Verwaltungsgericht Trier Urteil, 21. Juli 2015 - 1 K 556/15.TR

ECLI:ECLI:DE:VGTRIER:2015:0721.1K556.15.TR.0A
21.07.2015

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG – wegen Benachteiligungen aufgrund ihrer Behinderung im Planstellenbewerberverfahren des beklagten Landes für das gymnasiale Lehramt.

2

Die am ... 1979 geborene Klägerin erwarb durch Zeugnis des Landeslehrerprüfungsamts beim Ministerium für Kultus, Jugend und Sport D... vom 29. Juli 2009 nach Bestehen der Zweiten Staatsprüfung für die Laufbahn des Höheren Schuldienstes an Gymnasien die Lehrbefähigung in den Fächern Englisch und Erdkunde sowie – aufgrund zusätzlicher Ausbildung und Überprüfung während des Vorbereitungsdienstes – im Fach Spanisch für alle gymnasialen Klassenstufen. Vom 14. September 2009 bis zum 28. Juli 2010 war sie zunächst als Lehrerin im Arbeitnehmerverhältnis im Schuldienst des Landes D... am ...-Gymnasium A... beschäftigt. Am 15. Juli 2010 wurde sie mit Wirkung zum 10. September 2010 durch das Land D... unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Studienrätin (A13) ernannt und erhielt unter anderem Dienstleistungsaufträge am ...-Gymnasium B... und am Gymnasium C...

3

Spätestens seit November 2011 erkrankte die Klägerin nach späteren Feststellungen des Gesundheitsamts E... an einer schizoaffektiven Störung mit mindestens zwei Krankheitsepisoden. Am 27. November 2012 stellte das Landratsamt E... – Versorgungsamt – bei der Klägerin rückwirkend zum 3. April 2012 einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 fest. Durch für sofort vollziehbar erklärte Verfügung des Regierungspräsidiums F... vom 7. August 2013 wurde sie mit Wirkung zum 30. September 2013 wegen gesundheitlicher Eignungsmängel aus dem Probebeamtenverhältnis des Landes D... entlassen. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, dass auf Grundlage eines amtsärztlichen Gutachtens des Gesundheitsamts E... unter Berücksichtigung des bisherigen Krankheitsverlaufs und der Art der Erkrankung sich eine vorzeitige Dienstunfähigkeit nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit für den Zeitraum der nächsten fünf Jahre ausschließen lasse. Die Entlassungsverfügung wurde durch die Klägerin nicht angefochten und damit bestandskräftig.

4

Am 10. Februar 2014 bewarb sich die Klägerin über das Online-Portal des beklagten Landes und bat um Aufnahme in die Planstellen-Bewerberdatei. Sowohl die Schwerbehinderung der Klägerin als auch die vorzeitige Beendigung des Beamtenverhältnisses in D... gingen aus den Bewerbungsunterlagen hervor; die Entlassungsverfügung des Regierungspräsidiums F... vom 7. August 2013 legte die Klägerin jedoch trotz Aufforderung durch den Beklagten im Bewerbungsdurchgang 2014 nicht vor.

5

In der Folgezeit wurde sie durch den Beklagten zu insgesamt drei im Ergebnis erfolglosen Auswahl- bzw. Einstellungsgesprächen geladen, die Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsrechtsstreits sind, namentlich am 12. Juni 2014 betreffend Planstellen für die Fächer Englisch und Erdkunde am Gymnasium am G... und am ...-Gymnasium H... am (nachfolgend: Auswahlgespräch 1), am 24. Juni 2014 betreffend eine Planstelle für die Fächer Englisch und Spanisch am ...-Gymnasium ... (nachfolgend: Auswahlgespräch 2) und am 15. Juli 2014 betreffend Planstellen für die Fächer Englisch und Spanisch am ...-Gymnasium I... und am ...-Gymnasium J... (nachfolgend: Auswahlgespräch 3). Die Klägerin erhielt Ablehnungsschreiben am 16. Juni 2014 betreffend Auswahlgespräch 1, am 24. Juni 2014 betreffend Auswahlgespräch 2 und am 24. Juli 2014 betreffend Auswahlgespräch 3. In den beiden letztgenannten Fällen versuchte die Klägerin durch spätere Kontaktaufnahme per E-Mail, weitergehende Gründe für ihre Ablehnung und die Identität der jeweils erfolgreichen Bewerber in Erfahrung zu bringen. Ein Bewerbungsverfahrensanspruch im Anschluss an die Auswahlentscheidung wurde in keinem Fall geltend gemacht.

6

Durch anwaltlichen Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 11. August 2014 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten – Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) – eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG in Höhe von 10.043,28 € (dreifache monatliche Eingangsbesoldung der Besoldungsstufe A13 des Landesbesoldungsgesetzes – LBesG) wegen der Umstände ihrer erfolglosen Bewerbung betreffend das Auswahlgespräch 1 geltend. Zur Begründung verwies sie darauf, dass sie aufgrund ihrer Behinderung im Bewerbungsverfahren ungerechtfertigt benachteiligt worden sei. Dies würden verschiedene Indizien nahelegen. Die Bedeutung des Fachs Spanisch, welches eine ihrer besonderen Qualifikationen darstelle, sei im Gespräch wahrheitswidrig heruntergespielt worden. Zudem sei sie ausführlich darüber befragt worden, ob ein Wiederausbruch ihrer Erkrankung ausgeschlossen werden könne und ob die Schule durch organisatorische Maßnahmen in besonderem Maße auf die Behinderung der Klägerin Rücksicht nehmen müsse. Dies habe dazu geführt, dass sie – die Klägerin – sich einen Großteil des Auswahlgesprächs für ihre Behinderung habe rechtfertigen müssen. Die Vertrauensperson für Behinderte habe ihr nicht zur Seite gestanden, sondern überwiegend nur betreten weggeschaut.

7

Durch weiteren anwaltlichen Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 13. August 2014 forderte die Klägerin von dem Beklagten eine identische Entschädigung – ergänzt um eine Forderung in Höhe von 958,19 € als Kosten der Rechtsverfolgung – wegen der inhaltlichen Ausgestaltung und des Ablaufs von Auswahlgespräch 2. Die ihre Benachteiligung indizierenden Umstände lägen hier bereits in der fehlenden Teilnahme der Vertrauensperson für Behinderte an dem Auswahlgespräch. Hierdurch sei ihr ein gesetzlich eingeräumter Vorteil in Form der Begleitung und Überwachung des Auswahlverfahrens zur Sicherung einer benachteiligungsfreien Stellenbesetzung vorenthalten worden. Zudem sei ihre besondere Qualifikation offensichtlich missachtet worden, während willkürliche Gründe zur Rechtfertigung ihrer Ablehnung angeführt worden seien. Sie decke ein besonders umfangreiches Qualifikationsspektrum durch eine attraktive Fächerkombination und zahlreiche Zusatzqualifikationen ab. Ein nicht schwerbehinderter Bewerber wäre mit ihren Abschlüssen zweifelsohne eingestellt worden.

8

Am 20. August 2014 machte die Klägerin über ihren Bevollmächtigten auch aufgrund des Ablaufs von Auswahlgespräch 3 eine Entschädigung in Höhe von 10.043,28 € nebst Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 958,19 € geltend. In diesem Gespräch, bei dem es sich bereits um ein Einstellungs- und nicht lediglich um ein Auswahlgespräch gehandelt habe, sei sie nach den Gründen für die Beendigung ihres früheren Beamtenverhältnisses in D... gefragt worden. Da diese in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrer Behinderung gestanden habe, sei die Frage nicht ohne Auskunft über ihren gesundheitlichen Zustand zu beantworten gewesen. Auch sei der Umstand, dass sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen eine Teilzeitstelle gewünscht habe, offensichtlich negativ bei der Entscheidung ins Gewicht gefallen. Im Ergebnis stelle dies eine offensichtliche Benachteiligung wegen ihrer behinderungsbedingten Leistungsbeschränkungen dar. Die für die Begründung ihrer Ablehnung angeführten Gründe seien offensichtlich vorgeschoben. Es sei angesichts ihrer Zeugnisse und besonderen Qualifikationen nicht nachvollziehbar, dass man nach schulfachlicher Beratung nicht zu der Überzeugung gelangt sei, dass sie den Leistungs- und Qualifikationsanforderungen der ausgeschriebenen Planstelle entsprechen werde.

9

Durch Schreiben vom 8. September 2014 erklärte der Beklagte, dass die geltend gemachten Ansprüche weder dem Grunde nach noch in der von der Klägerin geforderten Höhe anerkannt würden. Es liege kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot behinderter Menschen vor, weil die Auswahlentscheidungen jeweils nicht durch die Behinderung als negatives Kriterium mitmotiviert gewesen seien. Vielmehr seien nur sachliche Erwägungen unter Anwendung des für die Einstellungen in den öffentlichen Dienst maßgebenden Grundsatzes der Bestenauslese gemäß Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz – GG – und § 9 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG – entscheidungsrelevant gewesen. Die Klägerin habe in allen – unabhängig voneinander geführten – Gesprächen fachlich keinen überzeugenden Eindruck gemacht.

10

Im Auswahlgespräch 1 sei es ausschließlich um Planstellen mit der Fächerkombination Englisch und Erdkunde gegangen. Eine Lehrqualifikation im Fach Spanisch habe nicht zum Stellenprofil gehört und sei daher kein berücksichtigungsfähiges Auswahlkriterium gewesen. Es sei nur thematisiert worden, weil die Klägerin selbst es mehrfach angesprochen habe. Gesundheitsbezogene Fragen seien in Auswahlgesprächen nicht grundsätzlich unzulässig. Sie hätten der Verschaffung von Erkenntnissen gedient, inwieweit die Rahmenbedingungen an einer bestimmten Schule geeignet seien, einem schwerbehinderten Bewerber gerecht zu werden oder ob zusätzliche organisatorische Vorkehrungen zu treffen seien. Die Vertrauensperson für Behinderte hätte bei unzulässigen Fragen sicherlich interveniert. Tatsächlich basiere die Ablehnung der Bewerbung nicht auf einer vermeintlichen Diskriminierung wegen der Behinderung, sondern auf sachlichen Erwägungen, die sich unmittelbar aus dem Auswahlgespräch ergeben hätten. Die Klägerin sei fachlich weit entfernt vom rheinland-pfälzischen Schulsystem und habe sich über dieses schlecht informiert gezeigt. Sie habe keine Kenntnisse über die besonderen Strukturen und pädagogischen Zielsetzungen der Zielschulen aufgewiesen, obschon dies unproblematisch über deren Internetauftritte in Erfahrung zu bringen gewesen wäre. Sie habe im Auswahlgespräch klargestellt, dass sie das Gymnasium am in G... dem ...-Gymnasium in H... am vorziehe, weil sie es präferiere, Kinder „bildungsnäherer Schichten“ zu unterrichten. Dies belege nicht nur eine fehlende Kenntnis der Schullandschaft, sondern auch ein zweifelhaftes Berufsverständnis, weil Lehrkräfte auch in der Lage sein müssten, heterogene Schülergruppen zu unterrichten. Zudem seien die wenig ausgeprägte Fähigkeit der Klägerin zur konkreten Beantwortung an sie gerichteter Fragen sowie ihre fehlende Bereitschaft zu schulischem Engagement über den Unterricht hinaus bemängelt worden. Schließlich habe auch ihre Angabe, sie habe das frühere Beamtenverhältnis in D... „gekündigt“, wohl nicht den Tatsachen entsprochen.

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Gleiches gelte im Ergebnis betreffend das Auswahlgespräch 2. Zu diesem sei die Vertrauensperson für Behinderte zwar geladen worden, habe jedoch auf eine Teilnahme verzichtet. Insoweit sei klarzustellen, dass es keine Teilnahmepflicht, sondern nur ein Teilnahmerecht der Vertrauensperson gebe und dass ihm – dem Beklagten – in diesem Zusammenhang auch kein Weisungsrecht zustehe. Insofern könne ihm selbst ein etwaiges Fehlverhalten der Vertrauensperson nicht zugerechnet werden. Unbeschadet dessen habe auch in diesem Fall die Ablehnung der Klägerin auf dem von ihr hinterlassenen persönlichen Eindruck beruht. So habe die Klägerin nur sehr knappe und oberflächliche Aussagen zur beabsichtigten Gestaltung des Unterrichts getätigt; Kenntnisse der Zielschule oder deren Profil seien nicht abrufbar gewesen. Auch sei sie nicht in der Lage gewesen, Fragen zum rheinland-pfälzischen Schulsystem konkret zu beantworten. Diese Fertigkeiten seien jedoch nach Ansicht der Auswahlkommission grundlegende Voraussetzungen einer erfolgreichen Bewerbung.

12

Auch der persönliche Eindruck im Auswahlgespräch 3 habe die dortige Kommission nicht von der fachlichen Eignung der Klägerin überzeugt; die Ablehnung der Bewerbung basiere auch in diesem Fall ausschließlich auf sachlichen Erwägungen. In fachlich-inhaltlicher Hinsicht sei zu berücksichtigen gewesen, dass an den Zielschulen ein besonderer Bedarf für einen Lehrer mit Oberstufenerfahrung zur Durchführung von Kursarbeiten und speziell zur Abiturvorbereitung bestanden habe, die die Klägerin nicht aufweise. Sie habe im Auswahlgespräch zur hierbei zentralen Arbeit mit spanischsprachiger Literatur keine Lehrkonzepte anbieten können. Auch Fachfragen zum Unterrichtsfach Englisch seien nicht mit dem gebotenen Tiefgang beleuchtet worden. Insbesondere habe die Klägerin den Einsatz englischsprachiger Literatur in Ganzschrift prinzipiell abgelehnt, weil sie Englisch mehr als Kommunikationssprache ansehe. Dies stehe jedoch in erkennbarem Widerspruch zum Bildungsauftrag des Gymnasiums. Auch hätten ihre Ausführungen keine Sensibilität im Umgang mit problematischen Schülern erkennen lassen. Ihr pädagogisches Konzept zur Aufarbeitung auffälligen Schülerverhaltens habe sich in der Benennung eines Katalogs von Strafen erschöpft, ohne weitergehende Lösungsansätze erkennen zu lassen. Schließlich habe sie sich im Auswahlgespräch in vielen Bereichen als voreingenommen dargestellt. So habe sie ein sehr einseitiges Bild von Elternarbeit, indem sie nur zwischen interessierten Eltern guter Schüler einerseits und desinteressierten Eltern schlechter Schüler andererseits unterscheide.

13

Die Klägerin legte gegen diese Entscheidung am 10. Oktober 2014 Widerspruch ein, in welchem sie der Sachverhaltsdarstellung des Beklagten in allen Punkten entgegentrat.

14

Es treffe nicht zu, dass die besondere Qualifikation durch Lehrbefähigung auch im Fach Spanisch im Auswahlgespräch 1 durch sie – die Klägerin – hervorgehoben worden sei. Auch habe es keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Fragen nach ihrer Behinderung der Klärung organisatorischer Rahmenbedingungen des Unterrichts gegolten hätten. Die Vertrauensperson habe dabei erkennbar ihre Aufgabe nicht erfüllt. Etwaige Ungenauigkeiten bei der Beantwortung von Fragen seien der Aufregung in der Bewerbungssituation geschuldet. Es sei nicht nachvollziehbar, welche spezifischen Kenntnisse vom rheinland-pfälzischen Schulsystem oder von den besonderen Strukturen und pädagogischen Zielsetzungen der Zielschulen nach Vorstellung des Beklagten hätten bekannt sein müssen. Die Präferenz für eine Einstellung in G... habe allein darauf beruht, dass dort aufgrund des Fächerzuschnitts anders als in H... am die Möglichkeit zur Einbringung ihrer vollen Qualifikation bestanden hätte. Es treffe nicht zu, dass sie nicht bereit sei, heterogene Schülergruppen zu unterrichten. Ebenso wenig sei sie entgegen der Einschätzung des Beklagten nicht in der Lage, Fragen konkret zu beantworten. Ihre fehlende Bereitschaft zum schulischen Engagement außerhalb des Unterrichts beruhe allein darauf, dass es für sie erforderlich sei, schonend in den Dienst wiedereinzusteigen; insofern habe der Beklagte durch die Begründung seiner Ablehnungsentscheidung betreffend das Entschädigungsbegehren erneut zu erkennen gegeben, dass ihre behinderungsbedingten Leistungseinschränkungen eine Rolle für das Bewerbungsverfahren gespielt habe. Schließlich habe sie zu Recht die Auskunft über ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis in D... verweigert, weil diese in einem so engen Zusammenhang mit ihrer Behinderung gestanden habe, dass sie gezwungen gewesen wäre, auch Einzelheiten hierüber preiszugeben. Hierzu sei sie jedoch nicht verpflichtet.

15

Betreffend das Auswahlgespräch 2 sei festzustellen, dass sie als schwerbehinderte Bewerberin einen Rechtsanspruch auf Teilnahme der Vertrauensperson habe. Sei diese verhindert, treffe den Beklagten als potenziellen Dienstherrn die Pflicht zur Verlegung des Termins für das Auswahlgespräch. Der Beklagte könne auch keine konkreten Anhaltspunkte für ihre vermeintlich unzureichende fachliche Eignung nennen; tatsächlich stufe sie selbst ihre fachliche Leistung als gut ein. Dies werde auch durch die erste Beurteilung im Probebeamtenverhältnis des Landes D... belegt. Schließlich stünden auch die fehlende Kenntnis vom rheinland-pfälzischen Schulsystem und den pädagogischen Besonderheiten der Zielschule einer erfolgreichen Bewerbung nicht entgegen. Da die Bildungsstandards in D... und ...einander sehr ähneln würden, sei sie ohne weiteres in der Lage, sich binnen kurzer Zeit in das unbekannte System einzuarbeiten.

16

Schließlich sei nunmehr jedenfalls aus den Ausführungen des Beklagten zum Auswahlgespräch 3 offensichtlich, dass ihr behinderungsbedingter Wunsch nach einer Beschränkung auf ein halbes Deputat zur Benachteiligung geführt habe. Zudem sei unzutreffend, dass sie Spanisch nur in den Klassenstufen 9 und 10 unterrichtet habe. Ebenso unwahr sei die zur Begründung der Ablehnung einer Entschädigung vorgeschobene Behauptung, dass sie fachliche Fragen teilweise unzureichend beantwortet habe. Zudem habe sie ein schlüssiges Konzept zum Umgang mit Problemschülern präsentiert, das nicht nur aus einem Strafenkatalog bestanden habe. Schließlich sei nicht erkennbar, dass ihre Auffassung zur Elternarbeit unzutreffend oder pädagogisch angreifbar sei.

17

Der Beklagte wies den Widerspruch durch Bescheid vom 21. Januar 2015 als unzulässig zurück. Sein Schreiben vom 8. September 2014 sei nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren, sondern als Realakt, mit dem ein Begehren der Klägerin zurückgewiesen worden sei. Hierfür spreche, dass das Schreiben im Falle der Nichtanfechtung nicht in Bestandskraft erwachse. Auch liege kein Verwaltungsakt kraft Form vor, der den Widerspruch statthaft erscheinen ließe. Schließlich könne auch § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG vorliegend keine Anwendung finden, weil die Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche nach dem AGG nicht im Dienst- und Treueverhältnis zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn wurzeln würden.

18

Am 23. Mai 2015 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung nimmt sie im Wesentlichen Bezug auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren.

19

Die Klägerin beantragt,

20

1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 8. September 2014 und des Widerspruchsbescheids vom 21. Januar 2015 zu verurteilen, der Klägerin 30.129,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2014 zu zahlen,

21

2. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Ersatz für vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.358,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

22

Der Beklagte beantragt,

23

die Klage abzuweisen.

24

Er erachtet die Klage als unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet. Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens sei nicht erforderlich gewesen, weil weder ein Verwaltungsakt noch eine auf ein Beamtenverhältnis bezogene Streitigkeit im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG vorliege. In Anbetracht dessen sei fraglich, ob die Klagefrist eingehalten sei; eine analoge Anwendung der Dreimonatsfrist in § 61b Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz – ArbGG – im Verwaltungsprozess sei jedenfalls in Betracht zu ziehen.

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In der Sache könne die Klage im Ergebnis keinen Erfolg haben, weil eine unzulässige Benachteiligung als Anspruchsvoraussetzung nicht vorliege. Das Prinzip der Bestenauslese bei Bewerbungen um ein öffentliches Amt sei verfassungsrechtlich festgeschrieben und erfahre keine Durchbrechung im Sinne einer unbedingten Förderungspflicht schwerbehinderter Menschen. Auch § 24 Nr. 1 AGG stelle klar, dass die Vorschriften des AGG unter anderem für Beamte der Länder nur „unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung“ Geltung beanspruchen könnten. Daher müssten die Auswahlkriterien der Eignung, Leistung und Befähigung auch dann Anwendung finden, wenn eine (schwer-)behinderte Person im Bewerberkreis vertreten sei. Die Klägerin sei nicht wegen ihrer Behinderung, sondern ausschließlich wegen ihrer mangelnden fachlichen Eignung, die sich aus dem persönlichen Gesamteindruck aller Auswahlgespräche ergeben habe, im Planstellenbewerberverfahren nicht ausgewählt worden. Es liege bereits kein ausreichender Vortrag von Vermutungstatsachen vor, die gemäß § 22 AGG als Indizien für eine Benachteiligung wegen der Behinderung dienen könnten; vielmehr beruhe der gesamte Klagevortrag auf subjektiven Fehleinschätzungen seitens der Klägerin. Unbeschadet dessen sei jedenfalls der Nachweis möglich, dass eine Diskriminierung nicht stattgefunden habe.

26

Im Auswahlgespräch 1 sei das Merkmal der Behinderung nicht unzulässig thematisiert worden; die im Einzelfall gestellten gesundheitsbezogenen Fragen seien zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung erforderlich und im Ergebnis zulässig gewesen, weil sie unmittelbar mit der Fähigkeit zur Wahrnehmung der Laufbahnaufgaben im Zusammenhang stünden. Auch die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe durch das Land D... wegen gesundheitlicher Eignungsmängel habe die Fragen rechtfertigende Zweifel an der gesundheitlichen Eignung der Klägerin gesät. Eine abschließende Beurteilung sei nur auf Grundlage weiterer Erkenntnisse möglich gewesen. Diese seien nicht auf anderem Wege zu erlangen gewesen, zumal die Klägerin im Bewerbungsverfahren bezogen auf die Umstände ihrer Entlassung in D... nur die an der Grenze zur Unwahrheit liegende Einlassung abgegeben habe, sie selbst habe „gekündigt“.

27

Zu Ablauf und inhaltlicher Ausgestaltung des Auswahlgesprächs 2 wiederholt und vertieft der Beklagte seine Ausführungen im Schreiben vom 8. September 2014. Er betont dabei, dass insbesondere die unzureichende Vorbereitung der Klägerin auf das Auswahlgespräch, die sich in der falschen Beantwortung von Fragen zum rheinland-pfälzischen Schulsystem und zur Zielschule gezeigt habe, für die Ablehnung entscheidend gewesen sei.

28

Die Behauptung der Klägerin, im Auswahlgespräch 3 sei ihrer Bewerbung wegen der behinderungsbedingt gewünschten Reduzierung des Deputats kein Erfolg beschieden worden, sei abwegig. Beide Zielschulen hätten an einer klaren Unterversorgung an Lehrkräften in den Fächern Englisch und Spanisch gelitten. Angesichts dessen sei auch eine Teilzeittätigkeit ohne weiteres akzeptiert worden, wenn in der Person der Klägerin die fachlichen Voraussetzungen, insbesondere Oberstufenerfahrung im Fach Spanisch, vorgelegen hätten. Die von der Klägerin wahrgenommene gute Beantwortung der an sie gerichteten Fragen entspreche ihrem Selbsteindruck, dem aus schulfachlicher Sicht widersprochen werden müsse. So sei sie nicht in der Lage gewesen, bei den Themen „Ganzschriften in englischer Literatur“, „Umgang mit schwierigen Schülern“ und „Elternarbeit“ überzeugende Konzepte zu präsentieren. Insbesondere die kategorische Ablehnung der Klägerin, Ganzschriften im Fach Englisch zu verwenden, an der sie auch nach Hinweis auf den anderslautenden gymnasialen Lehrplan festgehalten habe, sei negativ aufgefallen. Zudem verkenne die Klägerin durch ihre alleinige Fokussierung auf fachliche Qualifikationen andere wesentliche Anforderungen an den Pädagogen. An diesen werde zusätzlich der Anspruch gerichtet, Unterrichtsarbeit auf fachdidaktisch und methodisch hohem Niveau zur Erzielung eines Optimums an Lerngewinn zu leisten, aber auch pädagogisches Feingefühl zu zeigen, um der Heterogenität der Schülerschaft mit ihren unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und psycho-sozialen Hintergründen gerecht zu werden. In dieser Hinsicht habe die Klägerin keineswegs überzeugt und sei deshalb nicht ausgewählt worden.

29

Die Klägerin ist der Klageerwiderung durch Replik vom 14. Juli 2015 entgegengetreten. Eine analoge Anwendung der Frist des § 61b ArbGG scheide mangels planwidriger Regelungslücke aus. Im Übrigen vertieft sie ihre Ausführungen zu dem aus ihrer Sicht diskriminierenden Ablauf der Auswahlgespräche. So habe der Auswahlkommission die Bewertung ihrer gesundheitlichen Eignung nicht zugestanden; vielmehr sei diese gehalten gewesen, ein amtsärztliches Attest über ihren Gesundheitszustand einzuholen. In diesem Kontext sei auch fernliegend, dass zwar – unstreitig – Fragen über ihre behinderungsbedingten Leistungseinschränkungen gestellt worden seien, diese nach Vorbringen des Beklagten aber keinen Einfluss auf die Entscheidung über die Bewerbung hätten haben sollen. Soweit sie – die Klägerin – die Details ihrer Entlassung aus dem Beamtenverhältnis in D... im Auswahlgespräch verschleiert habe, bewege sich dies im Bereich der „zulässigen Lüge“, weil keine Details über die Behinderung in einem Bewerbungsgespräch abgefragt werden dürften. Auch die Ausführungen des Beklagten zum Ablauf des Auswahlgesprächs 3 entsprächen nicht ihrer Wahrnehmung. Insbesondere mute es befremdlich an, dass auf Grundlage kurzer Auswahlgespräche ein „ungenügender“ fachlicher Eindruck entstanden sei, der sich mit den dienstlichen Beurteilungen und Zeugnissen des Landes D..., dessen Bewertung der fachlichen Leistungen auf einem ungleich längeren Zeitraum beruhe, nicht im Ansatz decke.

30

Der Beklagte hat wiederum seinerseits hierzu durch Duplik vom 20. Juli 2015 Stellung genommen, die dem Gericht und der Klägerin bei der mündlichen Verhandlung am 21. Juli 2015 vorgelegen hat. Hierin hat der Beklagte seinen Sachverhaltsvortrag erneut vertieft und um spezifische Angaben zu den Bewerbern, die der Klägerin vorgezogen wurden, ergänzt.

31

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung des Zeugen Leitender Regierungsschuldirektor K... zum Ablauf und Inhalt des Auswahlgesprächs 1 und durch die uneidliche Vernehmung des Zeugen Leitender Regierungsschuldirektor L... zum Ablauf und Inhalt des Auswahlgesprächs 3. Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der Beweisaufnahme ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten, dem Protokoll der mündlichen Verhandlung und den vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten (2 Hefte), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg; sie ist zulässig (nachfolgend I.), aber unbegründet (nachfolgend II.).

I.

33

1. Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist eröffnet, weil die Klägerin sich um Einstellung in ein Beamtenverhältnis auf Probe bei dem Beklagten beworben hat. Dies folgt aus der aufdrängenden Sonderzuweisung in § 54 Abs. 1 BeamtStG (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Juni 2007 – 2 F 10596/07.OVG – juris Rn. 2, zu § 15 Abs. 1 AGG), der auch auf Klagen Anwendung findet, die auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG gerichtet sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. April 2011 – 4 S 1078/11 – juris Rn. 4).

34

2. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft; das Entschädigungsbegehren setzt eine vorherige Behördenentscheidung gerade in der Form des Verwaltungsakts nicht voraus (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2013 – 4 S 547/12 –, juris Rn. 17; Urteil vom 4. August 2009 – 9 S 3330/08 – juris Rn. 16). Dafür ist ohne Belang, dass der Beklagte den geltend gemachten Entschädigungsanspruch der Klägerin vor Klageerhebung mit Schreiben vom 8. September 2014 als unbegründet zurückgewiesen hat. Bei diesem Schreiben ohne Rechtsbehelfsbelehrung handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Es enthält nicht die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Feststellung (vgl. hierzu § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG), dass der geltend gemachte Anspruch nicht besteht, sondern lediglich die Ablehnung eines beantragten Realakts in Form der Zahlung des durch die Klägerin beanspruchten Geldbetrags (vgl. auch VG Göttingen, Urteil vom 18. März 2014 – 1 A 247/12 – juris Rn. 13, m.w.N). Etwas anderes könnte im konkreten Fall nur gelten, wenn die Vornahme des Realakts rechtlich an den vorherigen Erlass eines Verwaltungsakts (z.B. Bewilligungsbescheid) gebunden oder die Ablehnung faktisch aufgrund der gewählten Form (z.B. Bezeichnung als Verwaltungsakt, Vorhandensein einer Rechtsbehelfsbelehrung) eindeutig als Verwaltungsakt zu qualifizieren wäre (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage 2014, Anh § 42 Rn. 42 f.). Beides ist vorliegend nicht der Fall. Auch der Erlass des Widerspruchsbescheids vom 21. Januar 2015 durch den Beklagten führt nicht zur Statthaftigkeit einer Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Var. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO), weil der Beklagte sich in diesem nicht zur Sache eingelassen, sondern die Zurückweisung des Widerspruchs einzig auf die fehlende Statthaftigkeit gestützt hat.

35

3. Offen bleiben kann, ob die Durchführung des Widerspruchsverfahrens vor Klageerhebung aufgrund der beamtenrechtlichen Sondervorschrift des § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG erforderlich gewesen ist; die Kammer geht jedoch im Gegensatz zur Einschätzung des Beklagten tendenziell von der Erforderlichkeit des Vorverfahrens als Sachurteilsvoraussetzung aus.

36

a) Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat im Beschluss vom 22. Juni 2007 – 2 F 10596/07.OVG – im Zusammenhang mit der Frage der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs durch § 54 Abs. 1 BeamtStG festgestellt, dass eine Klage auf Schadenersatz wegen Diskriminierung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG eine solche „aus dem Beamtenverhältnis“ sei. Maßgebend hierfür sei, dass der geltend gemachte Anspruch auf einer dem Beamtenrecht zugeordneten Anspruchsgrundlage beruhe. Dies sei etwa bei Ansprüchen „vorbeamtenrechtlicher Art“ der Fall, in denen ein Rechtsanspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis geltend gemacht werde oder bei Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung eines solchen Übernahmeanspruchs (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Juni 2007 – 2 F 10596/07.OVG – juris Rn. 3). Nichts anderes könne im Hinblick auf Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Pflichten gelten, die einem Arbeitgeber gegenüber schwerbehinderten Menschen bei der Besetzung freier Arbeitsplätze gemäß § 81 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – SGB IX – oblägen und deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch gemäß § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG begründen könnten. Es handele sich insoweit gleichfalls um einen Anspruch vorbeamtenrechtlicher Art, da seinen Bezugspunkt die konkrete Durchführung eines Stellenbesetzungsverfahrens bilde (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Juni 2007 – 2 F 10596/07.OVG – juris Rn. 3).

37

Dies zugrunde gelegt, unterfällt auch der vorliegend geltend gemachte Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG den Streitigkeiten vorbeamtenrechtlicher Art, weil die anspruchsbegründenden Umstände aus Inhalt und Ausgestaltung des beamtenrechtlichen Stellenbesetzungsverfahrens hergeleitet werden. Neben der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs über § 54 Abs. 1 BeamtStG bedeutet dies jedoch – vorbehaltlich anderslautender landesrechtlicher Regelungen (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG) – auch das grundsätzliche Erfordernis der Durchführung eines Vorverfahrens vor Klageerhebung, weil § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG erkennbar auf Satz 1 der Vorschrift Bezug nimmt und demzufolge von einem identischen Anwendungsbereich beider Vorschriften auszugehen ist.

38

b) Demgegenüber geht die Mehrzahl der Verwaltungsgerichte in Übereinstimmung mit dem Beklagten davon aus, dass § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG keine Anwendung auf Entschädigungsklagen gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG findet, weil Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche nach dem AGG nicht in dem die besondere Verfahrensanordnung dieser Vorschrift begründenden Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn wurzeln würden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2013 – 4 S 547/12 –, juris Rn. 17; Urteil vom 4. August 2009 – 9 S 3330/08 – juris Rn. 16; VG Göttingen, Urteil vom 18. März 2014 – 1 A 247/12 – juris Rn. 14). Dieser Argumentationsansatz erscheint jedoch widersprüchlich angesichts des Umstands, dass alle diese Gerichte zuvor – teilweise stillschweigend – die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs unter dem Blickwinkel des § 54 Abs. 1 BeamtStG bejahen, aber nicht begründen, weshalb es sich insoweit bei der Entschädigungsklage um eine Klage „aus dem Beamtenverhältnis“ handeln soll, bei der Frage der Notwendigkeit eines Vorverfahrens vor Klageerhebung unter dem Blickwinkel des § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG hingegen nicht (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2013 – 4 S 547/12 –, juris Rn. 17: „[D]ie Klägerin begehrt weder eine auf dem Gebiet des Beamtenrechts liegende Entscheidung noch geht sie gegen eine solche vor.“, im Widerspruch zu: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. April 2011 – 4 S 1078/11 – juris Rn. 4).

39

Daher schließt sich die Kammer der Auffassung an, dass die Durchführung eines Vorverfahrens auch im Falle der Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG wegen Diskriminierung im beamtenrechtlichen Stellenbesetzungsverfahren erforderlich ist (so im Ergebnis auch: VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 25. Mai 2011 – 1 K 1158/10.NW – juris Rn. 16).

40

c) Die Frage kann jedoch im Ergebnis offen bleiben, weil erstens die Klägerin vorliegend erfolglos das Widerspruchsverfahren durchlaufen hat und zweitens die Vorschrift des § 61b Abs. 1 ArbGG keine analoge Anwendung im Verwaltungsprozess findet, so dass auch eine verzögerte Klageerhebung aufgrund der Durchführung eines etwaig unstatthaften Widerspruchsverfahrens nicht zur Unzulässigkeit der Klage führt.

41

Nach § 61b Abs. 1 ArbGG muss vor den Arbeitsgerichten eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden. Für die von dem Beklagten vorgeschlagene analoge Anwendung im Verwaltungsprozess fehlt es jedoch an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat die ursprünglich im Rahmen des Gesetzes zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern vom 26. Juni 1994 (Zweites Gleichberechtigungsgesetz – 2. GleiBG, BGBl. I 1994, 1406 ff.) zur Geltendmachung von Ansprüchen wegen geschlechterspezifischer Diskriminierung gemäß § 611a Bürgerliches Gesetzbuch a.F. – BGB a.F. – eingeführte Vorschrift mehrfach, zuletzt durch das Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006 (BGBl. I 2006, 1897 ff.), modifiziert, ohne eine Erstreckung auf den Verwaltungsprozess vorzunehmen, obschon erkennbar war, dass die mit dem AGG erfolgte Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303 vom 2. Dezember 2000, 16 ff.) auch für den Zugang zu den Beamten- und Richterlaufbahnen des Bundes und der Länder Geltung beanspruchen würde (vgl. § 24 AGG) und die Verwaltungsgerichte mit etwaigen Verfahren zu Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen wegen Diskriminierung im Beamten- und Richterbewerberverfahren befasst sein würden. Dennoch hat der Gesetzgeber auf die Einführung einer § 61b Abs. 1 ArbGG entsprechenden Vorschrift in die VwGO verzichtet. Grund hierfür dürfte das bei der Einstellung von Beamten typischerweise länger andauernde Stellenbesetzungsverfahren und die Möglichkeit der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens sein, so dass auch das Vorliegen einer vergleichbaren Interessenlage als Voraussetzung einer analogen Anwendung zweifelhaft erscheint.

42

4. Schließlich verfügt die Klägerin auch über das notwendige Rechtsschutzinteresse. Dass sie nicht gegen die Ernennungen ihrer Konkurrenten vorgegangen ist, berührt den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. April 2013 – 2 B 145.11 – juris Rn. 10).

II.

43

Die Klage ist unbegründet; die Klägerin hat keinen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG. Nach dieser Vorschrift kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Zwar unterfallen Klägerin und Beklagter dem persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes (vgl. § 6 AGG, nachfolgend 1.). Auch weist die Klägerin in Gestalt ihrer bestandskräftig festgestellten (Schwer-)Behinderung ein Merkmal auf, aufgrund dessen eine Benachteiligung gemäß § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 1 AGG grundsätzlich verboten ist (nachfolgend 2.). In keinem der verfahrensgegenständlichen Auswahlgespräche erfolgte jedoch eine Benachteiligung aufgrund dieses Merkmals (nachfolgend 3.).

44

1. Die Beteiligten unterfallen dem persönlichen Anwendungsbereich des AGG. Die Klägerin gilt als Bewerberin für ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG als Beschäftigte im Sinne des Gesetzes. Dessen Vorschriften gelten hiernach unter anderem für Beamtinnen und Beamte der Länder, wenngleich nur „unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung“. Bewerber ist derjenige, der sich subjektiv ernsthaft um eine Stelle beworben hat und objektiv für die zu besetzende Stelle in Betracht kommt (vgl. BAG, Urteil vom 12. November 1998 – 8 AZR 365/97). Es liegen derzeit keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass dies bei der Klägerin nicht der Fall war und sie eine „professionelle Diskriminierungsklägerin“ wäre. Hierfür genügt insbesondere nicht die Tatsache, dass sie an zwei weiteren Auswahlverfahren für den höheren Schuldienst in Hessen und Rheinland-Pfalz teilgenommen hat.

45

Der Beklagte als möglicher (künftiger) Dienstherr der Klägerin ist zugleich Arbeitgeber im Sinne des AGG (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 – 5 C 16.10 – BVerwGE 139, 135).

46

2. In Gestalt ihrer (Schwer-)Behinderung weist die Klägerin ein Merkmal auf, aufgrund dessen eine Benachteiligung gemäß § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 1 AGG grundsätzlich verboten ist.

47

Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG. Zwar wird der Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nur in § 15 Abs. 1 AGG als Tatbestandsvoraussetzung für den Ersatz materieller Schäden ausdrücklich genannt. Dem Charakter des § 15 AGG als umfassende Regelung der finanziellen Einstandspflicht des Arbeitgebers bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot entspricht es aber, auch die Entschädigung immaterieller Schäden nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG an einen derartigen Verstoß zu binden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 – 5 C 16.10 – BVerwGE 139, 135; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2013 – 4 S 547/12 – juris Rn. 22).

48

Gemäß § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden. Der Begriff der Behinderung im Sinne von § 1 AGG entspricht den gesetzlichen Definitionen in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und § 3 Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen – BGG. Er ist damit weiter gefasst als der Begriff der Schwerbehinderung (§ 2 Abs. 2 SGB IX) und der ihr gleichgestellten Behinderung (§ 2 Abs. 3 SGB IX i.V.m. § 68 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Er erfasst alle Menschen, deren körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2013 – 4 S 547/12 – juris, Rn. 23). Bei der Behinderung der Klägerin, für die mit bestandskräftigem Bescheid des Landratsamts E... vom 27. November 2012 rückwirkend zum 3. April 2012 ein GdB von 50 festgestellt worden ist, handelt es sich um eine solche im Sinne des § 1 AGG.

49

3. Die Klägerin ist zur Überzeugung des Gerichts jedoch in keinem der verfahrensgegenständlichen Stellenbesetzungsverfahren aufgrund ihrer Behinderung benachteiligt worden.

50

a) Benachteiligung im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG ist jede unterschiedliche Behandlung, die mit einem Nachteil verbunden ist; nicht erforderlich ist, dass in Benachteiligungsabsicht gehandelt oder die Benachteiligung sonst schuldhaft bewirkt worden ist. Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die unmittelbare Benachteiligung kann dabei auch in einem Unterlassen liegen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2013 – 4 S 547/12 – juris Rn. 25). Eine mittelbare Benachteiligung ist gemäß § 3 Abs. 2 AGG gegeben, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

51

b) Der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Behinderung (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AGG: „…wegen eines in § 1 genannten Grundes…“) ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund – die Behinderung – das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das verpönte Merkmal Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (vgl. BAG, Urteil vom 22. August 2013 – 8 AZR 563/12 – juris Rn. 47; Urteil vom 21. Juni 2012 – 8 AZR 364/11 – juris Rn. 32, stRspr.).

52

Hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Nachteil und verpöntem Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich zugleich auf die Darlegungslast auswirkt. Ein erfolgloser Bewerber genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines unzulässigen Merkmals vermuten lassen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. April 2012 – Rs. C-415/10 – Meister, juris Rn. 42, zu Art. 9 der Richtlinie 2000/78/EG; Urteil vom 21. Juli 2011 – Rs. 104/10 – Kelly, juris Rn. 30; Urteil vom 10. März 2005 – Rs. C-196/02 – Nikoloudi, juris Rn. 75, jeweils zum inhaltsgleichen Art. 4 der Richtlinie 97/80/EG). Dies ist dann der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen – aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit – darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals erfolgt ist. Denn durch die Verwendung der Begriffe „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber gleichwohl die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist (vgl. BAG, Urteil vom 22. August 2013 – 8 AZR 563/12 – juris Rn. 47; Urteil vom 23. August 2012 – 8 AZR 285/11 – juris Rn. 32). Besteht eine derartige Vermutung für die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, trägt nach § 22 AGG die andere Partei – hier der beklagte Dienstherr – die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (vgl. BAG, Urteil vom 22. August 2013 – 8 AZR 563/12 – juris Rn. 48).

53

Die beiden Stufen der Darlegungs- und Beweislast aus § 22 AGG sind demnach deutlich zu trennen. Zunächst hat der Beschäftigte die Verantwortung, das Gericht von Indizien, also von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit einer Diskriminierung, zu überzeugen. Erst auf der zweiten Stufe, also nachdem die seitens des Anspruchsstellers vorgetragenen Tatsachen eine Benachteiligung wegen eines Merkmals nach § 1 AGG vermuten lassen, trägt der Beklagte die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorlag. Erst dann, wenn diese Stufe erreicht ist, muss er Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe als die Behinderung waren, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben (vgl. BAG, Urteil vom 19. August 2010 – 8 AZR 530/09 – juris, Rn. 61; Urteil vom 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 – juris, Rn. 49; Urteil vom 17. August 2010 – 9 AZR 839/08 – juris Rn. 45).

54

c) Bei Anlegung dieses Maßstabes ist es der Klägerin bereits in keinem der verfahrensgegenständlichen Fälle gelungen, hinreichende Tatsachen vorzutragen, die – aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit – darauf schließen lassen, dass die ungünstigere Behandlung in Gestalt der Erfolglosigkeit ihrer Bewerbung zumindest auch wegen ihrer Behinderung erfolgt ist. Etwaige Indizien wären zudem nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch den Beklagten widerlegt.

55

Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass im Verwaltungsprozess aufgrund des dort herrschenden Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO) die vor den Arbeitsgerichten bestehenden Anforderungen an die Darlegung seitens des unterlegenen Bewerbers nicht ungesehen auf den Verwaltungsprozess übertragen werden dürfen. Die Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen wird jedoch dahingehend von § 22 AGG modifiziert, dass der Mitwirkung der Beteiligten (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO) ein größeres Gewicht zukommt, indem einen Kläger die besondere Obliegenheit trifft, das Gericht auf die nach seiner – des Klägers – Einschätzung diskriminierenden Umstände des Auswahlverfahrens hinzuweisen. Unbeschadet dessen hat das Gericht parallel hierzu von Amts wegen sich aus dem Sachvortrag oder den Verwaltungsvorgängen ergebenden Anhaltspunkten für eine Benachteiligung aufgrund des Merkmals im Sinne des § 1 AGG nachzugehen. Beide Ansätze – Indizienvortrag der Klägerin und Amtsermittlung – haben jedoch vorliegend keine Tatsachen ergeben, die auf eine behinderungsbedingte Benachteiligung der Klägerin im Bewerbungsverfahren schließen lassen.

56

aa) Die Klägerin bringt als Indiz für ihre behinderungsbedingte Benachteiligung im Auswahlgespräch 1 zunächst die Tatsache vor, dass sie „ausführlich“ über ihren gesundheitlichen Zustand und darüber, ob die Schule durch organisatorische Maßnahmen in besonderem Maße auf die Behinderung Rücksicht nehmen müsse, befragt worden sei. Dies habe dazu geführt, dass sie – die Klägerin – sich „einen Großteil“ des Auswahlgesprächs für ihre Behinderung habe rechtfertigen müssen. Diese Umstände – soweit sie durch die Beweisaufnahme bestätigt worden sind – sind jedoch aufgrund der auch bei der Bewertung von Entschädigungsansprüchen zu berücksichtigenden (vgl. § 24 AGG) Besonderheiten des beamtenrechtlichen Auswahlverfahrens ungeeignet, Indiz für eine Benachteiligung zu sein.

57

Verfahrensfehler im Rahmen einer Bewerbung können zwar grundsätzlich Indizien für einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot begründen. Insbesondere stellt eine unzulässige Frage nach einem verpönten Merkmal im Vorstellungsgespräch ein Indiz für eine Benachteiligung wegen dieses Merkmals dar (vgl. VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 25. Mai 2011 – 1 K 1158/10.NW – juris Rn. 22). In der Frage nach bestimmten Erkrankungen oder Leiden kann je nach den Einzelfallumständen eine unzulässige Erkundigung nach einer Behinderung liegen (vgl. BAG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – 8 AZR 670/08 – juris).

58

Bereits das schriftliche Vorbringen der Klägerin und die Auswertung der Verwaltungsvorgänge der Beklagten lassen jedoch nicht den Rückschluss darauf zu, dass es sich bei der Thematisierung des Gesundheitszustands der Klägerin um eine unzulässige Frage gehandelt hat. Die Schwerbehinderung der Klägerin war bereits aufgrund ihrer Bewerbungsunterlagen bekannt, mit welchen sie den Schwerbehindertenausweis des Landratsamts E... vom 27. November 2012 vorgelegt hatte. Zudem ergab sich aus ihrem Lebenslauf sowie den weiteren vorgelegten Unterlagen das vorzeitig beendete Beamtenverhältnis auf Probe in Diensten des Landes D... sowie ihre Arbeitslosigkeit seit September 2013. Die Entlassungsverfügung des Regierungspräsidiums F... vom 7. August 2013 war – trotz ausdrücklicher Anforderung durch den Beklagten am 10. Februar 2014 – jedoch nicht vorgelegt worden, wohl aber ein Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung D... vom 12. Dezember 2014 über die Festsetzung von Übergangsgeld, das nach § 64 Abs. 1 Satz 1 Landesbeamtenversorgungsgesetz D... – LBeamtVG BW – nur gewährt wird, wenn Beamte nicht auf eigenen Antrag entlassen worden sind. Der Beklagte konnte hieraus lediglich schließen, dass eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe gegen den Willen der Klägerin stattgefunden hatte und dass – im Wesentlichen zeitgleich – der gesundheitliche Zustand der Klägerin die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft gerechtfertigt hat. Ob und inwieweit beide Umstände miteinander im Zusammenhang standen, war wegen der Weigerung der Klägerin, die Entlassungsverfügung vom 7. August 2013 vorzulegen, hingegen nicht erkennbar.

59

Daher ergab sich die Frage nach ihrer gesundheitlichen Situation allein aus der – vor dem Hintergrund des AGG zulässigen – Erörterung ihres Lebenslaufs (vgl. VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 25. Mai 2011 – 1 K 1158/10.NW – juris Rn. 28) und der hieraus ersichtlichen vorzeitigen Beendigung des Beamtenverhältnisses bei einem anderen Dienstherrn. Wie sich aus dem bei der Verwaltungsakte befindlichen Gesprächsprotokoll vom 12. Juni 2014 ergibt, wurde erst nach den näheren Umständen und nach den Auswirkungen der Erkrankung auf ihre zukünftige Tätigkeit gefragt, nachdem die Klägerin angegeben hatte, einen Totalzusammenbruch (Burn Out) gehabt und unter Depressionen gelitten zu haben.

60

Diese Vorgehensweise begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Im Beamtenrecht, dessen Besonderheiten gemäß § 24 AGG bei der Anwendung des Gesetzes stets zu berücksichtigen sind, gehört zu der vom Dienstherrn gemäß Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG zwingend zu prüfenden Eignung des Bewerbers auch seine gesundheitliche Eignung für das angestrebte Amt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2008 – 2 BvR 2571/07 – juris Rn. 11). Denn geeignet im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG ist nur, wer dem angestrebten Amt auch in körperlicher und psychischer Hinsicht gewachsen ist (vgl. BVerfGE 92, 140 <151>). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht. Ist nach der körperlichen oder psychischen Konstitution eines Bewerbers die gesundheitliche Eignung nicht gegeben, kann er unabhängig von seiner fachlichen Eignung nicht verbeamtet werden. Er kann nicht in den Leistungsvergleich der Bewerber um die zur Vergabe stehenden Ämter einbezogen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 – juris Rn. 10).

61

Wegen dieser Besonderheit müssen auch im Einstellungsverfahren Fragen des Dienstherrn zur gesundheitlichen Situation des Beamtenbewerbers zulässig sein, welche seine gesundheitliche Eignung zur Wahrnehmung der Laufbahnaufgaben betreffen. Die Wahrnehmung der Dienstaufgaben in der Laufbahn des höheren Schuldienstes an Gymnasien setzt eine gewisse physische und psychische Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit voraus, weil dort regelmäßig eine hohe Arbeitsbelastung zu verzeichnen ist. Nachdem die Klägerin die Gründe für die Beendigung ihres früheren Beamtenverhältnisses nicht genannt hatte, der in der Bewerbung vorgelegte Schwerbehindertenausweis jedoch einen Rückschluss auf nicht unerhebliche körperliche oder psychische Einschränkungen erlaubte, durfte der Beklagte dies im Hinblick auf die von ihm zu prüfende gesundheitliche Eignung zum Anlass nehmen, diesbezüglich Nachfragen zu stellen. Denn es war nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die gesundheitlichen Einschränkungen noch fortbestanden und die Klägerin bei der Wahrnehmung ihrer Dienstaufgaben beeinträchtigen könnten. Dies konnte überhaupt erst auf der Grundlage weiterer und nur durch gezieltes Nachfragen zu gewinnender Erkenntnisse beurteilt werden. Erst hiernach war der Dienstherr zudem in der Lage, unter mehreren Bewerbern die verfassungsrechtlich gebotene Bestenauslese zu treffen, die verfahrensrechtlich über den Bewerbungsverfahrensanspruch des Konkurrenten gesichert ist. Dem entspricht, dass eine Auswahlentscheidung unter mehreren Bewerbern schon deshalb fehlerhaft wäre, wenn der Dienstherr die Entscheidung nach bester Eignung, Leistung und Befähigung treffen würde, ohne die für diese Beurteilung erforderlichen Tatsachengrundlagen vollständig in Erfahrung gebracht zu haben. Nur hierauf, nicht auf die Behinderung der Klägerin, zielten zur Überzeugung der Kammer die von dem Beklagten an die Klägerin gerichteten Nachfragen im Vorstellungsgespräch ab. Aus diesem Grund konnte die Feststellung der gesundheitlichen Eignung auch nicht erst im Rahmen einer amtsärztlichen Untersuchung – die grundsätzlich erst nach der Auswahlentscheidung durchgeführt wird – verschoben werden.

62

Dieses Ergebnis wird letztlich gestützt durch die uneidliche Aussage des Zeugen Leitender Regierungsschuldirektor K... in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2015; insoweit würde dem Beklagten auch gelingen, ein etwaiges Indiz im Sinne des § 22 AGG zu widerlegen und den Gegenbeweis zu erbringen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Der Zeuge hat in der Beweisaufnahme nachvollziehbar und widerspruchsfrei dargelegt, dass regelmäßig die Vita aller konkurrierenden Bewerber erörtert werde und es allgemein zu Nachfragen komme, wenn diese – wie im Falle der Klägerin – Lücken aufweise. Hierauf habe die Klägerin mitgeteilt, dass sie sich zu viel zugemutet habe und daher den Schuldienst in D... „gekündigt“ habe. Erst dies habe zu Nachfragen im Hinblick auf den derzeitigen gesundheitlichen Zustand und notwendige organisatorische Vorkehrungen in der Zielschule (Teilzeit, freie Tage, kein Nachmittagsunterricht) geführt. Die Behinderung als solche sei zwar bekannt gewesen, nach der Art der Behinderung sei hingegen nicht gefragt worden, weil dies irrelevant sei. Entgegen der Annahme der Klägerin habe die Behinderung auch nicht das von ihr empfundene Gewicht im Auswahlgespräch gehabt; die fachlichen Momente hätten klar im Vordergrund gestanden. Dieser Umstand wird auch durch das Gesprächsprotokoll des Auswahlgesprächs vom 12. Juni 2014 gestützt, in dem die gesundheitsbezogenen Fragen nur einen untergeordneten Anteil des Gesprächs ausmachen. Ein subjektiv durch die Klägerin empfundenes quantitatives oder qualitatives Übergewicht der Thematik ist jedoch ungeeignet, ein zur Beweislastumkehr des § 22 AGG führendes Indiz darzustellen.

63

bb) Die Auswahlentscheidung des Beklagten im Auswahlgespräch 1 beinhaltet auch materiell-rechtlich keinen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot. Hierzu macht die Klägerin geltend, die Entscheidung sei willkürlich und die vom Beklagten genannten Ablehnungsgründe seien lediglich vorgeschoben, denn sie würden nicht auf einer objektiven Überprüfung ihrer Fähigkeiten und ihrer Eignung beruhen. Insbesondere sei die Bedeutung des Faches Spanisch, das ihre besondere persönliche Qualifikation sei, wahrheitswidrig heruntergespielt worden. Diese Einwände greifen indessen nicht durch.

64

Der Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass er bei der Entscheidung über die Einstellung von Beamtenbewerbern an den Leistungsgrundsatz gebunden ist, der es gebietet, die nach Eignung und Befähigung am besten geeigneten Bewerber auszuwählen. Dieser Grundsatz verbietet von vornherein eine Diskriminierung beispielsweise wegen des Alters oder einer Behinderung und geht inhaltlich noch weiter als die Regelungen des AGG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2008 – 2 BvR 2571/07 – juris Rn. 11; BayVGH, Beschluss vom 1. Juli 2010 – 3 ZB 08.1676 – juris Rn. 24).

65

Das Gericht erkennt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte seine Bewerberauswahl nicht gemessen an diesem Leistungsgrundsatz getroffen, sondern diese Begründung nur vorgeschoben und die Klägerin in Wahrheit wegen ihrer Behinderung abgelehnt hat. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang nachvollziehbar dargestellt, dass es in diesem Auswahlgespräch ausschließlich um Planstellen mit der Fächerkombination Englisch und Erdkunde gegangen sei, was sich auch aus den Verwaltungsakten so ergibt. Die besondere Lehrqualifikation im Fach Spanisch gehörte daher nicht zum Stellenprofil und war daher kein berücksichtigungsfähiges Auswahlkriterium zu Gunsten der Klägerin. Entsprechend handelt es sich bei der geringen Bedeutung des Fachs Spanisch im konkreten Auswahlverfahren und die daraus resultierende, nur untergeordnete Berücksichtigung ihrer Lehrqualifikation in diesem Fach nicht um ein erkennbar vorgeschobenes Argument.

66

Auch aus dem Umstand, dass die letztlich ausgewählte Konkurrentin der Klägerin eine geringfügig schlechtere Auswahlnote (0,86) als die Klägerin (0,70) hatte, lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass die Auswahlentscheidung nicht nach dem Prinzip der Bestenauslese getroffen worden sei. Im Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG ist zwar ein Indiz für eine gegen § 7 Abs. 1 AGG verstoßende Benachteiligung schon dann widerlegt, wenn der Beklagte nachweisen kann, statt eines Klägers den bestqualifizierten Bewerber ausgewählt zu haben (vgl. Overkamp in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 22 AGG Rn. 33). Dies erlaubt vorliegend jedoch nicht den Rückschluss, dass die Klägerin wegen ihrer Behinderung diskriminiert worden sei, weil eine – bezogen auf die Auswahlnote – schlechtere Konkurrentin ihr vorgezogen worden ist. Die fachliche Eignung ist nämlich nicht nur auf Grundlage der Abschlussnoten, sondern in der Regel auch des persönlichen Eindrucks im Auswahlgespräch zu gewinnen. Der Zeuge Leitender Regierungsschuldirektor K... hat im Rahmen der Beweisaufnahme bestätigt, dass dies auch der ständigen Praxis des Beklagten entspricht.

67

Ausgehend hiervon ist nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte trotz der etwas schlechteren Auswahlnote für die Konkurrentin der Klägerin entschieden hat. Die Einstellung eines Beamtenbewerbers setzt neben der Feststellung objektiver Tatsachen – etwa der Erfüllung laufbahnrechtlicher Voraussetzungen – in der Form der fachlichen Eignungsbeurteilung einen prognostischen Akt wertender Erkenntnis voraus, der – anders als die Feststellung der gesundheitlichen Eignung – nur eingeschränkt gerichtlich nachprüfbar ist und maßstabbildende Elemente enthält, die der Dienstherr im Hinblick auf den zu besetzenden Dienstposten selbst festzulegen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 – 2 C 45.03 – BVerwGE 121, 140). Im Rahmen dieses Beurteilungsspielraums hat der Beklagte die Klägerin fachlich unter anderem deshalb schlechter beurteilt, weil sie sich schlecht über das rheinland-pfälzische Schulsystem informiert gezeigt hat und keine ausreichenden Kenntnisse über die besonderen Strukturen und pädagogischen Zielsetzungen der Zielschulen, insbesondere zum Fach Erdkunde im bilingualen Zweig, aufwies. Auch die Einstellung der Klägerin zu Kindern „bildungsfernerer Schichten“, die fehlende Fähigkeit der Klägerin zur konkreten Beantwortung an sie gerichteter Fragen sowie ihre fehlende Bereitschaft zu schulischem Engagement über den Unterricht hinaus war aus Sicht des Beklagten zu beanstanden. Dies hat der Zeuge Leitender Regierungsschuldirektor K... in der Beweisaufnahme vom 21. Juli 2015 in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Beklagten in der Klageerwiderung bestätigt; entsprechende Feststellungen finden sich zudem in dem bei der Verwaltungsakte befindlichen Gesprächsprotokoll vom 12. Juni 2014. Demgegenüber ergibt sich aus dem Protokoll des Auswahlgesprächs mit der letztlich obsiegenden Konkurrentin der Klägerin, dass diese in allen genannten Belangen den fachlich überzeugenderen Eindruck auf die Kommissionsmitglieder hinterließ und die Klägerin insoweit „deutlich“ übertraf. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte bei dieser Entscheidung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen des Beurteilungsspielraums verkannt hat, dass er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Über die Einhaltung dieser Rahmenbedingungen hinaus entzieht sich die fachliche Eignungsbeurteilung als prognostischen Akt wertender Erkenntnis jedoch der gerichtlichen Überprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2015 – 1 WB 26/14 – juris Rn. 43, stRspr.).

68

cc) Soweit die Klägerin schließlich die Wahrnehmung ihrer Beteiligungsrechte durch die Vertrauensperson für Behinderte (§ 95 Abs. 1 SGB IX) im Auswahlgespräch 1 beanstandet, ist dies ungeeignet, als Indiz für eine Benachteiligung im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG durch den Beklagten zu dienen.

69

Gemäß §§ 81 Abs. 1 Satz 4, 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist die Schwerbehindertenvertretung durch den Arbeitgeber über die Bewerbung eines schwerbehinderten Menschen zu unterrichten. Versäumt der Arbeitgeber die Unterrichtung, ist dies nach der Rechtsprechung ein Indiz im Sinne des § 22 AGG, das mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Benachteiligung im Sinne von § 7 Abs. 1 AGG spricht (vgl. Esser/Isenhardt in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 95 SGB IX, Rn. 21, m.w.N.). Demgegenüber genügt eine Schlechterfüllung ihrer Aufgaben durch die Schwerbehindertenvertretung nicht, um als Anhaltspunkt für eine behinderungsbedingte Benachteiligung zu dienen. Aufgrund der fehlenden Weisungsbefugnis des Arbeitgebers gegenüber der Schwerbehindertenvertretung, die durch den besonderen Kündigungs-, Abordnungs- und Versetzungsschutz (§ 96 Abs. 3 SGB IX) sowie ein Benachteiligungsverbot (§ 96 Abs. 2 SGB IX) flankiert wird, ist dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen, wenn er die Schwerbehindertenvertretung zwar ordnungsgemäß beteiligt, diese aber im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung im Einzelfall versagt. Außer der in § 94 Abs. 7 Satz 5 SGB IX normierten Konstellation, dass ¼ der wahlberechtigten schwerbehinderten Menschen bei dem Widerspruchsausschuss des Integrationsamtes einen Antrag auf das Erlöschen des Amtes der Vertrauensperson wegen grober Pflichtverletzung stellt, sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, auf Pflichtverletzungen durch die Vertrauensperson zu reagieren. Insbesondere ist der Arbeitgeber – hier: Dienstherr – nicht ermächtigt, einen solchen Antrag zu stellen (Esser/Isenhardt in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 94 SGB IX, Rn. 36). Selbst bei Unterstellung des von der Klägerin behaupteten – und durch den Beklagten widersprochenen – Verhaltens der Vertrauensperson als wahr, ginge hiermit keine Benachteiligung der Klägerin durch den Beklagten einher.

70

dd) Entsprechend sind auch keine Indizien für eine Benachteiligung der Klägerin aufgrund der Nichtteilnahme der Schwerbehindertenvertretung im Auswahlgespräch 2 am 24. Juni 2014 durch die Klägerin dargetan oder erkennbar.

71

Soweit die Klägerin unter Berufung auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs D... vom 10. September 2013 – 4 S 547/12 – darlegt, durch die Nichtteilnahme der Vertrauensperson sei ihr seitens des Beklagten ein gesetzlich eingeräumter Vorteil, nämlich die mögliche Begleitung und Überwachung des Auswahlverfahrens durch die Schwerbehindertenvertretung im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse (§ 95 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1, Abs. 2 Satz 3 SGB IX) zur Sicherung einer benachteiligungsfreien Stellenbesetzung (vgl. BAG, Urteil vom 15. Februar 2005 – 9 AZR 635/03 – BAGE 113, 361) vorenthalten worden, trifft dies nicht zu. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nämlich insoweit von der durch den Verwaltungsgerichtshof D... entschiedenen Konstellation, als dass im dortigen Verfahren keine (rechtzeitige) Unterrichtung der dortigen Schwerbehindertenvertretung stattgefunden hat, während im vorliegenden Streitfall die Schwerbehindertenbeauftragte zwar durch den Beklagten ordnungsgemäß unterrichtet worden ist, jedoch offenbar aufgrund in Verkennung ihrer Aufgabe nicht an dem Auswahlgespräch teilgenommen hat.

72

Das Gericht ist überzeugt davon, dass der Beklagte seiner gesetzlichen Pflicht aus §§ 81 Abs. 1 Satz 4, 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX durch die Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung von der Bewerbung und durch die Einladung zu dem Auswahlgespräch in ausreichendem Maße nachgekommen ist. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang mit seiner Duplik vom 20. Juli 2014 einen Abdruck der entsprechenden Unterrichtungs- und Einladungs-Mail vom 17. Juni 2014, die unter anderem an die Schwerbehindertenvertretung versandt wurde, vorgelegt. Das ebenfalls vorgelegte Gesprächsprotokoll des Auswahlgesprächs vom 24. Juni 2014 weist die Schwerbehindertenvertreterin als „entschuldigt“ aus; in einer bei der Verwaltungsakte befindlichen E-Mail vom 18. August 2014 weist der Vorsitzende der Auswahlkommission darauf hin, dass die Schwerbehindertenvertreterin auf die Teilnahme an dem Auswahlgespräch in ... „verzichtet“ habe, da sie bereits an dem Auswahlgespräch der Klägerin in ... (Auswahlgespräch 1) teilgenommen habe; „dieser Eindruck habe ihr genügt“ (vgl. Bl. 89 d. VA). Diese sehr konkrete Darstellung der Umstände lässt zur Überzeugung des Gerichts darauf schließen, dass die Schwerbehindertenvertreterin über das Auswahlgespräch informiert worden war, in Verkennung ihrer Aufgabe, in jedem konkreten Verfahren – auch bei Mehrfachbewerbungen derselben Person – auf die Einhaltung der Sonderrechte der behinderten Bewerber zu achten, jedoch auf eine Teilnahme verzichtet hat, da sie die Klägerin bereits eine Woche zuvor im Auswahlgespräch 1 kennen gelernt und damit ihrer Aufgabe genüge getan zu haben glaubte. Dem steht nicht entgegen, dass die – zwischenzeitlich nicht mehr im Dienst befindliche – Schwerbehindertenvertreterin nunmehr in einer schriftlichen Stellungnahme – zudem unter dem Vorbehalt des nur eingeschränkten Zugriffs auf die damalige Mailkorrespondenz – behauptet, erstmals im hiesigen Gerichtsverfahren von dem Auswahlgespräch 2 erfahren zu haben. Ihre Einlassung wird widerlegt durch die bereits erwähnte Vorlage der an sie gesandten Einladungs-Mail durch den Beklagten vom 17. Juni 2014.

73

Ein subjektiv-öffentlicher Anspruch der Klägerin auf ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung durch die Schwerbehindertenvertretung resultiert aus §§ 81 Abs. 1 Satz 4, 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nicht. Das Gesetz kennt nur den Schutz durch die Schwerbehindertenvertretung. Diese kann bei Verfahrensverstößen in eigener Kompetenz Mängel aufzuzeigen und auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen hinwirken. Insoweit trifft § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX eine entsprechende Regelung, wonach eine Entscheidung des Dienstherrn, die ohne hinreichende Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zustande kam, auszusetzen und die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung innerhalb von sieben Tagen nachzuholen ist (vgl. hierzu VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 30. März 2011 - 1 K 785/10.NW – juris, Rn. 51). Einen Schutz des Behinderten vor der Schwerbehindertenvertretung ist dem Gesetz jedoch fremd. Darüber hinausgehend ist ein etwaiges Fehlverhalten der Schwerbehindertenvertretung bei der Aufgabenwahrnehmung mangels Einflussmöglichkeiten des Beklagten diesem ohnehin nicht zurechenbar; insoweit gilt das oben zum Auswahlgespräch 1 Ausgeführte analog auch in diesem Fall.

74

ee) Die Auswahlentscheidung des Beklagten im Auswahlgespräch 2 beinhaltet zudem auch materiell-rechtlich keinen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot; selbst wenn eine unzureichende Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung als Indiz im Sinne des § 22 AGG für eine Benachteiligung der Klägerin dienen könnte, wäre dieses aufgrund der erkennbar besseren Eignung der ausgewählten Konkurrentin letztlich widerlegt.

75

Im Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG ist ein Indiz für eine gegen § 7 Abs. 1 AGG verstoßende Benachteiligung schon dann widerlegt, wenn der Beklagte nachweisen kann, statt eines Klägers den bestqualifizierten Bewerber ausgewählt zu haben (vgl. Overkamp in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 22 AGG Rn. 33). Dies ist dem Beklagten – auch ohne die Notwenigkeit einer ergänzenden Beweisaufnahme – vorliegend gelungen. Die letztlich ausgewählte Konkurrentin der Klägerin hatte im Vergleich zu dieser (0,70) nicht nur eine bessere Auswahlnote (0,54). Aus dem vorgelegten Protokoll des Auswahlgesprächs vom 24. Juni 2014 geht zudem hervor, dass der im persönlichen Gespräch gewonnene Eindruck von der fachlichen Eignung der Konkurrentin „deutlich besser“ war als derjenige von der Klägerin. Diese habe nur sehr knappe und oberflächliche Aussagen zur beabsichtigten Gestaltung des Unterrichts getätigt; Kenntnisse der Zielschule oder deren Schulprofil seien nicht abrufbar gewesen. Auch sei sie nicht in der Lage gewesen, Fragen zum rheinland-pfälzischen Schulsystem konkret zu beantworten. Demgegenüber habe die Konkurrentin Erfahrungen als Klassenleiterin, in allen gymnasialen Stufen unterrichtet und sei in das schulische Qualitätsprogramm der Zielschule eingebunden. Sie könne sich qualifiziert zu der unterrichtlichen Gestaltung der Fächer äußern und konkrete Beispiele für unterrichtliches Handeln liefern. Sie kenne pädagogische Besonderheiten der Zielschule und wisse sich fundiert über die gegenwärtige und zukünftige Ausgestaltung des Abiturs in Rheinland-Pfalz zu äußern.

76

In Anbetracht dessen erscheint – entgegen der Einschätzung der Klägerin – die Auswahlentscheidung nicht als willkürlich oder die vom Beklagten genannten Ablehnungsgründe lediglich vorgeschoben. Auch in diesem Fall ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte bei dieser Entscheidung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen des Beurteilungsspielraums verkannt hat, dass er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2015 – 1 WB 26/14 – juris Rn. 43, stRspr.).

77

ff) Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit dem Auswahlgespräch 3 als mögliches Indiz für ihre Benachteiligung aufführt, dass sie nach den Gründen für die Beendigung ihres früheren Beamtenverhältnisses in D... gefragt worden sei, gilt oben zum Auswahlgespräch 1 Ausgeführtes entsprechend. Der Beklagte war auch hier berechtigt, zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung der Klägerin sich die hierfür erforderlichen Tatsachengrundlagen zu verschaffen, die durch die unvollständige Bewerbung der Klägerin unbekannt geblieben waren.

78

GG) Auch die Entscheidung des Beklagten, die Klägerin nicht auf die ausgeschriebene Planstelle zu ernennen, obwohl sie im Auswahlgespräch 3 die einzige verbleibende Bewerberin war, stellt entgegen der Ansicht der Klägerin keine Benachteiligung aufgrund ihrer Behinderung im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG dar oder ist geeignet, als Indiz im Sinne des § 22 AGG für eine solche zu dienen.

79

Der Beklagte hat in diesem Kontext eine Vielzahl von detaillierten Einzelumständen genannt, die die Auswahlkommission zu der Überzeugung gelangen ließen, dass die Klägerin fachlich nicht für die zu besetzende Stelle geeignet sei. So hat der Beklagte im Schreiben vom 8. September 2014 insbesondere hervorgehoben, dass die Klägerin nicht die ausreichende Oberstufenerfahrung zur Durchführung von Kursarbeiten und speziell zur Abiturvorbereitung aufgewiesen habe, was erst im Gespräch am 15. Juli bekannt geworden sei. Zudem habe die Klägerin im Auswahlgespräch zur hierbei zentralen Arbeit mit spanischsprachiger Literatur keine Lehrkonzepte anbieten können und Fachfragen zum Unterrichtsfach Englisch nicht mit dem gebotenen Tiefgang beleuchtet. Ihre Ausführungen hätten keine Sensibilität im Umgang mit problematischen Schülern erkennen lassen, ihr pädagogisches Konzept zur Aufarbeitung auffälligen Schülerverhaltens habe in der Benennung eines Katalogs von Strafen bestanden und sie habe sich im Auswahlgespräch in vielen Bereichen als voreingenommen dargestellt. Diese bereits im ausführlichen Gesprächsprotokoll vom 15. Juli 2014 (vgl. Bl. 109 d. VA) niedergelegten Einwendungen gegen die Eignung der Klägerin hat der Zeuge Leitender Regierungsschuldirektor L... in der Beweisaufnahme eingehend und ohne Widersprüche konkretisieren können; ein aus der Begründung der Absage etwaig herzuleitendes Indiz für eine behinderungsbedingte Benachteiligung wäre demnach ebenfalls widerlegt.

80

Die Klägerin hat in diesem Kontext zudem außer einer von der Einschätzung des Beklagten subjektiv abweichenden Beurteilung der eigenen fachlichen Eignung keine konkreten Anhaltspunkte für eine Diskriminierung aufgezeigt. Dem Gericht ist es jedoch verwehrt, die fachliche Einschätzung des Dienstherrn innerhalb des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraums zu überprüfen; allein die äußeren Grenzen des Beurteilungsspielraums sind der gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Insoweit bietet allein das Vorbringen der Klägerin, der Beklagte sei bei der Bewertung ihrer fachlichen Eignung fälschlich davon ausgegangen, dass sie keine Oberstufenerfahrung im Fach Spanisch habe, Anlass zur gerichtlichen Kontrolle, denn dies würde bedeuten, dass der Beklagte von einem falschen Sachverhalt ausgegangen wäre, weil die Klägerin ausweislich ihrer ersten Beurteilung im Probebeamtenverhältnis in D... auch die Kursstufe 1 (= Klassenstufe 12) unterrichtet hat. Der Zeuge Leitender Regierungsschuldirektor L... hat jedoch in diesem Zusammenhang in der Beweisaufnahme vor der Kammer klargestellt, dass aufgrund eines schwangerschaftsbedingten Personalengpasses am ...-Gymnasium in J... ein kurz vor den Abiturprüfungen stehender Kurs durch die einzustellende Lehrkraft zu übernehmen gewesen ist und daher besonderes Augenmerk auf die Erfahrung der Bewerber mit der unmittelbaren Abiturvorbereitung und -durchführung – einschließlich des Entwurfs der Abiturarbeiten und deren Einreichung beim zuständigen Ministerium – gelegt worden war. Diese Fähigkeiten habe die Klägerin unstreitig nicht aufgewiesen. Die Kammer sieht keine Veranlassung, an der Glaubhaftigkeit dieser präzisen und in den Gesamtkontext klar eingebetteten Aussage zu zweifeln, zumal sie durch das im Gesprächsprotokoll vom 15. Juli 2014 niedergelegte Fazit gedeckt wird, dass die Klägerin insbesondere aus diesem Grund nicht den fachlichen Anforderungen entspreche.

81

Dabei spielt es entgegen der Ansicht der Klägerin auch keine Rolle, dass es sich bei dem Gespräch am 15. Juli 2014 aufgrund der vorherigen Absage des einzigen Mitbewerbers nicht mehr um ein Auswahlgespräch, sondern faktisch um ein Einstellungsgespräch gehandelt hat. Dies führt indes nicht dazu, dass die Anforderungen an den letzten verbleibenden Bewerber im Hinblick auf die gesundheitliche oder fachliche Eignung herunterzuschrauben wären. Die Ausschreibung einer Stelle zwingt den Dienstherrn nicht dazu, die Stelle mit einem der Auswahlbewerber zu besetzen; vielmehr gilt das verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 2 GG verankerte Prinzip der Bestenauslese auch in dem Fall, dass nur ein Bewerber zur Verfügung steht. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der Dienstherr nach der ständigen Rechtsprechung berechtigt ist, ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren mit dem Ziel einer bestmöglichen Besetzung der Planstelle abzubrechen, weil er Bedenken gegen die Eignung des einzigen Bewerbers für den konkreten Dienstposten hat. Anders als bei einer Auswahlentscheidung zwischen mehreren Bewerbern kommt es dabei nicht darauf an, ob die Eignungsbeurteilung des Dienstherrn in vollem Umfang einer rechtlichen Überprüfung standhält. Vielmehr genügt es, dass er den einzigen Bewerber nicht uneingeschränkt für geeignet hält (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999 – 2 C 14/98 – juris Rn. 29). Dies war nach der – in der Beweisaufnahme plausibilisierten und konkretisierten – Einschätzung des Beklagten bei der Klägerin der Fall.

82

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang beanstandet, dass der Beklagte seine (negative) fachliche Einschätzung nur auf Grundlage eines halbstündigen Gesprächs getroffen hatte, während ihre Eignung in der ersten Beurteilung im Beamtenverhältnis des Landes D... deutlich positiver ausgefallen war, rechtfertigt dies kein anderes Ergebnis. Da es vorliegend um die erstmalige Übernahme ins Beamtenverhältnis ging, konnte der Beklagte nicht auf das sonst für Auswahlentscheidungen nach dem Leistungsgrundsatz in erster Linie maßgebliche Instrument einer Vielzahl dienstlicher Beurteilungen zurückgreifen. Die einzige zur Verfügung stehende Beurteilung der Klägerin stammte von dem bereits lange Zeit zurückliegenden Beginn ihres Probebeamtenverhältnisses bei einem anderen Dienstherrn. Sie war hinsichtlich der aktuellen Eignung in der Bewerbungssituation nur bedingt aussagekräftig, zumal dieser andere Dienstherr zwischenzeitlich bestandskräftig eine Änderung seiner Einschätzung hinsichtlich der Eignung der Klägerin durch die Entlassungsverfügung zum Ausdruck gebracht hatte. In einer derartigen Situation sind für den Dienstherrn strukturierte Auswahlgespräche sachgerecht und angemessen, um sich ein – zumindest ergänzendes – Bild über die Eignung und Befähigung der Bewerber zu machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2003 – 2 A 1.02 –, juris). Wie der Dienstherr diese Bewerbergespräche gestaltet, bleibt seinem Organisationsermessen überlassen. Hinsichtlich der maßgeblichen Eignungsfragen steht ihm nämlich ein Einschätzungs- und Beurteilungsermessen zu, das auch schon für die Verfahrensweise gelten muss, mittels derer er sich die aus seiner Sicht notwendigen Erkenntnisse verschaffen will (vgl. VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 25. Mai 2011 - 1 K 1158/10.NW – juris, Rn. 33).

83

hh) Schließlich verhilft auch das Vorbringen der Klägerin, dass der Wunsch, eine Teilzeitstelle aufgrund ihrer behinderungsbedingten Leistungseinschränkungen zu erhalten, negativ bei der Entscheidung im Auswahlgespräch 3 ins Gewicht gefallen sei, der Klage nicht zum Erfolg. Zwar kann die Ablehnung eines Bewerbers, der aus gesundheitlichen Gründen nur beschränkt leistungsfähig ist, bei zeitgleicher Vakanz zweier Planstellen aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf eine Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals hindeuten. Auch insoweit wäre das etwaige Indiz einer Benachteiligung jedoch durch die Aussage des Zeugen Leitender Regierungsschuldirektor L... widerlegt. Dieser hat in der Beweisaufnahme klargestellt, dass die Klägerin angesichts der drängenden Personalsituation an beiden Schulen völlig unabhängig von ihrer Behinderung eine Planstelle auch in Teilzeitbeschäftigung erhalten hätte, wenn sie für fachlich geeignet gehalten worden wäre. Insoweit erscheint es der Kammer plausibel, dass angesichts des Überangebots vakanter Stellen und des Fehlens weiterer Bewerber dem behinderungsbedingten Wunsch nach Teilzeitbeschäftigung keine wie auch immer geartete Bedeutung für die Entscheidung gegen die Klägerin zugekommen ist. Vielmehr entspricht es zur Überzeugung des Gerichts der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass die Ablehnung der Klägerin trotz der akuten Personalsituation allein darauf beruhte, dass sie durch die Kommission für fachlich ungeeignet gehalten wurde. Hierin liegt jedoch keine relevante Benachteiligung im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. Art. 1 AGG.

84

4. Zuletzt bietet auch die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, keinen Anhaltspunkt für eine über den Wortlaut des AGG hinausgehende Erweiterung des Entschädigungstatbestands.

III.

85

1. Die Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerin folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO aufgrund ihres Unterliegens.

86

2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZivilprozessordnungZPO.

87

3. Gründe, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen könnten (vgl. § 124a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO), sind nicht ersichtlich.

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Trier Urteil, 21. Juli 2015 - 1 K 556/15.TR zitiert 35 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 33


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 15 Entschädigung und Schadensersatz


(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Wegen eines Schadens,

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft m

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 7 Benachteiligungsverbot


(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt. (2) Bestim

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 1 Ziel des Gesetzes


Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 9 Kriterien der Ernennung


Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identi

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 6 Persönlicher Anwendungsbereich


(1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,2. die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,3. Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu di

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 22 Beweislast


Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 81 Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten


Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Lei

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(1) Für alle Klagen der Beamtinnen, Beamten, Ruhestandsbeamtinnen, Ruhestandsbeamten, früheren Beamtinnen, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis sowie für Klagen des Dienstherrn ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. (2)

Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen


Behindertengleichstellungsgesetz - BGG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611a Arbeitsvertrag


(1) Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit bet

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 95 Sicherstellungsauftrag


Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts A

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 61b Klage wegen Benachteiligung


(1) Eine Klage auf Entschädigung nach § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes muss innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden. (2) Machen mehrere Bewerber wegen Benachteiligung b

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 24 Sonderregelung für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse


Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für1.Beamtinnen und Beamte des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Bundes oder eines

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 68 Berechnungsgrundlage in Sonderfällen


(1) Für die Berechnung des Übergangsgeldes während des Bezuges von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden 65 Prozent eines fiktiven Arbeitsentgelts zugrunde gelegt, wenn1.die Berechnung nach den §§ 66 und 67 zu einem geringeren Betrag führt,2

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Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 94 Aufgaben der Länder


(1) Die Länder bestimmen die für die Durchführung dieses Teils zuständigen Träger der Eingliederungshilfe. (2) Bei der Bestimmung durch Landesrecht ist sicherzustellen, dass die Träger der Eingliederungshilfe nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Erf

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 96 Zusammenarbeit


(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen. (2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentli

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Verwaltungsgericht Trier Urteil, 21. Juli 2015 - 1 K 556/15.TR zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

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Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 7. Dezember 2011 - 2 Sa 851/11 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Aug. 2012 - 8 AZR 285/11

bei uns veröffentlicht am 23.08.2012

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. November 2010 - 17 Sa 1410/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11

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Tenor Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. März 2011 - 9 Sa 678/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Okt. 2011 - 8 AZR 608/10

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Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. September 2010 - 4 Sa 18/10 - aufgehoben.

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 30. März 2011 - 1 K 785/10.NW

bei uns veröffentlicht am 30.03.2011

Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetze

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Aug. 2010 - 8 AZR 530/09

bei uns veröffentlicht am 19.08.2010

Tenor Die Revision des Klägers und die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 3. Juni 2009 - 10 Sa 719/08 - werden zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. Aug. 2010 - 9 AZR 839/08

bei uns veröffentlicht am 17.08.2010

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 26. Juni 2008 - 15 Sa 198/08 - aufgehoben.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 04. Aug. 2009 - 9 S 3330/08

bei uns veröffentlicht am 04.08.2009

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2008 - 2 K 3727/07 - wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.
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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 17. Jan. 2017 - AN 1 K 16.01045

bei uns veröffentlicht am 17.01.2017

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. 3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe

Referenzen

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Für alle Klagen der Beamtinnen, Beamten, Ruhestandsbeamtinnen, Ruhestandsbeamten, früheren Beamtinnen, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis sowie für Klagen des Dienstherrn ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(2) Vor allen Klagen ist ein Vorverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen. Dies gilt auch dann, wenn die Maßnahme von der obersten Dienstbehörde getroffen worden ist. Ein Vorverfahren ist nicht erforderlich, wenn ein Landesgesetz dieses ausdrücklich bestimmt.

(3) Den Widerspruchsbescheid erlässt die oberste Dienstbehörde. Sie kann die Entscheidung für Fälle, in denen sie die Maßnahme nicht selbst getroffen hat, durch allgemeine Anordnung auf andere Behörden übertragen. Die Anordnung ist zu veröffentlichen.

(4) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Abordnung oder Versetzung haben keine aufschiebende Wirkung.

Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für

1.
Beamtinnen und Beamte des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Bundes oder eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
Richterinnen und Richter des Bundes und der Länder,
3.
Zivildienstleistende sowie anerkannte Kriegsdienstverweigerer, soweit ihre Heranziehung zum Zivildienst betroffen ist.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

(1) Eine Klage auf Entschädigung nach § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes muss innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden.

(2) Machen mehrere Bewerber wegen Benachteiligung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses oder beim beruflichen Aufstieg eine Entschädigung nach § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gerichtlich geltend, so wird auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsgericht, bei dem die erste Klage erhoben ist, auch für die übrigen Klagen ausschließlich zuständig. Die Rechtsstreitigkeiten sind von Amts wegen an dieses Arbeitsgericht zu verweisen; die Prozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.

(3) Auf Antrag des Arbeitgebers findet die mündliche Verhandlung nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Erhebung der ersten Klage statt.

(1) Für alle Klagen der Beamtinnen, Beamten, Ruhestandsbeamtinnen, Ruhestandsbeamten, früheren Beamtinnen, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis sowie für Klagen des Dienstherrn ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(2) Vor allen Klagen ist ein Vorverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen. Dies gilt auch dann, wenn die Maßnahme von der obersten Dienstbehörde getroffen worden ist. Ein Vorverfahren ist nicht erforderlich, wenn ein Landesgesetz dieses ausdrücklich bestimmt.

(3) Den Widerspruchsbescheid erlässt die oberste Dienstbehörde. Sie kann die Entscheidung für Fälle, in denen sie die Maßnahme nicht selbst getroffen hat, durch allgemeine Anordnung auf andere Behörden übertragen. Die Anordnung ist zu veröffentlichen.

(4) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Abordnung oder Versetzung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2008 - 2 K 3727/07 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Entschädigung wegen behaupteten Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot für Schwerbehinderte im Rahmen ihrer Bewerbung um eine Stelle im Richterdienst des beklagten Landes. Der Rechtsstreit betrifft die Frage, unter welchen Voraussetzungen von einer „offensichtlich“ fehlenden Eignung ausgegangen werden kann, bei der die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch gemäß § 82 Satz 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch vom 19.06.2001 (BGBl. S. 1046 - SGB IX -) entbehrlich ist.
Die Klägerin ist durch Bescheid der Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit R. - vom 29.01.2007 aufgrund einer Verletzung an der rechten Hand einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden. Sie hat die juristischen Staatsprüfungen in Baden-Württemberg abgelegt und jeweils mit der Gesamtnote „befriedigend“ bestanden: Im Ersten Staatsexamen erzielte sie dabei 7,56 Punkte und im Zweiten Staatsexamen 6,78 Punkte. Die mit Schriftsatz vom 22.02.2007 eingereichte Bewerbung um die Einstellung in den höheren Justizdienst des Landes blieb jedoch erfolglos. Zur Begründung teilte der Beklagte mit, auch in Ansehung der Schwerbehindertengleichstellung könne die Bewerbung keine Berücksichtigung finden, weil die Klägerin das Anforderungsprofil für die angestrebte Tätigkeit im höheren Justizdienst nicht erfülle. Dieses sehe deutlich überdurchschnittliche Prüfungsergebnisse in beiden juristischen Staatsprüfungen als Grundanforderung vor, was nach ständiger Verwaltungspraxis im Regelfall zwei jeweils mindestens mit der Note „vollbefriedigend“ abgeschlossene Staatsprüfungen voraussetze. Weil sie diese Eignungshürde nicht überschritten habe und die fachliche Eignung damit offensichtlich fehle, könne die Klägerin auch nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Das Ablehnungsschreiben wurde der Schwerbehindertenvertretung zusammen mit dem Bewerbungsbogen der Klägerin nachrichtlich zur Kenntnisnahme übersandt.
Mit Schriftsatz vom 31.03.2007 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 12.557,10 EUR bis spätestens 16.04.2007 auf. Angesichts der Nichtgewährung eines Vorstellungsgespräches bestehe ein Entschädigungsanspruch aus § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB IX in Höhe von drei Monatsverdiensten. Nach Ablauf dieser Frist hat die Klägerin am 24.04.2007 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, den Beklagten zur Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Entschädigungsleistung nebst Zinsen zu verurteilen. Sowohl die Missachtung der für öffentliche Arbeitgeber normierten Einladungspflicht schwerbehinderter Bewerber als auch die unterlassene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung im Vorfeld der Entscheidung begründe die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne von einer offensichtlichen Nichteignung angesichts der abgelegten juristischen Staatsprüfungen nicht ausgegangen werden. Dies gelte in besonderer Weise für die primär angestrebte Tätigkeit in der Arbeitsgerichtsbarkeit, weil die Klägerin im Arbeitsrecht in allen Prüfungsabschnitten deutlich überdurchschnittliche Ergebnisse erzielt habe (12 Punkte im Ersten Staatsexamen, 11 Punkte im Zweiten Staatsexamen sowie 15 Punkte in der Wahlstation). Im Übrigen hätte sie ohne ihre Erkrankung und die damit verbundenen Schmerzen und Schmerzmitteleinnahmen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine deutlich bessere Note erzielt.
Das beklagte Land hat Klagabweisung beantragt und ausgeführt, die Klage sei mangels Durchführung eines Vorverfahrens bereits unzulässig. Im Übrigen liege eine Diskriminierung der Klägerin nicht vor, weil die zu Ungunsten der Klägerin getroffene Personalentscheidung ausschließlich darauf beruhe, dass die Klägerin die sehr hohen Leistungsanforderungen für eine Einstellung in den höheren Justizdienst des Landes nicht erfülle. Die Behauptung der Klägerin, ohne ihre Erkrankung hätte sie eine deutlich bessere Note im Zweiten Staatsexamen erzielt, sei durch nichts belegt. Tatsächlich habe sie auch im Ersten Staatsexamen und damit vor ihrer Verletzung nur eine unwesentlich bessere Gesamtnote erreicht.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.01.2008 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, trotz Fehlen eines Vorverfahrens erweise sich die Klage gemäß § 75 VwGO als zulässig. Die Klage sei aber unbegründet, weil ein Anspruch auf die begehrte Entschädigungszahlung nicht bestehe. Angesichts des vom Beklagten im Regelfall geforderten Anforderungsprofils der Note „vollbefriedigend“ in beiden Staatsexamen stehe vielmehr fest, dass die Nichteinstellung der Klägerin auf eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung nicht zurückgeführt werden könne.
Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung der Klägerin. Sie beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2008 - 2 K 3727/07 - zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin eine in das Ermessen des Gerichts zu stellende Entschädigungsleistung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 17.04.2007 zu zahlen.
Zur Begründung trägt sie insbesondere vor, eine offensichtlich fehlende Eignung könne schon deshalb nicht angenommen werden, weil die Klägerin die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zum Richteramt erfülle. Damit habe sie gemäß § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen. Bereits mit der Missachtung dieser Verpflichtung realisiere sich ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot. Im Übrigen indiziere das verweigerte Vorstellungsgespräch und die fehlerhafte Mitwirkung der Schwerbehindertenvertretung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Benachteiligung aufgrund der Schwerbehinderung. Den zur Entkräftung dieser Vermutung erforderlichen Vollbeweis der diskriminierungsfreien Bewerberauswahl habe das beklagte Land nicht geführt. Soweit der Beklagte auf den Grundsatz der Bestenauslese verwiesen habe, sei dieser nicht geeignet, die ausdrückliche Privilegierung schwerbehinderter Bewerber nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX auszuhebeln.
Das beklagte Land beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Es trägt im Wesentlichen vor, eine Einladung zum Vorstellungsgespräch sei nicht erforderlich gewesen, weil die Klägerin die für die Einstellung in den höheren Justizdienst geforderten Examensnoten deutlich und damit offensichtlich unterschritten habe. Voraussetzung für die begehrte Einstellung sei im Regelfall mindestens die Note „vollbefriedigend“ in beiden Staatsexamina; wo dies aufgrund der Bewerberlage nicht möglich sei, werde das Prädikat „vollbefriedigend“ jedenfalls in einem Examen gefordert. Dementsprechend sei auch im maßgeblichen Einstellungszeitraum 2006/2007 keine einzige Einstellung erfolgt, bei der nicht mindestens ein „vollbefriedigendes“ Examen erzielt worden sei. Vor diesem Hintergrund sei nicht erkennbar, welchen Sinn eine Einladung der Klägerin zum Vorstellungsgespräch gemacht haben könnte, insbesondere weil das Vorstellungsgespräch in erster Linie der Feststellung der persönlichen und nicht der fachlichen Eignung diene.
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Der Beklagte hat auf Anforderung des Gerichts eine anonymisierte Liste der in den Jahren 2006 und 2007 erfolgten Einstellungen in den höheren Justizdienst des Landes vorgelegt, aus der die jeweils erzielten Leistungen in den juristischen Staatsprüfungen ersichtlich sind. Hierauf sowie auf die beigezogenen Behördenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und des erkennenden Senats wird hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und ordnungsgemäß erhobene Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Zwar trägt die Berufung auf das geforderte Anforderungsprofil die Einschätzung einer „offensichtlich“ fehlenden fachlichen Eignung nicht. Dem Beklagten ist aber der Nachweis gelungen, dass die Nichteinstellung der Klägerin nicht auf einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot schwerbehinderter Menschen beruht.
14 
1. Die von der Klägerin erhobene Klage ist zulässig.
15 
Die Klägerin begehrt die Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Geld wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot behinderter Menschen im Rahmen ihrer Bewerbung für eine Stelle im höheren Justizdienst des beklagten Landes. Sachlicher Anknüpfungspunkt ist daher das Stellenbesetzungsverfahren, für das gemäß § 71 Abs. 3 DRiG i.V.m. § 126 Abs. 1 BRRG (jetzt § 54 Abs. 1 BeamtStG) der Verwaltungsrechtweg gegeben war. Diese Rechtswegzuweisung gilt umfassend und erfasst daher auch Schadensersatzansprüche wegen unterbliebener Einstellung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 22.02.1996 - 2 C 12/94 -, BVerwGE 100, 280) sowie den vorliegend geltend gemachten Entschädigungsanspruch (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.06.2007 - 2 F 10596/07 -, NVwZ 2007, 1099). Unabhängig hiervon findet gemäß § 17a Abs. 5 GVG im Rahmen des Berufungsverfahrens eine Prüfung des beschrittenen Rechtsweges auch nicht statt.
16 
Statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage, weil das Entschädigungsbegehren eine vorherige Behördenentscheidung gerade in der Form des Verwaltungsakts nicht voraussetzt. Gemäß § 71 Abs. 3 DRiG i.V.m. § 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG (jetzt § 54 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG) bedarf es indes nicht nur für Anfechtungs- und Verpflichtungsstreitverfahren, sondern bei sämtlichen auf ein Beamtenverhältnis bezogenen Klagen der Durchführung eines Vorverfahrens nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.06.2001 - 2 C 48/00 -, BVerwGE 114, 350), das die Klägerin vorliegend nicht beschritten hat. Ob diese Anforderung auch auf den Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14.08.2006 (BGBl. I S. 1897 - AGG -) erstreckt werden kann, erscheint aber fraglich. Denn das die besondere Verfahrensanordnung in § 126 Abs. 3 BRRG tragende Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn liegt hier gerade nicht vor. Die Frage kann im Ergebnis aber offen bleiben, weil die Klage auch bei unterstellter Anwendbarkeit des 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG als Untätigkeitsklage zulässig ist. Zwar lagen die in § 75 VwGO benannten Voraussetzungen im Zeitpunkt der Klageerhebung vom 24.04.2007 nicht vor: Seit dem Zugang ihres Antrags auf Zahlung einer Entschädigung vom 31.03.2007 waren die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehenen drei Monate offenkundig nicht verstrichen. Die damit zunächst unzulässig erhobene Klage ist indes durch den bis zum Erlass des Sachurteils eingetretenen Zeitablauf zulässig geworden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1994 - 5 C 24/92 -, BVerwGE 95, 149).
17 
Auch das Fehlen eines bezifferten Geldbetrages steht der Zulässigkeit nicht entgegen, denn die Anspruchsgrundlage aus § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 15 Abs. 2 AGG sieht eine „angemessene“ Entschädigung in Geld vor und macht die Bestimmung des festzusetzenden Betrages damit vom billigen Ermessen des erkennenden Gerichts abhängig. Mit der Bezugnahme auf die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG benannte Obergrenze von drei Monatsgehältern hat die Klägerin - die ihr Einstellungsbegehren nicht weiter verfolgt - auch deutlich gemacht, dass sie nur diesen limitierten Entschädigungsanspruch geltend macht (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 21.09.2005 - 9 S 1357/05 -, NJW 2006, 538) und die Tatsachengrundlage für die Höhenbestimmung des Gerichts benannt. Der Klagantrag ist daher auch ohne ausdrückliche Bezifferung hinreichend bestimmt (vgl. BAG, Urteil vom 15.02.2005 - 9 AZR 635/03 -, BAGE 113, 361).
18 
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht der innerhalb der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung schwerbehinderter Menschen nicht zu.
19 
Nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX i.V.m. §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 1 AGG dürfen schwerbehinderte Menschen - ebenso wie diesen von Rechts wegen Gleichgestellte - nicht wegen ihrer Behinderung bei einer Einstellung benachteiligt werden (vgl. dazu auch Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG). Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot kann der schwerbehinderte Bewerber nach § 15 Abs. 2 AGG eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, die gemäß Satz 2 der Vorschrift drei Monatsgehälter nicht übersteigen darf, wenn er auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Die Voraussetzungen dieses von der Klägerin geltend gemachten limitierten Entschädigungsanspruches liegen jedoch nicht vor. Denn die - für die Klägerin negative - Auswahlentscheidung des Beklagten erfolgte nicht wegen ihrer Behinderung.
20 
a) Allerdings erscheint zweifelhaft, ob der Beklagte, der als „öffentlicher Arbeitgeber“ den Bindungen des § 82 SGB IX unterliegt, davon absehen durfte, die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Denn eine Einladung ist gemäß § 82 Satz 3 SGB IX nur entbehrlich, „wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt“.
21 
Die Entscheidung über die von der Klägerin begehrte Einstellung in den Richterdienst des beklagten Landes als Richterin auf Probe (vgl. § 12 Abs. 1 DRiG) ist gemäß § 8 LRiG i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 LBG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen (vgl. § 7 BRRG, jetzt § 9 BeamtStG). Diese Kriterien sind durch den verfassungskräftigen Grundsatz der Bestenauslese in Art. 33 Abs. 2 GG abschließend und vorbehaltlos vorgegeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.10.2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. -, NVwZ 2008, 69). Damit sind zwar die Auswahlkriterien zwingend bestimmt, nicht geregelt ist indes, auf welchen Bezugspunkt diese Maßstäbe zu beziehen sind.
22 
Diese Aufgabe kommt dem „Anforderungsprofil“ zu, das als Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv die Kriterien bestimmt, die der künftige Inhaber erfüllen muss (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.06.2005 - 4 S 838/05 -, NVwZ-RR 2006, 185).
23 
Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet grundsätzlich der Dienstherr nach seinen organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Erst aus diesem Zuschnitt des zu vergebenden Amtes oder Dienstpostens werden daher die Anforderungen bestimmt, an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind. Mit der Bestimmung eines „Anforderungsprofils“ für die zu vergebende Stelle legt der Dienstherr daher gleichzeitig die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest, an ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.10.2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. -; NVwZ 2008, 69; BVerwG, Urteil vom 16.08.2001 - 2 A 3/00 -, BVerwGE 115, 58).
24 
Die Nichteinhaltung der mit dem Anforderungsprofil vorgegebenen Kriterien ist daher - wie vom Beklagten vorgetragen - grundsätzlich geeignet, die offensichtlich fehlende Eignung eines Bewerbers zu begründen. Dementsprechend hat es das Bundesverwaltungsgericht auch gebilligt, dass über die Eignung der Bewerber in einem „gestuften Auswahlverfahren“ befunden wird, bei dem zunächst diejenigen Bewerber unberücksichtigt bleiben, die dem Anforderungsprofil von vornherein nicht genügen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.04.2006 - 2 VR 2/05 -). Leistungsbezogene Mindestvoraussetzungen sind dabei grundsätzlich auch nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.09.2007 - 2 BvR 1972/07 -, ZBR 2008, 167).
25 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin dem Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle von vornherein nicht entspricht. Denn dieses enthält die Festlegung auf (regelmäßig) zwei mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ abgelegte Staatsprüfungen nicht.
26 
Das maßgebliche Anforderungsprofil für die von der Klägerin begehrte Einstellung in den höheren Justizdienst des Landes ergibt sich - auch nach Auffassung des Beklagten - aus Anlage 3 zur Beurteilungsrichtlinie für Richter und Staatsanwälte vom 16.04.2002 (Amtsblatt „Die Justiz“ S. 209). Dort werden die persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften, „die ein Stelleninhaber im Idealfall mitbringen soll“, konkretisiert und festgelegt (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.2007 - 4 S 1163/07 -). Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin dem so festgelegten Anforderungsprofil von vornherein nicht genügt, liegen indes nicht vor. Denn eine Festlegung auf ein bestimmtes Ergebnis in den juristischen Staatsprüfungen findet sich dort nicht. Erforderlich sind hinsichtlich der mit den Staatsprüfungen nachgewiesenen Fachkompetenz lediglich „umfassende Rechtskenntnisse“. Diese werden jedoch grundsätzlich auch mit den von der Klägerin mit der Gesamtnote „befriedigend“ abgelegten Staatsexamina belegt. Denn nach § 5 Abs. 1 DRiG ist Voraussetzung für den Nachweis der fachlichen Eignung nur der erfolgreiche Abschluss der Ersten und Zweiten juristischen Staatsprüfung.
27 
Die Richtigkeit dieser Einschätzung ergibt sich auch aus der reziproken Kontrollerwägung: denn träfe die Auffassung des Beklagten zu, wäre er daran gehindert, Bewerber, die nicht das geforderte Prädikat erzielt haben, in den höheren Justizdienst einzustellen. An das von ihm entwickelte Anforderungsprofil und die darin liegende vorentscheidende Gestaltung der Auswahlkriterien ist der Dienstherr im laufenden Auswahlverfahren gebunden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.02.2007 - 2 BvR 2494/06 -, NVwZ 2007, 693; BVerwG, Beschluss vom 25.04.2007 - 1 WB 31/06 -, BVerwGE 128, 329; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.2007 - 4 S 1163/07 -). Grundsätzlich kann daher für die Stellenbesetzung nur ein Bewerber zum Zuge kommen, der alle Kriterien des Anforderungsprofils erfüllt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.08.2005 - 2 B 6/05 -; OVG Bremen, Beschluss vom 28.01.2009 - 2 B 479/08 -, NordÖR 2009, 213). Erst wenn mehrere Bewerber allen Kriterien eines Anforderungsprofils gerecht werden, bleibt Raum für eine bewertende Abstufung der jeweiligen Qualifikation. Handelte es sich bei der vom Beklagten vorgetragenen Notenstufe daher um ein zwingend vorgegebenes Kriterium des Anforderungsprofils, so wären Bewerber, die diesem Maßstab nicht genügen, für die zu vergebende Stelle nicht geeignet. Diese Folge zieht indes auch das beklagte Land selbst nicht: ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten für die Jahre 2006 und 2007 haben vielmehr 44 der 191 übernommenen Bewerber die benannte Vorgabe nicht erfüllt. Angesichts einer tatsächlichen Abweichungsquote von über 23 % vom vorgetragenen Auswahlkriterium zweier mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ abgelegter Staatsexamina kann aber offenkundig nicht von dem zwingend vorgegebenen Merkmal eines Anforderungsprofils ausgegangen werden.
28 
b) Fraglich erscheint auch, ob im Hinblick auf die tatsächliche Einstellungspraxis von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch abgesehen werden konnte.
29 
Denn die für eine Einstellung in der Praxis erforderlichen Punktzahlen stehen in Abhängigkeit von dem konkreten Bewerberfeld und lassen sich daher jeweils erst im Nachhinein bestimmen. Dementsprechend weist der Beklagte in seiner Werbebroschüre „Qualifizierte Juristinnen und Juristen gesucht!“ darauf hin: „Da sich die Einstellungsvoraussetzungen aber kurzfristig ändern können, raten wir ihnen ab einer Punktzahl von mindestens 8,0 Punkten in jedem der beiden Examina zur Bewerbung“. Ein striktes Anforderungsprofil, das jedenfalls in der Einstellungspraxis nicht unterschritten werden würde, liegt im Übrigen auch insoweit nicht vor: Immerhin fünf der in den Jahren 2006 und 2007 erfolgten Einstellungen wiesen in einer Staatsprüfung weniger als acht Punkte auf und unterschritten damit auch die in der benannten Werbebroschüre benannten Grenzen.
30 
Tatsächlich eingehalten worden ist im maßgeblichen Zeitraum ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten indes das Kriterium, dass mindestens eine der Staatsprüfungen mit der Note „vollbefriedigend“ abgelegt wurde. Diese Anforderung ist aber weder Bestandteil des normativ festgelegten Anforderungsprofils noch entspricht sie den offiziellen Verlautbarungen des Beklagten. In der bereits benannten Werbebroschüre wird vielmehr bereits ab einer Punktzahl von mindestens 8,0 Punkten in jedem der beiden Examina zur Bewerbung geraten; die zwingende Anforderung jedenfalls eines „vollbefriedigenden“ Abschlusses wird damit gerade nicht aufgestellt.
31 
Angesichts des Fehlens vorhersehbarer und in der tatsächlichen Verwaltungspraxis strikt geübter Kriterien kann damit nicht davon ausgegangen werden, dass ein Bewerber, der nicht in beiden Staatsprüfungen mindestens das Prädikat „vollbefriedigend“ erreicht hat, von vornherein keine Aussicht auf eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren gehabt hätte (a.A. offenbar OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.05.2008 - 2 A 10197/08 -; VG München, Urteil vom 12.03.2008 - M 18 K 07.1587 -). Denn die zwingende Mindestvorgabe für ein Auswahlverfahren muss verbindlich, nachvollziehbar dokumentiert und für die Bewerber erkennbar festgelegt sein (vgl. dazu auch BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Unzulässig und mit dem Bewerbungsverfahrensanspruch potenzieller Bewerber nicht vereinbar ist es dagegen, die Auswahlkriterien nachträglich dergestalt zu ändern, dass sich der Bewerberkreis erweitern würde, ohne dass mögliche Interessenten hiervon Kenntnis erhielten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.02.2007 - 2 BvR 2494/ 06 -, NVwZ 2007, 693).
32 
Dieses Ergebnis wird durch den Schutzzweck der öffentlichen Arbeitgebern in § 82 Satz 2 SGB IX auferlegten Verpflichtung der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bestätigt. Denn mit dem Anspruch auf Einladung zu einem Vorstellungsgespräch hat der Gesetzgeber den schwerbehinderten Bewerber im Auswahlverfahren bewusst besser gestellt als den nicht behinderten Konkurrenten, um ihm durch sein persönliches Auftreten die Gelegenheit zu geben, seine spezielle Befähigung für die ausgeschriebene Stelle unter Beweis zu stellen und den Arbeitgeber trotz anfänglicher Zweifel von der bestehenden Eignung im mündlichen Gespräch zu überzeugen (vgl. Neumann/Pahlen/ Majerski-Pahlen, Sozialgesetzbuch IX, 11. Aufl. 2005, § 82 Rdnr. 5; VG München, Urteil vom 12.03.2008 - M 18 K 07.1587 -). Nach der gesetzlichen Intention muss der öffentliche Arbeitgeber den schwerbehinderten Bewerber demnach selbst dann einladen und ihm ein Vorstellungsgespräch gewähren, wenn er sich aufgrund einer anhand der Bewerbungsunterlagen getroffenen Vorauswahl bereits die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Konkurrent nicht mehr in die nähere Auswahl einbezogen werden sollte (so BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Diese Pflicht besteht gemäß § 82 Satz 3 SGB IX nur dann nicht, wenn dem schwerbehinderten Menschen bereits die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, er also „ganz augenscheinlich“ für die ausgeschriebene Stelle nicht in Betracht kommen kann (vgl. LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 08.11.2005 - 5 Sa 277/05 -).
33 
Eine zu großzügige Handhabung des Merkmals offensichtlicher Nichteignung würde das gesetzgeberische Anliegen, die Chancen schwerbehinderter Bewerber im Verfahren zu verbessern, aber vereiteln. Dabei wird nicht verkannt, dass ein nur „formales“ Einstellungsgespräch zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben ohne ernsthafte Einstellungschancen durchaus demotivierende Wirkungen für den schwerbehinderten Arbeitssuchenden entfalten kann. Die Entscheidung über Sinn und Zweckmäßigkeit entsprechender Verfahrensvorkehrungen obliegt indes dem hierfür zuständigen Sachgesetzgeber.
34 
c) Mit der Tatsache, dass der Beklagte die Klägerin nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat, obwohl ihr die fachliche Eignung für die angestrebte Einstellung nicht offensichtlich fehlt, sind damit Indizien dargelegt, die eine Benachteiligung wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft vermuten lassen. Um der Annahme eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot zu entgehen, muss der Beklagte daher gemäß § 22 AMG den Beweis erbringen, dass ausschließlich sachliche, nicht auf die Behinderung bezogene Gründe maßgeblich für die Auswahlentscheidung waren (vgl. BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Diesen Beweis hat der Beklagte vorliegend erbracht.
35 
Ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten für die Jahre 2006 und 2007 betrug die schlechteste Note in der laufbahnbefähigenden Zweiten Staatsprüfung, die noch für eine Einstellung berücksichtigt werden konnte, 8,21 Punkte. Von diesem „Grenzrang“ liegen die von der Klägerin erzielten 6,78 Punkte im Zweiten Staatsexamen deutlich entfernt. Auch bei Berücksichtigung der Ergebnisse im Ersten Staatsexamen ergibt sich keine andere Beurteilung. Zwar lag hier die niedrigste noch zur Einstellung führende Punktzahl bei 7,53 und damit sogar geringfügig schlechter als die von der Klägerin erzielten 7,56 Punkte. In diesem Falle waren im Zweiten Staatsexamen jedoch 10,14 Punkte erzielt worden, sodass auch hier die Einschätzung einer insgesamt deutlich höheren Eignung gerechtfertigt ist. Gleiches gilt für die vier weiteren Fälle, in denen die im Ersten Staatsexamen erzielte Punktzahl unter acht Punkten betrug, denn insoweit waren in der Zweiten juristischen Staatsprüfung jeweils mindestens neun Punkte erreicht worden. Tatsächlich ist zum fraglichen Einstellungszeitpunkt daher kein Bewerber berücksichtigt worden, der nicht mindestens in einer Staatsprüfung die Gesamtnote „vollbefriedigend“ erzielt hatte. Es kann daher mit Sicherheit festgestellt werden, dass ein nicht behinderter Bewerber mit vergleichbaren Examensnoten wie die Klägerin mit einer Bewerbung nicht zum Zuge gekommen wäre. Die Nichteinstellung der Klägerin beruht daher ausschließlich auf der Tatsache, dass die von ihr erzielten Examensnoten den Anforderungen des Beklagten zum fraglichen Einstellungstermin nicht genügten. Eine - gegebenenfalls auch nur anteilige - Benachteiligung wegen ihrer Behinderung scheidet damit aus.
36 
Die maßgebliche Bezugnahme auf die in den juristischen Staatsprüfungen erzielten Ergebnisse entspricht auch den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG und ist nicht zu beanstanden. Da bei einem Berufsanfänger fachliche Leistungen im engeren Sinne noch nicht vorliegen können, ist es zulässig und regelmäßig auch geboten, die Eignungsbeurteilung auf die Leistungen zu stützen, die der Bewerber im Rahmen seiner Ausbildung erbracht hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.02.2006 - 2 PKH 3/05 -). Den in den juristischen Staatsprüfungen abgelegten Befähigungsnachweisen kommt daher für die Einstellung in den Justizdienst ausschlaggebende Bedeutung zu.
37 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Behinderung der Klägerin. Vielmehr schreibt Art. 33 Abs. 2 GG den Bestenauslesegrundsatz im Interesse der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes verfassungsunmittelbar und zwingend vor. Diese Vorgabe kann auch nicht im Hinblick auf die Förderung schwerbehinderter Menschen durchbrochen werden (vgl. nunmehr ausdrücklich § 9 BeamtStG); eine derartig weitreichende Förderung schwerbehinderter Menschen sieht das geltende Recht nicht vor. Soweit die Klägerin insoweit vorträgt, ihre Beeinträchtigung sei im Rahmen der Zweiten juristischen Staatsprüfung trotz einer Verlängerung der Bearbeitungszeit um 30 Minuten pro Klausur und der gewährten Verwendung einer Spracherkennungssoftware nicht hinreichend beachtet worden, kann sie hiermit im vorliegenden Verfahren nicht gehört werden. Denn die Frage ob und gegebenenfalls welche Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der schriftlichen Prüfung zur Kompensation einer Behinderung gewährt werden, ist gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 13 Abs. 7 JAPrO ein eigenständiges und isoliert rechtsschutzfähiges Verfahren. Erachtete die Klägerin die ihr gewährten Prüfungserleichterungen daher als nicht ausreichend, so hätte sie die hierfür gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten beschreiten müssen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 26.08.1993 - 9 S 2023/93 -, NVwZ 1994, 598).
38 
Der Beklagte hat damit zwar gegen die ihm in § 82 Satz 2 SGB IX auferlegte Pflicht, die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, verstoßen. Er hat jedoch im Berufungsverfahren die damit begründete Vermutung der Benachteiligung im Bewerbungsverfahren aufgrund der Behinderung entkräftet und vollen Beweis dafür erbracht, dass die Nichteinstellung der Klägerin ausschließlich auf sachlichen Erwägungen beruhte. Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG liegen damit nicht vor.
39 
Angesichts dieses Nachweises kommt es auf die Frage, ob die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung vorliegend rechtzeitig erfolgt ist, nicht mehr an.
40 
d) Die Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 82 Satz 2 SGB IX allein löst keinen Entschädigungsanspruch aus.
41 
Zwar kann möglicherweise auch in dem Unterlassen angemessener Vorkehrungen zugunsten behinderter Menschen eine eigenständige Form der Benachteiligung gesehen werden, denn die Verfahrensvorschriften zur Förderung schwerbehinderter Menschen dienen gerade dem Ausgleich bestehender Nachteile. An die Verletzung dieser Verfahrensvorschrift knüpft § 15 Abs. 2 AGG indes die Zahlung der Entschädigungsleistung nicht an.
42 
Diese Rechtslage war unter Geltung des § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX a.F. geklärt (vgl. Senatsbeschluss vom 21.09.2005 - 9 S 1357/05 -, NJW 2006, 538). Denn Bezugspunkt der Entschädigungsregelung war hier ausdrücklich die in Nr. 1 geregelte Begründung des Beschäftigungsverhältnisses. Dementsprechend war Anknüpfungspunkt der in § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB IX a.F. vorgenommenen Differenzierung des limitierten Entschädigungsanspruches ebenfalls die Frage, ob der Bewerber im Falle benachteiligungsfreier Auswahl eingestellt worden wäre. Die Entschädigungsregelung enthielt damit zwar insoweit eine Erleichterung, als es auf die Kausalität der Benachteiligung für die unterbliebene Einstellung nur hinsichtlich der Höhe der Entschädigungszahlung ankam und eine Reduzierung des Auswahlermessens auf Null daher nicht nachgewiesen werden musste (vgl. BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262; LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 08.11.2005 - 5 Sa 277/05 -). Diese Erweiterung bedeutete jedoch nicht, dass bereits ein Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift tatbestandsbegründend für die Entschädigungszahlung gewesen wäre. Vielmehr blieb dem öffentlichen Arbeitgeber die Möglichkeit, die Indizwirkung der unterbliebenen Einladung zum Vorstellungsgespräch zu entkräften und den Nachweis zu führen, dass die Nichteinstellung des schwerbehinderten Menschen ausschließlich aus sachlichen Gründen erfolgte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.02.2008 - 5 B 209/07 -, Buchholz 436.61 § 81 SGB IX Nr. 1).
43 
An dieser Rechtslage hat die Überführung des Entschädigungsanspruchs aus § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX a.F. in § 15 Abs. 2 AGG nichts geändert (vgl. Bay.VGH, Beschluss v. 20.10.2008 - 3 ZB 07.2179 -; BAG, Urteil vom 03.04.2007 - 9 AZR 823/06 -, BAGE 122, 54; LAG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.2008 - 4 Sa 1077/07 -). Bezugspunkt der Entschädigungszahlung bleibt auch insoweit der in § 15 Abs. 1 AGG benannte Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot, der sich ausweislich der Bestimmung des Anwendungsbereichs in § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG auf den Berufszugang bezieht.
44 
Allein der Verstoß gegen die Verpflichtung zur Durchführung eines Vorstellungsgesprächs löst den Entschädigungsanspruch damit nicht aus; diese Rechtsfolge ergibt sich nach dem gesetzlichen Regelungsgefüge vielmehr erst dann, wenn die durch den Verstoß begründete Indizwirkung einer Benachteiligung nicht entkräftet werden kann.
45 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO in Angelegenheiten der Schwerbehindertenfürsorge nicht erhoben.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.

Gründe

 
13 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und ordnungsgemäß erhobene Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Zwar trägt die Berufung auf das geforderte Anforderungsprofil die Einschätzung einer „offensichtlich“ fehlenden fachlichen Eignung nicht. Dem Beklagten ist aber der Nachweis gelungen, dass die Nichteinstellung der Klägerin nicht auf einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot schwerbehinderter Menschen beruht.
14 
1. Die von der Klägerin erhobene Klage ist zulässig.
15 
Die Klägerin begehrt die Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Geld wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot behinderter Menschen im Rahmen ihrer Bewerbung für eine Stelle im höheren Justizdienst des beklagten Landes. Sachlicher Anknüpfungspunkt ist daher das Stellenbesetzungsverfahren, für das gemäß § 71 Abs. 3 DRiG i.V.m. § 126 Abs. 1 BRRG (jetzt § 54 Abs. 1 BeamtStG) der Verwaltungsrechtweg gegeben war. Diese Rechtswegzuweisung gilt umfassend und erfasst daher auch Schadensersatzansprüche wegen unterbliebener Einstellung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 22.02.1996 - 2 C 12/94 -, BVerwGE 100, 280) sowie den vorliegend geltend gemachten Entschädigungsanspruch (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.06.2007 - 2 F 10596/07 -, NVwZ 2007, 1099). Unabhängig hiervon findet gemäß § 17a Abs. 5 GVG im Rahmen des Berufungsverfahrens eine Prüfung des beschrittenen Rechtsweges auch nicht statt.
16 
Statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage, weil das Entschädigungsbegehren eine vorherige Behördenentscheidung gerade in der Form des Verwaltungsakts nicht voraussetzt. Gemäß § 71 Abs. 3 DRiG i.V.m. § 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG (jetzt § 54 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG) bedarf es indes nicht nur für Anfechtungs- und Verpflichtungsstreitverfahren, sondern bei sämtlichen auf ein Beamtenverhältnis bezogenen Klagen der Durchführung eines Vorverfahrens nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.06.2001 - 2 C 48/00 -, BVerwGE 114, 350), das die Klägerin vorliegend nicht beschritten hat. Ob diese Anforderung auch auf den Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14.08.2006 (BGBl. I S. 1897 - AGG -) erstreckt werden kann, erscheint aber fraglich. Denn das die besondere Verfahrensanordnung in § 126 Abs. 3 BRRG tragende Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn liegt hier gerade nicht vor. Die Frage kann im Ergebnis aber offen bleiben, weil die Klage auch bei unterstellter Anwendbarkeit des 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG als Untätigkeitsklage zulässig ist. Zwar lagen die in § 75 VwGO benannten Voraussetzungen im Zeitpunkt der Klageerhebung vom 24.04.2007 nicht vor: Seit dem Zugang ihres Antrags auf Zahlung einer Entschädigung vom 31.03.2007 waren die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehenen drei Monate offenkundig nicht verstrichen. Die damit zunächst unzulässig erhobene Klage ist indes durch den bis zum Erlass des Sachurteils eingetretenen Zeitablauf zulässig geworden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1994 - 5 C 24/92 -, BVerwGE 95, 149).
17 
Auch das Fehlen eines bezifferten Geldbetrages steht der Zulässigkeit nicht entgegen, denn die Anspruchsgrundlage aus § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 15 Abs. 2 AGG sieht eine „angemessene“ Entschädigung in Geld vor und macht die Bestimmung des festzusetzenden Betrages damit vom billigen Ermessen des erkennenden Gerichts abhängig. Mit der Bezugnahme auf die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG benannte Obergrenze von drei Monatsgehältern hat die Klägerin - die ihr Einstellungsbegehren nicht weiter verfolgt - auch deutlich gemacht, dass sie nur diesen limitierten Entschädigungsanspruch geltend macht (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 21.09.2005 - 9 S 1357/05 -, NJW 2006, 538) und die Tatsachengrundlage für die Höhenbestimmung des Gerichts benannt. Der Klagantrag ist daher auch ohne ausdrückliche Bezifferung hinreichend bestimmt (vgl. BAG, Urteil vom 15.02.2005 - 9 AZR 635/03 -, BAGE 113, 361).
18 
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht der innerhalb der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung schwerbehinderter Menschen nicht zu.
19 
Nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX i.V.m. §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 1 AGG dürfen schwerbehinderte Menschen - ebenso wie diesen von Rechts wegen Gleichgestellte - nicht wegen ihrer Behinderung bei einer Einstellung benachteiligt werden (vgl. dazu auch Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG). Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot kann der schwerbehinderte Bewerber nach § 15 Abs. 2 AGG eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, die gemäß Satz 2 der Vorschrift drei Monatsgehälter nicht übersteigen darf, wenn er auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Die Voraussetzungen dieses von der Klägerin geltend gemachten limitierten Entschädigungsanspruches liegen jedoch nicht vor. Denn die - für die Klägerin negative - Auswahlentscheidung des Beklagten erfolgte nicht wegen ihrer Behinderung.
20 
a) Allerdings erscheint zweifelhaft, ob der Beklagte, der als „öffentlicher Arbeitgeber“ den Bindungen des § 82 SGB IX unterliegt, davon absehen durfte, die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Denn eine Einladung ist gemäß § 82 Satz 3 SGB IX nur entbehrlich, „wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt“.
21 
Die Entscheidung über die von der Klägerin begehrte Einstellung in den Richterdienst des beklagten Landes als Richterin auf Probe (vgl. § 12 Abs. 1 DRiG) ist gemäß § 8 LRiG i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 LBG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen (vgl. § 7 BRRG, jetzt § 9 BeamtStG). Diese Kriterien sind durch den verfassungskräftigen Grundsatz der Bestenauslese in Art. 33 Abs. 2 GG abschließend und vorbehaltlos vorgegeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.10.2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. -, NVwZ 2008, 69). Damit sind zwar die Auswahlkriterien zwingend bestimmt, nicht geregelt ist indes, auf welchen Bezugspunkt diese Maßstäbe zu beziehen sind.
22 
Diese Aufgabe kommt dem „Anforderungsprofil“ zu, das als Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv die Kriterien bestimmt, die der künftige Inhaber erfüllen muss (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.06.2005 - 4 S 838/05 -, NVwZ-RR 2006, 185).
23 
Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet grundsätzlich der Dienstherr nach seinen organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Erst aus diesem Zuschnitt des zu vergebenden Amtes oder Dienstpostens werden daher die Anforderungen bestimmt, an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind. Mit der Bestimmung eines „Anforderungsprofils“ für die zu vergebende Stelle legt der Dienstherr daher gleichzeitig die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest, an ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.10.2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. -; NVwZ 2008, 69; BVerwG, Urteil vom 16.08.2001 - 2 A 3/00 -, BVerwGE 115, 58).
24 
Die Nichteinhaltung der mit dem Anforderungsprofil vorgegebenen Kriterien ist daher - wie vom Beklagten vorgetragen - grundsätzlich geeignet, die offensichtlich fehlende Eignung eines Bewerbers zu begründen. Dementsprechend hat es das Bundesverwaltungsgericht auch gebilligt, dass über die Eignung der Bewerber in einem „gestuften Auswahlverfahren“ befunden wird, bei dem zunächst diejenigen Bewerber unberücksichtigt bleiben, die dem Anforderungsprofil von vornherein nicht genügen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.04.2006 - 2 VR 2/05 -). Leistungsbezogene Mindestvoraussetzungen sind dabei grundsätzlich auch nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.09.2007 - 2 BvR 1972/07 -, ZBR 2008, 167).
25 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin dem Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle von vornherein nicht entspricht. Denn dieses enthält die Festlegung auf (regelmäßig) zwei mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ abgelegte Staatsprüfungen nicht.
26 
Das maßgebliche Anforderungsprofil für die von der Klägerin begehrte Einstellung in den höheren Justizdienst des Landes ergibt sich - auch nach Auffassung des Beklagten - aus Anlage 3 zur Beurteilungsrichtlinie für Richter und Staatsanwälte vom 16.04.2002 (Amtsblatt „Die Justiz“ S. 209). Dort werden die persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften, „die ein Stelleninhaber im Idealfall mitbringen soll“, konkretisiert und festgelegt (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.2007 - 4 S 1163/07 -). Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin dem so festgelegten Anforderungsprofil von vornherein nicht genügt, liegen indes nicht vor. Denn eine Festlegung auf ein bestimmtes Ergebnis in den juristischen Staatsprüfungen findet sich dort nicht. Erforderlich sind hinsichtlich der mit den Staatsprüfungen nachgewiesenen Fachkompetenz lediglich „umfassende Rechtskenntnisse“. Diese werden jedoch grundsätzlich auch mit den von der Klägerin mit der Gesamtnote „befriedigend“ abgelegten Staatsexamina belegt. Denn nach § 5 Abs. 1 DRiG ist Voraussetzung für den Nachweis der fachlichen Eignung nur der erfolgreiche Abschluss der Ersten und Zweiten juristischen Staatsprüfung.
27 
Die Richtigkeit dieser Einschätzung ergibt sich auch aus der reziproken Kontrollerwägung: denn träfe die Auffassung des Beklagten zu, wäre er daran gehindert, Bewerber, die nicht das geforderte Prädikat erzielt haben, in den höheren Justizdienst einzustellen. An das von ihm entwickelte Anforderungsprofil und die darin liegende vorentscheidende Gestaltung der Auswahlkriterien ist der Dienstherr im laufenden Auswahlverfahren gebunden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.02.2007 - 2 BvR 2494/06 -, NVwZ 2007, 693; BVerwG, Beschluss vom 25.04.2007 - 1 WB 31/06 -, BVerwGE 128, 329; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.2007 - 4 S 1163/07 -). Grundsätzlich kann daher für die Stellenbesetzung nur ein Bewerber zum Zuge kommen, der alle Kriterien des Anforderungsprofils erfüllt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.08.2005 - 2 B 6/05 -; OVG Bremen, Beschluss vom 28.01.2009 - 2 B 479/08 -, NordÖR 2009, 213). Erst wenn mehrere Bewerber allen Kriterien eines Anforderungsprofils gerecht werden, bleibt Raum für eine bewertende Abstufung der jeweiligen Qualifikation. Handelte es sich bei der vom Beklagten vorgetragenen Notenstufe daher um ein zwingend vorgegebenes Kriterium des Anforderungsprofils, so wären Bewerber, die diesem Maßstab nicht genügen, für die zu vergebende Stelle nicht geeignet. Diese Folge zieht indes auch das beklagte Land selbst nicht: ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten für die Jahre 2006 und 2007 haben vielmehr 44 der 191 übernommenen Bewerber die benannte Vorgabe nicht erfüllt. Angesichts einer tatsächlichen Abweichungsquote von über 23 % vom vorgetragenen Auswahlkriterium zweier mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ abgelegter Staatsexamina kann aber offenkundig nicht von dem zwingend vorgegebenen Merkmal eines Anforderungsprofils ausgegangen werden.
28 
b) Fraglich erscheint auch, ob im Hinblick auf die tatsächliche Einstellungspraxis von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch abgesehen werden konnte.
29 
Denn die für eine Einstellung in der Praxis erforderlichen Punktzahlen stehen in Abhängigkeit von dem konkreten Bewerberfeld und lassen sich daher jeweils erst im Nachhinein bestimmen. Dementsprechend weist der Beklagte in seiner Werbebroschüre „Qualifizierte Juristinnen und Juristen gesucht!“ darauf hin: „Da sich die Einstellungsvoraussetzungen aber kurzfristig ändern können, raten wir ihnen ab einer Punktzahl von mindestens 8,0 Punkten in jedem der beiden Examina zur Bewerbung“. Ein striktes Anforderungsprofil, das jedenfalls in der Einstellungspraxis nicht unterschritten werden würde, liegt im Übrigen auch insoweit nicht vor: Immerhin fünf der in den Jahren 2006 und 2007 erfolgten Einstellungen wiesen in einer Staatsprüfung weniger als acht Punkte auf und unterschritten damit auch die in der benannten Werbebroschüre benannten Grenzen.
30 
Tatsächlich eingehalten worden ist im maßgeblichen Zeitraum ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten indes das Kriterium, dass mindestens eine der Staatsprüfungen mit der Note „vollbefriedigend“ abgelegt wurde. Diese Anforderung ist aber weder Bestandteil des normativ festgelegten Anforderungsprofils noch entspricht sie den offiziellen Verlautbarungen des Beklagten. In der bereits benannten Werbebroschüre wird vielmehr bereits ab einer Punktzahl von mindestens 8,0 Punkten in jedem der beiden Examina zur Bewerbung geraten; die zwingende Anforderung jedenfalls eines „vollbefriedigenden“ Abschlusses wird damit gerade nicht aufgestellt.
31 
Angesichts des Fehlens vorhersehbarer und in der tatsächlichen Verwaltungspraxis strikt geübter Kriterien kann damit nicht davon ausgegangen werden, dass ein Bewerber, der nicht in beiden Staatsprüfungen mindestens das Prädikat „vollbefriedigend“ erreicht hat, von vornherein keine Aussicht auf eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren gehabt hätte (a.A. offenbar OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.05.2008 - 2 A 10197/08 -; VG München, Urteil vom 12.03.2008 - M 18 K 07.1587 -). Denn die zwingende Mindestvorgabe für ein Auswahlverfahren muss verbindlich, nachvollziehbar dokumentiert und für die Bewerber erkennbar festgelegt sein (vgl. dazu auch BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Unzulässig und mit dem Bewerbungsverfahrensanspruch potenzieller Bewerber nicht vereinbar ist es dagegen, die Auswahlkriterien nachträglich dergestalt zu ändern, dass sich der Bewerberkreis erweitern würde, ohne dass mögliche Interessenten hiervon Kenntnis erhielten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.02.2007 - 2 BvR 2494/ 06 -, NVwZ 2007, 693).
32 
Dieses Ergebnis wird durch den Schutzzweck der öffentlichen Arbeitgebern in § 82 Satz 2 SGB IX auferlegten Verpflichtung der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bestätigt. Denn mit dem Anspruch auf Einladung zu einem Vorstellungsgespräch hat der Gesetzgeber den schwerbehinderten Bewerber im Auswahlverfahren bewusst besser gestellt als den nicht behinderten Konkurrenten, um ihm durch sein persönliches Auftreten die Gelegenheit zu geben, seine spezielle Befähigung für die ausgeschriebene Stelle unter Beweis zu stellen und den Arbeitgeber trotz anfänglicher Zweifel von der bestehenden Eignung im mündlichen Gespräch zu überzeugen (vgl. Neumann/Pahlen/ Majerski-Pahlen, Sozialgesetzbuch IX, 11. Aufl. 2005, § 82 Rdnr. 5; VG München, Urteil vom 12.03.2008 - M 18 K 07.1587 -). Nach der gesetzlichen Intention muss der öffentliche Arbeitgeber den schwerbehinderten Bewerber demnach selbst dann einladen und ihm ein Vorstellungsgespräch gewähren, wenn er sich aufgrund einer anhand der Bewerbungsunterlagen getroffenen Vorauswahl bereits die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Konkurrent nicht mehr in die nähere Auswahl einbezogen werden sollte (so BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Diese Pflicht besteht gemäß § 82 Satz 3 SGB IX nur dann nicht, wenn dem schwerbehinderten Menschen bereits die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, er also „ganz augenscheinlich“ für die ausgeschriebene Stelle nicht in Betracht kommen kann (vgl. LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 08.11.2005 - 5 Sa 277/05 -).
33 
Eine zu großzügige Handhabung des Merkmals offensichtlicher Nichteignung würde das gesetzgeberische Anliegen, die Chancen schwerbehinderter Bewerber im Verfahren zu verbessern, aber vereiteln. Dabei wird nicht verkannt, dass ein nur „formales“ Einstellungsgespräch zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben ohne ernsthafte Einstellungschancen durchaus demotivierende Wirkungen für den schwerbehinderten Arbeitssuchenden entfalten kann. Die Entscheidung über Sinn und Zweckmäßigkeit entsprechender Verfahrensvorkehrungen obliegt indes dem hierfür zuständigen Sachgesetzgeber.
34 
c) Mit der Tatsache, dass der Beklagte die Klägerin nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat, obwohl ihr die fachliche Eignung für die angestrebte Einstellung nicht offensichtlich fehlt, sind damit Indizien dargelegt, die eine Benachteiligung wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft vermuten lassen. Um der Annahme eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot zu entgehen, muss der Beklagte daher gemäß § 22 AMG den Beweis erbringen, dass ausschließlich sachliche, nicht auf die Behinderung bezogene Gründe maßgeblich für die Auswahlentscheidung waren (vgl. BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Diesen Beweis hat der Beklagte vorliegend erbracht.
35 
Ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten für die Jahre 2006 und 2007 betrug die schlechteste Note in der laufbahnbefähigenden Zweiten Staatsprüfung, die noch für eine Einstellung berücksichtigt werden konnte, 8,21 Punkte. Von diesem „Grenzrang“ liegen die von der Klägerin erzielten 6,78 Punkte im Zweiten Staatsexamen deutlich entfernt. Auch bei Berücksichtigung der Ergebnisse im Ersten Staatsexamen ergibt sich keine andere Beurteilung. Zwar lag hier die niedrigste noch zur Einstellung führende Punktzahl bei 7,53 und damit sogar geringfügig schlechter als die von der Klägerin erzielten 7,56 Punkte. In diesem Falle waren im Zweiten Staatsexamen jedoch 10,14 Punkte erzielt worden, sodass auch hier die Einschätzung einer insgesamt deutlich höheren Eignung gerechtfertigt ist. Gleiches gilt für die vier weiteren Fälle, in denen die im Ersten Staatsexamen erzielte Punktzahl unter acht Punkten betrug, denn insoweit waren in der Zweiten juristischen Staatsprüfung jeweils mindestens neun Punkte erreicht worden. Tatsächlich ist zum fraglichen Einstellungszeitpunkt daher kein Bewerber berücksichtigt worden, der nicht mindestens in einer Staatsprüfung die Gesamtnote „vollbefriedigend“ erzielt hatte. Es kann daher mit Sicherheit festgestellt werden, dass ein nicht behinderter Bewerber mit vergleichbaren Examensnoten wie die Klägerin mit einer Bewerbung nicht zum Zuge gekommen wäre. Die Nichteinstellung der Klägerin beruht daher ausschließlich auf der Tatsache, dass die von ihr erzielten Examensnoten den Anforderungen des Beklagten zum fraglichen Einstellungstermin nicht genügten. Eine - gegebenenfalls auch nur anteilige - Benachteiligung wegen ihrer Behinderung scheidet damit aus.
36 
Die maßgebliche Bezugnahme auf die in den juristischen Staatsprüfungen erzielten Ergebnisse entspricht auch den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG und ist nicht zu beanstanden. Da bei einem Berufsanfänger fachliche Leistungen im engeren Sinne noch nicht vorliegen können, ist es zulässig und regelmäßig auch geboten, die Eignungsbeurteilung auf die Leistungen zu stützen, die der Bewerber im Rahmen seiner Ausbildung erbracht hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.02.2006 - 2 PKH 3/05 -). Den in den juristischen Staatsprüfungen abgelegten Befähigungsnachweisen kommt daher für die Einstellung in den Justizdienst ausschlaggebende Bedeutung zu.
37 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Behinderung der Klägerin. Vielmehr schreibt Art. 33 Abs. 2 GG den Bestenauslesegrundsatz im Interesse der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes verfassungsunmittelbar und zwingend vor. Diese Vorgabe kann auch nicht im Hinblick auf die Förderung schwerbehinderter Menschen durchbrochen werden (vgl. nunmehr ausdrücklich § 9 BeamtStG); eine derartig weitreichende Förderung schwerbehinderter Menschen sieht das geltende Recht nicht vor. Soweit die Klägerin insoweit vorträgt, ihre Beeinträchtigung sei im Rahmen der Zweiten juristischen Staatsprüfung trotz einer Verlängerung der Bearbeitungszeit um 30 Minuten pro Klausur und der gewährten Verwendung einer Spracherkennungssoftware nicht hinreichend beachtet worden, kann sie hiermit im vorliegenden Verfahren nicht gehört werden. Denn die Frage ob und gegebenenfalls welche Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der schriftlichen Prüfung zur Kompensation einer Behinderung gewährt werden, ist gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 13 Abs. 7 JAPrO ein eigenständiges und isoliert rechtsschutzfähiges Verfahren. Erachtete die Klägerin die ihr gewährten Prüfungserleichterungen daher als nicht ausreichend, so hätte sie die hierfür gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten beschreiten müssen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 26.08.1993 - 9 S 2023/93 -, NVwZ 1994, 598).
38 
Der Beklagte hat damit zwar gegen die ihm in § 82 Satz 2 SGB IX auferlegte Pflicht, die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, verstoßen. Er hat jedoch im Berufungsverfahren die damit begründete Vermutung der Benachteiligung im Bewerbungsverfahren aufgrund der Behinderung entkräftet und vollen Beweis dafür erbracht, dass die Nichteinstellung der Klägerin ausschließlich auf sachlichen Erwägungen beruhte. Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG liegen damit nicht vor.
39 
Angesichts dieses Nachweises kommt es auf die Frage, ob die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung vorliegend rechtzeitig erfolgt ist, nicht mehr an.
40 
d) Die Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 82 Satz 2 SGB IX allein löst keinen Entschädigungsanspruch aus.
41 
Zwar kann möglicherweise auch in dem Unterlassen angemessener Vorkehrungen zugunsten behinderter Menschen eine eigenständige Form der Benachteiligung gesehen werden, denn die Verfahrensvorschriften zur Förderung schwerbehinderter Menschen dienen gerade dem Ausgleich bestehender Nachteile. An die Verletzung dieser Verfahrensvorschrift knüpft § 15 Abs. 2 AGG indes die Zahlung der Entschädigungsleistung nicht an.
42 
Diese Rechtslage war unter Geltung des § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX a.F. geklärt (vgl. Senatsbeschluss vom 21.09.2005 - 9 S 1357/05 -, NJW 2006, 538). Denn Bezugspunkt der Entschädigungsregelung war hier ausdrücklich die in Nr. 1 geregelte Begründung des Beschäftigungsverhältnisses. Dementsprechend war Anknüpfungspunkt der in § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB IX a.F. vorgenommenen Differenzierung des limitierten Entschädigungsanspruches ebenfalls die Frage, ob der Bewerber im Falle benachteiligungsfreier Auswahl eingestellt worden wäre. Die Entschädigungsregelung enthielt damit zwar insoweit eine Erleichterung, als es auf die Kausalität der Benachteiligung für die unterbliebene Einstellung nur hinsichtlich der Höhe der Entschädigungszahlung ankam und eine Reduzierung des Auswahlermessens auf Null daher nicht nachgewiesen werden musste (vgl. BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262; LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 08.11.2005 - 5 Sa 277/05 -). Diese Erweiterung bedeutete jedoch nicht, dass bereits ein Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift tatbestandsbegründend für die Entschädigungszahlung gewesen wäre. Vielmehr blieb dem öffentlichen Arbeitgeber die Möglichkeit, die Indizwirkung der unterbliebenen Einladung zum Vorstellungsgespräch zu entkräften und den Nachweis zu führen, dass die Nichteinstellung des schwerbehinderten Menschen ausschließlich aus sachlichen Gründen erfolgte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.02.2008 - 5 B 209/07 -, Buchholz 436.61 § 81 SGB IX Nr. 1).
43 
An dieser Rechtslage hat die Überführung des Entschädigungsanspruchs aus § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX a.F. in § 15 Abs. 2 AGG nichts geändert (vgl. Bay.VGH, Beschluss v. 20.10.2008 - 3 ZB 07.2179 -; BAG, Urteil vom 03.04.2007 - 9 AZR 823/06 -, BAGE 122, 54; LAG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.2008 - 4 Sa 1077/07 -). Bezugspunkt der Entschädigungszahlung bleibt auch insoweit der in § 15 Abs. 1 AGG benannte Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot, der sich ausweislich der Bestimmung des Anwendungsbereichs in § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG auf den Berufszugang bezieht.
44 
Allein der Verstoß gegen die Verpflichtung zur Durchführung eines Vorstellungsgesprächs löst den Entschädigungsanspruch damit nicht aus; diese Rechtsfolge ergibt sich nach dem gesetzlichen Regelungsgefüge vielmehr erst dann, wenn die durch den Verstoß begründete Indizwirkung einer Benachteiligung nicht entkräftet werden kann.
45 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO in Angelegenheiten der Schwerbehindertenfürsorge nicht erhoben.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.

(1) Für alle Klagen der Beamtinnen, Beamten, Ruhestandsbeamtinnen, Ruhestandsbeamten, früheren Beamtinnen, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis sowie für Klagen des Dienstherrn ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(2) Vor allen Klagen ist ein Vorverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen. Dies gilt auch dann, wenn die Maßnahme von der obersten Dienstbehörde getroffen worden ist. Ein Vorverfahren ist nicht erforderlich, wenn ein Landesgesetz dieses ausdrücklich bestimmt.

(3) Den Widerspruchsbescheid erlässt die oberste Dienstbehörde. Sie kann die Entscheidung für Fälle, in denen sie die Maßnahme nicht selbst getroffen hat, durch allgemeine Anordnung auf andere Behörden übertragen. Die Anordnung ist zu veröffentlichen.

(4) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Abordnung oder Versetzung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Für alle Klagen der Beamtinnen, Beamten, Ruhestandsbeamtinnen, Ruhestandsbeamten, früheren Beamtinnen, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis sowie für Klagen des Dienstherrn ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(2) Vor allen Klagen ist ein Vorverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen. Dies gilt auch dann, wenn die Maßnahme von der obersten Dienstbehörde getroffen worden ist. Ein Vorverfahren ist nicht erforderlich, wenn ein Landesgesetz dieses ausdrücklich bestimmt.

(3) Den Widerspruchsbescheid erlässt die oberste Dienstbehörde. Sie kann die Entscheidung für Fälle, in denen sie die Maßnahme nicht selbst getroffen hat, durch allgemeine Anordnung auf andere Behörden übertragen. Die Anordnung ist zu veröffentlichen.

(4) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Abordnung oder Versetzung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2008 - 2 K 3727/07 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Entschädigung wegen behaupteten Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot für Schwerbehinderte im Rahmen ihrer Bewerbung um eine Stelle im Richterdienst des beklagten Landes. Der Rechtsstreit betrifft die Frage, unter welchen Voraussetzungen von einer „offensichtlich“ fehlenden Eignung ausgegangen werden kann, bei der die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch gemäß § 82 Satz 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch vom 19.06.2001 (BGBl. S. 1046 - SGB IX -) entbehrlich ist.
Die Klägerin ist durch Bescheid der Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit R. - vom 29.01.2007 aufgrund einer Verletzung an der rechten Hand einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden. Sie hat die juristischen Staatsprüfungen in Baden-Württemberg abgelegt und jeweils mit der Gesamtnote „befriedigend“ bestanden: Im Ersten Staatsexamen erzielte sie dabei 7,56 Punkte und im Zweiten Staatsexamen 6,78 Punkte. Die mit Schriftsatz vom 22.02.2007 eingereichte Bewerbung um die Einstellung in den höheren Justizdienst des Landes blieb jedoch erfolglos. Zur Begründung teilte der Beklagte mit, auch in Ansehung der Schwerbehindertengleichstellung könne die Bewerbung keine Berücksichtigung finden, weil die Klägerin das Anforderungsprofil für die angestrebte Tätigkeit im höheren Justizdienst nicht erfülle. Dieses sehe deutlich überdurchschnittliche Prüfungsergebnisse in beiden juristischen Staatsprüfungen als Grundanforderung vor, was nach ständiger Verwaltungspraxis im Regelfall zwei jeweils mindestens mit der Note „vollbefriedigend“ abgeschlossene Staatsprüfungen voraussetze. Weil sie diese Eignungshürde nicht überschritten habe und die fachliche Eignung damit offensichtlich fehle, könne die Klägerin auch nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Das Ablehnungsschreiben wurde der Schwerbehindertenvertretung zusammen mit dem Bewerbungsbogen der Klägerin nachrichtlich zur Kenntnisnahme übersandt.
Mit Schriftsatz vom 31.03.2007 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 12.557,10 EUR bis spätestens 16.04.2007 auf. Angesichts der Nichtgewährung eines Vorstellungsgespräches bestehe ein Entschädigungsanspruch aus § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB IX in Höhe von drei Monatsverdiensten. Nach Ablauf dieser Frist hat die Klägerin am 24.04.2007 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, den Beklagten zur Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Entschädigungsleistung nebst Zinsen zu verurteilen. Sowohl die Missachtung der für öffentliche Arbeitgeber normierten Einladungspflicht schwerbehinderter Bewerber als auch die unterlassene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung im Vorfeld der Entscheidung begründe die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne von einer offensichtlichen Nichteignung angesichts der abgelegten juristischen Staatsprüfungen nicht ausgegangen werden. Dies gelte in besonderer Weise für die primär angestrebte Tätigkeit in der Arbeitsgerichtsbarkeit, weil die Klägerin im Arbeitsrecht in allen Prüfungsabschnitten deutlich überdurchschnittliche Ergebnisse erzielt habe (12 Punkte im Ersten Staatsexamen, 11 Punkte im Zweiten Staatsexamen sowie 15 Punkte in der Wahlstation). Im Übrigen hätte sie ohne ihre Erkrankung und die damit verbundenen Schmerzen und Schmerzmitteleinnahmen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine deutlich bessere Note erzielt.
Das beklagte Land hat Klagabweisung beantragt und ausgeführt, die Klage sei mangels Durchführung eines Vorverfahrens bereits unzulässig. Im Übrigen liege eine Diskriminierung der Klägerin nicht vor, weil die zu Ungunsten der Klägerin getroffene Personalentscheidung ausschließlich darauf beruhe, dass die Klägerin die sehr hohen Leistungsanforderungen für eine Einstellung in den höheren Justizdienst des Landes nicht erfülle. Die Behauptung der Klägerin, ohne ihre Erkrankung hätte sie eine deutlich bessere Note im Zweiten Staatsexamen erzielt, sei durch nichts belegt. Tatsächlich habe sie auch im Ersten Staatsexamen und damit vor ihrer Verletzung nur eine unwesentlich bessere Gesamtnote erreicht.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.01.2008 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, trotz Fehlen eines Vorverfahrens erweise sich die Klage gemäß § 75 VwGO als zulässig. Die Klage sei aber unbegründet, weil ein Anspruch auf die begehrte Entschädigungszahlung nicht bestehe. Angesichts des vom Beklagten im Regelfall geforderten Anforderungsprofils der Note „vollbefriedigend“ in beiden Staatsexamen stehe vielmehr fest, dass die Nichteinstellung der Klägerin auf eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung nicht zurückgeführt werden könne.
Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung der Klägerin. Sie beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2008 - 2 K 3727/07 - zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin eine in das Ermessen des Gerichts zu stellende Entschädigungsleistung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 17.04.2007 zu zahlen.
Zur Begründung trägt sie insbesondere vor, eine offensichtlich fehlende Eignung könne schon deshalb nicht angenommen werden, weil die Klägerin die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zum Richteramt erfülle. Damit habe sie gemäß § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen. Bereits mit der Missachtung dieser Verpflichtung realisiere sich ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot. Im Übrigen indiziere das verweigerte Vorstellungsgespräch und die fehlerhafte Mitwirkung der Schwerbehindertenvertretung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Benachteiligung aufgrund der Schwerbehinderung. Den zur Entkräftung dieser Vermutung erforderlichen Vollbeweis der diskriminierungsfreien Bewerberauswahl habe das beklagte Land nicht geführt. Soweit der Beklagte auf den Grundsatz der Bestenauslese verwiesen habe, sei dieser nicht geeignet, die ausdrückliche Privilegierung schwerbehinderter Bewerber nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX auszuhebeln.
Das beklagte Land beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Es trägt im Wesentlichen vor, eine Einladung zum Vorstellungsgespräch sei nicht erforderlich gewesen, weil die Klägerin die für die Einstellung in den höheren Justizdienst geforderten Examensnoten deutlich und damit offensichtlich unterschritten habe. Voraussetzung für die begehrte Einstellung sei im Regelfall mindestens die Note „vollbefriedigend“ in beiden Staatsexamina; wo dies aufgrund der Bewerberlage nicht möglich sei, werde das Prädikat „vollbefriedigend“ jedenfalls in einem Examen gefordert. Dementsprechend sei auch im maßgeblichen Einstellungszeitraum 2006/2007 keine einzige Einstellung erfolgt, bei der nicht mindestens ein „vollbefriedigendes“ Examen erzielt worden sei. Vor diesem Hintergrund sei nicht erkennbar, welchen Sinn eine Einladung der Klägerin zum Vorstellungsgespräch gemacht haben könnte, insbesondere weil das Vorstellungsgespräch in erster Linie der Feststellung der persönlichen und nicht der fachlichen Eignung diene.
12 
Der Beklagte hat auf Anforderung des Gerichts eine anonymisierte Liste der in den Jahren 2006 und 2007 erfolgten Einstellungen in den höheren Justizdienst des Landes vorgelegt, aus der die jeweils erzielten Leistungen in den juristischen Staatsprüfungen ersichtlich sind. Hierauf sowie auf die beigezogenen Behördenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und des erkennenden Senats wird hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und ordnungsgemäß erhobene Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Zwar trägt die Berufung auf das geforderte Anforderungsprofil die Einschätzung einer „offensichtlich“ fehlenden fachlichen Eignung nicht. Dem Beklagten ist aber der Nachweis gelungen, dass die Nichteinstellung der Klägerin nicht auf einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot schwerbehinderter Menschen beruht.
14 
1. Die von der Klägerin erhobene Klage ist zulässig.
15 
Die Klägerin begehrt die Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Geld wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot behinderter Menschen im Rahmen ihrer Bewerbung für eine Stelle im höheren Justizdienst des beklagten Landes. Sachlicher Anknüpfungspunkt ist daher das Stellenbesetzungsverfahren, für das gemäß § 71 Abs. 3 DRiG i.V.m. § 126 Abs. 1 BRRG (jetzt § 54 Abs. 1 BeamtStG) der Verwaltungsrechtweg gegeben war. Diese Rechtswegzuweisung gilt umfassend und erfasst daher auch Schadensersatzansprüche wegen unterbliebener Einstellung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 22.02.1996 - 2 C 12/94 -, BVerwGE 100, 280) sowie den vorliegend geltend gemachten Entschädigungsanspruch (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.06.2007 - 2 F 10596/07 -, NVwZ 2007, 1099). Unabhängig hiervon findet gemäß § 17a Abs. 5 GVG im Rahmen des Berufungsverfahrens eine Prüfung des beschrittenen Rechtsweges auch nicht statt.
16 
Statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage, weil das Entschädigungsbegehren eine vorherige Behördenentscheidung gerade in der Form des Verwaltungsakts nicht voraussetzt. Gemäß § 71 Abs. 3 DRiG i.V.m. § 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG (jetzt § 54 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG) bedarf es indes nicht nur für Anfechtungs- und Verpflichtungsstreitverfahren, sondern bei sämtlichen auf ein Beamtenverhältnis bezogenen Klagen der Durchführung eines Vorverfahrens nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.06.2001 - 2 C 48/00 -, BVerwGE 114, 350), das die Klägerin vorliegend nicht beschritten hat. Ob diese Anforderung auch auf den Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14.08.2006 (BGBl. I S. 1897 - AGG -) erstreckt werden kann, erscheint aber fraglich. Denn das die besondere Verfahrensanordnung in § 126 Abs. 3 BRRG tragende Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn liegt hier gerade nicht vor. Die Frage kann im Ergebnis aber offen bleiben, weil die Klage auch bei unterstellter Anwendbarkeit des 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG als Untätigkeitsklage zulässig ist. Zwar lagen die in § 75 VwGO benannten Voraussetzungen im Zeitpunkt der Klageerhebung vom 24.04.2007 nicht vor: Seit dem Zugang ihres Antrags auf Zahlung einer Entschädigung vom 31.03.2007 waren die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehenen drei Monate offenkundig nicht verstrichen. Die damit zunächst unzulässig erhobene Klage ist indes durch den bis zum Erlass des Sachurteils eingetretenen Zeitablauf zulässig geworden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1994 - 5 C 24/92 -, BVerwGE 95, 149).
17 
Auch das Fehlen eines bezifferten Geldbetrages steht der Zulässigkeit nicht entgegen, denn die Anspruchsgrundlage aus § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 15 Abs. 2 AGG sieht eine „angemessene“ Entschädigung in Geld vor und macht die Bestimmung des festzusetzenden Betrages damit vom billigen Ermessen des erkennenden Gerichts abhängig. Mit der Bezugnahme auf die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG benannte Obergrenze von drei Monatsgehältern hat die Klägerin - die ihr Einstellungsbegehren nicht weiter verfolgt - auch deutlich gemacht, dass sie nur diesen limitierten Entschädigungsanspruch geltend macht (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 21.09.2005 - 9 S 1357/05 -, NJW 2006, 538) und die Tatsachengrundlage für die Höhenbestimmung des Gerichts benannt. Der Klagantrag ist daher auch ohne ausdrückliche Bezifferung hinreichend bestimmt (vgl. BAG, Urteil vom 15.02.2005 - 9 AZR 635/03 -, BAGE 113, 361).
18 
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht der innerhalb der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung schwerbehinderter Menschen nicht zu.
19 
Nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX i.V.m. §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 1 AGG dürfen schwerbehinderte Menschen - ebenso wie diesen von Rechts wegen Gleichgestellte - nicht wegen ihrer Behinderung bei einer Einstellung benachteiligt werden (vgl. dazu auch Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG). Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot kann der schwerbehinderte Bewerber nach § 15 Abs. 2 AGG eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, die gemäß Satz 2 der Vorschrift drei Monatsgehälter nicht übersteigen darf, wenn er auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Die Voraussetzungen dieses von der Klägerin geltend gemachten limitierten Entschädigungsanspruches liegen jedoch nicht vor. Denn die - für die Klägerin negative - Auswahlentscheidung des Beklagten erfolgte nicht wegen ihrer Behinderung.
20 
a) Allerdings erscheint zweifelhaft, ob der Beklagte, der als „öffentlicher Arbeitgeber“ den Bindungen des § 82 SGB IX unterliegt, davon absehen durfte, die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Denn eine Einladung ist gemäß § 82 Satz 3 SGB IX nur entbehrlich, „wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt“.
21 
Die Entscheidung über die von der Klägerin begehrte Einstellung in den Richterdienst des beklagten Landes als Richterin auf Probe (vgl. § 12 Abs. 1 DRiG) ist gemäß § 8 LRiG i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 LBG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen (vgl. § 7 BRRG, jetzt § 9 BeamtStG). Diese Kriterien sind durch den verfassungskräftigen Grundsatz der Bestenauslese in Art. 33 Abs. 2 GG abschließend und vorbehaltlos vorgegeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.10.2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. -, NVwZ 2008, 69). Damit sind zwar die Auswahlkriterien zwingend bestimmt, nicht geregelt ist indes, auf welchen Bezugspunkt diese Maßstäbe zu beziehen sind.
22 
Diese Aufgabe kommt dem „Anforderungsprofil“ zu, das als Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv die Kriterien bestimmt, die der künftige Inhaber erfüllen muss (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.06.2005 - 4 S 838/05 -, NVwZ-RR 2006, 185).
23 
Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet grundsätzlich der Dienstherr nach seinen organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Erst aus diesem Zuschnitt des zu vergebenden Amtes oder Dienstpostens werden daher die Anforderungen bestimmt, an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind. Mit der Bestimmung eines „Anforderungsprofils“ für die zu vergebende Stelle legt der Dienstherr daher gleichzeitig die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest, an ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.10.2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. -; NVwZ 2008, 69; BVerwG, Urteil vom 16.08.2001 - 2 A 3/00 -, BVerwGE 115, 58).
24 
Die Nichteinhaltung der mit dem Anforderungsprofil vorgegebenen Kriterien ist daher - wie vom Beklagten vorgetragen - grundsätzlich geeignet, die offensichtlich fehlende Eignung eines Bewerbers zu begründen. Dementsprechend hat es das Bundesverwaltungsgericht auch gebilligt, dass über die Eignung der Bewerber in einem „gestuften Auswahlverfahren“ befunden wird, bei dem zunächst diejenigen Bewerber unberücksichtigt bleiben, die dem Anforderungsprofil von vornherein nicht genügen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.04.2006 - 2 VR 2/05 -). Leistungsbezogene Mindestvoraussetzungen sind dabei grundsätzlich auch nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.09.2007 - 2 BvR 1972/07 -, ZBR 2008, 167).
25 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin dem Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle von vornherein nicht entspricht. Denn dieses enthält die Festlegung auf (regelmäßig) zwei mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ abgelegte Staatsprüfungen nicht.
26 
Das maßgebliche Anforderungsprofil für die von der Klägerin begehrte Einstellung in den höheren Justizdienst des Landes ergibt sich - auch nach Auffassung des Beklagten - aus Anlage 3 zur Beurteilungsrichtlinie für Richter und Staatsanwälte vom 16.04.2002 (Amtsblatt „Die Justiz“ S. 209). Dort werden die persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften, „die ein Stelleninhaber im Idealfall mitbringen soll“, konkretisiert und festgelegt (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.2007 - 4 S 1163/07 -). Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin dem so festgelegten Anforderungsprofil von vornherein nicht genügt, liegen indes nicht vor. Denn eine Festlegung auf ein bestimmtes Ergebnis in den juristischen Staatsprüfungen findet sich dort nicht. Erforderlich sind hinsichtlich der mit den Staatsprüfungen nachgewiesenen Fachkompetenz lediglich „umfassende Rechtskenntnisse“. Diese werden jedoch grundsätzlich auch mit den von der Klägerin mit der Gesamtnote „befriedigend“ abgelegten Staatsexamina belegt. Denn nach § 5 Abs. 1 DRiG ist Voraussetzung für den Nachweis der fachlichen Eignung nur der erfolgreiche Abschluss der Ersten und Zweiten juristischen Staatsprüfung.
27 
Die Richtigkeit dieser Einschätzung ergibt sich auch aus der reziproken Kontrollerwägung: denn träfe die Auffassung des Beklagten zu, wäre er daran gehindert, Bewerber, die nicht das geforderte Prädikat erzielt haben, in den höheren Justizdienst einzustellen. An das von ihm entwickelte Anforderungsprofil und die darin liegende vorentscheidende Gestaltung der Auswahlkriterien ist der Dienstherr im laufenden Auswahlverfahren gebunden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.02.2007 - 2 BvR 2494/06 -, NVwZ 2007, 693; BVerwG, Beschluss vom 25.04.2007 - 1 WB 31/06 -, BVerwGE 128, 329; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.2007 - 4 S 1163/07 -). Grundsätzlich kann daher für die Stellenbesetzung nur ein Bewerber zum Zuge kommen, der alle Kriterien des Anforderungsprofils erfüllt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.08.2005 - 2 B 6/05 -; OVG Bremen, Beschluss vom 28.01.2009 - 2 B 479/08 -, NordÖR 2009, 213). Erst wenn mehrere Bewerber allen Kriterien eines Anforderungsprofils gerecht werden, bleibt Raum für eine bewertende Abstufung der jeweiligen Qualifikation. Handelte es sich bei der vom Beklagten vorgetragenen Notenstufe daher um ein zwingend vorgegebenes Kriterium des Anforderungsprofils, so wären Bewerber, die diesem Maßstab nicht genügen, für die zu vergebende Stelle nicht geeignet. Diese Folge zieht indes auch das beklagte Land selbst nicht: ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten für die Jahre 2006 und 2007 haben vielmehr 44 der 191 übernommenen Bewerber die benannte Vorgabe nicht erfüllt. Angesichts einer tatsächlichen Abweichungsquote von über 23 % vom vorgetragenen Auswahlkriterium zweier mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ abgelegter Staatsexamina kann aber offenkundig nicht von dem zwingend vorgegebenen Merkmal eines Anforderungsprofils ausgegangen werden.
28 
b) Fraglich erscheint auch, ob im Hinblick auf die tatsächliche Einstellungspraxis von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch abgesehen werden konnte.
29 
Denn die für eine Einstellung in der Praxis erforderlichen Punktzahlen stehen in Abhängigkeit von dem konkreten Bewerberfeld und lassen sich daher jeweils erst im Nachhinein bestimmen. Dementsprechend weist der Beklagte in seiner Werbebroschüre „Qualifizierte Juristinnen und Juristen gesucht!“ darauf hin: „Da sich die Einstellungsvoraussetzungen aber kurzfristig ändern können, raten wir ihnen ab einer Punktzahl von mindestens 8,0 Punkten in jedem der beiden Examina zur Bewerbung“. Ein striktes Anforderungsprofil, das jedenfalls in der Einstellungspraxis nicht unterschritten werden würde, liegt im Übrigen auch insoweit nicht vor: Immerhin fünf der in den Jahren 2006 und 2007 erfolgten Einstellungen wiesen in einer Staatsprüfung weniger als acht Punkte auf und unterschritten damit auch die in der benannten Werbebroschüre benannten Grenzen.
30 
Tatsächlich eingehalten worden ist im maßgeblichen Zeitraum ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten indes das Kriterium, dass mindestens eine der Staatsprüfungen mit der Note „vollbefriedigend“ abgelegt wurde. Diese Anforderung ist aber weder Bestandteil des normativ festgelegten Anforderungsprofils noch entspricht sie den offiziellen Verlautbarungen des Beklagten. In der bereits benannten Werbebroschüre wird vielmehr bereits ab einer Punktzahl von mindestens 8,0 Punkten in jedem der beiden Examina zur Bewerbung geraten; die zwingende Anforderung jedenfalls eines „vollbefriedigenden“ Abschlusses wird damit gerade nicht aufgestellt.
31 
Angesichts des Fehlens vorhersehbarer und in der tatsächlichen Verwaltungspraxis strikt geübter Kriterien kann damit nicht davon ausgegangen werden, dass ein Bewerber, der nicht in beiden Staatsprüfungen mindestens das Prädikat „vollbefriedigend“ erreicht hat, von vornherein keine Aussicht auf eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren gehabt hätte (a.A. offenbar OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.05.2008 - 2 A 10197/08 -; VG München, Urteil vom 12.03.2008 - M 18 K 07.1587 -). Denn die zwingende Mindestvorgabe für ein Auswahlverfahren muss verbindlich, nachvollziehbar dokumentiert und für die Bewerber erkennbar festgelegt sein (vgl. dazu auch BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Unzulässig und mit dem Bewerbungsverfahrensanspruch potenzieller Bewerber nicht vereinbar ist es dagegen, die Auswahlkriterien nachträglich dergestalt zu ändern, dass sich der Bewerberkreis erweitern würde, ohne dass mögliche Interessenten hiervon Kenntnis erhielten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.02.2007 - 2 BvR 2494/ 06 -, NVwZ 2007, 693).
32 
Dieses Ergebnis wird durch den Schutzzweck der öffentlichen Arbeitgebern in § 82 Satz 2 SGB IX auferlegten Verpflichtung der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bestätigt. Denn mit dem Anspruch auf Einladung zu einem Vorstellungsgespräch hat der Gesetzgeber den schwerbehinderten Bewerber im Auswahlverfahren bewusst besser gestellt als den nicht behinderten Konkurrenten, um ihm durch sein persönliches Auftreten die Gelegenheit zu geben, seine spezielle Befähigung für die ausgeschriebene Stelle unter Beweis zu stellen und den Arbeitgeber trotz anfänglicher Zweifel von der bestehenden Eignung im mündlichen Gespräch zu überzeugen (vgl. Neumann/Pahlen/ Majerski-Pahlen, Sozialgesetzbuch IX, 11. Aufl. 2005, § 82 Rdnr. 5; VG München, Urteil vom 12.03.2008 - M 18 K 07.1587 -). Nach der gesetzlichen Intention muss der öffentliche Arbeitgeber den schwerbehinderten Bewerber demnach selbst dann einladen und ihm ein Vorstellungsgespräch gewähren, wenn er sich aufgrund einer anhand der Bewerbungsunterlagen getroffenen Vorauswahl bereits die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Konkurrent nicht mehr in die nähere Auswahl einbezogen werden sollte (so BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Diese Pflicht besteht gemäß § 82 Satz 3 SGB IX nur dann nicht, wenn dem schwerbehinderten Menschen bereits die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, er also „ganz augenscheinlich“ für die ausgeschriebene Stelle nicht in Betracht kommen kann (vgl. LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 08.11.2005 - 5 Sa 277/05 -).
33 
Eine zu großzügige Handhabung des Merkmals offensichtlicher Nichteignung würde das gesetzgeberische Anliegen, die Chancen schwerbehinderter Bewerber im Verfahren zu verbessern, aber vereiteln. Dabei wird nicht verkannt, dass ein nur „formales“ Einstellungsgespräch zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben ohne ernsthafte Einstellungschancen durchaus demotivierende Wirkungen für den schwerbehinderten Arbeitssuchenden entfalten kann. Die Entscheidung über Sinn und Zweckmäßigkeit entsprechender Verfahrensvorkehrungen obliegt indes dem hierfür zuständigen Sachgesetzgeber.
34 
c) Mit der Tatsache, dass der Beklagte die Klägerin nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat, obwohl ihr die fachliche Eignung für die angestrebte Einstellung nicht offensichtlich fehlt, sind damit Indizien dargelegt, die eine Benachteiligung wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft vermuten lassen. Um der Annahme eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot zu entgehen, muss der Beklagte daher gemäß § 22 AMG den Beweis erbringen, dass ausschließlich sachliche, nicht auf die Behinderung bezogene Gründe maßgeblich für die Auswahlentscheidung waren (vgl. BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Diesen Beweis hat der Beklagte vorliegend erbracht.
35 
Ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten für die Jahre 2006 und 2007 betrug die schlechteste Note in der laufbahnbefähigenden Zweiten Staatsprüfung, die noch für eine Einstellung berücksichtigt werden konnte, 8,21 Punkte. Von diesem „Grenzrang“ liegen die von der Klägerin erzielten 6,78 Punkte im Zweiten Staatsexamen deutlich entfernt. Auch bei Berücksichtigung der Ergebnisse im Ersten Staatsexamen ergibt sich keine andere Beurteilung. Zwar lag hier die niedrigste noch zur Einstellung führende Punktzahl bei 7,53 und damit sogar geringfügig schlechter als die von der Klägerin erzielten 7,56 Punkte. In diesem Falle waren im Zweiten Staatsexamen jedoch 10,14 Punkte erzielt worden, sodass auch hier die Einschätzung einer insgesamt deutlich höheren Eignung gerechtfertigt ist. Gleiches gilt für die vier weiteren Fälle, in denen die im Ersten Staatsexamen erzielte Punktzahl unter acht Punkten betrug, denn insoweit waren in der Zweiten juristischen Staatsprüfung jeweils mindestens neun Punkte erreicht worden. Tatsächlich ist zum fraglichen Einstellungszeitpunkt daher kein Bewerber berücksichtigt worden, der nicht mindestens in einer Staatsprüfung die Gesamtnote „vollbefriedigend“ erzielt hatte. Es kann daher mit Sicherheit festgestellt werden, dass ein nicht behinderter Bewerber mit vergleichbaren Examensnoten wie die Klägerin mit einer Bewerbung nicht zum Zuge gekommen wäre. Die Nichteinstellung der Klägerin beruht daher ausschließlich auf der Tatsache, dass die von ihr erzielten Examensnoten den Anforderungen des Beklagten zum fraglichen Einstellungstermin nicht genügten. Eine - gegebenenfalls auch nur anteilige - Benachteiligung wegen ihrer Behinderung scheidet damit aus.
36 
Die maßgebliche Bezugnahme auf die in den juristischen Staatsprüfungen erzielten Ergebnisse entspricht auch den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG und ist nicht zu beanstanden. Da bei einem Berufsanfänger fachliche Leistungen im engeren Sinne noch nicht vorliegen können, ist es zulässig und regelmäßig auch geboten, die Eignungsbeurteilung auf die Leistungen zu stützen, die der Bewerber im Rahmen seiner Ausbildung erbracht hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.02.2006 - 2 PKH 3/05 -). Den in den juristischen Staatsprüfungen abgelegten Befähigungsnachweisen kommt daher für die Einstellung in den Justizdienst ausschlaggebende Bedeutung zu.
37 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Behinderung der Klägerin. Vielmehr schreibt Art. 33 Abs. 2 GG den Bestenauslesegrundsatz im Interesse der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes verfassungsunmittelbar und zwingend vor. Diese Vorgabe kann auch nicht im Hinblick auf die Förderung schwerbehinderter Menschen durchbrochen werden (vgl. nunmehr ausdrücklich § 9 BeamtStG); eine derartig weitreichende Förderung schwerbehinderter Menschen sieht das geltende Recht nicht vor. Soweit die Klägerin insoweit vorträgt, ihre Beeinträchtigung sei im Rahmen der Zweiten juristischen Staatsprüfung trotz einer Verlängerung der Bearbeitungszeit um 30 Minuten pro Klausur und der gewährten Verwendung einer Spracherkennungssoftware nicht hinreichend beachtet worden, kann sie hiermit im vorliegenden Verfahren nicht gehört werden. Denn die Frage ob und gegebenenfalls welche Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der schriftlichen Prüfung zur Kompensation einer Behinderung gewährt werden, ist gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 13 Abs. 7 JAPrO ein eigenständiges und isoliert rechtsschutzfähiges Verfahren. Erachtete die Klägerin die ihr gewährten Prüfungserleichterungen daher als nicht ausreichend, so hätte sie die hierfür gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten beschreiten müssen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 26.08.1993 - 9 S 2023/93 -, NVwZ 1994, 598).
38 
Der Beklagte hat damit zwar gegen die ihm in § 82 Satz 2 SGB IX auferlegte Pflicht, die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, verstoßen. Er hat jedoch im Berufungsverfahren die damit begründete Vermutung der Benachteiligung im Bewerbungsverfahren aufgrund der Behinderung entkräftet und vollen Beweis dafür erbracht, dass die Nichteinstellung der Klägerin ausschließlich auf sachlichen Erwägungen beruhte. Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG liegen damit nicht vor.
39 
Angesichts dieses Nachweises kommt es auf die Frage, ob die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung vorliegend rechtzeitig erfolgt ist, nicht mehr an.
40 
d) Die Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 82 Satz 2 SGB IX allein löst keinen Entschädigungsanspruch aus.
41 
Zwar kann möglicherweise auch in dem Unterlassen angemessener Vorkehrungen zugunsten behinderter Menschen eine eigenständige Form der Benachteiligung gesehen werden, denn die Verfahrensvorschriften zur Förderung schwerbehinderter Menschen dienen gerade dem Ausgleich bestehender Nachteile. An die Verletzung dieser Verfahrensvorschrift knüpft § 15 Abs. 2 AGG indes die Zahlung der Entschädigungsleistung nicht an.
42 
Diese Rechtslage war unter Geltung des § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX a.F. geklärt (vgl. Senatsbeschluss vom 21.09.2005 - 9 S 1357/05 -, NJW 2006, 538). Denn Bezugspunkt der Entschädigungsregelung war hier ausdrücklich die in Nr. 1 geregelte Begründung des Beschäftigungsverhältnisses. Dementsprechend war Anknüpfungspunkt der in § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB IX a.F. vorgenommenen Differenzierung des limitierten Entschädigungsanspruches ebenfalls die Frage, ob der Bewerber im Falle benachteiligungsfreier Auswahl eingestellt worden wäre. Die Entschädigungsregelung enthielt damit zwar insoweit eine Erleichterung, als es auf die Kausalität der Benachteiligung für die unterbliebene Einstellung nur hinsichtlich der Höhe der Entschädigungszahlung ankam und eine Reduzierung des Auswahlermessens auf Null daher nicht nachgewiesen werden musste (vgl. BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262; LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 08.11.2005 - 5 Sa 277/05 -). Diese Erweiterung bedeutete jedoch nicht, dass bereits ein Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift tatbestandsbegründend für die Entschädigungszahlung gewesen wäre. Vielmehr blieb dem öffentlichen Arbeitgeber die Möglichkeit, die Indizwirkung der unterbliebenen Einladung zum Vorstellungsgespräch zu entkräften und den Nachweis zu führen, dass die Nichteinstellung des schwerbehinderten Menschen ausschließlich aus sachlichen Gründen erfolgte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.02.2008 - 5 B 209/07 -, Buchholz 436.61 § 81 SGB IX Nr. 1).
43 
An dieser Rechtslage hat die Überführung des Entschädigungsanspruchs aus § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX a.F. in § 15 Abs. 2 AGG nichts geändert (vgl. Bay.VGH, Beschluss v. 20.10.2008 - 3 ZB 07.2179 -; BAG, Urteil vom 03.04.2007 - 9 AZR 823/06 -, BAGE 122, 54; LAG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.2008 - 4 Sa 1077/07 -). Bezugspunkt der Entschädigungszahlung bleibt auch insoweit der in § 15 Abs. 1 AGG benannte Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot, der sich ausweislich der Bestimmung des Anwendungsbereichs in § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG auf den Berufszugang bezieht.
44 
Allein der Verstoß gegen die Verpflichtung zur Durchführung eines Vorstellungsgesprächs löst den Entschädigungsanspruch damit nicht aus; diese Rechtsfolge ergibt sich nach dem gesetzlichen Regelungsgefüge vielmehr erst dann, wenn die durch den Verstoß begründete Indizwirkung einer Benachteiligung nicht entkräftet werden kann.
45 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO in Angelegenheiten der Schwerbehindertenfürsorge nicht erhoben.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.

Gründe

 
13 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und ordnungsgemäß erhobene Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Zwar trägt die Berufung auf das geforderte Anforderungsprofil die Einschätzung einer „offensichtlich“ fehlenden fachlichen Eignung nicht. Dem Beklagten ist aber der Nachweis gelungen, dass die Nichteinstellung der Klägerin nicht auf einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot schwerbehinderter Menschen beruht.
14 
1. Die von der Klägerin erhobene Klage ist zulässig.
15 
Die Klägerin begehrt die Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Geld wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot behinderter Menschen im Rahmen ihrer Bewerbung für eine Stelle im höheren Justizdienst des beklagten Landes. Sachlicher Anknüpfungspunkt ist daher das Stellenbesetzungsverfahren, für das gemäß § 71 Abs. 3 DRiG i.V.m. § 126 Abs. 1 BRRG (jetzt § 54 Abs. 1 BeamtStG) der Verwaltungsrechtweg gegeben war. Diese Rechtswegzuweisung gilt umfassend und erfasst daher auch Schadensersatzansprüche wegen unterbliebener Einstellung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 22.02.1996 - 2 C 12/94 -, BVerwGE 100, 280) sowie den vorliegend geltend gemachten Entschädigungsanspruch (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.06.2007 - 2 F 10596/07 -, NVwZ 2007, 1099). Unabhängig hiervon findet gemäß § 17a Abs. 5 GVG im Rahmen des Berufungsverfahrens eine Prüfung des beschrittenen Rechtsweges auch nicht statt.
16 
Statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage, weil das Entschädigungsbegehren eine vorherige Behördenentscheidung gerade in der Form des Verwaltungsakts nicht voraussetzt. Gemäß § 71 Abs. 3 DRiG i.V.m. § 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG (jetzt § 54 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG) bedarf es indes nicht nur für Anfechtungs- und Verpflichtungsstreitverfahren, sondern bei sämtlichen auf ein Beamtenverhältnis bezogenen Klagen der Durchführung eines Vorverfahrens nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.06.2001 - 2 C 48/00 -, BVerwGE 114, 350), das die Klägerin vorliegend nicht beschritten hat. Ob diese Anforderung auch auf den Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14.08.2006 (BGBl. I S. 1897 - AGG -) erstreckt werden kann, erscheint aber fraglich. Denn das die besondere Verfahrensanordnung in § 126 Abs. 3 BRRG tragende Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn liegt hier gerade nicht vor. Die Frage kann im Ergebnis aber offen bleiben, weil die Klage auch bei unterstellter Anwendbarkeit des 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG als Untätigkeitsklage zulässig ist. Zwar lagen die in § 75 VwGO benannten Voraussetzungen im Zeitpunkt der Klageerhebung vom 24.04.2007 nicht vor: Seit dem Zugang ihres Antrags auf Zahlung einer Entschädigung vom 31.03.2007 waren die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehenen drei Monate offenkundig nicht verstrichen. Die damit zunächst unzulässig erhobene Klage ist indes durch den bis zum Erlass des Sachurteils eingetretenen Zeitablauf zulässig geworden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1994 - 5 C 24/92 -, BVerwGE 95, 149).
17 
Auch das Fehlen eines bezifferten Geldbetrages steht der Zulässigkeit nicht entgegen, denn die Anspruchsgrundlage aus § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 15 Abs. 2 AGG sieht eine „angemessene“ Entschädigung in Geld vor und macht die Bestimmung des festzusetzenden Betrages damit vom billigen Ermessen des erkennenden Gerichts abhängig. Mit der Bezugnahme auf die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG benannte Obergrenze von drei Monatsgehältern hat die Klägerin - die ihr Einstellungsbegehren nicht weiter verfolgt - auch deutlich gemacht, dass sie nur diesen limitierten Entschädigungsanspruch geltend macht (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 21.09.2005 - 9 S 1357/05 -, NJW 2006, 538) und die Tatsachengrundlage für die Höhenbestimmung des Gerichts benannt. Der Klagantrag ist daher auch ohne ausdrückliche Bezifferung hinreichend bestimmt (vgl. BAG, Urteil vom 15.02.2005 - 9 AZR 635/03 -, BAGE 113, 361).
18 
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht der innerhalb der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung schwerbehinderter Menschen nicht zu.
19 
Nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX i.V.m. §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 1 AGG dürfen schwerbehinderte Menschen - ebenso wie diesen von Rechts wegen Gleichgestellte - nicht wegen ihrer Behinderung bei einer Einstellung benachteiligt werden (vgl. dazu auch Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG). Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot kann der schwerbehinderte Bewerber nach § 15 Abs. 2 AGG eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, die gemäß Satz 2 der Vorschrift drei Monatsgehälter nicht übersteigen darf, wenn er auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Die Voraussetzungen dieses von der Klägerin geltend gemachten limitierten Entschädigungsanspruches liegen jedoch nicht vor. Denn die - für die Klägerin negative - Auswahlentscheidung des Beklagten erfolgte nicht wegen ihrer Behinderung.
20 
a) Allerdings erscheint zweifelhaft, ob der Beklagte, der als „öffentlicher Arbeitgeber“ den Bindungen des § 82 SGB IX unterliegt, davon absehen durfte, die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Denn eine Einladung ist gemäß § 82 Satz 3 SGB IX nur entbehrlich, „wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt“.
21 
Die Entscheidung über die von der Klägerin begehrte Einstellung in den Richterdienst des beklagten Landes als Richterin auf Probe (vgl. § 12 Abs. 1 DRiG) ist gemäß § 8 LRiG i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 LBG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen (vgl. § 7 BRRG, jetzt § 9 BeamtStG). Diese Kriterien sind durch den verfassungskräftigen Grundsatz der Bestenauslese in Art. 33 Abs. 2 GG abschließend und vorbehaltlos vorgegeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.10.2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. -, NVwZ 2008, 69). Damit sind zwar die Auswahlkriterien zwingend bestimmt, nicht geregelt ist indes, auf welchen Bezugspunkt diese Maßstäbe zu beziehen sind.
22 
Diese Aufgabe kommt dem „Anforderungsprofil“ zu, das als Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv die Kriterien bestimmt, die der künftige Inhaber erfüllen muss (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.06.2005 - 4 S 838/05 -, NVwZ-RR 2006, 185).
23 
Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet grundsätzlich der Dienstherr nach seinen organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Erst aus diesem Zuschnitt des zu vergebenden Amtes oder Dienstpostens werden daher die Anforderungen bestimmt, an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind. Mit der Bestimmung eines „Anforderungsprofils“ für die zu vergebende Stelle legt der Dienstherr daher gleichzeitig die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest, an ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.10.2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. -; NVwZ 2008, 69; BVerwG, Urteil vom 16.08.2001 - 2 A 3/00 -, BVerwGE 115, 58).
24 
Die Nichteinhaltung der mit dem Anforderungsprofil vorgegebenen Kriterien ist daher - wie vom Beklagten vorgetragen - grundsätzlich geeignet, die offensichtlich fehlende Eignung eines Bewerbers zu begründen. Dementsprechend hat es das Bundesverwaltungsgericht auch gebilligt, dass über die Eignung der Bewerber in einem „gestuften Auswahlverfahren“ befunden wird, bei dem zunächst diejenigen Bewerber unberücksichtigt bleiben, die dem Anforderungsprofil von vornherein nicht genügen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.04.2006 - 2 VR 2/05 -). Leistungsbezogene Mindestvoraussetzungen sind dabei grundsätzlich auch nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.09.2007 - 2 BvR 1972/07 -, ZBR 2008, 167).
25 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin dem Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle von vornherein nicht entspricht. Denn dieses enthält die Festlegung auf (regelmäßig) zwei mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ abgelegte Staatsprüfungen nicht.
26 
Das maßgebliche Anforderungsprofil für die von der Klägerin begehrte Einstellung in den höheren Justizdienst des Landes ergibt sich - auch nach Auffassung des Beklagten - aus Anlage 3 zur Beurteilungsrichtlinie für Richter und Staatsanwälte vom 16.04.2002 (Amtsblatt „Die Justiz“ S. 209). Dort werden die persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften, „die ein Stelleninhaber im Idealfall mitbringen soll“, konkretisiert und festgelegt (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.2007 - 4 S 1163/07 -). Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin dem so festgelegten Anforderungsprofil von vornherein nicht genügt, liegen indes nicht vor. Denn eine Festlegung auf ein bestimmtes Ergebnis in den juristischen Staatsprüfungen findet sich dort nicht. Erforderlich sind hinsichtlich der mit den Staatsprüfungen nachgewiesenen Fachkompetenz lediglich „umfassende Rechtskenntnisse“. Diese werden jedoch grundsätzlich auch mit den von der Klägerin mit der Gesamtnote „befriedigend“ abgelegten Staatsexamina belegt. Denn nach § 5 Abs. 1 DRiG ist Voraussetzung für den Nachweis der fachlichen Eignung nur der erfolgreiche Abschluss der Ersten und Zweiten juristischen Staatsprüfung.
27 
Die Richtigkeit dieser Einschätzung ergibt sich auch aus der reziproken Kontrollerwägung: denn träfe die Auffassung des Beklagten zu, wäre er daran gehindert, Bewerber, die nicht das geforderte Prädikat erzielt haben, in den höheren Justizdienst einzustellen. An das von ihm entwickelte Anforderungsprofil und die darin liegende vorentscheidende Gestaltung der Auswahlkriterien ist der Dienstherr im laufenden Auswahlverfahren gebunden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.02.2007 - 2 BvR 2494/06 -, NVwZ 2007, 693; BVerwG, Beschluss vom 25.04.2007 - 1 WB 31/06 -, BVerwGE 128, 329; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.2007 - 4 S 1163/07 -). Grundsätzlich kann daher für die Stellenbesetzung nur ein Bewerber zum Zuge kommen, der alle Kriterien des Anforderungsprofils erfüllt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.08.2005 - 2 B 6/05 -; OVG Bremen, Beschluss vom 28.01.2009 - 2 B 479/08 -, NordÖR 2009, 213). Erst wenn mehrere Bewerber allen Kriterien eines Anforderungsprofils gerecht werden, bleibt Raum für eine bewertende Abstufung der jeweiligen Qualifikation. Handelte es sich bei der vom Beklagten vorgetragenen Notenstufe daher um ein zwingend vorgegebenes Kriterium des Anforderungsprofils, so wären Bewerber, die diesem Maßstab nicht genügen, für die zu vergebende Stelle nicht geeignet. Diese Folge zieht indes auch das beklagte Land selbst nicht: ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten für die Jahre 2006 und 2007 haben vielmehr 44 der 191 übernommenen Bewerber die benannte Vorgabe nicht erfüllt. Angesichts einer tatsächlichen Abweichungsquote von über 23 % vom vorgetragenen Auswahlkriterium zweier mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ abgelegter Staatsexamina kann aber offenkundig nicht von dem zwingend vorgegebenen Merkmal eines Anforderungsprofils ausgegangen werden.
28 
b) Fraglich erscheint auch, ob im Hinblick auf die tatsächliche Einstellungspraxis von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch abgesehen werden konnte.
29 
Denn die für eine Einstellung in der Praxis erforderlichen Punktzahlen stehen in Abhängigkeit von dem konkreten Bewerberfeld und lassen sich daher jeweils erst im Nachhinein bestimmen. Dementsprechend weist der Beklagte in seiner Werbebroschüre „Qualifizierte Juristinnen und Juristen gesucht!“ darauf hin: „Da sich die Einstellungsvoraussetzungen aber kurzfristig ändern können, raten wir ihnen ab einer Punktzahl von mindestens 8,0 Punkten in jedem der beiden Examina zur Bewerbung“. Ein striktes Anforderungsprofil, das jedenfalls in der Einstellungspraxis nicht unterschritten werden würde, liegt im Übrigen auch insoweit nicht vor: Immerhin fünf der in den Jahren 2006 und 2007 erfolgten Einstellungen wiesen in einer Staatsprüfung weniger als acht Punkte auf und unterschritten damit auch die in der benannten Werbebroschüre benannten Grenzen.
30 
Tatsächlich eingehalten worden ist im maßgeblichen Zeitraum ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten indes das Kriterium, dass mindestens eine der Staatsprüfungen mit der Note „vollbefriedigend“ abgelegt wurde. Diese Anforderung ist aber weder Bestandteil des normativ festgelegten Anforderungsprofils noch entspricht sie den offiziellen Verlautbarungen des Beklagten. In der bereits benannten Werbebroschüre wird vielmehr bereits ab einer Punktzahl von mindestens 8,0 Punkten in jedem der beiden Examina zur Bewerbung geraten; die zwingende Anforderung jedenfalls eines „vollbefriedigenden“ Abschlusses wird damit gerade nicht aufgestellt.
31 
Angesichts des Fehlens vorhersehbarer und in der tatsächlichen Verwaltungspraxis strikt geübter Kriterien kann damit nicht davon ausgegangen werden, dass ein Bewerber, der nicht in beiden Staatsprüfungen mindestens das Prädikat „vollbefriedigend“ erreicht hat, von vornherein keine Aussicht auf eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren gehabt hätte (a.A. offenbar OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.05.2008 - 2 A 10197/08 -; VG München, Urteil vom 12.03.2008 - M 18 K 07.1587 -). Denn die zwingende Mindestvorgabe für ein Auswahlverfahren muss verbindlich, nachvollziehbar dokumentiert und für die Bewerber erkennbar festgelegt sein (vgl. dazu auch BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Unzulässig und mit dem Bewerbungsverfahrensanspruch potenzieller Bewerber nicht vereinbar ist es dagegen, die Auswahlkriterien nachträglich dergestalt zu ändern, dass sich der Bewerberkreis erweitern würde, ohne dass mögliche Interessenten hiervon Kenntnis erhielten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.02.2007 - 2 BvR 2494/ 06 -, NVwZ 2007, 693).
32 
Dieses Ergebnis wird durch den Schutzzweck der öffentlichen Arbeitgebern in § 82 Satz 2 SGB IX auferlegten Verpflichtung der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bestätigt. Denn mit dem Anspruch auf Einladung zu einem Vorstellungsgespräch hat der Gesetzgeber den schwerbehinderten Bewerber im Auswahlverfahren bewusst besser gestellt als den nicht behinderten Konkurrenten, um ihm durch sein persönliches Auftreten die Gelegenheit zu geben, seine spezielle Befähigung für die ausgeschriebene Stelle unter Beweis zu stellen und den Arbeitgeber trotz anfänglicher Zweifel von der bestehenden Eignung im mündlichen Gespräch zu überzeugen (vgl. Neumann/Pahlen/ Majerski-Pahlen, Sozialgesetzbuch IX, 11. Aufl. 2005, § 82 Rdnr. 5; VG München, Urteil vom 12.03.2008 - M 18 K 07.1587 -). Nach der gesetzlichen Intention muss der öffentliche Arbeitgeber den schwerbehinderten Bewerber demnach selbst dann einladen und ihm ein Vorstellungsgespräch gewähren, wenn er sich aufgrund einer anhand der Bewerbungsunterlagen getroffenen Vorauswahl bereits die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Konkurrent nicht mehr in die nähere Auswahl einbezogen werden sollte (so BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Diese Pflicht besteht gemäß § 82 Satz 3 SGB IX nur dann nicht, wenn dem schwerbehinderten Menschen bereits die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, er also „ganz augenscheinlich“ für die ausgeschriebene Stelle nicht in Betracht kommen kann (vgl. LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 08.11.2005 - 5 Sa 277/05 -).
33 
Eine zu großzügige Handhabung des Merkmals offensichtlicher Nichteignung würde das gesetzgeberische Anliegen, die Chancen schwerbehinderter Bewerber im Verfahren zu verbessern, aber vereiteln. Dabei wird nicht verkannt, dass ein nur „formales“ Einstellungsgespräch zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben ohne ernsthafte Einstellungschancen durchaus demotivierende Wirkungen für den schwerbehinderten Arbeitssuchenden entfalten kann. Die Entscheidung über Sinn und Zweckmäßigkeit entsprechender Verfahrensvorkehrungen obliegt indes dem hierfür zuständigen Sachgesetzgeber.
34 
c) Mit der Tatsache, dass der Beklagte die Klägerin nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat, obwohl ihr die fachliche Eignung für die angestrebte Einstellung nicht offensichtlich fehlt, sind damit Indizien dargelegt, die eine Benachteiligung wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft vermuten lassen. Um der Annahme eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot zu entgehen, muss der Beklagte daher gemäß § 22 AMG den Beweis erbringen, dass ausschließlich sachliche, nicht auf die Behinderung bezogene Gründe maßgeblich für die Auswahlentscheidung waren (vgl. BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262). Diesen Beweis hat der Beklagte vorliegend erbracht.
35 
Ausweislich der vorgelegten Einstellungslisten für die Jahre 2006 und 2007 betrug die schlechteste Note in der laufbahnbefähigenden Zweiten Staatsprüfung, die noch für eine Einstellung berücksichtigt werden konnte, 8,21 Punkte. Von diesem „Grenzrang“ liegen die von der Klägerin erzielten 6,78 Punkte im Zweiten Staatsexamen deutlich entfernt. Auch bei Berücksichtigung der Ergebnisse im Ersten Staatsexamen ergibt sich keine andere Beurteilung. Zwar lag hier die niedrigste noch zur Einstellung führende Punktzahl bei 7,53 und damit sogar geringfügig schlechter als die von der Klägerin erzielten 7,56 Punkte. In diesem Falle waren im Zweiten Staatsexamen jedoch 10,14 Punkte erzielt worden, sodass auch hier die Einschätzung einer insgesamt deutlich höheren Eignung gerechtfertigt ist. Gleiches gilt für die vier weiteren Fälle, in denen die im Ersten Staatsexamen erzielte Punktzahl unter acht Punkten betrug, denn insoweit waren in der Zweiten juristischen Staatsprüfung jeweils mindestens neun Punkte erreicht worden. Tatsächlich ist zum fraglichen Einstellungszeitpunkt daher kein Bewerber berücksichtigt worden, der nicht mindestens in einer Staatsprüfung die Gesamtnote „vollbefriedigend“ erzielt hatte. Es kann daher mit Sicherheit festgestellt werden, dass ein nicht behinderter Bewerber mit vergleichbaren Examensnoten wie die Klägerin mit einer Bewerbung nicht zum Zuge gekommen wäre. Die Nichteinstellung der Klägerin beruht daher ausschließlich auf der Tatsache, dass die von ihr erzielten Examensnoten den Anforderungen des Beklagten zum fraglichen Einstellungstermin nicht genügten. Eine - gegebenenfalls auch nur anteilige - Benachteiligung wegen ihrer Behinderung scheidet damit aus.
36 
Die maßgebliche Bezugnahme auf die in den juristischen Staatsprüfungen erzielten Ergebnisse entspricht auch den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG und ist nicht zu beanstanden. Da bei einem Berufsanfänger fachliche Leistungen im engeren Sinne noch nicht vorliegen können, ist es zulässig und regelmäßig auch geboten, die Eignungsbeurteilung auf die Leistungen zu stützen, die der Bewerber im Rahmen seiner Ausbildung erbracht hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.02.2006 - 2 PKH 3/05 -). Den in den juristischen Staatsprüfungen abgelegten Befähigungsnachweisen kommt daher für die Einstellung in den Justizdienst ausschlaggebende Bedeutung zu.
37 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Behinderung der Klägerin. Vielmehr schreibt Art. 33 Abs. 2 GG den Bestenauslesegrundsatz im Interesse der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes verfassungsunmittelbar und zwingend vor. Diese Vorgabe kann auch nicht im Hinblick auf die Förderung schwerbehinderter Menschen durchbrochen werden (vgl. nunmehr ausdrücklich § 9 BeamtStG); eine derartig weitreichende Förderung schwerbehinderter Menschen sieht das geltende Recht nicht vor. Soweit die Klägerin insoweit vorträgt, ihre Beeinträchtigung sei im Rahmen der Zweiten juristischen Staatsprüfung trotz einer Verlängerung der Bearbeitungszeit um 30 Minuten pro Klausur und der gewährten Verwendung einer Spracherkennungssoftware nicht hinreichend beachtet worden, kann sie hiermit im vorliegenden Verfahren nicht gehört werden. Denn die Frage ob und gegebenenfalls welche Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der schriftlichen Prüfung zur Kompensation einer Behinderung gewährt werden, ist gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 13 Abs. 7 JAPrO ein eigenständiges und isoliert rechtsschutzfähiges Verfahren. Erachtete die Klägerin die ihr gewährten Prüfungserleichterungen daher als nicht ausreichend, so hätte sie die hierfür gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten beschreiten müssen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 26.08.1993 - 9 S 2023/93 -, NVwZ 1994, 598).
38 
Der Beklagte hat damit zwar gegen die ihm in § 82 Satz 2 SGB IX auferlegte Pflicht, die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, verstoßen. Er hat jedoch im Berufungsverfahren die damit begründete Vermutung der Benachteiligung im Bewerbungsverfahren aufgrund der Behinderung entkräftet und vollen Beweis dafür erbracht, dass die Nichteinstellung der Klägerin ausschließlich auf sachlichen Erwägungen beruhte. Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG liegen damit nicht vor.
39 
Angesichts dieses Nachweises kommt es auf die Frage, ob die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung vorliegend rechtzeitig erfolgt ist, nicht mehr an.
40 
d) Die Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 82 Satz 2 SGB IX allein löst keinen Entschädigungsanspruch aus.
41 
Zwar kann möglicherweise auch in dem Unterlassen angemessener Vorkehrungen zugunsten behinderter Menschen eine eigenständige Form der Benachteiligung gesehen werden, denn die Verfahrensvorschriften zur Förderung schwerbehinderter Menschen dienen gerade dem Ausgleich bestehender Nachteile. An die Verletzung dieser Verfahrensvorschrift knüpft § 15 Abs. 2 AGG indes die Zahlung der Entschädigungsleistung nicht an.
42 
Diese Rechtslage war unter Geltung des § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX a.F. geklärt (vgl. Senatsbeschluss vom 21.09.2005 - 9 S 1357/05 -, NJW 2006, 538). Denn Bezugspunkt der Entschädigungsregelung war hier ausdrücklich die in Nr. 1 geregelte Begründung des Beschäftigungsverhältnisses. Dementsprechend war Anknüpfungspunkt der in § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB IX a.F. vorgenommenen Differenzierung des limitierten Entschädigungsanspruches ebenfalls die Frage, ob der Bewerber im Falle benachteiligungsfreier Auswahl eingestellt worden wäre. Die Entschädigungsregelung enthielt damit zwar insoweit eine Erleichterung, als es auf die Kausalität der Benachteiligung für die unterbliebene Einstellung nur hinsichtlich der Höhe der Entschädigungszahlung ankam und eine Reduzierung des Auswahlermessens auf Null daher nicht nachgewiesen werden musste (vgl. BAG, Urteil vom 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 -, BAGE 119, 262; LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 08.11.2005 - 5 Sa 277/05 -). Diese Erweiterung bedeutete jedoch nicht, dass bereits ein Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift tatbestandsbegründend für die Entschädigungszahlung gewesen wäre. Vielmehr blieb dem öffentlichen Arbeitgeber die Möglichkeit, die Indizwirkung der unterbliebenen Einladung zum Vorstellungsgespräch zu entkräften und den Nachweis zu führen, dass die Nichteinstellung des schwerbehinderten Menschen ausschließlich aus sachlichen Gründen erfolgte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.02.2008 - 5 B 209/07 -, Buchholz 436.61 § 81 SGB IX Nr. 1).
43 
An dieser Rechtslage hat die Überführung des Entschädigungsanspruchs aus § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX a.F. in § 15 Abs. 2 AGG nichts geändert (vgl. Bay.VGH, Beschluss v. 20.10.2008 - 3 ZB 07.2179 -; BAG, Urteil vom 03.04.2007 - 9 AZR 823/06 -, BAGE 122, 54; LAG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.2008 - 4 Sa 1077/07 -). Bezugspunkt der Entschädigungszahlung bleibt auch insoweit der in § 15 Abs. 1 AGG benannte Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot, der sich ausweislich der Bestimmung des Anwendungsbereichs in § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG auf den Berufszugang bezieht.
44 
Allein der Verstoß gegen die Verpflichtung zur Durchführung eines Vorstellungsgesprächs löst den Entschädigungsanspruch damit nicht aus; diese Rechtsfolge ergibt sich nach dem gesetzlichen Regelungsgefüge vielmehr erst dann, wenn die durch den Verstoß begründete Indizwirkung einer Benachteiligung nicht entkräftet werden kann.
45 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO in Angelegenheiten der Schwerbehindertenfürsorge nicht erhoben.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.

(1) Für alle Klagen der Beamtinnen, Beamten, Ruhestandsbeamtinnen, Ruhestandsbeamten, früheren Beamtinnen, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis sowie für Klagen des Dienstherrn ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(2) Vor allen Klagen ist ein Vorverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen. Dies gilt auch dann, wenn die Maßnahme von der obersten Dienstbehörde getroffen worden ist. Ein Vorverfahren ist nicht erforderlich, wenn ein Landesgesetz dieses ausdrücklich bestimmt.

(3) Den Widerspruchsbescheid erlässt die oberste Dienstbehörde. Sie kann die Entscheidung für Fälle, in denen sie die Maßnahme nicht selbst getroffen hat, durch allgemeine Anordnung auf andere Behörden übertragen. Die Anordnung ist zu veröffentlichen.

(4) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Abordnung oder Versetzung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Eine Klage auf Entschädigung nach § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes muss innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden.

(2) Machen mehrere Bewerber wegen Benachteiligung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses oder beim beruflichen Aufstieg eine Entschädigung nach § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gerichtlich geltend, so wird auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsgericht, bei dem die erste Klage erhoben ist, auch für die übrigen Klagen ausschließlich zuständig. Die Rechtsstreitigkeiten sind von Amts wegen an dieses Arbeitsgericht zu verweisen; die Prozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.

(3) Auf Antrag des Arbeitgebers findet die mündliche Verhandlung nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Erhebung der ersten Klage statt.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.

(2) Der Arbeitgeber ist zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für

1.
Beamtinnen und Beamte des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Bundes oder eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
Richterinnen und Richter des Bundes und der Länder,
3.
Zivildienstleistende sowie anerkannte Kriegsdienstverweigerer, soweit ihre Heranziehung zum Zivildienst betroffen ist.

(1) Eine Klage auf Entschädigung nach § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes muss innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden.

(2) Machen mehrere Bewerber wegen Benachteiligung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses oder beim beruflichen Aufstieg eine Entschädigung nach § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gerichtlich geltend, so wird auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsgericht, bei dem die erste Klage erhoben ist, auch für die übrigen Klagen ausschließlich zuständig. Die Rechtsstreitigkeiten sind von Amts wegen an dieses Arbeitsgericht zu verweisen; die Prozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.

(3) Auf Antrag des Arbeitgebers findet die mündliche Verhandlung nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Erhebung der ersten Klage statt.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,
3.
Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten.
Als Beschäftigte gelten auch die Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie die Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist.

(2) Arbeitgeber (Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen) im Sinne dieses Abschnitts sind natürliche und juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Absatz 1 beschäftigen. Werden Beschäftigte einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen, so gilt auch dieser als Arbeitgeber im Sinne dieses Abschnitts. Für die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister.

(3) Soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft, gelten die Vorschriften dieses Abschnitts für Selbstständige und Organmitglieder, insbesondere Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen und Vorstände, entsprechend.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,
3.
Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten.
Als Beschäftigte gelten auch die Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie die Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist.

(2) Arbeitgeber (Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen) im Sinne dieses Abschnitts sind natürliche und juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Absatz 1 beschäftigen. Werden Beschäftigte einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen, so gilt auch dieser als Arbeitgeber im Sinne dieses Abschnitts. Für die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister.

(3) Soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft, gelten die Vorschriften dieses Abschnitts für Selbstständige und Organmitglieder, insbesondere Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen und Vorstände, entsprechend.

Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für

1.
Beamtinnen und Beamte des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Bundes oder eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
Richterinnen und Richter des Bundes und der Länder,
3.
Zivildienstleistende sowie anerkannte Kriegsdienstverweigerer, soweit ihre Heranziehung zum Zivildienst betroffen ist.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Die Rehabilitationsträger und die Integrationsämter wirken bei der Aufklärung, Beratung, Auskunft und Ausführung von Leistungen im Sinne des Ersten Buches sowie im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern nach § 167 darauf hin, dass der Eintritt einer Behinderung einschließlich einer chronischen Krankheit vermieden wird.

(2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 und 6 und ihre Verbände wirken bei der Entwicklung und Umsetzung der Nationalen Präventionsstrategie nach den Bestimmungen der §§ 20d bis 20g des Fünften Buches mit, insbesondere mit der Zielsetzung der Vermeidung von Beeinträchtigungen bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.

(3) Bei der Erbringung von Leistungen für Personen, deren berufliche Eingliederung auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen besonders erschwert ist, arbeiten die Krankenkassen mit der Bundesagentur für Arbeit und mit den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 20a des Fünften Buches eng zusammen.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Für die Berechnung des Übergangsgeldes während des Bezuges von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden 65 Prozent eines fiktiven Arbeitsentgelts zugrunde gelegt, wenn

1.
die Berechnung nach den §§ 66 und 67 zu einem geringeren Betrag führt,
2.
Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht erzielt worden ist oder
3.
der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen länger als drei Jahre zurückliegt.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Leistungsempfänger der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die seiner beruflichen Qualifikation entspricht. Dafür gilt folgende Zuordnung:

1.
für eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung (Qualifikationsgruppe 1) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2.
für einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung (Qualifikationsgruppe 2) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3.
für eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf (Qualifikationsgruppe 3) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße und
4.
bei einer fehlenden Ausbildung (Qualifikationsgruppe 4) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn je Zeitstunde nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, die für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht wird.
Maßgebend ist die Bezugsgröße, die für den Wohnsitz oder für den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Leistungsempfänger im letzten Kalendermonat vor dem Beginn der Leistung gilt.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 7. Dezember 2011 - 2 Sa 851/11 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, den der Kläger aufgrund einer angeblichen Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung im Bewerbungsverfahren geltend macht.

2

Der Kläger ist mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 schwerbehindert. Er ist Industriekaufmann mit mehrjähriger Erfahrung im kaufmännischen Bereich. In der Vergangenheit war er in verschiedenen mittelständischen Unternehmen und auch selbstständig tätig.

3

Das Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung (im Folgenden: Präsidium), der interne Dienstleister der hessischen Polizei, veröffentlichte im Mai 2010 eine Stellenanzeige. In dieser heißt es ua.:

„Im Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung (PLTV)

sind mehrere auf ein Jahr befristete Stellen (Elternzeitvertretung) zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu besetzen.

Kennziffer 016/2010

Mitarbeiter/in im SAP-Team der Vergabestelle

Die Eingruppierung erfolgt in der Entgeltgruppe 6 TV-H.

Ihre Aufgaben:

● Erstellen von Bestellungen in SAP-MM

● Prüfung eingehender Wareneingangsmeldungen und Rechnungen

Voraussetzungen:

● Kenntnisse in SAP-MM bzw. Einarbeitungswille in SAP-MM (unter Anleitung erfahrener Kolleginnen und Kollegen)

● Ausdauer und Belastbarkeit beim Bearbeiten gleichförmiger Vorgänge

● Teamfähigkeit

Kennziffer 017/2010

Mitarbeiter/in im Bereich öffentlich-rechtliche Forderungen

Die Eingruppierung erfolgt in der Entgeltgruppe 6    TV-H.

Ihre Aufgaben:

● Prüfung und Durchsetzung öffentlich - rechtlicher Ansprüche als Kostenbescheiderteiler/-in von öffentlich-rechtlichen Forderungen nach dem HVwKostG i. V. m. einschlägigen Kostenregelungen für polizeiliche Amtshandlungen.

Voraussetzungen:

● gute Auffassungsgabe

● Verantwortungsbereitschaft

● Belastbarkeit und Einsatzbereitschaft

● Teamfähigkeit

● gute Ausdrucksfähigkeit sowohl schriftlich als auch mündlich

Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt. Teilzeitbeschäftigung ist grundsätzlich möglich.“

4

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 27. Mai 2010 auf diese Stelle. Der Bewerbung fügte er seinen Lebenslauf, diverse Zeugnisse und die Kopie seines Schwerbehindertenausweises bei, wobei er in dem Anschreiben selbst unter „Anlagen“ „Kopie Schwerbehindertenausweis“ aufführte. Unter dem 31. Mai 2010 bestätigte das Präsidium den Eingang der Bewerbung.

5

Das Präsidium lud zunächst einige Bewerber mit Schreiben vom 5. Juli 2010 zu Vorstellungsgesprächen am 12. Juli 2010 ein. Weitere Vorstellungsgespräche waren für den 19. Juli 2010 geplant, vornehmlich mit schwerbehinderten Bewerbern. Aufgrund einer im Einvernehmen mit der Schwerbehindertenvertretung, dem Personalrat und der Frauenbeauftragten getroffenen Entscheidung der Personalabteilung wurden dann allerdings nicht alle behinderten Bewerber für denselben Tag zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Daher erfolgte nur eine Einladung einiger behinderter Bewerber zum Termin vom 19. Juli 2010. Einladungsschreiben für diesen Tag, die an weitere behinderte Bewerber, ua. den Kläger, gerichtet gewesen waren, wurden aus dem Postlauf genommen.

6

Sodann erhielt der Kläger - wie auch die anderen nicht eingeladenen behinderten Bewerber - ein Schreiben vom 26. Juli 2010, das mit „Im Auftrag“ von der damaligen Auszubildenden K unterzeichnet war und in dem es ua. heißt:

„Sehr geehrter Herr M,

unter Bezugnahme auf Ihre Bewerbung vom 27. Mai 2010 teile ich Ihnen mit, dass ich mich bei der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle nicht für Sie entschieden habe.

Ich bedauere, Ihnen keine günstigere Nachricht geben zu können.

Für das von Ihnen gezeigte Interesse an einer Beschäftigung bei meiner Behörde bedanke ich mich nochmals und wünsche Ihnen für Ihren weiteren beruflichen und privaten Lebensweg alles Gute.“

7

Eine Weisung zur Versendung dieses Schreibens hatte die Auszubildende K von keinem zuständigen Mitarbeiter der Personalabteilung erhalten.

8

Mit beim Präsidium am 10. August 2010 eingegangenem Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 6. August 2010 verlangte der Kläger eine Entschädigung iHv. 5.816,37 Euro, weil ihn das beklagte Land trotz Befähigung für die ausgeschriebene Stelle nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe.

9

Das Stellenbesetzungsverfahren war zu jenem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.

10

Daraufhin informierte das Präsidium den Kläger mit Schreiben vom 18. August 2010 darüber, dass es sich bei dem Absageschreiben vom 26. Juli 2010 um ein Missverständnis und ein Büroversehen gehandelt habe und das Auswahlverfahren fortgesetzt werde. Man habe den Kläger in den engeren Bewerberkreis für die Stelle als Mitarbeiter/in im SAP-Team der Vergabestelle aufgenommen und lade ihn daher zu einem Vorstellungsgespräch am 25. August 2010 um 10:30 Uhr in die Dienststelle nach W ein.

11

Mit Anwaltsschreiben vom 23. August 2010 ließ der Kläger dem Präsidium mitteilen:

„Sehr geehrte Frau B,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 18.08.2010.

Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass wir Ihre Einlassung, das Auswahlverfahren würde fortgesetzt, nicht akzeptieren können und werden. Es wird von unserer Seite angezweifelt, dass das Auswahlverfahren fortgesetzt wird.

Das Auswahlverfahren kann nicht fortgesetzt werden, sobald es abgeschlossen ist.

Aufgrund Ihrer Mitteilung zum Abschluss des Bewerbungsverfahrens hat mein Mandant, aus gesundheitlichen Gründen terminliche Dispositionen getroffen, die nun nicht mehr verschoben werden können.

Am Vorstellungsgespräch kann daher nicht teilgenommen werden.

Bitte teilen Sie uns genau mit, wie das Bewerbungsverfahren fortgesetzt werden konnte, nachdem es abgeschlossen war.“

12

Mit Schreiben vom 2. September 2010 wandte sich das Präsidium nochmals an die Prozessbevollmächtigte des Klägers und lud ihn erneut zu einem Vorstellungsgespräch nach W ein, dieses Mal für den 8. September 2010, 9:00 Uhr. Auf dieses Schreiben, das dem Kläger erst am 6. September 2010 zuging, reagierte er nicht.

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Der Kläger ist wegen einer Nierenerkrankung Dialysepatient. Am 25. August 2010 in der Zeit von 2:05 Uhr bis 4:35 Uhr und am 8. September 2010 in der Zeit ab 21:30 Uhr ließ er eine Dialysebehandlung in V in einer Klinik durchführen.

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Das Präsidium erstellte am 16. September 2010 einen Auswahlvermerk und hörte den Personalrat mit Schreiben vom 24. September 2010 zur Stellenbesetzung an. Eine der ausgeschriebenen Stellen wurde mit einem schwerbehinderten Bewerber besetzt, der zunächst ebenfalls ein Ablehnungsschreiben erhalten und dann an einem Vorstellungsgespräch am 25. August 2010 teilgenommen hatte, ohne einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Zu den beiden zusätzlich anberaumten Vorstellungsgesprächen am 25. August 2010 und am 8. September 2010 waren ausschließlich schwerbehinderte Bewerber eingeladen worden.

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Mit seiner am 9. September 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger seinen Entschädigungsanspruch gerichtlich geltend gemacht.

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Der Kläger meint, er sei wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden. Dass die Beklagte ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch nicht nachgekommen sei, stelle ein Indiz für seine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung dar. Dies könne auch nicht durch eine nachgeholte Einladung geheilt werden. Im Übrigen sei ihm aufgrund der Dialysebehandlungen eine Teilnahme an den kurzfristig anberaumten weiteren Vorstellungsterminen nicht möglich oder zumutbar gewesen.

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Der Kläger hat zuletzt beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung iHv. 5.816,37 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. August 2010 zu zahlen.

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Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.

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Es meint, der Geschehensablauf rechtfertige keinen Entschädigungsanspruch des Klägers. Das Absageschreiben sei versehentlich an den Kläger verschickt worden. Dadurch, dass er auf das Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 6. August 2010 hin in das noch laufende Bewerbungsverfahren wieder einbezogen worden sei, sei der Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX geheilt. Der Kläger habe diese Chance aufgrund eigener Entscheidung nicht genutzt.

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Das Arbeitsgericht hat dem Kläger eine Entschädigung iHv. anderthalb Bruttomonatsgehältern (2.908,18 Euro) zugesprochen. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit seiner durch das Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

22

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Dem Kläger stehe kein Entschädigungsanspruch wegen Benachteiligung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zu, da die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 SGB IX fehlten. Der Kläger habe keine Tatsachen vorgebracht, die eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem beklagten Land vermuten ließen. Zwar sei die Verletzung der Pflicht zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch (§ 82 Satz 2 SGB IX) grundsätzlich eine derartige Tatsache, da dem behinderten Bewerber die Chance genommen werde, den Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von seiner Eignung zu überzeugen. Allerdings könne der öffentliche Arbeitgeber einen Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX rückgängig machen, wenn er nach einem Hinweis des abgelehnten Bewerbers auf diesen Verstoß diesem in einem noch offenen Bewerbungsverfahren die Gelegenheit zu einem Vorstellungsgespräch gebe. Damit genüge er den Anforderungen des § 82 SGB IX in der weitestgehenden Form des Schadensersatzrechts, der Naturalrestitution. Das beklagte Land habe den mit Übersendung des Absageschreibens eingetretenen Verstoß gegen § 82 SGB IX geheilt, indem es den Kläger während des noch laufenden Stellenbesetzungsverfahrens zweimal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe. Damit liege kein Verfahrensfehler vor, aus dem die Vermutungswirkung nach § 22 AGG folge.

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Der Kläger sei auch nicht nur pro forma zur Vermeidung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 AGG von dem beklagten Land zu den weiteren Vorstellungsgesprächen eingeladen worden. Das Stellenbesetzungsverfahren sei zum Zeitpunkt der Vorstellungsgespräche am 25. August 2010 und 8. September 2010 noch nicht abgeschlossen gewesen. Zudem sei eine der ausgeschriebenen Stellen letztlich mit einem behinderten Stellenbewerber besetzt worden, der zunächst auch ebenso wie der Kläger ein Absageschreiben erhalten hatte. Dieser Umstand zeige, dass das beklagte Land Schwerbehinderte nicht grundsätzlich aus dem engeren Bewerberkreis habe ausschließen wollen.

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Der Kläger könne sich schließlich auch nicht darauf berufen, dass ihm die Teilnahme an den vorgeschlagenen Gesprächsterminen aufgrund anderweitiger Dispositionen nicht möglich gewesen sei. Die beiden Dialysebehandlungen des Klägers hätten ausweislich der vorgelegten Protokolle in den Nachtstunden stattgefunden, sodass davon auszugehen sei, dass er die Gesprächstermine um 10:30 Uhr bzw. um 9:00 Uhr in W hätte wahrnehmen können, wenn er dies tatsächlich gewollt hätte. Der Kläger habe letztlich kein wirkliches Interesse an der Weiterverfolgung seiner Bewerbung gehabt.

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B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung hätte es die Klage nicht abweisen dürfen.

26

I. Ob die zulässige Klage begründet ist, konnte der Senat aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO selbst entscheiden, sodass die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen war.

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1. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber „Beschäftigter“ im Sinne jenes Gesetzes. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis.

28

Für den Bewerberbegriff kommt es nicht darauf an, ob der Bewerber für die ausgeschriebene Tätigkeit objektiv geeignet ist (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 18, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16). Die objektive Eignung eines Bewerbers ist vielmehr für die Frage bedeutsam, ob eine „vergleichbare Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vorliegt(BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 29, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

29

Auch auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung kommt es im Streitfalle nicht an. Ihr Fehlen könnte allenfalls den Einwand treuwidrigen Verhaltens des Bewerbers begründen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Das Vorbringen des beklagten Landes zur fehlenden Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers ist jedoch nicht geeignet, diesen Einwand zu begründen. Nach Erhalt des Absageschreibens hatte der Kläger zunächst seine Rechte wahrgenommen. Dass er den späteren Einladungen nicht nachgekommen war und sich nicht selbst um einen weiteren Vorstellungstermin bemüht hatte, lässt für sich allein nicht den Rückschluss zu, er habe seine Bewerbung nicht ernsthaft betrieben.

30

2. Das beklagte Land ist als „Arbeitgeber“ passiv legitimiert. Arbeitgeber ist auch derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18, AP AGG § 15 Nr. 12 = EzA AGG § 15 Nr. 20).

31

3. Der Kläger hat seinen Entschädigungsanspruch innerhalb der Fristen der § 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG geltend gemacht. Der Anspruch ist somit nicht verfallen.

32

a) Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle einer Bewerbung beginnt die Frist grundsätzlich mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG), nicht jedoch vor dem Zeitpunkt, in dem der Bewerber von seiner Benachteiligung Kenntnis erlangt (vgl. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 61, AP AGG § 15 Nr. 11 = EzA AGG § 15 Nr. 18). Die Ablehnung der Bewerbung wurde dem Kläger mit Schreiben vom 26. Juli 2010 mitgeteilt, womit er zugleich Kenntnis von einem Indiz - dem Unterbleiben einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch - hatte, aus dem er die Vermutung seiner Benachteiligung herleitet. Mit Anwaltsschreiben vom 6. August 2010 hat der Kläger dann gegenüber dem Präsidium einen Entschädigungsanspruch geltend gemacht und damit die Zwei-Monats-Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG eingehalten.

33

b) Der Kläger hat zudem die Frist zur Klageerhebung gemäß § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt. Seine am 9. September 2010 beim Arbeitsgericht W eingegangene und dem beklagten Land am 20. September 2010 zugestellte Klage wurde innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs erhoben.

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4. Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG setzt materiell einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG voraus. § 15 Abs. 2 AGG enthält zwar nur eine Rechtsfolgenregelung, jedoch ist für die Voraussetzungen des Anspruchs auf § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG zurückzugreifen. Dies ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang der gesetzlichen Regelung (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 30, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

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5. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass zunächst ein Verstoß des beklagten Landes gegen § 82 Satz 2 SGB IX vorgelegen hatte, weil es den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte. Ob diesem deshalb ein Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 iVm. § 7 AGG zusteht, wird das Berufungsgericht unter Zugrundelegung der rechtlichen Beurteilung des Streitfalls durch den Senat(§ 563 Abs. 2 ZPO) erneut zu entscheiden haben.

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a) Der Kläger ist von dem beklagten Land unmittelbar benachteiligt worden. Eine solche Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Zum einen erfuhr der Kläger eine weniger günstige Behandlung als der später eingestellte Bewerber. Zum anderen war auch die Behandlung des Klägers im Vergleich mit den vor dem Absageschreiben zu Vorstellungsgesprächen eingeladenen weiteren (letztlich gleichfalls erfolglosen) Bewerbern weniger günstig. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung, liegt nämlich bereits dann vor, wenn der Bewerber nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgenommen und vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wird. Hier liegt die Benachteiligung in der Versagung einer Chance (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 22, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2).

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b) Anspruchsvoraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist nicht, dass der Arbeitgeber selbst oder eine für ihn tätig werdende Person schuldhaft gehandelt hat. Der Entschädigungsanspruch setzt nämlich kein Verschulden oder gar eine Benachteiligungsabsicht voraus (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 31, AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Es bedarf daher im Streitfalle auch keiner Zurechnung eines schuldhaften Fehlverhaltens der Auszubildenden oder ggf. anderer Mitarbeiter nach § 278 BGB noch einer Zurechnung nach § 831 BGB. Vielmehr geht es ausschließlich um eine Zurechnung der objektiven Handlungsbeiträge oder Pflichtverletzungen der für den Arbeitgeber handelnden Personen im vorvertraglichen Vertrauensverhältnis (vgl. BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 33, BAGE 127, 367 = AP SGB IX § 81 Nr. 15 = EzA SGB IX § 81 Rn. 17). Bedient sich der Arbeitgeber bei der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses eigener Mitarbeiter oder Dritter (zB der Bundesagentur für Arbeit), so trifft ihn die volle Verantwortlichkeit für deren Verhalten (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 35, AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7).

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Jeder Arbeitgeber hat die Erledigung seiner Personalangelegenheiten so zu organisieren, dass die gesetzlichen Pflichten zur Förderung schwerbehinderter Bewerber erfüllt werden (BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 35, BAGE 127, 367). Das Bewerbungsverfahren hat er fair und diskriminierungsfrei auszugestalten. Die für ihn handelnden Personen, auch Auszubildende, sind ihrerseits gehalten, insbesondere die Pflicht des § 82 Satz 2 SGB IX zu erfüllen. Der Verstoß gegen diese Pflicht ist dem beklagten Land mithin als objektive Pflichtverletzung zuzurechnen.

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Auf fehlerhafte Geschehensabläufe kann sich der Arbeitgeber zu seiner Entlastung daher ebenso wenig berufen wie auf unverschuldete Personalengpässe. Auch durchgeführte Schulungen oder „mustergültige“ Handreichungen kann er nicht ins Feld führen. Darauf käme es nämlich nur bei einem verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch an (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 36, AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7).

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Es genügt mithin, dass das Absageschreiben an den Kläger, selbst wenn es sich um ein bloßes „Büroversehen“ gehandelt haben sollte, aus der Verantwortungssphäre des beklagten Landes gestammt hat. Dass eine Auszubildende dieses Schreiben ohne entsprechende Weisung unterschrieben und versandt und somit ggf. ihre Befugnisse im Innenverhältnis überschritten hatte, ist ohne rechtliche Bedeutung. So hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts auch die Tatsache, dass eine Urlaubsvertretung die Agentur für Arbeit versehentlich nicht eingeschaltet hatte, für unerheblich gehalten (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 22, BAGE 119, 262 = AP SGB IX § 81 Nr. 13 = EzA SGB IX § 81 Nr. 14).

41

c) Der Kläger befand sich auch mit den zu den Vorstellungsgesprächen vom 12. Juli 2010 und vom 19. Juli 2010 eingeladenen Bewerbern in einer vergleichbaren Situation (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG).

42

aa) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt zunächst voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

43

bb) An der objektiven Eignung des Klägers für die von dem beklagten Land im Mai 2010 ausgeschriebene Stelle bestehen keine Zweifel. Die Eignung des Klägers wird von dem beklagten Land auch nicht in Abrede gestellt.

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d) Ob das beklagte Land den Kläger allerdings unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG „wegen“ seiner Behinderung weniger günstig behandelt hat, kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheiden.

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Entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts wird ein möglicher Kausalzusammenhang zwischen der ihn benachteiligenden Behandlung - Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch und Ablehnung - und dem Merkmal der Behinderung allein durch die nachträglichen Einladungen zu Vorstellungsgesprächen nicht beseitigt. Auch waren diese für sich allein betrachtet nicht geeignet, die Vermutung der Benachteiligung wegen Schwerbehinderung iSd. § 22 AGG zu widerlegen.

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aa) Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund - die Behinderung - das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das verpönte Merkmal Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (st. Rspr., BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, AP AGG § 22 Nr. 5 = EzA AGG § 22 Nr. 6).

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bb) Hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Nachteil und verpöntem Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich zugleich auf die Darlegungslast auswirkt. Ein erfolgloser Bewerber genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines unzulässigen Merkmals vermuten lassen. Dies ist dann der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen - aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit - darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals erfolgt ist. Denn durch die Verwendung der Begriffe „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber gleichwohl die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 32, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2).

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Besteht eine derartige Vermutung für die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

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cc) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen (Hilfs)Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen dem verpönten Merkmal und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, AP AGG § 22 Nr. 5 = EzA AGG § 22 Nr. 6).

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dd) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, es lägen deshalb keine Tatsachen oder Indizien vor, die eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung vermuten lassen, weil das beklagte Land den Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX noch im laufenden Stellenbesetzungsverfahren geheilt habe.

51

Zunächst geht das Landesarbeitsgericht zu Recht davon aus, dass eine unterbliebene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch die Vermutungswirkung grundsätzlich herbeiführt. Unterlässt es nämlich der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, einen schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so ist dies nach ständiger Rechtsprechung eine geeignete Hilfstatsache(„Indiz“) nach § 22 AGG, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Benachteiligung wegen der Behinderung spricht(st. Rspr., vgl. BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 39; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 46, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Für die Annahme, dass dem Kläger die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, sodass nach § 82 Satz 3 SGB IX eine Einladung entbehrlich gewesen wäre, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

52

Weitere Indizien für eine Benachteiligung „wegen“ seiner Behinderung hat der Kläger nicht dargetan, insbesondere keine sonstigen objektiven Verfahrensverstöße. Sie ergeben sich auch nicht aus den Feststellungen des Berufungsgerichts oder dem in Bezug genommenen Vorbringen der Parteien. Zwar enthielt das Ablehnungsschreiben vom 26. Juli 2010 keine Begründung für die dem Kläger ungünstige Entscheidung; diese wurde auch nicht unverzüglich nachgeholt. Jedoch war das beklagte Land nicht verpflichtet, die Beteiligten unverzüglich iSd. § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX über die Gründe für die Auswahlentscheidung zu unterrichten, da das Präsidium die Mindestbeschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX erfüllt(vgl. BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 40 ff.).

53

Allein die unstreitige Tatsache, dass nach der ersten Ablehnung zwei Einladungen zu Vorstellungsgesprächen durch das Präsidium ausgesprochen worden sind, lässt - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - die Vermutungswirkung nicht rückwirkend entfallen. Der Verfahrensfehler kann nicht nachträglich „geheilt“, der Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX nicht „rückgängig“ und quasi „ungeschehen“ gemacht werden. Anders formuliert: Durch den „actus contrarius“ einer nachträglichen Einladung wird die ursprüngliche Nichteinladung - und schriftliche Absage - nicht zu einem rechtlich unbeachtlichen „nullum“. Der Rechtsprechung des Senats zufolge vermag weder eine später vorgenommene Einstellung noch eine tatsächliche Beschäftigung eine einmal erfolgte ungünstigere Behandlung „aufzuheben“ und damit einen Entschädigungsanspruch zu beseitigen (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 33, AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7).

54

Der vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang verwendete Begriff „Naturalrestitution“ kann in die Irre führen. Dieser Begriff stammt aus dem Schadensersatzrecht und passt daher nicht zu einem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG. Darüber hinaus gehört er auf die Rechtsfolgenseite: Wenn ein Schadensersatzanspruch gegeben ist, dann gelten die allgemeinen Regeln der §§ 249 ff. BGB, in erster Linie und vorrangig § 249 Abs. 1 BGB mit dem Prinzip der Naturalrestitution, wonach der Schädiger „den Zustand herzustellen (hat), der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre“. Vorliegend geht es jedoch nicht um die Rechtsfolgenseite, sondern um die Frage, ob ein Entschädigungsanspruch dem Grunde nach zu bejahen ist.

55

Ebenso missverständlich ist es, in diesem Zusammenhang von einer „Heilung“ zu sprechen, welcher dem Berufungsgericht zufolge offenbar eine umfassende und „starke“ Wirkung ex tunc zukommen soll. Weder das AGG noch das SGB IX sehen eine „Heilung“ oder gar die vom Berufungsgericht damit verbundene rückwirkende Unbeachtlichkeit eines Verstoßes gegen § 82 Satz 2 SGB IX ausdrücklich vor.

56

Eine analoge Anwendung der Heilungsvorschriften des Sozialrechts verbietet sich. Deren abschließender Charakter lässt eine Analogie von vornherein ausscheiden.

57

Die enumerativen Heilungsfälle des § 41 SGB X beziehen sich auf verfahrens- oder formfehlerhafte Verwaltungsakte und sind bereits aus diesem Grund nicht übertragbar auf „Realakte“ wie die Nichteinladung und Ablehnung eines Bewerbers. Zudem handelt es sich nach herrschender Meinung um eine abschließende Aufzählung von - vorliegend thematisch nicht einschlägigen - Heilungsmöglichkeiten, was eine entsprechende Anwendung auf sonstige Verfahrensmängel von vornherein ausschließt (Schütze in v. Wulffen SGB X 7. Aufl. § 41 Rn. 5 mwN).

58

Außerdem hat der Gesetzgeber im SGB IX vereinzelt und gezielt „Heilungsvorschriften“ oder Mechanismen zur „Nachbesserung“ vorgesehen, nicht jedoch bei § 82 Satz 2 SGB IX. Daher ist nicht von einer „ungeplanten Regelungslücke“ auszugehen. So bestimmt etwa § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, dass der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören hat. Falls diese Beteiligung unterblieben ist, ist die Durchführung oder Vollziehung der Entscheidung auszusetzen und die Beteiligung innerhalb von sieben Tagen nachzuholen; erst danach ist endgültig zu entscheiden (§ 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX). Eine solche, gewissermaßen „maßgeschneiderte“ Nachbesserungsmöglichkeit enthält § 82 SGB IX jedoch nicht. Daher ist davon auszugehen, dass diese Verfahrensvorschrift absoluten Charakter besitzt und keine wie auch immer geartete „Heilung“ zulässt.

59

Im Übrigen eröffnet die nachträgliche Einladung einem zunächst abgelehnten Bewerber de facto keineswegs dieselbe „Chance“ einer Einstellung wie eine ursprüngliche Einladung, sondern wenn überhaupt nur eine erheblich verminderte Chance - ein deutliches „Minus“, wenn nicht gar einen „Malus“. Dies liegt für einen abgelehnten Bewerber, der nach erfolgter Ablehnung einen Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung geltend macht, auf der Hand. Es ist weder zu erwarten, dass er selbst unbefangen in ein „nachgeholtes“ Vorstellungsgespräch geht, noch kann davon ausgegangen werden, dass der potentielle Arbeitgeber das - im vorliegenden Fall sogar anwaltliche - „Sich-zur-Wehr-Setzen“ auszublenden vermag. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll der persönliche Kontakt schließlich die Einstellungschancen eines schwerbehinderten Bewerbers verbessern. Über die schriftlichen Bewerbungsunterlagen hinaus soll sich der Arbeitgeber ein Bild von der Persönlichkeit des Bewerbers, seinem Auftreten, seiner Leistungsfähigkeit und seiner Eignung machen. Weiter stellt das Vorstellungsgespräch auch ein geeignetes Mittel dar, um eventuelle Vorbehalte oder gar Vorurteile auszuräumen. Dieser durch § 82 Satz 2 SGB IX intendierte „Chancenvorteil“ gegenüber nicht schwerbehinderten Bewerbern entfällt jedoch ab dem Moment, ab dem ein Bewerber einen Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch wegen unterbliebener Einladung zu einem Vorstellungsgespräch geltend gemacht hat. Die nachträgliche Einladung ist kein funktional angemessener Ersatz für die unterbliebene Einladung, dh. sie kann die angestrebten Funktionen nicht mehr erfüllen. Ein nachträglich geführtes Vorstellungsgespräch besitzt nicht dieselbe tatsächliche oder rechtliche Qualität wie ein von vornherein anberaumtes Gespräch.

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Eine nachträgliche und rückwirkende „Heilung“ wäre zudem mit der Struktur des AGG und insbesondere den hier geltenden strikten Fristenregelungen nicht vereinbar. Ist der Entschädigungsanspruch einmal entstanden, sehen § 15 Abs. 4 AGG und § 61b Abs. 1 ArbGG kurze Ausschlussfristen für dessen Geltendmachung vor. Diese Fristen dienen der Rechtssicherheit, dem Rechtsfrieden und der Rechtsklarheit. Insbesondere soll es dem Arbeitgeber angesichts der Regelung des § 22 AGG nicht zugemutet werden, Dokumentationen über Einstellungsverfahren bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen. Umgekehrt muss sich aber auch der benachteiligte Bewerber darauf verlassen dürfen, dass seinem einmal entstandenen Anspruch nicht während laufender Frist nachträglich der Boden entzogen wird. So hat er seine Ansprüche geltend gemacht, Rechtsrat gesucht, Kosten ausgelöst, sich auf eine eventuelle gerichtliche Geltendmachung eingestellt oder bereits Klage erhoben.

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Hinzu kommt eine nicht unerhebliche Missbrauchs- und Umgehungsgefahr. Ein Arbeitgeber könnte sich bewusst eine „Hintertür“ offenlassen, dh. zunächst von der Einladung schwerbehinderter Bewerber absehen, um dann nur bei entsprechender Rüge des nicht Eingeladenen doch noch eine Einladung auszusprechen. So hätte es ein Arbeitgeber in der Hand, durch gezielte nachträgliche Einladungen und ggf. rein „formale“ Vorstellungsgespräche Ansprüche aus dem AGG ins Leere laufen zu lassen.

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II. Ob die durch das Indiz der Nichteinladung ausgelöste Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung durch das beklagte Land iSd. § 22 AGG widerlegt oder „entkräftet“ worden ist, wird das Landesarbeitsgericht noch zu prüfen haben. Insoweit war dem Senat eine abschließende Entscheidung gemäß § 563 Abs. 3 ZPO verwehrt, da es sich insoweit um eine Tatsachenbewertung handelt, welche nicht vom Revisionsgericht, sondern von den Tatsacheninstanzen vorzunehmen ist.

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1. Dem Berufungsgericht ist nicht nur - wie oben dargelegt - ein Beurteilungsspielraum einzuräumen, soweit es um die Frage geht, ob die von dem Bewerber vorgetragenen Hilfstatsachen den Schluss darauf zulassen, er sei wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals abgelehnt worden. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gilt ebenso für die Frage, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat(§ 22 AGG). Auch hier beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle darauf, ob die Würdigung des Tatsachengerichts möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt.

64

2. Dabei wird das Berufungsgericht Folgendes zu beachten haben: Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorgelegen hat. Er muss das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung nicht (zumindest auch) auf der Behinderung beruht hat. Damit muss er Tatsachen und Umstände vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben, und in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten war (BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 41).

65

Dabei kommen auch Umstände, Geschehnisse und Verhaltensweisen in Betracht, die zeitlich nach der Benachteiligung liegen. Mit der Benachteiligung, die spätestens zum Zeitpunkt des Ablehnungsschreibens vorliegt, tritt insoweit keine zeitliche Zäsur oder „Berücksichtigungssperre“ ein. Vielmehr können sich aus dem weiteren Verlauf des Verfahrens sowohl Indizien, die für eine Benachteiligung sprechen, ergeben, als auch solche, die den Arbeitgeber entlasten. Es ist mithin möglich und zulässig, aus späteren Verhaltensweisen des Arbeitgebers bzw. der für ihn handelnden Personen Rückschlüsse darauf zu ziehen, dass in dem zur Benachteiligung führenden „Motivbündel“ kein diskriminierendes Element enthalten gewesen war.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Volz    

        

    Kandler    

                 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. März 2011 - 9 Sa 678/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche, die die Klägerin geltend macht, weil sie sich wegen ihrer ethnischen Herkunft durch die Beklagte benachteiligt sieht.

2

Die 1978 in der Türkei geborene Klägerin lebt seit 1989 in Deutschland und hat eine Ausbildung als Arzthelferin abgeschlossen. Die Beklagte ist eine Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung (SGB VII), die in elf Bezirksverwaltungen über 1.800 Mitarbeiter beschäftigt, davon in der Bezirksverwaltung M 155. Mit dieser schloss die Klägerin am 25. Januar 2008 einen Arbeitsvertrag über eine auf den Zeitraum vom 1. Februar 2008 bis 31. Dezember 2008 nach § 14 Abs. 2 TzBfG iVm. § 30 Berufsgenossenschafts-Angestelltentarifvertrag(BG-AT) befristete Anstellung. Es wurden eine Arbeitszeit von 30 Wochenstunden und ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1.569,00 Euro vereinbart, außerdem sollten die Bestimmungen des BG-AT und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Gültigkeit haben.

3

Die Klägerin sollte als Sachbearbeiterin Rechnungen von Leistungserbringern unterhalb einer internen Bagatellgrenze bearbeiten, dh. prüfen und Zahlungen veranlassen. Am 23. Oktober 2008 führten Frau H und Frau R als Vorgesetzte der Klägerin mit dieser ein Personalgespräch, in dem es auch um fehlerhafte „Vertitelungen“ und Abrechnungen der Klägerin ging. Am 11. November 2008 wurde die Verlängerung der befristeten Beschäftigung vom 1. Januar 2009 bis 31. Januar 2010 vereinbart.

4

Im März 2009 wurde das Arbeitsverhältnis der kurz nach der Klägerin eingestellten, zunächst ebenfalls befristet beschäftigten Frau B entfristet. Mit Aushang vom 11. September 2009 schrieb die Beklagte in M eine Fortbildung für eine Tätigkeit in der Unfallbearbeitung aus, die sich „an festangestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ richtete. Diese Ausschreibung erhielt auch die zunächst ebenfalls befristet eingestellte Frau F, deren Arbeitsverhältnis zuvor entfristet worden war. Vom 18. Februar 2008 bis 6. Februar 2009 beschäftigte die Beklagte in der Bezirksverwaltung M eine Praktikantin türkischer Herkunft. Andere Arbeitnehmer nichtdeutscher Herkunft wurden während der Dauer des Arbeitsverhältnisses der Klägerin in M nicht beschäftigt. In den anderen zehn Bezirksverwaltungen beschäftigt die Beklagte Mitarbeiter aus 13 verschiedenen Nationen.

5

Am 11. September 2009 teilte der Leiter der Bezirksverwaltung M der Klägerin mit, dass eine Verlängerung oder Entfristung des Arbeitsverhältnisses nicht erfolgen werde. Die Einzelheiten dieses Gesprächs sind streitig. Mit Anwaltsschreiben vom 5. November 2009 ließ die Klägerin Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche nach dem AGG bei der Beklagten geltend machen. In dem Schreiben heißt es auszugsweise:

        

„Dabei fällt auf, dass meine Mandantin während ihrer nun bald zweijährigen Beschäftigung in der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft M bisher noch keine Beschäftigten aus dem islamischen Kulturkreis oder ausländischer Herkunft angetroffen hat. Eine solche Zusammensetzung der Belegschaft ist für eine Verwaltungseinrichtung dieser Größenordnung durchaus bemerkenswert. Bereits diese evidente Abweichung des Anteils der Beschäftigten nichtdeutscher Herkunft von statistischen Durchschnittszahlen legt gemäß § 22 AGG die Vermutung nahe, dass bei der Personalentscheidung auch die ethnische Herkunft meiner Mandantin eine Rolle gespielt hat.“

6

Mit anwaltlichem Schreiben vom 13. Januar 2010 teilte die Beklagte daraufhin mit:

        

„... Unsere Mandantschaft hat sich dazu entschlossen, das Arbeitsverhältnis Ihrer Mandantin nach dem Ablauf der zeitlichen Befristung am 31. Januar 2010 nicht weiter fortzusetzen. Hierzu bedarf es keiner Begründung. ...“

7

Sie wies im Weiteren eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer „ethnischen Herkunft“ zurück.

8

Das der Klägerin von der Beklagten unter dem 31. Januar 2010 erteilte Zeugnis enthält als Leistungsbeurteilung:

        

„Frau Bü erledigte die ihr übertragenen Aufgaben selbständig, sicher, termingerecht und zu unserer vollsten Zufriedenheit.“

9

Vom 1. Februar 2010 bis 16. Mai 2010 war die Klägerin arbeitslos gemeldet und erhielt Arbeitslosengeld in Höhe von 3.213,92 Euro. Seit dem 17. Mai 2010 steht sie in einem neuen Arbeitsverhältnis.

10

Die vorliegende Klage reichte die Klägerin am 2. Februar 2010 beim Arbeitsgericht M ein, sie wurde der Beklagten am 8. Februar 2010 zugestellt. Die Klägerin sieht sich bei der Entscheidung, das Arbeitsverhältnis mit ihr nicht fortzusetzen, von der Beklagten wegen ihrer ethnischen Herkunft benachteiligt. Dafür spreche, dass sie in der Bezirksverwaltung M die einzige nichtdeutsche Arbeitnehmerin gewesen sei, während in anderen Bezirksverwaltungen der Beklagten auch Arbeitnehmer anderer Nationen beschäftigt würden. Es sei wenig wahrscheinlich, dass in allen anderen Bezirken, nur nicht in M, zahlreiche ausländische Bewerber zur Verfügung stünden.

11

Die Klägerin behauptet, während des Gesprächs am 11. September 2009 habe ihr der Leiter der Bezirksverwaltung M erklärt, Grund für die Nichtfortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei die Fusion mit einer anderen Berufsgenossenschaft und zurückgehende Fallzahlen. Ebenso sei ihr gesagt worden, sie könne sich auf die ausgeschriebene Fortbildungsstelle nicht bewerben. Das Arbeitsverhältnis der Angestellten F sei entfristet worden, um deren Bewerbung zu ermöglichen. Ihr, der Klägerin, sei damit verschwiegen worden, dass tatsächlich auch befristet eingestellte Mitarbeiter eine Chance gehabt hätten. Ebenso sei es für deutsche Beschäftigte einfacher, ihren Beschäftigungsstatus in der Bezirksverwaltung M zu verfestigen, was die Entfristung des Arbeitsverhältnisses von Frau B indiziere. Schließlich seien die Angaben und das Verhalten der Beklagten widersprüchlich, was die Gründe für die Nichtverlängerung angehe. Zunächst habe der Leiter der Bezirksverwaltung auf eine Fusion verwiesen. Dann habe die Beklagte eine Begründung abgelehnt und nunmehr mache sie angebliche Fehler und Leistungsmängel der Klägerin geltend. Dies indiziere, dass über den wahren, jedoch verbotenen Grund für die Nichtverlängerung, eine Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft, nicht gesprochen werden solle.

12

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie eine angemessene Entschädigung zu bezahlen. Die Entschädigung ist ab Klageerhebung mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Die Höhe der Entschädigung wird in das Ermessen des Gerichts gestellt, sollte aber mindestens 5.000,00 Euro betragen;

        

2.    

die Beklagte weiter zu verurteilen, an sie als Schadensersatz zu bezahlen: 5.491,50 Euro brutto abzüglich des von der Klägerin in dem Zeitraum 1. Februar 2010 bis 16. Mai 2010 bezogenen Arbeitslosengelds in Höhe von 3.213,92 Euro netto.

13

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags hat die Beklagte in Abrede gestellt, bei ihren Personalentscheidungen spiele die ethnische Herkunft eine Rolle. Sie beschäftige Mitarbeiter aus einer Vielzahl von Nationen, derzeit in M eine polnische Mitarbeiterin und einen amerikanischen Mitarbeiter. Mit der Arbeitsleistung der Mitarbeiterinnen F und B sei man zufrieden gewesen, weswegen deren Arbeitsverhältnisse entfristet worden seien. Das Gegenteil treffe im Falle der Klägerin zu. So habe ihr der Leiter der Bezirksverwaltung M am 11. September 2009 mitteilen müssen, dass mangels fachlicher Qualifikation eine Bewerbung auf die Fortbildungsstelle nicht aussichtsreich sei.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts M teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in verlangter Höhe sowie zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 2.500,00 Euro verurteilt. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, mit der hilfsweise eingelegten Anschlussrevision will die Klägerin die Verurteilung zu einer höheren Entschädigung erreichen.

Entscheidungsgründe

15

Sowohl die Revision der Beklagten als auch die Anschlussrevision der Klägerin sind begründet. Das Berufungsgericht hat nicht rechtsfehlerfrei einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG bejaht, im Weiteren aber eine höhere Entschädigung als 2.500,00 Euro für die Klägerin abgelehnt. Die Sache ist an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, welches das Parteivorbringen innerhalb seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraumes erneut zu würdigen haben wird (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

16

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin sei in einer vergleichbaren Situation weniger günstig als die Mitarbeiterinnen B und F behandelt worden. Diese unmittelbare Benachteiligung sei wegen der ethnischen Herkunft der Klägerin erfolgt. Indiz dafür sei es, dass die Beklagte in M keine Arbeitnehmer nichtdeutscher Herkunft, ansonsten aber Arbeitnehmer aus 13 Nationen beschäftige. Da in der örtlichen Untergliederung M die wesentlichen Entscheidungen getroffen worden seien, die zu einer ungünstigeren Behandlung führten, könne auf einen Vergleich mit anderen Bezirksverwaltungen abgestellt werden. Weiteres Indiz sei, dass die Beklagte den Auskunftsanspruch der Klägerin nicht erfüllt habe. Im Zeitpunkt des Auskunftsverlangens habe das Arbeitsverhältnis noch bestanden. Im Rahmen dieser bestehenden Rechtsbeziehung sei ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB zu bejahen, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise im Ungewissen sei und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben könne. Auch nach eigenem Vorbringen der Beklagten habe der Leiter der Bezirksverwaltung am 11. September 2009 das berechtigte Auskunftsverlangen der Klägerin nicht erfüllt, da es der Beklagten möglich und zumutbar gewesen sei, andere Gründe als die ethnische Herkunft für die Benachteiligung der Klägerin darzulegen. Die behaupteten Leistungsmängel habe die Beklagte zum einen nicht substanziiert, zum anderen stünde diese Begründung im Widerspruch zum Inhalt des Arbeitszeugnisses. In der Gesamtschau müsse mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf geschlossen werden, dass die ethnische Herkunft wenigstens als Teil des Motivbündels mitursächlich für die ungünstigere Behandlung gewesen sei. Bei der Höhe der der Klägerin zuzusprechenden Entschädigung sei zu berücksichtigen, dass sie verhältnismäßig schnell eine neue Beschäftigung habe aufnehmen können und Anhaltspunkte für eine zielgerichtete Diskriminierung fehlten. Daher seien 2.500,00 Euro erforderlich, aber auch ausreichend.

17

B. Die Klage auf Zahlung einer Entschädigung, deren Höhe die Klägerin in das Ermessen des Gerichts gestellt hat, ist zulässig, aber nicht zur Entscheidung reif.

18

I. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 2.500,00 Euro mit einer Begründung zugesprochen, die einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht standhält.

19

1. Der persönliche Anwendungsbereich des am 18. August 2006 in Kraft getretenen AGG ist eröffnet. Die Klägerin stand bis zum 31. Januar 2010 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten und ist als Arbeitnehmerin Beschäftigte iSd. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG. Die Beklagte ist als Arbeitgeberin nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG passivlegitimiert.

20

2. Die Klägerin hat sowohl die Entschädigungs- wie die Schadensersatzansprüche innerhalb der Frist des § 15 Abs. 4 AGG schriftlich geltend gemacht und Klage binnen der in § 61b ArbGG bestimmten Frist erhoben.

21

a) Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt, § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG. Nach Mitteilung der Personalentscheidung am 11. September 2009 hat die Klägerin fristwahrend mit Schreiben ihres Anwalts vom 5. November 2009 Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche geltend gemacht. Da die Beklagte keine Anhaltspunkte vorgebracht hat, die auf einen späteren Zugang dieses Schreibens hindeuten, als er nach dem gewöhnlichen Postlauf anzunehmen ist (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 22, AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; 18. August 2009 - 9 AZR 517/08 - Rn. 25, AP TzBfG § 8 Nr. 28 = EzA TzBfG § 8 Nr. 24), ist von einem Zugang dieses Schreibens vor dem 12. November 2009 auszugehen. Nicht erforderlich war, dass die Klägerin die Entschädigungsforderung bezifferte (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - Rn. 23, AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12; 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 43, AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19).

22

b) Die am 2. Februar 2010 beim Arbeitsgericht M eingegangene Klage, die der Beklagten am 8. Februar 2010 zugestellt wurde, wahrte die Dreimonatsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG. Nach § 61b Abs. 1 ArbGG muss eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden. Für die Fristwahrung genügte vorliegend der rechtzeitige Eingang der Klage beim Arbeitsgericht (§ 167 ZPO), weil deren Zustellung demnächst erfolgte (vgl. BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 23, AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6, zu § 611a BGB aF; GMP/Germelmann 7. Aufl. § 61b Rn. 6; DFL/Heider 4. Aufl. § 61b ArbGG Rn. 3; Helml in Hauck/Helml/Biebl ArbGG 4. Aufl. § 61b Rn. 7; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 130; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 122).

23

3. Soweit gesetzlich nicht anders geregelt, gelten für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG die gleichen Voraussetzungen wie für den Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG. Dies ergibt sich schon aus dem systematischen Zusammenhang (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 14, BVerwGE 139, 135; BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 25, AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 28 mwN, BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Daher ist Anspruchsvoraussetzung ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG. Die Klage wird auf eine Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft der Klägerin gestützt, also auf die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes.

24

a) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, dass in der Verweigerung der Fortsetzung, dh. in der Weigerung zum Abschluss eines an die auslaufende Befristung anschließenden Arbeitsverhältnisses, eine unmittelbare Benachteiligung der Klägerin im Sinne von § 3 Abs. 1 AGG liegt.

25

aa) Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde, wobei die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an das verbotene Merkmal anknüpfen muss(vgl. BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 50, AP AGG § 22 Nr. 2 = EzA AGG § 22 Nr. 2; 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - Rn. 19, AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2). Die benachteiligende Regelung oder Maßnahme wird hierbei unmittelbar mit einem in § 1 AGG genannten Merkmal begründet(vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 48/10 - Rn. 33, AP AGG § 3 Nr. 8 = EzA AGG § 3 Nr. 5; EuGH 4. Oktober 2001 - C-438/99 - [Jiménez Melgar] Slg. 2001, I-6915 = AP EWG-Richtlinie Nr. 92/85 Nr. 3 = EzA BGB § 611a Nr. 17, zur Nichterneuerung eines befristeten Vertrags bei einer schwangeren Arbeitnehmerin). Unerheblich ist, ob die Anknüpfung verdeckt oder offen erfolgt (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - aaO). Auch kann die Benachteiligung statt in einem aktiven Tun auch in einem Unterlassen liegen (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 9; HK-ArbR/Bufalica 2. Aufl. § 3 AGG Rn. 5), wobei eine Benachteiligung durch Unterlassen nicht voraussetzt, dass eine Handlungspflicht besteht (vgl. Däubler/Bertzbach-Schrader/Schubert 2. Aufl. § 3 Rn. 28). Ein Benachteiligung durch Unterlassen kommt in Betracht, wenn ein Arbeitgeber ein befristetes Arbeitsverhältnis wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes nicht verlängert(vgl. EuGH 4. Oktober 2001 - C-438/99 - [Jiménez Melgar] Rn. 47, aaO; KR-Treber 9. Aufl. § 3 AGG Rn. 6).

26

bb) Die Klägerin ist ungünstiger behandelt worden als ihre Kolleginnen Frau B und Frau F, deren Arbeitsverhältnisse jeweils entfristet worden sind. Nach dem anzulegenden objektiven Maßstab (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - Rn. 20, EzA AGG § 3 Nr. 7; 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 52, AP AGG § 22 Nr. 2 = EzA AGG § 22 Nr. 2; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 8) liegt hierin eine im Verhältnis zur Klägerin günstigere Behandlung. Die Beklagte hat mit den Kolleginnen der Klägerin neue, unbefristete Arbeitsverträge geschlossen und diese nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts besser gestellt als die Klägerin, deren Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. Januar 2010 endete. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG genügt es, dass die Kolleginnen zeitlich früher günstiger behandelt wurden(„erfahren hat“).

27

cc) Die Situation der ungünstiger behandelten Klägerin war mit der ihrer Kolleginnen B und F vergleichbar.

28

Ausdrückliche Feststellungen hat das Landesarbeitsgericht zwar hierzu nicht getroffen. Unstreitig wurden aber die Kolleginnen B und F wie die Klägerin als Sachbearbeiterinnen bei der Beklagten beschäftigt. Alle drei Arbeitnehmerinnen waren ohne Sachgrund befristet eingestellt worden. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass zwischen der Tätigkeit oder den Vertragsbedingungen der Klägerin und ihren Kolleginnen B und F wesentliche Unterschiede bestanden. Alle verrichteten zumindest gleichartige Tätigkeiten unter im Wesentlichen denselben Arbeitsvertragsbedingungen.

29

b) Die Begründung des Landesarbeitsgerichts, die Benachteiligung der Klägerin sei wegen ihrer ethnischen Herkunft erfolgt, ist jedoch nicht frei von Rechtsfehlern.

30

aa) Der Begriff der ethnischen Herkunft wird weder in Art. 19 AEUV, im AGG noch in der zugrunde liegenden Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft definiert.

31

Ausweislich der Begründung des AGG-Gesetzesentwurfs ist das Merkmal der ethnischen Herkunft - wie auch das der Rasse - in einem umfassenden Sinn zu verstehen, denn es soll einen möglichst lückenlosen Schutz vor ethnisch motivierten Benachteiligungen gewährleisten. Es ist unionsrechtlich auszulegen und umfasst auch Kriterien, wie sie das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (CERD) vom 7. März 1966 nennt, nämlich Rasse, Hautfarbe, Abstammung, nationaler Ursprung oder Volkstum (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 31). Unter einer ethnischen Gruppierung können Bevölkerungsteile verstanden werden, die durch gemeinsame Herkunft, eine lange gemeinsame Geschichte, Kultur oder Zusammengehörigkeitsgefühl verbunden sind (vgl. ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 1 AGG Rn. 4; MüKo-BGB/Thüsing 6. Aufl. § 1 AGG Rn. 55; KR-Treber 9. Aufl. § 1 AGG Rn. 28; DFL/Kappenhagen/Kramer 4. Aufl. § 1 AGG Rn. 4; Däubler/Bertzbach-Däubler 2. Aufl. § 1 Rn. 28). Nicht dem Begriff der ethnischen Herkunft zuzurechnen ist die Staatsangehörigkeit. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2000/43/EG bestimmt, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen der Staatsangehörigkeit nicht von der Richtlinie betroffen wird. Allerdings liegt bei einer scheinbar allein auf die Staatsangehörigkeit bezogenen Differenzierung eine Benachteiligung wegen der Ethnie vor, wenn tatsächlich die Zugehörigkeit zur Volks- und Kulturgemeinschaft für die Zurückstellung tragend ist (vgl. Schleusener/Suckow/Voigt AGG/Schleusener 3. Aufl. § 1 Rn. 44; Däubler/Bertzbach aaO Rn. 34; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 1 Rn. 14; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 36 Rn. 8; AnwK-ArbR/von Steinau-Steinrück/Schneider 2. Aufl. Bd. 1 § 1 AGG Rn. 8: mittelbare Benachteiligung). Gleichgültig ist, ob die ethnische Unterscheidung positiv oder negativ definiert ist. Erfasst werden sowohl Fälle, in denen die Benachteiligung eine bestimmte Herkunft betrifft, als auch solche, in denen die Benachteiligung allein daran anknüpft, dass der Betroffene nichtdeutscher Herkunft ist (vgl. KR-Treber 9. Aufl. § 1 AGG Rn. 29). Angehörige eines fremden Volkes oder einer fremden Kultur sind vom Merkmal der ethnischen Herkunft erfasst, auch wenn diese Gruppe der in Deutschland lebenden Ausländer nicht durch gemeinsame einheitliche Merkmale geprägt ist (vgl. Däubler/Bertzbach-Däubler 2. Aufl. § 1 Rn. 38, 44; Palandt/Ellenberger 71. Aufl. § 1 AGG Rn. 2; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 1 Rn. 15; Falke in Rust/Falke AGG § 1 Rn. 20).

32

bb) Der Kausalzusammenhang zwischen nachteiliger Behandlung und dem Merkmal nach § 1 AGG ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an das Merkmal anknüpft oder durch sie motiviert ist(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32 zu § 3 Abs. 1 AGG). Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das verpönte Merkmal Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 28, EzA AGG § 22 Nr. 3 zum Merkmal Behinderung; 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 54, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10 zum Merkmal Alter; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 31, AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 7 Rn. 14; Schleusener/Suckow/Voigt AGG/Schleusener 3. Aufl. § 3 Rn. 12; ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 7 AGG Rn. 4). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - aaO).

33

cc) Hinsichtlich der Kausalität zwischen Nachteil und dem verpönten Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich auch auf die Darlegungslast auswirkt. Der Beschäftigte genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verbotenen Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Wörter „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich der Kausalität zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 29, EzA AGG § 22 Nr. 3; 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 16, AP AGG § 22 Nr. 1 = EzA AGG § 22 Nr. 1). Solche Vermutungstatsachen können bspw. in Äußerungen bzw. Fragen des Arbeitgebers (vgl. BAG 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - Rn. 25, AP AGG § 7 Nr. 2 = EzA AGG § 15 Nr. 6), in Verstößen gegen Verfahrensvorschriften, die der Förderung eines bestimmten Personenkreises dienen (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 35, AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21), in sonstigen Verfahrenshandlungen, wie einer Stellenausschreibung unter Verstoß gegen § 11 AGG(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 59, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10), im Einzelfall auch in statistischen Daten (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 68, AP AGG § 22 Nr. 2 = EzA AGG § 22 Nr. 2) begründet sein. Werden vom Arbeitnehmer Hilfstatsachen vorgetragen, die für sich genommen nicht zur Begründung der Vermutungswirkung ausreichen, ist vom Tatrichter eine Gesamtbetrachtung dahin gehend vorzunehmen, ob die Hilfstatsachen im Zusammenhang gesehen geeignet sind, die Vermutungswirkung zu begründen (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 483/09 - Rn. 25, AP AGG § 3 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 7; 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 41, AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6). Liegt eine Vermutung für die Benachteiligung vor, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

34

dd) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen oder unstreitigen Tatsachen eine Benachteiligung wegen des in Rede stehenden Merkmals nach § 1 AGG vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen dem verbotenen Merkmal und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 36, EzA AGG § 15 Nr. 16; 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 30, EzA AGG § 22 Nr. 3; 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 56, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 34, AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 41, BAGE 127, 367 = AP SGB IX § 81 Nr. 15 = EzA SGB IX § 81 Nr. 17).

35

c) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht stand, das angenommen hat, bereits die Tatsache, dass die Beklagte in der Bezirksverwaltung M keine Arbeitnehmer nichtdeutscher Herkunft beschäftige, während ansonsten Arbeitnehmer aus 13 Nationen bei ihr beschäftigt seien, stelle ein Indiz für die Mitursächlichkeit der ethnischen Herkunft der Klägerin bei ihrer Benachteiligung dar.

36

aa) An sich können sich aus Quoten oder Statistiken Indizien für eine Diskriminierung ergeben. Statistiken sind als mögliche Hilfstatsachen im Erwägungsgrund Nr. 15 der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft erwähnt. Auch der deutsche Gesetzgeber (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 47) und der Senat (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 483/09 - Rn. 29, AP AGG § 3 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 7) haben dies bejaht. Eine Vermutung für ein regelhaft die Merkmalsträgergruppe benachteiligendes Verhalten kann sich aus statistischen Daten aber nur dann ergeben, wenn sie sich konkret auf den betreffenden Arbeitgeber beziehen und aussagekräftig sind, was sein Verhalten gegenüber der Merkmalsträgergruppe anbelangt (vgl. EuGH 27. Oktober 1993 - C-127/92 - [Enderby] Slg. 1993, I-5535 = AP EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 50 = EzA EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 20). Soweit dabei von in der Vergangenheit erfolgten Diskriminierungen auf die Gegenwart geschlossen wird, spricht dies nicht gegen die Berücksichtigung von Statistiken, weil ein regelhaft geübtes Verhalten gerade nur durch die Betrachtung der Vergangenheit ausgemacht werden kann (BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 68, AP AGG § 22 Nr. 2 = EzA AGG § 22 Nr. 2).

37

bb) Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht auf die Bezirksverwaltung M abgestellt. Den Arbeitsvertrag der Klägerin vom 25. Januar 2008 hat der Leiter der Bezirksverwaltung M wie den Änderungsvertrag vom 11. November 2008 unterschrieben. Das trägt den Schluss des Berufungsgerichts, dass die Personalentscheidungen in M getroffen wurden, womit grundsätzlich auf diese Bezirksverwaltung als Bezugsgröße abgestellt werden kann.

38

cc) In der Bezirksverwaltung M wurden zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Arbeitnehmer nichtdeutscher Herkunft beschäftigt, während in den übrigen Bezirksverwaltungen Arbeitnehmer unterschiedlicher Herkunft aus ingesamt 13 Nationen beschäftigt wurden. Das Berufungsgericht hat daraus geschlossen, nichtdeutsche Arbeitnehmer würden in der Bezirksverwaltung M benachteiligt, Arbeitnehmer deutscher Herkunft bevorzugt. Dadurch hat es nicht vernünftigerweise alle in Betracht kommenden Umstände widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze berücksichtigt.

39

Die bloße Unterrepräsentation einer Gruppe ist nicht zwingend ein Indiz für eine diskriminierende Personalpolitik. Dies gilt insbesondere für Beschäftigungsquoten von Arbeitnehmern unterschiedlicher ethnischer Herkunft. Die Unter- oder Überrepräsentation von Arbeitnehmern einer Ethnie kann statt auf einem diskriminierenden Verhalten des Arbeitgebers etwa auch auf einer individuellen Präferenz der Gruppenmitglieder für eine bestimmte Branche beruhen (vgl. MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 22 AGG Rn. 15; Bayreuther NJW 2009, 806; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 22 Rn. 11). Dass Ethnien in einer Belegschaft unterschiedlich repräsentiert werden, kann einerseits von den im Betrieb anfallenden Tätigkeiten und der damit zusammenhängenden Qualifikation, andererseits von der Bewerberlage abhängen (Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 22 Rn. 25; Peick Darlegungs- und Beweislast nach § 22 AGG S. 240 f.). Die Verteilung der Ethnien ist in Deutschland nicht gleich, es gibt bereits größere Unterschiede zwischen urbanen und ländlichen Gebieten sowie zwischen den einzelnen Regionen und Bundesländern. Einen Erfahrungssatz, wonach bestimmte Bevölkerungsgruppen bei Bewerbungen stets gleichmäßig vertreten sind und Belegschaften dementsprechend zusammengesetzt sein müssen, gibt es nicht (Grobys NZA 2006, 898, 902). Soweit eine einseitige Belegschaftsstruktur als Indiz für eine Benachteiligung angeführt wird, muss in jedem Einzelfall je nach dem Merkmal und nach dem Verhältnis der absoluten und relativen Zahlen geprüft werden, ob eine Indizwirkung besteht (Wörl Die Beweislast nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz S. 161).

40

Ebenso ist der Umstand, dass die Beklagte in den elf Bezirksverwaltungen Arbeitnehmer aus 13 Nationen beschäftigt, nicht aussagekräftig. Aus ihm kann nicht einmal auf einen „üblichen Anteil“ von Arbeitnehmern nichtdeutscher Herkunft geschlossen werden. Die Beschäftigungsquote ausländischer Arbeitnehmer bei der Beklagten insgesamt bleibt ebenso unklar wie der Anteil solcher Arbeitnehmer je einzelner Bezirksverwaltung. Bei diesen müsste ein auffallend hoher oder niedriger Anteil an Arbeitnehmern nichtdeutscher Herkunft zudem in Beziehung zur jeweiligen Bewerberlage und zu dem regionalen Arbeitsmarkt gesetzt werden. Weder aus den von der Klägerin vorgetragenen Umständen noch aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ergibt sich eine „übliche Quote“ von nichtdeutschen Mitarbeitern bei der Beklagten oder in ihren Bezirksverwaltungen oder je einzelner Bezirksverwaltung oder in der Bezirksverwaltung M.

41

dd) Hinzu kommt, dass die Klage darauf gestützt wird, in M stehe die ethnische Herkunft einer Verfestigung des Beschäftigtenstatus entgegen. Im Hinblick auf ihre eigene und die Beschäftigung der türkischen Praktikantin macht die Klägerin nicht geltend, nichtdeutschen Arbeitnehmern werde eine Beschäftigung bei der Beklagten in M generell verwehrt, sondern diesen werde eine unbefristete Beschäftigung versagt. Das Kriterium „Arbeitnehmer aus 13 verschiedenen Nationen“ trifft keine Aussage, ob diese befristet oder unbefristet beschäftigt werden. Es bleibt schon unklar, wie hoch der Anteil (sachgrundlos) befristet beschäftigter Arbeitnehmer in den einzelnen Bezirksverwaltungen ist, mit welchem Anteil deutsche bzw. nichtdeutsche Arbeitnehmer hierunter fallen und mit welchem Anteil solche Arbeitsverhältnisse ggf. entfristet werden. Eine regelhafte Entfristung bzw. unbefristete Beschäftigung von vergleichbaren nichtdeutschen Arbeitnehmern in anderen Bezirksverwaltungen ergibt sich nicht.

42

4. Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).

43

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe einen der Klägerin zustehenden Anspruch auf Auskunft über die Gründe für die Nichtübernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht erfüllt. Diese Tatsachenwürdigung lässt sich weder aus dem unstreitigen Sachverhalt, noch aus dem Akteninhalt und schließlich nicht aus dem eigenen, jedoch bestrittenen Vorbringen der Klägerin ableiten.

44

aa) Auf das Auskunftsverlangen des Anwalts der Klägerin vom 5. November 2009 hat die Beklagte nicht jegliche Auskunft verweigert, sondern mit Schreiben vom 13. Januar 2010 Stellung genommen. Darin hat sie zwar den Standpunkt eingenommen, ihre Entscheidung zum Ende des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin nicht begründen zu müssen. Sie ist aber im Weiteren auf den Vorhalt der Klägerin, sie sei wegen ihrer nichtdeutschen Herkunft vermutlich benachteiligt worden - und um die Erläuterung dieses Vorhalts hatte die Klägerin gebeten - eingegangen, hat abgestritten, dass die ethnische oder religiöse Herkunft eine Rolle gespielt habe und darauf verweisen lassen, dass bei der Beklagten „derzeit zahlreiche ausländische Arbeitnehmer aus etwa 13 Nationen tätig“ sind. Die Klägerin hatte einen konkreten Vorwurf erhoben und um Prüfung und Erläuterung gebeten. Damit hat sich die Beklagte - wenn auch knapp - auseinandergesetzt.

45

bb) Die Beklagte hat weiter - nach ihrem Vorbringen bereits durch den Leiter der Bezirksverwaltung M am 11. September 2009 - jedenfalls aber im Prozess Leistungsmängel bei der von der Klägerin erbrachten Arbeit als Grund dafür angegeben, dass sie das Arbeitsverhältnis nicht weiter fortgesetzt habe. Auch insoweit hat die Beklagte Auskunft erteilt oder behauptet, dies zumindest schon vorprozessual getan zu haben.

46

cc) Schließlich ist nach ihrer eigenen Behauptung der Klägerin am 11. September 2009 vom Leiter der Bezirksverwaltung erklärt worden, die Nichtverlängerung sei auf eine Fusion und einem daraus resultierenden verminderten Arbeitsanfall zurückzuführen. Dies hat die Beklagte zwar bestritten, den Vortrag als wahr unterstellt, kann aber nicht ohne Rechtsfehler angenommen werden, die Beklagte sei einem Auskunftsverlangen nicht nachgekommen.

47

b) Bei der Entscheidung des Rechtsstreits wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob sich aus der Art der von der Beklagten gemachten Angaben, ihrer inhaltlichen Richtigkeit sowie in der Zusammenschau mit dem übrigen Verhalten der Bezirksverwaltung Indizien für eine ethnische Benachteiligung der Klägerin ergeben. Dabei wird das Landesarbeitsgericht folgende rechtliche Erwägungen zu berücksichtigen haben:

48

aa) Die beiden Stufen der Darlegungs- und Beweislast aus § 22 AGG sind zu trennen. Zunächst hat der Arbeitnehmer die Verantwortung, das Gericht von Indizien, also von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit einer Diskriminierung zu überzeugen. Die Glaubhaftmachung durch den Arbeitnehmer lässt die Beweisverteilung unberührt, sie senkt nur das Beweismaß (BAG 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - zu II 2 b bb (1) der Gründe, BAGE 109, 265 = AP BGB § 611a Nr. 23 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 3). Es kann daher grundsätzlich kein „Indiz“ sein, wenn die Beklagte die Gründe ihrer Rechtsverteidigung nicht hinreichend substanziiert dargelegt hat. Erst auf der zweiten Stufe, also nachdem die klägerseits vorgetragenen Tatsachen eine Benachteiligung wegen eines Merkmals nach § 1 AGG vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorlag. Erst dann, wenn diese Stufe erreicht ist, muss er Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe als die ethnische Herkunft waren, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 61, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10 für das Merkmal Alter; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 49, EzA AGG § 15 Nr. 16; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45, AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21 für das Merkmal Behinderung).

49

bb) Dagegen kann es ein Indiz darstellen, wenn ein Arbeitgeber bei der Auskunftserteilung Gründe angibt, die im Widerspruch zu seinem sonstigen Verhalten stehen. Das Landesarbeitsgericht wird zu würdigen haben, dass sich die Klägerin insoweit auf das ihr erteilte Arbeitszeugnis und seinen Inhalt vom 31. Januar 2010 berufen hat. Weiter hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass schon am 23. Oktober 2008, also vor der Verlängerung des ersten Arbeitsvertrags, Arbeitsfehler der Klägerin Gegenstand eines Personalgesprächs waren. Das Landesarbeitsgericht wird also insoweit zu prüfen haben, ob (im Sinne der ersten Stufe der Darlegungslast des § 22 AGG) eine erteilte, aber widersprüchliche oder unzulässige Auskunft gegeben wurde, zunächst jedoch nicht, ob die Begründung des Arbeitgebers für die benachteiligende Maßnahme inhaltlich zutrifft oder nicht.

50

cc) Indizwirkung können auch gegebene, aber wechselnde Begründungen des Arbeitgebers für eine getroffene benachteiligende Maßnahme haben. In diesem Zusammenhang wird das Landesarbeitsgericht das Vorbringen der Klägerin zu prüfen haben, zunächst sei ihr ein betriebsbedingter Grund („Fusion“) für die Nichtverlängerung vom Leiter der Bezirksverwaltung M genannt worden, wobei dies später oder im Prozess von der Beklagten nicht wiederholt worden ist. Ein nicht erläutertes Auswechseln von Begründungen für ein Verhalten lässt nach allgemeiner Lebenserfahrung den Schluss zu, dass die zunächst gegebene Begründung unzutreffend war. Stellte sich dann die neue Begründung als unzulässige, jedenfalls aber als im Widerspruch zum bisherigen eigenen Verhalten stehende Argumentation dar, so verstößt es nicht gegen Denkgesetze anzunehmen, dass über die wahren Gründe nicht gesprochen werden soll. Das indiziert, dass die eigentlichen Gründe unerlaubt waren und genügt daher im Sinne der Darlegungslast der Klägerin nach § 22 AGG.

51

dd) Da die Beklagte Auskunft erteilt hat, kann es der Senat vorliegend dahinstehen lassen, ob dem ein Auskunftsanspruch der Klägerin zugrunde lag. Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass bei einer - wie im Fall der Klägerin - sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG der Arbeitgeber ohne Bindung an sachliche Gründe entscheiden kann, ob er den befristet beschäftigten Arbeitnehmer nach Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit weiterbeschäftigt; an den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ist er nicht gebunden (BAG 13. August 2008 - 7 AZR 513/07 - Rn. 23, BAGE 127, 239 = AP TzBfG § 14 Nr. 75 = EzA TzBfG § 14 Nr. 52; APS/Backhaus 4. Aufl. § 15 TzBfG Rn. 112; ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 15 TzBfG Rn. 7; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 765). Auch aus § 30 Abs. 3 BG-AT, der dem Wortlaut von § 30 Abs. 3 TVöD entspricht, folgt kein Auskunftsanspruch zum Ende der Beschäftigung nach Ablauf der Höchstbefristungsdauer. Nach § 30 Abs. 3 Satz 1 BG-AT soll zwar ein befristeter Arbeitsvertrag ohne sachlichen Grund in der Regel zwölf Monate nicht unterschreiten, die Vertragsdauer muss mind. sechs Monate betragen. § 30 Abs. 3 Satz 2 BG-AT sieht dagegen nur vor, dass der Arbeitgeber vor Ablauf des Arbeitsvertrags zu prüfen hat, ob eine unbefristete oder befristete Weiterbeschäftigung möglich ist. Damit statuiert § 30 Abs. 3 Satz 2 BG-AT allein eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu prüfen, ob eine weitere Beschäftigung - unbefristet oder befristet - möglich ist. Eine weitergehende Verpflichtung sieht § 30 Abs. 3 Satz 2 BG-AT nicht vor, insbesondere nicht, das Ergebnis der Prüfung dem Arbeitnehmer mitzuteilen. Erst recht kann § 30 Abs. 3 Satz 2 BG-AT keine materiellrechtliche Verpflichtung entnommen werden, dem Arbeitnehmer die Gründe für ein negatives Prüfungsergebnis mitzuteilen.

52

5. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO, da das Landesarbeitsgericht nicht sämtliche von der Klägerin vorgebrachten Tatsachen gewürdigt hat und der Senat nach § 286 ZPO nicht seine Würdigung an die Stelle der Würdigung des Tatsachengerichts setzen darf.

53

II. Die Revision der Beklagten ist auch begründet, soweit sie sich gegen eine Verurteilung zur Zahlung eines Schadensersatzes wendet. Der von der Klägerin begehrte materielle Schadensersatzanspruch gemäß § 15 Abs. 1, §§ 7, 1 AGG iVm. §§ 249, 252 BGB kann mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts nicht bejaht werden. Die bisherige Würdigung des Landesarbeitsgerichts (§ 22 AGG iVm. § 286 ZPO), die Klägerin sei wegen ihrer ethnischen Herkunft ungünstiger behandelt worden, hält, wie dargelegt, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

54

III. Die Anschlussrevision ist gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG, § 554 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie konnte auch bedingt für den Fall erhoben werden, dass auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil aufgehoben wird. Eine unter dieser Bedingung eingelegte Anschlussrevision ist statthaft (vgl. Musielak/Ball ZPO 9. Aufl. § 554 Rn. 8). Es genügt, dass diese sich gegen dasselbe Urteil richtet, welches durch das Hauptrechtsmittel angefochten ist (vgl. BGH 29. Januar 2003 - IV ZR 257/01 - Rn. 18, NJW-RR 2003, 598; 21. Februar 1992 - V ZR 273/90 - Rn. 18, NJW 1992, 1897).

55

Die Anschließung der Klägerin ist am 16. August 2011 (Bl. 218 SenA), also innerhalb eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegründungsschrift am 22. Juli 2011 (Bl. 217 SenA), erfolgt (§ 72 Abs. 5 ArbGG, § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Sie ist zugleich begründet worden (§ 554 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

56

1. Ob die Hilfsanschlussrevision der Klägerin begründet ist, kann vom Senat nicht entschieden werden; die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Ob die zulässige Berufung der Klägerin ganz oder teilweise begründet ist, kann der Senat nicht entscheiden. Bereits die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Ob der Klägerin überhaupt Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche zustehen, kann nicht abschließend beurteilt werden.

57

2. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der Klägerin eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zusteht, wird es über die Höhe der Entschädigung neu zu befinden haben. Die Rechtsprechung des EuGH verlangt, dass die Sanktion in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen muss (vgl. EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 27, 32, Slg. 1997, I-2195 = AP BGB § 611a Nr. 13 = EzA BGB § 611a Nr. 12; 2. August 1993 - C-271/91 - [Marshall] Slg. 1993, I-4367; BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 82, BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Die Höhe der Entschädigung muss geeignet sein, den Arbeitgeber zukünftig zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten nach dem AGG anzuhalten (spezialpräventive Funktion) und Dritte von ähnlichen Verstößen abzuhalten (generalpräventive Funktion). Kommt dem Schadensersatz ein Sanktionszweck zu, so ist dieser aber durch den Schadensausgleichsgesichtspunkt begrenzt (vgl. Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 14; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 73; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 62 f.; Stoffels RdA 2009, 204, 205 f.). Entscheidend ist, dass der immaterielle Schaden kompensiert wird. Die Erwägung des Landesarbeitsgerichts, eine höhere Entschädigung als 2.500,00 Euro sei deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Klägerin relativ schnell eine anderweitige Beschäftigung hat aufnehmen können, ist nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landesarbeitsgericht hat, ohne dass es dies ausdrücklich ausgesprochen hätte, angenommen, mit der Aufnahme der anderweitigen Beschäftigung habe die Beeinträchtigung geendet und zeitige keine Folgen mehr. Allerdings genoss die Klägerin in ihrem neuen Arbeitsverhältnis - anders als im Arbeitsverhältnis zur Beklagten - jedenfalls für die Dauer von sechs Monaten keinen Kündigungsschutz. Daher hielt auch nach der Aufnahme der anderweitigen Beschäftigung die Interessenschädigung an. Diese Interessenschädigung würde auch nicht durch Gewährung des von der Klägerin begehrten materiellen Schadensersatzes ausgeglichen. Mit der gegebenen Begründung kann daher die Begrenzung der Entschädigung auf 2.500,00 Euro, was etwa dem 1,6-Fachen eines Bruttomonatsverdienstes entspricht, nicht gerechtfertigt werden. Im Übrigen kommt mit Rücksicht auf den Präventionszweck auch eine Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers in Betracht.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Volz    

        

    Pauli    

                 

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 7. Dezember 2011 - 2 Sa 851/11 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, den der Kläger aufgrund einer angeblichen Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung im Bewerbungsverfahren geltend macht.

2

Der Kläger ist mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 schwerbehindert. Er ist Industriekaufmann mit mehrjähriger Erfahrung im kaufmännischen Bereich. In der Vergangenheit war er in verschiedenen mittelständischen Unternehmen und auch selbstständig tätig.

3

Das Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung (im Folgenden: Präsidium), der interne Dienstleister der hessischen Polizei, veröffentlichte im Mai 2010 eine Stellenanzeige. In dieser heißt es ua.:

„Im Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung (PLTV)

sind mehrere auf ein Jahr befristete Stellen (Elternzeitvertretung) zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu besetzen.

Kennziffer 016/2010

Mitarbeiter/in im SAP-Team der Vergabestelle

Die Eingruppierung erfolgt in der Entgeltgruppe 6 TV-H.

Ihre Aufgaben:

● Erstellen von Bestellungen in SAP-MM

● Prüfung eingehender Wareneingangsmeldungen und Rechnungen

Voraussetzungen:

● Kenntnisse in SAP-MM bzw. Einarbeitungswille in SAP-MM (unter Anleitung erfahrener Kolleginnen und Kollegen)

● Ausdauer und Belastbarkeit beim Bearbeiten gleichförmiger Vorgänge

● Teamfähigkeit

Kennziffer 017/2010

Mitarbeiter/in im Bereich öffentlich-rechtliche Forderungen

Die Eingruppierung erfolgt in der Entgeltgruppe 6    TV-H.

Ihre Aufgaben:

● Prüfung und Durchsetzung öffentlich - rechtlicher Ansprüche als Kostenbescheiderteiler/-in von öffentlich-rechtlichen Forderungen nach dem HVwKostG i. V. m. einschlägigen Kostenregelungen für polizeiliche Amtshandlungen.

Voraussetzungen:

● gute Auffassungsgabe

● Verantwortungsbereitschaft

● Belastbarkeit und Einsatzbereitschaft

● Teamfähigkeit

● gute Ausdrucksfähigkeit sowohl schriftlich als auch mündlich

Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt. Teilzeitbeschäftigung ist grundsätzlich möglich.“

4

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 27. Mai 2010 auf diese Stelle. Der Bewerbung fügte er seinen Lebenslauf, diverse Zeugnisse und die Kopie seines Schwerbehindertenausweises bei, wobei er in dem Anschreiben selbst unter „Anlagen“ „Kopie Schwerbehindertenausweis“ aufführte. Unter dem 31. Mai 2010 bestätigte das Präsidium den Eingang der Bewerbung.

5

Das Präsidium lud zunächst einige Bewerber mit Schreiben vom 5. Juli 2010 zu Vorstellungsgesprächen am 12. Juli 2010 ein. Weitere Vorstellungsgespräche waren für den 19. Juli 2010 geplant, vornehmlich mit schwerbehinderten Bewerbern. Aufgrund einer im Einvernehmen mit der Schwerbehindertenvertretung, dem Personalrat und der Frauenbeauftragten getroffenen Entscheidung der Personalabteilung wurden dann allerdings nicht alle behinderten Bewerber für denselben Tag zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Daher erfolgte nur eine Einladung einiger behinderter Bewerber zum Termin vom 19. Juli 2010. Einladungsschreiben für diesen Tag, die an weitere behinderte Bewerber, ua. den Kläger, gerichtet gewesen waren, wurden aus dem Postlauf genommen.

6

Sodann erhielt der Kläger - wie auch die anderen nicht eingeladenen behinderten Bewerber - ein Schreiben vom 26. Juli 2010, das mit „Im Auftrag“ von der damaligen Auszubildenden K unterzeichnet war und in dem es ua. heißt:

„Sehr geehrter Herr M,

unter Bezugnahme auf Ihre Bewerbung vom 27. Mai 2010 teile ich Ihnen mit, dass ich mich bei der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle nicht für Sie entschieden habe.

Ich bedauere, Ihnen keine günstigere Nachricht geben zu können.

Für das von Ihnen gezeigte Interesse an einer Beschäftigung bei meiner Behörde bedanke ich mich nochmals und wünsche Ihnen für Ihren weiteren beruflichen und privaten Lebensweg alles Gute.“

7

Eine Weisung zur Versendung dieses Schreibens hatte die Auszubildende K von keinem zuständigen Mitarbeiter der Personalabteilung erhalten.

8

Mit beim Präsidium am 10. August 2010 eingegangenem Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 6. August 2010 verlangte der Kläger eine Entschädigung iHv. 5.816,37 Euro, weil ihn das beklagte Land trotz Befähigung für die ausgeschriebene Stelle nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe.

9

Das Stellenbesetzungsverfahren war zu jenem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.

10

Daraufhin informierte das Präsidium den Kläger mit Schreiben vom 18. August 2010 darüber, dass es sich bei dem Absageschreiben vom 26. Juli 2010 um ein Missverständnis und ein Büroversehen gehandelt habe und das Auswahlverfahren fortgesetzt werde. Man habe den Kläger in den engeren Bewerberkreis für die Stelle als Mitarbeiter/in im SAP-Team der Vergabestelle aufgenommen und lade ihn daher zu einem Vorstellungsgespräch am 25. August 2010 um 10:30 Uhr in die Dienststelle nach W ein.

11

Mit Anwaltsschreiben vom 23. August 2010 ließ der Kläger dem Präsidium mitteilen:

„Sehr geehrte Frau B,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 18.08.2010.

Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass wir Ihre Einlassung, das Auswahlverfahren würde fortgesetzt, nicht akzeptieren können und werden. Es wird von unserer Seite angezweifelt, dass das Auswahlverfahren fortgesetzt wird.

Das Auswahlverfahren kann nicht fortgesetzt werden, sobald es abgeschlossen ist.

Aufgrund Ihrer Mitteilung zum Abschluss des Bewerbungsverfahrens hat mein Mandant, aus gesundheitlichen Gründen terminliche Dispositionen getroffen, die nun nicht mehr verschoben werden können.

Am Vorstellungsgespräch kann daher nicht teilgenommen werden.

Bitte teilen Sie uns genau mit, wie das Bewerbungsverfahren fortgesetzt werden konnte, nachdem es abgeschlossen war.“

12

Mit Schreiben vom 2. September 2010 wandte sich das Präsidium nochmals an die Prozessbevollmächtigte des Klägers und lud ihn erneut zu einem Vorstellungsgespräch nach W ein, dieses Mal für den 8. September 2010, 9:00 Uhr. Auf dieses Schreiben, das dem Kläger erst am 6. September 2010 zuging, reagierte er nicht.

13

Der Kläger ist wegen einer Nierenerkrankung Dialysepatient. Am 25. August 2010 in der Zeit von 2:05 Uhr bis 4:35 Uhr und am 8. September 2010 in der Zeit ab 21:30 Uhr ließ er eine Dialysebehandlung in V in einer Klinik durchführen.

14

Das Präsidium erstellte am 16. September 2010 einen Auswahlvermerk und hörte den Personalrat mit Schreiben vom 24. September 2010 zur Stellenbesetzung an. Eine der ausgeschriebenen Stellen wurde mit einem schwerbehinderten Bewerber besetzt, der zunächst ebenfalls ein Ablehnungsschreiben erhalten und dann an einem Vorstellungsgespräch am 25. August 2010 teilgenommen hatte, ohne einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Zu den beiden zusätzlich anberaumten Vorstellungsgesprächen am 25. August 2010 und am 8. September 2010 waren ausschließlich schwerbehinderte Bewerber eingeladen worden.

15

Mit seiner am 9. September 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger seinen Entschädigungsanspruch gerichtlich geltend gemacht.

16

Der Kläger meint, er sei wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden. Dass die Beklagte ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch nicht nachgekommen sei, stelle ein Indiz für seine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung dar. Dies könne auch nicht durch eine nachgeholte Einladung geheilt werden. Im Übrigen sei ihm aufgrund der Dialysebehandlungen eine Teilnahme an den kurzfristig anberaumten weiteren Vorstellungsterminen nicht möglich oder zumutbar gewesen.

17

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung iHv. 5.816,37 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. August 2010 zu zahlen.

18

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.

19

Es meint, der Geschehensablauf rechtfertige keinen Entschädigungsanspruch des Klägers. Das Absageschreiben sei versehentlich an den Kläger verschickt worden. Dadurch, dass er auf das Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 6. August 2010 hin in das noch laufende Bewerbungsverfahren wieder einbezogen worden sei, sei der Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX geheilt. Der Kläger habe diese Chance aufgrund eigener Entscheidung nicht genutzt.

20

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger eine Entschädigung iHv. anderthalb Bruttomonatsgehältern (2.908,18 Euro) zugesprochen. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit seiner durch das Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

22

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Dem Kläger stehe kein Entschädigungsanspruch wegen Benachteiligung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zu, da die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 SGB IX fehlten. Der Kläger habe keine Tatsachen vorgebracht, die eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem beklagten Land vermuten ließen. Zwar sei die Verletzung der Pflicht zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch (§ 82 Satz 2 SGB IX) grundsätzlich eine derartige Tatsache, da dem behinderten Bewerber die Chance genommen werde, den Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von seiner Eignung zu überzeugen. Allerdings könne der öffentliche Arbeitgeber einen Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX rückgängig machen, wenn er nach einem Hinweis des abgelehnten Bewerbers auf diesen Verstoß diesem in einem noch offenen Bewerbungsverfahren die Gelegenheit zu einem Vorstellungsgespräch gebe. Damit genüge er den Anforderungen des § 82 SGB IX in der weitestgehenden Form des Schadensersatzrechts, der Naturalrestitution. Das beklagte Land habe den mit Übersendung des Absageschreibens eingetretenen Verstoß gegen § 82 SGB IX geheilt, indem es den Kläger während des noch laufenden Stellenbesetzungsverfahrens zweimal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe. Damit liege kein Verfahrensfehler vor, aus dem die Vermutungswirkung nach § 22 AGG folge.

23

Der Kläger sei auch nicht nur pro forma zur Vermeidung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 AGG von dem beklagten Land zu den weiteren Vorstellungsgesprächen eingeladen worden. Das Stellenbesetzungsverfahren sei zum Zeitpunkt der Vorstellungsgespräche am 25. August 2010 und 8. September 2010 noch nicht abgeschlossen gewesen. Zudem sei eine der ausgeschriebenen Stellen letztlich mit einem behinderten Stellenbewerber besetzt worden, der zunächst auch ebenso wie der Kläger ein Absageschreiben erhalten hatte. Dieser Umstand zeige, dass das beklagte Land Schwerbehinderte nicht grundsätzlich aus dem engeren Bewerberkreis habe ausschließen wollen.

24

Der Kläger könne sich schließlich auch nicht darauf berufen, dass ihm die Teilnahme an den vorgeschlagenen Gesprächsterminen aufgrund anderweitiger Dispositionen nicht möglich gewesen sei. Die beiden Dialysebehandlungen des Klägers hätten ausweislich der vorgelegten Protokolle in den Nachtstunden stattgefunden, sodass davon auszugehen sei, dass er die Gesprächstermine um 10:30 Uhr bzw. um 9:00 Uhr in W hätte wahrnehmen können, wenn er dies tatsächlich gewollt hätte. Der Kläger habe letztlich kein wirkliches Interesse an der Weiterverfolgung seiner Bewerbung gehabt.

25

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung hätte es die Klage nicht abweisen dürfen.

26

I. Ob die zulässige Klage begründet ist, konnte der Senat aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO selbst entscheiden, sodass die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen war.

27

1. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber „Beschäftigter“ im Sinne jenes Gesetzes. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis.

28

Für den Bewerberbegriff kommt es nicht darauf an, ob der Bewerber für die ausgeschriebene Tätigkeit objektiv geeignet ist (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 18, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16). Die objektive Eignung eines Bewerbers ist vielmehr für die Frage bedeutsam, ob eine „vergleichbare Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vorliegt(BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 29, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

29

Auch auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung kommt es im Streitfalle nicht an. Ihr Fehlen könnte allenfalls den Einwand treuwidrigen Verhaltens des Bewerbers begründen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Das Vorbringen des beklagten Landes zur fehlenden Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers ist jedoch nicht geeignet, diesen Einwand zu begründen. Nach Erhalt des Absageschreibens hatte der Kläger zunächst seine Rechte wahrgenommen. Dass er den späteren Einladungen nicht nachgekommen war und sich nicht selbst um einen weiteren Vorstellungstermin bemüht hatte, lässt für sich allein nicht den Rückschluss zu, er habe seine Bewerbung nicht ernsthaft betrieben.

30

2. Das beklagte Land ist als „Arbeitgeber“ passiv legitimiert. Arbeitgeber ist auch derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18, AP AGG § 15 Nr. 12 = EzA AGG § 15 Nr. 20).

31

3. Der Kläger hat seinen Entschädigungsanspruch innerhalb der Fristen der § 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG geltend gemacht. Der Anspruch ist somit nicht verfallen.

32

a) Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle einer Bewerbung beginnt die Frist grundsätzlich mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG), nicht jedoch vor dem Zeitpunkt, in dem der Bewerber von seiner Benachteiligung Kenntnis erlangt (vgl. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 61, AP AGG § 15 Nr. 11 = EzA AGG § 15 Nr. 18). Die Ablehnung der Bewerbung wurde dem Kläger mit Schreiben vom 26. Juli 2010 mitgeteilt, womit er zugleich Kenntnis von einem Indiz - dem Unterbleiben einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch - hatte, aus dem er die Vermutung seiner Benachteiligung herleitet. Mit Anwaltsschreiben vom 6. August 2010 hat der Kläger dann gegenüber dem Präsidium einen Entschädigungsanspruch geltend gemacht und damit die Zwei-Monats-Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG eingehalten.

33

b) Der Kläger hat zudem die Frist zur Klageerhebung gemäß § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt. Seine am 9. September 2010 beim Arbeitsgericht W eingegangene und dem beklagten Land am 20. September 2010 zugestellte Klage wurde innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs erhoben.

34

4. Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG setzt materiell einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG voraus. § 15 Abs. 2 AGG enthält zwar nur eine Rechtsfolgenregelung, jedoch ist für die Voraussetzungen des Anspruchs auf § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG zurückzugreifen. Dies ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang der gesetzlichen Regelung (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 30, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

35

5. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass zunächst ein Verstoß des beklagten Landes gegen § 82 Satz 2 SGB IX vorgelegen hatte, weil es den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte. Ob diesem deshalb ein Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 iVm. § 7 AGG zusteht, wird das Berufungsgericht unter Zugrundelegung der rechtlichen Beurteilung des Streitfalls durch den Senat(§ 563 Abs. 2 ZPO) erneut zu entscheiden haben.

36

a) Der Kläger ist von dem beklagten Land unmittelbar benachteiligt worden. Eine solche Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Zum einen erfuhr der Kläger eine weniger günstige Behandlung als der später eingestellte Bewerber. Zum anderen war auch die Behandlung des Klägers im Vergleich mit den vor dem Absageschreiben zu Vorstellungsgesprächen eingeladenen weiteren (letztlich gleichfalls erfolglosen) Bewerbern weniger günstig. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung, liegt nämlich bereits dann vor, wenn der Bewerber nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgenommen und vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wird. Hier liegt die Benachteiligung in der Versagung einer Chance (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 22, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2).

37

b) Anspruchsvoraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist nicht, dass der Arbeitgeber selbst oder eine für ihn tätig werdende Person schuldhaft gehandelt hat. Der Entschädigungsanspruch setzt nämlich kein Verschulden oder gar eine Benachteiligungsabsicht voraus (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 31, AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Es bedarf daher im Streitfalle auch keiner Zurechnung eines schuldhaften Fehlverhaltens der Auszubildenden oder ggf. anderer Mitarbeiter nach § 278 BGB noch einer Zurechnung nach § 831 BGB. Vielmehr geht es ausschließlich um eine Zurechnung der objektiven Handlungsbeiträge oder Pflichtverletzungen der für den Arbeitgeber handelnden Personen im vorvertraglichen Vertrauensverhältnis (vgl. BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 33, BAGE 127, 367 = AP SGB IX § 81 Nr. 15 = EzA SGB IX § 81 Rn. 17). Bedient sich der Arbeitgeber bei der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses eigener Mitarbeiter oder Dritter (zB der Bundesagentur für Arbeit), so trifft ihn die volle Verantwortlichkeit für deren Verhalten (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 35, AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7).

38

Jeder Arbeitgeber hat die Erledigung seiner Personalangelegenheiten so zu organisieren, dass die gesetzlichen Pflichten zur Förderung schwerbehinderter Bewerber erfüllt werden (BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 35, BAGE 127, 367). Das Bewerbungsverfahren hat er fair und diskriminierungsfrei auszugestalten. Die für ihn handelnden Personen, auch Auszubildende, sind ihrerseits gehalten, insbesondere die Pflicht des § 82 Satz 2 SGB IX zu erfüllen. Der Verstoß gegen diese Pflicht ist dem beklagten Land mithin als objektive Pflichtverletzung zuzurechnen.

39

Auf fehlerhafte Geschehensabläufe kann sich der Arbeitgeber zu seiner Entlastung daher ebenso wenig berufen wie auf unverschuldete Personalengpässe. Auch durchgeführte Schulungen oder „mustergültige“ Handreichungen kann er nicht ins Feld führen. Darauf käme es nämlich nur bei einem verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch an (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 36, AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7).

40

Es genügt mithin, dass das Absageschreiben an den Kläger, selbst wenn es sich um ein bloßes „Büroversehen“ gehandelt haben sollte, aus der Verantwortungssphäre des beklagten Landes gestammt hat. Dass eine Auszubildende dieses Schreiben ohne entsprechende Weisung unterschrieben und versandt und somit ggf. ihre Befugnisse im Innenverhältnis überschritten hatte, ist ohne rechtliche Bedeutung. So hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts auch die Tatsache, dass eine Urlaubsvertretung die Agentur für Arbeit versehentlich nicht eingeschaltet hatte, für unerheblich gehalten (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 22, BAGE 119, 262 = AP SGB IX § 81 Nr. 13 = EzA SGB IX § 81 Nr. 14).

41

c) Der Kläger befand sich auch mit den zu den Vorstellungsgesprächen vom 12. Juli 2010 und vom 19. Juli 2010 eingeladenen Bewerbern in einer vergleichbaren Situation (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG).

42

aa) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt zunächst voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

43

bb) An der objektiven Eignung des Klägers für die von dem beklagten Land im Mai 2010 ausgeschriebene Stelle bestehen keine Zweifel. Die Eignung des Klägers wird von dem beklagten Land auch nicht in Abrede gestellt.

44

d) Ob das beklagte Land den Kläger allerdings unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG „wegen“ seiner Behinderung weniger günstig behandelt hat, kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheiden.

45

Entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts wird ein möglicher Kausalzusammenhang zwischen der ihn benachteiligenden Behandlung - Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch und Ablehnung - und dem Merkmal der Behinderung allein durch die nachträglichen Einladungen zu Vorstellungsgesprächen nicht beseitigt. Auch waren diese für sich allein betrachtet nicht geeignet, die Vermutung der Benachteiligung wegen Schwerbehinderung iSd. § 22 AGG zu widerlegen.

46

aa) Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund - die Behinderung - das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das verpönte Merkmal Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (st. Rspr., BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, AP AGG § 22 Nr. 5 = EzA AGG § 22 Nr. 6).

47

bb) Hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Nachteil und verpöntem Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich zugleich auf die Darlegungslast auswirkt. Ein erfolgloser Bewerber genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines unzulässigen Merkmals vermuten lassen. Dies ist dann der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen - aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit - darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals erfolgt ist. Denn durch die Verwendung der Begriffe „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber gleichwohl die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 32, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2).

48

Besteht eine derartige Vermutung für die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

49

cc) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen (Hilfs)Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen dem verpönten Merkmal und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, AP AGG § 22 Nr. 5 = EzA AGG § 22 Nr. 6).

50

dd) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, es lägen deshalb keine Tatsachen oder Indizien vor, die eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung vermuten lassen, weil das beklagte Land den Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX noch im laufenden Stellenbesetzungsverfahren geheilt habe.

51

Zunächst geht das Landesarbeitsgericht zu Recht davon aus, dass eine unterbliebene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch die Vermutungswirkung grundsätzlich herbeiführt. Unterlässt es nämlich der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, einen schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so ist dies nach ständiger Rechtsprechung eine geeignete Hilfstatsache(„Indiz“) nach § 22 AGG, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Benachteiligung wegen der Behinderung spricht(st. Rspr., vgl. BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 39; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 46, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Für die Annahme, dass dem Kläger die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, sodass nach § 82 Satz 3 SGB IX eine Einladung entbehrlich gewesen wäre, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

52

Weitere Indizien für eine Benachteiligung „wegen“ seiner Behinderung hat der Kläger nicht dargetan, insbesondere keine sonstigen objektiven Verfahrensverstöße. Sie ergeben sich auch nicht aus den Feststellungen des Berufungsgerichts oder dem in Bezug genommenen Vorbringen der Parteien. Zwar enthielt das Ablehnungsschreiben vom 26. Juli 2010 keine Begründung für die dem Kläger ungünstige Entscheidung; diese wurde auch nicht unverzüglich nachgeholt. Jedoch war das beklagte Land nicht verpflichtet, die Beteiligten unverzüglich iSd. § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX über die Gründe für die Auswahlentscheidung zu unterrichten, da das Präsidium die Mindestbeschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX erfüllt(vgl. BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 40 ff.).

53

Allein die unstreitige Tatsache, dass nach der ersten Ablehnung zwei Einladungen zu Vorstellungsgesprächen durch das Präsidium ausgesprochen worden sind, lässt - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - die Vermutungswirkung nicht rückwirkend entfallen. Der Verfahrensfehler kann nicht nachträglich „geheilt“, der Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX nicht „rückgängig“ und quasi „ungeschehen“ gemacht werden. Anders formuliert: Durch den „actus contrarius“ einer nachträglichen Einladung wird die ursprüngliche Nichteinladung - und schriftliche Absage - nicht zu einem rechtlich unbeachtlichen „nullum“. Der Rechtsprechung des Senats zufolge vermag weder eine später vorgenommene Einstellung noch eine tatsächliche Beschäftigung eine einmal erfolgte ungünstigere Behandlung „aufzuheben“ und damit einen Entschädigungsanspruch zu beseitigen (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 33, AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7).

54

Der vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang verwendete Begriff „Naturalrestitution“ kann in die Irre führen. Dieser Begriff stammt aus dem Schadensersatzrecht und passt daher nicht zu einem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG. Darüber hinaus gehört er auf die Rechtsfolgenseite: Wenn ein Schadensersatzanspruch gegeben ist, dann gelten die allgemeinen Regeln der §§ 249 ff. BGB, in erster Linie und vorrangig § 249 Abs. 1 BGB mit dem Prinzip der Naturalrestitution, wonach der Schädiger „den Zustand herzustellen (hat), der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre“. Vorliegend geht es jedoch nicht um die Rechtsfolgenseite, sondern um die Frage, ob ein Entschädigungsanspruch dem Grunde nach zu bejahen ist.

55

Ebenso missverständlich ist es, in diesem Zusammenhang von einer „Heilung“ zu sprechen, welcher dem Berufungsgericht zufolge offenbar eine umfassende und „starke“ Wirkung ex tunc zukommen soll. Weder das AGG noch das SGB IX sehen eine „Heilung“ oder gar die vom Berufungsgericht damit verbundene rückwirkende Unbeachtlichkeit eines Verstoßes gegen § 82 Satz 2 SGB IX ausdrücklich vor.

56

Eine analoge Anwendung der Heilungsvorschriften des Sozialrechts verbietet sich. Deren abschließender Charakter lässt eine Analogie von vornherein ausscheiden.

57

Die enumerativen Heilungsfälle des § 41 SGB X beziehen sich auf verfahrens- oder formfehlerhafte Verwaltungsakte und sind bereits aus diesem Grund nicht übertragbar auf „Realakte“ wie die Nichteinladung und Ablehnung eines Bewerbers. Zudem handelt es sich nach herrschender Meinung um eine abschließende Aufzählung von - vorliegend thematisch nicht einschlägigen - Heilungsmöglichkeiten, was eine entsprechende Anwendung auf sonstige Verfahrensmängel von vornherein ausschließt (Schütze in v. Wulffen SGB X 7. Aufl. § 41 Rn. 5 mwN).

58

Außerdem hat der Gesetzgeber im SGB IX vereinzelt und gezielt „Heilungsvorschriften“ oder Mechanismen zur „Nachbesserung“ vorgesehen, nicht jedoch bei § 82 Satz 2 SGB IX. Daher ist nicht von einer „ungeplanten Regelungslücke“ auszugehen. So bestimmt etwa § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, dass der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören hat. Falls diese Beteiligung unterblieben ist, ist die Durchführung oder Vollziehung der Entscheidung auszusetzen und die Beteiligung innerhalb von sieben Tagen nachzuholen; erst danach ist endgültig zu entscheiden (§ 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX). Eine solche, gewissermaßen „maßgeschneiderte“ Nachbesserungsmöglichkeit enthält § 82 SGB IX jedoch nicht. Daher ist davon auszugehen, dass diese Verfahrensvorschrift absoluten Charakter besitzt und keine wie auch immer geartete „Heilung“ zulässt.

59

Im Übrigen eröffnet die nachträgliche Einladung einem zunächst abgelehnten Bewerber de facto keineswegs dieselbe „Chance“ einer Einstellung wie eine ursprüngliche Einladung, sondern wenn überhaupt nur eine erheblich verminderte Chance - ein deutliches „Minus“, wenn nicht gar einen „Malus“. Dies liegt für einen abgelehnten Bewerber, der nach erfolgter Ablehnung einen Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung geltend macht, auf der Hand. Es ist weder zu erwarten, dass er selbst unbefangen in ein „nachgeholtes“ Vorstellungsgespräch geht, noch kann davon ausgegangen werden, dass der potentielle Arbeitgeber das - im vorliegenden Fall sogar anwaltliche - „Sich-zur-Wehr-Setzen“ auszublenden vermag. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll der persönliche Kontakt schließlich die Einstellungschancen eines schwerbehinderten Bewerbers verbessern. Über die schriftlichen Bewerbungsunterlagen hinaus soll sich der Arbeitgeber ein Bild von der Persönlichkeit des Bewerbers, seinem Auftreten, seiner Leistungsfähigkeit und seiner Eignung machen. Weiter stellt das Vorstellungsgespräch auch ein geeignetes Mittel dar, um eventuelle Vorbehalte oder gar Vorurteile auszuräumen. Dieser durch § 82 Satz 2 SGB IX intendierte „Chancenvorteil“ gegenüber nicht schwerbehinderten Bewerbern entfällt jedoch ab dem Moment, ab dem ein Bewerber einen Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch wegen unterbliebener Einladung zu einem Vorstellungsgespräch geltend gemacht hat. Die nachträgliche Einladung ist kein funktional angemessener Ersatz für die unterbliebene Einladung, dh. sie kann die angestrebten Funktionen nicht mehr erfüllen. Ein nachträglich geführtes Vorstellungsgespräch besitzt nicht dieselbe tatsächliche oder rechtliche Qualität wie ein von vornherein anberaumtes Gespräch.

60

Eine nachträgliche und rückwirkende „Heilung“ wäre zudem mit der Struktur des AGG und insbesondere den hier geltenden strikten Fristenregelungen nicht vereinbar. Ist der Entschädigungsanspruch einmal entstanden, sehen § 15 Abs. 4 AGG und § 61b Abs. 1 ArbGG kurze Ausschlussfristen für dessen Geltendmachung vor. Diese Fristen dienen der Rechtssicherheit, dem Rechtsfrieden und der Rechtsklarheit. Insbesondere soll es dem Arbeitgeber angesichts der Regelung des § 22 AGG nicht zugemutet werden, Dokumentationen über Einstellungsverfahren bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen. Umgekehrt muss sich aber auch der benachteiligte Bewerber darauf verlassen dürfen, dass seinem einmal entstandenen Anspruch nicht während laufender Frist nachträglich der Boden entzogen wird. So hat er seine Ansprüche geltend gemacht, Rechtsrat gesucht, Kosten ausgelöst, sich auf eine eventuelle gerichtliche Geltendmachung eingestellt oder bereits Klage erhoben.

61

Hinzu kommt eine nicht unerhebliche Missbrauchs- und Umgehungsgefahr. Ein Arbeitgeber könnte sich bewusst eine „Hintertür“ offenlassen, dh. zunächst von der Einladung schwerbehinderter Bewerber absehen, um dann nur bei entsprechender Rüge des nicht Eingeladenen doch noch eine Einladung auszusprechen. So hätte es ein Arbeitgeber in der Hand, durch gezielte nachträgliche Einladungen und ggf. rein „formale“ Vorstellungsgespräche Ansprüche aus dem AGG ins Leere laufen zu lassen.

62

II. Ob die durch das Indiz der Nichteinladung ausgelöste Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung durch das beklagte Land iSd. § 22 AGG widerlegt oder „entkräftet“ worden ist, wird das Landesarbeitsgericht noch zu prüfen haben. Insoweit war dem Senat eine abschließende Entscheidung gemäß § 563 Abs. 3 ZPO verwehrt, da es sich insoweit um eine Tatsachenbewertung handelt, welche nicht vom Revisionsgericht, sondern von den Tatsacheninstanzen vorzunehmen ist.

63

1. Dem Berufungsgericht ist nicht nur - wie oben dargelegt - ein Beurteilungsspielraum einzuräumen, soweit es um die Frage geht, ob die von dem Bewerber vorgetragenen Hilfstatsachen den Schluss darauf zulassen, er sei wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals abgelehnt worden. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gilt ebenso für die Frage, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat(§ 22 AGG). Auch hier beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle darauf, ob die Würdigung des Tatsachengerichts möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt.

64

2. Dabei wird das Berufungsgericht Folgendes zu beachten haben: Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorgelegen hat. Er muss das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung nicht (zumindest auch) auf der Behinderung beruht hat. Damit muss er Tatsachen und Umstände vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben, und in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten war (BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 41).

65

Dabei kommen auch Umstände, Geschehnisse und Verhaltensweisen in Betracht, die zeitlich nach der Benachteiligung liegen. Mit der Benachteiligung, die spätestens zum Zeitpunkt des Ablehnungsschreibens vorliegt, tritt insoweit keine zeitliche Zäsur oder „Berücksichtigungssperre“ ein. Vielmehr können sich aus dem weiteren Verlauf des Verfahrens sowohl Indizien, die für eine Benachteiligung sprechen, ergeben, als auch solche, die den Arbeitgeber entlasten. Es ist mithin möglich und zulässig, aus späteren Verhaltensweisen des Arbeitgebers bzw. der für ihn handelnden Personen Rückschlüsse darauf zu ziehen, dass in dem zur Benachteiligung führenden „Motivbündel“ kein diskriminierendes Element enthalten gewesen war.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Volz    

        

    Kandler    

                 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. November 2010 - 17 Sa 1410/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, den der Kläger geltend macht, weil er sich wegen seines Alters bei einer Bewerbung benachteiligt sieht.

2

Unter dem 22. Juni 2009 schrieb die Beklagte Stellen über ein Internetportal aus. In der Stellenanzeige heißt es ua. (wörtliche Wiedergabe):

        

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3

Der am 27. März 1956 geborene Kläger bewarb sich erfolglos auf eine der Stellen. Nachdem die Beklagte zumindest einen Bewerber aus Berlin zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte, sah sie letztlich von einer Einstellung von Mitarbeitern ab.

4

Mit der am 27. Oktober 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 26.400,00 Euro in Anspruch genommen.

5

Er behauptet, die Beklagte habe ihn wegen seines Alters benachteiligt. Dafür spreche der Inhalt der Stellenausschreibung. Für die ausgeschriebenen Stellen sei er objektiv geeignet gewesen.

6

Der Kläger beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 26.400,00 Euro zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt Klageabweisung. Sie bestreitet, den Kläger wegen dessen Alters benachteiligt zu haben. Dieser habe in der ihr vorgelegten Projekthistorie lediglich sieben Monate Projekterfahrung mit der erforderlichen Software VB.Net und der Datenbank MS SQL Server 2005 vorweisen können. Andere Bewerber hätten mehr Erfahrung als der Kläger gehabt. Die weiteren vom Kläger nachgewiesenen Kenntnisse und Fähigkeiten seien weder notwendig noch durch die Ausschreibung gefordert gewesen. Dem Kläger fehle daher die objektive Eignung für die ausgeschriebenen Stellen. Auch habe sich der Kläger nicht subjektiv ernsthaft beworben, was sich daraus ergebe, dass bei einer ernsthaften Bewerbung die Bewerbungsunterlagen ausführlicher gewesen und stärker die Vorzüge des Klägers dargelegt worden wären. Auch sei deshalb von einem „AGG-Hopping“ auszugehen, weil der Kläger überzogene Vergütungsvorstellungen habe, wie sich aus der Klageforderung mit einem vermeintlich entgangenen Gehalt von 8.800,00 Euro brutto monatlich ergebe. Letztlich sei der Kläger auch aufgrund seines Wohnsitzes für die ausgeschriebene „Stelle“ nicht infrage gekommen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Entschädigungsklage mit einer nicht tragfähigen Begründung abgewiesen.

10

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Dem Kläger stehe ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG nicht zu. Eine unmittelbare Benachteiligung eines nicht zum Zuge gekommenen Stellenbewerbers iSd. § 3 Abs. 1 AGG setze ua. voraus, dass die ausgeschriebene Stelle tatsächlich besetzt wurde. Eine gegen § 1 AGG verstoßende Stellenausschreibung bedeute für sich genommen noch keine Benachteiligung. Deshalb könne dahinstehen, ob der Kläger für die Stelle objektiv geeignet gewesen wäre, da er keine schlechtere Behandlung als die übrigen Bewerber erfahren habe, die ebenfalls nicht eingestellt worden seien.

11

B. Die Revision des Klägers ist zulässig. Insbesondere ist sie ausreichend iSd. § 551 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG begründet.

12

Die Revisionsbegründung enthält zwar keine Auseinandersetzung mit dem Urteil des Landesarbeitsgerichts. Der Kläger durfte allerdings auf die Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde Bezug nehmen (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

13

Soll eine solche Bezugnahme zur Zulässigkeit der Revision führen, muss zum einen die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde den inhaltlichen Anforderungen an eine Revisionsbegründung entsprechen, zum anderen muss diese Bezugnahme innerhalb der Zweimonatsfrist des § 72a Abs. 6 Satz 3 iVm. § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG bei Gericht eingehen(BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 875/08 - AP ArbGG 1979 § 72 Nr. 54).

14

Die Revisionsbegründung, welche die Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält, ist innerhalb der Zweimonatsfrist nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses des Senats an den Kläger eingegangen. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde führt der Kläger unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Senats aus, dass eine ungünstigere Behandlung bereits in der Versagung einer Chance liegen könne, sodass es auf die anschließende Einstellungsentscheidung des Arbeitgebers nicht mehr ankomme. Dies stellt eine ausreichende Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des Landesarbeitsgerichts dar.

15

C. Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Berufung des Klägers nicht zurückgewiesen werden.

16

I. Zunächst ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem vom Kläger geltend gemachten Entschädigungsanspruch um einen solchen nach § 15 Abs. 2 AGG handelt. Ob ein solcher jedoch besteht, konnte der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

17

1. Als Bewerber ist der Kläger nach § 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 AGG „Beschäftigter“ und fällt in den persönlichen Anwendungsbereich des AGG. Unerheblich ist, dass sich die Ausschreibung vorrangig auf eine „freiberufliche Mitarbeit“ bezog und ein Arbeitsverhältnis nur für den Fall der Eignung in Aussicht gestellt wurde (vgl. BAG 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - AP AGG § 7 Nr. 2 = EzA AGG § 15 Nr. 6). § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGG bezieht in die durch das AGG geschützten Beschäftigungsverhältnisse nämlich auch arbeitnehmerähnliche Personen ein. Außerdem erstreckt § 6 Abs. 3 AGG die Anwendbarkeit der §§ 7 bis 18 AGG auch auf Selbständige, soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft.

18

Für den persönlichen Anwendungsbereich nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG ist es unerheblich, ob der Bewerber für die in Aussicht genommene Stelle objektiv geeignet ist(vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - EzA AGG § 15 Nr. 16; 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12). Für den Bewerberstatus ist zudem die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung keine Voraussetzung. Vielmehr kann die fehlende subjektive Ernsthaftigkeit allenfalls den Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB begründen(vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - aaO).

19

2. Die Beklagte ist als „Arbeitgeberin“ passivlegitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11).

20

3. Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG. Für die Voraussetzungen des Anspruchs ist auf § 15 Abs. 1 AGG zurückzugreifen(vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts scheitert eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers nicht allein daran, dass die Beklagte auf die ausgeschriebenen Stellen letztlich niemanden eingestellt hat.

21

a) Nach § 3 Abs. 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine weniger günstige Behandlung erfordert das Zufügen eines Nachteils. Eine bloße Ungleichbehandlung genügt hierfür nicht (vgl. BAG 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - BAGE 133, 265 = AP AGG § 3 Nr. 3 = EzA AGG § 10 Nr. 3). Ob die Zufügung eines Nachteils vorliegt, bestimmt sich objektiv aus der Sicht eines verständigen Dritten (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - EzA AGG § 3 Nr. 7) und in Relation zur Vergleichsperson.

22

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, bereits dann vor, wenn der Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - mwN, NZA 2012, 667). Wie sich aus § 15 Abs. 2 AGG ergibt, ist auch dann, wenn der Bewerber selbst bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, ein Entschädigungsanspruch nicht ausgeschlossen, sondern nur der Höhe nach begrenzt. Selbst eine später vorgenommene Einstellung oder tatsächliche Beschäftigung eines zuvor benachteiligten Bewerbers beseitigt dessen ungünstigere Behandlung nicht (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7).

23

Da die ungünstigere Behandlung bereits in der Versagung einer Chance liegt, ist es irrelevant, ob es im Zuge des Auswahlverfahrens später tatsächlich zu einer Einstellung oder Beschäftigung eines anderen Bewerbers kommt (vgl. MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 15 AGG Rn. 20; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 51; MünchKommBGB/Müller-Glöge 4. Aufl. 2005 § 611a BGB Rn. 64; aA LAG Rheinland-Pfalz 30. November 2006 - 4 Sa 727/06 -; LAG Düsseldorf 1. Februar 2002 - 9 Sa 1451/01 - NZA-RR 2002, 345). Die Auslegung der Norm darf nicht dazu führen, dass es der Arbeitgeber in der Hand hat, durch geeignete Verfahrensgestaltung, etwa das vorläufige Absehen von einer Stellenbesetzung, die Chancen von Bewerbern wegen ihrer Merkmale nach § 1 AGG so zu mindern, dass seine Entscheidung praktisch unangreifbar wird(vgl. BVerfG 21. September 2006 - 1 BvR 308/03 - BVerfGK 9, 218 = AP BGB § 611a Nr. 24 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 4 für geschlechtsbezogene Benachteiligungen). Der Bewerber hat Anspruch auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungsverfahren (vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - BAGE 122, 54 = AP SGB IX § 81 Nr. 14 = EzA SGB IX § 81 Nr. 15), der unabhängig von dessen Ausgang besteht (vgl. MüKoBGB/Thüsing aaO; MünchKommBGB/Müller-Glöge aaO).

24

b) Nach diesen Grundsätzen liegt eine ungünstigere Behandlung des Klägers vor. Diese besteht darin, dass der Kläger aus dem Auswahlverfahren ausgeschieden und er anders als mindestens ein anderer Bewerber von der Beklagten nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden ist. Dem Kläger wurde damit bereits im Vorfeld der eigentlichen Besetzungsentscheidung die Chance auf Einstellung genommen. Dies stellt eine ungünstigere Behandlung dar, unabhängig davon, ob der Kläger bei „passendem“ Alter eingestellt worden wäre (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - mwN, AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7). Unerheblich ist es deshalb, dass sich die Beklagte später entschlossen hat, keinen Bewerber einzustellen. Hierdurch wurde die bereits zuvor erfolgte Benachteiligung des Klägers nicht beseitigt.

25

II. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat die Frage der objektiven Eignung des Klägers für die ausgeschriebenen Stellen dahinstehen lassen und hierzu auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die fehlenden Feststellungen wird das Landesarbeitsgericht nachzuholen und bei der Frage der vergleichbaren Situation iSv. § 3 Abs. 1 AGG ua. Folgendes zu beachten haben:

26

1. Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - EzA AGG § 15 Nr. 16). Für das Vorliegen einer Benachteiligung ist es erforderlich, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wurde. Könnte auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG. Das AGG will vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren. Die objektive Eignung ist also keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

27

2. Grundsätzlich darf der Arbeitgeber über den der Stelle zuzuordnenden Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stellenbewerbers frei entscheiden. Durch das Stellen von Anforderungen an Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf der Arbeitgeber aber die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - AP AGG § 22 Nr. 2 = EzA AGG § 22 Nr. 2). Deshalb ist für die objektive Eignung nicht (allein) das Anforderungsprofil maßgeblich, welches der Arbeitgeber erstellt hat, sondern die Anforderungen, welche an die jeweilige Tätigkeit nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung gestellt werden (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Im Übrigen ist die objektive Eignung von der individuellen und persönlichen Qualifikation des Bewerbers zu trennen, die nur als Kriterium der Auswahlentscheidung auf der Ebene der Kausalität zwischen Benachteiligung und verbotenem Merkmal eine Rolle spielt (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - aaO). Bewerber, welche die auf der zu besetzenden Stelle auszuübenden Tätigkeiten grundsätzlich verrichten können, ohne aber jede Voraussetzung des Anforderungsprofils zu erfüllen, bedürfen des Schutzes vor Diskriminierung, weil gerade Anforderungsprofile in Stellenanzeigen häufig Qualifikationen benennen, deren Vorhandensein der Arbeitgeber sich für den Idealfall zwar wünscht, die aber keinesfalls zwingende Voraussetzung einer erfolgreichen Bewerbung sind (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12). Ebenfalls keinen Einfluss auf die Beurteilung der Vergleichbarkeit der Situation kann aus gesetzessystematischen Erwägungen das Vorliegen des verbotenen Merkmals selbst haben (BAG 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2).

28

3. Unter Berücksichtigung der für den Nachweis der objektiven Eignung geltenden abgestuften Darlegungs- und Beweislast (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - AP AGG § 22 Nr. 2 = EzA AGG § 22 Nr. 2; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 49) wird das Landesarbeitsgericht unter Beachtung der genannten Maßstäbe zu prüfen haben, ob der Kläger für die ausgeschriebenen Stellen objektiv geeignet war.

29

4. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der Kläger für die ausgeschriebenen Stellen objektiv geeignet war und damit nach § 3 Abs. 1 AGG unmittelbar benachteiligt wurde, wird es weiter zu prüfen haben, ob dies - wie vom Kläger behauptet - wegen seines Alters, dh. wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist.

30

a) Eine weniger günstige Behandlung wegen des Alters ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an das Alter anknüpft oder durch sie motiviert ist. Ausreichend ist, dass das Alter Bestandteil eines Motivbündels war, das die Entscheidung beeinflusst hat. Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10).

31

b) Das Landesarbeitsgericht wird zu beachten haben, dass hinsichtlich der Kausalität zwischen Nachteil und dem verpönten Merkmal in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen ist, die sich auch auf die Darlegungslast auswirkt.

32

aa) Der Beschäftigte genügt seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Wörter „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich der Kausalität zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

33

bb) Die Verletzung der Verpflichtung, einen Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG auszuschreiben(§ 11 AGG), kann die Vermutung begründen, die Benachteiligung sei wegen des in der Ausschreibung bezeichneten Merkmals erfolgt (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10).

34

cc) Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals iSd. § 1 AGG(hier: des Alters) vermuten lassen, trägt die Beklagte nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorgelegen hat. Sie muss das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung des Klägers nicht (auch) auf dessen Alter beruht hat. Damit muss sie Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als das Alter, die zu der weniger günstigen Behandlung des Klägers geführt haben (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10) und in ihrem Motivbündel dessen Alter keine Rolle gespielt hat.

35

5. Das Landesarbeitsgericht wird ggf. weiter zu prüfen haben, ob der Kläger den von ihm geltend gemachten Entschädigungsanspruch rechtzeitig nach § 15 Abs. 4 AGG schriftlich geltend gemacht und seine Klage innerhalb der Dreimonatsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG erhoben hat.

36

6. Sollte das Berufungsgericht einen Entschädigungsanspruch des Klägers dem Grunde nach bejahen, so wird es auch zu prüfen haben, ob der Entschädigungsanspruch des Klägers ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB)ausgeschlossen ist.

37

Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 2 AGG können unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles dann wegen Verstoßes gegen das Verbot des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB ausgeschlossen sein, wenn die Bewerbung allein deshalb erfolgt ist, um Entschädigungsansprüche zu erlangen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sich der Bewerber nicht ernsthaft beworben hat und der Anspruch nach § 15 AGG sonach ausnahmsweise ausgeschlossen ist, trägt der Arbeitgeber. Er muss dafür Indizien vortragen, die geeignet sind, den Schluss auf die fehlende Ernsthaftigkeit zuzulassen (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - EzA AGG § 15 Nr. 16).

38

7. Sollte sich danach ergeben, dass dem Kläger ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zusteht, wird das Berufungsgericht auch über die Höhe der Entschädigung zu befinden haben. Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Zu diesen zählen etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalles. Ferner ist auch der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, sodass die Höhe auch danach zu bemessen wäre, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Dabei ist zu beachten, dass die Entschädigung geeignet sein muss, eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu haben und dass sie in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen muss (vgl. BAG 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - AP AGG § 7 Nr. 2 = EzA AGG § 15 Nr. 6; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - mwN, BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

39

8. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision mitzuentscheiden haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Der ehrenamtliche Richter Brückmann ist wegen Ende der Amtszeit an der Unterschriftsleistung verhindert.
Hauck    

        

    Bloesinger    

        

        

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 7. Dezember 2011 - 2 Sa 851/11 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, den der Kläger aufgrund einer angeblichen Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung im Bewerbungsverfahren geltend macht.

2

Der Kläger ist mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 schwerbehindert. Er ist Industriekaufmann mit mehrjähriger Erfahrung im kaufmännischen Bereich. In der Vergangenheit war er in verschiedenen mittelständischen Unternehmen und auch selbstständig tätig.

3

Das Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung (im Folgenden: Präsidium), der interne Dienstleister der hessischen Polizei, veröffentlichte im Mai 2010 eine Stellenanzeige. In dieser heißt es ua.:

„Im Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung (PLTV)

sind mehrere auf ein Jahr befristete Stellen (Elternzeitvertretung) zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu besetzen.

Kennziffer 016/2010

Mitarbeiter/in im SAP-Team der Vergabestelle

Die Eingruppierung erfolgt in der Entgeltgruppe 6 TV-H.

Ihre Aufgaben:

● Erstellen von Bestellungen in SAP-MM

● Prüfung eingehender Wareneingangsmeldungen und Rechnungen

Voraussetzungen:

● Kenntnisse in SAP-MM bzw. Einarbeitungswille in SAP-MM (unter Anleitung erfahrener Kolleginnen und Kollegen)

● Ausdauer und Belastbarkeit beim Bearbeiten gleichförmiger Vorgänge

● Teamfähigkeit

Kennziffer 017/2010

Mitarbeiter/in im Bereich öffentlich-rechtliche Forderungen

Die Eingruppierung erfolgt in der Entgeltgruppe 6    TV-H.

Ihre Aufgaben:

● Prüfung und Durchsetzung öffentlich - rechtlicher Ansprüche als Kostenbescheiderteiler/-in von öffentlich-rechtlichen Forderungen nach dem HVwKostG i. V. m. einschlägigen Kostenregelungen für polizeiliche Amtshandlungen.

Voraussetzungen:

● gute Auffassungsgabe

● Verantwortungsbereitschaft

● Belastbarkeit und Einsatzbereitschaft

● Teamfähigkeit

● gute Ausdrucksfähigkeit sowohl schriftlich als auch mündlich

Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt. Teilzeitbeschäftigung ist grundsätzlich möglich.“

4

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 27. Mai 2010 auf diese Stelle. Der Bewerbung fügte er seinen Lebenslauf, diverse Zeugnisse und die Kopie seines Schwerbehindertenausweises bei, wobei er in dem Anschreiben selbst unter „Anlagen“ „Kopie Schwerbehindertenausweis“ aufführte. Unter dem 31. Mai 2010 bestätigte das Präsidium den Eingang der Bewerbung.

5

Das Präsidium lud zunächst einige Bewerber mit Schreiben vom 5. Juli 2010 zu Vorstellungsgesprächen am 12. Juli 2010 ein. Weitere Vorstellungsgespräche waren für den 19. Juli 2010 geplant, vornehmlich mit schwerbehinderten Bewerbern. Aufgrund einer im Einvernehmen mit der Schwerbehindertenvertretung, dem Personalrat und der Frauenbeauftragten getroffenen Entscheidung der Personalabteilung wurden dann allerdings nicht alle behinderten Bewerber für denselben Tag zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Daher erfolgte nur eine Einladung einiger behinderter Bewerber zum Termin vom 19. Juli 2010. Einladungsschreiben für diesen Tag, die an weitere behinderte Bewerber, ua. den Kläger, gerichtet gewesen waren, wurden aus dem Postlauf genommen.

6

Sodann erhielt der Kläger - wie auch die anderen nicht eingeladenen behinderten Bewerber - ein Schreiben vom 26. Juli 2010, das mit „Im Auftrag“ von der damaligen Auszubildenden K unterzeichnet war und in dem es ua. heißt:

„Sehr geehrter Herr M,

unter Bezugnahme auf Ihre Bewerbung vom 27. Mai 2010 teile ich Ihnen mit, dass ich mich bei der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle nicht für Sie entschieden habe.

Ich bedauere, Ihnen keine günstigere Nachricht geben zu können.

Für das von Ihnen gezeigte Interesse an einer Beschäftigung bei meiner Behörde bedanke ich mich nochmals und wünsche Ihnen für Ihren weiteren beruflichen und privaten Lebensweg alles Gute.“

7

Eine Weisung zur Versendung dieses Schreibens hatte die Auszubildende K von keinem zuständigen Mitarbeiter der Personalabteilung erhalten.

8

Mit beim Präsidium am 10. August 2010 eingegangenem Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 6. August 2010 verlangte der Kläger eine Entschädigung iHv. 5.816,37 Euro, weil ihn das beklagte Land trotz Befähigung für die ausgeschriebene Stelle nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe.

9

Das Stellenbesetzungsverfahren war zu jenem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.

10

Daraufhin informierte das Präsidium den Kläger mit Schreiben vom 18. August 2010 darüber, dass es sich bei dem Absageschreiben vom 26. Juli 2010 um ein Missverständnis und ein Büroversehen gehandelt habe und das Auswahlverfahren fortgesetzt werde. Man habe den Kläger in den engeren Bewerberkreis für die Stelle als Mitarbeiter/in im SAP-Team der Vergabestelle aufgenommen und lade ihn daher zu einem Vorstellungsgespräch am 25. August 2010 um 10:30 Uhr in die Dienststelle nach W ein.

11

Mit Anwaltsschreiben vom 23. August 2010 ließ der Kläger dem Präsidium mitteilen:

„Sehr geehrte Frau B,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 18.08.2010.

Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass wir Ihre Einlassung, das Auswahlverfahren würde fortgesetzt, nicht akzeptieren können und werden. Es wird von unserer Seite angezweifelt, dass das Auswahlverfahren fortgesetzt wird.

Das Auswahlverfahren kann nicht fortgesetzt werden, sobald es abgeschlossen ist.

Aufgrund Ihrer Mitteilung zum Abschluss des Bewerbungsverfahrens hat mein Mandant, aus gesundheitlichen Gründen terminliche Dispositionen getroffen, die nun nicht mehr verschoben werden können.

Am Vorstellungsgespräch kann daher nicht teilgenommen werden.

Bitte teilen Sie uns genau mit, wie das Bewerbungsverfahren fortgesetzt werden konnte, nachdem es abgeschlossen war.“

12

Mit Schreiben vom 2. September 2010 wandte sich das Präsidium nochmals an die Prozessbevollmächtigte des Klägers und lud ihn erneut zu einem Vorstellungsgespräch nach W ein, dieses Mal für den 8. September 2010, 9:00 Uhr. Auf dieses Schreiben, das dem Kläger erst am 6. September 2010 zuging, reagierte er nicht.

13

Der Kläger ist wegen einer Nierenerkrankung Dialysepatient. Am 25. August 2010 in der Zeit von 2:05 Uhr bis 4:35 Uhr und am 8. September 2010 in der Zeit ab 21:30 Uhr ließ er eine Dialysebehandlung in V in einer Klinik durchführen.

14

Das Präsidium erstellte am 16. September 2010 einen Auswahlvermerk und hörte den Personalrat mit Schreiben vom 24. September 2010 zur Stellenbesetzung an. Eine der ausgeschriebenen Stellen wurde mit einem schwerbehinderten Bewerber besetzt, der zunächst ebenfalls ein Ablehnungsschreiben erhalten und dann an einem Vorstellungsgespräch am 25. August 2010 teilgenommen hatte, ohne einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Zu den beiden zusätzlich anberaumten Vorstellungsgesprächen am 25. August 2010 und am 8. September 2010 waren ausschließlich schwerbehinderte Bewerber eingeladen worden.

15

Mit seiner am 9. September 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger seinen Entschädigungsanspruch gerichtlich geltend gemacht.

16

Der Kläger meint, er sei wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden. Dass die Beklagte ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch nicht nachgekommen sei, stelle ein Indiz für seine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung dar. Dies könne auch nicht durch eine nachgeholte Einladung geheilt werden. Im Übrigen sei ihm aufgrund der Dialysebehandlungen eine Teilnahme an den kurzfristig anberaumten weiteren Vorstellungsterminen nicht möglich oder zumutbar gewesen.

17

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung iHv. 5.816,37 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. August 2010 zu zahlen.

18

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.

19

Es meint, der Geschehensablauf rechtfertige keinen Entschädigungsanspruch des Klägers. Das Absageschreiben sei versehentlich an den Kläger verschickt worden. Dadurch, dass er auf das Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 6. August 2010 hin in das noch laufende Bewerbungsverfahren wieder einbezogen worden sei, sei der Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX geheilt. Der Kläger habe diese Chance aufgrund eigener Entscheidung nicht genutzt.

20

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger eine Entschädigung iHv. anderthalb Bruttomonatsgehältern (2.908,18 Euro) zugesprochen. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit seiner durch das Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

22

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Dem Kläger stehe kein Entschädigungsanspruch wegen Benachteiligung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zu, da die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 SGB IX fehlten. Der Kläger habe keine Tatsachen vorgebracht, die eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem beklagten Land vermuten ließen. Zwar sei die Verletzung der Pflicht zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch (§ 82 Satz 2 SGB IX) grundsätzlich eine derartige Tatsache, da dem behinderten Bewerber die Chance genommen werde, den Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von seiner Eignung zu überzeugen. Allerdings könne der öffentliche Arbeitgeber einen Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX rückgängig machen, wenn er nach einem Hinweis des abgelehnten Bewerbers auf diesen Verstoß diesem in einem noch offenen Bewerbungsverfahren die Gelegenheit zu einem Vorstellungsgespräch gebe. Damit genüge er den Anforderungen des § 82 SGB IX in der weitestgehenden Form des Schadensersatzrechts, der Naturalrestitution. Das beklagte Land habe den mit Übersendung des Absageschreibens eingetretenen Verstoß gegen § 82 SGB IX geheilt, indem es den Kläger während des noch laufenden Stellenbesetzungsverfahrens zweimal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe. Damit liege kein Verfahrensfehler vor, aus dem die Vermutungswirkung nach § 22 AGG folge.

23

Der Kläger sei auch nicht nur pro forma zur Vermeidung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 AGG von dem beklagten Land zu den weiteren Vorstellungsgesprächen eingeladen worden. Das Stellenbesetzungsverfahren sei zum Zeitpunkt der Vorstellungsgespräche am 25. August 2010 und 8. September 2010 noch nicht abgeschlossen gewesen. Zudem sei eine der ausgeschriebenen Stellen letztlich mit einem behinderten Stellenbewerber besetzt worden, der zunächst auch ebenso wie der Kläger ein Absageschreiben erhalten hatte. Dieser Umstand zeige, dass das beklagte Land Schwerbehinderte nicht grundsätzlich aus dem engeren Bewerberkreis habe ausschließen wollen.

24

Der Kläger könne sich schließlich auch nicht darauf berufen, dass ihm die Teilnahme an den vorgeschlagenen Gesprächsterminen aufgrund anderweitiger Dispositionen nicht möglich gewesen sei. Die beiden Dialysebehandlungen des Klägers hätten ausweislich der vorgelegten Protokolle in den Nachtstunden stattgefunden, sodass davon auszugehen sei, dass er die Gesprächstermine um 10:30 Uhr bzw. um 9:00 Uhr in W hätte wahrnehmen können, wenn er dies tatsächlich gewollt hätte. Der Kläger habe letztlich kein wirkliches Interesse an der Weiterverfolgung seiner Bewerbung gehabt.

25

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung hätte es die Klage nicht abweisen dürfen.

26

I. Ob die zulässige Klage begründet ist, konnte der Senat aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO selbst entscheiden, sodass die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen war.

27

1. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber „Beschäftigter“ im Sinne jenes Gesetzes. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis.

28

Für den Bewerberbegriff kommt es nicht darauf an, ob der Bewerber für die ausgeschriebene Tätigkeit objektiv geeignet ist (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 18, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16). Die objektive Eignung eines Bewerbers ist vielmehr für die Frage bedeutsam, ob eine „vergleichbare Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vorliegt(BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 29, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

29

Auch auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung kommt es im Streitfalle nicht an. Ihr Fehlen könnte allenfalls den Einwand treuwidrigen Verhaltens des Bewerbers begründen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Das Vorbringen des beklagten Landes zur fehlenden Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers ist jedoch nicht geeignet, diesen Einwand zu begründen. Nach Erhalt des Absageschreibens hatte der Kläger zunächst seine Rechte wahrgenommen. Dass er den späteren Einladungen nicht nachgekommen war und sich nicht selbst um einen weiteren Vorstellungstermin bemüht hatte, lässt für sich allein nicht den Rückschluss zu, er habe seine Bewerbung nicht ernsthaft betrieben.

30

2. Das beklagte Land ist als „Arbeitgeber“ passiv legitimiert. Arbeitgeber ist auch derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18, AP AGG § 15 Nr. 12 = EzA AGG § 15 Nr. 20).

31

3. Der Kläger hat seinen Entschädigungsanspruch innerhalb der Fristen der § 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG geltend gemacht. Der Anspruch ist somit nicht verfallen.

32

a) Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle einer Bewerbung beginnt die Frist grundsätzlich mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG), nicht jedoch vor dem Zeitpunkt, in dem der Bewerber von seiner Benachteiligung Kenntnis erlangt (vgl. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 61, AP AGG § 15 Nr. 11 = EzA AGG § 15 Nr. 18). Die Ablehnung der Bewerbung wurde dem Kläger mit Schreiben vom 26. Juli 2010 mitgeteilt, womit er zugleich Kenntnis von einem Indiz - dem Unterbleiben einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch - hatte, aus dem er die Vermutung seiner Benachteiligung herleitet. Mit Anwaltsschreiben vom 6. August 2010 hat der Kläger dann gegenüber dem Präsidium einen Entschädigungsanspruch geltend gemacht und damit die Zwei-Monats-Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG eingehalten.

33

b) Der Kläger hat zudem die Frist zur Klageerhebung gemäß § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt. Seine am 9. September 2010 beim Arbeitsgericht W eingegangene und dem beklagten Land am 20. September 2010 zugestellte Klage wurde innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs erhoben.

34

4. Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG setzt materiell einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG voraus. § 15 Abs. 2 AGG enthält zwar nur eine Rechtsfolgenregelung, jedoch ist für die Voraussetzungen des Anspruchs auf § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG zurückzugreifen. Dies ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang der gesetzlichen Regelung (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 30, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

35

5. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass zunächst ein Verstoß des beklagten Landes gegen § 82 Satz 2 SGB IX vorgelegen hatte, weil es den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte. Ob diesem deshalb ein Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 iVm. § 7 AGG zusteht, wird das Berufungsgericht unter Zugrundelegung der rechtlichen Beurteilung des Streitfalls durch den Senat(§ 563 Abs. 2 ZPO) erneut zu entscheiden haben.

36

a) Der Kläger ist von dem beklagten Land unmittelbar benachteiligt worden. Eine solche Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Zum einen erfuhr der Kläger eine weniger günstige Behandlung als der später eingestellte Bewerber. Zum anderen war auch die Behandlung des Klägers im Vergleich mit den vor dem Absageschreiben zu Vorstellungsgesprächen eingeladenen weiteren (letztlich gleichfalls erfolglosen) Bewerbern weniger günstig. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung, liegt nämlich bereits dann vor, wenn der Bewerber nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgenommen und vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wird. Hier liegt die Benachteiligung in der Versagung einer Chance (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 22, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2).

37

b) Anspruchsvoraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist nicht, dass der Arbeitgeber selbst oder eine für ihn tätig werdende Person schuldhaft gehandelt hat. Der Entschädigungsanspruch setzt nämlich kein Verschulden oder gar eine Benachteiligungsabsicht voraus (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 31, AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Es bedarf daher im Streitfalle auch keiner Zurechnung eines schuldhaften Fehlverhaltens der Auszubildenden oder ggf. anderer Mitarbeiter nach § 278 BGB noch einer Zurechnung nach § 831 BGB. Vielmehr geht es ausschließlich um eine Zurechnung der objektiven Handlungsbeiträge oder Pflichtverletzungen der für den Arbeitgeber handelnden Personen im vorvertraglichen Vertrauensverhältnis (vgl. BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 33, BAGE 127, 367 = AP SGB IX § 81 Nr. 15 = EzA SGB IX § 81 Rn. 17). Bedient sich der Arbeitgeber bei der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses eigener Mitarbeiter oder Dritter (zB der Bundesagentur für Arbeit), so trifft ihn die volle Verantwortlichkeit für deren Verhalten (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 35, AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7).

38

Jeder Arbeitgeber hat die Erledigung seiner Personalangelegenheiten so zu organisieren, dass die gesetzlichen Pflichten zur Förderung schwerbehinderter Bewerber erfüllt werden (BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 35, BAGE 127, 367). Das Bewerbungsverfahren hat er fair und diskriminierungsfrei auszugestalten. Die für ihn handelnden Personen, auch Auszubildende, sind ihrerseits gehalten, insbesondere die Pflicht des § 82 Satz 2 SGB IX zu erfüllen. Der Verstoß gegen diese Pflicht ist dem beklagten Land mithin als objektive Pflichtverletzung zuzurechnen.

39

Auf fehlerhafte Geschehensabläufe kann sich der Arbeitgeber zu seiner Entlastung daher ebenso wenig berufen wie auf unverschuldete Personalengpässe. Auch durchgeführte Schulungen oder „mustergültige“ Handreichungen kann er nicht ins Feld führen. Darauf käme es nämlich nur bei einem verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch an (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 36, AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7).

40

Es genügt mithin, dass das Absageschreiben an den Kläger, selbst wenn es sich um ein bloßes „Büroversehen“ gehandelt haben sollte, aus der Verantwortungssphäre des beklagten Landes gestammt hat. Dass eine Auszubildende dieses Schreiben ohne entsprechende Weisung unterschrieben und versandt und somit ggf. ihre Befugnisse im Innenverhältnis überschritten hatte, ist ohne rechtliche Bedeutung. So hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts auch die Tatsache, dass eine Urlaubsvertretung die Agentur für Arbeit versehentlich nicht eingeschaltet hatte, für unerheblich gehalten (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 22, BAGE 119, 262 = AP SGB IX § 81 Nr. 13 = EzA SGB IX § 81 Nr. 14).

41

c) Der Kläger befand sich auch mit den zu den Vorstellungsgesprächen vom 12. Juli 2010 und vom 19. Juli 2010 eingeladenen Bewerbern in einer vergleichbaren Situation (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG).

42

aa) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt zunächst voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17).

43

bb) An der objektiven Eignung des Klägers für die von dem beklagten Land im Mai 2010 ausgeschriebene Stelle bestehen keine Zweifel. Die Eignung des Klägers wird von dem beklagten Land auch nicht in Abrede gestellt.

44

d) Ob das beklagte Land den Kläger allerdings unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG „wegen“ seiner Behinderung weniger günstig behandelt hat, kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheiden.

45

Entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts wird ein möglicher Kausalzusammenhang zwischen der ihn benachteiligenden Behandlung - Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch und Ablehnung - und dem Merkmal der Behinderung allein durch die nachträglichen Einladungen zu Vorstellungsgesprächen nicht beseitigt. Auch waren diese für sich allein betrachtet nicht geeignet, die Vermutung der Benachteiligung wegen Schwerbehinderung iSd. § 22 AGG zu widerlegen.

46

aa) Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund - die Behinderung - das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das verpönte Merkmal Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (st. Rspr., BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, AP AGG § 22 Nr. 5 = EzA AGG § 22 Nr. 6).

47

bb) Hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Nachteil und verpöntem Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich zugleich auf die Darlegungslast auswirkt. Ein erfolgloser Bewerber genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines unzulässigen Merkmals vermuten lassen. Dies ist dann der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen - aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit - darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals erfolgt ist. Denn durch die Verwendung der Begriffe „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber gleichwohl die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 32, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2).

48

Besteht eine derartige Vermutung für die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

49

cc) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen (Hilfs)Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen dem verpönten Merkmal und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, AP AGG § 22 Nr. 5 = EzA AGG § 22 Nr. 6).

50

dd) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, es lägen deshalb keine Tatsachen oder Indizien vor, die eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung vermuten lassen, weil das beklagte Land den Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX noch im laufenden Stellenbesetzungsverfahren geheilt habe.

51

Zunächst geht das Landesarbeitsgericht zu Recht davon aus, dass eine unterbliebene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch die Vermutungswirkung grundsätzlich herbeiführt. Unterlässt es nämlich der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, einen schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so ist dies nach ständiger Rechtsprechung eine geeignete Hilfstatsache(„Indiz“) nach § 22 AGG, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Benachteiligung wegen der Behinderung spricht(st. Rspr., vgl. BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 39; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 46, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Für die Annahme, dass dem Kläger die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, sodass nach § 82 Satz 3 SGB IX eine Einladung entbehrlich gewesen wäre, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

52

Weitere Indizien für eine Benachteiligung „wegen“ seiner Behinderung hat der Kläger nicht dargetan, insbesondere keine sonstigen objektiven Verfahrensverstöße. Sie ergeben sich auch nicht aus den Feststellungen des Berufungsgerichts oder dem in Bezug genommenen Vorbringen der Parteien. Zwar enthielt das Ablehnungsschreiben vom 26. Juli 2010 keine Begründung für die dem Kläger ungünstige Entscheidung; diese wurde auch nicht unverzüglich nachgeholt. Jedoch war das beklagte Land nicht verpflichtet, die Beteiligten unverzüglich iSd. § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX über die Gründe für die Auswahlentscheidung zu unterrichten, da das Präsidium die Mindestbeschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX erfüllt(vgl. BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 40 ff.).

53

Allein die unstreitige Tatsache, dass nach der ersten Ablehnung zwei Einladungen zu Vorstellungsgesprächen durch das Präsidium ausgesprochen worden sind, lässt - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - die Vermutungswirkung nicht rückwirkend entfallen. Der Verfahrensfehler kann nicht nachträglich „geheilt“, der Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX nicht „rückgängig“ und quasi „ungeschehen“ gemacht werden. Anders formuliert: Durch den „actus contrarius“ einer nachträglichen Einladung wird die ursprüngliche Nichteinladung - und schriftliche Absage - nicht zu einem rechtlich unbeachtlichen „nullum“. Der Rechtsprechung des Senats zufolge vermag weder eine später vorgenommene Einstellung noch eine tatsächliche Beschäftigung eine einmal erfolgte ungünstigere Behandlung „aufzuheben“ und damit einen Entschädigungsanspruch zu beseitigen (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 33, AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7).

54

Der vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang verwendete Begriff „Naturalrestitution“ kann in die Irre führen. Dieser Begriff stammt aus dem Schadensersatzrecht und passt daher nicht zu einem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG. Darüber hinaus gehört er auf die Rechtsfolgenseite: Wenn ein Schadensersatzanspruch gegeben ist, dann gelten die allgemeinen Regeln der §§ 249 ff. BGB, in erster Linie und vorrangig § 249 Abs. 1 BGB mit dem Prinzip der Naturalrestitution, wonach der Schädiger „den Zustand herzustellen (hat), der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre“. Vorliegend geht es jedoch nicht um die Rechtsfolgenseite, sondern um die Frage, ob ein Entschädigungsanspruch dem Grunde nach zu bejahen ist.

55

Ebenso missverständlich ist es, in diesem Zusammenhang von einer „Heilung“ zu sprechen, welcher dem Berufungsgericht zufolge offenbar eine umfassende und „starke“ Wirkung ex tunc zukommen soll. Weder das AGG noch das SGB IX sehen eine „Heilung“ oder gar die vom Berufungsgericht damit verbundene rückwirkende Unbeachtlichkeit eines Verstoßes gegen § 82 Satz 2 SGB IX ausdrücklich vor.

56

Eine analoge Anwendung der Heilungsvorschriften des Sozialrechts verbietet sich. Deren abschließender Charakter lässt eine Analogie von vornherein ausscheiden.

57

Die enumerativen Heilungsfälle des § 41 SGB X beziehen sich auf verfahrens- oder formfehlerhafte Verwaltungsakte und sind bereits aus diesem Grund nicht übertragbar auf „Realakte“ wie die Nichteinladung und Ablehnung eines Bewerbers. Zudem handelt es sich nach herrschender Meinung um eine abschließende Aufzählung von - vorliegend thematisch nicht einschlägigen - Heilungsmöglichkeiten, was eine entsprechende Anwendung auf sonstige Verfahrensmängel von vornherein ausschließt (Schütze in v. Wulffen SGB X 7. Aufl. § 41 Rn. 5 mwN).

58

Außerdem hat der Gesetzgeber im SGB IX vereinzelt und gezielt „Heilungsvorschriften“ oder Mechanismen zur „Nachbesserung“ vorgesehen, nicht jedoch bei § 82 Satz 2 SGB IX. Daher ist nicht von einer „ungeplanten Regelungslücke“ auszugehen. So bestimmt etwa § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, dass der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören hat. Falls diese Beteiligung unterblieben ist, ist die Durchführung oder Vollziehung der Entscheidung auszusetzen und die Beteiligung innerhalb von sieben Tagen nachzuholen; erst danach ist endgültig zu entscheiden (§ 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX). Eine solche, gewissermaßen „maßgeschneiderte“ Nachbesserungsmöglichkeit enthält § 82 SGB IX jedoch nicht. Daher ist davon auszugehen, dass diese Verfahrensvorschrift absoluten Charakter besitzt und keine wie auch immer geartete „Heilung“ zulässt.

59

Im Übrigen eröffnet die nachträgliche Einladung einem zunächst abgelehnten Bewerber de facto keineswegs dieselbe „Chance“ einer Einstellung wie eine ursprüngliche Einladung, sondern wenn überhaupt nur eine erheblich verminderte Chance - ein deutliches „Minus“, wenn nicht gar einen „Malus“. Dies liegt für einen abgelehnten Bewerber, der nach erfolgter Ablehnung einen Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung geltend macht, auf der Hand. Es ist weder zu erwarten, dass er selbst unbefangen in ein „nachgeholtes“ Vorstellungsgespräch geht, noch kann davon ausgegangen werden, dass der potentielle Arbeitgeber das - im vorliegenden Fall sogar anwaltliche - „Sich-zur-Wehr-Setzen“ auszublenden vermag. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll der persönliche Kontakt schließlich die Einstellungschancen eines schwerbehinderten Bewerbers verbessern. Über die schriftlichen Bewerbungsunterlagen hinaus soll sich der Arbeitgeber ein Bild von der Persönlichkeit des Bewerbers, seinem Auftreten, seiner Leistungsfähigkeit und seiner Eignung machen. Weiter stellt das Vorstellungsgespräch auch ein geeignetes Mittel dar, um eventuelle Vorbehalte oder gar Vorurteile auszuräumen. Dieser durch § 82 Satz 2 SGB IX intendierte „Chancenvorteil“ gegenüber nicht schwerbehinderten Bewerbern entfällt jedoch ab dem Moment, ab dem ein Bewerber einen Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch wegen unterbliebener Einladung zu einem Vorstellungsgespräch geltend gemacht hat. Die nachträgliche Einladung ist kein funktional angemessener Ersatz für die unterbliebene Einladung, dh. sie kann die angestrebten Funktionen nicht mehr erfüllen. Ein nachträglich geführtes Vorstellungsgespräch besitzt nicht dieselbe tatsächliche oder rechtliche Qualität wie ein von vornherein anberaumtes Gespräch.

60

Eine nachträgliche und rückwirkende „Heilung“ wäre zudem mit der Struktur des AGG und insbesondere den hier geltenden strikten Fristenregelungen nicht vereinbar. Ist der Entschädigungsanspruch einmal entstanden, sehen § 15 Abs. 4 AGG und § 61b Abs. 1 ArbGG kurze Ausschlussfristen für dessen Geltendmachung vor. Diese Fristen dienen der Rechtssicherheit, dem Rechtsfrieden und der Rechtsklarheit. Insbesondere soll es dem Arbeitgeber angesichts der Regelung des § 22 AGG nicht zugemutet werden, Dokumentationen über Einstellungsverfahren bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen. Umgekehrt muss sich aber auch der benachteiligte Bewerber darauf verlassen dürfen, dass seinem einmal entstandenen Anspruch nicht während laufender Frist nachträglich der Boden entzogen wird. So hat er seine Ansprüche geltend gemacht, Rechtsrat gesucht, Kosten ausgelöst, sich auf eine eventuelle gerichtliche Geltendmachung eingestellt oder bereits Klage erhoben.

61

Hinzu kommt eine nicht unerhebliche Missbrauchs- und Umgehungsgefahr. Ein Arbeitgeber könnte sich bewusst eine „Hintertür“ offenlassen, dh. zunächst von der Einladung schwerbehinderter Bewerber absehen, um dann nur bei entsprechender Rüge des nicht Eingeladenen doch noch eine Einladung auszusprechen. So hätte es ein Arbeitgeber in der Hand, durch gezielte nachträgliche Einladungen und ggf. rein „formale“ Vorstellungsgespräche Ansprüche aus dem AGG ins Leere laufen zu lassen.

62

II. Ob die durch das Indiz der Nichteinladung ausgelöste Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung durch das beklagte Land iSd. § 22 AGG widerlegt oder „entkräftet“ worden ist, wird das Landesarbeitsgericht noch zu prüfen haben. Insoweit war dem Senat eine abschließende Entscheidung gemäß § 563 Abs. 3 ZPO verwehrt, da es sich insoweit um eine Tatsachenbewertung handelt, welche nicht vom Revisionsgericht, sondern von den Tatsacheninstanzen vorzunehmen ist.

63

1. Dem Berufungsgericht ist nicht nur - wie oben dargelegt - ein Beurteilungsspielraum einzuräumen, soweit es um die Frage geht, ob die von dem Bewerber vorgetragenen Hilfstatsachen den Schluss darauf zulassen, er sei wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals abgelehnt worden. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gilt ebenso für die Frage, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat(§ 22 AGG). Auch hier beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle darauf, ob die Würdigung des Tatsachengerichts möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt.

64

2. Dabei wird das Berufungsgericht Folgendes zu beachten haben: Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorgelegen hat. Er muss das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung nicht (zumindest auch) auf der Behinderung beruht hat. Damit muss er Tatsachen und Umstände vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben, und in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten war (BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 41).

65

Dabei kommen auch Umstände, Geschehnisse und Verhaltensweisen in Betracht, die zeitlich nach der Benachteiligung liegen. Mit der Benachteiligung, die spätestens zum Zeitpunkt des Ablehnungsschreibens vorliegt, tritt insoweit keine zeitliche Zäsur oder „Berücksichtigungssperre“ ein. Vielmehr können sich aus dem weiteren Verlauf des Verfahrens sowohl Indizien, die für eine Benachteiligung sprechen, ergeben, als auch solche, die den Arbeitgeber entlasten. Es ist mithin möglich und zulässig, aus späteren Verhaltensweisen des Arbeitgebers bzw. der für ihn handelnden Personen Rückschlüsse darauf zu ziehen, dass in dem zur Benachteiligung führenden „Motivbündel“ kein diskriminierendes Element enthalten gewesen war.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Volz    

        

    Kandler    

                 

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Tenor

Die Revision des Klägers und die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 3. Juni 2009 - 10 Sa 719/08 - werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger 95 vH und die Beklagte 5 vH zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz und Entschädigung wegen Nichtberücksichtigung bei einem Stellenbesetzungsverfahren.

2

Der 1958 geborene Kläger hat beide juristischen Staatsexamina mit „gut“ bestanden und ist seit 1988 als selbstständiger Rechtsanwalt tätig.

3

Die Beklagte schaltete im März 2007 eine Stellenanzeige in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) 11/2007 mit folgendem Inhalt:

        

„Die T GmbH ist ein Lizenzhandelsunternehmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten BR, MDR, SWR sowie des Schweizer Fernsehens SRG SSR idée suisse.

        

Zum sofortigen Eintritt suchen wir für unsere Rechtsabteilung - zunächst auf ein Jahr befristet - eine(n) junge(n), engagierte(n)

        

Volljuristin/Volljuristen           

        

Ihre Aufgaben umfassen insbesondere die Verhandlung und Erstellung von Lizenzverträgen für die Bereiche ‚Programmbeschaffung’ und ‚Internationaler Programmvertrieb’.

        

Sie verfügen über befriedigende Examina, erste Berufserfahrungen (bis 2 Jahre) im Medienbereich bzw. Lizenzgeschäft, Teamfähigkeit, Belastbarkeit und ein überzeugendes Auftreten. Verhandlungssichere Englischkenntnisse sind erforderlich; Französischkenntnisse sind von Vorteil.

        

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung unter Angabe Ihrer Gehaltsvorstellungen an:

        

…“    

4

Auf diese Anzeige bewarb sich der Kläger am 26. März 2007 mit folgender E-Mail:

        

„Sehr geehrte Damen und Herren,

        

Sie suchen für ein Jahr befristet einen Volljuristen für den Bereich des Aushandelns und des Erstellens von Lizenzverträgen.

        

Ich denke, daß ich Ihre Anforderungen vollumfänglich erfülle.

        

Ich bin seit 20 Jahren umfassend im Zivil- und Wirtschaftsrecht und besonders auch im Lizenz- und Vertragsrecht tätig; einige hundert einschlägige Verträge/AGBen habe ich selbst entworfen, deutlich mehr habe ich begutachtet/begleitet. Mein Schwerpunkt liegt im Bereich des Immaterialgüterrechts, was jedoch auch zur Folge hat, daß ich meine meist gewerblichen Mandanten in allen wirtschaftsrechtlich relevanten Angelegenheiten (ausgenommen Familienrecht und Verwaltungsrecht) umfassend betreue.

        

Kurz zu meinen papiernen Qualifikationen: Beide Staatsexamina (Hessen) ‚gut’, Promotion (Hessen, EDV-Recht) ‚summa cum laude’, ca. 200 primär einschlägige Publikationen.

        

Teamfähigkeit, Belastbarkeit und überzeugendes Auftreten sind selbstverständlich.

        

Zur Abkürzung darf ich zunächst ergänzend auf meinen anliegenden Kurzlebenslauf sowie die anliegenden Zeugnisse Bezug nehmen.

        

Die ausgeschriebene befristete Anstellung findet mein besonderes Interesse, da ich aus bestimmten Gründen (zunächst) nur an einer befristeten Anstellung interessiert bin; in einem persönlichen Gespräch erläutere ich gerne die Hintergründe.

        

Mit freundlichen Grüßen

        

…“    

5

Mit Schreiben vom 10. April 2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit:

        

„Sehr geehrter Herr Dr. K,

        

nochmals herzlichen Dank für die Übersendung Ihrer Bewerbungsunterlagen für die Stelle als Volljurist und das damit verbundene Interesse und Vertrauen.

        

Nach sorgfältiger Prüfung Ihrer Unterlagen müssen wir Ihnen nun mitteilen, dass Sie für die vakante Stelle leider nicht in Betracht kommen.

        

Wir wünschen Ihnen für Ihren weiteren Berufsweg viel Erfolg und verbleiben

        

mit freundlichen Grüßen

        

…“    

6

Ende April 2007 schloss die Beklagte einen befristeten Arbeitsvertrag mit der damals 33-jährigen Frau S. In diesem vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2008 befristeten Vertrag wurde eine Kündigungsfrist von zwei Wochen zum 15. eines Monats oder zum Monatsende während einer dreimonatigen Probezeit bzw. von zwei Monaten zum Monatsende nach Ablauf der Probezeit sowie ein Bruttojahresgehalt von 43.472,00 Euro, zahlbar in 13 Monatsraten zu 3.344,00 Euro, vereinbart. Frau S hatte beide juristischen Staatsprüfungen mit „ausreichend“ bestanden und war vor der Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der Beklagten bei der „N Filmgesellschaft mbH“ beschäftigt und dort ausweislich des Zeugnisses vom 2. Juli 2007 ua. mit der Prüfung und Erstellung von Lizenz- und Vertriebsverträgen in deutscher und englischer Sprache befasst.

7

Mit einer E-Mail und einem gleichlautenden Telefaxschreiben vom 26. Juni 2007 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass die Vermutung bestehe, er sei von ihr wegen seines Alters im Bewerbungsverfahren diskriminiert worden. Er machte einen Schadensersatzanspruch wegen des entgangenen Gehalts für ein Jahr sowie einen Schmerzensgeldanspruch wegen der erlittenen Altersdiskriminierung in Höhe von 25.000,00 Euro geltend.

8

Mit Anwaltschriftsatz vom 28. Juni 2007 ließ die Beklagte die Ansprüche zurückweisen.

9

Mit seiner am 9. Juli 2007 beim Arbeitsgericht München eingegangenen und der Beklagten am 19. Juli 2007 zugestellten Klage hat der Kläger einen Schadensersatz- und einen Schmerzensgeldanspruch sowie einen Auskunftsanspruch über die Höhe der maximal vorgesehenen Jahresvergütung für das Stellenangebot in der NJW 11/2007 geltend gemacht.

10

Der Kläger behauptet, seine Bewerbung sei ausschließlich wegen seines Alters nicht berücksichtigt worden. Er habe gezielt keine Gehaltsvorstellung angegeben, um sich die Chance eines Vorstellungsgesprächs zu erhalten. Auch sei er zum damaligen Zeitpunkt aufgrund seiner persönlichen Situation gerade an einer vorübergehenden Beschäftigung interessiert gewesen. Das Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 10. April 2007 sei ihm erst am 2. Mai 2007 zugegangen.

11

Der Kläger meint, ihm stehe ein Auskunftsanspruch über die Höhe der maximal vorgesehenen Vergütung für die ausgeschriebene Stelle zu. Auch könne er als Schadensersatz ein Jahresgehalt beanspruchen, da die Stelle auf ein Jahr ausgeschrieben gewesen sei und befristete Arbeitsverhältnisse nicht vorzeitig gekündigt werden könnten. Als Höhe der Entschädigung seien 25.000,00 Euro angemessen.

12

Im Übrigen ist der Kläger der Ansicht, die Vermutungswirkung des § 22 AGG erstrecke sich auch darauf, dass er als der bestqualifizierte Bewerber ohne die erfolgte Diskriminierung tatsächlich eingestellt worden wäre. Infolgedessen müsse die Beklagte beweisen, dass bei der Entscheidung für Frau S das Alter des Klägers keine Rolle gespielt habe.

13

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen,

        

a)    

ihm Auskunft über die maximal vorgesehene Jahresvergütung für die im Stellenangebot in NJW 11/2007 S. L ausgeschriebene Stelle zu erteilen;

        

b)    

ihm den sich aus der Auskunft ergebenden Betrag entsprechend der erteilten Auskunft aus Klageantrag 1.a) als Schadensersatz zuzüglich fünf Prozentpunkte über Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

ihm Schmerzensgeld in einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Höhe, mindestens aber 25.000,00 Euro, zuzüglich fünf Prozentpunkte über Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

14

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

15

Sie vertritt die Auffassung, die Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche seien weder frist- noch formgemäß geltend gemacht worden. Sie behauptet, das Absageschreiben vom 10. April 2007 sei spätestens am Folgetag versandt worden und dem Kläger daher am 12. April 2007 zugegangen. Die Geltendmachung der Ansprüche durch den Kläger sei erst nach Ablauf der Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 AGG mit Schreiben vom 26. Juni 2007 erfolgt. Im Übrigen wahre dieses Schreiben, welches ihr ausschließlich per Fax und per E-Mail übersandt worden sei, mangels eigenhändiger Unterschrift nicht die erforderliche Schriftform des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG.

16

Die Beklagte behauptet, weder das Alter des Klägers noch dasjenige der eingestellten Frau S hätten bei der Einstellungsentscheidung eine Rolle gespielt. Die Bewerbung des Klägers sei vielmehr sofort aussortiert worden, da diese keine Angabe zu der in der Anzeige geforderten Gehaltsvorstellung des Bewerbers enthalten habe und es sich daher um keine vollständige Bewerbung gehandelt habe. Auch seien für die Beklagte nur Bewerber aus dem Großraum München in Betracht gekommen, da man aus Kostengründen die Zahlung von Fahrtkosten zu den Vorstellungsgesprächen habe sparen wollen und man auswärtigen Bewerbern aufgrund der Befristung der Stelle einen Umzug nach München nicht habe zumuten wollen, zumal ein solcher Umzug die beabsichtigte Einstellung zeitlich verzögert hätte. Daher seien von den etwa 100 Bewerbungen alle aussortiert worden, die keine Gehaltsvorstellungen enthalten hätten oder von Personen stammten, die nicht im Großraum München wohnten.

17

Die Beklagte meint, die Vermutung des § 22 AGG erstrecke sich nicht darauf, dass der Kläger bei benachteiligungsfreier Auswahl eingestellt worden wäre. Tatsächlich sei dieser nicht der bestgeeignete Bewerber gewesen. Im Gegensatz zu der eingestellten Frau S verfüge er über keine einschlägige Erfahrung in der Medien- und Filmbranche. Entscheidend für die Einstellung von Frau S seien deren Erfahrung, deren spezifische Kenntnisse sowie eine Einstellungsempfehlung der vormaligen Stelleninhaberin gewesen.

18

Das Arbeitsgericht hat der Entschädigungsklage in Höhe eines Monatsgehalts stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das arbeitsgerichtliche Urteil dahingehend abgeändert, dass es dem Kläger aus dem ausgeurteilten Betrag auch Zinsen ab Rechtshängigkeit zugesprochen hat. Im Übrigen hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der von dem Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageansprüche weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision und mittels Anschlussrevision die Klageabweisung in vollem Umfange beantragt.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision des Klägers und die Anschlussrevision der Beklagten sind zulässig, aber unbegründet.

20

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe mit der Übersendung des Telefax am 26. Juni 2007 seine Ansprüche gegenüber der Beklagten form- und fristgerecht geltend gemacht.

21

Es ist weiterhin davon ausgegangen, dass sich aus der nicht altersneutralen Stellenausschreibung die Vermutung einer Altersdiskriminierung des Klägers ergebe. Diese habe die Beklagte nicht widerlegt. Daher stehe dem Kläger ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zu. Dieser sei mit einem Gehalt angemessen.

22

Das Landesarbeitsgericht hat einen Schadensersatzanspruch des Klägers nach § 15 Abs. 1 AGG verneint, da sich die Vermutungsregelung des § 22 AGG nicht auf die Kausalität zwischen Benachteiligung und Schaden erstrecke. Der Kläger hätte mithin darlegen und beweisen müssen, dass er bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte. Dies habe er nicht getan. Zwar habe er im Gegensatz zur eingestellten Bewerberin S die besseren Examensergebnisse erzielt, in der Stellenanzeige seien aber auch Berufserfahrung im Medienbereich bzw. Lizenzgeschäft gefordert worden. Der Kläger habe den Vortrag der Beklagten, die eingestellte Frau S sei wegen ihrer einschlägigen Berufserfahrung besser geeignet und schneller einsetzbar gewesen, nicht widerlegt. Die selbstständige anwaltliche Tätigkeit des Klägers weise zwar mit der Tätigkeit in einer Rechtsabteilung gewisse Überschneidungen auf, dennoch sei es eine andere Tätigkeit, so dass nicht von einer einschlägigen Berufserfahrung des Klägers gesprochen werden könne. Es sei vor dem Hintergrund, dass die Stelle keine sehr hohen juristischen Anforderungen stelle, nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei der Bewerberauswahl ein größeres Gewicht auf die einschlägige Berufserfahrung als auf die Noten im Staatsexamen gelegt habe.

23

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet, weil ihm die über den ausgeurteilten Entschädigungsbetrag hinaus geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen.

24

1. Die Klage ist zulässig.

25

a) Der auf die Erteilung der Auskunft gerichtete Antrag ist erst nach der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger begehrt nach dem Wortlaut seines Antrages die Erteilung einer Auskunft über die maximal vorgesehene Jahresvergütung für die ausgeschriebene Stelle. Der vom Kläger im Antrag verwendete Begriff der „maximal vorgesehenen Jahresvergütung“ ist nicht hinreichend bestimmt. Wie der Kläger in der Revisionsverhandlung klargestellt hat, begehrt er die Auskunft, in welchem Umfang die Geschäftsleitung der Beklagten bei der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle als Volljuristin/Volljurist bereit war, das für die Besetzung der Stelle der Fachabteilung zugesagte Jahresbudget von 40.000,00 Euro im Falle eines bestgeeigneten Bewerbers zu überschreiten. In diesem Sinne ist der Auskunftsantrag hinreichend bestimmt.

26

b) Der auf Zahlung einer der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Entschädigung gerichtete Klageantrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Nach § 15 Abs. 2 AGG kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden. Dem Gericht wird damit hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Steht dem Gericht ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Entschädigungshöhe zu bzw. hängt die Bestimmung eines Betrages vom billigen Ermessen des Gerichtes ab, ist ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig. Der Kläger muss allerdings Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrages heranziehen soll, benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angeben (Senat 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 18, AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat einen Sachverhalt dargelegt, der dem Gericht grundsätzlich die Bestimmung einer Entschädigung ermöglicht und eine Angabe zur Größenordnung der Entschädigung, nämlich mindestens 25.000,00 Euro, gemacht.

27

2. Die Klage ist lediglich in dem vom Landesarbeitsgericht ausgeurteilten Umfange begründet.

28

a) Das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG findet auf den Streitfall Anwendung. Die im März 2007 erschienene Stellenanzeige in der NJW 11/2007, auf die sich der Kläger beworben hatte, stellt den Anknüpfungszeitpunkt für die behauptete Benachteiligungshandlung dar. Dieser Zeitpunkt liegt nach dem Inkrafttreten des AGG.

29

b) Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Arbeitgeber Beschäftigte nicht wegen ihres Alters oder wegen eines anderen in § 1 genannten Grundes benachteiligen. Der Kläger unterfällt dem persönlichen Anwendungsbereich des AGG, da er als Beschäftigter gilt und die Beklagte Arbeitgeberin ist.

30

aa) Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis.

31

Der Kläger ist ein solcher Bewerber. Der Begriff „Bewerber“ im Sinne des AGG setzt nicht die objektive Eignung eines Bewerbers für die in Aussicht genommene Stelle voraus. Vielmehr ist die objektive Eignung eines Bewerbers eine Frage, ob eine „vergleichbare Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vorliegt, welche Voraussetzung für die Annahme einer unmittelbaren Benachteiligung ist(vgl. Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - NZA 2010, 872; 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - NJW 2010, 2970).

32

Ob die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung Tatbestandsvoraussetzung für Ansprüche nach §§ 15, 6 AGG ist, hat der Senat bislang ausdrücklich offengelassen(vgl. Senat 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - NZA 2010, 872), sie bedarf auch hier keiner Entscheidung. Es sind aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und des Parteivorbringens keine Anhaltspunkte erkennbar, die gegen die Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers sprechen.

33

Der Einwand der Beklagten, die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung fehle, da der Kläger der Aufforderung in der Anzeige, seine Gehaltsvorstellungen mitzuteilen, nicht nachgekommen sei, greift nicht durch. Der Kläger hat nachvollziehbar erläutert, weshalb er sich bessere Einstellungschancen ausgerechnet hat, wenn er seine Gehaltsvorstellungen erst in einem persönlichen Gespräch darlegt.

34

bb) Die Beklagte ist Arbeitgeber iSd. § 15 AGG. Sie ist als Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine juristische Person und sie beschäftigt Arbeitnehmer (§ 6 Abs. 2 Satz 1 AGG).

35

c) Der Kläger hat am 26. Juni 2007 den Schadensersatzanspruch (§ 15 Abs. 1 AGG) sowie den Entschädigungsanspruch (§ 15 Abs. 2 AGG) frist- und formgerecht geltend gemacht. Auch seine Klage auf Entschädigung hat er innerhalb der Dreimonatsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG erhoben.

36

aa) Nach § 15 Abs. 4 AGG muss ein Anspruch nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten, beginnend mit dem Zugang der Ablehnung, schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben - wie vorliegend nicht - etwas anderes vereinbart.

37

Die Ablehnung seiner Bewerbung erhielt der Kläger mit Schreiben der Beklagten vom 10. April 2007. Dieses Schreiben ist ihm nicht länger als zwei Monate vor dem 26. Juni 2007 zugegangen. Einen früheren Zugang hat die diesbezüglich darlegungs- und beweispflichtige Beklagte weder substantiiert vorgetragen noch bewiesen.

38

§ 15 Abs. 4 AGG bestimmt nicht, wer die Darlegungs- und Beweislast für den Zugang und den Zeitpunkt des Zugangs des Ablehnungsschreibens trägt. Infolgedessen gilt die allgemeine prozessuale Regel, wonach grundsätzlich der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für die rechtsbegründenden Tatbestandsmerkmale trägt, während der Anspruchsgegner die rechtsvernichtenden, rechtshindernden und rechtshemmenden Tatbestandsmerkmale darlegen und ggf. beweisen muss (BGH 14. Januar 1991 - II ZR 190/89 - BGHZ 113, 222; BAG 20. April 2010 - 3 AZR 553/08 -). Dies führt dazu, dass im Rahmen der Frage der fristgerechten Geltendmachung von Ansprüchen nach § 15 Abs. 1, 2 AGG der Arbeitgeber darzulegen und ggf. zu beweisen hat, dass und wann die Frist nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG durch Zugang der Ablehnung beim Bewerber in Lauf gesetzt worden ist(v. Roetteken AGG Stand August 2010 § 15 Rn. 89; Däubler/Bertzbach/Deinert AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 164), während der Arbeitnehmer darzulegen und ggf. zu beweisen hat, wann seine schriftliche Geltendmachung dem Arbeitgeber zugegangen ist (Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 61; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 2. Aufl. § 22 Rn. 8).

39

Da sich die Beklagte darauf beruft, Ansprüche des Klägers aus § 15 Abs. 1, 2 AGG seien mangels rechtzeitiger Geltendmachung ausgeschlossen, hätte sie mithin darlegen und ggf. beweisen müssen, dass und wann die Frist zur Geltendmachung in Lauf gesetzt worden ist. Da der Kläger behauptet, das Ablehnungsschreiben sei ihm erst am 2. Mai 2007 zugegangen, hätte die Beklagte diesen Zugangszeitpunkt substantiiert bestreiten und einen ihr günstigeren, also früheren Zugangszeitpunkt darlegen und beweisen müssen. Allein aus dem Absenden ihres Ablehnungsschreibens am 10. oder 11. April 2007 ergibt sich nicht zwingend, dass dieses dem Kläger am 12. April 2007 zugegangen ist, wie die Beklagte meint. Hieraus folgt, dass das Vorbringen des Klägers, der Zugang des Ablehnungsschreibens sei erst am 2. Mai 2007 erfolgt, durch die Beklagte nicht widerlegt ist.

40

bb) Der Kläger hat die streitgegenständlichen Ansprüche formgerecht geltend gemacht.

41

Mit seinen Fax- und E-Mail-Schreiben vom 26. Juni 2007 hat er sowohl Schadensersatz in Höhe eines Jahresgehalts wegen des entgangenen Gewinns als auch Schmerzensgeld wegen der erlittenen Diskriminierung in Höhe von 25.000,00 Euro gefordert. Hiermit hat er Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG konkret bezeichnet und geltend gemacht. Eine betragsmäßige Bezifferung des Schadensersatzanspruchs erfolgte zwar nicht, ist aber auch nicht erforderlich (vgl. zu § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB IX aF: BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 635/03 - BAGE 113, 361 = AP SGB IX § 81 Nr. 7 = EzA SGB IX § 81 Nr. 6).

42

Der Kläger hat die Ansprüche auch schriftlich (§ 15 Abs. 4 Satz 1 AGG) geltend gemacht. Dieses Schriftformgebot verlangt nicht die gesetzliche Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB(Bauer/Göpfert/Krieger § 15 Rn. 55; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 72; Schiek/Kocher § 15 Rn. 61; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 92; Adomeit/Mohr KommAGG § 15 Rn. 85; aA Däubler/Bertzbach/Deinert § 15 Rn. 110; HWK/Annuß/Rupp 4. Aufl. § 15 AGG Rn. 13), ausreichend ist vielmehr die Textform nach § 126b BGB.

43

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist das in § 126 BGB vorgesehene Schriftformerfordernis auf Rechtsgeschäfte beschränkt. Auf rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen ist die Bestimmung nicht unmittelbar anzuwenden (BAG 11. Juni 2002 - 1 ABR 43/01 - BAGE 101, 298 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 118 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 139). Daran hat die Ergänzung des § 126 BGB durch § 126a und § 126b BGB nichts geändert. Auch die §§ 126a, 126b BGB sind vielmehr wegen des fortbestehenden Sachzusammenhangs mit den Bestimmungen über Willenserklärungen und Rechtsgeschäfte unmittelbar nur auf Willenserklärungen anwendbar. Für rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen gelten sie allenfalls entsprechend (BAG 10. März 2009 - 1 ABR 93/07 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 127 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 12).

44

Die Geltendmachung eines Anspruchs iSv. § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ist keine Willenserklärung, sondern eine einseitige rechtsgeschäftsähnliche Handlung. Während ein Rechtsgeschäft aus einer oder mehreren Willenserklärungen besteht, die allein oder in Verbindung mit anderen Tatbestandsmerkmalen eine Rechtsfolge herbeiführen, weil sie gewollt ist (Palandt/Ellenberger 69. Aufl. Überblick vor § 104 Rn. 2), sind geschäftsähnliche Handlungen auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtete Erklärungen, deren Rechtsfolgen kraft Gesetzes eintreten (Palandt/Ellenberger Überblick vor § 104 Rn. 6). Die Geltendmachung im Sinne von § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ist nicht auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge kraft rechtsgeschäftlichen Willens gerichtet, sondern darauf, dass eine im Gesetz angeordnete Rechtsfolge, nämlich das Fortbestehen des Anspruchs nur bei rechtzeitiger Geltendmachung, eintritt.

45

Eine analoge Anwendung von § 126 BGB auf die Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ist nicht gerechtfertigt. Normzweck und Interessenlage sind nicht vergleichbar. Angesichts der im Geschäftsleben festzustellenden Üblichkeit der Erklärungsübermittlung per Telefax besteht kein Grund, das Erfordernis der Originalunterschrift in entsprechender Anwendung von § 126 BGB auf Geltendmachungsschreiben zu übertragen, die ihren Sinn und Zweck der Schaffung eines Rechtsfriedens und der Herbeiführung von Rechtssicherheit auch erfüllen, wenn durch lediglich namentliche Bezeichnung die Identität des Erklärenden feststeht. Auch die Vollständigkeit und der inhaltliche Abschluss der Erklärung bedürfen keiner eigenhändigen Unterschrift, sondern lassen sich durch die Anbringung einer Grußformel, die maschinenschriftliche Namenswiedergabe oder Ähnliches unmissverständlich kenntlich machen.

46

Nach der objektiven Sach- und Interessenlage der Beteiligten ist bei der Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen nach § 15 Abs. 1, 2 AGG die entsprechende Anwendung von § 126b BGB geboten und ausreichend. Nach dieser Bestimmung muss, wenn Textform vorgeschrieben ist, die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. Auf diese Weise stellt § 126b BGB auch ohne das Erfordernis eigenhändiger Unterzeichnung sicher, dass die Identitäts- und Vollständigkeitsfunktionen einer schriftlichen Erklärung neben der ohnehin gegebenen Dokumentationsfunktion gewahrt sind(vgl. zu § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG: BAG 10. März 2009 - 1 ABR 93/07 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 127 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 12).

47

Zumindest das Telefax des Klägers vom 26. Juni 2007 genügte den Erfordernissen des § 126b BGB, weil dieses der Beklagten unstreitig zugegangen ist und ihr damit in Form eines Ausdruckes vorgelegen hat(vgl. BGH 3. Juni 1987 - IVa ZR 292/85 - BGHZ 101, 276).

48

cc) Die dreimonatige Klagefrist nach § 61b Abs. 1 ArbGG für Entschädigungsansprüche nach § 15 AGG ist gewahrt, weil die Klage am 9. Juli 2007 beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 19. Juli 2007 zugestellt und damit innerhalb von drei Monaten nach schriftlicher Geltendmachung des Anspruchs erhoben worden ist, § 253 Abs. 1 ZPO.

49

d) Der für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG erforderliche Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot liegt vor.

50

aa) Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn ein Beschäftigter wegen eines in § 1 genannten Grundes - zu denen auch das Alter zählt - eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

51

Der Kläger hat im Bewerbungsverfahren um die ausgeschriebene Stelle eine weniger günstige Behandlung erfahren als die eingestellte Bewerberin S. Seine Bewerbung wurde abgelehnt, ohne dass er zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Eine Benachteiligung kann in der Versagung einer Chance liegen. Durch die Nichteinladung wurde dem Kläger die Chance auf Einstellung versagt (vgl. Senat 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 31, AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1).

52

Der Kläger und die Bewerberin S befanden sich in einer vergleichbaren Situation, da beide objektiv für die ausgeschriebene Stelle eines Volljuristen geeignet waren.

53

bb) Die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen lassen eine Benachteiligung des Klägers wegen seines Alters vermuten.

54

Eine weniger günstige Behandlung wegen des Alters ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an das Alter anknüpft oder durch sie motiviert ist. Ausreichend ist, dass das Alter Bestandteil eines Motivbündels ist, das die Entscheidung beeinflusst hat. Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (Senat 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

55

Hinsichtlich der Kausalität zwischen Nachteil und dem verpönten Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich auch auf die Darlegungslast auswirkt. Der Beschäftigte genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verbotenen Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Wörter „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich der Kausalität zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(Senat 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - NZA 2010, 1006). Liegt eine Vermutung für die Benachteiligung vor, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

56

Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen Tatsachen eine Benachteiligung wegen eines verbotenen Merkmals vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen einem in § 1 AGG genannten Merkmal und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und ob sie gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt(Senat 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 28, AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6 zu § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB aF bzgl. einer geschlechtsbezogenen Benachteiligung).

57

Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass sich bereits aus der Stellenanzeige die Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen seines Alters ergibt. § 11 AGG verbietet die Ausschreibung eines Arbeitsplatzes unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG. Eine Ausschreibung verstößt gegen § 7 Abs. 1 AGG, wenn Menschen, die ein in § 1 AGG genanntes Merkmal aufweisen, vom Kreis der für die zu besetzende Stelle in Betracht kommenden Personen ausgeschlossen werden.

58

Die von der Beklagten zu besetzende Stelle als Volljurist/in ist unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben worden, da das Alter als Einstellungsvoraussetzung genannt ist. Nach der Stellenanzeige werden „junge“ Volljuristinnen/Volljuristen gesucht. Mit dieser Einschränkung werden solche Personen, die nicht mehr „jung“ sind, vom Kreis derer, die für die zu besetzende Stelle in Betracht kommen, ausgeschlossen.

59

Da der Verstoß gegen die Verpflichtung, einen Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG auszuschreiben, die Vermutung begründen kann, die Benachteiligung sei wegen des in der Ausschreibung bezeichneten verbotenen Merkmals erfolgt(vgl. Senat 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - BAGE 109, 265 = AP BGB § 611a Nr. 23 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 3 zu § 611b BGB aF),ist die vom Landesarbeitsgericht angenommene Vermutung einer altersbedingten Diskriminierung des Klägers revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei ist es nicht entscheidend, dass der Begriff „jung“ nicht eindeutig zu definieren ist. Auf jeden Fall liegt dann ein Indiz für die Benachteiligung eines Bewerbers wegen seines Alters vor, wenn ein anderer deutlich jüngerer Bewerber eingestellt worden ist. Dies war vorliegend der Fall.

60

cc) Da der Kläger somit Tatsachen vorgetragen hat, die seine Benachteiligung wegen seines Alters vermuten lassen, trägt die Beklagte nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorliegt.

61

Zur Widerlegung der Vermutung einer Benachteiligung wegen des Alters muss der Arbeitgeber das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung gerade nicht auf dem Alter beruht. Er muss also Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als das Alter, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben (vgl. zur Benachteiligung wegen Schwerbehinderung: BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 33, 37 f., AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

62

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass die Beklagte nicht bewiesen hat, dass es ausschließlich andere Gründe als das Alter des Klägers waren, die zu dessen weniger günstigen Behandlung geführt haben. Ihre Behauptung, die Bewerbung des Klägers sei bereits vorab wegen der unterlassenen Angabe der Gehaltsvorstellung und wegen seines nicht im Großraum München liegenden Wohnorts aussortiert worden, ist nach Überzeugung des Landesarbeitsgerichts nicht bewiesen. Die diesbezügliche Würdigung der Zeugenaussage des Mitarbeiters der Beklagten St durch das Landesarbeitsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dem Zeugen ist die Bewerbung des Klägers tatsächlich vorgelegt und damit gerade nicht vorab aussortiert worden. Auch eine Weiterleitung der Bewerbungsmail als „Kuriosum“ ist eine Weitergabe der Bewerbung und kein Aussortieren.

63

dd) Anhaltspunkte für die Zulässigkeit der unterschiedlichen Behandlung nach §§ 8, 10 AGG sind von der Beklagten nicht vorgetragen worden.

64

e) Da der Kläger wegen seines Alters von der Beklagten benachteiligt worden ist, hat er gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld. Der Entschädigungsanspruch setzt weder ein Verschulden der Beklagten voraus noch bedarf es der gesonderten Feststellung des Eintritts eines immateriellen Schadens (Senat 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

65

aa) § 15 Abs. 2 AGG entspricht § 253 BGB. Dies bedeutet, dass dem Gericht ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Höhe der Entschädigung eingeräumt wird, um bei der Prüfung der Angemessenheit der Entschädigung die Besonderheiten jedes einzelnen Falles angemessen berücksichtigen zu können. Hängt die Höhe des Entschädigungsanspruchs von einem Beurteilungsspielraum ab, ist die Bemessung des Entschädigungsanspruchs grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Die Festsetzung der angemessenen Entschädigung obliegt demnach nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dabei ist revisionsrechtlich zu überprüfen, ob das Urteil das Bemühen um eine angemessene Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände erkennen lässt und ob es gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senat 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

66

bb) Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG darf die Entschädigung bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. In diesem Fall ist vom Tatsachenrichter zunächst die Höhe einer angemessenen und der Höhe nach nicht begrenzten Entschädigung zu ermitteln und diese dann, wenn sie drei Monatsentgelte übersteigen sollte, zu kappen (Stein in Wendeling-Schröder/Stein § 15 Rn. 44).

67

Ist ein Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG dem Grunde nach gegeben, hat der Arbeitgeber die für ihn günstigere Tatsache zu beweisen, dass der Bewerber oder die Bewerberin auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre und damit die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG festgelegte Höchstgrenze für die Entschädigung zum Tragen kommt(HWK/Annuß/Rupp § 15 AGG Rn. 9; Knittel SGB IX Kommentar 4. Aufl. § 81 Rn. 121; Meinel/Heyn/Herms § 15 Rn. 71; Schiek/Kocher § 15 Rn. 48; vgl. auch EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 36, Slg. 1997, I-2195). Durch § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG wird von dem in § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG aufgestellten Grundsatz, dass die Höhe der Entschädigung nur durch das Kriterium der Angemessenheit begrenzt wird, eine Ausnahme zugunsten des Arbeitgebers geschaffen. Diese Verteilung der Beweislast schließt allerdings nicht aus, dass der Bewerber im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast zunächst geltend gemacht haben muss, dass er bei einer benachteiligungsfreien Auswahl eingestellt worden wäre.

68

cc) Die Festsetzung einer Entschädigung in Höhe eines Monatsgehalts der eingestellten Bewerberin S durch das Landesarbeitsgericht hält der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

69

Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung durch das Tatsachengericht sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Zu diesen zählen etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalles. Ferner ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, so dass die Höhe auch danach zu bemessen ist, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Dabei ist zu beachten, dass die Entschädigung geeignet sein muss, eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu entfalten und in jedem Fall in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen muss (Senat 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

70

Das angefochtene Urteil lässt das Bemühen um eine angemessene Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände erkennen und verstößt nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze. Infolgedessen hält sich die Festsetzung einer Entschädigung iHv. 3.344,00 Euro im Rahmen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraumes.

71

Zu Recht geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass kein besonders schwerwiegender Fall einer Diskriminierung vorliegt. Es legt sachgerecht zugrunde, dass es außer einer nicht an den Kläger persönlich gerichteten Stellenanzeige, welche kraft Gesetzes die Vermutung einer Diskriminierung wegen des Alters begründet, kein zu beanstandendes Verhalten der Beklagten gibt. Diese hat sich dem Kläger gegenüber wegen seines Alters weder abwertend noch beleidigend verhalten. Nicht zu beanstanden ist in diesem Zusammenhang, dass das Landesarbeitsgericht hinsichtlich der vom Kläger behaupteten negativen Auswirkungen der Diskriminierung, nämlich seines Appetitverlustes und seiner Schlafstörungen, darauf verweist, dass keine adäquate Kausalität zwischen der Absage auf die Bewerbung und der gesundheitlichen Beeinträchtigung feststellbar ist.

72

Soweit das Landesarbeitsgericht folgert, die Beklagte habe wegen des nur begrenzt zur Verfügung stehenden Budgets einen sich noch nah am Berufseinstieg befindlichen Bewerber gesucht und dies unzulässig mit „jung“ gleichgesetzt, ist auch dies vertretbar. Zwar werden in der Anzeige beide Eigenschaften, also „jung“ und „erste Berufserfahrungen (bis 2 Jahre) im Medienbereich bzw. Lizenzgeschäft“ getrennt formuliert. Dies bedeutet aber nicht zwingend, dass mit „jung“ nicht auch „erste Berufserfahrungen“ gemeint sein kann. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch den Verschuldensgrad in die Abwägung mit einbezogen.

73

Schließlich enthält auch die Annahme des Berufungsgerichts, der Umstand, dass der Kläger seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt sehr schlecht einschätze, könne nicht dazu führen, dass in der Absage der Beklagten eine besonders schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung liege, keinen Rechtsfehler. So hat die Diskriminierungshandlung der Beklagten insbesondere keine Auswirkungen auf zukünftige Bewerbungen des Klägers.

74

3. Soweit der Kläger einen Auskunftsanspruch und einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 15 Abs. 1 AGG geltend macht, ist seine Klage unbegründet.

75

a) § 15 Abs. 1 AGG begründet einen Anspruch auf Ersatz des durch die verbotene Benachteiligung entstandenen materiellen Schadens. Für den Umfang des Schadensersatzes gelten die §§ 249 ff. BGB, wobei allerdings § 15 Abs. 6 AGG in den dort genannten Fällen eine Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB ausschließt. Nach § 252 BGB umfasst der zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn und mithin das entgangene Arbeitsentgelt.

76

b) Für den Umstand, dass ein Bewerber die Stelle ohne die unzulässige Benachteiligung tatsächlich erhalten hätte, also für die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der Benachteiligung und dem entstandenen Schaden, ist nach den allgemeinen Beweislastregeln der Bewerber darlegungs- und beweispflichtig.

77

Grundsätzlich trägt der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen, während der Anspruchsgegner die rechtsvernichtenden, rechtshindernden und rechtshemmenden Tatbestandsmerkmale darlegen und ggf. beweisen muss (vgl. oben II 2 c aa). Hiernach hat ein Bewerber, der einen Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG verfolgt, ua. darzulegen und ggf. zu beweisen, dass ein Schaden bei ihm eingetreten ist und dieser kausal auf die Benachteiligungshandlung zurückzuführen ist.

78

Von dieser allgemeinen Regel macht § 15 Abs. 2 AGG für den Entschädigungsanspruch eine Ausnahme, die für den Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG nicht gilt. Aus der Gesetzesformulierung und der Systematik des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG folgt, dass der Arbeitgeber, der gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen hat, darlegen und ggf. beweisen muss, dass der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre und damit die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG geregelte Höchstgrenze für die Entschädigungshöhe zum Tragen kommt(vgl. oben II 2 e bb). § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG formuliert nämlich eine Ausnahme vom Grundsatz der Angemessenheit und enthält mithin eine (teilweise) rechtsvernichtende Einwendung, die der Anspruchsgegner darzulegen und zu beweisen hat. Eine dem § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG vergleichbare Bestimmung enthält § 15 Abs. 1 AGG nicht. Dies führt dazu, dass im Rahmen der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach § 15 Abs. 1 AGG den Bewerber die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass er als der am besten geeignete Bewerber bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte(vgl. zum Schadensersatzanspruch gegen einen öffentlichen Arbeitgeber: Senat 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3).

79

Diese dem Bewerber im Rahmen des § 15 Abs. 1 AGG obliegende Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität wird nicht durch § 22 AGG abgeändert(Bauer/Göpfert/Krieger § 15 Rn. 25; Adomeit/Mohr § 15 Rn. 23; Schiek/Kocher § 15 Rn. 24; DFL/Kramer 3. Aufl. § 15 AGG Rn. 20; Stein in Wendeling-Schröder/Stein § 15 Rn. 53; MünchKommBGB/Thüsing § 22 AGG Rn. 18).

80

Auch § 22 AGG geht von dem allgemeinen Grundsatz aus, dass eine Partei, die eine bestimmte Rechtsfolge für sich in Anspruch nehmen will, grundsätzlich die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und beweisen muss. Da eine diskriminierte Person die Tatsachen, die sich in der Sphäre des Diskriminierenden abspielen, häufig nicht kennt und in der Regel auch den Nachweis einer bestimmten Motivation des Diskriminierenden nicht erbringen kann, bezweckt § 22 AGG, dass der Anspruchsteller durch eine „Beweisführungserleichterung“ der ihm nach wie vor grundsätzlichen obliegenden Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer unzulässigen Benachteiligung durch den Arbeitgeber leichter nachkommen kann.

81

c) Dem Berufungsgericht ist auch dahin zu folgen, dass der Kläger die Tatsache, dass er bei benachteiligungsfreier Auswahl eingestellt worden wäre, nicht nachgewiesen hat.

82

Nicht zu beanstanden ist zunächst die Einschätzung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger verfüge zwar im Vergleich zu der eingestellten Bewerberin S über die besseren Examensergebnisse, die besseren Examensnoten könnten aber nicht automatisch mit der besseren Eignung für die zu besetzende Stelle gleichgesetzt werden, weil die Beklagte neben der juristischen Qualifikation in der Stellenanzeige Berufserfahrung im Medienbereich bzw. Lizenzgeschäft gefordert habe.

83

Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht des Weiteren davon aus, der Kläger habe nicht dargelegt, dass er bei benachteiligungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte. Er hat zwar vorgetragen, Frau S besitze „allenfalls eine Qualifikation einer besseren Sekretärin“, während er Hunderte von Verträgen ausgehandelt und entworfen habe, überwiegend im Lizenzrecht tätig gewesen sei und während seiner 20-jährigen Berufstätigkeit wiederholt extrem komplexe und richtungsweisende Verfahren, etwa zur Frage der Verwertungsrechte bei Filmen und Filmmusiken geführt habe. Mit diesem Vorbringen allein hat der Kläger seine bessere Eignung jedoch nicht belegt. So weist das Landesarbeitsgericht zutreffend darauf hin, dass der Kläger nicht in gleichem Maße über einschlägige Berufserfahrung im Medienrecht verfügt wie die eingestellte Bewerberin S.

84

Die Beklagte hat in der Stellenanzeige von den Bewerbern Berufserfahrungen (bis zwei Jahre) im Medienbereich bzw. im Lizenzgeschäft gefordert, um die Aufgabe, welche insbesondere in der „Verhandlung und Erstellung von Lizenzverträgen für die Bereiche Programmbeschaffung und Internationaler Programmvertrieb“ liegt, zu erfüllen. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er über solche Erfahrungen in größerem Maße verfügt als die Bewerberin S. Deren Qualifikation ergibt sich insbesondere aus ihrem Bewerbungsschreiben und dem vorgelegten Zeugnis. Der Vortrag des Klägers, aus dem Zeugnis der Frau S, welches „natürlich, wie üblich, die Zeugin selbst entworfen hat“ ergäben „sich allenfalls juristische Karr-, Zuarbeiter- und Hilfsdienste“ ist eine abwertende, unbeachtliche „Behauptung ins Blaue“. Vielmehr ergibt sich aus dem Zeugnis, dass die Bewerberin S im Medienbereich fünf Jahre tätig war und dort Lizenz- und Vertriebsverträge in deutscher und englischer Sprache erstellt und geprüft hat und damit bei ihrem vorherigen Arbeitgeber eine annähernd identische Tätigkeit in einem mit der ausgeschriebenen Stelle vergleichbaren Umfeld, nämlich einer Rechtsabteilung, ausgeübt hat. Hieraus folgt, worauf das Landesarbeitsgericht auch zutreffend abstellt, dass die Bewerberin S über eine solche einschlägige Berufserfahrung verfügt, die es der Beklagten gestattete, Frau S ohne Einarbeitungszeit einzusetzen.

85

Aus dem Vortrag des Klägers lässt sich nicht folgern, er sei für die ausgeschriebene Stelle hinsichtlich der geforderten einschlägigen Berufserfahrung zumindest ebenso gut geeignet wie die Bewerberin S. Soweit er darauf abstellt, er habe wiederholt extrem komplexe und richtungsweisende Verfahren, etwa zur Frage der Verwertungsrechte bei Filmen und Filmmusiken geführt, stellt dies keinen schlüssigen Vortrag dafür dar, dass er die für die Bereiche „Programmbeschaffung“ und „Internationaler Programmvertrieb“ erforderlichen Kenntnisse im Medienbereich bzw. im diesbezüglichen Lizenzgeschäft besitzt. Es macht nämlich einen Unterschied, in welcher Branche lizenzrechtliche Fragen bearbeitet und Lizenzverträge entworfen werden. Hat jemand eine Vielzahl von Lizenzverträgen in einer bestimmten Branche ausgearbeitet, schließt dies nicht aus, dass er für die Ausarbeitung von Lizenzverträgen in einer anderen Branche einer - ggf. sogar erheblichen - Einarbeitungszeit bedarf.

86

Schließlich ist auch die Einschätzung des Landesarbeitsgerichts zutreffend, die Tätigkeit als selbstständiger Rechtsanwalt habe zwar eine gewisse Schnittmenge mit den Tätigkeiten, die in einer Rechtsabteilung anfallen, dennoch handele es sich bei einer selbstständigen Rechtsanwaltstätigkeit nicht um eine einschlägige Berufserfahrung für die ausgeschriebene Stelle. Dies folgt einerseits bereits daraus, dass die Mitarbeit in einer Rechtsabteilung in deutlich höherem Maße Teamfähigkeit erfordert als eine selbstständige anwaltliche Tätigkeit. Auf das Bedürfnis der Teamfähigkeit hatte die Beklagte in der Stellenanzeige auch ausdrücklich hingewiesen. Zum anderen lernt ein Mitarbeiter einer Rechtsabteilung die Branche und deren Strukturen aufgrund seiner dauerhaften Beschäftigung mit diesen deutlich intensiver kennen als ein Rechtsanwalt, der sich mit einer Vielzahl von Sachverhalten und Rechtskreisen gleichermaßen und ggf. auch gleichzeitig befassen muss.

87

d) Da der Kläger keinen Schadensersatzanspruch hat, besteht für ihn auch kein Informationsbedürfnis bzgl. der „maximal vorgesehenen Jahresvergütung“ für die ausgeschriebene Stelle. Wegen des Fehlens dieses Informationsbedürfnisses steht dem Kläger der geltend gemachte Auskunftsanspruch gegen die Beklagte nicht zu (vgl. BAG 15. Juni 1993 - 9 AZR 558/91 - BAGE 73, 229 = AP BGB § 611 Konkurrenzklausel Nr. 40 = EzA HGB § 74 Nr. 55).

88

III. Nachdem die Verurteilung der Beklagten zu einer Entschädigung in Höhe von 3.344,00 Euro durch das Landesarbeitsgericht revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, erweist sich die diesbezüglich eingelegte Anschlussrevision der Beklagten als unbegründet.

89

IV. Wegen der Erfolglosigkeit der Revision und der Anschlussrevision waren die Kosten des Revisionsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO verhältnismäßig zu teilen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Brückmann    

        

    Schulz    

                 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. September 2010 - 4 Sa 18/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, den der Kläger geltend macht, weil er sich wegen seiner Behinderung bei einer Bewerbung benachteiligt sieht.

2

Der 1964 geborene Kläger absolvierte von 1982 bis 1985 eine Ausbildung zum Großhandelskaufmann. Nachdem er 1987 die Fachhochschulreife erworben hatte, studierte er anschließend bis 1992 Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule F. Er schloss mit dem Diplom als „Betriebswirt FH“ ab. Danach übte der Kläger bis 1996 verschiedene Tätigkeiten aus. Dem schloss sich bis 1998 eine weitere Berufsausbildung als Chemisch-Technischer Assistent an, die in den Folgejahren zu keiner stabilen Beschäftigung führte. Im September 1997 wurde die Schwerbehinderung des Klägers aufgrund eines nicht behandlungsbedürftigen essentiellen Tremors mit einem GdB von 60 anerkannt.

3

Von September 2004 bis August 2005 nahm der Kläger bei einer Gemeinde am praktischen Einführungsjahr für den gehobenen Verwaltungsdienst teil. Anschließend studierte er bis September 2008 an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in K. Für das Hauptstudium wählte er das Fach „Wirtschaft“ und das Wahlpflichtfach „Rechnungswesen“. Die Staatsprüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst absolvierte der Kläger mit der Gesamtnote „befriedigend“ (7 Punkte).

4

Die Beklagte ist eine Gemeinde mit rd. 3.700 Einwohnern, die in ihrer Verwaltung auf acht Stellen zwölf Arbeitnehmer beschäftigt. Im Sommer 2009 schrieb die Beklagte eine Stelle für einen Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin im Bereich Personalwesen, Bauleitplanung, Liegenschaften und Ordnungsamt zur Mutterschaftsvertretung aus. Für dieses Aufgabengebiet suchte die Beklagte „eine/n Mitarbeiter/in mit der Qualifikation des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes und umfassenden Kenntnissen“. Die Vergütung sollte gemäß dem TVöD erfolgen. Nach seiner Staatsprüfung hatte sich der Kläger um zahlreiche Stellen im öffentlichen Dienst beworben. Nachdem er anfänglich in den Bewerbungsschreiben auf seine Schwerbehinderteneigenschaft hingewiesen hatte, entschloss er sich wegen der Erfolglosigkeit seiner Bewerbungen ab einem bestimmten Zeitpunkt, nur noch den Hinweis auf eine „Behinderung“ zu geben. Vom 12. Januar bis 31. März 2010 arbeitete der Kläger bei einem öffentlichen Arbeitgeber in Oberbayern.

5

Mit Schreiben vom 8. Juli 2009 bewarb sich der Kläger um die ausgeschriebene Stelle der Beklagten. Am Ende des Bewerbungsschreibens führte er aus:

        

„Durch meine Behinderung bin ich, insbesondere im Verwaltungsbereich, nicht eingeschränkt.“

6

Bei der Beklagten bearbeitete die Beschäftigte M das Bewerbungsverfahren. Diese kannte den Kläger von dem gemeinsamen Besuch der Fachhochschule K her flüchtig. Frau M hatte dabei den Eindruck gewonnen, dass sich der Kläger anderen Studentinnen und Studenten aufdränge. Davon unterrichtete sie den Bürgermeister der Beklagten, der sich daraufhin gegen eine Berücksichtigung des Klägers entschied. Die Beklagte nahm keine Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf und prüfte nicht, ob die ausgeschriebene Stelle mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden könne. Im weiteren Verlauf wurden zwei der ca. zehn Bewerber dem Gemeinderat vorgestellt. Eingestellt wurde schließlich Frau Mü, die ihr Staatsexamen mit acht Punkten bestanden hatte und während des Hauptstudiums den Bereich „Verwaltung“ und das Schwerpunktfach „Kommunalpolitik“ gewählt hatte. Unter dem 30. Juli 2009 sagte die Beklagte dem Kläger schriftlich ab.

7

Durch Schreiben seiner damaligen Anwälte ließ der Kläger am 14. August 2009 der Beklagten mitteilen, dass er seit September 1997 im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit einem GdB von 60 sei. Er rügte, nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein und machte vorsorglich Schadensersatzansprüche nach § 15 AGG dem Grunde nach geltend. Der spätere Prozessbevollmächtigte des Klägers in den Vorinstanzen bezifferte mit Schreiben vom 10. September 2009 die vom Kläger begehrte Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG auf drei Bruttomonatsgehälter oder 6.689,85 Euro. Mit Schreiben vom 24. September 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass wegen offensichtlich fehlender fachlicher Eignung eine Einladung zum Vorstellungsgespräch entbehrlich gewesen sei.

8

Mit Eingang beim Arbeitsgericht am 26. Oktober 2009 hat der Kläger die von ihm verlangte Entschädigung gerichtlich geltend gemacht. Zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung betrieb der Kläger in mindestens 27 weiteren Fällen Entschädigungsklagen gegen öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch begründe bereits die Vermutung einer Benachteiligung wegen seiner Behinderung. Auch habe es die Beklagte unterlassen, die freie Stelle der Bundesagentur für Arbeit zu melden und den Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung über seine Bewerbung und die Ablehnungsgründe zu unterrichten. Jedenfalls habe Frau M gewusst, dass er schwerbehindert sei. Dies sei ohne weiteres an seinem Tremor und daran erkennbar gewesen, dass er aufgrund seines fortgeschrittenen Alters nur als Schwerbehinderter die Zulassung zum Studium habe erhalten können. Zumindest habe die Beklagte eine Schwerbehinderteneigenschaft aufgrund der Zulassungsbestimmungen zur Ausbildung für den gehobenen Verwaltungsdienst erkennen müssen.

10

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung, mindestens jedoch 6.689,85 Euro nebst fünf % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26. September 2009 zu zahlen.

11

Den Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass Frau M nicht bekannt gewesen sei, dass der Kläger schwerbehindert sei. Frau M und der Kläger hätten weder im selben Semester studiert noch seien sie näher bekannt gewesen, weshalb Frau M auch das Alter des Klägers nicht gekannt habe. Auch habe die Beklagte aus sonstigen Umständen die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers nicht erkannt bzw. erkennen müssen. Im Übrigen sei die ausgeschriebene Stelle nicht als Arbeitsplatz iSv. SGB IX anzusehen.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers nach Beweisaufnahme zur Frage des Bestehens einer Schwerbehindertenvertretung bzw. eines Personalrats zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist begründet. Er hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG, § 81 Abs. 2 SGB IX. Über die Höhe des Entschädigungsanspruchs kann der Senat nicht entscheiden. Insoweit fehlen tatsächliche Feststellungen, die das Landesarbeitsgericht innerhalb seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraums rechtlich zu würdigen haben wird.

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG bestehe nicht, da der Kläger nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt worden sei. Zwar habe er Umstände vorgetragen, die als Indiztatsachen iSv. § 22 AGG eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermuten ließen. Dem Kläger habe die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle nicht offensichtlich gefehlt. Die Beklagte habe als öffentliche Arbeitgeberin gegen ihre Verpflichtung nach den § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, § 82 SGB IX verstoßen, der Agentur für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze zu melden. Diese Verpflichtung beziehe sich aber nur auf das Vorfeld des eigentlichen Stellenbesetzungsverfahrens. Offenbare ein Bewerber seine Schwerbehinderung nicht, so sei die unterlassene Meldung gegenüber der Agentur für Arbeit nicht kausal für die in Unkenntnis der Schwerbehinderung getroffene Entscheidung des Arbeitgebers. Entsprechendes gelte für den Verstoß gegen die Pflicht der öffentlichen Arbeitgeber zur Einladung zum Vorstellungsgespräch nach § 82 Satz 2 SGB IX. Aus den Bewerbungsunterlagen habe die Beklagte die Schwerbehinderung weder gekannt noch erkennen müssen, auch habe eine Pflicht zur Erkundigung nicht bestanden. Der Beschäftigten M seien die persönlichen Umstände des Klägers nicht bekannt gewesen, weshalb die Beklagte auch nicht von seinem Alter oder den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Studienzulassung auf eine Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers habe schließen müssen. Die Beweisaufnahme habe zum Ergebnis gehabt, dass bei der Beklagten weder ein Personalrat noch eine Schwerbehindertenvertretung bestehe, so dass die Nichtbeteiligung derartiger Gremien kein Indiz darstelle. Im Ergebnis fehle es damit an Indizien, die eine Benachteiligung „wegen“ Behinderung vermuten ließen.

15

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

16

I. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger durfte die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. Grundlage hierfür ist § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG, der für einen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld vorsieht. Dem Gericht wird bei der Bestimmung der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38), weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Erforderlich ist allein, dass der Kläger Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennt und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21, jeweils mwN). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat einen Sachverhalt dargelegt, der dem Gericht grundsätzlich die Bestimmung einer Entschädigung ermöglicht, und den Mindestbetrag der angemessenen Entschädigung mit 6.689,85 Euro beziffert.

17

II. Die Klage ist begründet. Die Beklagte hat bei der Besetzung der Stelle im Bereich Personalwesen, Bauleitplanung, Liegenschaften und Ordnungsamt im Juli 2009 gegen das Verbot verstoßen, schwerbehinderte Beschäftigte wegen ihrer Behinderung zu benachteiligen (§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, §§ 7 und 1 AGG). Der Kläger hat als benachteiligter schwerbehinderter Beschäftigter nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX, § 15 Abs. 2 AGG Anspruch auf eine angemessene Entschädigung.

18

1. Als Bewerber ist der Kläger nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG „Beschäftigter“ und fällt in den persönlichen Anwendungsbereich des AGG. Unerheblich ist dabei, ob der Bewerber für die ausgeschriebene Tätigkeit objektiv geeignet ist (BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12; 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11).

19

2. Die Beklagte ist als „Arbeitgeberin“ passiv legitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber eines Bewerbers ist also der, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis gebeten hat (BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11). Aufgrund ihrer Stellenausschreibung trifft dies auf die Beklagte zu.

20

3. Der Kläger hat auch die gesetzlichen Fristen nach § 15 Abs. 4 AGG zur Geltendmachung des Anspruchs auf Entschädigung gewahrt.

21

a) Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs beginnt die Frist mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG). Nach der schriftlichen Ablehnung des Klägers vom 30. Juli 2009 durch die Beklagte war das Schreiben des vormaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 10. September 2009 fristwahrend. Auf das vorangegangene Schreiben seiner ehemaligen Bevollmächtigten vom 14. August 2009 kommt es nicht an. Im Geltendmachungsschreiben vom 10. September 2009 werden unter Vorlage des Schwerbehindertenausweises und unter Bezugnahme auf das Bewerbungsschreiben des Klägers vom 8. Juli 2009 Pflichtverstöße gegen die §§ 81, 82 SGB IX gerügt und eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. drei Monatsgehältern mit der Bezifferung auf 6.689,85 Euro geltend gemacht.

22

b) Die am 26. Oktober 2009 beim Arbeitsgericht Freiburg - Kammern Villingen-Schwenningen - eingegangene Klage wahrte die Dreimonatsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG. Dass die Klage zunächst bei einem örtlich unzuständigen Gericht eingereicht und mit Beschluss vom 11. November 2009 an das Arbeitsgericht Pforzheim verwiesen wurde, ist schon deswegen nicht von Bedeutung, weil der Rechtsstreit nach Zustellung der Klage an die Beklagte innerhalb der Klagefrist an das zuständige Gericht verwiesen wurde (vgl. BGH 21. September 1961 - III ZR 120/60 - BGHZ 35, 374; GMP/Germelmann 7. Aufl. § 61b ArbGG Rn. 6).

23

4. Die Beklagte hat den Kläger auch benachteiligt. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation.

24

a) Der Kläger erfuhr eine weniger günstige Behandlung als Frau Mü, die tatsächlich zum Vorstellungsgespräch bei der Beklagten eingeladen, in die Auswahl einbezogen und schließlich eingestellt wurde. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung liegt vor, wenn der Bewerber - wie hier der Kläger - nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt bereits in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Slg.1997, I-2195 = AP BGB § 611a Nr. 13 = EzA BGB § 611a Nr. 12; BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - BVerfGE 89, 276 = AP BGB § 611a Nr. 9 = EzA BGB § 611a Nr. 9; Schleusener in: Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 24; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 13). Wie sich auch aus § 15 Abs. 2 AGG ergibt, ist nicht erforderlich, dass der Bewerber aufgrund des Benachteiligungsgrundes nicht eingestellt worden ist. Auch dann, wenn der Bewerber selbst bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, ist ein Anspruch nicht ausgeschlossen, sondern nur der Höhe nach begrenzt.

25

b) Der Kläger und Frau Mü befanden sich auch in einer vergleichbaren Situation.

26

aa) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13; 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2). Für das Vorliegen einer Benachteiligung ist es erforderlich, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wurde. Könnte auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG. Das AGG will vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren. Die objektive Eignung ist keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

27

Grundsätzlich ist für die objektive Eignung nicht auf das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, abzustellen, sondern auf die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Für die Dauer des Auswahlverfahrens bleibt der Arbeitgeber an das in der veröffentlichten Stellenbeschreibung bekanntgegebene Anforderungsprofil gebunden (BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - mwN, BAGE 131, 232 = AP SBG IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

28

bb) Bei der Besetzung von Stellen öffentlicher Arbeitgeber ist weiter Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Hiernach besteht nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Darunter sind auch Stellen zu verstehen, die mit Arbeitern und Angestellten besetzt werden. Art. 33 Abs. 2 GG dient mit der Anforderung einer Bestenauslese zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen. Zum anderen trägt sie dem berechtigten Interesse der Bewerber an ihrem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und eine Durchführung des Auswahlverfahrens anhand der in der Regelung genannten Auswahlkriterien(BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13; 23. Januar 2007 - 9 AZR 492/06 - BAGE 121, 67 = AP ZPO 1977 § 233 Nr. 83 = EzA GG Art. 33 Nr. 30). Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ist somit verpflichtet, für die zu besetzende Stelle ein Anforderungsprofil festzulegen und nachvollziehbar zu dokumentieren, weil nur so seine Auswahlentscheidung nach den Kriterien der Bestenauslese gerichtlich überprüft werden kann (BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - mwN, aaO). Die Festlegung des Anforderungsprofils muss dabei im Hinblick auf die Anforderungen der zu besetzenden Stelle sachlich nachvollziehbar sein, wobei allerdings der von der Verfassung dem öffentlichen Arbeitgeber gewährte Beurteilungsspielraum nur eine eingeschränkte gerichtliche Kontrolle zulässt.

29

cc) Unter Beachtung dieser Maßstäbe bestehen an der objektiven Eignung des Klägers für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle keine Zweifel. Die Beklagte hat mit ihrer Ausschreibung, wonach ein/e Mitarbeiter/in mit „der Qualifikation des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes und umfassenden Kenntnissen“ gesucht wird, das Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle aufgestellt und dokumentiert. Weder werden die „umfassenden Kenntnisse“ in einem bestimmten Gebiet verlangt, noch wird zusätzlich zur Qualifikation für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst eine bestimmte Mindestnote in der Staatsprüfung als Voraussetzung aufgestellt. Der Kläger hat die Staatsprüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst abgelegt und verfügt damit über umfassende Kenntnisse, wenn auch - aufgrund seiner Schwerpunktsetzung - eher auf betriebswirtschaftlichem Gebiet. Dies ist jedoch im Hinblick auf das verbindliche Anforderungsprofil der Beklagten nicht relevant.

30

5. Bei der von der Beklagten ausgeschriebenen Stelle handelt es sich auch um einen Arbeitsplatz iSd. § 82 Satz 1 SGB IX.

31

§ 82 Satz 1 SGB IX verweist auf § 73 SGB IX, der in Abs. 1 einen funktionalen Arbeitsplatzbegriff enthält(Großmann GK-SGB IX Stand Oktober 2011 § 73 Rn. 15; Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 73 Rn. 5). Danach sind Arbeitsplätze im Sinne des Teils 2 des SGB IX alle Stellen, auf denen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Beamte und Beamtinnen, Richter und Richterinnen sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden. Arbeitsplatz ist diejenige Stelle, in deren Rahmen eine bestimmte Tätigkeit auf der Grundlage eines Arbeits-, Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses mit all den sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten vollzogen wird (vgl. BVerwG 8. März 1999 - 5 C 5/98 - NZA 1999, 826). Bei der ausgeschriebenen Stelle handelt es sich um einen Arbeitsplatz iSv. §§ 82, 73 Abs. 1 SGB IX. Ob die Einschränkungen des § 73 Abs. 2 SGB IX nur für die Berechnungs- und Anrechnungsvorschriften der §§ 71, 74, 75 und 76 SGB IX von Bedeutung sind und es im Übrigen beim allgemeinen Arbeitsplatzbegriff des § 73 Abs. 1 SGB IX verbleibt, kann vorliegend schon deswegen dahinstehen, weil die von der Beklagten zu besetzende Stelle gerade eine Mutterschaftsvertretung sein sollte, also noch nicht mit einer Vertreterin oder einem Vertreter besetzt war(§ 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX).

32

6. Die nachteilige Behandlung hat der Kläger auch „wegen seiner Behinderung“ erfahren.

33

a) Der Begriff der Behinderung im Sinne von § 1 AGG, wegen der gemäß § 7 AGG Beschäftigte nicht benachteiligt werden dürfen, entspricht der gesetzlichen Definition in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 31). Menschen sind danach behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Der Begriff der „Behinderung“ ist damit weiter als der Begriff der „Schwerbehinderung“ im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB IX; auf einen bestimmten Grad der Behinderung kommt es nicht an (vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - BAGE 122, 54 = AP SGB IX § 81 Nr. 14 = EzA SGB IX § 81 Nr. 15; Schleusener in: Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 1 Rn. 66; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 1 Rn. 39). Die Ausweitung des Benachteiligungsverbots über den Kreis der Schwerbehinderten (§ 81 Abs. 2 SGB IX) auf alle behinderten Menschen ist durch das unionsrechtliche Begriffsverständnis gefordert (vgl. ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 1 AGG Rn. 10 mwN). Im Hinblick auf die Richtlinie 2000/78/EG ist eine einheitlich geltende Auslegung des Behindertenbegriffs notwendig, der eine Beschränkung auf „Schwerbehinderung“ nicht kennt (vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - aaO). Der Kläger, der an einem essentiellen Tremor leidet und für den seit dem 23. September 1997 ein Grad der Behinderung von 60, also eine Schwerbehinderung, festgestellt ist, unterfällt damit dem Behindertenbegriff des § 1 AGG.

34

b) Der Kausalzusammenhang zwischen nachteiliger Behandlung und Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch sie motiviert ist (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32 zu § 3 Abs. 1 AGG). Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass die Behinderung Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 7 Rn. 14; Schleusener in: Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 11; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 3). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - aaO).

35

Hinsichtlich der Kausalität zwischen Nachteil und dem verpönten Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich auch auf die Darlegungslast auswirkt. Der Beschäftigte genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verbotenen Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Wörter „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich der Kausalität zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität erfordern, die aber die Annahme rechtfertigen, dass Kausalität gegeben ist(BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - AP AGG § 22 Nr. 1 = EzA AGG § 22 Nr. 1). Liegt eine Vermutung für die Benachteiligung vor, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

36

c) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen oder unstreitigen Tatsachen eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen einer Behinderung und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6 zu § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB aF bzgl. einer geschlechtsbezogenen Benachteiligung).

37

d) Ob die Verletzung einer Unterrichtungspflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX Indizwirkung nur bei bestehendem Personalrat und/oder Schwerbehindertenvertretung hat - wovon das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist - oder aber eine eigenständige, von den Sätzen 4 bis 8 unabhängige Pflicht des Arbeitgebers darstellt, die auch dann besteht, wenn es keinen Betriebs-/Personalrat oder keine Schwerbehindertenvertretung gibt(so Knittel SGB IX Kommentar 5. Aufl. § 81 Rn. 44) kann vorliegend dahinstehen. Jedenfalls ist von einer Indizwirkung iSd. § 22 AGG nur dann auszugehen, wenn wie bei der Pflicht zur Einladung zum Vorstellungsgespräch nach § 82 Satz 2 SGB IX dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder die Gleichstellung des Bewerbers bekannt gewesen ist oder er sich aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis hätte verschaffen können. Andernfalls kann der Pflichtenverstoß dem Arbeitgeber nicht zugerechnet werden (vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - BAGE 127, 367 = AP SGB IX § 81 Nr. 15 = EzA SGB IX § 81 Nr. 17; Knittel aaO Rn. 91b; Düwell in: LPK-SGB IX 3. Aufl. § 82 Rn. 19; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 22 Rn. 10 zur Nichtbeteiligung der Schwerbehindertenvertretung). Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Kausalzusammenhang zwischen Benachteiligung und eines der in § 1 AGG genannten Merkmale kann aus einem Verfahrensverstoß nur dann abgeleitet werden, wenn der Arbeitgeber anhand der objektiv bestehenden Umstände erkannt hat oder erkennen musste, dass ihn eine entsprechende Pflicht trifft. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber positive Kenntnis von der Schwerbehinderung oder Gleichstellung oder zumindest Anlass dazu hatte, eine solche anzunehmen.

38

aa) Daher obliegt es dem abgelehnten Bewerber darzulegen, dass dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung bekannt gewesen ist oder er sich aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis jedenfalls hätte verschaffen müssen (Düwell in: LPK-SGB IX 3. Aufl. § 82 Rn. 19). Andererseits hat der Arbeitgeber die Erledigung seiner Personalangelegenheiten so zu organisieren, dass er seine gesetzlichen Pflichten zur Förderung schwerbehinderter Bewerber erfüllen kann. Die für den Arbeitgeber handelnden Personen sind verpflichtet, das Bewerbungsschreiben vollständig zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen. Ein ordnungsgemäßer Hinweis auf eine Schwerbehinderung liegt vor, wenn die Mitteilung in einer Weise in den Empfangsbereich des Arbeitgebers gelangt ist, die es ihm ermöglicht, die Schwerbehinderteneigenschaft des Bewerbers zur Kenntnis zu nehmen (BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - BAGE 127, 367 = AP SGB IX § 81 Nr. 15 = EzA SGB IX § 81 Nr. 17). Zwar muss der Bewerber keinen Schwerbehindertenausweis oder seinen Gleichstellungsbescheid vorlegen, jedoch muss sein Hinweis so beschaffen sein, dass ein gewöhnlicher Leser der Bewerbung die Schwerbehinderung oder Gleichstellung zur Kenntnis nehmen kann.

39

bb) Danach ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wonach den Bewerbungsunterlagen des Klägers kein ausreichender Hinweis auf eine Schwerbehinderung oder Gleichstellung des Klägers zu entnehmen war und im Übrigen auch keine positive Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers bei der Beklagten bestand.

40

Der Kläger hatte seinen Bewerbungsunterlagen keinen Schwerbehindertenausweis beigelegt, wozu auch keine Pflicht bestand. Allerdings hat er auch im Bewerbungsschreiben ausgeführt „durch meine Behinderung bin ich, insbesondere im Verwaltungsbereich, nicht eingeschränkt“. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, hieraus habe die Beklagte nicht entnehmen müssen, dass beim Kläger eine Schwerbehinderung vorliegt, verstößt nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze. Aufgrund der Weite des Behindertenbegriffs fallen auch Einschränkungen hierunter, die unterhalb der Schwelle eines Grades der Behinderung von 50 (§ 2 Abs. 2 SGB IX), 30 oder gar 20 liegen und daher die besonderen Pflichten nach §§ 81, 82 SGB IX, die nur für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen gelten(§ 68 Abs. 1 SGB IX), nicht auslöst. Der Senat hat zwischenzeitlich kargestellt, dass sich für die Zeit nach Inkrafttreten des AGG ein einfachbehinderter Bewerber im Sinne von Vermutungstatsachen auf Verstöße des Arbeitgebers im Bewerbungsverfahren gegen die §§ 81 ff. SGB IX nicht mit Erfolg berufen kann (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; Beyer jurisPR-ArbR 35/2011 Anm. 2).

41

Aus den sonstigen Bewerbungsunterlagen, insbesondere dem Lebenslauf des Klägers ergeben sich keine ausreichenden Hinweise auf eine Schwerbehinderung. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass wegen des Alters des Klägers im Zusammenhang mit der Zulassung zum Studium und des Hinweises auf die Behinderung kein ausreichender Hinweis auf eine Schwerbehinderung vorlag. Unabhängig von der Frage, ob ein ausreichender Hinweis auf eine Schwerbehinderung auch dann vorliegt, wenn diese wiederum nur aus sonstigen Umständen wie Lebensalter bei Ausbildungsbeginn etc. abgeleitet werden kann, musste die Beklagte aus dem Lebensalter des am 23. März 1964 geborenen Klägers und dem Beginn des Studiums an der Fachhochschule K im September 2005 (Einführungspraktikum ab September 2004) nicht von einer Schwerbehinderteneigenschaft ausgehen. Denn nach § 6 Abs. 1 Nr. 2b, Abs. 2 APrOVw gD BW(Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den gehobenen Verwaltungsdienst Baden-Württemberg) wird zur Ausbildung zugelassen, wer als schwerbehinderter Mensch im Zeitpunkt der Einstellung in den Vorbereitungsdienst das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben wird bzw. wer die Voraussetzungen voraussichtlich zum Zeitpunkt der Einstellung in das Einführungspraktikum erfüllen wird. Hiernach war eine Zulassung des schwerbehinderten Klägers zur Ausbildung gar nicht möglich. Auch der Kläger behauptet dies nicht. Vielmehr trägt der Kläger selbst vor, die ausnahmsweise Zulassung zur Ausbildung habe auf einer Entscheidung des Landespersonalausschusses nach § 55 Landeslaufbahnverordnung Baden-Württemberg iVm. § 6 Abs. 3 APrOVw gD BW beruht.

42

Zu Recht ist schließlich das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass bei Frau M keine positive Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers bestand, die der Beklagten zuzurechnen wäre. Selbst wenn zugunsten des Klägers eine Stellung von Frau M unterstellt wird, die eine Wissenszurechnung ermöglicht und darüber hinaus nicht nur das geschäftlich erlangte Wissen von Frau M, sondern auch privat erlangtes Wissen in das zuzurechnende Wissen einbezogen wird (vgl. Palandt/Ellenberger 70. Aufl. § 166 BGB Rn. 6), fehlt es an einer vom Kläger dargelegten positiven Kenntnis Frau M von seiner Schwerbehinderteneigenschaft. Auch mit der Revision bringt der Kläger allein vor, „an der FH K sei bekannt gewesen, dass er schwerbehindert ist“. Dies stellt keinen ausreichenden Sachvortrag zur Kenntnis von Frau M dar, die mit dem Kläger weder im gleichen Semester studiert hat noch näher persönlich bekannt war. Auch der Kläger behauptet nicht, er habe Frau M über seine Schwerbehinderung zu irgendeinem Zeitpunkt informiert. Entsprechendes gilt für den Sachvortrag des Klägers, Frau M habe die Schwerbehinderteneigenschaft aufgrund seines Alters oder des Tremors erkennen müssen. Auch dieser Sachvortrag ist nicht schlüssig. Der Kläger behauptet nicht, dass Frau M sein Alter bekannt gewesen sei. Auch gibt er nicht an, was Frau M bezüglich seines Tremors wahrgenommen haben soll. Zwar ist der Nachweis der Schwerbehinderteneigenschaft gegenüber dem Arbeitgeber dann entbehrlich, wenn die Schwerbehinderung offenkundig ist (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 703/09 - EzA SGB IX § 85 Nr. 7; 13. Februar 2008 - 2 AZR 864/06 - mwN, BAGE 125, 345 = AP SGB IX § 85 Nr. 5 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 83). Dabei muss jedoch nicht nur das Vorliegen einer oder mehrerer Beeinträchtigungen offenkundig sein, sondern auch, dass der Grad der Behinderung auf wenigstens 50 in einem Feststellungsverfahren festgesetzt würde. Eine von Frau M wahrgenommene, offenkundige Beeinträchtigung, die ebenso offenkundig auch mit einem GdB von mindestens 50 zu bewerten war, hat der Kläger nicht schlüssig vorgetragen. Der Kläger hat nicht behauptet, dass seine Bewegungsstörungen so erheblich waren oder sind, dass sie auch von Frau M ohne sozialmedizinische Vorbildung als offensichtliche Schwerbehinderung wahrzunehmen und einzustufen waren. Daher hat das Landesarbeitsgericht zu Recht von einer Beweisaufnahme hierzu abgesehen.

43

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht eine Pflicht des Arbeitgebers, sich nach einer Schwerbehinderteneigenschaft zu erkundigen, abgelehnt. Eine solche, von einem etwa bestehenden Recht zur Erkundigung zu unterscheidende Pflicht zur Erkundigung besteht schon deshalb nicht, weil der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, sich tätigkeitsneutral nach dem Bestehen einer Schwerbehinderteneigenschaft zu erkundigen, wenn er hiermit keine positive Fördermaßnahme verbinden will. Gerade durch solche Nachfragen kann der Arbeitgeber Indiztatsachen schaffen, die ihn bei einer Entscheidung gegen den schwerbehinderten Bewerber in die Darlegungslast nach § 22 AGG bringen können. Eine Pflicht zur Erkundigung zielte auf ein verbotenes Differenzierungsmerkmal nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in Verb. mit § 1 AGG und stellte eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung dar(ErfK/Preis 11. Aufl. § 611 BGB Rn. 272 mwN; Düwell in: LPK-SGB IX 3. Aufl. § 85 Rn. 22; Schleusener in: Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 30, 32 f.). Der Arbeitgeber kann nicht verpflichtet sein, mit einer Frage zur Schwerbehinderteneigenschaft Tatsachen zu schaffen, die ihm als Indiztatsachen nach § 22 AGG in einem späteren möglichen Prozess entgegengehalten werden können.

44

e) Der Kläger hat aber ein Indiz iSd. § 22 AGG dadurch dargelegt, dass er darauf verwiesen hat, die Beklagte habe ihre Prüf- und Meldepflichten nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX verletzt.

45

aa) Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist ein Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden können. Weiter ist nach § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX jeder Arbeitgeber verpflichtet, vor der Besetzung einer freien Stelle frühzeitig mit der Agentur für Arbeit Verbindung aufzunehmen. Die Verletzung dieser Pflicht ist als Vermutungstatsache für einen Zusammenhang zwischen Benachteiligung und Behinderung geeignet (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21).

46

Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts prüfte die Beklagte entgegen der sich aus § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ergebenden Pflicht vor der Besetzung der Stelle nicht, ob der freie Arbeitsplatz mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann. Auch die Agentur für Arbeit wurde nicht eingeschaltet, § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX. Daher wurde auch der frei werdende und neu zu besetzende Arbeitsplatz der Agentur für Arbeit nicht gemeldet (§ 82 Satz 1 SGB IX).

47

bb) Der Senat teilt die Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht, die Kausalität zwischen dem Merkmal der Behinderung und der benachteiligenden Behandlung entfalle, weil der Kläger der Beklagten nur eine „Behinderung“ mitgeteilt habe. Als schwerbehinderter Mensch (GdB von 60) kann sich der Kläger auf Verstöße gegen § 81 SGB IX berufen(vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3). Der zurechenbare Pflichtverstoß der Beklagten begründet eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die dem Kläger zuteil gewordene benachteiligende Behandlung auf dem Merkmal der Behinderung beruht. Mit ihrem Verhalten erweckt die Beklagte den Anschein, nicht nur an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein, sondern auch möglichen Vermittlungsvorschlägen und Bewerbungen von arbeitsuchenden schwerbehinderten Menschen aus dem Weg gehen zu wollen (Düwell in: LPK-SGB IX 3. Aufl. § 81 Rn. 57). Der Verstoß gegen die Pflichten nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX deutet darauf hin, dass das Merkmal der Behinderung Teil des Motivbündels der Beklagten bei der benachteiligenden Behandlung von Schwerbehinderten und damit auch des schwerbehinderten Klägers war. Andernfalls würde der durch besondere verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu gewährende Schutz vor einer Benachteiligung weitgehend leerlaufen (BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - Rn. 27, BVerwGE 139, 135). Ob sich ein solcher Verfahrensverstoß in der Auswahlentscheidung konkret ausgewirkt hat, ist unerheblich, da § 15 Abs. 2 AGG auch bei der besseren Eignung von Mitbewerbern eine Entschädigung gewährt. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass § 15 Abs. 2 AGG in Verb. mit § 81 Abs. 2 Satz 1, § 82 Satz 2 SGB IX bereits vor einem diskriminierenden Verfahren schützt(BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 42, BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

48

7. Die Beklagte hat die Vermutung der Benachteiligung wegen der Behinderung des Klägers nicht widerlegt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts rechtfertigt ihr Vorbringen nicht den Schluss, dass die Behinderung des Klägers in dem Motivbündel nicht enthalten war, das die Beklagte beim Ausschluss des Klägers aus dem Auswahlverfahren beeinflusste.

49

a) Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorlag. Der Arbeitgeber muss das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung nicht auch auf der Behinderung beruht. Damit muss er Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung führten (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19), und in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten war. Für die Mitursächlichkeit reicht es aus, dass die vom Arbeitgeber unterlassenen Maßnahmen objektiv geeignet sind, schwerbehinderten Bewerbern keine oder weniger günstige Chancen einzuräumen, als sie nach dem Gesetz zu gewähren sind (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 44, aaO; Düwell in: LPK-SGB IX 3. Aufl. § 81 Rn. 67).

50

b) Die Beklagte kann die Benachteiligungsvermutung nicht durch den Verweis auf die bessere Eignung der tatsächlich eingestellten Frau Mü widerlegen. Eine solche bessere Eignung der bevorzugten Mitbewerberin schließt eine Benachteiligung nicht aus. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG, wonach selbst dann eine Entschädigung zu leisten ist, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre(vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - BAGE 122, 54 = AP SGB IX § 81 Nr. 14 = EzA SGB IX § 81 Nr. 15). Auch aus dem Vortrag der Beklagten, Frau M habe das Verhalten des Klägers während der Zeit an der Fachhochschule K als aufdrängend wahrgenommen, was den Bürgermeister veranlasst habe, den Kläger nicht weiter am Auswahlverfahren teilnehmen zu lassen, ergibt sich keine Widerlegung der Vermutung. Damit hat die Beklagte keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergäbe, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung führten. Der Sachgehalt eines solchen Auswahlkriteriums steht zudem in Frage.

51

8. Der Entschädigungsanspruch des Klägers ist auch nicht ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs, § 242 BGB, ausgeschlossen.

52

a) Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung, wobei eine gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage wegen der Rechtsüberschreitung als unzulässig angesehen wird(vgl. BGH 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04 - NJW-RR 2005, 619; BAG 28. August 2003 - 2 AZR 333/02 - AP BGB § 242 Kündigung Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 4; 23. Juni 1994 - 2 AZR 617/93 - BAGE 77, 128 = AP BGB § 242 Kündigung Nr. 9 = EzA BGB § 242 Nr. 39; Palandt/Grüneberg 70. Aufl. § 242 BGB Rn. 38). § 242 BGB eröffnet damit die Möglichkeit jede atypische Interessenlage zu berücksichtigen, bei der ein Abweichen von der gesetzlichen Rechtslage zwingend erscheint(vgl. BAG 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - AP BGB § 613a Wiedereinstellung Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 61; MünchKommBGB/Roth 5. Aufl. § 242 BGB Rn. 180). Zur Konkretisierung atypischer Interessenlagen wurden Fallgruppen gebildet, in denen ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nahe liegt. Hierzu zählt die Fallgruppe des unredlichen Erwerbs der eigenen Rechtsstellung (vgl. BAG 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - aaO; Palandt/Grüneberg aaO Rn. 42 f.).

53

Im Falle von Ansprüchen nach § 15 AGG kann unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls der Erwerb der Rechtsstellung als Bewerber dann als unredlich erscheinen, wenn die Bewerbung allein deshalb erfolgte, um Entschädigungsansprüche zu erlangen(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135; Windel RdA 2011, 193, 194 f.; Jacobs RdA 2009, 193, 198 f.; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 15 AGG Rn. 10; HK-ArbR/Berg 2. Aufl. § 15 AGG Rn. 9). Das Verbot des Rechtsmissbrauchs ist dabei ein anerkannter Grundsatz des Gemeinschaftsrechts (EuGH 9. März 1999 - C-212/97 - [Centros] Rn. 24, Slg. 1999, I-1459; 12. Mai 1998 - C-367/96 - [Kefalas ua.] Rn. 20, Slg. 1998, I-2843; Däubler/Bertzbach-Deinert AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 53; Windel RdA 2011, 193 f.).

54

Für die fehlende subjektive Ernsthaftigkeit, dh. den Rechtsmissbrauch ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweisbelastet (vgl. MünchKommBGB/Thüsing 5. Aufl. § 15 AGG Rn. 17; HK-ArbR/Berg 2. Aufl. § 15 AGG Rn. 9), wobei der Arbeitgeber Indizien vortragen muss, die geeignet sind, den Schluss auf die fehlende Ernsthaftigkeit zuzulassen (ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 15 AGG Rn. 10; Windel RdA 2011, 193, 195; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 6 Rn. 12). Zwar könnte ein krasses Missverhältnis zwischen Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle und der Qualifikation des Bewerbers die Ernsthaftigkeit der Bewerbung in Frage stellen (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2; MünchKommBGB/Thüsing aaO; DFL/Kappenhagen/Kramer 4. Aufl. § 11 AGG Rn. 5). Der Kläger hat jedoch die Staatsprüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst abgelegt und besitzt damit die Qualifikation für eine Tätigkeit im gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst. Ein Missverhältnis zwischen Anforderungsprofil und Qualifikation des Klägers als Bewerber liegt nicht vor.

55

b) Danach hat die Beklagte keine ausreichenden Indizien für eine mangelnde Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers vorgetragen.

56

Auch wenn der Kläger eine Vielzahl von Entschädigungsklagen gegen öffentliche Arbeitgeber in Folge der Vielzahl seiner Bewerbungen angestrengt hat, so liegt hierin allein kein ausreichender Umstand, der die Bewerbung bei der Beklagten als subjektiv nicht ernsthaft erscheinen ließe (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 54). Der Kläger hat im fortgeschrittenen Alter und trotz vorhandener anderer Berufsabschlüsse das Studium an der Fachhochschule K mit der Staatsprüfung im September 2008 abgeschlossen und sich entsprechend dieser Ausbildung bei einer Vielzahl von öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften beworben. Der Kläger stand zum Zeitpunkt der Bewerbung in keinem anderweitigen Arbeitsverhältnis. Die Vielzahl der Bewerbungen spricht - auch angesichts des Lebenslaufs des Klägers - mehr für die Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung als dafür, dass es dem Kläger nur um die Erlangung einer Entschädigung gegangen sein könnte. Gegen eine fehlende Ernsthaftigkeit spricht vor allem aber, dass sich der Kläger auch erfolgreich beworben und eine entsprechende Tätigkeit bei einem öffentlichen Arbeitgeber im Zeitraum 12. Januar bis 31. März 2010 in Oberbayern ausgeübt hat.

57

III. Über die Höhe der dem Kläger nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG zustehenden angemessenen Entschädigung kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

58

1. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein, um bei der Prüfung der Angemessenheit der Entschädigung die Besonderheiten jedes einzelnen Falls berücksichtigen zu können. Hängt die Höhe des Entschädigungsanspruchs von einem Beurteilungsspielraum ab, ist die Bemessung des Entschädigungsanspruchs grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 80 mwN, BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

59

2. Das Landesarbeitsgericht wird zu prüfen haben, welche Höhe angemessen ist und ob die Entschädigung in der Höhe auf drei Monatsgehälter begrenzt werden muss. Für die Höhe der festzusetzenden Entschädigung sind Art und Schwere der Verstöße sowie die Folgen für den schwerbehinderten Kläger von Bedeutung (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 55, BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 60, AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19). Hierbei wird das Landesarbeitsgericht insbesondere zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte nicht zurechenbar gegen § 81 Abs. 1 Sätze 4 bis 9, § 82 Satz 2 SGB IX verstoßen hat, sondern allein gegen die Pflichten aus § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Döring    

        

    Warnke    

                 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 26. Juni 2008 - 15 Sa 198/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der schwerbehinderte Kläger eine Entschädigung beanspruchen kann, weil ihn die Beklagte bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses wegen seiner Behinderung benachteiligte.

2

Der 1954 geborene Kläger ist seit 1987 bei der Beklagten in deren Werk in Gelsenkirchen beschäftigt. Er ist gelernter Betriebsschlosser und verfügt über einen Facharbeiterbrief. Ferner ist er ausgebildeter Steuerfachangestellter. Er war zuletzt - jedenfalls bis April 2008 - als Montierer im Bereich der Rohrfertigung mit einer Tätigkeit der Entgeltgruppe 2 des Entgeltrahmenabkommens Metall NRW (im Folgenden: ERA) eingesetzt. Am Standort Gelsenkirchen beschäftigt die Beklagte 162 Mitarbeiter. Im Betrieb der Beklagten besteht ein Betriebsrat und eine Schwerbehindertenvertretung.

3

Der Kläger hat einen Grad der Behinderung von 70. Dieser beruht auf einer Herzerkrankung und Epilepsie. Wegen seiner Behinderung trägt er eine Kappe mit Verstärkung, die ihn bei einem Sturz schützen soll. Außerdem ist er mit einem Signalgeber ausgestattet, der anzeigt, wenn er gefallen ist. In einem Schreiben der Arbeitsmedizinisches Zentrum GmbH & Co. KG (AMZ) vom 19. September 2005 an die Beklagte heißt es, der Kläger solle, wenn eben möglich, an der Aushalsmaschine eingesetzt werden. Noch besser wäre angesichts seiner Vorbildung als „Steuerberatungshelfer eine Tätigkeit im Bürobereich“. Der den Kläger behandelnde Arzt bescheinigte in einem der Beklagten vorgelegten Attest am 19. Februar 2007, Tätigkeiten an gefährlichen Maschinen oder Geräten führten zu einer erhöhten Gefährdung und seien dem Kläger nicht mehr zumutbar.

4

Ende Februar 2007 erhielt der Personalleiter der Beklagten, Herr D., die Information, der als Materialdisponent der Produktserie „ecoTEC“ tätige Mitarbeiter verlasse zum 1. April 2007 den Betrieb. Die Beklagte schrieb deshalb unter dem 28. Februar 2007 intern und unter dem 3. März 2007 extern die frei werdende Stelle mit einer Bewerbungsfrist für die internen Bewerber bis zum 16. März 2007 aus. In der internen Stellenausschreibung waren die Anforderungen für die nach der Entgeltgruppe 11 des ERA bewertete Tätigkeit eines/einer Materialdisponent/en/in wie folgt umschrieben:

        

„Voraussetzung ist eine abgeschlossene Berufsausbildung, vorzugsweise Industriekaufmann/-frau oder auch Facharbeiter/in in einem Metall- oder Elektroberuf. Weitere Anforderungen sind gute Teamfähigkeit, EDV-Kenntnisse (SAP/R3 Modul Materialwirtschaft sowie Word und Excel) und Kommunikationsfähigkeit.

        

Sie beherrschen die englische Sprache in Wort und Schrift.“

5

Der Kläger hatte sich bereits im Sommer 2006 erfolglos um dieselbe Stelle beworben. Die Beklagte schaltete zur Besetzung der freien Stelle weder die Agentur für Arbeit ein, noch beteiligte sie die Schwerbehindertenvertretung.

6

Mit Schreiben vom 5. März 2007 bewarb sich die Segmentleiterin Frau K., die in der Gerätemontage der Produktserie „ecoTEC“ beschäftigt war und Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 des ERA bezog. Frau K. verfügte nicht über die geforderten guten Englischkenntnisse. Die Beklagte beantragte dennoch am 7. März 2007 beim Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung und Umgruppierung der Mitarbeiterin K. mit Wirkung zum 9. März 2007. Der Betriebsrat erteilte seine Zustimmung noch am 7. März 2007. Die Stelle ist seit 9. März 2007 mit Frau K. besetzt.

7

Innerhalb der Bewerbungsfrist bewarben sich vier weitere Betriebsangehörige, darunter der Kläger mit Schreiben vom 12. März 2007. Die Beklagte reagierte zunächst nicht auf die Bewerbung des Klägers. Erst als seine Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 9. Mai 2007 die Beklagte unter Hinweis auf das ärztliche Attest vom 19. Februar 2007 und das Schreiben der AMZ vom 19. September 2005 zu einer Stellungnahme zur Besetzung der Stelle sowie zur Bewerbung des Klägers aufforderte, ließ diese durch ihren damaligen Prozessbevollmächtigten am 18. Mai 2007 mitteilen, die Stelle sei anderweitig vergeben worden, weil dem Kläger ua. der für die Stelle erforderliche Facharbeiterbrief in einem Metallberuf bzw. eine Ausbildung zum Industriekaufmann fehle. Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 22. Juni 2007 noch einmal die Ablehnung. Darauf machte der Kläger mit Schreiben vom 13. Juli 2007 geltend, er sei wegen seiner Schwerbehinderung im Bewerbungsverfahren diskriminiert worden, und forderte eine Entschädigung in Höhe von 12.000,00 Euro.

8

Mit seiner am 17. September 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 21. September 2007 zugestellten Klage verfolgt der Kläger diesen Anspruch.

9

Der Kläger hat behauptet, er sei für die ausgeschriebene Stelle der objektiv bestqualifizierte Bewerber gewesen. Frau K. habe nicht über die geforderte Berufsausbildung verfügt. Auch die anderen Bewerber hätten im Gegensatz zu ihm nicht sämtliche drei geforderten Voraussetzungen erfüllt. Er werde nicht auf einer Stelle eingesetzt, die den Empfehlungen der AMZ und des behandelnden Arztes entspreche. Er habe sich insgesamt fünfmal auf ausgeschriebene Stellen im Bürobereich beworben. Der Beklagten sei daher bestens bekannt gewesen, dass er sich wiederum aufgrund der Stellenausschreibung bewerben werde. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihn aufgrund seiner Schwerbehinderung in seinem beruflichen Fortkommen benachteiligt. Darauf deuteten mehrere Indizien hin. Sie habe die Schwerbehindertenvertretung nicht gemäß § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX unterrichtet, die Agentur für Arbeit nicht beteiligt, und es sei mit ihm erst nach der Besetzung der Stelle ein Gespräch geführt worden. Indiziell bedeutsam seien auch die beschleunigte Durchführung des Auswahlverfahrens vor Ablauf der Bewerbungsfrist und der wahrheitswidrige vorgeschobene Ablehnungsgrund im Schreiben vom 18. Mai 2007. Die Beklagte habe sich durch die bis zum 16. März 2007 gesetzte Bewerbungsfrist selbst gebunden. Die voreilige Besetzung der Stelle mit einer an sich nicht geeigneten Bewerberin belege, dass es der Beklagten allein darum gegangen sei, seiner noch innerhalb der Bewerbungsfrist zu erwartenden Bewerbung zuvorzukommen. Die Beklagte habe zumindest grob fahrlässig gehandelt. Eine angemessene Entschädigung dürfe den Betrag von 12.000,00 Euro nicht unterschreiten.

10

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25. Juli 2007 zu zahlen. Die Höhe der Entschädigung werde in das Ermessen des Gerichts gestellt, solle aber 12.000,00 Euro nicht unterschreiten.

11

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat behauptet, von den am Standort Gelsenkirchen beschäftigten Arbeitnehmern seien zehn Mitarbeiter schwerbehindert. Die zum 1. April 2007 frei werdende Stelle habe kurzfristig mit einem Mitarbeiter besetzt werden müssen, der Kenntnis von den in Gelsenkirchen stattfindenden alten Dispositionsprozessen gehabt habe. Da Frau K. als ausgebildete Apothekenhelferin besonders für diese Stelle geeignet sei und man nicht davon ausgegangen sei, dass weitere bessere Bewerbungen erfolgen würden, habe man die Stelle bereits am 9. März 2007 mit dieser Bewerberin besetzt. Wegen der arbeitsbedingten Überlastung des Personalleiters sei die dem Kläger angekündigte mündliche Erörterung der Absage in Vergessenheit geraten.

12

Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe bereits deshalb nicht benachteiligt werden können, weil seine Bewerbung erst nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens und der Besetzung der Stelle eingegangen sei. Die unterbliebene Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung, die fehlende Beteiligung der Arbeitsagentur, das im Nachhinein mit dem Kläger geführte Gespräch und die Ablehnungsschreiben könnten daher von vornherein keine Indizwirkung entfalten. Eine Pflicht zur Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung gemäß § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX habe nicht bestanden, da die Stelle bei Eingang der Bewerbung des Klägers bereits besetzt gewesen sei. Die Abkürzung der Bewerbungsfrist sei unerheblich und habe im Übrigen alle Arbeitnehmer betroffen. Da sie die Quote gemäß § 71 SGB IX bereits übererfüllt habe und ferner mit einer Werkstatt für Behinderte zusammenarbeite, sei die Vermutung einer Benachteiligung unbegründet. Dem Kläger habe bereits seit März 2007 bekannt sein müssen, dass seine Bewerbung keine Aussicht auf Erfolg habe. Deshalb sei von einer Verfristung des geltend gemachten Entschädigungsanspruchs auszugehen. Schließlich habe sich der Kläger nicht ernsthaft um die Stelle, die neun Gehaltsstufen über seiner eingenommenen Position liege, beworben. Es sei ihm nur um eine Entschädigung gegangen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 2.500,00 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht ( § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ). Die Klage durfte mit der Begründung des Berufungsgerichts nicht abgewiesen werden. Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf eine Entschädigung (§ 81 Abs. 2 SGB IX, § 15 Abs. 2 AGG). Der Senat kann nicht abschließend über die Höhe des Anspruchs entscheiden. Insoweit fehlen tatsächliche Feststellungen, die das Landesarbeitsgericht nachzuholen und innerhalb seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraums rechtlich zu würdigen haben wird.

15

A. Streitgegenstand ist ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen eines immateriellen Schadens (§ 15 Abs. 2 AGG) und nicht ein auf Erstattung eines Vermögensschadens gerichteter Schadensersatzanspruch (§ 15 Abs. 1 AGG). Der Klagebegründung kann nicht entnommen werden, dass der Kläger einen konkreten Verdienstausfall wegen der unterbliebenen Beförderung begehrt. Er benennt schon keinen Zeitraum, für den ein solcher geltend gemacht werden soll. Die Verwendung des Worts Entschädigung verdeutlicht zudem, dass es ihm um die Erstattung eines immateriellen Schadens geht und er die - im Übrigen auch nicht substantiiert begründete - Verdienstdifferenz von 774,00 Euro lediglich anführt, um eine Größenordnung für die Höhe der in das Ermessen des Gerichts gestellten Entschädigung vorzugeben.

16

B. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger durfte die Höhe der Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden. Damit wird dem Gericht über deren Höhe ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Steht dem Gericht ein Beurteilungsspielraum zu oder hängt die Bestimmung eines Betrags vom billigen Ermessen des Gerichts ab, ist ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig. Der Kläger muss lediglich Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angeben (Senat 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 18, BAGE 127, 367; BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 17 f., AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1; 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 17, AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat einen Sachverhalt dargelegt, der dem Gericht grundsätzlich die Bestimmung einer Entschädigung ermöglicht, und den Mindestbetrag der angemessenen Entschädigung mit 12.000,00 Euro beziffert.

17

C. Die Klage ist begründet. Die Beklagte hat bei der Besetzung der Stelle eines Materialdisponenten im März 2007 gegen das Verbot verstoßen, schwerbehinderte Beschäftigte wegen ihrer Behinderung beim beruflichen Aufstieg zu benachteiligen (§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Der Kläger hat als benachteiligter schwerbehinderter Beschäftigter nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX, § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG Anspruch auf angemessene Entschädigung.

18

I. Das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG findet iVm. der seit dem 18. August 2006 geltenden Fassung des § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX auf den Streitfall Anwendung. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Benachteiligungshandlung (Senat 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 15 mwN, AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1). Die Entscheidungen der Beklagten, die unter dem 28. Februar 2007 und 3. März 2007 ausgeschriebene Stelle zu besetzen, ohne vorher die Arbeitsagentur einzuschalten und die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen sowie die Bewerbung des Klägers nicht zu berücksichtigen, wurden nach Inkrafttreten des AGG getroffen.

19

II. Der Anspruch ist entgegen der Meinung der Beklagten nicht „verfristet“. Der Kläger hat den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG innerhalb der Frist des § 15 Abs. 4 AGG schriftlich geltend gemacht und die Klage auf Entschädigung innerhalb der in § 61b Abs. 1 ArbGG bestimmten Frist erhoben.

20

1. Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, wenn keine andere tarifliche Regelung besteht. Das ist hier nicht der Fall. Nach § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG beginnt die Frist im Fall einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit Zugang der Ablehnung.

21

a) Der Lauf der Frist für die schriftliche Geltendmachung begann nicht bereits im März 2007. Unerheblich ist, ob dem Kläger schon in diesem Monat bekannt wurde, dass Frau K. die Aufgaben einer Materialdisponentin wahrnahm. Zwar bedarf die Ablehnungserklärung des Arbeitgebers nach § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG keiner Schriftform. Damit der Fristlauf beginnen kann, ist eine ausdrückliche oder konkludente Erklärung des Arbeitgebers erforderlich, aus der sich für den Beschäftigten aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers eindeutig ergibt, dass seine Bewerbung erfolglos war. Überträgt der Arbeitgeber einem anderen Mitarbeiter die Aufgaben der übertragenen Stelle, bedeutet das nicht zwangsläufig eine endgültige Besetzung der ausgeschriebenen Position. Denn aus der Sicht der Mitbewerbers ist nicht hinreichend zu erkennen, ob die Übertragung nur kommissarisch/vertretungsweise oder dauerhaft erfolgte. Angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung, wonach im Fall einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs die Frist erst mit dem Zugang der Ablehnung beginnt (vgl. auch Voigt in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 74), wird die Frist ohnehin nicht deshalb in Gang gesetzt, weil der Bewerber auf andere Weise erfährt, dass er die Stelle nicht bekommen hat (so aber Bauer/Göpfert/Krieger AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 54). Da der Arbeitgeber es in der Hand hat, den Zugang für die Ablehnung zu bewirken, besteht keine Notwendigkeit für eine nicht am Wortlaut orientierte Auslegung der gesetzlichen Regelung.

22

b) Dahingestellt bleiben kann, ob die Beklagte mit Schreiben vom 18. Mai 2007 eine Ablehnung iSv. § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG erklärte oder eine solche erst mit Schreiben vom 22. Juni 2007 erfolgte. Denn der Kläger forderte die Beklagte bereits mit Schreiben vom 13. Juli 2007 zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 12.000,00 Euro auf. Da die Beklagte keine Anhaltspunkte vorgebracht hat, die auf einen späteren Zugang dieses Schreibens hindeuten, als er nach dem gewöhnlichen Postlauf anzunehmen ist (vgl. zum Zugang innerhalb der Postlaufzeit auch Senat 18. August 2009 - 9 AZR 517/08 - Rn. 25, AP TzBfG § 8 Nr. 28 = EzA TzBfG § 8 Nr. 24), ist von einem Zugang dieses Schreibens vor dem 19. Juli 2007 (§ 187 Abs. 1 BGB)auszugehen.

23

2. Die Klagefrist nach § 61b Abs. 1 ArbGG von drei Monaten nach schriftlicher Geltendmachung des Anspruchs mit Schreiben vom 13. Juli 2007 ist gewahrt. Die Klage ist am 17. September 2007 beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 21. September 2007 zugestellt worden (§ 253 Abs. 1 ZPO).

24

III. Die Voraussetzungen für eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB IX sind entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts erfüllt.

25

Der Entschädigungsanspruch setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot voraus. Dies stellt § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG zwar nicht ausdrücklich klar, ergibt sich aber aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen in § 15 AGG(BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 28, AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Die Beklagte benachteiligte den schwerbehinderten Kläger wegen seiner Behinderung und verstieß damit gegen das Benachteiligungsverbot gemäß § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX.

26

1. Die Beklagte ist Arbeitgeberin iSv. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG. Der Kläger ist schwerbehinderter Beschäftigter iSv. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Er ist Arbeitnehmer der Beklagten und hat einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 (§ 2 Abs. 2 SGB IX).

27

2. Die Beklagte benachteiligte den schwerbehinderten Kläger wegen seiner Behinderung. Die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen lassen dies vermuten. Die Beklagte hat diese Vermutung nicht widerlegt.

28

a) Die Beklagte benachteiligte den Kläger unmittelbar wegen seiner Behinderung. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn ein schwerbehinderter Beschäftigter wegen seiner Behinderung eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

29

Der Kläger erfuhr im Bewerbungsverfahren um die ausgeschriebene Stelle eine weniger günstige Behandlung als die Mitarbeiterin K. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung, liegt bereits vor, wenn der Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen wird. Die Benachteiligung liegt in der Versagung der Chance (vgl. auch Senat 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 22, AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 31, AP AGG § 8 Nr. 1 = EzA AGG § 8 Nr. 1; Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt § 3 Rn. 24). Dies wird durch § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG bestätigt. Danach wird für den Fall, dass der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, nicht der Anspruch ausgeschlossen, sondern lediglich die Entschädigungshöhe begrenzt. Der Kläger und Frau K. befanden sich in einer vergleichbaren Situation, da sie sich beide um die intern ausgeschriebene Stelle innerhalb der von der Beklagten vorgegebenen Bewerbungsfrist beworben hatten. Während die Beklagte die Bewerbung von Frau K. inhaltlich prüfte, verwies sie den Kläger lediglich auf die bereits erfolgte Stellenbesetzung. Ihm wurde damit anders als Frau K. keine Bewerbungschance eingeräumt.

30

b) Die Beklagte behandelte den Kläger wegen seiner Behinderung weniger günstig.

31

Der Kausalzusammenhang zwischen nachteiliger Behandlung und Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch sie motiviert ist (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32). Ausreichend ist, dass die Behinderung Bestandteil eines Motivbündels ist, das die Entscheidung beeinflusst hat (Senat 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 38, 40, AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; vgl. auch Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt § 3 Rn. 11; Meinel/Heyn/Herms AGG § 3 Rn. 7; Däubler/Bertzbach-Schrader/Schubert AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 37). Es genügt, wenn vom Arbeitgeber unterlassene Maßnahmen objektiv geeignet sind, schwerbehinderten Menschen keine oder schlechtere Chancen einzuräumen (vgl. Senat 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 30, BAGE 127, 367; 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 44, BAGE 119, 262, jeweils zu § 81 Abs. 2 SGB IX aF). Ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht ist nicht erforderlich (Bauer/Göpfert/Krieger § 3 Rn. 10; Däubler/Bertzbach-Schrader/Schubert § 3 Rn. 38; Schleusener in Schleusener/ Suckow/Voigt § 3 Rn. 12; vgl. Kamanabrou RdA 2006, 321, 325; aA Adomeit/Mohr NZA 2007, 179, 180 ff.).

32

aa) Nach der allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregel muss grundsätzlich derjenige, der einen Anspruch geltend macht, die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und beweisen (vgl. Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. Vor § 284 Rn. 17a; Voigt in Schleusener/Suckow/Voigt § 22 Rn. 21). Zu den anspruchsbegründenden Tatsachen gehört auch die Kausalität zwischen Nachteil und Behinderung. Der Beschäftigte genügt gemäß § 22 AGG seiner Darlegungslast, wenn er Tatsachen vorträgt, die eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht nach allgemeiner Lebenserfahrung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen der Behinderung erfolgte (vgl. BAG 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - Rn. 19, EzA AGG § 15 Nr. 6; vgl. zu § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 idF vom 23. April 2004 Senat 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 18, BAGE 119, 262). Liegt eine Vermutung für die Benachteiligung vor, trägt nach § 22 AGG die andere Seite die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat.

33

bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Nichteinschaltung der Schwerbehindertenvertretung begründe schon deshalb keine Vermutung für die Benachteiligung wegen der Behinderung, weil bei Besetzung der Stelle mit der Mitbewerberin noch keine Bewerbung des Klägers vorgelegen habe. Die Nichteinschaltung der Agentur für Arbeit sei bedeutungslos, da der Kläger nicht arbeitslos gewesen sei. Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

34

(1) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen einer Behinderung und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (vgl. zu § 81 Abs. 2 SGB IX aF Senat 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 41, BAGE 127, 367; vgl. zu § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB aF wegen geschlechtsbezogener Benachteiligungen auch BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 27, AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6).

35

(2) Auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die angefochtene Entscheidung nicht stand. Sie ist fehlerhaft. Die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen lassen eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung vermuten. Als Vermutungstatsachen für einen Zusammenhang mit der Behinderung kommen alle Pflichtverletzungen in Betracht, die der Arbeitgeber begeht, indem er Vorschriften nicht befolgt, die zur Förderung der Chancen der schwerbehinderten Menschen geschaffen wurden (Düwell in LPK-SGB IX 2. Aufl. § 81 Rn. 50).

36

(3) Die Beklagte prüfte entgegen der ihr gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX obliegenden Pflicht vor der Besetzung der Stelle nicht, ob der freie Arbeitsplatz mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden konnte. Sie nahm insoweit weder eine interne Prüfung vor, noch schaltete sie die Agentur für Arbeit ein. Sie beteiligte ferner entgegen ihrer Verpflichtung nach § 81 Abs. 1 Satz 6 SGB IX nicht die Schwerbehindertenvertretung.

37

(a) Die Verpflichtung aus § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX trifft den Arbeitgeber entgegen der Auffassung der Beklagten unabhängig davon, ob er die Beschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX erfüllt hat. Damit ist zwar weder ein Einstellungs- noch ein Beförderungsanspruch verbunden. Es soll aber erreicht werden, dass die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen gefördert wird (Düwell in LPK-SGB IX § 81 Rn. 71, 73; vgl. Kossens/von der Heide/Maaß SGB IX 3. Aufl. § 81 Rn. 1).

38

(b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts beschränkt sich diese Pflicht nicht auf bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldete Menschen. Das folgt schon aus dem Gesetzeswortlaut. Danach hat der Arbeitgeber zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze „insbesondere“ mit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden können. Die Hervorhebung dieser Personengruppe weist darauf hin, dass die Pflicht auch gegenüber anderen nicht arbeitslosen oder arbeitssuchenden schwerbehinderten Menschen bestehen soll. Damit ist der Arbeitgeber auch verpflichtet zu prüfen, ob der freie Arbeitsplatz mit einem bereits bei ihm beschäftigten schwerbehinderten Arbeitnehmer besetzt werden kann (vgl. auch Deinert/Neumann Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen 2. Aufl. § 17 Rn. 82; Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 11. Aufl. § 81 Rn. 2; Großmann GK-SGB IX Stand Februar 2010 § 81 Rn. 146).

39

(c) Auch bei dieser Prüfung ist die Schwerbehindertenvertretung gemäß § 81 Abs. 1 Satz 6 iVm. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu beteiligen. Das entspricht dem Regelungszweck der weiteren Bestimmungen in § 81 SGB IX. In § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX wird nicht unterschieden, ob es sich um einen externen oder internen Bewerber handelt. Aus § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB IX wird deutlich, dass der Arbeitgeber auch zu einer besonderen Förderung des beruflichen Weiterkommens des schwerbehinderten Menschen verpflichtet ist(Senat 10. Mai 2005 - 9 AZR 230/04 - zu B IV der Gründe, BAGE 114, 299). Der Arbeitgeber hat daher unter Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zu prüfen, ob auch für einen bereits bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer der freie Arbeitsplatz in Betracht kommt.

40

(d) Diesen ihr aus § 81 Abs. 1 Satz 1 und 6 SGB IX obliegenden Verpflichtungen kam die Beklagte nicht nach. Sie prüfte weder, ob der freie Arbeitsplatz mit bei der Agentur für Arbeit als arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann, noch prüfte sie unter Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung, ob der freie Arbeitsplatz mit einem bereits bei ihr beschäftigen schwerbehinderten Arbeitnehmer besetzt werden kann. Das begründet die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung.

41

(e) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht der Vermutung nicht entgegen, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Stellenbesetzung keine Kenntnis von der Bewerbung schwerbehinderter Menschen hatte. Denn sie besetzte die Stelle bereits vor Ablauf der von ihr selbst gesetzten und bekannt gegebenen Bewerbungsfrist.

42

(aa) Der Umstand, dass eine ausgeschriebene Stelle bereits vor Eingang einer Bewerbung besetzt wurde, schließt nicht generell eine Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG aus(aA wohl LAG Baden-Württemberg 26. März 2009 - 11 Sa 83/08 - Rn. 29; zustimmend hierzu Bissels jurisPR-ArbR 32/2009 Anm. 4). Denn die Chance auf Einstellung oder Beförderung kann dem Bewerber oder Beschäftigten auch durch eine diskriminierende Gestaltung des Bewerbungsverfahrens genommen werden, zB weil ein Arbeitgeber die ausgeschriebene Stelle vor Ablauf einer von ihm gesetzten Bewerbungsfrist besetzt, er das Verfahren nach § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX vermeiden will oder ein diskriminierendes Verhalten des Arbeitgebers den Bewerber von einer früheren Bewerbung abhielt(vgl. auch EuGH 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Slg. 2008, I-5187).

43

(bb) So ist es hier. Die Beklagte verhinderte, dass alle schwerbehinderten Arbeitnehmer eine noch berücksichtigungsfähige Bewerbung abgeben konnten. Denn die schwerbehinderten Arbeitnehmer durften sich, solange die Beklagte nicht selbst die Abkürzung der Bewerbungsfrist betriebsintern bekannt gab, darauf einstellen, dass bis zum Fristablauf eingehende Bewerbungen noch bei der Auswahlentscheidung berücksichtigt wurden. Die Beklagte kam damit nicht nur ihrer Prüfpflicht nicht nach. Sie verhinderte auch durch die vorzeitige Besetzung der Stelle, dass die Schwerbehindertenvertretung über Bewerbungen von schwerbehinderten Arbeitnehmern noch sinnvoll gemäß § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX unterrichtet werden konnte. Damit zeigte die Beklagte ein Verhalten, das objektiv geeignet war, schwerbehinderten Beschäftigten keine oder schlechtere Chancen als die ihnen gesetzlich zustehenden einzuräumen.

44

cc) Die Beklagte hat die Vermutung der Benachteiligung des Klägers nicht widerlegt. Ihr bisheriges Vorbringen rechtfertigt nicht den Schluss, dass die Behinderung des Klägers in dem Motivbündel, das die Beklagte bei der Nichteinhaltung der Prüfpflicht und der Verkürzung der Bewerbungsfrist beeinflusste, nicht enthalten war.

45

(1) Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorlag. Der Arbeitgeber muss das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung nicht - auch - auf der Schwerbehinderung beruht. Damit muss er Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung führten (vgl. Senat 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 33, 37 f., AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 24, 49, AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19), und in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten war.

46

(2) Die Beklagte ist zur Widerlegung der Benachteiligungsvermutung nicht auf die Gründe beschränkt, die sie in den Schreiben vom 18. Mai 2007 und 22. Juni 2007 anführte. Die Parteien eines arbeitsgerichtlichen Rechtsstreits können materiellrechtlich regelmäßig alle Tatsachen vortragen, aus denen sich das Bestehen des erhobenen Anspruchs oder sein Nichtbestehen ergeben soll. Das Verbot des Nachschiebens bestimmter Tatsachen kann über den Erfolg des Rechtsstreits entscheiden. Diese einschneidende Rechtsfolge kann deshalb nur angenommen werden, wenn sie sich aus dem materiellen Recht unzweifelhaft herleiten lässt. An einer entsprechenden gesetzlichen Bestimmung fehlt es. Sie ergibt sich auch nicht aus § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX. Denn dort ist nicht geregelt, dass der Arbeitgeber mit einem solchen Vorbringen prozessual ausgeschlossen wird, das nicht in der Begründung der Ablehnung benannt war (vgl. Senat 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 52 ff., AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19).

47

(3) Die Beklagte beruft sich zur Widerlegung der Benachteiligungsvermutung ohne Erfolg darauf, die Mitbewerberin sei optimal für die Stelle geeignet. Mit besseren Bewerbern habe nicht gerechnet werden können.

48

Die bessere Eignung von Mitbewerbern schließt eine Benachteiligung nicht aus. Das folgt schon aus dem eindeutigen Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG. Danach ist selbst dann eine Entschädigung zu leisten, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Daran zeigt sich, dass die Bestimmungen in § 81 Abs. 2 SGB IX iVm. § 15 Abs. 2 AGG das Recht der schwerbehinderten Menschen auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungsverfahren schützen(Senat 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 42, AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; vgl. 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - Rn. 33, BAGE 122, 54).

49

(4) Die Beklagte hat auch keine substantiierten Tatsachen dafür vorgetragen, dass der Kläger objektiv nicht für die Besetzung der Stelle geeignet gewesen wäre. Sie beschränkt sich auf den Vortrag, der Kläger habe sich im Sommer 2006 auf dieselbe Stellenausschreibung „Materialdisponent“ beworben und sei nicht berücksichtigt worden, da er nach ihrer Auffassung für diese Aufgaben und die damit verbundenen Belastungen völlig ungeeignet sei. Angesichts der vom Kläger absolvierten Ausbildungen und seines Vortrags zu seinen EDV-Kenntnissen sowie seinem bisherigen beruflichen Einsatz ua. als Einsteller und Vertreter des Segmentleiters (Vorarbeiter) hätte die Beklagte näher begründen müssen, weshalb der Kläger nach einer kurzen Einarbeitungszeit, die ja auch Frau K. gewährt wurde, nicht in der Lage gewesen sein soll, die Aufgaben der ausgeschriebenen Stelle wahrzunehmen. Zudem hat der Kläger vorgetragen, dass er nach wenigen Tagen Einarbeitung mit dem aktuellen SAP-Programm umgehen könne. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass auch Frau K. das ausgeschriebene Anforderungsprofil nicht vollständig erfüllte. Sie verfügte zB nicht über die in der Ausschreibung geforderten guten Englischkenntnisse.

50

(5) Unerheblich ist, ob die Beklagte, wie sie behauptet, in ihren Betrieben die Mindestbeschäftigungsquote nach § 71 Abs. 1 SGB IX erfüllt. Denn deren Erfüllung kann nicht ausschließen, dass beim beruflichen Aufstieg diskriminiert wird. Im Übrigen beschränkt § 81 SGB IX mit Ausnahme des Erörterungsverfahrens in § 81 Abs. 1 Satz 7 bis 9 SGB IX die Förderungspflichten nicht auf Arbeitgeber, die ihre Quote nicht erfüllt haben. Die Erfüllung der Quote entbindet den Arbeitgeber deshalb nicht von seinen Förderungspflichten. Sie befreit ihn lediglich von der Zahlung der Ausgleichsabgabe nach § 77 SGB IX.

51

(6) Auch die von der Beklagten behauptete Zusammenarbeit mit einer Behinderteneinrichtung/Behindertenwerkstatt ist nicht geeignet, die bestehende Vermutung zu widerlegen. Arbeitgeber, die Aufträge an anerkannte Werkstätten erteilen, haben nach § 140 SGB IX das Recht, ihre Ausgleichsabgabenschuld zu verringern, indem sie 50 vom Hundert des auf diese Arbeitsleistung entfallenden Rechnungsbetrags anrechnen dürfen. Diese Anrechnungsbefugnis steht mit den Förderungspflichten des Arbeitgebers aus § 81 SGB IX in keinem Zusammenhang.

52

3. Anhaltspunkte für einen Rechtfertigungsgrund gemäß § 8 AGG sind nicht ersichtlich.

53

4. Die Bewerbungsabsicht des Klägers war entgegen der Auffassung der Beklagten auch ernsthaft. Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat keine Tatsachen für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers vorgetragen. Aus diesem Grund erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ebenfalls nicht im Ergebnis als richtig (§ 561 ZPO).

54

a) Im Stellenbesetzungsverfahren kann zwar nur benachteiligt werden, wer sich subjektiv ernsthaft beworben hat. Das ist nicht der Fall, wenn der Beschäftigte/Bewerber nicht ernsthaft an der Stelle interessiert war, sondern in Wirklichkeit nur eine Entschädigung anstrebte (vgl. Senat 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 49 f. mwN, AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1) und sich damit rechtsmissbräuchlich verhielt.

55

b) Zweifel an der Ernsthaftigkeit können bereits dann bestehen, wenn der Bewerber, auch für ihn erkennbar, objektiv für die Stelle nicht in Betracht kam (BAG 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - Rn. 16, EzA AGG § 15 Nr. 6). Allein der Umstand, dass die hier ausgeschriebene Stelle mit der Entgeltgruppe 11 ERA bewertet wird und damit neun Entgeltstufen höher liegt als die Entgeltstufe, die der bisherigen Tätigkeit des Klägers entspricht, lässt keinen Rückschluss auf eine nicht ernsthafte Bewerbung zu. Denn die bisherige Entgeltgruppe des Klägers besagt nichts über dessen berufliche Qualifikation und Fähigkeiten, sondern bewertet nur die vom Kläger tatsächlich vertraglich geschuldete Tätigkeit.

56

c) Der Inhalt des Bewerbungsschreibens lässt ebenfalls nicht auf eine nicht ernsthafte Bewerbung schließen. Da der Kläger bereits bei der Beklagten beschäftigt war und er daher davon ausgehen konnte, dass der Beklagten seine bisherigen Tätigkeiten für sie und seine Ausbildungen bekannt waren, ist die Kürze des Bewerbungsschreibens nachvollziehbar. Im Übrigen gaben auch die übrigen Bewerber, einschließlich Frau K., in den Bewerbungsschreiben keine ausführlichen Begründungen hinsichtlich ihrer Eignung für die ausgeschriebene Stelle.

57

d) Die mehrmaligen Bewerbungen des Klägers um einen Arbeitsplatz im Bürobereich signalisieren gerade sein ernsthaftes Interesse an der ausgeschriebenen Stelle. Hierbei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Kläger aufgrund seines Gesundheitszustands nicht mehr in der Lage ist, im Akkord zu arbeiten, und ihm im Jahr 2005 aus arbeitsmedizinischer Sicht ein Büroarbeitsplatz empfohlen wurde. Aus der erfolglosen Bewerbung um diese Stelle bereits im Jahr 2006 lässt sich ebenso wenig ein fehlendes ernsthaftes Interesse des Klägers herleiten. Die Chancen, eine Stelle zu erhalten, hängen regelmäßig von der jeweiligen Konkurrenzsituation ab. Es ist deshalb völlig üblich, sich mehrmals um gleiche Stellen zu bewerben, in der Hoffnung auf eine - zumindest in einem Verfahren - günstigere Konkurrenzsituation.

58

IV. Dem Kläger steht gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG eine angemessene Entschädigung zu. Der Senat kann hierüber nicht abschließend entscheiden. Hierzu bedarf es weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts.

59

1. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein, um bei der Prüfung der Angemessenheit der Entschädigung die Besonderheiten jedes einzelnen Falls berücksichtigen zu können. Hängt die Höhe des Entschädigungsanspruchs von einem Beurteilungsspielraum ab, ist die Bemessung des Entschädigungsanspruchs grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 80 mwN, AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

60

2. Das Landesarbeitsgericht wird zu prüfen haben, welche Höhe angemessen ist und ob die Entschädigung in der Höhe auf drei Monatsgehälter begrenzt werden muss. Dabei hat es folgende Grundsätze zu berücksichtigen.

61

a) Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG darf die Entschädigung bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Nach § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 SGB IX aF galt die summenmäßige Beschränkung kraft Verweisung auf § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB IX aF auch für den beruflichen Aufstieg. Eine entsprechende Regelung fehlt in § 15 AGG. Dies wird zum Teil für ein Redaktionsversehen gehalten (so Walker NZA 2009, 5, 7 mwN). Für eine Beschränkung der Entschädigungszahlung auf drei Monatsgehälter in den Fällen, in denen ein bereits beschäftigter Arbeitnehmer auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht die Beförderungsstelle erhalten hätte, spricht der sogenannte Erst-Recht-Schluss (vgl. auch Däubler/Bertzbach-Deinert § 15 Rn. 65; Meinel/Heyn/Herms § 15 Rn. 52; aA Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 47; Stein in Wendeling-Schröder/Stein § 15 Rn. 48). Auch der Wortsinn lässt diese Auslegung zu. Denn als Einstellung kann im weitläufigen Sinn auch die Übertragung einer anderen Arbeitsaufgabe im Rahmen einer Vertragsänderung bezeichnet werden. Der Gesetzeswortlaut lässt es aber nicht zu, die Entschädigungssumme im Fall des beruflichen Aufstiegs von vornherein nur auf die dreifache Vergütungsdifferenz zu beschränken, wenn der Beschäftigte die Stelle auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht erhalten hätte (so aber zu § 81 SGB IX aF Düwell in LPK-SGB IX 1. Aufl. § 81 Rn. 10; wie hier Däubler/Bertzbach-Deinert § 15 Rn. 65; Meinel/Heyn/Herms aaO; Knittel SGB IX 4. Aufl. § 81 Rn. 124). Auch vom Gesetzeszweck lässt sich diese Auslegung nicht begründen. Die Entschädigung erfolgt allein wegen des immateriellen Schadens. Die Persönlichkeitsverletzung muss im Fall der Auswahl bei Aufstiegsentscheidungen keine geringere sein als bei einer nicht erfolgten erstmaligen Einstellung (vgl. Däubler/Bertzbach-Deinert aaO). Denn auch die Schwere der Verstöße ist bei der Höhe der Entschädigung zu berücksichtigen.

62

b) Der Arbeitgeber hat zu beweisen, dass der Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre und damit die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG geregelte Höchstgrenze für die Entschädigungshöhe zum Tragen kommt(HWK/Annuß/Rupp 3. Aufl. § 15 AGG Rn. 9; Knittel § 81 Rn. 121; Meinel/Heyn/Herms § 15 Rn. 51; Schiek/Kocher § 15 Rn. 48; vgl. auch EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 36, Slg. 1997, I-2195). Das ergibt sich bereits aus der Gesetzesformulierung und Systematik, weil durch § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG von dem in § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG aufgestellten Grundsatz der nur durch das Kriterium der Angemessenheit begrenzten Entschädigungshöhe eine Ausnahme zugunsten des Arbeitgebers geschaffen wird. Diese Verteilung der Beweislast schließt allerdings nicht aus, dass der Beschäftigte im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast geltend machen muss, dass er bei einer benachteiligungsfreien Auswahl eingestellt worden wäre. Als Monatsverdienst iSv. § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG ist der Bruttoverdienst anzusehen, den der Beschäftigte erzielt hätte, wenn er eingestellt worden wäre(Däubler/Bertzbach-Deinert § 15 Rn. 61; Meinel/Heyn/Herms § 15 Rn. 45; Stein in Wendeling-Schröder/Stein § 15 Rn. 45).

63

c) Selbst wenn der Beschäftigte bei benachteiligungsfreier Auswahl die Stelle, um die er sich beworben hat, erhalten hätte, folgt aus § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG nicht, dass die angemessene Entschädigung drei Monatsverdienste oder darüber hinaus betragen muss, da § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG lediglich eine Begrenzung der Entschädigungshöhe normiert. Vielmehr ist die Entschädigung durch das Tatgericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzusetzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es bei § 15 Abs. 2 AGG um den Ersatz des immateriellen Schadens geht und nicht um den Ersatz von Vermögensschäden.

64

d) Nach § 563 Abs. 3 ZPO kann das Revisionsgericht in der Sache selbst entscheiden, wenn das Urteil des Berufungsgerichts nur wegen eines Mangels in der Gesetzesanwendung aufzuheben und der Rechtsstreit entscheidungsreif ist(Senat 12. August 2008 - 9 AZR 632/07 - Rn. 24, BAGE 127, 232). Das ist hier nicht der Fall. Das Landesarbeitsgericht hat keinerlei Feststellungen zu der angemessenen Höhe der Entschädigung getroffen. Die maßgeblichen Tatsachen sind nicht festgestellt worden. Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung durch das Tatgericht sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wie etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, die Folgen für den Kläger hinsichtlich seines Persönlichkeitsrechts, der Grad der Verantwortlichkeit der Beklagten, der Anlass und Beweggrund des Handelns der Beklagten, der Sanktionszweck und die damit verbundene abschreckende Wirkung (BAG 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - Rn. 38, EzA AGG § 15 Nr. 6; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 82 mwN, AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Das Landesarbeitsgericht wird in diesem Zusammenhang auch aufzuklären haben, ob eine Entschädigung angemessen ist, die den dreifachen Bruttomonatsverdienst übersteigt. Eine derartige Höhe kommt in Betracht, wenn der ausgeschriebene Arbeitsplatz bei benachteiligungsfreier Auswahl mit dem Kläger als dem am besten geeigneten Bewerber hätte besetzt werden müssen. Dazu muss das Landesarbeitsgericht noch Feststellungen zur Bestenauslese treffen. Gelangt das Landesarbeitsgericht zu der Überzeugung, dass der Kläger auch bei benachteiligungsfreier Auswahl die Stelle nicht erhalten hätte, greift nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG die „Deckelung“ der Entschädigung auf drei Bruttomonatsentgelte ein. Insbesondere wird das Berufungsgericht auch aufzuklären haben, welche Auswirkungen die Benachteiligung auf den Kläger hat. Die Sache ist deshalb gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

        

    Düwell    

        

    Gallner    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    B. Lang    

        

    Preuß    

                 

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für

1.
Beamtinnen und Beamte des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Bundes oder eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
Richterinnen und Richter des Bundes und der Länder,
3.
Zivildienstleistende sowie anerkannte Kriegsdienstverweigerer, soweit ihre Heranziehung zum Zivildienst betroffen ist.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen.

(2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diesen Teil nicht berührt.

(3) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.

(4) Sozialdaten dürfen im Rahmen der Zusammenarbeit nur verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Teil erforderlich ist oder durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist.

(1) Die Länder bestimmen die für die Durchführung dieses Teils zuständigen Träger der Eingliederungshilfe.

(2) Bei der Bestimmung durch Landesrecht ist sicherzustellen, dass die Träger der Eingliederungshilfe nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben geeignet sind. Sind in einem Land mehrere Träger der Eingliederungshilfe bestimmt worden, unterstützen die obersten Landessozialbehörden die Träger bei der Durchführung der Aufgaben nach diesem Teil. Dabei sollen sie insbesondere den Erfahrungsaustausch zwischen den Trägern sowie die Entwicklung und Durchführung von Instrumenten zur zielgerichteten Erbringung und Überprüfung von Leistungen und der Qualitätssicherung einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen fördern.

(3) Die Länder haben auf flächendeckende, bedarfsdeckende, am Sozialraum orientierte und inklusiv ausgerichtete Angebote von Leistungsanbietern hinzuwirken und unterstützen die Träger der Eingliederungshilfe bei der Umsetzung ihres Sicherstellungsauftrages.

(4) Zur Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe bildet jedes Land eine Arbeitsgemeinschaft. Die Arbeitsgemeinschaften bestehen aus Vertretern des für die Eingliederungshilfe zuständigen Ministeriums, der Träger der Eingliederungshilfe, der Leistungserbringer sowie aus Vertretern der Verbände für Menschen mit Behinderungen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Zusammensetzung und das Verfahren zu bestimmen.

(5) Die Länder treffen sich regelmäßig unter Beteiligung des Bundes sowie der Träger der Eingliederungshilfe zur Evidenzbeobachtung und zu einem Erfahrungsaustausch. Die Verbände der Leistungserbringer sowie die Verbände für Menschen mit Behinderungen können hinzugezogen werden. Gegenstand der Evidenzbeobachtung und des Erfahrungsaustausches sind insbesondere

1.
die Wirkung und Qualifizierung der Steuerungsinstrumente,
2.
die Wirkungen der Regelungen zur Leistungsberechtigung nach § 99 sowie der neuen Leistungen und Leistungsstrukturen,
3.
die Umsetzung des Wunsch- und Wahlrechtes nach § 104 Absatz 1 und 2,
4.
die Wirkung der Koordinierung der Leistungen und der trägerübergreifenden Verfahren der Bedarfsermittlung und -feststellung und
5.
die Auswirkungen des Beitrags.
Die Erkenntnisse sollen zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe zusammengeführt werden.

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Zahlung von Schadensersatz und Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

2

Der am ... August 1949 geborene Kläger stand seit 1. April 1966 im Dienst des Beklagten. Er war zuletzt im Rechtsreferat des Amtes für soziale Angelegenheiten (AsA), im Bereich des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung (LSJV), tätig. Er leidet seit 1976 unter einer festgestellten Schwerbehinderung. Vor seiner Versetzung in den Ruhestand bekleidete er ein Amt der Besoldungsgruppe A 12.

3

Am 17. April 2009 schrieb der Beklagte intern den Dienstposten einer Referentin/eines Referenten bei dem AsA Landau, Referat 26, aus. In der Ausschreibung wies der Beklagte u.a. auf die Bewertung des Dienstpostens (Besoldungsgruppe A 13) sowie auf den Umstand hin, dass derzeit keine höher besoldete Stelle zur Verfügung stehe. Die Ausschreibung enthielt eine eingehende Beschreibung der ausgeschriebenen Referententätigkeit.

4

Der Kläger bewarb sich am 28. April 2009 auf den Dienstposten.

5

Am 26. Mai 2009 erfolgte die Einladung der Bezirksvertrauensperson (BVP) der schwerbehinderten Menschen zu einem am 18. Juni 2009 geplanten Auswahlgespräch. Am 15. Juni 2009 übersandte der Beklagte der BVP die Stellenausschreibung und ein Bewerbertableau für die Vorstellungsgespräche.

6

Am 18. Juni 2009 fand in Anwesenheit der Vertreterin der BVP sowie eines Vertreters des Bezirkspersonalrats (BPR) ein Vorstellungsgespräch mit den Bewerbern statt, an dem auch der Kläger teilnahm. Ausweislich eines über das Gespräch gefertigten Vermerks überzeugten die Konkurrenten R und Z., Letzterer ist ebenfalls ein schwerbehinderter Mensch, die bei dem Vorstellungsgespräch anwesenden Beteiligten am meisten. Mit Schreiben vom 30. Juni 2009 informierte der Beklagte den BPR und die BVP über den Ablauf des Vorstellungsgesprächs und dessen Ergebnis. Für die Entscheidung zugunsten des Konkurrenten R gab der Beklagte in diesem Schreiben eine kurze Begründung. Zugleich bat der Beklagte den BPR und die BVP um Zustimmung zur Einsetzung des Konkurrenten R als Referent.

7

Am 5. August 2009 stimmte der BPR der Einsetzung zu.

8

Seit dem 10. August 2009 war der Kläger dienstunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 17. August 2009 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass ein Mitbewerber um die Stelle ausgewählt worden sei und setzte mit gleichem Schreiben den Konkurrenten R davon in Kenntnis, dass dieser als Referent des Referates 26 bei dem AsA Landau eingesetzt werde. Am 18. August 2009 stimmte auch die BVP der Einsetzung des Konkurrenten R zu.

9

Mit Schreiben vom 28. August 2009 wandte sich der Kläger an den Landesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen und machte geltend, beim beruflichen Aufstieg als schwerbehinderter Mensch benachteiligt worden zu sein. Der ausgewählte Mitbewerber habe für das neue Referat keinerlei fachliche und soziale Kompetenz, sei zuvor nicht im ESF-Bereich tätig gewesen und jünger. Zudem habe er – der Kläger – bei der letzten Beurteilung die gleiche Gesamtpunktzahl wie der Konkurrent R erreicht. Die Schwerbehindertenvertretung, die sich ihm gegenüber nur telefonisch geäußert habe, sei von dem Beklagten nicht hinreichend über seinen beruflichen Werdegang und seine Qualifikationen informiert worden. Auch habe die BVP weder Einsicht in die Personalakte genommen noch einen Leistungsvergleich mit anderen Bewerbern angestellt. Ausschlaggebend für die Auswahlentscheidung sei einzig das 14-minütige Vorstellungsgespräch gewesen.

10

Am 15. Oktober 2009 beantragte der Kläger Schadensersatz und Entschädigung nach dem AGG wegen seiner Benachteiligung als Schwerbehinderter bei der Besetzung des Dienstpostens des Referenten im Referat 26 beim AsA Landau. Infolge der erlittenen Benachteiligungen müsse er im Rahmen des zu gewährenden Schadensersatzes versorgungsrechtlich so gestellt werden, wie wenn der Dienstposten zum 1. September 2009 mit ihm besetzt worden wäre. Zudem sei ihm eine angemessene Entschädigung in Höhe des 13-fachen Betrages seines Endgrundgehaltes zuzüglich ruhegehaltsfähiger Zulagen zu zahlen. Der Beklagte habe seine Pflichten nach § 81 des IX. Sozialgesetzbuchs (SGB IX) verletzt. So sei die Schwerbehindertenvertretung nicht gemäß den §§ 81 Abs. 1 Satz 6 und 95 Abs. 2 SGB IX unverzüglich und umfassend über seine Bewerbung unterrichtet und vor der Entscheidung angehört worden. Die Vertretung hätte alle Unterlagen – auch diejenigen der Konkurrenten – erhalten müssen. Stattdessen habe die Schwerbehindertenvertretung ihre Erkenntnisse lediglich im Rahmen des Vorstellungsgesprächs gewinnen können. Die Entscheidung gegen ihn als schwerbehinderten Menschen sei zudem nicht mit der BVP erörtert worden. Auch sei er – der Kläger – entgegen § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX nicht zusätzlich zum Vorstellungsgespräch angehört worden. Eine dem § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX konforme Unterrichtung sei nicht erfolgt. Die Personalentscheidung sei ihm gegenüber nicht begründet worden. Auch habe man ihm den ausgewählten Konkurrenten nicht benannt. Zudem hätte die Bestenauslese eine Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten geboten. Die vorstehenden Indizien führten zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich der von ihm geltend gemachten Ansprüche. Er sei nicht verpflichtet gewesen, zur Abwendung des eingetretenen Schadens ein Verfahren gegen die Vergabe des Dienstpostens an seinen Konkurrenten durchzuführen.

11

Am 19. Oktober 2009 wandte sich der BPR an den Beklagten und nahm zu dem Vorgang Stellung. Dabei führte der BPR aus, dass der Kläger bei der Dienstpostenvergabe nicht in die engere Wahl gezogen worden sei. Bei dem unter Einbeziehung des BPR durchgeführten Vorstellungsgespräch habe der Bewerber R den BPR und auch die anderen Anwesenden am meisten überzeugt. An zweiter Stelle sei der ebenfalls schwerbehinderte Konkurrent Z. gesehen worden. Eine Benachteiligung des Klägers als schwerbehinderter Mensch sei nach Einschätzung des BPR nicht erfolgt.

12

Mit undatierter Stellungnahme der BVP führte diese aus, dass die Schwerbehindertenvertretung vor den jeweiligen Vorstellungsgesprächen grundsätzlich alle Bewerbungsunterlagen der schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerber erhalte. Da im vorliegenden Fall jedoch nur interne Bewerbungen eingegangen seien, sei jeweils ein Tableau aller Bewerber vorgelegt worden, aus denen die persönlichen Grunddaten, der berufliche Werdegang und ggf. die Schwerbehinderung zu ersehen gewesen seien. Der Kläger habe keinen weiteren Kontakt gesucht. Die Personalakte habe sie nicht eingesehen, weil dies nur mit Zustimmung bzw. auf Wunsch eines Bewerbers erfolgen könne. Bei der maßgeblichen Bewerbungsrunde seien zwei schwerbehinderte Mitbewerber beteiligt worden. Der Kläger habe nicht in dem gebotenen Umfang die Anforderungen an die Führungsaufgaben des ausgeschriebenen Dienstpostens erfüllt. Der Ablauf des Bewerbungsverfahrens sei mit dem Kläger in einem Telefonat besprochen worden.

13

Der Landesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen wandte sich mit Schreiben vom 23. November 2009 an den Kläger und führte aus, dass die Überprüfung der Angelegenheit keine Verletzung der klägerischen Rechte als schwerbehinderter Mensch ergeben habe. Das Auswahlverfahren sei vielmehr korrekt durchgeführt worden. Das Auswahlgremium habe sich am 18. Juni 2009, in Kenntnis der Schwerbehinderung des Klägers, übereinstimmend für dessen Konkurrenten entschieden.

14

Mit Bescheid vom 8. Dezember 2009 lehnte der Beklagte den Antrag auf Zahlung von Schadensersatz und Entschädigung ab. Er führte zur Begründung aus, dass der LSJV und die AsA Landau die gesetzliche Beschäftigungsquote erfüllen. Die vom Kläger behauptete Benachteiligung als schwerbehinderter Mensch läge nicht vor. Vielmehr sei das Bewerbungsschreiben des Klägers der BVP bekannt gegeben worden. Vor dem Vorstellungsgespräch hätten der BPR und die BVP jeweils ein Bewerbertableau erhalten. Die Einsichtnahme von Schwerbehindertenvertretung und Personalrat in die Personalakten, ohne Zustimmung der anderen Bewerber, sei unüblich. Im Vorstellungsgespräch hätten sich alle Bewerber nochmals vorgestellt. Die Frage der Schwerbehinderung habe bei der Entscheidung über die Vergabe des Dienstpostens keine Rolle gespielt. Die Konkurrenten R und Z. seien insgesamt besser geeignet gewesen, als der Kläger. Dies gelte vor allem bei der Frage der Führungs- und Verhandlungskompetenz. Die Vertretung schwerbehinderter Menschen sei mit der Auswahlentscheidung des Beklagten einverstanden gewesen. Auch der Landesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen habe das Verfahren und die Auswahlentscheidung nicht beanstandet. Zutreffend sei, dass die Auswahlentscheidung gegenüber dem Kläger nicht schriftlich begründet worden sei. Vielmehr sei zwischen der zuständigen Personalreferentin und der Leiterin des Amtes für soziale Angelegenheiten abgesprochen worden, dass die Amtsleiterin vor Ort die Entscheidung in einem persönlichen Gespräch begründen solle. Der Kläger habe von einem entsprechenden Angebot aber keinen Gebrauch gemacht. Ungeachtet dessen sei es im Geschäftsbereich des LSJV üblich, ein Feedback von der Personalreferentin des Landesamtes zu erhalten, falls dies gewünscht werde. Auch von dieser Möglichkeit habe der Kläger keinen Gebrauch gemacht. Zuletzt sei auch kein Schaden entstanden. Der höherwertige Dienstposten begründe selbst nach einer Probezeit von sechs Monaten nur die ungewisse Aussicht, künftig befördert zu werden. Ob und wann eine Beförderung möglich sei, sei bei einer "fliegenden“ Stelle nicht absehbar. Alle in den Vorstellungsgesprächen Anwesenden habe der Konkurrent R, aber auch der Konkurrent Z., besser überzeugt als der Kläger. Es werde daher bestritten, dass der Kläger eine Beförderung bis zum 65. Lebensjahr noch erreicht hätte.

15

Der Kläger trat mit Ablauf des Januar 2010 in den Ruhestand ein.

16

Seinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 8. Dezember 2009 begründete er unter Hinweis auf sein Antragsschreiben und weitergehend damit, dass die Schwerbehindertenvertretung nicht umfassend informiert worden sei. Das vorgelegte Bewerbertableau habe als Informationsgrundlage nicht genügt. Er bestreite zudem, dass die Schwerbehindertenvertretung die Entscheidung mitgetragen habe. Selbst wenn dem aber so wäre, könne damit das Indiz seiner Benachteiligung nicht entkräftet werden. Der Beklagte habe zudem seine Unterrichtungs- und Begründungspflicht ihm gegenüber nicht erfüllt. Ein Gesprächsangebot der Amtsleiterin sei nicht unterbreitet worden. Diese habe am 31. Juli 2009 zwar dienstlich mit ihm zu tun gehabt, aber die Gesprächsmöglichkeit nicht genutzt. Auch dieser Vorgang bestätige seine Benachteiligung. Ein Diskriminierungsindiz ergebe sich auch daraus, dass zehn Tage nach seinem Antrag auf Versetzung in den Ruhestand seine Entlassungsurkunde auf dem Postweg zugestellt worden sei. Zudem habe der Beklagte seinen Dienst-PC deaktiviert und das Büro geräumt. Er bleibe dabei, dass er im Vergleich zu dem Konkurrenten R der besser geeignete Bewerber gewesen sei. Ein Schaden sei eingetreten, weil seine berufliche Entwicklung fiktiv nachzuzeichnen sei.

17

Der Beklagte hat dem Widerspruch nicht abgeholfen und erwidert, dass die Schwerbehindertenvertretung der personellen Maßnahme zugestimmt habe. Am Ende des Vorstellungsgesprächs sei der Kläger auf die Möglichkeit hingewiesen worden, sich telefonisch bei dem Personalreferat nach einer Entscheidung zu erkundigen. In einem Gespräch habe der Personalreferent den Kläger aufgefordert, einen Gesprächstermin mit der Amtsleiterin zu vereinbaren. Dies sei nicht geschehen. Der vom Kläger angegebene Termin vom 31. Juli 2009 sei ein Dienstjubiläum einer Mitarbeiterin gewesen. Dort sei ein Gespräch über das Bewerbungsverfahren nicht angezeigt gewesen. Der Konkurrent R sei bei diesem Dienstjubiläum nicht anwesend gewesen. Die Ruhestandsurkunde sei verschickt worden, weil der Kläger schriftlich angekündigt habe, nahtlos vom Urlaub bzw. seiner Erkrankung in den Ruhestand wechseln zu wollen. Daher sei auch das Dienstzimmer weitgehend ausgeräumt und der Dienst-PC deaktiviert worden. Die Auswahlentscheidung sei auch inhaltlich in Ordnung.

18

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2010 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Schwerbehindertenvertretung ordnungsgemäß informiert worden sei. Insbesondere habe diese Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers erhalten. Zudem habe die Vertreterin des Vorsitzenden der BVP am Vorstellungsgespräch teilgenommen und die Entscheidung zugunsten des Bewerbers R mitgetragen. Hierüber habe sich der Kläger auch nach dem Vorstellungsgespräch telefonisch bei der BVP informiert. Der Kläger sei nach dem Vorstellungsgespräch auf die Möglichkeit hingewiesen worden, sich telefonisch an das Personalreferat zu wenden. Stattdessen habe er sich an die BVP gewandt. In einem Telefonat mit dem Personalreferenten des AsA Landau habe der Kläger zudem sein Unverständnis hinsichtlich des Ausgangs des Ausschreibungsverfahrens geäußert. Der Personalreferent des AsA Landau habe den Kläger auf die Vereinbarung zwischen dem Personalreferenten des Landesamts und der Amtsleiterin hingewiesen, wonach zur besseren Übermittlung der Entscheidung ein Termin bei der Amtsleiterin vereinbart werden solle, damit diese dem Kläger die Gründe für die getroffene Entscheidung erläutern könne. Von diesem Gesprächsangebot habe er keinen Gebrauch gemacht. Der Kläger sei zudem im Vergleich mit dem Konkurrenten R nicht besser geeignet für den ausgeschriebenen Dienstposten. Zwar seien Beide mit 110 Gesamtpunkten beurteilt worden. Der Kläger habe jedoch nicht in dem von ihm geltend gemachten Umfang die Referentin seines Referates vertreten. Hinsichtlich der Übermittlung der Ruhestandsurkunde verwies der Widerspruchsbescheid darauf, dass der Kläger selbst durch die Einreichung seines Urlaubsantrages, des Zeitausgleiches und von AZV-Tagen sowie dessen Krankenstand eine Rückkehr an seinen Dienstposten vor der Ruhestandsversetzung ausschloss. Aus diesem Grund sei im November 2009 das Dienstzimmer des Klägers geräumt und dessen PC deaktiviert worden. Dies habe auch darauf beruht, dass infolge der Rückkehr einer beurlaubten Mitarbeiterin akuter Raumbedarf entstanden sei. Schließlich sei auch ein Schaden zu verneinen, da der Kläger sein Recht als Bewerber in einem Konkurrentenstreit hätte durchsetzen müssen. Eine fiktive Gleichstellung in dem vom Kläger geforderten Sinne könne nur erhalten, wer die realen Voraussetzungen für eine fiktive Entwicklung auf einem Beförderungsdienstposten erfülle. Dies treffe nur dann zu, wenn der Anspruchsteller zum Zeitpunkt der Beförderung des Mitkonkurrenten noch aktiv Dienst verrichte. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

19

Der Kläger hat am 22. Juli 2010 die vorliegende Klage erhoben.

20

Er trägt unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens vor, dass die von ihm im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren aufgezählten Aspekte eine Benachteiligung als schwerbehinderter Mensch indizierten. Er bleibe bei seiner Auffassung, dass er nicht verpflichtet gewesen sei, gegen die Auswahlentscheidung Rechtsschutzmöglichkeiten zu ergreifen. Auch inhaltlich sei die Auswahlentscheidung fehlerhaft gewesen. Sein Eintritt in den Ruhestand ändere an der rechtlichen Beurteilung seines Anspruchs auf Schadensersatz und Entschädigung nichts.

21

Der Kläger beantragt:

22

1. Der Bescheid des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung vom 08.12.2009 und der Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung Rheinland-Pfalz vom 01.07.2010 werden aufgehoben.

23

2. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Dienstposten des Referenten im Referat 26 beim AsA Landau zum 01.09.2009 mit dem Kläger besetzt worden wäre.

24

3. Der Beklagte wird weiter verurteilt, dem Kläger eine in das Ermessen des Gerichts gestellte angemessene Entschädigung in Geld für den Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, zu zahlen.

25

Der Beklagte beantragt,

26

die Klage abzuweisen.

27

Er verweist zur Erwiderung auf sein bisheriges Vorbringen und die Begründung des Widerspruchsbescheids. Ergänzend trägt er vor, dass in dem Bewerbungsschreiben des Klägers nicht auf dessen Schwerbehinderung hingewiesen worden sei. Daher habe der zuständige Sachbearbeiter des LSJV zunächst die BVP nicht eingeschaltet. Erst bei der Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch sei die Schwerbehinderteneigenschaft erkannt und die Schwerbehindertenvertretung zum Vorstellungsgespräch geladen worden. Eine Übersendung der Bewerbungsschreiben sei unterblieben, da diese ohne Anlagen nicht aussagekräftig erschienen. Vielmehr habe das zu den Akten gereichte Bewerbertableau der Schwerbehindertenvertretung noch vor dem Vorstellungsgespräch vorgelegen. Die Personalakten würden den Vertretungen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zugeleitet. Die Schwerbehindertenvertretung habe sich im Vorstellungsgespräch ein Bild von den Bewerbern machen können und nach Beendigung des Vorstellungsgesprächs die Meinung der anderen Anwesenden hinsichtlich des Personalrankings geteilt. Die Schwerbehindertenvertretung habe infolge dessen später dem Einsatz des Konkurrenten R zugestimmt. Eine Unterrichtungspflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX bestehe für den Beklagten nicht, weil dieser seiner Beschäftigungspflicht im Bereich des Personaleinsatzes schwerbehinderter Menschen erfülle. Durch das dem Kläger unterbreitete Gesprächsangebot sei der gesetzlichen Informationspflicht Genüge getan worden. Die Information des Klägers habe nicht schriftlich erfolgen müssen. Der Grundsatz der Bestenauslese sei im vorliegenden Fall beachtet worden. Zwar sei der Kläger bei der letzten Beurteilung hinsichtlich der Gesamtpunktzahl genauso wie der Konkurrent R bewertet worden. Bei den Einzelbewertungen sei allerdings der Konkurrent insgesamt besser beurteilt worden. Die von dem Kläger angeführte Vertretungstätigkeit für seine erkrankte Referatsleiterin sei überschaubar gewesen und in der Folgezeit weitgehend auf andere Mitarbeiter übertragen worden. Zudem sei es zu Missstimmungen in dem vom Kläger vertretungshalber betreuten Referat gekommen. So habe dieser die Beurteilungen 2003 bis 2006 in dem Referat nicht mehr erstellt.

28

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

29

Die zulässige Klage ist unbegründet.

30

Der Kläger hat zwar fristgerecht einen Antrag auf Zahlung bei dem Beklagten gestellt (§ 15 Abs. 4 AGG). Er hat aber weder einen Anspruch auf Schadensersatz (1.) noch auf Entschädigung (2.).

(1.)

31

Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gemäß den §§ 15 Abs. 1 Satz 1 AGG, 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX liegen hier nicht vor.

32

Nach dieser Bestimmung ist der Dienstherr bei einem Verstoß gegen ein Benachteiligungsverbot verpflichtet, den hierdurch entstehenden Schaden zu ersetzen, es sei denn, er hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten.

33

Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 15 Abs. 1 AGG setzt damit - anders als § 15 Abs. 2 AGG - einen vom Dienstherrn zu vertretenden Verstoß gegen ein Benachteiligungsverbot des AGG sowie einen hierdurch kausal eintretenden materiellen Schaden voraus. Für diese an der Systematik des AGG orientierte Auslegung spricht neben dem Wortlaut der Norm auch die Gesetzessystematik des früheren SGB IX, in der Fassung des Gesetzes vom 19.06.2001 (BGBl. I S. 1046).

34

§ 81 Abs. 2 SGB IX a.F. unterschied - wie auch § 15 Abs. 1 und 2 AGG - zwischen Schadensersatz für materielle Schäden und Entschädigung für einen Nichtvermögensschaden, verwendete jedoch trotz der unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen jeweils den Begriff der Entschädigung. Der Gesetzgeber übernahm zwar bei der Ausgestaltung des § 15 Abs. 1 und 2 AGG weitgehend die unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 81 SGB IX a.F., stellte aber begrifflich klar, dass es sich bei Schadensersatz und Entschädigung um Ansprüche mit unterschiedlichen Anforderungen handelt.

35

Dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch steht entgegen, dass es der Kläger unterlassen hat, zuvor im Konkurrentenstreitverfahren einen drohenden Schaden abzuwenden (a). Im Übrigen scheitert die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs auch an dem Fehlen eines kausal durch die behauptete Benachteiligung verursachten Schadens (b).

36

(a) Dem Kläger hätte es oblegen, zur Durchsetzung seines Bewerberverfahrensanspruchs einen Konkurrentenstreit gegen den Konkurrenten R durchzuführen, um damit den von ihm behaupteten Schaden abzuwenden (vgl. ebenso: VG Magdeburg, Urteil vom 15. April 2008 – 5 A 17/08, juris).

37

§ 24 AGG erklärt die Bestimmungen des AGG im Bereich des öffentlichen Dienstrechts nur unter Berücksichtigung der besonderen Rechtsstellung der Beamten für anwendbar. Auch § 128 SGB IX geht - unbeschadet der Geltung des Teils 2 des SGB IX - grundsätzlich von der Besonderheit beamtenrechtlicher Vorschriften und Grundsätze aus. Zu den beachtlichen Besonderheiten des öffentlichen Dienstrechtes zählt die Pflicht des Beamten, aufgrund seiner dem Dienstherren geschuldeten Treue (§ 3 Beamtenstatusgesetz), seiner Verpflichtung zur Schadensabwendung nachzukommen. Diese Verpflichtung leitet das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 28. Mai 1998 – 2 C 29/97, juris) im Zusammenhang mit Schadensersatzansprüchen wegen Nichtbeförderungen aus §§ 839 Abs. 3, 254 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) analog ab. Das Bundesverwaltungsgericht führt in diesem Zusammenhang überzeugend aus, dass der Schadensersatzanspruch eines Beamten wegen Verletzung der Auslesekriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung bei der Auswahl für einen Beförderungsdienstposten und dadurch entgangener Beförderung sich auf das Beamtenverhältnis stützt, ohne dass es eines Rückgriffs auf das Rechtsinstitut der Verletzung der Fürsorgepflicht bedürfe. Für diesen Schadensersatzanspruch gelte der in § 839 Abs. 3 BGB enthaltene Rechtsgedanke, wonach eine Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln nicht eintrete, wenn der Verletzte mögliche Rechtsbehelfe unmittelbar gegen die beanstandete Entscheidung, hier insbesondere gerichtlichen Rechtsschutz nebst vorgeschaltetem Verwaltungsverfahren, ohne hinreichenden Grund nicht in Anspruch genommen habe. Dieser Ansatz entspricht nach wie vor der aktuellen Rechtsprechung. Regelmäßig wird also ein Schadensersatzanspruch verneint, wenn der nicht zum Zuge gekommene Bewerber es in zurechenbarer Weise unterlassen hat, rechtzeitig gerichtlichen Primärrechtsschutz gegen die beanstandete Auswahlentscheidung in Anspruch zu nehmen und damit seiner Schadensabwendungspflicht nicht nachgekommen ist (vgl. VG Mainz, Urteil vom 21. Januar 2009 – 7 K 484/08.MZ, ESOVGRP).

38

Die vorstehenden Erwägungen zum Schadensersatz wegen Nichtbeförderung sind auf den Bereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes übertragbar. Dieses Gesetzes ist - wie dargelegt - nur unter Berücksichtigung der besonderen Rechtsstellung der Beamtinnen und Beamten im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis anwendbar. In diesem Kontext sind auch Schadensersatzansprüche des Beamten gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG zu bewerten. Von der durch Treue- und Fürsorgepflichten geprägten Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses ausgehend, erscheint es auch im Bereich des Schadensersatzes gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG interessen- und sachgerecht, als Voraussetzung für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs die vorherige Ausschöpfung der Rechtsschutzmöglichkeiten im Rahmen eines Konkurrentenstreitverfahrens zu verlangen. Dem schwerbehinderten Menschen, der sich auf eine Benachteiligung beruft, wird hierdurch keine unzumutbare Obliegenheit auferlegt. Das AGG bestimmt insoweit nichts Gegenteiliges. Daraus folgt, dass der Kläger nach Zugang der Mitteilung über den Ausgang des Auswahlverfahrens hätte verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz und ggf. Rechtsschutz im Konkurrentenstreitverfahren ergreifen müssen, um einen aus der Auswahlentscheidung drohenden Schaden abzuwenden. Dementsprechend vertritt auch das Verwaltungsgericht Magdeburg (Urteil vom 15. April 2008, a.a.O. und ähnlich VG Düsseldorf, Urteil vom 6. Mai 2005 – 2 K 4552/03, juris, dort zu einer Entschädigung gemäß § 81 SGB IX a.F.) die Meinung, dass der Beamte zunächst eine Konkurrentenklage erheben bzw. Primärrechtsschutz in Anspruch nehmen muss, bevor er Schadensersatzansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz oder dem SGB IX geltend machen darf. Ergibt aber die gerichtliche Überprüfung im Rahmen des Primärrechtsschutzes, dass die Entscheidung des Dienstherrn rechtsfehlerfrei ist, liegt auch keine Benachteiligung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vor.

39

Von einer vorherigen Konkurrentenklage kann nur dann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn sich der Dienstherr über eine gerichtliche Eilentscheidung hinwegsetzt und einen Konkurrenten des schadensersatzbegehrenden Beamten befördert (BVerwGE 118, 370). Eine solche Ausnahmekonstellation liegt hier aber nicht vor.

40

Auch in der einschlägigen Kommentierung (Däubler, Bertzbach, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, 2. Aufl., Berlin 2008, § 24 Rn. 67) wird daher die Auffassung vertreten, dass der Beamte vorrangig im Wege der Konkurrentenklage seinen Bewerbungsverfahrensanspruch geltend machen muss, ohne dessen Durchführung ein Schadensersatzanspruch nach dem AGG regelmäßig ausscheidet.

41

Die von dem Kläger für die Gegenauffassung angeführte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin (Urteil vom 28. April 2009 – 28 A 135.07, juris) steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Das Verwaltungsgericht Berlin befasst sich in seiner Entscheidung mit einem Entschädigungsanspruch nach § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX a.F. Das Verwaltungsgericht Berlin ging bei seiner Entscheidung aber davon aus, dass für eine Entschädigung nach dieser Norm nicht die Ablehnung einer Bewerbung, sondern die Benachteiligung eines Schwerbehinderten maßgeblich sei. Diese könne auch vorliegen, wenn ein Schwerbehinderter die ausgeschriebene Stelle im Ergebnis zu Recht nicht erhalte. Bei der Prüfung des § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG ist aber grundlegend zu beachten, dass diese Norm zur Begründung eines Schadensersatzes - anders als § 15 Abs. 2 AGG - eine Kausalität von Benachteiligung und dienstlicher Maßnahme erfordert, aus der der Beamte seinen Schaden ableitet. Demnach hat das Verwaltungsgericht Berlin lediglich bei der Prüfung von (nach aktuellem Begriffsverständnis) Entschädigungsansprüchen, die dem § 15 Abs. 2 AGG zuzuordnen wären, von dem Erfordernis einer Konkurrentenklage abgesehen. Diese Entscheidung erlaubt jedoch keinen Rückschluss auf die Durchsetzbarkeit von Schadensersatzansprüchen nach § 15 Abs. 1 AGG.

42

(b) Der auf Schadensersatz gerichteten Klage bleibt auch deshalb der Erfolg versagt, weil kein ersatzfähiger Schaden vorliegt.

43

Ein Schaden des Klägers ist nicht eingetreten, weil der Inhaber des ausgeschriebenen Dienstpostens nach wie vor in der Besoldungsgruppe A 12 eingestuft ist. Denn bis zum heutigen Tag ist keine "fliegende“ Stelle für die AsA Landau vorhanden, die eine Besoldung des jeweiligen Inhabers des Dienstpostens nach der Besoldungsgruppe A 13 ermöglicht. Damit scheidet auch ein Schaden des Klägers mit Blick auf die von ihm behauptete Benachteiligung aus. Denn selbst wenn der Kläger so gestellt würde, wie wenn er aus dem Auswahlverfahren erfolgreich hervorgegangen wäre, so käme er bis zum heutigen Tag beim AsA Landau weder in den Genuss einer erhöhten Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 13 noch in den Genuss erhöhter versorgungsrechtlicher Anwartschaften.

44

Ein Schaden, der kausal durch eine (unterstellte) Benachteiligung des Klägers als schwerbehinderter Mensch eingetreten ist, muss allerdings auch deshalb verneint werden, weil ein benachteiligungsbedingter Schaden eine Kausalkette zwischen der (zu unterstellenden) Benachteiligung des Klägers im Auswahlverfahren und später eintretenden besoldungs- und versorgungsrechtlichen Nachteilen voraussetzt, die der Kläger als Grundlage seiner Schadensdarlegung bemüht.

45

Die im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG erforderliche Kausalkette zwischen behaupteter Benachteiligung und einem behaupteten Schaden ist hier nicht gegeben. Der Kläger hat diese selbst unterbrochen, indem er vor der Beförderung des Konkurrenten in den Ruhestand gewechselt ist. Damit wäre trotz einer (unterstellten) Auswahl des Klägers im Auswahlverfahren weder besoldungs- noch versorgungsrechtlich eine Schadenskausalität eingetreten. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ermöglicht zwar eine hypothetische Betrachtung dergestalt, dass der Zustand unterstellt wird, der mit Blick auf eine benachteiligungsfreie Entscheidung durch den Dienstherrn entstanden wäre. Es erlaubt aber nicht, eine eigenverantwortlich vom Kläger getroffene Entscheidung – hier in den Ruhestand zu wechseln – durch eine zweite Rechtsfiktion, nämlich den Kläger so zu behandeln, als wäre er nicht in den Ruhestand gewechselt, konstruktiv zu überwinden. Das AGG soll zwar vor den Folgen diskriminierender Maßnahmen des Dienstherrn schützen bzw. insoweit Schadensersatzansprüche begründen. Es schützt den Beamten aber nicht vor den Folgen seines eigenen rechtlichen Tuns.

(2.)

46

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG.

47

Nach dieser Bestimmung kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld wegen eines Schadens verlangen, der nicht Vermögensschaden ist. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

48

Diese Norm ist auch bei behaupteten Benachteiligungen schwerbehinderter Beamter gemäß §§ 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX, 128 SGB IX und 24 AGG wiederum unter Berücksichtigung der Besonderheiten des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses anzuwenden. Zur Begründung eines Anspruches bedarf es hier nicht der vorherigen Ausschöpfung der Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Auswahl eines Konkurrenten. Denn der Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG setzt gerade nicht voraus, dass eine (unterstellte) Benachteiligung des behinderten Menschen kausal für eine schadensverursachende Stellenbesetzung mit einem Konkurrenten ist (so auch VG Weimar, Urteil vom 20. Januar 2011 - 5 K 1602/09, juris). Vielmehr setzt § 15 Abs. 2 AGG – wie § 81 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX a.F. – lediglich eine Benachteiligung des schwerbehinderten Bewerbers und damit eine tatbestandliche Diskriminierung voraus (Däubler u.a., a.a.O., § 15 Rn. 62, § 24 Rn. 69; VG Berlin, Urteil vom 28. April 2009, a.a.O.). Eine solche Diskriminierung fand jedoch nicht statt.

49

Dabei trägt der Kläger im vorliegenden Streitfall gemäß § 22 AGG die Beweislast für die von ihm behauptete Benachteiligung als Schwerbehinderter. Einen entsprechenden Nachweis hat der Kläger jedoch nicht erbracht.

50

Er hat auch keine Indizien dargelegt, die im Sinne des § 22 AGG eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft vermuten lassen. Nur bei Vorliegen solcher Indizien trüge der Beklagte die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung erfolgt ist.

51

Es kann hier offen bleiben, ob der Kläger sich auf verfahrensrechtliche Defizite im Zusammenhang mit der Beteiligung der BVP berufen kann. Denn wären Verfahrensverstöße erfolgt, so stünde es vorrangig der Behindertenvertretung selbst zu, Mängel aufzuzeigen und auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen hinzuwirken. Insoweit trifft § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX eine entsprechende Regelung, wonach eine Entscheidung des Dienstherrn, die ohne hinreichende Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zustande kam, auszusetzen und die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung innerhalb von sieben Tagen nachzuholen ist.

52

Selbst aber, wenn der Kläger sich auf Verstöße gegen verfahrensrechtliche Bestimmungen berufen könnte (bejaht von VG Weimar, Urteil vom 20. Januar 2011, a.a.O.), so kann er aus dem Ablauf des Beteiligungsverfahrens keine Indizien für seine Benachteiligung als schwerbehinderter Mensch ableiten, denn die Ausgestaltung des Beteiligungsverfahrens genügte den rechtlichen Anforderungen.

53

So wurde die BVP vor dem Vorstellungsgespräch über die Bewerbung des Klägers als Schwerbehinderter in Kenntnis gesetzt (§ 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Zwar wurde die BVP nicht unmittelbar nach Eingang der Bewerbung des Klägers informiert (§ 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Dabei ist aber problematisch, ob § 81 Abs. 1 SGB IX hier überhaupt Anwendung finden kann. Denn diese Norm knüpft an die Beschäftigungspflicht öffentlicher Arbeitgeber sowie Dienstherrn mit Blick auf die in § 71 SGB IX vorgegebenen Quoten für schwerbehinderte Menschen an, die der Beklagte unstreitig erfüllt. Der Sache nach aber ist der Beklagte der Informationspflicht gegenüber der Schwerbehindertenvertretung nachgekommen. Denn die Mitteilung über den Teilnehmerkreis zum Vorstellungsgespräch erfolgte immerhin zwei Monate nach Eingang der Bewerbungen und über drei Wochen vor dem Vorstellungsgespräch und damit so rechtzeitig, dass noch hinreichend Zeit für eine eingehende Befassung durch die BVP verblieb. Damit ist der gesetzlichen Regelung nach deren Sinn und Zweck genüge getan worden. Dies gilt hier umso mehr, als der zuständige Personalsachbearbeiter beim LSJV anhand der Bewerbung des Klägers dessen Schwerbehinderung zunächst nicht erkennen konnte. Ob und wie die Schwerbehindertenvertretung in der Folgezeit intern die Aufgabenwahrnehmung und Urlaubsvertretung ihres Vorsitzenden organisiert, entzieht sich dem Einflussbereich des Dienstherrn. Mögliche Defizite in diesem Bereich können dem Beklagten daher auch nicht indiziell zugerechnet werden. Durch die Vorlage eines Bewerbertableaus wurden zudem der BVP die spezifischen Eckdaten des Klägers als Bewerber übermittelt (vgl. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Die BVP war außerdem am Vorstellungsgespräch beteiligt (§§ 95 Abs. 2 Satz 3 letzter Halbsatz; 81 Abs. 1 Satz 6 SGB IX). Eine Zuleitung der Bewerbungsunterlagen war hingegen nicht angezeigt, da im vorliegenden Fall nur interne Bewerbungen ohne aussagekräftige Anlagen eingegangen waren. Bei Bedarf hätte die BVP dennoch weitere Unterlagen anfordern können (§ 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX), hat dies aber nicht getan. Sind die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen aber – wie im vorliegenden Verfahren – ohne jegliche Aussagekraft, stellt die Nichtvorlage der Bewerbungsunterlagen keinen Verfahrensverstoß dar. Aus der Unterlassung der Schwerbehindertenvertretung, weitere Unterlagen anzufordern, kann der Kläger daher keine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung indiziell ableiten. Die BVP war - entgegen der Auffassung des Klägers – zudem aus datenschutzrechtlichen Erwägungen heraus nicht berechtigt, in die Personalakten der anderen Bewerber Einsicht zu nehmen. Selbst in die Personalakten des Klägers als schwerbehinderten Menschen darf die BVP nur im Rahmen einer Hinzuziehung durch den Kläger selbst Einsicht nehmen (§ 95 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Schließlich wurde die BVP zu dem Verfahren auch angehört. Sie hatte infolge der Übersendung des Bewerbertableaus, aufgrund der Anwesenheit der Vertreterin des Vorsitzenden der BVP während des Vorstellungsgesprächs und auch im Anschluss daran die Gelegenheit, auf die Entscheidungsfindung einzuwirken. Sie konnte sich während des Vorstellungsgesprächs zu der Bewerbung des Klägers und dessen Konkurrenten sowie den Erfolgsaussichten äußern und wurde später über das Ergebnis des Auswahlverfahrens informiert. Die BVP hat zudem der Maßnahme zugestimmt (§ 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Eine Verletzung der Verfahrensbestimmungen des § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX scheidet hier nicht nur wegen der Erfüllung der Beschäftigungsquote für Schwerbehinderte gemäß § 71 SGB IX durch den Beklagten sondern auch aufgrund der Zustimmung der BVP aus.

54

Sind nach alledem keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen verfahrensrechtliche Bestimmungen zum Schutz schwerbehinderter Menschen erkennbar und stimmt zudem die Schwerbehindertenvertretung der personellen Maßnahme – zum Nachteil des Klägers – ausdrücklich zu, spricht dies indiziell gegen eine Diskriminierung des Klägers. Gleiches gilt auch für die Stellungnahme des Landesbeauftragten für Belange behinderter Menschen. Dieser hat in seinem Schreiben vom 23. November 2009 ausdrücklich ausgeführt, dass eine Verletzung der Rechte des Klägers als schwerbehinderter Mensch nicht erkennbar sei.

55

Schließlich kann nicht außer Acht bleiben, dass auch der BPR der personellen Maßnahme zum Nachteil des Klägers zugestimmt hat. Der BPR hat gemäß § 93 SGB IX die Eingliederung schwerbehinderter Menschen zu fördern. Er hat darauf zu achten, dass die dem Dienstherrn obliegenden gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt werden. Die Beteiligung des BPR ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Dieser war in den gesamten Entscheidungsprozess - wie die BVP - eingebunden. Insbesondere steht auch dem BPR kein allgemeines Einsichtsrecht in die Personalakten zu. Vielmehr bestimmt § 69 Abs. 3 Satz 4 des Landespersonalver-tretungsgesetzes, dass Personalakten nur mit Zustimmung der Beschäftigten und nur von den von ihnen bestimmten Mitgliedern der Personalvertretung eingesehen werden dürfen. Auch hier stellt die Zustimmung des BPR zur personellen Maßnahme für sich genommen gerade ein Indiz gegen die Benachteiligung des Klägers als schwerbehinderter Mensch dar.

56

Auch die vom Kläger behaupteten Verletzungen seiner Informationsrechte und die diskutierten Begründungsmängel lassen keine verfahrensrechtlichen Verstöße mit unmittelbarer oder mittelbarer Benachteiligungstendenz zum Nachteil des Klägers erkennen. Vielmehr fanden keine verfahrensrechtlichen Verstöße im obigen Sinne statt. So wurde der Kläger zum Vorstellungsgespräch geladen (§ 82 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Zwar wurde das Ergebnis des Auswahlverfahrens gegenüber dem Kläger nicht begründet (§ 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX). Selbst im Falle der Anwendbarkeit dieser Bestimmung im vorliegenden Verfahren sieht allerdings das Gesetz nicht zwingend eine schriftliche Begründung vor. Das Angebot zur mündlichen Erläuterung durch die Amtsleiterin wurde dem Kläger ausweislich des Vortrags der Beklagte und der vorgelegten Unterlagen zumindest im Rahmen eines (telefonischen) Gesprächs mit dem Personalreferenten beim AsA Landau unterbreitet. Hiervon hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht. Nimmt der Kläger aber die Gelegenheit nicht wahr, eine Begründung der Auswahlentscheidung zu erfahren, die diesem nicht in einem Schreiben, sondern von der Amtsleiterin selbst in einem persönlichen Gespräch unterbreitet werden soll, so kann er hieraus keine Indizwirkung im Sinne des § 22 AGG ableiten. Zudem wurde im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eine Begründung der Personalentscheidung gegeben. Der Umstand, dass die Amtsleiterin beim AsA Landau den Kläger anlässlich einer Jubiläumsfeier nicht über die maßgeblichen Personalerwägungen in Kenntnis gesetzt hat, beruhte – wie der Beklagte überzeugend ausgeführt hat – auf der Erwägung, dass ein dienstliches Jubiläum nicht der geeignete Zeitpunkt und Ort für ein den betroffenen Beamten tendenziell belastendes Personalgespräch ist.

57

Soweit der Kläger weitere Benachteiligungsindizien aus der Räumung seines Dienstzimmers und der Deaktivierung seines PC’s ableitet, sind diese Umstände ebenfalls nicht geeignet, eine Benachteiligung als schwerbehinderter Mensch zu indizieren. Denn beide Aspekte beruhten auf dem Umstand, dass der Kläger selbst durch seine Urlaubsplanung, die Inanspruchnahme des AZV-Tages sowie infolge seiner Erkrankung den nahtlosen Übergang in den Ruhestand beantragt hat. Der Beklagte durfte daher davon ausgehen, dass der Kläger nicht mehr auf der Dienststelle erscheinen und dementsprechend auch weder den dienstlichen PC noch sein Dienstzimmer zur Ausführung von Dienstgeschäften benötigen werde. Der Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass er aufgrund des aktuellen Bedarfs das Zimmer habe anderweitig belegen und den PC des Klägers daher deaktivieren müssen. Auch soweit der Kläger diskriminierende Indizien aus der postalischen Versendung seiner Ruhestandsurkunde abzuleiten versucht, vermittelt dies seinem Klagebegehren keinen Erfolg. Denn der Kläger hat durch den nahtlosen Übergang in den Ruhestand nach vorausgegangenen Urlaubs- und Krankheitszeiten selbst die Ursache gesetzt, dass die persönliche Aushändigung der Ruhestandsurkunde nicht erfolgte.

58

Zuletzt kann der Kläger auch aus der Begründung der Personalentscheidung keine Indizwirkung für eine kompensationsbedürftige Benachteiligung ableiten.

59

Zwar kommt es bei der Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG nicht darauf an, ob der Kläger bei einer benachteiligungsfreien Personalentscheidung im Auswahlverfahren hätte berücksichtigt werden müssen. Aber die zur Begründung der Auswahlentscheidung angeführten Aspekte lassen keine, vom Ergebnis des Auswahlverfahrens losgelöste Diskriminierung erkennen. So hat sich der Beklagte darauf berufen, dass seine Personalentscheidung auf dem Prinzip der Bestenauslese beruhe. Der Kläger hat keinerlei Indizien aufgezeigt, die geeignet wären, aus dem unter Beachtung des Artikel 33 Abs. 5 Grundgesetz durchgeführten Entscheidungsprozess eine benachteiligungsrelevante Tendenz im Sinne des AGG abzuleiten. Die von dem Beklagten zugrunde gelegten Entscheidungskriterien entfalten, gemessen an der Ausschreibung des Dienstpostens, keine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung i.S.d. § 3 AGG. Auch der zur Akte genommene Vermerk mündet in der Einschätzung, dass alle am Vorstellungsgespräch teilnehmenden Akteuren zur Auffassung gekommen seien, dass der Konkurrent R und der ebenfalls schwerbehinderte Konkurrent Z. im Ranking vor dem Kläger stehen. Die hierzu von dem Beklagten gemachten Ausführungen hinsichtlich der Aspekte Führungskompetenz und Stressresistenz lassen jedenfalls keine diskriminierende Tendenz im Sinne der §§ 1 und 2 AGG erkennen.

60

Zuletzt bietet auch die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, keinen Anhaltspunkt für eine über den Wortlaut des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes hinausgehende Erweiterung der Schadensersatz- und Entschädigungstatbestände.

61

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

62

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt den §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

63

Beschluss

64

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 65.746,98 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

65

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit derBeschwerde angefochten werden; hierbei bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.