Rechtsbereichen komplexe Aufgaben lösen zu können. Darüber hinaus sei die Klägerin sowohl im Referendariat als auch während ihrer beruflichen Tätigkeit in den unterschiedlichsten Rechtsgebieten tätig gewesen, sodass dieser Einwand der Beklagten vielmehr für die fachliche Eignung der Klägerin spreche. Darüber hinaus verstoße das alleinige Abstellen auf die Examensnote gegen Art. 33 Abs. 2 GG, die Beklagte hätte zudem auf die Stationsnoten eingehen müssen.

Mit Duplik vom 27. Oktober 2016 führte der Bevollmächtigte der Beklagten aus, das Erstellen eines Anforderungsprofils seitens der einstellenden Behörde liege in deren freien Ermessen. Deshalb könne von einem Ausschluss der Bewerbungsmöglichkeit oder gar von einer heimlichen Besetzung der Stelle im Rechtsamt überhaupt nicht die Rede sein. Für krankheitsbedingte Nachteile werde vom Prüfungsamt ein Nachteilsausgleich gewährt. Eine darüber hinausgehende Sonderbehandlung sei wegen des Gleichheitssatzes nicht zulässig. Tatsächlich sei der Klägerin sogar ein Nachteilsausgleich zugestanden worden. Zudem habe die Beklagte zum Zeitpunkt der Bewerbung keine Kenntnis von diesen Gründen gehabt.

Mit weiterem Schriftsatz vom 21. November 2016 vertiefte der Bevollmächtigte der Klägerin sein Vorbringen. Eine Anforderung „Volljurist mit Prädikat“ stelle gerade keine Angabe einer bestimmten Examensnote dar. Bei vorheriger Nennung der gesundheitlichen Einschränkungen hätte die Gefahr bestanden, dass die Klägerin für gesundheitlich nicht geeignet erachtet und damit benachteiligt würde.

Der Bevollmächtigte der Beklagten (Schriftsatz vom 30. November 2016) und der Bevollmächtigte der Klägerin (Schriftsatz vom 12. Dezember 2016) vertieften jeweils nochmals ihr Vorbringen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten, wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

A. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig.

I.

Insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Die Klägerin begehrt die Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Geld wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot behinderter Menschen im Rahmen ihrer Bewerbung für eine von der Beklagten ausgeschriebene Stelle in der 4. QE. Sachlicher Anknüpfungspunkt ist daher das Stellenbesetzungsverfahren, für das gemäß § 54 Abs. 1 BeamtStG der Verwaltungsrecht Weg eröffnet ist. Diese Rechtswegzuweisung gilt umfassend und erfasst daher auch Schadensersatzansprüche wegen unterbliebener Einstellung (vgl. etwa BVerwG, U.v. 22.02.1996, Az. 2 C 12/94, BVerwGE 100, 280) sowie den vorliegend geltend gemachten Entschädigungsanspruch (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 22.06.2007, Az. 2 F 10596/07, NVwZ 2007, 1099; VGH Mannheim U.v. 4.08.2009, Az. 9 S 3330/08, BeckRS 2009, 37238, beck-online).

II.

Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist auch hinreichend bestimmt. Die Klägerin durfte die Höhe der Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden. Damit wird dem Gericht über deren Höhe ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 40, BT-Drs. 16/1780, S. 38). Steht dem Gericht ein Beurteilungsspielraum zu oder hängt die Bestimmung eines Betrags vom billigen Ermessen des Gerichts ab, ist sogar ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig. Die Klägerin muss lediglich Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angeben (VG Karlsruhe, U.v. 08.02.2013, Az. 8 K 1153/12, m.w.N.; großzügiger: VG Sigmaringen U.v. 15.9.2015, Az. 7 K 4881/13, BeckRS 2016, 44005, beck-online: auch die Größenordnung muss nicht angegeben werden, dies wurde auch vom BAG im U.v. 15.2.2005, Az. 9 AZR 635/03 nicht beanstandet; ebenso: Fabricius in Schlegel/Voelke, jurisPK-SGB IX, § 81 Rn 55). Vorliegend wurde in der mündlichen Verhandlung der Antrag entsprechend konkretisiert.

III.

Der Klägerin fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Insbesondere ist die Klage nicht rechtsmissbräuchlich. Dies könnte der Fall sein, wenn es der Klägerin offensichtlich nicht um eine Anstellung, sondern allein darum ginge, bei unkundigen öffentlichen Stellen Entschädigungen nach § 15 Abs. 2 AGG zu erlangen (auch als „AGG-Hopping“ bezeichnet). Davon kann aber nicht ausgegangen werden. Allein die Vielzahl der von der Klägerin angestrengten Verfahren (insgesamt 6 Klageverfahren) sind dafür kein hinreichendes Indiz (vgl. BVerwG, U.v. 3.3.2011, Az. 5 C 16/10; BAG, U.v. 21.07.2009, Az. 9 AZR 431/08, Rn. 52, juris; VG Freiburg U.v. 10.5.2011, Az. 5 K 989/10, BeckRS 2011, 50896, beck-online). Mit Rücksicht auf die Gewährleistung eines tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutzes vor Benachteiligungen in Beschäftigung und Beruf ist an einen derartigen Anspruchsausschluss ein strenger Maßstab anzulegen. Dass sich eine Bewerberin oder ein Bewerber nach Abschluss der juristischen Ausbildung - wie hier - parallel bei mehreren Dienstherren um die Einstellung in den höheren Dienst bewirbt und zudem im Falle der Erfolglosigkeit der Bewerbungen im Hinblick auf eine jeweils unterlassene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch mehrere Entschädigungsklagen gegen verschiedene öffentliche Arbeitgeber erhebt, reicht für sich allein insoweit nicht aus (BVerwG, U.v. 3.3.2011, Az. 5 C 16/10).

B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Klägerin steht kein Entschädigungsanspruch wegen Benachteiligung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG zu, da dessen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Die Beklagte hat die Klägerin nicht im Sinne von §§ 7 i.V.m. 1 AGG wegen ihrer Behinderung benachteiligt.

Die Klägerin ist im Sinne von § 1 AGG behindert. Der Begriff der Behinderung im Sinne von § 1 AGG entspricht den gesetzlichen Definitionen in § 2 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch (SGB IX) und § 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG). Ausgehend hiervon liegt bei der Klägerin eine Behinderung im Sinne des § 1 AGG vor, weil sie mit einem Grad von 50 schwerbehindert ist (§ 2 Abs. 2 SGB IX).

Die Klägerin wurde durch die Nichteinladung zu einem Vorstellungsgespräch nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligt. Zwar ergibt sich aus § 82 Satz 2 SGB IX die grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten als öffentlichem Arbeitgeber, einen schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Diese vorgesehene Einladung stellt eine gesetzliche Besserstellung dar, die einem Nachteilsausgleich dienen soll (BVerwG, U.v. 3.3.2011, Az. 5 C 16/10, Rn. 19, juris). Einer Einladung bedurfte es bei der Bewerbung der Klägerin jedoch wegen der Ausnahmeregelung des § 82 Satz 3 SGB IX nicht, weil ihr die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle offensichtlich fehlte.

I.

Die notwendige fachliche Eignung für die konkrete Stelle i.S.d. § 82 Satz 3 SGB IX richtet sich nach einem Vergleich zwischen dem Anforderungsprofil der Stelle und dem Leistungsprofil der Klägerin als Bewerberin (vgl. BVerwG, U.v. 3.3.2011, Az. 5 C 16/10, Rn. 20, juris). Mit der konkreten Stellenausschreibung wurde eine wirksame Beschränkung des Bewerberfeldes erreicht.

1. Mit der Anforderung „Prädikat“ hat die Beklagte hinreichend transparent eine bestimmte Examensnote vorausgesetzt. In Bayern ist von diesem Prädikat auch der Notenbereich „befriedigend“ umfasst, wie sich beispielsweise aus dem Bericht des Bayerischen Landesjustizprüfungsamtes für das Jahr 2015 (http: …www.justiz.bayern.de/media/pdf/ljpa/jahresberichte_mit_ statistiken/bericht_2015.pdf) ergibt (vgl. dort S. 4). Unter einer „befriedigenden“ Prüfungsleistung in der Zweiten Juristischen Prüfung ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 JAPO, § 2 Abs. 2 Verordnung über eine Noten- und Punkteskala für die erste und zweite juristische Prüfung, zuletzt geändert durch Art. 209 Abs. 4, G v. 19.4.2006 I 866, eine ohne Auf- und Abrundung auf zwei Dezimalstellen ermittelte Gesamtnote von 6,50 bis 8,99 Punkten zu verstehen.

Soweit im Ländervergleich die Bezeichnung „Prädikat“ uneinheitlich verwendet wird, ergibt sich hieraus nichts anderes, nachdem deutlich ist, dass es um die Einstellung kommunaler Beamter nach Bayerischem Beamtenrecht geht.

Ob und in welchem Umfang ein Anforderungsprofil eine wirksame Einengung des Bewerberfeldes bewirkt, muss grundsätzlich durch eine Auslegung entsprechend § 133 BGB am objektiven Empfängerhorizont der potentiellen Bewerber ermittelt werden (BayVGH, B.v. 15.09.2016, Az. 6 ZB 15.2114 mit Verweis auf BVerwG, B.v. 20.06.2013, Az. 2 VR 1/13). Nachdem die Ausschreibung des Beklagten an Absolventen der Zweiten Juristischen Prüfung gerichtet war, ist nach Auffassung der Kammer nicht von einem erhöhten Erläuterungsbedarf auszugehen: Jedem Absolventen dieser Prüfung ist demnach zumutbar, unter Zugrundelegung der üblichen Auslegungsmethoden zu ermitteln, inwieweit eine Beschränkung erfolgt ist. Durch die Aufführung eines Prädikats in der Zweiten Juristischen Prüfung wurde damit auch keine Missverständlichkeit bewirkt, weil sich nach Auffassung der Kammer für jeden Absolventen dieser Prüfung ergeben muss, dass mit einer Examensnote von 4,50 Punkten diese Anforderung keinesfalls erreicht wird.

2. Eine Einschränkung des Bewerberkreises ist nicht unzulässig, die Beklagte durfte eine bestimmte Examensnote in Form eines Prädikatsexamens voraussetzen. Ein Anforderungsprofil muss jedenfalls diskriminierungsfrei und der zu besetzenden Stelle angemessen sein und eine an dem Prinzip der Bestenauslese entsprechende Auswahl- und Besetzungsentscheidung gewährleisten; bei einem rechtmäßigen Anforderungsprofil werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerberinnen und Bewerber an den aufgestellten Kriterien gemessen, um dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben gerecht zu werden (vgl. BVerwG, U.v. 3.3.2011, Az. 5 C 16/10, Rn. 21, juris). Damit stellt sich nicht - wie von der Klägerin vorgetragen - die Frage, ob nur ein Prädikatsexamen in der Zweiten Juristischen Prüfung die Fähigkeiten aufzeigen würde, in verschiedenen Rechtsbereichen komplexe Aufgaben lösen zu können. Stattdessen kann ausschließlich entscheidend sein, ob die Beklagte sich dazu entschließen durfte, sich für eine solche Anforderung als Minimum zu entscheiden.

a. Die Vorgabe einer Mindestnote in der Zweiten Juristischen Prüfung ist gemessen am Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG zulässig, weil die Prüfungsnote als ausschließlich sachliches Kriterium geeignet ist, die fachliche Eignung zu beurteilen. Insbesondere beim Fehlen vorheriger praktisch erbrachter fachlicher Leistungen bietet diese Note eine diskriminierungsfreie fachliche Eignungsvoraussetzung. Auch wenn mit dem Bestehen der Zweiten Juristischen Prüfung als Abschluss- und Qualifikationsprüfung (§ 57 Abs. 1 JAPO) die Befähigung zum Richteramt erworben wird (§ 5 Abs. 1 DRiG), kann der Dienstherr ein Anforderungsprofil festlegen, welches nicht alle Volljuristen, sondern nur solche ab einer bestimmten Examensnote erfasst (vgl. BVerwG, U.v. 3.3.2011, Az. 5 C 16/10, Rn. 21, juris, das erkennbar von der Möglichkeit der Festlegung von Mindestpunktzahlen oder erforderlichen Examensnoten ausgeht). Die Vorgabe eines Prädikatsexamens wird auch in der Rechtsprechung zum Arbeitsrecht für zulässig erachtet (vgl. Hessisches LAG, U.v. 29.04.2015, Az. 12 Sa 929/13, Rn. 29, juris; LAG Köln, U.v. 23.01.2013, Az. 3 Sa 686/12, Rn. 45, juris; wohl auch BAG, U.v. 13.10.2011, Az. 8 AZR 608/10, Rn. 28, juris; U.v. 21.07.2009, Az. 9 AZR 431/08, Rn. 26, juris; LAG Niedersachsen, U.v. 3.04.2014, Az. 5 Sa 1272/13, Rn. 33 f., juris).

b. Bei der Beurteilung der fachlichen Leistung ist eine Berücksichtigung weiterer Faktoren, insbesondere von positiven Arbeits- und Stationszeugnissen, nicht geboten. Nach Auffassung der Kammer spricht demgegenüber sogar vieles für eine Unvereinbarkeit einer solchen Berücksichtigung mit dem Wettbewerbscharakter der Juristischen Prüfungen (vgl. Art. 94 Abs. 2 Satz 1 BV, §§ 16 Abs. 1 Satz 2, 57 Abs. 2 JAPO). Gerade unter Berücksichtigung erheblicher Notenschwankungen im Bereich der Bewertung praktischer Stationsleistungen im juristischen Vorbereitungsdienst ist auch keine Vergleichbarkeit der erbrachten fachlichen Leistungen gegeben, da dieser Beurteilung bereits regelmäßig kein Leistungswettbewerb zugrunde liegt.

II.

Die Klägerin erfüllt die vom Beklagten aufgestellten Voraussetzungen offensichtlich nicht, weil ihr Examensergebnis offensichtlich und weit die im Anforderungsprofil genannte Grenze unterschritt.

Die Klägerin verfehlte die erforderliche fachliche Mindestanforderung des Prädikats in der Zweiten Juristischen Prüfung offensichtlich, nachdem ihr Ergebnis von 4,50 Punkten dieses Ergebnis um 2 Punkte - und damit erheblich - unterschreitet.

III.

Auch hinsichtlich der übrigen von der Klägerin gerügten und damit für das Gericht zu prüfenden Aspekte (zur Erforderlichkeit der Darlegung von Anknüpfungstatsachen: VG Trier, U.v. 21.07.2015, Az. 1 K 556/15.TR, Rn. 55, juris; vgl. auch Hessisches LSG, U.v. 17.08.2015, Az. L 9 AS 618/14, Rn. 49, juris) erkennt die Kammer keine Diskriminierung wegen einer Behinderung. So ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Klägerin wegen der aus ihrer Sicht „risikobehafteten Gesetzeslage“ nachträglich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat. Vorliegend bestand schon wegen des offensichtlichen Fehlens der fachlichen Eignung (s.o.) keine Einladungsverpflichtung. Die rein überobligatorische Ermöglichung eines Vorstellungsgesprächs, bei dem selbst keine Anhaltspunkte für eine eigenständige Diskriminierung erkennbar sind, ist somit bereits von vornherein nicht geeignet, eine Benachteiligung wegen der Behinderung der Klägerin anzunehmen.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.

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Verwaltungsgericht Trier Urteil, 21. Juli 2015 - 1 K 556/15.TR

bei uns veröffentlicht am 21.07.2015

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 20. Juni 2013 - 2 VR 1/13

bei uns veröffentlicht am 20.06.2013

Gründe I. 1 Die Antragstellerin ist Regierungsdirektorin (Besoldungsgruppe A 15) im Die

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Okt. 2011 - 8 AZR 608/10

bei uns veröffentlicht am 13.10.2011

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. September 2010 - 4 Sa 18/10 - aufgehoben.

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 10. Mai 2011 - 5 K 989/10

bei uns veröffentlicht am 10.05.2011

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand 1 Der Kläger begehrt eine Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).2 Für den im Jahr 1964 geb

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 04. Aug. 2009 - 9 S 3330/08

bei uns veröffentlicht am 04.08.2009

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2008 - 2 K 3727/07 - wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.

Referenzen

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Für alle Klagen der Beamtinnen, Beamten, Ruhestandsbeamtinnen, Ruhestandsbeamten, früheren Beamtinnen, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis sowie für Klagen des Dienstherrn ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(2) Vor allen Klagen ist ein Vorverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen. Dies gilt auch dann, wenn die Maßnahme von der obersten Dienstbehörde getroffen worden ist. Ein Vorverfahren ist nicht erforderlich, wenn ein Landesgesetz dieses ausdrücklich bestimmt.

(3) Den Widerspruchsbescheid erlässt die oberste Dienstbehörde. Sie kann die Entscheidung für Fälle, in denen sie die Maßnahme nicht selbst getroffen hat, durch allgemeine Anordnung auf andere Behörden übertragen. Die Anordnung ist zu veröffentlichen.

(4) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Abordnung oder Versetzung haben keine aufschiebende Wirkung.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2008 - 2 K 3727/07 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Entschädigung wegen behaupteten Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot für Schwerbehinderte im Rahmen ihrer Bewerbung um eine Stelle im Richterdienst des beklagten Landes. Der Rechtsstreit betrifft die Frage, unter welchen Voraussetzungen von einer „offensichtlich“ fehlenden Eignung ausgegangen werden kann, bei der die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch gemäß § 82 Satz 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch vom 19.06.2001 (BGBl. S. 1046 - SGB IX -) entbehrlich ist.
Die Klägerin ist durch Bescheid der Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit R. - vom 29.01.2007 aufgrund einer Verletzung an der rechten Hand einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden. Sie hat die juristischen Staatsprüfungen in Baden-Württemberg abgelegt und jeweils mit der Gesamtnote „befriedigend“ bestanden: Im Ersten Staatsexamen erzielte sie dabei 7,56 Punkte und im Zweiten Staatsexamen 6,78 Punkte. Die mit Schriftsatz vom 22.02.2007 eingereichte Bewerbung um die Einstellung in den höheren Justizdienst des Landes blieb jedoch erfolglos. Zur Begründung teilte der Beklagte mit, auch in Ansehung der Schwerbehindertengleichstellung könne die Bewerbung keine Berücksichtigung finden, weil die Klägerin das Anforderungsprofil für die angestrebte Tätigkeit im höheren Justizdienst nicht erfülle. Dieses sehe deutlich überdurchschnittliche Prüfungsergebnisse in beiden juristischen Staatsprüfungen als Grundanforderung vor, was nach ständiger Verwaltungspraxis im Regelfall zwei jeweils mindestens mit der Note „vollbefriedigend“ abgeschlossene Staatsprüfungen voraussetze. Weil sie diese Eignungshürde nicht überschritten habe und die fachliche Eignung damit offensichtlich fehle, könne die Klägerin auch nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Das Ablehnungsschreiben wurde der Schwerbehindertenvertretung zusammen mit dem Bewerbungsbogen der Klägerin nachrichtlich zur Kenntnisnahme übersandt.
Mit Schriftsatz vom 31.03.2007 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 12.557,10 EUR bis spätestens 16.04.2007 auf. Angesichts der Nichtgewährung eines Vorstellungsgespräches bestehe ein Entschädigungsanspruch aus § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB IX in Höhe von drei Monatsverdiensten. Nach Ablauf dieser Frist hat die Klägerin am 24.04.2007 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, den Beklagten zur Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Entschädigungsleistung nebst Zinsen zu verurteilen. Sowohl die Missachtung der für öffentliche Arbeitgeber normierten Einladungspflicht schwerbehinderter Bewerber als auch die unterlassene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung im Vorfeld der Entscheidung begründe die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne von einer offensichtlichen Nichteignung angesichts der abgelegten juristischen Staatsprüfungen nicht ausgegangen werden. Dies gelte in besonderer Weise für die primär angestrebte Tätigkeit in der Arbeitsgerichtsbarkeit, weil die Klägerin im Arbeitsrecht in allen Prüfungsabschnitten deutlich überdurchschnittliche Ergebnisse erzielt habe (12 Punkte im Ersten Staatsexamen, 11 Punkte im Zweiten Staatsexamen sowie 15 Punkte in der Wahlstation). Im Übrigen hätte sie ohne ihre Erkrankung und die damit verbundenen Schmerzen und Schmerzmitteleinnahmen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine deutlich bessere Note erzielt.
Das beklagte Land hat Klagabweisung beantragt und ausgeführt, die Klage sei mangels Durchführung eines Vorverfahrens bereits unzulässig. Im Übrigen liege eine Diskriminierung der Klägerin nicht vor, weil die zu Ungunsten der Klägerin getroffene Personalentscheidung ausschließlich darauf beruhe, dass die Klägerin die sehr hohen Leistungsanforderungen für eine Einstellung in den höheren Justizdienst des Landes nicht erfülle. Die Behauptung der Klägerin, ohne ihre Erkrankung hätte sie eine deutlich bessere Note im Zweiten Staatsexamen erzielt, sei durch nichts belegt. Tatsächlich habe sie auch im Ersten Staatsexamen und damit vor ihrer Verletzung nur eine unwesentlich bessere Gesamtnote erreicht.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.01.2008 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, trotz Fehlen eines Vorverfahrens erweise sich die Klage gemäß § 75 VwGO als zulässig. Die Klage sei aber unbegründet, weil ein Anspruch auf die begehrte Entschädigungszahlung nicht bestehe. Angesichts des vom Beklagten im Regelfall geforderten Anforderungsprofils der Note „vollbefriedigend“ in beiden Staatsexamen stehe vielmehr fest, dass die Nichteinstellung der Klägerin auf eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung nicht zurückgeführt werden könne.
Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung der Klägerin. Sie beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2008 - 2 K 3727/07 - zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin eine in das Ermessen des Gerichts zu stellende Entschädigungsleistung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 17.04.2007 zu zahlen.
Zur Begründung trägt sie insbesondere vor, eine offensichtlich fehlende Eignung könne schon deshalb nicht angenommen werden, weil die Klägerin die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zum Richteramt erfülle. Damit habe sie gemäß § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen. Bereits mit der Missachtung dieser Verpflichtung realisiere sich ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot. Im Übrigen indiziere das verweigerte Vorstellungsgespräch und die fehlerhafte Mitwirkung der Schwerbehindertenvertretung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Benachteiligung aufgrund der Schwerbehinderung. Den zur Entkräftung dieser Vermutung erforderlichen Vollbeweis der diskriminierungsfreien Bewerberauswahl habe das beklagte Land nicht geführt. Soweit der Beklagte auf den Grundsatz der Bestenauslese verwiesen habe, sei dieser nicht geeignet, die ausdrückliche Privilegierung schwerbehinderter Bewerber nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX auszuhebeln.
Das beklagte Land beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
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Es trägt im Wesentlichen vor, eine Einladung zum Vorstellungsgespräch sei nicht erforderlich gewesen, weil die Klägerin die für die Einstellung in den höheren Justizdienst geforderten Examensnoten deutlich und damit offensichtlich unterschritten habe. Voraussetzung für die begehrte Einstellung sei im Regelfall mindestens die Note „vollbefriedigend“ in beiden Staatsexamina; wo dies aufgrund der Bewerberlage nicht möglich sei, werde das Prädikat „vollbefriedigend“ jedenfalls in einem Examen gefordert. Dementsprechend sei auch im maßgeblichen Einstellungszeitraum 2006/2007 keine einzige Einstellung erfolgt, bei der nicht mindestens ein „vollbefriedigendes“ Examen erzielt worden sei. Vor diesem Hintergrund sei nicht erkennbar, welchen Sinn eine Einladung der Klägerin zum Vorstellungsgespräch gemacht haben könnte, insbesondere weil das Vorstellungsgespräch in erster Linie der Feststellung der persönlichen und nicht der fachlichen Eignung diene.
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Der Beklagte hat auf Anforderung des Gerichts eine anonymisierte Liste der in den Jahren 2006 und 2007 erfolgten Einstellungen in den höheren Justizdienst des Landes vorgelegt, aus der die jeweils erzielten Leistungen in den juristischen Staatsprüfungen ersichtlich sind. Hierauf sowie auf die beigezogenen Behördenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und des erkennenden Senats wird hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und ordnungsgemäß erhobene Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Zwar trägt die Berufung auf das geforderte Anforderungsprofil die Einschätzung einer „offensichtlich“ fehlenden fachlichen Eignung nicht. Dem Beklagten ist aber der Nachweis gelungen, dass die Nichteinstellung der Klägerin nicht auf einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot schwerbehinderter Menschen beruht.
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1. Die von der Klägerin erhobene Klage ist zulässig.
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Die Klägerin begehrt die Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Geld wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot behinderter Menschen im Rahmen ihrer Bewerbung für eine Stelle im höheren Justizdienst des beklagten Landes. Sachlicher Anknüpfungspunkt ist daher das Stellenbesetzungsverfahren, für das gemäß § 71 Abs. 3 DRiG i.V.m. § 126 Abs. 1 BRRG (jetzt § 54 Abs. 1 BeamtStG) der Verwaltungsrechtweg gegeben war. Diese Rechtswegzuweisung gilt umfassend und erfasst daher auch Schadensersatzansprüche wegen unterbliebener Einstellung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 22.02.1996 - 2 C 12/94 -, BVerwGE 100, 280) sowie den vorliegend geltend gemachten Entschädigungsanspruch (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.06.2007 - 2 F 10596/07 -, NVwZ 2007, 1099). Unabhängig hiervon findet gemäß § 17a Abs. 5 GVG im Rahmen des Berufungsverfahrens eine Prüfung des beschrittenen Rechtsweges auch nicht statt.
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Statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage, weil das Entschädigungsbegehren eine vorherige Behördenentscheidung gerade in der Form des Verwaltungsakts nicht voraussetzt. Gemäß § 71 Abs. 3 DRiG i.V.m. § 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG (jetzt § 54 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG) bedarf es indes nicht nur für Anfechtungs- und Verpflichtungsstreitverfahren, sondern bei sämtlichen auf ein Beamtenverhältnis bezogenen Klagen der Durchführung eines Vorverfahrens nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.06.2001 - 2 C 48/00 -, BVerwGE 114, 350), das die Klägerin vorliegend nicht beschritten hat. Ob diese Anforderung auch auf den Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14.08.2006 (BGBl. I S. 1897 - AGG -) erstreckt werden kann, erscheint aber fraglich. Denn das die besondere Verfahrensanordnung in § 126 Abs. 3 BRRG tragende Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn liegt hier gerade nicht vor. Die Frage kann im Ergebnis aber offen bleiben, weil die Klage auch bei unterstellter Anwendbarkeit des 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG als Untätigkeitsklage zulässig ist. Zwar lagen die in § 75 VwGO benannten Voraussetzungen im Zeitpunkt der Klageerhebung vom 24.04.2007 nicht vor: Seit dem Zugang ihres Antrags auf Zahlung einer Entschädigung vom 31.03.2007 waren die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehenen drei Monate offenkundig nicht verstrichen. Die damit zunächst unzulässig erhobene Klage ist indes durch den bis zum Erlass des Sachurteils eingetretenen Zeitablauf zulässig geworden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1994 - 5 C 24/92 -, BVerwGE 95, 149).
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Auch das Fehlen eines bezifferten Geldbetrages steht der Zulässigkeit nicht entgegen, denn die Anspruchsgrundlage aus § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 15 Abs. 2 AGG sieht eine „angemessene“ Entschädigung in Geld vor und macht die Bestimmung des festzusetzenden Betrages damit vom billigen Ermessen des erkennenden Gerichts abhängig. Mit der Bezugnahme auf die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG benannte Obergrenze von drei Monatsgehältern hat die Klägerin - die ihr Einstellungsbegehren nicht weiter verfolgt - auch deutlich gemacht, dass sie nur diesen limitierten Entschädigungsanspruch geltend macht (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 21.09.2005 - 9 S 1357/05 -, NJW 2006, 538) und die Tatsachengrundlage für die Höhenbestimmung des Gerichts benannt. Der Klagantrag ist daher auch ohne ausdrückliche Bezifferung hinreichend bestimmt (vgl. BAG, Urteil vom 15.02.2005 - 9 AZR 635/03 -, BAGE 113, 361).
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2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht der innerhalb der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung schwerbehinderter Menschen nicht zu.
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Nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX i.V.m. §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 1 AGG dürfen schwerbehinderte Menschen - ebenso wie diesen von Rechts wegen Gleichgestellte - nicht wegen ihrer Behinderung bei einer Einstellung benachteiligt werden (vgl. dazu auch Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG). Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot kann der schwerbehinderte Bewerber nach § 15 Abs. 2 AGG eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, die gemäß Satz 2 der Vorschrift drei Monatsgehälter nicht übersteigen darf, wenn er auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Die Voraussetzungen dieses von der Klägerin geltend gemachten limitierten Entschädigungsanspruches liegen jedoch nicht vor. Denn die - für die Klägerin negative - Auswahlentscheidung des Beklagten erfolgte nicht wegen ihrer Behinderung.
20 
a) Allerdings erscheint zweifelhaft, ob der Beklagte, der als „öffentlicher Arbeitgeber“ den Bindungen des § 82 SGB IX unterliegt, davon absehen durfte, die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Denn eine Einladung ist gemäß § 82 Satz 3 SGB IX nur entbehrlich, „wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt“.
21 
Die Entscheidung über die von der Klägerin begehrte Einstellung in den Richterdienst des beklagten Landes als Richterin auf Probe (vgl. § 12 Abs. 1 DRiG) ist gemäß § 8 LRiG i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 LBG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen (vgl. § 7 BRRG, jetzt § 9 BeamtStG). Diese Kriterien sind durch den verfassungskräftigen Grundsatz der Bestenauslese in Art. 33 Abs. 2 GG abschließend und vorbehaltlos vorgegeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.10.2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. -, NVwZ 2008, 69). Damit sind zwar die Auswahlkriterien zwingend bestimmt, nicht geregelt ist indes, auf welchen Bezugspunkt diese Maßstäbe zu beziehen sind.
22 
Diese Aufgabe kommt dem „Anforderungsprofil“ zu, das als Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv die Kriterien bestimmt, die der künftige Inhaber erfüllen muss (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.06.2005 - 4 S 838/05 -, NVwZ-RR 2006, 185).
23 
Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet grundsätzlich der Dienstherr nach seinen organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Erst aus diesem Zuschnitt des zu vergebenden Amtes oder Dienstpostens werden daher die Anforderungen bestimmt, an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind. Mit der Bestimmung eines „Anforderungsprofils“ für die zu vergebende Stelle legt der Dienstherr daher gleichzeitig die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest, an ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.10.2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. -; NVwZ 2008, 69; BVerwG, Urteil vom 16.08.2001 - 2 A 3/00 -, BVerwGE 115, 58).
24 
Die Nichteinhaltung der mit dem Anforderungsprofil vorgegebenen Kriterien ist daher - wie vom Beklagten vorgetragen - grundsätzlich geeignet, die offensichtlich fehlende Eignung eines Bewerbers zu begründen. Dementsprechend hat es das Bundesverwaltungsgericht auch gebilligt, dass über die Eignung der Bewerber in einem „gestuften Auswahlverfahren“ befunden wird, bei dem zunächst diejenigen Bewerber unberücksichtigt bleiben, die dem Anforderungsprofil von vornherein nicht genügen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.04.2006 - 2 VR 2/05 -). Leistungsbezogene Mindestvoraussetzungen sind dabei grundsätzlich auch nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.09.2007 - 2 BvR 1972/07 -, ZBR 2008, 167).
25 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin dem Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle von vornherein nicht entspricht. Denn dieses enthält die Festlegung auf (regelmäßig) zwei mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ abgelegte Staatsprüfungen nicht.
26 
Das maßgebliche Anforderungsprofil für die von der Klägerin begehrte Einstellung in den höheren Justizdienst des Landes ergibt sich - auch nach Auffassung des Beklagten - aus Anlage 3 zur Beurteilungsrichtlinie für Richter und Staatsanwälte vom 16.04.2002 (Amtsblatt „Die Justiz“ S. 209). Dort werden die persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften, „die ein Stelleninhaber im Idealfall mitbringen soll“, konkretisiert und festgelegt (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.2007 - 4 S 1163/07 -). Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin dem so festgelegten Anforderungsprofil von vornherein nicht genügt, liegen indes nicht vor. Denn eine Festlegung auf ein bestimmtes Ergebnis in den juristischen Staatsprüfungen findet sich dort nicht. Erforderlich sind hinsichtlich der mit den Staatsprüfungen nachgewiesenen Fachkompetenz lediglich „umfassende Rechtskenntnisse“. Diese werden jedoch grundsätzlich auch mit den von der Klägerin mit der Gesamtnote „befriedigend“ abgelegten Staatsexamina belegt. Denn nach § 5 Abs. 1 DRiG ist Voraussetzung für den Nachweis der fachlichen Eignung nur der erfolgreiche Abschluss der Ersten und Zweiten juristischen Staatsprüfung.
27 
Die Richtigkeit dieser Einschätzung ergibt sich auch aus der reziproken Kontrollerwägung: denn träfe die Auffassung des Beklagten zu, wäre er daran gehindert, Bewerber, die nicht das geforderte Prädikat erzielt haben, in den höheren Justizdienst einzustellen. An das von ihm entwickelte Anforderungsprofil und die darin liegende vorentscheidende Gestaltung der Auswahlkriterien ist der Dienstherr im laufenden Auswahlverfahren gebunden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.02.2007 - 2 BvR 2494/06 -, NVwZ 2007, 693; BVerwG, Beschluss vom 25.04.2007 - 1 WB 31/06 -, BVerwGE 128, 329; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.2007 - 4 S 1163/07 -). Grundsätzlich kann daher für die Stellenbesetzung nur ein Bewerber zum Zuge kommen, der alle Kriterien des Anforderungsprofils erfüllt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.08.2005 - 2 B 6/05 -; OVG Bremen, Beschluss vom 28.01.2009 - 2 B 479/08 -, NordÖR 2009, 213). Erst wenn mehrere Bewerber allen Kriterien eines Anforderungsprofils gerecht werden, bleibt Raum für eine bewertende Abstufung der jeweiligen Qualifikation. Handelte es sich bei der vom Beklagten vorgetragenen Notenstufe daher um ein zwingend vorgegebenes Kriterium des Anforderungsprofils, so wären Bewerber, die diesem Maßstab nicht genügen, für die zu vergebende Stelle nicht geeignet. Diese Folge zieht indes auch das beklagte Land selbst nicht: ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten für die Jahre 2006 und 2007 haben vielmehr 44 der 191 übernommenen Bewerber die benannte Vorgabe nicht erfüllt. Angesichts einer tatsächlichen Abweichungsquote von über 23 % vom vorgetragenen Auswahlkriterium zweier mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ abgelegter Staatsexamina kann aber offenkundig nicht von dem zwingend vorgegebenen Merkmal eines Anforderungsprofils ausgegangen werden.
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b) Fraglich erscheint auch, ob im Hinblick auf die tatsächliche Einstellungspraxis von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch abgesehen werden konnte.
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Denn die für eine Einstellung in der Praxis erforderlichen Punktzahlen stehen in Abhängigkeit von dem konkreten Bewerberfeld und lassen sich daher jeweils erst im Nachhinein bestimmen. Dementsprechend weist der Beklagte in seiner Werbebroschüre „Qualifizierte Juristinnen und Juristen gesucht!“ darauf hin: „Da sich die Einstellungsvoraussetzungen aber kurzfristig ändern können, raten wir ihnen ab einer Punktzahl von mindestens 8,0 Punkten in jedem der beiden Examina zur Bewerbung“. Ein striktes Anforderungsprofil, das jedenfalls in der Einstellungspraxis nicht unterschritten werden würde, liegt im Übrigen auch insoweit nicht vor: Immerhin fünf der in den Jahren 2006 und 2007 erfolgten Einstellungen wiesen in einer Staatsprüfung weniger als acht Punkte auf und unterschritten damit auch die in der benannten Werbebroschüre benannten Grenzen.
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Tatsächlich eingehalten worden ist im maßgeblichen Zeitraum ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten indes das Kriterium, dass mindestens eine der Staatsprüfungen mit der Note „vollbefriedigend“ abgelegt wurde. Diese Anforderung ist aber weder Bestandteil des normativ festgelegten Anforderungsprofils noch entspricht sie den offiziellen Verlautbarungen des Beklagten. In der bereits benannten Werbebroschüre wird vielmehr bereits ab einer Punktzahl von mindestens 8,0 Punkten in jedem der beiden Examina zur Bewerbung geraten; die zwingende Anforderung jedenfalls eines „vollbefriedigenden“ Abschlusses wird damit gerade nicht aufgestellt.
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Angesichts des Fehlens vorhersehbarer und in der tatsächlichen Verwaltungspraxis strikt geübter Kriterien kann damit nicht davon ausgegangen werden, dass ein Bewerber, der nicht in beiden Staatsprüfungen mindestens das Prädikat „vollbefriedigend“ erreicht hat, von vornherein keine Aussicht auf eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren gehabt hätte (a.A. offenbar OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.05.2008 - 2 A 10197/08 -; VG München, Urteil vom 12.03.2008 - M 18 K 07.1587 -). Denn die zwingende Mindestvorgabe für ein Auswahlverfahren muss verbindlich, nachvollziehbar dokumentiert und für die Bewerber erkennbar festgelegt sein (vgl. dazu auch BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Unzulässig und mit dem Bewerbungsverfahrensanspruch potenzieller Bewerber nicht vereinbar ist es dagegen, die Auswahlkriterien nachträglich dergestalt zu ändern, dass sich der Bewerberkreis erweitern würde, ohne dass mögliche Interessenten hiervon Kenntnis erhielten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.02.2007 - 2 BvR 2494/ 06 -, NVwZ 2007, 693).
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Dieses Ergebnis wird durch den Schutzzweck der öffentlichen Arbeitgebern in § 82 Satz 2 SGB IX auferlegten Verpflichtung der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bestätigt. Denn mit dem Anspruch auf Einladung zu einem Vorstellungsgespräch hat der Gesetzgeber den schwerbehinderten Bewerber im Auswahlverfahren bewusst besser gestellt als den nicht behinderten Konkurrenten, um ihm durch sein persönliches Auftreten die Gelegenheit zu geben, seine spezielle Befähigung für die ausgeschriebene Stelle unter Beweis zu stellen und den Arbeitgeber trotz anfänglicher Zweifel von der bestehenden Eignung im mündlichen Gespräch zu überzeugen (vgl. Neumann/Pahlen/ Majerski-Pahlen, Sozialgesetzbuch IX, 11. Aufl. 2005, § 82 Rdnr. 5; VG München, Urteil vom 12.03.2008 - M 18 K 07.1587 -). Nach der gesetzlichen Intention muss der öffentliche Arbeitgeber den schwerbehinderten Bewerber demnach selbst dann einladen und ihm ein Vorstellungsgespräch gewähren, wenn er sich aufgrund einer anhand der Bewerbungsunterlagen getroffenen Vorauswahl bereits die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Konkurrent nicht mehr in die nähere Auswahl einbezogen werden sollte (so BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Diese Pflicht besteht gemäß § 82 Satz 3 SGB IX nur dann nicht, wenn dem schwerbehinderten Menschen bereits die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, er also „ganz augenscheinlich“ für die ausgeschriebene Stelle nicht in Betracht kommen kann (vgl. LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 08.11.2005 - 5 Sa 277/05 -).
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Eine zu großzügige Handhabung des Merkmals offensichtlicher Nichteignung würde das gesetzgeberische Anliegen, die Chancen schwerbehinderter Bewerber im Verfahren zu verbessern, aber vereiteln. Dabei wird nicht verkannt, dass ein nur „formales“ Einstellungsgespräch zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben ohne ernsthafte Einstellungschancen durchaus demotivierende Wirkungen für den schwerbehinderten Arbeitssuchenden entfalten kann. Die Entscheidung über Sinn und Zweckmäßigkeit entsprechender Verfahrensvorkehrungen obliegt indes dem hierfür zuständigen Sachgesetzgeber.
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c) Mit der Tatsache, dass der Beklagte die Klägerin nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat, obwohl ihr die fachliche Eignung für die angestrebte Einstellung nicht offensichtlich fehlt, sind damit Indizien dargelegt, die eine Benachteiligung wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft vermuten lassen. Um der Annahme eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot zu entgehen, muss der Beklagte daher gemäß § 22 AMG den Beweis erbringen, dass ausschließlich sachliche, nicht auf die Behinderung bezogene Gründe maßgeblich für die Auswahlentscheidung waren (vgl. BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Diesen Beweis hat der Beklagte vorliegend erbracht.
35 
Ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten für die Jahre 2006 und 2007 betrug die schlechteste Note in der laufbahnbefähigenden Zweiten Staatsprüfung, die noch für eine Einstellung berücksichtigt werden konnte, 8,21 Punkte. Von diesem „Grenzrang“ liegen die von der Klägerin erzielten 6,78 Punkte im Zweiten Staatsexamen deutlich entfernt. Auch bei Berücksichtigung der Ergebnisse im Ersten Staatsexamen ergibt sich keine andere Beurteilung. Zwar lag hier die niedrigste noch zur Einstellung führende Punktzahl bei 7,53 und damit sogar geringfügig schlechter als die von der Klägerin erzielten 7,56 Punkte. In diesem Falle waren im Zweiten Staatsexamen jedoch 10,14 Punkte erzielt worden, sodass auch hier die Einschätzung einer insgesamt deutlich höheren Eignung gerechtfertigt ist. Gleiches gilt für die vier weiteren Fälle, in denen die im Ersten Staatsexamen erzielte Punktzahl unter acht Punkten betrug, denn insoweit waren in der Zweiten juristischen Staatsprüfung jeweils mindestens neun Punkte erreicht worden. Tatsächlich ist zum fraglichen Einstellungszeitpunkt daher kein Bewerber berücksichtigt worden, der nicht mindestens in einer Staatsprüfung die Gesamtnote „vollbefriedigend“ erzielt hatte. Es kann daher mit Sicherheit festgestellt werden, dass ein nicht behinderter Bewerber mit vergleichbaren Examensnoten wie die Klägerin mit einer Bewerbung nicht zum Zuge gekommen wäre. Die Nichteinstellung der Klägerin beruht daher ausschließlich auf der Tatsache, dass die von ihr erzielten Examensnoten den Anforderungen des Beklagten zum fraglichen Einstellungstermin nicht genügten. Eine - gegebenenfalls auch nur anteilige - Benachteiligung wegen ihrer Behinderung scheidet damit aus.
36 
Die maßgebliche Bezugnahme auf die in den juristischen Staatsprüfungen erzielten Ergebnisse entspricht auch den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG und ist nicht zu beanstanden. Da bei einem Berufsanfänger fachliche Leistungen im engeren Sinne noch nicht vorliegen können, ist es zulässig und regelmäßig auch geboten, die Eignungsbeurteilung auf die Leistungen zu stützen, die der Bewerber im Rahmen seiner Ausbildung erbracht hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.02.2006 - 2 PKH 3/05 -). Den in den juristischen Staatsprüfungen abgelegten Befähigungsnachweisen kommt daher für die Einstellung in den Justizdienst ausschlaggebende Bedeutung zu.
37 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Behinderung der Klägerin. Vielmehr schreibt Art. 33 Abs. 2 GG den Bestenauslesegrundsatz im Interesse der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes verfassungsunmittelbar und zwingend vor. Diese Vorgabe kann auch nicht im Hinblick auf die Förderung schwerbehinderter Menschen durchbrochen werden (vgl. nunmehr ausdrücklich § 9 BeamtStG); eine derartig weitreichende Förderung schwerbehinderter Menschen sieht das geltende Recht nicht vor. Soweit die Klägerin insoweit vorträgt, ihre Beeinträchtigung sei im Rahmen der Zweiten juristischen Staatsprüfung trotz einer Verlängerung der Bearbeitungszeit um 30 Minuten pro Klausur und der gewährten Verwendung einer Spracherkennungssoftware nicht hinreichend beachtet worden, kann sie hiermit im vorliegenden Verfahren nicht gehört werden. Denn die Frage ob und gegebenenfalls welche Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der schriftlichen Prüfung zur Kompensation einer Behinderung gewährt werden, ist gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 13 Abs. 7 JAPrO ein eigenständiges und isoliert rechtsschutzfähiges Verfahren. Erachtete die Klägerin die ihr gewährten Prüfungserleichterungen daher als nicht ausreichend, so hätte sie die hierfür gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten beschreiten müssen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 26.08.1993 - 9 S 2023/93 -, NVwZ 1994, 598).
38 
Der Beklagte hat damit zwar gegen die ihm in § 82 Satz 2 SGB IX auferlegte Pflicht, die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, verstoßen. Er hat jedoch im Berufungsverfahren die damit begründete Vermutung der Benachteiligung im Bewerbungsverfahren aufgrund der Behinderung entkräftet und vollen Beweis dafür erbracht, dass die Nichteinstellung der Klägerin ausschließlich auf sachlichen Erwägungen beruhte. Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG liegen damit nicht vor.
39 
Angesichts dieses Nachweises kommt es auf die Frage, ob die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung vorliegend rechtzeitig erfolgt ist, nicht mehr an.
40 
d) Die Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 82 Satz 2 SGB IX allein löst keinen Entschädigungsanspruch aus.
41 
Zwar kann möglicherweise auch in dem Unterlassen angemessener Vorkehrungen zugunsten behinderter Menschen eine eigenständige Form der Benachteiligung gesehen werden, denn die Verfahrensvorschriften zur Förderung schwerbehinderter Menschen dienen gerade dem Ausgleich bestehender Nachteile. An die Verletzung dieser Verfahrensvorschrift knüpft § 15 Abs. 2 AGG indes die Zahlung der Entschädigungsleistung nicht an.
42 
Diese Rechtslage war unter Geltung des § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX a.F. geklärt (vgl. Senatsbeschluss vom 21.09.2005 - 9 S 1357/05 -, NJW 2006, 538). Denn Bezugspunkt der Entschädigungsregelung war hier ausdrücklich die in Nr. 1 geregelte Begründung des Beschäftigungsverhältnisses. Dementsprechend war Anknüpfungspunkt der in § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB IX a.F. vorgenommenen Differenzierung des limitierten Entschädigungsanspruches ebenfalls die Frage, ob der Bewerber im Falle benachteiligungsfreier Auswahl eingestellt worden wäre. Die Entschädigungsregelung enthielt damit zwar insoweit eine Erleichterung, als es auf die Kausalität der Benachteiligung für die unterbliebene Einstellung nur hinsichtlich der Höhe der Entschädigungszahlung ankam und eine Reduzierung des Auswahlermessens auf Null daher nicht nachgewiesen werden musste (vgl. BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262; LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 08.11.2005 - 5 Sa 277/05 -). Diese Erweiterung bedeutete jedoch nicht, dass bereits ein Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift tatbestandsbegründend für die Entschädigungszahlung gewesen wäre. Vielmehr blieb dem öffentlichen Arbeitgeber die Möglichkeit, die Indizwirkung der unterbliebenen Einladung zum Vorstellungsgespräch zu entkräften und den Nachweis zu führen, dass die Nichteinstellung des schwerbehinderten Menschen ausschließlich aus sachlichen Gründen erfolgte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.02.2008 - 5 B 209/07 -, Buchholz 436.61 § 81 SGB IX Nr. 1).
43 
An dieser Rechtslage hat die Überführung des Entschädigungsanspruchs aus § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX a.F. in § 15 Abs. 2 AGG nichts geändert (vgl. Bay.VGH, Beschluss v. 20.10.2008 - 3 ZB 07.2179 -; BAG, Urteil vom 03.04.2007 - 9 AZR 823/06 -, BAGE 122, 54; LAG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.2008 - 4 Sa 1077/07 -). Bezugspunkt der Entschädigungszahlung bleibt auch insoweit der in § 15 Abs. 1 AGG benannte Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot, der sich ausweislich der Bestimmung des Anwendungsbereichs in § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG auf den Berufszugang bezieht.
44 
Allein der Verstoß gegen die Verpflichtung zur Durchführung eines Vorstellungsgesprächs löst den Entschädigungsanspruch damit nicht aus; diese Rechtsfolge ergibt sich nach dem gesetzlichen Regelungsgefüge vielmehr erst dann, wenn die durch den Verstoß begründete Indizwirkung einer Benachteiligung nicht entkräftet werden kann.
45 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO in Angelegenheiten der Schwerbehindertenfürsorge nicht erhoben.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.

Gründe

 
13 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und ordnungsgemäß erhobene Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Zwar trägt die Berufung auf das geforderte Anforderungsprofil die Einschätzung einer „offensichtlich“ fehlenden fachlichen Eignung nicht. Dem Beklagten ist aber der Nachweis gelungen, dass die Nichteinstellung der Klägerin nicht auf einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot schwerbehinderter Menschen beruht.
14 
1. Die von der Klägerin erhobene Klage ist zulässig.
15 
Die Klägerin begehrt die Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Geld wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot behinderter Menschen im Rahmen ihrer Bewerbung für eine Stelle im höheren Justizdienst des beklagten Landes. Sachlicher Anknüpfungspunkt ist daher das Stellenbesetzungsverfahren, für das gemäß § 71 Abs. 3 DRiG i.V.m. § 126 Abs. 1 BRRG (jetzt § 54 Abs. 1 BeamtStG) der Verwaltungsrechtweg gegeben war. Diese Rechtswegzuweisung gilt umfassend und erfasst daher auch Schadensersatzansprüche wegen unterbliebener Einstellung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 22.02.1996 - 2 C 12/94 -, BVerwGE 100, 280) sowie den vorliegend geltend gemachten Entschädigungsanspruch (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.06.2007 - 2 F 10596/07 -, NVwZ 2007, 1099). Unabhängig hiervon findet gemäß § 17a Abs. 5 GVG im Rahmen des Berufungsverfahrens eine Prüfung des beschrittenen Rechtsweges auch nicht statt.
16 
Statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage, weil das Entschädigungsbegehren eine vorherige Behördenentscheidung gerade in der Form des Verwaltungsakts nicht voraussetzt. Gemäß § 71 Abs. 3 DRiG i.V.m. § 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG (jetzt § 54 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG) bedarf es indes nicht nur für Anfechtungs- und Verpflichtungsstreitverfahren, sondern bei sämtlichen auf ein Beamtenverhältnis bezogenen Klagen der Durchführung eines Vorverfahrens nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.06.2001 - 2 C 48/00 -, BVerwGE 114, 350), das die Klägerin vorliegend nicht beschritten hat. Ob diese Anforderung auch auf den Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14.08.2006 (BGBl. I S. 1897 - AGG -) erstreckt werden kann, erscheint aber fraglich. Denn das die besondere Verfahrensanordnung in § 126 Abs. 3 BRRG tragende Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn liegt hier gerade nicht vor. Die Frage kann im Ergebnis aber offen bleiben, weil die Klage auch bei unterstellter Anwendbarkeit des 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG als Untätigkeitsklage zulässig ist. Zwar lagen die in § 75 VwGO benannten Voraussetzungen im Zeitpunkt der Klageerhebung vom 24.04.2007 nicht vor: Seit dem Zugang ihres Antrags auf Zahlung einer Entschädigung vom 31.03.2007 waren die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehenen drei Monate offenkundig nicht verstrichen. Die damit zunächst unzulässig erhobene Klage ist indes durch den bis zum Erlass des Sachurteils eingetretenen Zeitablauf zulässig geworden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1994 - 5 C 24/92 -, BVerwGE 95, 149).
17 
Auch das Fehlen eines bezifferten Geldbetrages steht der Zulässigkeit nicht entgegen, denn die Anspruchsgrundlage aus § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 15 Abs. 2 AGG sieht eine „angemessene“ Entschädigung in Geld vor und macht die Bestimmung des festzusetzenden Betrages damit vom billigen Ermessen des erkennenden Gerichts abhängig. Mit der Bezugnahme auf die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG benannte Obergrenze von drei Monatsgehältern hat die Klägerin - die ihr Einstellungsbegehren nicht weiter verfolgt - auch deutlich gemacht, dass sie nur diesen limitierten Entschädigungsanspruch geltend macht (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 21.09.2005 - 9 S 1357/05 -, NJW 2006, 538) und die Tatsachengrundlage für die Höhenbestimmung des Gerichts benannt. Der Klagantrag ist daher auch ohne ausdrückliche Bezifferung hinreichend bestimmt (vgl. BAG, Urteil vom 15.02.2005 - 9 AZR 635/03 -, BAGE 113, 361).
18 
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht der innerhalb der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung schwerbehinderter Menschen nicht zu.
19 
Nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX i.V.m. §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 1 AGG dürfen schwerbehinderte Menschen - ebenso wie diesen von Rechts wegen Gleichgestellte - nicht wegen ihrer Behinderung bei einer Einstellung benachteiligt werden (vgl. dazu auch Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG). Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot kann der schwerbehinderte Bewerber nach § 15 Abs. 2 AGG eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, die gemäß Satz 2 der Vorschrift drei Monatsgehälter nicht übersteigen darf, wenn er auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Die Voraussetzungen dieses von der Klägerin geltend gemachten limitierten Entschädigungsanspruches liegen jedoch nicht vor. Denn die - für die Klägerin negative - Auswahlentscheidung des Beklagten erfolgte nicht wegen ihrer Behinderung.
20 
a) Allerdings erscheint zweifelhaft, ob der Beklagte, der als „öffentlicher Arbeitgeber“ den Bindungen des § 82 SGB IX unterliegt, davon absehen durfte, die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Denn eine Einladung ist gemäß § 82 Satz 3 SGB IX nur entbehrlich, „wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt“.
21 
Die Entscheidung über die von der Klägerin begehrte Einstellung in den Richterdienst des beklagten Landes als Richterin auf Probe (vgl. § 12 Abs. 1 DRiG) ist gemäß § 8 LRiG i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 LBG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen (vgl. § 7 BRRG, jetzt § 9 BeamtStG). Diese Kriterien sind durch den verfassungskräftigen Grundsatz der Bestenauslese in Art. 33 Abs. 2 GG abschließend und vorbehaltlos vorgegeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.10.2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. -, NVwZ 2008, 69). Damit sind zwar die Auswahlkriterien zwingend bestimmt, nicht geregelt ist indes, auf welchen Bezugspunkt diese Maßstäbe zu beziehen sind.
22 
Diese Aufgabe kommt dem „Anforderungsprofil“ zu, das als Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv die Kriterien bestimmt, die der künftige Inhaber erfüllen muss (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.06.2005 - 4 S 838/05 -, NVwZ-RR 2006, 185).
23 
Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet grundsätzlich der Dienstherr nach seinen organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Erst aus diesem Zuschnitt des zu vergebenden Amtes oder Dienstpostens werden daher die Anforderungen bestimmt, an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind. Mit der Bestimmung eines „Anforderungsprofils“ für die zu vergebende Stelle legt der Dienstherr daher gleichzeitig die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest, an ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.10.2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. -; NVwZ 2008, 69; BVerwG, Urteil vom 16.08.2001 - 2 A 3/00 -, BVerwGE 115, 58).
24 
Die Nichteinhaltung der mit dem Anforderungsprofil vorgegebenen Kriterien ist daher - wie vom Beklagten vorgetragen - grundsätzlich geeignet, die offensichtlich fehlende Eignung eines Bewerbers zu begründen. Dementsprechend hat es das Bundesverwaltungsgericht auch gebilligt, dass über die Eignung der Bewerber in einem „gestuften Auswahlverfahren“ befunden wird, bei dem zunächst diejenigen Bewerber unberücksichtigt bleiben, die dem Anforderungsprofil von vornherein nicht genügen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.04.2006 - 2 VR 2/05 -). Leistungsbezogene Mindestvoraussetzungen sind dabei grundsätzlich auch nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.09.2007 - 2 BvR 1972/07 -, ZBR 2008, 167).
25 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin dem Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle von vornherein nicht entspricht. Denn dieses enthält die Festlegung auf (regelmäßig) zwei mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ abgelegte Staatsprüfungen nicht.
26 
Das maßgebliche Anforderungsprofil für die von der Klägerin begehrte Einstellung in den höheren Justizdienst des Landes ergibt sich - auch nach Auffassung des Beklagten - aus Anlage 3 zur Beurteilungsrichtlinie für Richter und Staatsanwälte vom 16.04.2002 (Amtsblatt „Die Justiz“ S. 209). Dort werden die persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften, „die ein Stelleninhaber im Idealfall mitbringen soll“, konkretisiert und festgelegt (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.2007 - 4 S 1163/07 -). Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin dem so festgelegten Anforderungsprofil von vornherein nicht genügt, liegen indes nicht vor. Denn eine Festlegung auf ein bestimmtes Ergebnis in den juristischen Staatsprüfungen findet sich dort nicht. Erforderlich sind hinsichtlich der mit den Staatsprüfungen nachgewiesenen Fachkompetenz lediglich „umfassende Rechtskenntnisse“. Diese werden jedoch grundsätzlich auch mit den von der Klägerin mit der Gesamtnote „befriedigend“ abgelegten Staatsexamina belegt. Denn nach § 5 Abs. 1 DRiG ist Voraussetzung für den Nachweis der fachlichen Eignung nur der erfolgreiche Abschluss der Ersten und Zweiten juristischen Staatsprüfung.
27 
Die Richtigkeit dieser Einschätzung ergibt sich auch aus der reziproken Kontrollerwägung: denn träfe die Auffassung des Beklagten zu, wäre er daran gehindert, Bewerber, die nicht das geforderte Prädikat erzielt haben, in den höheren Justizdienst einzustellen. An das von ihm entwickelte Anforderungsprofil und die darin liegende vorentscheidende Gestaltung der Auswahlkriterien ist der Dienstherr im laufenden Auswahlverfahren gebunden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.02.2007 - 2 BvR 2494/06 -, NVwZ 2007, 693; BVerwG, Beschluss vom 25.04.2007 - 1 WB 31/06 -, BVerwGE 128, 329; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.2007 - 4 S 1163/07 -). Grundsätzlich kann daher für die Stellenbesetzung nur ein Bewerber zum Zuge kommen, der alle Kriterien des Anforderungsprofils erfüllt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.08.2005 - 2 B 6/05 -; OVG Bremen, Beschluss vom 28.01.2009 - 2 B 479/08 -, NordÖR 2009, 213). Erst wenn mehrere Bewerber allen Kriterien eines Anforderungsprofils gerecht werden, bleibt Raum für eine bewertende Abstufung der jeweiligen Qualifikation. Handelte es sich bei der vom Beklagten vorgetragenen Notenstufe daher um ein zwingend vorgegebenes Kriterium des Anforderungsprofils, so wären Bewerber, die diesem Maßstab nicht genügen, für die zu vergebende Stelle nicht geeignet. Diese Folge zieht indes auch das beklagte Land selbst nicht: ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten für die Jahre 2006 und 2007 haben vielmehr 44 der 191 übernommenen Bewerber die benannte Vorgabe nicht erfüllt. Angesichts einer tatsächlichen Abweichungsquote von über 23 % vom vorgetragenen Auswahlkriterium zweier mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ abgelegter Staatsexamina kann aber offenkundig nicht von dem zwingend vorgegebenen Merkmal eines Anforderungsprofils ausgegangen werden.
28 
b) Fraglich erscheint auch, ob im Hinblick auf die tatsächliche Einstellungspraxis von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch abgesehen werden konnte.
29 
Denn die für eine Einstellung in der Praxis erforderlichen Punktzahlen stehen in Abhängigkeit von dem konkreten Bewerberfeld und lassen sich daher jeweils erst im Nachhinein bestimmen. Dementsprechend weist der Beklagte in seiner Werbebroschüre „Qualifizierte Juristinnen und Juristen gesucht!“ darauf hin: „Da sich die Einstellungsvoraussetzungen aber kurzfristig ändern können, raten wir ihnen ab einer Punktzahl von mindestens 8,0 Punkten in jedem der beiden Examina zur Bewerbung“. Ein striktes Anforderungsprofil, das jedenfalls in der Einstellungspraxis nicht unterschritten werden würde, liegt im Übrigen auch insoweit nicht vor: Immerhin fünf der in den Jahren 2006 und 2007 erfolgten Einstellungen wiesen in einer Staatsprüfung weniger als acht Punkte auf und unterschritten damit auch die in der benannten Werbebroschüre benannten Grenzen.
30 
Tatsächlich eingehalten worden ist im maßgeblichen Zeitraum ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten indes das Kriterium, dass mindestens eine der Staatsprüfungen mit der Note „vollbefriedigend“ abgelegt wurde. Diese Anforderung ist aber weder Bestandteil des normativ festgelegten Anforderungsprofils noch entspricht sie den offiziellen Verlautbarungen des Beklagten. In der bereits benannten Werbebroschüre wird vielmehr bereits ab einer Punktzahl von mindestens 8,0 Punkten in jedem der beiden Examina zur Bewerbung geraten; die zwingende Anforderung jedenfalls eines „vollbefriedigenden“ Abschlusses wird damit gerade nicht aufgestellt.
31 
Angesichts des Fehlens vorhersehbarer und in der tatsächlichen Verwaltungspraxis strikt geübter Kriterien kann damit nicht davon ausgegangen werden, dass ein Bewerber, der nicht in beiden Staatsprüfungen mindestens das Prädikat „vollbefriedigend“ erreicht hat, von vornherein keine Aussicht auf eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren gehabt hätte (a.A. offenbar OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.05.2008 - 2 A 10197/08 -; VG München, Urteil vom 12.03.2008 - M 18 K 07.1587 -). Denn die zwingende Mindestvorgabe für ein Auswahlverfahren muss verbindlich, nachvollziehbar dokumentiert und für die Bewerber erkennbar festgelegt sein (vgl. dazu auch BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Unzulässig und mit dem Bewerbungsverfahrensanspruch potenzieller Bewerber nicht vereinbar ist es dagegen, die Auswahlkriterien nachträglich dergestalt zu ändern, dass sich der Bewerberkreis erweitern würde, ohne dass mögliche Interessenten hiervon Kenntnis erhielten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.02.2007 - 2 BvR 2494/ 06 -, NVwZ 2007, 693).
32 
Dieses Ergebnis wird durch den Schutzzweck der öffentlichen Arbeitgebern in § 82 Satz 2 SGB IX auferlegten Verpflichtung der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bestätigt. Denn mit dem Anspruch auf Einladung zu einem Vorstellungsgespräch hat der Gesetzgeber den schwerbehinderten Bewerber im Auswahlverfahren bewusst besser gestellt als den nicht behinderten Konkurrenten, um ihm durch sein persönliches Auftreten die Gelegenheit zu geben, seine spezielle Befähigung für die ausgeschriebene Stelle unter Beweis zu stellen und den Arbeitgeber trotz anfänglicher Zweifel von der bestehenden Eignung im mündlichen Gespräch zu überzeugen (vgl. Neumann/Pahlen/ Majerski-Pahlen, Sozialgesetzbuch IX, 11. Aufl. 2005, § 82 Rdnr. 5; VG München, Urteil vom 12.03.2008 - M 18 K 07.1587 -). Nach der gesetzlichen Intention muss der öffentliche Arbeitgeber den schwerbehinderten Bewerber demnach selbst dann einladen und ihm ein Vorstellungsgespräch gewähren, wenn er sich aufgrund einer anhand der Bewerbungsunterlagen getroffenen Vorauswahl bereits die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Konkurrent nicht mehr in die nähere Auswahl einbezogen werden sollte (so BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Diese Pflicht besteht gemäß § 82 Satz 3 SGB IX nur dann nicht, wenn dem schwerbehinderten Menschen bereits die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, er also „ganz augenscheinlich“ für die ausgeschriebene Stelle nicht in Betracht kommen kann (vgl. LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 08.11.2005 - 5 Sa 277/05 -).
33 
Eine zu großzügige Handhabung des Merkmals offensichtlicher Nichteignung würde das gesetzgeberische Anliegen, die Chancen schwerbehinderter Bewerber im Verfahren zu verbessern, aber vereiteln. Dabei wird nicht verkannt, dass ein nur „formales“ Einstellungsgespräch zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben ohne ernsthafte Einstellungschancen durchaus demotivierende Wirkungen für den schwerbehinderten Arbeitssuchenden entfalten kann. Die Entscheidung über Sinn und Zweckmäßigkeit entsprechender Verfahrensvorkehrungen obliegt indes dem hierfür zuständigen Sachgesetzgeber.
34 
c) Mit der Tatsache, dass der Beklagte die Klägerin nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat, obwohl ihr die fachliche Eignung für die angestrebte Einstellung nicht offensichtlich fehlt, sind damit Indizien dargelegt, die eine Benachteiligung wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft vermuten lassen. Um der Annahme eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot zu entgehen, muss der Beklagte daher gemäß § 22 AMG den Beweis erbringen, dass ausschließlich sachliche, nicht auf die Behinderung bezogene Gründe maßgeblich für die Auswahlentscheidung waren (vgl. BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Diesen Beweis hat der Beklagte vorliegend erbracht.
35 
Ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten für die Jahre 2006 und 2007 betrug die schlechteste Note in der laufbahnbefähigenden Zweiten Staatsprüfung, die noch für eine Einstellung berücksichtigt werden konnte, 8,21 Punkte. Von diesem „Grenzrang“ liegen die von der Klägerin erzielten 6,78 Punkte im Zweiten Staatsexamen deutlich entfernt. Auch bei Berücksichtigung der Ergebnisse im Ersten Staatsexamen ergibt sich keine andere Beurteilung. Zwar lag hier die niedrigste noch zur Einstellung führende Punktzahl bei 7,53 und damit sogar geringfügig schlechter als die von der Klägerin erzielten 7,56 Punkte. In diesem Falle waren im Zweiten Staatsexamen jedoch 10,14 Punkte erzielt worden, sodass auch hier die Einschätzung einer insgesamt deutlich höheren Eignung gerechtfertigt ist. Gleiches gilt für die vier weiteren Fälle, in denen die im Ersten Staatsexamen erzielte Punktzahl unter acht Punkten betrug, denn insoweit waren in der Zweiten juristischen Staatsprüfung jeweils mindestens neun Punkte erreicht worden. Tatsächlich ist zum fraglichen Einstellungszeitpunkt daher kein Bewerber berücksichtigt worden, der nicht mindestens in einer Staatsprüfung die Gesamtnote „vollbefriedigend“ erzielt hatte. Es kann daher mit Sicherheit festgestellt werden, dass ein nicht behinderter Bewerber mit vergleichbaren Examensnoten wie die Klägerin mit einer Bewerbung nicht zum Zuge gekommen wäre. Die Nichteinstellung der Klägerin beruht daher ausschließlich auf der Tatsache, dass die von ihr erzielten Examensnoten den Anforderungen des Beklagten zum fraglichen Einstellungstermin nicht genügten. Eine - gegebenenfalls auch nur anteilige - Benachteiligung wegen ihrer Behinderung scheidet damit aus.
36 
Die maßgebliche Bezugnahme auf die in den juristischen Staatsprüfungen erzielten Ergebnisse entspricht auch den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG und ist nicht zu beanstanden. Da bei einem Berufsanfänger fachliche Leistungen im engeren Sinne noch nicht vorliegen können, ist es zulässig und regelmäßig auch geboten, die Eignungsbeurteilung auf die Leistungen zu stützen, die der Bewerber im Rahmen seiner Ausbildung erbracht hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.02.2006 - 2 PKH 3/05 -). Den in den juristischen Staatsprüfungen abgelegten Befähigungsnachweisen kommt daher für die Einstellung in den Justizdienst ausschlaggebende Bedeutung zu.
37 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Behinderung der Klägerin. Vielmehr schreibt Art. 33 Abs. 2 GG den Bestenauslesegrundsatz im Interesse der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes verfassungsunmittelbar und zwingend vor. Diese Vorgabe kann auch nicht im Hinblick auf die Förderung schwerbehinderter Menschen durchbrochen werden (vgl. nunmehr ausdrücklich § 9 BeamtStG); eine derartig weitreichende Förderung schwerbehinderter Menschen sieht das geltende Recht nicht vor. Soweit die Klägerin insoweit vorträgt, ihre Beeinträchtigung sei im Rahmen der Zweiten juristischen Staatsprüfung trotz einer Verlängerung der Bearbeitungszeit um 30 Minuten pro Klausur und der gewährten Verwendung einer Spracherkennungssoftware nicht hinreichend beachtet worden, kann sie hiermit im vorliegenden Verfahren nicht gehört werden. Denn die Frage ob und gegebenenfalls welche Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der schriftlichen Prüfung zur Kompensation einer Behinderung gewährt werden, ist gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 13 Abs. 7 JAPrO ein eigenständiges und isoliert rechtsschutzfähiges Verfahren. Erachtete die Klägerin die ihr gewährten Prüfungserleichterungen daher als nicht ausreichend, so hätte sie die hierfür gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten beschreiten müssen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 26.08.1993 - 9 S 2023/93 -, NVwZ 1994, 598).
38 
Der Beklagte hat damit zwar gegen die ihm in § 82 Satz 2 SGB IX auferlegte Pflicht, die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, verstoßen. Er hat jedoch im Berufungsverfahren die damit begründete Vermutung der Benachteiligung im Bewerbungsverfahren aufgrund der Behinderung entkräftet und vollen Beweis dafür erbracht, dass die Nichteinstellung der Klägerin ausschließlich auf sachlichen Erwägungen beruhte. Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG liegen damit nicht vor.
39 
Angesichts dieses Nachweises kommt es auf die Frage, ob die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung vorliegend rechtzeitig erfolgt ist, nicht mehr an.
40 
d) Die Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 82 Satz 2 SGB IX allein löst keinen Entschädigungsanspruch aus.
41 
Zwar kann möglicherweise auch in dem Unterlassen angemessener Vorkehrungen zugunsten behinderter Menschen eine eigenständige Form der Benachteiligung gesehen werden, denn die Verfahrensvorschriften zur Förderung schwerbehinderter Menschen dienen gerade dem Ausgleich bestehender Nachteile. An die Verletzung dieser Verfahrensvorschrift knüpft § 15 Abs. 2 AGG indes die Zahlung der Entschädigungsleistung nicht an.
42 
Diese Rechtslage war unter Geltung des § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX a.F. geklärt (vgl. Senatsbeschluss vom 21.09.2005 - 9 S 1357/05 -, NJW 2006, 538). Denn Bezugspunkt der Entschädigungsregelung war hier ausdrücklich die in Nr. 1 geregelte Begründung des Beschäftigungsverhältnisses. Dementsprechend war Anknüpfungspunkt der in § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB IX a.F. vorgenommenen Differenzierung des limitierten Entschädigungsanspruches ebenfalls die Frage, ob der Bewerber im Falle benachteiligungsfreier Auswahl eingestellt worden wäre. Die Entschädigungsregelung enthielt damit zwar insoweit eine Erleichterung, als es auf die Kausalität der Benachteiligung für die unterbliebene Einstellung nur hinsichtlich der Höhe der Entschädigungszahlung ankam und eine Reduzierung des Auswahlermessens auf Null daher nicht nachgewiesen werden musste (vgl. BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262; LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 08.11.2005 - 5 Sa 277/05 -). Diese Erweiterung bedeutete jedoch nicht, dass bereits ein Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift tatbestandsbegründend für die Entschädigungszahlung gewesen wäre. Vielmehr blieb dem öffentlichen Arbeitgeber die Möglichkeit, die Indizwirkung der unterbliebenen Einladung zum Vorstellungsgespräch zu entkräften und den Nachweis zu führen, dass die Nichteinstellung des schwerbehinderten Menschen ausschließlich aus sachlichen Gründen erfolgte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.02.2008 - 5 B 209/07 -, Buchholz 436.61 § 81 SGB IX Nr. 1).
43 
An dieser Rechtslage hat die Überführung des Entschädigungsanspruchs aus § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX a.F. in § 15 Abs. 2 AGG nichts geändert (vgl. Bay.VGH, Beschluss v. 20.10.2008 - 3 ZB 07.2179 -; BAG, Urteil vom 03.04.2007 - 9 AZR 823/06 -, BAGE 122, 54; LAG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.2008 - 4 Sa 1077/07 -). Bezugspunkt der Entschädigungszahlung bleibt auch insoweit der in § 15 Abs. 1 AGG benannte Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot, der sich ausweislich der Bestimmung des Anwendungsbereichs in § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG auf den Berufszugang bezieht.
44 
Allein der Verstoß gegen die Verpflichtung zur Durchführung eines Vorstellungsgesprächs löst den Entschädigungsanspruch damit nicht aus; diese Rechtsfolge ergibt sich nach dem gesetzlichen Regelungsgefüge vielmehr erst dann, wenn die durch den Verstoß begründete Indizwirkung einer Benachteiligung nicht entkräftet werden kann.
45 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO in Angelegenheiten der Schwerbehindertenfürsorge nicht erhoben.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 7.032,93 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.12.2013 zu bezahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt unter Berufung darauf, dass er im Rahmen eines von der Beklagten durchgeführten Bewerbungsverfahrens als Schwerbehinderter diskriminiert worden sei, eine Entschädigung.
Der am ...1964 geborene Kläger ist aufgrund eines nicht behandlungsbedürftigen essentiellen Tremors als schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60 anerkannt. Er absolvierte nach dem Besuch der Grund- und Realschule zunächst das Kaufmännische Berufskolleg I und machte anschließend eine Lehre zum Großhandelskaufmann. Nach Erwerb der Fachhochschulreife studierte er bis 1992 Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule F. mit dem Abschluss Diplombetriebswirt (FH). Zwischen 1992 und Anfang 2002 war er in verschiedenen Tätigkeiten und Praktika befristet beschäftigt und absolvierte eine Ausbildung zum Chemisch-Technischen Assistenten. Von September 2004 bis August 2005 leistete er das praktische Einführungsjahr für den gehobenen Verwaltungsdienst des Landes Baden-Württemberg und studierte anschließend an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in K.. Im September 2008 legte er die Staatsprüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst mit der Gesamtnote „befriedigend (7 Punkte)“ ab.
Mit Bewerbungsschreiben vom 10.05.2013 bewarb sich der Kläger auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle des (der) Fachbediensteten für das Finanzwesen - Leitung der Finanzverwaltung. In der Ausschreibung wird ein abgeschlossenes Studium zum/zur Diplom-Verwaltungswirt/in (FH) bzw. Bachelor of Arts (Public Management) oder eine vergleichbare berufliche Qualifikation verlangt. Berufserfahrung im kommunalen Haushaltswesen wird als „wünschenswert“ bezeichnet. Zudem werden zum Profil potentieller Kandidaten Eigeninitiative, Einsatzbereitschaft, selbständige und eigenverantwortliche Arbeitsweise, Belastbarkeit, sicheres Auftreten, kooperativer Führungsstil und Teamfähigkeit gezählt. Gute Kenntnisse in MS-Office-Produkten sowie KIRP-Kenntnisse wären nach dem Ausschreibungstext „von Vorteil“. Zudem wird auf „Aufstiegsmöglichkeiten bis Besoldungsgruppe A 12“ hingewiesen.
Der zu besetzende Arbeitsplatz wurde der Agentur für Arbeit nicht gemeldet.
In seiner Bewerbung führte der Kläger insbesondere aus, seine Schwerbehinderung (GdB 60) beeinträchtigte ihn nicht in seiner geistigen und körperlichen Amtsausübung und führe nicht zu erhöhten Krankheitstagen. Der Bewerbung beigefügt waren ein ausführlicher Lebenslauf des Klägers, sein Schwerbehindertenausweis und ein ärztliches Attest.
Insgesamt bewarben sich einschließlich des Klägers sieben Personen auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle. Es ist zwischen den Beteiligten streitig, ob und ggf. unter welchen Umständen der Personalrat über die Bewerbung des Klägers informiert wurde. Drei der sieben Bewerber, nicht aber der Kläger, wurden zu Vorstellungsgesprächen eingeladen.
Mit Schreiben vom 27.06.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, der Gemeinderat habe hinsichtlich der Stelle bei der Beklagten als Fachbediensteter für das Finanzwesen eine Vorauswahl getroffen und der Kläger sei „nicht in den engeren Kreis der Bewerber/innen aufgenommen worden“.
Mit Schreiben vom 13.08.2013 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm nach § 81 Abs. 2 und § 82 S. 2 SGB IX i. V. m. §§ 1, 7, 15 AGG eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern der Besoldungsgruppe A9 zu bezahlen. Zur Begründung führte er insbesondere aus, trotz des Hinweises in seinem Bewerbungsschreiben auf seine Schwerbehinderung sei er entgegen § 82 S. 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und entgegen § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX nicht detailliert über die Gründe der Absage informiert worden. Außerdem hätte die Beklagte gemäß § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX den Personalrat unmittelbar nach Eingang seiner Bewerbung unterrichten müssen. Die Beklagte habe auch entgegen § 82 S. 1 SGB IX die örtlich zuständige Agentur für Arbeit nicht über die Stellenausschreibung informiert. Es bestehe der Verdacht, dass er wegen seiner Schwerbehinderung und seines Alters benachteiligt worden sei.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten kündigte mit Schreiben vom 21.08.2013 gegenüber dem Kläger eine Stellungnahme an, die aber nicht erfolgte.
10 
Am 06.12.2013 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Zur Begründung beruft er sich insbesondere darauf, er sei durch das Auswahlverfahren der Beklagten als dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle entsprechender und damit fachlich geeigneter Bewerber aufgrund seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden. Die Beklagte habe weder die Verpflichtung nach § 82 S. 2 SGB IX, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, noch ihre Meldepflicht nach § 82 S. 1 SGB IX erfüllt. Darüber hinaus sei der Personalrat nicht umgehend gemäß § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX informiert worden, wie er vom ehemaligen Personalratsvorsitzenden der Beklagten erfahren habe. Eine ausreichende Begründung der Absage fehle. Damit seien Indizien dargetan, die eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung i. S. d. § 22 AGG vermuten ließen. Da die Beklagte diese Vermutung nicht widerlegen könne, bestehe ein Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von drei Monatsgehältern der Besoldungsgruppe A 9 nebst der gesetzlichen Zulagen. Darüber hinaus sei er auch wegen seines Alters diskriminiert worden. Der Kläger führt weiter aus, mit seinen AGG-Klagen betreibe er kein Geschäft, so dass der Vorwurf, er sei ein „AGG-Hopper“, nicht gerechtfertigt sei. Die Unterstellung eines „unsteten Lebenslaufs“ sei Ausdruck seiner systematischen Benachteiligung.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine angemessene Entschädigung auf der Grundlage der Besoldungsgruppe A 9 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.12.2013 zu bezahlen.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Sie rügte die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts. Darüber hinaus sei die Frist nach § 61b ArbGG versäumt worden, die auch im Verwaltungsprozess gelte. Der Kläger sei weiter nicht benachteiligt worden, denn seine fachliche Eignung habe i. S. d. § 82 S. 3 SGB IX offensichtlich gefehlt, so dass eine Einladung zum Vorstellungsgespräch entbehrlich gewesen sei. Er könne keine Berufserfahrung im kommunalen Haushaltswesen vorweisen, habe noch keine Führungsaufgaben ausgeübt und in seinem Bewerbungsschreiben keine guten Kenntnisse der MS-Office-Produkte angegeben. Mit der Nichteinladung sei dem Kläger zudem nur ein „Chancenvorteil“ genommen worden, so dass keine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vorliege. Die Unterlassung der Meldung bei der Agentur für Arbeit sei nicht kausal. Auch wenn der Kläger zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden wäre, wäre er nicht eingestellt worden, da der eingestellte Bewerber besser qualifiziert sei. Der Personalrat sei in das Bewerbungs- und Auswahlverfahren eingebunden gewesen. Die Beklagte habe keine Kenntnis davon gehabt, dass der Kläger offenbar als „AGG-Hopper“ bekannt sei und habe den Vorwurf eines unsteten Lebenslaufs nicht erhoben.
16 
Mit Beschluss vom 24.08.2015 hat die Kammer gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG vorab entschieden, dass der beschrittene Rechtsweg zulässig ist; gegen den Beschluss wurde kein Rechtsmittel eingelegt.
17 
Der Kammer hat die Akte der Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird darauf sowie auf die Gerichtsakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG in Höhe von drei Monatsgehältern der Besoldungsgruppe A 9 zuzüglich Strukturzulage nach § 46 LBesG BW und Prozesszinsen.
19 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig; das Entschädigungsbegehren setzt eine vorherige Behördenentscheidung in Form eines Verwaltungsakts nicht voraus. Der Durchführung eines Vorverfahrens nach § 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG bedarf es nicht, da das die besondere Verfahrensanordnung dieser Vorschriften begründende Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn im vorliegenden Fall nicht gegeben ist und mit der vorliegenden Klage auch nicht angestrebt wird (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -, VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, jeweils m. w. N.).
20 
Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt. Der Kläger durfte die Höhe der Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden. Damit wird dem Gericht über deren Höhe ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 40 = BT-Drs. 16/1780, S. 38). Steht dem Gericht ein Beurteilungsspielraum zu oder hängt die Bestimmung eines Betrags vom billigen Ermessen des Gerichts ab, ist ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig. Der Kläger muss lediglich Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angeben (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -, m. w. N.).
21 
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG einen Anspruch auf Entschädigung wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist. Die Beklagte hat den Kläger wegen seiner Behinderung (s. zum Begriff der Behinderung BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150) benachteiligt, indem sie ihn nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat und zudem die ausgeschriebene Stelle nicht der Agentur für Arbeit gemeldet hat. Zwischen der Benachteiligung und der Behinderung besteht auch ein Kausalzusammenhang, die Klage wurde nicht rechtsmissbräuchlich erhoben, die Verletzung einer Schadensminderungspflicht ist nicht ersichtlich und es wurde keine Ausschlussfrist missachtet. Für eine Diskriminierung (auch) wegen seines Alters hat der Kläger dagegen keine hinreichenden Vermutungstatsachen dargelegt.
22 
Die Beteiligten unterfallen zunächst dem persönlichen Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Als Bewerber für ein öffentlich-rechtliches Beschäftigungsverhältnis (als Beamter, s. dazu bereits den Beschluss der Kammer vom 24.08.2015) gilt der Kläger gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 24 Nr. 1 AGG als Beschäftigter im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes; die Beklagte als mögliche (künftige) Dienstherrin ist Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes (§ 6 Abs. 2 AGG).
23 
Der Kläger ist durch das Vorgehen der Beklagten auch i. S. d. § 7 AGG benachteiligt worden. Benachteiligung im Sinne des Benachteiligungsverbots des § 7 AGG ist jede unterschiedliche Behandlung, die mit einem Nachteil verbunden ist; nicht erforderlich ist, dass in Benachteiligungsabsicht gehandelt oder die Benachteiligung sonst schuldhaft bewirkt worden ist (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 (AGG) genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die unmittelbare Benachteiligung kann auch in einem Unterlassen liegen (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 33 = BT-Drs. 16/1780 S. 32). Eine unmittelbare Benachteiligung durch Unterlassen ist insbesondere gegeben, wenn ein (künftiger) Arbeitgeber einer gesetzlich auferlegten Handlungspflicht nicht nachkommt, durch die im Sinne des § 5 AGG eine bisher in Beschäftigung und Beruf benachteiligte Gruppe gezielt gefördert werden soll. Die Benachteiligung liegt dabei in der Vorenthaltung eines gesetzlich eingeräumten Vorteils, dessen Ziel es ist, bestehende Nachteile zu beseitigen oder zu verhindern. Die betreffende Person wird weniger günstig behandelt, als es das Gesetz zur Herstellung gleicher Chancen für erforderlich hält. Eine gesetzliche positive Maßnahme im Sinne von § 5 AGG ist angesichts ihres drittschützenden Charakters nicht neutral, sodass die in den Schutzbereich der betreffenden Vorschrift fallenden Personen im Falle ihres Unterlassens unmittelbar benachteiligt werden. Für die gegenüber anderen weniger günstige Behandlung als solche trägt die Beschäftigte oder der Beschäftigte mangels einer abweichenden Regelung nach den allgemeinen Grundsätzen die Beweislast. § 22 AGG greift insoweit nicht ein (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 51 = BT-Drs. 16/1780 S. 47, s. zum Ganzen BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
24 
Die nach § 7 Abs. 1 AGG erforderliche Benachteiligung des Klägers liegt davon ausgehend darin, dass ihm die Beklagte die in § 82 Satz 2 SGB IX angeordnete Besserstellung gegenüber nicht schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern durch Einladung zu einem Vorstellungsgespräch vorenthalten hat, obwohl ihm im Sinne von § 82 Satz 3 SGB IX die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlte. Ob die fachliche Eignung i. S. d. § 82 Satz 3 SGB offensichtlich fehlt, ist anhand eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle und dem Leistungsprofil der Bewerberin oder des Bewerbers zu ermitteln (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Dabei sind die konstitutiven Elemente des Anforderungsprofils besonders zu berücksichtigen. Als „konstitutiv“ einzustufen sind diejenigen Merkmale des Anforderungsprofils, die zwingend vorgegeben und anhand objektiv überprüfbarer Kriterien, also insbesondere ohne Rücksichtnahme auf Wertungsspielräume des Dienstherrn, als tatsächlich gegeben letztlich eindeutig und unschwer festzustellen sind. Demgegenüber kennzeichnet das „beschreibende“, nicht konstitutive Anforderungsprofil solche Qualifikationsmerkmale, die entweder ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen oder die schon von ihrer Art her nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Fakten - bejahend oder verneinend - festgestellt werden können (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; vgl. auch VGH BaWü, Beschluss v. 07.12.2010 - 4 S 2057/10 -, NVwZ-RR 2011, 193-194). Der Ausschreibungstext verlangt von den Bewerbern für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle ein abgeschlossenes Studium zum Diplom-Verwaltungswirt (FH) oder eine vergleichbare berufliche Qualifikation. Der Kläger hat sein Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung erfolgreich abgeschlossen, so dass er die nach dem Anforderungsprofil insoweit notwendige Qualifikation besitzt, denn ein bestimmtes Examensergebnis oder eine darüber hinausgehende besondere Ausbildung wurde nicht verlangt (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Weitere konstitutive Merkmale des Anforderungsprofils sind nicht ersichtlich, zumal die im Ausschreibungstext erwähnte Berufserfahrung im kommunalen Haushaltswesen ausdrücklich als „wünschenswert“ bezeichnet wird und die guten Kenntnisse in MS-Office-Produkten und KIRP-Kenntnisse danach „von Vorteil“ wären. Daher ergibt sich aus den Bewerbungsunterlagen nicht, dass der Kläger offensichtlich für die ausgeschriebene Stelle fachlich ungeeignet ist (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; zum nicht durchgreifenden Argument eines unsteten Lebenslaufes, das die Beklagte allerdings ohnehin nicht vorgebracht hat, im Fall der Schwerbehinderung vgl. VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -).
25 
Der damit dargelegten Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht entgegenhalten, mit der Nichteinladung sei dem Kläger nur ein „Chancenvorteil“ genommen worden. Dem gerade in der Vorenthaltung dieses gesetzlich eingeräumten Chancenvorteils liegt die weniger günstige Behandlung (Benachteiligung, Diskriminierung), deren Verhinderung bzw. Beseitigung nach § 1 AGG Ziel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
26 
Zwischen der Behinderung des Klägers und seiner Benachteiligung in Gestalt der unterlassenen Einladung zu einem Vorstellungsgespräch besteht weiter ein Kausalzusammenhang. § 22 AGG senkt insoweit das Beweismaß. Gemäß § 22 AGG muss die Beschäftigte oder der Beschäftigte Indizien (sog. Vermutungstatsachen) vortragen und beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Es genügt die Überzeugung des Gerichts von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen Grund und Nachteil (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Die Vorenthaltung des erwähnten gesetzlich eingeräumten Chancenvorteils hat eine doppelte Bedeutung. In ihr liegt einerseits die weniger günstige Behandlung (Benachteiligung, Diskriminierung), andererseits ist sie Vermutungstatsache für die Kausalität. Die Indizwirkung ergibt sich daraus, dass der in Bezug auf das Bewerbungsverfahren gesetzlich eingeräumte Chancenvorteil seine entscheidende Rechtfertigung in der Schwerbehinderung oder einer ihr gleichgestellten Behinderung findet. Wird der oder dem Beschäftigten die gerade wegen einer Behinderung zu gewährende verfahrensrechtliche Besserstellung pflichtwidrig vorenthalten, spricht zumindest der erste Anschein dafür, dass dieses Verhalten des öffentlichen Arbeitgebers gleichfalls seinen Grund in der Behinderung hat. Andernfalls würde der durch besondere verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu gewährende Schutz vor einer Benachteiligung weitgehend leerlaufen (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150, m. w. N.). Im Falle der vermuteten Kausalität trägt der Arbeitgeber die volle Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Hierfür muss er Tatsachen darlegen und beweisen, aus denen sich ergibt, dass die in § 1 AGG genannten Gründe sein benachteiligendes Verhalten tatsächlich weder als negatives noch als positives Kriterium allein oder neben anderen Gründen (mit)beeinflusst haben (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150, m. w. N.).
27 
Die durch die Vorenthaltung des in § 82 Satz 2 SGB IX eingeräumten Chancenvorteils vermutete Kausalität kann nicht mit dem Hinweis darauf widerlegt werden, dass das Ergebnis des Bewerbungsverfahrens, d.h. die Auswahlentscheidung und die daraufhin erfolgte Einstellung, unter dem Aspekt der fachlichen Eignung rechtlich nicht zu beanstanden sind. Für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung einer Bewerberin oder eines Bewerbers entgegen § 82 Satz 2 SGB IX ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, können nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Hierfür enthält die in § 82 Satz 3 SGB IX geregelte Ausnahme mit dem Erfordernis der „offensichtlichen“ Nichteignung eine abschließende Regelung. Die Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung der Bewerberin oder des Bewerbers berühren (s. zum Ganzen BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
28 
Vorliegend hat die Beklagte sich ausschließlich darauf berufen, dass der Kläger, auch wenn er zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden wäre, nicht eingestellt worden wäre, da der eingestellte Bewerber besser qualifiziert sei. Damit werden zur Widerlegung der aufgrund des Verstoßes gegen § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität zwischen der Behinderung und der Benachteiligung ausschließlich Gründe genannt, die sich auf die fachliche Eignung des Klägers im Verhältnis zu derjenigen des eingestellten Bewerbers beziehen. Die Beklagte hat damit nicht nachgewiesen, dass die Einladung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Klägers betreffen. Im Gegenteil hat der Bürgermeister der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angegeben, er hätte den Kläger zum damaligen Zeitpunkt auch dann nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, wenn ihm die Verpflichtung aus § 82 Satz 2 SGB IX bekannt gewesen wäre, denn der Kläger „wäre ohnehin nicht zum Zuge gekommen“. Damit konnte die Beklagte die Vermutung der Kausalität nicht widerlegen.
29 
Zusätzlich ergibt sich eine Benachteiligung des Klägers durch die Beklagte daraus, dass die Beklagte die ausgeschriebene Stelle entgegen § 82 Satz 1 AGG nicht der Agentur für Arbeit gemeldet hat (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Die auch insoweit aufgrund des § 22 AGG eingreifende Vermutung eines Kausalzusammenhangs zwischen der Behinderung und der Benachteiligung konnte die Beklagte ebenfalls nicht widerlegen, denn über die von ihr verneinte fachliche Eignung des Klägers hinaus hat sie zur Widerlegung der Vermutung der Kausalität keine Gründe vorgetragen. Die bessere Eignung von Mitbewerbern schließt eine Benachteiligung nicht aus. Dies folgt schon aus § 15 Abs. 2 S. 2 AGG, wonach selbst dann eine Entschädigung zu leisten ist, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Sind die Chancen eines Bewerbers - wie hier - bereits durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Schwerbehinderung bei der abschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat (vgl. VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -).
30 
Dass der Personalrat im Rahmen des Bewerbungs- und Auswahlverfahrens entgegen der Annahme des Klägers, der sich ausschließlich auf die unterlassene Beteiligung des früheren Personalratsvorsitzenden beruft und damit keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX darlegt, wohl ordnungsgemäß beteiligt wurde, ändert damit an der aus der Verletzung der Pflichten aus § 82 Satz 1 und 2 SGB IX resultierenden Benachteiligung des Klägers nichts.
31 
Den Einwand des Rechtsmissbrauchs hat die Beklagte nicht erhoben. Für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten gibt es auch keine Hinweise, insbesondere lässt eine Vielzahl erfolgloser Bewerbungen allein nicht darauf schließen, der Bewerber sei nicht ernsthaft interessiert und der Umstand, dass der Kläger in einer Vielzahl von Fällen gegenüber öffentlichen Arbeitgebern Entschädigungsansprüche wegen Diskriminierung geltend gemacht hat, stellt kein ausreichendes Indiz für eine nicht ernsthafte, rechtsmissbräuchliche Bewerbung dar (VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, m. w. N.; VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -).
32 
Der Entschädigungsanspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger nicht um vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel nachgesucht hat, der Beklagten die anderweitige Vergabe der Stelle vorläufig zu untersagen und ihr aufzugeben, ihm ein Vorstellungsgespräch zu gewähren. Der Entschädigungsanspruch ist ein verschuldensunabhängiger Anspruch, der grundsätzlich mit der Benachteiligungshandlung entsteht und für den das AGG weder eine Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB anordnet noch sonst dem Benachteiligten als Entschädigungsvoraussetzung eine Schadensminderungs- oder Abwendungspflicht auferlegt (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
33 
Dem Erfolg der Klage steht schließlich nicht entgegen, dass eine Ausschlussfrist missachtet worden wäre. Ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG muss nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Nachdem die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 27.06.2013 hinsichtlich der ausgeschriebenen Stelle abgesagt hatte, machte der Kläger mit Schreiben vom 13.08.2013 Entschädigungsansprüche geltend. Damit hat er die Frist des § 15 Abs. 4 AGG eingehalten.
34 
Darüber hinaus existieren - entgegen der Auffassung der Beklagten - für den vorliegenden Anspruch keine Ausschlussfristen. So handelt sich um eine allgemeine Leistungsklage, für die in der VwGO keine Klagefrist vorgesehen ist. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten beruft sich allerdings auf § 61b Abs. 1 ArbGG, wonach eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden muss. Ob es sich bei der in § 61b Abs. 1 ArbGG vorgesehenen Frist um eine materielle Ausschlussfrist (BAG, Urteil v. 26.09.2013 - 8 AZR 650/12 -, NJW 2014, 1612-1615; Walker, in: Schwab/Weth, Arbeitsgerichtsgesetz, 4. Auflage 2015, § 61b Rn. 9, jeweils m. w. N.) oder um eine (prozessuale) Klagefrist (vgl. BAG, Urteil v. 26.06.2014 - 8 AZR 547/13 -; BAG, Urteil v. 22.05.2014 - 8 AZR 662/13 -, BAGE 148, 158-167; BR-Drs. 329/06, S. 27 = BT-Drs. 16/1780, S. 27) handelt, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn unabhängig davon findet § 61b Abs. 1 ArbGG in Verwaltungsprozessen keine, auch keine entsprechende Anwendung. Zunächst befindet sich die Vorschrift innerhalb des Dritten Teils des Arbeitsgerichtsgesetzes („Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen“). Zudem ist in § 61b Abs. 2 ArbGG, also in unmittelbarem Zusammenhang, eine besondere Regelung über die Zuständigkeit desArbeitsgerichtes enthalten. Mithin zeigt sowohl die Formulierung des § 61b Abs. 2 ArbGG als auch der systematische Standort des § 61b ArbGG, dass die Vorschrift ausschließlich für das arbeitsgerichtliche Verfahren gilt.
35 
Auch für eine entsprechende Anwendung des § 61b ArbGG im Verwaltungsprozess gibt es keine Hinweise. Insbesondere lässt sich aus der Begründung des Entwurfs des Gesetzes, mit dem § 61b Abs. 1 ArbGG seine heutige Fassung erhalten hat, eine solche entsprechende Anwendung nicht herleiten. Zwar wird zu dem neu eingefügten Verweis auf § 15 AGG ausgeführt, die Klagefrist sei „damit in allen Fällen einer Klage auf Entschädigung einzuhalten“ (BR-Drs. 329/06, S. 27 = BT-Drs. 16/1780, S. 27). Es gibt aber keinen Hinweis darauf, dass damit auch verwaltungsprozessuale Klagen erfasst werden sollten. Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit der Änderung des § 61b Abs. 1 ArbGG auch § 61b Abs. 2 ArbGG geändert, der wie erwähnt die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts regelt. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber bei der Änderung des § 61b Abs. 1 ArbGG allein das arbeitsgerichtliche Verfahren im Blick hatte. Hätte er eine zumindest entsprechende Anwendung auch im Verwaltungsprozess beabsichtigt, hätte zudem eine systematische Verankerung entweder in der VwGO oder in einem prozessordnungsübergreifend geltenden Gesetz wie dem AGG nahe gelegen. Angesichts des mit einer Ausschlussfrist verbundenen Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG wäre eine solche gesetzliche Grundlage auch aus verfassungsrechtlichen Gründen zu verlangen und ihr Fehlen steht einer entsprechenden Anwendung des § 61b ArbGG im Verwaltungsprozess entgegen. Hinzuweisen bleibt noch darauf, dass § 61b ArbGG ausweislich der bislang veröffentlichten Entscheidungen soweit ersichtlich ausschließlich von Arbeitsgerichten angewendet worden ist.
36 
Da davon ausgehend über die vom Kläger eingehaltene Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG hinaus keine Ausschlussfrist einzuhalten war, bedarf es keiner Entscheidung, ob das Vorgehen der Beklagten bzw. ihres Verfahrensbevollmächtigten, auf die mit Schreiben vom 13.08.2013 erhobene Entschädigungsforderung des Klägers hin eine Stellungnahme anzukündigen, diese aber nicht abzugeben und sich sodann auf den Ablauf der Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG zu berufen, rechtsmissbräuchlich gewesen wäre.
37 
Für die Höhe der dem Kläger zustehenden angemessenen Entschädigung ist die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG bestimmte Obergrenze maßgebend. Das erkennende Gericht ist der Überzeugung, dass der Kläger auch bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Bewerberauswahlverfahrens von der Beklagten nicht eingestellt worden wäre (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Innerhalb des danach geltenden Rahmens von drei Bruttomonatsverdiensten richtet sich die Festsetzung der angemessenen Entschädigung nach den Umständen des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art und Schwere der Benachteiligung, die Folgen für den Kläger hinsichtlich seines Persönlichkeitsrechts, der Grad der Verantwortlichkeit der Beklagten, der Anlass und der Beweggrund des Handelns der Beklagten, der Sanktionszweck und die damit verbundene abschreckende Wirkung (VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, m. w. N.). Davon ausgehend ist zu berücksichtigen, dass die Angabe der Beklagten, die Vorschriften des SGB IX seien zum Zeitpunkt der Bewerbung des Klägers nicht bekannt gewesen, angesichts der Vielzahl seiner Bewerbungen und Klageverfahren nicht zweifelsfrei erscheint. Dies kann allerdings dahinstehen, denn ein etwaiger Rechtsirrtum wirkte sich nicht zugunsten der Beklagten aus. Vielmehr besteht die Verpflichtung, sich ggf. über bestehende Vorschriften zum Schutz Behinderter zu informieren. Darüber hinaus zeigt die Äußerung des Bürgermeisters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, er hätte den Kläger zum damaligen Zeitpunkt auch dann nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, wenn ihm die Verpflichtung aus § 82 Satz 2 SGB IX bekannt gewesen wäre, dass dieser einen Verstoß gegen das Schwerbehindertenrecht bewusst in Kauf genommen hätte. Ob dieser Fall einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch gleichzustellen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn jedenfalls belegt die Äußerung eine sich von einfacher Fahrlässigkeit unterscheidende, besondere Gleichgültigkeit gegenüber den Belangen und Rechten Behinderter in diesem konkreten Einzelfall des Klägers. Ferner kann eine höhere Entschädigung geboten sein, wenn der Betroffene aus mehreren Gründen unzulässig benachteiligt wird (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Dies ist vorliegend der Fall, denn die Beklagte hat zudem gegen die Pflicht zur Einschaltung der Agentur für Arbeit verstoßen. Nach alledem hält das Gericht hier eine Entschädigung in Höhe drei Bruttomonatsgehältern der Besoldungsgruppe A 9 zuzüglich Strukturzulage nach § 46 LBesGBW für angemessen, insgesamt damit also in Höhe von 7.032,93 Euro.
38 
Der Anspruch auf Prozesszinsen ab dem Tag nach Eintritt der Rechtshängigkeit ergibt sich aus § 291 BGB.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 709 S. 1, 2 ZPO.
40 
Die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Gründe

 
18 
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG in Höhe von drei Monatsgehältern der Besoldungsgruppe A 9 zuzüglich Strukturzulage nach § 46 LBesG BW und Prozesszinsen.
19 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig; das Entschädigungsbegehren setzt eine vorherige Behördenentscheidung in Form eines Verwaltungsakts nicht voraus. Der Durchführung eines Vorverfahrens nach § 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG bedarf es nicht, da das die besondere Verfahrensanordnung dieser Vorschriften begründende Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn im vorliegenden Fall nicht gegeben ist und mit der vorliegenden Klage auch nicht angestrebt wird (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -, VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, jeweils m. w. N.).
20 
Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt. Der Kläger durfte die Höhe der Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden. Damit wird dem Gericht über deren Höhe ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 40 = BT-Drs. 16/1780, S. 38). Steht dem Gericht ein Beurteilungsspielraum zu oder hängt die Bestimmung eines Betrags vom billigen Ermessen des Gerichts ab, ist ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig. Der Kläger muss lediglich Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angeben (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -, m. w. N.).
21 
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG einen Anspruch auf Entschädigung wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist. Die Beklagte hat den Kläger wegen seiner Behinderung (s. zum Begriff der Behinderung BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150) benachteiligt, indem sie ihn nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat und zudem die ausgeschriebene Stelle nicht der Agentur für Arbeit gemeldet hat. Zwischen der Benachteiligung und der Behinderung besteht auch ein Kausalzusammenhang, die Klage wurde nicht rechtsmissbräuchlich erhoben, die Verletzung einer Schadensminderungspflicht ist nicht ersichtlich und es wurde keine Ausschlussfrist missachtet. Für eine Diskriminierung (auch) wegen seines Alters hat der Kläger dagegen keine hinreichenden Vermutungstatsachen dargelegt.
22 
Die Beteiligten unterfallen zunächst dem persönlichen Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Als Bewerber für ein öffentlich-rechtliches Beschäftigungsverhältnis (als Beamter, s. dazu bereits den Beschluss der Kammer vom 24.08.2015) gilt der Kläger gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 24 Nr. 1 AGG als Beschäftigter im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes; die Beklagte als mögliche (künftige) Dienstherrin ist Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes (§ 6 Abs. 2 AGG).
23 
Der Kläger ist durch das Vorgehen der Beklagten auch i. S. d. § 7 AGG benachteiligt worden. Benachteiligung im Sinne des Benachteiligungsverbots des § 7 AGG ist jede unterschiedliche Behandlung, die mit einem Nachteil verbunden ist; nicht erforderlich ist, dass in Benachteiligungsabsicht gehandelt oder die Benachteiligung sonst schuldhaft bewirkt worden ist (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 (AGG) genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die unmittelbare Benachteiligung kann auch in einem Unterlassen liegen (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 33 = BT-Drs. 16/1780 S. 32). Eine unmittelbare Benachteiligung durch Unterlassen ist insbesondere gegeben, wenn ein (künftiger) Arbeitgeber einer gesetzlich auferlegten Handlungspflicht nicht nachkommt, durch die im Sinne des § 5 AGG eine bisher in Beschäftigung und Beruf benachteiligte Gruppe gezielt gefördert werden soll. Die Benachteiligung liegt dabei in der Vorenthaltung eines gesetzlich eingeräumten Vorteils, dessen Ziel es ist, bestehende Nachteile zu beseitigen oder zu verhindern. Die betreffende Person wird weniger günstig behandelt, als es das Gesetz zur Herstellung gleicher Chancen für erforderlich hält. Eine gesetzliche positive Maßnahme im Sinne von § 5 AGG ist angesichts ihres drittschützenden Charakters nicht neutral, sodass die in den Schutzbereich der betreffenden Vorschrift fallenden Personen im Falle ihres Unterlassens unmittelbar benachteiligt werden. Für die gegenüber anderen weniger günstige Behandlung als solche trägt die Beschäftigte oder der Beschäftigte mangels einer abweichenden Regelung nach den allgemeinen Grundsätzen die Beweislast. § 22 AGG greift insoweit nicht ein (vgl. BR-Drs. 329/06, S. 51 = BT-Drs. 16/1780 S. 47, s. zum Ganzen BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
24 
Die nach § 7 Abs. 1 AGG erforderliche Benachteiligung des Klägers liegt davon ausgehend darin, dass ihm die Beklagte die in § 82 Satz 2 SGB IX angeordnete Besserstellung gegenüber nicht schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern durch Einladung zu einem Vorstellungsgespräch vorenthalten hat, obwohl ihm im Sinne von § 82 Satz 3 SGB IX die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlte. Ob die fachliche Eignung i. S. d. § 82 Satz 3 SGB offensichtlich fehlt, ist anhand eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle und dem Leistungsprofil der Bewerberin oder des Bewerbers zu ermitteln (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Dabei sind die konstitutiven Elemente des Anforderungsprofils besonders zu berücksichtigen. Als „konstitutiv“ einzustufen sind diejenigen Merkmale des Anforderungsprofils, die zwingend vorgegeben und anhand objektiv überprüfbarer Kriterien, also insbesondere ohne Rücksichtnahme auf Wertungsspielräume des Dienstherrn, als tatsächlich gegeben letztlich eindeutig und unschwer festzustellen sind. Demgegenüber kennzeichnet das „beschreibende“, nicht konstitutive Anforderungsprofil solche Qualifikationsmerkmale, die entweder ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen oder die schon von ihrer Art her nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Fakten - bejahend oder verneinend - festgestellt werden können (VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; vgl. auch VGH BaWü, Beschluss v. 07.12.2010 - 4 S 2057/10 -, NVwZ-RR 2011, 193-194). Der Ausschreibungstext verlangt von den Bewerbern für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle ein abgeschlossenes Studium zum Diplom-Verwaltungswirt (FH) oder eine vergleichbare berufliche Qualifikation. Der Kläger hat sein Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung erfolgreich abgeschlossen, so dass er die nach dem Anforderungsprofil insoweit notwendige Qualifikation besitzt, denn ein bestimmtes Examensergebnis oder eine darüber hinausgehende besondere Ausbildung wurde nicht verlangt (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Weitere konstitutive Merkmale des Anforderungsprofils sind nicht ersichtlich, zumal die im Ausschreibungstext erwähnte Berufserfahrung im kommunalen Haushaltswesen ausdrücklich als „wünschenswert“ bezeichnet wird und die guten Kenntnisse in MS-Office-Produkten und KIRP-Kenntnisse danach „von Vorteil“ wären. Daher ergibt sich aus den Bewerbungsunterlagen nicht, dass der Kläger offensichtlich für die ausgeschriebene Stelle fachlich ungeeignet ist (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; zum nicht durchgreifenden Argument eines unsteten Lebenslaufes, das die Beklagte allerdings ohnehin nicht vorgebracht hat, im Fall der Schwerbehinderung vgl. VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -).
25 
Der damit dargelegten Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht entgegenhalten, mit der Nichteinladung sei dem Kläger nur ein „Chancenvorteil“ genommen worden. Dem gerade in der Vorenthaltung dieses gesetzlich eingeräumten Chancenvorteils liegt die weniger günstige Behandlung (Benachteiligung, Diskriminierung), deren Verhinderung bzw. Beseitigung nach § 1 AGG Ziel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
26 
Zwischen der Behinderung des Klägers und seiner Benachteiligung in Gestalt der unterlassenen Einladung zu einem Vorstellungsgespräch besteht weiter ein Kausalzusammenhang. § 22 AGG senkt insoweit das Beweismaß. Gemäß § 22 AGG muss die Beschäftigte oder der Beschäftigte Indizien (sog. Vermutungstatsachen) vortragen und beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Es genügt die Überzeugung des Gerichts von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen Grund und Nachteil (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Die Vorenthaltung des erwähnten gesetzlich eingeräumten Chancenvorteils hat eine doppelte Bedeutung. In ihr liegt einerseits die weniger günstige Behandlung (Benachteiligung, Diskriminierung), andererseits ist sie Vermutungstatsache für die Kausalität. Die Indizwirkung ergibt sich daraus, dass der in Bezug auf das Bewerbungsverfahren gesetzlich eingeräumte Chancenvorteil seine entscheidende Rechtfertigung in der Schwerbehinderung oder einer ihr gleichgestellten Behinderung findet. Wird der oder dem Beschäftigten die gerade wegen einer Behinderung zu gewährende verfahrensrechtliche Besserstellung pflichtwidrig vorenthalten, spricht zumindest der erste Anschein dafür, dass dieses Verhalten des öffentlichen Arbeitgebers gleichfalls seinen Grund in der Behinderung hat. Andernfalls würde der durch besondere verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu gewährende Schutz vor einer Benachteiligung weitgehend leerlaufen (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150, m. w. N.). Im Falle der vermuteten Kausalität trägt der Arbeitgeber die volle Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Hierfür muss er Tatsachen darlegen und beweisen, aus denen sich ergibt, dass die in § 1 AGG genannten Gründe sein benachteiligendes Verhalten tatsächlich weder als negatives noch als positives Kriterium allein oder neben anderen Gründen (mit)beeinflusst haben (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150, m. w. N.).
27 
Die durch die Vorenthaltung des in § 82 Satz 2 SGB IX eingeräumten Chancenvorteils vermutete Kausalität kann nicht mit dem Hinweis darauf widerlegt werden, dass das Ergebnis des Bewerbungsverfahrens, d.h. die Auswahlentscheidung und die daraufhin erfolgte Einstellung, unter dem Aspekt der fachlichen Eignung rechtlich nicht zu beanstanden sind. Für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung einer Bewerberin oder eines Bewerbers entgegen § 82 Satz 2 SGB IX ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, können nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Hierfür enthält die in § 82 Satz 3 SGB IX geregelte Ausnahme mit dem Erfordernis der „offensichtlichen“ Nichteignung eine abschließende Regelung. Die Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung der Bewerberin oder des Bewerbers berühren (s. zum Ganzen BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
28 
Vorliegend hat die Beklagte sich ausschließlich darauf berufen, dass der Kläger, auch wenn er zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden wäre, nicht eingestellt worden wäre, da der eingestellte Bewerber besser qualifiziert sei. Damit werden zur Widerlegung der aufgrund des Verstoßes gegen § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität zwischen der Behinderung und der Benachteiligung ausschließlich Gründe genannt, die sich auf die fachliche Eignung des Klägers im Verhältnis zu derjenigen des eingestellten Bewerbers beziehen. Die Beklagte hat damit nicht nachgewiesen, dass die Einladung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Klägers betreffen. Im Gegenteil hat der Bürgermeister der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angegeben, er hätte den Kläger zum damaligen Zeitpunkt auch dann nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, wenn ihm die Verpflichtung aus § 82 Satz 2 SGB IX bekannt gewesen wäre, denn der Kläger „wäre ohnehin nicht zum Zuge gekommen“. Damit konnte die Beklagte die Vermutung der Kausalität nicht widerlegen.
29 
Zusätzlich ergibt sich eine Benachteiligung des Klägers durch die Beklagte daraus, dass die Beklagte die ausgeschriebene Stelle entgegen § 82 Satz 1 AGG nicht der Agentur für Arbeit gemeldet hat (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Die auch insoweit aufgrund des § 22 AGG eingreifende Vermutung eines Kausalzusammenhangs zwischen der Behinderung und der Benachteiligung konnte die Beklagte ebenfalls nicht widerlegen, denn über die von ihr verneinte fachliche Eignung des Klägers hinaus hat sie zur Widerlegung der Vermutung der Kausalität keine Gründe vorgetragen. Die bessere Eignung von Mitbewerbern schließt eine Benachteiligung nicht aus. Dies folgt schon aus § 15 Abs. 2 S. 2 AGG, wonach selbst dann eine Entschädigung zu leisten ist, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Sind die Chancen eines Bewerbers - wie hier - bereits durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Schwerbehinderung bei der abschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat (vgl. VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -).
30 
Dass der Personalrat im Rahmen des Bewerbungs- und Auswahlverfahrens entgegen der Annahme des Klägers, der sich ausschließlich auf die unterlassene Beteiligung des früheren Personalratsvorsitzenden beruft und damit keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX darlegt, wohl ordnungsgemäß beteiligt wurde, ändert damit an der aus der Verletzung der Pflichten aus § 82 Satz 1 und 2 SGB IX resultierenden Benachteiligung des Klägers nichts.
31 
Den Einwand des Rechtsmissbrauchs hat die Beklagte nicht erhoben. Für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten gibt es auch keine Hinweise, insbesondere lässt eine Vielzahl erfolgloser Bewerbungen allein nicht darauf schließen, der Bewerber sei nicht ernsthaft interessiert und der Umstand, dass der Kläger in einer Vielzahl von Fällen gegenüber öffentlichen Arbeitgebern Entschädigungsansprüche wegen Diskriminierung geltend gemacht hat, stellt kein ausreichendes Indiz für eine nicht ernsthafte, rechtsmissbräuchliche Bewerbung dar (VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, m. w. N.; VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -).
32 
Der Entschädigungsanspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger nicht um vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel nachgesucht hat, der Beklagten die anderweitige Vergabe der Stelle vorläufig zu untersagen und ihr aufzugeben, ihm ein Vorstellungsgespräch zu gewähren. Der Entschädigungsanspruch ist ein verschuldensunabhängiger Anspruch, der grundsätzlich mit der Benachteiligungshandlung entsteht und für den das AGG weder eine Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB anordnet noch sonst dem Benachteiligten als Entschädigungsvoraussetzung eine Schadensminderungs- oder Abwendungspflicht auferlegt (BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150).
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Dem Erfolg der Klage steht schließlich nicht entgegen, dass eine Ausschlussfrist missachtet worden wäre. Ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG muss nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Nachdem die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 27.06.2013 hinsichtlich der ausgeschriebenen Stelle abgesagt hatte, machte der Kläger mit Schreiben vom 13.08.2013 Entschädigungsansprüche geltend. Damit hat er die Frist des § 15 Abs. 4 AGG eingehalten.
34 
Darüber hinaus existieren - entgegen der Auffassung der Beklagten - für den vorliegenden Anspruch keine Ausschlussfristen. So handelt sich um eine allgemeine Leistungsklage, für die in der VwGO keine Klagefrist vorgesehen ist. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten beruft sich allerdings auf § 61b Abs. 1 ArbGG, wonach eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden muss. Ob es sich bei der in § 61b Abs. 1 ArbGG vorgesehenen Frist um eine materielle Ausschlussfrist (BAG, Urteil v. 26.09.2013 - 8 AZR 650/12 -, NJW 2014, 1612-1615; Walker, in: Schwab/Weth, Arbeitsgerichtsgesetz, 4. Auflage 2015, § 61b Rn. 9, jeweils m. w. N.) oder um eine (prozessuale) Klagefrist (vgl. BAG, Urteil v. 26.06.2014 - 8 AZR 547/13 -; BAG, Urteil v. 22.05.2014 - 8 AZR 662/13 -, BAGE 148, 158-167; BR-Drs. 329/06, S. 27 = BT-Drs. 16/1780, S. 27) handelt, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn unabhängig davon findet § 61b Abs. 1 ArbGG in Verwaltungsprozessen keine, auch keine entsprechende Anwendung. Zunächst befindet sich die Vorschrift innerhalb des Dritten Teils des Arbeitsgerichtsgesetzes („Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen“). Zudem ist in § 61b Abs. 2 ArbGG, also in unmittelbarem Zusammenhang, eine besondere Regelung über die Zuständigkeit desArbeitsgerichtes enthalten. Mithin zeigt sowohl die Formulierung des § 61b Abs. 2 ArbGG als auch der systematische Standort des § 61b ArbGG, dass die Vorschrift ausschließlich für das arbeitsgerichtliche Verfahren gilt.
35 
Auch für eine entsprechende Anwendung des § 61b ArbGG im Verwaltungsprozess gibt es keine Hinweise. Insbesondere lässt sich aus der Begründung des Entwurfs des Gesetzes, mit dem § 61b Abs. 1 ArbGG seine heutige Fassung erhalten hat, eine solche entsprechende Anwendung nicht herleiten. Zwar wird zu dem neu eingefügten Verweis auf § 15 AGG ausgeführt, die Klagefrist sei „damit in allen Fällen einer Klage auf Entschädigung einzuhalten“ (BR-Drs. 329/06, S. 27 = BT-Drs. 16/1780, S. 27). Es gibt aber keinen Hinweis darauf, dass damit auch verwaltungsprozessuale Klagen erfasst werden sollten. Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit der Änderung des § 61b Abs. 1 ArbGG auch § 61b Abs. 2 ArbGG geändert, der wie erwähnt die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts regelt. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber bei der Änderung des § 61b Abs. 1 ArbGG allein das arbeitsgerichtliche Verfahren im Blick hatte. Hätte er eine zumindest entsprechende Anwendung auch im Verwaltungsprozess beabsichtigt, hätte zudem eine systematische Verankerung entweder in der VwGO oder in einem prozessordnungsübergreifend geltenden Gesetz wie dem AGG nahe gelegen. Angesichts des mit einer Ausschlussfrist verbundenen Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG wäre eine solche gesetzliche Grundlage auch aus verfassungsrechtlichen Gründen zu verlangen und ihr Fehlen steht einer entsprechenden Anwendung des § 61b ArbGG im Verwaltungsprozess entgegen. Hinzuweisen bleibt noch darauf, dass § 61b ArbGG ausweislich der bislang veröffentlichten Entscheidungen soweit ersichtlich ausschließlich von Arbeitsgerichten angewendet worden ist.
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Da davon ausgehend über die vom Kläger eingehaltene Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG hinaus keine Ausschlussfrist einzuhalten war, bedarf es keiner Entscheidung, ob das Vorgehen der Beklagten bzw. ihres Verfahrensbevollmächtigten, auf die mit Schreiben vom 13.08.2013 erhobene Entschädigungsforderung des Klägers hin eine Stellungnahme anzukündigen, diese aber nicht abzugeben und sich sodann auf den Ablauf der Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG zu berufen, rechtsmissbräuchlich gewesen wäre.
37 
Für die Höhe der dem Kläger zustehenden angemessenen Entschädigung ist die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG bestimmte Obergrenze maßgebend. Das erkennende Gericht ist der Überzeugung, dass der Kläger auch bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Bewerberauswahlverfahrens von der Beklagten nicht eingestellt worden wäre (vgl. auch VG Karlsruhe, Urteil v. 08.02.2013 - 8 K 1153/12 -; VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -). Innerhalb des danach geltenden Rahmens von drei Bruttomonatsverdiensten richtet sich die Festsetzung der angemessenen Entschädigung nach den Umständen des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art und Schwere der Benachteiligung, die Folgen für den Kläger hinsichtlich seines Persönlichkeitsrechts, der Grad der Verantwortlichkeit der Beklagten, der Anlass und der Beweggrund des Handelns der Beklagten, der Sanktionszweck und die damit verbundene abschreckende Wirkung (VG Stuttgart, Urteil v. 17.09.2013 - 3 K 1995/13 -, m. w. N.). Davon ausgehend ist zu berücksichtigen, dass die Angabe der Beklagten, die Vorschriften des SGB IX seien zum Zeitpunkt der Bewerbung des Klägers nicht bekannt gewesen, angesichts der Vielzahl seiner Bewerbungen und Klageverfahren nicht zweifelsfrei erscheint. Dies kann allerdings dahinstehen, denn ein etwaiger Rechtsirrtum wirkte sich nicht zugunsten der Beklagten aus. Vielmehr besteht die Verpflichtung, sich ggf. über bestehende Vorschriften zum Schutz Behinderter zu informieren. Darüber hinaus zeigt die Äußerung des Bürgermeisters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, er hätte den Kläger zum damaligen Zeitpunkt auch dann nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, wenn ihm die Verpflichtung aus § 82 Satz 2 SGB IX bekannt gewesen wäre, dass dieser einen Verstoß gegen das Schwerbehindertenrecht bewusst in Kauf genommen hätte. Ob dieser Fall einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch gleichzustellen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn jedenfalls belegt die Äußerung eine sich von einfacher Fahrlässigkeit unterscheidende, besondere Gleichgültigkeit gegenüber den Belangen und Rechten Behinderter in diesem konkreten Einzelfall des Klägers. Ferner kann eine höhere Entschädigung geboten sein, wenn der Betroffene aus mehreren Gründen unzulässig benachteiligt wird (vgl. BVerwG, Urteil v. 03.03.2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135-150). Dies ist vorliegend der Fall, denn die Beklagte hat zudem gegen die Pflicht zur Einschaltung der Agentur für Arbeit verstoßen. Nach alledem hält das Gericht hier eine Entschädigung in Höhe drei Bruttomonatsgehältern der Besoldungsgruppe A 9 zuzüglich Strukturzulage nach § 46 LBesGBW für angemessen, insgesamt damit also in Höhe von 7.032,93 Euro.
38 
Der Anspruch auf Prozesszinsen ab dem Tag nach Eintritt der Rechtshängigkeit ergibt sich aus § 291 BGB.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 709 S. 1, 2 ZPO.
40 
Die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).
Für den im Jahr 1964 geborenen Kläger ist seit dem 23.09.1997 eine Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung von 60 festgestellt.
Nach dem seiner Bewerbung beigefügten Lebenslauf erwarb der Kläger nach einer Berufsausbildung zum Großhandelskaufmann die Fachhochschulreife und erlangte 1992 ein Diplom als Betriebswirt. Bis 1996 war er jeweils befristet in verschiedenen, nicht näher bezeichneten Unternehmen tätig; ferner leistete er ein Praktikum bei einem Steuerberatungsbüro ab. Daran schloss sich eine zweijährige Berufsausbildung zum chemisch-technischen Assistenten an. Für die Zeit von August 1998 bis Anfang 2001 führte der Kläger als berufliche Betätigung „Consulting: Marketing- und Vertriebsaktivitäten: Etablierung neuer Produktlinien und Erstellung internationaler Kataloge für die Medizintechnik“ an. Ab September 2004 machte er ein einjähriges Praktikum „im Bereich technischer Dokumentation, Erstellung und Aufarbeitung von Betriebsanleitungen in deutsch, englisch und französisch, Durchführung von technischen Messversuchen und deren Dokumentation bei der Firma B. …“. Es folgte ein Praktisches Einführungsjahr für den gehobenen Verwaltungsdienst bei der Stadtverwaltung X und danach ein Studium an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in X mit einem zweiten Praxisjahr bei der Stadtverwaltung X. Der Kläger bestand im August 2008 die Staatsprüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst am 17.09.2008 mit der Gesamtnote befriedigend (7 Punkte) und ist seither Diplomverwaltungswirt (FH).
Von da an bewarb sich der Kläger bei einer Vielzahl von Anstellungskörperschaften auf Stellen des gehobenen Verwaltungsdienstes. Da er häufig nicht zu Vorstellungsgesprächen eingeladen wurde, machte er seit dem dritten Quartal 2009 Entschädigungsansprüche gemäß § 15 Abs. 2 AGG geltend. Teilweise hatte er damit im Vergleichswege und im ersten Rechtszug bei Arbeitsgerichten und auch beim Verwaltungsgericht Stuttgart (Urt. v. 16.12.2010 - 3 K 1688/10 -) Erfolg; die stattgebenden gerichtlichen Entscheidungen sind nicht rechtskräftig.
Am 16.12.2009 sagte die Gemeinde X/Oberbayern dem Kläger eine Stelle als Fachbeamter für das Finanzwesen im Gewerbesteueramt zu (vergütet nach E 9 TVöD), die der Kläger am 12.01.2009 antrat. Das probeweise Arbeitsverhältnis endete nach Kündigung durch die Gemeinde am 31.03.2010.
Die Beklagte, eine Gemeinde mit etwa 2.500 Einwohnern, schrieb im Dezember 2009 die Stelle eines Leiters/Leiterin der Kämmerei (Fachbedienstete/r für das Finanzwesen) aus. Danach umfasste die Stelle insbesondere die Leitung der Kämmerei mit den Bereichen Haushalt, Gemeindewerke, Steuerverwaltung und Versicherungswesen, die Verwaltung der Finanzen einschließlich des Finanzcontrollings, die Erstellung der Haushaltspläne und der Finanz- und Investitionsplanung und die Weiterentwicklung des kommunalen Finanzwesens von der Kameralistik zur Doppik (= Doppelte Buchführung in Konten). Erwartet wurden eine abgeschlossene Ausbildung zum/zur Diplomverwaltungswirt/in (FH) oder eine vergleichbare Qualifikation, fundierte Kenntnisse im kommunalen Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen, Kenntnisse der Kameralistik und der Doppik, wobei bei Bedarf eine Einarbeitung in die Thematik im Team der Kämmerei möglich sei sowie ein hohes Maß an Belastbarkeit und Engagement sowie selbstständiges Arbeiten. Geboten wurde eine Einstellung im Beamtenverhältnis zunächst bis Besoldungsgruppe A 11; weiter heißt es, eine Stellenneubewertung sei vorgesehen.
Es meldeten sich mit dem Kläger 14 Bewerber Der Kläger übersandte seine Bewerbung am 31.12.2009 per e-mail, an die ein Bewerbungsschreiben vom 29.12.2009, Lebenslauf und Zeugnisse sowie ein Behindertenausweis und ein fachärztliches Attest angehängt waren. Im Bewerbungsschreiben führte der Kläger aus: Während der sein Verwaltungsstudium begleitenden Praxiszeit sei er auch bei der Stadt X und bei der Stadt X mit Verwaltungstätigkeiten in der Finanz- und Steuerverwaltung betraut gewesen. Für ihn sei sorgfältiges und engagiertes Arbeiten eine Selbstverständlichkeit. Darüber hinaus sei er gewohnt, selbständig und eigenverantwortlich zu handeln. Ebenso bringe er die für die Tätigkeit erforderlichen Sozialkompetenzen, insbesondere Team- und Kommunikationsfähigkeit mit. Seine Schwerbehinderung beeinträchtige ihn in seiner geistigen und körperlichen Amtsausübung nicht. Er sei daher überzeugt, dass er im ausgeschriebenen Arbeitsfeld erfolgreich tätig sein werde. Im Rahmen seiner aktiven Vereinsarbeit für den örtlichen Imkerverein habe er Erfahrungen mit Projekt- und Organisationsarbeit sammeln können. Über ein persönliches Gespräch würde er sich sehr freuen.
Die Beklagte lud drei der Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch, jeweils am 21.01.2010, ein. Entsprechend dem Verwaltungsvorschlag (mit der Reihenfolge Herr B., Herr M., Frau F.) wählte der Gemeinderat in seiner Sitzung am 10.02.2010 Herrn B. zum künftigen Kämmerer.
Mit Schreiben vom 19.03.2010 teilte die Beklagte dem Kläger ohne nähere Begründung mit, dass seine Bewerbung nicht habe berücksichtigt werden können.
10 
Mit Schreiben vom 10.05.2010 forderte der damalige Verfahrensbevollmächtigte des Klägers von der Beklagten gemäß § 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung von mindestens zwei Monatsgehältern (Besoldungsgruppe A 9, Stufe 9) zuzüglich Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 6.194,75 EUR. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Beklagte es unterlassen habe, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, die örtlich zuständige Agentur für Arbeit frühzeitig über den angebotenen Arbeitsplatz zu informieren und die Schwerbehindertenvertretung bzw. den Personalrat unmittelbar nach Eingang seiner Bewerbung hiervon zu unterrichten. Ferner habe die Beklagte die Gründe für die Absage nicht unverzüglich dargelegt. Hierfür reiche die Absage vom 19.03.2010 nicht aus. Es stehe auch zu vermuten, dass er wegen seines Alters benachteiligt worden sei.
11 
Der Kläger hat am 07.06.2010 Klage erhoben. Er trägt vor: Nach Abschluss seines Studiums an der Verwaltungshochschule X habe er von Arbeitslosengeld II gelebt, das zunächst nur als Darlehen gewährt worden sei. Seine Hoffnung auf eine Stelle im öffentlichen Dienst habe sich erst im Januar 2010 erfüllt. Wegen der schlechteren Bezahlung, der geringeren Sicherheit als Angestellter und wegen der zu großen Entfernung von seinem Heimatort habe er an seinem eigentlichen beruflichen Ziel festgehalten, Beamter in Baden-Württemberg zu werden. Deshalb habe er sich auch nach der Einstellungszusage und auch nach der Einstellung weiter auf entsprechende Stellen beworben, sofern sie ihn interessiert hätten. Die Beklagte hätte ihn wegen seiner Schwerbehinderung zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen. Die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle habe ihm nicht etwa offensichtlich gefehlt. Sein Abschluss an der Verwaltungshochschule habe ihn für alle Tätigkeiten im gehobenen Dienst qualifiziert, auch für die Tätigkeit als stellvertretenden Leiter der Kämmerei der Beklagten, zumal er an der Verwaltungshochschule den Wirtschaftszweig mit Wahlpflichtfach Rechnungswesen belegt gehabt habe. Berufserfahrung sei gemäß der Stellenausschreibung nicht Voraussetzung gewesen. Zu prüfen sei auch, ob die Beklagte die angebotene Stelle frühzeitig der Agentur für Arbeit gemeldet und ob sie die Schwerbehindertenvertretung unmittelbar nach Eingang seiner Bewerbung unterrichtet habe, ferner, ob er wegen seines Alters benachteiligt worden sei. Schon seine Nichteinladung, die rechtswidrig unterlassene Einladung zum Vorstellungsgespräch sei eine Benachteiligung, weil sie seine Auswahlchancen verschlechtert habe. Falls ein besser qualifizierter Bewerber eingestellt worden sei, könne dies die Indizwirkung insoweit nicht entkräften. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass in dem Motivbündel, das die Entscheidung der Beklagten beeinflusst habe, die Schwerbehinderung als negatives Kriterium enthalten sei. Sollte sich eine Diskriminierung erweisen, komme eine noch höhere Entschädigung in Betracht. Seine Klage sei nicht rechtsmissbräuchlich. Er habe nach seinem Abschluss an der Verwaltungshochschule die bei seinen zahlreichen Bewerbungen nicht seltenen Diskriminierungen zunächst klaglos hingenommen. Nur für etwa ein halbes Jahr, etwa bis Juli 2010, habe er Entschädigungsklagen erhoben. Er habe eine sehr beträchtliche Zahl von Vorstellungsgesprächen gehabt. Soweit er Vorstellungstermine abgesagt habe, habe dies Gründe gehabt wie Krankheit oder eine Überschneidung mit einem anderen Vorstellungstermin. Vorstellungstermine am 19.01., 11.02. und 04.03.2010 habe er wegen seines bevorstehenden bzw. ausgeübten Anstellungsverhältnis bei der Gemeinde X abgesagt. Am 22.01.2010, also einen Tag nach den von der Beklagten angesetzten Vorstellungsterminen für drei Mitbewerber, habe er jedoch einen anderen Vorstellungstermin wahrgenommen. Er erfülle das Anforderungsprofil gemäß der Ausschreibung und habe insbesondere die dort geforderten fundierten Kenntnisse in seinem Studium erworben. Sein abgeschlossenes Betriebswirtschaftsstudiums habe ihn zusätzlich und besonders qualifiziert. Berufserfahrung habe die Beklagte nicht vorausgesetzt. Es sei im Übrigen nicht unüblich, dass sich Berufsanfänger mit vergleichbarem Abschluss auf eine solche Stelle bewerben und eingestellt würden. Als Leiter einer Kämmerei bei einer Gemeinde vergleichbarer Größe benötige man keine einschlägige Berufserfahrung. Zahlreiche Indizien, im Einzelnen die unterlassene Meldung der Stelle an die Bundesagentur für Arbeit, die Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch, die unterbliebene Prüfung, ob die Stelle einem arbeitslos gemeldeten Schwerbehinderten übertragen werden könne und die fehlende Darlegung der Ablehnungsgründe, begründeten gemäß § 22 AGG seine Benachteiligung als Schwerbehinderter. Bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte vorsätzlich gehandelt habe, dass es sich nicht um eine befristete Stelle gehandelt habe, und dass seine Erwerbsaussichten durch eine seine Entschädigungsklagen betreffende Umfrageaktion des Gemeindetags vom Juni 2010 schwer beeinträchtigt worden seien.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2010 zu zahlen.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Sie trägt vor: Die Klage sei rechtsmissbräuchlich. Der Kläger habe etwa 30 Körperschaften, zumeist kleinere Gemeinden, im Anschluss an seine Bewerbungen mit Ansprüchen gemäß § 15 Abs. 2 AGG überzogen. Die verlangten Entschädigungen beliefen sich im Juli 2010 auf insgesamt rund 169.280 EUR. Hochgerechnet ergebe sich daraus ein Jahreseinkommen von 300.000 EUR. In mindestens fünf Fällen sei der Kläger einer Einladung zum Bewerbungsgespräch nicht gefolgt. Es komme dem Kläger offenbar gar nicht vordringlich darauf an, eine Stelle zu finden. Dafür spreche auch der Inhalt seiner Bewerbung per e-mail. Die darin enthaltene Formulierung, er würde sich über ein persönliches Gespräch sehr freuen, sei scheinheilig, weil der schwerbehinderte Kläger wider besseres Wissen den Eindruck erweckt habe, es stehe ihr, der Beklagten, frei, ihn einzuladen. Dass der Kläger nicht eingeladen worden sei, habe ihn nicht benachteiligen können, weil er zu den von ihr auf den 21.01.2010 bestimmten Vorstellungsgesprächen nicht erschienen wäre, nachdem er zu diesem Zeitpunkt gerade seine Stelle bei der Gemeinde X angetreten gehabt habe. So habe er Vorstellungstermine bei anderen Stellen am 19.01., 11.02. und 04.03.2010 abgesagt. Der Kläger möge sich dazu äußern, welche Vorstellungstermine er nach dem 12.01.2010 noch wahrgenommen habe. Der Kläger sei jedenfalls für die ausgeschriebene Stelle offensichtlich ungeeignet gewesen. Ihm fehle jede berufliche Erfahrung im öffentlichen Bereich und insbesondere im Kämmereiwesen; insoweit habe er auch keine fundierten Kenntnisse. Sein Lebenslauf sei nicht stringent und eher eine Zusammenschau seiner wenn nicht gescheiterten, so doch nicht weiter verfolgten beruflichen Ansätze. Sie habe den Kläger auch nicht objektiv benachteiligt. Seine Nichtberücksichtigung beruhe allein auf sachlichen Gründen. So habe der eingestellte Bewerber die Staatsprüfung mit der Note 10,31 bestanden. Dieser habe, wie auch die beiden anderen zu einem Vorstellungsgespräch eingeladenen Bewerber, über einschlägige praktische Berufserfahrungen im Finanzwesen und über fundierte Kenntnisse in SAP und PSM verfügt und besitze wegen seiner Tätigkeit bei einem Zweckverband für Kommunale Informationsverarbeitung eine besondere Qualifikation; letzteres habe ihn insbesondere zur Umstellung der Kameralistik zur Doppik befähigt. Eine Schwerbehindertenvertretung und einen Personalrat gebe es bei ihr wegen der Größe der Gemeinde nicht. Die Schwerbehindertenquote erfülle sie.
17 
Der Kläger hat im Rahmen eines erneuten Prozesskostenhilfeantrags im April 2011 mitgeteilt, dass er bisher von sechs Körperschaften im Vergleichswege Entschädigungen in Höhe von bisher insgesamt 23.900 EUR erhalten habe. In der mündlichen Verhandlung hat er erklärt, in der Zwischenzeit in weiteren Fällen Entschädigungsansprüche zu verfolgen.
18 
Der Kammer liegt ein Heft Akten der Beklagten vor.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft und auch sonst zulässig.
20 
Eines Vorverfahrens (gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG) bedarf es jedenfalls deshalb nicht (mehr), weil die Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO abgelaufen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.08.2009 - 9 S 3330/08 - ZBR 2010, 128 = juris Rdnr. 16).
21 
Der Klagantrag ist hinreichend bestimmt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.08.2009 - 9 S 3330/08 - a.a.O. Rdnr.17). Der Kläger begehrt eine angemessene Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG, welche er in der mündlichen Verhandlung dahin beziffert hat, dass diese die Bezüge für drei Monate (für Besoldungsgruppe A 9, Besoldungsstufe 9 gemäß den im Zeitpunkt seiner Bewerbung geltenden Besoldungsvorschriften) betragen soll. Einen darüber hinausgehenden Schadensersatzanspruch gemäß § 15 Abs. 1 AGG macht er nicht geltend.
22 
Dem Kläger fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Insbesondere ist die Klage nicht rechtsmissbräuchlich.
23 
Dies könnte der Fall sein, wenn es dem Kläger offensichtlich nicht um eine Anstellung, sondern allein darum ginge, bei unkundigen öffentlichen Stellen Entschädigungen nach § 15 Abs. 2 AGG zu erlangen (auch als „AGG-Hopping“ bezeichnet). Davon kann aber nicht ausgegangen werden. Allein die Vielzahl der vom Kläger angestrengten Verfahren sind dafür kein hinreichendes Indiz (vgl. BAG, Urt. v. 21.07.2009 - 9 AZR 431/08 - NJW 2009, 3319 = juris, Rdnr. 52). Es spricht vielmehr alles dafür, dass der Kläger tatsächlich versucht, entsprechend seiner fachlichen Qualifikation als Diplom-verwaltungswirt (FH) eine Stelle im gehobenen Verwaltungsdienst zu erhalten. Er hat glaubhaft in zahlreichen Fällen, in den er auf seine Bewerbung zu einem Vorstellungsgespräch geladen war, dieses wahrgenommen. Er hat auch nicht von Anfang wegen der zahlreichen Absagen, denen kein Vorstellungsgespräch vorausgegangen war, Entschädigungsansprüche geltend gemacht. Dazu ist er, auch dies ist glaubhaft, erst übergegangen, als er sich durch die Vielzahl der Absagen und den Umstand, dass die meisten der Angehörigen seines Abschlussjahrgangs Stellen erlangt hatten, diskriminiert fühlte und keinen anderen Weg sah, Einladungen zu Vorstellungsgesprächen zu erwirken. Dass er die Beklagte nicht ausdrücklich auf ihre grundsätzlich bestehende Pflicht, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, hingewiesen, sondern nur seine Bereitschaft zu einem Gespräch bekundet hat, obwohl er aus einer Vielzahl von erfolglosen Bewerbungen bereits wusste, dass entsprechende Kenntnisse bei vielen Anstellungskörperschaften damals noch fehlten, lässt nicht zwingend darauf schließen, dass es dem Kläger gar nicht um die Möglichkeit gegangen wäre, sich vorzustellen. Denn es erscheint nicht lebensfern, dass der Kläger damit rechnen musste, seine Aussichten bei einer Bewerbung durch einen ausdrücklichen, entschiedenen Hinweis auf die gesetzlichen Rechte von Schwerbehinderten eher zu verschlechtern. Die Ernstlichkeit seiner Bewerbungen zeigt sich im Übrigen darin, dass er im Januar 2010 eine Stelle als Sachbearbeiter für Gewerbesteuer in X trotz der weiten Entfernung zu seinem Wohnort angetreten und dort bis zum Wirksamwerden seiner Entlassung auch tätig war. Auch die sonstigen Umstände legen nicht nahe, dass es dem Kläger jeweils und insbesondere im Bewerbungsverfahren bei der Beklagten nur um eine Entschädigung ging. Eine Bewerbung per e-mail ist heutzutage nicht ungewöhnlich und wird auch von öffentlichen Stellen hingenommen. Auch die an seine Bewerbung angehängten Unterlagen lassen einen Mangel an Ernstlichkeit nicht erkennen. Dafür, dass der Kläger auf seine Schwerbehinderung überdeutlich hingewiesen und neben einer Kopie des Schwerbehindertenausweises sogar ein entsprechendes fachärztliches Zeugnis dafür beigefügt hat, dass seine Erkrankung seine Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt, gilt nichts anderes.
24 
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Entschädigungsanspruch nicht zu.
25 
Verstößt ein Arbeitsgeber gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG, dazu gehört insbesondere auch eine Benachteiligung wegen einer Behinderung (§ 1 AGG) beim Zugang zu einer Erwerbstätigkeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG), ist er verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen (§ 15 Abs. 1 AGG).
26 
Gemäß § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte bzw. der oder die Bewerberin (§ 6 Abs. 1 Satz 2 AGG) wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
27 
Der Bewerber oder die Bewerberin muss den Anspruch innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend machen (§ 15 Abs. 4 AGG). Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung mit dem Zugang der Ablehnung.
28 
Zum Schutz Behinderter in Bewerbungsverfahren regelt § 82 SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - Folgendes: Die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber melden den Agenturen für Arbeit frühzeitig freiwerdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze. Haben schwerbehinderte Menschen sich um einen solchen Arbeitsplatz beworben oder sind sie von der Bundesagentur für Arbeit oder einem von dieser beauftragten Integrationsdienst vorgeschlagen worden, werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Eine Einladung ist entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt.
29 
Grund dafür, dass die Pflicht zur Einladung von Schwerbehinderten zu einem Vorstellungsgespräch nur bei offenkundiger Nichteignung (und nicht etwa auch bei offensichtlicher, sich aus dem Bewerberfeld ergebender Chancenlosigkeit) ergibt, ist, dass ein schwerbehinderter Bewerber bei einem öffentlichen Arbeitgeber die Chance eines Vorstellungsgesprächs bekommen muss, wenn seine fachliche Eignung zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Selbst wenn sich der Arbeitgeber aufgrund der Bewerbungsunterlagen schon die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Bewerber nicht mehr in die nähere Auswahl kommen könne, muss er den schwerbehinderten Bewerber, so will es der Gesetzgeber, einladen, damit jener den Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von seiner Eignung ggf. überzeugen kann und wohl auch, damit sich Schwerbehinderte zumindest nicht von vornherein im Bewerbungsverfahren ausgegrenzt fühlen müssen. Wird einem Schwerbehinderten die Möglichkeit der Vorstellung genommen, liegt darin eine weniger günstige Behandlung, als sie das Gesetz zur Herstellung gleicher Bewerbungschancen gegenüber anderen Bewerbern für erforderlich hält. Der Ausschluss aus dem weiteren Bewerbungsverfahren ist eine Benachteiligung, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung steht (BAG, Urt. v. 21.07.2009 - 9 AZR 431/08 - a.a.O., Rdnr. 22).
30 
Nach der Rechtsprechung fehlt es an einer Eignung eines schwerbehinderten Bewerbers im Sinne von § 82 Satz 2 SGB IX offensichtlich dann, wenn dieser das Anforderungsprofil - auch nur in einem Punkt - (offensichtlich) nicht erfüllt. Maßgeblich sind insoweit die Bewerbungsunterlagen und nach Auffassung der Kammer ggf. auch die sonstigen im Bewerbungsverfahren bekannt gewordenen Umstände. Das Anforderungsprofil bestimmt als Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv die Kriterien, die der künftige Inhaber erfüllen muss (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.08.2009 - 9 S 3330/08 - ZBR 2010, 128 = Juris Rdnr. 22 ff. m.w.N.; BAG, Urt. v. 21.07.2009 - 9 AZR 431/08 - a.a.O., Rdnr. 24).
31 
In diesem Sinne enthält die Stellenausschreibung der Beklagten, das Anforderungsprofil, keine ausdrücklichen zwingenden Festlegungen, welche der Kläger nicht erfüllte.
32 
Dem Erfordernis, dem gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst anzugehören, genügt der Kläger mit seinem Abschluss als Diplomverwaltungswirt (FH). Eine Mindestabschlussnote wird in der Ausschreibung nicht verlangt.
33 
Darüber hinausgehende, besondere Fachkenntnisse im Sinne einer einzelnen Fachrichtung oder einer einzelnen Befähigung werden in der Ausschreibung nicht zwingend vorausgesetzt. Diese stellt keine Anforderungen, welche nicht durch die Ausbildung an einer staatlichen Hochschule für Verwaltung als erfüllt angesehen werden könnten. Dies gilt insbesondere auch für die Anforderung „fundierte Kenntnisse im kommunalen Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen“, wie sich auch aus den vom Kläger mit der Bewerbung vorgelegten Einzelnachweisen zu Ausbildungsleistungen an der Verwaltungshochschule ergibt.
34 
Berufs- oder gar Leitungserfahrung wird in der Ausschreibung nicht ausdrücklich verlangt. Ein solches Erfordernis ergibt sich auch nicht aus der zum Aufgabenbereich gehörenden Leitungsfunktion. Der Kläger hat im Übrigen unwidersprochen und glaubhaft darauf hingewiesen, dass entsprechende Stellen nicht selten mit Abgängern von der Fachhochschule X besetzt würden.
35 
Die Beklagte durfte gleichwohl davon ausgehen, dass der Kläger trotz feststehender fachlicher Eignung für die ausgeschriebene Stelle offensichtlich ungeeignet ist.
36 
Die Eignung für eine Stelle im Sinne von § 82 Satz 2 SGB IX bestimmt sich nicht nur nach den ausdrücklich in der Ausschreibung erwähnten Merkmalen des Anforderungsprofils. Zu ihr gehören auch ungeschriebene Fähigkeiten, welche durch den geforderten fachlichen Abschluss, hier als Diplom-Verwaltungswirt, nicht ohne Weiteres belegt werden. Dazu zählt insbesondere, dass der Bewerber seine durch den Bildungsabschluss nachgewiesenen fachlichen Kenntnisse in der Praxis tatsächlich umsetzen kann. Dies kann allgemein als Berufstauglichkeit, im Falle von Leitungspositionen zusätzlich auch als Leitungstauglichkeit umschrieben werden.
37 
Zwar sind, liegt der geforderte fachliche Abschluss vor, entsprechende Fähigkeiten zu vermuten, gerade wenn die Ausbildung, wie an einer Hochschule für Verwaltung, stark praxisorientiert ist. Es sind aber Fälle denkbar, in denen sich schon aus den Bewerbungsunterlagen und ggf. zusätzlich bekannt gewordenen Umständen eine Praxisuntauglichkeit für die ausgeschriebene (Leitungs-)Aufgabe ergibt. Ein solcher Fall ist hier gegeben.
38 
Dem gesamten Inhalt seiner Bewerbung nach empfiehlt sich der Kläger darin nicht für eine Leitungsposition. Er hebt nur auf seine fachlichen Fähigkeiten und auf seine Fähigkeit zur Teamarbeit und zur Kommunikation ab. Führungsqualitäten legt er in seiner Bewerbung nicht da. Der Hinweis auf seine Mitgliedschaft im Imkerverein und dort nicht näher bezeichnete Erfahrungen mit Projekt- und Organisationsarbeit reicht insoweit offensichtlich nicht aus.
39 
Vor allem aber ergibt sich aus seiner Bewerbung, dass sich an seine verschiedenen beruflichen Ausbildungen nie eine entsprechende nachhaltige berufliche Tätigkeit angeschlossen hat. Soweit er insoweit überhaupt Angaben gemacht hat (offen bleibt insoweit insbesondere der Zeitraum von Februar 2002 bis einschließlich August 2004), sind diese unbestimmt und werden die dort genannten Tätigkeiten auch nicht näher beschrieben oder durch Zeugnisse oder Beurteilungen belegt. Der Kläger hat insoweit in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt, dass er immer nur vorübergehende Aushilfsbeschäftigungen gehabt habe, also nie beruflich habe Fuß fassen können, und dass er deshalb für seine praktischen Tätigkeiten außerhalb seiner Ausbildungen auch keine Zeugnisse beifügen könne, welche seine Bewerbungen fördern könnten; soweit er darauf hingewiesen hat, dass eine Bewerbung insoweit nicht vollständig sein müsse, mag dies zwar zutreffen; es ändert aber nichts an dem Eindruck, dass er mit keiner seiner Ausbildungen auf dem Arbeitsmarkt Erfolg gehabt hatte und auch sonst, soweit er selbständig tätig war, beruflich nicht Fuß fassen konnte.
40 
Die Kammer verkennt nicht, dass eine Eignung für Stellen wie die hier ausgeschriebene unter Umständen auch bei sprunghaften oder sonst ungewöhnlichen Biographien mit ganz unterschiedlichen Berufsausbildungen und Tätigkeiten gegeben sein kann. Die Bewerbung des Klägers bietet für einen solchen, eher ungewöhnlichen Fall aber keine hinreichenden Anhaltspunkte.
41 
Soweit der Kläger den Umstand, dass er aus keiner seiner Ausbildungen beruflich einen Nutzen ziehen konnte, auf seine Schwerbehinderung zurückführt und dabei auf allgemeine, aber auch eigene schlechte Erfahrungen mit Vorgesetzten und Arbeitgebern verweist, welche ihn jeweils wegen von vornherein seiner äußerlich erkennbaren Behinderung, einem essentiellen Tremor, abgelehnt und ihm nichts zugetraut hätten, vermag dies nichts daran zu ändern, dass er über viele Jahre hinweg und in einem fortgeschrittenen Alter in keinem beruflichen Tätigkeitsfeld nachhaltig praktische Erfahrung vorweisen kann. Es geht insoweit nicht darum, ob er eine in der Ausschreibung nicht verlangte Berufserfahrung aufweist, sondern darum, ob die Beklagte aus seiner Biographie schließen darf, dass er der ausgeschriebenen Leitungsaufgabe zweifelsfrei nicht gerecht werden würde. Dies bejaht die Kammer.
42 
Danach kann offenbleiben, ob die Nichteinladung des Klägers zum Vorstellungsgespräch auch deshalb keine Benachteiligung darstellte, weil der Kläger - was er unter Hinweis auf ein wahrgenommenes Vorstellungsgespräch am 22.03.2010 bestreitet - ohnehin, wie in drei anderen Fällen, nicht erschienen wäre, weil er zu jener Zeit die Stelle in X inne hatte.
43 
Mit dieser Entscheidung setzt sich die Kammer wohl nicht in Widerspruch zur jüngsten einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, soweit diese bekannt geworden ist (Urt. v. 03.03.2011 - 5 C 15.10 und 16.10 -, vgl. die entsprechende Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts; die vollständigen Gründe liegen noch nicht vor). Denn aus dieser dürfte nur hervorgehen, dass im Falle einer unterbliebenen, geboten Einladung zum Vorstellungsgespräch ein Entschädigungsanspruch nicht daran scheitert, dass der schwerbehinderte Bewerber auch im Falle seiner Einladung letztlich wegen seiner Abschlussnote im maßgeblichen Examen voraussichtlich nicht zum Zuge gekommen wäre (so noch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.08.2009 - 9 S 3330/08 - a.a.O.).
44 
Die weiteren vom Kläger geltend gemachten Benachteiligungen im Bewerbungsverfahren liegen nicht vor, sind nicht für eine Benachteiligung kausal oder sind, wegen der offensichtlichen Nichteignung des Klägers für die ausgeschriebene Leitungsstelle, ebenfalls unbeachtlich.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist nicht gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.07.2010 - 4 S 1333/10 - juris).
46 
Die Kammer lässt die Berufung zu, weil die Frage, ob die offensichtliche Nichteignung im Sinne von § 82 Satz 2 SGB IX auch dann vorliegen kann, wenn der schwerbehinderte Bewerber die fachlichen Einstellungsvoraussetzungen erfüllt, es ihm aber ersichtlich an einer praktischen Berufs- bzw. Leitungstauglichkeit fehlt, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Gründe

 
19 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft und auch sonst zulässig.
20 
Eines Vorverfahrens (gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG) bedarf es jedenfalls deshalb nicht (mehr), weil die Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO abgelaufen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.08.2009 - 9 S 3330/08 - ZBR 2010, 128 = juris Rdnr. 16).
21 
Der Klagantrag ist hinreichend bestimmt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.08.2009 - 9 S 3330/08 - a.a.O. Rdnr.17). Der Kläger begehrt eine angemessene Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG, welche er in der mündlichen Verhandlung dahin beziffert hat, dass diese die Bezüge für drei Monate (für Besoldungsgruppe A 9, Besoldungsstufe 9 gemäß den im Zeitpunkt seiner Bewerbung geltenden Besoldungsvorschriften) betragen soll. Einen darüber hinausgehenden Schadensersatzanspruch gemäß § 15 Abs. 1 AGG macht er nicht geltend.
22 
Dem Kläger fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Insbesondere ist die Klage nicht rechtsmissbräuchlich.
23 
Dies könnte der Fall sein, wenn es dem Kläger offensichtlich nicht um eine Anstellung, sondern allein darum ginge, bei unkundigen öffentlichen Stellen Entschädigungen nach § 15 Abs. 2 AGG zu erlangen (auch als „AGG-Hopping“ bezeichnet). Davon kann aber nicht ausgegangen werden. Allein die Vielzahl der vom Kläger angestrengten Verfahren sind dafür kein hinreichendes Indiz (vgl. BAG, Urt. v. 21.07.2009 - 9 AZR 431/08 - NJW 2009, 3319 = juris, Rdnr. 52). Es spricht vielmehr alles dafür, dass der Kläger tatsächlich versucht, entsprechend seiner fachlichen Qualifikation als Diplom-verwaltungswirt (FH) eine Stelle im gehobenen Verwaltungsdienst zu erhalten. Er hat glaubhaft in zahlreichen Fällen, in den er auf seine Bewerbung zu einem Vorstellungsgespräch geladen war, dieses wahrgenommen. Er hat auch nicht von Anfang wegen der zahlreichen Absagen, denen kein Vorstellungsgespräch vorausgegangen war, Entschädigungsansprüche geltend gemacht. Dazu ist er, auch dies ist glaubhaft, erst übergegangen, als er sich durch die Vielzahl der Absagen und den Umstand, dass die meisten der Angehörigen seines Abschlussjahrgangs Stellen erlangt hatten, diskriminiert fühlte und keinen anderen Weg sah, Einladungen zu Vorstellungsgesprächen zu erwirken. Dass er die Beklagte nicht ausdrücklich auf ihre grundsätzlich bestehende Pflicht, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, hingewiesen, sondern nur seine Bereitschaft zu einem Gespräch bekundet hat, obwohl er aus einer Vielzahl von erfolglosen Bewerbungen bereits wusste, dass entsprechende Kenntnisse bei vielen Anstellungskörperschaften damals noch fehlten, lässt nicht zwingend darauf schließen, dass es dem Kläger gar nicht um die Möglichkeit gegangen wäre, sich vorzustellen. Denn es erscheint nicht lebensfern, dass der Kläger damit rechnen musste, seine Aussichten bei einer Bewerbung durch einen ausdrücklichen, entschiedenen Hinweis auf die gesetzlichen Rechte von Schwerbehinderten eher zu verschlechtern. Die Ernstlichkeit seiner Bewerbungen zeigt sich im Übrigen darin, dass er im Januar 2010 eine Stelle als Sachbearbeiter für Gewerbesteuer in X trotz der weiten Entfernung zu seinem Wohnort angetreten und dort bis zum Wirksamwerden seiner Entlassung auch tätig war. Auch die sonstigen Umstände legen nicht nahe, dass es dem Kläger jeweils und insbesondere im Bewerbungsverfahren bei der Beklagten nur um eine Entschädigung ging. Eine Bewerbung per e-mail ist heutzutage nicht ungewöhnlich und wird auch von öffentlichen Stellen hingenommen. Auch die an seine Bewerbung angehängten Unterlagen lassen einen Mangel an Ernstlichkeit nicht erkennen. Dafür, dass der Kläger auf seine Schwerbehinderung überdeutlich hingewiesen und neben einer Kopie des Schwerbehindertenausweises sogar ein entsprechendes fachärztliches Zeugnis dafür beigefügt hat, dass seine Erkrankung seine Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt, gilt nichts anderes.
24 
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Entschädigungsanspruch nicht zu.
25 
Verstößt ein Arbeitsgeber gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG, dazu gehört insbesondere auch eine Benachteiligung wegen einer Behinderung (§ 1 AGG) beim Zugang zu einer Erwerbstätigkeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG), ist er verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen (§ 15 Abs. 1 AGG).
26 
Gemäß § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte bzw. der oder die Bewerberin (§ 6 Abs. 1 Satz 2 AGG) wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
27 
Der Bewerber oder die Bewerberin muss den Anspruch innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend machen (§ 15 Abs. 4 AGG). Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung mit dem Zugang der Ablehnung.
28 
Zum Schutz Behinderter in Bewerbungsverfahren regelt § 82 SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - Folgendes: Die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber melden den Agenturen für Arbeit frühzeitig freiwerdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze. Haben schwerbehinderte Menschen sich um einen solchen Arbeitsplatz beworben oder sind sie von der Bundesagentur für Arbeit oder einem von dieser beauftragten Integrationsdienst vorgeschlagen worden, werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Eine Einladung ist entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt.
29 
Grund dafür, dass die Pflicht zur Einladung von Schwerbehinderten zu einem Vorstellungsgespräch nur bei offenkundiger Nichteignung (und nicht etwa auch bei offensichtlicher, sich aus dem Bewerberfeld ergebender Chancenlosigkeit) ergibt, ist, dass ein schwerbehinderter Bewerber bei einem öffentlichen Arbeitgeber die Chance eines Vorstellungsgesprächs bekommen muss, wenn seine fachliche Eignung zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Selbst wenn sich der Arbeitgeber aufgrund der Bewerbungsunterlagen schon die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Bewerber nicht mehr in die nähere Auswahl kommen könne, muss er den schwerbehinderten Bewerber, so will es der Gesetzgeber, einladen, damit jener den Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von seiner Eignung ggf. überzeugen kann und wohl auch, damit sich Schwerbehinderte zumindest nicht von vornherein im Bewerbungsverfahren ausgegrenzt fühlen müssen. Wird einem Schwerbehinderten die Möglichkeit der Vorstellung genommen, liegt darin eine weniger günstige Behandlung, als sie das Gesetz zur Herstellung gleicher Bewerbungschancen gegenüber anderen Bewerbern für erforderlich hält. Der Ausschluss aus dem weiteren Bewerbungsverfahren ist eine Benachteiligung, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung steht (BAG, Urt. v. 21.07.2009 - 9 AZR 431/08 - a.a.O., Rdnr. 22).
30 
Nach der Rechtsprechung fehlt es an einer Eignung eines schwerbehinderten Bewerbers im Sinne von § 82 Satz 2 SGB IX offensichtlich dann, wenn dieser das Anforderungsprofil - auch nur in einem Punkt - (offensichtlich) nicht erfüllt. Maßgeblich sind insoweit die Bewerbungsunterlagen und nach Auffassung der Kammer ggf. auch die sonstigen im Bewerbungsverfahren bekannt gewordenen Umstände. Das Anforderungsprofil bestimmt als Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv die Kriterien, die der künftige Inhaber erfüllen muss (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.08.2009 - 9 S 3330/08 - ZBR 2010, 128 = Juris Rdnr. 22 ff. m.w.N.; BAG, Urt. v. 21.07.2009 - 9 AZR 431/08 - a.a.O., Rdnr. 24).
31 
In diesem Sinne enthält die Stellenausschreibung der Beklagten, das Anforderungsprofil, keine ausdrücklichen zwingenden Festlegungen, welche der Kläger nicht erfüllte.
32 
Dem Erfordernis, dem gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst anzugehören, genügt der Kläger mit seinem Abschluss als Diplomverwaltungswirt (FH). Eine Mindestabschlussnote wird in der Ausschreibung nicht verlangt.
33 
Darüber hinausgehende, besondere Fachkenntnisse im Sinne einer einzelnen Fachrichtung oder einer einzelnen Befähigung werden in der Ausschreibung nicht zwingend vorausgesetzt. Diese stellt keine Anforderungen, welche nicht durch die Ausbildung an einer staatlichen Hochschule für Verwaltung als erfüllt angesehen werden könnten. Dies gilt insbesondere auch für die Anforderung „fundierte Kenntnisse im kommunalen Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen“, wie sich auch aus den vom Kläger mit der Bewerbung vorgelegten Einzelnachweisen zu Ausbildungsleistungen an der Verwaltungshochschule ergibt.
34 
Berufs- oder gar Leitungserfahrung wird in der Ausschreibung nicht ausdrücklich verlangt. Ein solches Erfordernis ergibt sich auch nicht aus der zum Aufgabenbereich gehörenden Leitungsfunktion. Der Kläger hat im Übrigen unwidersprochen und glaubhaft darauf hingewiesen, dass entsprechende Stellen nicht selten mit Abgängern von der Fachhochschule X besetzt würden.
35 
Die Beklagte durfte gleichwohl davon ausgehen, dass der Kläger trotz feststehender fachlicher Eignung für die ausgeschriebene Stelle offensichtlich ungeeignet ist.
36 
Die Eignung für eine Stelle im Sinne von § 82 Satz 2 SGB IX bestimmt sich nicht nur nach den ausdrücklich in der Ausschreibung erwähnten Merkmalen des Anforderungsprofils. Zu ihr gehören auch ungeschriebene Fähigkeiten, welche durch den geforderten fachlichen Abschluss, hier als Diplom-Verwaltungswirt, nicht ohne Weiteres belegt werden. Dazu zählt insbesondere, dass der Bewerber seine durch den Bildungsabschluss nachgewiesenen fachlichen Kenntnisse in der Praxis tatsächlich umsetzen kann. Dies kann allgemein als Berufstauglichkeit, im Falle von Leitungspositionen zusätzlich auch als Leitungstauglichkeit umschrieben werden.
37 
Zwar sind, liegt der geforderte fachliche Abschluss vor, entsprechende Fähigkeiten zu vermuten, gerade wenn die Ausbildung, wie an einer Hochschule für Verwaltung, stark praxisorientiert ist. Es sind aber Fälle denkbar, in denen sich schon aus den Bewerbungsunterlagen und ggf. zusätzlich bekannt gewordenen Umständen eine Praxisuntauglichkeit für die ausgeschriebene (Leitungs-)Aufgabe ergibt. Ein solcher Fall ist hier gegeben.
38 
Dem gesamten Inhalt seiner Bewerbung nach empfiehlt sich der Kläger darin nicht für eine Leitungsposition. Er hebt nur auf seine fachlichen Fähigkeiten und auf seine Fähigkeit zur Teamarbeit und zur Kommunikation ab. Führungsqualitäten legt er in seiner Bewerbung nicht da. Der Hinweis auf seine Mitgliedschaft im Imkerverein und dort nicht näher bezeichnete Erfahrungen mit Projekt- und Organisationsarbeit reicht insoweit offensichtlich nicht aus.
39 
Vor allem aber ergibt sich aus seiner Bewerbung, dass sich an seine verschiedenen beruflichen Ausbildungen nie eine entsprechende nachhaltige berufliche Tätigkeit angeschlossen hat. Soweit er insoweit überhaupt Angaben gemacht hat (offen bleibt insoweit insbesondere der Zeitraum von Februar 2002 bis einschließlich August 2004), sind diese unbestimmt und werden die dort genannten Tätigkeiten auch nicht näher beschrieben oder durch Zeugnisse oder Beurteilungen belegt. Der Kläger hat insoweit in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt, dass er immer nur vorübergehende Aushilfsbeschäftigungen gehabt habe, also nie beruflich habe Fuß fassen können, und dass er deshalb für seine praktischen Tätigkeiten außerhalb seiner Ausbildungen auch keine Zeugnisse beifügen könne, welche seine Bewerbungen fördern könnten; soweit er darauf hingewiesen hat, dass eine Bewerbung insoweit nicht vollständig sein müsse, mag dies zwar zutreffen; es ändert aber nichts an dem Eindruck, dass er mit keiner seiner Ausbildungen auf dem Arbeitsmarkt Erfolg gehabt hatte und auch sonst, soweit er selbständig tätig war, beruflich nicht Fuß fassen konnte.
40 
Die Kammer verkennt nicht, dass eine Eignung für Stellen wie die hier ausgeschriebene unter Umständen auch bei sprunghaften oder sonst ungewöhnlichen Biographien mit ganz unterschiedlichen Berufsausbildungen und Tätigkeiten gegeben sein kann. Die Bewerbung des Klägers bietet für einen solchen, eher ungewöhnlichen Fall aber keine hinreichenden Anhaltspunkte.
41 
Soweit der Kläger den Umstand, dass er aus keiner seiner Ausbildungen beruflich einen Nutzen ziehen konnte, auf seine Schwerbehinderung zurückführt und dabei auf allgemeine, aber auch eigene schlechte Erfahrungen mit Vorgesetzten und Arbeitgebern verweist, welche ihn jeweils wegen von vornherein seiner äußerlich erkennbaren Behinderung, einem essentiellen Tremor, abgelehnt und ihm nichts zugetraut hätten, vermag dies nichts daran zu ändern, dass er über viele Jahre hinweg und in einem fortgeschrittenen Alter in keinem beruflichen Tätigkeitsfeld nachhaltig praktische Erfahrung vorweisen kann. Es geht insoweit nicht darum, ob er eine in der Ausschreibung nicht verlangte Berufserfahrung aufweist, sondern darum, ob die Beklagte aus seiner Biographie schließen darf, dass er der ausgeschriebenen Leitungsaufgabe zweifelsfrei nicht gerecht werden würde. Dies bejaht die Kammer.
42 
Danach kann offenbleiben, ob die Nichteinladung des Klägers zum Vorstellungsgespräch auch deshalb keine Benachteiligung darstellte, weil der Kläger - was er unter Hinweis auf ein wahrgenommenes Vorstellungsgespräch am 22.03.2010 bestreitet - ohnehin, wie in drei anderen Fällen, nicht erschienen wäre, weil er zu jener Zeit die Stelle in X inne hatte.
43 
Mit dieser Entscheidung setzt sich die Kammer wohl nicht in Widerspruch zur jüngsten einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, soweit diese bekannt geworden ist (Urt. v. 03.03.2011 - 5 C 15.10 und 16.10 -, vgl. die entsprechende Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts; die vollständigen Gründe liegen noch nicht vor). Denn aus dieser dürfte nur hervorgehen, dass im Falle einer unterbliebenen, geboten Einladung zum Vorstellungsgespräch ein Entschädigungsanspruch nicht daran scheitert, dass der schwerbehinderte Bewerber auch im Falle seiner Einladung letztlich wegen seiner Abschlussnote im maßgeblichen Examen voraussichtlich nicht zum Zuge gekommen wäre (so noch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.08.2009 - 9 S 3330/08 - a.a.O.).
44 
Die weiteren vom Kläger geltend gemachten Benachteiligungen im Bewerbungsverfahren liegen nicht vor, sind nicht für eine Benachteiligung kausal oder sind, wegen der offensichtlichen Nichteignung des Klägers für die ausgeschriebene Leitungsstelle, ebenfalls unbeachtlich.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist nicht gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.07.2010 - 4 S 1333/10 - juris).
46 
Die Kammer lässt die Berufung zu, weil die Frage, ob die offensichtliche Nichteignung im Sinne von § 82 Satz 2 SGB IX auch dann vorliegen kann, wenn der schwerbehinderte Bewerber die fachlichen Einstellungsvoraussetzungen erfüllt, es ihm aber ersichtlich an einer praktischen Berufs- bzw. Leitungstauglichkeit fehlt, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Menschen mit Behinderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Als langfristig gilt ein Zeitraum, der mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

(1) Soweit Einzelbewertungen zu einer Gesamtbewertung zusammengefaßt werden, ist die Gesamtnote bis auf zwei Dezimalstellen ohne Auf- oder Abrundung rechnerisch zu ermitteln.

(2) Den errechneten Punktwerten entsprechen folgende Notenbezeichnungen:

14.00 - 18.00sehr gut
11.50 - 13.99gut
9.00 - 11.49vollbefriedigend
6.50 - 8.99befriedigend
4.00 - 6.49ausreichend
1.50 - 3.99mangelhaft
0 - 1.49ungenügend.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin ist Regierungsdirektorin (Besoldungsgruppe A 15) im Dienst der Antragsgegnerin. Sie wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die Besetzung des mit der Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens des Referatsleiters "Rechtsangelegenheiten/G 10" (...) mit dem Beigeladenen, der ebenfalls das Amt eines Regierungsdirektors (Besoldungsgruppe A 15) innehat.

2

Zur Nachbesetzung des freiwerdenden Dienstpostens entwickelte die Antragsgegnerin aus einer Dienstpostenbeschreibung ein Anforderungsprofil und schrieb den Dienstposten im Juni 2012 entsprechend aus. Nach der Stellenausschreibung sind u.a. die Befähigung zum Richteramt gemäß § 5 DRiG, Führungskompetenz, eine mindestens sechsjährige Erfahrung in Führungspositionen im juristischen Bereich, Sprachkenntnisse Englisch entsprechend "SLP 3" und eine mindestens zweijährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten gefordert. Auf die Ausschreibung bewarben sich u.a. die Antragstellerin und der Beigeladene, die in ihren letzten Regelbeurteilungen beide das Gesamturteil 8 von 9 möglichen Punkten erzielt hatten. Die Antragsgegnerin entschied sich für den Beigeladenen und teilte nach Zustimmung des Bundeskanzleramts den anderen Bewerbern mit, dass die "förderliche Besetzung" des Dienstpostens mit dem Beigeladenen zum 1. Februar 2013 geplant sei.

3

Hiergegen hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt und die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Sie hält die Auswahlentscheidung für rechtswidrig, weil sie nur auf einzelne Merkmale des Anforderungsprofils abstelle, ohne hierfür eine ausreichende Begründung zu geben. Darüber hinaus sei dem Beigeladenen zu Unrecht ein Vorsprung im Merkmal Führungskompetenz zugesprochen worden. Sie sei hier besser beurteilt und verfüge auch über eine längere Führungserfahrung im rechtlichen Bereich. Die ebenfalls im Anforderungsprofil geforderten Sprachkenntnisse würden aktuell nur von ihr, nicht aber vom Beigeladenen erfüllt. Sie weise auch die geforderte Erfahrung in der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten auf, weil sie als Sachgebietsleiterin die Ausrüstungs- und Ausbildungshilfe für ausländische Nachrichtendienste geplant und gesteuert habe und für die Entwicklung des AND-Policy-Konzepts zuständig gewesen sei.

4

Die Antragstellerin beantragt,

der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, den Dienstposten Referatsleiter Rechtsangelegenheiten/G 10 in der Abteilung ... mit dem Beigeladenen zu besetzen.

5

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

6

Sie verteidigt die Auswahlentscheidung. Nur der Beigeladene erfülle alle Merkmale des Anforderungsprofils vollständig. Im Übrigen könne ein Vorsprung der Antragstellerin auch im Hinblick auf das Merkmal Führungskompetenz nicht festgestellt werden. Zwar sei der Beigeladene hier etwas schlechter beurteilt; es müsse jedoch berücksichtigt werden, dass er als Referatsleiter deutlich mehr Sach- und Personalverantwortung getragen und damit höhere Anforderungen zu erfüllen gehabt habe als die als Sachgebietsleiterin tätige Antragstellerin. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass die leicht schlechtere Beurteilung bei höheren Anforderungen im Vergleich mit einer leicht besseren Beurteilung bei weniger hohen Anforderungen als im Wesentlichen gleich gut einzustufen sei.

7

Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

8

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Senatsakten sowie die vom Bundesnachrichtendienst übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

9

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, über den der Senat gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz entscheidet, ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass durch die Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens mit dem Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

10

1. Der Antragstellerin steht ein Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Seite.

11

Zwar ist Gegenstand des Rechtsstreits nicht die Vergabe eines statusrechtlichen Amtes, die nach Ernennung des ausgewählten Bewerbers nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nur noch rückgängig gemacht werden könnte, wenn der unterlegene Bewerber unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG an der Ausschöpfung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten gehindert worden wäre (Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47, jeweils Rn. 27). Die mit dem Eilantrag angegriffene Übertragung des Dienstpostens auf einen Mitbewerber kann nachträglich aufgehoben und der Dienstposten anderweitig besetzt werden, so dass der Antragstellerin auch nachgelagerter Rechtsschutz zur Verfügung steht (Beschluss vom 27. September 2011 - BVerwG 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1 Rn. 19).

12

Die Auswahlentscheidung ist auch nicht auf die spätere Vergabe des Beförderungsamts gerichtet. Bereits der Text der Ausschreibung nimmt ausschließlich die Vergabe eines Dienstpostens in Bezug, so dass potentielle Bewerber, deren Interesse auf eine Beförderung gerichtet ist, nicht angesprochen und von einer Bewerbung abgehalten wurden. Ausweislich der Erwägungen des Auswahlvermerks hat der Präsident des Bundesnachrichtendienstes auch tatsächlich keine Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamts getroffen, sondern allein die Besetzung des Dienstpostens geregelt.

13

Soweit die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren mitgeteilt hat, eine Beförderung des Beigeladenen sei im Falle seiner Bewährung nach rund einem Jahr beabsichtigt, fehlt es daher an einer hierauf bezogenen Auswahlentscheidung. Ob und unter welchen Voraussetzungen es zulässig wäre, mit der Dienstpostenvergabe auch eine unter der Bedingung einer erfolgreichen Erprobung (§ 22 Abs. 2 BBG, § 32 Nr. 2, § 34 Abs. 1 Satz 1 BLV) stehende Auswahlentscheidung für die erst zu einem ungewissen künftigen Zeitpunkt beabsichtigte Beförderung zu treffen, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Jedenfalls wäre der Verzicht auf ein weiteres Auswahlverfahren nur in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu der Zuweisung des Beförderungsdienstpostens denkbar, um die Aktualität der dienstlichen Beurteilungen zu wahren (Urteil vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20) und in der Zwischenzeit möglicherweise hinzukommende weitere Bewerber nicht ohne hinreichende Rechtfertigung vom Auswahlverfahren über das Beförderungsamt auszuschließen.

14

Die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung für die Dienstpostenvergabe vermag die Rechtsstellung der Antragstellerin aus Art. 33 Abs. 2 GG aber dennoch zu beeinträchtigen, weil sie eine Vorauswahl für die Vergabe eines höheren Statusamts der Besoldungsgruppe A 16 trifft (vgl. Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50 Rn. 11 m.w.N.; hierzu auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <268 f.> = juris Rn. 11). Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Die Verbindlichkeit dieses verfassungsunmittelbar angeordneten Maßstabs gilt nicht nur für die unmittelbare Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne, sondern auch für vorgelagerte Auswahlentscheidungen, durch die eine zwingende Voraussetzung für die nachfolgende Ämtervergabe vermittelt und die Auswahl für die Ämtervergabe damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird (stRspr; vgl. Urteile vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3, vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 = Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 jeweils Rn. 49 und vom 26. September 2012 - BVerwG 2 C 74.10 - NVwZ 2013, 80 Rn. 18).

15

Der von der Antragsgegnerin zur Neubesetzung ausgeschriebene und mit der Besoldungsgruppe A 16 bewertete Dienstposten des Referatsleiters "Rechtsangelegenheiten/G 10" stellt für die Antragstellerin und den Beigeladenen, die beide ein Amt der Besoldungsgruppe A 15 bekleiden, einen höherwertigen Dienstposten dar. Die Übertragung schafft daher die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine spätere Beförderung (§ 22 Abs. 2 BBG). Die Übertragung des höherwertigen Dienstpostens soll unter den Bedingungen praktischer Tätigkeit die Prognose bestätigen, dass der Inhaber des Dienstpostens - besser als etwaige Mitbewerber - den Anforderungen des Beförderungsamtes genügen wird. Nur der erfolgreich Erprobte hat die Chance der Beförderung. Andere Interessenten, die bislang nicht auf einem höherwertigen Dienstposten erprobt worden sind, kommen für eine Beförderung aus laufbahnrechtlichen Gründen nicht in Betracht. Damit wird die Auslese für Beförderungsämter vorverlagert auf die Auswahl unter den Bewerbern um "Beförderungsdienstposten".

16

Diese Vorwirkung begründet in Fällen der Übertragung eines Beförderungsdienstpostens an einen Mitbewerber für den Unterlegenen einen Anordnungsgrund und führt dazu, dass das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in diesen Fällen grundsätzlich die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Deshalb muss es den sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Anforderungen gerecht werden und darf nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Vielmehr ist eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl verfassungsrechtlich geboten, bei der die Anforderungen an einen Erfolg des unterlegenen Bewerbers nicht überspannt werden dürfen (Beschluss vom 25. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 12, stRspr). Wird dabei eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs festgestellt, muss die Ernennung des ausgewählten Bewerbers bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 <201> = juris Rn. 13).

17

2. Der Antragstellerin steht auch ein Anordnungsanspruch zu, weil die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin für die Vergabe des Dienstpostens den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin verletzt. Die Auswahlentscheidung beruht auf einem unzulässigen Anforderungsprofil (a) und einem fehlerhaften Leistungsvergleich (b). Es erscheint auch möglich, dass der Dienstposten im Falle einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens an die Antragstellerin vergeben würde.

18

a) Auswahlentscheidungen sind grundsätzlich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen, die auf das Statusamt bezogen sind und eine Aussage dazu treffen, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amts und dessen Laufbahn gewachsen ist (aa). Eine Einengung des Bewerberfelds anhand der Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens ist hiermit nicht vereinbar (bb). Anderes gilt nur dann, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (cc). Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der in der Stellenausschreibung vorausgesetzten juristischen Ausbildung vor, nicht aber im Hinblick auf die geforderte Erfahrung in der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten (dd).

19

aa) Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte oder Richter den Anforderungen seines Amts genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Beamten oder Richtern um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat.

20

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zudem vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um ein Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch).

21

Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47, jeweils Rn. 46; stRspr).

22

Der Inhalt dienstlicher Beurteilungen ist auf das Statusamt bezogen. Beurteilungen treffen eine Aussage, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen gewachsen ist, die mit den Aufgaben seines Amts und dessen Laufbahn verbunden sind. Sie tragen dem Umstand Rechnung, dass die Vergabe eines Statusamts nicht aufgrund der Anforderungen des Dienstpostens erfolgen soll, den der ausgewählte Bewerber nach der Vergabe des Statusamts oder vorher in einer Bewährungszeit wahrnehmen soll. Denn der ausgewählte Bewerber soll der am besten geeignete für jeden Dienstposten sein, der für einen Inhaber des höheren Statusamts amtsangemessen ist.

23

Über die Eignung des Bewerberfeldes kann der Dienstherr auch in einem gestuften Auswahlverfahren befinden. Bewerber, die die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe von vornherein nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen werden und müssen nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden (Beschluss vom 6. April 2006 - BVerwG 2 VR 2.05 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 33 Rn. 7). Dies gilt grundsätzlich auch für Bewerber, die zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen (Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50 = juris Rn. 17 und 30).

24

bb) Bei der Bestimmung des Anforderungsprofils ist der Dienstherr aber an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und damit, soweit eine an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Dienstpostenvergabe in Rede steht (vgl. Urteil vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237 <242> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31), auch zur Einhaltung des Grundsatzes der Bestenauswahl verpflichtet (Urteil vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <153> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30). Hiermit ist eine Einengung des Bewerberfeldes aufgrund der besonderen Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens grundsätzlich nicht vereinbar.

25

Zwar entscheidet der Dienstherr über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten innerhalb des von Verfassung und Parlament vorgegebenen Rahmens aufgrund der ihm zukommenden Organisationsgewalt nach seinen Bedürfnissen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. November 2011 - 2 BvR 2305/11 - NVwZ 2012, 368 <369>). Wie er seine Stellen zuschneidet, welche Zuständigkeiten er ihnen im Einzelnen zuweist und welche Fachkenntnisse er zur Erfüllung der daraus im Einzelnen resultierenden Aufgaben für erforderlich ansieht, fällt in sein Organisationsermessen, das gerichtlich nur auf sachfremde Erwägungen überprüfbar ist (Urteil vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 = Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6, jeweils Rn. 54). Setzt ein Dienstposten nach seiner Funktionsbeschreibung spezifische Anforderungen voraus, die der Inhaber zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Dienstaufgaben erfüllen muss, können diese Kriterien im Rahmen der Stellenausschreibung verlangt werden.

26

Die Organisationsgewalt des Dienstherrn ist aber beschränkt und an die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn - wie hier - mit der Dienstpostenzuweisung Vorwirkungen auf die spätere Vergabe des Amts im statusrechtlichen Sinne verbunden sind und die hierauf bezogene Auswahlentscheidung damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird. Diese Bindung bereits der Auswahlentscheidung für die Dienstpostenvergabe an die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG kann ein Dienstherr nur vermeiden, wenn er die Dienstpostenvergabe von der Auswahlentscheidung für die Vergabe des Statusamts entkoppelt.

27

In diesen Vorwirkungsfällen sind damit auch die Vorgaben des Anforderungsprofils den Maßstäben aus Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen. Mit dem Anforderungsprofil wird die Zusammensetzung des Bewerberfeldes gesteuert und eingeengt. Durch die Bestimmung des Anforderungsprofils legt der Dienstherr die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest, an ihnen werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber um den Dienstposten gemessen. Fehler im Anforderungsprofil führen daher grundsätzlich auch zur Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens, weil die Auswahlerwägungen dann auf sachfremden, nicht am Grundsatz der Bestenauswahl orientierten Gesichtspunkten beruhen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <270 f.> = juris Rn. 18).

28

Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG ist aber nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern das angestrebte Statusamt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. März 2013 - 2 BvR 2582/12 - IÖD 2013, 98; zum Amtsbezug auch Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Hiermit ist nicht vereinbar, einen Bewerber vom Auswahlverfahren auszuschließen, nur weil er den besonderen Anforderungen des aktuell zu besetzenden Dienstpostens nicht entspricht. Dies steht mit dem Laufbahnprinzip nicht in Einklang. Danach wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind (vgl. § 16 Abs. 1, § 22 Abs. 3 BBG). Es kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten (Beschluss vom 25. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 15).

29

Eine Ausrichtung an den Anforderungen des konkreten Dienstpostens lässt überdies außer Acht, dass die Betrauung des Beamten mit einem bestimmten Dienstposten nicht von Dauer sein muss. Der Dienstherr kann den Aufgabenbereich des Beamten nach seinen organisatorischen Vorstellungen und Bedürfnissen jederzeit ändern, sofern ein sachlicher Grund hierfür vorliegt (Urteil vom 28. November 1991 - BVerwG 2 C 41.89 - BVerwGE 89, 199 = Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 34). Der ausgewählte Bewerber soll daher der am besten geeignete für jeden Dienstposten sein, der für einen Inhaber des höheren Statusamts amtsangemessen ist. Schließlich ermöglicht die an den Anforderungen eines Dienstpostens orientierte Auswahlentscheidung eine vom Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung unabhängige Ämtervergabe (vgl. zur Missbrauchsgefahr derartiger Auswahlentscheidungen Urteil vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 53).

30

Die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung darf daher grundsätzlich nicht anhand der Anforderungen eines konkreten Dienstpostens erfolgen.

31

cc) Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen, sie unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle.

32

Macht ein Dienstherr im Rahmen der Stellenausschreibung (vgl. zur Dokumentationspflicht Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 5 C 16.10 - BVerwGE 139, 135 = Buchholz 436.62 § 82 SGB IX Nr. 1, jeweils Rn. 23) Vorgaben für die Vergabe eines Beförderungsdienstpostens, bleiben diese für das laufende Auswahlverfahren verbindlich (Urteil vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60 f.> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3; zur Rügefähigkeit der Nichtbeachtung von im Anforderungsprofil vorausgesetzten Merkmalen BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 a.a.O. S. 269 bzw. Rn. 14). Unzulässig ist es insbesondere, die Auswahlkriterien nachträglich dergestalt zu ändern, dass sich der Bewerberkreis erweitern würde, ohne dass mögliche Interessenten hiervon Kenntnis erhielten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Februar 2007 - 2 BvR 2494/06 - BVerfGK 10, 355 <357 f.> = juris Rn. 7). Ob und in welchem Umfang ein Anforderungsprofil Bindungswirkung entfaltet, muss daher durch eine entsprechend § 133 BGB am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber orientierte Auslegung ermittelt werden (vgl. Beschluss vom 25. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 18).

33

Hat der Dienstherr im Rahmen der Stellenausschreibung zwingende Vorgaben gemacht, die weder durch Art. 33 Abs. 2 GG noch als dienstpostenbezogene Ausnahme im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung gerechtfertigt sind, ist das Auswahlverfahren fehlerhaft. Dieser Mangel kann nachträglich nicht geheilt werden, das Auswahlverfahren muss abgebrochen und die Stellenvergabe mit einer zulässigen Ausschreibung neu in Gang gesetzt werden.

34

Dienstpostenbezogene Ausnahmeanforderungen können sich insbesondere aus dem Erfordernis bestimmter Fachausbildungen ergeben (vgl. zur Fächerkombination bei Lehrern Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45, jeweils Rn. 17). Je stärker die fachliche Ausdifferenzierung der Organisationseinheiten ist und je höher die Anforderungen an die Spezialisierung der dort eingesetzten Beamten sind, desto eher kann es erforderlich werden, im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung besondere Qualifikationsanforderungen an die künftigen Stelleninhaber zu stellen. Bei technisch ausgerichteten Behörden etwa ist durchaus denkbar, dass die Aufgabenwahrnehmung bestimmter Dienstposten spezielle fachspezifische Vorkenntnisse erfordert (vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. Februar 2012 - 10 B 11334/11 - DÖD 2012, 133 für einen Fachmann auf dem Gebiet Informationstechnik und Elektronik).

35

Die Schwierigkeit, dass tatsächlich nicht alle Laufbahnangehörigen in der Lage sind, die Aufgaben jedes ihrem Statusamt zugeordneten Dienstpostens auszufüllen, nimmt durch neuere Laufbahnregelungen zu, die ursprünglich fachspezifisch ausdifferenzierte Laufbahnen zusammenfassen (vgl. § 6 Abs. 2 der Bundeslaufbahnverordnung in der Fassung vom 12. Februar 2009, BGBl I S. 284). Der höhere naturwissenschaftliche Dienst des Bundes etwa umfasst Ämter, für die unterschiedliche Ausbildungen erforderlich sind und für die bislang eigenständige Laufbahnen im biologischen, chemischen, geographischen, geologischen, geophysikalischen, informationstechnischen, kryptologischen, lebensmittelchemischen, mathematischen, mineralogischen, ozeanographischen, pharmazeutischen oder physikalischen Dienst vorgesehen waren (vgl. Anlage 4 zur BLV); entsprechendes gilt auch für den sprach- und kulturwissenschaftlichen Dienst. Angesichts der in einer Laufbahn vereinigten unterschiedlichen Fachrichtungen mit der hierzu gehörenden Spezialisierung liegt aber auf der Hand, dass ein Dienstposten Eignungsanforderungen stellen kann, die nicht von jedem Laufbahnangehörigen erfüllt werden.

36

Aus den besonderen Aufgaben eines Dienstpostens können sich auch über die Festlegung der Fachrichtung hinaus Anforderungen ergeben, ohne deren Vorhandensein die zugeordneten Funktionen schlechterdings nicht wahrgenommen werden können. Obliegt einem Dienstposteninhaber etwa das Aushandeln und Abschließen von Verträgen mit ausländischen Partnern, sind die hierfür erforderlichen Sprachkenntnisse objektiv unabdingbar. Ein Bewerber, der für das Statusamt zwar grundsätzlich hervorragend geeignet ist, die notwendigen Sprachkenntnisse aber nicht aufweist, ist zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung auf diesem Dienstposten nicht in der Lage. Die Vorgabe spezifischer Eignungsanforderungen kann hier im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung erforderlich werden. Andernfalls wäre der Dienstherr gezwungen, solche Dienstposten mit hierfür nicht geeigneten Bewerbern zu besetzen.

37

Ob die besonderen Anforderungen des konkret zu besetzenden Dienstpostens in Ausnahmefällen auch im Rahmen des eigentlichen Leistungsvergleichs berücksichtigt werden und ggf. eine Auswahlentscheidung rechtfertigen können, die nicht dem Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung entspricht (vgl. hierzu Beschluss vom 25. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 17; BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 1120/12 - ZBR 2013, 126 Rn. 14 und 17), bedarf im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens keiner abschließenden Entscheidung. Die Antragstellerin und der Beigeladene sind im Wesentlichen gleich beurteilt worden. Angesichts der vorrangigen Bedeutung der dienstlichen Beurteilung für die Feststellung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (§ 33 Abs. 1 Satz 1 BLV) könnte derartiges insbesondere in Betracht kommen, wenn die Anforderungen des Dienstpostens eine Auswahl anhand von Kriterien erforderlich machen, die in der dienstlichen Beurteilung nicht vollständig berücksichtigt worden sind (vgl. Beschluss vom 27. September 2011 - BVerwG 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1 Rn. 25).

38

dd) Die in der Stellenausschreibung zwingend geforderte Befähigung zum Richteramt gemäß § 5 DRiG entspricht diesen Anforderungen. Der von der Antragsgegnerin ausgeschriebene Dienstposten "Referatsleiter Rechtsangelegenheiten/G 10" ist im Kern mit der juristischen Kontrolle nach dem G 10-Gesetz und anderen Rechtsangelegenheiten betraut. Er setzt die durch eine entsprechende Ausbildung erworbenen Kenntnisse voraus (vgl. zur Prozessführungsbefugnis auch § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO), so dass sich diese Anforderung zwingend aus dem Aufgabenbereich des Dienstpostens ergibt. Bewerber, die zwar die Laufbahnbefähigung für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst des Bundes besitzen, nicht aber die genannte juristische Qualifikation, sind zur Wahrnehmung der Kernaufgaben dieses Dienstpostens nicht geeignet.

39

Die Antragsgegnerin hat aber nicht dargetan, dass der Aufgabenbereich des ausgeschriebenen Dienstpostens die geforderte mindestens zweijährige praktische Erfahrung in der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten zwingend erfordert (vgl. zum Maßstab auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. - BVerfGK 12, 284 <289 f.> = juris Rn. 20 f.).

40

Dies ergibt sich zunächst bereits daraus, dass die "Außenvertretung in G 10-Angelegenheiten" insgesamt nur einen untergeordneten Ausschnitt der dem "Referatsleiter Rechtsangelegenheiten/G 10" zugewiesenen Fachaufgaben darstellt. Hauptauftrag des Dienstpostens ist ausweislich der Funktionsbeschreibung die Unterstützung der Abteilungsleitung in Rechtsangelegenheiten, die Bearbeitung von Rechtsangelegenheiten für die Abteilung sowie die Durchführung der juristischen Kontrolle nach dem G 10-Gesetz. Kernaufgaben sind damit die Teilnahme an Sitzungen der G 10-Kommission, die Berichterstellung für das Parlamentarische Kontrollgremium, die Erstellung von G 10-Beschränkungsanträgen, die Bearbeitung von G 10-Grundsatzangelegenheiten und abteilungsspezifischen Rechtsfragen. An diesen Hauptaufgaben sind die Eigenschaften und Fähigkeiten zu orientieren, die von einem Bewerber im Interesse der bestmöglichen Aufgabenwahrnehmung erwartet werden (Urteil vom 16. August 2001 a.a.O. S. 61 bzw. S. 3; hierzu auch Urteil vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 53, jeweils Rn. 23).

41

Im Hinblick auf diese maßgeblichen Kriterien der Funktionsbeschreibung ist die zwingende Forderung einer mindestens zweijährigen Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten nicht plausibel. Die Wahrnehmung der Außenvertretung in G 10-Angelegenheiten ist ein Randbereich der dem Dienstposten übertragenen Aufgaben, so dass nicht erkennbar ist, warum die hierfür wünschenswerten Anforderungen in der Stellenausschreibung eine derart maßgebliche Gewichtung erfahren haben. Dies gilt insbesondere, weil die Vorgabe zu einer weitreichenden und nicht am Kernbereich der Dienstaufgaben orientierten Verengung des Bewerberkreises führen kann (vgl. hierzu auch OVG Weimar, Beschluss vom 10. Januar 2012 - 2 EO 293/11 - ThürVBl 2013, 79 <81>). Sie schließt auch den für die Hauptaufgaben optimal geeigneten Bewerber aus, wenn er nicht zusätzlich bereits in einer Vorverwendung praktische Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten gesammelt hat. Für eine derartig weitreichende Eingrenzung des Bewerberfeldes bietet die maßgebliche Funktionsbeschreibung des Dienstpostens keine hinreichende Grundlage.

42

Selbst wenn man auf die dem Dienstposten ebenfalls übertragene Aufgabe der "Wahrnehmung der Außenvertretung in G 10-Angelegenheiten" abstellt, ergibt sich keine andere Bewertung. Denn dem Stelleninhaber sind nicht die Außenkontakte zu ausländischen Nachrichtendiensten generell zugewiesen. Sein Aufgabenbereich beschränkt sich vielmehr auf die "juristische Begleitung von AND-Besuchen zu G 10-Fragestellungen und vergleichbaren Rechtsfragen". Die Zusammenarbeit ist damit auf die Bewältigung von Rechtsfragen ausgerichtet. Aufgabe des Referates ist es dabei insbesondere, ausländischen Besuchern die dem Bundesnachrichtendienst gesetzten rechtlichen Grenzen für eine technische Aufklärung zu erläutern. Dies erfordert - wie die Antragsgegnerin selbst dargelegt hat - insbesondere die Vermittlung des spezifischen juristischen Fachwissens. Denn ausländische Nachrichtendienste unterliegen vergleichbaren Beschränkungen vielfach nicht. Hauptkriterium für diese Aufgabenstellung ist daher die Fähigkeit, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Technische Aufklärung in Deutschland darstellen und vermitteln zu können. Warum hierfür eine bereits erworbene praktische Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten unabdingbar erforderlich sein soll, ist nicht erkennbar.

43

Dass auch im Rahmen dieser Fachbetreuung "unpassende" Auftritte gegenüber den Vertretern ausländischer Nachrichtendienste vermieden werden müssen, liegt auf der Hand und ist von der Antragsgegnerin eindrücklich beschrieben worden. Die hierfür maßgeblichen Anforderungsmerkmale sind auch Gegenstand der dienstlichen Beurteilung (vgl. etwa die aufgeführten Unterpunkte "soziale Kompetenz" und "Verhandlungsgeschick") und können so bei der Auswahlentscheidung berücksichtigt werden. Sie rechtfertigen indes nicht die zwingende Vorgabe einer mindestens zweijährigen Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten für die Vergabe des Dienstpostens "Referatsleiter Rechtsangelegenheiten/G 10".

44

Schließlich ist auch nicht dargetan, warum der Dienstposteninhaber die erwünschte praktische Erfahrung bereits zu seinem Dienstantritt erworben haben muss und eine entsprechende Einarbeitungszeit für ihn nicht organisierbar wäre. Angesichts der Funktionsbeschreibung ist weder ersichtlich, dass die juristische Begleitung ausländischer Besucher stets und ausschließlich durch den Referatsleiter persönlich durchgeführt werden müsste, noch dass dessen Heranführung an die praktischen Besonderheiten durch insoweit erfahrenere Mitarbeiter nicht in kurzer Zeit bewerkstelligt werden könnte.

45

b) Auch die der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Erwägungen zum Leistungsvergleich der Bewerber sind fehlerhaft. Die Antragsgegnerin hat die in der Stellenausschreibung vorgegebenen Kriterien beim Vergleich der im Wesentlichen gleich beurteilten Bewerber nicht hinreichend berücksichtigt (aa) und die Aussagen der dienstlichen Beurteilung im Rahmen des Leistungsvergleichs nicht beachtet (bb).

46

aa) Der Leistungsvergleich der (nach einer zulässigen Vorauswahl verbliebenen) Bewerber muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden. Maßgebend ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil (Gesamtnote), das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Sind Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden, muss der Dienstherr zunächst die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auswerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis nehmen (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 17; Beschluss vom 22. November 2012 - BVerwG 2 VR 5.12 - NVwZ-RR 2013, 267 Rn. 36; BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. September 2007 - 2 BvR 1855/07 - BVerfGK 12, 106 <108 f.> = juris Rn. 8).

47

Zu einer Untersuchung der Begründungselemente gleichbewerteter Einzelkriterien ist der Dienstherr grundsätzlich nicht verpflichtet (BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 1120/12 - ZBR 2013, 126 Rn. 17). Eine derartige Heranziehung von Teilelementen der Begründung widerspricht dem wertenden Charakter der dienstlichen Beurteilung als Gesamturteil (vgl. § 49 Abs. 3 Satz 1 BLV) und misst einzelnen Begründungselementen eine Bedeutung zu, die ihnen vom Beurteiler nicht zugedacht war. Ein Zwang zur vorrangigen Ausschöpfung aller Einzelfeststellungen liefe daher Gefahr, geringfügige und aus Sicht des Beurteilers möglicherweise unbedeutende Unterschiede überzubewerten.

48

Ergibt der Vergleich der Gesamturteile, dass mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen sind, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. Die Entscheidung des Dienstherrn, welches Gewicht er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Jedoch muss er die dienstlichen Beurteilungen heranziehen, um festzustellen, ob und inwieweit die einzelnen Bewerber mit gleichem Gesamturteil diese Anforderungen erfüllen. Weitere Erkenntnisquellen können nur ergänzend herangezogen werden (stRspr; Urteil vom 30. Juni 2011 a.a.O. jeweils Rn. 20; Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50 Rn. 16).

49

Hat sich der Dienstherr vorab in der Stellenausschreibung durch die Vorgabe der beim künftigen Dienstposteninhaber erwünschten Kenntnisse und Fähigkeiten festgelegt, ist diese Entscheidung für das weitere Auswahlverfahren bindend. Der Dienstherr muss diesen Kriterien besondere Bedeutung zumessen, wenn die Bewerber im Wesentlichen gleich beurteilt sind. Aus der Stellenausschreibung muss sich ergeben, welche Anforderungen von allen Bewerbern zwingend erwartet werden, und welche Kriterien zwar nicht notwendig für eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren sind, bei gleicher Eignung der Bewerber aber maßgeblich berücksichtigt werden.

50

Diesen Anforderungen genügt die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin nicht. Angesichts der Tatsache, dass die Antragstellerin und der Beigeladene im Wesentlichen gleich beurteilt waren, hätte es einer Festlegung der für die Auswahl maßgeblichen Gesichtspunkte bedurft. Diese Aufgabe vermag das in der Stellenausschreibung enthaltene Anforderungsprofil schon deshalb nicht zu erfüllen, weil es eine Vielzahl zum Teil unklarer Kriterien enthält, deren Bedeutung, Gewichtung und Beziehung zueinander offenbleibt. Dem damit maßgeblichen Auswahlvermerk kann ebenfalls nicht entnommen werden, auf welche Gesichtspunkte die Auswahlentscheidung tatsächlich gestützt war.

51

bb) Insbesondere aber ist der dem Beigeladenen zugesprochene Leistungsvorsprung hinsichtlich der Führungserfahrung nicht unter Beachtung der Aussagen der dienstlichen Beurteilungen zustande gekommen. In der Merkmalgruppe Führung hat der Beigeladene sechs Mal die Einzelnote 8 Punkte erhalten, die (statusgleiche) Antragstellerin ist aber je dreimal mit 8 und mit 9 Punkten bewertet worden.

52

Soweit die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren die Auffassung vertreten hat, die schlechtere Beurteilung des Beigeladenen im Merkmal Führung sei im Hinblick auf die erhöhten Anforderungen seines Dienstpostens als im Wesentlichen gleich mit der Beurteilung der Antragstellerin einzustufen, ist dies unzutreffend. Die Argumentation überträgt den Grundsatz, dass bei gleicher Notenstufe die Beurteilung eines Beamten im höheren Statusamt grundsätzlich besser ist als diejenige eines für ein niedrigeres Statusamt beurteilten Konkurrenten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 13 m.w.N.), in unzulässiger Weise auf die unterschiedlichen Anforderungen von Dienstposten im gleichen Statusamt (vgl. hierzu Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <103> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 Rn. 20).

53

Zwar sind bei der Beurteilung die Aufgaben und Anforderungen des jeweiligen Dienstpostens in den Blick zu nehmen, weil nur so geprüft und bewertet werden kann, ob der Beamte die an ihn gestellten Anforderungen erfüllt (vgl. Nr. 11.4 Satz 1 der Bestimmungen über die Beurteilung der Beamtinnen, Beamten und Beschäftigten im Bundesnachrichtendienst vom 1. Juli 2009). Bezugspunkt der Beurteilung bleibt aber der Vergleich mit den anderen Mitarbeitern derselben Besoldungsgruppe (Nr. 11.7.2 Satz 1 und Nr. 1.3 Satz 1 der Beurteilungsbestimmungen). Mit dieser Anknüpfung an das Statusamt sollen die im Wesentlichen identischen Leistungsanforderungen den Maßstab bestimmen, anhand dessen die Arbeitsqualität und die Arbeitsquantität einzustufen sind (Urteil vom 24. November 2005 - BVerwG 2 C 34.04 - BVerwGE 124, 356 <361 f.> = Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 1 Rn. 16 f.).

54

Weist ein Dienstposten daher Besonderheiten auf, die die typischerweise in der Vergleichsgruppe desselben Statusamts anzutreffenden Anforderungen übersteigen - wie im Falle des Beigeladenen die Leitung eines Referates und die damit verbundene Personalverantwortung für 27 Mitarbeiter -, ist dies bei der Leistungsbewertung zu berücksichtigen. Dementsprechend ist in der dienstlichen Beurteilung des Beigeladenen die nachgewiesene Eignung zum Referatsleiter auch ausdrücklich hervorgehoben worden. Das besondere Aufgabenprofil und die insoweit gezeigten Leistungen können bei der Beurteilung berücksichtigt werden. Eine zusätzliche Berücksichtigung dergestalt, dass die bereits in Ansehung der besonderen Aufgaben des Dienstpostens vergebene Note im Merkmal Führung gegenüber einem anderen Bewerber derselben Vergleichsgruppe, dessen Dienstposten diese Besonderheiten nicht aufwies, noch einmal "aufgewertet" wird, ist aber nicht zulässig. Sie widerspricht dem mit dem Bezugspunkt Statusamt vorgegebenen Vergleichsmaßstab der Beurteilung.

55

Eine derartige "Verrechnung" liegt der Auswahlentscheidung selbst indes auch nicht zugrunde: Der maßgebliche Auswahlvermerk stellt entsprechende Erwägungen nicht an. Die dortige Annahme, der Beigeladene weise die am deutlichsten ausgeprägte Führungserfahrung auf, beruht nicht auf den in den dienstlichen Beurteilungen vergebenen Noten, sondern ausschließlich auf dem Umstand, dass der Beigeladene breitere Vorverwendungen aufweisen könne und als einziger bereits Erfahrung im Führen eines Referats gesammelt habe.

56

Damit hat die Antragsgegnerin Kriterien zur Bewertung der Führungskompetenz den Ausschlag gegeben, die nicht mit den Aussagen der dienstlichen Beurteilungen in Einklang stehen. Sie hat damit das Gebot der umfassenden inhaltlichen Auswertung und "Ausschöpfung" der letzten dienstlichen Beurteilung verletzt (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 17; Beschluss vom 22. November 2012 a.a.O. Rn. 36).

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Die Befähigung zum Richteramt erwirbt, wer ein rechtswissenschaftliches Studium an einer Universität mit der ersten Prüfung und einen anschließenden Vorbereitungsdienst mit der zweiten Staatsprüfung abschließt; die erste Prüfung besteht aus einer universitären Schwerpunktbereichsprüfung und einer staatlichen Pflichtfachprüfung.

(2) Studium und Vorbereitungsdienst sind inhaltlich aufeinander abzustimmen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. September 2010 - 4 Sa 18/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, den der Kläger geltend macht, weil er sich wegen seiner Behinderung bei einer Bewerbung benachteiligt sieht.

2

Der 1964 geborene Kläger absolvierte von 1982 bis 1985 eine Ausbildung zum Großhandelskaufmann. Nachdem er 1987 die Fachhochschulreife erworben hatte, studierte er anschließend bis 1992 Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule F. Er schloss mit dem Diplom als „Betriebswirt FH“ ab. Danach übte der Kläger bis 1996 verschiedene Tätigkeiten aus. Dem schloss sich bis 1998 eine weitere Berufsausbildung als Chemisch-Technischer Assistent an, die in den Folgejahren zu keiner stabilen Beschäftigung führte. Im September 1997 wurde die Schwerbehinderung des Klägers aufgrund eines nicht behandlungsbedürftigen essentiellen Tremors mit einem GdB von 60 anerkannt.

3

Von September 2004 bis August 2005 nahm der Kläger bei einer Gemeinde am praktischen Einführungsjahr für den gehobenen Verwaltungsdienst teil. Anschließend studierte er bis September 2008 an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in K. Für das Hauptstudium wählte er das Fach „Wirtschaft“ und das Wahlpflichtfach „Rechnungswesen“. Die Staatsprüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst absolvierte der Kläger mit der Gesamtnote „befriedigend“ (7 Punkte).

4

Die Beklagte ist eine Gemeinde mit rd. 3.700 Einwohnern, die in ihrer Verwaltung auf acht Stellen zwölf Arbeitnehmer beschäftigt. Im Sommer 2009 schrieb die Beklagte eine Stelle für einen Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin im Bereich Personalwesen, Bauleitplanung, Liegenschaften und Ordnungsamt zur Mutterschaftsvertretung aus. Für dieses Aufgabengebiet suchte die Beklagte „eine/n Mitarbeiter/in mit der Qualifikation des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes und umfassenden Kenntnissen“. Die Vergütung sollte gemäß dem TVöD erfolgen. Nach seiner Staatsprüfung hatte sich der Kläger um zahlreiche Stellen im öffentlichen Dienst beworben. Nachdem er anfänglich in den Bewerbungsschreiben auf seine Schwerbehinderteneigenschaft hingewiesen hatte, entschloss er sich wegen der Erfolglosigkeit seiner Bewerbungen ab einem bestimmten Zeitpunkt, nur noch den Hinweis auf eine „Behinderung“ zu geben. Vom 12. Januar bis 31. März 2010 arbeitete der Kläger bei einem öffentlichen Arbeitgeber in Oberbayern.

5

Mit Schreiben vom 8. Juli 2009 bewarb sich der Kläger um die ausgeschriebene Stelle der Beklagten. Am Ende des Bewerbungsschreibens führte er aus:

        

„Durch meine Behinderung bin ich, insbesondere im Verwaltungsbereich, nicht eingeschränkt.“

6

Bei der Beklagten bearbeitete die Beschäftigte M das Bewerbungsverfahren. Diese kannte den Kläger von dem gemeinsamen Besuch der Fachhochschule K her flüchtig. Frau M hatte dabei den Eindruck gewonnen, dass sich der Kläger anderen Studentinnen und Studenten aufdränge. Davon unterrichtete sie den Bürgermeister der Beklagten, der sich daraufhin gegen eine Berücksichtigung des Klägers entschied. Die Beklagte nahm keine Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf und prüfte nicht, ob die ausgeschriebene Stelle mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden könne. Im weiteren Verlauf wurden zwei der ca. zehn Bewerber dem Gemeinderat vorgestellt. Eingestellt wurde schließlich Frau Mü, die ihr Staatsexamen mit acht Punkten bestanden hatte und während des Hauptstudiums den Bereich „Verwaltung“ und das Schwerpunktfach „Kommunalpolitik“ gewählt hatte. Unter dem 30. Juli 2009 sagte die Beklagte dem Kläger schriftlich ab.

7

Durch Schreiben seiner damaligen Anwälte ließ der Kläger am 14. August 2009 der Beklagten mitteilen, dass er seit September 1997 im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit einem GdB von 60 sei. Er rügte, nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein und machte vorsorglich Schadensersatzansprüche nach § 15 AGG dem Grunde nach geltend. Der spätere Prozessbevollmächtigte des Klägers in den Vorinstanzen bezifferte mit Schreiben vom 10. September 2009 die vom Kläger begehrte Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG auf drei Bruttomonatsgehälter oder 6.689,85 Euro. Mit Schreiben vom 24. September 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass wegen offensichtlich fehlender fachlicher Eignung eine Einladung zum Vorstellungsgespräch entbehrlich gewesen sei.

8

Mit Eingang beim Arbeitsgericht am 26. Oktober 2009 hat der Kläger die von ihm verlangte Entschädigung gerichtlich geltend gemacht. Zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung betrieb der Kläger in mindestens 27 weiteren Fällen Entschädigungsklagen gegen öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch begründe bereits die Vermutung einer Benachteiligung wegen seiner Behinderung. Auch habe es die Beklagte unterlassen, die freie Stelle der Bundesagentur für Arbeit zu melden und den Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung über seine Bewerbung und die Ablehnungsgründe zu unterrichten. Jedenfalls habe Frau M gewusst, dass er schwerbehindert sei. Dies sei ohne weiteres an seinem Tremor und daran erkennbar gewesen, dass er aufgrund seines fortgeschrittenen Alters nur als Schwerbehinderter die Zulassung zum Studium habe erhalten können. Zumindest habe die Beklagte eine Schwerbehinderteneigenschaft aufgrund der Zulassungsbestimmungen zur Ausbildung für den gehobenen Verwaltungsdienst erkennen müssen.

10

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung, mindestens jedoch 6.689,85 Euro nebst fünf % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26. September 2009 zu zahlen.

11

Den Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass Frau M nicht bekannt gewesen sei, dass der Kläger schwerbehindert sei. Frau M und der Kläger hätten weder im selben Semester studiert noch seien sie näher bekannt gewesen, weshalb Frau M auch das Alter des Klägers nicht gekannt habe. Auch habe die Beklagte aus sonstigen Umständen die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers nicht erkannt bzw. erkennen müssen. Im Übrigen sei die ausgeschriebene Stelle nicht als Arbeitsplatz iSv. SGB IX anzusehen.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers nach Beweisaufnahme zur Frage des Bestehens einer Schwerbehindertenvertretung bzw. eines Personalrats zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist begründet. Er hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG, § 81 Abs. 2 SGB IX. Über die Höhe des Entschädigungsanspruchs kann der Senat nicht entscheiden. Insoweit fehlen tatsächliche Feststellungen, die das Landesarbeitsgericht innerhalb seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraums rechtlich zu würdigen haben wird.

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG bestehe nicht, da der Kläger nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt worden sei. Zwar habe er Umstände vorgetragen, die als Indiztatsachen iSv. § 22 AGG eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermuten ließen. Dem Kläger habe die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle nicht offensichtlich gefehlt. Die Beklagte habe als öffentliche Arbeitgeberin gegen ihre Verpflichtung nach den § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, § 82 SGB IX verstoßen, der Agentur für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze zu melden. Diese Verpflichtung beziehe sich aber nur auf das Vorfeld des eigentlichen Stellenbesetzungsverfahrens. Offenbare ein Bewerber seine Schwerbehinderung nicht, so sei die unterlassene Meldung gegenüber der Agentur für Arbeit nicht kausal für die in Unkenntnis der Schwerbehinderung getroffene Entscheidung des Arbeitgebers. Entsprechendes gelte für den Verstoß gegen die Pflicht der öffentlichen Arbeitgeber zur Einladung zum Vorstellungsgespräch nach § 82 Satz 2 SGB IX. Aus den Bewerbungsunterlagen habe die Beklagte die Schwerbehinderung weder gekannt noch erkennen müssen, auch habe eine Pflicht zur Erkundigung nicht bestanden. Der Beschäftigten M seien die persönlichen Umstände des Klägers nicht bekannt gewesen, weshalb die Beklagte auch nicht von seinem Alter oder den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Studienzulassung auf eine Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers habe schließen müssen. Die Beweisaufnahme habe zum Ergebnis gehabt, dass bei der Beklagten weder ein Personalrat noch eine Schwerbehindertenvertretung bestehe, so dass die Nichtbeteiligung derartiger Gremien kein Indiz darstelle. Im Ergebnis fehle es damit an Indizien, die eine Benachteiligung „wegen“ Behinderung vermuten ließen.

15

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

16

I. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger durfte die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. Grundlage hierfür ist § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG, der für einen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld vorsieht. Dem Gericht wird bei der Bestimmung der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38), weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Erforderlich ist allein, dass der Kläger Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennt und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21, jeweils mwN). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat einen Sachverhalt dargelegt, der dem Gericht grundsätzlich die Bestimmung einer Entschädigung ermöglicht, und den Mindestbetrag der angemessenen Entschädigung mit 6.689,85 Euro beziffert.

17

II. Die Klage ist begründet. Die Beklagte hat bei der Besetzung der Stelle im Bereich Personalwesen, Bauleitplanung, Liegenschaften und Ordnungsamt im Juli 2009 gegen das Verbot verstoßen, schwerbehinderte Beschäftigte wegen ihrer Behinderung zu benachteiligen (§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, §§ 7 und 1 AGG). Der Kläger hat als benachteiligter schwerbehinderter Beschäftigter nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX, § 15 Abs. 2 AGG Anspruch auf eine angemessene Entschädigung.

18

1. Als Bewerber ist der Kläger nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG „Beschäftigter“ und fällt in den persönlichen Anwendungsbereich des AGG. Unerheblich ist dabei, ob der Bewerber für die ausgeschriebene Tätigkeit objektiv geeignet ist (BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12; 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11).

19

2. Die Beklagte ist als „Arbeitgeberin“ passiv legitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber eines Bewerbers ist also der, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis gebeten hat (BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11). Aufgrund ihrer Stellenausschreibung trifft dies auf die Beklagte zu.

20

3. Der Kläger hat auch die gesetzlichen Fristen nach § 15 Abs. 4 AGG zur Geltendmachung des Anspruchs auf Entschädigung gewahrt.

21

a) Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs beginnt die Frist mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG). Nach der schriftlichen Ablehnung des Klägers vom 30. Juli 2009 durch die Beklagte war das Schreiben des vormaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 10. September 2009 fristwahrend. Auf das vorangegangene Schreiben seiner ehemaligen Bevollmächtigten vom 14. August 2009 kommt es nicht an. Im Geltendmachungsschreiben vom 10. September 2009 werden unter Vorlage des Schwerbehindertenausweises und unter Bezugnahme auf das Bewerbungsschreiben des Klägers vom 8. Juli 2009 Pflichtverstöße gegen die §§ 81, 82 SGB IX gerügt und eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. drei Monatsgehältern mit der Bezifferung auf 6.689,85 Euro geltend gemacht.

22

b) Die am 26. Oktober 2009 beim Arbeitsgericht Freiburg - Kammern Villingen-Schwenningen - eingegangene Klage wahrte die Dreimonatsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG. Dass die Klage zunächst bei einem örtlich unzuständigen Gericht eingereicht und mit Beschluss vom 11. November 2009 an das Arbeitsgericht Pforzheim verwiesen wurde, ist schon deswegen nicht von Bedeutung, weil der Rechtsstreit nach Zustellung der Klage an die Beklagte innerhalb der Klagefrist an das zuständige Gericht verwiesen wurde (vgl. BGH 21. September 1961 - III ZR 120/60 - BGHZ 35, 374; GMP/Germelmann 7. Aufl. § 61b ArbGG Rn. 6).

23

4. Die Beklagte hat den Kläger auch benachteiligt. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation.

24

a) Der Kläger erfuhr eine weniger günstige Behandlung als Frau Mü, die tatsächlich zum Vorstellungsgespräch bei der Beklagten eingeladen, in die Auswahl einbezogen und schließlich eingestellt wurde. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung liegt vor, wenn der Bewerber - wie hier der Kläger - nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt bereits in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Slg.1997, I-2195 = AP BGB § 611a Nr. 13 = EzA BGB § 611a Nr. 12; BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - BVerfGE 89, 276 = AP BGB § 611a Nr. 9 = EzA BGB § 611a Nr. 9; Schleusener in: Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 24; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 13). Wie sich auch aus § 15 Abs. 2 AGG ergibt, ist nicht erforderlich, dass der Bewerber aufgrund des Benachteiligungsgrundes nicht eingestellt worden ist. Auch dann, wenn der Bewerber selbst bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, ist ein Anspruch nicht ausgeschlossen, sondern nur der Höhe nach begrenzt.

25

b) Der Kläger und Frau Mü befanden sich auch in einer vergleichbaren Situation.

26

aa) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13; 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2). Für das Vorliegen einer Benachteiligung ist es erforderlich, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wurde. Könnte auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG. Das AGG will vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren. Die objektive Eignung ist keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

27

Grundsätzlich ist für die objektive Eignung nicht auf das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, abzustellen, sondern auf die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Für die Dauer des Auswahlverfahrens bleibt der Arbeitgeber an das in der veröffentlichten Stellenbeschreibung bekanntgegebene Anforderungsprofil gebunden (BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - mwN, BAGE 131, 232 = AP SBG IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

28

bb) Bei der Besetzung von Stellen öffentlicher Arbeitgeber ist weiter Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Hiernach besteht nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Darunter sind auch Stellen zu verstehen, die mit Arbeitern und Angestellten besetzt werden. Art. 33 Abs. 2 GG dient mit der Anforderung einer Bestenauslese zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen. Zum anderen trägt sie dem berechtigten Interesse der Bewerber an ihrem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und eine Durchführung des Auswahlverfahrens anhand der in der Regelung genannten Auswahlkriterien(BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13; 23. Januar 2007 - 9 AZR 492/06 - BAGE 121, 67 = AP ZPO 1977 § 233 Nr. 83 = EzA GG Art. 33 Nr. 30). Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ist somit verpflichtet, für die zu besetzende Stelle ein Anforderungsprofil festzulegen und nachvollziehbar zu dokumentieren, weil nur so seine Auswahlentscheidung nach den Kriterien der Bestenauslese gerichtlich überprüft werden kann (BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - mwN, aaO). Die Festlegung des Anforderungsprofils muss dabei im Hinblick auf die Anforderungen der zu besetzenden Stelle sachlich nachvollziehbar sein, wobei allerdings der von der Verfassung dem öffentlichen Arbeitgeber gewährte Beurteilungsspielraum nur eine eingeschränkte gerichtliche Kontrolle zulässt.

29

cc) Unter Beachtung dieser Maßstäbe bestehen an der objektiven Eignung des Klägers für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle keine Zweifel. Die Beklagte hat mit ihrer Ausschreibung, wonach ein/e Mitarbeiter/in mit „der Qualifikation des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes und umfassenden Kenntnissen“ gesucht wird, das Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle aufgestellt und dokumentiert. Weder werden die „umfassenden Kenntnisse“ in einem bestimmten Gebiet verlangt, noch wird zusätzlich zur Qualifikation für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst eine bestimmte Mindestnote in der Staatsprüfung als Voraussetzung aufgestellt. Der Kläger hat die Staatsprüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst abgelegt und verfügt damit über umfassende Kenntnisse, wenn auch - aufgrund seiner Schwerpunktsetzung - eher auf betriebswirtschaftlichem Gebiet. Dies ist jedoch im Hinblick auf das verbindliche Anforderungsprofil der Beklagten nicht relevant.

30

5. Bei der von der Beklagten ausgeschriebenen Stelle handelt es sich auch um einen Arbeitsplatz iSd. § 82 Satz 1 SGB IX.

31

§ 82 Satz 1 SGB IX verweist auf § 73 SGB IX, der in Abs. 1 einen funktionalen Arbeitsplatzbegriff enthält(Großmann GK-SGB IX Stand Oktober 2011 § 73 Rn. 15; Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 73 Rn. 5). Danach sind Arbeitsplätze im Sinne des Teils 2 des SGB IX alle Stellen, auf denen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Beamte und Beamtinnen, Richter und Richterinnen sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden. Arbeitsplatz ist diejenige Stelle, in deren Rahmen eine bestimmte Tätigkeit auf der Grundlage eines Arbeits-, Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses mit all den sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten vollzogen wird (vgl. BVerwG 8. März 1999 - 5 C 5/98 - NZA 1999, 826). Bei der ausgeschriebenen Stelle handelt es sich um einen Arbeitsplatz iSv. §§ 82, 73 Abs. 1 SGB IX. Ob die Einschränkungen des § 73 Abs. 2 SGB IX nur für die Berechnungs- und Anrechnungsvorschriften der §§ 71, 74, 75 und 76 SGB IX von Bedeutung sind und es im Übrigen beim allgemeinen Arbeitsplatzbegriff des § 73 Abs. 1 SGB IX verbleibt, kann vorliegend schon deswegen dahinstehen, weil die von der Beklagten zu besetzende Stelle gerade eine Mutterschaftsvertretung sein sollte, also noch nicht mit einer Vertreterin oder einem Vertreter besetzt war(§ 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX).

32

6. Die nachteilige Behandlung hat der Kläger auch „wegen seiner Behinderung“ erfahren.

33

a) Der Begriff der Behinderung im Sinne von § 1 AGG, wegen der gemäß § 7 AGG Beschäftigte nicht benachteiligt werden dürfen, entspricht der gesetzlichen Definition in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 31). Menschen sind danach behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Der Begriff der „Behinderung“ ist damit weiter als der Begriff der „Schwerbehinderung“ im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB IX; auf einen bestimmten Grad der Behinderung kommt es nicht an (vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - BAGE 122, 54 = AP SGB IX § 81 Nr. 14 = EzA SGB IX § 81 Nr. 15; Schleusener in: Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 1 Rn. 66; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 1 Rn. 39). Die Ausweitung des Benachteiligungsverbots über den Kreis der Schwerbehinderten (§ 81 Abs. 2 SGB IX) auf alle behinderten Menschen ist durch das unionsrechtliche Begriffsverständnis gefordert (vgl. ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 1 AGG Rn. 10 mwN). Im Hinblick auf die Richtlinie 2000/78/EG ist eine einheitlich geltende Auslegung des Behindertenbegriffs notwendig, der eine Beschränkung auf „Schwerbehinderung“ nicht kennt (vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - aaO). Der Kläger, der an einem essentiellen Tremor leidet und für den seit dem 23. September 1997 ein Grad der Behinderung von 60, also eine Schwerbehinderung, festgestellt ist, unterfällt damit dem Behindertenbegriff des § 1 AGG.

34

b) Der Kausalzusammenhang zwischen nachteiliger Behandlung und Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch sie motiviert ist (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32 zu § 3 Abs. 1 AGG). Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass die Behinderung Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 7 Rn. 14; Schleusener in: Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 11; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 3). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - aaO).

35

Hinsichtlich der Kausalität zwischen Nachteil und dem verpönten Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich auch auf die Darlegungslast auswirkt. Der Beschäftigte genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verbotenen Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Wörter „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich der Kausalität zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität erfordern, die aber die Annahme rechtfertigen, dass Kausalität gegeben ist(BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - AP AGG § 22 Nr. 1 = EzA AGG § 22 Nr. 1). Liegt eine Vermutung für die Benachteiligung vor, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

36

c) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen oder unstreitigen Tatsachen eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen einer Behinderung und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6 zu § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB aF bzgl. einer geschlechtsbezogenen Benachteiligung).

37

d) Ob die Verletzung einer Unterrichtungspflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX Indizwirkung nur bei bestehendem Personalrat und/oder Schwerbehindertenvertretung hat - wovon das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist - oder aber eine eigenständige, von den Sätzen 4 bis 8 unabhängige Pflicht des Arbeitgebers darstellt, die auch dann besteht, wenn es keinen Betriebs-/Personalrat oder keine Schwerbehindertenvertretung gibt(so Knittel SGB IX Kommentar 5. Aufl. § 81 Rn. 44) kann vorliegend dahinstehen. Jedenfalls ist von einer Indizwirkung iSd. § 22 AGG nur dann auszugehen, wenn wie bei der Pflicht zur Einladung zum Vorstellungsgespräch nach § 82 Satz 2 SGB IX dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder die Gleichstellung des Bewerbers bekannt gewesen ist oder er sich aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis hätte verschaffen können. Andernfalls kann der Pflichtenverstoß dem Arbeitgeber nicht zugerechnet werden (vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - BAGE 127, 367 = AP SGB IX § 81 Nr. 15 = EzA SGB IX § 81 Nr. 17; Knittel aaO Rn. 91b; Düwell in: LPK-SGB IX 3. Aufl. § 82 Rn. 19; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 22 Rn. 10 zur Nichtbeteiligung der Schwerbehindertenvertretung). Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Kausalzusammenhang zwischen Benachteiligung und eines der in § 1 AGG genannten Merkmale kann aus einem Verfahrensverstoß nur dann abgeleitet werden, wenn der Arbeitgeber anhand der objektiv bestehenden Umstände erkannt hat oder erkennen musste, dass ihn eine entsprechende Pflicht trifft. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber positive Kenntnis von der Schwerbehinderung oder Gleichstellung oder zumindest Anlass dazu hatte, eine solche anzunehmen.

38

aa) Daher obliegt es dem abgelehnten Bewerber darzulegen, dass dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung bekannt gewesen ist oder er sich aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis jedenfalls hätte verschaffen müssen (Düwell in: LPK-SGB IX 3. Aufl. § 82 Rn. 19). Andererseits hat der Arbeitgeber die Erledigung seiner Personalangelegenheiten so zu organisieren, dass er seine gesetzlichen Pflichten zur Förderung schwerbehinderter Bewerber erfüllen kann. Die für den Arbeitgeber handelnden Personen sind verpflichtet, das Bewerbungsschreiben vollständig zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen. Ein ordnungsgemäßer Hinweis auf eine Schwerbehinderung liegt vor, wenn die Mitteilung in einer Weise in den Empfangsbereich des Arbeitgebers gelangt ist, die es ihm ermöglicht, die Schwerbehinderteneigenschaft des Bewerbers zur Kenntnis zu nehmen (BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - BAGE 127, 367 = AP SGB IX § 81 Nr. 15 = EzA SGB IX § 81 Nr. 17). Zwar muss der Bewerber keinen Schwerbehindertenausweis oder seinen Gleichstellungsbescheid vorlegen, jedoch muss sein Hinweis so beschaffen sein, dass ein gewöhnlicher Leser der Bewerbung die Schwerbehinderung oder Gleichstellung zur Kenntnis nehmen kann.

39

bb) Danach ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wonach den Bewerbungsunterlagen des Klägers kein ausreichender Hinweis auf eine Schwerbehinderung oder Gleichstellung des Klägers zu entnehmen war und im Übrigen auch keine positive Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers bei der Beklagten bestand.

40

Der Kläger hatte seinen Bewerbungsunterlagen keinen Schwerbehindertenausweis beigelegt, wozu auch keine Pflicht bestand. Allerdings hat er auch im Bewerbungsschreiben ausgeführt „durch meine Behinderung bin ich, insbesondere im Verwaltungsbereich, nicht eingeschränkt“. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, hieraus habe die Beklagte nicht entnehmen müssen, dass beim Kläger eine Schwerbehinderung vorliegt, verstößt nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze. Aufgrund der Weite des Behindertenbegriffs fallen auch Einschränkungen hierunter, die unterhalb der Schwelle eines Grades der Behinderung von 50 (§ 2 Abs. 2 SGB IX), 30 oder gar 20 liegen und daher die besonderen Pflichten nach §§ 81, 82 SGB IX, die nur für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen gelten(§ 68 Abs. 1 SGB IX), nicht auslöst. Der Senat hat zwischenzeitlich kargestellt, dass sich für die Zeit nach Inkrafttreten des AGG ein einfachbehinderter Bewerber im Sinne von Vermutungstatsachen auf Verstöße des Arbeitgebers im Bewerbungsverfahren gegen die §§ 81 ff. SGB IX nicht mit Erfolg berufen kann (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; Beyer jurisPR-ArbR 35/2011 Anm. 2).

41

Aus den sonstigen Bewerbungsunterlagen, insbesondere dem Lebenslauf des Klägers ergeben sich keine ausreichenden Hinweise auf eine Schwerbehinderung. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass wegen des Alters des Klägers im Zusammenhang mit der Zulassung zum Studium und des Hinweises auf die Behinderung kein ausreichender Hinweis auf eine Schwerbehinderung vorlag. Unabhängig von der Frage, ob ein ausreichender Hinweis auf eine Schwerbehinderung auch dann vorliegt, wenn diese wiederum nur aus sonstigen Umständen wie Lebensalter bei Ausbildungsbeginn etc. abgeleitet werden kann, musste die Beklagte aus dem Lebensalter des am 23. März 1964 geborenen Klägers und dem Beginn des Studiums an der Fachhochschule K im September 2005 (Einführungspraktikum ab September 2004) nicht von einer Schwerbehinderteneigenschaft ausgehen. Denn nach § 6 Abs. 1 Nr. 2b, Abs. 2 APrOVw gD BW(Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den gehobenen Verwaltungsdienst Baden-Württemberg) wird zur Ausbildung zugelassen, wer als schwerbehinderter Mensch im Zeitpunkt der Einstellung in den Vorbereitungsdienst das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben wird bzw. wer die Voraussetzungen voraussichtlich zum Zeitpunkt der Einstellung in das Einführungspraktikum erfüllen wird. Hiernach war eine Zulassung des schwerbehinderten Klägers zur Ausbildung gar nicht möglich. Auch der Kläger behauptet dies nicht. Vielmehr trägt der Kläger selbst vor, die ausnahmsweise Zulassung zur Ausbildung habe auf einer Entscheidung des Landespersonalausschusses nach § 55 Landeslaufbahnverordnung Baden-Württemberg iVm. § 6 Abs. 3 APrOVw gD BW beruht.

42

Zu Recht ist schließlich das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass bei Frau M keine positive Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers bestand, die der Beklagten zuzurechnen wäre. Selbst wenn zugunsten des Klägers eine Stellung von Frau M unterstellt wird, die eine Wissenszurechnung ermöglicht und darüber hinaus nicht nur das geschäftlich erlangte Wissen von Frau M, sondern auch privat erlangtes Wissen in das zuzurechnende Wissen einbezogen wird (vgl. Palandt/Ellenberger 70. Aufl. § 166 BGB Rn. 6), fehlt es an einer vom Kläger dargelegten positiven Kenntnis Frau M von seiner Schwerbehinderteneigenschaft. Auch mit der Revision bringt der Kläger allein vor, „an der FH K sei bekannt gewesen, dass er schwerbehindert ist“. Dies stellt keinen ausreichenden Sachvortrag zur Kenntnis von Frau M dar, die mit dem Kläger weder im gleichen Semester studiert hat noch näher persönlich bekannt war. Auch der Kläger behauptet nicht, er habe Frau M über seine Schwerbehinderung zu irgendeinem Zeitpunkt informiert. Entsprechendes gilt für den Sachvortrag des Klägers, Frau M habe die Schwerbehinderteneigenschaft aufgrund seines Alters oder des Tremors erkennen müssen. Auch dieser Sachvortrag ist nicht schlüssig. Der Kläger behauptet nicht, dass Frau M sein Alter bekannt gewesen sei. Auch gibt er nicht an, was Frau M bezüglich seines Tremors wahrgenommen haben soll. Zwar ist der Nachweis der Schwerbehinderteneigenschaft gegenüber dem Arbeitgeber dann entbehrlich, wenn die Schwerbehinderung offenkundig ist (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 703/09 - EzA SGB IX § 85 Nr. 7; 13. Februar 2008 - 2 AZR 864/06 - mwN, BAGE 125, 345 = AP SGB IX § 85 Nr. 5 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 83). Dabei muss jedoch nicht nur das Vorliegen einer oder mehrerer Beeinträchtigungen offenkundig sein, sondern auch, dass der Grad der Behinderung auf wenigstens 50 in einem Feststellungsverfahren festgesetzt würde. Eine von Frau M wahrgenommene, offenkundige Beeinträchtigung, die ebenso offenkundig auch mit einem GdB von mindestens 50 zu bewerten war, hat der Kläger nicht schlüssig vorgetragen. Der Kläger hat nicht behauptet, dass seine Bewegungsstörungen so erheblich waren oder sind, dass sie auch von Frau M ohne sozialmedizinische Vorbildung als offensichtliche Schwerbehinderung wahrzunehmen und einzustufen waren. Daher hat das Landesarbeitsgericht zu Recht von einer Beweisaufnahme hierzu abgesehen.

43

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht eine Pflicht des Arbeitgebers, sich nach einer Schwerbehinderteneigenschaft zu erkundigen, abgelehnt. Eine solche, von einem etwa bestehenden Recht zur Erkundigung zu unterscheidende Pflicht zur Erkundigung besteht schon deshalb nicht, weil der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, sich tätigkeitsneutral nach dem Bestehen einer Schwerbehinderteneigenschaft zu erkundigen, wenn er hiermit keine positive Fördermaßnahme verbinden will. Gerade durch solche Nachfragen kann der Arbeitgeber Indiztatsachen schaffen, die ihn bei einer Entscheidung gegen den schwerbehinderten Bewerber in die Darlegungslast nach § 22 AGG bringen können. Eine Pflicht zur Erkundigung zielte auf ein verbotenes Differenzierungsmerkmal nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in Verb. mit § 1 AGG und stellte eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung dar(ErfK/Preis 11. Aufl. § 611 BGB Rn. 272 mwN; Düwell in: LPK-SGB IX 3. Aufl. § 85 Rn. 22; Schleusener in: Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 30, 32 f.). Der Arbeitgeber kann nicht verpflichtet sein, mit einer Frage zur Schwerbehinderteneigenschaft Tatsachen zu schaffen, die ihm als Indiztatsachen nach § 22 AGG in einem späteren möglichen Prozess entgegengehalten werden können.

44

e) Der Kläger hat aber ein Indiz iSd. § 22 AGG dadurch dargelegt, dass er darauf verwiesen hat, die Beklagte habe ihre Prüf- und Meldepflichten nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX verletzt.

45

aa) Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist ein Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden können. Weiter ist nach § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX jeder Arbeitgeber verpflichtet, vor der Besetzung einer freien Stelle frühzeitig mit der Agentur für Arbeit Verbindung aufzunehmen. Die Verletzung dieser Pflicht ist als Vermutungstatsache für einen Zusammenhang zwischen Benachteiligung und Behinderung geeignet (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21).

46

Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts prüfte die Beklagte entgegen der sich aus § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ergebenden Pflicht vor der Besetzung der Stelle nicht, ob der freie Arbeitsplatz mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann. Auch die Agentur für Arbeit wurde nicht eingeschaltet, § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX. Daher wurde auch der frei werdende und neu zu besetzende Arbeitsplatz der Agentur für Arbeit nicht gemeldet (§ 82 Satz 1 SGB IX).

47

bb) Der Senat teilt die Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht, die Kausalität zwischen dem Merkmal der Behinderung und der benachteiligenden Behandlung entfalle, weil der Kläger der Beklagten nur eine „Behinderung“ mitgeteilt habe. Als schwerbehinderter Mensch (GdB von 60) kann sich der Kläger auf Verstöße gegen § 81 SGB IX berufen(vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3). Der zurechenbare Pflichtverstoß der Beklagten begründet eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die dem Kläger zuteil gewordene benachteiligende Behandlung auf dem Merkmal der Behinderung beruht. Mit ihrem Verhalten erweckt die Beklagte den Anschein, nicht nur an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein, sondern auch möglichen Vermittlungsvorschlägen und Bewerbungen von arbeitsuchenden schwerbehinderten Menschen aus dem Weg gehen zu wollen (Düwell in: LPK-SGB IX 3. Aufl. § 81 Rn. 57). Der Verstoß gegen die Pflichten nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX deutet darauf hin, dass das Merkmal der Behinderung Teil des Motivbündels der Beklagten bei der benachteiligenden Behandlung von Schwerbehinderten und damit auch des schwerbehinderten Klägers war. Andernfalls würde der durch besondere verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu gewährende Schutz vor einer Benachteiligung weitgehend leerlaufen (BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - Rn. 27, BVerwGE 139, 135). Ob sich ein solcher Verfahrensverstoß in der Auswahlentscheidung konkret ausgewirkt hat, ist unerheblich, da § 15 Abs. 2 AGG auch bei der besseren Eignung von Mitbewerbern eine Entschädigung gewährt. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass § 15 Abs. 2 AGG in Verb. mit § 81 Abs. 2 Satz 1, § 82 Satz 2 SGB IX bereits vor einem diskriminierenden Verfahren schützt(BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 42, BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

48

7. Die Beklagte hat die Vermutung der Benachteiligung wegen der Behinderung des Klägers nicht widerlegt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts rechtfertigt ihr Vorbringen nicht den Schluss, dass die Behinderung des Klägers in dem Motivbündel nicht enthalten war, das die Beklagte beim Ausschluss des Klägers aus dem Auswahlverfahren beeinflusste.

49

a) Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorlag. Der Arbeitgeber muss das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung nicht auch auf der Behinderung beruht. Damit muss er Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung führten (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19), und in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten war. Für die Mitursächlichkeit reicht es aus, dass die vom Arbeitgeber unterlassenen Maßnahmen objektiv geeignet sind, schwerbehinderten Bewerbern keine oder weniger günstige Chancen einzuräumen, als sie nach dem Gesetz zu gewähren sind (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 44, aaO; Düwell in: LPK-SGB IX 3. Aufl. § 81 Rn. 67).

50

b) Die Beklagte kann die Benachteiligungsvermutung nicht durch den Verweis auf die bessere Eignung der tatsächlich eingestellten Frau Mü widerlegen. Eine solche bessere Eignung der bevorzugten Mitbewerberin schließt eine Benachteiligung nicht aus. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG, wonach selbst dann eine Entschädigung zu leisten ist, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre(vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - BAGE 122, 54 = AP SGB IX § 81 Nr. 14 = EzA SGB IX § 81 Nr. 15). Auch aus dem Vortrag der Beklagten, Frau M habe das Verhalten des Klägers während der Zeit an der Fachhochschule K als aufdrängend wahrgenommen, was den Bürgermeister veranlasst habe, den Kläger nicht weiter am Auswahlverfahren teilnehmen zu lassen, ergibt sich keine Widerlegung der Vermutung. Damit hat die Beklagte keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergäbe, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung führten. Der Sachgehalt eines solchen Auswahlkriteriums steht zudem in Frage.

51

8. Der Entschädigungsanspruch des Klägers ist auch nicht ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs, § 242 BGB, ausgeschlossen.

52

a) Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung, wobei eine gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage wegen der Rechtsüberschreitung als unzulässig angesehen wird(vgl. BGH 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04 - NJW-RR 2005, 619; BAG 28. August 2003 - 2 AZR 333/02 - AP BGB § 242 Kündigung Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 4; 23. Juni 1994 - 2 AZR 617/93 - BAGE 77, 128 = AP BGB § 242 Kündigung Nr. 9 = EzA BGB § 242 Nr. 39; Palandt/Grüneberg 70. Aufl. § 242 BGB Rn. 38). § 242 BGB eröffnet damit die Möglichkeit jede atypische Interessenlage zu berücksichtigen, bei der ein Abweichen von der gesetzlichen Rechtslage zwingend erscheint(vgl. BAG 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - AP BGB § 613a Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 61; MünchKommBGB/Roth 5. Aufl. § 242 BGB Rn. 180). Zur Konkretisierung atypischer Interessenlagen wurden Fallgruppen gebildet, in denen ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nahe liegt. Hierzu zählt die Fallgruppe des unredlichen Erwerbs der eigenen Rechtsstellung (vgl. BAG 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - aaO; Palandt/Grüneberg aaO Rn. 42 f.).

53

Im Falle von Ansprüchen nach § 15 AGG kann unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls der Erwerb der Rechtsstellung als Bewerber dann als unredlich erscheinen, wenn die Bewerbung allein deshalb erfolgte, um Entschädigungsansprüche zu erlangen(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135; Windel RdA 2011, 193, 194 f.; Jacobs RdA 2009, 193, 198 f.; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 15 AGG Rn. 10; HK-ArbR/Berg 2. Aufl. § 15 AGG Rn. 9). Das Verbot des Rechtsmissbrauchs ist dabei ein anerkannter Grundsatz des Gemeinschaftsrechts (EuGH 9. März 1999 - C-212/97 - [Centros] Rn. 24, Slg. 1999, I-1459; 12. Mai 1998 - C-367/96 - [Kefalas ua.] Rn. 20, Slg. 1998, I-2843; Däubler/Bertzbach-Deinert AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 53; Windel RdA 2011, 193 f.).

54

Für die fehlende subjektive Ernsthaftigkeit, dh. den Rechtsmissbrauch ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweisbelastet (vgl. MünchKommBGB/Thüsing 5. Aufl. § 15 AGG Rn. 17; HK-ArbR/Berg 2. Aufl. § 15 AGG Rn. 9), wobei der Arbeitgeber Indizien vortragen muss, die geeignet sind, den Schluss auf die fehlende Ernsthaftigkeit zuzulassen (ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 15 AGG Rn. 10; Windel RdA 2011, 193, 195; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 6 Rn. 12). Zwar könnte ein krasses Missverhältnis zwischen Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle und der Qualifikation des Bewerbers die Ernsthaftigkeit der Bewerbung in Frage stellen (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2; MünchKommBGB/Thüsing aaO; DFL/Kappenhagen/Kramer 4. Aufl. § 11 AGG Rn. 5). Der Kläger hat jedoch die Staatsprüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst abgelegt und besitzt damit die Qualifikation für eine Tätigkeit im gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst. Ein Missverhältnis zwischen Anforderungsprofil und Qualifikation des Klägers als Bewerber liegt nicht vor.

55

b) Danach hat die Beklagte keine ausreichenden Indizien für eine mangelnde Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers vorgetragen.

56

Auch wenn der Kläger eine Vielzahl von Entschädigungsklagen gegen öffentliche Arbeitgeber in Folge der Vielzahl seiner Bewerbungen angestrengt hat, so liegt hierin allein kein ausreichender Umstand, der die Bewerbung bei der Beklagten als subjektiv nicht ernsthaft erscheinen ließe (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 54). Der Kläger hat im fortgeschrittenen Alter und trotz vorhandener anderer Berufsabschlüsse das Studium an der Fachhochschule K mit der Staatsprüfung im September 2008 abgeschlossen und sich entsprechend dieser Ausbildung bei einer Vielzahl von öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften beworben. Der Kläger stand zum Zeitpunkt der Bewerbung in keinem anderweitigen Arbeitsverhältnis. Die Vielzahl der Bewerbungen spricht - auch angesichts des Lebenslaufs des Klägers - mehr für die Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung als dafür, dass es dem Kläger nur um die Erlangung einer Entschädigung gegangen sein könnte. Gegen eine fehlende Ernsthaftigkeit spricht vor allem aber, dass sich der Kläger auch erfolgreich beworben und eine entsprechende Tätigkeit bei einem öffentlichen Arbeitgeber im Zeitraum 12. Januar bis 31. März 2010 in Oberbayern ausgeübt hat.

57

III. Über die Höhe der dem Kläger nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG zustehenden angemessenen Entschädigung kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

58

1. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein, um bei der Prüfung der Angemessenheit der Entschädigung die Besonderheiten jedes einzelnen Falls berücksichtigen zu können. Hängt die Höhe des Entschädigungsanspruchs von einem Beurteilungsspielraum ab, ist die Bemessung des Entschädigungsanspruchs grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 80 mwN, BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

59

2. Das Landesarbeitsgericht wird zu prüfen haben, welche Höhe angemessen ist und ob die Entschädigung in der Höhe auf drei Monatsgehälter begrenzt werden muss. Für die Höhe der festzusetzenden Entschädigung sind Art und Schwere der Verstöße sowie die Folgen für den schwerbehinderten Kläger von Bedeutung (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 55, BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 60, AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19). Hierbei wird das Landesarbeitsgericht insbesondere zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte nicht zurechenbar gegen § 81 Abs. 1 Sätze 4 bis 9, § 82 Satz 2 SGB IX verstoßen hat, sondern allein gegen die Pflichten aus § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Döring    

        

    Warnke    

                 

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG – wegen Benachteiligungen aufgrund ihrer Behinderung im Planstellenbewerberverfahren des beklagten Landes für das gymnasiale Lehramt.

2

Die am ... 1979 geborene Klägerin erwarb durch Zeugnis des Landeslehrerprüfungsamts beim Ministerium für Kultus, Jugend und Sport D... vom 29. Juli 2009 nach Bestehen der Zweiten Staatsprüfung für die Laufbahn des Höheren Schuldienstes an Gymnasien die Lehrbefähigung in den Fächern Englisch und Erdkunde sowie – aufgrund zusätzlicher Ausbildung und Überprüfung während des Vorbereitungsdienstes – im Fach Spanisch für alle gymnasialen Klassenstufen. Vom 14. September 2009 bis zum 28. Juli 2010 war sie zunächst als Lehrerin im Arbeitnehmerverhältnis im Schuldienst des Landes D... am ...-Gymnasium A... beschäftigt. Am 15. Juli 2010 wurde sie mit Wirkung zum 10. September 2010 durch das Land D... unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Studienrätin (A13) ernannt und erhielt unter anderem Dienstleistungsaufträge am ...-Gymnasium B... und am Gymnasium C...

3

Spätestens seit November 2011 erkrankte die Klägerin nach späteren Feststellungen des Gesundheitsamts E... an einer schizoaffektiven Störung mit mindestens zwei Krankheitsepisoden. Am 27. November 2012 stellte das Landratsamt E... – Versorgungsamt – bei der Klägerin rückwirkend zum 3. April 2012 einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 fest. Durch für sofort vollziehbar erklärte Verfügung des Regierungspräsidiums F... vom 7. August 2013 wurde sie mit Wirkung zum 30. September 2013 wegen gesundheitlicher Eignungsmängel aus dem Probebeamtenverhältnis des Landes D... entlassen. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, dass auf Grundlage eines amtsärztlichen Gutachtens des Gesundheitsamts E... unter Berücksichtigung des bisherigen Krankheitsverlaufs und der Art der Erkrankung sich eine vorzeitige Dienstunfähigkeit nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit für den Zeitraum der nächsten fünf Jahre ausschließen lasse. Die Entlassungsverfügung wurde durch die Klägerin nicht angefochten und damit bestandskräftig.

4

Am 10. Februar 2014 bewarb sich die Klägerin über das Online-Portal des beklagten Landes und bat um Aufnahme in die Planstellen-Bewerberdatei. Sowohl die Schwerbehinderung der Klägerin als auch die vorzeitige Beendigung des Beamtenverhältnisses in D... gingen aus den Bewerbungsunterlagen hervor; die Entlassungsverfügung des Regierungspräsidiums F... vom 7. August 2013 legte die Klägerin jedoch trotz Aufforderung durch den Beklagten im Bewerbungsdurchgang 2014 nicht vor.

5

In der Folgezeit wurde sie durch den Beklagten zu insgesamt drei im Ergebnis erfolglosen Auswahl- bzw. Einstellungsgesprächen geladen, die Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsrechtsstreits sind, namentlich am 12. Juni 2014 betreffend Planstellen für die Fächer Englisch und Erdkunde am Gymnasium am G... und am ...-Gymnasium H... am (nachfolgend: Auswahlgespräch 1), am 24. Juni 2014 betreffend eine Planstelle für die Fächer Englisch und Spanisch am ...-Gymnasium ... (nachfolgend: Auswahlgespräch 2) und am 15. Juli 2014 betreffend Planstellen für die Fächer Englisch und Spanisch am ...-Gymnasium I... und am ...-Gymnasium J... (nachfolgend: Auswahlgespräch 3). Die Klägerin erhielt Ablehnungsschreiben am 16. Juni 2014 betreffend Auswahlgespräch 1, am 24. Juni 2014 betreffend Auswahlgespräch 2 und am 24. Juli 2014 betreffend Auswahlgespräch 3. In den beiden letztgenannten Fällen versuchte die Klägerin durch spätere Kontaktaufnahme per E-Mail, weitergehende Gründe für ihre Ablehnung und die Identität der jeweils erfolgreichen Bewerber in Erfahrung zu bringen. Ein Bewerbungsverfahrensanspruch im Anschluss an die Auswahlentscheidung wurde in keinem Fall geltend gemacht.

6

Durch anwaltlichen Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 11. August 2014 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten – Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) – eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG in Höhe von 10.043,28 € (dreifache monatliche Eingangsbesoldung der Besoldungsstufe A13 des Landesbesoldungsgesetzes – LBesG) wegen der Umstände ihrer erfolglosen Bewerbung betreffend das Auswahlgespräch 1 geltend. Zur Begründung verwies sie darauf, dass sie aufgrund ihrer Behinderung im Bewerbungsverfahren ungerechtfertigt benachteiligt worden sei. Dies würden verschiedene Indizien nahelegen. Die Bedeutung des Fachs Spanisch, welches eine ihrer besonderen Qualifikationen darstelle, sei im Gespräch wahrheitswidrig heruntergespielt worden. Zudem sei sie ausführlich darüber befragt worden, ob ein Wiederausbruch ihrer Erkrankung ausgeschlossen werden könne und ob die Schule durch organisatorische Maßnahmen in besonderem Maße auf die Behinderung der Klägerin Rücksicht nehmen müsse. Dies habe dazu geführt, dass sie – die Klägerin – sich einen Großteil des Auswahlgesprächs für ihre Behinderung habe rechtfertigen müssen. Die Vertrauensperson für Behinderte habe ihr nicht zur Seite gestanden, sondern überwiegend nur betreten weggeschaut.

7

Durch weiteren anwaltlichen Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 13. August 2014 forderte die Klägerin von dem Beklagten eine identische Entschädigung – ergänzt um eine Forderung in Höhe von 958,19 € als Kosten der Rechtsverfolgung – wegen der inhaltlichen Ausgestaltung und des Ablaufs von Auswahlgespräch 2. Die ihre Benachteiligung indizierenden Umstände lägen hier bereits in der fehlenden Teilnahme der Vertrauensperson für Behinderte an dem Auswahlgespräch. Hierdurch sei ihr ein gesetzlich eingeräumter Vorteil in Form der Begleitung und Überwachung des Auswahlverfahrens zur Sicherung einer benachteiligungsfreien Stellenbesetzung vorenthalten worden. Zudem sei ihre besondere Qualifikation offensichtlich missachtet worden, während willkürliche Gründe zur Rechtfertigung ihrer Ablehnung angeführt worden seien. Sie decke ein besonders umfangreiches Qualifikationsspektrum durch eine attraktive Fächerkombination und zahlreiche Zusatzqualifikationen ab. Ein nicht schwerbehinderter Bewerber wäre mit ihren Abschlüssen zweifelsohne eingestellt worden.

8

Am 20. August 2014 machte die Klägerin über ihren Bevollmächtigten auch aufgrund des Ablaufs von Auswahlgespräch 3 eine Entschädigung in Höhe von 10.043,28 € nebst Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 958,19 € geltend. In diesem Gespräch, bei dem es sich bereits um ein Einstellungs- und nicht lediglich um ein Auswahlgespräch gehandelt habe, sei sie nach den Gründen für die Beendigung ihres früheren Beamtenverhältnisses in D... gefragt worden. Da diese in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrer Behinderung gestanden habe, sei die Frage nicht ohne Auskunft über ihren gesundheitlichen Zustand zu beantworten gewesen. Auch sei der Umstand, dass sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen eine Teilzeitstelle gewünscht habe, offensichtlich negativ bei der Entscheidung ins Gewicht gefallen. Im Ergebnis stelle dies eine offensichtliche Benachteiligung wegen ihrer behinderungsbedingten Leistungsbeschränkungen dar. Die für die Begründung ihrer Ablehnung angeführten Gründe seien offensichtlich vorgeschoben. Es sei angesichts ihrer Zeugnisse und besonderen Qualifikationen nicht nachvollziehbar, dass man nach schulfachlicher Beratung nicht zu der Überzeugung gelangt sei, dass sie den Leistungs- und Qualifikationsanforderungen der ausgeschriebenen Planstelle entsprechen werde.

9

Durch Schreiben vom 8. September 2014 erklärte der Beklagte, dass die geltend gemachten Ansprüche weder dem Grunde nach noch in der von der Klägerin geforderten Höhe anerkannt würden. Es liege kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot behinderter Menschen vor, weil die Auswahlentscheidungen jeweils nicht durch die Behinderung als negatives Kriterium mitmotiviert gewesen seien. Vielmehr seien nur sachliche Erwägungen unter Anwendung des für die Einstellungen in den öffentlichen Dienst maßgebenden Grundsatzes der Bestenauslese gemäß Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz – GG – und § 9 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG – entscheidungsrelevant gewesen. Die Klägerin habe in allen – unabhängig voneinander geführten – Gesprächen fachlich keinen überzeugenden Eindruck gemacht.

10

Im Auswahlgespräch 1 sei es ausschließlich um Planstellen mit der Fächerkombination Englisch und Erdkunde gegangen. Eine Lehrqualifikation im Fach Spanisch habe nicht zum Stellenprofil gehört und sei daher kein berücksichtigungsfähiges Auswahlkriterium gewesen. Es sei nur thematisiert worden, weil die Klägerin selbst es mehrfach angesprochen habe. Gesundheitsbezogene Fragen seien in Auswahlgesprächen nicht grundsätzlich unzulässig. Sie hätten der Verschaffung von Erkenntnissen gedient, inwieweit die Rahmenbedingungen an einer bestimmten Schule geeignet seien, einem schwerbehinderten Bewerber gerecht zu werden oder ob zusätzliche organisatorische Vorkehrungen zu treffen seien. Die Vertrauensperson für Behinderte hätte bei unzulässigen Fragen sicherlich interveniert. Tatsächlich basiere die Ablehnung der Bewerbung nicht auf einer vermeintlichen Diskriminierung wegen der Behinderung, sondern auf sachlichen Erwägungen, die sich unmittelbar aus dem Auswahlgespräch ergeben hätten. Die Klägerin sei fachlich weit entfernt vom rheinland-pfälzischen Schulsystem und habe sich über dieses schlecht informiert gezeigt. Sie habe keine Kenntnisse über die besonderen Strukturen und pädagogischen Zielsetzungen der Zielschulen aufgewiesen, obschon dies unproblematisch über deren Internetauftritte in Erfahrung zu bringen gewesen wäre. Sie habe im Auswahlgespräch klargestellt, dass sie das Gymnasium am in G... dem ...-Gymnasium in H... am vorziehe, weil sie es präferiere, Kinder „bildungsnäherer Schichten“ zu unterrichten. Dies belege nicht nur eine fehlende Kenntnis der Schullandschaft, sondern auch ein zweifelhaftes Berufsverständnis, weil Lehrkräfte auch in der Lage sein müssten, heterogene Schülergruppen zu unterrichten. Zudem seien die wenig ausgeprägte Fähigkeit der Klägerin zur konkreten Beantwortung an sie gerichteter Fragen sowie ihre fehlende Bereitschaft zu schulischem Engagement über den Unterricht hinaus bemängelt worden. Schließlich habe auch ihre Angabe, sie habe das frühere Beamtenverhältnis in D... „gekündigt“, wohl nicht den Tatsachen entsprochen.

11

Gleiches gelte im Ergebnis betreffend das Auswahlgespräch 2. Zu diesem sei die Vertrauensperson für Behinderte zwar geladen worden, habe jedoch auf eine Teilnahme verzichtet. Insoweit sei klarzustellen, dass es keine Teilnahmepflicht, sondern nur ein Teilnahmerecht der Vertrauensperson gebe und dass ihm – dem Beklagten – in diesem Zusammenhang auch kein Weisungsrecht zustehe. Insofern könne ihm selbst ein etwaiges Fehlverhalten der Vertrauensperson nicht zugerechnet werden. Unbeschadet dessen habe auch in diesem Fall die Ablehnung der Klägerin auf dem von ihr hinterlassenen persönlichen Eindruck beruht. So habe die Klägerin nur sehr knappe und oberflächliche Aussagen zur beabsichtigten Gestaltung des Unterrichts getätigt; Kenntnisse der Zielschule oder deren Profil seien nicht abrufbar gewesen. Auch sei sie nicht in der Lage gewesen, Fragen zum rheinland-pfälzischen Schulsystem konkret zu beantworten. Diese Fertigkeiten seien jedoch nach Ansicht der Auswahlkommission grundlegende Voraussetzungen einer erfolgreichen Bewerbung.

12

Auch der persönliche Eindruck im Auswahlgespräch 3 habe die dortige Kommission nicht von der fachlichen Eignung der Klägerin überzeugt; die Ablehnung der Bewerbung basiere auch in diesem Fall ausschließlich auf sachlichen Erwägungen. In fachlich-inhaltlicher Hinsicht sei zu berücksichtigen gewesen, dass an den Zielschulen ein besonderer Bedarf für einen Lehrer mit Oberstufenerfahrung zur Durchführung von Kursarbeiten und speziell zur Abiturvorbereitung bestanden habe, die die Klägerin nicht aufweise. Sie habe im Auswahlgespräch zur hierbei zentralen Arbeit mit spanischsprachiger Literatur keine Lehrkonzepte anbieten können. Auch Fachfragen zum Unterrichtsfach Englisch seien nicht mit dem gebotenen Tiefgang beleuchtet worden. Insbesondere habe die Klägerin den Einsatz englischsprachiger Literatur in Ganzschrift prinzipiell abgelehnt, weil sie Englisch mehr als Kommunikationssprache ansehe. Dies stehe jedoch in erkennbarem Widerspruch zum Bildungsauftrag des Gymnasiums. Auch hätten ihre Ausführungen keine Sensibilität im Umgang mit problematischen Schülern erkennen lassen. Ihr pädagogisches Konzept zur Aufarbeitung auffälligen Schülerverhaltens habe sich in der Benennung eines Katalogs von Strafen erschöpft, ohne weitergehende Lösungsansätze erkennen zu lassen. Schließlich habe sie sich im Auswahlgespräch in vielen Bereichen als voreingenommen dargestellt. So habe sie ein sehr einseitiges Bild von Elternarbeit, indem sie nur zwischen interessierten Eltern guter Schüler einerseits und desinteressierten Eltern schlechter Schüler andererseits unterscheide.

13

Die Klägerin legte gegen diese Entscheidung am 10. Oktober 2014 Widerspruch ein, in welchem sie der Sachverhaltsdarstellung des Beklagten in allen Punkten entgegentrat.

14

Es treffe nicht zu, dass die besondere Qualifikation durch Lehrbefähigung auch im Fach Spanisch im Auswahlgespräch 1 durch sie – die Klägerin – hervorgehoben worden sei. Auch habe es keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Fragen nach ihrer Behinderung der Klärung organisatorischer Rahmenbedingungen des Unterrichts gegolten hätten. Die Vertrauensperson habe dabei erkennbar ihre Aufgabe nicht erfüllt. Etwaige Ungenauigkeiten bei der Beantwortung von Fragen seien der Aufregung in der Bewerbungssituation geschuldet. Es sei nicht nachvollziehbar, welche spezifischen Kenntnisse vom rheinland-pfälzischen Schulsystem oder von den besonderen Strukturen und pädagogischen Zielsetzungen der Zielschulen nach Vorstellung des Beklagten hätten bekannt sein müssen. Die Präferenz für eine Einstellung in G... habe allein darauf beruht, dass dort aufgrund des Fächerzuschnitts anders als in H... am die Möglichkeit zur Einbringung ihrer vollen Qualifikation bestanden hätte. Es treffe nicht zu, dass sie nicht bereit sei, heterogene Schülergruppen zu unterrichten. Ebenso wenig sei sie entgegen der Einschätzung des Beklagten nicht in der Lage, Fragen konkret zu beantworten. Ihre fehlende Bereitschaft zum schulischen Engagement außerhalb des Unterrichts beruhe allein darauf, dass es für sie erforderlich sei, schonend in den Dienst wiedereinzusteigen; insofern habe der Beklagte durch die Begründung seiner Ablehnungsentscheidung betreffend das Entschädigungsbegehren erneut zu erkennen gegeben, dass ihre behinderungsbedingten Leistungseinschränkungen eine Rolle für das Bewerbungsverfahren gespielt habe. Schließlich habe sie zu Recht die Auskunft über ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis in D... verweigert, weil diese in einem so engen Zusammenhang mit ihrer Behinderung gestanden habe, dass sie gezwungen gewesen wäre, auch Einzelheiten hierüber preiszugeben. Hierzu sei sie jedoch nicht verpflichtet.

15

Betreffend das Auswahlgespräch 2 sei festzustellen, dass sie als schwerbehinderte Bewerberin einen Rechtsanspruch auf Teilnahme der Vertrauensperson habe. Sei diese verhindert, treffe den Beklagten als potenziellen Dienstherrn die Pflicht zur Verlegung des Termins für das Auswahlgespräch. Der Beklagte könne auch keine konkreten Anhaltspunkte für ihre vermeintlich unzureichende fachliche Eignung nennen; tatsächlich stufe sie selbst ihre fachliche Leistung als gut ein. Dies werde auch durch die erste Beurteilung im Probebeamtenverhältnis des Landes D... belegt. Schließlich stünden auch die fehlende Kenntnis vom rheinland-pfälzischen Schulsystem und den pädagogischen Besonderheiten der Zielschule einer erfolgreichen Bewerbung nicht entgegen. Da die Bildungsstandards in D... und ...einander sehr ähneln würden, sei sie ohne weiteres in der Lage, sich binnen kurzer Zeit in das unbekannte System einzuarbeiten.

16

Schließlich sei nunmehr jedenfalls aus den Ausführungen des Beklagten zum Auswahlgespräch 3 offensichtlich, dass ihr behinderungsbedingter Wunsch nach einer Beschränkung auf ein halbes Deputat zur Benachteiligung geführt habe. Zudem sei unzutreffend, dass sie Spanisch nur in den Klassenstufen 9 und 10 unterrichtet habe. Ebenso unwahr sei die zur Begründung der Ablehnung einer Entschädigung vorgeschobene Behauptung, dass sie fachliche Fragen teilweise unzureichend beantwortet habe. Zudem habe sie ein schlüssiges Konzept zum Umgang mit Problemschülern präsentiert, das nicht nur aus einem Strafenkatalog bestanden habe. Schließlich sei nicht erkennbar, dass ihre Auffassung zur Elternarbeit unzutreffend oder pädagogisch angreifbar sei.

17

Der Beklagte wies den Widerspruch durch Bescheid vom 21. Januar 2015 als unzulässig zurück. Sein Schreiben vom 8. September 2014 sei nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren, sondern als Realakt, mit dem ein Begehren der Klägerin zurückgewiesen worden sei. Hierfür spreche, dass das Schreiben im Falle der Nichtanfechtung nicht in Bestandskraft erwachse. Auch liege kein Verwaltungsakt kraft Form vor, der den Widerspruch statthaft erscheinen ließe. Schließlich könne auch § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG vorliegend keine Anwendung finden, weil die Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche nach dem AGG nicht im Dienst- und Treueverhältnis zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn wurzeln würden.

18

Am 23. Mai 2015 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung nimmt sie im Wesentlichen Bezug auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren.

19

Die Klägerin beantragt,

20

1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 8. September 2014 und des Widerspruchsbescheids vom 21. Januar 2015 zu verurteilen, der Klägerin 30.129,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2014 zu zahlen,

21

2. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Ersatz für vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.358,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

22

Der Beklagte beantragt,

23

die Klage abzuweisen.

24

Er erachtet die Klage als unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet. Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens sei nicht erforderlich gewesen, weil weder ein Verwaltungsakt noch eine auf ein Beamtenverhältnis bezogene Streitigkeit im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG vorliege. In Anbetracht dessen sei fraglich, ob die Klagefrist eingehalten sei; eine analoge Anwendung der Dreimonatsfrist in § 61b Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz – ArbGG – im Verwaltungsprozess sei jedenfalls in Betracht zu ziehen.

25

In der Sache könne die Klage im Ergebnis keinen Erfolg haben, weil eine unzulässige Benachteiligung als Anspruchsvoraussetzung nicht vorliege. Das Prinzip der Bestenauslese bei Bewerbungen um ein öffentliches Amt sei verfassungsrechtlich festgeschrieben und erfahre keine Durchbrechung im Sinne einer unbedingten Förderungspflicht schwerbehinderter Menschen. Auch § 24 Nr. 1 AGG stelle klar, dass die Vorschriften des AGG unter anderem für Beamte der Länder nur „unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung“ Geltung beanspruchen könnten. Daher müssten die Auswahlkriterien der Eignung, Leistung und Befähigung auch dann Anwendung finden, wenn eine (schwer-)behinderte Person im Bewerberkreis vertreten sei. Die Klägerin sei nicht wegen ihrer Behinderung, sondern ausschließlich wegen ihrer mangelnden fachlichen Eignung, die sich aus dem persönlichen Gesamteindruck aller Auswahlgespräche ergeben habe, im Planstellenbewerberverfahren nicht ausgewählt worden. Es liege bereits kein ausreichender Vortrag von Vermutungstatsachen vor, die gemäß § 22 AGG als Indizien für eine Benachteiligung wegen der Behinderung dienen könnten; vielmehr beruhe der gesamte Klagevortrag auf subjektiven Fehleinschätzungen seitens der Klägerin. Unbeschadet dessen sei jedenfalls der Nachweis möglich, dass eine Diskriminierung nicht stattgefunden habe.

26

Im Auswahlgespräch 1 sei das Merkmal der Behinderung nicht unzulässig thematisiert worden; die im Einzelfall gestellten gesundheitsbezogenen Fragen seien zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung erforderlich und im Ergebnis zulässig gewesen, weil sie unmittelbar mit der Fähigkeit zur Wahrnehmung der Laufbahnaufgaben im Zusammenhang stünden. Auch die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe durch das Land D... wegen gesundheitlicher Eignungsmängel habe die Fragen rechtfertigende Zweifel an der gesundheitlichen Eignung der Klägerin gesät. Eine abschließende Beurteilung sei nur auf Grundlage weiterer Erkenntnisse möglich gewesen. Diese seien nicht auf anderem Wege zu erlangen gewesen, zumal die Klägerin im Bewerbungsverfahren bezogen auf die Umstände ihrer Entlassung in D... nur die an der Grenze zur Unwahrheit liegende Einlassung abgegeben habe, sie selbst habe „gekündigt“.

27

Zu Ablauf und inhaltlicher Ausgestaltung des Auswahlgesprächs 2 wiederholt und vertieft der Beklagte seine Ausführungen im Schreiben vom 8. September 2014. Er betont dabei, dass insbesondere die unzureichende Vorbereitung der Klägerin auf das Auswahlgespräch, die sich in der falschen Beantwortung von Fragen zum rheinland-pfälzischen Schulsystem und zur Zielschule gezeigt habe, für die Ablehnung entscheidend gewesen sei.

28

Die Behauptung der Klägerin, im Auswahlgespräch 3 sei ihrer Bewerbung wegen der behinderungsbedingt gewünschten Reduzierung des Deputats kein Erfolg beschieden worden, sei abwegig. Beide Zielschulen hätten an einer klaren Unterversorgung an Lehrkräften in den Fächern Englisch und Spanisch gelitten. Angesichts dessen sei auch eine Teilzeittätigkeit ohne weiteres akzeptiert worden, wenn in der Person der Klägerin die fachlichen Voraussetzungen, insbesondere Oberstufenerfahrung im Fach Spanisch, vorgelegen hätten. Die von der Klägerin wahrgenommene gute Beantwortung der an sie gerichteten Fragen entspreche ihrem Selbsteindruck, dem aus schulfachlicher Sicht widersprochen werden müsse. So sei sie nicht in der Lage gewesen, bei den Themen „Ganzschriften in englischer Literatur“, „Umgang mit schwierigen Schülern“ und „Elternarbeit“ überzeugende Konzepte zu präsentieren. Insbesondere die kategorische Ablehnung der Klägerin, Ganzschriften im Fach Englisch zu verwenden, an der sie auch nach Hinweis auf den anderslautenden gymnasialen Lehrplan festgehalten habe, sei negativ aufgefallen. Zudem verkenne die Klägerin durch ihre alleinige Fokussierung auf fachliche Qualifikationen andere wesentliche Anforderungen an den Pädagogen. An diesen werde zusätzlich der Anspruch gerichtet, Unterrichtsarbeit auf fachdidaktisch und methodisch hohem Niveau zur Erzielung eines Optimums an Lerngewinn zu leisten, aber auch pädagogisches Feingefühl zu zeigen, um der Heterogenität der Schülerschaft mit ihren unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und psycho-sozialen Hintergründen gerecht zu werden. In dieser Hinsicht habe die Klägerin keineswegs überzeugt und sei deshalb nicht ausgewählt worden.

29

Die Klägerin ist der Klageerwiderung durch Replik vom 14. Juli 2015 entgegengetreten. Eine analoge Anwendung der Frist des § 61b ArbGG scheide mangels planwidriger Regelungslücke aus. Im Übrigen vertieft sie ihre Ausführungen zu dem aus ihrer Sicht diskriminierenden Ablauf der Auswahlgespräche. So habe der Auswahlkommission die Bewertung ihrer gesundheitlichen Eignung nicht zugestanden; vielmehr sei diese gehalten gewesen, ein amtsärztliches Attest über ihren Gesundheitszustand einzuholen. In diesem Kontext sei auch fernliegend, dass zwar – unstreitig – Fragen über ihre behinderungsbedingten Leistungseinschränkungen gestellt worden seien, diese nach Vorbringen des Beklagten aber keinen Einfluss auf die Entscheidung über die Bewerbung hätten haben sollen. Soweit sie – die Klägerin – die Details ihrer Entlassung aus dem Beamtenverhältnis in D... im Auswahlgespräch verschleiert habe, bewege sich dies im Bereich der „zulässigen Lüge“, weil keine Details über die Behinderung in einem Bewerbungsgespräch abgefragt werden dürften. Auch die Ausführungen des Beklagten zum Ablauf des Auswahlgesprächs 3 entsprächen nicht ihrer Wahrnehmung. Insbesondere mute es befremdlich an, dass auf Grundlage kurzer Auswahlgespräche ein „ungenügender“ fachlicher Eindruck entstanden sei, der sich mit den dienstlichen Beurteilungen und Zeugnissen des Landes D..., dessen Bewertung der fachlichen Leistungen auf einem ungleich längeren Zeitraum beruhe, nicht im Ansatz decke.

30

Der Beklagte hat wiederum seinerseits hierzu durch Duplik vom 20. Juli 2015 Stellung genommen, die dem Gericht und der Klägerin bei der mündlichen Verhandlung am 21. Juli 2015 vorgelegen hat. Hierin hat der Beklagte seinen Sachverhaltsvortrag erneut vertieft und um spezifische Angaben zu den Bewerbern, die der Klägerin vorgezogen wurden, ergänzt.

31

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung des Zeugen Leitender Regierungsschuldirektor K... zum Ablauf und Inhalt des Auswahlgesprächs 1 und durch die uneidliche Vernehmung des Zeugen Leitender Regierungsschuldirektor L... zum Ablauf und Inhalt des Auswahlgesprächs 3. Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der Beweisaufnahme ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten, dem Protokoll der mündlichen Verhandlung und den vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten (2 Hefte), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

32

Die Klage hat keinen Erfolg; sie ist zulässig (nachfolgend I.), aber unbegründet (nachfolgend II.).

I.

33

1. Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist eröffnet, weil die Klägerin sich um Einstellung in ein Beamtenverhältnis auf Probe bei dem Beklagten beworben hat. Dies folgt aus der aufdrängenden Sonderzuweisung in § 54 Abs. 1 BeamtStG (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Juni 2007 – 2 F 10596/07.OVG – juris Rn. 2, zu § 15 Abs. 1 AGG), der auch auf Klagen Anwendung findet, die auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG gerichtet sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. April 2011 – 4 S 1078/11 – juris Rn. 4).

34

2. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft; das Entschädigungsbegehren setzt eine vorherige Behördenentscheidung gerade in der Form des Verwaltungsakts nicht voraus (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2013 – 4 S 547/12 –, juris Rn. 17; Urteil vom 4. August 2009 – 9 S 3330/08 – juris Rn. 16). Dafür ist ohne Belang, dass der Beklagte den geltend gemachten Entschädigungsanspruch der Klägerin vor Klageerhebung mit Schreiben vom 8. September 2014 als unbegründet zurückgewiesen hat. Bei diesem Schreiben ohne Rechtsbehelfsbelehrung handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Es enthält nicht die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Feststellung (vgl. hierzu § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG), dass der geltend gemachte Anspruch nicht besteht, sondern lediglich die Ablehnung eines beantragten Realakts in Form der Zahlung des durch die Klägerin beanspruchten Geldbetrags (vgl. auch VG Göttingen, Urteil vom 18. März 2014 – 1 A 247/12 – juris Rn. 13, m.w.N). Etwas anderes könnte im konkreten Fall nur gelten, wenn die Vornahme des Realakts rechtlich an den vorherigen Erlass eines Verwaltungsakts (z.B. Bewilligungsbescheid) gebunden oder die Ablehnung faktisch aufgrund der gewählten Form (z.B. Bezeichnung als Verwaltungsakt, Vorhandensein einer Rechtsbehelfsbelehrung) eindeutig als Verwaltungsakt zu qualifizieren wäre (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage 2014, Anh § 42 Rn. 42 f.). Beides ist vorliegend nicht der Fall. Auch der Erlass des Widerspruchsbescheids vom 21. Januar 2015 durch den Beklagten führt nicht zur Statthaftigkeit einer Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Var. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO), weil der Beklagte sich in diesem nicht zur Sache eingelassen, sondern die Zurückweisung des Widerspruchs einzig auf die fehlende Statthaftigkeit gestützt hat.

35

3. Offen bleiben kann, ob die Durchführung des Widerspruchsverfahrens vor Klageerhebung aufgrund der beamtenrechtlichen Sondervorschrift des § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG erforderlich gewesen ist; die Kammer geht jedoch im Gegensatz zur Einschätzung des Beklagten tendenziell von der Erforderlichkeit des Vorverfahrens als Sachurteilsvoraussetzung aus.

36

a) Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat im Beschluss vom 22. Juni 2007 – 2 F 10596/07.OVG – im Zusammenhang mit der Frage der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs durch § 54 Abs. 1 BeamtStG festgestellt, dass eine Klage auf Schadenersatz wegen Diskriminierung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG eine solche „aus dem Beamtenverhältnis“ sei. Maßgebend hierfür sei, dass der geltend gemachte Anspruch auf einer dem Beamtenrecht zugeordneten Anspruchsgrundlage beruhe. Dies sei etwa bei Ansprüchen „vorbeamtenrechtlicher Art“ der Fall, in denen ein Rechtsanspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis geltend gemacht werde oder bei Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung eines solchen Übernahmeanspruchs (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Juni 2007 – 2 F 10596/07.OVG – juris Rn. 3). Nichts anderes könne im Hinblick auf Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Pflichten gelten, die einem Arbeitgeber gegenüber schwerbehinderten Menschen bei der Besetzung freier Arbeitsplätze gemäß § 81 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – SGB IX – oblägen und deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch gemäß § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG begründen könnten. Es handele sich insoweit gleichfalls um einen Anspruch vorbeamtenrechtlicher Art, da seinen Bezugspunkt die konkrete Durchführung eines Stellenbesetzungsverfahrens bilde (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Juni 2007 – 2 F 10596/07.OVG – juris Rn. 3).

37

Dies zugrunde gelegt, unterfällt auch der vorliegend geltend gemachte Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG den Streitigkeiten vorbeamtenrechtlicher Art, weil die anspruchsbegründenden Umstände aus Inhalt und Ausgestaltung des beamtenrechtlichen Stellenbesetzungsverfahrens hergeleitet werden. Neben der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs über § 54 Abs. 1 BeamtStG bedeutet dies jedoch – vorbehaltlich anderslautender landesrechtlicher Regelungen (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG) – auch das grundsätzliche Erfordernis der Durchführung eines Vorverfahrens vor Klageerhebung, weil § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG erkennbar auf Satz 1 der Vorschrift Bezug nimmt und demzufolge von einem identischen Anwendungsbereich beider Vorschriften auszugehen ist.

38

b) Demgegenüber geht die Mehrzahl der Verwaltungsgerichte in Übereinstimmung mit dem Beklagten davon aus, dass § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG keine Anwendung auf Entschädigungsklagen gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG findet, weil Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche nach dem AGG nicht in dem die besondere Verfahrensanordnung dieser Vorschrift begründenden Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn wurzeln würden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2013 – 4 S 547/12 –, juris Rn. 17; Urteil vom 4. August 2009 – 9 S 3330/08 – juris Rn. 16; VG Göttingen, Urteil vom 18. März 2014 – 1 A 247/12 – juris Rn. 14). Dieser Argumentationsansatz erscheint jedoch widersprüchlich angesichts des Umstands, dass alle diese Gerichte zuvor – teilweise stillschweigend – die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs unter dem Blickwinkel des § 54 Abs. 1 BeamtStG bejahen, aber nicht begründen, weshalb es sich insoweit bei der Entschädigungsklage um eine Klage „aus dem Beamtenverhältnis“ handeln soll, bei der Frage der Notwendigkeit eines Vorverfahrens vor Klageerhebung unter dem Blickwinkel des § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG hingegen nicht (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2013 – 4 S 547/12 –, juris Rn. 17: „[D]ie Klägerin begehrt weder eine auf dem Gebiet des Beamtenrechts liegende Entscheidung noch geht sie gegen eine solche vor.“, im Widerspruch zu: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. April 2011 – 4 S 1078/11 – juris Rn. 4).

39

Daher schließt sich die Kammer der Auffassung an, dass die Durchführung eines Vorverfahrens auch im Falle der Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG wegen Diskriminierung im beamtenrechtlichen Stellenbesetzungsverfahren erforderlich ist (so im Ergebnis auch: VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 25. Mai 2011 – 1 K 1158/10.NW – juris Rn. 16).

40

c) Die Frage kann jedoch im Ergebnis offen bleiben, weil erstens die Klägerin vorliegend erfolglos das Widerspruchsverfahren durchlaufen hat und zweitens die Vorschrift des § 61b Abs. 1 ArbGG keine analoge Anwendung im Verwaltungsprozess findet, so dass auch eine verzögerte Klageerhebung aufgrund der Durchführung eines etwaig unstatthaften Widerspruchsverfahrens nicht zur Unzulässigkeit der Klage führt.

41

Nach § 61b Abs. 1 ArbGG muss vor den Arbeitsgerichten eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden. Für die von dem Beklagten vorgeschlagene analoge Anwendung im Verwaltungsprozess fehlt es jedoch an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat die ursprünglich im Rahmen des Gesetzes zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern vom 26. Juni 1994 (Zweites Gleichberechtigungsgesetz – 2. GleiBG, BGBl. I 1994, 1406 ff.) zur Geltendmachung von Ansprüchen wegen geschlechterspezifischer Diskriminierung gemäß § 611a Bürgerliches Gesetzbuch a.F. – BGB a.F. – eingeführte Vorschrift mehrfach, zuletzt durch das Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006 (BGBl. I 2006, 1897 ff.), modifiziert, ohne eine Erstreckung auf den Verwaltungsprozess vorzunehmen, obschon erkennbar war, dass die mit dem AGG erfolgte Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303 vom 2. Dezember 2000, 16 ff.) auch für den Zugang zu den Beamten- und Richterlaufbahnen des Bundes und der Länder Geltung beanspruchen würde (vgl. § 24 AGG) und die Verwaltungsgerichte mit etwaigen Verfahren zu Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen wegen Diskriminierung im Beamten- und Richterbewerberverfahren befasst sein würden. Dennoch hat der Gesetzgeber auf die Einführung einer § 61b Abs. 1 ArbGG entsprechenden Vorschrift in die VwGO verzichtet. Grund hierfür dürfte das bei der Einstellung von Beamten typischerweise länger andauernde Stellenbesetzungsverfahren und die Möglichkeit der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens sein, so dass auch das Vorliegen einer vergleichbaren Interessenlage als Voraussetzung einer analogen Anwendung zweifelhaft erscheint.

42

4. Schließlich verfügt die Klägerin auch über das notwendige Rechtsschutzinteresse. Dass sie nicht gegen die Ernennungen ihrer Konkurrenten vorgegangen ist, berührt den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. April 2013 – 2 B 145.11 – juris Rn. 10).

II.

43

Die Klage ist unbegründet; die Klägerin hat keinen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG. Nach dieser Vorschrift kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Zwar unterfallen Klägerin und Beklagter dem persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes (vgl. § 6 AGG, nachfolgend 1.). Auch weist die Klägerin in Gestalt ihrer bestandskräftig festgestellten (Schwer-)Behinderung ein Merkmal auf, aufgrund dessen eine Benachteiligung gemäß § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 1 AGG grundsätzlich verboten ist (nachfolgend 2.). In keinem der verfahrensgegenständlichen Auswahlgespräche erfolgte jedoch eine Benachteiligung aufgrund dieses Merkmals (nachfolgend 3.).

44

1. Die Beteiligten unterfallen dem persönlichen Anwendungsbereich des AGG. Die Klägerin gilt als Bewerberin für ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG als Beschäftigte im Sinne des Gesetzes. Dessen Vorschriften gelten hiernach unter anderem für Beamtinnen und Beamte der Länder, wenngleich nur „unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung“. Bewerber ist derjenige, der sich subjektiv ernsthaft um eine Stelle beworben hat und objektiv für die zu besetzende Stelle in Betracht kommt (vgl. BAG, Urteil vom 12. November 1998 – 8 AZR 365/97). Es liegen derzeit keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass dies bei der Klägerin nicht der Fall war und sie eine „professionelle Diskriminierungsklägerin“ wäre. Hierfür genügt insbesondere nicht die Tatsache, dass sie an zwei weiteren Auswahlverfahren für den höheren Schuldienst in Hessen und Rheinland-Pfalz teilgenommen hat.

45

Der Beklagte als möglicher (künftiger) Dienstherr der Klägerin ist zugleich Arbeitgeber im Sinne des AGG (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 – 5 C 16.10 – BVerwGE 139, 135).

46

2. In Gestalt ihrer (Schwer-)Behinderung weist die Klägerin ein Merkmal auf, aufgrund dessen eine Benachteiligung gemäß § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 1 AGG grundsätzlich verboten ist.

47

Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG. Zwar wird der Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nur in § 15 Abs. 1 AGG als Tatbestandsvoraussetzung für den Ersatz materieller Schäden ausdrücklich genannt. Dem Charakter des § 15 AGG als umfassende Regelung der finanziellen Einstandspflicht des Arbeitgebers bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot entspricht es aber, auch die Entschädigung immaterieller Schäden nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG an einen derartigen Verstoß zu binden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 – 5 C 16.10 – BVerwGE 139, 135; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2013 – 4 S 547/12 – juris Rn. 22).

48

Gemäß § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden. Der Begriff der Behinderung im Sinne von § 1 AGG entspricht den gesetzlichen Definitionen in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und § 3 Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen – BGG. Er ist damit weiter gefasst als der Begriff der Schwerbehinderung (§ 2 Abs. 2 SGB IX) und der ihr gleichgestellten Behinderung (§ 2 Abs. 3 SGB IX i.V.m. § 68 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Er erfasst alle Menschen, deren körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2013 – 4 S 547/12 – juris, Rn. 23). Bei der Behinderung der Klägerin, für die mit bestandskräftigem Bescheid des Landratsamts E... vom 27. November 2012 rückwirkend zum 3. April 2012 ein GdB von 50 festgestellt worden ist, handelt es sich um eine solche im Sinne des § 1 AGG.

49

3. Die Klägerin ist zur Überzeugung des Gerichts jedoch in keinem der verfahrensgegenständlichen Stellenbesetzungsverfahren aufgrund ihrer Behinderung benachteiligt worden.

50

a) Benachteiligung im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG ist jede unterschiedliche Behandlung, die mit einem Nachteil verbunden ist; nicht erforderlich ist, dass in Benachteiligungsabsicht gehandelt oder die Benachteiligung sonst schuldhaft bewirkt worden ist. Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die unmittelbare Benachteiligung kann dabei auch in einem Unterlassen liegen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2013 – 4 S 547/12 – juris Rn. 25). Eine mittelbare Benachteiligung ist gemäß § 3 Abs. 2 AGG gegeben, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

51

b) Der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Behinderung (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AGG: „…wegen eines in § 1 genannten Grundes…“) ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund – die Behinderung – das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das verpönte Merkmal Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (vgl. BAG, Urteil vom 22. August 2013 – 8 AZR 563/12 – juris Rn. 47; Urteil vom 21. Juni 2012 – 8 AZR 364/11 – juris Rn. 32, stRspr.).

52

Hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Nachteil und verpöntem Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich zugleich auf die Darlegungslast auswirkt. Ein erfolgloser Bewerber genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines unzulässigen Merkmals vermuten lassen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. April 2012 – Rs. C-415/10 – Meister, juris Rn. 42, zu Art. 9 der Richtlinie 2000/78/EG; Urteil vom 21. Juli 2011 – Rs. 104/10 – Kelly, juris Rn. 30; Urteil vom 10. März 2005 – Rs. C-196/02 – Nikoloudi, juris Rn. 75, jeweils zum inhaltsgleichen Art. 4 der Richtlinie 97/80/EG). Dies ist dann der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen – aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit – darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals erfolgt ist. Denn durch die Verwendung der Begriffe „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber gleichwohl die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist (vgl. BAG, Urteil vom 22. August 2013 – 8 AZR 563/12 – juris Rn. 47; Urteil vom 23. August 2012 – 8 AZR 285/11 – juris Rn. 32). Besteht eine derartige Vermutung für die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, trägt nach § 22 AGG die andere Partei – hier der beklagte Dienstherr – die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (vgl. BAG, Urteil vom 22. August 2013 – 8 AZR 563/12 – juris Rn. 48).

53

Die beiden Stufen der Darlegungs- und Beweislast aus § 22 AGG sind demnach deutlich zu trennen. Zunächst hat der Beschäftigte die Verantwortung, das Gericht von Indizien, also von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit einer Diskriminierung, zu überzeugen. Erst auf der zweiten Stufe, also nachdem die seitens des Anspruchsstellers vorgetragenen Tatsachen eine Benachteiligung wegen eines Merkmals nach § 1 AGG vermuten lassen, trägt der Beklagte die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorlag. Erst dann, wenn diese Stufe erreicht ist, muss er Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe als die Behinderung waren, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben (vgl. BAG, Urteil vom 19. August 2010 – 8 AZR 530/09 – juris, Rn. 61; Urteil vom 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 – juris, Rn. 49; Urteil vom 17. August 2010 – 9 AZR 839/08 – juris Rn. 45).

54

c) Bei Anlegung dieses Maßstabes ist es der Klägerin bereits in keinem der verfahrensgegenständlichen Fälle gelungen, hinreichende Tatsachen vorzutragen, die – aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit – darauf schließen lassen, dass die ungünstigere Behandlung in Gestalt der Erfolglosigkeit ihrer Bewerbung zumindest auch wegen ihrer Behinderung erfolgt ist. Etwaige Indizien wären zudem nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch den Beklagten widerlegt.

55

Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass im Verwaltungsprozess aufgrund des dort herrschenden Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO) die vor den Arbeitsgerichten bestehenden Anforderungen an die Darlegung seitens des unterlegenen Bewerbers nicht ungesehen auf den Verwaltungsprozess übertragen werden dürfen. Die Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen wird jedoch dahingehend von § 22 AGG modifiziert, dass der Mitwirkung der Beteiligten (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO) ein größeres Gewicht zukommt, indem einen Kläger die besondere Obliegenheit trifft, das Gericht auf die nach seiner – des Klägers – Einschätzung diskriminierenden Umstände des Auswahlverfahrens hinzuweisen. Unbeschadet dessen hat das Gericht parallel hierzu von Amts wegen sich aus dem Sachvortrag oder den Verwaltungsvorgängen ergebenden Anhaltspunkten für eine Benachteiligung aufgrund des Merkmals im Sinne des § 1 AGG nachzugehen. Beide Ansätze – Indizienvortrag der Klägerin und Amtsermittlung – haben jedoch vorliegend keine Tatsachen ergeben, die auf eine behinderungsbedingte Benachteiligung der Klägerin im Bewerbungsverfahren schließen lassen.

56

aa) Die Klägerin bringt als Indiz für ihre behinderungsbedingte Benachteiligung im Auswahlgespräch 1 zunächst die Tatsache vor, dass sie „ausführlich“ über ihren gesundheitlichen Zustand und darüber, ob die Schule durch organisatorische Maßnahmen in besonderem Maße auf die Behinderung Rücksicht nehmen müsse, befragt worden sei. Dies habe dazu geführt, dass sie – die Klägerin – sich „einen Großteil“ des Auswahlgesprächs für ihre Behinderung habe rechtfertigen müssen. Diese Umstände – soweit sie durch die Beweisaufnahme bestätigt worden sind – sind jedoch aufgrund der auch bei der Bewertung von Entschädigungsansprüchen zu berücksichtigenden (vgl. § 24 AGG) Besonderheiten des beamtenrechtlichen Auswahlverfahrens ungeeignet, Indiz für eine Benachteiligung zu sein.

57

Verfahrensfehler im Rahmen einer Bewerbung können zwar grundsätzlich Indizien für einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot begründen. Insbesondere stellt eine unzulässige Frage nach einem verpönten Merkmal im Vorstellungsgespräch ein Indiz für eine Benachteiligung wegen dieses Merkmals dar (vgl. VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 25. Mai 2011 – 1 K 1158/10.NW – juris Rn. 22). In der Frage nach bestimmten Erkrankungen oder Leiden kann je nach den Einzelfallumständen eine unzulässige Erkundigung nach einer Behinderung liegen (vgl. BAG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – 8 AZR 670/08 – juris).

58

Bereits das schriftliche Vorbringen der Klägerin und die Auswertung der Verwaltungsvorgänge der Beklagten lassen jedoch nicht den Rückschluss darauf zu, dass es sich bei der Thematisierung des Gesundheitszustands der Klägerin um eine unzulässige Frage gehandelt hat. Die Schwerbehinderung der Klägerin war bereits aufgrund ihrer Bewerbungsunterlagen bekannt, mit welchen sie den Schwerbehindertenausweis des Landratsamts E... vom 27. November 2012 vorgelegt hatte. Zudem ergab sich aus ihrem Lebenslauf sowie den weiteren vorgelegten Unterlagen das vorzeitig beendete Beamtenverhältnis auf Probe in Diensten des Landes D... sowie ihre Arbeitslosigkeit seit September 2013. Die Entlassungsverfügung des Regierungspräsidiums F... vom 7. August 2013 war – trotz ausdrücklicher Anforderung durch den Beklagten am 10. Februar 2014 – jedoch nicht vorgelegt worden, wohl aber ein Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung D... vom 12. Dezember 2014 über die Festsetzung von Übergangsgeld, das nach § 64 Abs. 1 Satz 1 Landesbeamtenversorgungsgesetz D... – LBeamtVG BW – nur gewährt wird, wenn Beamte nicht auf eigenen Antrag entlassen worden sind. Der Beklagte konnte hieraus lediglich schließen, dass eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe gegen den Willen der Klägerin stattgefunden hatte und dass – im Wesentlichen zeitgleich – der gesundheitliche Zustand der Klägerin die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft gerechtfertigt hat. Ob und inwieweit beide Umstände miteinander im Zusammenhang standen, war wegen der Weigerung der Klägerin, die Entlassungsverfügung vom 7. August 2013 vorzulegen, hingegen nicht erkennbar.

59

Daher ergab sich die Frage nach ihrer gesundheitlichen Situation allein aus der – vor dem Hintergrund des AGG zulässigen – Erörterung ihres Lebenslaufs (vgl. VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 25. Mai 2011 – 1 K 1158/10.NW – juris Rn. 28) und der hieraus ersichtlichen vorzeitigen Beendigung des Beamtenverhältnisses bei einem anderen Dienstherrn. Wie sich aus dem bei der Verwaltungsakte befindlichen Gesprächsprotokoll vom 12. Juni 2014 ergibt, wurde erst nach den näheren Umständen und nach den Auswirkungen der Erkrankung auf ihre zukünftige Tätigkeit gefragt, nachdem die Klägerin angegeben hatte, einen Totalzusammenbruch (Burn Out) gehabt und unter Depressionen gelitten zu haben.

60

Diese Vorgehensweise begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Im Beamtenrecht, dessen Besonderheiten gemäß § 24 AGG bei der Anwendung des Gesetzes stets zu berücksichtigen sind, gehört zu der vom Dienstherrn gemäß Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG zwingend zu prüfenden Eignung des Bewerbers auch seine gesundheitliche Eignung für das angestrebte Amt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2008 – 2 BvR 2571/07 – juris Rn. 11). Denn geeignet im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG ist nur, wer dem angestrebten Amt auch in körperlicher und psychischer Hinsicht gewachsen ist (vgl. BVerfGE 92, 140 <151>). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht. Ist nach der körperlichen oder psychischen Konstitution eines Bewerbers die gesundheitliche Eignung nicht gegeben, kann er unabhängig von seiner fachlichen Eignung nicht verbeamtet werden. Er kann nicht in den Leistungsvergleich der Bewerber um die zur Vergabe stehenden Ämter einbezogen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 – juris Rn. 10).

61

Wegen dieser Besonderheit müssen auch im Einstellungsverfahren Fragen des Dienstherrn zur gesundheitlichen Situation des Beamtenbewerbers zulässig sein, welche seine gesundheitliche Eignung zur Wahrnehmung der Laufbahnaufgaben betreffen. Die Wahrnehmung der Dienstaufgaben in der Laufbahn des höheren Schuldienstes an Gymnasien setzt eine gewisse physische und psychische Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit voraus, weil dort regelmäßig eine hohe Arbeitsbelastung zu verzeichnen ist. Nachdem die Klägerin die Gründe für die Beendigung ihres früheren Beamtenverhältnisses nicht genannt hatte, der in der Bewerbung vorgelegte Schwerbehindertenausweis jedoch einen Rückschluss auf nicht unerhebliche körperliche oder psychische Einschränkungen erlaubte, durfte der Beklagte dies im Hinblick auf die von ihm zu prüfende gesundheitliche Eignung zum Anlass nehmen, diesbezüglich Nachfragen zu stellen. Denn es war nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die gesundheitlichen Einschränkungen noch fortbestanden und die Klägerin bei der Wahrnehmung ihrer Dienstaufgaben beeinträchtigen könnten. Dies konnte überhaupt erst auf der Grundlage weiterer und nur durch gezieltes Nachfragen zu gewinnender Erkenntnisse beurteilt werden. Erst hiernach war der Dienstherr zudem in der Lage, unter mehreren Bewerbern die verfassungsrechtlich gebotene Bestenauslese zu treffen, die verfahrensrechtlich über den Bewerbungsverfahrensanspruch des Konkurrenten gesichert ist. Dem entspricht, dass eine Auswahlentscheidung unter mehreren Bewerbern schon deshalb fehlerhaft wäre, wenn der Dienstherr die Entscheidung nach bester Eignung, Leistung und Befähigung treffen würde, ohne die für diese Beurteilung erforderlichen Tatsachengrundlagen vollständig in Erfahrung gebracht zu haben. Nur hierauf, nicht auf die Behinderung der Klägerin, zielten zur Überzeugung der Kammer die von dem Beklagten an die Klägerin gerichteten Nachfragen im Vorstellungsgespräch ab. Aus diesem Grund konnte die Feststellung der gesundheitlichen Eignung auch nicht erst im Rahmen einer amtsärztlichen Untersuchung – die grundsätzlich erst nach der Auswahlentscheidung durchgeführt wird – verschoben werden.

62

Dieses Ergebnis wird letztlich gestützt durch die uneidliche Aussage des Zeugen Leitender Regierungsschuldirektor K... in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2015; insoweit würde dem Beklagten auch gelingen, ein etwaiges Indiz im Sinne des § 22 AGG zu widerlegen und den Gegenbeweis zu erbringen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Der Zeuge hat in der Beweisaufnahme nachvollziehbar und widerspruchsfrei dargelegt, dass regelmäßig die Vita aller konkurrierenden Bewerber erörtert werde und es allgemein zu Nachfragen komme, wenn diese – wie im Falle der Klägerin – Lücken aufweise. Hierauf habe die Klägerin mitgeteilt, dass sie sich zu viel zugemutet habe und daher den Schuldienst in D... „gekündigt“ habe. Erst dies habe zu Nachfragen im Hinblick auf den derzeitigen gesundheitlichen Zustand und notwendige organisatorische Vorkehrungen in der Zielschule (Teilzeit, freie Tage, kein Nachmittagsunterricht) geführt. Die Behinderung als solche sei zwar bekannt gewesen, nach der Art der Behinderung sei hingegen nicht gefragt worden, weil dies irrelevant sei. Entgegen der Annahme der Klägerin habe die Behinderung auch nicht das von ihr empfundene Gewicht im Auswahlgespräch gehabt; die fachlichen Momente hätten klar im Vordergrund gestanden. Dieser Umstand wird auch durch das Gesprächsprotokoll des Auswahlgesprächs vom 12. Juni 2014 gestützt, in dem die gesundheitsbezogenen Fragen nur einen untergeordneten Anteil des Gesprächs ausmachen. Ein subjektiv durch die Klägerin empfundenes quantitatives oder qualitatives Übergewicht der Thematik ist jedoch ungeeignet, ein zur Beweislastumkehr des § 22 AGG führendes Indiz darzustellen.

63

bb) Die Auswahlentscheidung des Beklagten im Auswahlgespräch 1 beinhaltet auch materiell-rechtlich keinen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot. Hierzu macht die Klägerin geltend, die Entscheidung sei willkürlich und die vom Beklagten genannten Ablehnungsgründe seien lediglich vorgeschoben, denn sie würden nicht auf einer objektiven Überprüfung ihrer Fähigkeiten und ihrer Eignung beruhen. Insbesondere sei die Bedeutung des Faches Spanisch, das ihre besondere persönliche Qualifikation sei, wahrheitswidrig heruntergespielt worden. Diese Einwände greifen indessen nicht durch.

64

Der Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass er bei der Entscheidung über die Einstellung von Beamtenbewerbern an den Leistungsgrundsatz gebunden ist, der es gebietet, die nach Eignung und Befähigung am besten geeigneten Bewerber auszuwählen. Dieser Grundsatz verbietet von vornherein eine Diskriminierung beispielsweise wegen des Alters oder einer Behinderung und geht inhaltlich noch weiter als die Regelungen des AGG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2008 – 2 BvR 2571/07 – juris Rn. 11; BayVGH, Beschluss vom 1. Juli 2010 – 3 ZB 08.1676 – juris Rn. 24).

65

Das Gericht erkennt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte seine Bewerberauswahl nicht gemessen an diesem Leistungsgrundsatz getroffen, sondern diese Begründung nur vorgeschoben und die Klägerin in Wahrheit wegen ihrer Behinderung abgelehnt hat. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang nachvollziehbar dargestellt, dass es in diesem Auswahlgespräch ausschließlich um Planstellen mit der Fächerkombination Englisch und Erdkunde gegangen sei, was sich auch aus den Verwaltungsakten so ergibt. Die besondere Lehrqualifikation im Fach Spanisch gehörte daher nicht zum Stellenprofil und war daher kein berücksichtigungsfähiges Auswahlkriterium zu Gunsten der Klägerin. Entsprechend handelt es sich bei der geringen Bedeutung des Fachs Spanisch im konkreten Auswahlverfahren und die daraus resultierende, nur untergeordnete Berücksichtigung ihrer Lehrqualifikation in diesem Fach nicht um ein erkennbar vorgeschobenes Argument.

66

Auch aus dem Umstand, dass die letztlich ausgewählte Konkurrentin der Klägerin eine geringfügig schlechtere Auswahlnote (0,86) als die Klägerin (0,70) hatte, lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass die Auswahlentscheidung nicht nach dem Prinzip der Bestenauslese getroffen worden sei. Im Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG ist zwar ein Indiz für eine gegen § 7 Abs. 1 AGG verstoßende Benachteiligung schon dann widerlegt, wenn der Beklagte nachweisen kann, statt eines Klägers den bestqualifizierten Bewerber ausgewählt zu haben (vgl. Overkamp in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 22 AGG Rn. 33). Dies erlaubt vorliegend jedoch nicht den Rückschluss, dass die Klägerin wegen ihrer Behinderung diskriminiert worden sei, weil eine – bezogen auf die Auswahlnote – schlechtere Konkurrentin ihr vorgezogen worden ist. Die fachliche Eignung ist nämlich nicht nur auf Grundlage der Abschlussnoten, sondern in der Regel auch des persönlichen Eindrucks im Auswahlgespräch zu gewinnen. Der Zeuge Leitender Regierungsschuldirektor K... hat im Rahmen der Beweisaufnahme bestätigt, dass dies auch der ständigen Praxis des Beklagten entspricht.

67

Ausgehend hiervon ist nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte trotz der etwas schlechteren Auswahlnote für die Konkurrentin der Klägerin entschieden hat. Die Einstellung eines Beamtenbewerbers setzt neben der Feststellung objektiver Tatsachen – etwa der Erfüllung laufbahnrechtlicher Voraussetzungen – in der Form der fachlichen Eignungsbeurteilung einen prognostischen Akt wertender Erkenntnis voraus, der – anders als die Feststellung der gesundheitlichen Eignung – nur eingeschränkt gerichtlich nachprüfbar ist und maßstabbildende Elemente enthält, die der Dienstherr im Hinblick auf den zu besetzenden Dienstposten selbst festzulegen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 – 2 C 45.03 – BVerwGE 121, 140). Im Rahmen dieses Beurteilungsspielraums hat der Beklagte die Klägerin fachlich unter anderem deshalb schlechter beurteilt, weil sie sich schlecht über das rheinland-pfälzische Schulsystem informiert gezeigt hat und keine ausreichenden Kenntnisse über die besonderen Strukturen und pädagogischen Zielsetzungen der Zielschulen, insbesondere zum Fach Erdkunde im bilingualen Zweig, aufwies. Auch die Einstellung der Klägerin zu Kindern „bildungsfernerer Schichten“, die fehlende Fähigkeit der Klägerin zur konkreten Beantwortung an sie gerichteter Fragen sowie ihre fehlende Bereitschaft zu schulischem Engagement über den Unterricht hinaus war aus Sicht des Beklagten zu beanstanden. Dies hat der Zeuge Leitender Regierungsschuldirektor K... in der Beweisaufnahme vom 21. Juli 2015 in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Beklagten in der Klageerwiderung bestätigt; entsprechende Feststellungen finden sich zudem in dem bei der Verwaltungsakte befindlichen Gesprächsprotokoll vom 12. Juni 2014. Demgegenüber ergibt sich aus dem Protokoll des Auswahlgesprächs mit der letztlich obsiegenden Konkurrentin der Klägerin, dass diese in allen genannten Belangen den fachlich überzeugenderen Eindruck auf die Kommissionsmitglieder hinterließ und die Klägerin insoweit „deutlich“ übertraf. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte bei dieser Entscheidung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen des Beurteilungsspielraums verkannt hat, dass er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Über die Einhaltung dieser Rahmenbedingungen hinaus entzieht sich die fachliche Eignungsbeurteilung als prognostischen Akt wertender Erkenntnis jedoch der gerichtlichen Überprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2015 – 1 WB 26/14 – juris Rn. 43, stRspr.).

68

cc) Soweit die Klägerin schließlich die Wahrnehmung ihrer Beteiligungsrechte durch die Vertrauensperson für Behinderte (§ 95 Abs. 1 SGB IX) im Auswahlgespräch 1 beanstandet, ist dies ungeeignet, als Indiz für eine Benachteiligung im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG durch den Beklagten zu dienen.

69

Gemäß §§ 81 Abs. 1 Satz 4, 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist die Schwerbehindertenvertretung durch den Arbeitgeber über die Bewerbung eines schwerbehinderten Menschen zu unterrichten. Versäumt der Arbeitgeber die Unterrichtung, ist dies nach der Rechtsprechung ein Indiz im Sinne des § 22 AGG, das mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Benachteiligung im Sinne von § 7 Abs. 1 AGG spricht (vgl. Esser/Isenhardt in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 95 SGB IX, Rn. 21, m.w.N.). Demgegenüber genügt eine Schlechterfüllung ihrer Aufgaben durch die Schwerbehindertenvertretung nicht, um als Anhaltspunkt für eine behinderungsbedingte Benachteiligung zu dienen. Aufgrund der fehlenden Weisungsbefugnis des Arbeitgebers gegenüber der Schwerbehindertenvertretung, die durch den besonderen Kündigungs-, Abordnungs- und Versetzungsschutz (§ 96 Abs. 3 SGB IX) sowie ein Benachteiligungsverbot (§ 96 Abs. 2 SGB IX) flankiert wird, ist dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen, wenn er die Schwerbehindertenvertretung zwar ordnungsgemäß beteiligt, diese aber im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung im Einzelfall versagt. Außer der in § 94 Abs. 7 Satz 5 SGB IX normierten Konstellation, dass ¼ der wahlberechtigten schwerbehinderten Menschen bei dem Widerspruchsausschuss des Integrationsamtes einen Antrag auf das Erlöschen des Amtes der Vertrauensperson wegen grober Pflichtverletzung stellt, sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, auf Pflichtverletzungen durch die Vertrauensperson zu reagieren. Insbesondere ist der Arbeitgeber – hier: Dienstherr – nicht ermächtigt, einen solchen Antrag zu stellen (Esser/Isenhardt in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 94 SGB IX, Rn. 36). Selbst bei Unterstellung des von der Klägerin behaupteten – und durch den Beklagten widersprochenen – Verhaltens der Vertrauensperson als wahr, ginge hiermit keine Benachteiligung der Klägerin durch den Beklagten einher.

70

dd) Entsprechend sind auch keine Indizien für eine Benachteiligung der Klägerin aufgrund der Nichtteilnahme der Schwerbehindertenvertretung im Auswahlgespräch 2 am 24. Juni 2014 durch die Klägerin dargetan oder erkennbar.

71

Soweit die Klägerin unter Berufung auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs D... vom 10. September 2013 – 4 S 547/12 – darlegt, durch die Nichtteilnahme der Vertrauensperson sei ihr seitens des Beklagten ein gesetzlich eingeräumter Vorteil, nämlich die mögliche Begleitung und Überwachung des Auswahlverfahrens durch die Schwerbehindertenvertretung im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse (§ 95 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1, Abs. 2 Satz 3 SGB IX) zur Sicherung einer benachteiligungsfreien Stellenbesetzung (vgl. BAG, Urteil vom 15. Februar 2005 – 9 AZR 635/03 – BAGE 113, 361) vorenthalten worden, trifft dies nicht zu. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nämlich insoweit von der durch den Verwaltungsgerichtshof D... entschiedenen Konstellation, als dass im dortigen Verfahren keine (rechtzeitige) Unterrichtung der dortigen Schwerbehindertenvertretung stattgefunden hat, während im vorliegenden Streitfall die Schwerbehindertenbeauftragte zwar durch den Beklagten ordnungsgemäß unterrichtet worden ist, jedoch offenbar aufgrund in Verkennung ihrer Aufgabe nicht an dem Auswahlgespräch teilgenommen hat.

72

Das Gericht ist überzeugt davon, dass der Beklagte seiner gesetzlichen Pflicht aus §§ 81 Abs. 1 Satz 4, 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX durch die Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung von der Bewerbung und durch die Einladung zu dem Auswahlgespräch in ausreichendem Maße nachgekommen ist. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang mit seiner Duplik vom 20. Juli 2014 einen Abdruck der entsprechenden Unterrichtungs- und Einladungs-Mail vom 17. Juni 2014, die unter anderem an die Schwerbehindertenvertretung versandt wurde, vorgelegt. Das ebenfalls vorgelegte Gesprächsprotokoll des Auswahlgesprächs vom 24. Juni 2014 weist die Schwerbehindertenvertreterin als „entschuldigt“ aus; in einer bei der Verwaltungsakte befindlichen E-Mail vom 18. August 2014 weist der Vorsitzende der Auswahlkommission darauf hin, dass die Schwerbehindertenvertreterin auf die Teilnahme an dem Auswahlgespräch in ... „verzichtet“ habe, da sie bereits an dem Auswahlgespräch der Klägerin in ... (Auswahlgespräch 1) teilgenommen habe; „dieser Eindruck habe ihr genügt“ (vgl. Bl. 89 d. VA). Diese sehr konkrete Darstellung der Umstände lässt zur Überzeugung des Gerichts darauf schließen, dass die Schwerbehindertenvertreterin über das Auswahlgespräch informiert worden war, in Verkennung ihrer Aufgabe, in jedem konkreten Verfahren – auch bei Mehrfachbewerbungen derselben Person – auf die Einhaltung der Sonderrechte der behinderten Bewerber zu achten, jedoch auf eine Teilnahme verzichtet hat, da sie die Klägerin bereits eine Woche zuvor im Auswahlgespräch 1 kennen gelernt und damit ihrer Aufgabe genüge getan zu haben glaubte. Dem steht nicht entgegen, dass die – zwischenzeitlich nicht mehr im Dienst befindliche – Schwerbehindertenvertreterin nunmehr in einer schriftlichen Stellungnahme – zudem unter dem Vorbehalt des nur eingeschränkten Zugriffs auf die damalige Mailkorrespondenz – behauptet, erstmals im hiesigen Gerichtsverfahren von dem Auswahlgespräch 2 erfahren zu haben. Ihre Einlassung wird widerlegt durch die bereits erwähnte Vorlage der an sie gesandten Einladungs-Mail durch den Beklagten vom 17. Juni 2014.

73

Ein subjektiv-öffentlicher Anspruch der Klägerin auf ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung durch die Schwerbehindertenvertretung resultiert aus §§ 81 Abs. 1 Satz 4, 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nicht. Das Gesetz kennt nur den Schutz durch die Schwerbehindertenvertretung. Diese kann bei Verfahrensverstößen in eigener Kompetenz Mängel aufzuzeigen und auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen hinwirken. Insoweit trifft § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX eine entsprechende Regelung, wonach eine Entscheidung des Dienstherrn, die ohne hinreichende Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zustande kam, auszusetzen und die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung innerhalb von sieben Tagen nachzuholen ist (vgl. hierzu VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 30. März 2011 - 1 K 785/10.NW – juris, Rn. 51). Einen Schutz des Behinderten vor der Schwerbehindertenvertretung ist dem Gesetz jedoch fremd. Darüber hinausgehend ist ein etwaiges Fehlverhalten der Schwerbehindertenvertretung bei der Aufgabenwahrnehmung mangels Einflussmöglichkeiten des Beklagten diesem ohnehin nicht zurechenbar; insoweit gilt das oben zum Auswahlgespräch 1 Ausgeführte analog auch in diesem Fall.

74

ee) Die Auswahlentscheidung des Beklagten im Auswahlgespräch 2 beinhaltet zudem auch materiell-rechtlich keinen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot; selbst wenn eine unzureichende Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung als Indiz im Sinne des § 22 AGG für eine Benachteiligung der Klägerin dienen könnte, wäre dieses aufgrund der erkennbar besseren Eignung der ausgewählten Konkurrentin letztlich widerlegt.

75

Im Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG ist ein Indiz für eine gegen § 7 Abs. 1 AGG verstoßende Benachteiligung schon dann widerlegt, wenn der Beklagte nachweisen kann, statt eines Klägers den bestqualifizierten Bewerber ausgewählt zu haben (vgl. Overkamp in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 22 AGG Rn. 33). Dies ist dem Beklagten – auch ohne die Notwenigkeit einer ergänzenden Beweisaufnahme – vorliegend gelungen. Die letztlich ausgewählte Konkurrentin der Klägerin hatte im Vergleich zu dieser (0,70) nicht nur eine bessere Auswahlnote (0,54). Aus dem vorgelegten Protokoll des Auswahlgesprächs vom 24. Juni 2014 geht zudem hervor, dass der im persönlichen Gespräch gewonnene Eindruck von der fachlichen Eignung der Konkurrentin „deutlich besser“ war als derjenige von der Klägerin. Diese habe nur sehr knappe und oberflächliche Aussagen zur beabsichtigten Gestaltung des Unterrichts getätigt; Kenntnisse der Zielschule oder deren Schulprofil seien nicht abrufbar gewesen. Auch sei sie nicht in der Lage gewesen, Fragen zum rheinland-pfälzischen Schulsystem konkret zu beantworten. Demgegenüber habe die Konkurrentin Erfahrungen als Klassenleiterin, in allen gymnasialen Stufen unterrichtet und sei in das schulische Qualitätsprogramm der Zielschule eingebunden. Sie könne sich qualifiziert zu der unterrichtlichen Gestaltung der Fächer äußern und konkrete Beispiele für unterrichtliches Handeln liefern. Sie kenne pädagogische Besonderheiten der Zielschule und wisse sich fundiert über die gegenwärtige und zukünftige Ausgestaltung des Abiturs in Rheinland-Pfalz zu äußern.

76

In Anbetracht dessen erscheint – entgegen der Einschätzung der Klägerin – die Auswahlentscheidung nicht als willkürlich oder die vom Beklagten genannten Ablehnungsgründe lediglich vorgeschoben. Auch in diesem Fall ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte bei dieser Entscheidung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen des Beurteilungsspielraums verkannt hat, dass er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2015 – 1 WB 26/14 – juris Rn. 43, stRspr.).

77

ff) Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit dem Auswahlgespräch 3 als mögliches Indiz für ihre Benachteiligung aufführt, dass sie nach den Gründen für die Beendigung ihres früheren Beamtenverhältnisses in D... gefragt worden sei, gilt oben zum Auswahlgespräch 1 Ausgeführtes entsprechend. Der Beklagte war auch hier berechtigt, zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung der Klägerin sich die hierfür erforderlichen Tatsachengrundlagen zu verschaffen, die durch die unvollständige Bewerbung der Klägerin unbekannt geblieben waren.

78

gg) Auch die Entscheidung des Beklagten, die Klägerin nicht auf die ausgeschriebene Planstelle zu ernennen, obwohl sie im Auswahlgespräch 3 die einzige verbleibende Bewerberin war, stellt entgegen der Ansicht der Klägerin keine Benachteiligung aufgrund ihrer Behinderung im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG dar oder ist geeignet, als Indiz im Sinne des § 22 AGG für eine solche zu dienen.

79

Der Beklagte hat in diesem Kontext eine Vielzahl von detaillierten Einzelumständen genannt, die die Auswahlkommission zu der Überzeugung gelangen ließen, dass die Klägerin fachlich nicht für die zu besetzende Stelle geeignet sei. So hat der Beklagte im Schreiben vom 8. September 2014 insbesondere hervorgehoben, dass die Klägerin nicht die ausreichende Oberstufenerfahrung zur Durchführung von Kursarbeiten und speziell zur Abiturvorbereitung aufgewiesen habe, was erst im Gespräch am 15. Juli bekannt geworden sei. Zudem habe die Klägerin im Auswahlgespräch zur hierbei zentralen Arbeit mit spanischsprachiger Literatur keine Lehrkonzepte anbieten können und Fachfragen zum Unterrichtsfach Englisch nicht mit dem gebotenen Tiefgang beleuchtet. Ihre Ausführungen hätten keine Sensibilität im Umgang mit problematischen Schülern erkennen lassen, ihr pädagogisches Konzept zur Aufarbeitung auffälligen Schülerverhaltens habe in der Benennung eines Katalogs von Strafen bestanden und sie habe sich im Auswahlgespräch in vielen Bereichen als voreingenommen dargestellt. Diese bereits im ausführlichen Gesprächsprotokoll vom 15. Juli 2014 (vgl. Bl. 109 d. VA) niedergelegten Einwendungen gegen die Eignung der Klägerin hat der Zeuge Leitender Regierungsschuldirektor L... in der Beweisaufnahme eingehend und ohne Widersprüche konkretisieren können; ein aus der Begründung der Absage etwaig herzuleitendes Indiz für eine behinderungsbedingte Benachteiligung wäre demnach ebenfalls widerlegt.

80

Die Klägerin hat in diesem Kontext zudem außer einer von der Einschätzung des Beklagten subjektiv abweichenden Beurteilung der eigenen fachlichen Eignung keine konkreten Anhaltspunkte für eine Diskriminierung aufgezeigt. Dem Gericht ist es jedoch verwehrt, die fachliche Einschätzung des Dienstherrn innerhalb des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraums zu überprüfen; allein die äußeren Grenzen des Beurteilungsspielraums sind der gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Insoweit bietet allein das Vorbringen der Klägerin, der Beklagte sei bei der Bewertung ihrer fachlichen Eignung fälschlich davon ausgegangen, dass sie keine Oberstufenerfahrung im Fach Spanisch habe, Anlass zur gerichtlichen Kontrolle, denn dies würde bedeuten, dass der Beklagte von einem falschen Sachverhalt ausgegangen wäre, weil die Klägerin ausweislich ihrer ersten Beurteilung im Probebeamtenverhältnis in D... auch die Kursstufe 1 (= Klassenstufe 12) unterrichtet hat. Der Zeuge Leitender Regierungsschuldirektor L... hat jedoch in diesem Zusammenhang in der Beweisaufnahme vor der Kammer klargestellt, dass aufgrund eines schwangerschaftsbedingten Personalengpasses am ...-Gymnasium in J... ein kurz vor den Abiturprüfungen stehender Kurs durch die einzustellende Lehrkraft zu übernehmen gewesen ist und daher besonderes Augenmerk auf die Erfahrung der Bewerber mit der unmittelbaren Abiturvorbereitung und -durchführung – einschließlich des Entwurfs der Abiturarbeiten und deren Einreichung beim zuständigen Ministerium – gelegt worden war. Diese Fähigkeiten habe die Klägerin unstreitig nicht aufgewiesen. Die Kammer sieht keine Veranlassung, an der Glaubhaftigkeit dieser präzisen und in den Gesamtkontext klar eingebetteten Aussage zu zweifeln, zumal sie durch das im Gesprächsprotokoll vom 15. Juli 2014 niedergelegte Fazit gedeckt wird, dass die Klägerin insbesondere aus diesem Grund nicht den fachlichen Anforderungen entspreche.

81

Dabei spielt es entgegen der Ansicht der Klägerin auch keine Rolle, dass es sich bei dem Gespräch am 15. Juli 2014 aufgrund der vorherigen Absage des einzigen Mitbewerbers nicht mehr um ein Auswahlgespräch, sondern faktisch um ein Einstellungsgespräch gehandelt hat. Dies führt indes nicht dazu, dass die Anforderungen an den letzten verbleibenden Bewerber im Hinblick auf die gesundheitliche oder fachliche Eignung herunterzuschrauben wären. Die Ausschreibung einer Stelle zwingt den Dienstherrn nicht dazu, die Stelle mit einem der Auswahlbewerber zu besetzen; vielmehr gilt das verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 2 GG verankerte Prinzip der Bestenauslese auch in dem Fall, dass nur ein Bewerber zur Verfügung steht. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der Dienstherr nach der ständigen Rechtsprechung berechtigt ist, ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren mit dem Ziel einer bestmöglichen Besetzung der Planstelle abzubrechen, weil er Bedenken gegen die Eignung des einzigen Bewerbers für den konkreten Dienstposten hat. Anders als bei einer Auswahlentscheidung zwischen mehreren Bewerbern kommt es dabei nicht darauf an, ob die Eignungsbeurteilung des Dienstherrn in vollem Umfang einer rechtlichen Überprüfung standhält. Vielmehr genügt es, dass er den einzigen Bewerber nicht uneingeschränkt für geeignet hält (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999 – 2 C 14/98 – juris Rn. 29). Dies war nach der – in der Beweisaufnahme plausibilisierten und konkretisierten – Einschätzung des Beklagten bei der Klägerin der Fall.

82

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang beanstandet, dass der Beklagte seine (negative) fachliche Einschätzung nur auf Grundlage eines halbstündigen Gesprächs getroffen hatte, während ihre Eignung in der ersten Beurteilung im Beamtenverhältnis des Landes D... deutlich positiver ausgefallen war, rechtfertigt dies kein anderes Ergebnis. Da es vorliegend um die erstmalige Übernahme ins Beamtenverhältnis ging, konnte der Beklagte nicht auf das sonst für Auswahlentscheidungen nach dem Leistungsgrundsatz in erster Linie maßgebliche Instrument einer Vielzahl dienstlicher Beurteilungen zurückgreifen. Die einzige zur Verfügung stehende Beurteilung der Klägerin stammte von dem bereits lange Zeit zurückliegenden Beginn ihres Probebeamtenverhältnisses bei einem anderen Dienstherrn. Sie war hinsichtlich der aktuellen Eignung in der Bewerbungssituation nur bedingt aussagekräftig, zumal dieser andere Dienstherr zwischenzeitlich bestandskräftig eine Änderung seiner Einschätzung hinsichtlich der Eignung der Klägerin durch die Entlassungsverfügung zum Ausdruck gebracht hatte. In einer derartigen Situation sind für den Dienstherrn strukturierte Auswahlgespräche sachgerecht und angemessen, um sich ein – zumindest ergänzendes – Bild über die Eignung und Befähigung der Bewerber zu machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2003 – 2 A 1.02 –, juris). Wie der Dienstherr diese Bewerbergespräche gestaltet, bleibt seinem Organisationsermessen überlassen. Hinsichtlich der maßgeblichen Eignungsfragen steht ihm nämlich ein Einschätzungs- und Beurteilungsermessen zu, das auch schon für die Verfahrensweise gelten muss, mittels derer er sich die aus seiner Sicht notwendigen Erkenntnisse verschaffen will (vgl. VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 25. Mai 2011 - 1 K 1158/10.NW – juris, Rn. 33).

83

hh) Schließlich verhilft auch das Vorbringen der Klägerin, dass der Wunsch, eine Teilzeitstelle aufgrund ihrer behinderungsbedingten Leistungseinschränkungen zu erhalten, negativ bei der Entscheidung im Auswahlgespräch 3 ins Gewicht gefallen sei, der Klage nicht zum Erfolg. Zwar kann die Ablehnung eines Bewerbers, der aus gesundheitlichen Gründen nur beschränkt leistungsfähig ist, bei zeitgleicher Vakanz zweier Planstellen aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf eine Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals hindeuten. Auch insoweit wäre das etwaige Indiz einer Benachteiligung jedoch durch die Aussage des Zeugen Leitender Regierungsschuldirektor L... widerlegt. Dieser hat in der Beweisaufnahme klargestellt, dass die Klägerin angesichts der drängenden Personalsituation an beiden Schulen völlig unabhängig von ihrer Behinderung eine Planstelle auch in Teilzeitbeschäftigung erhalten hätte, wenn sie für fachlich geeignet gehalten worden wäre. Insoweit erscheint es der Kammer plausibel, dass angesichts des Überangebots vakanter Stellen und des Fehlens weiterer Bewerber dem behinderungsbedingten Wunsch nach Teilzeitbeschäftigung keine wie auch immer geartete Bedeutung für die Entscheidung gegen die Klägerin zugekommen ist. Vielmehr entspricht es zur Überzeugung des Gerichts der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass die Ablehnung der Klägerin trotz der akuten Personalsituation allein darauf beruhte, dass sie durch die Kommission für fachlich ungeeignet gehalten wurde. Hierin liegt jedoch keine relevante Benachteiligung im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. Art. 1 AGG.

84

4. Zuletzt bietet auch die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, keinen Anhaltspunkt für eine über den Wortlaut des AGG hinausgehende Erweiterung des Entschädigungstatbestands.

III.

85

1. Die Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerin folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO aufgrund ihres Unterliegens.

86

2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZivilprozessordnungZPO.

87

3. Gründe, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen könnten (vgl. § 124a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO), sind nicht ersichtlich.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.