Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 15. Mai 2014 - 2 K 36/12

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2014:0515.2K36.12.0A
bei uns veröffentlicht am15.05.2014

Tatbestand

1

Die Antragstellerin, eine dem Landkreis Harz angehörende Gemeinde mit derzeit ca. 20.000 bis 21.000 Einwohnern, wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen Bestimmungen der am 12.03.2011 in Kraft getretenen Verordnung über den Landesentwicklungsplan Sachsen-Anhalt 2010 (LEP 2010), insbesondere Regelungen über Zentrale Orte und großflächigen Einzelhandel.

2

Die von der Antragstellerin beanstandeten Festlegungen in Abschnitt 2.1 des Textteils des LEP 2010 haben folgenden Wortlaut:

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Z 25
Die Zentralen Orte sind so zu entwickeln, dass sie ihre überörtlichen Versorgungsaufgaben für ihren Verflechtungsbereich erfüllen können. Zentrale Einrichtungen der Versorgungsinfrastruktur sind entsprechend der jeweiligen zentralörtlichen Funktionen zu sichern.

4

Z 30
Die Ober- und Mittelzentren übernehmen gleichzeitig die Aufgaben der Zentralen Orte der niedrigeren Stufen für die entsprechenden Verflechtungsbereiche.

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Z 33
Oberzentren sind als Standorte hochwertiger spezialisierter Einrichtungen im wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, wissenschaftlichen und politischen Bereich mit überregionaler und zum Teil landesweiter Bedeutung zu sichern und zu entwickeln. Mit ihren Agglomerationsvorteilen sollen sie sich auf die Entwicklung ihrer Verflechtungsbereiche nachhaltig auswirken. Sie sollen darüber hinaus als Verknüpfungspunkte zwischen großräumigen und regionalen Verkehrssystemen wirken.

6

Z 34
Mittelzentren sind als Standorte für gehobene Einrichtungen im wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Bereich und für weitere private Dienstleistungen zu sichern und zu entwickeln. Sie sind Verknüpfungspunkte der öffentlichen Nahverkehrsbedienung und sollen die Verbindung zum regionalen und überregionalen Verkehr sichern.

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Z 35
Grundzentren sind als Standorte zur Konzentration von Einrichtungen der überörtlichen Grundversorgung mit Gütern und Dienstleistungen sowie der gewerblichen Wirtschaft zu sichern und zu entwickeln. Sie sind In das Netz des öffentlichen Personennahverkehrs einzubinden.

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Z 38
Folgende Grundzentren übernehmen aufgrund ihrer räumlichen Lage im Siedlungsgefüge insbesondere aufgrund von Defiziten in der Erreichbarkeit eines Mittelzentrums für die Bevölkerung Teilfunktionen eines Mittelzentrums:

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1. Hansestadt Gardelegen

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2. Genthin

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3. Hansestadt Havelberg

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4. Hansestadt Osterburg (Altmark)

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5. Jessen (Elster)

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Der Zentrale Ort soll durch die Regionalplanung im Einvernehmen mit den Städten räumlich abgegrenzt werden.

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Begründung:

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Im Verflechtungsbereich einiger Mittelzentren in ländlichen Regionen sind Defizite bei ihrer Erreichbarkeit festzustellen. Aus diesem Grund wird den leistungsstärksten Grundzentren, die in ihrer Region auch über eine gewisse Arbeitsplatzzentralität verfügen, die Teilfunktion eines Mittelzentrums zur Sicherung der Daseinsvorsorge übertragen. Sie sollen damit einen besonderen Beitrag zur Regionalentwicklung leisten.

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Grundzentrum mit Teilfunktion eines Mittelzentrums ist jeweils der im Zusammenhang bebaute Ortsteil als zentrales Siedlungsgebiet der Stadt einschließlich seiner Erweiterungen im Rahmen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Die räumliche Abgrenzung soll durch die Regionalplanung im Einvernehmen mit den Städten vorgenommen werden.

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Im Falle, dass das Einvernehmen nicht hergestellt werden kann, hört die oberste Landesplanungsbehörde die Beteiligten an. Kann auch hier keine Einigung erzielt werden, nimmt der Träger der Planung die räumliche Abgrenzung vor.

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Die räumliche Abgrenzung der Grundzentren mit Teilfunktion eines Mittelzentrums ist entsprechend der Planungsebene eine generalisierte Festlegung, die durch die Städte im Rahmen der Flächennutzungsplanung nach innen präzisiert werden kann.

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Der Plan enthält ferner folgenden Grundsatz der Raumordnung:

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G 14
Klötze, Wolmirstedt, Wanzleben, Blankenburg (Harz), Gräfenhainichen, Hettstedt, Querfurt und Hohenmölsen haben eine besondere Bedeutung für die Versorgung im ländlichen Raum.

22

Begründung:

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Im Landesentwicklungsplan des Landes Sachsen-Anhalt von 1999 waren diese Orte nach damaligem Gebietszuschnitt als Grundzentren mit Teilfunktion eines Mittelzentrums festgelegt. Tragfähigkeit und Erreichbarkeit der jetzt festgelegten Mittelzentren erfordern es nicht, dass die oben angegebenen Orte eine Entlastungsfunktion wahrnehmen. Im Gegenteil würden Teilfunktionen von Mittelzentren die Entwicklung der starken Versorgungskerne im Raum schwächen. Gleichwohl weisen sie Versorgungspotenziale auf, die für die langfristige Sicherung der qualitativ hochwertigen Grundversorgung im ländlichen Raum von Bedeutung sind.

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Die weiter von der Antragstellerin im Abschnitt 2.3 „Großflächiger Einzelhandel“ angegriffenen Festlegungen lauten wie folgt:

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Z 46
Die Ausweisung von Sondergebieten für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandeisbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Abs. 3 der Baunutzungsverordnung ist an Zentrale Orte der oberen oder mittleren Stufe zu binden. Die Ausweisung von Sondergebieten für eine spezifische Form großflächiger Einzelhandelsbetriebe, Hersteller-Direktverkaufszentren (Factory-Outlet-Center - FOC), ist nur an integrierten Standorten in Zentralen Orten der oberen Stufe (Oberzentren) vorzusehen und darf die Attraktivität der Innenstädte nicht gefährden.

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Z 47
Verkaufsfläche und Warensortiment von Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandeisbetrieben und sonstigen großflächigen Handelsbetrieben müssen der zentralörtlichen Versorgungsfunktion und dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen.

27

Z 48
Die in diesen Sondergebieten entstehenden Projekte

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1. dürfen mit ihrem Einzugsbereich den Verflechtungsbereich des Zentralen

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Ortes nicht wesentlich überschreiten,

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2. sind städtebaulich zu integrieren,

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3. dürfen eine verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung nicht gefährden,

32

4. sind mit qualitativ bedarfsgerechten Linienverkehrsangeboten des ÖPNV sowie mit Fuß- und Radwegenetzen zu erschließen,

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5. dürfen durch auftretende Personenkraftwagen- und Lastkraftwagenverkehre zu keinen unverträglichen Belastungen in angrenzenden Siedlungs-, Naherholungs- und Naturschutzgebieten führen.

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Z 49
Erweiterungen bestehender Sondergebiete für Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelsbetriebe sind auf städtebaulich integrierte Standorte in Zentralen Orten in Abhängigkeit des Verflechtungsbereiches des jeweiligen Zentralen Ortes zu beschränken.

35

Z 50
Nutzungsänderungen in bestehenden Sondergebieten für Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelsbetriebe an nicht städtebaulich integrierten Standorten dürfen nicht zulasten von innenstadtrelevanten Sortimenten an innerstädtischen Standorten erfolgen.

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Z 51
Bei planerischen Standortentscheidungen zugunsten von nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieben ist auch die kumulative Wirkung mit bereits am Standort vorhandenen Einrichtungen hinsichtlich der Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Zentralen Orte und ihrer Innenstadtentwicklung in die Bewertung einzubeziehen.

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Z 52
Die Ausweisung von Sondergebieten für großflächige Einzelhandelsbetriebe, die ausschließlich der Grundversorgung der Einwohner dienen und keine schädlichen Wirkungen, insbesondere auf die zentralen Versorgungsbereiche und die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung anderer Gemeinden oder deren Ortskerne erwarten lassen, ist neben den Ober- und Mittelzentren auch in Grundzentren unter Berücksichtung ihres Einzugsbereiches zulässig. Ausschließlich der Grundversorgung dienen großflächige Einzelhandelsbetriebe, deren Sortiment Nahrungs- und Genussmittel einschließlich Getränke und Drogerieartikel umfasst. Voraussetzung ist die Anpassung des grundzentralen Systems durch die Regionalen Planungsgemeinschaften an die Kriterien im Landesentwicklungsplan.

38

Begründung:

39

Die Zentralen Orte sind traditionell auch die zentralen Standorte des Einzelhandels.

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Zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse ist es Aufgabe der Zentralen Orte, entsprechend ihrer jeweiligen Zentralitätsstufe ausreichend Flächen für den Einzelhandel bereitzustellen, damit sich der Einzelhandel so entwickeln kann, dass die Bevölkerung (auch die nicht motorisierte) mit einem differenzierten und bedarfsgerechten Warenangebot in zumutbarer Erreichbarkeit versorgt werden kann. Dabei ist es die Aufgabe aller Zentralen Orte, in ihrem Verflechtungsbereich eine verbrauchernahe Grundversorgung zu sichern. Aufgrund des Einzugsbereiches von Einzelhandelsgroßprojekten sind diese an Ober- und Mittelzentren zu binden.

41

Die Entstehung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben, überwiegend am Rand von Gemeinden, in den vergangenen Jahren gefährdet in zunehmendem Maße die Entwicklung der Innenstadtbereiche der Ober- und Mittelzentren.

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Das Verfahren zur Aufstellung des LEP 2010 wurde wie folgt durchgeführt: Am 05.09.2006 beschloss die Landesregierung die Eröffnung des Verfahrens zur Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans 1999 (Band 20300 / 1, Bl. 61) und machte die allgemeine Planungsabsicht im Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt bekannt (Ausgabe Nr. 38/2006 vom 18.09.2006, Seite 611 [Band 20300 / 1, Bl. 55]). Am 22.07.2008 beschloss sie den ersten Entwurf des LEP 2010 (Beschluss: Band 20300 / 1 - 25, Bl. 3; erster Entwurf: Band 20300 / 1 - 30, Bl. 131) und führte das Beteiligungs- und Erörterungsverfahren durch (Stellungnahmen: mehrere Bände 20300 / 1 - 31; Dokumentation der Erörterungstermine am 05. und 07.05.2009: Band 20300 / 1 - 32). Die aufgrund der eingegangenen Hinweise und Stellungnahmen erfolgten Abwägungsvorschläge (Band 20300 / 1 - 35), die in einigen Punkten Änderungen enthalten, machte sie sich mit Beschluss vom 25.08.2009 (Band 20300 / 1 - 36, Bl. 1) zueigen und beauftragte das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr mit der Erarbeitung eines (geänderten) zweiten Entwurfs (Textteil: Band 20300 / 2 - 10, Bl. 5 ff., Zeichnerische Darstellung: ebd. Bl. 63). Diesen zweiten Entwurf einschließlich eines Umweltberichts (Band 20300 / 2 - 10, Bl. 64 ff.) beschloss sie am 29.09.2009 (Band 20300 / 2 - 20, Bl. 2) und führte auch hierzu das Beteiligungs- und Erörterungsverfahren durch (Nachweise des Versands am 21.10.2009: Band 20300 / 2 - 30; Stellungnahmen: mehrere Bände 20300 / 2 - 31; Dokumentation der Erörterungstermine am 04.05., 06.05. und 07.06.2010: Band 20300 / 2 - 40). Mit Beschluss vom 20.07.2010 (Band 20300 / 2 - 60, Bl. 1) machte sie sich die hierzu ergangenen Abwägungsvorschläge zueigen und beauftragte das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr mit der Fertigstellung. Es wurde ein „Verordnungsentwurf mit allen gemäß Abwägungsvorschlag beabsichtigten Änderungen vom 20.07.2010 verfasst (Band 20300 / 2 - 60, Bl. 329 ff.). Mit Beschluss vom 12.11.2010 (Band 20300 / 3 - 1, Bl. 6 f.) stellte der Landtag mit der Maßgabe einiger Änderungsvorschläge das Einvernehmen her. Am 14.12.2010 fasste die Landesregierung den Verordnungsbeschluss unter Übernahme dieser Änderungen (Band 20300 / 3 - 2, Bl. 8, Ablichtung des Textteils: Bl. 22 ff., der zeichnerischen Darstellung: Bl. 78, der zusammenfassenden Erklärung: Bl. 85 ff. und des Umweltberichts: Bl. 93 ff.). Der Plan wurde am 16.02.2011 ausgefertigt und am 11.03.2011 im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Sachsen-Anhalt bekannt gemacht (GVBl. LSA 2011, Ausgabe Nr. 6 vom 11.03.2011, S. 160).

43

Die streitgegenständliche Einordnung der Antragstellerin als Grundzentrum ohne die begehrte Teilfunktion als Mittelzentrum war bereits in den beiden Entwürfen enthalten (vgl. Textteil Seite 23 des ersten Entwurfs [Band 20300 / 1 - 30, Bl. 131] und Textteil Seite 21 f. des zweiten Entwurfs Band 20300 / 20 - 20, Bl. 40 mit den jeweiligen zeichnerischen Darstellungen).

44

Zum ersten Entwurf äußerte sich die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 25.10.2006 (Band 20300 / 1 - 1, Bl. 365) wie folgt: Sie sei nach den Vorgaben der Raumordnung als Grundzentrum mit Teilfunktion eines Mittelzentrums eingeordnet. Sie sei Trägergemeinde und Sitz der Verwaltungsgemeinschaft C-Stadt (Harz). Ihre derzeitigen Funktionen bestünden darin, Einrichtungen der überörtlichen Grundversorgung mit Gütern und Dienstleistungen sowie der gewerblichen Wirtschaft zu sichern und zu entwickeln. Infrastrukturelle Einrichtungen würden ausreichend vorgehalten. Darüber hinaus würden mittelzentrale Einzelfunktionen (gehobene bzw. überregionale Einrichtungen, Verknüpfungspunkt des öffentlichen Personennahverkehrs und Anbindung an das überörtliche Verkehrsnetz) übernommen und weiterhin gestärkt. Dazu seien beispielhaft die zahlreichen Kindertagesstätten und Bildungseinrichtungen aller Schulformen einschließlich langfristig gesichertem Gymnasialstandort, das Studieninstitut des Landes Sachsen-Anhalt, weitere private und sonstige Bildungs- und Fortbildungsträger, das „Harz-Klinikum Wernigerode-Blankenburg“, die „Fachklinik Teufelsbad“ (Rehabilitationseinrichtung) und ambulante Versorgungsstationen, das Einkaufszentrum im nördlichen Stadtgebiet zur überörtlichen Versorgung, Gewerbegebiete als Zentren der gewerblichen Ansiedlungen, vielfältige Vereins- und Sporteinrichtungen, das soziokulturelle Zentrum „Georgenhof“ sowie überregionale kulturelle und touristische Einrichtungen genannt. Eine nachhaltige Stadtentwicklung werde durch den Ausbau wichtiger Straßen, Plätze und Kurachsen sowie die Sanierung einer Vielzahl von Objekten und Lücken- bzw. Ersatzneubau von Gebäuden vollzogen. Große Bedeutung hätten die Gestaltungsmaßnahmen in den barocken Gärten, im Schlosspark und im Tierpark erlangt. Ein weiterer Baustein dieser Entwicklung bilde die begonnene Revitalisierung von Industriebrachen. C-Stadt sei durch die Bundesstraßen B 6, B 27, und B 81 sehr gut in das übergeordnete Straßennetz integriert und besitze eine direkte Anbindung über die B 6n an das Autobahnnetz. Die Stadt fungiere auch als Verknüpfungspunkt von Bus und Bahn für den ÖPNV. Für die weitere Entwicklung könnten ausreichende Gewerbe- und Wohnbaulandflächen bereitgestellt werden. Aufgrund der bisherigen Stadtentwicklung und festgeschriebener Entwicklungsziele (Kur-, Tourismus- und Wirtschaftsstandort) strebe sie die Einstufung als Mittelzentrum an. Dies sei bei der Fortschreibung/Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans zu berücksichtigen.

45

Im Abwägungsvorschlag des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr vom 18.08.2009 zum ersten Entwurf (Band 20300 / 1 - 36, Bl. 48 ff.), finden sich folgende Ausführungen (Band 20300 / 1 - 36, Bl. 88 und 110): Auf die Festlegung von Teilfunktionen sei konsequent verzichtet worden. Teilfunktionen seien in wenigen Ausnahmefällen dann festgelegt worden, wenn die Bevölkerung das nächstgelegene Oberzentrum bzw. Mittelzentrum nicht in angemessener Zeit erreichen könne. Das sei im angesprochenen Bereich nicht der Fall. Die benannten Orte mit besonderer Bedeutung für die Versorgung im ländlichen Raum im Entwurf des LEP 2010 seien im gültigen LEP als Grundzentrum mit Teilfunktion eines Mittelzentrums festgelegt. Die Festlegungen bezüglich ihrer besonderen Bedeutung würden im zweiten Entwurf präzisiert werden.

46

Nach Auslegung des zweiten Entwurfs wiederholte die Antragstellerin mit Schreiben vom 11./16.12.2009 (Band 20300 / 2 - 31, Gemeinden A - E) Bl. 164 ff.) ihre Forderung, sie als Grundzentrum mit Teilfunktion eines Mittelzentrums im Einzelfall festzusetzen und damit den bisherigen zentralörtlichen Status beizubehalten. Zur Begründung führte sie ergänzend an, neben der Bevölkerungsentwicklung und der räumlichen Lage im Siedlungsgefüge bzw. der Erreichbarkeit seien auch die bereits bestehenden, von der Bevölkerung der Region genutzte Funktionsverteilung und Leistungsfähigkeit der Stadt zu berücksichtigen. Als Besonderheit sei weiter zu berücksichtigen, dass der Landkreis Harz der einwohnerstärkste Landkreis in Sachsen-Anhalt sei. Aus der Gemeindegebietsreform sei die Einheitsgemeinde C-Stadt (Harz) gestärkt hervorgegangen. Sie erhalte neben der Erhöhung der Einwohnerzahl (22.351 am 31.12.2008) eine verstärkte Verwaltungsfunktion, so zusätzlich für D.. Aufgrund der geografischen Lage zwischen den beiden Mittelzentren Wernigerode und Quedlinburg und einem Mittelzentrum mit Teilfunktion eines Oberzentrums (Halberstadt) dürfe für ihre weitere Entwicklung kein Nachteil entstehen. Sie werde insbesondere hinsichtlich der Arbeitsplatzzentralität und der Sicherstellung der zentralen infrastrukturellen Versorgungseinrichtungen der Einstufung als Grundzentrum mit Teilfunktion eines Mittelzentrums vollends gerecht und sei auch zukünftig in der Lage, diese Funktion zu erfüllen. Es befänden sich mittelzentrumstypische Einrichtungen auf ihrem Gebiet. Aufgrund der verkehrsinfrastrukturellen Erschließung des Mittel- bis Oberharzes vor allem durch die B 81 könnten durch eine Zuordnung der mittelzentralen Funktion Erreichbarkeitsdefizite minimiert werden. Ähnlich sei bereits im Landesentwicklungsplan mit Jessen verfahren worden, wobei diese Stadt weniger Einwohner (14.400 EW, Stand: 31.12.2008) habe.

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Im Abwägungsvorschlag des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr vom 26.03.2010 zum zweiten Entwurf (Band 20300 / 2 - 33, Erörterungstabelle Gliederungspunkt 1 - 3) heißt es wiederum, auf die Festlegung von Teilfunktionen sei konsequent verzichtet worden. Teilfunktionen seien in wenigen Ausnahmefällen dann festgelegt worden, wenn die Bevölkerung ein Oberzentrum oder Mittelzentrum nicht in angemessener Zeit erreichen könne. Erreichbarkeitsprobleme gebe es in dieser Region nicht. Der Weiterbestand vorhandener Versorgungseinrichtungen sei davon nicht betroffen.

48

Am 28.02.2012 hat die Antragstellerin beim erkennenden Gericht das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Zur Begründung trägt sie vor:

49

Auf Grund der fehlerhaften Zuweisung zentralörtlicher Funktionen könne sie geltend machen, einen Abwehranspruch gegen unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf die kommunale Planungshoheit zu besitzen. Dieser Abwehranspruch könne sich auch gegen einzelne Ziele der Raumordnung richten.

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Da der LEP 2010 am 11.03.2011 ohne Hinweis darauf bekannt gemacht worden sei, dass bestimmte Mängel des Plans unbeachtlich seien oder dass für beachtliche Mängel eine Ausschlussfrist von einem Jahr gelte, seien sämtliche formellen und materiellen Mängel des LEP 2010 auch weiterhin rügefähig.

51

Der LEP 2010 leide an beachtlichen Verfahrensmängeln. Der Plan sei insbesondere deshalb unwirksam, weil er ohne erneute Beteiligung nach § 10 Abs. 1 Satz 4 des Raumordnungsgesetzes in der seit dem 30.06.2009 geltenden Fassung (ROG) geändert worden sei. Auch die Träger öffentlicher Belange seien bei diesem Entwurf nicht gemäß § 10 Abs. 1 Satz 4 ROG beteiligt worden. Die Vorschrift über die Beteiligung bei einer Änderung des Plans in § 10 Abs. 1 ROG und die Vorschriften über die Planerhaltung gemäß § 12 ROG seien für das vorliegende Planungsverfahren maßgeblich. Der Antragsgegner habe sich dafür entschieden, das Verfahren nach den Vorschriften des neuen ROG fortzusetzen. Dies ergebe sich aus den Bezugnahmen auf das neue Gesetz in der Begründung des LEP 2010 sowie aus der Nennung der Rechtsgrundlagen. Der Antragsgegner habe das neue ROG tatsächlich auch zur Grundlage seiner Planung gemacht. Der Verweis darauf finde sich etwa im Ziel Z 26 mit der Bezugnahme auf § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG sowie unter 4. „Ziele und Grundsätze zur Entwicklung der Freiraumstruktur“ (S. 49), unter 5. „Vorgesehene Maßnahmen zur Überwachung der erheblichen Umweltauswirkungen“ (S. 88), unter 9. „Überwachungsmaßnahmen“ (S. 157) sowie betreffend die Luftverunreinigungen (S. 103), den Hochwasserschutz (S. 104) und die FFH-Verträglichkeitsprüfung (S. 141). Abgesehen davon sei die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und Personen des Privatrechts auch nach § 3 Abs. 15 des Landesplanungsgesetzes (LPlG LSA) sowie jedenfalls aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlich gewesen. Ohne die erforderliche Beteiligung sei der Plan verfahrensfehlerhaft. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 ROG liege ein zur Unwirksamkeit des Planes führender Verfahrensmangel vor, wenn eine Beteiligung vollständig unterblieben sei. Dies gelte auch für die abermalige Beteiligung i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 4 ROG. Der Fehler führe nicht nur zur Teilunwirksamkeit des Planes. Die letzte Änderung des LEP 2010 diene gerade dazu, das Einvernehmen mit dem Landtag herzustellen. Der Plan sei auch insoweit fehlerhaft zustande gekommen, als die Anregungen und Bedenken der Beteiligten in Bezug auf die Änderungen nach der Auslegung und Erörterung des zweiten Entwurfs nicht mit den Beteiligten erörtert worden seien. Auch sei die Umweltprüfung ohne ausreichende Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt worden,

52

Der LEP 2010 leide ferner an erheblichen Abwägungsmängeln. Die Antragstellerin erfülle die Funktion eines Mittelzentrums uneingeschränkt und könne dies auch zukünftig tun. Sie habe mit mehr als 22.000 Einwohnern das Potenzial, die notwendigen Einrichtungen der Daseinsvorsorge vorzuhalten und die zugehörigen Versorgungsfunktionen zu erfüllen. Der Entzug der Teilfunktionen eines Mittelzentrums werde dem nicht gerecht und erweise sich als unverhältnismäßiger Eingriff in ihre Planungshoheit und das Selbstverwaltungsrecht. Der Antragsgegner habe die Bedeutung dieser Herabstufung nicht vollständig erfasst und fehlerhaft gewürdigt. Werde eine Gemeinde nicht als Oberzentrum, sondern als Mittelzentrum oder gar nur als Grundzentrum eingestuft, schränke die Landesplanung dadurch die Planungshoheit und städtebauliche Entwicklung der Gemeinde erheblich ein, weil sie ihre Planung an die Ziele der Raumordnung anpassen müsse. Dies ergebe sich hier beispielhaft daraus, dass nach den planerischen Vorgaben etwa Krankenhäuser in den Ober- und Mittelzentren angesiedelt sein sollen sowie aus den Einschränkungen für die Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel in den Zielen Z 46 bis Z 52. Derartige Beschränkungen der Planungshoheit der Gemeinden durch Ziele der Raumordnung seien nur zulässig, wenn sie durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt seien. Damit stehe die landesplanerische Entscheidung, die Teilfunktionen eines Mittelzentrums zu entziehen, unter einem Rechtfertigungszwang. Die Rechtfertigung dafür müsse sich aus dem System der zentralen Orte ergeben, die der Plangeber dem Landesentwicklungsplan zugrunde gelegt habe. Wie eine Gemeinde einzustufen sei, ergebe sich aus den vorhandenen Einrichtungen einer Gemeinde und einer Prüfung, ob sie die Merkmale eines Ober,- Mittel- oder Grundzentrums erfülle. Die Planung des Antragsgegners erweise sich als widersprüchlich und wenig konsistent. Wie den Zielen Z 37 und Z 38 des LEP 2010 zu entnehmen sei, weiche der Plangeber bei seiner Einstufung von den eigenen Definitionen des Ober,- Mittel- oder Grundzentrums in der Begründung zu Z 33 bis Z 35 ab. So stufe er etwa die Stadt Haldensleben als ein Mittelzentrum ein, obwohl diese Stadt weniger als 20.000 Einwohner besitze. Entscheidend dafür, dass die Stadt Haldensleben gleichwohl mittelzentrale Versorgungsfunktionen erfüllen solle, sei der vom Antragsgegner unterstellte Umstand, dass die Stadt langfristig für einen tragfähigen Versorgungsbereich Aufgaben wahrzunehmen habe, weil anders die Erreichbarkeit mittelzentraler Versorgungsfunktionen im umgebenden ländlichen Raum nicht gewährleistet werden könne. Der Antragsgegner benenne damit Funktionen, die nicht den von ihm vorgegebenen Kriterien für die Einstufung einer Gemeinde als Mittelzentrum entsprächen. Ebenso widersprüchlich verhalte sich der Antragsgegner bei der Einstufung von Grundzentren. Auf der Ebene der Grundzentren übernähmen die in Z 38 genannten Gemeinden die Teilfunktionen von Mittelzentren, um dadurch Defizite bei der Erreichbarkeit von mittelzentralen Versorgungsfunktionen zu erfüllen. Diese Defizite seien nach der Definition für die zentralörtliche Einstufung jedoch unerheblich. Die Begründung, dass es für den Versorgungsbereich der Antragstellerin keine Probleme bei der Erreichbarkeit eines Oberzentrums bzw. Mittelzentrums gebe und auf die Festlegung von Teilfunktionen konsequent verzichtet worden sei, sei nicht tragfähig. Zum einen treffe es nicht zu, dass der Plangeber auf Teilfunktionen konsequent verzichtet habe, was sich aus Z 38 ergebe. Danach würden die dort aufgeführten fünf Grundzentren mit Teilfunktionen eines Mittelzentrums ausgestattet. Die Lösung von Erreichbarkeitsproblemen sei nicht Merkmal der Definition eines Mittelzentrums und auch nicht maßgebend dafür, wie zentrale Orte zu entwickeln seien. Nach Z 24 und Z 25 solle einerseits die Entwicklung und Sicherung von Zentralen Orten die öffentliche Daseinsvorsorge gewährleisten; anderseits seien solche Orte zu entwickeln, um überörtliche Versorgungsaufgaben für ihren Verflechtungsbereich erfüllen zu können. Dieses System der zentralen Orte solle nach Z 27 ein ausgeglichenes und gestuftes Netz an Ober-, Mittel- und Grundzentren entstehen lassen bzw. erhalten. Folglich könnten die Funktionszuweisungen für die Zentralen Orte soweit ausgedehnt werden, wie dies mit einem ausgeglichenen und gestuften Netz an Ober-, Mittel- und Grundzentren vereinbar sei. Unerheblich sei auch, ob Tragfähigkeit und Erreichbarkeit der festgelegten Mittelzentren es erforderten, dass die in G 17 genannten Gemeinden und Städte - wie zuvor auch - mit Teilfunktionen eines Mittelzentrums ausgestattet seien. Denn auch wenn diese Zuweisung von Teilfunktionen nicht erforderlich sei, folge daraus nicht zwangsläufig, dass der Entzug der Teilfunktion verhältnismäßig sei. Allein die Nichterforderlichkeit einer Funktion begründe kein überörtliches Interesse von höherem Gewicht, welches den Eingriff in die Planungshoheit in Gestalt des Entzugs einer Teilfunktion rechtfertige. Zu rechtfertigen sei der Entzug der Teilfunktion von Mittelzentren allenfalls dann, wenn bei Beibehaltung der Teilfunktionen eines Mittelzentrums die Entwicklung der starken Versorgungskerne im Raum geschwächt werden würde. Dafür allerdings gebe der Antragsgegner im LEP 2010 und in seiner Begründung sowie in den Verfahrensunterlagen keine Anhaltspunkte. Die Wahrnehmung von Versorgungs- und Verwaltungsfunktionen in den umliegenden Orten werde durch die Einstufung der Antragstellerin als Mittelzentrum oder durch die Zuweisung von Teilfunktionen eines Mittelzentrums nicht beeinträchtigt oder gar eingeschränkt. Sie erfülle die Mittelzentrumsfunktionen und die zugehörigen Verwaltungsaufgaben bereits seit vielen Jahren. Die über die Jahrzehnte aufgebaute Infrastruktur erweise sich in sämtlichen Zentralen Orten der Umgebung als äußerst stabil. Die dort vorhandenen Strukturen seien in der Zeit kontinuierlich gewachsen. Es sei nicht zu erwarten und auch nicht ersichtlich, dass die mittelzentrale Funktion einen Funktionsverlust für die umgebenden Orte nach sich ziehen könnte. Vielmehr habe es der Entwicklung der benachbarten Mittelzentren bisher nicht geschadet, dass auch die Antragstellerin die Teilfunktion eines Mittelzentrums innegehabt habe. Dass dies künftig anders sein könnte oder sollte, erschließe sich weder aus dem LEP 2010 noch aus dessen Begründung und auch nicht aus den Verfahrensunterlagen. Dass auch der Antragsgegner Teilfunktionen ohne Rücksicht auf die angegebene Zentrenstruktur, sondern allein unter dem Gesichtspunkt der bereits vorhandenen Funktionen zuerkannt habe, zeige sich bei der Übertragung von Teilfunktionen eines Oberzentrums auf die Stadt Halberstadt. Diese Teilfunktionen seien verliehen worden, obwohl zwischenzeitlich durch den Neubau der B 6n die Stadt Halberstadt an die Oberzentren Magdeburg und Halle gut angebunden sei, so dass jedenfalls das Oberzentrum Magdeburg innerhalb von 60 Minuten erreicht werden könne und sich keine Erreichbarkeitsprobleme ergäben.

53

Die Einstufung der Stadt Quedlinburg als Mittelzentrum, der Antragstellerin hingegen nur als Grundzentrum sei schließlich auch deshalb abwägungsfehlerhaft, weil beide Gemeinden die Voraussetzungen eines Mittelzentrums erfüllten und sie, die Antragstellerin, eine höhere Einwohnerzahl habe als Quedlinburg. Zudem besitze die als Mittelzentrum anerkannte Stadt Quedlinburg vergleichbar vielfältige Funktionen wie die Antragstellerin nicht. Die Stadt Quedlinburg sei auch wesentlich kleiner als die Antragstellerin. Dies sei u.a. darauf zurückzuführen, dass das Verfassungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt die Eingemeindungen der Gemeinde Rieder und Bad Suderode sowie der Stadt Gernrode für unwirksam erklärt habe. Der Plangeber sei daher betreffend die Einstufung der Stadt Quedlinburg als Mittelzentrum von fehlerhaften Annahmen ausgegangen. Abwägungsfehlerhaft sei insbesondere, dass der Antragsgegner bei der Bewertung von Funktionen für die Einstufung einer Gemeinde als Ober,- Mittel- oder Grundzentrum auf den Zustand der Städte und Gemeinden zu Beginn der Planaufstellung abstelle und die zwischenzeitliche Gemeindegebietsreform nicht in die Planung einfließe. Die Änderungen in der Versorgungsstruktur der Gemeinden und Gebiete würden nicht zur Kenntnis genommen.

54

Der LEP 2010 sei auch deshalb abwägungsfehlerhaft, weil die Ziele Z 46 bis Z 52 zu einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung zentraler Orte der unteren Stufe führten. Die sich aus dem Ziel Z 46 ergebenden Folgen bekomme sie schon jetzt zu spüren, weil ihr bei der Aufstellung ihres Flächennutzungsplans die Darstellung der Sonderbauflächen unter Hinweis auf den angegriffenen Plan untersagt worden sei. Dadurch werde sie in unverhältnismäßiger Weise in ihrer kommunalen Planungshoheit beschränkt. Für Einzelhandelsbetriebe dieser Größenordnung sei nicht ersichtlich, dass sie das Zentrale-Orte-Prinzip stören oder Lücken in das geplante Versorgungsnetz reißen könnten; zumal Auswirkungen i.S.v. § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO nur für Einzelhandelsbetriebe – widerlegbar – vermutet würden, die eine Geschossfläche von mehr als 1.200 m² besitzen. Der Plangeber übersehe auch, dass Einzelhandelsbetriebe i.S.v. § 11 Abs. 3 BauNVO in Grundzentren lediglich zur Versorgung der im Grundzentrum ansässigen Bevölkerung dienten, wenn sie zwar mehr als 800 m² Geschossfläche aufweisen, aber weniger als 1.200 m² Geschossfläche besitzen. Darüber hinaus gefährdeten oder beeinträchtigten derartige großflächige Einzelhandelsbetriebe jedenfalls in Gemeinden, die ihre Einwohnerzahl aufweisen, die zentralörtlichen Versorgungsfunktionen nicht. Diese übermäßige Beschränkung ihrer städtebaulichen Entwicklung werde auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass nach Z 52 die Ausweisung von Sondergebieten für großflächige Einzelhandelsbetriebe auch in Grundzentren unter Berücksichtigung ihres Einzugsbereiches zulässig sei. Voraussetzung dafür, dass die Gemeinde diese Zielaussage für sich in Anspruch nehmen könne, sei, dass das grundzentrale System durch die Regionale Planungsgemeinschaft an die Kriterien im Landesplan angepasst sei. Da aber im LEP 2010 nicht sichergestellt sei, dass im Zeitpunkt seines Inkrafttretens diese Anpassung bereits erfolgt sei, bestehe jedenfalls für den Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten des LEP 2010 und dem Wirksamwerden eines Regionalplanes die Möglichkeit, dass ihr die Ausweisung von Sondergebieten für den großflächigen Einzelhandel untersagt sei. Für diese zeitweilige Blockade der kommunalen Bauleitplanung sei ein Rechtfertigungsgrund nicht ersichtlich. Darüber hinaus erwiesen sich die Ziele Z 46 und Z 52 als ungeeignet, um die Vorstellungen des Plangebers von der zentralörtlichen Gliederung zu erreichen. Er übersehe, dass großflächiger Einzelhandel nicht nur in Sondergebieten, sondern auch in Kerngebieten planungsrechtlich zulässig sei.

55

Ausgehend von der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts seien zudem die Ziele Z 25, 30, 33, 34, 47, 48 und 52 des LEP 2010 zu unbestimmt. Die Begründungen zu den Zielen Z 33 und 34 seien unergiebig, weil sie sich auf Versorgungsbereiche bezögen. Die Ziele gingen in ihren Aussagen bezüglich der genannten Einrichtungen weit über die Versorgungsbereiche hinaus. Vor allem aber lasse die beispielhafte Aufzählung keinen Schluss auf eine Differenzierung im Einzelhandelsbereich zu. Damit seien diese Ziele und alle nachfolgenden Ziele, die die Ansiedlung des großflächigen Einzelhandels beträfen, unwirksam. Dies führe zur gesamten Nichtigkeit des LEP 2010.

56

Die Antragstellerin beantragt,

57

den LEP 2010 für unwirksam zu erklären.

58

Der Antragsgegner beantragt,

59

den Antrag abzulehnen.

60

Er trägt vor: Nach den Regelungen des § 9 LPIG LSA sei ein Hinweis auf die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften nicht vorgeschrieben. Die Antragstellerin übergehe zudem die Regelungen des § 28 Abs. 2 ROG, der Anwendungsvorschriften zur Planerhaltung für die Raumordnung in den Ländern enthalte und im Verhältnis zu § 28 Abs. 3 ROG lex specialis sei.

61

Die fehlende erneute Beteiligung sei nicht verfahrensfehlerhaft gewesen. Da das Verfahren zur Aufstellung des LEP 2010 am 05.09.2006 durch Bekanntmachung der allgemeinen Planungsabsichten der Landesregierung im Ministerialblatt des Landes Sachsen-Anhalt und damit vor dem 30.06.2009 förmlich eingeleitet worden sei, werde gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 ROG das Aufstellungsverfahren nach den bis zum 29.06.2009 geltenden Raumordnungsgesetzen von Bund und Ländern abgeschlossen. Zwar bestehe nach § 28 Abs. 1 Satz 2 ROG für den Plangeber ein Wahlrecht zur Umstellung des Planaufstellungsverfahrens auf das neue Recht des ROG; allerdings bedürfe es dafür einer entsprechenden ausdrücklichen Willensbekundung. An einer solchen fehlt es hier. Die Verordnung über den LEP 2010 sei gemäß den Angaben in der Einleitung ausschließlich gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 LPIG LSA erlassen worden. Die Ermächtigungsgrundlage stütze sich somit ausschließlich auf Landesrecht; eine Bezugnahme auf die seit 30.06.2009 unmittelbar geltenden § 8 ff. ROG fehle. Aus verschiedenen Stellen in der Begründung zum LEP 2010 ergebe sich nichts Gegenteiliges. Der in der Begründung zum Ziel Z 26 enthaltene Verweis auf § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG betreffe das ROG alter Fassung. Es werde der früher geltende Wortlaut dieses Grundsatzes der Raumordnung verwendet, wonach die Siedlungsstruktur „auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten“ sei. In der Begründung zu Kapitel 4 werde zwar das neue ROG angeführt. Allerdings ergebe sich bereits aus dem darauf folgenden Satz, wonach für die Aufstellung von Regionalplänen die §§ 6, 7, 8 i.V.m. § 3 des LPIG LSA gelten, dass der Plangeber weiterhin das LPIG LSA anwende.

62

Abwägungsmängel lägen nicht vor. Der erstmals im Normenkontrollverfahren vorgebrachte Einwand, dass die Antragstellerin in tatsächlicher Hinsicht die Funktion eines Mittelzentrums uneingeschränkt erfülle und zukünftig erfüllen könne, sei nach der Beschlussfassung über den LEP 2010 im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren nicht zu berücksichtigen. Die Antragstellerin habe in beiden Beteiligungsverfahren lediglich vorgetragen, dass sie die Teilfunktionen eines Mittelzentrums erfülle und weiterhin erfüllen könne. Auch der frühere Landkreis Wernigerode und die Regionale Planungsgemeinschaft Harz hätten sich in beiden Beteiligungsverfahren nur für eine Beibehaltung der Teilfunktionen eines Mittelzentrums ausgesprochen. Unabhängig davon habe die Antragstellerin im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Raumordnungsplan in maßgeblichen Bereichen die Funktionen eines Mittelzentrums nicht erfüllt und erfülle sie auch heute nicht. Die Einrichtungen der Antragstellerin entsprächen nur in Teilen denen eines Mittelzentrums. Er habe die tatsächlich bestehende Bedeutung der Antragstellerin und ihren Vortrag in den Beteiligungsverfahren vollständig und fehlerfrei erfasst, ihre Belange in die Abwägungsvorschläge eingestellt und mit dem ihnen zukommenden Gewicht abgewogen. Das Ergebnis der planerischen Abwägung mit dem Entzug der Teilfunktionen eines Mittelzentrums sei verhältnismäßig und verletze das Selbstverwaltungsrecht der Antragstellerin nicht. Bereits aus den gesetzlichen Vorgaben in § 2 b Abs. 1 LPlG LSA werde ersichtlich, dass für die Auswahl der Zentralen Orte zwei Kriterien beispielhaft vorgegeben würden: die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Zentralen Ortes selbst und seine Erreichbarkeit für die Einwohner seines Verflechtungsbereiches. Auf Grund der Verwendung des Wortes „insbesondere“ könnten auch weitere Kriterien herangezogen werden. Demgemäß greife der Ausgangspunkt der Antragstellerin zu kurz, die Einstufung bestimme sich nur danach, ob die vorhandenen Einrichtungen die Merkmale der Definition eines Zentralen Ortes erfüllten. Darüber hinaus werde aus dem gesetzlichen Regelungssystem ersichtlich, dass es nicht nur um eine Auswahl Zentraler Orte gehe, sondern ein dreistufiges System Zentraler Orte festzulegen sei, bei dem neben tatsächlichen Faktoren auch (raumordnungs-)planerische Belange und Ziele eine Rolle spielten. Eine erneute Einstufung der Antragstellerin mit Teilfunktionen eines Mittelzentrums sei nicht (mehr) in Betracht gekommen. Sie habe mit rund 15.000 Einwohnern schon zu Beginn der Aufstellung des LEP 2010 nicht die Vorgaben erfüllt, die dafür maßgeblich gewesen seien, Gebietskörperschaften als mittelzentrale Orte in Betracht zu ziehen. Ein maßgeblicher Faktor hierfür sei die Einwohnerzahl im zentralen Siedlungsgebiet, nicht in der kommunalen Gebietskörperschaft. Gemäß dem Konzept der Zentralen Orte im LEP 2010 hätten danach in der Regel mindestens 20.000 Einwohner im zentralen Siedlungsgebiet vorhanden sein müssen. Die in 12 bzw. 13 km Entfernung liegenden in Mittelzentren Wernigerode, Quedlinburg und Halberstadt hätten zu diesem Zeitpunkt alle die Regel-Mindestgröße erfüllt. Zuwächse einer kommunalen Gebietskörperschaft in der Einwohnerzahl durch Eingemeindungen im Rahmen der Gemeindegebetsreform seien folglich von vornherein ohne Bedeutung. Die Antragstellerin habe – wie andere Gemeinden auch – durch die Eingemeindungen Siedlungsgebiete ehemaliger Gemeinden hinzugewonnen. Diese lägen jedoch immer außerhalb ihres zentralen Siedlungsgebiets. Er habe die mit der Gemeindegebietsreform verbundene Änderung der Gebiete und Einwohnerzahlen im Rahmen der Beschlussfassung über den LEP 2010 bei seiner Abwägungsentscheidung betrachtet. Da es um die Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge gehe, habe er für die Auswahl der grundsätzlich in Betracht kommenden Zentralen Orte mehrere inhaltliche Kriterien herangezogen, wie die Tragfähigkeit des Verflechtungs- bzw. Einzugsbereichs des Zentralen Orts, eine zeitgerechte Erreichbarkeit aus dem Verflechtungs- bzw. Einzugsbereich und ein gewisses Eigenpotenzial an Einwohnern des Zentralen Orts, um die überörtlichen Versorgungseinrichtungen auf längere Sicht aufrecht erhalten zu können. Diese Kriterien und die weiteren maßgeblichen Faktoren wie die räumliche Situationsgebundenheit, die Sicherung einer gleichmäßigen Verteilung bzw. Verteilungsgerechtigkeit im Gesamtraum und dessen finanzielle Leistungsfähigkeit seien von der Gemeindegebietsreform unberührt geblieben. Eine Abweichung von dem in § 2b Abs. 2 LPlG LSA vorgegebenen System der Dreistufigkeit habe einer besonderen Situation vorausgesetzt, die die Antragstellerin für sich nicht in Anspruch nehmen könne. Ferner lege das System der Zentralen Orte (auch) eine Hierarchie zwischen den einzelnen Zentralen Orten fest. Deshalb würde die Antragstellerin bei einer Beibehaltung der Teilfunktionen eines Mittelzentrums die Funktionen der umliegenden Mittelzentren stören und schwächen. Darüber hinaus sei die prognostizierte demografische Entwicklung mit heranzuziehen gewesen. Er habe im Rahmen seiner Abwägung auch berücksichtigt, dass die im Gebiet der Antragstellerin entstandenen Einrichtungen durch den Wegfall der Teilfunktion eines Mittelzentrums nicht ebenfalls wegfielen, sondern weiter bestehen blieben. Die für die Festlegung im LEP 2010 herangezogenen Faktoren beträfen den Gesamtraum des Landes und seien damit überörtliche Interessen von höherem Gewicht, die es erlaubten, die Belange der Antragstellerin aus ihrem Selbstverwaltungsrecht zurückzustellen. Widersprüche in der Einstufung von Mittelzentren im System der Zentralen Orte bestünden nicht. In Bezug auf das Mittelzentrum Haldensleben übersehe die Antragstellerin, dass die Bevölkerungsentwicklung nur ein Faktor unter mehreren sei und die Einwohnerzahl für ein Mittelzentrum lediglich „in der Regel“ mindestens 20.000 Einwohner voraussetze. Die Stadt Haldensleben habe er auf Grund anderer Faktoren, die anhand einer Gesamtbetrachtung stärker gewichtet worden seien, als Mittelzentrum eingestuft. Dies betreffe vor allem die räumliche Situationsgebundenheit und die sich daraus ergebende Erreichbarkeit mittelzentraler Versorgungsfunktionen für Einwohner im ländlichen Raum sowie die Sicherung einer gleichmäßigen Verteilung(-sgerechtigkeit) im Gesamtraum. Diese Faktoren träfen auf die Antragstellerin nicht zu.

63

Die Antragstellerin rüge ferner zu Unrecht einen Abwägungsfehler in Bezug auf die Festlegungen des LEP 2010 zur raumverträglichen Steuerung des großflächigen Einzelhandels. Das hierzu in den Zielen Z 46 bis Z 52 festgelegte Konzept, insbesondere das darin enthaltene Konzentrationsgebot, das eine Ansiedlung der verschiedenen Betriebsformen des großflächigen Einzelhandels nur in Ober- und Mittelzentren zulasse, stehe mit höherrangigem Recht im Einklang und sei als überörtliches Interesse von höherem Gewicht mit der Selbstverwaltungsautonomie der Gemeinde vereinbar. Die Ziele der Raumordnung zum großflächigen Einzelhandel leisteten einen räumlichen Beitrag zum Schutz der Funktion der Innenstädte und örtlichen Zentren als zentrale Versorgungsbereiche. Der raumordnungsrechtlich legitime Zweck sei ein überörtliches Interesse von höherem Gewicht und rechtfertige die Beschränkung der gemeindlichen Selbstverwaltungsautonomie in der Gestalt der Planungshoheit. Mit den Sonderregelungen in den Zielen Z 49, Z 50 und Z 52 werde ein abgestuftes System an Sonderfällen erfasst. Für davon nicht erfasste Härtefälle komme außerdem das förmliche Zielabweichungsverfahren in Betracht. Anhand des Konzepts werde auch deutlich, dass kein Widerspruch zwischen dem Entzug der Teilfunktionen eines Mittelzentrums für die Antragstellerin und dem Ziel Z 52 mit den verbindlichen Vorgaben für die Ausweisung von Sondergebieten für großflächigen Einzelhandel in Grundzentren bestehe. Da die Antragstellerin auch den Grundsatz G 17, der ihr eine besondere Bedeutung für die Versorgung im ländlichen Raum bestätige, für sich in Anspruch nehmen könne, seit eine zeitweilige Blockade der gemeindlichen Bauleitplanung bei einem Zielabweichungsverfahren nicht ersichtlich. Eine Umgehung der Ziele Z 46 bis Z 52 durch die Festsetzung von Kerngebieten nach § 7 BauNVO in einem Bebauungsplan liege nicht vor. Die Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel erfolge regelmäßig am Siedlungsrand der Gemeinden. An diesen Standorten könne die Zweckbestimmung von Kerngebieten nicht erfüllt werden, so dass deren Festsetzung bereits gegen das Erforderlichkeitsgebot des § 1 Abs. 3 BauGB verstoßen würde. Im Übrigen erfüllten die Innenstädte und örtlichen Zentren der Grundzentren und der Nichtzentralen Orte in der Regel nicht die Voraussetzungen zur Festsetzung eines Kerngebiets. Sofern dies ausnahmsweise einmal der Fall sein sollte, werde sich eine Umgehung des Konzentrations-, Integrations- und Kongruenzgebots sowie des Beeinträchtigungsverbots nicht ganz verhindern lassen können. Gleichwohl sei dies in einem Maße minimiert, dass das Planungsergebnis noch im Einklang mit den Raumordnungszielen zur raumverträglichen Steuerung des großflächigen Einzelhandels stehe.

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Die Antragstellerin rüge zu Unrecht, dass die Ziele Z 25, Z 30, Z 33, Z 47, Z 48 und Z 49 unwirksam seien, weil der in diesen Zielen genannt Begriff des Verflechtungsbereichs nicht bestimmbar sei. Für die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit der Verflechtungsbereiche sei anerkannt, dass dies durch zeichnerische und/oder textliche Festlegung erfolgen könne oder auch durch die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Verflechtungsbereich“. Dabei müssten die Kriterien für die Abgrenzung des Verflechtungsbereichs nicht ausdrücklich benannt werden. Es genüge, wenn die Kriterien durch Auslegung des Begriffs und unter Verwendung fachwissenschaftlicher Methoden ermittelt werden könnten, wobei auch empirische Methoden Anwendung finden könnten. Sofern und soweit auch abstrakte Kriterien zur Anwendung kämen, die der Konkretisierung bedürften, stehe dieser Umstand der Bestimmbarkeit durch Auslegung nicht entgegen. Der Antragsgegner habe die Verflechtungsbereiche der Mittel- und Oberzentren nicht nur anhand empirischer Methoden eindeutig ermittelt. Er sei bei seiner Ermittlung an die gesetzlichen Vorgaben des § 2b Abs. 1 Satz 3 LPIG LSA gebunden. Danach seien die Tragfähigkeit und die Erreichbarkeit maßgebliche Kriterien für die Abgrenzung der Verflechtungsbereiche. Auf dieser Grundlage habe er alle Kriterien zur Bestimmung der Verflechtungsbereiche ausdrücklich benannt und die Verflechtungsbereiche entsprechend bestimmt. Die sich daraus ergebende Überschneidungen von Verflechtungsbereichen habe er aus Gründen der Daseinsvorsorge in Kauf genommen, so dass gemeinsame Verflechtungsbereiche zwischen Oberzentren und Mittelzentren sowie zwischen Mittelzentren Bestandteil der Festlegungen zu den Zentralen Orten geworden seien Diese Überschneidungen seien widerspruchsfrei möglich, weil der LEP 2010 keine Beeinträchtigungsverbote zwischen Zentralen Orten festlege.

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Die Grundversorgung in Ziel Z 52 sei als qualitativ hochwertige Vollversorgung im Bereich des täglichen Bedarfs festgelegt worden. Die Grundversorgung für den täglichen Bedarfs umfasse nach der verbindlichen Vorgabe Nahrungs- und Genussmittel einschließlich Getränke sowie Drogerieartikel. Diese Warensortimente zählten unstreitig zu den Gütern des täglichen Bedarfs. Die von der Antragstellerin darüber hinaus geforderten Sortimente wie Kleidung, Zeitungen und Zeitschriften sowie Schnittblumen gehörten nicht zwingend zu den Gütern des täglichen Bedarfs im Bereich der Grundversorgung. Ferner sei zu beachten, dass die raumordnerische Vorgaben nur für großflächigen Einzelhandel gelten. Kleinteilige Einzelhandelsbetriebe mit weniger als 800 m² Verkaufsfläche könnten mit jedweden Sortimenten in Grundzentren und in Nichtzentralen Orte angesiedelt werden; raumordnerische Vorgaben zum Einzelhandel stünden insoweit nicht entgegen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe

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I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

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1. Der Antrag ist insbesondere statthaft. Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit von anderen als den in Nr. 1 genannten, im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, soweit das Landesrecht dies bestimmt. Eine solche Bestimmung hat der sachsen-anhaltinische Gesetzgeber in § 10 des Ausführungsgesetzes zur VwGO getroffen. Danach kann der LEP 2010 schon deshalb Gegenstand eines Normenkontrollantrages sein, weil er auf der Grundlage des § 5 Abs. 3 Satz 1 des Landesplanungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 28.04.1998 (GVBl. S. 255), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.12.2007 (GVBl. S. 466), – LPlG LSA – als Rechtsverordnung erlassen wurde (vgl. auch OVG MV, Urt. v. 28.02.2013 – 4 K 17/11 –, NVwZ-RR 2013, 712 [713], RdNr. 42 in juris; BayVGH, Urt. v. 22.01.2009 – 4 N 08.708 – juris, RdNr. 20). Der Antrag ist insbesondere auch insoweit statthaft, als die Antragstellerin die Ergänzung einer vorhandenen Festlegung in der Weise begehrt, dass ihr die Stellung als Grundzentrum mit Teilfunktion eines Mittelzentrums oder eines Mittelzentrums zugesprochen wird, wobei sie allerdings im Normenkontrollverfahren nur den Ausspruch erreichen könnte, dass der Normgeber durch sein teilweises Unterlassen gegen höherrangiges Recht verstoßen habe (vgl. hierzu OVG MV, Urt. v. 14.07.2010 – 4 K 17/06 –, NordÖR 2011, 277, RdNr. 25 in juris, m.w.N.).

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2. Die einjährige Antragsfrist (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ist gewahrt. Der LEP 2010 wurde am 11.03.2011 bekannt gemacht. Der Normenkontrollantrag ist beim erkennenden Gericht am 28.02.2012 eingegangen.

70

3. Der Antrag ist bezüglich der erstmals im Schriftsatz vom 25.02.2013 angegriffenen Ziele der Raumordnung nicht deshalb unzulässig, weil zu diesem Zeitpunkt bereits die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO abgelaufen war. Wird zunächst schriftsätzlich der Antrag angekündigt, einen Plan wegen Teilunwirksamkeit in im Einzelnen bezeichneten Punkten aufzuheben und wird später (in der mündlichen Verhandlung) der Antrag gestellt, den Plan für unwirksam zu erklären, ist in diesem Vorgehen im Hinblick auf die Besonderheiten bei der Normenkontrolle als objektives Prüfungsverfahren keine Antragsänderung zu erblicken (vgl. zu einem Änderungsbebauungsplan: BVerwG, Beschl. v. 21.07.2010 – 4 BN 3.10 –, BauR 2011, 238). Dem entsprechend ist die Antragstellerin nach Stellung eines zulässigen Normenkontrollantrages befugt, auch nach Ablauf der Antragsfrist weitere, im ursprünglichen Antrag nicht angegriffene Regelungen der Rechtsverordnung zur gerichtlichen Prüfung zu stellen (a.A. wohl: SächsOVG, Urt. v. 15.01.2004 – 1 D 6/02 –, NuR 2004, 812 [813], RdNr. 28 in juris). http://www.juris.de/jportal/portal/t/2u6a/page/jurisw.psml?doc.hl=1&doc.id=WBRE410016997&documentnumber=3&numberofresults=11&showdoccase=1&doc.part=L¶mfromHL=true - rd_10

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4. Die Antragstellerin ist auch im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Eine Gemeinde kann die Prüfung der Gültigkeit einer von ihr zwar nicht erlassenen, aber in ihrem Gebiet geltenden Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO stets beantragen, wenn sie die Vorschrift als Behörde zu beachten hat; ihre Antragsbefugnis ist nicht davon abhängig, dass die zu beachtende Rechtsvorschrift die Gemeinde in ihrem Recht auf Selbstverwaltung konkret beeinträchtigt (BVerwG, Beschl. v. 15.03.1989 – 4 NB 10.88 –, BVerwGE 81, 307 [309], RdNr. 11 in juris). Die im LEP 2010 festgelegten Ziele der Raumordnung hat die Antragstellerin gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Raumordnungsgesetzes vom 22.12.2008 (BGBl I S. 2968), zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes vom 31.07.2009 (BGBl I S. 2585), – ROG – und § 1 Abs. 4 des Baugesetzbuches (BauGB) bei ihren Planungen zu beachten. Dies gilt insbesondere für die Festlegungen im Zentrale-Orte-System. So ist die Festsetzung der Ober-, Mittel- und Grundzentren gemäß § 2b Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 LPlG LSA als bindende Zielfestlegung im Sinne des Raumordnungsrechts gestaltet, die bei der Antragstellerin entsprechende Bindungen auslösen (vgl. OVG MV, Urt. v. 14.07.2010, a.a.O., RdNr. 24 in juris; SaarlOVG, Urt. v. 27.11.2008 – 2 C 120/07 –, juris, RdNr. 42). Zudem sind nach § 2a Nr. 3 e) LPlG LSA die Zentralen Orte entsprechend ihrer Funktionen besonders zu fördern. Aber auch soweit in Abschnitt 2.3 des LEP 2010 zum großflächigen Einzelhandel Ziele (Z 46 bis Z 52) festgelegt sind, hat sich die Antragstellerin bei ihren Planungen daran auszurichten.

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II. Der Normenkontrollantrag ist aber nicht begründet.

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Der LEP 2010 findet seine Rechtsgrundlage in § 5 Abs. 3 Satz 1 LPlG LSA. Nach dieser Vorschrift beschließt die Landsregierung den Landesentwicklungsplan als Verordnung.

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1. Die von der Antragstellerin geltend gemachten Verfahrensfehler bei der Aufstellung des Plans liegen nicht vor.

75

1.1. Insbesondere ist der LEP 2010 ordnungsgemäß ausgefertigt. Nach der beigezogenen, beim Landeshauptarchiv aufgenommenen Originalurkunde wurde die Verordnung am 16.02.2011 gemäß Art. 82 Abs. 2 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt (LVerf) durch den (damaligen) Ministerpräsidenten, der gemäß Art. 69 Abs. 1 Satz 1 LVerf das Land vertritt, und den (damaligen) Minister für Landesentwicklung und Verkehr ausgefertigt.

76

1.2. Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, der Antragsgegner hätte nach der Änderung des zweiten Entwurfs das Beteiligungsverfahren erneut durchführen müssen.

77

1.2.1. Maßgebend für das Verfahren zur Aufstellung des Raumordnungsplans sind die Vorschriften des § 5 Abs. 2 LPlG LSA. Danach wird der Entwurf des Landesentwicklungsplans von der obersten Landesplanungsbehörde unter Beteiligung aller Ressorts erarbeitet. Er ist danach den in § 3a Abs. 3 Halbsatz 1 LPlG LSA genannten Behörden, den Regionalen Planungsgemeinschaften, den öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts, für die eine Beachtenspflicht nach § 4 ROG begründet werden soll, sowie Verbänden und Vereinigungen, deren Aufgabenbereich für die Landesentwicklung von Bedeutung ist, zur Stellungnahme zuzuleiten. Die Anregungen und Bedenken der Beteiligten sind mit diesen zu erörtern. Diesen Regelungen lässt sich keine Verpflichtung des Plangebers entnehmen, dass bei jeder Änderung eines Planentwurfs die in § 5 Abs. 2 LPlG LSA genannten Stellen erneut zu beteiligen wären. Insoweit unterscheiden sich die für den Landesentwicklungsplan geltenden Regelungen des § 5 LPlG LSA von der für Regionale Entwicklungspläne maßgebenden Bestimmung des § 7 LPlG LSA, in dessen Absatz 5 vorgeschrieben ist, dass die Regionalversammlung u.a. darüber entscheidet, ob eine erneute Beteiligung und Auslegung nach den Absätzen 3 und 4 wegen erheblicher Änderungen des Entwurfs erforderlich ist.

78

1.2.2. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin lässt sich eine Pflicht zur erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit und der in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen nicht aus § 10 Abs. 1 Satz 4 des am 30.06.2009 in Kraft ROG herleiten. Danach kann, wenn der Planentwurf nach Durchführung der Verfahren nach den Sätzen 1 bis 3 geändert wird, die Einholung der Stellungnahmen auf die von der Änderung betroffene Öffentlichkeit sowie die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen beschränkt werden, wenn durch die Änderung des Planentwurfs die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Diese Vorschrift findet auf das bereits 2006 begonnene Verfahren keine Anwendung. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 ROG werden u.a. Verfahren zur Aufstellung von Raumordnungsplänen nach § 8, die vor dem 30.06.2009 förmlich eingeleitet wurden, nach den bis zum 29.06.2009 geltenden Raumordnungsgesetzen von Bund und Ländern abgeschlossen. Zwar können gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 ROG, wenn mit gesetzlich vorgeschriebenen einzelnen Schritten des Verfahrens noch nicht begonnen worden ist, diese auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes durchgeführt werden. Davon hat der Antragsgegner aber keinen Gebrauch gemacht. Eine entsprechende Willensbekundung ist nicht ersichtlich. Eine solche Willensbekundung lässt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin insbesondere nicht daraus ableiten, dass der Antragsgegner im LEP 2010 materiell, insbesondere zur Rechtfertigung einzelner Ziele, teilweise auf Rechtsgrundlagen des neuen ROG Bezug genommen hat. Die Übergangsvorschrift des § 28 Abs. 1 ROG betrifft allein die Anwendung von Verfahrensvorschriften; Abs. 1 Satz 2 räumt den Verfahrensträgern des Raumordnungsplanes ein Wahlrecht ein, welches Verfahrensrecht sie auf gesetzlich vorgeschriebene einzelne Schritte, mit denen noch nicht begonnen worden ist, zur Anwendung bringen wollen (Dallhammer, in: Cholewa / Dyong / von der Heide / Arenz, Raumordnung in Bund und Ländern, zu § 28 ROG, Stand: Dezember 2009, RdNr. 2, 16). § 28 Abs. 1 Satz 2 ROG zwingt den Plangeber aber nicht, das neue Verfahrensrecht anzuwenden, weil er zur Begründung der materiellen Regelungen verschiedentlich Bestimmungen des ROG genannt hat. Im Übrigen hat der Antragsgegner auch auf Regelungen des bis zum 29.06.2009 geltenden Raumordnungsgesetzes vom 18.07.1997 (BGBl I S. 2081), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25.06.2005 (BGBl I S. 1746), – ROG 1998 – Bezug genommen, so etwa in der von der Antragstellerin genannten Begründung zum Ziel Z 26; insoweit zitiert die Begründung den Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 1998.

79

1.2.3. Das ROG 1998 enthielt demgegenüber keine Vorschriften, aus denen sich eine Verpflichtung zur erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit und der in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen ergeben hätte. Nach § 7 Abs. 6 Satz 1 ROG 1998 in der ab dem 29.06.2005 geltenden Fassung vom 25.06.2005 war lediglich vorzusehen, dass den öffentlichen Stellen und der Öffentlichkeit frühzeitig und effektiv Gelegenheit zur Stellungnahme zum Entwurf des Raumordnungsplans und seiner Begründung sowie zum Umweltbericht zu geben ist. Diese rahmenrechtliche Regelung stellte mithin die Öffentlichkeitsbeteiligung bzw. deren Einbeziehung in das Ermessen des Landesgesetzgebers, jedenfalls soweit es nicht um das „Ob“, sondern um die Art und Weise der Beteiligung der Öffentlichkeit geht (vgl. Dallhammer, a.a.O., zu § 7 ROG 1998, Stand: November 2003, RdNr. 145).

80

1.2.4. Für raumordnerische Vorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung wird man allerdings auch ohne ausdrückliche Regelung aus betroffenen Grundrechten (z.B. Art. 14 Abs. 1 GG) eine Pflicht herleiten müssen, die Öffentlichkeit zu beteiligen (vgl. OVG RP, Urt. v. 02.10.2007 – 8 C 11412/06 –, NuR 2008, 709 [710], RdNr. 34 in juris, m.w.N.; Dallhammer, a.a.O., RdNr. 145; Runkel, Das neue Raumordnungsgesetz, WiVerw 1997, 267 [291]). Darüber hinaus ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift eine nochmalige Beteiligung einer Gemeinde erforderlich, wenn durch die Änderung Ziele der Raumordnung in den Raumordnungsplan aufgenommen werden, aus denen sich für sie Bindungen für ihre eigene Planung ergeben (vgl. OVG BBg, Urt. v. 24.08.2001 – 3 D 4/99.NE –, VwRR MO 2001, 411 [415]). Soweit für die Gemeinde Anpassungspflichten begründet werden, ist sie in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.08.1992 – 4 NB 20.91 –, BVerwGE 90, 329 [335], RdNr. 19 in juris). Ist eine Gemeinde bei der Aufstellung eines Raumordnungsplans in einem frühen Verfahrensstadium angehört worden, versteht sich vom Sinn des Beteiligungsverfahrens her von selbst, dass eine erneute Anhörung unverzichtbar ist, wenn nachträgliche Änderungen beschlossen werden, die sich auf den Umfang der gemeindlichen Zielbindung auswirken (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.03.2002 – 4 BN 60.01 –, NVwZ 2002, 869 [871], RdNr. 18 in juris).

81

1.2.5. Gemessen daran verhelfen die Verfahrensrügen, die die Regionale Planungsgemeinschaft (...) in dem an den Antragsgegner gerichteten Schreiben vom 03.11.2011 vorgebracht hat und auf die sich die Antragstellerin beruft, dem Normenkontrollantrag nicht zum Erfolg.

82

Die Regionale Planungsgemeinschaft (...) hat darin eine unterlassene erneute Beteiligung hinsichtlich zweier als Ziele bezeichneter Festlegungen im LEP 2010 beanstandet. Diese Rügen sind auch im Verfahren der Antragstellerin zu berücksichtigen. Eine form- und fristgerecht erhobene Rüge bewirkt, dass der einmal gerügte Fehler in jedem Gerichtsverfahren auf Dauer beachtlich bleibt; der Rüge kommt damit absolute Wirkung (Wirkung inter omes) zu (vgl. Dallhammer, a.a.O., zu § 12 ROG, Stand: November 2011, RdNr. 98, unter Hinweis auf BVerwG, NVwZ 1983, 347).

83

a) Die Regionale Planungsgemeinschaft (...) hat zum einen geltend gemacht, der Antragsgegner habe in den LEP 2010 das Ziel Z 114 aufgenommen, ohne den Behörden, für die eine Beachtenspflicht nach § 4 ROG bestehe, die Möglichkeit der Stellungnahme zu geben. Das nach Auslegung des zweiten Entwurfs in Abschnitt 3.4 „Energie“ aufgenommene Ziel der Raumordnung lautet: Die Regionale Planungsgemeinschaft hat in einem Verfahren zur Änderung des Regionalen Entwicklungsplans auf der Grundlage des Antrages der Gemeinde zu prüfen, ob die Festlegung eines Vorranggebietes mit der Wirkung eines Eignungsgebietes oder eines Eignungsgebietes den Grundsätzen und Zielen der Raumordnung in der Planungsregion entspricht.

84

Diese Rüge ist jedoch nicht begründet, weil in Z 114 inhaltlich kein Ziel der Raunordnung normiert ist, das Bindungswirkungen für nachfolgende Planungsträger im Sinne von § 4 Abs. 1 ROG erzeugt.

85

Ob eine Regelung in einem Raumordnungsplan ein Ziel der Raumordnung ist, bestimmt sich nicht nach der Bezeichnung als Ziel der Raumordnung im Raumordnungsplan, sondern nach ihrem materiellen Gehalt. Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Sie sind anders als Grundsätze der Raumordnung nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung; einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich (BVerwG, Urt. v. 16.12.2010 – 4 C 8.10 –, BVerwGE 138, 301 [303], RdNr. 7, m.w.N.). Die Erklärung des Plangebers, seine Festlegung solle die Rechtsqualität eines Ziels der Raumordnung haben, kann hingegen für die Zielqualität nicht allein maßgeblich sein. Dem Willen des Plangebers ist zwar bei der Auslegung Rechnung zu tragen; entscheidend ist indes der materielle Gehalt (BVerwG, Beschl. v. 01.07.2005 – 4 BN 26.05 –, ZfBR 2005, 807 [808], RdNr. 4 in juris). Weist die Planaussage nicht die Merkmale einer verbindlichen Vorgabe in Form einer räumlich und sachlich bestimmten, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegung auf, so ist sie nicht geeignet, normative Bindungen zu erzeugen (BVerwG, Beschl. v. 01.07.2005, a.a.O.). Die sachlichen Zielfestlegungen eines Raumordnungsplans sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nutzungs-, funktions-, entwicklungs- oder sicherungsbezogene raumordnerische Aussagen treffen (Hendler, in: Cholewa / Dyong / von der Heide / Arenz, zu § 3 ROG, Stand: Juni 2010, RdNr. 23). Festlegungen in Raumordnungsplänen müssen daher, um Zielqualität zu haben, eine Aussage treffen, die sich auf den Raum bezieht; dies ist der Fall, wenn sie konkrete oder konkretisierbare Raumnutzungen oder Raumfunktionen zum Gegenstand haben (vgl. Runkel, in: Spannowsky / Runkel / Goppel, ROG, § 3 RdNr. 50).

86

Gemessen daran hat die Festlegung in Plansatz Z 114 des LEP 2010 nicht den Charakter eines Ziels der Raumordnung. Darin wird verfahrensrechtlich sichergestellt, dass die Regionale Planungsgemeinschaft in einem Verfahren zur Änderung des Regionalen Entwicklungsplans der Antrag einer Gemeinde prüft, ob die Festlegung eines Vorranggebietes mit der Wirkung eines Eignungsgebietes oder eines Eignungsgebietes den Grundsätzen und Zielen der Raumordnung in der Planungsregion entspricht. Dieser Plansatz steht im Zusammenhang mit dem Grundsatz G 83, der den Gemeinden die Möglichkeit eröffnen will, für zulässigerweise außerhalb von Vorranggebieten mit der Wirkung von Eignungsgebieten oder Eignungsgebieten errichtete Windkraftanlagen (Altanlagen), für die nach den Vorschriften des EEG ein Repowering angestrebt wird, unter bestimmten Voraussetzungen einen Antrag auf Festlegung einer solchen Konzentrationszone zu stellen. Nach der Begründung des „Ziels“ Z 114 ist es Ziel des Landes, die Möglichkeiten für den Einsatz erneuerbarer Energien auszuschöpfen. Die Regionalplanung habe hier eine wichtige Funktion. Da ein Repowering planungsrechtlich nur in Vorranggebieten mit der Wirkung von Eignungsgebieten und in Eignungsgebieten zulässig sei, sei es erforderlich, dass die Festlegungen zur Nutzung der Windenergie in den Regionalen Entwicklungsplänen dahingehend überprüft werden, ob ein Repowering an den von den Gemeinden gewünschten Standorten mit den Grundsätzen und Zielen der Raumordnung in der Planungsregion in Übereinstimmung gebracht werden kann. Eine solche Prüfungspflicht der Regionalen Planungsgemeinschaft mag zwar dazu führen, dass für sie künftig ein nicht unerheblicher Mehraufwand entsteht. Damit wird aber kein Ziel der Raumordnung formuliert, das die Planungsgemeinschaften materiell bindet. Kommt die betroffene Planungsgemeinschaft bei ihrer Prüfung zu dem Ergebnis, dass eine Ausweisung oder Erweiterung der von einer Gemeinde gewünschten Konzentrationszone das gesamträumliche Konzept in Frage stellen würde oder gar rechtlich unzulässig ist, kann sie die Ausweisung der für ein Repowering vorgesehenen Flächen als Vorrang- oder Eignungsgebiet ablehnen.

87

b) Die Regionale Planungsgemeinschaft (...) hat weiter moniert, dass im Ziel Z 136 „Vorranggebiete für die Rohstoffgewinnung“ bezüglich der Kalisalzlagerstätte Zielitz der Zusatz „einschließlich der Erweiterung übertägiger Anlagen und Halden“ eingefügt wurde.

88

Auch diese Änderung machte eine erneute Beteiligung öffentlicher Stellen nicht erforderlich. Gegenüber dem zweiten Entwurf des LEP 2010 wurde das Ziel Z 136 in Bezug auf das Vorranggebiet I. „Kalisalzlagerstätte Zielitz“ nur dergestalt verändert, dass die Formulierung „einschließlich übertägiger Halden“ aus der Begründung herausgenommen und der Bezeichnung des Vorrangstandorts angefügt wurde. Indes wurde bereits in der Begründung ausdrücklich festgehalten, dass die Festlegung den Bereich übertägiger Anlagen und Halden umfasst. An der Zielqualität und dem Umfang des Vorrangstandortes einschließlich der übertägigen Anlagen und Halden wurde damit substanziell nichts geändert.

89

c) In Bezug auf das in Z 136 festgelegte Vorranggebiet XI. „Quarzsandtagebau Walbeck / Weferlingen“ mag eine erneute Beteiligung der betroffenen (früheren) Gemeinde W. nach den oben (1.2.4.) dargestellten Grundsätzen erforderlich gewesen sein, weil es in der zeichnerischen Darstellung des LEP 2010 gegenüber dem zweiten Entwurf in Richtung Südosten erkennbar größer dargestellt ist, so dass sich daraus für die Gemeinde möglicherweise weitergehende Bindungen für ihre eigenen Planungen ergeben.

90

Dieser Verfahrensmangel wäre aber gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 LPlG LSA unbeachtlich. Nach dieser Planerhaltungsvorschrift ist die Beachtlichkeit einer Verletzung von Verfahrensvorschriften ausgeschlossen bei Verfahrensmängeln, die auf das Abwägungsergebnis ohne Einfluss gewesen sind. Mängel sind auf das Abwägungsergebnis dann von Einfluss gewesen, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre (vgl. zu Mängeln im Abwägungsvorgang: BVerwG, Beschl. v. 09.10.2003 – 4 BN 47.03 –, BauR 2004, 1130, RdNr. 4 in juris). Das ist hier nicht anzunehmen.

91

Die von der Ausweitung dieses Vorranggebiets betroffene Gemeinde W. hatte in ihrer Stellungnahme zum zweiten Entwurf vom 21.12.2009 (Band 20300 / 2 - 31, Stellungnahme der Verfahrensbeteiligten, Gemeinden N - Z, Bl. 312 ff.) vorgetragen, dass sowohl das streitige Vorranggebiet zur Gewinnung von Quarzsand als auch das Vorranggebiet für die Gewinnung von Kalkstein mit ihren künftig zu erwartenden Abbauvorhaben die weitere Entwicklung in der Gemeinde in unzumutbarer Weise beeinträchtigen könnten. Der Abbau betreffe mittelbar und unmittelbar ausgewiesene, EU-rechtlich geschützte Natur- und Landschaftsschutzgebiete. Das örtliche Straßennetz sei den zu erwartenden Belastungen nicht gewachsen. Sie schlug vor, angemessene Abstände zur Ortslage und zu Schutzgebieten (von jeweils mindestens 600 m) zu beachten und sämtliche Vorranggebiete räumlich so zu bemessen, dass (ausgehend vom gegenwärtigen Abbau) ca. 10 Jahre Planungssicherheit bestehe. Großflächigere Ausweisungen seien gegenwärtig abzulehnen und ggf. bei neuen Auflagen des Landesentwicklungsplans zu prüfen. Die Eignung und Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur sei parallel zur Ausweisung der Vorranggebiete zu betrachten.

92

Der Antragsgegner hat in seinem Abwägungsvorschlag (vgl. Band 20300, 2 - 60, Bl. 273, S. 529 der Abwägungstabelle) zu diesen Einwendungen (lfd. Nr. 11) ausgeführt, dass Vorranggebiete festgelegt würden, um Rohstofflagerstätten vor entgegenstehenden Nutzungen insbesondere vor Verbauung zu sichern und die vorsorgende Sicherung der Volkswirtschaft mit Rohstoffen zu gewährleisten. Mit dem LEP 2010 würden keine Festlegungen getroffen über Umfang, Lage Betriebsführung oder zeitliche Aspekte eines Vorhabens zur Gewinnung der Rohstoffe. Es würden (nur) generalisierte großräumige Festlegungen getroffen, die von der Regionalplanung zu übernehmen seien und dort konkretisiert und ergänzt würden.

93

Hätte der Antragsgegner die Gemeinde W. zu der Ausdehnung des Vorranggebiets nochmals angehört, hätte diese vermutlich dieselben Einwände und Forderungen zur Wahrung der Abstände erhoben. Vor dem Hintergrund, dass nach den Ausführungen des Antragsgegners mit der Festsetzung der Vorranggebiete nur ein Lagerstättenschutz bezweckt wird, bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass wiederholte Einwände der Gemeinde W. das Abwägungsergebnis beeinflusst hätten.

94

1.2.6. Eine über die dargestellten Fallkonstellationen hinausgehende erneute Beteiligungspflicht ergibt sich auch nicht aus § 3 Abs. 15 LPlG LSA. Danach kann, wenn durch Änderungen oder Ergänzungen eines Raumordnungsplans die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, ein Verfahren durchgeführt werden, in dem nur den betroffenen öffentlichen Stellen und den Personen des Privatrechts, für die eine Beachtenspflicht nach § 4 ROG begründet werden soll, Gelegenheit gegeben wird, innerhalb eines Monats Stellung zu nehmen; auf eine Erörterung kann verzichtet werden. Zutreffend hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass diese Vorschrift nur Änderungen oder Ergänzungen bereits in Kraft getretener Pläne betrifft und nicht Änderungen und Ergänzungen von Entwürfen in einem laufenden Aufstellungsverfahren.

95

1.3. Soweit weitere, von der Regionalen Planungsgemeinschaft (...) im Schreiben vom 03.11.2011 nicht geltend gemachte Verfahrensfehler vorliegen sollten, insbesondere was die Beteiligung öffentlicher oder privater Personen oder Stellen nach weiteren Änderungen des zweiten Planentwurfs anbetrifft, wären diese jedenfalls unbeachtlich geworden.

96

Nach § 28 Abs. 2 Satz 2 ROG sind unbeschadet des Satzes 1 auf der Grundlage der Raumordnungsgesetze der Länder unbeachtliche oder durch Fristablauf unbeachtliche Fehler bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen der Länder auch weiterhin für die Rechtswirksamkeit dieser Pläne unbeachtlich. Diese Vorschrift ergänzt die nach Satz 1 für entsprechend anwendbar erklärten materiellen Regelungen des § 12 Abs. 1 bis 4 ROG um die darüber hinaus gehenden planerhaltenden Vorschriften der Länder, insbesondere in Umsetzung des Regelungsauftrages nach § 10 ROG 1998. Soweit also die Länder in ihren Raumordnungs- bzw. Landesplanungsgesetzen materielle Vorschriften über die Unbeachtlichkeit von Fehlern erlassen haben, kommen diese ergänzend neben den materiellen Regelungen des § 12 Abs. 1 bis 4 ROG zur Anwendung (vgl. Dallhammer, a.a.O., zu § 28 ROG, Stand: Dezember 2009, RdNr. 26). Dem entsprechend sind hier die Planerhaltungsvorschriften des § 9 LPlG LSA anzuwenden, die in Bezug auf die Voraussetzungen für das Unbeachtlichwerden von formellen und materiellen Mängeln über die Regelung in § 12 ROG hinausgehen.

97

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 LPlG LSA ist die Beachtlichkeit einer Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften ausgeschlossen bei Verfahrensmängeln, die auf das Abwägungsergebnis ohne Einfluss gewesen sind. Gemäß § 9 Abs. 2 LPlG LSA kann eine Verletzung der für Raumordnungspläne geltenden Verfahrens- und Formvorschriften, die nicht nach Absatz 1 unbeachtlich ist, nur innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Raumordnungsplans schriftlich gegenüber dem für die Aufstellung des Raumordnungsplans zuständigen Planungsträger geltend gemacht werden; der Sachverhalt, der die Verletzung oder den Mangel begründen soll, ist dabei darzulegen.

98

Die Regelungen des § 9 LPlG LSA widersprechen nicht der Vorschrift des § 10 Abs. 1 ROG 1998 in der Fassung vom 24.06.2004, der zur Planerhaltung an den Landesgesetzgeber gerichtete rahmenrechtliche Vorgaben enthielt. Danach war zur Planerhaltung vorzusehen, dass die Beachtlichkeit einer Verletzung der für Raumordnungspläne geltenden Verfahrens- und Formvorschriften von der Einhaltung einer Rügefrist von längstens einem Jahr nach Bekanntmachung des Raumordnungsplanes abhängig gemacht wird. Eine Verpflichtung zur Erteilung eines Hinweises bei der Bekanntmachung, wie sie nunmehr § 12 Abs. 5 Satz 2 ROG vorschreibt, war nicht enthalten.

99

Soweit ersichtlich wurden innerhalb der Jahresfrist, abgesehen von den von der Regionalen Planungsgemeinschaft (...) mit Schreiben vom 03.11.2011 geltend gemachten Einwänden, gegenüber dem Antragsgegner keine Verfahrens- oder Formfehler gerügt.

100

1.4. Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin weiter, die Umweltprüfung sei ohne ausreichende Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt worden, weil die Bekanntmachung in den Lokalseiten der Mitteldeutschen Zeitung und der Volksstimme nicht ausreichend gewesen sei, sondern auch für die Altmark eine Bekanntmachung in der dort erscheinenden Tageszeitung hätte erfolgen müssen, und der Entwurf hätte gemäß § 3b i.V.m. § 5 LPlG LSA (rechtzeitig) bekannt gemacht werden müssen.

101

Gemäß § 3b LPlG LSA ist bei der Erstellung des Umweltberichts die Öffentlichkeit einzubeziehen. Hierzu ist der Entwurf des Landesentwicklungsplans bei der obersten Landesplanungsbehörde für einen angemessenen Zeitraum von mindestens einem Monat auszulegen. Zugleich ist der Entwurf in das Internet einzustellen. Über Ort und Zeit der Auslegung des Entwurfs des Landesentwicklungsplans ist neben der Bekanntmachung nach diesem Gesetz landesweit in der Tagespresse vorher zu informieren. In den Bekanntmachungen und Veröffentlichungen ist darauf hinzuweisen, dass bis zum Ablauf der Auslegungsfrist Gelegenheit zur Stellungnahme gegenüber der für die Ausarbeitung des Raumordnungsplans zuständigen Stelle gegeben wird.

102

Es ist zwar zweifelhaft, ob diesen Anforderungen bei der Aufstellung des LEP 2010 genügt wurde. Die „Bekanntmachung nach diesem Gesetz“ dürfte gemäß § 5 Abs. 1 LPlG LSA die Bekanntmachung im Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt sein. Eine Bekanntmachung im Ministerialblatt erfolgte aber – soweit ersichtlich – nicht. Es liegt lediglich ein Nachweis über die Bekanntmachung in der Volksstimme, Magdeburger Lokalanzeiger, vom 22.10.2009 vor (Band 20300 / 2 - 20, Bl. 1), in der darauf hingewiesen wurde, dass der zweite Entwurf des LEP 2010 vom 29.09.2009 nebst Umweltbericht in der Zeit vom 26.10.2009 bis 31.12.2009 sowohl im Internet als auch im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt, in den Landkreisverwaltungen und Verwaltungen der kreisfreien Städte, in den Geschäftsstellen der Regionalen Planungsgemeinschaften sowie in den Gemeindeverwaltungen eingesehen werden könne, und dass Stellungnahmen zum Umweltbericht bis zum Ende der Auslegungsfrist sowohl im Internet unter der o.g. Adresse als auch schriftlich beim Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt, Turmschanzenstraße 30, 39114 Magdeburg, abgegeben werden können. Nachweise über die Auslegung des Planentwurfs lassen sich ebenfalls nicht in den Verwaltungsakten finden.

103

In diesem Zusammenhang möglicherweise vorliegende Verfahrensmängel sind jedoch gemäß § 9 Abs. 2 LPlG LSA unbeachtlich geworden, weil nicht ersichtlich ist, dass sie innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des LEP 2010 gegenüber dem Antragsgegner geltend gemacht wurden. Diese Planerhaltungsvorschrift genügt den europarechtlichen Anforderungen (vgl. zu § 12 Abs. 5 ROG: Spannowsky, in: Runkel / Spannowsky / Goppel, ROG, § 12 RdNr. 74). Das von der Antragstellerin zitierte Urteil des EuGH vom 18.04.2013 (C-463/11 – DVBl 2013, 777) steht dem nicht entgegen. Diese Entscheidung betraf die Frage, ob § 214a Abs. 2a Nr. 1 BauGB mit Unionsrecht vereinbar ist. Nach dieser Vorschrift war eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften und der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans zum Flächennutzungsplan für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans auch unbeachtlich, wenn sie darauf beruhte, dass die Voraussetzung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB unzutreffend beurteilt worden ist. Nach letzterer Vorschrift kann ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden. Die Entscheidung betraf mithin die Frage der Planerhaltung im Fall einer wegen der unzutreffenden Beurteilung unterbliebenen Umweltprüfung. Die Frage des Unbeachtlichwerdens von die Öffentlichkeitsbeteiligung berührenden Verfahrens- und Formfehlern nach Ablauf einer Frist war nicht Gegenstand der Entscheidung.

104

2. Der LEP 2010 ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

105

Bei der Rechtmäßigkeitskontrolle ist zu berücksichtigen, dass gemäß § 28 Abs. 3 ROG am 30.06.2009 geltendes Landesrecht, das die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 Abs. 2, die Zielabweichung nach § 6 Abs. 2 oder die Vorschriften des Abschnitts 2 dieses Gesetzes (Raumordnung in den Ländern) ergänzt, unberührt bleiben.

106

2.1. Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, ausgehend von der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (NdsOVG) seien die Ziele Z 25, 30, 33, 34, 47, 48 und 52 des LEP 2010 zu unbestimmt.

107

In der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung hat das NdsOVG (Urt. v. 15.03.2012 – 1 KN 152/10 –, juris RdNr. 52 ff.) anlässlich einer Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan entschieden, dass der dort angegriffene Bebauungsplan das raumordnungsrechtliche Kongruenzgebot nicht verletze, weil das mit dem Landesraumordnungsprogramm Niedersachen 2008 (LROP 2008) inhaltlich übereinstimmende Kongruenzgebot des Regionalen Raumordnungsprogramms H. (RROP) nicht die für ein raumordnungsrechtliches Ziel erforderliche Bestimmtheit aufweise. Die insoweit maßgebliche Regelung, dass

108

„Verkaufsflächen und Warensortiment von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO der zentralörtlichen Versorgungsfunktion und dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen müssen“,

109

ist vergleichbar mit der im angegriffenen LEP 2010 als Ziel der Raumordnung formulierten Festlegung in Z 46, wonach

110

„Verkaufsfläche und Warensortiment von Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandeisbetrieben und sonstigen großflächigen Handelsbetrieben der zentralörtlichen Versorgungsfunktion und dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen müssen“.

111

Das NdsOVG hat angenommen, dass das Kongruenzgebot des LROP 2008 einer Prüfung auf seinen Zielcharakter nicht standhalte. Es hat den darin verwendeten und entscheidungserheblichen raumordnungsrechtlichen Begriff des „Verflechtungsbereichs“ als in den beiden Raumordnungsplänen nicht hinreichend bestimmt und auch nicht bestimmbar angesehen. Die beiden Raumordnungspläne enthielten – anders als etwa im Landesentwicklungsprogramm Baden-Württemberg – keine zeichnerischen Darstellungen oder textlichen Festsetzungen, aus denen sich die räumliche Ausdehnung der Verflechtungsbereiche bestimmen ließe. Auch das Einzelhandelskonzept der Region H. enthalte keine Inhalte, die eine Bestimmbarkeit des Begriffs herstellten. Schließlich könne auch im Wege der Auslegung der insoweit maßgebliche Bereich nicht ermittelt werden.

112

Unabhängig davon, dass in Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt ist, ob der Begriff „Verflechtungsbereich“ hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar ist, würde eine fehlende Bestimmtheit und Bestimmbarkeit dieses Begriffs nicht dazu führen, dass die von der Antragstellerin genannten Regungen im LEP 2010 oder gar der LEP 2010 insgesamt unwirksam wären. Es hätte nur zur Folge, dass diese vom Antragsgegner als Ziele der Raumordnung formulierten Festlegungen ihren Zielcharakter und damit die Qualität eines die nachfolgende Planungsebenen bindenden Rechtssatzes einbüßen.

113

Wie oben bereits dargelegt, sind nach der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Sie sind anders als Grundsätze der Raumordnung nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung; einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich (BVerwG, Urt. v. 16.12.2010, a.a.O., S. 303, RdNr. 7). Wie oben (II 1.2.5.) bereits dargelegt, sind die sachlichen Zielfestlegungen eines Raumordnungsplans dadurch gekennzeichnet, dass sie nutzungs-, funktions-, entwicklungs- oder sicherungsbezogene raumordnerische Aussagen treffen. Festlegungen in Raumordnungsplänen müssen daher, um Zielqualität zu haben, eine Aussage treffen, die sich auf den Raum bezieht; dies ist der Fall, wenn sie konkrete oder konkretisierbare Raumnutzungen oder Raumfunktionen zum Gegenstand haben. Weist die Planaussage nicht die Merkmale einer verbindlichen Vorgabe in Form einer räumlich und sachlich bestimmten, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegung auf, so ist sie nicht geeignet, normative Bindungen zu erzeugen (BVerwG, Urt. v. 01.07.2005, a.a.O.).

114

Fehlt es an der Zielqualität der Regelungen im LEP 2010, kann der Begriff des „Verflechtungsbereichs“ auch noch auf der Ebene der Regionalplanung konkretisiert und so den raumordnungsrechtlichen Vorgaben, die die Gemeinden bei der Aufstellung ihrer Bauleitpläne gemäß § 1 Abs. 4 BauGB zu beachten haben, Zielqualität verliehen werden. Die raumordnungsrechtlichen Vorschriften im LPlG LSA und ROG schließen dies jedenfalls nicht aus. Die Bestimmung des „Verflechtungsbereichs“ des jeweiligen Zentralen Orts zählt nicht zu den Festlegungen zur Raumstruktur, die der Landesentwicklungsplan gemäß § 4 Abs. 2 LPlG LSA mindestens enthalten soll. So hat auch das NdsOVG geprüft, ob sich ggf. aus den Regelungen im Regionalplan (dem RROP H.) der Begriff des „Verflechtungsbereichs“ bestimmen lässt. Ob die bestehenden Regionalen Entwicklungspläne in Sachsen-Anhalt eine solche ggf. erforderliche Bestimmung des „Verflechtungsbereichs“ (bereits) enthalten, ist insoweit ohne Belang. Unabhängig davon lässt sich der Begriff des „Verflechtungsbereichs“ – wie das NdsOVG in der zitierten Entscheidung klargestellt hat – ggf. unter Zuhilfenahme eines regionalen Einzelhandelskonzepts bestimmen.

115

2.2. Der LEP 2010 lässt auch keine inhaltlichen Mängel erkennen.

116

2.2.1. Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, ihre Einstufung als Grundzentrum ohne die ihr bisher im LEP 1999 zugestandene Teilfunktion eines Mittelzentrums sei fehlerhaft.

117

a) Gemäß § 2b Abs. 2 LPlG LSA sind als Zentrale Orte in einem dreistufigen System in den Raumordnungsplänen Oberzentren, Mittelzentren und Grundzentren festzulegen. Oberzentren und Mittelzentren sind im Landesentwicklungsplan, Grundzentren im Regionalen Entwicklungsplan festzulegen. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 a) LPlG LSA sollen die Festlegungen zur Raumstruktur im Landesentwicklungsplan mindestens Zentrale Orte der oberen und mittleren Stufe enthalten, und gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 1 LPlG LSA sind in den Regionalen Entwicklungsplänen, soweit erforderlich, die Zentralen Orte der unteren Stufe (Grundzentren) festzulegen. Diese Vorschriften halten sich in dem von § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 b) und c) ROG 1998 vorgegebenen Rahmen, wonach die Raumordnungspläne Festlegungen zur Raumstruktur, insbesondere auch zu Zentralen Orten und besondere Gemeindefunktionen, wie Entwicklungsschwerpunkte und Entlastungsorte, enthalten sollen.

118

Aus den §§ 2b Abs. 2, 4 Abs. 2 Nr. 1 a) und 6 Abs. 3 Nr. 1 LPlG LSA folgt zunächst, dass grundsätzlich den Trägern der Regionalplanung die Aufgabe zukommt, die Grundzentren zu bestimmen. Insoweit könnte bereits angezweifelt werden, ob der Antragsgegner befugt gewesen ist, einzelnen – von den Regionalen Planungsgemeinschaften zu bestimmenden – Grundzentren die Teilfunktion eines Mittelzentrums zuzusprechen. Allein der Umstand, dass der Antragsgegner dies im Ziel Z 38 des LEP 2010 bei fünf Gemeinden (Hansestadt Gardelegen, Genthin, Hansestadt Havelberg, Hansestadt Osterburg und Jessen) getan hat, würde dem Begehren der Antragstellerin nicht zum Erfolg verhelfen. Aus einer gesetzeswidrigen Festlegung in einem möglicherweise vergleichbaren Fall könnte sie keine ebenfalls gesetzeswidrige Gleichbehandlung beanspruchen.

119

Aber auch wenn anzunehmen sein sollte, aus der Aufgabe des Antragsgegners, im Landesentwicklungsplan Mittelzentren festzulegen, ergebe sich zugleich die Befugnis, einzelnen Orten, die die Regionalen Planungsgemeinschaften nach den im Ziel Z 39 aufgestellten Kriterien voraussichtlich zu Grundzentren bestimmen werden, Teilfunktionen eines Mittelzentrums zuzusprechen, ergäbe sich für die Antragstellerin kein Anspruch auf die Festlegung, dass sie weiterhin Teilfunktionen eines Mittelzentrums übernimmt.

120

Den Regelungen der §§ 2b Abs. 2, 4 Abs. 2 Nr. 1 a) und 6 Abs. 3 Nr. 1 LPlG LSA lässt sich entnehmen, dass das System der Zentralen Orte – jedenfalls vom Grundsatz her – dreistufig gegliedert ist (Ober-, Mittel- und Grundzentren). Auch wenn man die landesgesetzlichen Vorgaben insoweit nicht als abschließend bewertet und dem Planungsgeber einen Spielraum zubilligt, weitere Kategorien (Mittelzentrum mit Teilfunktionen eines Oberzentrums und Grundzentrum mit Teilfunktionen eines Mittelzentrums) zu schaffen, lässt jedenfalls die Entscheidung des Antragsgegners, die Antragstellerin nicht in den Kreis der Gemeinden mit solchen Teilfunktionen aufzunehmen, keinen Abwägungsfehler erkennen.

121

b) Die von der Antragstellerin angegriffene Einstufung lässt keine Abwägungsfehler erkennen.

122

Nach § 3 Abs. 4 Sätze 1 und 3 LPG LSA wie auch nach § 7 Abs. 2 ROG sind die Grundsätze der Raumordnung bei der Aufstellung der Raumordnungspläne gegeneinander und untereinander abzuwägen, wobei sonstige öffentliche Belange sowie private Belange zu berücksichtigen sind, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind. Dem Normgeber ist dabei eine Gestaltungsbefugnis und damit die Kompetenz eingeräumt, die erforderliche Abwägung selbst vorzunehmen, wohingegen die gerichtliche Überprüfung auf die Frage beschränkt ist, ob sich die Abwägung innerhalb der gesetzlichen Grenzen hält. Der Abwägungsvorgang hat sich im Grundsatz an den Vorgaben zu orientieren, die für die Aufstellung von Bauleitplänen und die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB entwickelt worden sind (Urt. d. Senats v. 23.01.2014 – 2 K 53/12 –, juris, RdNr. 91; OVG BBg, Urt. v. 27.08.2003 – 3 D 5/99.NE –, juris, Rn. 149). Danach ist das Abwägungsgebot (erst) dann verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den durch die Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Im Hinblick auf den Charakter der Raumordnung als Rahmenplanung, die auf weitere Konkretisierung angelegt ist und Zielaussagen unterschiedlicher inhaltlicher Dichte aufweist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.08.1992 – 4 NB 20.91 –, BVerwGE 90, 329 [334]; RdNr. 18 in juris), muss das Maß der Abwägung für die einzelnen raumordnerischen Festlegungen allerdings jeweils konkret ermittelt werden (vgl. Urt. d. Senats v. 23.01.2014, a.a.O., RdNr. 91; OVG BBg, Urt. v. 27.08.2003, a.a.O.; vgl. auch OVG MV, Urt. v. 19.01.2001 – 4 K 9/99 –, NVwZ 2001, 1063 [1064]; ähnlich BayVGH, Urt. v. 08.07.1993 – 22 N 92.2522 –, UPR 1994, 110 [111]).

123

aa) Der Antragsgegner hat überhaupt eine Abwägung vorgenommen. Eine abwägende Auseinandersetzung mit den Belangen der Antragstellerin mag sich zwar nicht aus den im Plan selbst enthaltenen Begründungen zu den in Abschnitt 2.1 (Zentrale Orte) aufgeführten Zielen, insbesondere zum Ziel Z 38 ergeben. Eine solche Auseinandersetzung hat aber ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen und im Tatbestand wiedergegebenen Stellungnahmen und Abwägungsvorschlägen im Beteiligungsverfahren stattgefunden.

124

bb) Der Antragsgegner hat ferner die Belange berücksichtigt, die nach Lage der Dinge in die Abwägung einzustellen waren. Für eine Bestimmung der „Lage der Dinge“ kommt es hierbei gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3 LPlG LSA wie auch nach § 7 Abs. 2 ROG vor allem darauf an, welche Belange auf der Ebene der Landesplanung erkennbar und von Bedeutung sind.

125

(1) Ein (umfassendes) Abwägungsdefizit lässt sich entgegen der von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung nicht daraus herleiten, dass in der Kabinettsvorlage vom 06.12.2010 nur davon die Rede ist, dass der Verordnungsentwurf zum LEP 2010 durch das Kabinett „nach Abwägung aller im Anhörungsverfahren eingegangenen Hinweise und Stellungnahmen“ beschlossen worden sei, dem Wortlaut der Vorlage aber nicht zu entnehmen sei, dass auch die Festlegungen im Entwurf des LEP 2010 selbst Gegenstand der Abwägung gewesen seien. Am 20.07.2010 fasste die Landesregierung u.a. den Beschluss, dass sie die Kabinettsvorlage des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr (Nr. 1424) vom 12.07.2010 zur Kenntnis nehme und das Kabinett sich nach eingehender Diskussion der Abwägungsvorschläge diese gemäß Anlagen 1 und 2 der Kabinettsvorlage sowie den gutachterlichen Umweltbericht zu Eigen mache. Die Anlagen 1 und 2 der Kabinettsvorlage umfassten die Abwägungsvorschläge zu den eingebrachten Anregungen und Bedenken der gemäß § 5 Abs. 2 LPlG LSA Beteiligten und den Verordnungsentwurf des LEP 2010 mit allen gemäß Abwägungsvorschlag beabsichtigten Änderungen. Daraus ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass auch der Entwurf des LEP 2010 selbst und nicht nur die eingegangenen Anregungen und Hinweis Gegenstand der Abwägung waren.

126

(2) Für die Antragstellerin ist – wie sie geltend gemacht hat – insbesondere von Belang, dass sie in ihren kommunalen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt wird, wenn sie – anders als noch im LEP 1999 vorgesehen – die Teilfunktionen eines Mittelzentrums nicht mehr wahrnimmt. Diese beeinträchtigende Auswirkung hat der Antragsgegner bei seiner Abwägung nicht verkannt. Er hat sich vielmehr mit dieser Problematik befasst (vgl. den Abwägungsvorschlag des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr vom 26.03.2010 zum zweiten Entwurf, Band 20300 / 2 - 60, vgl. S. 130, lfd. Nr. 46). Er hat dabei auf die diesbezüglichen Einwendungen der Gemeinden u.a. darauf verwiesen, dass auf die Festlegung von Teilfunktionen – abgesehen von Ausnahmefällen in Regionen mit Erreichbarkeitsproblemen – konsequent verzichtet worden sei. Er hat dabei auch erkannt, dass der „Entzug“ von Teilfunktionen eines Mittelzentrums Auswirkungen auf die Planungshoheit der Antragstellerin haben wird oder kann, insbesondere was die Möglichkeit zur Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben anbetrifft. Er hat diesbezüglich ausgeführt, dass der Weiterbestand vorhandener Versorgungseinrichtungen von dem Wegfall von Teilfunktionen eines Mittelzentrums nicht betroffen sei. Damit hat er zugleich zum Ausdruck gebracht, dass die Neuansiedlung von nur in Ober- und Mittelzentren zulässigen Versorgungseinrichtungen künftig im Regelfall nicht mehr möglich sein wird.

127

cc) Der Antragsgegner hat bei seiner Abwägung die Bedeutung der betroffenen Belange weder verkannt noch den Ausgleich zwischen den durch die Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen, der zur Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.

128

Der Ausgangspunkt des Antragsgegners, dass die Zuerkennung von Teilfunktionen nur in Ausnahmefällen in Regionen mit besonderer Siedlungsstruktur in Betracht kommen soll, lässt vor dem Hintergrund, dass das Gesetz im Grundsatz lediglich ein dreistufiges Zentrale-Orte-System vorsieht, gemäß § 2b Abs. 1 Satz 3 LPlG LSA die Erreichbarkeit für die Einwohner seines Verflechtungsbereiches zu berücksichtigen ist und gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 ROG die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten sind, keinen Fehler erkennen. Die Antragstellerin macht nicht geltend, dass auch sie in einer Region liege, in der Defizite in Bezug auf die Erreichbarkeit eines Mittelzentrums bestehen.

129

Das Abwägungsergebnis erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig. Der Antragsgegner durfte dem von ihm für wichtig erachteten Interesse, nur in besonderen Ausnahmefällen, in denen Defizite bei der Erreichbarkeit eines Mittelzentrums für die Bevölkerung vorliegen, einem Grundzentrum die Teilfunktionen eines Mittelzentrums zuzusprechen, Vorrang geben vor dem Interesse der Antragstellerin, diese Teilfunktionen zu behalten. Er hat sich dabei von der Erwägung leiten lassen, dass die Beibehaltung von Teilfunktionen eines Mittelzentrums bei Grundzentren die Funktionen nahe gelegener Mittelzentren stören und schwächen würde, wobei auch die prognostizierte demografische Entwicklung zu berücksichtigen sei. Dem kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegen halten, es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ihre eigenen Einrichtungen die Versorgungsfunktion der umliegenden Mittelzentren gefährden oder die Tragfähigkeit dieser Mittelzentren beeinträchtigen könnten. Dem Plangeber ist bei dieser Beurteilung eine gerichtlich nur eingeschränkte Einschätzungsprärogative zuzubilligen, insbesondere weil dabei eine Reihe prognostischer Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Soweit bei Planungsentscheidungen über Wertungen und Prognosen zu befinden ist, ist die gerichtliche Überprüfung darauf zu beschränken, ob diese Einschätzungen und Entscheidungen offensichtlich fehlerhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der verfassungsrechtlichen Ordnung widersprechen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.1987 – 2 BvR 826/83 –, BVerfGE 76, 107 [121]), RdNr. 45 in juris). Auch bei raumordnerischen Entscheidungen kommt dem Plangeber bei der Frage der Erforderlichkeit einer Regelung, die dem Schutz des öffentlichen Interesses dient, eine Einschätzungsprärogative zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2010, a.a.O., S. 310, RdNr. 19).

130

Die Einschätzung des Antragsgegners, dass die Zuerkennung von Teilfunktionen eines Mittelzentrums bei Grundzentren zu einer raumordnerisch unerwünschten Schwächung der Versorgungsfunktionen und der Tragfähigkeit der umliegenden Mittelzentren führen kann, ist weder offensichtlich fehlerhaft noch eindeutig widerlegbar. Überschneiden sich die Versorgungsbereiche Zentraler Orte, hat dies in aller Regel Folgen für die Auslastung verschiedener Einrichtungen, die der Versorgung der Bevölkerung dienen, wie z.B. im Bereich Bildung, Handel und Dienstleistungen, Kultur, Sport und Freizeit, Gesundheit und soziale Versorgung (vgl. § 2a Nr. 3 b] LPlG LSA), und damit auch auf deren Wirtschaftlichkeit bzw. wirtschaftliche Tragfähigkeit. Dies gilt insbesondere dann, wenn in der Region mit einem (weiteren) Bevölkerungsrückgang gerechnet werden muss. Dabei kommt es nicht allein darauf an, wie sich die Bevölkerungsentwicklung auf dem Gebiet einer einzelnen Gemeinde, wie etwa hier der Antragstellerin, entwickelt.

131

Die Antragstellerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die „Herabstufung“ zu einem Grundzentrum ohne Teilfunktionen greife in unzulässiger Weise in ihre Planungshoheit ein. Zutreffend hat der Antragsgegner ausgeführt, dass die im Gebiet der Antragstellerin entstandenen Einrichtungen durch den Wegfall der Teilfunktion eines Mittelzentrums nicht ebenfalls wegfallen, sondern weiter bestehen blieben. Einen darüber hinaus gehenden „Bestandsschutz“ dergestalt, dass ein in einem früheren Plan festgelegter Zentraler Ort einer bestimmten Stufe diese Einstufung behält, gibt es im Raumordnungsrecht nicht.

132

Die Forderung der Antragstellerin, der Antragsgegner hätte wegen ihrer Lage „am westlichen Rand des Landes“ auch in den Blick nehmen müssen, dass die maßgeblichen Kriterien für den Versorgungsbereich nicht nur auf das Gebiet des Landes Sachsen-Anhalt, sondern auch auf das benachbarte Bundesland Niedersachsen zu erstrecken seien, ist unbegründet. Zwischen der Antragstellerin und der ca. 30 km entfernten Landesgrenze zu Niedersachen liegt das Mittelzentrum Wernigerode, das zum maßgeblichen Stichtag mit ca. 35.000 Einwohnern mehr als doppelt so viele Einwohner hatte wie die Antragstellerin.

133

2.2.2. Es ist auch nicht abwägungsfehlerhaft, dass der Antragsgegner die Antragstellerin nicht als Mittelzentrum festgelegt hat.

134

Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner diese Möglichkeit bei seiner Abwägung nicht näher in Erwägung gezogen hat.

135

a) Im Aufstellungsverfahren forderte die Antragstellerin lediglich, wie bisher als Grundzentrum mit Teilfunktion eines Mittelzentrums eingestuft zu bleiben. In ihrer Stellungnahme vom 25.10.2006 zum ersten Entwurf (Band 20300 / 1-1, Bl. 365) führte sie zwar aus, sie strebe die Einstufung als Mittelzentrum an. In ihrer Stellungnahme vom 11./16.12.2009 (Band 20300 / 2 – 31, Gemeinden A –E) Bl. 164 ff.) war davon aber nicht mehr die Rede. Vielmehr legte sie darin im Einzelnen dar, aus welchen Gründen die ihr bislang zuerkannte Funktion als Grundzentrum mit Teilfunktion eines Mittelzentrums beibehalten bleiben müsse.

136

b) Der Antragsgegner musste sich auch unabhängig von den Einwendungen der Antragstellerin im Aufstellungsverfahren nach Lage der Dinge nicht (näher) mit der Frage auseinandersetzen, ob die Antragstellerin als Mittelzentrum einzustufen sein könnte.

137

Nach dem Ziel Z 34 des LEP 2010 sind Mittelzentren als Standorte für gehobene Einrichtungen im wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Bereich und für weitere private Dienstleistungen zu sichern und zu entwickeln. Sie sind Verknüpfungspunkte der öffentlichen Nahverkehrsbedienung und sollen die Verbindung zum regionalen und überregionalen Verkehr sichern. In der dazu gegebenen Begründung werden Mittelzentren wie folgt definiert: Ein Mittelzentrum selbst soll in der Regel über mindestens 20.000 Einwohner (Stand 31.12.2005) verfügen, um das Potenzial für die notwendigen Einrichtungen der Daseinsvorsorge vorhalten zu können. Darüber hinaus sollen durch das Mittelzentrum in der Regel mindestens 50.000 Einwohner versorgt werden. Die Erreichbarkeit des Mittelzentrums soll in der Regel in 30 Minuten mit dem PKW und in 60 Minuten mit dem ÖPNV von den Gemeinden des Versorgungsbereiches aus gewährleistet sein. Typische Versorgungseinrichtungen sind Fachschulen, Gymnasien, Sportplätze und Schwimmbäder, Verbrauchermärkte, IC-/RE-Halt, BAB-. oder B-Straßenanschluss und Krankenhäuser der Regelversorgung. Nach der Begründung des Ziels Z 37, in welchem der Antragsgegner die einzelnen Mittelzentren festgelegt hat, wird u.a. ausgeführt, dass neben Strukturmerkmalen zur Tragfähigkeit (Einwohner, Einzugsbereich) die Erreichbarkeit bei der Festlegung der Mittelzentren stark gewichtet worden sei. Bei Nichterreichung eines Kriteriums werde jeweils der Erreichbarkeit das höhere Gewicht eingeräumt. Zur Festlegung der Mittelzentren seien alle Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern sowie alle im LEP 1999 festgelegten Mittelzentren hinsichtlich ihrer Tragfähigkeit und Erreichbarkeit geprüft worden.

138

Gemessen daran kam eine Einstufung der Antragstellerin als Mittelzentrums nicht ernsthaft in Betracht. Die Antragstellerin hatte zu dem vom Antragsgegner gewählten Stichtag 31.12.2005 die Mindesteinwohnerzahl von 20.000 Einwohnern deutlich unterschritten. Sie verfügte zu diesem Zeitpunkt vor der Gebietsänderung durch die Gemeindegebietsreform lediglich über 15.760 Einwohner (vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Gesetz über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Harz vom 05.02.2010, LT-Drs. 5/2406, S. 108). Sie war auch nicht bereits im LEP 1999 als Mittelzentrum ausgewiesen. Nach den vom Antragsgegner selbst aufgestellten Kriterien war damit nicht näher zu prüfen, ob die Antragstellerin die Funktion eines Mittelzentrums erhalten kann, unabhängig davon, dass neben der Mindesteinwohnerzahl auch maßgebend ist, ob durch das (in Betracht kommende) Mittelzentrum mindestens 50.000 Einwohner (in der Summe mindestens 70.000 Einwohner) versorgt werden und das (potenzielle) Mittelzentrum aus dem Einzugsbereich in 30 Minuten mit dem PKW und in 60 Minuten mit dem ÖPNV von den Gemeinden des Versorgungsbereiches aus gewährleistet ist.

139

Das grundsätzliche Abstellen auf eine Mindesteinwohnerzahl ist nicht zu beanstanden. Die Einwohnerzahl einer Gemeinde lässt Rückschlüsse auf das in § 2b Abs. 1 Satz 3 LPlG LSA genannte Kriterium der „wirtschaftlichen Tragfähigkeit“ des Zentralen Ortes zu. Nach der Begründung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes vom 07.11.2007 (LT-Drs. 5/936, S. 18) sollen die Mittelzentren, um langfristig wirtschaftlich tragfähige Mittelzentren zu installieren, über ihre eigene Einwohnerzahl hinaus einen ausreichend großen Einzugsbereich versorgen. Dass den erforderlichen Einwohnerzahlen besondere Bedeutung zuerkannt wurde, ist mit Blick auf die dem Zentrale-Orte-Prinzip generell zugemessene Bündelungsfunktion beim Einsatz finanzieller, aber auch sonstiger Ressourcen nicht zu beanstanden (vgl. OVG MV, Urt. v. 14.07.2010, a.a.O., RdNr. 39 in juris).

140

Nicht zu beanstanden ist ferner, dass der Antragsgegner die Mindesteinwohnerzahl bei Mittelzentren grundsätzlich bei 20.000 angesetzt hat. Dem Plangeber steht auch bei der Frage, welche Mindesteinwohnerzahl ein Zentraler Ort erreichen soll, ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Er darf sich dabei von der Erwägung leiten lassen, dass ein bestimmtes „Eigenpotenzial“ von Einwohnern in einem Zentralen Ort erforderlich ist, um dem in § 2b Abs. 1 Satz 3 LPlG LSA genannten Kriterium der „wirtschaftlichen Tragfähigkeit“ gerecht zu werden. Es liegt im landesplanerischen Ermessen, welche konkrete Einwohnerzahl dafür genügen soll.

141

c) Es erscheint auch nicht sachwidrig, dass der Antragsgegner auf die Einwohnerzahlen vor dem Wirksamwerden der Gemeindegebietsreform abgestellt hat, so dass die Eingemeindungen, die bei der Antragstellerin durch die Eingliederung der Stadt D. sowie der Gemeinde T. zum 01.01.2010 zu einer Erhöhung der Einwohnerzahl auf ca. 23.000 und heute etwas weniger als 21.000 geführt haben, unberücksichtigt geblieben sind. Auch wenn sich durch diese Eingemeindungen – entsprechend dem Ziel der Gemeindegebietsreform – die Leistungsfähigkeit der Gemeinden und damit auch die der Antragstellerin erhöht hat und die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Raumordnungsplan maßgebend ist, ist es nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner diese Entwicklung unberücksichtigt gelassen hat.

142

Nach § 2b Abs. 1 Satz 1 LPlG LSA ist Zentraler Ort ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil als zentrales Siedlungsgebiet einer Gemeinde einschließlich seiner Erweiterungen im Rahmen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Diesen Maßstab hat der Antragsgegner im Ziel Z 37 auch für die Mittelzentren übernommen. In der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 5/936, S. 18) heißt es hierzu: „Zentrale Orte sollen ausdrücklich funktional verstanden werden, nicht im Sinne politisch administrativer Gebietskörperschaften. Da sich eine Gemeinde aus mehreren Ortsteilen zusammensetzen kann, ist, um eine Konzentration von Versorgungseinrichtungen an einem Zentralen Ort erreichen zu können, der Zentrale Ort nicht gleichzusetzen mit den administrativen Grenzen eine Gemeinde. Der jeweilige Planungsträger hat aus diesem Grund festzulegen, welcher im Zusammenhang bebaute Ortsteil als zentrales Siedlungsgebiet aufgrund seiner vorhandenen infrastrukturellen Ausstattung, seiner Einwohnergröße und seines Einzugsbereiches am besten dafür geeignet ist, für einen Verflechtungsbereich Versorgungsaufgaben zu übernehmen.“ Maßgebend ist mithin das zentrale Siedlungsgebiet. Zutreffend hat der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung darauf hingewiesen, dass die durch die Gemeindegebietsreform für Ober-, Mittel- und Grundzentren hinzugewonnenen Gebiete immer außerhalb ihres zentralen Siedlungsgebiets liegen. Dies ist auch bei der Antragstellerin der Fall. Ihr Vortrag, der Antragsgegner habe in vergleichbaren Fällen, bei denen es um die Beurteilung von Mittelzentren gehe, nicht die Einwohnerzahl des zentralen Siedlungegebiets herangezogen, sondern stets die Gesamteinwohnerzahl, bleibt unsubstantiiert.

143

d) Einen Abwägungsfehler kann die Antragstellerin auch nicht daraus ableiten, dass der Antragsgegner verschiedenen Städten, die – wie die Antragstellerin – zum maßgeblichen Stichtag 31.12.2005 die Mindesteinwohnerzahl von 20.000 Einwohnern nicht erreicht hatten, die Funktion eines Mittelzentrums zuerkannt hat. In Bezug auf die Stadt Haldensleben hat er dies damit begründet, dass dieser Zentrale Ort, der das Kriterium der Mindesteinwohnerzahl mit 19.886 Einwohnern nur geringfügig nicht erfülle, die Erreichbarkeit mittelzentraler Versorgungsfunktionen aus dem ländlichen Raum sowohl des Landkreises Börde als auch Teilen des Altmarkkreises Salzwedel gewährleisten solle und langfristig für einen tragfähigen Versorgungsbereich Aufgaben wahrzunehmen habe. Darüber hinaus sei Haldensleben der größte Arbeitsplatzort mit einer hohen Arbeitsplatzdichte in der Region. Den Städten Oschersleben, Staßfurt und Zerbst, die das Kriterium der Mindesteinwohnerzahl ebenfalls nicht erfüllten, hat er die Funktion eines Mittelzentrums zugeordnet, um die vorhandene mittelzentrale Versorgungsinfrastruktur für die Bevölkerung im Einzugsbereich zu sichern. Diese Erwägungen treffen auf die Antragstellerin nicht bzw. nicht in gleicher Weise zu. Da sich ca. 13 km nördlich das Mittelzentrum Halberstadt mit Teilfunktionen eines Oberzentrums mit 39.749 Einwohnern zum Stichtag 31.12.2005, ca. 12 km westlich das Mittelzentrum Wernigerode mit 34.169 Einwohnern zum Stichtag 31.12.2005 und ca. 12 km östlich das Mittelzentrum Quedlinburg mit 22.607 Einwohnern zum Stichtag 31.12.2005 befinden, kann die mittelzentrale Versorgung des ländlichen Raums in diesem Bereich nördlich des Harzes als gesichert angesehen werden.

144

Selbst wenn diese Erwägungen die Zuerkennung der Funktion von Mittelzentren für einzelne Städte nicht rechtfertigen würden und der LEP 2010 insoweit als abwägungsfehlerhaft zu betrachten wäre, könnte die Antragstellerin daraus für sich nichts gewinnen. Die Entscheidung, der Antragstellerin nicht ebenfalls den Status eines Mittelzentrums zuzuerkennen, wäre nicht zugleich abwägungsfehlerhaft.

145

e) Aus den von der Antragstellerin genannten Regelungen in § 2a Nr. 1 a) und Nr. 2 f) LPlG LSA lässt sich nicht der Schluss ziehen, die tatsächlichen Entwicklungen auf ihrem Gemeindegebiet hätten zu einer Einstufung als Mittelzentrum führen müssen.

146

Gemäß § 2a Nr. 1 a) LPlG LSA ist im Gesamtraum des Landes Sachsen-Anhalt die Siedlungs- und Freiraumstruktur so zu entwickeln, dass die Eigenart des Landes, seiner Teilräume, Städte und Dörfer erhalten wird; dabei ist insbesondere die demographische Entwicklung zu berücksichtigen. Die Vorschrift besagt zunächst, dass die Siedlungsstruktur im Land „zu entwickeln“ ist. Dies bedeutet, dass es dem Plangeber auch möglich sein muss, bestehende Strukturen im Interesse des Gesamtraums zu verändern. Soweit als weiterer Grundsatz der Erhalt die Eigenart u.a. der Städte und Dörfer genannt wird, lässt sich daraus nicht ableiten, dass auch deren mögliche Funktionen als Zentrale Orte zu erhalten ist.

147

Nach § 2a Nr. 2 f) LPlG LSA sind die Wachstumsräume außerhalb der Verdichtungsräume in ihrer bisherigen Entwicklung zu eigenständigen Lebens- und Wirtschaftsräumen zu unterstützen und zu stärken. Auch in den ländlichen Räumen sind Wachstumsräume erkennbar, die ein eigenständiges zukunftsfähiges Profil aufweisen und über dynamische Wirtschaftsstandorte verfügen. Diese Räume sind insbesondere hinsichtlich ihrer Entwicklung weiter zu stärken, um eine Potenzialfunktion für den ländlichen Raum wahrnehmen zu können. Die Zentralen Orte im ländlichen Raum sollen hierbei als Träger der Entwicklung wirken. Eine solche Funktion kann die Antragstellerin auch als Grundzentrum haben.

148

2.2.3. Auch die von der Antragstellerin angegriffenen Festlegungen in Abschnitt 2.3 zum großflächigen Einzelhandel, insbesondere die im Ziel Z 46 Satz 1 LEP 2010 vorgesehene grundsätzliche Bindung der Ausweisung von Sondergebieten nach § 11 Abs. 3 BauNVO an Zentrale Orte der oberen oder mittleren Stufe (Konzentrationsgebot) lassen keine materiellen Mängel erkennen.

149

2.2.3.1. Diese Festlegungen zählen zum zulässigen Inhalt eines Landesentwicklungsplans. Sie beruhen auf einer hinreichenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.

150

Nach § 4 Abs. 1 LPlG LSA enthält der Landesentwicklungsplan die landesbedeutsamen Ziele und Grundsätze der Raumordnung, die der Entwicklung, Ordnung und Sicherung der nachhaltigen Raumentwicklung des Landes Sachsen-Anhalt zugrunde zu legen sind. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 LPlG LSA sollen die Festlegungen zur Raumstruktur bezüglich der anzustrebenden Siedlungsstruktur, soweit erforderlich, mindestens Zentrale Orte der oberen und mittleren Stufe, Verdichtungsräume und überregionale Achsen enthalten. Nach § 3 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 LPlG LSA sollen die Raumordnungspläne Festlegungen insbesondere zu der anzustrebenden Siedlungsstruktur enthalten. Die Standortplanung für großflächige Einzelhandelsbetriebe und ihre Verbindung mit der zentralörtlichen Gliederung wird in diesen Vorschriften zwar nicht ausdrücklich erwähnt. Da § 4 Abs. 2 LPlG LSA lediglich den Mindestinhalt des Landesentwicklungsplans beschreibt, ist der Plangeber aber nicht auf die darin beispielhaft genannten Festlegungen beschränkt (vgl. zu § 8 Abs. 5 ROG: Goppel, in: Spannowsky / Runkel / Goppel, ROG, § 8 RdNr. 55). Sowohl für die Kerninhalte als auch für die aufgezählten Beispiele gilt, dass sie nicht abschließend sind, d.h. zusätzliche Inhalte aufgenommen werden können (vgl. Dallhammer, a.a.O., zu § 8 ROG, Stand: März 2013, RdNr. 122), soweit sie für die Entwicklung, Ordnung und Sicherung der nachhaltigen Raumentwicklung des Landes bedeutsam sind. Unter „Siedlungsstruktur“ versteht die Raumordnung das den Raum bedeckende Netzwerk von Ortschaften unterschiedlicher Größe und Funktion, die Verteilung der primären, sekundären und tertiären Wirtschaftsaktivitäten innerhalb dieses Netzwerks, die Ausstattung des Raumes mit den gesellschaftlichen Grundfunktionen (Wohnen, Arbeiten, zentrale Dienste, Erholung, Verkehr, Ver- und Entsorgung) und deren gegenseitige Zuordnung sowie die Ausstattung des Raumes mit dem diese Funktionen verbindenden Transportsystem (vgl. Dallhammer, a.a.O., zu § 8 ROG, Stand: März 2013, RdNr. 125). Davon umfasst sind auch Festlegungen zur Zuordnung von großflächigem Einzelhandel in das System der Zentralen Orte. Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt; sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und – in unterschiedlicher Gestalt – mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (BVerwG, Urt. v. 17.09.2003 – 4 C 14.01 –, BVerwGE 119, 25 [41], RdNr. 38 in juris). Die Raumbedeutsamkeit der Auswirkungen von Planungen oder Maßnahmen eröffnet und begrenzt die raumplanerische Regelungsbefugnis auf der Ebene der Landesplanung (vgl. OVG RP, Urt. v. 23.03.2012 – 2 A 11176/11 –, DVBl 2012, 716 [717], RdNr. 34 in juris).

151

2.2.3.2. Die Festlegungen zum großflächigen Einzelhandel, insbesondere die grundsätzliche Bindung an die Zentralen Orte der oberen und mittleren Stufe lässt auch keine Abwägungsfehler erkennen.

152

a) Auch insoweit hat der Antragsgegner überhaupt eine Abwägung vorgenommen (vgl. Band 20300 / 2 - 60, S. 206 ff. der Abwägungstabelle).

153

b) Der Antragsgegner hat auch diejenigen Belange in seine Abwägung eingestellt, die nach Lage der Dinge einzustellen waren.

154

Zu Unrecht rügt die Antragstellerin, der Antragsgegner habe die Auswirkungen der grundsätzlichen Bindung der großflächigen Einzelhandelsbetriebe an die Zentralen Orte der oberen und mittleren Stufe auf die gemeindliche Planungshoheit, insbesondere auch eine umfassende Zulassung von Ausnahmen für Grundzentren, nicht hinreichend abgewogen.

155

Die Antragstellerin hat im Aufstellungsverfahren keine Einwände gegen die Regelungen zum großflächigen Einzelhandel erhoben. In den Stellungnahmen vom 25.10.2006 und 11.12.2009 zu den beiden Entwürfen des LEP 2010 hat sie sich im Wesentlichen zu ihrer Einordnung als Grundzentrum (mit Teilfunktion eines Mittelzentrums) geäußert. Die Frage, welche Auswirkungen die Umsetzung der in diesem Abschnitt formulierten Ziele auf ihre gemeindlichen Planungen hat, hat sie nicht angesprochen. Lediglich zur Untermauerung ihrer Forderung nach Beibehaltung der Teilfunktionen eines Mittelzentrums hat sie in der Stellungnahme zum zweiten Entwurf vom 11.12.2009 das Vorhandensein eines Einkaufszentrums im nördlichen Stadtgebiet erwähnt.

156

Im Übrigen ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner bei seiner Abwägung – unabhängig von konkreten Einwänden – berücksichtigt hat, dass sich das Konzentrationsgebot auf gemeindliche Planungen, insbesondere auf die Möglichkeit, auch künftig großflächige Einzelhandelsbetriebe ansiedeln zu können, auswirken wird. Aus der Begründung zu den Zielen Z 46 bis 52 ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass es gerade der planerische Wille war, großflächige Einzelhandelsbetriebe von Grundzentren künftig grundsätzlich fernzuhalten. Darin hat der Antragsgegner darauf verwiesen, dass die Entstehung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben, überwiegend am Rand von Gemeinden, in den vergangenen Jahren in zunehmendem Maße die Entwicklung der Innenstadtbereiche der Ober- und Mittelzentren gefährde, es aber raumordnerisches Ziel sei, die hohe Lebensqualität und Anziehungskraft der Innenstädte und der Ortszentren zu erhalten. Dies erfordere eine umfassende, überörtliche und koordinierende Steuerung der Standorte für großflächige Einzelhandelsprojekte. Damit war dem Antragsgegner auch bewusst, dass gemeindliche Planungen an die entsprechenden Ziele der Raumordnung anzupassen sind. Auf den Umstand, dass das Konzentrationsgebot bereits vorhandene großflächige Einzelhandelsbetriebe nicht betrifft, hat der Antragsgegner zutreffend hingewiesen.

157

Ein Abwägungsdefizit lässt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht in Bezug auf das Ziel Z 52 feststellen, soweit darin der Antragsgegner in Grundzentren die Ausweisung von Sondergebieten ausnahmsweise nur für solche großflächigen Einzelhandelsbetriebe zulässt, die ausschließlich der Grundversorgung der Einwohner dienen. Der Antragsgegner hat die ausnahmsweise Zulässigkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben, die ein solches beschränktes Sortiment anbieten, damit begründet, dass hierdurch Grundzentren in die Lage versetzt werden sollen, eine qualitativ hochwertige Vollversorgung im Bereich des täglichen Bedarfs vorzuhalten. Es entspricht auch obergerichtlicher Rechtsprechung, dass die erforderliche Sicherstellung einer wohnortnahen Grundversorgung (nur) ein Warenangebot voraussetzt, das den kurzfristigen Bedarf und Teile des mittelfristigen Bedarfs abdeckt (vgl. VGH BW, Urt. v. 20.04.2012 – 8 S 198/11 –, NVwZ-RR 2012, 588 [589], RdNr. 36 in juris).

158

Ein Abwägungsdefizit besteht auch nicht deshalb, weil die Begründung zu Abschnitt 2.3 des LEP 2010 und die Abwägungsvorgänge keine Ausführungen zu Satz 2 des Ziels Z 52 enthalten, wonach (nur) solche großflächigen Einzelhandelsbetriebe ausschließlich der Grundversorgung dienen, deren Sortiment Nahrungs- und Genussmittel einschließlich Getränke und Drogerieartikel umfasst. Bei der Frage, welche Güter zum täglichen Bedarf und damit zur „Grundversorgung“ gehören, steht dem Plangeber ein weiter Einschätzungsspielraum zu, wobei raumordnerische Gesichtspunkte maßgebend sind. Insoweit wird in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass das Warenangebot zur Deckung des kurzfristigen Bedarfs nur die wesentlichen Bedürfnisse des täglichen Bedarfs befriedigen muss; dazu gehört jedenfalls die Grundversorgung mit Lebensmitteln und Drogerieartikeln (vgl. VGH BW, Urt. v. 20.04.2012, a.a.O., S. 590, RdNr. 36 in juris). Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Plangeber bei der von ihm zugelassenen Ausnahme von der grundsätzlichen Bindung des großflächigen Einzelhandels an die Zentralen Orte der oberen und mittleren Stufe auf das unstreitig zum täglichen Bedarf zählende Warensortiment beschränkt hat.

159

c) Die grundsätzliche Bindung der Ausweisung von Sondergebieten für großflächigen Einzelhandel an Ober- und Mittelzentren steht auch nicht außer Verhältnis zu anderen Belangen, insbesondere zur gemeindlichen Planungshoheit.

160

Eine formal vom Landesplanungsgesetz gedeckte Einschränkung der gemäß Art. 28 Abs. 2 GG geschützten gemeindlichen Planungshoheit ist materiell gerechtfertigt, wenn sie der Wahrung überörtlicher Interessen von höherem Gewicht dient; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung verhältnismäßig sein (BVerwG, Urt. v. 10.11.2011 – 4 CN 9.10 –, BVerwGE 141, 144 [147], RdNr. 12).

161

Die im Ziel Z 46 des LEP 2010 verfolgte Konzentration von Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandelsbetrieben und sonstigen großflächigen Handelsbetrieben im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO in Ober- und Mittelzentren beruht auf einem überörtlichen Interesse, das eine Beschränkung der gemeindlichen Planungshoheit rechtfertigt.

162

Nach der Begründung zum Abschnitt 2.3 des LEP 2010 erfordert das raumordnerische Ziel, die hohe Lebensqualität und Anziehungskraft der Innenstädte und der Ortszentren zu erhalten, eine umfassende, überörtliche und koordinierende Steuerung der Standorte für großflächige Einzelhandelsprojekte. Dabei ist es Ziel, den Handel in den Zentren zu stärken, eine ausgewogene Einzelhandelsstruktur und eine verbrauchernahe Versorgung in den Regionen sicherzustellen. Die Bündelung von Versorgungseinrichtungen in einer gestuften Zentrenstruktur ist Ausdruck des planerischen Leitbilds der Zentralen Orte.

163

Das Konzentrationsgebot ist – wie das Kongruenzgebot (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 16.12.2010, – 4 C 8.10 –, BVerwGE 138, 301 [311], RdNr. 20) – allerdings nur dann verhältnismäßig, wenn es nicht für alle Fallgestaltungen unterschiedslos strikte Beachtung beansprucht. Neben der Voraussetzung, dass Ziele von einer landesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt sein müssen, gehört zur materiell-rechtlichen Rechtmäßigkeit, dass sie verhältnismäßig, d.h. geeignet, erforderlich und angemessen sind; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung verhältnismäßig sein (BVerwG, Urt. v. 10.11.2011, a.a.O., RdNr. 12).

164

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.11.2011, a.a.O., S. 147, RdNr. 13) zielen raumordnerische Vorgaben für raumbedeutsame Einzelhandelsagglomerationen auf die Sicherstellung des im ROG niedergelegten Systems leistungsfähiger Zentraler Orte. Einzelhandel ist an den Standorten zu sichern, die in das zentralörtliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Einzelhandelsgroßprojekte in der Form des großflächigen Einzelhandelsbetriebs oder Einkaufszentrums sowie Agglomerationen von mehreren nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieben können besondere raumstrukturelle, die zentralörtliche Gliederung gefährdende Auswirkungen haben und damit ein Beeinträchtigungspotential aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem raumordnungsrechtlichen Sonderregime zu unterwerfen. Die regelhafte räumliche Zuordnung des großflächigen Einzelhandels sowie von raumbedeutsamen Einzelhandelsagglomerationen nach dem zentralörtlichen Gliederungssystem soll eine raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt gewährleisten. Das ist ein raumordnungsrechtlich legitimer Zweck.

165

Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Antragstellerin, dass die Ziele Z 46 und Z 52 zur Erreichung der Vorstellungen des Plangebers von der zentralörtlichen Gliederung ungeeignet seien, weil großflächiger Einzelhandel nicht nur in Sondergebieten, sondern auch in anderen Baugebieten nach der BauNVO, insbesondere Kerngebieten, planungsrechtlich zulässig ist. Für die Geeignetheit einer Regelung, die großflächigen Einzelhandel außerhalb von Ober- und Mittelzentren beschränkt, genügt es, wenn sich eine raumordnerisch unerwünschte Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe möglicherweise zwar nicht ganz verhindern, aber in einem Maße minimieren lässt, dass das Planungsergebnis noch im Einklang mit den genannten Raumordnungszielen steht (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.11.2011, a.a.O., S. 148, RdNr. 15). Unter diesem Blickwinkel reicht es aus, wenn sichergestellt wird, dass außerhalb von Stadtzentren keine zusätzlichen Ansiedlungsmöglichkeiten für solche Betriebe in neuen Sondergebieten geschaffen werden.

166

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt allerdings – ebenso wie beim Kongruenzgebot (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 16.12.2010, a.a.O. S. 311, RdNr. 20) –, dass die Möglichkeit bestehen muss, ein Vorhaben ausnahmsweise zuzulassen, das zwar formal gegen das Konzentrationsgebot verstößt, aus atypischen Gründen im konkreten Einzelfall aber raumverträglich erscheint, mithin mit Blick auf das Schutzziel des Konzentrationsgebots unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist. Dem hat der Antragsgegner in der Weise Rechnung getragen, dass nach dem Ziel Z 52 die Ausweisung von Sondergebieten für großflächige Einzelhandelsbetriebe, die ausschließlich der Grundversorgung der Einwohner dienen und keine schädlichen Wirkungen, insbesondere auf die zentralen Versorgungsbereiche und die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung anderer Gemeinden oder deren Ortskerne erwarten lassen, auch in Grundzentren unter Berücksichtung ihres Einzugsbereiches zulässig ist.

167

Zwar enthält die vom Antragsgegner in den Plan aufgenommene Ausnahmeregelung die Einschränkung, dass als ausschließlich der Grundversorgung dienende großflächige Einzelhandelsbetriebe nur solche Betriebe gelten, deren Sortiment Nahrungs- und Genussmittel einschließlich Getränke und Drogerieartikel umfasst. Ferner ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme dieser Zielaussage, dass das grundzentrale System durch die Regionale Planungsgemeinschaft an die Kriterien im Landesentwicklungsplan angepasst ist, was – wie die Antragstellerin einwendet – zu einer zeitweiligen Blockade der kommunalen Bauleitplanung führen kann. Die kommunale Planungshoheit einer Gemeinde wird indes nicht bereits dann in unverhältnismäßiger Weise beeinträchtigt, wenn sie mit ihren Planungen zuwarten muss und bestimmte Warensortimente bei der Ansiedlung großflächigen Einzelhandels ausgeschlossen werden.

168

Unabhängig davon hat die Gemeinde die Möglichkeit, ein Zielabweichungsverfahren nach § 10 LPlG LSA zu beantragen. Gemäß § 10 Abs. 1 LPlG LSA kann von einem in einem Raumordnungsplan festgelegten Ziel der Raumordnung abgewichen werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und (1.) die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist, (2.) Gründe des Wohles der Allgemeinheit die Abweichung von dem Ziel der Raumordnung rechtfertigen oder (3.) die Verwirklichung des Ziels der Raumordnung zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde, und wenn die Abweichung mit einer nachhaltigen Raumentwicklung vereinbar ist.

169

Die Möglichkeit der Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens insbesondere für Härtefälle ist bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des in einer raumplanerischen Vorschrift normierten Konzentrationsgebots zu berücksichtigen. Dabei ist zu beachten, dass ein Abweichen von den Zielfestlegungen, mit denen das Zentrale-Orte-Prinzip konkretisiert wird, nicht in jedem Fall die planerische Grundentscheidung berührt; vielmehr kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, ob die Grundzüge der Planung berührt werden. Das Zielabweichungsverfahren ist nicht etwa auf den atypischen Fall, sondern gerade auf die in § 10 Abs. 1 LPlG LSA genannten Fälle wie etwa den Härtefall ausgerichtet, bei dem die Planaussage in Gestalt der Regelvorgabe dem Vorhaben zunächst entgegensteht, gleichwohl eine Zulassung vertretbar erscheint. Da sich das Konzentrationsgebot nur dann als verhältnismäßig erweist, wenn es nicht für alle Fallgestaltungen unterschiedslos strikte Beachtung beansprucht, dürfen die Grundzüge der Planung nicht mit dem Zentrale-Orte-Prinzip gleichgesetzt werden. So kommt eine Zielabweichung etwa dann in Betracht, wenn ein Vorhaben zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung der verbrauchernahen Versorgung im Einzugsbereich und der Funktion anderer Zentraler Orte führt oder wenn andere Besonderheiten vorliegen, die einen Härtefall im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 LPlG LSA bzw. § 6 Abs. 2 ROG begründen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 16.12.2010, a.a.O., S. 315, RdNr. 27).

170

Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen (VerfGH NW) vom 26.08.2009 (Az: 18/08 – OVGE MüLü 52, 308), mit dem § 24a Abs. 1 Satz 4 des Gesetzes zur Landesentwicklung des Landes Nordrhein-Westfalen – LEPro – für nichtig erklärt wurde. Nach dieser Regelung sollte ein Hersteller-Direktverkaufszentrum mit mehr als 5.000 qm Verkaufsfläche nur in einer Gemeinde mit mehr als 100.000 Einwohnern ausgewiesen werden dürfen. An strikte Schwellenwerte, die der VerfGH NW insbesondere beanstandet hat, knüpft der vom Antragsgegner hier vorgenommene Ausschluss nicht an, sondern vielmehr an die Funktion, die Gemeinden bei der Versorgung des umliegenden Gebiets haben. Diese Funktion hängt zwar grundsätzlich von der Erreichung bestimmter Mindesteinwohnerzahlen ab; in bestimmten Konstellationen ist aber auch bei Nichterreichen der Mindesteinwohnerzahl eine Funktion etwa als Mittelzentrum zuerkannt worden mit der Folge, dass u.a. großflächiger Einzelhandel dort zulässig ist. Dadurch werden gerade die jeweiligen regionalen Gegebenheiten in den Blick genommen, was vom VerfGH NW gefordert wurde. Die vom Antragsgegner vorgenommene Typisierung begegnet zudem deshalb keinen durchgreifenden Bedenken, weil es sich bei den im Ziel Z 46 genannten Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandelsbetrieben und sonstigen großflächigen Handelsbetrieben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO – anders als ein Hersteller-Direktverkaufszentrum – um landesweit gehäuft vorkommende Einrichtungen handelt, also nicht nur in einer sehr überschaubaren Größenordnung auftreten. Schließlich stellen die in den Zielen in Z 46 ff. des LEP 2010 getroffenen Festlegungen – anders als die für nichtig erklärte Regelung des § 24a Abs. 1 Satz 4 LEPro – keine strikten Verbotsnormen dar, weil im Ziel Z 52 Ausnahmen zugelassen sind und die Gemeinden daneben die Möglichkeit haben, ein Zielabweichungsverfahren nach § 10 LPlG LSA zu beantragen. Die Regelung in § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro, wonach Kerngebiete sowie Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO (Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe) nur in zentralen Versorgungsbereichen ausgewiesen werden dürfen, beanstandete der VerfGH NW hingegen nicht.

171

2.3. Der LEP 2010 lässt auch sonst keine Abwägungsmängel erkennen, die zur Unwirksamkeit des Plans insgesamt oder der von der Antragstellerin angegriffenen Festlegungen zur Folge haben. Dies gilt insbesondere für die von der Regionalen Planungsgemeinschaft in ihrem Schreiben an den Antragsgegner vom 03.11.2011 gerügten Fehler, auf die die Antragstellerin hingewiesen hat.

172

a) Die Regionale Planungsgemeinschaft (...) hat insbesondere geltend gemacht, den Regionalen Planungsgemeinschaften würden im LEP 2010 Mehraufgaben aufgelastet, die so im LPlG LSA nicht vorgesehen seien.

173

Wie oben dargelegt, stellt die Zuweisung von Aufgaben an die folgende regionale Planungsebene kein Ziel der Raumordnung dar. Selbst wenn ein Abwägungsmangel darin liegen sollte, dass sich der Antragsgegner mit den Belangen der Regionalen Planungsgemeinschaften bezüglich ihrer finanziellen und personellen Ausstattung zur Bewältigung dieser zusätzlichen Aufgaben nicht abwägungsfehlerfrei befasst hat, würde dies nicht zur Aufhebung des LEP 2010 insgesamt oder der von der Antragstellerin angegriffenen Regelungen führen. Ist eine untergesetzliche Rechtsvorschrift wegen eines Mangels ungültig, muss sie nicht zwangsläufig nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO in vollem Umfang für unwirksam erklärt werden; ist nur ein abtrennbarer Teil der Norm fehlerhaft, so kommt eine Erklärung der Teilunwirksamkeit in Betracht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.03.2002 – 4 BN 60.01 –, NVwZ 2002, 869 [872], RdNr. 27 in juris). Es ist nicht ersichtlich, dass der LEP 2010 insgesamt mit der Wirksamkeit der von der Planungsgemeinschaft genannten möglicherweise unwirksamen Aufgabenzuweisung steht und fällt, so dass ein etwaiger Mangel nur die Teilunwirksamkeit der Verordnung zur Folge hätte und den Bestand des Regelwerkes im Übrigen unberührt ließe. Der Antragsgegner hätte die übrigen Planaussagen des LEP 2010 aller Voraussicht nach auch dann getroffen, wenn er gewusst hätte, dass die Aufbürdung zusätzlicher Aufgaben unwirksam sein sollte.

174

b) Die Regionale Planungsgemeinschaft (...) hat ferner unter Nennung einzelner Beispiele beanstandet, dass im Textteil vielfach eine ausreichende Begründung zu verschiedenen Festsetzungen fehle.

175

Zwar fordert § 3 Abs. 13 LPlG LSA, dass dem Raumordnungsplan eine Begründung beizufügen ist, die den Inhalt des Raumordnungsplans erläutert und das Abwägungsergebnis nach § 3 Abs. 4 LPlG LSA darstellt. Das Fehlen einer Begründung dürfte zwar zur Unwirksamkeit des Raumordnungsplans führen (vgl. Runkel, in: Spannowsky / Runkel / Goppel, ROG, § 7 RdNr. 55). Die bloße Unvollständigkeit der Begründung stellt aber gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 LPlG LSA einen unbeachtlichen Mangel dar. Im Übrigen liegt – materiell – ein Abwägungsmangel nicht schon dann vor, wenn der Planungsträger den vorgebrachten Einwendungen nicht folgt.

176

Soweit der Regionalen Planungsgemeinschaft (...) darin zu folgen sein sollte, dass sich der Begründung und den Abwägungsprotokollen nicht entnehmen lasse, ob sich der Antragsgegner gemäß dem in § 1 Abs. 2 LPlG LSA normierten Gegenstromprinzip in ausreichender Weise mit den Belangen der nachgeordneten Planungsträger und Landkreise, insbesondere mit den in den Regionalenentwicklungsplänen bereits festgelegten Zielen und Grundsätzen der Raumplanung auseinandergesetzt und diese untereinander und gegeneinander abgewogen habe, könnte dies zwar darauf hindeuten, dass bezüglich einzelner Festsetzungen ein Abwägungsmangel vorliegt. Dies würde aber in aller Regel nur zur Folge haben, dass einzelne oder zusammenhängende Festlegungen, nicht aber der gesamte LEP 2010 unwirksam wäre.

177

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 709 Sätze 1 und 2, 708 Nr. 11 ZPO.

178

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 15. Mai 2014 - 2 K 36/12

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(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Soweit der Raumordnungsplan nicht als Gesetz oder Rechtsverordnung verkündet wird, ist er oder seine Genehmigung oder der Beschluss über ihn öffentlich bekannt zu machen; mit der Bekanntmachung wird der Raumordnungsplan wirksam.

(2) Der Raumordnungsplan ist mit der Begründung und, soweit über die Annahme des Raumordnungsplans nicht durch Gesetz entschieden wird, einer Rechtsbehelfsbelehrung sowie im Falle einer durchgeführten Umweltprüfung mit der zusammenfassenden Erklärung nach Absatz 3 und der Aufstellung der Überwachungsmaßnahmen nach § 8 Absatz 4 Satz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten. Bei der Bekanntmachung nach Absatz 1 oder der Verkündung ist darauf hinzuweisen, wo die Einsichtnahme erfolgen kann. Bei der Bekanntmachung oder Verkündung von Raumordnungsplänen sowie bei der Bereithaltung von Raumordnungsplänen und von Unterlagen sollen elektronische Informationstechnologien ergänzend genutzt werden. § 9 Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend.

(3) Dem Raumordnungsplan ist eine zusammenfassende Erklärung beizufügen über die Art und Weise, wie die Umweltbelange und die Ergebnisse der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung in dem Aufstellungsverfahren berücksichtigt wurden, und aus welchen Gründen der Plan nach Abwägung mit den geprüften in Betracht kommenden anderweitigen Planungsmöglichkeiten gewählt wurde, sowie über die im Rahmen der Überwachung der Auswirkungen auf die Umwelt nach § 8 Abs. 4 Satz 1 durchzuführenden Maßnahmen.

(4) Im Falle der Beteiligung von Nachbarstaaten nach § 9 Absatz 4 werden die in den Absätzen 2 und 3 genannten Informationen der dort zuständigen Behörde übermittelt.

(1) Die Raumordnungsbehörde kann raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen sowie die Entscheidung über deren Zulässigkeit gegenüber den in § 4 genannten öffentlichen Stellen unbefristet untersagen, wenn Ziele der Raumordnung entgegenstehen.

(2) Die Raumordnungsbehörde kann raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen sowie die Entscheidung über deren Zulässigkeit gegenüber den in § 4 genannten öffentlichen Stellen befristet untersagen, wenn sich ein Raumordnungsplan in Aufstellung befindet und wenn zu befürchten ist, dass die Planung oder Maßnahme die Verwirklichung der vorgesehenen Ziele der Raumordnung unmöglich machen oder wesentlich erschweren würde. Die Dauer der Untersagung beträgt bis zu zwei Jahre. Die Untersagung kann um ein weiteres Jahr verlängert werden.

(3) Rechtsbehelfe gegen eine Untersagung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Die Grundsätze der Raumordnung sind im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nach § 1 Abs. 2 anzuwenden und durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren, soweit dies erforderlich ist.

(2) Grundsätze der Raumordnung sind insbesondere:

1.
Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben. Dabei ist die nachhaltige Daseinsvorsorge zu sichern, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Innovation sind zu unterstützen, Entwicklungspotenziale sind zu sichern und Ressourcen nachhaltig zu schützen. Diese Aufgaben sind gleichermaßen in Ballungsräumen wie in ländlichen Räumen, in strukturschwachen wie in strukturstarken Regionen zu erfüllen. Demographischen, wirtschaftlichen, sozialen sowie anderen strukturverändernden Herausforderungen ist Rechnung zu tragen, auch im Hinblick auf den Rückgang und den Zuwachs von Bevölkerung und Arbeitsplätzen; regionale Entwicklungskonzepte und Bedarfsprognosen der Landes- und Regionalplanung sind einzubeziehen. Auf einen Ausgleich räumlicher und struktureller Ungleichgewichte zwischen den Regionen ist hinzuwirken. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung sind langfristig offenzuhalten.
2.
Die prägende Vielfalt des Gesamtraums und seiner Teilräume ist zu sichern. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Städte und ländliche Räume auch künftig ihre vielfältigen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen können. Mit dem Ziel der Stärkung und Entwicklung des Gesamtraums und seiner Teilräume ist auf Kooperationen innerhalb von Regionen und von Regionen miteinander, die in vielfältigen Formen, auch als Stadt-Land-Partnerschaften, möglich sind, hinzuwirken. Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren, sie ist vorrangig auf vorhandene Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur und auf Zentrale Orte auszurichten. Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; es ist ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.
3.
Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen. Die soziale Infrastruktur ist vorrangig in Zentralen Orten zu bündeln; die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts sind flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren als zentrale Versorgungsbereiche zu schaffen. Dem Schutz kritischer Infrastrukturen ist Rechnung zu tragen. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität und ein integriertes Verkehrssystem zu schaffen. Auf eine gute Erreichbarkeit der Teilräume untereinander durch schnellen und reibungslosen Personen- und Güterverkehr ist hinzuwirken. Vor allem in verkehrlich hoch belasteten Räumen und Korridoren sind die Voraussetzungen zur Verlagerung von Verkehr auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Schiene und Wasserstraße zu verbessern. Raumstrukturen sind so zu gestalten, dass die Verkehrsbelastung verringert und zusätzlicher Verkehr vermieden wird.
4.
Der Raum ist im Hinblick auf eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie auf ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu entwickeln. Regionale Wachstums- und Innovationspotenziale sind in den Teilräumen zu stärken. Insbesondere in Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist (strukturschwache Räume), sind die Entwicklungsvoraussetzungen zu verbessern. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen. Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen ist Rechnung zu tragen. Ländliche Räume sind unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen und natürlichen Entwicklungspotenziale als Lebens- und Wirtschaftsräume mit eigenständiger Bedeutung zu erhalten und zu entwickeln; dazu gehört auch die Umwelt- und Erholungsfunktion ländlicher Räume. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Nahrungs- und Rohstoffproduktion zu erhalten oder zu schaffen.
5.
Kulturlandschaften sind zu erhalten und zu entwickeln. Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern sowie dem UNESCO-Kultur- und Naturerbe der Welt zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.
6.
Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. Bei der Gestaltung räumlicher Nutzungen sind Naturgüter sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen; Grundwasservorkommen und die biologische Vielfalt sind zu schützen. Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme sowie durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen. Beeinträchtigungen des Naturhaushalts sind auszugleichen, den Erfordernissen des Biotopverbundes ist Rechnung zu tragen. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland ist zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. Der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm und die Reinhaltung der Luft sind sicherzustellen. Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dabei sind die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für eine sparsame Energienutzung sowie für den Erhalt und die Entwicklung natürlicher Senken für klimaschädliche Stoffe und für die Einlagerung dieser Stoffe zu schaffen. Die nachhaltige Entwicklung im Meeresbereich ist unter Anwendung eines Ökosystemansatzes gemäß der Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135) zu unterstützen.
7.
Den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes ist Rechnung zu tragen.
8.
Die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum sowie für den Ausbau und die Gestaltung der transeuropäischen Netze sind zu gewährleisten. Raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Europäischen Union und der europäischen Staaten ist Rechnung zu tragen. Die Zusammenarbeit der Staaten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Städte und Regionen sind zu unterstützen.

(1) Die Raumordnungsbehörde kann raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen sowie die Entscheidung über deren Zulässigkeit gegenüber den in § 4 genannten öffentlichen Stellen unbefristet untersagen, wenn Ziele der Raumordnung entgegenstehen.

(2) Die Raumordnungsbehörde kann raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen sowie die Entscheidung über deren Zulässigkeit gegenüber den in § 4 genannten öffentlichen Stellen befristet untersagen, wenn sich ein Raumordnungsplan in Aufstellung befindet und wenn zu befürchten ist, dass die Planung oder Maßnahme die Verwirklichung der vorgesehenen Ziele der Raumordnung unmöglich machen oder wesentlich erschweren würde. Die Dauer der Untersagung beträgt bis zu zwei Jahre. Die Untersagung kann um ein weiteres Jahr verlängert werden.

(3) Rechtsbehelfe gegen eine Untersagung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Soweit der Raumordnungsplan nicht als Gesetz oder Rechtsverordnung verkündet wird, ist er oder seine Genehmigung oder der Beschluss über ihn öffentlich bekannt zu machen; mit der Bekanntmachung wird der Raumordnungsplan wirksam.

(2) Der Raumordnungsplan ist mit der Begründung und, soweit über die Annahme des Raumordnungsplans nicht durch Gesetz entschieden wird, einer Rechtsbehelfsbelehrung sowie im Falle einer durchgeführten Umweltprüfung mit der zusammenfassenden Erklärung nach Absatz 3 und der Aufstellung der Überwachungsmaßnahmen nach § 8 Absatz 4 Satz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten. Bei der Bekanntmachung nach Absatz 1 oder der Verkündung ist darauf hinzuweisen, wo die Einsichtnahme erfolgen kann. Bei der Bekanntmachung oder Verkündung von Raumordnungsplänen sowie bei der Bereithaltung von Raumordnungsplänen und von Unterlagen sollen elektronische Informationstechnologien ergänzend genutzt werden. § 9 Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend.

(3) Dem Raumordnungsplan ist eine zusammenfassende Erklärung beizufügen über die Art und Weise, wie die Umweltbelange und die Ergebnisse der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung in dem Aufstellungsverfahren berücksichtigt wurden, und aus welchen Gründen der Plan nach Abwägung mit den geprüften in Betracht kommenden anderweitigen Planungsmöglichkeiten gewählt wurde, sowie über die im Rahmen der Überwachung der Auswirkungen auf die Umwelt nach § 8 Abs. 4 Satz 1 durchzuführenden Maßnahmen.

(4) Im Falle der Beteiligung von Nachbarstaaten nach § 9 Absatz 4 werden die in den Absätzen 2 und 3 genannten Informationen der dort zuständigen Behörde übermittelt.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Die Grundsätze der Raumordnung sind im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nach § 1 Abs. 2 anzuwenden und durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren, soweit dies erforderlich ist.

(2) Grundsätze der Raumordnung sind insbesondere:

1.
Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben. Dabei ist die nachhaltige Daseinsvorsorge zu sichern, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Innovation sind zu unterstützen, Entwicklungspotenziale sind zu sichern und Ressourcen nachhaltig zu schützen. Diese Aufgaben sind gleichermaßen in Ballungsräumen wie in ländlichen Räumen, in strukturschwachen wie in strukturstarken Regionen zu erfüllen. Demographischen, wirtschaftlichen, sozialen sowie anderen strukturverändernden Herausforderungen ist Rechnung zu tragen, auch im Hinblick auf den Rückgang und den Zuwachs von Bevölkerung und Arbeitsplätzen; regionale Entwicklungskonzepte und Bedarfsprognosen der Landes- und Regionalplanung sind einzubeziehen. Auf einen Ausgleich räumlicher und struktureller Ungleichgewichte zwischen den Regionen ist hinzuwirken. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung sind langfristig offenzuhalten.
2.
Die prägende Vielfalt des Gesamtraums und seiner Teilräume ist zu sichern. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Städte und ländliche Räume auch künftig ihre vielfältigen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen können. Mit dem Ziel der Stärkung und Entwicklung des Gesamtraums und seiner Teilräume ist auf Kooperationen innerhalb von Regionen und von Regionen miteinander, die in vielfältigen Formen, auch als Stadt-Land-Partnerschaften, möglich sind, hinzuwirken. Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren, sie ist vorrangig auf vorhandene Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur und auf Zentrale Orte auszurichten. Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; es ist ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.
3.
Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen. Die soziale Infrastruktur ist vorrangig in Zentralen Orten zu bündeln; die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts sind flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren als zentrale Versorgungsbereiche zu schaffen. Dem Schutz kritischer Infrastrukturen ist Rechnung zu tragen. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität und ein integriertes Verkehrssystem zu schaffen. Auf eine gute Erreichbarkeit der Teilräume untereinander durch schnellen und reibungslosen Personen- und Güterverkehr ist hinzuwirken. Vor allem in verkehrlich hoch belasteten Räumen und Korridoren sind die Voraussetzungen zur Verlagerung von Verkehr auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Schiene und Wasserstraße zu verbessern. Raumstrukturen sind so zu gestalten, dass die Verkehrsbelastung verringert und zusätzlicher Verkehr vermieden wird.
4.
Der Raum ist im Hinblick auf eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie auf ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu entwickeln. Regionale Wachstums- und Innovationspotenziale sind in den Teilräumen zu stärken. Insbesondere in Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist (strukturschwache Räume), sind die Entwicklungsvoraussetzungen zu verbessern. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen. Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen ist Rechnung zu tragen. Ländliche Räume sind unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen und natürlichen Entwicklungspotenziale als Lebens- und Wirtschaftsräume mit eigenständiger Bedeutung zu erhalten und zu entwickeln; dazu gehört auch die Umwelt- und Erholungsfunktion ländlicher Räume. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Nahrungs- und Rohstoffproduktion zu erhalten oder zu schaffen.
5.
Kulturlandschaften sind zu erhalten und zu entwickeln. Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern sowie dem UNESCO-Kultur- und Naturerbe der Welt zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.
6.
Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. Bei der Gestaltung räumlicher Nutzungen sind Naturgüter sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen; Grundwasservorkommen und die biologische Vielfalt sind zu schützen. Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme sowie durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen. Beeinträchtigungen des Naturhaushalts sind auszugleichen, den Erfordernissen des Biotopverbundes ist Rechnung zu tragen. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland ist zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. Der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm und die Reinhaltung der Luft sind sicherzustellen. Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dabei sind die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für eine sparsame Energienutzung sowie für den Erhalt und die Entwicklung natürlicher Senken für klimaschädliche Stoffe und für die Einlagerung dieser Stoffe zu schaffen. Die nachhaltige Entwicklung im Meeresbereich ist unter Anwendung eines Ökosystemansatzes gemäß der Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135) zu unterstützen.
7.
Den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes ist Rechnung zu tragen.
8.
Die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum sowie für den Ausbau und die Gestaltung der transeuropäischen Netze sind zu gewährleisten. Raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Europäischen Union und der europäischen Staaten ist Rechnung zu tragen. Die Zusammenarbeit der Staaten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Städte und Regionen sind zu unterstützen.

(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.

(2) Zulässig sind

1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten,
3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe,
4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen,
6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter,
7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen,
2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.

(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Mit ihrem am 13. Juli 2006 per Telefax beim Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangenen Normenkontrollantrag verfolgt die Antragstellerin - eine im Süden der Insel Usedom Richtung polnischer Grenze gelegene Kommune mit annähernd 10 000 Einwohnern, in der die ursprünglich selbständigen Gemeinden Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin ("Kaiserbäder") sowie weitere Ortsteile seit Anfang 2005 (zunächst unter dem Namen "Dreikaiserbäder" - jetzt: Heringsdorf) zusammengeschlossen sind - ihr Begehren weiter, in dem Landesraumentwicklungsprogramm Mecklenburg-Vorpommern vom 03. Mai 2005 als Mittelzentrum ausgewiesen zu werden. Mit einem auf den gleichen Tag datierten Schriftsatz hat sie auch gegenüber dem Antragsgegner per Telefax eine fehlerhafte Anhörung und Abwägungsfehler im Planungsprozess gerügt.

2

In diesem Landesraumentwicklungsprogramm - LEP M-V - (Amtsbl. M-V 2005, Nr. 31 v. 15.07.2005, S. 797), das mit Landesverordnung vom 30. Mai 2005 (GVOBl. M-V 2005, S. 308, ausgegeben am 13.07.2005) - LEP-LVO M-V - festgestellt worden ist, sind in der Region lediglich Wolgast und Anklam als Mittelzentren ausgewiesen und sämtliche Inselgemeinden einem der beiden Mittelbereiche zugeordnet, so auch die Antragstellerin noch als "Dreikaiserbäder" dem Mittelbereich Wolgast.

3

Im Rahmen der Anhörung im Verfahren zur Aufstellung des Programms hatte die Antragstellerin mit Schreiben ihres damaligen Bürgermeisters vom 08. November 2004 beantragt, sie gemeinsam mit Ahlbeck und Bansin - in diesem Zeitpunkt noch selbständige Gemeinden - als Mittelzentrum auszuweisen, und dies näher begründet. Unter Berücksichtigung der Planungskriterien (Einwohnerzahlen, Beschäftigtenzahlen, Einpendlerzahlen) und der besonderen Bedingungen der Inselstruktur sei es wesentlich sachgerechter, auf der Insel selbst ein Mittelzentrum in Gestalt der Kaiserbäder vorzusehen. In der Dokumentation der Abwägung auf der zweiten Ebene ist hierzu im Wesentlichen ausgeführt, da im Raum Wolgast/Insel Usedom die Einwohnerzahl nicht ausreiche, um zwei Mittelzentren auszuweisen, könne nur entweder die Stadt Wolgast oder die Gemeinde Dreikaiserbäder als Mittelzentrum eingestuft werden; beide erfüllten an sich die übrigen Einstufungskriterien. Die Auswertung des sog. "Steingrube-Gutachtens" zu Zentrale-Orte-Verflechtungen, der Arbeitsmarkt/Pendlerdaten und des Einwohnerstandes ergebe Vorteile für die Stadt Wolgast, für die sich im Abstimmungsgespräch auf Fachebene auch das Amt für Raumordnung und Landesplanung und der Landkreis Ostvorpommern ausgesprochen hätten.

4

Die Antragstellerin hält ihre Nichtausweisung als Mittelzentrum für rechtswidrig. Wegen der Abhängigkeit der Höhe der Finanzzuweisungen nach dem Finanzausgleichsgesetz von der Einstufung im Zentrale-Orte-System sieht sie ihr kommunales Selbstverwaltungsrecht verletzt. Da die Raumordnungsprogramme nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Landesplanungsgesetz - LPlG - unmittelbare Bindungswirkung für die Gemeinden entfalteten, unterlägen sie ihrerseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die sich aus dem Recht der kommunalen Selbstverwaltung ergäben und aus dem Gemeinwohlvorbehalt, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Willkürverbot abzuleiten seien. Als Kontrollmaßstäbe seien insbesondere das Abwägungsgebot (gerade bei Planungsentscheidungen), das Anhörungsgebot mit Begründungspflicht, die Zielkontrolle mit Verbesserungsgebot, die Kontrolle der Sachverhaltsermittlung, die Prognosekontrolle, die Eignungs- und Erforderlichkeitsprüfung, die Verhältnismäßigkeitsprüfung, das Gebot der Systemgerechtigkeit und das Willkürverbot zu nennen. Sie sei zwar zu der beabsichtigten Maßnahme angehört worden; ihr seien aber nicht im Einzelnen überzeugende Gründe mitgeteilt worden, die die Einstufung lediglich als Grundzentrum rechtfertigten. Die getroffene Einstufungsentscheidung sei nicht sachgerecht und deswegen abwägungsfehlerhaft. Sie, die Antragstellerin, erfülle die Maßstäbe, an denen der Verordnungsgeber seine Festlegung der Mittelzentren ausgerichtet habe; diese dürften nicht schematisch angewendet werden, sondern hätten an die jeweiligen Verhältnisse angepasst werden müssen. Bei einer raumstrukturellen Betrachtung hätten ihrem Mittelbereich mehr Einwohner zugerechnet werden müssen; ihr Bürgermeister habe auf die Sondersituation als Seebad, die Lage in der Grenzregion zu Polen, ihre hohe Fremdenverkehrsfunktion und insbesondere ihre zentralörtliche Bedeutung im Hinblick auf den angrenzenden polnischen Raum hingewiesen, die noch durch die Öffnung und Durchlässigkeit der deutsch-polnischen Grenze als Folge der EU-Erweiterung verstärkt werde. All dies sei ebenso wenig in die Abwägung einbezogen worden wie die - damals geplante und inzwischen realisierte - Verbesserung der Verkehrsbeziehungen zu Polen durch Weiterführung der Usedomer Bäderbahn bis in das Ortszentrum von Swinemünde, der Umstand, dass in den Kindergärten, in Grund- und Regionalschule und im Gymnasium auf dem Gebiet der Antragstellerin Polnischunterricht vorgehalten und gemeinsamer Unterricht abgehalten werde, und das immer engere Zusammenwachsen des Wohnungsmarktes. Die Übernachtungszahlen sowie die Ein- und Ausreisen wiesen erhebliche Steigerungsraten auf. Die Verflechtungsintensität mit der Nachbarstadt Swinemünde werde immer stärker. Zumindest hätten aber Wolgast und Heringsdorf gemeinsam als Mittelzentrum ausgewiesen werden müssen.

5

Mit der Formulierung ihres Antrages versuche sie, in Orientierung an § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO den Besonderheiten einer landesplanerischen Ausweisung vor dem Hintergrund des gestuften Verfahrens Rechnung zu tragen, in dem das Landesraumentwicklungsprogramm selbst lediglich Mittel- und Oberzentren namentlich benenne und hinsichtlich der Grundzentren nur die Maßstäbe feststelle, anhand deren die Regionalplanung diese dann festlege.

6

Die Antragstellerin beantragt,

7

die Landesverordnung über das Landesraumentwicklungsprogramm Mecklenburg-Vorpommern vom 30. Mai 2005 für unwirksam zu erklären, soweit darin die Antragstellerin nicht als Mittelzentrum ausgewiesen ist (3.2.2/3.2.3).

8

Der Antragsgegner beantragt,

9

den Antrag abzulehnen.

10

Er hält den Normenkontrollantrag bereits für unzulässig, jedenfalls sei er unbegründet.

11

Es sei fraglich, ob man bei einem Plan, der Norm sei, durch Feststellungsklage den Normgeber zu einer Ergänzung der Norm verpflichten könne. Selbst wenn das Gericht der Auffassung sein sollte, die in Plansatz 3.2.3. formulierten Anforderungen seien aus rechtlichen Gründen fehlerhaft, hätte dies vorliegend keine Bedeutung und die Antragstellerin erreichte nicht das, was sie begehre. Gewollt sei wohl, den Plansatz 3.2.2 (3) dahin zu ergänzen, dass auch die Antragstellerin als Mittelzentrum in die Liste aufgenommen werde. Unstreitig sei die Antragstellerin allerdings von dem Plansatz 3.2.3 betroffen.

12

Das Land Mecklenburg-Vorpommern bekenne sich zum Zentrale-Orte-Konzept, dessen Bedeutung in den letzten Jahren deutlich gestiegen sei. Sinn und Zweck dieses Konzeptes sei, Versorgungseinrichtungen, technische, soziale, kulturelle, Verwaltungs-, Sport- und Bildungs-Infrastruktur zu bündeln und damit eine Vielzahl positiver Effekte zu erreichen. Angesichts des zu erwartenden dramatischen Bevölkerungsschwunds und sinkender Fördergelder müssten für den Einsatz der abnehmenden öffentlichen Mittel konzeptionell Schwerpunkte gebildet werden. Diesen Strukturwandel solle das Landesraumentwicklungsprogramm durch seine Straffung des Zentrale-Orte-Prinzips mit staatlichen Maßnahmen flankieren. Um überhaupt noch flächendeckend eine Infrastruktur und Daseinsvorsorgeeinrichtungen zu gewährleisten, habe die Zahl der in dieses System eingebundenen Orte erheblich reduziert werden müssen. Notwendigerweise beinhalte die Bündelungsfunktion, dass nicht oder nur auf niedrigerer Stufe einbezogene Orte nicht oder nur in geringerem Umfang profitierten. Die Aufteilung auf gemeinsame Zentrale Orte mit Teilfunktionen könne nur in extremen Ausnahmefällen eine Lösung sein. Bisher hätten trotz des EU-Beitritts von Polen noch kaum nennenswerte Verflechtungsbeziehungen bestanden, so dass man diesen besonderen Belang jedenfalls für den hier maßgeblichen Planungszeitraum (bis 2015) habe außer Betracht lassen können.

13

Die Antragstellerin, die als Trägerin hoheitlicher Gewalt nicht einem schutzbedürftigen Bürger gleichstehe, sei im Planaufstellungsverfahren ordnungsgemäß angehört worden; sie habe gewusst, dass sie nicht als Mittelzentrum habe eingestuft werden sollen. Die von ihr dagegen vorgetragenen Belange seien in die Abwägung eingestellt und angemessen gewichtet, letztlich aber nicht berücksichtigt worden.

14

Die Landesregierung habe in der Sache ein an objektiven Kriterien messbares Schema verfolgt, das in allen Situationen für alle Gemeinden des Landes eine Entscheidung nach einem einheitlichen Maßstab finden könne (für Mittelzentren z.B. 10.000 Einwohner in der Gemeinde, 30.000 im Mittelbereich und entweder 4.000 Beschäftigte oder 2.000 Einpendler). Es bestehe ein direkter Zusammenhang zwischen Siedlungsgröße und Zentralität. Bedeutsam sei die Zahl der Einwohner im Verflechtungsbereich, denn gerade für sie solle ja der Zentrale Ort die entsprechenden Infrastrukturleistungen vorhalten; die Arbeitsplatzzentralität spiegele die entsprechend hohe Bedeutung wieder.

15

Die Antragstellerin habe zum Stichtag mit 9452 Einwohnern um 550 unter der maßgeblichen Grenze gelegen, ferner bei der Einwohnerzahl eines gedachten Mittelbereichs, der sogar zu ihren Gunsten die im Süden der Insel an sich nach Anklam hin orientierten Einwohner erfasse, mit 21.392 Einwohnern um rund 30% unter der Grenze von 30.000. Bei sachgerechter funktionsräumlicher Zuordnung der jeweiligen Nahbereiche und Formung der Mittelbereiche in Auswertung der ermittelten Verflechtungsbeziehungen sei die abschließende Entscheidung nicht zu beanstanden, lediglich Wolgast und Anklam als Mittelzentren auszuweisen. Im Nahbereich orientierten sich lediglich die Gemeinden des Amtes Usedom-Süd - ausgenommen Zempin und Koserow, die sich ebenso wie alle Gemeinden des Amtes Usedom-Nord und Lütow aus dem Amt am Peenestrom nach Zinnowitz hin orientierten - nach Heringsdorf. Die Gemeinden Usedom, Rankwitz und Stolpe orientierten sich nach Anklam. Daraus folge dann wiederum auch die funktionsräumliche Ausrichtung der Mittelbereiche. Die Arbeitseinpendlerströme aus dem Amt Usedom-Nord seien deutlich stärker auf Wolgast hin orientiert als auf Heringsdorf (599 zu 199), das keine signifikanten Einpendlerzahlen verbuche. Entgegen der tatsächlichen Situation benötigte Heringsdorf daher als Einwohner im Mittelbereich praktisch alle Einwohner der Insel Usedom. Wegen des zu erwartenden demografischen Wandels werde sich deren Zahl zudem insgesamt weiter reduzieren.

16

Die Schaffung eines gemeinsamen Mittelzentrums sei mangels städtebaulichen Siedlungszusammenhangs zwischen Wolgast und Heringsdorf nicht in Betracht gekommen.

17

Am 25. Mai 2010 hat das Kabinett das in Umsetzung des Landesraumentwicklungsprogramms 2005 vom zuständigen Planungsverband erarbeitete und am 02. Juli 2009 beschlossene Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern (mit Ausnahmen, die nicht das Zentrale-Orte-System betreffen) als Rechtsverordnung beschlossen; deren Veröffentlichung steht noch aus. Darin ist Heringsdorf als Grundzentrum ausgewiesen (Nr. 3.2.4).

18

Das Gericht hat unter Hinweis auf § 47 Abs. 2 Satz 3 VwGO den Städten Wolgast und Anklam Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Die Stadt Wolgast vertritt unter umfangreicher Darlegung ihrer städtischen Wohn-, Wirtschafts- und Siedlungsstruktur die Auffassung, sie erfülle voll umfänglich die Anforderungen an ein Mittelzentrum und bilde das Zentrum wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Aktivitäten in der Region. Sie sehe sich bereits durch die geplanten Entwicklungen der Grundzentren und der touristischen Siedlungsschwerpunkte auf der Insel Usedom in der weiteren Entwicklung als Mittelzentrum erheblich eingeschränkt. Heringsdorf befinde sich in direkter Nachbarschaft zur Stadt Swinoujscie (Swinemünde) in Polen mit weit über 40 000 Einwohnern. Im Grunde übernehme diese Stadt durch die europäische Erweiterung in Bezug auf die zentralörtlichen Funktionen ähnliche Funktionen wie das Oberzentrum Greifswald. Eine Ausweisung von Heringsdorf als Mittelzentrum hätte zur Folge, dass für einen viel zu dünn besiedelten Raum sehr viel Infrastruktur vorgehalten werden müsse; dabei stehe die besondere Funktion und Aufgabe dieser Gemeinde für den Tourismus außer Frage.

19

Die Stadt Anklam hat sich nicht geäußert.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten und der in das Verfahren eingeführten Behördenakten sowie das Landesraumentwicklungsprogramm selbst verwiesen.

Entscheidungsgründe

21

Der Antrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG statthaft und auch sonst zulässig (I.); er hat jedoch in der Sache keinen Erfolg(II.).

I.

22

Das Landesraumentwicklungsprogramm Mecklenburg-Vorpommern kann schon deswegen Gegenstand einer Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sein, weil es auf der Grundlage des § 7 Abs. 3 Satz 1 Landesplanungsgesetz - LPlG - i.d.F. der Bekanntmachung vom 05.Mai 1998 (GVOBl. M-V, S. 503, 613) von der Landesregierung festgestellt und als Rechtsverordnung (GVOBl. M-V 2005, S. 308) - LEP-LVO M-V - erlassen worden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217, 220 unter Hinweis auf BVerwGE 81, 128 u. BVerwGE 80, 355; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. § 47 Rn. 118 m.w.N.; zu Festsetzungen in Regionalen Raumordnungsprogrammen vgl. entsprechend Urt. des Senats v. 29.09.2005 - 4 K 40/02 -, 25.06.2002 - 4 K 16/99 -, 19.01.2001 - 4 K 33/99 -, 07.09.2000 - 4 K 34/99 -).

23

Der am 13. Juli 2006 beim OVG eingegangene Antrag wahrt die in der seinerzeit noch geltenden Fassung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO geregelte zweijährige Antragsfrist ab Bekanntmachung der angegriffenen Rechtsvorschrift auch dann, wenn man für die Berechnung der Jahresfrist auf die am 13. Juli 2005 erfolgte Bekanntmachung abstellt. Die durch Gesetz vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I, S. 3316) vorgenommene Verkürzung der Antragsfrist auf ein Jahr und die Übergangsvorschrift des § 195 Abs. 7 VwGO spielen hier keine Rolle. Erst recht ist nicht von Bedeutung, dass nach § 2 Abs. 1 Satz 2 LEP-LVO M-V die Regelung im Landesraumentwicklungsprogramm über Zentrale Orte unter Nr. 3.2 ohnehin erst am 01. Januar 2006 in Kraft getreten ist.

24

Schon mit Blick auf Art. 73 Abs. 2 der Landesverfassung Mecklenburg-Vorpommern - LV - ist die Antragstellerin auch antragsbefugt i.S.d. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, denn ihre qualitative Einstufung im Zentrale-Orte-System hat nach den Vorschriften des Finanzausgleichsgesetzes - FAG - unmittelbare Folgen für ihre Finanzausstattung; nach den Regelungen über Zuweisungen für übergemeindliche Aufgaben in § 10e FAG (i.d.F. der Bekanntmachung v. 12.01.2006, GVOBl. M-V 2006, S. 22; jetzt § 16 FAG M-V v. 10.11.2010, GVOBl. M-V 2010, S. 606) waren und sind unterschiedlich hohe Grundbeträge für Ober-, Mittel- und Grundzentren vorgesehen. Aber auch im Übrigen bindet eine Festlegung im Zentrale-Orte-System die Antragstellerin z.B. als Planungsträger bei öffentlichen Planungen und kann nach den Vorgaben des Raumordnungsrechts des Bundes Anpassungsgebote auslösen; so ist die Festsetzung der Mittelzentren als bindende Zielfestlegung im Sinne des Raumordnungsrechts gestaltet. Es kann dahinstehen, ob sich eine Antragsbefugnis der Antragstellerin auch aus § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO mit Blick auf ihre Behördeneigenschaft ergeben würde.

25

Da der Antrag jedenfalls in der Sache keinen Erfolg hat, muss nicht weiter auf die Frage eingegangen werden, ob der von der Antragstellerin gestellte Antrag, mit dem sie weder ihre Aufnahme als Mittelzentrum in das Landesraumentwicklungsprogramm fordert noch die Einstufung von Wolgast und/oder Anklam als Mittelzentren aufzuheben verlangt, so überhaupt Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens sein kann, ihrem Begehren tatsächlich umfassend Rechnung trägt und wie im Erfolgsfalle zu tenorieren wäre. Ein Antrag auf Normergänzung, der darauf gerichtet ist, einen von einer bereits existierenden Rechtsvorschrift nicht berücksichtigten Sachverhalt in den Geltungsbereich einer Norm einzubeziehen, wird wohl im Normenkontrollverfahren - anders als der Normerlassantrag - als zulässig angesehen, wobei in analoger Anwendung des § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO dahingehend zu tenorieren wäre, dass der Normgeber durch sein teilweises Unterlassen gegen höherrangiges Recht verstoßen habe; eine Ausdehnung der Norm durch das Oberverwaltungsgericht selbst dürfte wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung nicht möglich sein (vgl. zur Problematik insgesamt Ziekow in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 47 Rn. 70 m.w.N.; Sodan, NVwZ 2000, 601; siehe auch OVG Saarlouis, Urt. v. 27.11.2008 - 2 C 120/07 -, juris).

II.

26

Der Senat hat weder Verfahrens- oder Formfehler im Planaufstellungsverfahren erkannt (1.) noch feststellen können, dass der Antragsgegner die Ausweisung der Antragstellerin als Mittelzentrum in rechtsfehlerhafter Weise unterlassen hätte (2.). Die Entscheidung, im Ergebnis bei der Festlegung von Mittelzentren im Raum Ostvorpommern Wolgast und Anklam den Vorzug zu geben, hält sich im Rahmen des dem Verordnungsgeber eingeräumten landesplanerischen Ermessens, das wie auch andere vergleichbare Planungsentscheidungen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt.

27

1. Zwar hat die Antragstellerin ihre verfahrensbezogenen Rügen durch Übermittlung des Antragsschriftsatzes am 13. Juli 2006 zeitgleich mit der Antragstellung bei Gericht auch unmittelbar an den Antragsgegner diesem gegenüber form- und fristgerecht im Sinne des § 5 Abs. 3 LPlG a.F. erhoben; die dort genannte Jahresfrist ist auch dann gewahrt, wenn man für ihren Beginn auf das Inkrafttreten der Verordnung und damit des Landesraumentwicklungsprogramms insgesamt am Tage nach der Verkündung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LEP-LVO M-V) abstellt, die im Gesetz- und Verordnungsblatt vom 13. Juli 2005 (S. 308) erfolgt ist, und nicht auf den Tag des Inkrafttretens der Regelung über die zentralen Orte in Nr. 3.2 des Landesraumentwicklungsprogramms, die hier ausschließlich angegriffen und erst 01. Januar 2006 in Kraft getreten ist (§ 2 Abs. 1 Satz 2 LEP-LVO M-V).

28

Jedoch sind Verletzungen von Verfahrens- oder Formvorschriften nicht ersichtlich. Insbesondere trägt der Vorwurf einer nicht ordnungsgemäßen Anhörung der Antragstellerin nicht. Das in § 7 Abs. 1 und 2 LPlG a.F. vorgeschriebene zweistufige Verfahren ist eingehalten worden; danach war den Beteiligten - dabei mittelbar über die Landkreise auch den kreisangehörigen Gemeinden - unter Mitteilung der Planungsabsicht bereits vor Erarbeitung des Landesraumordnungsprogramms Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Sodann war der erarbeitete Entwurf den Beteiligten unter Angabe einer Frist zur Stellungnahme zuzuleiten. Dieser Beteiligung der kommunalen Ebene vor der Beschlussfassung über die zentralörtliche Gliederung hat der Senat schon in früheren Entscheidungen (vgl. Beschl. v. 29.09.2005 - 4 K 40/02 -) besondere Bedeutung beigemessen. Sie diene - ebenso wie bei Bestands- und Gebietsänderungen im Rahmen kommunaler Neugliederungen oder bei Veränderungen der Ämterstruktur - dem Schutz des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts und der umfassenden Ermittlung des Sachverhalts und der betroffenen Interessen mit dem Zweck der Sicherstellung eines bestmöglichen Entscheidungsergebnisses sowie ferner der prozeduralen Absicherung des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts; sie solle den betroffenen Gebietskörperschaften ermöglichen, "die beabsichtigte Maßnahme in eine ihre Interessen wahrende Richtung zu lenken oder durch eigene Initiative selbst dafür Sorge zu tragen, dem gesetzlichen Leitbild (vorliegend wäre zu ergänzen: zur Ausfüllung des Zentrale-Orte-Systems) zu entsprechen" (so BVerfG, B. v. 19.11.2002 - BvR 329/97 -, BVerfGE 107, 1 <24>).

29

Dabei ist - so der Senat in seinem Beschluss vom 06. Januar 2005 (- 4 M 332/04 -, NordÖR 2005, 163), der die Anforderungen an die Anhörung in dem durchaus vergleichbaren Verfahren zur Neuordnung der Ämterstruktur beschreibt - zu berücksichtigen, dass es gerade Sinn einer Anhörung ist, dass der Entscheidungsträger "ergebnisoffen" die Position möglichst aller von geplanten Maßnahmen Betroffenen ermittelt, sie zur Kenntnis nimmt, abwägt und sich dann für eine Lösung entscheidet. Schon daraus ergibt sich, dass selbst der Umstand, dass ein Planungsträger von seiner im Anhörungsschreiben bzw. im Planentwurf zum Ausdruck gebrachten vorläufigen Meinungsbildung abrückt und sich im Ergebnis für eine andere Struktur der Neuordnung entscheidet, zu der nicht erneut angehört wird, als solcher die Anhörung nicht fehlerhaft macht, es sei denn, die nunmehr gewählte Lösung stellte sich als völliges aliud zu den bisher in der Diskussion befindlichen Entscheidungsmöglichkeiten dar.

30

Vorliegend hat der Antragsgegner von Anfang an deutlich gemacht, an welchen Einstufungskriterien sich die Festlegungen im Zentrale-Orte-System orientieren sollten und warum aus Sicht der übergeordneten Landesplanung Überwiegendes dafür sprach, in Anwendung der abstrakten Kriterien nach Abwägung mit der Antragstellerin und unter Berücksichtigung der Besonderheiten einer Insellage letztlich doch Wolgast und Anklam als Mittelzentren einzustufen. Darauf, ob aus der Sicht der Antragstellerin diese angeführten Gründe "überzeugend" waren, kommt es für die Frage der Ordnungsgemäßheit des Anhörungsverfahrens nicht an.

31

Die Antragstellerin hat von den ihr eingeräumten Möglichkeiten der Äußerung Gebrauch gemacht; ihre über den Landkreis Ostvorpommern eingebrachten Einwände (siehe insbesondere das Schreiben des damaligen Bürgermeisters vom 08.11.2004) hat der Antragsgegner ausweislich der Abwägungsdokumentation zur Kenntnis genommen und in die Abwägung eingestellt. Ob den Einwendungen in der Sache hätte Rechnung getragen werden müssen, ist keine Frage des Verfahrens, sondern eine inhaltliche.

32

2. Der angegriffene Teil des durch Landesverordnung festgestellten Raumentwicklungsprogramms ist auch materiell rechtmäßig. Die von der Antragstellerin geltend gemachten Rechtsverstöße liegen nicht vor. Insbesondere ist ein Abwägungsmangel - der, läge er vor, nur unter den Einschränkungen des § 5 Abs. 4 LPlG a.F. Wirkung entfalten könnte - nicht feststellbar.

33

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat sich bei der Aufstellung von Raumordnungs- bzw. Raumentwicklungsprogrammen - die nach § 4 Abs. 2 LPlG die anzustrebende Entwicklung für einen längerfristigen Planungszeitraum von in der Regel 10 Jahren festlegen sollen - der Abwägungsvorgang im Grundsatz an den Vorgaben zu orientieren, die für die Aufstellung von Bauleitplänen und die dabei zu beachtenden Abwägungsschritte entwickelt worden sind. Insbesondere sind auch im Raumordnungsverfahren das Gebot der gerechten Abwägung und die daraus entwickelten Grundsätze zu beachten. Danach muss eine Abwägung überhaupt stattfinden, in die Abwägung muss an Belangen eingestellt werden, was nach Lage der Dinge zu berücksichtigen ist, und diese planungserheblichen Belange müssen gegen- und untereinander gerecht abgewogen werden. Dabei hängt das Maß der Abwägung auch vom Grad der Konkretheit der raumordnungsrechtlichen Zielbestimmung ab (zu Regionalen Raumordnungsprogrammen vgl. insoweit Urt. v. 30.08.2000 - 4 K 28/99 -, UA S. 14; Beschl. v. 29.09.2005 - 4 K 40/02 -, UA S. 10). Zu berücksichtigen ist daher, dass es sich bei der Raumordnung nicht um eine Fachplanung handelt, sondern um eine rahmenrechtliche Planung, die in der Regel noch Raum lässt für eigene Abwägungsentscheidungen anderer Planungsträger und mit der Ziele für künftige Entwicklungen formuliert und damit Schwerpunkte gesetzt werden dürfen und sollen; erst recht gilt dies für die Ausgestaltung des Zentrale-Orte-Prinzips in Umsetzung des § 6 Abs. 3 LPlG a.F., die auf der Ebene eines Landesraumentwicklungsprogramms gekennzeichnet ist vom Ineinandergreifen der darin formulierten allgemeinen Kriterien für die Ausweisung der Zentralen Orte der Nahbereichsstufe in den regionalen Raumordnungsprogrammen einerseits und abschließender Festlegungen der Zentralen Orte für die Ober- und Mittelbereiche andererseits. Der Landesgesetzgeber hat sich von Anfang an grundsätzlich für dieses "Zentrale-Orte-Prinzip" in der Landesplanung entschieden und hält daran weiterhin fest. Erstmals umgesetzt wurde dieses Prinzip in dem Ersten Landesraumordnungsprogramm Mecklenburg-Vorpommern - LROP - vom 16. Juli 1993 (Amtsbl. M-V 1993, Sonderausgabe vom 30.07.1993), das mit Verordnung vom 16. Juli 1993 (GVOBl. M-V 1993, S. 733) für verbindlich erklärt wurde. Dort war noch eine insgesamt vierstufige Kategorisierung vorgesehen (Oberzentren - Mittelzentren [ggfs. nur mit Teilfunktion] - Unterzentren - Ländliche Zentralorte). Demgegenüber hat der Verordnungsgeber - in Auswertung der Erfahrungen der Vergangenheit und in Reaktion auf veränderte Rahmenbedingungen und Entwicklungstendenzen, insbesondere die Prognose einer deutlich abnehmenden Bevölkerung und zurückgehender staatlicher Mittel, den wirtschaftlichen Strukturwandel und die fortschreitende Integration Europas (dargestellt unter Abschnitt 1. des LEP M-V) - im Landesraumentwicklungsprogramm 2005 eine Straffung vorgenommen und sich für eine Dreistufigkeit (Oberzentren - Mittelzentren - Grundzentren [mit Gemeindehauptorten]) entschieden. Dies wiederum hatte veränderte Anforderungen in Bezug auf die maßgeblichen Zentralitätskriterien wie Städtischer Siedlungskern, Einwohnerzahlen in den Gemeinden selbst und in den Ober-, Mittel- und Nahbereichen, Beschäftigtenzahlen, Einpendlerzahlen, vorhandene Infrastruktureinrichtungen zur Folge (vgl. Abb. 8 LEP M-V), die - teilweise nach Maßgabe von Mindestzahlen - alle oder jedenfalls ganz überwiegend erfüllt sein müssen.

34

Nach Nr. 3.2 LEP M-V sollen Zentrale Orte "überörtliche Bündelungsfunktion übernehmen und als Schwerpunkte der wirtschaftlichen Entwicklung, Versorgung, Siedlungsentwicklung, kulturellen, Bildungs-, sozialen und Sportinfrastruktur und Verwaltungsinfrastruktur vorrangig gesichert und ausgebaut werden", sie sollen "so entwickelt werden, dass die infrastrukturelle Versorgung der Bevölkerung ihres Verflechtungsbereichs sichergestellt ist, wobei Maßstab der Entwicklung die Tragfähigkeit des Verflechtungsbereichs sein soll".

35

Dafür, dass schon die dargestellten Maßstäbe für die Einstufung in die unterschiedlichen Kategorien von Zentralen Orten oder die gewählten Kriterien und Zielsetzungen selbst auf unsachlichen Erwägungen beruhen oder schlechthin untauglich sind, eine "nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung des Landes im Interesse seiner Menschen" (siehe Vorwort zum LEP M-V, Abs. 1) zu fördern, hat die Antragstellerin nichts vorgetragen und ist auch sonst nichts ersichtlich.

36

Gemessen an den vorgenannten Maßstäben für eine ordnungsgemäße Abwägung und unter Berücksichtigung der dargestellten Zielsetzungen im Zentrale-Orte-System ist ein im Sinne des § 5 Abs. 4 LPlG a.F. beachtlicher Abwägungsmangel bei der hier streitigen Ausweisung der Städte Wolgast und Anklam als Mittelzentren ohne gleichzeitige Verleihung dieses Status an die Antragstellerin bzw. alternativ zu einem der beiden Orte nicht ersichtlich.

37

Für einen Abwägungsausfall dergestalt, dass der Verordnungsgeber die Interessen der Antragstellerin überhaupt nicht wahrgenommen oder ihre Gewichtung offensichtlich verkannt hätte, ist vorliegend nichts ersichtlich. Die - auch von der Antragstellerin in Bezug genommene - Abwägungsdokumentation weist aus, dass der Verordnungsgeber die Probleme gesehen hat, die sich bei Anwendung der von ihm selbst gesetzten Kriterien in der fraglichen Region stellen, und ihm die im Vorfeld gewonnenen Erkenntnisse über die von ihm für maßgeblich erachteten Verhältnisse in den drei betroffenen Kommunen - insbesondere auch das Zahlenmaterial - vorlagen. Die einzelnen Aspekte, die für und gegen die jeweils möglichen Einstufungen der in Frage kommenden Gemeinden als Mittelzentrum sprechen könnten, sind benannt. Anhaltspunkte dafür, dass bedeutsame Belange vom Planungsträger offensichtlich übersehen wurden, sind nicht ersichtlich. Dabei muss die niedergelegte Abwägungsdokumentation nicht auf jeden Einzelaspekt ausführlich eingehen.

38

Auch bei der konkreten Abwägung der Belange gegen- und untereinander sind Mängel nicht erkennbar. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass die Belange der Antragstellerin unverhältnismäßig und unvertretbar zurückgesetzt worden wären. Im Gegenteil weist die Abwägungsdokumentation aus, dass der Planungsträger speziell die - auch von anderen Einwendern unterstützten - Einwendungen der Antragstellerin in den Blick genommen und - ausgehend von seiner Einschätzung dass "im Raum Wolgast/Insel Usedom die Einwohnerzahl nicht ausreicht, um für zwei Mittelzentren die ... erforderliche Anzahl von jeweils 30 000 Einwohnern für den jeweiligen Mittelbereich zu stellen", so dass "entweder nur die Stadt Wolgast oder die Gemeinde Dreikaiserbäder (beide Gemeinden erfüllen die anderen Einstufungskriterien) als Mittelzentrum eingestuft werden kann" - daraufhin eine "Analyse durchgeführt hat, in deren Ergebnis eine Entscheidung zugunsten der Stadt Wolgast getroffen wurde". Dabei wurden nicht nur die Ergebnisse des sog. "Steingrube-Gutachtens" zu Zentrale-Orte-Verflechtungen, die Arbeitsmarkt/pendlerdaten und der Einwohnerstand der betroffenen Gemeinden analysiert, wobei "alle drei Analysen Vorteile für die Stadt Wolgast ergeben hätten", sondern es fand auch ein Abstimmungsgespräch mit Vertretern des Amtes für Raumordnung und Landesplanung Vorpommern und des Landkreises Ostvorpommern statt. Beide votierten für den Fall, dass nicht Wolgast und Dreikaiserbäder zugleich als Mittelzentrum eingestuft werden könnten, für Wolgast.

39

Dass den erforderlichen Einwohnerzahlen im Mittelbereich und den bestehenden Verflechtungsbeziehungen besondere Bedeutung zuerkannt wurde, ist mit Blick auf die dem Zentrale-Orte-Prinzip generell zugemessene Bündelungsfunktion beim Einsatz finanzieller, aber auch sonstiger Ressourcen und das dabei der "Tragfähigkeit des Verflechtungsbereichs" zugewiesene besondere Gewicht nicht zu beanstanden.

40

Der Senat hat vor allem nicht erkennen können, dass in diesem Zusammenhang von falschen Annahmen ausgegangen worden wäre. Wenn der Planungsträger zugrunde gelegt hat, dass die beiden konkurrierenden Gemeinden Wolgast und Dreikaiserbäder die "anderen Einstufungskriterien erfüllten", ist zugunsten der Antragstellerin mit seinerzeit knapp 9 500 Einwohnern bereits berücksichtigt, dass die "mit konkreten Schwellenwerten (Zahlen) belegten Kriterien als erfüllt gelten können, wenn zumindest 90% des vorgegebenen Wertes erreicht werden" (so LEP M-V, Text zu Abb. 8 a.E.). Demgegenüber wies Wolgast 13 083 Einwohner auf, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse dort überwog mit 5 089 ebenfalls die der Antragstellerin mit 4 285. Soweit die Antragstellerin in ihren Einwendungen bei der Zahl der Einpendler nach den Zahlen vom 30. Juni 2002 für sich (2 992) einen Vorteil gegenüber Wolgast (2 868) sah, muss berücksichtigt werden, dass bei allen Zählungen vor dem Zusammenschluss der selbständigen Gemeinden Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin als "Einpendler" auch diejenigen gerechnet worden sind, die in einem dieser Orte wohnten und im anderen arbeiteten. Auf der Berechnungsgrundlage einer einheitlichen Gemeinde ("Heringsdorf neu") hatte - wie sich aus der vom Antragsgegner erstellten Auswertung ergibt, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, - am 30. Juni 2004 dementsprechend die Antragstellerin 2 198 Einpendler aufgewiesen, die Stadt Wolgast 2 666.

41

Soweit sich die Antragstellerin zur Hervorhebung ihrer besonderen Situation auf die Insel- und zugleich Grenzlage zu Polen und die wirtschaftlichen und verkehrlichen Verflechtungsbeziehungen dorthin beruft, ist dem entgegenzuhalten, dass in der Raumordnung und Landesplanung grundsätzlich die Zuständigkeit des Planungsträgers an den Landesgrenzen endet. Damit können auch planungsbezogene Einstufungskriterien bei Raumentwicklungsprogrammen nur auf Flächen und Sachverhalte innerhalb des Landes angewendet werden. Zwar beinhaltet Raumordnung und Landesplanung als Aufgabe des Landes u.a. auch, "die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit den angrenzenden Bundesländern und den Nachbarstaaten zu fördern und raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen, die erhebliche Auswirkungen auf Nachbarstaaten haben können, nach den Grundsätzen der Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit abzustimmen" (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 LPlG); ebenso haben Raumordnung und Landesplanung "darauf hinzuwirken, dass in der Europäischen Union sowie bei der Raumordnung und den raumbedeutsamen Fachplanungen des Bundes einschließlich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und der Länder den Belangen des Landes Mecklenburg-Vorpommern Rechnung getragen wird" (§ 1 Abs. 2 LPlG). Von diesen Bestimmungen wird jedoch das Zentrale-Orte-System im Planungsinstrument Landesraumentwicklungsprogramm ersichtlich nicht erfasst. Würde man aber gleichwohl die Staatsgrenze außer Acht lassen wollen und die Grenzregion einheitlich unter landesplanerischen Gesichtspunkten betrachten, könnten nicht lediglich einzelne Aspekte zugunsten der Antragstellerin herausgegriffen werden; angesichts der Einwohnerzahl (rund 41 000) und der deutlich stärker städtisch geprägten Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur von Swinoujscie wäre dann wohl vorrangig dieser Stadt die Funktion eines Mittelzentrums zuzuschreiben.

42

Dass der Planungsträger von einer Ausweisung von Wolgast und Heringsdorf als gemeinsames Mittelzentrum Abstand genommen hat, ist ebenfalls Ausfluss seines planerischen Ermessens; wenn er sich insoweit ersichtlich an die von ihm selbst festgelegten Kriterien gebunden gesehen hat, wonach mehrere Gemeinden zusammen nur dann als Mittel- oder Grundzentrum eingestuft werden können, wenn die Gemeindehauptorte eine städtebaulich zusammenhängende Siedlungsstruktur aufweisen (siehe Nr. 3.2 Abs. 6 LEP M-V), ist dies nicht fehlerhaft. Auf diese Regelung hätten sich die Gemeinden Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin berufen können, um antragsgemäß zumindest auch dann gemeinsam Grundzentrum - oder gar Mittelzentrum - zu werden, wenn sie weiterhin selbständige Gemeinden geblieben wären. Zwischen Wolgast und der Antragstellerin jedenfalls ist eine derartige örtliche Situation zweifelsfrei nicht gegeben, ebenso nicht in Bezug auf Anklam.

43

Auch auf den Umstand, dass eine derartige Ausweisung in einem Fall auf Ebene der Oberzentren - die als "wichtigste Wirtschaftsstandorte" in besonderer Weise gestärkt werden sollen - mit dem gemeinsamen Oberzentrum Stralsund/Greifswald vorgenommen wurde, kann sich die Antragstellerin schon mangels vergleichbarer Umstände nicht berufen. Die dafür angeführte Begründung ("aus übergeordneten raumstrukturellen Gründen notwendig, um die Versorgung der Region Vorpommern mit oberzentralen Einrichtungen in angemessener Entfernung sicherzustellen") ist von der landesweiten Betrachtung auf die regionale Ebene nicht übertragbar. Ebenso unterscheidet sich die siedlungsstrukturelle Situation von Heringsdorf im Verhältnis zu Wolgast signifikant von der im Bereich der nahe beieinander liegenden Zentralen Orte Rostock (Oberzentrum) und Bad Doberan (Mittelzentrum), wo aufgrund von "Überlappungen bzw. räumlich ausnahmsweise nicht eindeutig zuzuordnenden Einzugsbereichen" ein gemeinsamer Mittelbereich festgelegt worden ist (siehe LEP M-V Begründung zu 3.2.2 a.E.; Abb. 23: Zuordnung der Gemeinden zu den Ober- und Mittelbereichen).

44

Sonstige Abwägungsmängel sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

III.

45

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

46

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Ein Ausspruch nach § 711 ZPO erscheint angesichts der ausschließlichen Beteiligung von Körperschaften des öffentlichen Rechts entbehrlich.

47

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 132 VwGO).

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Bei

1.
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen,
2.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen,
3.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, die der Planfeststellung oder der Genehmigung mit der Rechtswirkung der Planfeststellung bedürfen,
sind Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Satz 1 Nr. 1 und 2 gilt entsprechend bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die Personen des Privatrechts in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durchführen, wenn öffentliche Stellen an den Personen mehrheitlich beteiligt sind oder die Planungen und Maßnahmen überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Weitergehende Bindungswirkungen von Erfordernissen der Raumordnung nach Maßgabe der für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Bei sonstigen Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts sind die Erfordernisse der Raumordnung nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen.

(3) Bei Genehmigungen über die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Abfallbeseitigungsanlagen von Personen des Privatrechts nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind die Ziele der Raumordnung zu beachten sowie die Grundsätze der Raumordnung und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen.

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Antragstellerin die Unwirksamkeitserklärung der Festlegung unter Punkt 2.4.2 (Ziffer 36) im Teilabschnitt Siedlung des Landesentwicklungsplans vom 4.7.2006, veröffentlicht am 14.7.2006, beantragt hatte.

Der Normenkontrollantrag, soweit er aufrechterhalten wurde, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Antragstellerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin, eine im Nordwesten des Saarlandes gelegene Gemeinde, wendet sich gegen sie betreffende Festlegungen in der im Juli 2006 erlassenen Verordnung (VO) der Landesregierung über den Landesentwicklungsplan, Teilabschnitt „Siedlung“ (vgl. die entsprechende Verordnung der Regierung des Saarlandes vom 4.7.2006, veröffentlicht im Amtsblatt vom 14.7.2006, Seiten 962 ff.) (LEP Siedlung 2006). Die Planung ist nach § 3 Abs. 2 VO auf einen Zeitraum von 10 Jahren ausgelegt und tritt an die Stelle des bisherigen Landesentwicklungsplans „Siedlung“ aus dem Jahre 1997 (LEP Siedlung 1997). (vgl. Amtsblatt 1997, 1316 ff.) Der Antragstellerin wurde im LEP Siedlung 2006 – wie in den Vorläuferfassungen – die Funktion eines Grundzentrums (Der Begriff ersetzt die im LEP Siedlung 1997 zur Bezeichnung der dritten Stufe der Zentralörtlichkeit noch verwandte Bezeichnung „Unterzentrum“.) im mittelzentralen Verflechtungsbereich der Beigeladenen zu 2), einer südwestlich benachbarten Kreisstadt, zugewiesen. Die mit ihrem Gebiet unmittelbar nordöstlich an das der Antragstellerin angrenzende Beigeladene zu 1) wurde ebenfalls – wie bisher – als Mittelzentrum festgelegt.

Zur Vorbereitung der Fortschreibung des Landesentwicklungsplans Siedlung fanden ab den Jahren 2000/2001 mehrere Arbeitssitzungen im zuständigen Ministerium für Umwelt (Landesplanungsbehörde) statt, bei denen insbesondere der Bereich „Wohnbauflächenentwicklung“ und verschiedene Modelle einer Fortschreibung der Festlegung der Wohneinheiten auf der Grundlage einer sog. „Halbzeitbilanzierung“ des LEP Siedlung 1997 Gegenstand der Diskussion waren.

Im August 2003 äußerten Vertreter der Antragstellerin im Rahmen eines Gesprächs gegenüber Landesplanung und dem zuständigen Minister den Wunsch nach Festlegung als Mittelzentrum. Im Dezember 2003 und im August 2004 wurden „Fortschreibungsworkshops“ mit überregionalen Experten veranstaltet.

Im Juli 2004 unterrichtete die Landesplanungsbehörde den Ministerrat über die beabsichtigte „Neuaufstellung“ des LEP Siedlung, weil der Planungshorizont des LEP Siedlung 1997 nur bis zum Jahresende 2005 reiche und weil sich die Rahmenbedingungen, insbesondere die demografische Entwicklung, stark verändert hätten.

In einem Vermerk der Abteilung C im Ministerium für Umwelt vom Dezember 2004 heißt es unter dem Stichwort „Zentrale-Orte-System“ (ZOS), für die künftigen landesplanerischen Festlegungen sei eine Grundsatzentscheidung zu treffen, in welchem Umfang die Thematik bei der Fortschreibung des LEP Siedlung zu untersuchen sei. Neben der Durchführung einer zeitaufwändigen Volluntersuchung sei eine Teiluntersuchung mit fokussierter Betrachtung der Antragstellerin und des Mittelzentrums Blieskastel im östlichen Saarland denkbar. Die Antragstellerin bemühe sich seit den 70er Jahren um eine Aufstufung zum Mittelzentrum. Eine „überschlägige Überprüfung“ habe jedoch gezeigt, dass sie nicht an die Ausstattung der Beigeladenen zu 1) als des konkurrierenden Mittelzentrums heranreiche. Auch ein Vorschlag der Antragstellerin, zusammen mit der Beigeladenen zu 1) ein gemeinsames Mittelzentrum zu bilden, sei nicht zielführend, da hierdurch zum einen die Beigeladene zu 2) als Mittelzentrum mit einem Verflechtungsbereich beeinträchtigt würde und weil zum anderen so eine neue zentralörtliche Kategorie eines „bipolaren Mittelzentrums“ geschaffen würde. Beides werde langwierige kommunalpolitische Diskussionen auslösen. Im Hinblick auf Blieskastel sei zu konstatieren, dass die Stadt die ihr bisher zugewiesene mittelzentrale Funktion derzeit nur unzureichend wahrnehme. Zudem lasse auch die Teiluntersuchung „weit reichende kommunalpolitische Diskussionen“ erwarten, die wiederum zeitaufwändige und kostenintensive Untersuchungen erforderlich machten. Insgesamt werde daher auch von einer Teiluntersuchung abgeraten, zumal bereits erkennbar sei, dass „das Mittelzentrum Blieskastel im Ergebnis als solches nicht mehr zu halten“ wäre. Deswegen werde als drittes denkbares „Fortschreibungsszenario“ die Beibehaltung des derzeit landesplanerisch festgelegten ZOS empfohlen.

In einem Vermerk vom 27.4.2005 heißt es demgegenüber, als Ergebnis einer vorangegangenen Besprechung sei eine Teiluntersuchung mit fokussierter Betrachtung der Antragstellerin und der Stadt Blieskastel durchzuführen. Anhand eines von der Landesplanung dafür erstellten Ausstattungskatalogs für die Einstufung als Mittelzentrum werde derzeit eine Überprüfung vorgenommen, wobei die Beigeladene zu 1) als „Kontrollkommune“ einbezogen werde.

Das zusammenfassende Ergebnis dieser Teiluntersuchung ist in einem Aktenvermerk vom 5.7.2005 festgehalten. Darin wird hinsichtlich der Stadt Blieskastel trotz unzureichender Ausstattung mit öffentlichen und privaten Dienstleistungen wegen der Entfernung des südöstlichen Bliesgaus („Parr“) im Falle der Abstufung Blieskastels zu den dann als Mittelzentren ersatzweise zur Diskussion stehenden Städten St. Ingbert und Homburg sowie wegen der „möglichen Rolle Blieskastels als Hauptstadt der geplanten Biosphärenregion Bliesgau“ empfohlen, die Stadt nicht durch Abstufung weiter zu schwächen und die Einstufung als Mittelzentrum beizubehalten. Mit Blick auf die Antragstellerin wurden die für und gegen eine Aufstufung sprechenden Gesichtspunkte bezeichnet, diese im Ergebnis allerdings wesentlich mit Blick auf ein Fehlen eines eigenen mittelzentralen Verflechtungsbereichs nicht empfohlen. Hier heißt es abschließend, eine Neuordnung des gesamten ZOS werde auf mittlere Sicht sicherlich erforderlich, hervorgerufen durch die demografische Entwicklung, die schwieriger werdende Finanzsituation der Gemeinden und durch eine mögliche Zusammenlegung von Landkreisen. Gegenwärtig solle daher aus Sicht der Landesplanung die Einstufung der Antragstellerin und der Stadt Blieskastel nicht geändert werden. In der Anlage dazu findet sich eine tabellarische Gegenüberstellung für Blieskastel, die Beigeladene zu 1) und die Antragstellerin hinsichtlich für die Einstufung als Mittelzentrum aus Sicht der Landesplanungsbehörde maßgeblicher Merkmale.

Auf der Grundlage der Vorplanungen wurde ein Referentenentwurf vom 28.10.2005 entwickelt. Ein Grundanliegen der Landesplanung bestand damals darin, den Landverbrauch durch die Neuerschließung von Bauland zu minimieren und deren Umfang als Reaktion auf den Rückgang der Bevölkerung zu begrenzen.

Dieser Entwurf, der eine unveränderte Fortschreibung des bisherigen ZOS des LEP Siedlung 1997 vorsah, wurde mit von den Staatssekretären empfohlenen Maßgaben am 29.11.2005 zur Kenntnis genommen. Gleichzeitig stimmte der Ministerrat der Einleitung der externen Anhörung zu dem Entwurf zu.

Unter dem 2.12.2005 leitete die Landesplanungsbehörde das Beteiligungsverfahren ein, in dessen Rahmen unter anderem die Städte und Gemeinden Gelegenheit zur Äußerung erhielten.

Die öffentliche Auslegung des Entwurfs erfolgte in der Zeit vom 9.1. bis zum 9.2.2006. (vgl. die Bekanntmachung vom 5.12.2005 nach § 3 Abs. 4 SLPG 2002 im Amtsblatt des Saarlandes vom 22.12.2005)

Die Antragstellerin machte mit Schreiben vom 24.2.2006 eine Verletzung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts geltend und erhob eine Reihe von Einwendungen gegen den aus ihrer Sicht mit gravierenden Mängeln behafteten Entwurf. In der Stellungnahme heißt es, der Entwurf werde den Anforderungen des Abwägungsgebots nicht gerecht. Das gelte für die Festlegung der Siedlungsachsen, die durch einseitige Festlegung auf Schienentrassen eine unzureichende siedlungsstrukturelle Orientierung aufweise. Es finde eine unzureichende Gewichtung zwischen Straßenanbindung und dem System des öffentlichen Personennahverkehrs statt. Die geplante Nordsaarlandstraße werde nicht ausreichend einbezogen. Nicht ausreichend berücksichtigt sei auch der Umstand, dass die Bevölkerungsentwicklung auf ihrem Gebiet entgegen der allgemeinen Prognose positiv sei. Außerdem liege sie – die Antragstellerin – bei dem nach einer Zentralitätskennziffer von 206,5 bezogen auf 2001 ermittelten Kaufkraftzufluss von außen bei allen Gemeinden im Saarland auf dem 2. Platz. Sie erfülle im Vergleich zu anderen Gemeinden die von der Landesplanung vorgegebenen Mindestkriterien für Mittelzentren. Die Nichtzuweisung der entsprechenden Funktion begründe eine Beachtungs- und Anpassungspflicht für alle öffentlichen Planungsträger. Das erlange Bedeutung in einer unbestimmten Vielzahl künftiger Planungsfälle, etwa bei der Bauleitplanung, bei der Investitionsplanung öffentlicher Träger oder bei der finanziellen Förderung von Maßnahmen. Der Entwurf lege bei der Festlegung der Mittelzentren einen Schwerpunkt auf die gewerbliche Wirtschaft, wobei diese in ihrem Fall gemessen an den gemeindlichen Ein- und Ausgaben der Vergangenheit eine positive Entwicklung genommen habe. Die Gewerbesteuereinnahmen (brutto) seien im Zeitraum von 1991 bis 2005 stetig von 1.532.000,- EUR auf 4.140.000,- EUR gestiegen. Durch Erschließung mehrerer Gewerbegebiete und damit einhergehende Neuansiedlungen seien zusätzlich Arbeitsplätze geschaffen worden. Der Anteil der Gewerbetreibenden sei steigend. Auch diesem Gesichtspunkt habe die Landesplanung nicht ausreichend Rechnung getragen. Der Entwurf führe dazu, dass in ihrem Fall jegliche weitere Siedlungsentwicklung durch verbindliche raumordnerische Vorgaben vorerst landesplanerisch ausgeschlossen werde. Als Anlage war ein ausführlicher Beschluss des Gemeinderats vom 9.2.2006 beigefügt.

Nach Beteiligung des Landesplanungsbeirats nahm der Ministerrat am 4.4.2006 einen überarbeiteten Entwurf des LEP Siedlung vom selben Datum mit den Maßgaben einer Veränderung des Wortlauts in Punkt 2.4.3 (Ziffer 39) und einer Umformulierung zu Punkt 2.2.1 (Ziffer 10) (Dabei wurde zur Festlegung des punktaxialen Systems als landesplanerisches Ziel der bisher verwandte Bezugsbegriff „insbesondere schienengebundene Nahverkehrsachsen“ durch (allgemein) „Verkehrsachsen“ ersetzt.) zur Kenntnis und stimmte der Weiterleitung an den Landtag des Saarlandes zu. In der Beschlussvorlage des Ministeriums für Umwelt zur Erläuterung dieses Entwurfs und der Änderungen heißt es unter anderem, dem Wunsch der Antragstellerin nach Aufstufung zum Mittelzentrum habe nicht entsprochen werden können. Die Infrastruktureinrichtungen fielen gegenüber den Beigeladenen zu 1) und 2) als benachbarten Mittelzentren deutlich geringer aus. Darüber hinaus ergebe sich für die Antragstellerin auch kein Mindestversorgungsbereich von 30.000 Einwohnern, wie er für die Festlegung eines Mittelzentrums erforderlich sei. Eine Neufestlegung des Versorgungsbereichs der Antragstellerin ginge zu Lasten derjenigen der Beigeladenen zu 1) beziehungsweise der Beigeladenen zu 2). Dem Vorschlag der Antragstellerin nach Festlegung eines bipolaren Mittelzentrums gemeinsam mit der Beigeladenen zu 1) könne nicht gefolgt werden. Dazu fehlten zum einen die raumordnerischen Voraussetzungen. Zum anderen führe eine Verkleinerung des Verflechtungsbereichs der Beigeladenen zu 2) zur Schwächung dieses weit besser ausgestatteten Mittelzentrums. Eine Diskussion über das ZOS und einen Neuzuschnitt von Versorgungsstrukturen sei verfrüht, werde sich aber spätestens bei der erneuten Fortschreibung nach Ablauf des gegenwärtigen Planungszeitraums von 10 Jahren unter dem Gesichtspunkt des demografischen Wandels nicht vermeiden lassen.

Der modifizierte Entwurf vom 4.4.2006 wurde dem Landtag des Saarlandes zugeleitet. Angestrebt war dabei ein Verfahrensabschluss bis 20.7.2006, um den 12 Städten und Gemeinden, die damals Verfahren zur Novellierung ihrer Flächennutzungspläne betrieben und die bisher vorgegebenen Baumöglichkeiten „ausgereizt“ hatten, die Durchführung einer zeit- und kostenaufwändigen Umweltprüfung nach Gemeinschaftsrecht zu ersparen.Der Entwurf wurde zunächst im Umweltausschuss des Landtags behandelt. (vgl. dazu die Sitzungsniederschriften vom 5.5.2006 (Vorstellung der geänderten Entwurfsfassung), vom 2.6.2006 (Anhörungstermin, Träger öffentlicher Belange, Verbände)) Dieser empfahl am 9.6.2006 dem Plenum, dem Entwurf des LEP Siedlung zuzustimmen. (vgl. die Beschlussempfehlung in der Drucksache 13/949 vom 9.6.2006) Dieser Beschlussempfehlung stimmte der Landtag des Saarlandes in seiner Sitzung am 21.6.2006 mehrheitlich zu.

Der Ministerrat stimmte seinerseits dem Entwurf einer Rechtsverordnung über den LEP, Teilabschnitt Siedlung, in seiner Sitzung am 4.7.2006 zu. Änderungen gegenüber dem Entwurf vom 4.4.2006 betrafen unter anderem eine redaktionelle Veränderung bei der Beschreibung der verkaufsflächenbezogenen Aufgreifschwelle von großflächigen Einzelhandelsvorhaben.

Die Verordnung der Landesregierung über den „Landesentwicklungsplan, Teilabschnitt Siedlung“ wurde mit den textlichen und zeichnerischen Festlegungen des LEP Siedlung 2006 am 14.7.2006 im Amtsblatt des Saarlandes veröffentlicht. (vgl. das Amtsblatt vom 14.7.2006, Seiten 962 ff.)

Unter Punkt 2.1.2. enthält der LEP Siedlung 2006 die „Festlegung der zentralen Orte und ihrer Verflechtungsbereiche“. Zentrale Orte sind nach den Vorstellungen der Landesplanung Städte und Gemeinden, die aufgrund ihrer Einwohnerzahl, der zentralörtlichen Ausstattung sowie ihrer Funktion Schwerpunkte der Siedlungs- und Wirtschaftstätigkeit sowie des sozialen und kulturellen Lebens bilden. Nach einem dreistufigen System wird dabei zwischen Ober-, Mittel- und Grundzentren (früher: Unterzentren) differenziert. Diesen werden entsprechend abgestuft unterschiedlich große Verflechtungsbereiche in Form von Ober-, Mittel- und Nahbereichen zugeordnet, in denen die Gemeinden aufgrund des Einkaufs-, Arbeits- und Bildungs- sowie Freizeitangebots im jeweiligen zentralen Ort mit diesem verbunden sind. Speziell hinsichtlich der Mittelzentren heißt es, diese versorgten als teilregionale Versorgungs-, Bildungs- und Wirtschaftszentren die Bevölkerung ihres Verflechtungsbereichs (Mittelbereich) mit Gütern und Dienstleistungen des gehobenen Bedarfs durch ein räumlich gebündeltes öffentliches und privates Angebot in zumutbarer Entfernung zum Wohnort. Hierzu gehörten Einrichtungen und Merkmale, die über die grundzentrale Grundversorgung hinausgingen wie beispielsweise die Ausstattung mit einem Landrats-, Finanz- und Arbeitsamt, einem Amtsgericht, einem schulischen Bildungsangebot, das bis zur Hochschulreife führe, Fachärzte, Krankenhaus, Sporthallen, Stadion, differenzierte Einkaufsmöglichkeiten, Banken sowie kulturelle und freizeit- beziehungsweise sportbezogene Einrichtungen. Darüber hinaus zeichneten sie sich durch ihre Bedeutung als Siedlungsschwerpunkte, als Schwerpunkte der gewerblichen Wirtschaft, als ÖPNV-Schnittstellen sowie durch einen Einpendlerüberschuss aus. Um einen rentablen Betrieb solcher Einrichtungen zu gewährleisten sei im mittelzentralen Bereich eine Mantelbevölkerung von ca. 30.000 Einwohnern erforderlich. Mittelzentren sollten von jedem zentralen Ort ihres Verflechtungsbereichs in etwa 30 Minuten durch den öffentlichen Personennahverkehr erreichbar sein. Demgegenüber versorgten die Grundzentren, im Saarland alle Gemeindehauptorte, soweit sie kein Ober- oder Mittelzentrum seien, ihren jeweiligen Nahbereich mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen, kurzfristigen Bedarfs (Grundbedarf). Die Antragstellerin wurde neben Mettlach/Orscholz (bipolares Grundzentrum) und Perl als Grundzentrum (zentraler Ort) dem mittelzentralen Verflechtungsbereich der Beigeladenen zu 2) zugeordnet. (vgl. die Tabelle in Anlage 1 zum LEP Siedlung 2006) Die benachbarte Beigeladene zu 1) und die im Planaufstellungsverfahren angesprochene Stadt Blieskastel im Ostsaarland werden auch in dem LEP Siedlung 2006 – wie bisher – als Mittelzentren aufgeführt.

Zur Festlegung der Ziele und Grundsätze für die Wohnsiedlungsentwicklung heißt es in Punkt 2.4.2 (Ziffern 31 ff.) des LEP Siedlung 2006, Schwerpunkt der Wohnsiedlungstätigkeit sei der jeweilige zentrale Ort einer Gemeinde. Für nichtzentrale Gemeindeteile sei die Wohnsiedlungstätigkeit am Eigenentwicklungsbedarf auszurichten. In Ziffer 31 werden folgende, in der Anlage 6 auf die einzelnen Städte und Gemeinden umgesetzte Zielwerte für den Wohnungsbedarf pro 1.000 Einwohner und Jahr festgelegt: Für das Oberzentrum A-Stadt 3,5 Wohnungen, für die Mittelzentren 3,5 Wohnungen, für die Grundzentren 2,5 Wohnungen und für nicht zentrale Gemeindeteile mit dem Zusatz (maximaler Entwicklungsbedarf) 1,5 Wohnungen. Auf dieser Grundlage werden die Zielwerte für den Wohnungsbedarf bezogen auf die Antragstellerin in der Anlage 6 zum LEP Siedlung 2006 für den Hauptort Losheim als so genanntes nicht achsengebundenes Grundzentrum mit 2,5 Wohnungen und für die übrigen Gemeindeteile (Nahbereich) mit 1,5 Wohnungen konkretisiert.

Am 22.3.2007 ging der Normenkontrollantrag ein. Die Antragstellerin sieht sich nach wie vor bei der im Rahmen der Neufassung vorgenommenen Festlegung des Systems der zentralen Orte und ihrer Verflechtungsbereiche (Punkt 2.1.2, Ziffer 1, ZOS) unzureichend, nämlich nicht (auch) als Mittelzentrum, berücksichtigt und wandte sich auch gegen die daran anknüpfenden Festlegungen des örtlichen Wohnungsbedarfs in Punkt 2.4.2 (Ziffer 31) und der bei Wohnbauflächenausweisungen zu beachtenden Dichtewerte (Punkt 2.4.2, Ziffer 36). Hinsichtlich der letztgenannten Festlegung (Ziffer 36) wurde der Normenkontrollantrag in der mündlichen Verhandlung am 27.11.2008 zurückgenommen. Soweit sich die Antragstellerin darüber hinaus gegen die allgemeine Festlegung zur gegenüber der Vorläuferfassung veränderten Anrechnungspraxis für vorhandene Baulücken (Punkt 2.4.2, Ziffer 34 des LEP Siedlung 2006) gewandt hatte, wurde das Verfahren im September 2008 zur gesonderten Entscheidung abgetrennt und dieses Normenkontrollbegehren mit rechtskräftigem Urteil zurückgewiesen. (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 18.9.2008 – 2 C 360/08 –, SKZ 2008, 280 ff.)

Zur Zulässigkeit des Normenkontrollantrags verweist die Antragstellerin hinsichtlich der Antragsbefugnis auf das verfassungsrechtlich gewährleistete gemeindliche Selbstverwaltungsrecht. Dieses werde durch die im LEP Siedlung 2006 enthaltenen verbindlichen raumordnerischen Zielfestlegungen, denen sie im Falle ihrer Gültigkeit beispielsweise Bauleitpläne nach § 1 Abs. 4 BauGB anzupassen habe, verletzt. Insoweit ergebe sich ihre Antragsbefugnis bereits aus ihrer Pflicht, die Festlegungen als Behörde zu beachten. Die Festlegungen hätten ferner negative Auswirkungen auf ihren Haushalt wegen der Regelungen über die Schlüsselzuweisungen im Kommunalfinanzausgleichsgesetz (KFAG). Nach § 12 Abs. 4 Nr. 6 KFAG werde die für die Höhe des Kommunalfinanzausgleichs maßgebliche Bedarfsmesszahl bei Mittelzentren zum Ausgleich besonderer Mehrbelastungen mit einem dort festgelegten Ergänzungsansatz versehen. Als Mittelzentrum hätte sie beispielsweise für das Jahr 2006 zusätzlich 340.941,- EUR je 10.000 Einwohner eines mitversorgten Verflechtungsbereichs erhalten.

Mit Blick auf die unterbliebene eigene Festlegung als Mittelzentrum macht die Antragstellerin einen beachtlichen Abwägungsfehler geltend. Insoweit hätten die von der Rechtsprechung für den Bereich der Bauleitplanung entwickelten Anforderungen zu gelten. Diesen genüge die Landesplanungsbehörde nicht durch die bloße Abhandlung der in einer Entschließung der zuständigen Fachminister aus dem Jahre 1972 aufgeführten Kriterien. Dem Verordnungsgeber seien bei der Zielfestlegung in Punkt 2.1.2 (Ziffer 1) bereits Fehler im Abwägungsvorgang unterlaufen, da die beachtlichen Belange unvollständig in die Abwägung eingestellt worden seien. Eine lückenlose Erfassung des notwendigen Abwägungsmaterials habe nicht stattgefunden. Die in der Anlage zu dem Aktenvermerk der Landesplanungsbehörde vom 5.7.2005 erstellte Übersicht sei sowohl hinsichtlich ihrer eigenen als auch bezogen auf die für die Beigeladene zu 1) zugrunde gelegten Daten unzutreffend. Zu den aus ihrer Sicht unzutreffenden Daten hat die Antragstellerin eine von ihr „berichtigte“ Übersicht vorgelegt. (vgl. dazu die Tabelle im Schriftsatz der Antragstellerin vom 21.9.2007, Seiten 19 ff., Blätter 141 ff. der Gerichtsakte) Letztlich habe eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden. Das belege neben einem allgemeinen Hinweis des Antragsgegners auf das Erfordernis „politisch-administrativer Gestaltung“ auch die Passage in der Vorlage an den Ministerrat vom 30.3.2006, die sich auf die Festlegung der zentralen Orte beziehe. Hier fehle jegliche konkrete Stellungnahme zu ihren Anregungen und Bedenken. Offenbar sei der status quo allein zur Vermeidung „politischer Diskussionen“ als Planungsziel gewählt worden. Dies zeige auch die Tatsache, dass bewusst von einer bei Anlegung der Kriterien auch nach den aktenkundig gewordenen Erkenntnissen der Landesplanung gebotenen Abstufung des Mittelzentrums Blieskastel abgesehen worden sei. Darin liege auch ein Verstoß gegen Art. 3 GG. Der Abwägungsmangel werde deutlich, wenn man die Ausführungen in den Verwaltungsunterlagen zum Verflechtungsbereich einer näheren Prüfung unterziehe. Bereits in einem Vermerk vom 17.12.2004 sei festgestellt worden, dass die bereits 1972 festgelegten Kriterien, die wesentlich an der ÖPNV-Erreichbarkeit orientiert worden seien, mit Blick auf die inzwischen erhöhte Mobilität aufgrund der PKW-Verfügbarkeit neu zu definieren seien. Dort sei ausgeführt, dass aufgrund der Mobilitätssteigerung die faktischen Verflechtungsbereichsgrenzen durch Befragungen neu definiert werden müssten. Diese Grenzen hätten sich, was beispielsweise den Kaufkraftzufluss von außen angehe, eindeutig zu ihren – der Antragstellerin – Gunsten verschoben. Ihre Einwendungen seien ohne nachvollziehbare Begründung nicht berücksichtigt worden. Die von der Landesplanung zu den Einwendungen insgesamt erstellte Übersicht „LEP-S Stellungnahme 1. Anhörung vom 4.4.2006“ enthalte in der Spalte „Abwägungsansatz“ nur einen pauschalen Hinweis, dass keine Änderung des ZOS vorzunehmen sei und dass sie – die Antragstellerin – die Mindestvoraussetzungen für ein Mittelzentrum nicht erfülle. Dies werde einer ordnungsgemäßen Abwägungsentscheidung nicht ansatzweise gerecht. Das Protokoll der Landtagssitzung vom 21.6.2006 verweise lediglich auf die Beschlussvorlage des Umweltausschusses, der sich nicht entnehmen lasse, dass überhaupt eine Abwägung stattgefunden habe. Dass sich ein Ministerium für Umwelt bei der Gegenüberstellung von Versorgungsangeboten – wie hier geschehen – Telefonbüchern bediene, könne nicht ernsthaft als taugliche Ermittlung des Abwägungsmaterials bezeichnet werden. So gebe es beispielsweise 6 und nicht nur 3 Hotels auf ihrem Gebiet mit insgesamt erheblicher Bettenzahl.

Außerdem sei die Bedeutung einzelner abwägungsbeachtlicher Belange verkannt und schließlich sei im Ergebnis auch ein unverhältnismäßiger Ausgleich vorgenommen worden. Es sei nicht beachtet worden, dass sie – die Antragstellerin – zum Zeitpunkt der Planaufstellung die Mindestkriterien für Mittelzentren ebenfalls erfüllt habe. Der Planungsspielraum der Landesplanung bei der Festlegung der Mittelzentren werde durch die Auswahlgrundsätze begrenzt. Daher sei sowohl die entsprechende Einstufung von Gemeinden, die die Kriterien nicht erfüllten, als auch die – wie in ihrem Fall – zu Unrecht unterbliebene Einstufung als Mittelzentrum rechtsfehlerhaft. Nach der textlichen Beschreibung der Mittelzentren werde ein Schwerpunkt auf die gewerbliche Wirtschaft gelegt. Ihre insoweit positive Entwicklung lasse sich an den Gewerbesteuereinnahmen verdeutlichen. Diese seien im Zeitraum 1993 bis 2005 von 1,75 Mio. Euro auf 4,141 Mio. Euro gestiegen. (Die Antragstellerin verweist insoweit auf eine als Anlage 2 zur Antragsschrift vorgelegte tabellarische Aufstellung über die „Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde Losheim am See“ für die Jahre 1992 bis 2005, Blatt 46 der Gerichtsakte.) Durch die Erschließung mehrerer Gewerbegebiete und die damit einhergehende Neuansiedlung seien zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen worden. Der Anteil der Gewerbebetriebe sei steigend. Eine Vergleichstabelle des statistischen Landesamts hinsichtlich der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer ergebe bezogen auf die Jahre 1993 und 2005 in ihrem Fall eine Steigerung um 10 %, bei den Beigeladenen zu 2) und 1) hingegen lediglich einen Zuwachs von 3,2 % beziehungsweise von 4,4 %. (Diese Zahlen leitet die Antragstellerin aus den als Anlagen 3 und 4 zur Antragsschrift übersandten Aufstellungen (Blätter 47 und 48 der Gerichtsakte) ab, aus denen sich in ihrem Fall eine Steigerung von 3.245 (1993) auf 3.569 (2005) Arbeitnehmer ergibt. Aus den Aufstellungen sind für Merzig und Wadern für denselben Zeitraum folgende Steigerungen zu entnehmen: Kreisstadt Merzig von 9.370 auf 9.670, Stadt Wadern von 5.299 auf 5.535 Arbeitnehmer.) Zudem seien in den Bereichen Dienstleistung und Handel, etwa bei dem Globus-Markt, viele Beschäftige im sog. Geringverdienersegment tätig, so dass in ihrem Fall von einer noch höheren Zahl an Beschäftigten auszugehen sei. Nach Erhebungen der Industrie- und Handelskammer Saarland zum Kaufkraftzufluss von außen liege sie – die Antragstellerin – bezogen auf das Jahr 2006 bei den saarländischen Städten und Gemeinden auf Platz 3 und habe seit der letzten Erhebung von 2001 noch einmal eine Verbesserung erreicht. (Die Antragstellerin bezieht sich insoweit auf die Ablichtungen („Handel“) Blätter 49, 50 der Gerichtsakte (Anlage 5 zur AS).) Das zeige, dass sie eine Versorgungsfunktion mit Gütern und Dienstleistungen des gehobenen Bedarfs im mittleren und zentralen Verflechtungsbereich übernehme. Die festgestellten Kaufkraftzahlen belegten zudem eine starke Verflechtung mit dem rheinland-pfälzischen Grenzraum, was im LEP Siedlung 2006 bei anderen Mittelzentren wie Homburg, Neunkirchen und St. Wendel besonders hervorgehoben werde. Hier finde sogar, anders als in Teilen des Ostsaarlandes ein Kaufkraftzufluss von Rheinland-Pfalz, konkret aus den Verbandsgemeinden Kell am See und Saarburg sowie sogar aus dem Raum Trier/Konz, ins Saarland statt. Somit umfasse der Einzugsbereich weit mehr als die für den mittleren Verflechtungsbereich geforderten 30.000 Einwohner. Auch hinsichtlich Handwerk und Dienstleistungen übernehme sie eine Versorgungsfunktion, die weit über diejenige eines Grundzentrums hinausgehe. Nach Auskunft der Handwerkskammer habe sie mit einem Betrieb je 75 Einwohner (Kennzahl 75) die größte Dichte an Handwerksbetrieben im gesamten Saarland und deutlich höher als bei der Beigeladenen zu 1) mit einer Kennzahl von 86 und bei der Beigeladenen zu 2) (Kennzahl 95), im gesamten Kreis Merzig-Wadern (Kennzahl 91) und im Saarland insgesamt (Kennzahl 94). Im Dienstleistungsbereich werde aufgrund der hohen Nachfrage aus dem „außergemeindlichen Verflechtungsbereich“ ein mittelzentrales Angebot vorgehalten. Derzeit seien 34 Ärzte aller Fachrichtungen auf ihrem Gebiet niedergelassen und die weitere medizinische Versorgung werde durch ein Akut-Krankenhaus mit Rettungswache gesichert. Weiter gebe es fünf Apotheken, zwei Hörakustikfachgeschäfte und vier Seniorenheime, wobei in einem ein bundesweites Pilotprojekt der Demenzbetreuung laufe, sowie zahlreiche Physiotherapie-, Heilpraktiker- und Tierarztpraxen. Vorhanden seien ferner Geschäftsstellen von vier Banken, darunter die Hauptgeschäftsstelle der mit Zweigstellen auch in Nachbargemeinden vertretenen Volksbank Untere Saar. Weiter existierten vier Kfz-Überwachungsorganisationen, zwei Notariate und mehrere Rechtsanwaltskanzleien. Sie sei ein Schulzentrum mit drei Grundschulen, einer überregional nachgefragten Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe mit Schülern auch aus Nachbargemeinden, drei Ganztagsschulen und einer Kreissonderschule für Lernbehinderte. Insgesamt würden 1.600 Schüler unterrichtet. Die vorschulische Erziehung gewährleisteten sechs Kindergärten und Kinderkrippen. Ihr überregional frequentierter Stausee bilde den Hauptschwerpunkt des Fremdenverkehrs des Saarlandes mit pro Jahr rund 90.000 Übernachtungen. Ein Bebauungsplanverfahren zur Errichtung eines Hotelneubaus mit 200 Betten stehe vor dem Abschluss. Der See selbst zähle pro Jahr 350.000 Besucher, die dort ansässige Gastronomie zusätzlich etwa 250.000 Gäste. Auf Bundesebene ausgezeichnete Wanderwege wie der Schluchtenpfad in Rissenthal zögen zusätzlich etwa 50.000 Wanderer an. Im Rahmen des EU-Projekts „Gärten ohne Grenzen“ solle nach den Vorstellungen des saarländischen Wirtschaftsministeriums im Bereich des Stausees der größte und besucherstärkste Garten angelegt werden. Ferner sei sie ein Kulturzentrum im Saarland. Die frühere Eisenbahnhalle sei durch zahlreiche hochklassige Events bekannt; am Stausee finde das jährliche Klassik-Open-Air Konzert sowie herausragende Rockevents statt, die über 20.000 Besucher anlockten. Es gebe mehrere Sport-, Turn- und Mehrzweckhallen und in ihrem Hauptort ein Zentralstadion für 5.000 Zuschauer. Diese Gesichtspunkte seien alle nicht genügend von der Landesplanungsbehörde berücksichtigt beziehungsweise nicht zutreffend in ihrem Gewicht erkannt worden. Es fehle an ausreichender Aufklärung des Sachverhalts. Auch werde die Schienenverbindung zur Beigeladenen zu 2) nicht – wie vom Antragsgegner behauptet – nur noch für Fahrten einer Museumsbahn benutzt. Vielmehr fänden Gütertransporte statt, die künftig ausgedehnt werden sollten. Die Ermittlungen des Antragsgegners zur Erreichbarkeit mit Mitteln des ÖPNV seien nicht nachvollziehbar. So ergäben sich für die Fahrten jeweils zu ihrem Schulzentrum vom Busbahnhof im Bereich der Beigeladenen zu 1) nach dem Fahrplan statt der vom Antragsgegner angenommenen 36 in Wahrheit 26 Minuten, von Bachem aus 11 statt 42 Minuten, von Rimlingen 14 statt 68 Minuten, von Bardenbach 53 statt 78 Minuten als Fahrzeit. Auch diese fehlerhafte Datenermittlung sei nicht nachzuvollziehen. Buslinien und Fahrpläne außerhalb des Stadtverkehrs seien auf die Bedürfnisse des Schülerverkehrs ausgerichtet und daher sehr stark von Standort und Einzugsbereich der Schulen abhängig. Die Erreichbarkeit allein über den ÖPNV zu ermitteln, sei eine fehlerhafte Annahme für die Abwägung.

Darüber hinaus sei die Möglichkeit eines mittelzentralen Verbunds zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1) nicht berücksichtigt worden. In einem solchen Verbund könnten zwei oder mehrere Gemeinden auf Grund ihrer Nachbarschaftslage und Funktionsteilung in Bezug auf die zentralörtliche Ausstattung gemeinsam die Funktion eines Mittelzentrums ausüben, was auch Effizienzvorteile mit sich bringe. Diese Möglichkeit sei in dem der Ausarbeitung des ZOS zugrunde liegenden Beschluss der Konferenz der Fachminister aus dem Jahre 1968 ausdrücklich vorgesehen. Im Jahre 2005 habe die Konferenz ferner eine Anpassung des ZOS an veränderte Rahmenbedingungen gefordert. Zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1) gebe es weit reichende funktionsräumliche Verflechtungen in existenziellen Bereichen wie bei der Trinkwasserversorgung. Die Wasserversorgung Losheim GmbH, an der sie mehrheitlich beteiligt sei, versorge auch die Beigeladene zu 1) und Weiskirchen mit Trinkwasser und sei zusammen mit der Wasserwerke Wadern GmbH Mitgesellschafterin der Hochwald Wasser GmbH. Auch im Gesundheitswesen gebe es arbeitsteilige Beziehungen. Die Krankenhäuser bildeten ein Verbundkrankenhaus mit gemeinsamer Verwaltung und ärztlicher Leitung. Es gebe gemeinsame Planungsverfahren im Bereich der Bauleitplanung. Im Rahmen des EU-Förderprogramms ILEK (Integriertes ländliches Entwicklungskonzept) habe sie sich mit der Beigeladenen zu 1) und Weiskirchen zu einem Planungsverband zusammengeschlossen. Daher sei von einer sich tendenziell verstärkenden Verflechtung auszugehen. Die Planungsalternative eines bipolaren Mittelzentrums gemeinsam mit der Beigeladenen zu 1) sei von ihr schriftlich und mündlich gegenüber dem Umweltminister beantragt, von diesem nicht nur als wünschenswert, sondern sogar als notwendig angesehen, (Als Belege für diese Aussage hat die Antragstellerin die Ablichtung eines Artikels der Saarbrücker Zeitung vom 4.5.2006 als Anlage 9 und eines Schreibens des Umweltministers vom 18.4.2006 an den Vorsitzenden des CDU-Ortsverbandes Losheim als Anlage 10 zur Antragsschrift vorgelegt.) aber dann von der Landesplanung dennoch nicht berücksichtigt worden.

Die Antragstellerin hält auch die Festlegung der Ziele und Grundsätze für die Wohnsiedlungsentwicklung in Ziffer 31 des LEP Siedlung 2006 für abwägungsfehlerhaft. Der darin für sie festgelegte jährliche Wohnungsbedarf von 2,5 Wohnungen pro 1.000 Einwohner entspreche nicht dem tatsächlichen Bedarf. Nach der Begründung bildeten die statistischen Ausgangs- und Prognosedaten zur Demografie sowie Nachfrage und Angebotsparameter die Grundlage für die vorgenommene Ermittlung des Wohnungsbedarfs. Weiter solle sich der Verteilungsschlüssel unter anderem an den wesentlichen raumordnerischen Festlegungen zur Zentralörtlichkeit orientieren. Nach der Anlage 6 entspreche der Verteilungsschlüssel jedoch ausnahmslos der Grundtypisierung zur Zentralörtlichkeit. Demografische Entwicklungen seien daher offensichtlich entgegen der Begründung nicht ausschlaggebend gewesen. Vielmehr sei ihr schematisch ohne Rücksicht auf die individuelle Situation ein Wohnungsbedarf von 2,5 Wohnungen zugewiesen worden. Entsprechend sei auch in anderen Fällen verfahren worden, insbesondere bei Gemeinden, für die ein Rückgang der Bevölkerung prognostiziert worden sei. So sei etwa für die Stadt Völklingen, die einen Rückgang von 10,4 % zu erwarten habe, ein Bedarf von 3,5 Wohnungen festgelegt worden. Offenbar sei der Plangeber davon ausgegangen, dass die Bevölkerungszahl im Saarland einheitlich abnehme. Sie – die Antragstellerin – habe dagegen seit 1993 einen Bevölkerungszuwachs von 3,5 % erfahren, wohingegen die Beigeladene zu 1) mit 0,15 % und die Beigeladene zu 2) mit 0,9 % ein weit geringeres Wachstum zu verzeichnen gehabt hätten. Bis zum Jahr 2010 sei ungeachtet rückläufiger Geburtenzahlen aufgrund einer positiven Wanderungsbilanz ein weiteres Wachstum prognostiziert. Gerade in den beiden letzten Jahren habe es überproportionale Zuwächse aus Luxemburg gegeben. Ihre positive demografische und wirtschaftliche Entwicklung habe daher im Rahmen der Abwägung offensichtlich keine Berücksichtigung gefunden. Die Festlegungen in den Ziffern 31 und 36, speziell der abwägungsfehlerhaft zu niedrig ermittelte Wohnungsbedarf, hätten zur Folge, dass jegliche weitere Siedlungsentwicklung vorerst landesplanerisch ausgeschlossen wäre. Darin liege eine Verletzung ihrer Planungshoheit und der Unterscheid zwischen den als Mittel- beziehungsweise als Grundzentrum ausgewiesenen Gemeinden werde hinsichtlich einer Schaffung gleichwertiger Strukturen weiter vergrößert.

Insgesamt stelle der LEP Siedlung 2006 ein statisches und dirigistisches Instrument dar, das die Weiterentwicklung zentraler Orte – wie in ihrem Fall – behindere, indem durch die Einstufung die Finanzausstattung trotz zentraler Funktionen begrenzt werde, Ansiedlungen erschwert würden und trotz positiver Bevölkerungsentwicklung eine Neuausweisung von Wohnbauflächen verhindert werden solle. Es sei abwägungsfehlerhaft, aufstrebenden Gemeinden im Wege eines Zieles der Raumordnung unter Rückgriff auf erwiesenermaßen unzutreffende Daten ohne Rücksicht auf die individuelle Situation jegliche Entwicklungsmöglichkeit zu versagen. Die Beigeladene zu 1) übernehme für sie überhaupt keine Versorgungsfunktion. Vielmehr sei sie – die Antragstellerin – aufgrund prosperierender Entwicklung der letzten Jahrzehnte das faktische Zentrum in dem Bereich.

Die Antragstellerin beantragt,

die in dem Landesentwicklungsplan, Teilabschnitt „Siedlung“ vom 14.7.2006 unter Punkt 2.1.2 (Ziffer 1) getroffene Festlegung für unwirksam zu erklären, soweit dort die Beigeladenen zu 1) und 2) als Mittelzentren mit ihren Mittelbereichen festgelegt sind, und

auch die Festlegung unter Punkt 2.4.2. (Ziffer 31) für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hält den Antrag wegen fehlender Antragsbefugnis für unzulässig. Die Einstufung anderer Gemeinden bei der Festlegung der zentralörtlichen Gliederung könne nicht in die Rechte einer aus ihrer Sicht nicht ausreichend berücksichtigten Gemeinde eingreifen. Entsprechendes habe für den Antrag zu 2) hinsichtlich der Vorgaben des künftigen Wohnungsbedarfs zu gelten.

In der Sache stehe der Landesplanung wegen der hohen Komplexität der einzustellenden Belange und dem hohen Anteil an solchen Belangen, die einer politischen Umsetzung auf Regierungsebene bedürften und die zudem in erheblichem Maß von ihrer Natur nach wenig belastbaren Prognosen abhingen, ein weites Ermessen zu.

Beratungsgrundlage bei der Festlegung der zentralörtlichen Verflechtungsbereiche sei die im Anhang des LEP Siedlung 2006 aufgeführte Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung aus dem Jahre 1972. (vgl. die „Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung: Zentralörtliche Verflechtungsbereiche mittlerer Stufe in der Bundesrepublik Deutschland“ vom 15.6.1972, GMBl. Saar 1972, 735) Darin sei die für die zentralen Orte mittlerer Stufe anzustrebende Ausstattung beschrieben. Die Antragstellerin verfüge im Gegensatz zu allen Mittelzentren weder über ein zur Hochschulreife führendes schulisches Bildungsangebot und im Unterschied zu den Beigeladenen zu 1) und 2) nicht über eine berufsbildende Schule, noch sei sie Standort eines Landratsamts, eines Finanzamts, eines Amtsgerichts oder einer Agentur für Arbeit. Auch ein Hallenbad oder ein beheiztes Freibad seien nicht vorhanden. Das Krankenhaus habe lediglich zwei Fachabteilungen für Innere Medizin und für Orthopädie, von denen die Abteilung konservative Orthopädie zwar landesweit einmalig sei, aber für den Versorgungsauftrag eines Mittelzentrums auch nicht erforderlich. Ausweislich des Telefonbuchs werde die fehlende Fachabteilung für Chirurgie zwar durch niedergelassene Ärzte ersetzt, nicht aber die nicht vorhandene gynäkologische Abteilung. Gegenüber den benachbarten Mittelzentren weise die Antragstellerin auch lediglich 3.600 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte auf, wohingegen – jeweils bezogen auf das Jahr 2005 – in der Beigeladenen zu 2) ca. 9.900 und in der Beigeladenen zu 1) ca. 5.600 statistisch erfasst seien. Bezogen auf den Stichtag 30.6.2006 sei die Zahl für die Antragstellerin geringfügig weniger gesunken als bei der Beigeladenen zu 1) und der Stadt Blieskastel. Dennoch bleibe es weiterhin richtig, dass die Antragstellerin gerade im Vergleich eine deutlich geringere Rolle als Arbeitsplatzstandort spiele. Auch bei einer Gegenüberstellung der zentralörtlichen Versorgungsangebote der Beigeladenen zu 1) und der Antragstellerin schneide diese in mehreren Bereichen quantitativ und qualitativ schlechter ab. Die Antragstellerin könne auch nicht als Schnittstelle im ÖPNV angesehen werden, denn sie sei zum Beispiel nicht an den Schienenverkehr angebunden. Über diesen Kriterienkatalog sei es Aufgabe der Landesplanung, im Sinne einer ausgewogenen und ausgeglichenen Siedlungsstruktur eine gute Erreichbarkeit aller Teilräume im Sinne einer „optimalen Raumaufteilung der Mittelzentren“ zu gewährleisten. In dem Zusammenhang seien das Mittelzentrum Blieskastel und die Beigeladene zu 1) zu nennen, die diese mittelzentrale Erreichbarkeitsfunktion für ihre Verflechtungsräume im südlichen Bliesgau beziehungsweise im Nordsaarland (Hochwald) erfüllten. Insofern lege der LEP Siedlung 2006 keine deskriptiven Ziele fest, sondern entwickle aufbauend auf den Mindestausstattungskriterien und entsprechend dem gesetzlichen Auftrag zukunftsfähige, planerische Zielkonzepte auf die angestrebte räumliche Struktur des Landes. Auch die Untersuchung der Erreichbarkeit mit Mitteln des ÖPNV unter Zugrundelegung der Entschließungen der Ministerkonferenzen 1968/72 auf der Grundlage der Daten des Saar-Verkehrs-Verbundes (SVV) spreche deutlich für die Festlegung der Beigeladenen zu 1), nicht aber der Antragstellerin, als Mittelzentrum, (vgl. dazu die Tabellen im Schriftsatz des Antragsgegners vom 11.4.2008, Blätter 185 bis 187 der Gerichtsakte) wobei sich insoweit an den Fakten auch nichts ändern würde, wenn ein bipolares Mittelzentrum festgelegt würde. Die Losheimer Museumsbahn sei in dem Zusammenhang ebenso wenig von Belang wie die von der Antragstellerin angeführten temporären Gütertransporte auf dieser Strecke. Ein Mittelzentrum setze eine Mantelbevölkerung von 30.000 Einwohnern voraus. Dieser Ansatz liege zwischen dem unteren Grenzwert einer Entschließung der Ministerkonferenz aus dem Jahre 1986 (gemeint wohl 1968) (Im Anhang zum LEP Siedlung 2006 wird bei den Beratungsgrundlagen eine „Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung „Zentrale Orte und ihre Verflechtungsbereiche“ vom 8.2.1968, GMBl. Bund 1968, 58, genannt.) von 20.000 Einwohnern und dem in der erwähnten Entschließung aus dem Jahre 1972 genannten Ansatz von wünschenswerten 40.000, in dünn besiedelten Gebieten nicht unter 20.000 Einwohnern. Die Einwohnerzahlen der Gemeinden um die Beigeladenen und die Antragstellerin könnten eine Mantelbevölkerung in diesem Umfang zwar gerade noch darstellen. So umfasse der mittelzentrale Verflechtungsbereich der Beigeladenen zu 2) mit der Antragstellerin und den Gemeinden Mettlach und Perl eine Bevölkerungszahl von ca. 67.000 Einwohnern und der Mittelbereich um die Beigeladene zu 1) mit den Gemeinden Weiskirchen und Nonnweiler zähle etwa 32.600 Einwohner. Jedoch würde die Etablierung der Antragstellerin als eines weiteren Mittelzentrums einschließlich eines entsprechenden mittelzentralen Verflechtungsbereichs die an der Mantelbevölkerung zu bemessende Tragfähigkeit insbesondere des Mittelbereichs der Beigeladenen zu 1) deutlich schwächen. Dies könne gerade vor dem Hintergrund eines vom Statistischen Landesamt (2004) prognostizierten Sinkens der Bevölkerungszahl im Landkreis Merzig-Wadern um rund 7,6 % bis zum Jahr 2020 nicht das Ziel einer auf die dauerhafte Tragfähigkeit und Funktionstüchtigkeit von zentralen Orten gerichteten landesplanerischen Konzeption sein. Prognosedaten zur Bevölkerungsentwicklung in einzelnen Gemeinden würden vom Statistischen Landesamt nicht ermittelt. Kleinste Berechnungseinheit seien vielmehr die Landkreise. Nach der 10. koordinierten und regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung (Variante 4) sei im Landkreis Merzig-Wadern bezogen auf den 31.12.2006 für den Zeitraum bis 2020 beziehungsweise 2030 von einem Rückgang der Bevölkerung von 7,5 % beziehungsweise 11,4 % auszugehen. Die „positive Wachstumsbilanz“ der Antragstellerin möge als Bestandsaufnahme richtig sein, treffe aber in der für die Landesplanung relevanten mittel- und langfristigen Zukunftsperspektive mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht zu. Zudem habe die Antragstellerin nach der jüngsten aktuell vorliegenden Einwohnerstatistik zum 30.9.2007 sogar einen leichten Rückgang zu verzeichnen. Von daher sei die Annahme auch nicht realistisch, dass sich die Entwicklung im Bereich der Antragstellerin entgegen dem allgemeinen negativen Trend entwickeln werde, zumal der über die verschiedenen Varianten (4 bzw. 5) bei der Regionalisierung der bundesweit erstellten Statistiken entgegen der Ansicht der Antragstellerin berücksichtigte Einfluss Luxemburgs hier deutlich geringer sei als in Mettlach oder Perl. Übernachtungsgäste seien bei der Ermittlung der Mantelbevölkerung nicht zu berücksichtigen. Die Zahl der Hotelbetten sei ebenfalls irrelevant, weil diese von Personen aus dem Bereich der ansässigen Bevölkerung nur in geringem Umfang nachgefragt würden. Bei zu verzeichnenden ganzjährigen Berufseinpendlern ergebe sich für die Antragstellerin kein Überschuss, sondern vielmehr ein Auspendlerüberschuss von rund 1.460 Personen. Dabei sei nach der Aufgabenbeschreibung im Landesplanungsgesetz lediglich auf Einpendler aus dem Saarland abzustellen. Soweit der LEP Siedlung 2006 Versorgungsfunktionen einzelner Mittelzentren auch für Bevölkerung jenseits der Staats- und Landesgrenzen erwähne, bedeute das nicht, dass deren Ausweisung aus diesem Grund erfolgt sei. Die ausgewiesenen Mittelzentren verfügten jeweils über eine ausreichende Mantelbevölkerung auf saarländischem Gebiet zwischen 30.000 (Blieskastel) beziehungsweise 32.600 (Beigeladene zu 1)) und 269.700 Einwohnern (A-Stadt, gleichzeitig Oberzentrum). Die Ausweisung einer Gemeinde, die die Kriterien nicht vollständig erfülle, als Mittelzentrum sei zwar nicht generell ausgeschlossen, da es insoweit auch um die Festlegung aus Sicht der Landesplanung anzustrebender Strukturen gehe. Dadurch würde aber eine Verpflichtung aller Fachplanungsträger begründet, der mittelzentralen Funktion Rechnung zu tragen. Das würde im Falle der Antragstellerin beispielsweise eine Anbindung an den Schienenverkehr, eine Erweiterung der Gesamtschule und die Einrichtung einer Berufsschule bedingen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels lasse sich das nicht rechtfertigen. Soweit die Antragstellerin die Ausweisung als gemeinsames (bipolares) Mittelzentrum mit der Beigeladenen zu 1) verlange, bleibe festzuhalten, dass es derartige Funktionsteilungen nach dem Ministerratsbeschluss von 1968 nur in Einzelfällen geben solle. Zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1) gebe es eine echte Funktionsteilung nur im Bereich der Trinkwasserversorgung. Nunmehr von der Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren vorgetragene aktuelle Daten zu den Beurteilungskriterien hätten bei der Planungsentscheidung schon rein zeitlich keine Berücksichtigung finden können. Die Frage, ob Blieskastel zu Unrecht als Mittelzentrum festgelegt worden sei, stelle sich nicht, da die Antragstellerin hieraus gegebenenfalls nichts für sich herleiten könnte.

Soweit die Antragstellerin im Zusammenhang mit der Festlegung des Wohnungsbedarfs einen für sie bis 2010 zu prognostizierenden Bevölkerungszuwachs geltend mache, so sei es nicht Aufgabe der Landesplanung, stattfindende Entwicklungen lediglich fest- und fortzuschreiben, sondern die Entwicklung in anzustrebende Strukturen zu lenken. Nach den in § 2 Abs. 5 SLPG geregelten raumordnerischen Grundsätzen sei die Siedlungstätigkeit räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger zentraler Orte auszurichten. Die Siedlungsentwicklung sei durch Ausrichtung auf ein integriertes Verkehrssystem unter Steigerung der Attraktivität des ÖPNV und durch die Sicherung von Freiräumen zu steuern. Daraus ergebe sich die Ausrichtung der Siedlungsentwicklung nach dem ZOS und an Siedlungsachsen, die wiederum den Personennahverkehrsachsen folgten. Nur mit Konzentration der Siedlungstätigkeit auf die zentralen Orte sei deren Tragfähigkeit für die Versorgung auch ihres Umlandes zu gewährleisten.

Die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen ebenfalls jeweils,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie machen übereinstimmend geltend, dem Antragsgegner habe ein weiter Gestaltungsspielraum zugestanden, der nur auf das Vorliegen von Abwägungsfehlern hin zu überprüfen sei. Solche ließen sich nicht feststellen. Aus den umfangreichen Verwaltungsakten des Antragsgegners erschließe sich ohne weiteres, dass in jahrelanger Arbeit alle Belange erfasst, erkannt, gegeneinander abgewogen und berücksichtigt worden seien. Auch das Ergebnis sei nicht zu beanstanden. Dass die Einwendungen der Antragstellerin keinen Erfolg gehabt hätten, bedeute nicht, dass diese nicht berücksichtigt worden seien. Sie seien ausweislich zahlreicher Aktenvermerke ebenfalls sorgfältig abgewogen worden. Insbesondere in dem Vermerk vom 5.7.2005 seien die Anforderungen für die Festlegung als Mittelzentrum dargelegt, die von der Antragstellerin zwar teilweise, überwiegend jedoch nicht erfüllt würden. Die auf dieser Grundlage erstellte vergleichende tabellarische Übersicht des Antragsgegners sei zwar sowohl bezüglich der Antragstellerin als auch hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) unzutreffend. Das gelte aber auch für die von der Antragstellerin „als angeblich richtig behauptete“ Aufstellung. Dieser lägen insbesondere teilweise Daten aus den Jahren 2006 und 2007 zugrunde, die für den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt im Juli 2006 nicht relevant sein könnten. Abwegig sei es beispielsweise, wenn dort von der Antragstellerin in der Rubrik „Gerichte der unteren Instanz“ zwei im Übrigen nicht einmal ständig besetzte „Notargeschäftsstellen“ aufgeführt würden. Die Beigeladene zu 1) erfülle „eindeutig“ in weit höherem Umfang die Anforderungen eines Mittelzentrums. Die Stadthalle, in der alle zwei Jahre eine Bildungsmesse stattfinde, könne mit 1.100 Plätzen bestuhlt werden und die Aula des Hochwaldgymnasiums, in der viele kulturelle Veranstaltungen durchgeführt würden, verfüge über 350 Sitzplätze. Die zu der Schule gehörende Leichtathletikanlage verfüge über eine 400 m Laufbahn. In einzelnen Ortsteilen gebe es mehrere Fußball- und Tennisplätze. Die Mehrzweckhalle in Lockweiler werde überwiegend als Sporthalle benutzt. Die Antragstellerin erreiche aber vor allem nicht den maßgeblichen Schwellenwert eines mittelzentralen Verflechtungsbereichs von 30.000 Einwohnern. Ihre Herausnahme aus dem Verflechtungsbereich der Beigeladenen zu 2) führte nicht nur zu einer wesentlichen Schwächung für diese, sondern auch dazu, dass die Antragstellerin keinen über ihr eigenes Gemeindegebiet hinausreichenden Verflechtungsbereich besäße. Die geltend gemachte Verflechtung mit dem rheinland-pfälzischen Grenzraum, die übrigens auch bei ihnen – den Beigeladenen – bestehe, sei für die Festlegungen im Landesentwicklungsplan des Saarlandes rechtlich nicht relevant. Die Antragstellerin habe bisher auch nicht konkret dargelegt, welchen mittelzentralen Verflechtungsbereich sie im Falle der Hochstufung abdecke. Hinsichtlich des von der Antragstellerin ins Spiel gebrachten kooperierenden Mittelzentrums mit der Beigeladenen zu 1) mache sie sich die Argumentation des Antragsgegners zu Eigen. Entgegen der Darstellung der Antragstellerin lege der LEP Siedlung 2006 ausweislich des Kriterienkatalogs bei der Festlegung der Mittelzentren auch keinen Schwerpunkt auf die gewerbliche Wirtschaft. Bei der angesprochenen Ansiedlung des großen Einkaufsmarktes („Globus“) auf dem Gebiet der Antragstellerin handele es sich um eine „städtebauliche Fehlentwicklung“, die eher nicht als Argument für ihre Aufstufung zum Mittelzentrum herangezogen werden könne. Auch auf dem Gebiet der Beigeladenen zu 1) sei ein großer Einkaufsmarkt in zentraler Lage vorhanden. Auch der Blick auf die Karte der zentralörtlichen Gliederung verdeutliche, dass im Bereich des Landkreises Merzig-Wadern kein Raum für ein drittes Mittelzentrum sei. Dessen Schaffung bedeutete eine sinnlose Schwächung der beiden vorhandenen Mittelzentren. Sie führte zwar dazu, dass die Antragstellerin durch die Schlüsselzuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs nicht unerhebliche Vorteile hätte. Gleichzeitig würde das jedoch einen weitaus höheren Verlust an Schlüsselzuweisungen für die beiden Beigeladenen bedeuten, so dass insgesamt wesentlich weniger Mittel in den Landkreis flössen. Eine verantwortungsvolle Planung könne das nicht zum Ziel haben. Erst recht fehlten die Voraussetzungen dafür, dass die Antragstellerin anstelle einer der Beigeladenen zum Mittelzentrum werden müsste.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der zugehörigen Verwaltungsvorgänge (8 Ordner und 3 Hefte)) verwiesen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

I.

Nachdem in der mündlichen Verhandlung am 27.11.2008 der Normenkontrollantrag mit Zustimmung der übrigen Beteiligten zurückgenommen wurde, soweit er sich gegen die in Ziffer 36 enthaltene Zielfestlegung einer von den Kommunen bei der Ausweisung von Wohnbauflächen zu beachtenden durchschnittlichen Siedlungsdichte in Form von Dichtewerten nach Wohnungen pro Hektar (W/ha) richtete, war das Verfahren insoweit entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

II.

Der unter Einhaltung der Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellte Normenkontrollantrag im Übrigen ist zulässig.

A.

Seine Statthaftigkeit ergibt sich aus dem § 18 AGVwGO Saar, mit dem der saarländische Landesgesetzgeber von der ihm durch die Öffnungsklausel in § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO vom Bundesgesetzgeber eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht und das Verfahren der originären Normenkontrolle für alle im Range unter dem (förmlichen) Landesgesetz stehenden Normen eröffnet hat. Der streitgegenständliche LEP Siedlung 2006 wurde nach Maßgabe des § 3 Abs. 6 Satz 1 SLPG 2002 (erstmals) als Rechtsverordnung (RVO) erlassen. (vgl. zur Statthaftigkeit von Normenkontrollanträgen gegen den auf der Grundlage des Überleitungsrechts in § 15 Abs. 2 SLPG lediglich „bekannt gemachten“ Teilabschnitt Umwelt des LEP OVG des Saarlandes, Urteile vom 18.5.2006 – 2 N 3/05, 2 N 4/05 und 2 N 3/06 –, SKZ 2006, 218, Leitsatz Nr. 35 und 2006, 179) Die Teilbarkeit des LEP Siedlung 2006 im Sinne der Antragstellung unterliegt keinen durchgreifenden Bedenken. Wesentlicher Aspekt neben einer objektiven Teilbarkeit ist dabei, ob der Normgeber, hier die Landesregierung (§ 3 Abs. 6 Satz 1 SLPG 2002), die Vorschrift im Übrigen bei Erkenntnis der Unwirksamkeit (nur) des angegriffenen Teils der Norm erlassen hätte. (vgl. in dem Zusammenhang zuletzt die Normenkontrollurteile des Senats vom  20.9.2007 – 2 N 9/06 -, SKZ 2008, 78, Leitsatz Nr. 28, und vom 12.6.2008 – 2 C 469/07 –, SKZ 2008, 222, Leitsatz Nr. 33) Das erscheint mit Blick auf die Festlegung zu Ziffer 31 nicht zweifelhaft. (vgl. dazu auch OVG des Saarlandes, Urteil vom 18.9.2008 – 2 C 360/08 –, SKZ 2008, 280 ff. zur Zulässigkeit eines isolierten Normenkontrollantrags gegen die Festlegung zu Ziffer 34 im LEP Siedlung 2006) Ferner ist davon auszugehen, dass der Normgeber bei erkannter Unwirksamkeit der Festlegungen zentraler Orte im durch den in der Sitzung des Senats am 18.9.2008 konkretisierten Normenkontrollantrag bezeichneten räumlichen Bereich nicht auf diesbezügliche landesplanerische Festlegungen für das übrige Saarland verzichtet hätte.

B.

Die Antragstellerin ist ferner antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) für das Normenkontrollverfahren. Dabei kann dahinstehen, ob sich dies bereits aus der durch die Vorschrift für „Behörden“ (vgl. dazu OVG Frankfurt/Oder, Urteil vom 10.2.2005 – 3 D 104/03.NELKV 2005, 306-316 im Zusammenhang mit einem Normenkontrollantrag einer Gemeinde gegen landesplanerische Vorgaben) (§ 1 Abs. 4 SVwVfG), die die jeweiligen Normen bei ihrem Verwaltungshandeln zu beachten haben, generell eröffnete Befugnis ergibt, diese einer gerichtlichen Gültigkeitsprüfung im Rahmen des § 47 VwGO zuzuführen. (vgl. dazu etwa Knack VwVfG, 7. Aufl. 2000, § 1 Anm. 14, wonach der Gemeinderat, dem der Erlass von Bebauungsplänen vorbehalten ist (§§ 10 Abs. 1 BauGB, 35 Nr. 12 KSVG), im weitesten Sinne eine „Behörde“ der Körperschaft Gemeinde ist) Die gegenüber der Vorläuferfassung im LEP Siedlung 1997 unveränderte Festlegung von „zentralen Orten“ hat für die betroffenen Städte und Gemeinden weit reichende Konsequenzen. Diese Zielfestlegung enthält neben der abstrakten Beschreibung der zentralörtlichen Funktionen auf den verschiedenen Stufen eine Zuordnung der saarländischen Städte und Gemeinden zu den jeweiligen Ebenen, im einzelnen der Landeshauptstadt A-Stadt als Oberzentrum, der Städte Blieskastel, Dillingen, Homburg, Saarlouis, St. Ingbert, St. Wendel, Lebach, Neunkirchen, Völklingen und die Beigeladenen zu 1) und 2) als Mittelzentren und aller sonstigen Gemeindehauptorte als Grundzentren. Die Festlegung kann Planungsträger bei öffentlichen Planungen binden (§ 6 Abs. 2 SLPG 2002) und sie hat erhebliche rechtliche Auswirkungen für die Antragstellerin, etwa im Bereich der Mittelzuweisung im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs. Dieser knüpft unter anderem an die überörtliche Versorgungsfunktion der Mittelzentren an (§ 12 Abs. 4 Nr. 6 KFAG). Die ihr insoweit „entgehenden“ Mittelzuweisungen sind von erheblicher Bedeutung für die Möglichkeiten der Antragstellerin, ihr verfassungsrechtlich garantiertes Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 GG, Art. 117 SVerf) auszuüben. Sie hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie beispielsweise Schlüsselzuweisungen in Höhe von 340.941,- EUR für das Jahr 2006 erhalten hätte. Daneben begründet die Nichtberücksichtigung der Antragstellerin als Mittelzentrum wegen der Folgeregelung zur Ermittlung des künftigen Wohnungsbedarfs in Ziffer 31 des LEP Siedlung 2006 aufgrund des Anpassungsgebots auch rechtliche Bindungen für die ihrer Planungshoheit unterliegende Bauleitplanung (§§ 1 Abs. 4 BauGB, 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Das lässt eine Verletzung des verfassungsrechtlich verbürgten kommunalen Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 GG, Art. 117 SVerf) der Antragstellerin im Verständnis des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO durch die mit dem Normenkontrollbegehren angegriffenen Festlegungen zumindest als möglich erscheinen.

III.

Der Normenkontrollantrag ist indes nicht begründet. Nach ständiger Rechtsprechung gehört es ungeachtet der gesetzlichen Ausgestaltung des Normenkontrollverfahrens als umfassende Gültigkeitskontrolle der jeweils in Rede stehenden Norm und des im Verwaltungsprozessrecht geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht zu den Aufgaben der Oberverwaltungsgerichte, in diesem Rahmen „gleichsam ungefragt“ in die Suche nach Fehlern in der Entstehungsgeschichte der streitgegenständlichen Norm einzutreten. (vgl. für den Bereich der gemeindlichen Bauleitplanung etwa BVerwG, Urteil vom 3.12.1998 – 4 CN 3.97 -, BRS 60 Nr. 43, dort zur so genannten Funktionslosigkeit von Festsetzungen eines Bebauungsplans; grundlegend Urteile vom 7.9.1979 – 4 C 7.77 -, BRS 35 Nr. 15, und vom 17.4.2002 – 9 CN 1.01 –, BVerwGE 116, 188, 196 f., Beschlüsse vom 4.10.2006 – 4 BN 26.06 –, BauR 2007, 335, und 4 BN 27.06 –, wonach es sich um eine „Maxime richterlichen Handelns“ handelt, die die Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht in Frage stellt, wie hier etwa OVG des Saarlandes, Urteile vom 14.4.2004 – 1 N 7/03 – und vom 26.2.2002 – 2 R 3/01 -, SKZ 2002, 297, Leitsatz Nr. 45, vom 20.9.2007 – 2 N 9/06 –, SKZ 2008, 78 Leitsatz Nr. 28 und zuletzt vom 18.9.2008 – 2 C 360/08 –, SKZ 2008, 280 ff.)

A.

Das Normenkontrollbegehren bietet keinen Anlass, der Frage nachzugehen, ob der neu gefasste Teilabschnitt „Siedlung“ des Landesentwicklungsplans (LEP Siedlung 2006) in einem nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 SLPG 2002 (heute insoweit entsprechend § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 SLPG 2007) beachtlich fehlerhaften Verfahren im Sinne des § 3 SLPG 2002 zustande gekommen ist. Dies haben weder die Antragstellerin noch – ersichtlich – Dritte (vgl. zur Frage der Wirkung derartiger Rügen „inter omnes“ etwa Dallhammer in Cholewa u.a., Raumordnung in Bund und Ländern, Loseblatt, Band 1, § 10 ROG Rn 49) geltend gemacht. Die Erheblichkeit einer Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften bei der Aufstellung und Fortschreibung des Landesentwicklungsplans setzt jedoch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 SLPG 2002 (§ 5 Abs. 1 Satz 1 SLPG 2007) generell deren schriftliche Geltendmachung gegenüber der Landesplanungsbehörde binnen eines Jahres nach der Bekanntmachung voraus. Auf dieses Erfordernis wurde in § 2 RVO ausdrücklich hingewiesen (§§ 4 Abs. 1 Satz 2 SLPG 2002, 5 Abs. 1 Satz 2 SLPG 2007). Der Anwendungsbereich dieser nach bundesrechtlicher Vorgabe zwingenden Planerhaltungsregelung umfasst auch die Frage, ob das Verfahren zur Fortschreibung des LEP Siedlung bereits durch die Vorlage eines „Berichts über die Neuaufstellung des Landesentwicklungsplanes, Teilabschnitt Siedlung“ (vgl. die Vorlage des Ministeriums für Umwelt an den Ministerrat vom 24.6.2004) an den Ministerrat für dessen Sitzung am 6.7.2004 im Sinne der Überleitungsbestimmung in § 23 Abs. 3 Satz 1 ROG vor dem Inkrafttreten des EAG Bau (vgl. das Gesetz zur Anpassung des Baugesetzbuchs an EU-Richtlinien (Europarechtsanpassungsgesetz Bau – EAG Bau) vom 24.6.2004, BGBl. 2004, 1359) und dem insoweit durch § 7 Abs. 5 ROG 2004 begründeten – im Saarland landesrechtlich indes erst im Jahre 2007 verankerten (vgl. das Gesetz Nr. 1621 zur Änderung des Saarländischen Landesplanungsgesetzes vom 16.5.2007, Abl. 1390 ff.) – Erfordernis einer Umweltprüfung im Sinne der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.6.2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. ABl. EG Nr. L 197 S. 30) am 20.7.2004 „förmlich eingeleitet“ worden ist, (vgl. zur landesrechtlichen Umsetzung das Gesetz Nr. 1621 zur Änderung des Saarländischen Landesplanungsgesetzes vom 16.5.2007,  Amtsblatt 2007, 1390) oder ob insoweit auf den Zeitpunkt der Vorlage des (ersten) Entwurfs vom 28.10.2005 an die Landesregierung (§ 3 Abs. 3 Satz 1 SLPG 2002) abzustellen ist.

Grundlegende Anforderungen der Normsetzung sind erfüllt. Der LEP Siedlung 2006 wurde nach Maßgabe des § 3 Abs. 6 Satz 1 SLPG 2002 am 4.7.2006 von der Landesregierung als Rechtsverordnung erlassen und anschließend nach Maßgabe des Art. 104 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 SVerf im Amtsblatt des Saarlandes vom 14.7.2006 verkündet.

B.

Auch in materieller Hinsicht ergeben sich keine die Feststellung der Unwirksamkeit der von der Antragstellerin angegriffenen Teile des LEP Siedlung 2006 rechtfertigenden Gründe.

1. Die Antragstellerin macht insoweit zunächst im Ergebnis zu Unrecht geltend, dass die vom Antragsgegner vorgenommene Festlegung der Beigeladenen zu 1) und 2) als Mittelzentren mit ihren jeweiligen mittelzentralen Verflechtungsbereichen nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen des Abwägungsgebots entspreche. Für diese Beurteilung ist davon auszugehen, dass für den Bereich des Raumordnungs- und Landesplanungsrechts die in den bauplanungsrechtlichen Vorschriften zur Planerhaltung inzwischen vom Gesetzgeber vorgenommene Zuordnung von Fehlern bei der Ermittlung und Bewertung der abwägungsbeachtlichen Belange (§ 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB 2004) zum Verfahrensrecht (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB 2004) (vgl. dazu OVG des Saarlandes, Urteil vom 11.9.2008 – 2 C 186/08 –, SKZ 2008, 274) weder in § 10 Abs. 1 ROG 2004 noch in § 5 SLPG 2007 übernommen worden ist. Daher ist die von der Antragstellerin vordringlich eingewandte fehlerhafte, weil fehlende, zumindest unvollständige beziehungsweise unrichtige Ermittlung des abwägungsbeachtlichen Materials bezüglich ihrer faktischen zentralörtlichen Versorgungsfunktion entsprechend dem bisherigen Verständnis dem Bereich der (möglichen) Abwägungsfehler zuzuordnen.

2. Nach § 3 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SLPG 2002 sind die Grundsätze der Raumordnung (§§ 2 Abs. 2 ROG, 2 Abs. 1 SLPG 2002) bei der Aufstellung des Landesentwicklungsplans gegeneinander und untereinander abzuwägen, wobei sonstige öffentliche Belange sowie private Belange zu berücksichtigen sind, soweit sie erkennbar und von Bedeutung sind. Die Ermächtigung zur (Raum-)Planung umfasst notwendig die Einräumung planerischer Gestaltungsfreiheit. Diese erstreckt sich auf alle für die Planung relevanten Gesichtspunkte zur Verwirklichung der gesetzlich vorgegebenen Planungsaufgabe sowie zur Bewältigung der aufgeworfenen Probleme und Interessenkonflikte, unterliegt jedoch – wie jede staatliche Planung – den rechtsstaatlichen Bindungen des Abwägungsgebots (vgl. dazu beispielsweise Rieger in Schrödter, BauGB, 7. Auflage 2006, § 1 RNr. 186 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BVerwG, wonach sich das Gebot, die von einer Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen, unabhängig von einer gesetzlichen Normierung aus dem „Wesen“ rechtsstaatlicher Planung ergibt und daher allgemein gilt) und ist hinsichtlich dessen Beachtung auch gerichtlicher Kontrolle zugänglich. Angesichts des gesetzlich eröffneten Gestaltungsspielraums des Planungsträgers kann dessen Entscheidung allerdings nur daraufhin überprüft werden, ob die Grenzen des Abwägungsgebots eingehalten worden sind. (vgl. hierzu allgemein etwa OVG des Saarlandes, Urteile vom 31.3.2003 – 1 M 6/03 und 1 M 7/03 -, SKZ 2003, 203, Leitsatz Nr. 55 bzw. 204, Leitsatz Nr. 56 für den Bereich des Fachplanungsrechts) Das Abwägungsgebot verlangt erstens, dass eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass zweitens in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass drittens weder die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt wird, noch dass ein Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit der Belange außer Verhältnis steht. Umgekehrt gesprochen liegt also eine Verletzung des Abwägungsgebots vor, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat (Abwägungsausfall), wenn in die Abwägung an Belangen nicht das eingestellt wurde, was in sie eingestellt werden musste (Abwägungsdefizit), oder wenn die genannten Gewichtungsvorgaben nicht beachtet wurden (Abwägungsfehleinschätzung). Der innerhalb dieser Grenzen eröffnete Gestaltungsspielraum der planenden Stelle ist von den Gerichten zu respektieren. Diese sind insbesondere nicht befugt, eigene für „besser“ gehaltene Vorstellungen zur planerischen Bewältigung aufgeworfener Probleme an die Stelle der von dem hierzu vom Gesetzgeber ermächtigten Planungsträger getroffenen Entscheidung zu setzen.

3. Bei einer Planungsentscheidung kann es vom rechtlichen Anspruch her nicht darum gehen, einen aktuell faktisch vorhandenen Zustand – etwa bezogen auf die Reichweite der konkreten Versorgungsfunktionen der einzelnen Städte und Gemeinden im Saarland – statistisch zu ermitteln oder einen in der Lebenswirklichkeit in den Gemeinden eingetretenen Zustand lediglich zu beschreiben und dann durch die Einordnung der jeweiligen Kommune „nachzuvollziehen“ oder, etwa mit Blick auf die erwähnten ergänzenden Mittelzuweisungen an die Mittelzentren (§ 12 Abs. 4 Nr. 6 KFAG), zu „belohnen“. Planung stellt den Versuch dar, eine in Bezug auf das jeweilige „Planungsthema“ – hier die Grundsätze der Raumordnung (§ 2 Abs. 2 ROG) im Kontext der Siedlungsentwicklung im Saarland – in die Zukunft gerichteten, mit prognosetypischen Unwägbarkeiten behafteten Ordnungsvorstellung zu konkretisieren. Daher kann es nicht nur Aufgabe der planenden Stelle sein, ihre Ordnungsvorstellung anknüpfend an den status quo wiederzugeben. Die Planung ist vielmehr von ihrem Sinne her gerichtet auf die Entwicklung eines Konzepts zur Verwirklichung der mit ihr angestrebten Ziele. Ob man der hier in Rede stehenden hochstufigen Planungsentscheidung in dem Zusammenhang – wie der Antragsgegner das tut – einen weitgehend „politischen“ Charakter beimisst, ist letztlich nicht von Belang. Die Landesplanung bewegt sich jedenfalls als allgemeine Raumplanung notwendig auf einer höheren Abstraktionsstufe als beispielsweise die Bauleitplanung oder eine Einzelvorhaben betreffende Fachplanungsentscheidung. Dass sich die dabei eröffneten notwendig weiteren „Spielräume“ in besonderer Weise für eine „politische“ Ausfüllung eignen, dürfte freilich außer Frage stehen.

4. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage einer ordnungsgemäßen Abwägung ist nach allgemeinen Grundsätzen auch in diesem Zusammenhang allein der Zeitpunkt der Entscheidung der nach dem Gesetz mit dem Erlass der Norm betrauten Verwaltungsstelle, (vgl. entsprechend für den Bereich der Bauleitplanung § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB 2004) hier also gemäß § 3 Abs. 6 Satz 1 SLPG 2002 die „Zustimmung“ der Landesregierung zu dem Entwurf der Verordnung über den LEP Siedlung am 4.7.2006. Der Inhalt der zugrunde liegenden Beschlussvorlage vom 23.6.2006 und des anliegenden Entwurfs des LEP Siedlung 2006 bildet den primären Gegenstand der Beurteilung.

5. Der von der Antragstellerin reklamierte vollständige Abwägungsausfall ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass sich der im Amtsblatt veröffentlichten Begründung für die hier zur Rede stehenden Festlegungen des LEP Siedlung 2006 neben den notwendig allgemeinen Beschreibungen nicht ansatzweise konkrete Ausführungen zu der von der Antragstellerin geltend gemachten Situation und dem aus deren Sicht hieraus in einem ausführlichen Einwendungsschreiben vom 24.2.2006 bestehenden Änderungsbedarf oder gar eine Auseinandersetzung mit den darin vorgetragenen Argumenten entnehmen lässt. Bei dem gebotenen ergänzenden Rückgriff auf die der Planungsentscheidung zugrunde liegenden Unterlagen der Landesplanungsbehörde wird deutlich, dass vorliegend zum einen eine Abwägung stattgefunden hat. Zum anderen genügte diese Abwägung sowohl vom Vorgang als auch vom Ergebnis her den genannten rechtsstaatlichen Anforderungen.

6. Hinsichtlich der Beachtung der Grenzen planerischer Freiheit durch die Landesregierung bei Erlass des LEP Siedlung 2006 in Bezug auf die Zielfestlegung in Ziffer 1 (Punkt 2.1.2) hinsichtlich der zentralen Orte und ihrer Verflechtungsbereiche (Zentrale-Orte-System, ZOS) kann nach dem Akteninhalt insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass die Landesplanungsbehörde die in dem Schreiben der Antragstellerin vom 24.2.2006 im Rahmen des Beteiligungsverfahrens erhobenen Einwendungen nicht zur Kenntnis genommen hätte. Insoweit hatte die Antragstellerin unter anderem für sich eine vom allgemeinen Trend abweichende Bevölkerungsentwicklung eingewandt und auf eine positive Entwicklung im Bereich Handel und Gewerbe in jüngerer Vergangenheit verwiesen. Nach Abschluss des Beteiligungsverfahrens Anfang 2006 hat die zuständige Fachabteilung eine Übersicht der eingegangen Einwendungen erstellt, die unter Ziffer 25 das genannte Schreiben der Antragstellerin und insoweit insbesondere den Einwand einer aus der „Erfüllung von Mindestkriterien“ abzuleitenden „Befähigung zum Mittelzentrum“ aufführt und in der Rubrik „Abwägungsansatz“ eine kurze Stellungnahme enthält. Dass diese Formulierungen - wie die Antragstellerin geltend macht – pauschal gehalten sind, liegt in der Natur der Sache, lässt aber nicht den Rückschluss zu, dass sie bereits gar nicht zur Kenntnis genommen worden wären oder dass keine Berücksichtigung bei der Planung erfolgt wäre. Vor dem Hintergrund kann der Einwand der Antragstellerin, die Einwendungen seien überhaupt nicht berücksichtigt worden, nicht nachvollzogen werden. Sie sind im Ergebnis nicht ihrem Wunsch entsprechend verwertet worden; das ist indes ein typischer Befund bei Planungen und macht die Abwägungsentscheidung nicht per se rechtsfehlerhaft.

7. Das Ministerium für Umwelt als Landesplanungsbehörde ist von nachvollziehbaren allgemeinen Ausgangsdaten ausgegangen, insbesondere – neben anderen Kontextveränderungen gegenüber der Vorläuferplanung – von der allgemein nicht ernsthaft in Frage zu stellenden Prognose eines negativen demografischen Basistrends im Sinne einer mengenmäßig schrumpfenden und altersstrukturell zugunsten eines höheren Anteils der älteren Menschen veränderten Bevölkerung im Saarland. Die Festlegung der zentralen Orte unterschiedlicher Stufung verfolgt das Ziel, die Versorgung der saarländischen Bevölkerung mit einem ausgewogenen Warenangebot und sozialen, kulturellen und wirtschaftsbezogenen Einrichtungen sowie ein entsprechendes Wohnungsangebot im Sinne des so genannten dezentralen Konzentrationsprinzips auf kurzem Weg sicherzustellen.

8. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist die bei dieser Planung als Beratungsgrundlage herangezogene „Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung, Zentralörtliche Verflechtungsbereiche mittlerer Stufe in der Bundesrepublik Deutschland“ (EMRKO) aus dem Jahre 1972 (vgl. die gleichnamige Entschließung vom 15.6.1972, GMBl. 1972, 735) nicht bereits aufgrund ihres Alters eine generell untaugliche Basis für die Beurteilung des gewünschten Ausstattungsstandards eines Mittelzentrums mit entsprechend gehobener zentralörtlicher Versorgungsfunktion. Die Landesplanung ist grundsätzlich befugt, die zentralen Einrichtungen selbst zu benennen, die sie zur Erfüllung des übergreifenden Versorgungsauftrags eines Mittelzentrums für erforderlich oder wünschenswert ansieht. Den Mittelzentren wird in der genannten Ministerratsentschließung mit Blick auf die angestrebte möglichst gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung wegen ihrer über die Grundversorgung hinausgehenden Funktion eine besondere Bedeutung beigemessen (Nr. 4 der EMRKO 1972). Zur Erfüllung dieser Aufgabe bedarf es danach einer „gewissen Mindestausstattung“ (Nr. 5 EMRKO 1972). Abschließend enthält die Entschließung einen „Katalog für die anzustrebende Ausstattung von zentralen Orten mittlerer Stufe“. Diesen hat sich der Antragsgegner zu Eigen gemacht. Darin sind verschiedene Bildungseinrichtungen, unter anderem eine zur allgemeinen Hochschulreife führende Schule mit mehreren Ausbildungsgängen (Nr. 1a), Einrichtungen des Gesundheitswesens, unter anderem ein Krankenhaus für Akutkranke mit drei Fachabteilungen (Nr. 2a), verschiedene Sporteinrichtungen (Nr. 3), Einrichtungen aus dem Bereich Handel-Banken (Nr. 4) und Verkehrseinrichtungen, speziell direkte Anschlüsse an das Bundesfernstraßennetz und an das Eisenbahnnetz, „nach Möglichkeit mit Eilzugstation“ (Nr. 5) gefordert. Diese Einrichtungen sind dort – entsprechend dem Planungsansatz – als anzustrebende Ausstattungskriterien für ein Mittelzentrum formuliert, nicht hingegen – wie dies offenbar die Antragstellerin versteht – als Merkmale einer Anspruchsgrundlage in dem Sinne, dass bei Erfüllung der Anforderungen gleichsam automatisch ein Rechtsanspruch gegen die Landesplanungsstelle bestünde, ebenfalls als Mittelzentrum festgelegt zu werden. Selbst wenn der Katalog so verstanden würde, bestünde ein solcher Anspruch auf Seiten der Antragstellerin im Übrigen offensichtlich schon wegen der nicht vollständigen Erfüllung der (anzustrebenden) Ausstattungsmerkmale, etwa wegen der fehlenden Anbindung an das Bahnverkehrsnetz, nicht. Auch in dem Zusammenhang ist darüber hinaus eine isolierte Betrachtung für jede einzelne Gemeinde weder vorgesehen noch sachgerecht. Vielmehr ist auch das Umfeld, in dem die „gleichmäßige“ Versorgung der Bevölkerung gewährleistet werden soll, in die Betrachtung einzubeziehen. Im unmittelbaren Umfeld der Antragstellerin liegen die als Mittelzentren festgelegten Beigeladenen zu 1) und 2), welche die ihnen zugedachte erweiterte Versorgungsfunktion in ihren Verflechtungsbereichen (Mittelbereichen) – was letztlich die Antragstellerin auch nicht bestreitet – teilweise sogar in interkommunaler Kooperation bisher erfüllt haben und erfüllen. (vgl. in dem Zusammenhang Punkt 2.1.4 im LEP Siedlung 2006)

9. Bedeutung für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Abwägungsentscheidung zugunsten einer Nichtaufstufung der Antragstellerin zum Mittelzentrum hat auch der Aktenvermerk der zuständigen Fachabteilung (C) des Ministeriums für Umwelt vom 5.7.2005 zur „Zentrale-Orte-Diskussion betr. Mittelzentrum Blieskastel sowie Unterzentrum Losheim“. Er gibt den Stand der insoweit – entgegen früheren Bekundungen – eingeleiteten „Teiluntersuchung“ zu dem Thema wieder. Der Antragstellerin ist einzuräumen, dass die Abteilung Landesplanung des Ministeriums für Umwelt ausweislich eines Aktenvermerks vom Dezember 2004 zunächst vorgeschlagen hatte, zur Vermeidung „langwieriger kommunalpolitischer Diskussionen“, was allein nicht als sachliches Argument angesehen werden kann, als „Fortschreibungsszenario“ die Festlegungen des ZOS im LEP Siedlung 1997 beizubehalten. Der Antragstellerin ist ferner zuzustimmen, dass die in der Anlage des Vermerks vom 5.7.2005 zu findende tabellarische Übersicht zu einzelnen Ausstattungsmerkmalen der Antragstellerin, der Stadt Blieskastel und der nach Angaben des Antragsgegners als „Kontrollkommune“ mit in den Blick genommenen Beigeladenen zu 1) in einer Vielzahl von Einzeldetails aufgrund einer ganz offensichtlich „halbherzigen“ beziehungsweise oberflächlichen Ermittlungsarbeit, teilweise unter Benutzung von Telefonbüchern, fehlerhaft ist. Dem kommt allerdings keine Streit entscheidende Bedeutung zu, da der sonstige Inhalt des Vermerks unzweifelhaft zu erkennen gibt, dass allgemeine und selbstständig tragende sachliche Gesichtspunkte die Landesplanungsbehörde bewogen haben, die von der Antragstellerin begehrte Aufstufung zum Mittelzentrum – zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt – nicht in den Festlegungen zum ZOS umzusetzen.

In dem Vermerk wurden die verschiedenen für und gegen eine Aufstufung der Antragstellerin sprechenden Gesichtspunkte zusammen- und gegenübergestellt. Dabei wurden zugunsten der Antragstellerin eine Reihe von Aspekten gesehen und auch so bewertet, etwa das Vorhandensein eines Krankenhauses, eines Museums, eines Kinos, des Kulturzentrums Eisenbahnhalle, die ärztliche Ausstattung, das Altenheim, Einrichtungen der Erwachsenenbildung. Insbesondere wurden der Antragstellerin der unstreitig gute Zentralitätswert betreffend den äußeren Kaufkraftzufluss sowie hohe Umsätze des Einzelhandels zugute gehalten. Diese positiven Faktoren der wirtschaftlichen Entwicklung wurden allerdings im Wesentlichen im Zusammenhang mit einer vom Standort her städtebaulich nicht integrierten Ansiedlung einer Filiale des Globus Handelshofs gesehen. Dem wurde eine Reihe von aus Sicht der Landesplanung gegen die Aufstufung sprechenden Gründen gegenübergestellt, unter anderem das Fehlen bestimmter, dort aufgeführter öffentlicher Einrichtungen und einer Anbindung an das Schienennetz. Bei den gegen die Aufstufung sprechenden Gesichtspunkten wurde aber insbesondere herausgestellt, dass bei einer Übernahme eines Teils der bisher den Beigeladenen zu 1) und 2) zugeordneten mittelzentralen Verflechtungsbereiche notwendig eine Schwächung dieser Mittelzentren erfolgen werde und dass aufgrund unzureichenden Abstands zwischen den Mittelzentren im Falle der Aufstufung landesplanerisch unerwünschte Konkurrenzsituationen geschaffen würden. Das ist für den Fall einer Schaffung von drei Mittelzentren in unmittelbarer Nachbarschaft ohne weiteres nachvollziehbar.

Auch die Frage der Bildung eines bipolaren Zentrums mit der Beigeladenen zu 1) wurde durchaus erwogen, aber mit Blick auf konkrete Folgewirkungen ebenfalls als planerisch nicht wünschenswert eingestuft. In dem abschließenden Votum heißt es, im Hinblick auf den demografischen Wandel und dessen Folgen werde mittel- bis langfristig ohnehin eine Weiterentwicklung des ZOS im Saarland notwendig werden, um auf die veränderte Situation flexibel reagieren zu können. Das ZOS solle daher dann insgesamt auf den Prüfstand und bis dahin in seinem gegenwärtigen Zuschnitt beibehalten werden.

10. Entsprechend ist in der Vorlage vom 30.3.2006 für die Sitzung des Ministerrats am 4.4.2006 ausgeführt, dem Wunsch der Antragstellerin nach Aufstufung zum Mittelzentrum habe nicht entsprochen werden können. Eine Neufestlegung des Versorgungsbereichs der Antragstellerin ginge zu Lasten derjenigen der Beigeladenen zu 1) und 2). Dem Vorschlag der Antragstellerin nach Festlegung eines bipolaren Mittelzentrums gemeinsam mit der Beigeladenen zu 1) könne ebenfalls nicht gefolgt werden. Dazu fehlten zum einen die raumordnerischen Voraussetzungen. Zum anderen führte die notwendige Verkleinerung des Verflechtungsbereichs der Beigeladenen zu 2) zur Schwächung dieses – im Vergleich zur Antragstellerin unstreitig – weit besser ausgestatteten Mittelzentrums. Eine generelle Diskussion über das ZOS und einen Neuzuschnitt von Versorgungsstrukturen werde sich bei der erneuten Fortschreibung nach Ablauf des gegenwärtigen Planungszeitraums von 10 Jahren unter dem Gesichtspunkt des demografischen Wandels nicht vermeiden lassen. Diese Erwägungen hat sich die gemäß § 3 Abs. 6 Satz 1 SLPG zum Erlass des LEP berufene Landesregierung in der Sitzung des Ministerrats vom 4.4.2006 zu Eigen gemacht und den Entwurf so an den Landtag des Saarlandes weiter geleitet. Auch der Entschließungsantrag des Ausschusses für Umwelt vom 9.6.2006 zeigt die demografische Problematik eines Bevölkerungsrückgangs verbunden mit einer Verschiebung der Altersstruktur hin zur älteren Generation deutlich auf. Daraus lassen sich auch nicht isoliert unter Wiedergabe der entsprechenden Textpassage Zweifel herleiten, „ob überhaupt eine Abwägung stattgefunden hat“. Dass das so war, unterliegt für den Senat keinen ernstzunehmenden Zweifeln.

11. Ein vom Abwägungsergebnis her fehlerhafter, weil bezogen auf das Gewicht beteiligter Belange unverhältnismäßiger Interessenausgleich lässt sich auch mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Antragstellerin nicht feststellen. Anknüpfend an die einleitenden Bemerkungen zum Ziel der Planung und zu dem Charakter der Planungsentscheidung kann in Bezug auf die Einordnung der Antragstellerin „nur“ als Grundzentrum das konkrete Umfeld nicht vernachlässigt werden. Das Gemeindegebiet der Antragstellerin grenzt unmittelbar an die Territorien der beiden als Mittelzentrum fungierenden Beigeladenen zu 1) und 2) an, die beide in der Lage sind, den ihnen zugeordneten Mittelbereich mit zentralen Einrichtungen zu versorgen. Von daher erscheint es nachvollziehbar, dass die Landesplanung insoweit die Vorstellung entwickelt hat, dass in diesem konkreten räumlich begrenzten Umfeld die Festlegung eines weiteren – dann dritten – Mittelzentrums in Gestalt der Antragstellerin, die bei künftigen Planungen die Gewährleistung des Erhalts beziehungsweise einer Schaffung entsprechender mittelzentraler Versorgungseinrichtungen zur Folge hätte, zu einem Überangebot in dieser Region führen würde. Das der Ablehnung der entsprechenden Einstufung zugrunde liegende Argument, dass eine Aufstufung der Antragstellerin zum Mittelzentrum, sei es eigenständig oder gemeinsam mit der Beigeladenen zu 1) als bipolare zentrale Versorgungseinheit, im Ergebnis eine erhebliche Schwächung des für den Bereich des Westsaarlandes bestimmenden Mittelzentrums der Beigeladenen zu 2) zur Folge hätte, ist ohne weiteres nachzuvollziehen. Die Antragstellerin ist als Grundzentrum gegenwärtig – wie in der Vergangenheit – dem Verflechtungsbereich (Mittelbereich) der Beigeladenen zu 2) mit einer (insgesamt rückläufigen) Mantelbevölkerung von ca. 67.000 Einwohnern zugeordnet. Beide von der Antragstellerin in die Diskussion gebrachten Modifikationen hätten zwingend die Herauslösung der eigenen Bevölkerung aus diesem Verflechtungsbereich und damit eine „Schwächung“ dieses bestehenden Mittelzentrums zur Folge. Diesen Gesichtspunkt hat sich die Landesregierung bereits im Rahmen der Weiterleitung des (zweiten) Entwurfs an den Landtag des Saarlandes am 4.4.2006 ausdrücklich neben dem Hinweis auf im Vergleich zu den Beigeladenen zu 1) und 2) „deutlich geringere Infrastruktureinrichtungen“ selbständig tragend („darüber hinaus“) zu eigen gemacht und seiner Entscheidung zugrunde gelegt. (vgl. dazu Seite 2 (zu 2.1) der Vorlage der Landesplanungsbehörde an den Ministerrat vom 30.3.2006) Ohne weiteres nachvollziehbar ist auch die in diesem Zusammenhang geäußerte Vermutung, dass im Rahmen einer spätestens bei der erneuten Fortschreibung des LEP Siedlung voraussichtlich zum Jahr 2016 aufgrund der Bevölkerungsentwicklung generell eher eine Abstufung zentraler Orte zu erwarten sein dürfte, weswegen auch den gegenwärtigen Anliegen anderer Kommunen, etwa der Gemeinden Kleinblittersdorf, Merchweiler, Schmelz, Nonnweiler und Tholey, nach einer Festlegung bi- oder gar tripolarer Zentren auf der Stufe der Grundzentren nicht entsprochen worden sei. Die Landesplanung wollte sich eine Entscheidung nach weiterer Erkenntnis über die künftige Entwicklung der Bevölkerung vorbehalten und auch das erscheint unter Abwägungsgesichtspunkten zumindest vertretbar. Dass sich der zuständige Fachminister persönlich nach einer von der Antragstellerin vorgelegten Presseveröffentlichung (vgl. dazu den Ausriss aus dem Lokalteil der Saarbrücker Zeitung vom 4.5.2006, Blatt 56 der Gerichtsakte) in einem Brief an den CDU-Ortsverband im Bereich der Antragstellerin für die Schaffung eines „gemeinsamen Hochwald-Mittelzentrums“ ausgesprochen hat, rechtfertigt vorliegend keine andere Beurteilung. Dabei handelt es sich um Äußerungen im „politischen Raum“ die – ebenso wenig wie umgekehrt entsprechende Verlautbarungen im Einklang mit den späteren Festlegungen des LEP Siedlung 2006 – geeignet sind, entscheidende Bedeutung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Abwägungsentscheidung zu erlangen.

12. Vor dem Hintergrund kann die von der Landesregierung mit Zustimmung des Landtages getroffene Entscheidung, das bestehende System der zentralörtlichen Gliederung auch in dem hier fraglichen Bereich – zumindest bis zu einer angekündigten grundsätzlichen Revision des ZOS fortzuschreiben, jedenfalls nicht als unter Verletzung der Grenzen des Abwägungsgebots im Ergebnis unverhältnismäßig und daher fehlerhaft gewichtet angesehen werden. Für die Wirksamkeit dieser landesplanerischen Entscheidung spielte es erkennbar letztlich keine maßgebliche Rolle, ob beispielsweise auf dem Gebiet der Antragstellerin oder im Bereich der Beigeladenen zu 1) oder zu 2) mehr oder die meisten niedergelassenen Ärzte praktizieren, ob zwei, drei, vier oder fünf Apotheken beziehungsweise Zeitschriftenshops, Tabakläden, Fahrschulen oder dergleichen vorhanden sind. Eine Beurteilung, ob die zumindest vorläufige unveränderte Fortschreibung des ZOS insoweit die „beste“ oder die „vernünftigste“ beziehungsweise raumordnerisch „sinnvollste“ Lösung darstellt, ist nicht Aufgabe des Normenkontrollgerichts, das – wie eingangs erwähnt – den sich aus der Befugnis zur Raumplanung notwendig ergebenden planerischen Gestaltungsspielraum zu respektieren hat. Es ist gerade auch vor dem Hintergrund der Gewaltenteilung nicht Sache der unabhängigen Gerichte, in dem Zusammenhang eigene, als „besser“ erachtete Vorstellungen für einen „gerechten“ Interessenausgleich zur Geltung zu bringen.

13. Vor dem Hintergrund der Gesamtzielvorstellung der Landesplanung kommt insbesondere dem Streit unter den Beteiligten um die Erfüllung einzelner „Positionen“ des Anforderungskatalogs durch die Antragstellerin, etwa in deren Schriftsatz vom 21.9.2007, keine entscheidende Bedeutung zu. Das gilt hinsichtlich dieser Übersicht ohnehin, soweit sich die Antragstellerin darin auf Datenerhebungen, etwa des statistischen Landesamts vom 30.12.2006 oder Gewerbesteuerergebnisse für 2006, beruft, die Zeiträume und Zeitpunkte nach der Abwägungsentscheidung und sogar dem Inkrafttreten des LEP Siedlung 2006 betreffen. Die Beigeladenen zu 1) und 2) haben im Übrigen nach den mit der Antragsschrift vorgelegten Unterlagen des statistischen Landesamts („Gemeindezahlen 2006“) jeweils mehr Einwohner als die Antragstellerin, mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, nämlich bezogen auf das Jahr 2005 einmal 5.535 (Beigeladene zu 1)) beziehungsweise 9.670 (Beigeladene zu 2)) gegenüber 3.569 Arbeitnehmern (Antragstellerin). Darüber können auch die von der Antragstellerin in mehreren Bereichen angestellten, insoweit notwendig relativen statistischen Betrachtungen über prozentuale Veränderungen in den letzten Jahren nicht hinwegtäuschen.

14. Die Entscheidung der Landesplanung, vor dem Hintergrund der negativen demografischen Gesamtentwicklung trotz der guten wirtschaftlichen Entwicklung der Antragstellerin in den vergangenen Jahren in dem hier fraglichen Teilraum im Nordwesten des Saarlandes zwischen den Beigeladenen zu 1) und 2) nicht ein drittes Mittelzentrum mit entsprechender Schwundwirkung für den Mittelbereich der Beigeladenen zu 2), dem die Antragstellerin angehört, als landesplanerische Zielvorstellung festzulegen, ist daher insgesamt nachvollziehbar und jedenfalls nicht im Sinne eines Gewichtungsfehlers abwägungsfehlerhaft. Das gilt auch mit Blick auf das dann folgerichtig notwendig werdende Herauslösen eines eigenen mittelzentralen Verflechtungsbereichs aus der bisherigen Struktur zu Lasten der Beigeladenen zu 1) und/oder zu 2). Ein Änderungsbedarf wurde insoweit bezogen auf den „gegenwärtigen Zeitpunkt“ (Punkt 2.1.1) zumindest vertretbar nicht gesehen und das bisherige ZOS des LEP Siedlung 1997 wurde – wie im Saarland insgesamt – beibehalten. Das ist ohne weiteres nachvollziehbar. Die Befriedigung der Versorgungsbedürfnisse der in den angrenzenden Teilen von Rheinland-Pfalz lebenden Bevölkerung obliegt ungeachtet tatsächlicher Verflechtungen der dortigen Landesplanung.

15. Wegen der konkreten Raumbezogenheit der Planungsentscheidungen kann insoweit auch nicht aus der bei isolierter Betrachtung bezogen auf das aktuelle Versorgungsangebot möglicherweise „grenzwertigen“ zentralörtlichen Einstufung der Stadt Blieskastel als Mittelzentrum in Punkt 2.1.2 (Ziffer 1) in Verbindung mit dem Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) ein Anspruch auf „Gleichbehandlung“ zugunsten der Antragstellerin hergeleitet werden. Ungeachtet des Angrenzens an die Gebiete der Stadt St. Ingbert und der Kreisstadt Homburg im Nordwesten beziehungsweise Nordosten ist auch hierbei der Planungscharakter in Rechnung zu stellen. Dieser schlägt sich in der konkreten räumlichen Situation im Südosten des Saarlandes in der landesplanerischen Zielvorstellung nieder, auch für die Bevölkerung der ganz im Süden gelegenen Gemeinde Gersheim ein Mittelzentrum beziehungsweise näher gelegene mittelzentrale Einrichtungen zur Verfügung zu stellen. Dabei kommt nur die im Übrigen im Vergleich zur Antragstellerin sowohl schienen- als auch straßenverkehrsmäßig besser angebundene Stadt Blieskastel in Betracht, wobei der Landesregierung auch der planerische Freiraum zugebilligt werden muss, in einer solchen Situation möglicherweise partiell nicht (mehr) vorhandene mittelzentrale Versorgungseinrichtungen erst künftig (wieder) zu schaffen oder vorzuhalten. Bei der Zuweisung zentralörtlicher Funktionen egal auf welcher Stufe kommt der konkreten Umgebung der jeweiligen Kommune, das heißt dem sie umgebenden Teilraum, eine wesentliche Bedeutung zu und deren Unterschiedlichkeit kann selbst bei unterstellt identischer Ausstattung ein sachliches Kriterium für eine unterschiedliche Einstufung und damit für eine verfassungsgemäße „Ungleichbehandlung“ darstellen.

16. Ein Abwägungsfehler lässt sich ferner nicht feststellen, soweit der Antragsgegner in Ziffer 31 beziehungsweise in der diese ergänzenden und konkretisierenden Anlage 6 zum LEP Siedlung 2006 bei der Festlegung des örtlichen Wohnungsbedarfs an die Einstufungen der Städte und Gemeinden nach ihrer zentralörtlichen Funktion im Rahmen des ZOS angeknüpft hat. Daraus ergibt sich für die Antragstellerin ein festgelegter Bedarf an 2,5 Wohnungen pro 1.000 Einwohner und Jahr im zentralen Ortsteil und 1,5 Wohnungen in den übrigen Gemeindeteilen. Die Nichtberücksichtigung von – unterstellt – Besonderheiten bei der Bevölkerungsentwicklung und dementsprechend bei dem örtlichen Wohnungsbedarf ist ebenfalls nicht abwägungsfehlerhaft. Für derartige Sondersituationen und einen die Festlegung zu Ziffer 31 überschreitenden örtlichen Wohnungsbedarf ist in der damit im Zusammenhang zu sehenden Festlegung zu Ziffer 40 des LEP Siedlung 2006 eine Anpassung „nach oben“ im Benehmen mit der Landesplanungsbehörde ausdrücklich vorgesehen. Auf deren Geltendmachung ist die Antragstellerin gegebenenfalls zu verweisen. Eine Abwägungsfehlerhaftigkeit (bereits) der Grundfestlegung zum Wohnungsbedarf in Ziffer 31 kann daher nicht angenommen werden.

Daher war der Normenkontrollantrag, soweit nicht zurückgenommen, insgesamt zurückzuweisen.

C.

Soweit der Normenkontrollantrag zurückgenommen wurde, waren die Kosten nach § 155 Abs. 2 VwGO der Antragstellerin aufzuerlegen. Die Kostenentscheidung im Übrigen folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Dabei entsprach es der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil diese Anträge gestellt und damit Kostenrisiken übernommen haben (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 125.000,- EUR festgesetzt (§§ 52 Abs. 1 GKG). Dieser Betrag setzt sich zusammen aus Teilbeträgen von 5.000,- EUR für das auf die Ziffer 36, 20.000,- EUR für das auf die Ziffer 31 und 100.000,- EUR für das auf die Ziffer 1 der Zielfestlegungen im LEP Siedlung 2006 gerichtete Normenkontrollbegehren.

Die Heraufsetzung gegenüber der vorläufigen Festsetzung im Beschluss vom 26.3.2007 – 2 C 120/07 – (30.000,- EUR), damals noch einschließlich des auf die Ziffer 34 des LEP Siedlung 2006 gerichteten Normenkontrollbegehrens, (vgl. dazu die Wertfestsetzung nach Abtrennung dieses Verfahrensteils im Beschluss des Senats vom 18.9.2008 – 2 C 360/08 –) erscheint mit Blick auf die von der Antragsstellerin vorgetragenen ergänzenden Mittelzuweisungen für den Fall der Aufstufung zum Mittelzentrum auf der Grundlage des § 12 Abs. 4 Nr. 6 KFAG geboten, wobei die begehrte Unwirksamkeitserklärung allerdings nicht bereits mit einer solchen Aufstufung gleichgesetzt werden kann.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

I.

Nachdem in der mündlichen Verhandlung am 27.11.2008 der Normenkontrollantrag mit Zustimmung der übrigen Beteiligten zurückgenommen wurde, soweit er sich gegen die in Ziffer 36 enthaltene Zielfestlegung einer von den Kommunen bei der Ausweisung von Wohnbauflächen zu beachtenden durchschnittlichen Siedlungsdichte in Form von Dichtewerten nach Wohnungen pro Hektar (W/ha) richtete, war das Verfahren insoweit entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

II.

Der unter Einhaltung der Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellte Normenkontrollantrag im Übrigen ist zulässig.

A.

Seine Statthaftigkeit ergibt sich aus dem § 18 AGVwGO Saar, mit dem der saarländische Landesgesetzgeber von der ihm durch die Öffnungsklausel in § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO vom Bundesgesetzgeber eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht und das Verfahren der originären Normenkontrolle für alle im Range unter dem (förmlichen) Landesgesetz stehenden Normen eröffnet hat. Der streitgegenständliche LEP Siedlung 2006 wurde nach Maßgabe des § 3 Abs. 6 Satz 1 SLPG 2002 (erstmals) als Rechtsverordnung (RVO) erlassen. (vgl. zur Statthaftigkeit von Normenkontrollanträgen gegen den auf der Grundlage des Überleitungsrechts in § 15 Abs. 2 SLPG lediglich „bekannt gemachten“ Teilabschnitt Umwelt des LEP OVG des Saarlandes, Urteile vom 18.5.2006 – 2 N 3/05, 2 N 4/05 und 2 N 3/06 –, SKZ 2006, 218, Leitsatz Nr. 35 und 2006, 179) Die Teilbarkeit des LEP Siedlung 2006 im Sinne der Antragstellung unterliegt keinen durchgreifenden Bedenken. Wesentlicher Aspekt neben einer objektiven Teilbarkeit ist dabei, ob der Normgeber, hier die Landesregierung (§ 3 Abs. 6 Satz 1 SLPG 2002), die Vorschrift im Übrigen bei Erkenntnis der Unwirksamkeit (nur) des angegriffenen Teils der Norm erlassen hätte. (vgl. in dem Zusammenhang zuletzt die Normenkontrollurteile des Senats vom  20.9.2007 – 2 N 9/06 -, SKZ 2008, 78, Leitsatz Nr. 28, und vom 12.6.2008 – 2 C 469/07 –, SKZ 2008, 222, Leitsatz Nr. 33) Das erscheint mit Blick auf die Festlegung zu Ziffer 31 nicht zweifelhaft. (vgl. dazu auch OVG des Saarlandes, Urteil vom 18.9.2008 – 2 C 360/08 –, SKZ 2008, 280 ff. zur Zulässigkeit eines isolierten Normenkontrollantrags gegen die Festlegung zu Ziffer 34 im LEP Siedlung 2006) Ferner ist davon auszugehen, dass der Normgeber bei erkannter Unwirksamkeit der Festlegungen zentraler Orte im durch den in der Sitzung des Senats am 18.9.2008 konkretisierten Normenkontrollantrag bezeichneten räumlichen Bereich nicht auf diesbezügliche landesplanerische Festlegungen für das übrige Saarland verzichtet hätte.

B.

Die Antragstellerin ist ferner antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) für das Normenkontrollverfahren. Dabei kann dahinstehen, ob sich dies bereits aus der durch die Vorschrift für „Behörden“ (vgl. dazu OVG Frankfurt/Oder, Urteil vom 10.2.2005 – 3 D 104/03.NELKV 2005, 306-316 im Zusammenhang mit einem Normenkontrollantrag einer Gemeinde gegen landesplanerische Vorgaben) (§ 1 Abs. 4 SVwVfG), die die jeweiligen Normen bei ihrem Verwaltungshandeln zu beachten haben, generell eröffnete Befugnis ergibt, diese einer gerichtlichen Gültigkeitsprüfung im Rahmen des § 47 VwGO zuzuführen. (vgl. dazu etwa Knack VwVfG, 7. Aufl. 2000, § 1 Anm. 14, wonach der Gemeinderat, dem der Erlass von Bebauungsplänen vorbehalten ist (§§ 10 Abs. 1 BauGB, 35 Nr. 12 KSVG), im weitesten Sinne eine „Behörde“ der Körperschaft Gemeinde ist) Die gegenüber der Vorläuferfassung im LEP Siedlung 1997 unveränderte Festlegung von „zentralen Orten“ hat für die betroffenen Städte und Gemeinden weit reichende Konsequenzen. Diese Zielfestlegung enthält neben der abstrakten Beschreibung der zentralörtlichen Funktionen auf den verschiedenen Stufen eine Zuordnung der saarländischen Städte und Gemeinden zu den jeweiligen Ebenen, im einzelnen der Landeshauptstadt A-Stadt als Oberzentrum, der Städte Blieskastel, Dillingen, Homburg, Saarlouis, St. Ingbert, St. Wendel, Lebach, Neunkirchen, Völklingen und die Beigeladenen zu 1) und 2) als Mittelzentren und aller sonstigen Gemeindehauptorte als Grundzentren. Die Festlegung kann Planungsträger bei öffentlichen Planungen binden (§ 6 Abs. 2 SLPG 2002) und sie hat erhebliche rechtliche Auswirkungen für die Antragstellerin, etwa im Bereich der Mittelzuweisung im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs. Dieser knüpft unter anderem an die überörtliche Versorgungsfunktion der Mittelzentren an (§ 12 Abs. 4 Nr. 6 KFAG). Die ihr insoweit „entgehenden“ Mittelzuweisungen sind von erheblicher Bedeutung für die Möglichkeiten der Antragstellerin, ihr verfassungsrechtlich garantiertes Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 GG, Art. 117 SVerf) auszuüben. Sie hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie beispielsweise Schlüsselzuweisungen in Höhe von 340.941,- EUR für das Jahr 2006 erhalten hätte. Daneben begründet die Nichtberücksichtigung der Antragstellerin als Mittelzentrum wegen der Folgeregelung zur Ermittlung des künftigen Wohnungsbedarfs in Ziffer 31 des LEP Siedlung 2006 aufgrund des Anpassungsgebots auch rechtliche Bindungen für die ihrer Planungshoheit unterliegende Bauleitplanung (§§ 1 Abs. 4 BauGB, 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Das lässt eine Verletzung des verfassungsrechtlich verbürgten kommunalen Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 GG, Art. 117 SVerf) der Antragstellerin im Verständnis des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO durch die mit dem Normenkontrollbegehren angegriffenen Festlegungen zumindest als möglich erscheinen.

III.

Der Normenkontrollantrag ist indes nicht begründet. Nach ständiger Rechtsprechung gehört es ungeachtet der gesetzlichen Ausgestaltung des Normenkontrollverfahrens als umfassende Gültigkeitskontrolle der jeweils in Rede stehenden Norm und des im Verwaltungsprozessrecht geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht zu den Aufgaben der Oberverwaltungsgerichte, in diesem Rahmen „gleichsam ungefragt“ in die Suche nach Fehlern in der Entstehungsgeschichte der streitgegenständlichen Norm einzutreten. (vgl. für den Bereich der gemeindlichen Bauleitplanung etwa BVerwG, Urteil vom 3.12.1998 – 4 CN 3.97 -, BRS 60 Nr. 43, dort zur so genannten Funktionslosigkeit von Festsetzungen eines Bebauungsplans; grundlegend Urteile vom 7.9.1979 – 4 C 7.77 -, BRS 35 Nr. 15, und vom 17.4.2002 – 9 CN 1.01 –, BVerwGE 116, 188, 196 f., Beschlüsse vom 4.10.2006 – 4 BN 26.06 –, BauR 2007, 335, und 4 BN 27.06 –, wonach es sich um eine „Maxime richterlichen Handelns“ handelt, die die Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht in Frage stellt, wie hier etwa OVG des Saarlandes, Urteile vom 14.4.2004 – 1 N 7/03 – und vom 26.2.2002 – 2 R 3/01 -, SKZ 2002, 297, Leitsatz Nr. 45, vom 20.9.2007 – 2 N 9/06 –, SKZ 2008, 78 Leitsatz Nr. 28 und zuletzt vom 18.9.2008 – 2 C 360/08 –, SKZ 2008, 280 ff.)

A.

Das Normenkontrollbegehren bietet keinen Anlass, der Frage nachzugehen, ob der neu gefasste Teilabschnitt „Siedlung“ des Landesentwicklungsplans (LEP Siedlung 2006) in einem nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 SLPG 2002 (heute insoweit entsprechend § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 SLPG 2007) beachtlich fehlerhaften Verfahren im Sinne des § 3 SLPG 2002 zustande gekommen ist. Dies haben weder die Antragstellerin noch – ersichtlich – Dritte (vgl. zur Frage der Wirkung derartiger Rügen „inter omnes“ etwa Dallhammer in Cholewa u.a., Raumordnung in Bund und Ländern, Loseblatt, Band 1, § 10 ROG Rn 49) geltend gemacht. Die Erheblichkeit einer Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften bei der Aufstellung und Fortschreibung des Landesentwicklungsplans setzt jedoch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 SLPG 2002 (§ 5 Abs. 1 Satz 1 SLPG 2007) generell deren schriftliche Geltendmachung gegenüber der Landesplanungsbehörde binnen eines Jahres nach der Bekanntmachung voraus. Auf dieses Erfordernis wurde in § 2 RVO ausdrücklich hingewiesen (§§ 4 Abs. 1 Satz 2 SLPG 2002, 5 Abs. 1 Satz 2 SLPG 2007). Der Anwendungsbereich dieser nach bundesrechtlicher Vorgabe zwingenden Planerhaltungsregelung umfasst auch die Frage, ob das Verfahren zur Fortschreibung des LEP Siedlung bereits durch die Vorlage eines „Berichts über die Neuaufstellung des Landesentwicklungsplanes, Teilabschnitt Siedlung“ (vgl. die Vorlage des Ministeriums für Umwelt an den Ministerrat vom 24.6.2004) an den Ministerrat für dessen Sitzung am 6.7.2004 im Sinne der Überleitungsbestimmung in § 23 Abs. 3 Satz 1 ROG vor dem Inkrafttreten des EAG Bau (vgl. das Gesetz zur Anpassung des Baugesetzbuchs an EU-Richtlinien (Europarechtsanpassungsgesetz Bau – EAG Bau) vom 24.6.2004, BGBl. 2004, 1359) und dem insoweit durch § 7 Abs. 5 ROG 2004 begründeten – im Saarland landesrechtlich indes erst im Jahre 2007 verankerten (vgl. das Gesetz Nr. 1621 zur Änderung des Saarländischen Landesplanungsgesetzes vom 16.5.2007, Abl. 1390 ff.) – Erfordernis einer Umweltprüfung im Sinne der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.6.2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. ABl. EG Nr. L 197 S. 30) am 20.7.2004 „förmlich eingeleitet“ worden ist, (vgl. zur landesrechtlichen Umsetzung das Gesetz Nr. 1621 zur Änderung des Saarländischen Landesplanungsgesetzes vom 16.5.2007,  Amtsblatt 2007, 1390) oder ob insoweit auf den Zeitpunkt der Vorlage des (ersten) Entwurfs vom 28.10.2005 an die Landesregierung (§ 3 Abs. 3 Satz 1 SLPG 2002) abzustellen ist.

Grundlegende Anforderungen der Normsetzung sind erfüllt. Der LEP Siedlung 2006 wurde nach Maßgabe des § 3 Abs. 6 Satz 1 SLPG 2002 am 4.7.2006 von der Landesregierung als Rechtsverordnung erlassen und anschließend nach Maßgabe des Art. 104 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 SVerf im Amtsblatt des Saarlandes vom 14.7.2006 verkündet.

B.

Auch in materieller Hinsicht ergeben sich keine die Feststellung der Unwirksamkeit der von der Antragstellerin angegriffenen Teile des LEP Siedlung 2006 rechtfertigenden Gründe.

1. Die Antragstellerin macht insoweit zunächst im Ergebnis zu Unrecht geltend, dass die vom Antragsgegner vorgenommene Festlegung der Beigeladenen zu 1) und 2) als Mittelzentren mit ihren jeweiligen mittelzentralen Verflechtungsbereichen nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen des Abwägungsgebots entspreche. Für diese Beurteilung ist davon auszugehen, dass für den Bereich des Raumordnungs- und Landesplanungsrechts die in den bauplanungsrechtlichen Vorschriften zur Planerhaltung inzwischen vom Gesetzgeber vorgenommene Zuordnung von Fehlern bei der Ermittlung und Bewertung der abwägungsbeachtlichen Belange (§ 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB 2004) zum Verfahrensrecht (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB 2004) (vgl. dazu OVG des Saarlandes, Urteil vom 11.9.2008 – 2 C 186/08 –, SKZ 2008, 274) weder in § 10 Abs. 1 ROG 2004 noch in § 5 SLPG 2007 übernommen worden ist. Daher ist die von der Antragstellerin vordringlich eingewandte fehlerhafte, weil fehlende, zumindest unvollständige beziehungsweise unrichtige Ermittlung des abwägungsbeachtlichen Materials bezüglich ihrer faktischen zentralörtlichen Versorgungsfunktion entsprechend dem bisherigen Verständnis dem Bereich der (möglichen) Abwägungsfehler zuzuordnen.

2. Nach § 3 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SLPG 2002 sind die Grundsätze der Raumordnung (§§ 2 Abs. 2 ROG, 2 Abs. 1 SLPG 2002) bei der Aufstellung des Landesentwicklungsplans gegeneinander und untereinander abzuwägen, wobei sonstige öffentliche Belange sowie private Belange zu berücksichtigen sind, soweit sie erkennbar und von Bedeutung sind. Die Ermächtigung zur (Raum-)Planung umfasst notwendig die Einräumung planerischer Gestaltungsfreiheit. Diese erstreckt sich auf alle für die Planung relevanten Gesichtspunkte zur Verwirklichung der gesetzlich vorgegebenen Planungsaufgabe sowie zur Bewältigung der aufgeworfenen Probleme und Interessenkonflikte, unterliegt jedoch – wie jede staatliche Planung – den rechtsstaatlichen Bindungen des Abwägungsgebots (vgl. dazu beispielsweise Rieger in Schrödter, BauGB, 7. Auflage 2006, § 1 RNr. 186 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BVerwG, wonach sich das Gebot, die von einer Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen, unabhängig von einer gesetzlichen Normierung aus dem „Wesen“ rechtsstaatlicher Planung ergibt und daher allgemein gilt) und ist hinsichtlich dessen Beachtung auch gerichtlicher Kontrolle zugänglich. Angesichts des gesetzlich eröffneten Gestaltungsspielraums des Planungsträgers kann dessen Entscheidung allerdings nur daraufhin überprüft werden, ob die Grenzen des Abwägungsgebots eingehalten worden sind. (vgl. hierzu allgemein etwa OVG des Saarlandes, Urteile vom 31.3.2003 – 1 M 6/03 und 1 M 7/03 -, SKZ 2003, 203, Leitsatz Nr. 55 bzw. 204, Leitsatz Nr. 56 für den Bereich des Fachplanungsrechts) Das Abwägungsgebot verlangt erstens, dass eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass zweitens in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass drittens weder die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt wird, noch dass ein Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit der Belange außer Verhältnis steht. Umgekehrt gesprochen liegt also eine Verletzung des Abwägungsgebots vor, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat (Abwägungsausfall), wenn in die Abwägung an Belangen nicht das eingestellt wurde, was in sie eingestellt werden musste (Abwägungsdefizit), oder wenn die genannten Gewichtungsvorgaben nicht beachtet wurden (Abwägungsfehleinschätzung). Der innerhalb dieser Grenzen eröffnete Gestaltungsspielraum der planenden Stelle ist von den Gerichten zu respektieren. Diese sind insbesondere nicht befugt, eigene für „besser“ gehaltene Vorstellungen zur planerischen Bewältigung aufgeworfener Probleme an die Stelle der von dem hierzu vom Gesetzgeber ermächtigten Planungsträger getroffenen Entscheidung zu setzen.

3. Bei einer Planungsentscheidung kann es vom rechtlichen Anspruch her nicht darum gehen, einen aktuell faktisch vorhandenen Zustand – etwa bezogen auf die Reichweite der konkreten Versorgungsfunktionen der einzelnen Städte und Gemeinden im Saarland – statistisch zu ermitteln oder einen in der Lebenswirklichkeit in den Gemeinden eingetretenen Zustand lediglich zu beschreiben und dann durch die Einordnung der jeweiligen Kommune „nachzuvollziehen“ oder, etwa mit Blick auf die erwähnten ergänzenden Mittelzuweisungen an die Mittelzentren (§ 12 Abs. 4 Nr. 6 KFAG), zu „belohnen“. Planung stellt den Versuch dar, eine in Bezug auf das jeweilige „Planungsthema“ – hier die Grundsätze der Raumordnung (§ 2 Abs. 2 ROG) im Kontext der Siedlungsentwicklung im Saarland – in die Zukunft gerichteten, mit prognosetypischen Unwägbarkeiten behafteten Ordnungsvorstellung zu konkretisieren. Daher kann es nicht nur Aufgabe der planenden Stelle sein, ihre Ordnungsvorstellung anknüpfend an den status quo wiederzugeben. Die Planung ist vielmehr von ihrem Sinne her gerichtet auf die Entwicklung eines Konzepts zur Verwirklichung der mit ihr angestrebten Ziele. Ob man der hier in Rede stehenden hochstufigen Planungsentscheidung in dem Zusammenhang – wie der Antragsgegner das tut – einen weitgehend „politischen“ Charakter beimisst, ist letztlich nicht von Belang. Die Landesplanung bewegt sich jedenfalls als allgemeine Raumplanung notwendig auf einer höheren Abstraktionsstufe als beispielsweise die Bauleitplanung oder eine Einzelvorhaben betreffende Fachplanungsentscheidung. Dass sich die dabei eröffneten notwendig weiteren „Spielräume“ in besonderer Weise für eine „politische“ Ausfüllung eignen, dürfte freilich außer Frage stehen.

4. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage einer ordnungsgemäßen Abwägung ist nach allgemeinen Grundsätzen auch in diesem Zusammenhang allein der Zeitpunkt der Entscheidung der nach dem Gesetz mit dem Erlass der Norm betrauten Verwaltungsstelle, (vgl. entsprechend für den Bereich der Bauleitplanung § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB 2004) hier also gemäß § 3 Abs. 6 Satz 1 SLPG 2002 die „Zustimmung“ der Landesregierung zu dem Entwurf der Verordnung über den LEP Siedlung am 4.7.2006. Der Inhalt der zugrunde liegenden Beschlussvorlage vom 23.6.2006 und des anliegenden Entwurfs des LEP Siedlung 2006 bildet den primären Gegenstand der Beurteilung.

5. Der von der Antragstellerin reklamierte vollständige Abwägungsausfall ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass sich der im Amtsblatt veröffentlichten Begründung für die hier zur Rede stehenden Festlegungen des LEP Siedlung 2006 neben den notwendig allgemeinen Beschreibungen nicht ansatzweise konkrete Ausführungen zu der von der Antragstellerin geltend gemachten Situation und dem aus deren Sicht hieraus in einem ausführlichen Einwendungsschreiben vom 24.2.2006 bestehenden Änderungsbedarf oder gar eine Auseinandersetzung mit den darin vorgetragenen Argumenten entnehmen lässt. Bei dem gebotenen ergänzenden Rückgriff auf die der Planungsentscheidung zugrunde liegenden Unterlagen der Landesplanungsbehörde wird deutlich, dass vorliegend zum einen eine Abwägung stattgefunden hat. Zum anderen genügte diese Abwägung sowohl vom Vorgang als auch vom Ergebnis her den genannten rechtsstaatlichen Anforderungen.

6. Hinsichtlich der Beachtung der Grenzen planerischer Freiheit durch die Landesregierung bei Erlass des LEP Siedlung 2006 in Bezug auf die Zielfestlegung in Ziffer 1 (Punkt 2.1.2) hinsichtlich der zentralen Orte und ihrer Verflechtungsbereiche (Zentrale-Orte-System, ZOS) kann nach dem Akteninhalt insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass die Landesplanungsbehörde die in dem Schreiben der Antragstellerin vom 24.2.2006 im Rahmen des Beteiligungsverfahrens erhobenen Einwendungen nicht zur Kenntnis genommen hätte. Insoweit hatte die Antragstellerin unter anderem für sich eine vom allgemeinen Trend abweichende Bevölkerungsentwicklung eingewandt und auf eine positive Entwicklung im Bereich Handel und Gewerbe in jüngerer Vergangenheit verwiesen. Nach Abschluss des Beteiligungsverfahrens Anfang 2006 hat die zuständige Fachabteilung eine Übersicht der eingegangen Einwendungen erstellt, die unter Ziffer 25 das genannte Schreiben der Antragstellerin und insoweit insbesondere den Einwand einer aus der „Erfüllung von Mindestkriterien“ abzuleitenden „Befähigung zum Mittelzentrum“ aufführt und in der Rubrik „Abwägungsansatz“ eine kurze Stellungnahme enthält. Dass diese Formulierungen - wie die Antragstellerin geltend macht – pauschal gehalten sind, liegt in der Natur der Sache, lässt aber nicht den Rückschluss zu, dass sie bereits gar nicht zur Kenntnis genommen worden wären oder dass keine Berücksichtigung bei der Planung erfolgt wäre. Vor dem Hintergrund kann der Einwand der Antragstellerin, die Einwendungen seien überhaupt nicht berücksichtigt worden, nicht nachvollzogen werden. Sie sind im Ergebnis nicht ihrem Wunsch entsprechend verwertet worden; das ist indes ein typischer Befund bei Planungen und macht die Abwägungsentscheidung nicht per se rechtsfehlerhaft.

7. Das Ministerium für Umwelt als Landesplanungsbehörde ist von nachvollziehbaren allgemeinen Ausgangsdaten ausgegangen, insbesondere – neben anderen Kontextveränderungen gegenüber der Vorläuferplanung – von der allgemein nicht ernsthaft in Frage zu stellenden Prognose eines negativen demografischen Basistrends im Sinne einer mengenmäßig schrumpfenden und altersstrukturell zugunsten eines höheren Anteils der älteren Menschen veränderten Bevölkerung im Saarland. Die Festlegung der zentralen Orte unterschiedlicher Stufung verfolgt das Ziel, die Versorgung der saarländischen Bevölkerung mit einem ausgewogenen Warenangebot und sozialen, kulturellen und wirtschaftsbezogenen Einrichtungen sowie ein entsprechendes Wohnungsangebot im Sinne des so genannten dezentralen Konzentrationsprinzips auf kurzem Weg sicherzustellen.

8. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist die bei dieser Planung als Beratungsgrundlage herangezogene „Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung, Zentralörtliche Verflechtungsbereiche mittlerer Stufe in der Bundesrepublik Deutschland“ (EMRKO) aus dem Jahre 1972 (vgl. die gleichnamige Entschließung vom 15.6.1972, GMBl. 1972, 735) nicht bereits aufgrund ihres Alters eine generell untaugliche Basis für die Beurteilung des gewünschten Ausstattungsstandards eines Mittelzentrums mit entsprechend gehobener zentralörtlicher Versorgungsfunktion. Die Landesplanung ist grundsätzlich befugt, die zentralen Einrichtungen selbst zu benennen, die sie zur Erfüllung des übergreifenden Versorgungsauftrags eines Mittelzentrums für erforderlich oder wünschenswert ansieht. Den Mittelzentren wird in der genannten Ministerratsentschließung mit Blick auf die angestrebte möglichst gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung wegen ihrer über die Grundversorgung hinausgehenden Funktion eine besondere Bedeutung beigemessen (Nr. 4 der EMRKO 1972). Zur Erfüllung dieser Aufgabe bedarf es danach einer „gewissen Mindestausstattung“ (Nr. 5 EMRKO 1972). Abschließend enthält die Entschließung einen „Katalog für die anzustrebende Ausstattung von zentralen Orten mittlerer Stufe“. Diesen hat sich der Antragsgegner zu Eigen gemacht. Darin sind verschiedene Bildungseinrichtungen, unter anderem eine zur allgemeinen Hochschulreife führende Schule mit mehreren Ausbildungsgängen (Nr. 1a), Einrichtungen des Gesundheitswesens, unter anderem ein Krankenhaus für Akutkranke mit drei Fachabteilungen (Nr. 2a), verschiedene Sporteinrichtungen (Nr. 3), Einrichtungen aus dem Bereich Handel-Banken (Nr. 4) und Verkehrseinrichtungen, speziell direkte Anschlüsse an das Bundesfernstraßennetz und an das Eisenbahnnetz, „nach Möglichkeit mit Eilzugstation“ (Nr. 5) gefordert. Diese Einrichtungen sind dort – entsprechend dem Planungsansatz – als anzustrebende Ausstattungskriterien für ein Mittelzentrum formuliert, nicht hingegen – wie dies offenbar die Antragstellerin versteht – als Merkmale einer Anspruchsgrundlage in dem Sinne, dass bei Erfüllung der Anforderungen gleichsam automatisch ein Rechtsanspruch gegen die Landesplanungsstelle bestünde, ebenfalls als Mittelzentrum festgelegt zu werden. Selbst wenn der Katalog so verstanden würde, bestünde ein solcher Anspruch auf Seiten der Antragstellerin im Übrigen offensichtlich schon wegen der nicht vollständigen Erfüllung der (anzustrebenden) Ausstattungsmerkmale, etwa wegen der fehlenden Anbindung an das Bahnverkehrsnetz, nicht. Auch in dem Zusammenhang ist darüber hinaus eine isolierte Betrachtung für jede einzelne Gemeinde weder vorgesehen noch sachgerecht. Vielmehr ist auch das Umfeld, in dem die „gleichmäßige“ Versorgung der Bevölkerung gewährleistet werden soll, in die Betrachtung einzubeziehen. Im unmittelbaren Umfeld der Antragstellerin liegen die als Mittelzentren festgelegten Beigeladenen zu 1) und 2), welche die ihnen zugedachte erweiterte Versorgungsfunktion in ihren Verflechtungsbereichen (Mittelbereichen) – was letztlich die Antragstellerin auch nicht bestreitet – teilweise sogar in interkommunaler Kooperation bisher erfüllt haben und erfüllen. (vgl. in dem Zusammenhang Punkt 2.1.4 im LEP Siedlung 2006)

9. Bedeutung für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Abwägungsentscheidung zugunsten einer Nichtaufstufung der Antragstellerin zum Mittelzentrum hat auch der Aktenvermerk der zuständigen Fachabteilung (C) des Ministeriums für Umwelt vom 5.7.2005 zur „Zentrale-Orte-Diskussion betr. Mittelzentrum Blieskastel sowie Unterzentrum Losheim“. Er gibt den Stand der insoweit – entgegen früheren Bekundungen – eingeleiteten „Teiluntersuchung“ zu dem Thema wieder. Der Antragstellerin ist einzuräumen, dass die Abteilung Landesplanung des Ministeriums für Umwelt ausweislich eines Aktenvermerks vom Dezember 2004 zunächst vorgeschlagen hatte, zur Vermeidung „langwieriger kommunalpolitischer Diskussionen“, was allein nicht als sachliches Argument angesehen werden kann, als „Fortschreibungsszenario“ die Festlegungen des ZOS im LEP Siedlung 1997 beizubehalten. Der Antragstellerin ist ferner zuzustimmen, dass die in der Anlage des Vermerks vom 5.7.2005 zu findende tabellarische Übersicht zu einzelnen Ausstattungsmerkmalen der Antragstellerin, der Stadt Blieskastel und der nach Angaben des Antragsgegners als „Kontrollkommune“ mit in den Blick genommenen Beigeladenen zu 1) in einer Vielzahl von Einzeldetails aufgrund einer ganz offensichtlich „halbherzigen“ beziehungsweise oberflächlichen Ermittlungsarbeit, teilweise unter Benutzung von Telefonbüchern, fehlerhaft ist. Dem kommt allerdings keine Streit entscheidende Bedeutung zu, da der sonstige Inhalt des Vermerks unzweifelhaft zu erkennen gibt, dass allgemeine und selbstständig tragende sachliche Gesichtspunkte die Landesplanungsbehörde bewogen haben, die von der Antragstellerin begehrte Aufstufung zum Mittelzentrum – zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt – nicht in den Festlegungen zum ZOS umzusetzen.

In dem Vermerk wurden die verschiedenen für und gegen eine Aufstufung der Antragstellerin sprechenden Gesichtspunkte zusammen- und gegenübergestellt. Dabei wurden zugunsten der Antragstellerin eine Reihe von Aspekten gesehen und auch so bewertet, etwa das Vorhandensein eines Krankenhauses, eines Museums, eines Kinos, des Kulturzentrums Eisenbahnhalle, die ärztliche Ausstattung, das Altenheim, Einrichtungen der Erwachsenenbildung. Insbesondere wurden der Antragstellerin der unstreitig gute Zentralitätswert betreffend den äußeren Kaufkraftzufluss sowie hohe Umsätze des Einzelhandels zugute gehalten. Diese positiven Faktoren der wirtschaftlichen Entwicklung wurden allerdings im Wesentlichen im Zusammenhang mit einer vom Standort her städtebaulich nicht integrierten Ansiedlung einer Filiale des Globus Handelshofs gesehen. Dem wurde eine Reihe von aus Sicht der Landesplanung gegen die Aufstufung sprechenden Gründen gegenübergestellt, unter anderem das Fehlen bestimmter, dort aufgeführter öffentlicher Einrichtungen und einer Anbindung an das Schienennetz. Bei den gegen die Aufstufung sprechenden Gesichtspunkten wurde aber insbesondere herausgestellt, dass bei einer Übernahme eines Teils der bisher den Beigeladenen zu 1) und 2) zugeordneten mittelzentralen Verflechtungsbereiche notwendig eine Schwächung dieser Mittelzentren erfolgen werde und dass aufgrund unzureichenden Abstands zwischen den Mittelzentren im Falle der Aufstufung landesplanerisch unerwünschte Konkurrenzsituationen geschaffen würden. Das ist für den Fall einer Schaffung von drei Mittelzentren in unmittelbarer Nachbarschaft ohne weiteres nachvollziehbar.

Auch die Frage der Bildung eines bipolaren Zentrums mit der Beigeladenen zu 1) wurde durchaus erwogen, aber mit Blick auf konkrete Folgewirkungen ebenfalls als planerisch nicht wünschenswert eingestuft. In dem abschließenden Votum heißt es, im Hinblick auf den demografischen Wandel und dessen Folgen werde mittel- bis langfristig ohnehin eine Weiterentwicklung des ZOS im Saarland notwendig werden, um auf die veränderte Situation flexibel reagieren zu können. Das ZOS solle daher dann insgesamt auf den Prüfstand und bis dahin in seinem gegenwärtigen Zuschnitt beibehalten werden.

10. Entsprechend ist in der Vorlage vom 30.3.2006 für die Sitzung des Ministerrats am 4.4.2006 ausgeführt, dem Wunsch der Antragstellerin nach Aufstufung zum Mittelzentrum habe nicht entsprochen werden können. Eine Neufestlegung des Versorgungsbereichs der Antragstellerin ginge zu Lasten derjenigen der Beigeladenen zu 1) und 2). Dem Vorschlag der Antragstellerin nach Festlegung eines bipolaren Mittelzentrums gemeinsam mit der Beigeladenen zu 1) könne ebenfalls nicht gefolgt werden. Dazu fehlten zum einen die raumordnerischen Voraussetzungen. Zum anderen führte die notwendige Verkleinerung des Verflechtungsbereichs der Beigeladenen zu 2) zur Schwächung dieses – im Vergleich zur Antragstellerin unstreitig – weit besser ausgestatteten Mittelzentrums. Eine generelle Diskussion über das ZOS und einen Neuzuschnitt von Versorgungsstrukturen werde sich bei der erneuten Fortschreibung nach Ablauf des gegenwärtigen Planungszeitraums von 10 Jahren unter dem Gesichtspunkt des demografischen Wandels nicht vermeiden lassen. Diese Erwägungen hat sich die gemäß § 3 Abs. 6 Satz 1 SLPG zum Erlass des LEP berufene Landesregierung in der Sitzung des Ministerrats vom 4.4.2006 zu Eigen gemacht und den Entwurf so an den Landtag des Saarlandes weiter geleitet. Auch der Entschließungsantrag des Ausschusses für Umwelt vom 9.6.2006 zeigt die demografische Problematik eines Bevölkerungsrückgangs verbunden mit einer Verschiebung der Altersstruktur hin zur älteren Generation deutlich auf. Daraus lassen sich auch nicht isoliert unter Wiedergabe der entsprechenden Textpassage Zweifel herleiten, „ob überhaupt eine Abwägung stattgefunden hat“. Dass das so war, unterliegt für den Senat keinen ernstzunehmenden Zweifeln.

11. Ein vom Abwägungsergebnis her fehlerhafter, weil bezogen auf das Gewicht beteiligter Belange unverhältnismäßiger Interessenausgleich lässt sich auch mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Antragstellerin nicht feststellen. Anknüpfend an die einleitenden Bemerkungen zum Ziel der Planung und zu dem Charakter der Planungsentscheidung kann in Bezug auf die Einordnung der Antragstellerin „nur“ als Grundzentrum das konkrete Umfeld nicht vernachlässigt werden. Das Gemeindegebiet der Antragstellerin grenzt unmittelbar an die Territorien der beiden als Mittelzentrum fungierenden Beigeladenen zu 1) und 2) an, die beide in der Lage sind, den ihnen zugeordneten Mittelbereich mit zentralen Einrichtungen zu versorgen. Von daher erscheint es nachvollziehbar, dass die Landesplanung insoweit die Vorstellung entwickelt hat, dass in diesem konkreten räumlich begrenzten Umfeld die Festlegung eines weiteren – dann dritten – Mittelzentrums in Gestalt der Antragstellerin, die bei künftigen Planungen die Gewährleistung des Erhalts beziehungsweise einer Schaffung entsprechender mittelzentraler Versorgungseinrichtungen zur Folge hätte, zu einem Überangebot in dieser Region führen würde. Das der Ablehnung der entsprechenden Einstufung zugrunde liegende Argument, dass eine Aufstufung der Antragstellerin zum Mittelzentrum, sei es eigenständig oder gemeinsam mit der Beigeladenen zu 1) als bipolare zentrale Versorgungseinheit, im Ergebnis eine erhebliche Schwächung des für den Bereich des Westsaarlandes bestimmenden Mittelzentrums der Beigeladenen zu 2) zur Folge hätte, ist ohne weiteres nachzuvollziehen. Die Antragstellerin ist als Grundzentrum gegenwärtig – wie in der Vergangenheit – dem Verflechtungsbereich (Mittelbereich) der Beigeladenen zu 2) mit einer (insgesamt rückläufigen) Mantelbevölkerung von ca. 67.000 Einwohnern zugeordnet. Beide von der Antragstellerin in die Diskussion gebrachten Modifikationen hätten zwingend die Herauslösung der eigenen Bevölkerung aus diesem Verflechtungsbereich und damit eine „Schwächung“ dieses bestehenden Mittelzentrums zur Folge. Diesen Gesichtspunkt hat sich die Landesregierung bereits im Rahmen der Weiterleitung des (zweiten) Entwurfs an den Landtag des Saarlandes am 4.4.2006 ausdrücklich neben dem Hinweis auf im Vergleich zu den Beigeladenen zu 1) und 2) „deutlich geringere Infrastruktureinrichtungen“ selbständig tragend („darüber hinaus“) zu eigen gemacht und seiner Entscheidung zugrunde gelegt. (vgl. dazu Seite 2 (zu 2.1) der Vorlage der Landesplanungsbehörde an den Ministerrat vom 30.3.2006) Ohne weiteres nachvollziehbar ist auch die in diesem Zusammenhang geäußerte Vermutung, dass im Rahmen einer spätestens bei der erneuten Fortschreibung des LEP Siedlung voraussichtlich zum Jahr 2016 aufgrund der Bevölkerungsentwicklung generell eher eine Abstufung zentraler Orte zu erwarten sein dürfte, weswegen auch den gegenwärtigen Anliegen anderer Kommunen, etwa der Gemeinden Kleinblittersdorf, Merchweiler, Schmelz, Nonnweiler und Tholey, nach einer Festlegung bi- oder gar tripolarer Zentren auf der Stufe der Grundzentren nicht entsprochen worden sei. Die Landesplanung wollte sich eine Entscheidung nach weiterer Erkenntnis über die künftige Entwicklung der Bevölkerung vorbehalten und auch das erscheint unter Abwägungsgesichtspunkten zumindest vertretbar. Dass sich der zuständige Fachminister persönlich nach einer von der Antragstellerin vorgelegten Presseveröffentlichung (vgl. dazu den Ausriss aus dem Lokalteil der Saarbrücker Zeitung vom 4.5.2006, Blatt 56 der Gerichtsakte) in einem Brief an den CDU-Ortsverband im Bereich der Antragstellerin für die Schaffung eines „gemeinsamen Hochwald-Mittelzentrums“ ausgesprochen hat, rechtfertigt vorliegend keine andere Beurteilung. Dabei handelt es sich um Äußerungen im „politischen Raum“ die – ebenso wenig wie umgekehrt entsprechende Verlautbarungen im Einklang mit den späteren Festlegungen des LEP Siedlung 2006 – geeignet sind, entscheidende Bedeutung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Abwägungsentscheidung zu erlangen.

12. Vor dem Hintergrund kann die von der Landesregierung mit Zustimmung des Landtages getroffene Entscheidung, das bestehende System der zentralörtlichen Gliederung auch in dem hier fraglichen Bereich – zumindest bis zu einer angekündigten grundsätzlichen Revision des ZOS fortzuschreiben, jedenfalls nicht als unter Verletzung der Grenzen des Abwägungsgebots im Ergebnis unverhältnismäßig und daher fehlerhaft gewichtet angesehen werden. Für die Wirksamkeit dieser landesplanerischen Entscheidung spielte es erkennbar letztlich keine maßgebliche Rolle, ob beispielsweise auf dem Gebiet der Antragstellerin oder im Bereich der Beigeladenen zu 1) oder zu 2) mehr oder die meisten niedergelassenen Ärzte praktizieren, ob zwei, drei, vier oder fünf Apotheken beziehungsweise Zeitschriftenshops, Tabakläden, Fahrschulen oder dergleichen vorhanden sind. Eine Beurteilung, ob die zumindest vorläufige unveränderte Fortschreibung des ZOS insoweit die „beste“ oder die „vernünftigste“ beziehungsweise raumordnerisch „sinnvollste“ Lösung darstellt, ist nicht Aufgabe des Normenkontrollgerichts, das – wie eingangs erwähnt – den sich aus der Befugnis zur Raumplanung notwendig ergebenden planerischen Gestaltungsspielraum zu respektieren hat. Es ist gerade auch vor dem Hintergrund der Gewaltenteilung nicht Sache der unabhängigen Gerichte, in dem Zusammenhang eigene, als „besser“ erachtete Vorstellungen für einen „gerechten“ Interessenausgleich zur Geltung zu bringen.

13. Vor dem Hintergrund der Gesamtzielvorstellung der Landesplanung kommt insbesondere dem Streit unter den Beteiligten um die Erfüllung einzelner „Positionen“ des Anforderungskatalogs durch die Antragstellerin, etwa in deren Schriftsatz vom 21.9.2007, keine entscheidende Bedeutung zu. Das gilt hinsichtlich dieser Übersicht ohnehin, soweit sich die Antragstellerin darin auf Datenerhebungen, etwa des statistischen Landesamts vom 30.12.2006 oder Gewerbesteuerergebnisse für 2006, beruft, die Zeiträume und Zeitpunkte nach der Abwägungsentscheidung und sogar dem Inkrafttreten des LEP Siedlung 2006 betreffen. Die Beigeladenen zu 1) und 2) haben im Übrigen nach den mit der Antragsschrift vorgelegten Unterlagen des statistischen Landesamts („Gemeindezahlen 2006“) jeweils mehr Einwohner als die Antragstellerin, mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, nämlich bezogen auf das Jahr 2005 einmal 5.535 (Beigeladene zu 1)) beziehungsweise 9.670 (Beigeladene zu 2)) gegenüber 3.569 Arbeitnehmern (Antragstellerin). Darüber können auch die von der Antragstellerin in mehreren Bereichen angestellten, insoweit notwendig relativen statistischen Betrachtungen über prozentuale Veränderungen in den letzten Jahren nicht hinwegtäuschen.

14. Die Entscheidung der Landesplanung, vor dem Hintergrund der negativen demografischen Gesamtentwicklung trotz der guten wirtschaftlichen Entwicklung der Antragstellerin in den vergangenen Jahren in dem hier fraglichen Teilraum im Nordwesten des Saarlandes zwischen den Beigeladenen zu 1) und 2) nicht ein drittes Mittelzentrum mit entsprechender Schwundwirkung für den Mittelbereich der Beigeladenen zu 2), dem die Antragstellerin angehört, als landesplanerische Zielvorstellung festzulegen, ist daher insgesamt nachvollziehbar und jedenfalls nicht im Sinne eines Gewichtungsfehlers abwägungsfehlerhaft. Das gilt auch mit Blick auf das dann folgerichtig notwendig werdende Herauslösen eines eigenen mittelzentralen Verflechtungsbereichs aus der bisherigen Struktur zu Lasten der Beigeladenen zu 1) und/oder zu 2). Ein Änderungsbedarf wurde insoweit bezogen auf den „gegenwärtigen Zeitpunkt“ (Punkt 2.1.1) zumindest vertretbar nicht gesehen und das bisherige ZOS des LEP Siedlung 1997 wurde – wie im Saarland insgesamt – beibehalten. Das ist ohne weiteres nachvollziehbar. Die Befriedigung der Versorgungsbedürfnisse der in den angrenzenden Teilen von Rheinland-Pfalz lebenden Bevölkerung obliegt ungeachtet tatsächlicher Verflechtungen der dortigen Landesplanung.

15. Wegen der konkreten Raumbezogenheit der Planungsentscheidungen kann insoweit auch nicht aus der bei isolierter Betrachtung bezogen auf das aktuelle Versorgungsangebot möglicherweise „grenzwertigen“ zentralörtlichen Einstufung der Stadt Blieskastel als Mittelzentrum in Punkt 2.1.2 (Ziffer 1) in Verbindung mit dem Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) ein Anspruch auf „Gleichbehandlung“ zugunsten der Antragstellerin hergeleitet werden. Ungeachtet des Angrenzens an die Gebiete der Stadt St. Ingbert und der Kreisstadt Homburg im Nordwesten beziehungsweise Nordosten ist auch hierbei der Planungscharakter in Rechnung zu stellen. Dieser schlägt sich in der konkreten räumlichen Situation im Südosten des Saarlandes in der landesplanerischen Zielvorstellung nieder, auch für die Bevölkerung der ganz im Süden gelegenen Gemeinde Gersheim ein Mittelzentrum beziehungsweise näher gelegene mittelzentrale Einrichtungen zur Verfügung zu stellen. Dabei kommt nur die im Übrigen im Vergleich zur Antragstellerin sowohl schienen- als auch straßenverkehrsmäßig besser angebundene Stadt Blieskastel in Betracht, wobei der Landesregierung auch der planerische Freiraum zugebilligt werden muss, in einer solchen Situation möglicherweise partiell nicht (mehr) vorhandene mittelzentrale Versorgungseinrichtungen erst künftig (wieder) zu schaffen oder vorzuhalten. Bei der Zuweisung zentralörtlicher Funktionen egal auf welcher Stufe kommt der konkreten Umgebung der jeweiligen Kommune, das heißt dem sie umgebenden Teilraum, eine wesentliche Bedeutung zu und deren Unterschiedlichkeit kann selbst bei unterstellt identischer Ausstattung ein sachliches Kriterium für eine unterschiedliche Einstufung und damit für eine verfassungsgemäße „Ungleichbehandlung“ darstellen.

16. Ein Abwägungsfehler lässt sich ferner nicht feststellen, soweit der Antragsgegner in Ziffer 31 beziehungsweise in der diese ergänzenden und konkretisierenden Anlage 6 zum LEP Siedlung 2006 bei der Festlegung des örtlichen Wohnungsbedarfs an die Einstufungen der Städte und Gemeinden nach ihrer zentralörtlichen Funktion im Rahmen des ZOS angeknüpft hat. Daraus ergibt sich für die Antragstellerin ein festgelegter Bedarf an 2,5 Wohnungen pro 1.000 Einwohner und Jahr im zentralen Ortsteil und 1,5 Wohnungen in den übrigen Gemeindeteilen. Die Nichtberücksichtigung von – unterstellt – Besonderheiten bei der Bevölkerungsentwicklung und dementsprechend bei dem örtlichen Wohnungsbedarf ist ebenfalls nicht abwägungsfehlerhaft. Für derartige Sondersituationen und einen die Festlegung zu Ziffer 31 überschreitenden örtlichen Wohnungsbedarf ist in der damit im Zusammenhang zu sehenden Festlegung zu Ziffer 40 des LEP Siedlung 2006 eine Anpassung „nach oben“ im Benehmen mit der Landesplanungsbehörde ausdrücklich vorgesehen. Auf deren Geltendmachung ist die Antragstellerin gegebenenfalls zu verweisen. Eine Abwägungsfehlerhaftigkeit (bereits) der Grundfestlegung zum Wohnungsbedarf in Ziffer 31 kann daher nicht angenommen werden.

Daher war der Normenkontrollantrag, soweit nicht zurückgenommen, insgesamt zurückzuweisen.

C.

Soweit der Normenkontrollantrag zurückgenommen wurde, waren die Kosten nach § 155 Abs. 2 VwGO der Antragstellerin aufzuerlegen. Die Kostenentscheidung im Übrigen folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Dabei entsprach es der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil diese Anträge gestellt und damit Kostenrisiken übernommen haben (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 125.000,- EUR festgesetzt (§§ 52 Abs. 1 GKG). Dieser Betrag setzt sich zusammen aus Teilbeträgen von 5.000,- EUR für das auf die Ziffer 36, 20.000,- EUR für das auf die Ziffer 31 und 100.000,- EUR für das auf die Ziffer 1 der Zielfestlegungen im LEP Siedlung 2006 gerichtete Normenkontrollbegehren.

Die Heraufsetzung gegenüber der vorläufigen Festsetzung im Beschluss vom 26.3.2007 – 2 C 120/07 – (30.000,- EUR), damals noch einschließlich des auf die Ziffer 34 des LEP Siedlung 2006 gerichteten Normenkontrollbegehrens, (vgl. dazu die Wertfestsetzung nach Abtrennung dieses Verfahrensteils im Beschluss des Senats vom 18.9.2008 – 2 C 360/08 –) erscheint mit Blick auf die von der Antragsstellerin vorgetragenen ergänzenden Mittelzuweisungen für den Fall der Aufstufung zum Mittelzentrum auf der Grundlage des § 12 Abs. 4 Nr. 6 KFAG geboten, wobei die begehrte Unwirksamkeitserklärung allerdings nicht bereits mit einer solchen Aufstufung gleichgesetzt werden kann.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Bei

1.
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen,
2.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen,
3.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, die der Planfeststellung oder der Genehmigung mit der Rechtswirkung der Planfeststellung bedürfen,
sind Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Satz 1 Nr. 1 und 2 gilt entsprechend bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die Personen des Privatrechts in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durchführen, wenn öffentliche Stellen an den Personen mehrheitlich beteiligt sind oder die Planungen und Maßnahmen überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Weitergehende Bindungswirkungen von Erfordernissen der Raumordnung nach Maßgabe der für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Bei sonstigen Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts sind die Erfordernisse der Raumordnung nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen.

(3) Bei Genehmigungen über die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Abfallbeseitigungsanlagen von Personen des Privatrechts nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind die Ziele der Raumordnung zu beachten sowie die Grundsätze der Raumordnung und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen.

(1) Die Grundsätze der Raumordnung sind im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nach § 1 Abs. 2 anzuwenden und durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren, soweit dies erforderlich ist.

(2) Grundsätze der Raumordnung sind insbesondere:

1.
Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben. Dabei ist die nachhaltige Daseinsvorsorge zu sichern, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Innovation sind zu unterstützen, Entwicklungspotenziale sind zu sichern und Ressourcen nachhaltig zu schützen. Diese Aufgaben sind gleichermaßen in Ballungsräumen wie in ländlichen Räumen, in strukturschwachen wie in strukturstarken Regionen zu erfüllen. Demographischen, wirtschaftlichen, sozialen sowie anderen strukturverändernden Herausforderungen ist Rechnung zu tragen, auch im Hinblick auf den Rückgang und den Zuwachs von Bevölkerung und Arbeitsplätzen; regionale Entwicklungskonzepte und Bedarfsprognosen der Landes- und Regionalplanung sind einzubeziehen. Auf einen Ausgleich räumlicher und struktureller Ungleichgewichte zwischen den Regionen ist hinzuwirken. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung sind langfristig offenzuhalten.
2.
Die prägende Vielfalt des Gesamtraums und seiner Teilräume ist zu sichern. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Städte und ländliche Räume auch künftig ihre vielfältigen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen können. Mit dem Ziel der Stärkung und Entwicklung des Gesamtraums und seiner Teilräume ist auf Kooperationen innerhalb von Regionen und von Regionen miteinander, die in vielfältigen Formen, auch als Stadt-Land-Partnerschaften, möglich sind, hinzuwirken. Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren, sie ist vorrangig auf vorhandene Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur und auf Zentrale Orte auszurichten. Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; es ist ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.
3.
Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen. Die soziale Infrastruktur ist vorrangig in Zentralen Orten zu bündeln; die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts sind flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren als zentrale Versorgungsbereiche zu schaffen. Dem Schutz kritischer Infrastrukturen ist Rechnung zu tragen. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität und ein integriertes Verkehrssystem zu schaffen. Auf eine gute Erreichbarkeit der Teilräume untereinander durch schnellen und reibungslosen Personen- und Güterverkehr ist hinzuwirken. Vor allem in verkehrlich hoch belasteten Räumen und Korridoren sind die Voraussetzungen zur Verlagerung von Verkehr auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Schiene und Wasserstraße zu verbessern. Raumstrukturen sind so zu gestalten, dass die Verkehrsbelastung verringert und zusätzlicher Verkehr vermieden wird.
4.
Der Raum ist im Hinblick auf eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie auf ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu entwickeln. Regionale Wachstums- und Innovationspotenziale sind in den Teilräumen zu stärken. Insbesondere in Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist (strukturschwache Räume), sind die Entwicklungsvoraussetzungen zu verbessern. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen. Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen ist Rechnung zu tragen. Ländliche Räume sind unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen und natürlichen Entwicklungspotenziale als Lebens- und Wirtschaftsräume mit eigenständiger Bedeutung zu erhalten und zu entwickeln; dazu gehört auch die Umwelt- und Erholungsfunktion ländlicher Räume. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Nahrungs- und Rohstoffproduktion zu erhalten oder zu schaffen.
5.
Kulturlandschaften sind zu erhalten und zu entwickeln. Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern sowie dem UNESCO-Kultur- und Naturerbe der Welt zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.
6.
Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. Bei der Gestaltung räumlicher Nutzungen sind Naturgüter sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen; Grundwasservorkommen und die biologische Vielfalt sind zu schützen. Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme sowie durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen. Beeinträchtigungen des Naturhaushalts sind auszugleichen, den Erfordernissen des Biotopverbundes ist Rechnung zu tragen. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland ist zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. Der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm und die Reinhaltung der Luft sind sicherzustellen. Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dabei sind die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für eine sparsame Energienutzung sowie für den Erhalt und die Entwicklung natürlicher Senken für klimaschädliche Stoffe und für die Einlagerung dieser Stoffe zu schaffen. Die nachhaltige Entwicklung im Meeresbereich ist unter Anwendung eines Ökosystemansatzes gemäß der Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135) zu unterstützen.
7.
Den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes ist Rechnung zu tragen.
8.
Die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum sowie für den Ausbau und die Gestaltung der transeuropäischen Netze sind zu gewährleisten. Raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Europäischen Union und der europäischen Staaten ist Rechnung zu tragen. Die Zusammenarbeit der Staaten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Städte und Regionen sind zu unterstützen.

(1) In Raumordnungsplänen sind für einen bestimmten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, insbesondere zu den Nutzungen und Funktionen des Raums, zu treffen. Es kann festgelegt werden, dass bestimmte Nutzungen und Funktionen des Raums nur für einen bestimmten Zeitraum oder ab oder bis zum Eintritt bestimmter Umstände vorgesehen sind; eine Folge- oder Zwischennutzung kann festgelegt werden. Die Festlegungen nach Satz 1 und 2 können auch in räumlichen und sachlichen Teilplänen getroffen werden. Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind als solche zu kennzeichnen.

(2) Bei der Aufstellung der Raumordnungspläne sind die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 8 sowie die Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren nach § 9 sind in der Abwägung nach Satz 1 zu berücksichtigen. Raumordnungspläne benachbarter Planungsräume sind aufeinander abzustimmen.

(3) Die Festlegungen nach Absatz 1 können auch Gebiete bezeichnen. Insbesondere können dies Gebiete sein,

1.
die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind (Vorranggebiete),
2.
die bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen vorbehalten bleiben sollen, denen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen ist (Vorbehaltsgebiete),
3.
in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 des Baugesetzbuchs zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete),
4.
die im Meeresbereich liegen, und in denen bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Funktionen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete für den Meeresbereich).
Bei Vorranggebieten kann festgelegt werden, dass sie zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten nach Satz 2 Nummer 3 oder 4 haben.

(4) Die Raumordnungspläne sollen auch diejenigen Festlegungen zu raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 4 Absatz 1 Satz 2 enthalten, die zur Aufnahme in Raumordnungspläne geeignet und zur Koordinierung von Raumansprüchen erforderlich sind und die durch Ziele oder Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können.

(5) Den Raumordnungsplänen ist eine Begründung beizufügen.

(6) Soweit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen nach den § 13 und § 17 Absatz 1 und 2 die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.

(7) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Aufstellung von Raumordnungsplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(8) Raumordnungspläne nach § 13 Absatz 6 und § 17 sind mindestens alle zehn Jahre zu überprüfen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die Raumordnungsbehörde kann raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen sowie die Entscheidung über deren Zulässigkeit gegenüber den in § 4 genannten öffentlichen Stellen unbefristet untersagen, wenn Ziele der Raumordnung entgegenstehen.

(2) Die Raumordnungsbehörde kann raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen sowie die Entscheidung über deren Zulässigkeit gegenüber den in § 4 genannten öffentlichen Stellen befristet untersagen, wenn sich ein Raumordnungsplan in Aufstellung befindet und wenn zu befürchten ist, dass die Planung oder Maßnahme die Verwirklichung der vorgesehenen Ziele der Raumordnung unmöglich machen oder wesentlich erschweren würde. Die Dauer der Untersagung beträgt bis zu zwei Jahre. Die Untersagung kann um ein weiteres Jahr verlängert werden.

(3) Rechtsbehelfe gegen eine Untersagung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Bei

1.
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen,
2.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen,
3.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, die der Planfeststellung oder der Genehmigung mit der Rechtswirkung der Planfeststellung bedürfen,
sind Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Satz 1 Nr. 1 und 2 gilt entsprechend bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die Personen des Privatrechts in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durchführen, wenn öffentliche Stellen an den Personen mehrheitlich beteiligt sind oder die Planungen und Maßnahmen überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Weitergehende Bindungswirkungen von Erfordernissen der Raumordnung nach Maßgabe der für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Bei sonstigen Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts sind die Erfordernisse der Raumordnung nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen.

(3) Bei Genehmigungen über die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Abfallbeseitigungsanlagen von Personen des Privatrechts nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind die Ziele der Raumordnung zu beachten sowie die Grundsätze der Raumordnung und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;
2.
Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums;
3.
Grundsätze der Raumordnung:Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden;
4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung:in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen;
5.
öffentliche Stellen:Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen:Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel;
7.
Raumordnungspläne:zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.

(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.

(1) Bei

1.
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen,
2.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen,
3.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, die der Planfeststellung oder der Genehmigung mit der Rechtswirkung der Planfeststellung bedürfen,
sind Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Satz 1 Nr. 1 und 2 gilt entsprechend bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die Personen des Privatrechts in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durchführen, wenn öffentliche Stellen an den Personen mehrheitlich beteiligt sind oder die Planungen und Maßnahmen überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Weitergehende Bindungswirkungen von Erfordernissen der Raumordnung nach Maßgabe der für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Bei sonstigen Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts sind die Erfordernisse der Raumordnung nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen.

(3) Bei Genehmigungen über die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Abfallbeseitigungsanlagen von Personen des Privatrechts nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind die Ziele der Raumordnung zu beachten sowie die Grundsätze der Raumordnung und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen.

(1) Die Raumordnungsbehörde kann raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen sowie die Entscheidung über deren Zulässigkeit gegenüber den in § 4 genannten öffentlichen Stellen unbefristet untersagen, wenn Ziele der Raumordnung entgegenstehen.

(2) Die Raumordnungsbehörde kann raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen sowie die Entscheidung über deren Zulässigkeit gegenüber den in § 4 genannten öffentlichen Stellen befristet untersagen, wenn sich ein Raumordnungsplan in Aufstellung befindet und wenn zu befürchten ist, dass die Planung oder Maßnahme die Verwirklichung der vorgesehenen Ziele der Raumordnung unmöglich machen oder wesentlich erschweren würde. Die Dauer der Untersagung beträgt bis zu zwei Jahre. Die Untersagung kann um ein weiteres Jahr verlängert werden.

(3) Rechtsbehelfe gegen eine Untersagung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Soweit der Raumordnungsplan nicht als Gesetz oder Rechtsverordnung verkündet wird, ist er oder seine Genehmigung oder der Beschluss über ihn öffentlich bekannt zu machen; mit der Bekanntmachung wird der Raumordnungsplan wirksam.

(2) Der Raumordnungsplan ist mit der Begründung und, soweit über die Annahme des Raumordnungsplans nicht durch Gesetz entschieden wird, einer Rechtsbehelfsbelehrung sowie im Falle einer durchgeführten Umweltprüfung mit der zusammenfassenden Erklärung nach Absatz 3 und der Aufstellung der Überwachungsmaßnahmen nach § 8 Absatz 4 Satz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten. Bei der Bekanntmachung nach Absatz 1 oder der Verkündung ist darauf hinzuweisen, wo die Einsichtnahme erfolgen kann. Bei der Bekanntmachung oder Verkündung von Raumordnungsplänen sowie bei der Bereithaltung von Raumordnungsplänen und von Unterlagen sollen elektronische Informationstechnologien ergänzend genutzt werden. § 9 Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend.

(3) Dem Raumordnungsplan ist eine zusammenfassende Erklärung beizufügen über die Art und Weise, wie die Umweltbelange und die Ergebnisse der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung in dem Aufstellungsverfahren berücksichtigt wurden, und aus welchen Gründen der Plan nach Abwägung mit den geprüften in Betracht kommenden anderweitigen Planungsmöglichkeiten gewählt wurde, sowie über die im Rahmen der Überwachung der Auswirkungen auf die Umwelt nach § 8 Abs. 4 Satz 1 durchzuführenden Maßnahmen.

(4) Im Falle der Beteiligung von Nachbarstaaten nach § 9 Absatz 4 werden die in den Absätzen 2 und 3 genannten Informationen der dort zuständigen Behörde übermittelt.

(1) Die Raumordnungsbehörde kann raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen sowie die Entscheidung über deren Zulässigkeit gegenüber den in § 4 genannten öffentlichen Stellen unbefristet untersagen, wenn Ziele der Raumordnung entgegenstehen.

(2) Die Raumordnungsbehörde kann raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen sowie die Entscheidung über deren Zulässigkeit gegenüber den in § 4 genannten öffentlichen Stellen befristet untersagen, wenn sich ein Raumordnungsplan in Aufstellung befindet und wenn zu befürchten ist, dass die Planung oder Maßnahme die Verwirklichung der vorgesehenen Ziele der Raumordnung unmöglich machen oder wesentlich erschweren würde. Die Dauer der Untersagung beträgt bis zu zwei Jahre. Die Untersagung kann um ein weiteres Jahr verlängert werden.

(3) Rechtsbehelfe gegen eine Untersagung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Soweit der Raumordnungsplan nicht als Gesetz oder Rechtsverordnung verkündet wird, ist er oder seine Genehmigung oder der Beschluss über ihn öffentlich bekannt zu machen; mit der Bekanntmachung wird der Raumordnungsplan wirksam.

(2) Der Raumordnungsplan ist mit der Begründung und, soweit über die Annahme des Raumordnungsplans nicht durch Gesetz entschieden wird, einer Rechtsbehelfsbelehrung sowie im Falle einer durchgeführten Umweltprüfung mit der zusammenfassenden Erklärung nach Absatz 3 und der Aufstellung der Überwachungsmaßnahmen nach § 8 Absatz 4 Satz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten. Bei der Bekanntmachung nach Absatz 1 oder der Verkündung ist darauf hinzuweisen, wo die Einsichtnahme erfolgen kann. Bei der Bekanntmachung oder Verkündung von Raumordnungsplänen sowie bei der Bereithaltung von Raumordnungsplänen und von Unterlagen sollen elektronische Informationstechnologien ergänzend genutzt werden. § 9 Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend.

(3) Dem Raumordnungsplan ist eine zusammenfassende Erklärung beizufügen über die Art und Weise, wie die Umweltbelange und die Ergebnisse der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung in dem Aufstellungsverfahren berücksichtigt wurden, und aus welchen Gründen der Plan nach Abwägung mit den geprüften in Betracht kommenden anderweitigen Planungsmöglichkeiten gewählt wurde, sowie über die im Rahmen der Überwachung der Auswirkungen auf die Umwelt nach § 8 Abs. 4 Satz 1 durchzuführenden Maßnahmen.

(4) Im Falle der Beteiligung von Nachbarstaaten nach § 9 Absatz 4 werden die in den Absätzen 2 und 3 genannten Informationen der dort zuständigen Behörde übermittelt.

(1) Die Raumordnungsbehörde kann raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen sowie die Entscheidung über deren Zulässigkeit gegenüber den in § 4 genannten öffentlichen Stellen unbefristet untersagen, wenn Ziele der Raumordnung entgegenstehen.

(2) Die Raumordnungsbehörde kann raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen sowie die Entscheidung über deren Zulässigkeit gegenüber den in § 4 genannten öffentlichen Stellen befristet untersagen, wenn sich ein Raumordnungsplan in Aufstellung befindet und wenn zu befürchten ist, dass die Planung oder Maßnahme die Verwirklichung der vorgesehenen Ziele der Raumordnung unmöglich machen oder wesentlich erschweren würde. Die Dauer der Untersagung beträgt bis zu zwei Jahre. Die Untersagung kann um ein weiteres Jahr verlängert werden.

(3) Rechtsbehelfe gegen eine Untersagung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) kann im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden. Der Bebauungsplan darf im beschleunigten Verfahren nur aufgestellt werden, wenn in ihm eine zulässige Grundfläche im Sinne des § 19 Absatz 2 der Baunutzungsverordnung oder eine Größe der Grundfläche festgesetzt wird von insgesamt

1.
weniger als 20 000 Quadratmetern, wobei die Grundflächen mehrerer Bebauungspläne, die in einem engen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufgestellt werden, mitzurechnen sind, oder
2.
20 000 Quadratmetern bis weniger als 70 000 Quadratmetern, wenn auf Grund einer überschlägigen Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 dieses Gesetzes genannten Kriterien die Einschätzung erlangt wird, dass der Bebauungsplan voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen hat, die nach § 2 Absatz 4 Satz 4 in der Abwägung zu berücksichtigen wären (Vorprüfung des Einzelfalls); die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereiche durch die Planung berührt werden können, sind an der Vorprüfung des Einzelfalls zu beteiligen.
Wird in einem Bebauungsplan weder eine zulässige Grundfläche noch eine Größe der Grundfläche festgesetzt, ist bei Anwendung des Satzes 2 die Fläche maßgeblich, die bei Durchführung des Bebauungsplans voraussichtlich versiegelt wird. Das beschleunigte Verfahren ist ausgeschlossen, wenn durch den Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben begründet wird, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen. Das beschleunigte Verfahren ist auch ausgeschlossen, wenn Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.

(2) Im beschleunigten Verfahren

1.
gelten die Vorschriften des vereinfachten Verfahrens nach § 13 Absatz 2 und 3 Satz 1 entsprechend;
2.
kann ein Bebauungsplan, der von Darstellungen des Flächennutzungsplans abweicht, auch aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan geändert oder ergänzt ist; die geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets darf nicht beeinträchtigt werden; der Flächennutzungsplan ist im Wege der Berichtigung anzupassen;
3.
soll einem Bedarf an Investitionen zur Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum oder zur Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben in der Abwägung in angemessener Weise Rechnung getragen werden;
4.
gelten in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 Eingriffe, die auf Grund der Aufstellung des Bebauungsplans zu erwarten sind, als im Sinne des § 1a Absatz 3 Satz 6 vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig.

(3) Bei Aufstellung eines Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren ist ortsüblich bekannt zu machen,

1.
dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 aufgestellt werden soll, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 einschließlich der hierfür wesentlichen Gründe, und
2.
wo sich die Öffentlichkeit über die allgemeinen Ziele und Zwecke sowie die wesentlichen Auswirkungen der Planung unterrichten kann und dass sich die Öffentlichkeit innerhalb einer bestimmten Frist zur Planung äußern kann, sofern keine frühzeitige Unterrichtung und Erörterung im Sinne des § 3 Absatz 1 stattfindet.
Die Bekanntmachung nach Satz 1 kann mit der ortsüblichen Bekanntmachung nach § 2 Absatz 1 Satz 2 verbunden werden. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 erfolgt die Bekanntmachung nach Satz 1 nach Abschluss der Vorprüfung des Einzelfalls.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die Änderung, Ergänzung und Aufhebung eines Bebauungsplans.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;
2.
Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums;
3.
Grundsätze der Raumordnung:Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden;
4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung:in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen;
5.
öffentliche Stellen:Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen:Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel;
7.
Raumordnungspläne:zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.

(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) In Raumordnungsplänen sind für einen bestimmten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, insbesondere zu den Nutzungen und Funktionen des Raums, zu treffen. Es kann festgelegt werden, dass bestimmte Nutzungen und Funktionen des Raums nur für einen bestimmten Zeitraum oder ab oder bis zum Eintritt bestimmter Umstände vorgesehen sind; eine Folge- oder Zwischennutzung kann festgelegt werden. Die Festlegungen nach Satz 1 und 2 können auch in räumlichen und sachlichen Teilplänen getroffen werden. Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind als solche zu kennzeichnen.

(2) Bei der Aufstellung der Raumordnungspläne sind die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 8 sowie die Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren nach § 9 sind in der Abwägung nach Satz 1 zu berücksichtigen. Raumordnungspläne benachbarter Planungsräume sind aufeinander abzustimmen.

(3) Die Festlegungen nach Absatz 1 können auch Gebiete bezeichnen. Insbesondere können dies Gebiete sein,

1.
die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind (Vorranggebiete),
2.
die bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen vorbehalten bleiben sollen, denen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen ist (Vorbehaltsgebiete),
3.
in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 des Baugesetzbuchs zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete),
4.
die im Meeresbereich liegen, und in denen bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Funktionen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete für den Meeresbereich).
Bei Vorranggebieten kann festgelegt werden, dass sie zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten nach Satz 2 Nummer 3 oder 4 haben.

(4) Die Raumordnungspläne sollen auch diejenigen Festlegungen zu raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 4 Absatz 1 Satz 2 enthalten, die zur Aufnahme in Raumordnungspläne geeignet und zur Koordinierung von Raumansprüchen erforderlich sind und die durch Ziele oder Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können.

(5) Den Raumordnungsplänen ist eine Begründung beizufügen.

(6) Soweit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen nach den § 13 und § 17 Absatz 1 und 2 die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.

(7) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Aufstellung von Raumordnungsplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(8) Raumordnungspläne nach § 13 Absatz 6 und § 17 sind mindestens alle zehn Jahre zu überprüfen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen eine Bestimmung des Landesentwicklungsplans 2010 (LEP 2010), die einen Teil ihres Stadtgebiets als Vorranggebiet für die Gewinnung von Braunkohle festlegt (Vorranggebiet X. „Braunkohle C.“).

2

Die Antragstellerin ist eine dem Burgenlandkreis angehörige und im nordöstlichen Bereich des Kreisgebiets gelegene Stadt, die sich aus 11 Ortschaften (D., G., C., M.., M., P., R., R., St., S. und Z.) und 23 Ortsteilen mit insgesamt etwa 9.300 Einwohnern zusammensetzt (vgl. dazu im Einzelnen: www.stadt-luetzen.de). Das gesamte Gemeindegebiet erstreckt sich mit einer Fläche von ungefähr 96 km² von der Saale im Westen bis zur gemeinsamen Grenze mit dem Landkreis Leipziger Land im Osten. Es ist Bestandteil der Leipziger Tieflandbucht, einer Region mit ausgedehnten Braunkohlevorkommen sowie betriebenen und stillgelegten Abbauflächen. Südlich des Stadtgebietes liegt das Braunkohlefeld Profen / Domsen, das im LEP 2010 ebenfalls als Vorranggebiet für die Gewinnung von Braunkohle festgelegt ist (Vorranggebiet VIII. „Braunkohle Profen / Domsen“). Dieses Feld steht derzeit im laufenden Tagebau in Förderung. Die gewonnene Braunkohle dient hauptsächlich der Versorgung des Kraftwerkstandortes Schkopau und der Zuckerfabrik Zeitz.

3

Das streitgegenständliche Vorranggebiet grenzt nördlich an das Braunkohlefeld Profen / Domsen an und liegt mit seiner gesamten Fläche innerhalb des Gemeindegebiets der Antragstellerin. Seine Ausdehnung beträgt in Nord-Süd-Richtung etwa 10 km und in West-Ost-Richtung – an der breitesten Stelle im Bereich der Bundesautobahn A 38 – etwa 5 km. Im Westen verläuft von Süd-West nach Nord-Ost die Bundesautobahn A 9 und im Osten die Landesstraße L 189, die auf der Strecke zwischen C. und St. (Nord-Süd-Richtung) an das Vorranggebiet angrenzt. Durchschnitten wird das Vorranggebiet von der Bundesautobahn A 38 im Streckenabschnitt zwischen dem Autobahnkreuz Rippachtal im Westen und der Anschlussstelle C. im Osten, der hiervon abzweigenden Bundesstraße B 87 sowie der Landesstraße L 188, die im Streckenabschnitt zwischen R. und C. in die B 87 mündet. Außerhalb des Vorranggebiets liegen im Westen die Ortschaften (…) und im Osten die Ortschaften (…). Innerhalb des Vorranggebietes liegen die Ortschaft R. nebst ihren Ortsteilen (…) und – südlich der Bundesautobahn A 38 – die Ortschaft S. nebst ihren Ortsteilen (…) sowie der Ortsteil K. der Ortschaft St..

4

Die Festlegungen im Textteil des LEP 2010 nebst Begründungen, die für das vorliegende Verfahren von Bedeutung sind, haben folgenden Wortlaut:

5

4.: Ziele und Grundsätze zur Entwicklung der Freiraumstruktur

6

Als Ziele und Grundsätze zur Entwicklung des Freiraums werden Vorrang- und Vorbehaltsgebiete festgelegt.

7

Vorranggebiete sind für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen. Andere raumbedeutsame Nutzungen in diesen Gebieten sind ausgeschlossen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind.

8

In Vorbehaltsgebieten …

9

Vorrang- und Vorbehaltsgebiete sind in die Regionalpläne zu übernehmen und können dort konkretisiert und ergänzt werden.

10

Ortslagen und baurechtlich gesicherte Flächen sind von Vorrang- und Vorbehaltsgebietsfestlegungen ausgenommen.

11

Begründung:

12

Raumordnung ist koordinierende, überörtliche und überflächige Planung. Die Bindungswirkung von Grundsätzen und Zielen der Raumordnung regelt § 4 des Gesetzes zur Neufassung des Raumordnungsgesetzes und zur Änderung anderer Vorschriften (GeROG) vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2986). Für die Aufstellung von Regionalplänen gelten §§ 6, 7, 8 i.V.m. § 3 des Landesplanungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (LPlG), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 2007 (GVBl. LSA S. 466). Konkretisierung und Ergänzung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten bedeutet auch, dass innerhalb eines aus dem Landesentwicklungsplan übernommenen Gebietes, welches im Regionalplan konkretisiert wurde, dort anderweitige Vorrang- oder Vorbehaltsfestlegungen getroffen werden können.

13

4.2.3. Rohstoffsicherung

14

Z 133: Die Gewinnung von Rohstoffen muss sich im Rahmen einer räumlich geordneten Gesamtentwicklung des Landes unter Beachtung wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Erfordernisse vollziehen.

15

Z 134: Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung dienen dem Schutz von erkundeten Rohstoffvorkommen insbesondere vor Verbauung und somit der vorsorgenden Sicherung der Versorgung der Volkswirtschaft mit Rohstoffen (Lagerstättenschutz).

16

Begründung:

17

Mineralische und energetische Rohstoffe sind ortsgebunden, nicht regenerierbar und somit endlich. Mit dem voranschreitenden Verzehr der Lagerstättensubstanz innerhalb der genehmigten und betriebenen Gewinnungsflächen ist langfristig eine Verknappung bestimmter Rohstoffe (z.B. Braunkohle, Kalisalze, hochwertigste Quarzsande oder Spezialtone) zu erwarten. Substitutionsalternativen durch andere Rohstoffe oder die Fortentwicklung von Recyclingverfahren allein können dieses Problem nicht lösen.

18

Unter dem Gebot der Nachhaltigkeit liegt die Ausweisung von Vorranggebieten für Rohstoffgewinnung, die die langfristige Verfügbarkeit überregional bedeutsamer Bodenschätze sichert, im öffentlichen Interesse.

19

Es werden Lagerstätten gesichert.

20

Aus landesplanerischer Sicht steht in diesen Gebieten raumbedeutsamen Vorhaben zur Rohstoffgewinnung grundsätzlich nichts entgegen, es werden aber keine Festlegungen getroffen über Umfang, Lage, Betriebsführung oder zeitliche Aspekte eines Vorhabens zur Gewinnung der Rohstoffe.

21

Z 135: Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung sind Gebiete mit erkundeten Rohstoffvorkommen, die bereits wirtschaftlich genutzt werden, die für eine wirtschaftliche Nutzung vorgesehen sind oder in denen das Rohstoffvorkommen wegen seiner volkswirtschaftlichen Bedeutung geschützt werden soll.

22

Begründung:

23

Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung werden festgelegt, wenn die Lagerstätteneigenschaft, die Qualität des Rohstoffs oder volkswirtschaftliche Belange es rechtfertigen, dass das Erfordernis der Rohstoffsicherung in der Abwägung höher zu bewerten ist als andere Nutzungsansprüche.

24

Vorhaben zur Rohstoffgewinnung sind standortgebunden und in der Regel raumbedeutsam mit weit reichenden Einflüssen auf Mensch und Natur.

25

Abbauvorhaben in Vorranggebieten für Rohstoffgewinnung entsprechen den Zielen der Raumordnung. Das schließt nicht aus, dass in Teilbereichen des Vorranggebietes Belange einem Abbau entgegenstehen können.

26

Wegen der Standortgebundenheit von Vorhaben zur Rohstoffgewinnung sind in den Vorranggebieten für Rohstoffgewinnung Nutzungen unzulässig, die den Rohstoffabbau wesentlich erschweren oder verhindern würden.

27

Z 136: Als Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung werden festgelegt:

28

29

X. Braunkohle C.

30

Begründung:

31

Nach dem Energiekonzept des Landes Sachsen-Anhalt ist für die Energiegewinnung auch zukünftig ein Mix mit dem Rohstoff Braunkohle erforderlich.

32

Die landesplanerische Sicherung der nachgewiesenen Braunkohlenressourcen im Feld C. ist eine entscheidende Voraussetzung für die langfristige Versorgung des Südteils von Sachsen-Anhalt (z.B. Weiterbetrieb des Kraftwerks Schkopau über die geplante Laufzeit hinaus, Zuckerfabrik Zeitz) mit diesem Energieträger und Voraussetzung für Investitionen zur Errichtung eines neuen Kraftwerkes am Standort Profen als Ersatz für Altanlagen (Mumsdorf, Deuben).

33

Im Zusammenhang mit dem Erfordernis eines Kraftwerkneubaus am Standort Profen ist eine Erweiterung der bisher zur Gewinnung freigegebenen Vorräte erforderlich. Den unmittelbaren Anschluss an den laufenden Abbau im Weißelsterbecken bildet das Braunkohlenfeld C.. Zahlreiche Altbohrungen belegen die geologische Fortsetzung.

34

Der Aufstellung des LEP 2010 liegt folgendes Verfahren zugrunde:

35

Am 05.09.2006 beschloss die Landesregierung die Eröffnung des Verfahrens zur Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans 1999 (Band 20300 / 1, Bl. 61) und machte die allgemeine Planungsabsicht im Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt bekannt (Ausgabe Nr. 38/2006 vom 18.09.2006, Seite 611 [Band 20300 / 1, Bl. 55]). Am 22.07.2008 beschloss sie den ersten Entwurf des LEP 2010 (Beschluss: Band 20300 / 1 – 25, Bl. 3; erster Entwurf: Band 20300 / 1 – 30, Bl. 131) und führte das Beteiligungs- und Erörterungsverfahren durch (Stellungnahmen: mehrere Bände 20300 / 1 – 31; Dokumentation der Erörterungstermine am 05. und 07.05.2009: Band 20300 / 1 - 32). Die aufgrund der eingegangenen Hinweise und Stellungnahmen erfolgten Abwägungsvorschläge (Band 20300 / 1 – 35), die in einigen Punkten Änderungen enthalten, machte sie sich mit Beschluss vom 25.08.2009 (Band 20300 / 1 – 36, Bl. 1) zu eigen und beauftragte das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr mit der Erarbeitung eines (geänderten) zweiten Entwurfs (Textteil: Band 20300 / 2 – 10, Bl. 5 ff., Zeichnerische Darstellung: ebd. Bl. 63). Diesen zweiten Entwurf einschließlich eines Umweltberichts (Band 20300 / 2 – 10, Bl. 64 ff.) beschloss sie am 29.09.2009 (Band 20300 / 2 – 20, Bl. 2) und führte auch hierzu das Beteiligungs- und Erörterungsverfahren durch (Nachweise des Versands am 21.10.2009: Band 20300 / 2 – 30; Stellungnahmen: mehrere Bände 20300 / 2 – 31; Dokumentation der Erörterungstermine am 04.05., 06.05. und 07.06.2010: Band 20300 / 2 – 40). Mit Beschluss vom 20.07.2010 (Band 20300 / 2 – 60, Bl. 1) machte sie sich die hierzu ergangenen Abwägungsvorschläge zu eigen und beauftragte das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr mit der Fertigstellung. Mit Beschluss vom 12.11.2010 (Band 20300 / 3 – 1, Bl. 6 f.) stellte der Landtag mit der Maßgabe einiger Änderungsvorschläge das Einvernehmen her. Am 14.12.2010 fasste die Landesregierung den Verordnungsbeschluss unter Übernahme dieser Änderungen (Band 20300 / 3 – 2, Bl. 8, Ablichtung des Textteils: Bl. 22 ff., der zeichnerischen Darstellung: Bl. 78, der zusammenfassenden Erklärung: Bl. 85 ff. und des Umweltberichts: Bl. 93 ff.). Der Plan wurde am 16.02.2011 ausgefertigt und am 11.03.2011 im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Sachsen-Anhalt bekannt gemacht (GVBl. LSA 2011, Ausgabe Nr. 6 vom 11.03.2011, S. 160) und ist mithin seit dem 12.03.2011 in Kraft.

36

Das streitgegenständliche Vorranggebiet war bereits im ersten Entwurf ausgewiesen (vgl. Textteil Seite 78 und zeichnerische Darstellung [Band 20300 / 1 – 30, Bl. 131]). Hierzu äußerte sich der Burgenlandkreis im Beteiligungsverfahren mit Schreiben vom 15.12.2008 (Band 20300 / 1 – 31: Stellungnahmen der Landkreise und kreisfreien Städte zum 1. Entwurf, S. 89 ff.) wie folgt (dort S. 16 = Beiakte M zu 2 K 36/12, S. 104):

37

„Für das geplante Braunkohleabbaufeld C. besitzt die MIBRAG derzeit weder eine genehmigte Bewilligung zur Gewinnung des Bodenschatzes Braunkohle noch einen zugelassenen Rahmenbetriebsplan. Zudem liegt für das Gebiet des Abbaufeldes kein regionaler Teilgebietsentwicklungsplan gemäß § 8 Abs. 1 LPlG LSA vor und befindet sich auch nicht in Aufstellung. Das Regionale Teilgebietsentwicklungsprogramm für den Planungsraum Profen aus dem Jahre 1996 umfasst den vorgesehenen Abbau im Bereich C. nicht.

38

Vor diesem Hintergrund wird zumindest zum jetzigen Zeitpunkt eine Ausweisung der Braunkohlelagerstätte C. nur als Vorbehaltsgebiet für Rohstoffgewinnung im Landesentwicklungsplan und nicht als Vorranggebiet für gerechtfertigt und zutreffend gehalten.“

39

Im Abwägungsvorschlag des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr vom 18.08.2009 zum ersten Entwurf (Band 20300 / 1 – 36, Bl. 48 ff.), den sich die Landesregierung mit Beschluss vom 25.08.2009 zu eigen machte (Band 20300 / 1 – 36, Bl. 1), finden sich folgende Ausführungen (Band 20300 / 1 – 36, Bl. 268 f.):

Nr. 12

40

Stellungnahme / Einzelhinweis:

41

Die Stadt C. stimmt dem vorliegenden 1. Entwurf des LEP nicht zu.

42

Unter Punkt 4.2.3 ist das Gebiet um C. als Vorranggebiet für Rohstoffgewinnung festgelegt. Dieses Ziel der Raumordnung steht der Festlegung als Vorbehaltsgebiet Landwirtschaft entgegen. Die Stadt bekennt sich hiermit gegen eine perspektivische Ausbeutung der erkundeten Braunkohlelagerstätten im Gebiet der Verwaltungsgemeinschaft C. – W..

43

Abwägungsvorschlag:

44

NEIN;

45

Nach dem Energiekonzept des Landes Sachsen-Anhalt ist für die Energiegewinnung auch zukünftig ein Mix mit dem Rohstoff Braunkohle erforderlich. Weiterhin laufen aktive Forschungsarbeiten zur Veredlung des Rohstoffs Braunkohle.

46

Die Festlegung von VRG für Rohstoffgewinnung dient der vorsorglichen Sicherung von erkundeten Rohstoffvorkommen vor entgegenstehenden Nutzungen; es werden Lagerstätten gesichert. Aus landesplanerischer Sicht steht in diesen Gebieten raumbedeutsamen Vorhaben zur Rohstoffgewinnung zwar grundsätzlich nichts entgegen, es werden aber keine Festlegungen getroffen über Umfang, Lage, Betriebsführung oder zeitliche Aspekte eines Vorhabens zur Gewinnung der Rohstoffe – dies ist Gegenstand der entsprechenden Genehmigungs-/Zulassungsverfahren. Bei einer Inanspruchnahme der Lagerstätte C. wären die Aufstellung eines TEP und ein bergrechtliches Planfeststellungsverfahren erforderlich.

Nr. 14

47

Stellungnahme / Einzelhinweis:

48

Die Gemeinde R. stimmt dem vorliegenden 1. Entwurf des LEP nicht zu.

49

Unter Punkt 4.2.3 ist das Gebiet um R.-C.-S. als Vorranggebiet für Rohstoffgewinnung festgelegt. Dieses Ziel der Raumordnung steht der Festlegung als Vorbehaltsgebiet Landwirtschaft entgegen. Die Gemeinde bekennt sich hiermit gegen eine perspektivische Ausbeutung der erkundeten Braunkohlelagerstätten im Gebiet der Verwaltungsgemeinschaft C. – W..

50

Abwägungsvorschlag:

51

NEIN;

52

Nach dem Energiekonzept des Landes Sachsen-Anhalt ist für die Energiegewinnung auch zukünftig ein Mix mit dem Rohstoff Braunkohle erforderlich. Weiterhin laufen aktive Forschungsarbeiten zur Veredlung des Rohstoffs Braunkohle.

53

Die Festlegung von VRG für Rohstoffgewinnung dient der vorsorglichen Sicherung von erkundeten Rohstoffvorkommen vor entgegenstehenden Nutzungen; es werden Lagerstätten gesichert. Aus landesplanerischer Sicht steht in diesen Gebieten raumbedeutsamen Vorhaben zur Rohstoffgewinnung zwar grundsätzlich nichts entgegen, es werden aber keine Festlegungen getroffen über Umfang, Lage, Betriebsführung oder zeitliche Aspekte eines Vorhabens zur Gewinnung der Rohstoffe – dies ist Gegenstand der entsprechenden Genehmigungs-/Zulassungsverfahren. Bei einer Inanspruchnahme der Lagerstätte C. wären die Aufstellung eines TEP und ein bergrechtliches Planfeststellungsverfahren erforderlich.

54

Hinsichtlich der streitgegenständlichen Festlegung im zweiten Entwurf wiederholte der Burgenlandkreis im Beteiligungsverfahren mit Schreiben vom 22.12.2009 (Band 20300 / 2 – 31, - Stellungnahmen der Landkreise und kreisfreien Städte – Bl. 94 ff. [101]) die Stellungnahme, die er bereits zum ersten Entwurf mit dem genannten Schreiben vom 15.12.2008 vorgebracht hatte.

55

Im Abwägungsvorschlag des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr vom 26.03.2010 zum zweiten Entwurf (Band 20300 / 2 – 33, gesonderter Band zum Gliederungspunkt 4), den sich die Landesregierung mit Beschluss vom 20.07.2010 zu eigen machte (Band 20300 / 2 – 60, Bl. 1), finden sich unter der Rubrik „XI. Braunkohle C.“ folgende Ausführungen (Band 20300 / 2 – 33, nicht paginiertes Blatt zwischen den Seiten 182 und 183):

56

„Stellungnahme / Einzelnachweis:

57

Für das geplante Braunkohleabbaufeld C. besitzt die MIBRAG derzeit weder eine genehmigte Bewilligung zur Gewinnung des Bodenschatzes Braunkohle noch einen zugelassenen Rahmenbetriebsplan. Zudem liegt für das Gebiet des Abbaufeldes kein regionaler Teilgebietsentwicklungsplan gemäß § 8 Abs. 1 LPlG LSA vor und befindet sich auch nicht in Aufstellung.

58

Das Regionale Teilgebietsentwicklungsprogramm für den Planungsraum Profen aus dem Jahre 1996 umfasst den vorgesehenen Abbau im Bereich C. nicht. Vor diesem Hintergrund wird zumindest zum jetzigen Zeitpunkt eine Ausweisung der Braunkohlelagerstätte C. nur als Vorbehaltsgebiet für Rohstoffgewinnung im Landesentwicklungsplan und nicht als Vorranggebiet für gerechtfertigt und zutreffend gehalten.“

59

Abwägungsvorschlag:

60

NEIN; es werden keine neuen Aspekte genannt. Die STN zum 1. Entwurf wurde durch das Kabinett am 25.08.2009 abgewogen.

61

Stellungnahme / Einzelnachweis (G., C. R.):

62

Das Ziel steht der Festlegung als VBG für Landwirtschaft entgegen. Die Gemeinde bekennt sich hiermit gegen eine perspektivische Ausbeutung der erkundeten Braunkohlelagerstätten im Gebiet der Verwaltungsgemeinschaft C.-W..

63

Abwägungsvorschlag:

64

NEIN; es werden keine neuen Aspekte genannt. Die STN zum 1. Entwurf wurde durch das Kabinett am 25.08.2009 abgewogen.“

65

Am 12.03.2012 hat die Antragstellerin beim Antragsgegner mit Schriftsatz selben Datums Einwände erhoben und beim erkennenden Gericht das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Zur Begründung trägt sie vor:

66

Die angefochtene Festlegung leide unter erheblichen Abwägungsmängeln. Dem Antragsgegner habe das für eine sachgerechte Konfliktbewältigung erforderliche Problembewusstsein gefehlt. Die Festlegung beeinträchtige ihre kommunale Planungshoheit in einem für sie nicht hinnehmbaren Ausmaß. Das Vorranggebiet entziehe ihr auf 30 % ihrer Fläche jegliche substantielle planerische Entwicklungsmöglichkeit. Auch werde ihr Gemeindegebiet durch den Tagebau in seiner Mitte über viele Jahre bis Jahrzehnte in einer Weise durchschnitten, dass zwischen den verschiedenen Ortschaften und Ortsteilen ein großflächiges und unüberwindliches Hindernis entstehe. Trotz dieser massiven Beeinträchtigungen habe der Antragsgegner keinen Anlass gesehen, sich mit dieser Problematik in seiner Abwägung näher auseinanderzusetzen oder auch nur – etwa durch gesonderte Abfragen bei den betroffenen Ortschaften – nähere Erkundungen über die Auswirkungen vorzunehmen.

67

Der mit der Festlegung verbundene Eingriff in ihre Planungshoheit sei auch nicht gerechtfertigt. Er sei weder erforderlich, geboten noch verhältnismäßig. In den Begründungen zu den Zielen 104, 134 bis 136 und dem Grundsatz 76 habe der Antragsgegner lediglich pauschal auf das Energiekonzept des Landes Sachsen-Anhalt verwiesen und ausgeführt, dass eine Sicherung der nachgewiesenen Braunkohleressourcen im Feld C. für die langfristige Versorgung des Südens von Sachsen-Anhalt mit diesem Energieträger erforderlich sei und das Interesse am Lagerstättenschutz allen anderen Nutzungsansprüchen vorgehe. Auch verweise er auf das Erfordernis eines Kraftwerkneubaus. Diese Aussagen blieben aber nicht nur unsubstantiiert, sondern seien auch in sich nicht schlüssig: Die Braunkohle im Feld C. werde nach den eigenen Aussagen des LEP 2010 nicht für ein vorhandenes, sondern erst für ein künftig zu errichtendes Kraftwerk benötigt. Ob ein solcher Kraftwerksneubau tatsächlich erfolge, sei aber zweifelhaft und werde auch im Plan selbst nicht als Ziel festgelegt. Auch die Aussagen im „Energiekonzept 2007 bis 2020“ der Landesregierung trügen insoweit nicht zu einer Klarstellung bei. Das Energiekonzept treffe keine Aussage darüber, ob ein energiepolitisch zwingender Bedarf für einen Tagebauaufschluss oder eine Fortentwicklung des Braunkohlentagebaus bestehe. Weder im LEP 2010 noch im Energiekonzept 2007 bis 2010 finde sich eine Analyse des nach 2020 zu erwartenden Strombedarfs, der voraussichtlichen Möglichkeiten seiner Abdeckung, der Notwendigkeit einer Braunkohlenverstromung im Allgemeinen und des Erfordernisses zur Errichtung eines bestimmten Kraftwerks im Besonderen. Bleibe aber das Energiekonzept in dieser Weise unbestimmt, hätte sich die Vorranggebietsfestlegung zumindest auf den Bereich südlich der A 38 beschränken müssen, weil der nördliche Bereich erst viele Jahre nach 2020 in den Einzugsbereich einer möglichen Tagebauführung kommen könne.

68

Zur Konfliktbewältigung sei die Planung auch deshalb nicht geeignet, weil es ihr an der hierfür erforderlichen Durchführbarkeit fehle. Im Kapitel 4 des LEP 2010 werde einleitend (S. 66) klargestellt, dass Ortslagen und baurechtlich gesicherte Flächen von Vorrang- und Vorbehaltsgebietsfestlegungen ausgenommen seien. Das festgelegte Vorranggebiet erstrecke sich jedoch auf solche Ortslagen, nämlich die Ortschaften R. und S. sowie weitere Ortsteile. Sehe der Plan eine Erhaltung dieser Ortsteile vor, sei das festgelegte Vorranggebiet zur Erreichung seines Ziels, nämlich der Fortentwicklung des Tagebaus Profen in das Feld C., weder geeignet noch erforderlich. Eine solche Fortentwicklung sei in den bebauten Bereichen überhaupt nicht möglich und auch in der näheren Umgebung der Ortsteile jedenfalls dann technisch nicht durchführbar, wenn der Abbau in Gestalt eines Großtagebaus mit Großgeräten erfolgen solle. Eine nicht erreichbare Zielvorgabe könne indessen so weitreichende Einschränkungen wie in ihrem Fall nicht rechtfertigen.

69

Die angefochtene Festlegung stehe ferner in einem unlösbaren Zielkonflikt zu anderen Grundsätzen und Zielen des LEP 2010. Der Aufschluss des Abbaugebiets werde zu einer Zerschneidung des Raums führen, die viele und weite Umwege erforderlich mache. Diese Auswirkung unterlaufe die im LEP 2010 geregelten Ziele und Grundsätze zur Verbesserung der strukturellen Anbindungen, der Angebote der kommunalen Daseinsvorsorge und der Entwicklung des ländlichen Raums (G 4, G 5, Z 13 bis 15, G 12, G 14 und Z 27 bis 29) sowie die ihr (der Antragstellerin) zugewiesenen Aufgaben eines Grundzentrums (Z 39 bis 41 und G 18). Die erforderliche Absenkung des Grundwassers stehe im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen zum Gewässer- und Grundwasserschutz (G 94 bis 97 und Z 127). Die Verstromung von Braunkohle sei mit den Grundsätzen zum Klimaschutz nicht vereinbar (G 98 bis G 101). Der großräumige Eingriff in Boden und Fläche widerspreche den Zielen und Grundsätzen zum Bodenschutz (G 109, G 110 und G 113), zur Landwirtschaft (G 114 bis 116, G 119 und G 120) und zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (Z 116 und G 86 bis 88). Die Beeinträchtigung oder gar der Verlust des Nietzsche-Denkmals in R. und des Schlachtfeldes bei C. vereitelten die Ziele und Grundsätze zur Kultur- und Denkmalpflege (G 3, Z 145 und Z 146, G 148).

70

Rechtlich zu beanstanden sei auch die vorgenommene Umweltprüfung. Die zu erwartenden Auswirkungen des Abbaus im Feld „C.“ seien im Umweltbericht (Anhang C 7, S. 19 f.) nicht einmal ansatzweise erfasst. Da das festgelegte Vorranggebiet keine Abstandsflächen zu den vorhandenen Ortslagen vorsehe, könne ein Abbaubetrieb auf seiner Grundlage unmittelbar an die bebauten Bereiche heranreichen. Diesem Umstand würden die textlichen Beschreibungen des Konfliktpotentials in Bezug auf Lärm, Erschütterung und Luftqualität nicht gerecht. Dies führe zu einer abwägungsrelevanten Irreführung, an der auch die Einstufung eines mittleren bis hohen Konfliktpotentials (Kennzeichnung mit der Farbe rot in der rechten Spalte) nichts ändere. Fehlerhafte Darstellungen und Einschätzungen seien ferner mit Bezug auf die Schutzgüter Boden, natürliche Bodenfunktionen, Wasser, Klima, Landschaft sowie Kultur- und Sachgüter zu rügen. Die umfassenden Auswirkungen der kompletten Beseitigung der Böden und der Grundwasserleiter sowie die komplette Devastierung des betroffenen Landstrichs sowie die damit einhergehenden Auswirkungen auf das lokale und regionale Klima würden unzureichend dargestellt. Dies gelte auch für die Auswirkungen auf das globale Klima, die im Zusammenhang mit der Braunkohlenverfeuerung resultierten. Verkannt werde auch die besondere kulturhistorische Bedeutung der Nietzsche-Gedenkstätte und des Schlachtfeldes bei C..

71

Angesichts des massiven Eingriffs in ihre Planungshoheit habe der Antragsgegner die streitgegenständliche Fläche allenfalls als Vorbehalts-, nicht jedoch als Vorranggebiet festlegen dürfen.

72

Die Antragstellerin beantragt,

73

die Verordnung über den Landesentwicklungsplan 2010 des Landes Sachsen-Anhalt vom 16.02.2011, verkündet im GVBl. LSA 2011, Ausgabe Nr. 6 vom 11.03.2011 (S. 160), hinsichtlich des Zieles 136 „X. Braunkohle C.“ für unwirksam zu erklären.

74

Der Antragsgegner beantragt,

75

den Antrag abzulehnen.

76

Zur Begründung trägt er vor: Der mit der angefochtenen Festlegung verbundene Eingriff in die Planungshoheit der Antragstellerin sei durch überörtliche Interessen mit höherem Gewicht gerechtfertigt. Die Lagerstätte sei nicht nur wegen ihrer Größe, sondern auch wegen der Qualität des darin enthaltenen Rohstoffs bedeutsam. Die vorhandene Braunkohle sei besonders bitumenreich. Ihr Abbau sichere langfristig die energetische wie auch die stoffliche Nutzung im Rohstoffverbund der mitteldeutschen Chemiestandorte.

77

Der Fortbestand der Antragstellerin als Stadt werde durch das Vorranggebiet nicht in Frage gestellt. Auch die im Vorranggebiet liegenden Streckenabschnitte der Bundesautobahn A 38 und der Landesstraße L 88 seien im Plan als (zu erhaltender) Bestand verzeichnet. Die ausgewiesene Fläche umfasse zwar einen erheblichen Teil des Gebiets der Antragstellerin. Auch könne der Aufschluss des ausgewiesenen Feldes zu gewissen Zerschneidungseffekten führen. Diese Auswirkungen seien aber bereits aufgrund der zeichnerischen Darstellung erkennbar und deshalb auch ihm – dem Antragsgegner – bei seiner Abwägung bewusst gewesen. Die Frage, ob die aufgrund dessen zu erwartenden Beeinträchtigungen für die Antragstellerin unzumutbar seien, könne aber erst auf den nachfolgenden Planungs- und Entscheidungsebenen beantwortet werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt seien die Auswirkungen mangels eines konkreten Abbauvorhabens noch nicht im Einzelnen absehbar. In der raumplanerischen Abwägung seien hingegen gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3 LPlG LSA nur solche Belange zu berücksichtigen, die auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung seien. Im LEP 2010 sei nur eine langfristige Sicherung der Lagerstätte vorgesehen. Festlegungen über Umfang, Lage, Betriebsführung oder zeitliche Aspekte eines Vorhabens zur Rohstoffgewinnung würden demgegenüber, worauf er in seinen Abwägungsvorschlägen auch hingewiesen habe, erst in einem regionalen Teilgebietsentwicklungsplan und einem bergrechtlichen Planfeststellungsverfahren getroffen. Da erst auf dieser Ebene gebietsscharfe Festlegungen erfolgten, könnten auch erst in diesem Rahmen Fragen geklärt werden, die die konkrete bauliche Situation wie zum Beispiel das Heranrücken an bebaute Bereiche beträfen.

78

Entgegen dem Antragsvorbringen sei er auch nicht verpflichtet gewesen, die Auswirkungen der Planung auf die einzelnen Ortschaften und Ortsteile der Antragstellerin im Einzelnen durch gesonderte Anfragen zu ermitteln. Gemeinden hätten zwar nach § 5 Abs. 2 Satz 2 LPlG LSA ein Recht, bei der Aufstellung des Landesentwicklungsplans beteiligt zu werden. Diesem Beteiligungsrecht korrespondiere aber die Obliegenheit, auch selbst zu einer umfassenden Ermittlung des einschlägigen Abwägungsmaterials beizutragen. Versäume es eine Gemeinde, bei der Wahrnehmung ihrer Beteiligungsrechte auf einen ihr Gebiet betreffenden abwägungserheblichen Belang – hier auf bestimmte, einzelne Auswirkungen der Zielfestlegung „Vorranggebiet X. Braunkohle C.“ – hinzuweisen, könne sie später hinsichtlich dieses Belangs auch kein Abwägungsdefizit geltend machen. Die Antragstellerin habe weder in den durchgeführten Erörterungsterminen noch im Rahmen ihrer schriftlichen Stellungnahmen deutlich gemacht, in welchen konkreten Planungen oder städtebaulichen Entwicklungen sie sich durch das Vorranggebiet gehindert sehe.

79

Die Rechtfertigung der Zielfestlegung könne die Antragstellerin auch nicht mit der Begründung in Frage stellen, dass es sich bei dem Anschluss an den Tagebau Profen nur um einen Günstigkeitseffekt ohne erhebliches Gewicht handle. Den Gesichtspunkt des Anschlusses habe er nicht maßgeblich zur Rechtfertigung der Vorranggebietsfestlegung herangezogen. Entscheidend sei vielmehr, dass die Lagerstätte C. geologisch überregional bedeutsam und das Rohstoffvorkommen situationsgebunden seien und die vorsorgende Sicherung von Rohstoffen eine wesentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge darstelle.

80

Die Durchführbarkeit des Rohstoffabbaus werde nicht deswegen in Frage gestellt, weil innerhalb des Vorranggebiets mehrere bebaute Bereiche lägen. Die angefochtene Festlegung sichere nur die Lagerstätte. Fragen des konkreten Abbaus, etwa des genauen Zuschnitts der Abbaufelder oder der Möglichkeit des Einsatzes von Großgeräten, seien erst im Rahmen untergeordneter Planungen zu prüfen.

81

Die Festlegung führe auch nicht zu den gerügten innerplanerischen Zielkonflikten. Soweit sich die Antragstellerin hierbei auf eine Beeinträchtigung ihrer zentralörtlichen Funktion als Grundzentrum berufe, könne dies schon deshalb keinen Zielkonflikt innerhalb des LEP 2010 verursachen, weil die Festlegung von Grundzentren erst in den Regionalen Entwicklungsplänen und damit auf einer tieferen Planebene erfolge. Die von der Zielfestlegung betroffenen Belange und die damit einhergehenden Konflikte habe er ebenenspezifisch berücksichtigt. Da es sich hierbei aber nicht um unlösbare Zielkonflikte handle, sei es ihm auch nicht verwehrt gewesen, im Rahmen seiner raumplanerischen Abwägung nach § 3 Abs. 4 Satz 3 LPlG LSA zu dem Ergebnis zu gelangen, dass der Nutzung des Rohstoffs Braunkohle gegenüber den anderen Belangen der Vorrang einzuräumen sei.

82

Auch die von ihm durchgeführte Umweltprüfung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Gegenstand der Umweltprüfung seien zu Recht ausschließlich die Umweltauswirkungen der Lagerstättensicherung, nicht aber Auswirkungen des späteren Gewinnungsbetriebs gewesen. Mit der Ausweisung des streitgegenständlichen Vorranggebiets habe er nur das Ziel festgelegt, die vorhandene Lagerstätte zu schützen und den an diesen Standort gebundenen Rohstoff Braunkohle zu sichern. Kein Gegenstand der Zielfestlegung sei hingegen der Abbau selbst, das heißt Umfang, Lage, Betriebsführung oder zeitliche Aspekte eines späteren Gewinnungsbetriebs. Treffe aber der LEP 2010 keine planerischen Aussagen über den Abbau, müsse sich auch der Umweltbericht, der im Übrigen kein Suchverfahren zur Erforschung aller erdenklichen Auswirkungen darstelle, nicht mit den Umweltauswirkungen befassen, die von diesem Abbau und der damit einhergehenden Devastierung des Landstrichs ausgingen.

83

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des vorgelegten Verwaltungsvorgangs zum Verfahren 2 K 36/12 verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

84

Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Er ist als solcher statthaft und bei dem zuständigen Gericht gestellt worden. Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit von anderen als den in Nr. 1 genannten, im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, soweit das Landesrecht dies bestimmt. Eine solche Bestimmung hat der sachsen-anhaltinische Gesetzgeber in § 10 des Ausführungsgesetzes zur VwGO getroffen. Danach kann der gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 LPlG als Rechtsverordnung erlassene LEP 2010 Gegenstand eines Normenkontrollantrags sein. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin nicht den gesamten Plan, sondern lediglich eine einzelne Bestimmung, nämlich das Ziel 136 „X. Braunkohle C.“, anficht. Auch insoweit handelt es sich um eine im Wege der Normenkontrolle anfechtbare Verordnungsregelung. Etwas anderes wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn der Antragsgegner das Rohstoffgebiet lediglich als Vorbehaltsgebiet und damit als bloßen Grundsatz der Raumordnung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG festgelegt hätte (vgl. zu Regionalen Entwicklungsplänen: BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 – BVerwG 4 BN 10/09 – juris, OVG LSA, Urteil vom 11.12.2008 – 2 K 235/06 – juris). Ein Vorranggebiet, das – wie auch hier – als Ziel der Raumordnung und damit als verbindliche Vorgabe (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG) festgesetzt wird, ist hingegen unabhängig von der Rechtsnatur des Raumordnungsplans stets als Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO anzusehen (BVerwG, Urteil vom 20.01.2003 – BVerwG 4 CN 6.03 – BVerwGE 119, 217).

85

Die einjährige Antragsfrist (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ist gewahrt. Der LEP 2010 wurde am 11.03.2011 bekannt gemacht. Der Normenkontrollantrag ist beim erkennenden Gericht am 12.03.2012, einem Montag, eingegangen.

86

Die Antragstellerin ist auch im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Es besteht die Möglichkeit, dass sie durch die angefochtene Festlegung in ihrer kommunalen Planungshoheit verletzt wird. Das Vorranggebiet liegt in ihrem Gemeindegebiet. Nach dem Ziel Z 134 dient es unter anderem einem „Schutz vor Verbauung“. Aufgrund dessen ist sie zum Beispiel daran gehindert, innerhalb des Vorranggebiets ein Wohn- oder Gewerbegebiet durch einen Bebauungsplan festzusetzen.

87

Der Normenkontrollantrag ist aber nicht begründet.

88

Die angefochtene Festlegung findet ihre Rechtsgrundlage in § 5 Abs. 3 Satz 1 LPlG LSA. Nach dieser Vorschrift beschließt die Landsregierung den Landesentwicklungsplan als Verordnung. Verfahrens- oder Formfehler bei der Aufstellung des Plans sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere enthält der Plan die nach §§ 3 und 3a LPlG LSA erforderlichen Bestandteile und den in § 4 LPlG LSA vorgeschriebenen Mindestinhalt. Das Ziel Z 136 „X. Braunkohle C.“ zählt auch zum zulässigen Inhalt eines Landesentwicklungsplans. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 b) LPlG LSA soll ein solcher Plan im Rahmen der Festlegungen zur anzustrebenden Freiraumstruktur auch nutzungsbezogene Festlegungen für Rohstoffgewinnung enthalten.

89

Dieses Ziel konnte der Antragsgegner auch in der Weise bestimmen, dass er die streitgegenständliche Fläche als Vorranggebiet festsetzte. Nach § 3 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 LPlG können die Festlegungen nach den Absätzen 5 und 6 auch Gebiete bezeichnen, die für bestimmte, raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen, Nutzungen oder Zielen der Raumordnung nicht vereinbar sind (Vorranggebiete). Entgegen dem vom Burgenlandkreis im Beteiligungsverfahren erhobenen Einwand steht die Festsetzung als Vorranggebiet auch nicht im Widerspruch dazu, dass die Fläche – soweit dies aus der kartographischen Darstellung ersichtlich wird – zugleich als Vorbehaltsgebiet für die Landwirtschaft ausgewiesen ist. Vorbehaltsgebiete sind Gebiete, in denen bestimmten, raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen besonderes Gewicht beigemessen werden soll (§ 3 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 LPlG). Dies ist auch dann möglich, wenn einer anderen Nutzung – hier der Rohstoffgewinnung – der Vorrang eingeräumt wird. Der Vorrang der Rohstoffgewinnung wird umgekehrt auch nicht durch den Vorbehalt für die Landwirtschaft unterlaufen. Mit der Einräumung eines Vorrangs für die Rohstoffgewinnung will der Plangeber verhindern, dass diese künftige Nutzung durch die Bebauung freier Flächen vereitelt wird (Ziel Z 134). Wird eine Fläche landwirtschaftlich genutzt, bleibt sie in dieser Weise verfügbar. Soweit der Burgenlandkreis im Beteiligungsverfahren darüber hinaus geltend gemacht hat, dass die MIBRAG für das Braunkohleabbaufeld C. keine bergrechtliche Bewilligung besitze und die Fläche weder in einem regionalen Teilgebietsentwicklungsplan noch in einem bergrechtlichen Rahmenbetriebsplan als Abbaufeld zugelassen sei, stellt auch dies keinen rechtlichen Hinderungsgrund für die landesplanerische Festsetzung als Vorranggebiet dar. Die Ausweisung einer Fläche als Vorranggebiet für Rohstoffgewinnung hängt nicht davon ab, ob hierfür bereits auf unterer Planungsebene entsprechende Ausweisungen erfolgt sind oder gar auf der Ebene des Bergrechts Betriebspläne erstellt oder zugelassen sind. Die Landesplanung muss sich nicht nach der Regionalplanung oder danach ausrichten, ob bereits bergrechtliche Bewilligungen erteilt wurden, sondern legt vielmehr umgekehrt den rechtlichen Maßstab für die untere Planungs- bzw. die Bewilligungsebene fest.

90

Die Festlegung der streitgegenständlichen Fläche als Vorranggebiet ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil in ihr nach der kartographischen Darstellung verschiedene Ortschaften und Ortsteile enthalten sind, die textlichen Festsetzungen aber unter Nr. 4. bestimmen, dass Ortslagen und baurechtlich gesicherte Flächen von Vorrang- und Vorbehaltsgebietsfestlegungen ausgenommen sind (S. 66). Zwar sind diese Ausnahmen in der zeichnerischen Darstellung nicht kenntlich gemacht, weil die markierte Fläche im Bereich der Ortslagen keine punktuellen Auslassungen aufweist, sondern durchgängig als Vorrangfläche für Rohstoffgewinnung farblich gekennzeichnet ist. Diese kartographische Darstellung wird aber durch die vorrangige textliche Ausnahmebestimmung konkretisiert. Für diese Auslegung spricht bereits der Umstand, dass bei einem Maßstab von 1: 300.000 eine parzellenscharfe Darstellung weder möglich noch beabsichtigt ist und deshalb im Zweifel eine genauere textliche Bestimmung auch dann maßgeblich sein soll, wenn diese in der zeichnerischen Darstellung keine Entsprechung findet.

91

Der Plan leidet auch nicht unter den gerügten Abwägungsmängeln. Nach § 7 Abs. 2 ROG sind bei der Aufstellung der Raumordnungspläne die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen; bei der Festlegung von Zielen der Raumordnung ist abschließend abzuwägen (Satz 1). Das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 9 sowie die Stellungnahmen in den Beteiligungsverfahren nach den §§ 10, 18 sind in der Abwägung nach Satz 1 zu berücksichtigen (Satz 2). Dem Normgeber ist dabei eine Gestaltungsbefugnis und damit die Kompetenz eingeräumt, die erforderliche Abwägung selbst vorzunehmen, wohingegen die gerichtliche Überprüfung auf die Frage beschränkt ist, ob sich die Abwägung innerhalb der gesetzlichen Grenzen hält (VerfGH NRW, Urteil vom 09.02.1993 – 18/91 u. 2/92, juris Rn. 44). Der Abwägungsvorgang hat sich im Grundsatz an den Vorgaben zu orientieren, die für die Aufstellung von Bauleitplänen und die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB entwickelt worden sind (OVG Bbg, Urt. v. 27.08.2003 – 3 D 5/99.NE – juris Rn. 149). Danach ist das Abwägungsgebot (erst) dann verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den durch die Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Im Hinblick auf den Charakter der Raumordnung als Rahmenplanung, die auf weitere Konkretisierung angelegt ist und Zielaussagen unterschiedlicher inhaltlicher Dichte aufweist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.08.1992 – 4 NB 20.91 – BVerwGE 90, 329 [334]; = juris Rn. 18), muss das Maß der Abwägung für die einzelnen raumordnerischen Festlegungen allerdings jeweils konkret ermittelt werden (vgl. OVG Bbg, Urt. v. 27.08.2003 – 3 D 5/99.NE –, a.a.O.; vgl. auch OVG MV, Urt. v. 19.01.2001 – 4 K 9/99 – NVwZ 2001, 1063 [1064]; ähnlich BayVGH, Urt. v. 08.07.1993 – 22 N 92.2522 – UPR 1994, 110 [111]).

92

Die einzelnen Regelungen, die mit der Festsetzung des Vorranggebiets verknüpft sind, ergeben sich aus den Zielen Z 133 bis 135. Maßgeblich ist vor allem das Ziel Z 134. Danach dient das Vorranggebiet dem Schutz von erkundeten Rohstoffvorkommen, insbesondere vor Verbauung und somit der vorsorgenden Sicherung der Versorgung der Volkswirtschaft mit Rohstoffen (Lagerstättenschutz). Aus der Begründung sowie den näheren Erläuterungen des Antragsgegners in seinem Schriftsatz vom 22.01.2014 und in der mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass das festgesetzte Vorranggebiet in seiner Rechtswirkung auf eine solche vorsorgende Sicherung beschränkt sein soll. Auf der Ebene der Landesplanung geht es nur darum, die langfristige Verfügbarkeit zu gewährleisten. Die beabsichtigte Wirkung der Festlegung ist deshalb mit einer bauplanungsrechtlichen Veränderungssperre vergleichbar. Die fragliche Fläche soll für etwaige Abbauvorhaben offen bleiben. Mit der Festlegung soll hingegen noch keine Grundentscheidung zugunsten eines Abbaus, geschweige denn für eine Gewinnung in bestimmter Art oder bestimmtem Umfang, getroffen werden. Über das „Ob“ und das „Wie“ eines Abbaus soll erst auf untergeordneten Ebenen entschieden werden. Deshalb ist in der Begründung zum Ziel 134 auch lediglich ausgeführt, Vorhaben zur Gewinnung stehe „grundsätzlich nichts entgegen“.

93

Ausgehend von dieser Zielstellung und in Anwendung der genannten Grundsätze lässt die Abwägung, die der Antragsgegner hinsichtlich des im Ziel Z 136 festgelegten Vorranggebiets „Braunkohle C.“ vorgenommen hat, keine Rechtsfehler erkennen.

94

Der Antragsgegner hat überhaupt eine Abwägung vorgenommen. Dies wird zwar noch nicht aus den im Plan selbst enthaltenen Begründungen zu den Zielen Z 133 und Z 134 (LEP 2010 S. 88), Z 135 (LEP 2010 S. 89) und Z 136 „X. Braunkohle C.“ (LEP 2010, S. 99) ersichtlich, weil darin – wie die Antragstellerin zutreffend anmerkt – nur die Belange aufgezählt sind, die aus Sicht des Antragsgegners für den Lagerstättenschutz sprechen. Eine abwägende Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Belangen der Antragstellerin hat aber ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen und im Tatbestand wiedergegebenen Stellungnahmen und Abwägungsvorschlägen im Beteiligungsverfahren stattgefunden.

95

Rechtlich nicht zu beanstanden ist dabei die Entscheidung des Antragsgegners, die ausgewiesene Fläche überhaupt für eine spätere Rohstoffgewinnung zu sichern. Soweit er hierbei in tatsächlicher Hinsicht davon ausging, dass in dem festgelegten Gebiet Braunkohle in einer für die Rohstoffgewinnung in Betracht kommenden Qualität und Menge vorhanden ist, hat die Antragstellerin die Richtigkeit dieser Annahme nicht in Frage gestellt. Für entsprechende Zweifel bestehen auch keine greifbaren Anhaltspunkte. Ist aber deshalb davon auszugehen, dass die festgelegte Fläche als Gebiet für die Rohstoffgewinnung geeignet ist, liegt die Grundentscheidung für die Abbausicherung im planerischen Ermessen des Antragsgegners. Ein Abwägungsfehler ist in dieser Entscheidung nicht schon deshalb zu sehen, weil derzeit noch nicht im Einzelnen feststeht, ob und zu welchem genauen Zweck, etwa für eine energetische oder stoffliche Nutzung, die Braunkohle später Verwendung finden wird. Zweck der Vorranggebietsfeststellung ist die langfristige Lagerstättensicherung, weil nach derzeitiger Prognose für die Zeit nach 2020 in der Region ein weiterer Bedarf an Braunkohle besteht. Hierbei mag es zwar zutreffen, dass für diese Zeit noch kein Energiekonzept vorliegt, das etwa die Errichtung eines weiteren Kraftwerks bereits jetzt verbindlich festlegt. Eine Abbausicherung ist aber auch dann gerechtfertigt, wenn diese Nutzung – wie hier – ernsthaft in Betracht kommt und zumindest als Option offengehalten werden soll. Die dem Antragsgegner zustehende Gestaltungsbefugnis ist insoweit als besonders weit einzustufen, weil die angefochtene Vorranggebietsfestsetzung die Möglichkeit einer Braunkohlengewinnung auch zum Zwecke der Energieversorgung sichern soll und damit eine energiepolitische Entscheidung umfasst, die dem Plangeber wegen der überragenden Bedeutung der Sicherung der Energieversorgung für das Gemeinwohl einen erheblichen Einschätzungsspielraum eröffnet (BVerfG, Urteil vom 17.12.2013 – 1 BvR 3139/08 u.a., juris Rn. 268 bis 289).

96

Der Antragsgegner hat auch die Belange berücksichtigt, die nach Lage der Dinge in die Abwägung einzustellen waren, und hat hierbei weder die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt noch den Ausgleich zwischen den durch die Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen, der zur Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Für eine Bestimmung der „Lage der Dinge“ kommt es hierbei gemäß § 7 Abs. 2 ROG vor allem darauf an, welche Belange auf der Ebene der Landesplanung erkennbar und von Bedeutung sind. Für die Antragstellerin ist – wie sie auch im Klageverfahren geltend gemacht hat – insbesondere von Belang, dass sie durch die Ausweisung der Vorrangfläche in ihrer Planungshoheit und ihren kommunalen Entwicklungsmöglichkeiten beeinträchtigt wird, weil der ausgewiesene Bereich einer weiteren Bebauung nicht mehr offensteht. Diese beeinträchtigende Auswirkung hat der Antragsgegner bei seiner Abwägung aber schon deshalb nicht verkannt, weil sie nicht nur offensichtlich ist, sondern sogar im Ziel Z 134 ausdrücklich als Zweck der Vorranggebietsausweisung festgelegt wird. Offensichtlich ist dabei auch der flächenmäßige Umfang der planerischen Einschränkung, weil sich dieser ohne weiteres aus der zeichnerischen Darstellung ergibt. Dass dieser Umfang mit ungefähr einem Drittel der Gemeindefläche der Antragstellerin erheblich und deshalb auch mit einem entsprechend starken Eingriff in ihre Planungshoheit verbunden ist, trifft zwar zu. Gleichwohl kann aus diesem Umstand nicht geschlossen werden, dass die Ausweisung der Vorrangfläche im Ergebnis abwägungsfehlerhaft ist. Zum einen verbleiben der Antragstellerin auf den übrigen zwei Dritteln ihres Gemeindegebietes Möglichkeiten einer weiteren planerischen Entwicklung. Zum anderen hat sie weder im Beteiligungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht, dass sie für die Verwirklichung ihrer planerischen Vorstellungen gerade auf die betroffene Vorrangfläche angewiesen ist. Fehlt es aber an einer solchen Geltendmachung, war der Antragsgegner auch nicht gehalten, sich mit diesem Aspekt im Rahmen seiner Abwägung ausdrücklich und im Einzelnen auseinanderzusetzen (vgl. dazu OVG Bbg, Urt. v. 27.08.2003 – 3 D 5/99.NE – juris Rn. 193).

97

Soweit die Antragstellerin darüber hinaus eine Beeinträchtigung in „Zerschneidungseffekten“ erblickt, handelt es sich hingegen um eine Auswirkung, die auf der streitgegenständlichen Planungsebene noch keine maßgebliche Bedeutung hat. Ob und inwieweit es zu solchen Zerschneidungen kommen wird, die beispielsweise die Verlegung von Verbindungsstrecken zwischen einzelnen Ortsteilen erforderlich macht, ist eine Frage, die erst bei der Entscheidung für bestimmte Gewinnungsflächen relevant wird. Der bloße Lagerstättenschutz führt noch nicht zu solchen Beeinträchtigungen.

98

Die Antragstellerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Abbau in dem Vorranggebiet nicht durchführbar sei, weil die vorhandenen Ortsteile und die Hauptverkehrswege (BAB A 38 und L 188) nach den Bestimmungen des Plans von der Vorranggebietsfestlegung ausgenommen sein sollen (vgl. LEP 2010, Textteil Nr. 4, S. 66 und – hinsichtlich der Verkehrswege – die zeichnerische Darstellung). Die Frage der konkreten Durchführbarkeit stellt sich auf der streitgegenständlichen Ebene der Landesplanung nicht. Auf dieser Ebene reicht eine generelle Durchführbarkeit aus. Diese ist schon deshalb zu bejahen, weil auf der festgelegten Vorrangfläche Braunkohle in ausreichender Menge vorhanden ist. Die vorhandenen Ortsteile und Verkehrswege stehen einem späteren Abbau von Braunkohle nicht im Wege. Es können auch kleinere Abbaufelder außerhalb dieser bebauten Bereiche gebildet werden. Im Übrigen ist bislang auch noch keine planerische Entscheidung darüber getroffen, ob diese Ortsteile überhaupt erhalten bleiben sollen. Die Ausklammerung der bebauten Bereiche (Ortsteile und Verkehrsflächen) aus dem Vorranggebiet ist nicht dahin zu verstehen, dass die vorhandene Bebauung im Sinne eines Bestandsschutzes erhalten bleiben und von einem etwaigen späteren Gewinnungsbetrieb mit der Folge ausgeschlossen werden soll, dass auf untergeordneten Planungsebenen oder der Ebene eines bergrechtlichen Rahmenbetriebsplans nur noch eine Bildung mehrerer Teilabbauflächen außerhalb der Ortsteile und Verkehrswege in Betracht kommt. Die planerische Festlegung auf eine solche „Insellösung“ könnte in der Tat die Frage aufwerfen, ob etwa der Bereich zwischen R. und C. für eine Abbaufläche geeignet ist. Mit der angefochtenen Vorranggebietsfestlegung wird hingegen nicht ein solcher bebauungsbezogener Bestandsschutz, sondern nur ein Lagerstättenschutz geregelt, dessen Inhalt sich im Schutz der Freiflächen vor einer weiteren Bebauung erschöpft. Die Flächen, die bereits bebaut sind, sind keine Freiflächen und müssen deshalb auch nicht vor einer Verbauung geschützt werden. Die Frage, ob Ortsteile erhalten bleiben können oder im Rahmen einer etwaigen zukünftigen Braunkohlengewinnung beseitigt werden müssen, betrifft nicht den Lagerstättenschutz, sondern den Zuschnitt von Abbauflächen, über den der LEP 2010 keine Aussagen enthält.

99

Fehlerhaft ist die vorgenommene Abwägung auch nicht deshalb, weil sich der Antragsgegner in ihr mit den Interessen der Eigentümer oder Mieter von Wohngrundstücken im Vorranggebiet nicht abwägend befasst hat. Zwar trifft es zu, dass diese Personen, wenn ihre Grundstücke in Abbauflächen einbezogen werden, von künftigen Enteignungen und/oder Umsiedlungsmaßnahmen betroffen sein können. Auch insoweit handelt es sich aber um Fragen, denen bei der angefochtenen landesplanerischen Festlegung noch keine maßgebliche Bedeutung zukommt. Die Festlegung des Vorranggebiets „Braunkohle C.“ enthält – wie dargelegt – keine Aussage über künftige Umsiedlungen oder Enteignungen. Sie schließt solche Maßnahmen zwar auch nicht aus. Vielmehr trifft sie eine planerische Grundentscheidung, die solche Auswirkungen in einem mehr oder weniger großen Ausmaß wahrscheinlich werden lässt. Die Schaffung einer solchen Wahrscheinlichkeit muss aber nicht als solche bereits auf der streitgegenständlichen Planungsebene abwägend berücksichtigt werden. Ihr fehlt der hierfür erforderliche planerische Verdichtungsgrad. Etwaige Enteignungen und Umsiedlungen sind Folgewirkungen untergeordneter, auf einen Abbau abzielender Planungen oder Entscheidungen. Erst auf diesen Ebenen konkretisiert und verdichtet sich die Frage, welche Ortsteile im Einzelnen und in welcher Weise von Abbaumaßnahmen berührt sein werden. Erst dann wird erkennbar, wer in welcher Weise und in welchem Maße betroffen ist und deshalb auch verlangen kann, dass seine Interessen in der Abwägung berücksichtigt werden. Die Ausweisung eines bloßen Lagerstättenschutzes lässt diese Belange noch nicht hinreichend erkennen.

100

Ein Abwägungsfehler ergibt sich auch nicht aufgrund der von der Antragstellerin gerügten innerplanerischen Zielkonflikte. Eine Abwägung ist nicht schon deshalb fehlerhaft, weil der Plangeber im Ergebnis einem bestimmten Belang – hier der Rohstoffsicherung – den Vorrang gibt und deshalb notwendigerweise andere, konkurrierende Belange zurückstellen muss. Die von der Antragstellerin aufgeführten Gesichtspunkte, etwa die Sicherung der von ihr als Grundzentrum zu erbringenden kommunalen Daseinsvorsorge sowie der Schutz des Klimas, des Grundwassers, des Bodens, der Landwirtschaft und der im Gebiet der Antragstellerin vorhandenen Denkmale (Nietzsche-Gedenkstätte [Geburtshaus und Grab] in R., Gustav-Adolf-Gedenkstätte östlich von C.), könnten zwar solche konkurrierenden Belange sein. Ihr Vorhandensein schließt es aber nicht aus, im Ergebnis gleichwohl der Rohstoffsicherung ein höheres Gewicht beizumessen. Abgesehen davon lässt die streitgegenständliche Vorranggebietsfestlegung noch keine hinreichend sichern Aussagen darüber zu, inwieweit die genannten Belange tatsächlich beeinträchtigt werden. Diese Beeinträchtigung erfolgt erst durch den Aufschluss konkreter Abbauflächen, worüber der LEP 2010 noch keine Festlegungen trifft.

101

Handelt es sich bei der streitgegenständlichen Festlegung jedoch um eine bloße Rohstoffsicherungsmaßnahme, ist es entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin auch rechtlich nicht zu beanstanden, dass im Umweltbericht (dort Anhang C-7, Bl. 19 f.) zwar auf verschiedene hohe Konfliktpotenziale für die Schutzgüter Mensch, Tiere, Pflanzen, biologische Vielfalt, Wasser und Landschaft hingewiesen wird, diese Hinweise aber nicht mit näheren Ausführungen untermauert sind. Auch insoweit handelt es sich um Aspekte, die eine detaillierte Auseinandersetzung erst auf der regionalen Planungsebene erfordern.

102

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 709 Sätze 1 und 2, 708 Nr. 11 ZPO.

103

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


(1) In Raumordnungsplänen sind für einen bestimmten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, insbesondere zu den Nutzungen und Funktionen des Raums, zu treffen. Es kann festgelegt werden, dass bestimmte Nutzungen und Funktionen des Raums nur für einen bestimmten Zeitraum oder ab oder bis zum Eintritt bestimmter Umstände vorgesehen sind; eine Folge- oder Zwischennutzung kann festgelegt werden. Die Festlegungen nach Satz 1 und 2 können auch in räumlichen und sachlichen Teilplänen getroffen werden. Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind als solche zu kennzeichnen.

(2) Bei der Aufstellung der Raumordnungspläne sind die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 8 sowie die Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren nach § 9 sind in der Abwägung nach Satz 1 zu berücksichtigen. Raumordnungspläne benachbarter Planungsräume sind aufeinander abzustimmen.

(3) Die Festlegungen nach Absatz 1 können auch Gebiete bezeichnen. Insbesondere können dies Gebiete sein,

1.
die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind (Vorranggebiete),
2.
die bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen vorbehalten bleiben sollen, denen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen ist (Vorbehaltsgebiete),
3.
in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 des Baugesetzbuchs zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete),
4.
die im Meeresbereich liegen, und in denen bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Funktionen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete für den Meeresbereich).
Bei Vorranggebieten kann festgelegt werden, dass sie zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten nach Satz 2 Nummer 3 oder 4 haben.

(4) Die Raumordnungspläne sollen auch diejenigen Festlegungen zu raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 4 Absatz 1 Satz 2 enthalten, die zur Aufnahme in Raumordnungspläne geeignet und zur Koordinierung von Raumansprüchen erforderlich sind und die durch Ziele oder Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können.

(5) Den Raumordnungsplänen ist eine Begründung beizufügen.

(6) Soweit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen nach den § 13 und § 17 Absatz 1 und 2 die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.

(7) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Aufstellung von Raumordnungsplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(8) Raumordnungspläne nach § 13 Absatz 6 und § 17 sind mindestens alle zehn Jahre zu überprüfen.

(1) Die Grundsätze der Raumordnung sind im Sinne der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung nach § 1 Abs. 2 anzuwenden und durch Festlegungen in Raumordnungsplänen zu konkretisieren, soweit dies erforderlich ist.

(2) Grundsätze der Raumordnung sind insbesondere:

1.
Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben. Dabei ist die nachhaltige Daseinsvorsorge zu sichern, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Innovation sind zu unterstützen, Entwicklungspotenziale sind zu sichern und Ressourcen nachhaltig zu schützen. Diese Aufgaben sind gleichermaßen in Ballungsräumen wie in ländlichen Räumen, in strukturschwachen wie in strukturstarken Regionen zu erfüllen. Demographischen, wirtschaftlichen, sozialen sowie anderen strukturverändernden Herausforderungen ist Rechnung zu tragen, auch im Hinblick auf den Rückgang und den Zuwachs von Bevölkerung und Arbeitsplätzen; regionale Entwicklungskonzepte und Bedarfsprognosen der Landes- und Regionalplanung sind einzubeziehen. Auf einen Ausgleich räumlicher und struktureller Ungleichgewichte zwischen den Regionen ist hinzuwirken. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung sind langfristig offenzuhalten.
2.
Die prägende Vielfalt des Gesamtraums und seiner Teilräume ist zu sichern. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Städte und ländliche Räume auch künftig ihre vielfältigen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen können. Mit dem Ziel der Stärkung und Entwicklung des Gesamtraums und seiner Teilräume ist auf Kooperationen innerhalb von Regionen und von Regionen miteinander, die in vielfältigen Formen, auch als Stadt-Land-Partnerschaften, möglich sind, hinzuwirken. Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren, sie ist vorrangig auf vorhandene Siedlungen mit ausreichender Infrastruktur und auf Zentrale Orte auszurichten. Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; es ist ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.
3.
Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen. Die soziale Infrastruktur ist vorrangig in Zentralen Orten zu bündeln; die Erreichbarkeits- und Tragfähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts sind flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren als zentrale Versorgungsbereiche zu schaffen. Dem Schutz kritischer Infrastrukturen ist Rechnung zu tragen. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität und ein integriertes Verkehrssystem zu schaffen. Auf eine gute Erreichbarkeit der Teilräume untereinander durch schnellen und reibungslosen Personen- und Güterverkehr ist hinzuwirken. Vor allem in verkehrlich hoch belasteten Räumen und Korridoren sind die Voraussetzungen zur Verlagerung von Verkehr auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Schiene und Wasserstraße zu verbessern. Raumstrukturen sind so zu gestalten, dass die Verkehrsbelastung verringert und zusätzlicher Verkehr vermieden wird.
4.
Der Raum ist im Hinblick auf eine langfristig wettbewerbsfähige und räumlich ausgewogene Wirtschaftsstruktur und wirtschaftsnahe Infrastruktur sowie auf ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu entwickeln. Regionale Wachstums- und Innovationspotenziale sind in den Teilräumen zu stärken. Insbesondere in Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist (strukturschwache Räume), sind die Entwicklungsvoraussetzungen zu verbessern. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die vorsorgende Sicherung sowie für die geordnete Aufsuchung und Gewinnung von standortgebundenen Rohstoffen zu schaffen. Den räumlichen Erfordernissen für eine kostengünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung einschließlich des Ausbaus von Energienetzen ist Rechnung zu tragen. Ländliche Räume sind unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen und natürlichen Entwicklungspotenziale als Lebens- und Wirtschaftsräume mit eigenständiger Bedeutung zu erhalten und zu entwickeln; dazu gehört auch die Umwelt- und Erholungsfunktion ländlicher Räume. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft in ihrer Bedeutung für die Nahrungs- und Rohstoffproduktion zu erhalten oder zu schaffen.
5.
Kulturlandschaften sind zu erhalten und zu entwickeln. Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern sowie dem UNESCO-Kultur- und Naturerbe der Welt zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.
6.
Der Raum ist in seiner Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Böden, des Wasserhaushalts, der Tier- und Pflanzenwelt sowie des Klimas einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen zu entwickeln, zu sichern oder, soweit erforderlich, möglich und angemessen, wiederherzustellen. Bei der Gestaltung räumlicher Nutzungen sind Naturgüter sparsam und schonend in Anspruch zu nehmen; Grundwasservorkommen und die biologische Vielfalt sind zu schützen. Die erstmalige Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist zu verringern, insbesondere durch quantifizierte Vorgaben zur Verringerung der Flächeninanspruchnahme sowie durch die vorrangige Ausschöpfung der Potenziale für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, für die Nachverdichtung und für andere Maßnahmen zur Innenentwicklung der Städte und Gemeinden sowie zur Entwicklung vorhandener Verkehrsflächen. Beeinträchtigungen des Naturhaushalts sind auszugleichen, den Erfordernissen des Biotopverbundes ist Rechnung zu tragen. Für den vorbeugenden Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland ist zu sorgen, im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen. Der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm und die Reinhaltung der Luft sind sicherzustellen. Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dabei sind die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für eine sparsame Energienutzung sowie für den Erhalt und die Entwicklung natürlicher Senken für klimaschädliche Stoffe und für die Einlagerung dieser Stoffe zu schaffen. Die nachhaltige Entwicklung im Meeresbereich ist unter Anwendung eines Ökosystemansatzes gemäß der Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135) zu unterstützen.
7.
Den räumlichen Erfordernissen der Verteidigung und des Zivilschutzes ist Rechnung zu tragen.
8.
Die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt der Europäischen Union und im größeren europäischen Raum sowie für den Ausbau und die Gestaltung der transeuropäischen Netze sind zu gewährleisten. Raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Europäischen Union und der europäischen Staaten ist Rechnung zu tragen. Die Zusammenarbeit der Staaten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Städte und Regionen sind zu unterstützen.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen ist von der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle eine Umweltprüfung durchzuführen, in der die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen des Raumordnungsplans auf

1.
Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
2.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
3.
Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
4.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern
zu ermitteln und in einem Umweltbericht frühzeitig zu beschreiben und zu bewerten sind; der Umweltbericht enthält die Angaben nach der Anlage 1. Der Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung einschließlich des erforderlichen Umfangs und Detaillierungsgrads des Umweltberichts ist festzulegen; die öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, sind hierbei zu beteiligen. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Raumordnungsplans angemessenerweise verlangt werden kann.

(2) Bei geringfügigen Änderungen von Raumordnungsplänen kann von einer Umweltprüfung abgesehen werden, wenn durch eine überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 genannten Kriterien festgestellt wurde, dass sie voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen haben werden. Diese Prüfung ist unter Beteiligung der öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, durchzuführen. Sofern festgestellt wurde, dass keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, sind die zu diesem Ergebnis führenden Erwägungen in die Begründung des Plans aufzunehmen.

(3) Die Umweltprüfung soll bei der Aufstellung eines Raumordnungsplans auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden, wenn in anderen das Plangebiet ganz oder teilweise umfassenden Plänen oder Programmen bereits eine Umweltprüfung nach Absatz 1 durchgeführt wurde. Die Umweltprüfung kann mit anderen Prüfungen zur Ermittlung oder Bewertung von Umweltauswirkungen verbunden werden.

(4) Die erheblichen Auswirkungen der Durchführung der Raumordnungspläne auf die Umwelt sind auf Grundlage der in der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 3 genannten Überwachungsmaßnahmen von der in den Landesplanungsgesetzen genannten Stelle, oder, sofern Landesplanungsgesetze keine Regelung treffen, von der für den Raumordnungsplan zuständigen oder der im Raumordnungsplan bezeichneten öffentlichen Stelle zu überwachen, um insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen frühzeitig zu ermitteln und um in der Lage zu sein, geeignete Maßnahmen zur Abhilfe zu ergreifen. Die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen unterrichten die öffentliche Stelle nach Satz 1, sofern nach den ihnen vorliegenden Erkenntnissen die Durchführung des Raumordnungsplans erhebliche, insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hat.

(5) Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorgaben zu erlassen zur Berücksichtigung von artenschutzrechtlichen Belangen im Rahmen der Umweltprüfung bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen. Sofern dabei auch Fragen der Windenergie an Land berührt sind, sind die Vorgaben auch im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu erlassen.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 18. August 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klage richtet sich gegen eine kommunalaufsichtliche Verfügung.

2

Am 21. Juni 2010 gingen bei der Bauaufsichtsbehörde des Landkreises Mayen-Koblenz acht Bauvoranfragen zur Ansiedlung eines Gastronomiebetriebes sowie von Einzelhandelsbetrieben für Textilien, Sportartikel und Schuhe mit Verkaufsflächen zwischen 675 qm und 779 qm ein. Die Gesamtverkaufsfläche der geplanten Einzelhandelsansiedlungen soll 6.249 qm umfassen. Die zur Bebauung vorgesehenen Grundstücke befinden sich innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans "Gewerbepark an der A 61/B 262" der Klägerin in der Fassung der 2. Änderung vom 2. Mai 2003, der ein Gewerbegebiet ohne weitere Nutzungseinschränkungen für Einzelhandelsbetriebe festsetzt.

3

Da das Ministerium des Innern und für Sport die vorgesehene Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben als nicht akzeptable Umgehung der einzelhandelsbezogenen Ziele des Landesentwicklungsprogramms Rheinland-Pfalz (LEP IV) ansah, wies es die Klägerin in mehreren Schreiben darauf hin, dass sie nach § 1 Abs. 4 Baugesetzbuch - BauGB - verpflichtet sei, ihre Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Daraufhin fasste der Stadtrat der Klägerin in seiner Sitzung vom 26. August 2010 den Aufstellungsbeschluss zur 3. Änderung des Bebauungsplans "Gewerbepark an der A 61/B 262". Mit dieser Änderung sollte der Bebauungsplan durch eine Beschränkung des Einzelhandels an die Ziele der Raumordnung angepasst werden. Zugleich beschloss der Stadtrat für den maßgeblichen Bereich eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB.

4

Nach öffentlicher Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses und der Veränderungssperre hob der Stadtrat in seiner Sitzung vom 26. Oktober 2010 die Beschlüsse vom 26. August 2010 wieder auf. Dies beanstandete der Beklagte als Kommunalaufsicht mit Bescheid vom 12. November 2010.

5

Nach Zurückweisung des hiergegen eingelegten Widerspruchs hat die Klägerin Klage erhoben, die sie im Wesentlichen damit begründet hat, dass das kommunalaufsichtliche Einschreiten bereits deshalb rechtswidrig sei, weil die Spezialregelung des § 23 Abs. 1 Landesplanungsgesetz - LPlG - vorrangig eingreife. Des Weiteren verletzten die beanstandeten Beschlüsse keine Ziele der Raumordnung, weil Z 61 LEP IV gegen höherrangiges Recht verstoße. Es fehle an einer ausreichenden Definition des Begriffs der "Agglomeration nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe". Außerdem gebe Z 61 LEP IV eine Anpassungspflicht unabhängig vom konkreten Einzelfall vor. Dies führe zu einer Beseitigung des Typus des unbeschränkten Gewerbegebietes im Sinne des § 8 Baunutzungsverordnung - BauNVO -, was einen unzulässigen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung bewirke. Schließlich sei das Agglomerationsverbot vor dem Hintergrund der Niederlassungsfreiheit europarechtlich bedenklich.

6

Die Klägerin hat beantragt,

7

den Bescheid vom 12. November 2010 sowie den hierzu ergangen Widerspruchsbescheid vom 2. März 2011 aufzuheben.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Zur Begründung hat er ausgeführt, dass Z 61 LEP IV die Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben, insbesondere auch von Agglomerationen, auf rechtmäßige Weise steuere. Die hier in Rede stehende Planung verstoße nicht nur gegen Z 61 LEP IV, sondern auch gegen Z 57 und Z 58. Deshalb sei die Beanstandung der Entscheidung des Stadtrats, den Bebauungsplan "Gewerbepark an der A 61/B 262" nicht an die Ziele der Raumordnung anzupassen, zu Recht erfolgt. Insofern treffe es nicht zu, dass § 23 LPlG gegenüber § 121 GemO eine Spezialvorschrift sei.

11

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Beklagte sei für die Beanstandung der umstrittenen Ratsbeschlüsse gemäß § 121 GemO zuständig. Diese Vorschrift werde nicht durch § 23 Abs. 1 LPlG, der für das Tätigwerden der obersten Landesplanungsbehörde ein Unterlassen der Kommune voraussetze, verdrängt.

12

Auch die materielle Voraussetzung des § 121 GemO seien gegeben. Die Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses zur 3. Änderung des Bebauungsplans "Gewerbepark an der A 61/B 262" und der hierzu ergangenen Veränderungssperre seien nicht mit § 1 Abs. 4 BauGB vereinbar. Danach seien Gemeinden zur Aufstellung, inhaltlichen Anpassung oder Aufhebung eines bestehenden Bebauungsplans verpflichtet, sobald und soweit dies zur Verwirklichung der Ziele der Raumordnung erforderlich sei. Um ein solches Ziel handele es sich bei Z 61 LEP IV. Danach sei der Bildung von Agglomerationen nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit innenstadtrelevanten Sortimenten außerhalb der städtebaulich integrierten Bereiche durch Verkaufsflächenbegrenzungen in der Bauleitplanung entgegenzuwirken. Hierbei handele es sich um ein mit höherrangigem Recht in Einklang stehendes verbindliches Ziel der Raumordnung, das den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Raumordnungsgesetz genüge. Unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs mit dem Zentralitätsgebot (Z 57 LEP IV), dem städtebaulichen Integrationsgebot (Z 58 LEP IV) und dem Nichtbeeinträchtigungsgebot (Z 60 LEP IV) werde deutlich, dass der Verordnungsgeber Einzelhandelsagglomerationen, die vergleichbare Auswirkungen wie großflächige Einzelhandelsbetriebe hätten, raumordnungsrechtlich wie letztgenannte behandeln wolle. Die Angabe einer Mindestfläche, ab wann eine Agglomeration schädlich sei, sei nicht erforderlich.

13

Z 61 LEP IV verletze auch nicht die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Gemeinden. Das Agglomerationsverbot ergänze inhaltlich insbesondere Z 57 LEP IV (Zentralitätsgebot) und das städtebauliche Integrationsgebot von Z 58 LEP IV. Die Wertung des Verordnungsgebers beruhe auf der nachvollziehbaren Erkenntnis, dass Agglomerationen von nicht unbedingt großflächigen Einzelhandelsbetrieben eine Anziehungskraft auf die Bevölkerung wie ein großflächiger Betrieb oder ein Einkaufszentrum haben könnten. Deshalb sei es aus raumordnungsrechtlichen Gründen gerechtfertigt und stelle keine unangemessene Beschränkung der Planungshoheit der Kommunen dar, wenn der Verordnungsgeber zur Wahrung der Funktionsfähigkeit und Attraktivität von zentralen Orten und deren städtebaulich integrierten Bereichen das Agglomerationsverbot in Z 61 LEP IV als Ziel der Raumordnung verbindlich festgeschrieben habe.

14

Die Klägerin sei gemäß § 1 Abs. 4 BauGB verpflichtet, ihren Bebauungsplan "Gewerbepark an der A 61/B 262" an Z 61 LEP IV anzupassen. Dieser Plan enthalte keine Festsetzungen über Nutzungsbeschränkungen für den Einzelhandel und ermögliche deshalb entgegen Z 61 LEP IV außerhalb der Innenstadt der Klägerin die Agglomeration von Einzelhandelsbetrieben mit innenstadtrelevantem Sortiment. Der aus § 1 Abs. 4 BauGB folgenden Verpflichtung habe der Stadtrat der Klägerin zuwider gehandelt, indem er am 26. Oktober 2010 die in Erfüllung der Anpassungspflicht zuvor gefassten und in der Folgezeit öffentlich bekannt gemachten Beschlüsse zur Aufstellung der 3. Änderung des oben genannten Bebauungsplans und über die entsprechende Veränderungssperre ersatzlos aufgehoben habe.

15

Die hiergegen eingelegte Berufung begründet die Klägerin im Wesentlichen damit, dass aus Gründen der Gesetzessystematik die von der Rechtsprechung geforderte Kongruenz zwischen landesplanerischen Zielvorgaben und kommunaler Bauleitplanung durch Erlass eines Planungsgebots auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 LPlG und nicht durch Erlass einer kommunalaufsichtlichen Verfügung nach §§ 121, 123 GemO herzustellen sei. Auch der aus § 23 Abs. 3 LPlG folgende Ersatzanspruch dürfe nicht durch ein Einschreiten aufgrund kommunalaufsichtlicher Befugnisse umgangen werden.

16

Im Übrigen lägen die materiellen Voraussetzungen für ein kommunalaufsichtliches Einschreiten nicht vor. Die Ratsbeschlüsse vom 26. Oktober 2011 seien mit geltendem Recht vereinbar. Eine Verletzung von § 1 Abs. 4 BauGB liege nicht vor, da Z 61 LEP IV unwirksam sei. Insoweit greife LEP IV durch die verbindlichen Vorgaben für die Aufstellung und Änderung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen in die kommunale Planungshoheit ein. Zwar sei es legitim, mit raumordnerischen Zielvorgaben Versorgungszentren als Wohn-, Arbeits- und Handelsstandorte zu stärken. Jedoch gebe es keinen sachlichen Grund, auch für nicht großflächige Einzelhandelsbetriebe mit innenstadtrelevantem Sortiment eine gebietsbezogene Verkaufsflächenbegrenzung festzusetzen. Hierfür bestehe kein überörtliches Interesse, weil insbesondere die Verkaufsfläche allein keine Aussage über die überörtlichen Auswirkungen von Einzelhandelsbetrieben zulasse. Außerdem verfolge der Verordnungsgeber, wie sich aus der Begründung des Agglomerationsverbots in Z 61 LEP IV ergebe, keine überörtlichen Interessen, sondern stelle allein auf die Vermeidung „städtebaulicher“ Entwicklungen ab. Des Weiteren fehle dem Verordnungsgeber die Zuständigkeit für den Erlass eines Agglomerationsverbots. Denn hierbei handele es sich um eine bodenrechtliche Regelung, für die nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz besitze, von der er in der Baunutzungsverordnung abschließend Gebrauch gemacht habe.

17

Schließlich sei Z 61 LEP IV wegen mangelnder Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit unwirksam. Für die Träger der kommunalen Bauleitplanung sei nicht ersichtlich, wie sie bei der Aufstellung oder Änderung ihrer Bebauungspläne der Bildung von Agglomerationen nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe entgegenwirken sollten. Gebietsbezogene Obergrenzen für Einzelhandelsflächen seien in einem Bebauungsplan unzulässig und damit unwirksam. Sortimentsbeschränkungen seien vom eindeutigen Wortlaut von Z 61 LEP IV nicht umfasst.

18

Die Klägerin beantragt,

19

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 18. August 2011 den Bescheid des Beklagten vom 12. November 2010 sowie den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 2. März 2011 aufzuheben.

20

Der Beklagte beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Zur Begründung trägt er vor, dass er für den Erlass der angefochtenen Verfügung zuständig gewesen sei. Nachdem der Stadtrat der Klägerin zunächst der Anpassungspflicht nachgekommen sei, habe er die von ihm gefassten Beschlüsse wieder rückgängig gemacht. Auf diese Situation sei die Regelung des § 23 Abs. 1 LPlG nicht anwendbar.

23

Im Übrigen liege ein gravierender Rechtsverstoß vor, der ein Einschreiten der Kommunalaufsichtsbehörde rechtfertige. Das Verhalten der Klägern verstoße gegen § 1 Abs. 4 BauGB, weil das Agglomerationsverbot in Z 61 LEP IV ein wirksames Ziel der Raumordnung darstelle. Die Standortplanung für großflächige Einzelhandelsbetriebe sei ein von der Rechtsprechung anerkanntes überörtliches Interesse, das eine Beschränkung der gemeindlichen Planungshoheit rechtfertigen könne. Dabei solle das Agglomerationsverbot das Unterlaufen der ansonsten für den großflächigen Einzelhandel geltenden Ziele der Raumordnung verhindern. Der Typus des unbeschränkten Gewerbegebiets nach § 8 BauNVO werde hierdurch nicht beseitigt. Z 61 LEP IV sei unter Berücksichtigung seiner Begründung nicht wegen mangelnder Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit unwirksam. Die Vorgabe einer Mindestgröße sei demnach nicht erforderlich. Abgestellt werden könne auf die in der Rechtsprechung als Grenze für die Großflächigkeit von Einzelhandelsbetrieben bestimmte Verkaufsfläche von mehr als 800 qm. Diese Grenze gelte für alle Ansiedlungen außerhalb der städtebaulich integrierten Bereiche.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

25

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

26

Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die kommunalaufsichtliche Verfügung des Beklagten vom 12. November 2010 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 2. März 2011 zu Recht abgewiesen. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verweist der Senat zunächst gemäß § 130b Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen wird ergänzend ausgeführt, dass der Beklagte nach § 121 Abs. 1 Satz 1 GemO für den Erlass des Beanstandungsbescheides formell zuständig war (I.) und darüber hinaus die materiellen Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage vorliegen (II.).

I.

27

Der Beklagte war gemäß § 121 Abs. 1 Satz 1 GemO für den Erlass der kommunalaufsichtlichen Beanstandungsverfügung zuständig. Danach kann die Aufsichtsbehörde u. a. Beschlüsse des Gemeinderates, die das bestehende Recht verletzen, beanstanden und verlangen, dass sie innerhalb einer von ihr bestimmten Frist aufgehoben werden. Die von dem Beklagten wahrgenommene Befugnis der Kommunalaufsicht wird nicht durch § 23 Abs. 1 LPlG ausgeschlossen. Nach dieser raumordnungsrechtlichen Bestimmung kann die oberste Landesplanungsbehörde im Einvernehmen mit den beteiligten obersten Landesbehörden verlangen, dass die Gemeinden ihre Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anpassen oder Bauleitpläne aufstellen, wenn es zur Verwirklichung von Zielen der Raumordnung erforderlich ist (sog. Anpassungsgebot). Zwar verbietet diese Vorschrift der Aufsichtsbehörde, ein Anpassungsgebot zu erlassen, weil insoweit die spezielle Zuständigkeit der obersten Landesplanungsbehörde vorgeht. Jedoch verdrängt § 23 Abs. 1 LPlG nicht die allgemeine Befugnisse der Kommunalaufsicht, rechtmäßiges Verhalten der Gemeinden bei der Berücksichtigung der Erfordernisse von Raumordnung und Landesplanung mit den Mitteln der Staatsaufsicht durchzusetzen (vgl. OVG RP, Urteil vom 19. Juli 2001 - 1 A 10168/01.OVG -). Nach der Begründung zu dem mit § 23 Abs. 1 LPlG inhaltsgleichen § 24 Abs. 1 LPlG a. F. beschränkt sich sein Regelungsgehalt auf die Bestimmung der „Zuständigkeit für das förmliche Verlangen des Landes gegenüber den Gemeinden, genehmigte Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung und Landesplanung anzupassen bzw. Bauleitpläne aufzustellen, wenn dies zur Verwirklichung von Zielen der Raumordnung und Landesplanung erforderlich ist“ (LT-Drucks. 12/5150, S. 36). Eine Beschränkung der Befugnisse der Kommunalaufsicht hinsichtlich sonstiger Entscheidungen einer Gemeinde im Zusammenhang mit der von § 1 Abs. 4 BauGB festgelegten Anpassungspflicht ist dem Landesplanungsgesetz somit nicht zu entnehmen.

28

Des Weiteren erfordert die vom Baugesetzbuch vorgesehene wirksame Durchsetzung der Belange der Raumordnung eine § 23 Abs. 1 LPlG ergänzende Anwendung des § 121 GemO, was der vorliegende Fall besonders deutlich macht: Die Klägerin hatte zunächst der dringenden Aufforderung des Ministeriums des Innern und für Sport vom 30 Juli 2010 Folge geleistet und zur Anpassung des Bebauungsplanes „Gewerbepark an der A 61/B 262“ an die Ziele der Raumordnung die Aufstellung der 3. Änderung sowie den Erlass einer Veränderungssperre beschlossen. Die Aufhebung dieser Beschlüsse hat zum Aufleben von Baugenehmigungsansprüchen nach dem bisherigen Planungsrecht geführt. Um diesen Ansprüchen zeitnah die Grundlage zu entziehen, wäre der Erlass eines die Klägerin verpflichtenden Anpassungsgebotes nach § 23 Abs. 1 LPlG nicht ausreichend gewesen. Vielmehr konnte nur das kommunalaufsichtliche Einschreiten des Beklagten, welches die Wirkung einer Kassation der rechtswidrigen Beschlüssen hat, zu einer sofortigen und effektiven Beseitigung des Rechtsverstoßes führen.

29

Ein Einschreiten der Kommunalaufsicht führt auch nicht zur Umgehung der Entschädigungsregelung des § 23 Abs. 3 LPlG. Zum einen darf die Kommunalaufsicht ein Anpassungsgebot mangels Zuständigkeit nicht erlassen. Zum anderen hat es die Gemeinde selbst in der Hand, die Voraussetzungen eines etwaigen Entschädigungsanspruchs dadurch herbeizuführen, dass sie gemäß § 23 Abs. 2 LPlG eine förmliche Entscheidung der obersten Landesplanungsbehörde nach Absatz 1 (Anpassungsgebot) beantragt. Hierfür besteht aus Sicht einer Gemeinde insbesondere dann ein Bedürfnis, wenn ein ursprünglich rechtmäßiger Bebauungsplan aufgrund von späteren Änderungen an die Ziele der Raumordnung anzupassen ist.

II.

30

War der Beklagte demnach dafür zuständig, gegen die Aufhebung des Beschlusses über die 3. Änderung des Bebauungsplanes „Gewerbepark an der A 61/B 262“ und die in diesem Zusammenhang beschlossene Veränderungssperre wegen eines Verstoßes gegen Raumordnungsrecht kommunalaufsichtlich vorzugehen, liegen auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 GemO für den Erlass der angegriffenen Beanstandungsverfügung vor. Denn die Stadtratsbeschlüsse vom 26. Oktober 2010 verstoßen im Sinne des § 121 Abs. 1 GemO gegen bestehendes Recht, nämlich gegen § 1 Abs. 4 BauGB. Danach sind die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Um ein solches Ziel handelt es sich bei dem sog. Agglomerationsverbot im Sinne von Z 61 LEP IV. Dieses Verbot steht mit höherrangigem Recht in Einklang (1.). Da die Klägerin durch die beanstandeten Stadtratsbeschlüsse die Beschlüsse vom 26. August 2010, welche der Anpassung des Bebauungsplans „Gewerbepark an der A 61/B 262“ an Z 61 des LEP IV dienten, aufgehoben hat, hat sie zugleich die sich aus § 1 Abs. 4 BauGB ergebende Anpassungspflicht verletzt (2.).

31

1. Gemäß Z 61 LEP IV ist der Bildung von Agglomerationen nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit innenstadtrelevanten Sortimenten außerhalb der städtebaulich integrierten Bereiche durch Verkaufsflächenbegrenzungen in der Bauleitplanung entgegenzuwirken. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist Z 61 LEP IV ein rechtswirksames Ziel der Raumordnung. Es ist hinreichend bestimmt (a) und verstößt weder gegen die grundgesetzliche Kompetenzverteilung (b) noch gegen die verfassungsrechtlich gewährleistete kommunale Selbstverwaltung im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz - GG - und Art. 49 Abs. 3 Verfassung für Rheinland-Pfalz. - LV - (c).

32

a) Z 61 ist hinreichend bestimmt. Zum Begriff „Agglomeration von nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieben“ hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass Z 61 LEP IV systematisch in einem untrennbaren Regelungszusammenhang mit den übrigen Ziele des Kapitels 3.2.3, welche sich auf „öffentliche Einrichtungen und Dienstleistungen (großflächiger Einzelhandel)“ beziehen, steht. Demnach dient das Agglomerationsverbot der Einhaltung des Zentralitätsgebots im Sinne von Z 57 LEP IV, des städtebaulichen Integrationsgebots nach Z 58 LEP IV und des Nichtbeeinträchtigungsgebots von Z 60 LEP IV. Hieraus und aus der Begründung zu Z 61 LEP IV folgt, dass Agglomerationen aus mehreren, für sich meist nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieben bestehen, „die in ihrer Gesamtheit auf die Kunden wie Einkaufzentren oder Einzelhandelsgroßprojekte wirken“ und deshalb wie großflächiger Einzelhandel innerhalb der städtebaulich integrierten Bereiche anzusiedeln wären.

33

Wann eine Agglomeration im Sinne von Z 61 LEP IV vorliegt, brauchte auch nicht durch eine Mindestverkaufsfläche festgelegt werden. Da das Agglomerationsverbot - wie in der Begründung ausgeführt - den Zweck hat, negative Auswirkungen auf den städtebaulich integrierten Bereich auszuschließen, wie sie von großflächigen Einzelhandelsbetrieben ausgehen, insoweit also eine Umgehung der einzelhandelsbezogenen Ziele des LEP IV verhindern soll, ergibt sich die Größe, ab welcher eine Agglomeration nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe vorliegt, aus der Rechtsprechung zu den Anforderungen an großflächige Einzelhandelsbetriebe im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 4 C 8/05 - und Beschluss vom 14. Mai 2007 - 4 BN 8.07 -, jeweils juris). Danach sind solche Betriebe und damit auch Agglomerationen großflächig, wenn sie eine Verkaufsfläche von 800 qm überschreiten.

34

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Landesverordnungsgeber für den Erlass des in Z 61 LEP IV enthaltenen Agglomerationsverbots zuständig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dient das Recht der Raumordnung der übergeordneten, überörtlichen, überfachlichen und zusammenfassenden Planung und Ordnung des Raumes. Die Raumordnung hat im Interesse der räumlichen Gesamtentwicklung alle auftretenden Nutzungsansprüche an den Raum und alle raumbedeutsamen Belange zu koordinieren und in diesem Zusammenhang u.a. verbindliche Vorgaben für nachgeordnete Planungsstufen zu schaffen. Raumplanerische Vorgaben sind zulässig, wenn die Regelung - wie hier - der Steuerung raumbedeutsamer Auswirkungen von Planungen oder Maßnahmen dient. Das Kriterium der Raumbedeutsamkeit eröffnet und begrenzt zugleich die raumplanerische Regelungsbefugnis. In diesem Rahmen ist der Raumordnung auch eine betriebsübergreifende funktionale Betrachtungsweise erlaubt. Dass der für das Bodenrecht zuständige Bundesgesetzgeber in § 11 Abs. 3 BauNVO eine städtebauliche Reglung getroffen hat, die auf großflächige Einzelhandelsbetriebe beschränkt ist, steht einer Regelung von Einzelhandelsagglomerationen im Wege der Landesplanung nicht entgegen. Städtebauliche Vorgaben liegen auf einer anderen Ebene; sie betreffen Grund und Boden. Die Raumordnung in Gestalt der Landes- und Regionalplanung ist dieser Ebene vorgelagert. Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - in unterschiedlicher Gestalt - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (BVerwG, Urteil vom 17. September 2003, 4 C 14.01, BVerwGE 119, 25).

35

Diesen Anforderungen wird auch Z 61 LEP IV gerecht. Soweit in der Begründung auf die Vermeidung negativer „städtebaulicher Auswirkungen“ abgestellt wird, handelt es sich um überörtliche Folgen, welche aus raumordnungsrechtlichen Gründen verhindert werden sollen. Denn der Bildung von Agglomerationen nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe soll dort entgegengewirkt werden, wo sie - wie großflächige Einzelhandelsbetriebe - nicht mit dem raumordnungsrechtlichen Zentralitätsgebot (Z 57), dem städtebaulichen Integrationsgebot (Z 58) und dem Nichtbeeinträchtigungsgebot (Z 60) in Einklang stehen. Hieraus folgt zugleich, dass Z 61 LEP IV nicht den Typus des unbeschränkten Gewerbebetriebes generell beseitigt, sondern Einschränkungen nur dort fordert, wo die raumordnungsrechtlichen Ziele im Sinne von Ziffer 3.2.3 LEP IV (Öffentliche Einrichtungen und Dienstleistungen [großflächiger Einzelhandel]) beeinträchtigt sind.

36

c) Die durch das Agglomerationsverbot bewirkte Einschränkung der von Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 49 Abs. 3 LV geschützten gemeindlichen Planungshoheit ist nach der überzeugenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts materiell gerechtfertigt, weil sie der Wahrung überörtlicher Interessen von höherem Gewicht dient. Sie bezweckt die Sicherstellung des im Raumordnungsgesetz niedergelegten Systems leistungsfähiger zentraler Orte. Einzelhandel ist an den Standorten zu sichern, die in das zentralörtliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Nicht nur Einzelhandelsgroßprojekte in der Form des großflächigen Einzelhandelsbetriebs oder Einkaufszentrums, sondern auch Agglomerationen von mehreren nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieben können besondere raumstrukturelle, die zentralörtliche Gliederung gefährdende Auswirkungen haben und damit ein Beeinträchtigungspotential aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem raumordnungsrechtlichen Sonderregime zu unterwerfen. Die regelhafte räumliche Zuordnung nicht nur des großflächigen Einzelhandels, sondern auch von raumbedeutsamen Einzelhandelsagglomerationen nach dem zentralörtlichen Gliederungssystem soll eine raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt gewährleisten. Das ist ein raumordnungsrechtlich legitimer Zweck (Urteil vom 15. Mai 2003 - 4 CN 9.01 - BVerwGE 118, 181 <185>; Beschluss vom 8. März 2006 - 4 B 75.05 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 124 Rn. 16; Urteil vom 10. November 2011, 4 CN 9/10 -, juris).

37

Des Weiteren ist der Eingriff in die Planungshoheit verhältnismäßig. Insbesondere ist das Agglomerationsverbot geeignet, den raumordnungsrechtlichen Zweck zu erfüllen. Insoweit trifft es nicht zu, dass die Klägerin rechtlich daran gehindert ist, der Bildung von Agglomerationen nicht großflächiger Einzelhandelsbetrieben mit innenstadtrelevantem Sortimenten außerhalb der städtebaulich integrierten Bereiche durch Verkaufsflächenbegrenzung in der Bauleitplanung entgegenzuwirken. Zwar sind Verkaufsflächenbeschränkungen, sofern sie gebietsbezogen sind, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wegen fehlender Ermächtigungsgrundlage unzulässig (BVerwG, Urteil vom 3. April 2008 - 4 CN 3.07 -, BVerwGE 131, 86). Jedoch haben der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof (vgl. Urteil vom 11. September 2010 - 3 S 324/08 -, juris) und ihn bestätigend das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass sich mit den verfügbaren städtebaulichen Planungsinstrumenten durch grundstücksbezogene Regelungen Verstöße sowohl gegen das Konzentrationsgebot (= Zentralitätsgebot) als auch gegen das Kongruenzgebot (= städtebauliches Integrationsgebot) aufgrund einer Anhäufung mehrerer nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe wenn nicht ganz verhindern, so doch in einem Maße minimieren lassen, dass das Planungsergebnis noch im Einklang mit den genannten Raumordnungszielen steht.

38

Je nach den örtlichen Gegebenheiten kann die Gemeinde Einzelhandel entweder generell gemäß § 1 Abs. 5 BauGB oder bestimmte sortimentsbezogene Einzelhandelstypen gemäß § 1 Abs. 9 BauNVO ausschließen; in noch nicht überschaubaren Grenzsituationen hat sie die Möglichkeit, Einzelhandel gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO für ausnahmsweise zulässig zu erklären. Der Gemeinde stehen aber auch wirksame Festsetzungsmöglichkeiten für den Fall zur Verfügung, dass eine Agglomeration bestimmter Sortimente nicht gänzlich, sondern erst ab einer bestimmten Verkaufsfläche gegen die verbindlichen Zielvorgaben für Einzelhandelsgroßprojekte verstoßen würde. Ein Baugebiet kann insbesondere nach der Art der baulichen Nutzung räumlich nach unterschiedlichen Arten/Unterarten des Einzelhandels gegliedert werden (§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und § 1 Abs. 9 BauNVO). Hinzu tritt die Möglichkeit der vertikalen Gliederung mit geschoss- und anlagenteilbezogenen Differenzierungen gemäß § 1 Abs. 7 und 8 BauNVO, mit der sich neben der räumlichen Verteilung die Anzahl der für eine Einzelhandelsnutzung zur Verfügung stehenden Grundstücke begrenzen lässt. Darüber hinaus kann mittelbar durch Festlegung der überbaubaren Flächen in Kombination mit der Festsetzung des Maßes der Nutzung auch die Größe der Einzelhandelsbetriebe gesteuert werden. Dass sich mit diesem Instrumentarium gesamt- oder sortimentsbezogene Verkaufsflächenobergrenzen nicht quadratmeterscharf festsetzen lassen, stellt die Umsetzbarkeit der Agglomerationsregelung nicht in Frage (BVerwG, Urteil vom 10. November 2011 - 4 CN 9/10 -, juris). Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Auffassung der Klägerin, das Raumordnungsrecht selbst müsse wirksame Festsetzungsmöglichkeiten bieten, nicht mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Einklang steht. Vielmehr genügen die städtebaulichen Planungsinstrumente, da ihre Anwendung im Ergebnis zu Verkaufsflächenbegrenzungen im Sinne von Z 61 LEP IV führen.

39

Soweit die einzelhandelsbezogenen Ziele von LEP IV unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 11 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO typisierend davon ausgehen, dass Einzelhandelsbetriebe und Agglomerationen ab einer Verkaufsfläche von 800 qm überörtliche Auswirkungen haben, steht auch dies mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn raumbedeutsame Auswirkungen solcher Betriebe im Allgemeinen ausgeschlossen wären. Hiervon kann jedoch nicht ausgegangen werden. Im Übrigen könnte einem atypischen Fall durch die Zulassung einer Zielabweichung Rechnung getragen werden.

40

2. Ausgehend von der Rechtswirksamkeit von Z 61 LEP IV steht der Bebauungsplan „Gewerbepark an der A 61/B 262“ in der Fassung der 2. Änderung nicht mit diesem raumordnungsrechtlichen Ziel in Einklang. Deshalb ist die Klägerin gemäß § 1 Abs. 4 BauGB verpflichtet, diesen Bebauungsplan Z 61 LEP IV anzupassen.

41

Der Bebauungsplan „Gewerbepark an der A 61/B 262“ weist den im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Bereich als Gewerbegebiet im Sinne des § 8 BauNVO aus. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO sind in einem solchen Gebiet Gewerbebetriebe aller Art zulässig. Aufgrund dieser uneingeschränkten Regelung ist auch die Bildung von Agglomerationen nicht großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit innenstadtrelevanten Sortimenten planungsrechtlich erlaubt. Einzelhandelsagglomerationen sind jedoch außerhalb der städtebaulich integrierten Lage raumordnungsrechtlich unzulässig. Demnach widerspricht die derzeitige Fassung des Bebauungsplans „Gewerbepark an der A 61/B 2262“ Z 61 LEP IV, da er die Ansiedlung von Agglomerationen im o. g. Sinne ermöglicht und nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass durch eine solche Ansammlung von nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit innenstadtrelevanten Sortimenten, wie sie Gegenstand von acht Bauvoranfragen sind, die Versorgungsfunktion des städtebaulich integrierten Bereichs der Klägerin sowie das Mittelzentrum Mayen in raumordnungsrechtlicher Hinsicht beeinträchtigt werden.

42

Steht demnach der Bebauungsplan „Gewerbepark an der A 61/B 2262“ nicht mit den Zielen der Raumordnung in Einklang, ist er gemäß § 1 Abs. 4 BauGB an diese anzupassen. Entgegen dieser Verpflichtung hat der Stadtrat der Klägerin in der Sitzung vom 26. Oktober 2010 seine Beschlüsse zur Aufstellung der 3. Änderung des Bebauungsplan „Gewerbepark an der A 61/B 2262“ sowie zum Erlass einer entsprechenden Veränderungssperre vom 26. August 2010, welche der Anpassung des Bebauungsplans an die Ziele der Raumordnung dienten, aufgehoben. Wegen des hierin liegenden Verstoßes gegen die Anpassungspflicht des § 1 Abs. 4 BauGB hat der Beklagte die Beschlüsse vom 26. Oktober 2010 zu Recht wegen einer Verletzung des bestehenden Rechtes gemäß § 121 GemO beanstandet und deren Aufhebung verlangt.

43

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

44

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. Zivilprozessordnung.

45

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

46

Beschluss

47

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 15.000,-- € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz i.V.m. Ziff. II 22.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom Urteil vom 21. Oktober 2010 - 8 K 2833/08 - zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke ... Straße ... in Gomaringen (Flurstück Nr. ..., ..., ..., ..., ...). Die Grundstücke befinden sich im unbeplanten Innenbereich. Im Jahr 2006 genehmigte das Landratsamt Tübingen der Klägerin dort die Errichtung eines Lebensmittelmarkts und eines Fachmarkts mit zentrenrelevantem Sortiment und einer Verkaufsfläche von jeweils weniger als 800 m2.
Im Februar 2008 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Änderungsbaugenehmigung, um u. a. anstelle des bestehenden Fachmarkts zwei Fachmärkte zu errichten, nämlich einen Textil- und einen Drogeriefachmarkt mit Verkaufsflächen von 588 m2 und 532,80 m2.
Die Klägerin legte eine in ihrem Auftrag von der ... GmbH im April 2008 erstellte „Markt- und Verträglichkeitsuntersuchung zum Ansiedlungsvorhaben verschiedener Einzelhandelsnutzungen am Standort ‘... Straße’ in der Gemeinde Gomaringen“ vor. Die Untersuchung kommt zum Ergebnis, dass die Standortverteilung der Einzelhandelsbetriebe im Nahbereich Gomaringen (Gomaringen, Dußlingen und Nehren) durch eine sehr disperse Struktur gekennzeichnet sei. Die Abgrenzung zentraler Versorgungsbereiche sei nur bedingt möglich bzw. im Fall der Gemeinde Nehren nicht sinnvoll. Nachhaltig negative städtebauliche Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit zentraler Versorgungsbereiche könnten nicht vermutet werden.
Das Regierungspräsidium Tübingen teilte dem Landratsamt durch Schreiben vom 24.04.2008 mit, dass aus seiner Sicht schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB dann verhindert werden könnten, wenn u. a. das sogenannte Randsortiment des Drogeriemarktes dahingehend beschränkt werde, dass Spiel- und Schreibwaren nicht zulässig seien.
Das Landratsamt Tübingen erteilte deshalb mit Bescheid vom 29.04.2008 die beantragte Änderungsbaugenehmigung u. a. mit folgender Nebenbestimmung Nr. 27:
„Das so genannte Randsortiment des vorgesehenen Drogeriemarktes wird dahingehend beschränkt, dass Spiel- und Schreibwaren nicht zulässig sind.“
Gegen die Nebenbestimmung erhob die Klägerin unter Berufung auf das Gutachten der ... GmbH Widerspruch. Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2008 zurück. Es begründete dies mit der Befürchtung, dass die Geschäfte, die in Gomaringen, Dußlingen und Nehren Spiel- und Schreibwaren anbieten, erheblich betroffen bzw. in ihrer Existenz gefährdet würden, wenn ein Fachmarktzentrum vergleichbare Produkte anbiete.
Die Klägerin hat am 12.11.2008 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, in den Gemeinden Gomaringen, Dußlingen und Nehren bestünden keine zentralen Versorgungsbereiche und es seien auch keine schädlichen Auswirkungen zu erwarten.
Während des Klageverfahrens haben die Gemeinden Gomaringen, Dußlingen und Nehren Pläne über die dort vorhandenen Einzelhandelsgeschäfte vorgelegt.
10 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat die Klägerin ihren Bauantrag hinsichtlich der Sortimente Schreib- und Spielwaren auf eine Verkaufsfläche von jeweils 25 m2 beschränkt.
11 
Nach Einnahme eines Augenscheins hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen mit Urteil vom 21.10.2010 die Nebenbestimmung Nr. 27 der Änderungsbaugenehmigung des Landratsamts Tübingen vom 29.04.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.10.2008 aufgehoben und die Berufung zugelassen.
12 
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts ist die Nebenbestimmung rechtswidrig. Sie finde in § 34 Abs. 3 BauGB keine Grundlage. Zwar gebe es in der Gemeinde Gomaringen einen zentralen Versorgungsbereich zwischen der Kreuzung Bahnhofstraße/Hinterweilerstraße und der Lindenstraße. Dies entspreche im Wesentlichen auch der Einschätzung im Gutachten der ... GmbH. Es seien jedoch keine schädlichen Auswirkungen zu erwarten. Eine relevante Versorgung mit Schreibwaren sei nur hinsichtlich des Schreiblädles in der Lindenstraße feststellbar. Dessen Verkaufsfläche von 40-50 m2 sei Indiz dafür, dass es durch das Schreibwarenangebot der Klägerin mit 25 m2 Verkaufsfläche zu keinem erheblichen Kaufkraftabfluss kommen werde. Diese Prognose werde in gewissem Umfang vom indiziell heranzuziehenden Gutachten der ... GmbH gestützt. Es sei zu vermuten, dass zu Fuß einkaufende Kunden ihre Besorgungen eher im zentralen Versorgungsbereich als bei der Klägerin erledigten. Beim zentralen Versorgungsbereich sei keine besondere Vorschädigung feststellbar. Es sei von einer hohen Stabilität des Schreibwarenabsatzes im Schreiblädle auszugehen. Das Schreiblädle beherberge die Gomaringer Filiale der Deutschen Post AG, so dass anzunehmen sei, dass Kunden der Post dort ihren Bedarf an Schreibwaren deckten. Im Übrigen ziele das Bauvorhaben der Klägerin nach seiner Lage auf die Kaufkraft von Käufern ab, die über Gomaringen nach Tübingen oder Reutlingen führen, wohingegen das Schreiblädle eher Anlaufpunkt für die „ihre“ Postfiliale aufsuchende Gomaringer Kundschaft sei. In der Gemeinde Dußlingen lasse sich das Vorliegen eines zentralen Versorgungsbereichs nicht feststellen. Die Geschäfte in Dußlingen, die Spiel- und Schreibwaren anböten, lägen außerhalb des mit einer Mehrzahl von Geschäften und Dienstleistungsanbietern besetzten Gebiets im Kreuzungsbereich der Uffhofenstraße, Austraße und Wilhelm-Herter-Straße. Für die Frage, ob ein zentraler Versorgungsbereich vorliege, komme es nicht darauf an, dass die Gemeinde Dußlingen bereits Haushaltsbefragungen in Auftrag gegeben habe, um in der neu zu schaffenden Ortsmitte im Bereich der bisherigen B 27-Kreuzung einen tragfähigen Sortimentsmix zu bedienen. Derzeit bestehe weder eine hinreichend konkretisierte städtebauliche Konzeption der Gemeinde noch ergebe sich das Vorliegen eines zentralen Versorgungsbereichs aus eindeutigen tatsächlichen Verhältnissen. Auch in der Gemeinde Nehren gebe es keinen zentralen Versorgungsbereich. Der Kreuzungsbereich von Hauptstraße, Luppachstraße und Kappelstraße sei nach dem beim Augenschein gewonnenen Eindruck um die Mittagszeit nicht belebt. Der Bereich vermittle nicht den Eindruck einer abgrenzbaren „Ortsmitte“, sondern eher einer Ansammlung vereinzelter Geschäfte. Schließlich könne die Änderungsbaugenehmigung sinnvoller- und rechtmäßigerweise auch ohne die angefochtene Auflage bestehen bleiben.
13 
Gegen das ihm am 27.12.2010 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 20.01.2011 Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung wurde auf den am 24.02.2011 gestellten Antrag bis zum 30.03.2011 und auf den am 30.03.2011 gestellten Antrag bis zum 30.04.2011 verlängert. Am 29.04.2011 wurde die Berufung auf die Aufhebung der Nebenbestimmung Nr. 27 in Bezug auf Spielwaren beschränkt und wie folgt begründet.
14 
Es könne nicht ausgeschlossen, dass auch bei dem nur 25 m2 Verkaufsfläche umfassenden und damit sehr kleinen Schreibwarenangebot der Klägerin schädliche Auswirkungen zumindest in Gomaringen, aber auch in Dußlingen und Nehren entstünden. In kleineren Gemeinden könnten sich nur noch wenige Einzelhandelsgeschäfte halten. Diese Geschäfte könnten bereits durch geringfügige Angebotsveränderungen oder eine Verlagerung der Frequenz erheblich unter Druck geraten. In vergleichbaren Verfahren seien zeitnah negative Folgen bis hin zur Existenzgefährdung eingetreten. Es sei ein gewichtiges Anliegen des Landes, den Einzelhandel konsequent mit den Mitteln der Landes- und Regionalplanung sowie des Bauplanungsrechts zu steuern, um die Städte und Gemeinden zukunftsfähig zu erhalten und die städtebauliche Entwicklung im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung und einer attraktiven Innenentwicklung geordnet zu gestalten.
15 
In Gomaringen sei keine funktionierende Ortsmitte vorhanden. Allein dem Schreiblädle komme die Funktion zu, durch die Kombination des Post- und Schreibwarenangebots für eine regelmäßige Frequenz zu sorgen. Es sei damit ein ganz wesentlicher Baustein für die Attraktivität und Lebendigkeit des Ortskerns. Es sei naheliegend, dass die Käufer im Fachmarktzentrum der Klägerin alles aus einer Hand erhielten und auch ihre Schreibwareneinkäufe miterledigten. Die Inhaberin des Schreiblädles habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben, dass die Einnahmen sich jeweils etwa zur Hälfte aus dem Schreibwarenhandel und dem Postbetrieb zusammensetzten und die Geschäftsbereiche einzeln nicht überlebensfähig wären. Das Schreibwarenangebot der Klägerin gefährde deshalb nicht nur den innerörtlichen Schreibwarenhandel, sondern auch den Postbetrieb. Das (preis-)attraktivere Angebot der Klägerin habe trotz der Beschränkung auf 25 m2 Verkaufsfläche naturgemäß einen Vorteil, der sich voraussichtlich in den Umsatzzahlen niederschlagen werde. Nach den Erhebungen des Instituts für ... ... ... seien die Flächenpotentiale im Sortimentsbereich Schreibwaren für die drei Gemeinden mit insgesamt etwa 200 m2 Verkaufsfläche bereits heute weitestgehend ausgeschöpft.
16 
In der bislang von der B 27 zerschnittenen Gemeinde Dußlingen gebe es kein gewachsenes Ortszentrum. Mit dem geplanten Ausbau der Bundesstraße und der Verlegung der Fahrstreifen in eine Tunnelröhre entstünden neue Innenstadtentwicklungspotentiale. Im Bereich der bisherigen Kreuzung der B 27 solle eine neue Ortsmitte geschaffen werden. Die Gemeinde habe die Gesellschaft für ... ... ... beauftragt, ein Einzelhandelskonzept zu erstellen. Dabei habe sich ergeben, dass insbesondere im mittelfristigen Bedarfsbereich bereits derzeit die größte Kaufkraftbindung im Segment Bücher, Schreibwaren und Zeitschriften erfolge. Zwei Anbieter, die dieses Segment bereits bedienten, ließen sich nur dann erhalten und aufwerten, wenn sie nicht durch das Vorhaben der Klägerin gefährdet würden. Es müssten auch solche zentrale Versorgungsbereiche mitumfasst werden, die anknüpfend an vorhandene oder auch nur in Ansätzen vorhandene Versorgungsbereiche weiterentwickelt und bzw. oder aufgewertet werden sollten.
17 
In Nehren mit nur ca. 4.000 Einwohnern könnten die Angebote naturgemäß keine Frequenz städtischer Prägung aufweisen, zumal es in kleinen Gemeinden immer noch üblich sei, dass Geschäfte über die Mittagszeit schlössen. Die Sicherung der Nahversorgung werde durch den Einsatz nicht unwesentlicher öffentlicher Mittel gefördert. Der Schutzbereich des § 34 Abs. 3 BauGB sollte dahinter nicht zurückbleiben, sondern auch auf kleinere gemeindliche Einheiten bezogen werden.
18 
Der Beklagte beantragt,
19 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 21. Oktober 2010 - 8 K 2833/08 - zu ändern, soweit es die Beschränkung des Randsortiments in der Nebenbestimmung Nr. 27 zur Änderungsbaugenehmigung vom 29. April 2008 in Bezug auf Schreibwaren und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums vom 21. Oktober 2008 aufhebt, und die Klage insoweit abzuweisen.
20 
Die Klägerin beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Zur Begründung führt sie aus, in Gomaringen lasse sich schon aufgrund der Standortverteilung der Einzelhandelsbetriebe kein zentraler Versorgungsbereich abgrenzen. Die Geschäfte in der Bahnhofstraße seien räumlich deutlich abgesetzt von den Geschäften in der Lindenstraße. Im Umfeld des Schlosses verblieben vier Betriebe: Die Schloss-Apotheke, das Schreiblädle, ein Schuhgeschäft und das eher nicht als Lebensmittel-, sondern als Feinkostladen zu qualifizierende Geschäft ... ... Bei diesen vier Betrieben fehle es an einem breiten Spektrum der nahversorgungsrelevanten Angebotspalette. Künftige zentrale Versorgungsbereiche in Dußlingen könnten nicht berücksichtigt werden. In Nehren existierten nur mehrere kleine Einzelhandelsgeschäfte, nicht aber ein zentraler Versorgungsbereich.
23 
Unabhängig davon seien durch ihr auf 25 m2 beschränktes Schreibwarenangebot keine schädlichen Auswirkungen in Gomaringen zu erwarten. Dies werde durch den Hinweis des Beklagten bestätigt, dass das Flächenpotential für die drei Gemeinden im Sortimentsbereich Schreibwaren etwa 200 m2 betrage und dieses weitgehend ausgeschöpft sei. Es treffe nicht zu, dass die Inhaberin des Schreiblädles angegeben habe, dass Schreibwaren einerseits und Postagentur andererseits jeweils die Hälfte der Einnahmen ausmachten. Unabhängig davon falle der Umsatz im Schreiblädle nicht gänzlich weg, wenn der Drogeriemarkt der Klägerin 25 m2 Verkaufsfläche für Schreibwaren habe. Erst recht seien keine schädlichen Auswirkungen in Dußlingen und Nehren zu erwarten.
24 
In der Berufungsverhandlung hat der Vertreter des Beklagten auf Nachfrage des Gerichts mitgeteilt, dass seiner Ansicht nach das Vorliegen eines zentralen Versorgungsbereichs in Gomaringen nur hinsichtlich der in der geografischen Ortsmitte angesiedelten Einzelhandelsnutzungen in Betracht komme, nicht aber hinsichtlich der Einzelhandelsnutzungen in den Gewerbegebieten am Ortsrand. Ferner hat der Vertreter des Beklagten die Ansicht geäußert, es sei schwierig, in Dußlingen einen zentralen Versorgungsbereich zu definieren.
25 
Dem Senat liegen die Bauakten des Landratsamts Tübingen (fünf Bände) vor, die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Tübingen, die Markt- und Verträglichkeitsuntersuchung der ... GmbH sowie die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen einschließlich der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von den Gemeinden Gomaringen, Dußlingen und Nehren vorgelegten Pläne über die vorhandenen Einzelhandelsgeschäfte. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt dieser Unterlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
26 
1. Das Berufungsverfahren ist nicht gem. § 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO teilweise einzustellen, soweit der Beklagte die Berufung auf die Aufhebung der Nebenbestimmung Nr. 27 in Bezug auf Spielwaren beschränkt hat. Hierin liegt keine teilweise Rücknahme der Berufung.
27 
Zwar hat der Beklagte in der Berufungsschrift ohne Einschränkung erklärt, Berufung einzulegen. Der später in der Berufungsbegründung gestellte einschränkende Antrag stellt jedoch keine teilweise Berufungsrücknahme dar. Gem. § 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO muss die Berufung nur das angefochtene Urteil bezeichnen. Erst die Berufungsbegründung muss einen bestimmten Antrag sowie die Berufungsgründe enthalten (vgl. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO). Das Gesetz verlangt vom Berufungsführer erst bei Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eine verbindliche Entscheidung, welches - im Antrag konkret bestimmte - Ziel er mit seinem Rechtsmittel verfolgen will. Es wäre widersprüchlich, die ohne bestimmten Antrag eingelegte Berufung bereits als umfassendes Rechtsmittel zu bewerten und den Berufungsführer daran festzuhalten (ebenso BVerwG, Urteil vom 20.06.1991 - 3 C 6/89 - NJW 1992, 703 ; BGH, Beschluss vom 12.05.1989 - IVb ZB 25/89 - FamRZ 1989, 1064 ; a. A. BSG, Urteil vom 16.03.1971 - 10 RV 207/69 - juris § 164 abs. 2 satz 1 sgg a. f., wonach im sozialgerichtlichen verfahren bereits die revisionsschrift einen bestimmten antrag enthalten musste>). Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem Fall, in dem ein bereits gem. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO gestellter Berufungsantrag nachträglich beschränkt und damit die Berufung teilweise zurückgenommen wird (vgl. Happ, in: Eyermann/Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl. 2010, § 126, Rn. 1b; Redeker, in: Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Aufl. 2010, § 126, Rn. 3 mit Verweis auf Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl. 2010, § 124a, Rn. 37).
28 
2. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Beklagte hat die Berufung entsprechend den Vorgaben des § 124a Abs. 2 VwGO eingelegt und in Übereinstimmung mit § 124a Abs. 3 VwGO begründet.
29 
3. Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Beschränkung des Randsortiments in der Nebenbestimmung Nr. 27 zur Änderungsbaugenehmigung des Landratsamts Tübingen vom 29.04.2008 in Bezug auf Schreibwaren und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.10.2008 zu Recht aufgehoben.
30 
a) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 22.11.2000 - 11 C 2.00 -, BVerwGE 112, 221 m.w.N.) angenommen, dass die Klage als Anfechtungsklage statthaft und auch sonst zulässig ist. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Gliederungsabschnitt I. des Urteils vom 21.10.2010 und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 130b Satz 2 VwGO).
31 
b) Die Klage ist in dem im Berufungsverfahren noch zur Prüfung stehenden Umfang begründet. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung ist die Beschränkung des Randsortiments in der Nebenbestimmung Nr. 27 zur Änderungsbaugenehmigung vom 29.04.2008 in Bezug auf Schreibwaren rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, so dass die Änderungsbaugenehmigung und der Widerspruchsbescheid insoweit zu Recht aufgehoben wurden (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
32 
Rechtsgrundlage der Beschränkung des Randsortiments in der Nebenbestimmung Nr. 27 der Änderungsbaugenehmigung in Bezug auf Schreibwaren ist § 36 Abs. 1 LVwVfG. Entgegen der Vorgabe des § 36 Abs. 1 LVwVfG wird durch die Nebenbestimmung Nr. 27 in Bezug auf Schreibwaren aber nicht sichergestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Änderungsbaugenehmigung erfüllt werden. Die Änderungsbaugenehmigung ist gem. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Der Erteilung der beantragten Änderungsbaugenehmigung ohne die genannte Nebenbestimmung steht insbesondere nicht die Vorschrift des § 34 Abs. 3 BauGB entgegen. Von dem Bauvorhaben sind keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten.
33 
Zur Überzeugung des Senats fehlt es bereits an einem zentralen Versorgungsbereich in den insoweit allein in Betracht kommenden Gemeinden Gomaringen, Dußlingen und Nehren.
34 
aa) Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 14.12.2011 (- 8 S 1438/09 - juris) ausgeführt hat, sind zentrale Versorgungsbereiche im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen - häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote - eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 - BVerwGE 129, 307 = NVwZ 2008, 308). Entscheidend ist, dass der Versorgungsbereich nach Lage, Art und Zweckbestimmung eine für die Versorgung der Bevölkerung in einem bestimmten Einzugsbereich zentrale Funktion hat, wobei zentral nicht geografisch im Sinne einer Innenstadtlage oder Ortsmitte, sondern funktional zu verstehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2009 - 4 C 2.08 - BVerwGE 136, 10 = NVwZ 2010, 590; vgl. auch Beschluss vom 20.11.2006 - 4 B 50.06 - BRS 70 Nr. 114). Weiter setzt ein zentraler Versorgungsbereich im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB eine integrierte Lage voraus, so dass isolierte Standorte mit einzelnen Einzelhandelsbetrieben auch dann keinen zentralen Versorgungsbereich bilden, wenn sie über einen weiten Einzugsbereich verfügen und eine beachtliche Versorgungsfunktion erfüllen mögen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2009, a.a.O.).
35 
Ein zentraler Versorgungsbereich setzt keinen übergemeindlichen Einzugsbereich voraus. Auch ein Bereich, der auf die Grund- und Nahversorgung eines bestimmten örtlich begrenzten Einzugsbereichs zugeschnitten ist, kann eine zentrale Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus wahrnehmen. Der Zweck des Versorgungsbereichs besteht in diesem Fall in der Sicherstellung einer wohnortnahen Grundversorgung der im Einzugsbereich lebenden Bevölkerung. Ein zentraler Versorgungsbereich muss jedoch einen gewissen, über seine eigenen Grenzen hinaus reichenden räumlichen Einzugsbereich mit städtebaulichem Gewicht haben und damit über den unmittelbaren Nahbereich hinaus wirken. Ob dies der Fall ist, hängt wiederum von Struktur und Größe der Gemeinde ab (vgl. - zum gesamten Absatz - BVerwG, Urteil vom 17.12.2009, a.a.O.).
36 
Die für einen zentralen Versorgungsbereich in ländlichen Gemeinden (Grund- und Nahversorgungszentrum) zumindest erforderliche Sicherstellung einer wohnortnahen Grundversorgung setzt ein Warenangebot voraus, das den kurzfristigen Bedarf und Teile des mittelfristigen Bedarfs abdeckt (so bereits OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2006 - 7 A 964/05 - NVwZ 2007, 727, und - im Anschluss daran - OVG Niedersachsen, Beschluss vom 12.11.2007 - 1 ME 276/07 - BauR 2008, 1418). Dabei muss das Warenangebot zur Deckung des kurzfristigen Bedarfs aber nur die wesentlichen Bedürfnisse des täglichen Bedarfs befriedigen, insbesondere die Grundversorgung mit Lebensmitteln und Drogerieartikeln. Ein Angebot von Waren aller Art ist insoweit nicht erforderlich (a. A. wohl OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2006, a.a.O.).
37 
Diese Auslegung folgt aus dem Wortlaut des § 34 Abs. 3 BauGB („Versorgungsbereiche“) und dem mit dieser Vorschrift verfolgten Ziel, gewachsene städtebauliche Strukturen zu erhalten und integrierte Lagen auch im Interesse der verbrauchernahen Versorgung zu entwickeln (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 14.12.2011, a.a.O.). Von einer verbrauchernahen Versorgung kann in ländlichen Gemeinden nur gesprochen werden, wenn die wesentlichen Bedürfnisse des täglichen Bedarfs durch das vor Ort vorhandene Warenangebot abgedeckt werden. Dies sind insbesondere Lebensmittel und Drogerieartikel. Ein Angebot von Waren aller Art ist zur Grundversorgung nicht nötig und in solchen ländlichen und zumeist kleineren Gemeinden regelmäßig auch nicht möglich. Zu den zu erhaltenden städtebaulichen Strukturen gehören in den genannten Gemeinden auch die dort üblicherweise vorhandenen Einzelhandelsgeschäfte mit einem eingeschränkten Angebot zur Deckung des mittelfristigen Bedarfs. Ist mangels hinreichend breiten Warenangebots keine verbrauchernahe Versorgung gewährleistet, ist der Anwendungsbereich des § 34 Abs. 3 BauGB nicht eröffnet. Sinn und Zweck des § 34 Abs. 3 BauGB ist nicht, einzelne Betriebe vor der Ansiedlung von Konkurrenz zu schützen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2006, a.a.O.).
38 
bb) Gemessen daran ist weder in Gomaringen (ca. 10.000 Einwohner) noch in Dußlingen (ca. 5.500 Einwohner) noch in Nehren (ca. 4.000 Einwohner) ein zentraler Versorgungsbereich vorhanden.
39 
(1) In Gomaringen fehlt es an einem ausreichenden Warenangebot in integrierter Lage.
40 
Eine integrierte Lage weisen nur die Einzelhandelsgeschäfte auf, die sich im Bereich der Lindenstraße und Bahnhofstraße, gegebenenfalls auch der Tübinger Straße und Hinterweilerstraße befinden. Die Einzelhandelsgeschäfte in den Gewerbegebieten am nordöstlichen und südwestlichen Ortsrand befinden sich dagegen an isolierten Standorten. Dies entspricht auch der vom Vertreter des Beklagten in der Berufungsverhandlung vertretenen Ansicht, der Einschätzung der ... GmbH in ihrer Untersuchung vom April 2008 sowie der Beurteilung des Verwaltungsgerichts.
41 
Von den in der genannten integrierten Lage ansässigen Einzelhandelsgeschäften werden Lebensmittel nur vom Geschäft ... ... angeboten, dessen Warenangebot für eine Grundversorgung mit Lebensmitteln jedoch nicht ausreichend ist. Der Senat lässt die Beantwortung der Frage dahinstehen, ob sich dies bereits daraus ergibt, dass das Angebot des Geschäfts wohl beschränkt ist, insbesondere ein ausreichendes Angebot an Getränken wie z. B. Mineralwasser fehlen dürfte. Jedenfalls ist eine Grundversorgung deshalb nicht gewährleistet, weil das Geschäft nur sehr eingeschränkte Öffnungszeiten hat. Ausweislich des den Beteiligten bekannten Internetauftritts des Geschäfts ist dieses nur donnerstags bis samstags geöffnet. Die Deckung eines kurzfristig entstandenen Lebensmittelbedarfs ist damit montags bis mittwochs ausgeschlossen. Die Öffnungszeiten schränken auch die Versorgung mit leicht verderblichen Lebensmitteln ein. Von einer ausreichenden Deckung des „täglichen“ Bedarfs kann deshalb nicht mehr gesprochen werden.
42 
In integrierter Lage ist ferner keine Grundversorgung mit Drogerieartikeln sichergestellt. Der Drogeriemarkt in der Bahnhofstraße ist im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung nicht mehr in Betrieb. Das Angebot der in integrierter Lage ansässigen Apotheken reicht nach allgemeiner Lebenserfahrung für eine Grundversorgung mit Drogerieartikeln nicht aus.
43 
(2) Die in Dußlingen vorhandenen Einzelhandelsnutzungen befinden sich nicht in integrierter Lage.
44 
Für eine integrierte Lage der beiden Geschäfte in der Bundachstraße und der Hallstattstraße ist nichts ersichtlich. Auch die entlang der Uffhofenstraße und der Wilhelm-Herter-Straße vorhandenen Einzelhandelsgeschäfte bilden keinen räumlich abgrenzbaren Bereich, sondern eine bloße Agglomeration. Die Geschäfte befinden sich nicht mehr in fußläufiger Entfernung voneinander und werden durch den Fluss Steinlach und die B 27 zusätzlich voneinander getrennt. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts sind - anders als bei den Feststellungen zu Gomaringen - keine Parkplätze, Plätze, Hotels oder der ärztlichen oder sozialen Versorgung dienende Einrichtungen vorhanden, die als Annexe eines zentralen Versorgungsbereichs zu sehen wären. Gegen das Vorhandensein eines räumlich abgrenzbaren Bereichs mit Einzelhandelsnutzungen spricht auch, dass die Gemeinde Dußlingen eine neu zu schaffende Ortsmitte im Bereich der B 27-Kreuzung plant und somit selbst davon ausgeht, dass bislang keine geografische Ortsmitte und damit wohl auch keine integrierte Lage existiert. Auch der Vertreter des Beklagten hielt es in der Berufungsverhandlung für schwierig, in Dußlingen eine integrierte Lage zu definieren.
45 
Selbst wenn sich die insoweit allein in Betracht kommenden Einzelhandelsnutzungen entlang der Uffhofenstraße und der Wilhelm-Herter-Straße in integrierter Lage befänden, läge kein zentraler Versorgungsbereich vor. Insoweit ist die Grundversorgung mit Lebensmitteln nicht sichergestellt. Das einzige Lebensmittel anbietende Geschäft - das Geschäft ... in der Uffhofenstraße - hat nur ein eingeschränktes Angebot und eingeschränkte Öffnungszeiten. Ausweislich seiner zum Gegenstand der Berufungsverhandlung gemachten Werbung ist das Geschäft dienstags (9:00 bis 12:30 Uhr), donnerstags (9:00 bis 12:30 Uhr, 15:00 bis 18:30 Uhr) und freitags (9:00 bis 12:30 Uhr) geöffnet und werden Biolandgemüse aus eigenem Anbau, Naturkostwaren sowie Fruchtsäfte angeboten. Das Geschäft ... wird im Gutachten der ... GmbH auch nicht als ein in Dußlingen vorhandenes Lebensmittelgeschäft erwähnt.
46 
Rechtlich irrelevant in diesem Zusammenhang ist, dass die Gemeinde Dußlingen Haushaltsbefragungen mit der Zielsetzung in Auftrag gegeben hat, in der neu zu schaffenden Ortsmitte im Bereich der bisherigen B 27-Kreuzung einen tragfähigen Sortimentsmix zu bedienen. Denn etwaige Planungen zu einem zentralen Versorgungsbereich sind jedenfalls noch nicht verwirklicht (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 14.12.2011, a.a.O.).
47 
(3) Schließlich fehlt es auch in Nehren an einem ausreichenden Warenangebot in integrierter Lage.
48 
Sollten sich die Einzelhandelsnutzungen im Bereich der Kreuzung Luppachstraße/Wertstraße und Hauptstraße in integrierter Lage befinden, fehlt es an einem die Grundversorgung mit Lebensmitteln sicherstellenden Warenangebot. Die früher vorhandenen Lebensmittelgeschäfte in der Luppachstraße und Gartenstraße sind im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung abgemeldet. Die vorhandenen Bäckereien und die vorhandene Metzgerei gewährleisten die erforderliche Grundversorgung mit Lebensmitteln nicht. Es fehlt ferner eine Grundversorgung mit Drogerieartikeln. Der Drogeriemarkt in der Luppachstraße ist im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung nicht mehr in Betrieb. Das Angebot der Apotheke in der Bahnhofstraße reicht für eine Grundversorgung mit Drogerieartikeln nicht aus.
49 
Bei den entlang der Reutlinger Straße/L 384 angesiedelten und durch diese Straße voneinander getrennten Einzelhandelsbetrieben handelt es sich nicht um Einzelhandelsbetriebe in integrierter Lage, sondern um isolierte Standorte. Selbst wenn insoweit eine integrierte Lage vorläge, fehlt es jedenfalls an einem Angebot, das eine Grundversorgung mit Drogerieartikeln sicherstellt.
50 
Da es somit bereits an zentralen Versorgungsbereichen in Gomaringen, Dußlingen und Nehren fehlt, kommt es nicht darauf an, ob von dem Bauvorhaben der Klägerin schädliche Auswirkungen im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB ausgehen. Damit kann auch dahinstehen, wie es sich rechtlich auswirkt, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ihren Bauantrag hinsichtlich des Sortiments Schreibwaren auf eine Verkaufsfläche von 25 m2 beschränkt hat, die Änderungsbaugenehmigung vom 29.04.2008 jedoch keine solche Beschränkung der Verkaufsfläche enthält.
51 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
52 
Beschluss vom 12. April 2012
53 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG auf 3.750 EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung in erster Instanz unter Berücksichtigung der Beschränkung der Berufung und Begrenzung des Interesses der Klägerin auf ein Schreibwarenangebot mit 25 m2 Verkaufsfläche sowie in Anlehnung an Nr. 9.1.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
54 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
26 
1. Das Berufungsverfahren ist nicht gem. § 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO teilweise einzustellen, soweit der Beklagte die Berufung auf die Aufhebung der Nebenbestimmung Nr. 27 in Bezug auf Spielwaren beschränkt hat. Hierin liegt keine teilweise Rücknahme der Berufung.
27 
Zwar hat der Beklagte in der Berufungsschrift ohne Einschränkung erklärt, Berufung einzulegen. Der später in der Berufungsbegründung gestellte einschränkende Antrag stellt jedoch keine teilweise Berufungsrücknahme dar. Gem. § 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO muss die Berufung nur das angefochtene Urteil bezeichnen. Erst die Berufungsbegründung muss einen bestimmten Antrag sowie die Berufungsgründe enthalten (vgl. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO). Das Gesetz verlangt vom Berufungsführer erst bei Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eine verbindliche Entscheidung, welches - im Antrag konkret bestimmte - Ziel er mit seinem Rechtsmittel verfolgen will. Es wäre widersprüchlich, die ohne bestimmten Antrag eingelegte Berufung bereits als umfassendes Rechtsmittel zu bewerten und den Berufungsführer daran festzuhalten (ebenso BVerwG, Urteil vom 20.06.1991 - 3 C 6/89 - NJW 1992, 703 ; BGH, Beschluss vom 12.05.1989 - IVb ZB 25/89 - FamRZ 1989, 1064 ; a. A. BSG, Urteil vom 16.03.1971 - 10 RV 207/69 - juris § 164 abs. 2 satz 1 sgg a. f., wonach im sozialgerichtlichen verfahren bereits die revisionsschrift einen bestimmten antrag enthalten musste>). Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem Fall, in dem ein bereits gem. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO gestellter Berufungsantrag nachträglich beschränkt und damit die Berufung teilweise zurückgenommen wird (vgl. Happ, in: Eyermann/Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl. 2010, § 126, Rn. 1b; Redeker, in: Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Aufl. 2010, § 126, Rn. 3 mit Verweis auf Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl. 2010, § 124a, Rn. 37).
28 
2. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Beklagte hat die Berufung entsprechend den Vorgaben des § 124a Abs. 2 VwGO eingelegt und in Übereinstimmung mit § 124a Abs. 3 VwGO begründet.
29 
3. Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Beschränkung des Randsortiments in der Nebenbestimmung Nr. 27 zur Änderungsbaugenehmigung des Landratsamts Tübingen vom 29.04.2008 in Bezug auf Schreibwaren und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.10.2008 zu Recht aufgehoben.
30 
a) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 22.11.2000 - 11 C 2.00 -, BVerwGE 112, 221 m.w.N.) angenommen, dass die Klage als Anfechtungsklage statthaft und auch sonst zulässig ist. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Gliederungsabschnitt I. des Urteils vom 21.10.2010 und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 130b Satz 2 VwGO).
31 
b) Die Klage ist in dem im Berufungsverfahren noch zur Prüfung stehenden Umfang begründet. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung ist die Beschränkung des Randsortiments in der Nebenbestimmung Nr. 27 zur Änderungsbaugenehmigung vom 29.04.2008 in Bezug auf Schreibwaren rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, so dass die Änderungsbaugenehmigung und der Widerspruchsbescheid insoweit zu Recht aufgehoben wurden (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
32 
Rechtsgrundlage der Beschränkung des Randsortiments in der Nebenbestimmung Nr. 27 der Änderungsbaugenehmigung in Bezug auf Schreibwaren ist § 36 Abs. 1 LVwVfG. Entgegen der Vorgabe des § 36 Abs. 1 LVwVfG wird durch die Nebenbestimmung Nr. 27 in Bezug auf Schreibwaren aber nicht sichergestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Änderungsbaugenehmigung erfüllt werden. Die Änderungsbaugenehmigung ist gem. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Der Erteilung der beantragten Änderungsbaugenehmigung ohne die genannte Nebenbestimmung steht insbesondere nicht die Vorschrift des § 34 Abs. 3 BauGB entgegen. Von dem Bauvorhaben sind keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten.
33 
Zur Überzeugung des Senats fehlt es bereits an einem zentralen Versorgungsbereich in den insoweit allein in Betracht kommenden Gemeinden Gomaringen, Dußlingen und Nehren.
34 
aa) Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 14.12.2011 (- 8 S 1438/09 - juris) ausgeführt hat, sind zentrale Versorgungsbereiche im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen - häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote - eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 - BVerwGE 129, 307 = NVwZ 2008, 308). Entscheidend ist, dass der Versorgungsbereich nach Lage, Art und Zweckbestimmung eine für die Versorgung der Bevölkerung in einem bestimmten Einzugsbereich zentrale Funktion hat, wobei zentral nicht geografisch im Sinne einer Innenstadtlage oder Ortsmitte, sondern funktional zu verstehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2009 - 4 C 2.08 - BVerwGE 136, 10 = NVwZ 2010, 590; vgl. auch Beschluss vom 20.11.2006 - 4 B 50.06 - BRS 70 Nr. 114). Weiter setzt ein zentraler Versorgungsbereich im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB eine integrierte Lage voraus, so dass isolierte Standorte mit einzelnen Einzelhandelsbetrieben auch dann keinen zentralen Versorgungsbereich bilden, wenn sie über einen weiten Einzugsbereich verfügen und eine beachtliche Versorgungsfunktion erfüllen mögen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2009, a.a.O.).
35 
Ein zentraler Versorgungsbereich setzt keinen übergemeindlichen Einzugsbereich voraus. Auch ein Bereich, der auf die Grund- und Nahversorgung eines bestimmten örtlich begrenzten Einzugsbereichs zugeschnitten ist, kann eine zentrale Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus wahrnehmen. Der Zweck des Versorgungsbereichs besteht in diesem Fall in der Sicherstellung einer wohnortnahen Grundversorgung der im Einzugsbereich lebenden Bevölkerung. Ein zentraler Versorgungsbereich muss jedoch einen gewissen, über seine eigenen Grenzen hinaus reichenden räumlichen Einzugsbereich mit städtebaulichem Gewicht haben und damit über den unmittelbaren Nahbereich hinaus wirken. Ob dies der Fall ist, hängt wiederum von Struktur und Größe der Gemeinde ab (vgl. - zum gesamten Absatz - BVerwG, Urteil vom 17.12.2009, a.a.O.).
36 
Die für einen zentralen Versorgungsbereich in ländlichen Gemeinden (Grund- und Nahversorgungszentrum) zumindest erforderliche Sicherstellung einer wohnortnahen Grundversorgung setzt ein Warenangebot voraus, das den kurzfristigen Bedarf und Teile des mittelfristigen Bedarfs abdeckt (so bereits OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2006 - 7 A 964/05 - NVwZ 2007, 727, und - im Anschluss daran - OVG Niedersachsen, Beschluss vom 12.11.2007 - 1 ME 276/07 - BauR 2008, 1418). Dabei muss das Warenangebot zur Deckung des kurzfristigen Bedarfs aber nur die wesentlichen Bedürfnisse des täglichen Bedarfs befriedigen, insbesondere die Grundversorgung mit Lebensmitteln und Drogerieartikeln. Ein Angebot von Waren aller Art ist insoweit nicht erforderlich (a. A. wohl OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2006, a.a.O.).
37 
Diese Auslegung folgt aus dem Wortlaut des § 34 Abs. 3 BauGB („Versorgungsbereiche“) und dem mit dieser Vorschrift verfolgten Ziel, gewachsene städtebauliche Strukturen zu erhalten und integrierte Lagen auch im Interesse der verbrauchernahen Versorgung zu entwickeln (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 14.12.2011, a.a.O.). Von einer verbrauchernahen Versorgung kann in ländlichen Gemeinden nur gesprochen werden, wenn die wesentlichen Bedürfnisse des täglichen Bedarfs durch das vor Ort vorhandene Warenangebot abgedeckt werden. Dies sind insbesondere Lebensmittel und Drogerieartikel. Ein Angebot von Waren aller Art ist zur Grundversorgung nicht nötig und in solchen ländlichen und zumeist kleineren Gemeinden regelmäßig auch nicht möglich. Zu den zu erhaltenden städtebaulichen Strukturen gehören in den genannten Gemeinden auch die dort üblicherweise vorhandenen Einzelhandelsgeschäfte mit einem eingeschränkten Angebot zur Deckung des mittelfristigen Bedarfs. Ist mangels hinreichend breiten Warenangebots keine verbrauchernahe Versorgung gewährleistet, ist der Anwendungsbereich des § 34 Abs. 3 BauGB nicht eröffnet. Sinn und Zweck des § 34 Abs. 3 BauGB ist nicht, einzelne Betriebe vor der Ansiedlung von Konkurrenz zu schützen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2006, a.a.O.).
38 
bb) Gemessen daran ist weder in Gomaringen (ca. 10.000 Einwohner) noch in Dußlingen (ca. 5.500 Einwohner) noch in Nehren (ca. 4.000 Einwohner) ein zentraler Versorgungsbereich vorhanden.
39 
(1) In Gomaringen fehlt es an einem ausreichenden Warenangebot in integrierter Lage.
40 
Eine integrierte Lage weisen nur die Einzelhandelsgeschäfte auf, die sich im Bereich der Lindenstraße und Bahnhofstraße, gegebenenfalls auch der Tübinger Straße und Hinterweilerstraße befinden. Die Einzelhandelsgeschäfte in den Gewerbegebieten am nordöstlichen und südwestlichen Ortsrand befinden sich dagegen an isolierten Standorten. Dies entspricht auch der vom Vertreter des Beklagten in der Berufungsverhandlung vertretenen Ansicht, der Einschätzung der ... GmbH in ihrer Untersuchung vom April 2008 sowie der Beurteilung des Verwaltungsgerichts.
41 
Von den in der genannten integrierten Lage ansässigen Einzelhandelsgeschäften werden Lebensmittel nur vom Geschäft ... ... angeboten, dessen Warenangebot für eine Grundversorgung mit Lebensmitteln jedoch nicht ausreichend ist. Der Senat lässt die Beantwortung der Frage dahinstehen, ob sich dies bereits daraus ergibt, dass das Angebot des Geschäfts wohl beschränkt ist, insbesondere ein ausreichendes Angebot an Getränken wie z. B. Mineralwasser fehlen dürfte. Jedenfalls ist eine Grundversorgung deshalb nicht gewährleistet, weil das Geschäft nur sehr eingeschränkte Öffnungszeiten hat. Ausweislich des den Beteiligten bekannten Internetauftritts des Geschäfts ist dieses nur donnerstags bis samstags geöffnet. Die Deckung eines kurzfristig entstandenen Lebensmittelbedarfs ist damit montags bis mittwochs ausgeschlossen. Die Öffnungszeiten schränken auch die Versorgung mit leicht verderblichen Lebensmitteln ein. Von einer ausreichenden Deckung des „täglichen“ Bedarfs kann deshalb nicht mehr gesprochen werden.
42 
In integrierter Lage ist ferner keine Grundversorgung mit Drogerieartikeln sichergestellt. Der Drogeriemarkt in der Bahnhofstraße ist im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung nicht mehr in Betrieb. Das Angebot der in integrierter Lage ansässigen Apotheken reicht nach allgemeiner Lebenserfahrung für eine Grundversorgung mit Drogerieartikeln nicht aus.
43 
(2) Die in Dußlingen vorhandenen Einzelhandelsnutzungen befinden sich nicht in integrierter Lage.
44 
Für eine integrierte Lage der beiden Geschäfte in der Bundachstraße und der Hallstattstraße ist nichts ersichtlich. Auch die entlang der Uffhofenstraße und der Wilhelm-Herter-Straße vorhandenen Einzelhandelsgeschäfte bilden keinen räumlich abgrenzbaren Bereich, sondern eine bloße Agglomeration. Die Geschäfte befinden sich nicht mehr in fußläufiger Entfernung voneinander und werden durch den Fluss Steinlach und die B 27 zusätzlich voneinander getrennt. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts sind - anders als bei den Feststellungen zu Gomaringen - keine Parkplätze, Plätze, Hotels oder der ärztlichen oder sozialen Versorgung dienende Einrichtungen vorhanden, die als Annexe eines zentralen Versorgungsbereichs zu sehen wären. Gegen das Vorhandensein eines räumlich abgrenzbaren Bereichs mit Einzelhandelsnutzungen spricht auch, dass die Gemeinde Dußlingen eine neu zu schaffende Ortsmitte im Bereich der B 27-Kreuzung plant und somit selbst davon ausgeht, dass bislang keine geografische Ortsmitte und damit wohl auch keine integrierte Lage existiert. Auch der Vertreter des Beklagten hielt es in der Berufungsverhandlung für schwierig, in Dußlingen eine integrierte Lage zu definieren.
45 
Selbst wenn sich die insoweit allein in Betracht kommenden Einzelhandelsnutzungen entlang der Uffhofenstraße und der Wilhelm-Herter-Straße in integrierter Lage befänden, läge kein zentraler Versorgungsbereich vor. Insoweit ist die Grundversorgung mit Lebensmitteln nicht sichergestellt. Das einzige Lebensmittel anbietende Geschäft - das Geschäft ... in der Uffhofenstraße - hat nur ein eingeschränktes Angebot und eingeschränkte Öffnungszeiten. Ausweislich seiner zum Gegenstand der Berufungsverhandlung gemachten Werbung ist das Geschäft dienstags (9:00 bis 12:30 Uhr), donnerstags (9:00 bis 12:30 Uhr, 15:00 bis 18:30 Uhr) und freitags (9:00 bis 12:30 Uhr) geöffnet und werden Biolandgemüse aus eigenem Anbau, Naturkostwaren sowie Fruchtsäfte angeboten. Das Geschäft ... wird im Gutachten der ... GmbH auch nicht als ein in Dußlingen vorhandenes Lebensmittelgeschäft erwähnt.
46 
Rechtlich irrelevant in diesem Zusammenhang ist, dass die Gemeinde Dußlingen Haushaltsbefragungen mit der Zielsetzung in Auftrag gegeben hat, in der neu zu schaffenden Ortsmitte im Bereich der bisherigen B 27-Kreuzung einen tragfähigen Sortimentsmix zu bedienen. Denn etwaige Planungen zu einem zentralen Versorgungsbereich sind jedenfalls noch nicht verwirklicht (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 14.12.2011, a.a.O.).
47 
(3) Schließlich fehlt es auch in Nehren an einem ausreichenden Warenangebot in integrierter Lage.
48 
Sollten sich die Einzelhandelsnutzungen im Bereich der Kreuzung Luppachstraße/Wertstraße und Hauptstraße in integrierter Lage befinden, fehlt es an einem die Grundversorgung mit Lebensmitteln sicherstellenden Warenangebot. Die früher vorhandenen Lebensmittelgeschäfte in der Luppachstraße und Gartenstraße sind im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung abgemeldet. Die vorhandenen Bäckereien und die vorhandene Metzgerei gewährleisten die erforderliche Grundversorgung mit Lebensmitteln nicht. Es fehlt ferner eine Grundversorgung mit Drogerieartikeln. Der Drogeriemarkt in der Luppachstraße ist im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung nicht mehr in Betrieb. Das Angebot der Apotheke in der Bahnhofstraße reicht für eine Grundversorgung mit Drogerieartikeln nicht aus.
49 
Bei den entlang der Reutlinger Straße/L 384 angesiedelten und durch diese Straße voneinander getrennten Einzelhandelsbetrieben handelt es sich nicht um Einzelhandelsbetriebe in integrierter Lage, sondern um isolierte Standorte. Selbst wenn insoweit eine integrierte Lage vorläge, fehlt es jedenfalls an einem Angebot, das eine Grundversorgung mit Drogerieartikeln sicherstellt.
50 
Da es somit bereits an zentralen Versorgungsbereichen in Gomaringen, Dußlingen und Nehren fehlt, kommt es nicht darauf an, ob von dem Bauvorhaben der Klägerin schädliche Auswirkungen im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB ausgehen. Damit kann auch dahinstehen, wie es sich rechtlich auswirkt, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ihren Bauantrag hinsichtlich des Sortiments Schreibwaren auf eine Verkaufsfläche von 25 m2 beschränkt hat, die Änderungsbaugenehmigung vom 29.04.2008 jedoch keine solche Beschränkung der Verkaufsfläche enthält.
51 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
52 
Beschluss vom 12. April 2012
53 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG auf 3.750 EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung in erster Instanz unter Berücksichtigung der Beschränkung der Berufung und Begrenzung des Interesses der Klägerin auf ein Schreibwarenangebot mit 25 m2 Verkaufsfläche sowie in Anlehnung an Nr. 9.1.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
54 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Von Zielen der Raumordnung können im Raumordnungsplan Ausnahmen festgelegt werden.

(2) Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsberechtigt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts, die das Ziel, von dem eine Abweichung zugelassen werden soll, nach § 4 zu beachten haben.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.