Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 17. Mai 2017 - 2 K 56/15

ECLI: ECLI:DE:OVGST:2017:0517.2K56.15.0A
published on 17/05/2017 00:00
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 17. Mai 2017 - 2 K 56/15
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Gericht

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Tatbestand

1

Die Antragstellerin, eine dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld angehörende, aus mehreren Ortschaften bestehende Einheitsgemeinde mit derzeit ca. 15.000 Einwohnern, wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen den sachlichen Teilplan "Daseinsvorsorge – Ausweisung der Grundzentren in der Planungsregion D.", (nachfolgend: TP-D), weil er die Antragstellerin nicht als Grundzentrum festlegt.

2

Die am 12.03.2011 in Kraft getretene und derzeit weiterhin geltende Verordnung über den Landesentwicklungsplan Sachsen-Anhalt 2010 vom 16.02.2011 (LEP LSA 2010) enthält in Kapitel 2.1 zu den Zentralen Orten im Land Sachsen-Anhalt zu den Grundzentren folgende Ziele der Raumordnung:

3

Z 35

4

Grundzentren sind als Standorte zur Konzentration von Einrichtungen der überörtlichen Grundversorgung mit Gütern und Dienstleistungen sowie der gewerblichen Wirtschaft zu sichern und zu entwickeln. Sie sind in das Netz des Öffentlichen Personennahverkehrs einzubinden.

5

Z 39

6

Grundzentren sind in den Regionalen Entwicklungsplänen unter Zugrundelegung folgender Kriterien festzulegen:

7
Der im Zusammenhang bebaute Ortsteil als zentrales Siedlungsgebiet einer Gemeinde einschließlich seiner Erweiterungen im Rahmen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung soll in der Regel über mindestens 3.000 Einwohner verfügen.
8
Der Versorgungsbereich soll darüber hinaus in der Regel mindestens 9.000 Einwohner umfassen.
9
Die Erreichbarkeit durch die Bevölkerung des Versorgungsbereiches ist in der Regel in 15 Minuten PKW-Fahrzeit zu gewährleisten.
10

In dünn besiedelten Räumen gemäß § 2a Nr. 3d) Zweites Gesetz zur Änderung des Landesplanungsgesetzes (GVBI. LSA 2007 S. 466) kann von den Kriterien abgewichen werden, wenn Erreichbarkeit und Tragfähigkeit nicht in Übereinstimmung zu bringen sind. Dieses ist im Einzelfall zu begründen, wobei der Erreichbarkeit das höhere Gewicht beizumessen ist, um gleichwertige Lebensbedingungen auch im ländlichen Raum mit geringer Siedlungs- und Einwohnerdichte sicherstellen zu können.

11

Im Rahmen des Aufstellungsverfahrens zum Regionalen Entwicklungsplan soll mit den Kommunen, in denen ein Zentraler Ort festgelegt wird, dieser im Einvernehmen mit ihnen räumlich abgegrenzt werden.

12

Begründung:

13

Die Grundzentren haben den Versorgungsauftrag für die allgemeine tägliche Grundversorgung ihres Verflechtungsbereiches (in der Regel mindestens 12 000 Einwohner). Um diesen Auftrag erfüllen zu können, sollen sie über ein Eigenpotenzial an Einwohnern im Zentralen Ort und Versorgungseinrichtungen der schulischen, medizinischen und sozialen Grundversorgung verfügen. Es ist Aufgabe, die Voraussetzungen einer ausreichenden, kostengünstigen und möglichst wohnortnahen Grundversorgung, auch bei abnehmender Bevölkerungszahl und großmaschiger Siedlungsstruktur, zu verbessern und zu sichern.

14

Die Möglichkeiten, die Tragfähigkeit der Versorgungsstrukturen durch Anpassung von Standort und Angebotsstrukturen und deren Erreichbarkeit für alle Bevölkerungsgruppen zu sichern, können es erfordern, dass von den Kriterien im begründeten Einzelfall abgewichen wird.

15

Grundzentrum ist jeweils der im Zusammenhang bebaute Ortsteil als zentrales Siedlungsgebiet der Gemeinde einschließlich seiner Erweiterungen im Rahmen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Die räumliche Abgrenzung soll durch die Regionalplanung im Einvernehmen mit den Gemeinden vorgenommen werden. Im Falle, dass das Eivernehmen nicht hergestellt werden kann, hört die oberste Landesplanungsbehörde die Beteiligten an. Kann auch hier keine Einigung erzielt werden, nimmt der Träger der Planung die räumliche Abgrenzung vor.

16

Die räumliche Abgrenzung der Grundzentren ist entsprechend der Planungsebene eine generalisierte Festlegung, die durch die Städte im Rahmen der Flächennutzungsplanung nach innen präzisiert werden kann.

17

Am 16.11.2011 beschloss die Antragsgegnerin, das Aufstellungsverfahren für den TP-D einzuleiten (Beschluss 10/2011). Mit Schreiben vom 10.01.2012 gab sie die allgemeine Planungsabsicht bekannt und führte u.a. aus, der Teilplan solle Festlegungen zur Entwicklung der Siedlungsstruktur (u.a. räumliche Abgrenzung der Mittelzentren, Festlegung und räumliche Abgrenzung der Grundzentren) sowie zur Sicherung und Entwicklung der Daseinsvorsorge gemäß Kap. 2.2 LEP LSA 2010 enthalten.

18

Am 16.03.2012 beschloss die Antragsgegnerin die Ergänzung des Beschlusses 10/2011 dergestalt, dass für die Planungsregion die Ortsteile C., G., A. und Z. auch künftig als sichere Grundzentren gelten, während für andere Orte, zu denen auch die Ortsteile S. und B. der Antragstellerin gehörten, vertiefende Untersuchungen erforderlich seien.

19

Mit Beschluss vom 01.03.2013 beauftragte die Regionalversammlung der Antragsgegnerin deren Geschäftsstelle mit der Erarbeitung des ersten Entwurfs des TP-D "entsprechend der heutigen Festlegungen". Eine zusammenfassende "Dokumentation des Planungsvorgangs" zum Teilplan mit Stand vom 04.02.2013 war der Beschlussvorlage beigefügt. Darin heißt es in Abschnitt 5.4 "Prüfung weiterer beantragter Grundzentren" zur Antragstellerin unter Nr. 5.4.1: Das in der öffentlichen Trägerbeteiligung beantragte Grundzentrum S. befinde sich im unmittelbaren Verflechtungsbereich zum Mittelzentrum Bitterfeld-Wolfen, was aus dem inneren Einwohnerpotenzial von 30.000 Einwohnern ersichtlich sei. Der Ortsteil S. sei kein grundzentraler Versorgungskern entsprechend der festgelegten Kriterien, da der Sekundarschulstandort fehle. Die Festlegung eines Grundzentrums bringe keine Verbesserung der Erreichbarkeit für die Einwohner der Region. B. liege im Verflechtungsbereich von Bitterfeld-Wolfen, L. und D., erreiche keine Tragfähigkeitskriterien des LEP LSA 2010 und erbringe keine Verbesserung für die Erreichbarkeit. B. sei kein grundzentraler Versorgungskern entsprechend der festgelegten Kriterien, da der Sekundarschulstandort fehle. Aufgrund seiner Lage an der BAB A 9 und der B 100 solle B. künftig als regional bedeutsamer Standort für Industrie und Gewerbe im Regionalen Entwicklungsplan Berücksichtigung finden.

20

Am 12.04.2013 beschloss die Antragsgegnerin den ersten Entwurf des TP-D, in welchem weder die Antragstellerin noch ihre beiden Ortsteile S. und B. als Grundzentrum festgelegt wurden. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, nach der Begründung zu Ziel Z 35 des LEP LSA 2010 seien als Kriterien für die Festlegung von Grundzentren die Tragfähigkeit, Erreichbarkeit und verschiedene Ausstattungsmerkmale genannt. Das Tragfähigkeitskriterium beschreibe die Aufgabe der Grundzentren, den Grundbedarf für die Versorgung der Bevölkerung abzudecken. Typische Versorgungseinrichtungen seien u.a. Sekundarschule, Arztpraxen und Apotheke, Gemeindeverwaltung, lokale Sporteinrichtungen, Handelseinrichtungen unter 1.200 m² Geschossfläche für die Grundversorgung sowie ÖPNV-Verbindungen zum Mittelzentrum. Die Auflistung sei nicht abschließend und stelle ein ideales Mindestangebot dar. Zur Feststellung der Grundzentralität sei zunächst eine Bestandsaufnahme durchgeführt worden. Auf der Grundlage von Daten der OSM (OpenStreetMap), Bildungsserver Sachsen-Anhalt, Kassenärztlicher Vereinigung Sachsen-Anhalt und Gelbe Seiten seien die grundzentralen Infrastruktureinrichtungen kartografisch verortet und für die weiteren Berechnungen verwendet worden. Grundlage der Simulation der Erreichbarkeiten mit MIV sei eine Netzwerkanalyse des Straßennetzes, die auf OSM-Daten vom 31.07.2012 beruhe. Die rückläufigen Einwohner- und damit Nachfragerzahlen, verbunden mit geringeren finanziellen Möglichkeiten der Kommunen, erforderten eine Neustrukturierung der Grundzentren in der Planungsregion. Nach der kleinräumigen Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamtes für 2005 würden die gegenwärtig festgelegten Grundzentren zwischen 23 und 34% ihrer Einwohner verlieren. Damit habe die Gewährleistung einer nachhaltigen Tragfähigkeit der Grundzentren eine besondere Bedeutung.

21

Nachdem das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr einige Punkte des Teilplans beanstandet hatte, beschloss die Antragsgegnerin am 12.07.2013 erneut den ersten Entwurf des TP-D mit einigen – hier nicht relevanten – Änderungen. Dieser Entwurf wurde in der Zeit vom 19.08.2013 bis 20.09.2013 im Dienstgebäude der Antragsgegnerin sowie in der Stadt Dessau-Roßlau im Technischen Rathaus Roßlau sowie in der Hauptbücherei der Anhaltischen Landesbücherei ausgelegt. Die Auslegung sowie der Hinweis auf eine Äußerungsmöglichkeit bis zum 11.10.2013 wurden zuvor im Amtsblatt für die Stadt Dessau-Roßlau vom 27.07.2013, im Amtsblatt für den Landkreis Wittenberg vom 03.08.2013 sowie im Amtsblatt für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld vom 09.08.2013 öffentlich bekannt gemacht.

22

Mit Schreiben vom 19.09.2013 erhob die Antragstellerin Einwände gegen den Planentwurf. Sie beanstandete, dass sowohl der Ortsteil B., der bisher als Grundzentrum ausgewiesen worden war, als auch der Ortsteil S. nicht (mehr) als Grundzentren berücksichtigt worden seien, obwohl beide Ortsteile die raumordnungsrechtlichen Vorgaben für die Ausweisung von Grundzentren sogar übererfüllten. Die angemessene Versorgung mit Infrastrukturangeboten und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge werde sichergestellt. Bereits in einem Schreiben vom 04.12.2009 seien zahlreiche Versorgungseinrichtungen, Schulen, Kindergärten, Horte und Jugendclubs, aber auch Versorgungsbetriebe im Dienstleistungsgewerbe und der medizinischen Versorgung aufgezählt worden. Zusätzlich sei mit der Gründung der neuen Stadt C. am 01.07.2009 und der damit verbundenen Festlegung, dass der Hauptverwaltungssitz am Standort S. eingerichtet werde, ein neuer wichtiger Schwerpunkt im Verflechtungsbereich der Bevölkerung aller neun Ortsteile geschaffen worden. Die angeführte räumliche Nähe zum Mittelzentrum Bitterfeld-Wolfen sei unbeachtlich, da die bei ihr vorhandene gute Infrastruktur einen eigenen großen Zulauf von Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und älteren Menschen aus der gesamten Region in die Versorgungseinrichtungen besitze. Die Größe des Versorgungsbereichs erfülle ohne weiteres die raumordnungsrechtlich festgelegten Vorgaben. Aufgrund der räumlich eng beieinander liegenden Ortschaften sei die Erreichbarkeit des Versorgungsbereichs innerhalb der Stadt durch die umliegende Bevölkerung innerhalb von 15 Minuten Fahrzeit für PKW gewährleistet. S. verfüge auch über ein eigenes starkes überregionales Sport-, Vereins- und Freizeitangebot und bilde mit zahlreichen Veranstaltungen ein Zentrum für die gesamte Region sowie darüber hinaus. Allein im Sport- und Freizeitzentrum S. befinde sich eine Mehrzweckhalle für ca. 300 Zuschauer und eine Ballsporthalle für ca. 1.100 Zuschauer (größte Halle des Landkreises Anhalt-Bitterfeld) mit integriertem Gymnastiksaal für den Breiten- und Freizeitsport. Darüber hinaus halte sie fünf Sportplätze und ein Stadion mit einer Kapazität von ca. 10.000 Zuschauern vor. Die Vielfalt der angebotenen Sportarten zeige eindrucksvoll die zentrale sportliche Bedeutung in der Region. Die erste Männermannschaft der SG Union S. spiele im Nordostdeutschen Fußballverband in der Oberliga. Die S. Basketballer spielten in der 2. Bundesliga Pro B, und auch die Keglerinnen spielten in der Bundesliga. Alle übrigen Mannschaften spielten in den höchsten Spielklassen der Verbands- und Landesligen in Sachsen-Anhalt. Zudem sei S. anerkannter Stützpunkt des Deutschen Fußballbundes für die Nachwuchsmannschaften des Landkreises Anhalt-Bitterfeld. Auf ihrem Gebiet seien weit mehr als 30 Vereine ansässig, darunter vier sehr aktive überregional bekannte Karnevalvereine. Neben zahlreichen Freizeitangeboten verfüge sie über ein Freibad mit Campingplatz, das zugleich bei Campern aus der gesamten Metropolregion Leipzig-Halle überregionale Bedeutung habe. Eine umfassende medizinische Versorgung in S. sei durch 7 Allgemeinmediziner, 7 Zahnärzte, 1 Facharzt für Innere Medizin, 1 Gynäkologe, 2 Tierärzte, 4 Physiotherapeuten und 6 Apotheken mehr als gesichert. Die hervorragende verkehrstechnische Anbindung an die Bundesautobahn A 9 sowie an die Bundesstraßen B 100 und B 183 machten S. und B. mit ihren Gewerbe- und Industriegebieten zu einem überragenden Arbeitsplatzzentrum. Darüber hinaus sei sie an den öffentlichen Nahverkehr des Landkreises Anhalt-Bitterfeld angeschlossen. Damit sei die Anbindung an das Schienennetz der Deutschen Bahn in Richtung Berlin und Leipzig/Halle gegeben. Ca. 3.000 regionale und überregionale Arbeitskräfte seien allein in den vier Gewerbe- und Industriegebieten beschäftigt. Neben kleinen und mittleren Gewerbe-, Handwerks- und Industriegebieten hätten sich auch größere Betriebe, z.B. ein Pharmaunternehmen, ein Stahlbaubetrieb sowie ein Betrieb für Tiefkühlbackwaren, angesiedelt. Am Standort arbeiteten Unternehmen mit hochqualifizierten Fachkräften, die sich auf Prüf- und Forschungsdienstleistungen spezialisiert hätten. Neben dem bestehenden Gewerbegebiet "An der Hermine" sei mit Fördermitteln der EU, des Bundes und des Landes Sachsen-Anhalt ein ca. 200 ha großes neues Gewerbe- und Industriegebiet für weitere zahlreiche Unternehmensansiedlungen erschlossen worden. Die Wirtschaftsstandorte S. und B. besäßen überregionale Bedeutung in der Metropolregion Leipzig-Halle und würden von Seiten der Landesregierung mit hoher Priorität für die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Landes Sachsen-Anhalt eingestuft.

23

Im Abwägungsvorschlag, den die Regionalversammlung am 07.02.2014 billigte, wurde zu den Einwänden der Antragstellerin ausgeführt (Bl. 17 der Abwägungstabelle): Der Planansatz, S. oder B. als Grundzentrum auszuweisen, sei Inhalt der Planerarbeitung gewesen und in der Regionalversammlung behandelt worden. Im Planungsprozess sei durch die Regionalversammlung auch darauf verzichtet worden, weitere Grundzentren als im Entwurf ausgeführt auszuweisen. Beide Ortsteile befänden sich im Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Bitterfeld-Wolfen. Daher sei eine Festlegung wegen Erreichbarkeitsdefiziten nicht erforderlich. Es werde empfohlen, in der Bauleitplanung Leitbilder zu entwickeln und entsprechende Funktionszuweisungen für die Ortsteile vorzunehmen. Die Prüfung für den Ortsteil B. sei erfolgt und werde ergänzend in der Dokumentation des Planungsvorgangs dokumentiert. B. erfülle die Kriterien für Grundzentren nicht. Die Festlegung von regional bedeutsamen Standorten für Industrie und Gewerbe sei Bestandteil der Aufstellung des Regionalen Entwicklungsplans vom 20.09.2013.

24

Am 27.03.2014 beschloss die Antragsgegnerin den TP-D, ohne die Antragstellerin oder ihre Ortsteile S. und B. als Grundzentrum festzulegen. Mit Bescheid vom 23.06.2014 genehmigte das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr Sachsen-Anhalt den Teilplan, der im Amtsblatt für den Landkreis Wittenberg vom 19.07.2014, dem Amtsblatt für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld vom 25.07.2014 sowie im Amtsblatt der Stadt Dessau-Roßlau vom 26.07.2014 bekannt gemacht wurde.

25

Am 20.05.2015 hat die Antragstellerin beim erkennenden Gericht das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor:

26

Sie sei antragsbefugt. Der streitgegenständliche Plan sei eine im Rang unter dem Landesrecht stehende Rechtsvorschrift. Er habe, soweit er die in der Planungsregion liegenden Kommunen in das Zentrale-Orte-System einstufe, nach den Vorschriften des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) unmittelbare Folgen für ihre Finanzausstattung. Außerdem würden in Förderprogrammen regelmäßig Ober- und Grundzentren bevorzugt. Die faktische Aberkennung des bisherigen Status als Grundzentrum bedeute somit für sie eine direkte Benachteiligung.

27

Ihre Ortsteile B. und S. erfüllten jeder für sich genommen die an ein Grundzentrum zu stellenden Voraussetzungen. Zwar habe die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Auswahl von Grundzentren zunächst vertiefende Untersuchungen für erforderlich gehalten. Aus dem Verwaltungsvorgang gehe aber nicht hervor, ob in der Folgezeit und ggf. mit welchen Ergebnissen die Antragsgegnerin solche Untersuchungen durchgeführt habe. Soweit sie später ohne nähere Begründung zu dem Ergebnis gekommen sei, die beiden Ortsteile erfüllten nicht die Kriterien für ein Grundzentrum, lägen zudem im Verflechtungsbereich von Bitterfeld-Wolfen und brächten keine Verbesserung der Erreichbarkeit für die Einwohner der Region, könnten diese durch nichts unterlegten Feststellungen nicht Grundlage einer rechtmäßigen Ausübung planerischen Ermessens sein. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragsgegnerin der leistungs- und zukunftsfähigen Einheitsgemeinde jede grundzentrale Bedeutung abspreche. Mit dem raumplanerischen Ziel, gleichwertige und gesunde Lebens- und Arbeitsbedingungen in allen Landesteilen zu schaffen, lasse sich dies nicht vereinbaren. Die beiden Ortsteile S. und B. verfügten über die für Grundzentren typischen Versorgungseinrichtungen. Es fehle allein an einer Sekundarschule, die sich im ca. 5 bzw. 10 km entfernten Ortsteil R. befinde. Da auch die Schulplanung am Zentrale-Orte-System ausgerichtet sei, unterliege die Antragsgegnerin einem Zirkelschluss. Ohnehin sei das Vorhandensein einer Sekundarschule nicht das allein entscheidende Kriterium. Es ergebe sich aber auch ein Wertungswiderspruch, wenn die Antragsgegnerin einerseits darauf abstelle, den Ortsteilen S. und B. fehle eine Sekundarschule, andererseits aber die Sekundarschule im Ortsteil R. unberücksichtigt lasse. Sie könne die Antragstellerin mit ihren zahlreichen Ortsteilen nicht als einheitliche politische Gemeinde ansehen, gleichzeitig aber bemängeln, dass nicht jeder ihrer Ortsteile über die idealerweise vorhandenen Versorgungseinrichtungen verfüge.

28

Der LEP LSA 2010 sehe hinsichtlich der räumlichen Abgrenzung sowohl der Ober-, als auch der Mittelzentren vor, dass diese im Einvernehmen vorgenommen werde. Erst bei fehlendem Einvernehmen und Anhörung der Beteiligten durch die oberste Landesplanungsbehörde dürfe der Träger der Planung über die räumliche Abgrenzung entscheiden. Eine einvernehmliche Regelung gebühre auch im Zusammenhang mit der räumlichen Abgrenzung der Grundzentren der Vorzug.

29

Die Begründung zum Ziel Z 39 des LEP LSA 2010 mache deutlich, dass die Grundzentren den Versorgungsauftrag für die allgemeine tägliche Grundversorgung ihres Verflechtungsbereichs hätten. Jedenfalls mache es sich – wie im LEP LSA 2010 vorgezeichnet – erforderlich, die Begriffe "im Zusammenhang bebauter Ortsteil" und "Verflechtungsbereich" sauber zu trennen. Der Zusammenschluss zur Einheitsgemeinde im Jahre 2009 habe nichts daran geändert, dass den bisherigen Städten S. und B. weiterhin eine Versorgungsfunktion für die früher eigenständigen Gemeinden mit ihren Ortsteilen zukomme. Insofern gebe es weiterhin einen Verflechtungsbereich, der ungefähr zwischen der Autobahn A 9 im Westen, der B 183 im Norden, der B 184 im Osten und der Landesgrenze zu Sachsen im Süden liege. Es handele sich um 12 im Zusammenhang bebaute Ortsteile. Den Ortsteilen S. und B. komme für die übrigen Ortsteile eine zentrale Funktion zu.

30

Falsch seien die planerischen Erwägungen der Antragsgegnerin, dass man aus jedem zur Antragstellerin gehörenden Ortsteil mit Mitteln des öffentlichen Nahverkehrs binnen einer halben Stunde in die Zentren Bitterfeld oder Wolfen gelangen könne. In vier Ortsteilen gebe es erhebliche Erreichbarkeitsdefizite. Das 15-Minuten-Kriterium für den MIV werde nicht erfüllt. Mit dem PKW erreiche man Bitterfeld oder Wolfen von B. aus in 17 Minuten, von G. aus in 16 Minuten, von K. aus in 17 Minuten und von T. aus in 18 Minuten. Deutlich länger dauere die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Zwar seien für die schnellsten Verbindungen von K. und G. "nur" 28 bzw. 30 Minuten angegeben. Es sei aber zu berücksichtigen, dass diese Verbindungen selbst im günstigsten Fall nicht für Hin- und Rückfahrt genutzt werden könnten. Zumindest auf einer Strecke müssten die Fahrgäste auf eine längere Verbindung ausweichen, die im Falle von G. gut eine Stunde, im Falle von K. sogar gut 1½ Stunden dauern könne. Die für B. bestehenden ÖPNV-Verbindungen lägen zwischen 33 und 87 Minuten, die für T. zwischen 41 und 81 Minuten.

31

Eine Erreichbarkeit der Grundzentren Z. und L. seien irrelevant, weil diese sich nicht im Gebiet der Antragsgegnerin befänden. Es sei denkbar, dass die dafür zuständige Planungsgemeinschaft Halle bei nächster Gelegenheit ihr System der Zentralen Orte ändere.

32

Die Antragstellerin beantragt,

33

den sachlichen Teilplan der Antragsgegnerin "Daseinsvorsorge – Ausweisung von Grundzentren in der Planungsregion D." vom 27.03.2014 für unwirksam zu erklären.

34

Die Antragsgegnerin beantragt,

35

den Antrag abzulehnen.

36

Sie trägt vor: Sie habe sich bei der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange mit den Stellungnahmen und Abwägungsvorschlägen der Antragstellerin auseinandergesetzt und in öffentlicher Sitzung am 17.12.2013 die eingegangenen Anregungen und Bedenken erörtert. Da hierbei bemängelt worden sei, dass die Prüfergebnisse für die beantragten Grundzentren (u.a. B.) in den Planunterlagen nicht enthalten seien, habe sie diese Prüfung und Dokumentation in der Sitzung am 07.02.2014 eingehend behandelt. Verständlich werde der Abwägungsbeschluss vom 07.02.2014, wenn die verwendeten Planungskriterien und der Beschluss Nr. 01/2013 berücksichtigt würden. In ihrer Sitzung vom 29.11.2012 habe sie die Prüfkriterien für die Festlegung von Grundzentren erläutert. In ihrer Sitzung vom 01.03.2013 habe sie die Methodik der Planaufstellung beschlossen und die inhaltlichen Vorgaben für die Ausweisung von Grundzentren festgelegt. Auf der Grundlage dieser Kriterien und der beschlossenen Planungsmethodik habe sie geprüft und abwägend bewertet, ob die Antragstellerin als Grundzentrum einzustufen sei. Die Begründung zum Abwägungsvorschlag lege offen, welche planerischen Überlegungen sie verfolgt habe und weswegen sie der Auffassung sei, dass die Antragstellerin nicht als Grundzentrum auszuweisen sei.

37

Sie habe die räumliche Lage und Größe der einzelnen Ortsteile im Gebiet der Antragstellerin, d.h. den sehr geringen Abstand des Ortsteils B. zum Grundzentrum L. (Planungsregion Halle), zu den Mittelzentren Delitzsch (Planungsregion Leipzig-Westsachsen) und Bitterfeld-Wolfen sowie die unmittelbare Nähe des Ortsteils S. zum Mittelzentrum Bitterfeld-Wolfen in die Abwägung eingestellt. Erreichbarkeitsdefizite seien wegen der Lage der Ortsteile im engeren Verflechtungsraum der Mittelzentren Bitterfeld-Wolfen und Delitzsch sowie des Grundzentrums L. nicht zu besorgen. Die Begründung zum Ziel Z 35 im LEP LSA 2010 mit der Formulierung "in der Regel" mache deutlich, dass das Erreichbarkeitskriterium für die Bewertung des Planinhaltes herangezogen werde, aber nicht in jedem Fall vollständig erfüllt werden müsse. Für die Erreichbarkeit eines Zentralen Ortes mit dem MIV sei für keinen Ortsteil ein Erreichbarkeitsdefizit festzustellen.

38

Infolge ihrer Lage besäßen die Ortsteile S. und B. nicht die Funktion, eine gerade auch überörtliche Grundversorgung mit Gütern und Dienstleistungen zu sichern und zu entwickeln. Vielmehr drohe bei einer Festsetzung der Ortsteile als Grundzentren durch die Ansiedlung großflächigen Einzelhandels für die Grundversorgung gemäß Ziel Z52 des LEP LSA 2010 in diesen Ortsteilen die Mittelzentrumsfunktion von Bitterfeld-Wolfen gefährdet zu werden. Die Ortsteile lägen in der Versorgungsregion, die hauptsächlich von dem Mittelzentrum Bitterfeld-Wolfen abgedeckt werde. Bei einer Erörterung des Plans mit der obersten Landesplanungsbehörde sei zudem festgestellt worden, dass der Teilplan bei Festlegung der Antragstellerin als Grundzentrum nicht genehmigungsfähig sei. Bei der Einstufung sei auch zu berücksichtigen, dass die Zielbestimmung nur die Grundversorgungsfunktion der Grundzentren hinsichtlich der Daseinsvorsorge betreffe. Die wirtschaftliche Funktion der Ortsteile der Antragstellerin schlage sich hingegen bei der Ausweisung der Standorte für Industrie und Gewerbe nieder. Im Planentwurf des Regionalen Entwicklungsplans seien die beiden Ortsteile im Ziel Z 1 als Vorrangstandorte für landesbedeutsame Vorrangstandorte für Industrie- und Gewerbeflächen, im Ziel Z 2 als regional bedeutsame Standorte für Industrie und Gewerbe ausgewiesen und im Ziel Z 10 als regional bedeutsame Vorrangstandorte für Logistik festgelegt. Sie habe damit erkannt, welche Bedeutung die Ortsteile für die Raumordnung in der Planungsregion besäßen. Diese Bedeutung fordere aber nicht die Festlegung der Ortsteile als Grundzentren.

39

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe

40

I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

41

1. Der Antrag ist statthaft. Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit von anderen als den in Nr. 1 genannten, im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, soweit das Landesrecht dies bestimmt. Eine solche Bestimmung hat der sachsen-anhaltinische Gesetzgeber in § 10 des Ausführungsgesetzes zur VwGO getroffen.

42

In einem Regionalplan enthaltene Ziele der Raumordnung sind Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO; sie können vom Zieladressaten zum Gegenstand einer Normenkontrolle gemacht werden, auch wenn der Landesgesetzgeber für den Regionalplan keine Rechtssatzform vorgibt (BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 – BVerwG 4 CN 6.03 –, BVerwGE 119, 217 [220 f.], RdNr. 25 in juris, m.w.N.). Der Bundesgesetzgeber umschreibt den Begriff der Ziele in § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG einheitlich für die Raumordnung im Bund und in den Ländern. Danach handelt es sich um verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Ziele der Raumordnung sind – anders als Grundsätze der Raumordnung – nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich (BVerwG, Urt. v. 16.12.2010 – BVerwG 4 C 8.10 –, BVerwGE 138, 301 [303], RdNr. 7 in juris).

43

Auch der hier angegriffene sachliche Teilplan enthält eine Reihe von Zielen der Raumordnung, die nicht bereits im LEP LSA 2010 normiert sind. Dies gilt insbesondere für die hier in Rede stehende Festlegung von Grundzentren in dem als Ziel 3 formulierten Abschnitt. Die insoweit getroffenen Festlegungen, die nach § 8 Abs. 5 Nr. 1 Buchstabe b) ROG i.V.m. § 6 Abs. 3 Nr. 1 LPlG LSA und dem Ziel Z 39 des LEP LSA 2010 in die Regionalen Entwicklungspläne aufzunehmen sind, handelt es sich um verbindliche, abschließend abgewogene Festlegungen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Der Umstand, dass der Teilplan auch Grundsätze der Raumordnung enthält, die keine Rechtsvorschriften darstellen, soweit sie – wie hier – nicht förmlich als Rechtsverordnung oder Satzung beschlossen oder für verbindlich erklärt worden sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.06.2009 – BVerwG 4 BN 10.09 –, NVwZ 2009, 1226, RdNr. 6), steht der Statthaftigkeit des Antrags nicht entgegen. Die Frage, ob die Antragstellerin nur ihre Rechte verletzende Ziele der Raumordnung oder den Regionalplan insgesamt angreifen kann, betrifft die Teilbarkeit des Plans, die im Rahmen der Antragsbefugnis zu prüfen ist.

44

2. Die Antragstellerin ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Sie kann geltend machen, durch den angegriffenen Teilplan in eigenen Rechten verletzt zu sein.

45

Eine Gemeinde kann die Prüfung der Gültigkeit einer von ihr zwar nicht erlassenen, aber in ihrem Gebiet geltenden Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO stets beantragen, wenn sie die Vorschrift als Behörde zu beachten hat; ihre Antragsbefugnis ist nicht davon abhängig, dass die zu beachtende Rechtsvorschrift die Gemeinde in ihrem Recht auf Selbstverwaltung konkret beeinträchtigt (BVerwG, Beschl. v. 15.03.1989 – BVerwG 4 NB 10.88 –, BVerwGE 81, 307 [309], RdNr. 11 in juris). Das im TP-D festgelegte Ziel der Raumordnung, nur bestimmte Orte als Grundzentren auszuweisen, das gemäß § 2b Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 LPlG LSA als bindende Zielfestlegung im Sinne des Raumordnungsrechts gestaltet ist, hat die Antragstellerin gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ROG und § 1 Abs. 4 BauGB bei ihren Planungen zu beachten (vgl. Urt. d. Senats v. 15.05.2014 – 2 K 36/12 –, juris, RdNr. 71). So dürfen etwa nach dem Ziel Z 52 des LEP LSA 2010 Sondergebiete für Einzelhandelsbetriebe nur in Zentralen Orten ausgewiesen werden. Die (Nicht-)Ausweisung als Grundzentrum hat zudem Auswirkungen auf die finanzielle Förderung der Gemeinden. Gemäß § 2a Nr. 3 e) LPlG LSA (nunmehr § 4 Nr. 3 e) LEntwG) sind die Zentralen Orte entsprechend ihrer Funktionen besonders zu fördern (vgl. Urt. d. Senats v. 15.05.2014 – 2 K 54/12 –, juris, RdNr. 61).

46

Die Antragsbefugnis besteht für den Teilplan insgesamt. Kann ein Antragsteller geltend machen, durch Festsetzungen eines Plans in eigenen Rechten verletzt zu sein, darf der Normenkontrollantrag grundsätzlich nicht deshalb als teilweise unzulässig verworfen werden, weil der Plan nur für teilunwirksam zu erklären ist; der Antragsteller wäre regelmäßig überfordert, müsste er das einem Plan zugrunde liegende Gesamtkonzept nachvollziehen und daraus Erkenntnisse für die Abhängigkeit einzelner Festsetzungen voneinander bzw. über deren objektive Trennbarkeit und den für die Teilbarkeit ebenfalls erheblichen hypothetischen Willen des Plangebers gewinnen (vgl. zum Bebauungsplan: BVerwG, Urt. v. 09.04.2008 – BVerwG 4 CN 1.07 –, BVerwGE 131, 100 [102], RdNr. 13 in juris, m.w.N.). Der Antragsteller kann mit seinem Antrag lediglich dann trotz einer Rechtsverletzung ausnahmsweise mit der Folge der (teilweisen) Unzulässigkeit zu weit greifen, wenn er auch solche ihn nicht berührende Teile des Plans miteinbezieht, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und auch für den Antragsteller erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer unter dem Dach eines einheitlichen Plans zusammengefasste Gesamtregelung darstellen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.04.2008, a.a.O.). An einer solchen offensichtlichen Teilbarkeit des TP-D in Bezug auf das Ziel 3 (Ausweisung von Grundzentren) fehlt es hier. Voraussetzung dafür wäre, dass die übrigen Festsetzungen, für sich betrachtet, noch eine sinnvolle raumordnerische Funktion erfüllen können und die Antragsgegnerin nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Teilplan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. zum Bebauungsplan: BVerwG, Beschl. v. 06.11.2007 – BVerwG 4 BN 44.07 –, juris, RdNr. 3, m.w.N.). Dies erscheint zumindest zweifelhaft, denn das Ziel 3 ist nach der Begründung des Teilplans zentraler Bestandteil der Planung.

47

3. Der Antragstellerin fehlt es ferner nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse, auch wenn sie mit ihrem Normenkontrollantrag letztlich das Ziel verfolgt, dass sie im Teilplan als Grundzentrum festgelegt wird, was sie allein dadurch, dass der sachliche Teilplan für unwirksam erklärt wird, nicht unmittelbar erreichen kann.

48

Mit dem Erfordernis des Vorliegens eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses neben der Antragsbefugnis soll nur vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Zu fragen ist, ob der Antragsteller durch die von ihm angestrebte Umwirksamerklärung des Plans seine Rechtsstellung verbessern kann. Es ist nicht erforderlich, dass die begehrte Unwirksamerklärung unmittelbar zum eigentlichen Rechtsschutzziel führt. Für das Rechtsschutzinteresse reicht es aus, dass sich nicht ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für den Antragsteller von Nutzen sein kann. Zur Bejahung des Rechtsschutzinteresses genügt es, wenn – im Sinne einer tatsächlichen Prognose – zu erwarten ist, dass der Plangeber einen neuen Plan mit möglicherweise für den Antragsteller günstigeren Festsetzungen aufstellen wird. Unnütz wird das Normenkontrollgericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen (vgl. zum Bebauungsplan: BVerwG, Urt. v. 23.04.2002 – BVerwG 4 CN 3.01 –, NVwZ 2002, 1126 [1127], RdNr. 10 in juris, m.w.N.; zum Flächennutzungsplan: Beschl. d. Senats v. 09.12.2015 – 2 K 60/14 –, juris RdNr. 30, m.w.N.).

49

Hier ist zu berücksichtigen, dass § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ROG die Aufstellung von Regionalplänen vorschreibt, in dem nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 LEntwG LSA, soweit erforderlich, insbesondere die Zentralen Orte der unteren Stufe (Grundzentren) festzulegen sind, und die Antragsgegnerin bei einer Neuaufstellung des sachlichen Teilplans im Fall eines stattgebenden Urteils die vom Normenkontrollsenat aufgestellten rechtlichen Anforderungen zu beachten hätte (vgl. SächsOVG, Urt. v. 25.03.2014 – 1 C 4.11 –, juris, RdNr. 37). Es ist nicht auszuschließen, dass die Antragsgegnerin dann unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats einen neuen sachlichen Teilplan erlässt, in welchem die Antragstellerin als Grundzentrum festgelegt wird. Zudem war im Regionalen Entwicklungsplan 2005 im Abschnitt 5.2.3, der durch den angegriffenen Teilplan aufgehoben wurde, die damals selbständige Gemeinde B. und heutige Ortsteil der Antragstellerin noch als Grundzentrum festgelegt. Im Fall der Unwirksamerklärung des sachlichen Teilplans würde dieses Ziel der Raumordnung wieder Geltung haben.

50

4. Die einjährige Antragsfrist (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ist gewahrt. Der sachliche Teilplan wurde im Juli 2014 bekannt gemacht. Der Normenkontrollantrag ist beim erkennenden Gericht am 20.05.2015 eingegangen.

51

II. Der Normenkontrollantrag ist aber unbegründet.

52

1. Verfahrensfehler bei der Aufstellung des sachlichen Teilplans sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat den Plan nach den Verfahrensvorschiften des § 7 LPlG LSA aufgestellt.

53

Ein Verfahrensfehler ist nicht darin zu erkennen, dass die Antragsgegnerin ihre Entscheidung, die Antragstellerin nicht als Grundzentrum festzulegen, getroffen hat, ohne dass zuvor das Einvernehmen mit der Antragstellerin hergestellt oder eine Anhörung durch die oberste Landesplanungsbehörde durchgeführt wurde. Das Ziel Z 39 Abs. 3 des LEP LSA 2010 bestimmt, dass im Rahmen des Aufstellungsverfahrens zum Regionalen Entwicklungsplan mit den Kommunen, in denen ein Zentraler Ort festgelegt wird, dieser im Einvernehmen mit ihnen räumlich abgegrenzt werden soll. Die Begründung zu diesem Ziel sieht ferner vor, dass im Falle, dass das Einvernehmen nicht hergestellt werden kann, die oberste Landesplanungsbehörde die Beteiligten anhört und der Träger der Planung erst danach bei Nichtzustandekommen einer Einigung die räumliche Abgrenzung vornimmt. Ein solches Einvernehmen einer Kommune ist nach dem klaren Wortlaut des Ziels Z 39 Abs. 1 LEP LSA 2010 nur dann (möglichst) herbeizuführen, wenn diese Kommune als Zentraler Ort festgelegt wird. Nur bei diesen ist eine räumliche Abgrenzung überhaupt erforderlich. Zentraler Ort ist nach § 2b Abs. 1 Satz 1 LPlG LSA ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil als zentrales Siedlungsgebiet einer Gemeinde einschließlich seiner Erweiterungen im Rahmen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Bei den Gemeinden, die die Antragsgegnerin als Grundzentren festgelegt hat, erfolgte laut Abschnitt 4.5.7 der Begründung die räumliche Abgrenzung im TP-D anhand von Luftbildern und aktuellen Bauleitplänen (Raumordnungskataster); dabei wurden in Flächennutzungs- und Bebauungsplänen festgelegte Wohn-, Misch- und Gewerbegebiete berücksichtigt. Die räumliche Abgrenzung erfolgte im Einvernehmen mit den jeweiligen Gebietskörperschaften und ist aus den Beikarten B 1 bis B 10 des Teilplans ersichtlich. Dafür, dass nur die räumliche Abgrenzung der Grundzentren und nicht auch der ihr vorausgehende Schritt der Festlegung der Grundzentren von dem Einvernehmenserfordernis umfasst ist, spricht ferner der Umstand, dass nach Ziel Z 37 des LEP LSA 2010 auch bei den Mittelzentren, die nach § 2b Abs. 2 Satz 2 LPlG LSA im Landesentwicklungsplan festgelegt werden, die Zentralen Orte durch die Regionalplanung im Einvernehmen mit den Städten räumlich abgegrenzt werden sollen.

54

2. Der sachliche Teilplan lässt auch keine materiell-rechtlichen Fehler erkennen.

55

Nach § 7 Abs. 1 ROG sind in Raumordnungsplänen für einen bestimmten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, insbesondere zu den Nutzungen und Funktionen des Raums, zu treffen. Die Festlegungen können auch in räumlichen und sachlichen Teilplänen getroffen werden. Gemäß § 6 Abs. 1 LPlG LSA sind die Regionalen Entwicklungspläne aus dem Landesentwicklungsplan zu entwickeln. Die darin festgelegten landesbedeutsamen Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind zu übernehmen und, soweit erforderlich, zu konkretisieren und zu ergänzen. Dabei sind die Ziele und Grundsätze der Raumordnung, die der Entwicklung, Ordnung und Sicherung der nachhaltigen Raumentwicklung in der Planungsregion dienen, festzulegen. Soweit der LEP LSA 2010 bereits Ziele der Raumordnung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG, also verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landesplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen enthält, sind sie einer Abwägung durch den Träger der Regionalplanung entzogen. Im LEP LSA 2010 festgelegte Grundsätze der Raumordnung in Gestalt allgemeiner Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums hat der Träger der Regionalplanung hingegen als Vorgaben für ihre Abwägungsentscheidungen zu beachten (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG).

56

Gemäß § 2b Abs. 2 Satz 1 LPlG LSA sind als Zentrale Orte in einem dreistufigen System in den Raumordnungsplänen Oberzentren, Mittelzentren und Grundzentren festzulegen. Oberzentren und Mittelzentren sind im Landesentwicklungsplan, Grundzentren (soweit erforderlich) im Regionalen Entwicklungsplan festzulegen (§ 2b Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 3 Nr. 1 LPlG LSA). Dabei hat der Träger der Regionalplanung folgende gesetzlichen Vorgaben zu beachten:

57

Nach § 2a Nr. 3 b) LPlG LSA wirken die zentralen Orte als Kerne der öffentlichen Daseinsvorsorge; sie haben über ihren eigenen örtlichen Bedarf hinaus für ihren Verflechtungsbereich bei zumutbarer Erreichbarkeit Mindeststandards der Versorgungsfunktionen insbesondere in den Bereichen Wohnen und Arbeiten, Bildung, Handel und Dienstleistungen, Kultur, Sport und Freizeit, Gesundheit und soziale Versorgung sowie Verwaltung zu gewährleisten. Zentraler Ort ist gemäß § 2b Abs. 1 Satz 1 LPlG LSA ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil als zentrales Siedlungsgebiet einer Gemeinde einschließlich seiner Erweiterungen im Rahmen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Zentrale Orte sollen ausdrücklich funktional verstanden werden, nicht im politischen Sinne administrativer Gebietskörperschaften. Da sich eine Gemeinde aus mehreren Ortsteilen zusammensetzen kann, ist, um eine Konzentration von Versorgungseinrichtungen an einem Zentralen Ort erreichen zu können, der Zentrale Ort nicht gleichzusetzen mit den administrativen Grenzen einer Gemeinde. Der jeweilige Planungsträger hat aus diesem Grund festzulegen, welcher im Zusammenhang bebaute Ortsteil als zentrales Siedlungsgebiet aufgrund seiner vorhandenen infrastrukturellen Ausstattung, seiner Einwohnergröße und seines Einzugsbereiches am besten dafür geeignet ist, für einen Verflechtungsbereich Versorgungsaufgaben zu übernehmen (vgl. die Begründung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes vom 07.11.2007, LT-Drs. 5/936, S. 18).

58

Für die Einordnung einer Gemeinde in das Zentrale-Orte-System des § 2b LPlG LSA hat der Plangeber gemäß § 2b Abs. 1 Satz 3 LPlG LSA die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Zentralen Ortes und die Erreichbarkeit für die Einwohner seines Verflechtungsbereiches zu berücksichtigen. Von maßgeblicher Bedeutung ist daher, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil, der nach seiner Einwohnerzahl als Zentraler Ort (Grundzentrum) in Betracht kommt, nicht nur für die dort lebenden Einwohner, sondern auch für die Einwohner im sog. "Verflechtungsbereich" eine überörtliche Versorgungsfunktion zukommt. Zentrale Orte sind ein Planelement der Raumordnung, das einzelnen Städten und Gemeinden bestimmte Versorgungsfunktionen zuordnet, die sie über die Versorgung ihrer eigenen Bevölkerung hinaus für die Bevölkerung ihres Verflechtungsbereichs wahrzunehmen haben (Dallhammer, in: Cholewa/Dyong/von der Heide/Arenz, Raumordnung in Bund und Ländern, § 8 RdNr. 129, m.w.N.). Der Verflechtungsbereich ist jener Bereich, dessen Bevölkerung vorwiegend von dem zugehörigen zentralen Ort versorgt wird; er wird auf der Grundlage der vorherrschenden Orientierungsrichtung der Bevölkerung unter Berücksichtigung der zumutbaren Entfernung zum zentralen Ort und der Tragfähigkeit für zentralörtliche Einrichtungen abgegrenzt, wobei der Versorgungsaufgabe entsprechend zwischen Nah-, Mittel- und Oberbereich unterschieden wird (vgl. Hoppe/Schoenberg, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und des Landes Niedersachsen, 1987, RdNr. 91). Die den zentralen Orten zugeordneten Verflechtungsbereiche erstrecken sich auf (nicht zentrale) Orte in der Umgebung des zentralen Orts; dagegen geht es – zumindest im Grundsatz – nicht um das Verhältnis mehrerer Versorgungsbereiche innerhalb einer (größeren) Gemeinde (BVerwG, Urt. v. 17.12.2009 – BVerwG 4 C 1.08 –, BVerwGE 136, 18 [26], RdNr. 23 in juris). Die Verflechtungsbereiche sind das Komplementärelement zu den Zentralen Orten als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (HessVGH, Urt. v. 15.09.2015 – 4 C 2000/12.N –, juris, RdNr. 48).

59

In Konkretisierung dieser gesetzlichen Vorgaben bestimmt der LEP LSA 2010 im Ziel Z 39, dass Grundzentren in den Regionalen Entwicklungsplänen unter Zugrundelegung folgender Kriterien festzulegen sind:

60
Der im Zusammenhang bebaute Ortsteil als zentrales Siedlungsgebiet einer Gemeinde einschließlich seiner Erweiterungen im Rahmen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung soll in der Regel über mindestens 3.000 Einwohner verfügen.
61
Der Versorgungsbereich soll darüber hinaus in der Regel mindestens 9.000 Einwohner umfassen.
62
Die Erreichbarkeit durch die Bevölkerung des Versorgungsbereiches ist in der Regel in 15 Minuten PKW-Fahrzeit zu gewährleisten.
63

In dünn besiedelten Räumen gemäß § 2a Nr. 3 d) LPlG LSA kann von den Kriterien abgewichen werden, wenn Erreichbarkeit und Tragfähigkeit nicht in Übereinstimmung zu bringen sind.

64

Nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 15.05.2014 – 2 K 54/12 –, juris, RdNr. 95 ff.) sind diese Vorgaben im LEP LSA 2010 rechtlich unbedenklich und belassen den Regionalen Planungsgemeinschaften bei der Festlegung der Grundzentren im Rahmen der im Ziel Z 39 formulierten Vorgaben genügend Spielraum, um eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Sie haben nicht nur in den in Absatz 2 Satz 1 des Ziels Z 39 (ausdrücklich) genannten Fällen dünn besiedelter Regionen im Sinne von § 2a Nr. 3 d) LPLG LSA die Möglichkeit, von den in Z 39 Absatz 1 angeführten Kriterien abzuweichen (vgl. RdNr. 115 ff.). Dies hat der Senat Absatz 2 der Begründung zu Ziel Z 39 entnommen, wonach die Möglichkeiten, die Tragfähigkeit der Versorgungsstrukturen durch Anpassung von Standort und Angebotsstrukturen und deren Erreichbarkeit für alle Bevölkerungsgruppen zu sichern, es erfordern kann, dass von den Kriterien „im begründeten Einzelfall“ abgewichen wird. Auch die Abwägungsunterlagen ließen erkennen, dass in begründeten Ausnahmefällen auch nach Absatz 1 im Ziel Z 39 Abweichungen möglich sein sollen, da hier Kriterien bestimmt seien, die „in der Regel“ zutreffen sollen. Welche besonderen Voraussetzungen neben der im Ziel Z 39 Abs. 2 Satz 1 genannten Diskrepanz zwischen Tragfähigkeit und Erreichbarkeit in einem nicht dünn besiedelten Bereich vorliegen müssen, damit ein Abweichen von den im Ziel Z 39 Abs. 1 genannten Kriterien gerechtfertigt ist, hat die oberste Landesplanungsbehörde im LEP LSA 2010 nicht bestimmt. Insoweit hat sie den Regionalen Planungsgemeinschaften einen Spielraum belassen.

65

Gemessen an diesen Vorgaben lässt die Entscheidung der Antragsgegnerin, die beiden Ortsteile der Antragstellerin S. und B. nicht als Grundzentren auszuweisen, keinen Rechtsfehler erkennen.

66

2.1. Zwar kam der Ortsteil S. nach den im Ziel Z 39 des LEP LSA 2010 festgelegten Kriterien als Grundzentrum in Betracht. Insbesondere verfügte er im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung der Antragsgegnerin über knapp 10.000 Einwohner und lag damit deutlich über der für den Regelfall vorgesehenen Mindesteinwohnerzahl von 3.000.

67

Es spricht auch Vieles dafür, dass der Versorgungsbereich darüber hinaus 9.000 Einwohner oder mehr umfasste, also den in der Begründung zu Ziel Z 39 für den Regelfall vorgesehenen Versorgungsauftrag für die allgemeine tägliche Grundversorgung des Verflechtungsbereichs von mindestens 12.000 Einwohner erfüllen konnte. Für die Frage, welche "Mindeststandards der Versorgungsfunktionen" im Sinne von § 2a Nr. 3 b) LPlG LSA ein Grundzentrum zu erfüllen hat bzw. womit die mindestens 9.000 Einwohner im Versorgungsbereich einer Gemeinde im Sinne des Kriteriums 2 im Ziel Z 39 des LEP LSA 2010 versorgt werden müssen, um die Funktion als Grundzentrum erfüllen zu können, enthält die Begründung zum Ziel Z 39 des LPlG LSA nähere Vorgaben. Danach sollen die Grundzentren, um den Versorgungsauftrag für die allgemeine tägliche Grundversorgung ihres Verflechtungsbereichs erfüllen zu können, über Versorgungseinrichtungen der schulischen, medizinischen und sozialen Grundversorgung verfügen. Einen weiteren Anhalt bietet die Begründung zum Ziel Z 35 des LEP LSA 2010, letzter Absatz. Danach sind typische Versorgungseinrichtungen bei Grundzentren u.a. Sekundarschulen, Arztpraxen und Apotheke, Gemeindeverwaltung, lokale Sporteinrichtungen, Handelseinrichtungen unter 1.200 m² Geschossfläche für die Grundversorgung sowie ÖPNV-Verbindung zum Mittelzentrum. Diese typischen Versorgungseinrichtungen hat die Antragsgegnerin als "Ausstattungsmerkmale" bezeichnet und ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Diese Auflistung ist einerseits nicht abschließend, stellt aber andererseits auch nur ein "ideales Mindestangebot" dar, wie die Antragsgegnerin in der Begründung zu Ziel Z 3 des TP-D klargestellt hat. Deshalb setzt die Ausweisung eines Grundzentrums nicht zwingend das Vorhandensein einer Sekundarschule voraus, insbesondere wenn ein Ortsteil die übrigen typischen Ausstattungsmerkmale vollständig oder nahezu vollständig erfüllt.

68

Schließlich mag der Ortsteil S. auch die dritte im Ziel Z 39 genannte Vorgabe erfüllen, weil die Erreichbarkeit der Versorgungseinrichtungen durch die Bevölkerung innerhalb von 15 Minuten PKW-Fahrzeit gewährleistet ist.

69

Aber auch wenn ein Ortsteil die Kriterien des Ziels Z 39 des LEP LSA 2010 erfüllt, bedeutet dies nicht, dass der Ortsteil zwingend als Grundzentrum im Regionalplan festzulegen ist. Vielmehr ist bei der Entscheidung insbesondere das weitere Ziel Z 27 Satz 1 des LEP LSA 2010 zu beachten. Danach ist durch die Festlegung von Zentralen Orten zu gewährleisten, dass in allen Teilen des Landes ein räumlich ausgeglichenes und gestuftes Netz an Ober-, Mittel- und Grundzentren entsteht bzw. erhalten bleibt, welches durch leistungsfähige Verkehrs- und Kommunikationsstrukturen mit- und untereinander verflochten ist.

70

Unabhängig von der nach § 7 Abs. 4 ROG gebotenen Kennzeichnung (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 18.09.2003 – BVerwG 4 CN 20.02 –, BVerwGE 119, 54 [59], RdNr. 8 in juris) handelt es sich bei dieser Planaussage auch materiell um ein Ziel der Raumordnung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG, das der Träger der Regionalplanung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG bei seinen Planungen zu beachten hat, und nicht nur um einen Grundsatz der Raumordnung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG, der bei Abwägungsentscheidungen lediglich zu berücksichtigen wäre. Die Planvorgabe weist mit der Formulierung "ist … zu gewährleisten" die gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG für ein Ziel der Raumordnung erforderliche Verbindlichkeit auf. Ferner ist diese textliche Festlegung nicht nur räumlich, sondern auch sachlich hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar. Auch einzelne Ziele der Raumordnung können rahmenhaft gefasst sein und damit denjenigen, von denen sie zu beachten sind Ausgestaltungs- bzw. Ausfüllungsspielräume gewähren; es geht dabei um die zielinterne Konkretisierung (Hendler, in: Cholewa/Dyong/von der Heide/Arenz, Raumordnung in Bund und Ländern, § 3 RdNr. 21). Dass die Möglichkeit einer derartigen Konkretisierung besteht, schließt – ähnlich wie bei einer generalklauselartig gefassten Rechtsvorschrift – die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit einer Zielfestlegung nicht aus (Hendler, a.a.O.). Die sachlichen Zielfestlegungen eines Raumordnungsplans sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nutzungs-, funktions-, entwicklungs- oder sicherungsbezogene Aussagen treffen, wie sie in § 8 Abs. 5 und 7 ROG angesprochen sind; für den Zieladressaten muss hinreichend erkennbar sein, welche Planungen und Maßnahmen von ihm erwartet bzw. verlangt werden, welche zulässig bzw. unzulässig sind und über welchen Gestaltungsspielraum er verfügt (Hendler, a.a.O., RdNr. 25). Für den Träger der Regionalplanung wird mit der Aussage im Ziel Z 27 Satz 1 des LEP LSA 2010 hinreichend deutlich, dass er bei der Festlegung der Zentralen Orte u.a. auf "räumliche Ausgeglichenheit" in allen Landesteilen, d.h. darauf zu achten hat, dass die Zentralen Orte weder zu dicht beieinander noch zu weit auseinander liegen. Diese Vorgabe ist vom Träger der Landesplanung auch abschließend abgewogen. Dass sie nicht mehr zur Disposition der nachgeordneten Stufe der Regionalplanung stehen soll, ergibt sich schon daraus, dass sie ausdrücklich für alle Landesteile Geltung beansprucht. Schließlich ist auch der in § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG geforderte Raumbezug gegeben (vgl. § 8 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1b) ROG).

71

Dem Merkmal der räumlichen Ausgeglichenheit widerspräche es indes, in der Planungsregion mehrere Zentrale Orte in einem Bereich eng zu konzentrieren, wodurch sich Versorgungsbereiche in großem Umfang überschneiden würden mit der Folge, dass die Versorgungsfunktion der Zentralen Orte in Frage gestellt wäre. Da nach dem Ziel Z 30 des LEP LSA 2010 die Ober- und Mittelzentren gleichzeitig die Aufgaben der Zentralen Orte der niedrigeren Stufen für die entsprechenden Verflechtungsbereiche übernehmen, hält es der Senat für gerechtfertigt, dass ein gewisser Abstand zwischen einem Mittelzentrum und umliegenden Grundzentren gewahrt bleibt, jedenfalls soweit Erreichbarkeitsdefizite nicht gegeben sind.

72

Hiernach hat die Antragsgegnerin bei ihrer planerischen Entscheidung zu Recht darauf abgestellt, dass der Ortsteil S. unmittelbar an das Mittelzentrum Bitterfeld-Wolfen angrenzt und hat dabei in Rechnung stellen dürfen, dass Defizite bei der Erreichbarkeit des Mittelzentrums Bitterfeld-Wolfen von den Ortsteilen der Antragstellerin aus nicht feststellbar waren. Der Umstand, dass nach den Berechnungen der Antragstellerin das im Ziel Z 39 des LEP LSA 2010 festgelegte 15-Minuten-Kriterium für den MIV nicht durchgängig erfüllt wird, führt zu keiner anderen Beurteilung. Dieses landesplanerische Ziel verlangt nur, dass die Erreichbarkeit des Versorgungsbereichs durch die Bevölkerung in der Regel in 15 Minuten PKW-Fahrzeit zu gewährleisten ist. Geringfügig längere PKW-Fahrzeiten bis zu 18 Minuten aus einzelnen Ortsteilen sind daher unschädlich. Auf Fahrzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln stellt die landesplanerische Vorgabe ohnehin nicht ab.

73

2.2. Bei dem Ortsteil B. ist bereits zweifelhaft, ob er die im Ziel Z 39 des LEP LSA 2010 festgelegten Kriterien erfüllt, die in der Regel gegeben sein müssen, um eine Festlegung als Grundzentrum rechtfertigen zu können. Im Gebiet der früher selbständigen Gemeinde B. lebten im Zeitpunkt der Bildung der Antragstellerin als Einheitsgemeinde am Stichtag 01.07.2009 2.908 Einwohner (vgl. den Internet-Auftritt der Antragstellerin: https://www.sandersdorf-brehna.de/de/zahlen_und_fakten.html). Fraglich ist auch, ob dieser Ortsteil in ausreichender Zahl über die für ein Grundzentrum typischen Versorgungseinrichtungen verfügte, wie sie in der Begründung zum Ziel Z 35 des LEP LSA 2010 beispielhaft aufgezählt sind. Die Aufzählung verschiedener Versorgungseinrichtungen im Einwendungsschriftsatz der Antragsgegnerin vom 19.09.2013 betraf zum großen Teil den Ortsteil S.. Dies bedarf indes keiner Vertiefung.

74

Auch bezüglich des Ortsteils B. hatte die Antragsgegnerin das im Ziel Z 27 des LEP LSA 2010 geforderte Kriterium der räumlichen Ausgeglichenheit zu beachten. Dabei durfte sie berücksichtigen, dass dieser Ortsteil sich in unmittelbarer Nähe zum Ort Landsberg befindet, der im Regionalen Entwicklungsplan der benachbarten Regionalen Planungsgemeinschaft Halle als Grundzentrum ausgewiesen ist, und – wie der Ortsteil S. – im Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Bitterfeld-Wolfen liegt. Der Umstand, dass das Grundzentrum Landsberg außerhalb der Planungsregion der Antragsgegnerin liegt, ist insoweit ohne Bedeutung, da das Ziel Z 27 des LEP LSA 2010 die räumliche Ausgeglichenheit des Netzes Zentraler Orte in allen Landesteilen fordert. Auch in Bezug auf den Ortsteil B. konnte die Antragsgegnerin Defizite bei der Erreichbarkeit von Versorgungseinrichtungen nicht feststellen, zumal der Ortsteil nach den Feststellungen der Antragsgegnerin auch im Verflechtungsbereich des auf sächsischem Gebiet liegenden Mittelzentrums Delitzsch liegt.

75

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 709 Sätze 1 und 2, 708 Nr. 11 ZPO.

76

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


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published on 09/12/2015 00:00

Tatbestand 1 Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen die Ergänzung und 1. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin. 2 Mit Antrag vom 12./20.09.2011 beantragte die A. Umweltgerechte Kraftanlagen (
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Tatbestand 1 Die Antragstellerin, eine dem Landkreis (...) angehörende, aus mehreren Ortschaften bestehende Einheitsgemeinde mit derzeit ca. 18.000 Einwohnern, wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen Bestimmungen der am 12.03.2011 in Kraft g
published on 15/05/2014 00:00

Tatbestand 1 Die Antragstellerin, eine dem Landkreis Harz angehörende Gemeinde mit derzeit ca. 20.000 bis 21.000 Einwohnern, wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen Bestimmungen der am 12.03.2011 in Kraft getretenen Verordnung über den Lande
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Annotations

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;
2.
Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums;
3.
Grundsätze der Raumordnung:Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden;
4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung:in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen;
5.
öffentliche Stellen:Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen:Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel;
7.
Raumordnungspläne:zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.

(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Bei

1.
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen,
2.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen,
3.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, die der Planfeststellung oder der Genehmigung mit der Rechtswirkung der Planfeststellung bedürfen,
sind Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Satz 1 Nr. 1 und 2 gilt entsprechend bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die Personen des Privatrechts in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durchführen, wenn öffentliche Stellen an den Personen mehrheitlich beteiligt sind oder die Planungen und Maßnahmen überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Weitergehende Bindungswirkungen von Erfordernissen der Raumordnung nach Maßgabe der für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Bei sonstigen Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts sind die Erfordernisse der Raumordnung nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen.

(3) Bei Genehmigungen über die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Abfallbeseitigungsanlagen von Personen des Privatrechts nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind die Ziele der Raumordnung zu beachten sowie die Grundsätze der Raumordnung und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen ist von der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle eine Umweltprüfung durchzuführen, in der die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen des Raumordnungsplans auf

1.
Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
2.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
3.
Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
4.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern
zu ermitteln und in einem Umweltbericht frühzeitig zu beschreiben und zu bewerten sind; der Umweltbericht enthält die Angaben nach der Anlage 1. Der Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung einschließlich des erforderlichen Umfangs und Detaillierungsgrads des Umweltberichts ist festzulegen; die öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, sind hierbei zu beteiligen. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Raumordnungsplans angemessenerweise verlangt werden kann.

(2) Bei geringfügigen Änderungen von Raumordnungsplänen kann von einer Umweltprüfung abgesehen werden, wenn durch eine überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 genannten Kriterien festgestellt wurde, dass sie voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen haben werden. Diese Prüfung ist unter Beteiligung der öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, durchzuführen. Sofern festgestellt wurde, dass keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, sind die zu diesem Ergebnis führenden Erwägungen in die Begründung des Plans aufzunehmen.

(3) Die Umweltprüfung soll bei der Aufstellung eines Raumordnungsplans auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden, wenn in anderen das Plangebiet ganz oder teilweise umfassenden Plänen oder Programmen bereits eine Umweltprüfung nach Absatz 1 durchgeführt wurde. Die Umweltprüfung kann mit anderen Prüfungen zur Ermittlung oder Bewertung von Umweltauswirkungen verbunden werden.

(4) Die erheblichen Auswirkungen der Durchführung der Raumordnungspläne auf die Umwelt sind auf Grundlage der in der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 3 genannten Überwachungsmaßnahmen von der in den Landesplanungsgesetzen genannten Stelle, oder, sofern Landesplanungsgesetze keine Regelung treffen, von der für den Raumordnungsplan zuständigen oder der im Raumordnungsplan bezeichneten öffentlichen Stelle zu überwachen, um insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen frühzeitig zu ermitteln und um in der Lage zu sein, geeignete Maßnahmen zur Abhilfe zu ergreifen. Die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen unterrichten die öffentliche Stelle nach Satz 1, sofern nach den ihnen vorliegenden Erkenntnissen die Durchführung des Raumordnungsplans erhebliche, insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hat.

(5) Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorgaben zu erlassen zur Berücksichtigung von artenschutzrechtlichen Belangen im Rahmen der Umweltprüfung bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen. Sofern dabei auch Fragen der Windenergie an Land berührt sind, sind die Vorgaben auch im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu erlassen.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) In Raumordnungsplänen sind für einen bestimmten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, insbesondere zu den Nutzungen und Funktionen des Raums, zu treffen. Es kann festgelegt werden, dass bestimmte Nutzungen und Funktionen des Raums nur für einen bestimmten Zeitraum oder ab oder bis zum Eintritt bestimmter Umstände vorgesehen sind; eine Folge- oder Zwischennutzung kann festgelegt werden. Die Festlegungen nach Satz 1 und 2 können auch in räumlichen und sachlichen Teilplänen getroffen werden. Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind als solche zu kennzeichnen.

(2) Bei der Aufstellung der Raumordnungspläne sind die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 8 sowie die Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren nach § 9 sind in der Abwägung nach Satz 1 zu berücksichtigen. Raumordnungspläne benachbarter Planungsräume sind aufeinander abzustimmen.

(3) Die Festlegungen nach Absatz 1 können auch Gebiete bezeichnen. Insbesondere können dies Gebiete sein,

1.
die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind (Vorranggebiete),
2.
die bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen vorbehalten bleiben sollen, denen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen ist (Vorbehaltsgebiete),
3.
in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 des Baugesetzbuchs zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete),
4.
die im Meeresbereich liegen, und in denen bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Funktionen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete für den Meeresbereich).
Bei Vorranggebieten kann festgelegt werden, dass sie zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten nach Satz 2 Nummer 3 oder 4 haben.

(4) Die Raumordnungspläne sollen auch diejenigen Festlegungen zu raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 4 Absatz 1 Satz 2 enthalten, die zur Aufnahme in Raumordnungspläne geeignet und zur Koordinierung von Raumansprüchen erforderlich sind und die durch Ziele oder Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können.

(5) Den Raumordnungsplänen ist eine Begründung beizufügen.

(6) Soweit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen nach den § 13 und § 17 Absatz 1 und 2 die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.

(7) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Aufstellung von Raumordnungsplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(8) Raumordnungspläne nach § 13 Absatz 6 und § 17 sind mindestens alle zehn Jahre zu überprüfen.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;
2.
Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums;
3.
Grundsätze der Raumordnung:Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden;
4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung:in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen;
5.
öffentliche Stellen:Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen:Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel;
7.
Raumordnungspläne:zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.

(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.

(1) In Raumordnungsplänen sind für einen bestimmten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, insbesondere zu den Nutzungen und Funktionen des Raums, zu treffen. Es kann festgelegt werden, dass bestimmte Nutzungen und Funktionen des Raums nur für einen bestimmten Zeitraum oder ab oder bis zum Eintritt bestimmter Umstände vorgesehen sind; eine Folge- oder Zwischennutzung kann festgelegt werden. Die Festlegungen nach Satz 1 und 2 können auch in räumlichen und sachlichen Teilplänen getroffen werden. Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind als solche zu kennzeichnen.

(2) Bei der Aufstellung der Raumordnungspläne sind die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 8 sowie die Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren nach § 9 sind in der Abwägung nach Satz 1 zu berücksichtigen. Raumordnungspläne benachbarter Planungsräume sind aufeinander abzustimmen.

(3) Die Festlegungen nach Absatz 1 können auch Gebiete bezeichnen. Insbesondere können dies Gebiete sein,

1.
die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind (Vorranggebiete),
2.
die bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen vorbehalten bleiben sollen, denen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen ist (Vorbehaltsgebiete),
3.
in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 des Baugesetzbuchs zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete),
4.
die im Meeresbereich liegen, und in denen bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Funktionen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete für den Meeresbereich).
Bei Vorranggebieten kann festgelegt werden, dass sie zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten nach Satz 2 Nummer 3 oder 4 haben.

(4) Die Raumordnungspläne sollen auch diejenigen Festlegungen zu raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 4 Absatz 1 Satz 2 enthalten, die zur Aufnahme in Raumordnungspläne geeignet und zur Koordinierung von Raumansprüchen erforderlich sind und die durch Ziele oder Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können.

(5) Den Raumordnungsplänen ist eine Begründung beizufügen.

(6) Soweit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen nach den § 13 und § 17 Absatz 1 und 2 die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.

(7) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Aufstellung von Raumordnungsplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(8) Raumordnungspläne nach § 13 Absatz 6 und § 17 sind mindestens alle zehn Jahre zu überprüfen.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;
2.
Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums;
3.
Grundsätze der Raumordnung:Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden;
4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung:in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen;
5.
öffentliche Stellen:Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen:Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel;
7.
Raumordnungspläne:zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.

(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.

(1) Bei

1.
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen,
2.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen,
3.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, die der Planfeststellung oder der Genehmigung mit der Rechtswirkung der Planfeststellung bedürfen,
sind Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Satz 1 Nr. 1 und 2 gilt entsprechend bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die Personen des Privatrechts in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durchführen, wenn öffentliche Stellen an den Personen mehrheitlich beteiligt sind oder die Planungen und Maßnahmen überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Weitergehende Bindungswirkungen von Erfordernissen der Raumordnung nach Maßgabe der für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Bei sonstigen Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts sind die Erfordernisse der Raumordnung nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen.

(3) Bei Genehmigungen über die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Abfallbeseitigungsanlagen von Personen des Privatrechts nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind die Ziele der Raumordnung zu beachten sowie die Grundsätze der Raumordnung und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;
2.
Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums;
3.
Grundsätze der Raumordnung:Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden;
4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung:in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen;
5.
öffentliche Stellen:Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen:Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel;
7.
Raumordnungspläne:zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.

(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.

(1) Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen ist von der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle eine Umweltprüfung durchzuführen, in der die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen des Raumordnungsplans auf

1.
Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
2.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
3.
Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
4.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern
zu ermitteln und in einem Umweltbericht frühzeitig zu beschreiben und zu bewerten sind; der Umweltbericht enthält die Angaben nach der Anlage 1. Der Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung einschließlich des erforderlichen Umfangs und Detaillierungsgrads des Umweltberichts ist festzulegen; die öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, sind hierbei zu beteiligen. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Raumordnungsplans angemessenerweise verlangt werden kann.

(2) Bei geringfügigen Änderungen von Raumordnungsplänen kann von einer Umweltprüfung abgesehen werden, wenn durch eine überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 genannten Kriterien festgestellt wurde, dass sie voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen haben werden. Diese Prüfung ist unter Beteiligung der öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, durchzuführen. Sofern festgestellt wurde, dass keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, sind die zu diesem Ergebnis führenden Erwägungen in die Begründung des Plans aufzunehmen.

(3) Die Umweltprüfung soll bei der Aufstellung eines Raumordnungsplans auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden, wenn in anderen das Plangebiet ganz oder teilweise umfassenden Plänen oder Programmen bereits eine Umweltprüfung nach Absatz 1 durchgeführt wurde. Die Umweltprüfung kann mit anderen Prüfungen zur Ermittlung oder Bewertung von Umweltauswirkungen verbunden werden.

(4) Die erheblichen Auswirkungen der Durchführung der Raumordnungspläne auf die Umwelt sind auf Grundlage der in der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 3 genannten Überwachungsmaßnahmen von der in den Landesplanungsgesetzen genannten Stelle, oder, sofern Landesplanungsgesetze keine Regelung treffen, von der für den Raumordnungsplan zuständigen oder der im Raumordnungsplan bezeichneten öffentlichen Stelle zu überwachen, um insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen frühzeitig zu ermitteln und um in der Lage zu sein, geeignete Maßnahmen zur Abhilfe zu ergreifen. Die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen unterrichten die öffentliche Stelle nach Satz 1, sofern nach den ihnen vorliegenden Erkenntnissen die Durchführung des Raumordnungsplans erhebliche, insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hat.

(5) Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorgaben zu erlassen zur Berücksichtigung von artenschutzrechtlichen Belangen im Rahmen der Umweltprüfung bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen. Sofern dabei auch Fragen der Windenergie an Land berührt sind, sind die Vorgaben auch im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu erlassen.

(1) In Raumordnungsplänen sind für einen bestimmten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, insbesondere zu den Nutzungen und Funktionen des Raums, zu treffen. Es kann festgelegt werden, dass bestimmte Nutzungen und Funktionen des Raums nur für einen bestimmten Zeitraum oder ab oder bis zum Eintritt bestimmter Umstände vorgesehen sind; eine Folge- oder Zwischennutzung kann festgelegt werden. Die Festlegungen nach Satz 1 und 2 können auch in räumlichen und sachlichen Teilplänen getroffen werden. Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind als solche zu kennzeichnen.

(2) Bei der Aufstellung der Raumordnungspläne sind die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 8 sowie die Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren nach § 9 sind in der Abwägung nach Satz 1 zu berücksichtigen. Raumordnungspläne benachbarter Planungsräume sind aufeinander abzustimmen.

(3) Die Festlegungen nach Absatz 1 können auch Gebiete bezeichnen. Insbesondere können dies Gebiete sein,

1.
die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind (Vorranggebiete),
2.
die bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen vorbehalten bleiben sollen, denen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen ist (Vorbehaltsgebiete),
3.
in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 des Baugesetzbuchs zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete),
4.
die im Meeresbereich liegen, und in denen bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Funktionen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete für den Meeresbereich).
Bei Vorranggebieten kann festgelegt werden, dass sie zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten nach Satz 2 Nummer 3 oder 4 haben.

(4) Die Raumordnungspläne sollen auch diejenigen Festlegungen zu raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 4 Absatz 1 Satz 2 enthalten, die zur Aufnahme in Raumordnungspläne geeignet und zur Koordinierung von Raumansprüchen erforderlich sind und die durch Ziele oder Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können.

(5) Den Raumordnungsplänen ist eine Begründung beizufügen.

(6) Soweit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen nach den § 13 und § 17 Absatz 1 und 2 die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.

(7) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Aufstellung von Raumordnungsplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(8) Raumordnungspläne nach § 13 Absatz 6 und § 17 sind mindestens alle zehn Jahre zu überprüfen.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;
2.
Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums;
3.
Grundsätze der Raumordnung:Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden;
4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung:in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen;
5.
öffentliche Stellen:Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen:Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel;
7.
Raumordnungspläne:zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.

(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.

(1) Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen ist von der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle eine Umweltprüfung durchzuführen, in der die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen des Raumordnungsplans auf

1.
Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
2.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
3.
Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
4.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern
zu ermitteln und in einem Umweltbericht frühzeitig zu beschreiben und zu bewerten sind; der Umweltbericht enthält die Angaben nach der Anlage 1. Der Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung einschließlich des erforderlichen Umfangs und Detaillierungsgrads des Umweltberichts ist festzulegen; die öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, sind hierbei zu beteiligen. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Raumordnungsplans angemessenerweise verlangt werden kann.

(2) Bei geringfügigen Änderungen von Raumordnungsplänen kann von einer Umweltprüfung abgesehen werden, wenn durch eine überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 genannten Kriterien festgestellt wurde, dass sie voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen haben werden. Diese Prüfung ist unter Beteiligung der öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, durchzuführen. Sofern festgestellt wurde, dass keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, sind die zu diesem Ergebnis führenden Erwägungen in die Begründung des Plans aufzunehmen.

(3) Die Umweltprüfung soll bei der Aufstellung eines Raumordnungsplans auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden, wenn in anderen das Plangebiet ganz oder teilweise umfassenden Plänen oder Programmen bereits eine Umweltprüfung nach Absatz 1 durchgeführt wurde. Die Umweltprüfung kann mit anderen Prüfungen zur Ermittlung oder Bewertung von Umweltauswirkungen verbunden werden.

(4) Die erheblichen Auswirkungen der Durchführung der Raumordnungspläne auf die Umwelt sind auf Grundlage der in der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 3 genannten Überwachungsmaßnahmen von der in den Landesplanungsgesetzen genannten Stelle, oder, sofern Landesplanungsgesetze keine Regelung treffen, von der für den Raumordnungsplan zuständigen oder der im Raumordnungsplan bezeichneten öffentlichen Stelle zu überwachen, um insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen frühzeitig zu ermitteln und um in der Lage zu sein, geeignete Maßnahmen zur Abhilfe zu ergreifen. Die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen unterrichten die öffentliche Stelle nach Satz 1, sofern nach den ihnen vorliegenden Erkenntnissen die Durchführung des Raumordnungsplans erhebliche, insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hat.

(5) Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorgaben zu erlassen zur Berücksichtigung von artenschutzrechtlichen Belangen im Rahmen der Umweltprüfung bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen. Sofern dabei auch Fragen der Windenergie an Land berührt sind, sind die Vorgaben auch im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu erlassen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.