Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 18. Nov. 2014 - 10 L 3/14

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2014:1118.10L3.14.0A
bei uns veröffentlicht am18.11.2014

Tatbestand

1

Der jetzt 42 Jahre alte Beklagte steht als Rechtspfleger und Beamter auf Lebenszeit im Justizdienst des Landes Sachsen-Anhalt. Er bestand im Jahr 1995 die Rechtspflegerprüfung und wurde zunächst bei dem Amtsgericht Stendal, später bei dem Amtsgericht (...) beschäftigt. Zuletzt wurde der Beklagte im November 2000 zum Justizoberinspektor (BesGrp. A 10) befördert. Der Beklagte ist ledig und Vater eines im Jahre 2008 geborenen Sohnes, für welchen er unterhaltspflichtig ist. Die über den Beklagten erstellte dienstliche Beurteilung aus dem Jahr 2011 gelangt sowohl in der Leistungs- als auch in der Befähigungsbeurteilung jeweils zu der Gesamtnote „D“. Abgesehen von den hier zugrunde liegenden Vorwürfen ist der Beklagte bisher weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich vorbelastet.

2

In der Zeit von 1996 bis Ende 2007 war der Beklagte als Rechtspfleger bei dem Amtsgericht (...) tätig; dort hatte er vor allem Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsverfahren zu bearbeiten. Im Rahmen dieser Tätigkeit hatte er den Rechtsanwalt (D.) aus (...) kennen gelernt, welcher seit dem Jahr 2002 im Bereich der Zwangsverwaltung tätig war.

3

Im Dezember 2002 war der Beklagte als Rechtspfleger bei dem Amtsgericht (...) geschäftsplanmäßig für Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsverfahren mit den Endziffern 1 bis 8 zuständig. In seine Zuständigkeit fiel daher auch ein am 4. Dezember 2002 eingegangener Antrag einer Gläubiger-Bank des Grundstückseigentümers (T.) auf Anordnung der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung in dessen Grundstück in (L.), L-Straße 12.

4

In dem vorangegangenen Strafverfahren hat der Bundesgerichtshof in seinem Revisionsurteil vom 18. Juli 2011 - 4 StR 156/11 - die vom Landgericht Halle in dessen rechtskräftigem Strafurteil vom 22. September 2010 - 13 KLs 13/09 - getroffenen tatsächlichen Feststellungen wie folgt zusammengefasst:

5

„Mit Beschluss vom 14. Januar 2003 ordnete der Angeklagte A., in dessen Zuständigkeit die Bearbeitung dieses Antrags fiel, die Zwangsverwaltung an und bestellte den Angeklagten (D.) zum Zwangsverwalter, obwohl ihm in diesem Anwesen bereits zuvor vom Eigentümer unentgeltlich eine Dachgeschosswohnung zur Nutzung überlassen worden war, die er auch in der Folgezeit - bis mindestens Ende 2007 - nutzte, ohne hierfür Miete bzw. eine sonstige Nutzungsentschädigung und Betriebskosten an den Zwangsverwalter zu bezahlen. Der Angeklagte (D.) nahm das Grundstück am 21. Januar 2003 in Besitz und übte seine Verwaltertätigkeit aus. Dabei war ihm bekannt, dass der Angeklagte A., der in dem Haus „nach dem Rechten sah“, die Dachgeschosswohnung unentgeltlich nutzte. Dies gestatte er im Einvernehmen mit dem Angeklagten A. auch weiterhin, obwohl beide Angeklagte wussten, dass der Angeklagte A. auch unter Berücksichtigung seiner Dienste Miete bzw. eine Nutzungsentschädigung zu entrichten und die Betriebskosten zu tragen gehabt hätte. Der Angeklagte A. hielt den Angeklagten (D.) zu keinem Zeitpunkt dazu an, ihn als Nutzer der Immobilie zu erfassen und bei ihm Miete bzw. eine Nutzungsentschädigung und die Betriebskosten einzufordern. Der Angeklagte (D.) sah von der Geltendmachung dieser Ansprüche ab, „weil er sich hierfür ein Gewogensein des Angeklagten A. im Rahmen dessen dienstlicher Tätigkeit versprach. Davon ging auch der Angeklagte A. aus.

6

Zwischen Februar 2003 und November 2007 entgingen dem Zwangsverwalter bzw. der Gläubigerin von (T.) bzw. diesem selbst infolge der kostenlosen Nutzung der Wohnung durch den Angeklagten A. insgesamt 8.408,84 Euro (108,50 Euro/Monat Kaltmiete und 36,48 Euro/Monat Betriebskosten).“

7

Aufgrund des vorstehenden Sachverhalts wurde der Beklagte durch Verfügung des Klägers vom 7. Juni 2010 gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 DG LSA vom Dienst suspendiert; seit dem 22. Juni 2010 werden zugleich 50 % seiner Dienstbezüge gemäß § 38 Abs. 2 DG LSA einbehalten. Der erkennende Senat hat die vorstehenden Maßnahmen mit Beschluss vom 8. März 2011 - 10 M 2/11 -bestätigt.

8

In dem zugrunde liegenden, seit dem 28. Juli 2011 rechtskräftigen Urteil vom 22. September 2010 hat das Landgericht Halle den Angeklagten (D.) wegen gemeinschaftlicher Untreue in Tateinheit mit Vorteilsgewährung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten, den Beklagten wegen gemeinschaftlicher Untreue in Tateinheit mit Vorteilsannahme zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 35,00 Euro verurteilt.

9

Mit der am 7. August 2012 bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg eingegangenen Disziplinarklage begehrt der Kläger die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Der Beklagte habe in zweifacher Hinsicht gegen die Pflicht, die ihm übertragenen Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und sein Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen (§ 33 BeamtStG), sowie gegen die Pflicht, diese uneigennützig nach bestem Wissen wahrzunehmen und durch sein Verhalten der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, welche seinen Beruf erfordere (§ 34 BeamtStG), verstoßen.

10

Zum einen habe er als zuständiger Rechtspfleger des Amtsgerichts (...) für das Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren über das Grundstück L-Straße 12 in (L.) weder dem Dienstherrn noch den Verfahrensbeteiligten offen gelegt, dass er selbst in dem Haus eine Wohnung genutzt habe, so dass er von dem Zwangsverwalter weder als Nutzer erfasst worden sei noch dieser Umstand bei der Verteilung der Hausnebenkosten Berücksichtigung gefunden habe. Zudem habe er als zuständiger Rechtspfleger des Amtsgerichts (...) in zwei Teilungsversteigerungsverfahren und in zwei Verfahren der Mobiliarzwangsvollstreckung kollusiv mit einem der Verfahrensbeteiligten zusammengearbeitet, indem er für diesen Anträge bei Gericht eingereicht und über jene selbst entschieden habe.

11

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 9. Dezember 2013 das Disziplinarverfahren gemäß § 53 Satz 1 DG LSA auf die Handlungen beschränkt, welche zu der strafrechtlichen Verurteilung wegen Untreue und Vorteilsannahme durch das Landgericht Halle in dem Urteil vom 22. September 2010 geführt haben.

12

In dem erstinstanzlichen Verfahren hat der Kläger ausgeführt, der Beklagte habe ein schweres Dienstvergehen begangen, welches die Entfernung aus dem Dienst rechtfertige. Das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn und der Allgemeinheit sei endgültig zerstört. Der Beamte habe seine dienstliche Stellung als zuständiger Rechtspfleger im Verfahren der Zwangsverwaltung und der Zwangsvollstreckung missbraucht, um sich einen persönlichen Vorteil, namentlich die fortdauernde kostenlose Nutzung der Wohnung in dem zwangsverwalteten Objekt zu verschaffen. Unbestechlichkeit und Uneigennützigkeit seien eine wesentliche Grundlage für jedes öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis. Der Beklagte habe gezeigt, dass er es nicht verstehe, seine dienstlichen Obliegenheiten von privaten, eigenen Interessen zu trennen.

13

Der Kläger hat beantragt,

14

den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen.

15

Der Beklagte hat beantragt,

16

die Disziplinarklage abzuweisen.

17

Er hat zunächst formelle Mängel des Disziplinarverfahrens geltend gemacht. Es bestehe vor allem keine Bindungswirkung bezüglich der Feststellungen in dem rechtskräftigen strafgerichtlichen Urteil. Entgegen diesen Feststellungen sei er weder Mieter noch Nutzer der Immobilie L-Straße 12 in (L.) gewesen, sondern er habe sich lediglich um das Objekt „gekümmert“ und „nach dem Rechten geschaut.“ Von einer stillschweigenden Übereinkunft zwischen ihm und dem Zwangsverwalter sei in keiner Weise auszugehen. Er habe das Zwangsverwaltungsverfahren neutral geführt. Auch sei seine Persönlichkeit bisher nicht hinreichend berücksichtigt worden. Er habe die Justiz in Sachsen-Anhalt mit aufgebaut und sich stets als ein vertrauenswürdiger und zuverlässiger Rechtspfleger erwiesen; so habe er mit erheblichem persönlichen Einsatz u. a. die Beratungshilfeverfahren mit der Folge einer deutlichen Ersparnis für den Dienstherrn bearbeitet. Seit dem Jahr 2007 sei er aufgrund von „Repressalien“ der damaligen Direktorin des Amtsgerichts erheblichen gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt gewesen. Schließlich habe er erheblich an den wirtschaftlichen Folgen des Strafverfahrens und der damit verbundenen Rufschädigung zu tragen.

18

Das Verwaltungsgericht hat der Disziplinarklage entsprochen und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

19

Der Beklagte habe ein schwerwiegendes Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen, welches die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach sich ziehe. Das Disziplinargericht sei gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 DG LSA an die tatsächlichen Feststellungen in dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Halle vom 22. September 2010 gebunden. Die Bindungswirkung erstrecke sich auf den inneren und äußeren Tatbestand der Straftat, also auch auf den Vorsatz sowie auf die Schuldfähigkeit. Danach habe die Disziplinarkammer keine Zweifel an der Richtigkeit der strafrichterlichen Feststellungen zum Tathergang der strafrechtlich relevanten Untreue und der Vorteilsannahme. Der Beklagte habe gegen die ihn aus seiner Tätigkeit als Rechtspfleger obliegende Vermögensbetreuungspflicht verstoßen, indem er den von ihm eingesetzten Zwangsverwalter nicht dazu angehalten habe, bei ihm selbst Miet- bzw. Nutzungsentschädigung und Betriebskosten einzufordern. Dieses Verhalten habe bei der Gläubigerin bzw. bei dem Schuldner selbst zu einem Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB geführt. Die unentgeltliche Nutzung der Wohnung während der von dem Beklagten angeordneten Zwangsverwaltung stelle einen Vorteil im Sinne der §§ 331, 333 StGB dar.

20

Der Beklagte habe damit sowohl seine Dienstpflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (§ 34 Satz 3 BeamtStG) als auch zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) verletzt. Verstöße gegen die Uneigennützigkeit der Dienstausübung stellten sehr schwerwiegende Pflichtverletzungen dar. Dem Verbot der Vorteilsannahme in Bezug auf das Amt komme als Bestandteil der Dienstpflicht zur uneigennützigen Amtsführung herausragende Bedeutung zu. Ein Beamter, der hiergegen verstoße, zerstöre regelmäßig das Vertrauen des Dienstherrn und der Öffentlichkeit. Der Beklagte habe sich in einer herausgehobenen amtlichen Vertrauensposition befunden. Der durch sein Verhalten eingetretene finanzielle Schaden liege auch weit über der sog. Bagatellgrenze. Schließlich seien durchgreifende besondere Umstände, die ein Absehen von der angezeigten disziplinaren Höchstmaßnahme rechtfertigten, nicht zu erkennen. Vor allem könne aufgrund des mehrjährigen Zeitraums auch nicht von einem einmaligen Fehlverhalten oder einem persönlichkeitsfremden „Ausrutscher“ ausgegangen werden. Auch die von dem Beklagten vorgetragenen gesundheitlichen und beruflichen Nachteile seien nicht dazu geeignet, die Dienstpflichtverletzung in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Schließlich rechtfertige auch weder die Dauer des Disziplinarverfahrens noch der Umstand, dass die hier maßgebliche Tat schon lange zurückliege, nicht dazu, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn diese Maßnahme an sich geboten sei.

21

Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte - im Ergebnis fristgerecht - Berufung eingelegt, welche er wie folgt begründet:

22

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruhe auf einem wesentlichen Verstoß gegen Verfahrensregeln, die bereits im behördlichen Disziplinarverfahren missachtet worden seien:

23

Er habe bereits in der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2013 als wesentlichen Mangel gemäß § 52 DG LSA gerügt, dass während des gegen ihn geführten Disziplinarverfahrens zu keinem Zeitpunkt die Personalvertretung beteiligt worden sei. Zwar regele § 66 Ziff. 9, 10 PersVG LSA die Mitbestimmung des Personalrats lediglich bei der Entlassung von Beamten auf Probe sowie von Widerrufsbeamten; allerdings sei zu bedenken, dass nach der bundesrechtlichen Regelung in § 78 Abs. 1 Ziff. 3 BPersVG der Personalrat mitzuwirken habe, sofern gegen einen Bundesbeamten Disziplinarklage erhoben werden solle. Eine derartige landesrechtliche Regelung bestehe in zehn Bundesländern, allerdings nicht in Sachsen-Anhalt; mithin beanspruche die landesrechtliche Regelung des § 66 PersVG LSA Geltung auch bei den Beamten auf Lebenszeit, anderenfalls ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vorläge.

24

2. Das Verwaltungsgericht habe es in rechtsfehlerhafter Weise versäumt, im Hinblick auf den der Disziplinarklage zugrunde liegenden Lebenssachverhalt eigene Feststellungen zu treffen. Zwar sei es zutreffend, dass gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 DG LSA grundsätzlich eine Bindungswirkung an vorausgegangene Strafurteile, welche denselben Sachverhalt betreffen, bestehe. Allerdings hätten sich dem Verwaltungsgericht ernsthafte Zweifel an den vom Landgericht Halle in seinem Urteil vom 22. September 2010 getroffenen tatsächlichen Feststellungen aufdrängen müssen, weshalb es gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 DG LSA eigene Sachverhaltsfeststellungen hätte treffen müssen. Insoweit wiederholt der Beklagte seine Ausführungen in der Klageerwiderung vom 11. Oktober 2012 unter Aufrechterhaltung der dortigen Beweisantritte. Schließlich habe das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung, gegen ihn die disziplinare Höchstmaßnahme zu verhängen und ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, in rechtsfehlerhafter Weise wesentliche Gesichtspunkte für die zu treffende Prognoseentscheidung unberücksichtigt gelassen. Insofern bezieht sich der Beklagte auf seinen im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Schriftsatz vom 23. Januar 2013, in welchem er u. a. seine dienstlichen Leistungen und die von ihm dort aufgeführten nebenamtlichen Tätigkeiten, u. a. als Dozent an der FHS und als Mitglied des Prüfungsausschusses für den mittleren Justizdienst vorgetragen hat.

25

3. Schließlich habe das Verwaltungsgericht sein Verhalten fälschlich als ausschließlich innerdienstlichen Pflichtverstoß gewürdigt, indes außer Acht gelassen, dass er „in Kontakt mit der in Rede stehenden Immobilie in (L.)“ zunächst als Privatperson und nicht von Beginn an in seiner Tätigkeit als Beamter gekommen sei.

26

Der Beklagte beantragt,

27

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 13. Dezember 2013 - 8 A 17/12 MD - aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen.

28

Der Kläger beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen.

30

Er tritt zunächst dem Vorbringen entgegen, das Disziplinarverfahren sei formal fehlerhaft durchgeführt worden. Die Beteiligung der Personalvertretung bei Erhebung der Disziplinarklage sei nicht erforderlich, weil sie gesetzlich nicht vorgeschrieben sei. Es bestehe insoweit auch keine planwidrige Gesetzeslücke, die durch eine entsprechende Anwendung des geltenden Rechts zu füllen sei.

31

Das vom Verwaltungsgericht getroffene Ergebnis sei auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Zunächst habe das Verwaltungsgericht zu Recht die von dem Strafgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen zugrunde gelegt. Das Vorbringen des Beklagten sei nicht geeignet, der Einordnung der Benutzung der Wohnung durch ihn als geldwerten Vorteil entgegen zu stehen. Er stelle selbst nicht in Abrede, in der Wohnung behördlich gemeldet zu sein, die Adresse gegenüber seinem Dienstherrn als Wohnanschrift angegeben und auch seine Post dort empfangen zu haben. Diese Indizien habe das Landgericht heranziehen können, um die Benutzung der Wohnung durch den Beklagten als geldwerten Vorteil einzustufen, welcher mit einer Mietzahlung abzugelten gewesen wäre. Das Landgericht habe sich mit den Angaben der Zeugen und seiner Beweiswürdigung auseinandergesetzt; die schließlich vom Bundesgerichtshof gebilligte Beweiswürdigung sei vollständig und stelle eine tragfähige Grundlage des gewonnenen Ergebnisses dar. Die vom Beklagten vorgebrachten Argumente seien nicht geeignet, der Einordnung der Benutzung der Wohnung durch ihn als geldwerten Vorteil entgegen zu stehen. Sein Verhalten begründe - wie der Bundesgerichtshof festgestellt habe - einen Verstoß gegen die §§ 331, 333 StGB.

32

Mit Recht habe das Verwaltungsgericht das Dienstvergehen des Beklagten als hinreichend schwerwiegend eingestuft, um dessen Entfernung aus dem Dienst zu rechtfertigen. Wenngleich das Verwaltungsgericht auf das Leistungsbild, welches der Beklagte vor dem Dienstvergehen erbracht habe, nicht eingegangen sei, so vermöge dies gleichwohl die Disziplinarmaßnahme nicht infrage zu stellen. Das Verwaltungsgericht habe unausgesprochen zu erkennen gegeben, dass die vom Beklagten erbrachten Leistungen die disziplinarischen Verfehlungen nicht aufzuwiegen vermögen.

Entscheidungsgründe

33

Die am 25. Februar 2013 eingelegte Berufung des Beklagten ist im Ergebnis zulässig, wenngleich das erstinstanzliche Urteil in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Beklagten bereits am 16. Januar 2013 eingegangen ist, der Prozessbevollmächtigte selbst jedoch das Empfangsbekenntnis erst am 27. Januar 2013 - seinen Angaben zufolge nach vorheriger Rücksprache mit dem Beklagten, ob die Berufung überhaupt durchgeführt werden solle - unterzeichnet hat. Der Senat sieht sich insoweit an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. B. v. 29. April 2001 -8 B 86/10 -) gebunden, wonach die wirksame Zustellung eines Urteils im Verwaltungsprozess den Annahmewillen des Prozessbevollmächtigten voraussetze.

34

Die Berufung ist indes unbegründet, denn das Urteil des Verwaltungsgerichts ist sowohl hinsichtlich der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Sachverhalts als auch hinsichtlich der Sanktionsfindung nicht zu beanstanden.

35

1. Soweit der Beklagte zunächst einen Verfahrensmangel mit der Begründung rügt, dass die Personalvertretung nicht beteiligt worden sei, hat er damit keinen Erfolg. Wie der Kläger zutreffend ausführt, ist eine Beteiligung der Personalvertretung im Zusammenhang mit der Erhebung einer Disziplinarklage rechtlich nicht geboten, weil das PersVG LSA ein solches Beteiligungserfordernis nicht vorsieht. Gemäß den ausdrücklichen Regelungen in § 66 Nr. 1 und 2 PersVG LSA hat der Personalrat lediglich bei der (beamtenrechtlichen) Entlassung von Beamten auf Probe bzw. auf Widerruf mitzubestimmen. Eine Beteiligungsbefugnis im Fall der Entlassung eines Beamten auf Lebenszeit hat der Landesgesetzgeber gerade nicht vorgeschrieben. Insoweit ist auch keine sog. Gesetzeslücke zu erkennen, die durch die Konstruktion einer weitergehenden Beteiligungsmöglichkeit auszufüllen wäre. Vielmehr weist der Kläger mit Recht auf die grundlegend unterschiedliche Situation der jeweiligen Verfahren hin: Während die Entlassung eines Beamten auf Probe bzw. auf Widerruf durch den Dienstherrn in eigener Zuständigkeit, mithin im Verwaltungsverfahren erfolgt, liegt die Zuständigkeit hinsichtlich der Entlassung von Beamten auf Lebenszeit im Disziplinarwege bei den Disziplinargerichten. Insofern hat der Landesgesetzgeber mit seiner Entscheidung, eine Beteiligung der Personalvertretung vor bzw. in gerichtlichen Disziplinarverfahren nicht vorzusehen, der unterschiedlichen Schutzbedürftigkeit der Betroffenen in den jeweiligen Verfahrensarten Rechnung getragen. Für eine vom Beklagten geforderte Anwendung der Beteiligungsvorschriften des PersVG LSA auf die vorliegende Konstellation unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG besteht danach kein Anlass.

36

2. Der Beklagte kann auch nicht mit Erfolg einwenden, das Verwaltungsgericht habe es in rechtsfehlerhafter Weise versäumt, eigene tatsächliche Feststellungen zu treffen. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 DG LSA sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, bindend. Dabei bezieht sich die Bindungswirkung nicht nur auf die Feststellungen zum eigentlichen Tathergang, sondern auch auf diejenigen zum inneren Tatbestand, mithin auf Feststellungen zur Schuldform sowie zu Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründen (vgl. hierzu Urban/Wittkowski, § 23 BDG, Rdn. 3 m. w. N.).

37

Der Sinn der gesetzlich angeordneten Bindungswirkung strafgerichtlicher Urteile besteht darin, dass eine erneute Beweisaufnahme durch die Disziplinargerichte grundsätzlich vermieden werden soll. Dies zeigt sich gerade an dem hier zugrunde liegenden Verfahrensgang:

38

Das Landgericht Halle hat den Sachverhalt aufgrund einer elftägigen Hauptverhandlung, in deren Rahmen der jetzige Prozessbevollmächtigte des Beklagten als Verteidiger aufgetreten ist, abschließend geklärt, insbesondere eine umfassende Beweisaufnahme durch Vernehmung zahlreicher, auch von der Verteidigung benannter Zeugen durchgeführt. Das mehr als 90seitige Urteil des Landgerichts würdigt im Einzelnen das Ergebnis der Beweisaufnahme, gerade auch unter Einbeziehung der Einlassungen der Angeklagten. Dass das Urteil des Landgerichts Halle hinsichtlich der Würdigung des Sachverhalts keinen Beanstandungen unterliegt, zeigt nicht nur der Umstand, dass der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 28. Juli 2011 die sowohl sachlich als auch rechtlich begründete Revision des Beklagten verworfen hat; vielmehr hat der Bundesgerichtshof seinem Revisionsurteil ausdrücklich die vom Landgericht Halle getroffenen tatsächlichen Feststellungen - zusammengefasst - zugrunde gelegt.

39

Danach ist nicht zu erkennen, inwieweit hier für das Verwaltungsgericht Anlass bestanden haben sollte, ausnahmsweise von der gesetzlichen Bindungswirkung der strafrichterlichen Feststellungen abzusehen und eine (erneute) Beweisaufnahme durchzuführen. Dementsprechend sieht auch der Senat keine Veranlassung zur Durchführung einer Beweisaufnahme, sondern legt ebenso den von den Strafgerichten festgestellten Sachverhalt zugrunde.

40

3. Soweit der Beklagte schließlich rügt, das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft verkannt, dass er zunächst als „Privatperson“ mit der Immobilie in (L.) „in Kontakt gekommen“ sei und sei deswegen zu Unrecht von einem ausschließlich innerdienstlichen Fehlverhalten ausgegangen, geht auch dieser Einwand im Ergebnis fehl. Der Vorwurf der innerdienstlichen Pflichtverletzung bezieht sich (lediglich) auf seine dienstliche Befassung mit dem Objekt, und zwar beginnend mit dem Eingang des Antrags der Gläubigerbank auf Anordnung der Zwangsverwaltung. Hierzu hat der Bundesgerichtshof in seinem Revisionsurteil ausgeführt, dass der Beklagte - weil selbst betroffen - gemäß § 10 RPflG i. V. m. § 41 Nr. 1 ZPO in dem Zwangsverwaltungsverfahren schon gar nicht hätte tätig werden dürfen. Bereits der Umstand, dass sich der Beklagte über dieses Verbot schlicht hinweggesetzt hat, begründet den Vorwurf eines innerdienstlichen Fehlverhaltens.

41

Im übrigen hat der Bundesgerichtshof im einzelnen ausgeführt, dass sich der Beklagte - in Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit als Rechtspfleger - in doppelter Hinsicht strafbar gemacht hat:

42

Die Verurteilung des Beklagten wegen Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) gründet sich darauf, dass diesem eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Gläubigern bzw. dem Grundstückseigentümer selbst oblag. Der Bundesgerichtshof hat dazu ausgeführt, dem Rechtspfleger komme im Zwangsverwaltungsverfahren eine „verfahrensbeherrschende Stellung“ zu. Das Vollstreckungsgericht sei berechtigt und verpflichtet, den Verwalter zu leiten und im Rahmen der Aufsicht festgestellte Pflichtwidrigkeiten zu beseitigen; die Aufsichtstätigkeit des Rechtspflegers beziehe sich insbesondere auf die treuhändische Tätigkeit des Zwangsverwalters und die diesem obliegende Pflicht zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen der Beteiligten.

43

Der Beklagte hat danach - wie der Bundesgerichtshof weiter ausführt - gegen die ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verstoßen, indem er den Zwangsverwalter nicht dazu anhielt, bei ihm selbst Miete bzw. Nutzungsentschädigung und Betriebskosten für die Dachwohnung einzufordern. Die Verletzung dieser Pflicht hat auch zu einem Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB bei der Gläubigerin bzw. dem Grundstückseigentümer geführt, mithin bei denjenigen, deren Interessen der Beklagte gerade zu wahren hatte.

44

Die für die Verurteilung wegen Vorteilsannahme (§§ 331,333 StGB) erforderliche Unrechtsvereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Zwangsverwalter (D.) hat der Bundesgerichtshof bejaht. Dabei hat er ausgeführt, dass unter die Straftatbestände auch die Konstellationen fallen, in denen durch einen Vorteil nur das generelle Wohlwollen und die Geneigtheit des Amtsträgers erkauft bzw. „allgemeine Klimapflege“ betrieben wird, wobei allerdings erforderlich sei, dass Ziel der Vorteilszuwendung sei, auf die künftige Dienstausübung Einfluss zu nehmen und/oder die vergangene Dienstausübung zu honorieren. Diese Voraussetzung hat der Bundesgerichtshof als gegeben angesehen, weil sich der Zwangsverwalter ein „Gewogensein des Angeklagten A. gerade im Rahmen dessen dienstlicher Tätigkeit versprochen“ habe. Im Einvernehmen hiermit habe der Beklagte als der für das Zwangsverwaltungsverfahren zuständige Rechtspfleger, mithin als Amtsträger handeln sollen. Die unentgeltliche Nutzung der Wohnung während der vom Beklagten angeordneten Zwangsverwaltung stelle einen entgegengenommenen bzw. gewährten Vorteil im Sinne der §§ 331,333 StGB dar. Denn hierunter sei jede Leistung zu verstehen, auf die der Amtsträger keinen Anspruch habe und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessere.

45

Der Senat legt seiner Entscheidungsfindung sowohl die im rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen als auch die strafrechtliche Bewertung des Sachverhalts durch den Bundesgerichtshof zugrunde. Ergänzend weist der Senat auf folgende, sich aus den Akten ergebende Umstände hin, welche die durch die Strafgerichte getroffene Tatsachenfeststellung stützen:

46

Der Beklagte war in der Wohnung in (L.) seit dem 1. November 1999 bis Ende 2005 mit Hauptwohnsitz gemeldet. Die dortige Wohnsitznahme hat er seiner Dienststelle mit Veränderungsanzeige vom 18. November 1999 übermittelt. Dies unterstreicht, dass der Beklagte die Wohnung auch tatsächlich genutzt hat. Zudem hat der Beklagte in seiner dienstlichen Eigenschaft die vom Zwangsverwalter erstellten Auflistungen bzw. Jahresabrechnungen über die Mietverhältnisse in dem Haus - mit namentlicher Aufzählung der Mieter, der jeweiligen Wohnfläche und des gezahlten Mietzinses - entgegengenommen; ihm war daher stets bewusst, dass die eigene Nutzung der Wohnung von vornherein außer Betracht blieb, was ihm indes keine Veranlassung gab, auf eine tatsächliche Richtigkeit der Aufstellungen hinzuwirken. Dies lässt ohne weiteres darauf schließen, dass es zwischen ihm und dem Verwalter eine Vereinbarung gab, die vom Beklagten genutzte Fläche von vornherein außer Betracht zu lassen.

47

In disziplinarrechtlicher Hinsicht schließt sich der Senat der rechtlichen Einordnung durch das Verwaltungsgericht an:

48

Mit seinem Verhalten hat der Beklagte ein innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen, indem er seine Dienstpflicht sowohl zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) als auch zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) verletzt hat.

49

Im Rahmen der Sanktionsfindung hat das Verwaltungsgericht zutreffend die gesetzlichen Kriterien gemäß § 13 Abs. 1 DG LSA berücksichtigt. Welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung (vgl. BVerwG, U. v. 25. Juli 2013 - 2 C 63/11 -, Rdn. 13 ff.). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, a. a. O. unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 -).

50

Das hier zugrunde liegende Verhalten des Beklagten stellt sich schon deswegen als eine schwerwiegende Verletzung von Dienstpflichten dar, weil dieser sich zugleich wegen Delikten strafbar gemacht hat, welche den Kernbereich der Amtsausübung im Beamtenverhältnis betreffen. Wie das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U. v. 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 -) zutreffend ausgeführt hat, kommt dem Verbot der Vorteilsnahme in Bezug auf das Amt als Bestandteil der Dienstpflicht zur uneigennützigen Amtsführung herausragende Bedeutung zu. Eine rechtsstaatliche Verwaltung - zu der insoweit selbstverständlich auch die Tätigkeit von Grundbuchrechtspflegern zählt - ist auf die berufliche Integrität des Berufsbeamtentums zwingend angewiesen. Jeder Eindruck, ein Beamter sei für Gefälligkeiten offen oder gar käuflich, beschädigt das unverzichtbare Vertrauen in die strikte Bindung staatlichen Handelns an Gesetz und Recht.

51

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist bei strafbarem Verhalten nach § 331 StGB (Vorteilsannahme im strafrechtlichen Sinn) im Regelfall angezeigt, wenn ein Beamter als Inhaber eines herausgehobenen Amtes oder einer dienstlichen Vertrauensstellung für die Dienstausübung einen mehr als unerheblichen Vorteil fordert oder annimmt. Dabei muss eine Unrechtsvereinbarung zustande kommen, d.h. der Beamte muss eine Beziehung zwischen Vorteil und Dienstausübung herstellen. Es reicht indes aus, wenn durch den Vorteil das allgemeine Wohlwollen des Beamten bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erkauft werden soll (vgl. BVerwG, U. v. 28. Februar 2013, a. a. O., Rdn. 31 ff.).

52

Die Voraussetzungen für die Anwendung der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind gegeben. Der Beklagte hat sich wegen Vorteilsannahme gemäß § 331 (und zusätzlich wegen Untreue gemäß § 266 StGB) strafbar gemacht, wobei es nach den Feststellungen der Strafgerichte zu einer Unrechtsvereinbarung zwischen dem Beklagten und dem von ihm bestellten Zwangsverwalter gekommen ist. Insoweit reicht es aus, wenn - wie hier - durch den Vorteil das allgemeine Wohlwollen des Beamten bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben „erkauft“ werden soll. Im übrigen kommt es auch nicht darauf an, ob es sich bei einem unerlaubten Vorteil um eine Geld- oder um eine Sachleistung handelt; daher unterfällt auch der - hier gegebene - Verzicht auf die Erhebung vom Miete und Nebenkosten für die vom Beklagten genutzte Wohnung den Kriterien für die Sanktionsbemessung bei unerlaubter Vorteilsannahme.

53

Ist danach im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens grundsätzlich die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 DG LSA indiziert, so ist gleichwohl zu prüfen, ob mildernde Umstände von einem Gewicht vorliegen, das die Schwere des Pflichtenverstoßes und sonstige belastende Umstände aufwiegt.

54

Derartige mildernde Umstände liegen nicht darin begründet, dass der Beklagte im Strafverfahren nur zu einer relativ geringen Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt worden ist. Der Bundesgerichtshof hat dazu bemerkt, dass die gegen beide Angeklagte verhängten Strafen außerordentlich milde seien, die Grenze des Vertretbaren „noch nicht“ überschritten sei. Der Senat vermag daher aus der - insbesondere mit dem Vorliegen eines sog. vertypten Milderungsgrundes im Sinne der §§ 13 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB begründeten - Strafzumessung durch das Landgericht nicht auf das Vorliegen besonderer Umstände schließen, die das Handeln des Beklagten in disziplinarrechtlicher Hinsicht in einem besonders milden Licht erscheinen ließen.

55

Auch der Umstand, dass der Beklagte die Wohnung schon vor der Bestellung des Zwangsverwalters kostenlos genutzt hat, vermag den Senat nicht zur Annahme besonderer Milderungsgründe zu veranlassen. Der Vorwurf dienstlichen Fehlverhaltens bezieht sich gerade auf die Zeit seit der erstmaligen dienstlichen Befassung mit dem Mietobjekt, weshalb es auch als innerdienstliches Fehlverhalten anzusehen ist. Im übrigen hätte der Beklagte den Umstand der kostenlosen Nutzung einer Wohnung in dem von ihm dienstlich zu betreuenden Objekt schon im Hinblick auf den vom Bundesgerichtshof hervorgehobenen gesetzlichen Hinderungsgrund, jedenfalls aber zur Vermeidung schon des Verdachts möglicher Pflichtenkollisionen dem Dienstherrn anzeigen können und auch müssen. Dass er eine solche Anzeige nicht nur unterlassen, sondern die Wohnung während seiner laufenden dienstlichen Tätigkeit noch für einen mehrjährigen Zeitraum weiter genutzt hat, spricht für ein bewusstes, am eigenen Vorteil orientiertes Kaschieren der tatsächlichen Situation. Im übrigen hat der Beklagte den rechtswidrigen Zustand auch nicht etwa aus eigenem Antrieb beendet und sich dem Dienstherrn offenbart, sondern schlicht abgewartet, bis sein Fehlverhalten im Rahmen von Personalgesprächen anlässlich einer Entscheidung über eine in Aussicht genommene Versetzung im November 2007 offenbar wurde.

56

Es handelte sich bei der Gesamtsumme der „ersparten Aufwendungen“ von 8408,84 Euro auch nicht um einen Betrag, der unter die von der Rechtsprechung entwickelte Bagatellgrenze fallen könnte. Unabhängig davon ist der Gesamtbetrag - auch wenn die angenommenen monatlichen Raten bei ca. 150 Euro liegen - nicht dermaßen gering, dass er Anlass zur Annahme von Milderungsgründen geben könnte.

57

Auch der Hinweis des Beklagten auf seine dienstlichen Leistungen und seinen langjährigen Einsatz vermag den Senat nicht dazu veranlassen, von der an sich gebotenen Sanktion der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine langjährige pflichtgemäße Dienstausübung selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - deren Erbringung sich hier angesichts der Durchschnittsnote „D“ allerdings nicht aufdrängt - regelmäßig nicht geeignet, gravierende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BVerwG, a. a. O. Rdn. 43 m. w. N.).

58

Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass sich das Disziplinarverfahren etwa unverhältnismäßig lange hinausgezögert hat. Der Umstand, dass die Disziplinarklage erst im Jahr 2012 erhoben worden ist, ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass das Strafverfahren erst im September 2011 mit dem Urteil des Bundesgerichtshofes abgeschlossen wurde. Eine Verzögerung des weiteren Verfahrens durch den Kläger ist darin nicht zu erkennen. Unabhängig davon würde allerdings auch eine unangemessen lange Dauer des Disziplinarverfahrens keinen bemessungsrelevanten Umstand darstellen, der das Verwaltungsgericht berechtigen würde, von der gebotenen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen (vgl. BVerwG, a. a. O., Rdn. 44).

59

Schließlich vermag auch die vom Beklagten vorgebrachte gesundheitliche Beeinträchtigung im Jahr 2007 nicht zur Annahme von Milderungsgründen zu führen - dies schon deswegen nicht, weil der disziplinarrechtlich maßgebliche Zeitrahmen bis zum Jahr 2002 zurückreicht, sich mithin auf einen sehr langen Zeitraum bezieht, für welchen der Beklagte selbst keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorträgt. Gleiches gilt für die von ihm behaupteten finanziellen Belastungen im Zusammenhang mit dem Disziplinarverfahren; diese beziehen sich auf die Zeit nach Entdeckung seines Fehlverhaltens, können also schon deswegen für die Sanktionsfindung außer Betracht bleiben.

60

Zu dem Vorbringen des Beklagten in der Berufungsverhandlung, man könne sich in einer so kleinen Stadt wie (...) „kaum aus dem Weg gehen“, bemerkt der Senat abschließend, dass gerade in derartigen - scheinbaren - Näheverhältnissen dafür Sorge zu tragen ist, dass gar nicht erst der Eindruck einer „Kumpanei“ zwischen Justizbediensteten und Außenstehenden entstehen darf. Die Rechtsuchenden müssen sich stets darauf verlassen können, dass ihre Anliegen ausschließlich nach Recht und Gesetz bearbeitet und beschieden werden.

61

Danach ist der Beklagte gemäß §§ 13 Abs. 3, 10 Abs. 1 DG LSA aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Die damit verbundenen, insbesondere wirtschaftlichen Konsequenzen hat er selbst zu tragen, denn er hat die Ursache hierfür selbst mit seinem Fehlverhalten gesetzt. Gemäß § 10 Abs. 3 DG LSA steht ihm zur Vermeidung besonderer Härten zunächst für die Dauer von sechs Monaten ein sog. Unterhaltsbeitrag in Höhe von 50 v. H. seiner Dienstbezüge zu.

62

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 72 DG LSA, 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtsgebührenfreiheit ergibt sich aus § 73 Abs. 1 Satz 1 DG LSA.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 18. Nov. 2014 - 10 L 3/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 18. Nov. 2014 - 10 L 3/14

Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 18. Nov. 2014 - 10 L 3/14 zitiert 15 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 34 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Strafgesetzbuch - StGB | § 13 Begehen durch Unterlassen


(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichun

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 47 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße g

Zivilprozessordnung - ZPO | § 41 Ausschluss von der Ausübung des Richteramtes


Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen: 1. in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;2.

Strafgesetzbuch - StGB | § 331 Vorteilsannahme


(1) Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 33 Grundpflichten


(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der

Strafgesetzbuch - StGB | § 333 Vorteilsgewährung


(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewähr

Rechtspflegergesetz - RPflG 1969 | § 10 Ausschließung und Ablehnung des Rechtspflegers


Für die Ausschließung und Ablehnung des Rechtspflegers sind die für den Richter geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Über die Ablehnung des Rechtspflegers entscheidet der Richter.

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 23 Bindung an tatsächliche Feststellungen aus Strafverfahren oder anderen Verfahren


(1) Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, durch das nach § 9 des Bundesbesoldungsgesetzes über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 18. Nov. 2014 - 10 L 3/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 18. Nov. 2014 - 10 L 3/14 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 25. Juli 2013 - 2 C 63/11

bei uns veröffentlicht am 25.07.2013

Tenor Die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. September 2010 und des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. Dezember 2004 werden aufgehoben.
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 18. Nov. 2014 - 10 L 3/14.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 30. Jan. 2019 - 16a D 17.65

bei uns veröffentlicht am 30.01.2019

Tenor I. In Abänderung der Ziff. I des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 18. Oktober 2016 wird gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge um 1/5 auf fünf Jahre erkannt. II. Der Beklagte

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 07. Dez. 2017 - 10 L 2/17

bei uns veröffentlicht am 07.12.2017

Tatbestand 1 Die am (…) 1970 geborene Beklagte steht als Beamtin auf Lebenszeit im Polizeidienst des Landes Sachsen-Anhalt. Sie wurde nach Absolvierung einer Lehre zum Wirtschaftskaufmann/Industrie am 1. Oktober 1989 in den Polizeidienst aufgenomm

Referenzen

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ein Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn der Täter einen nicht von ihm geforderten Vorteil sich versprechen läßt oder annimmt und die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme vorher genehmigt hat oder der Täter unverzüglich bei ihr Anzeige erstattet und sie die Annahme genehmigt.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme des Vorteils durch den Empfänger vorher genehmigt hat oder sie auf unverzügliche Anzeige des Empfängers genehmigt.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ein Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn der Täter einen nicht von ihm geforderten Vorteil sich versprechen läßt oder annimmt und die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme vorher genehmigt hat oder der Täter unverzüglich bei ihr Anzeige erstattet und sie die Annahme genehmigt.

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einem Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme des Vorteils durch den Empfänger vorher genehmigt hat oder sie auf unverzügliche Anzeige des Empfängers genehmigt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, durch das nach § 9 des Bundesbesoldungsgesetzes über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst entschieden worden ist, sind im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, bindend.

(2) Die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind nicht bindend, können aber der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne nochmalige Prüfung zugrunde gelegt werden.

Für die Ausschließung und Ablehnung des Rechtspflegers sind die für den Richter geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Über die Ablehnung des Rechtspflegers entscheidet der Richter.

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist;
5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist;
6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt;
7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird;
8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

Tenor

Die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. September 2010 und des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. Dezember 2004 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird in das Amt eines Polizeiobermeisters (Besoldungsgruppe A 8 BBesO) versetzt.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Tatbestand

1

Der 1958 geborene Beklagte steht als Polizeihauptmeister im Dienst der Klägerin. Mit rechtskräftigem Urteil vom 17. April 2002 wurde er zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Er hatte am 13. Mai 2001 außerdienstlich vor seinem Anwesen zwei Personen wegen ihres Fahrverhaltens zur Rede gestellt, beleidigt und mit der nicht geladenen Waffe bedroht. Das sachgleiche Disziplinarverfahren wurde im Hinblick auf das Strafurteil mit Verfügung vom 26. Juni 2002 unter Feststellung einer an sich verwirkten langfristigen Kürzung der Dienstbezüge wegen Maßnahmeverbots eingestellt.

2

Gegenstand der Disziplinarklage ist der durch Urteil vom 19. März 2003 rechtskräftig festgestellte Sachverhalt, nach dem der Beklagte am 4. Dezember 2002 einen 50-€-Schein aus der Geldbörse eines Kollegen in der Absicht, diesen für sich zu behalten, entnahm. Die Geldbörse mit weiterem Bargeld befand sich im unverschlossenen Aktenkoffer des Kollegen, den dieser im Umkleideraum seiner Hundertschaft abgestellt hatte. Der Beklagte wurde wegen des Diebstahls zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt; die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil vom 17. April 2002 wurde nicht widerrufen.

3

Im sachgleichen Disziplinarklageverfahren hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 6. Dezember 2004 den Beklagten um zwei Ämter in das Eingangsamt eines Polizeimeisters zurückgestuft. Das Berufungsgericht hat den Beamten mit Beschluss vom 10. November 2006 aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidung durch Urteil vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 43.07 - aufgehoben und die Sache zur Verhandlung und erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht habe nicht ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, weil § 130a VwGO im Disziplinarklageverfahren nicht anwendbar sei. Zudem weise die Maßnahmebemessung Rechtsfehler auf.

4

Mit dem angegriffenen Urteil hat das Berufungsgericht den Beamten aus dem Dienst entfernt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

5

Der Kollegendiebstahl ziehe im Falle der Geringwertigkeit des entwendeten Betrags nach seiner Schwere im Regelfall eine Zurückstufung nach sich. Weitere anerkannte Milderungsgründe oder sonstige mildernde Umstände von insgesamt vergleichbarem Gewicht lägen nicht vor. Demgegenüber falle erschwerend ins Gewicht, dass der Beklagte sich das vorhergehende Disziplinarverfahren und die strafgerichtliche Verurteilung nicht zur Warnung habe dienen lassen. Ein Beamter, der der Versuchung nicht widerstehen könne, eine zufällig unbewachte und unverschlossene Tasche eines Kollegen zu öffnen und aus dem darin vorgefundenen Geldbeutel Geld zu entwenden, und sich eine zeitnah vorangegangene Bestrafung bei noch laufender Bewährungsfrist nicht zur abschreckenden Warnung dienen lasse, sei nicht mehr tragbar.

6

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Revision. Er beantragt,

die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. September 2010 und des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. Dezember 2004 aufzuheben und eine mildere Disziplinarmaßnahme zu bestimmen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Beklagten ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht, nämlich § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 2 Satz 1 BDG69 BDG, § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Senat macht nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten von der ihm gesetzlich eröffneten Möglichkeit Gebrauch, die Disziplinarmaßnahme auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts abschließend zu bestimmen (§ 70 Abs. 1, § 65 Abs. 1 Satz 1, § 60 Abs. 2 BDG).

9

Das Revisionsgericht hat bei der Anwendung des revisiblen Rechts auf den festgestellten Sachverhalt (§ 137 Abs. 2 VwGO, § 69 BDG) grundsätzlich dieselben Befugnisse und Entscheidungsmöglichkeiten, die das Berufungsgericht im Falle einer Zurückverweisung hätte. Das Bundesdisziplinargesetz enthält insoweit, anders als etwa § 82 Abs. 3 Satz 2 DRiG, keine Einschränkungen. Vielmehr gilt die Regelung des § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG, die den Verwaltungsgerichten die Befugnis zur Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme überträgt, gemäß § 70 Abs. 1, § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG auch für das Revisionsverfahren (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 26, vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4 Rn. 27 und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 Rn. 25).

10

Das Bundesverwaltungsgericht kann von der ihm danach zustehenden, durch die Rechtsmittelanträge eingeschränkten Befugnis jedoch nur Gebrauch machen, wenn es aufgrund der gemäß § 137 Abs. 2 VwGO, § 69 BDG bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils eine gesetzeskonforme, d.h. den Anforderungen des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG genügende Bemessungsentscheidung treffen kann. Es kann weder Tatsachen berücksichtigen, die nicht festgestellt sind, noch die Richtigkeit der festgestellten Tatsachen nachprüfen. Daher kann das Bundesverwaltungsgericht über die Disziplinarklage nur dann abschließend entscheiden, wenn das Berufungsurteil alle wesentlichen bemessungsrelevanten Gesichtspunkte enthält. Ansonsten muss es gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO, § 70 Abs. 2 BDG aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 27, vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 28 und vom 29. Mai 2008 a.a.O. Rn. 26).

11

Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils reichen für die Maßnahmebemessung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 2 Satz 1 BDG aus. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden; sie haben keine Einwendungen erhoben (zur Erforderlichkeit einer vorherigen Anhörung: Urteil vom 29. Mai 2008 a.a.O. Rn. 33).

12

Der Senat kommt im Rahmen seiner Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 2 Satz 1 BDG zu dem Ergebnis, dass der Beklagte grundsätzlich eine Zurückstufung in das Eingangsamt seiner Laufbahn verwirkt hat. Dabei sieht er die Vorbelastung als gravierend ins Gewicht fallenden erschwerenden Umstand an, jedoch würdigt er, anders als das Berufungsgericht, die freiwillige Wiedergutmachung und Entschuldigung als entlastenden Umstand von beachtlichem Gewicht. Aufgrund der von Verfassungs wegen gebotenen Berücksichtigung der unangemessen langen Verfahrensdauer wird der Kläger jedoch nur in das Amt eines Polizeiobermeisters (BesGr. A 8 BBesO) zurückgestuft.

13

1. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Der Bedeutungsgehalt dieser gesetzlichen Begriffe ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt (Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 S. 5; seitdem stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 62.11 - Rn. 39 ff., zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung Buchholz vorgesehen). Danach müssen die sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. grundlegend Urteil vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 258 f. bzw. S. 5; stRspr).

14

a) Wie § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG durch die Verwendung des Wortes "insbesondere" zum Ausdruck bringt, ist die Schwere des Dienstvergehens maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen ist. Für die Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens hat die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts generelle Maßstäbe für einzelne Fallgruppen entwickelt (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 258 f. bzw. S. 6 und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 20; zuletzt vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 18, jeweils Rn. 29 und vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 39 f.).

15

Für die Fallgruppe der Zugriffsdelikte, d.h. für die Veruntreuung dienstlich anvertrauter Gelder und Güter, ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen. Der Kollegendiebstahl ist hinsichtlich seiner Schwere der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder vergleichbar (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 ff., vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 21 und - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 30 § 108 abs. 1 vwgo nr. 50>, vom 15. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 43.07 - Rn. 19 § 65 bdg nr. 2>, vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Rn. 21 § 70 bdg nr. 3>; zuletzt vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 ff., zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung Buchholz vorgesehen, Rn. 12, stRspr).

16

Danach ist für den nach § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG bindend festgestellten Kollegendiebstahl aufgrund der Geringwertigkeit des entwendeten Geldbetrages von 50 € die Zurückstufung nach § 9 BDG Richtschnur für die Maßnahmebemessung.

17

b) Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beamten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung nach § 13 Abs. 1 Satz 3 und 4 BDG im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 259 f. bzw. S. 6, vom 3. Mai 2007- BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 20, zuletzt vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - a.a.O. Rn. 29, vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - Rn. 26 f. = NVwZ 2013, 1087 und - BVerwG 2 C 62.11 - NVwZ-RR 2013, 693 juris Rn. 39; stRspr). Deshalb dürfen die nach der Schwere des Dienstvergehens angezeigten Regeleinstufungen nicht schematisch angewandt werden.

18

Je schwerwiegender das Dienstvergehen oder die mit ihm einhergehende Vertrauensbeeinträchtigung ist, umso gewichtiger müssen die sich aus dem Persönlichkeitsbild ergebenden mildernden Umstände sein, um gleichwohl eine andere Maßnahme zu rechtfertigen (stRspr; Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 261 ff. bzw. S. 7 ff., vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 21 ff.; vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4 Rn. 22 und vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 40; zuletzt Urteile vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - a.a.O. Rn. 33 und - BVerwG 2 C 62.11 - a.a.O. Rn. 46). Umgekehrt können Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes oder eine besondere Vertrauensbeeinträchtigung die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen, obwohl diese Maßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens für sich genommen nicht indiziert ist.

19

Das Bemessungskriterium "Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit" gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 BDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 24 § 108 abs. 1 vwgo nr. 50). maßstab ist hierbei, in welchem umfang die allgemeinheit dem beamten noch vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden umstände bekannt würde (grundlegend urteil vom 20. oktober 2005 a.a.o. s. 260 bzw. s. 7, seitdem strspr; zuletzt urteil vom 28. februar 2013 - bverwg 2 c 62.11 - a.a.o. rn. 56). die prüfung, ob der betreffende beamte im beamtenverhältnis verbleiben darf, hat sich auf sein amt als ganzes und nicht nur auf einen begrenzten tätigkeitsbereich (amt im funktionellen sinne) zu beziehen (urteil vom 22. mai 1996 - bverwg 1 d 72.95 - buchholz 232 § 54 satz 3 bbg nr. 6 s. 17 m.w.n.).

20

Die Stellung als Polizeibeamter kann sich für die Bewertung außerdienstlichen Verhaltens erschwerend auswirken, wenn ein Bezug zur Dienstausübung des Beamten gegeben ist (stRspr; vgl. z.B. Beschlüsse vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 2 B 29.10 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 32 Rn. 5 ff., vom 25. Mai 2012 - BVerwG 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 m.w.N. und vom 5. April 2013 - BVerwG 2 B 79.11 - juris Rn. 4 ff.). Entsprechendes gilt für innerdienstliche Pflichtverletzungen, die unter Ausnutzung der dienstlichen Stellung begangen werden (vgl. Urteile vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 ff. Rn. 16 und vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - a.a.O. Rn. 31 ff., 36). Dagegen hängt die disziplinarische Bewertung eines Kollegendiebstahls nicht davon ab, welcher Laufbahn oder welchem Verwaltungszweig der Beamte angehört oder welche dienstlichen Aufgaben er wahrnimmt. Der Kollegendiebstahl ist hinsichtlich seiner Schwere im Grundsatz deshalb der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder vergleichbar, weil der Dienstherr sich auch hier auf die Ehrlichkeit seiner Bediensteten verlassen können muss. Ein Diebstahl zum Nachteil eines Kollegen belastet das Betriebsklima und stört den Arbeitsfrieden und damit letztlich die Funktionsfähigkeit der Verwaltung in schwerwiegender Weise (stRspr; zuletzt Urteil vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Rn. 21 § 70 bdg nr. 3> m.w.N.). Insofern macht es keinen Unterschied, ob ein Polizeibeamter oder ein Beamter aus einem anderen Verwaltungszweig seine Kollegen bestiehlt.

21

Das Persönlichkeitsbild nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG erfasst die persönlichen Verhältnisse des Beamten und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach dem Dienstvergehen. Insbesondere sind frühere disziplinarische oder strafrechtliche Verfehlungen, deren Berücksichtigung bei der Maßnahmebemessung kein rechtliches Hindernis entgegensteht, in die Würdigung einzubeziehen. Dies beruht darauf, dass - anders als im Strafrecht - mit einer Disziplinarmaßnahme nicht eine einzelne Tat bestraft wird. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 25 § 108 abs. 1 vwgo nr. 50>, - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16 und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 <481>; stRspr). Aus einer Vorbelastung kann geschlossen werden, dass sich der Beamte eine vorherige strafgerichtliche oder disziplinarische Sanktionierung nicht hat zur Mahnung dienen lassen.

22

Die Berücksichtigung einer Vorbelastung als erschwerender Umstand bei der Maßnahmebemessung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG scheidet aus, wenn ein Verwertungsverbot eingreift. Dies bestimmt sich für strafrechtliche Verurteilungen nach den Tilgungsvorschriften des Bundeszentralregistergesetzes. Danach kann die erste strafrechtliche Verurteilung nicht mehr im Revisionsverfahren berücksichtigt werden (vgl. § 51 Abs. 1 BZRG). Für disziplinare Vorbelastungen gelten die Verwertungsverbotsregelungen des § 16 BDG. Absatz 4 der Vorschrift erfasst diejenigen Disziplinarvorgänge, die - wie hier - nicht zur Verhängung einer Disziplinarmaßnahme geführt haben. Die Frist für das Verwertungsverbot und die Tilgungspflicht beträgt bei erwiesenen Dienstvergehen zwei Jahre (§ 16 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 BDG). Aufgrund der Einleitung des neuen, hier streitgegenständlichen Disziplinarverfahrens vor Ablauf der Frist, hat diese Frist noch nicht geendet (§ 16 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 BDG). Das Gewicht einer Vorbelastung hängt vor allem von der dafür rechts- oder bestandskräftig ausgesprochenen Disziplinarmaßnahme und vom zeitlichen Abstand zur neuen Verfehlung ab.

23

Danach fällt das außerdienstliche Fehlverhalten des Beklagten vom 13. Mai 2001 erheblich zum Nachteil des Beklagten ins Gewicht. Es handelt sich um eine rechtskräftig abgeurteilte Straftat, für die die Klägerin eine Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 BDG) für verwirkt hielt. Vor allem aber beging der Beklagte den Kollegendiebstahl am 13. Dezember 2002 nicht einmal ein halbes Jahr nach Beendigung des ersten Disziplinarverfahrens.

24

Als durchgreifende Entlastungsgründe kommen vor allem die Milderungsgründe in Betracht, die in der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts zu den Zugriffsdelikten entwickelt worden sind. Diese Milderungsgründe erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher nicht mehr vorausgesetzt werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 31 § 108 abs. 1 vwgo nr. 50>).

25

Unter Geltung der Bemessungsvorgaben gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ist es nicht mehr möglich, diese Milderungsgründe als abschließenden Kanon der bei Zugriffsdelikten allein beachtlichen Entlastungsgründe anzusehen (vgl. Urteil vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 262 ff. bzw. S. 8 f., seitdem stRspr). Vielmehr gelten auch hier die dargestellten Anforderungen an die prognostische Gesamtwürdigung. Demnach dürfen entlastende Gesichtspunkte bei Zugriffsdelikten nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil sie für das Vorliegen eines solchen Milderungsgrundes ohne Bedeutung sind oder nicht ausreichen, um dessen Voraussetzungen - im Zusammenwirken mit anderen Umständen - zu erfüllen. Die Milderungsgründe bieten jedoch Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Generell gilt, dass deren Gewicht umso größer sein muss, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 32 § 108 abs. 1 vwgo nr. 50>).

26

Einen Aspekt des Persönlichkeitsbildes stellt die tätige Reue dar, wie sie durch die Offenbarung des Fehlverhaltens oder die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens jeweils noch vor der drohenden Entdeckung zum Ausdruck kommt (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 23). Der anerkannte Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung greift nicht ein, wenn der Beamte das Dienstvergehen deshalb offenbart, weil er damit rechnet, dass gegen ihn ermittelt wird. Durch die freiwillige Offenbarung zeigt der Beamte, dass er sein Fehlverhalten bereut und aus innerer Einsicht entschlossen ist, sich künftig rechtstreu zu verhalten. Sein Persönlichkeitsbild im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG erscheint in einem günstigeren Licht, sodass die Erwartung gerechtfertigt ist, die von ihm verursachte Ansehensschädigung könne wettgemacht werden. Mit dem Zweck des Milderungsgrundes der freiwilligen Offenbarung lässt sich nicht vereinbaren, den in die Tat umgesetzten Persönlichkeitswandel generell für unbeachtlich zu erklären. Vielmehr führt die Umkehr des Beamten aus freien Stücken selbst bei schwerwiegenden innerdienstlichen Pflichtenverstößen regelmäßig zur Bestimmung einer Disziplinarmaßnahme, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme. Dies gilt nur dann nicht, wenn dem Milderungsgrund erschwerende Umstände von ganz erheblichem Gewicht gegenüberstehen (zum Ganzen zuletzt: Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 18, jeweils ab Rn. 37 m.w.N.).

27

Einer Selbstanzeige, die der Beamte aus Furcht vor Entdeckung abgibt, kommt naturgemäß ein geringeres Gewicht als einer freiwilligen Offenbarung zu. Hier muss davon ausgegangen werden, dass der Beamte weniger aus innerer Einsicht als vielmehr in dem Bestreben tätig wird, die nachteiligen Folgen seines Fehlverhaltens so gering wie möglich zu halten. Daher hängt es vom Hinzutreten weiterer, dem Persönlichkeitsbild zuzuordnenden mildernden Umständen ab, welches Gewicht diesem Verhalten beizumessen ist. Dieses Gewicht erhöht sich, wenn der Beamte nach der Selbstanzeige aus Furcht vor Entdeckung den Schaden alsbald ausgeglichen hat. Gleiches gilt, wenn der Beamte durch seine Mitwirkung die Aufklärung des Dienstvergehens ermöglicht oder erheblich vereinfacht hat (zum Ganzen: Urteil vom 28. Juli 2011 a.a.O. Rn. 38 f. m.w.N.).

28

Danach ist das hier vom Beklagten gezeigte Verhalten nicht unbeachtlich, auch wenn es nicht den anerkannten Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung erfüllt. Zwar war bereits die Tat entdeckt, der Täter war aber noch nicht ermittelt worden, als sich der Beklagte dem geschädigten Kollegen gegenüber offenbart hat. Insofern ist von Bedeutung, dass durch die Mitwirkung des Beamten die Aufklärung des Dienstvergehens vereinfacht wird. Dies ist bei einem Geständnis zu einem frühen Zeitpunkt, d.h. bevor die vom Berufungsgericht aufgezeigten Ermittlungsmaßnahmen bereits angelaufen sind, der Fall. Der Beklagte hat außerdem den Schaden "alsbald" ausgeglichen und sich beim Geschädigten entschuldigt. Er hatte das Geld noch vor der Aufdeckung seiner Täterschaft zurückgesandt. Dies alles lässt sein Persönlichkeitsbild im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG in einem günstigeren Licht erscheinen.

29

c) Nach alledem hält es der Senat für erforderlich, aber noch ausreichend, den Beklagten in das Eingangsamt seiner Laufbahn, d.h. um zwei Ämter, zurückzustufen.

30

Die Schwere des Kollegendiebstahls indiziert die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht, weil dem Beklagten der Milderungsgrund der Geringfügigkeit der entwendeten Sache zugute kommt. Demnach käme die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur in Betracht, wenn die außerdienstliche Bedrohung, die als Vorbelastung zum Nachteil des Beklagten in die Gesamtwürdigung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG einzubeziehen ist, nicht durch das ihm gut zu bringende Nachtatverhalten kompensiert wird. Wie dargelegt, ist die Vorbelastung erheblich. Dies folgt aus der als angemessen erachteten Kürzung der Dienstbezüge und dem engen zeitlichen Zusammenhang mit der neuerlichen gravierenden Dienstpflichtverletzung.

31

Dem steht gegenüber, dass der Beklagte den Geldschein zurückgegeben und sich später gegenüber dem Geschädigten offenbart hat, bevor die Tat entdeckt war. Zwar reicht dies nicht aus, um den anerkannten Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung zu erfüllen. Das Verhalten lässt jedoch Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes erkennen, die die Einschätzung rechtfertigen, das Vertrauen, der Beklagte werde sich künftig inner- und außerdienstlich einwandfrei verhalten, sei noch nicht zerstört, sondern nur stark erschüttert.

32

Der Senat gewichtet damit das Nachtatverhalten anders als das Berufungsgericht, das mildernden Umständen außerhalb des Anwendungsbereichs der freiwilligen Offenbarung eine zu geringe Bedeutung beigemessen hat. Die Verwaltungsgerichte müssen bei der Gesamtwürdigung offen dafür sein, dass mildernden Umständen im Einzelfall auch dann ein beachtliches Gewicht für die Maßnahmebemessung zukommen kann, wenn sie zur Erfüllung eines so genannten anerkannten Milderungsgrundes nicht ausreichen. Sie dürfen nicht als nebensächlich oder geringfügig zurückgestellt werden, ohne dass sie in Bezug zur Schwere des Dienstvergehens und belastenden Gesichtspunkten gesetzt werden.

33

2. Der Zurückstufung um ein Amt, die hier wegen der unangemessen langen Dauer des Disziplinarverfahrens angemessen ist, steht nicht das Verschlechterungsverbot nach §§ 129, 141 Satz 1 VwGO entgegen, das nach § 3 BDG auch für Disziplinarklageverfahren gilt. Es wirkt sich als Beschränkung der grundsätzlich uneingeschränkten Befugnis des Rechtsmittelgerichts aus, die Disziplinarmaßnahme zu bestimmen (vgl. Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - a.a.O. Rn. 24). Das Rechtsmittelgericht darf nach §§ 129, 141 Satz 1 VwGO nur eine Disziplinarmaßnahme festsetzen, die sich innerhalb des Rahmens hält, der durch den Antrag des Rechtsmittelführers bestimmt wird (§ 64 Abs. 1 Satz 4 BDG).

34

Zwar konnte unter der Geltung der Bundesdisziplinarordnung aufgrund des Verweises in § 25 Satz 1 BDO auf die Vorschriften der Strafprozessordnung auch bei zu Lasten des Beamten eingelegten Berufungen des Bundesdisziplinaranwalts zugunsten des Beamten entschieden werden (vgl. § 301 StPO; dazu z.B. Urteil vom 11. März 1997 - BVerwG 1 D 68.95 - juris Rn. 7). Dies ist aber nach Inkrafttreten des Bundesdisziplinargesetzes nicht mehr möglich. Das Bundesdisziplinargesetz hat das Disziplinarrecht verfahrensrechtlich von der Bindung an das Strafprozessrecht gelöst und stattdessen eng an das Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrecht angelehnt (BTDrucks 14/4659, S. 33). Sinnfällig wird dies durch die Streichung des § 25 BDO und die zeitgleiche Einfügung der Verweisung in § 3 BDG auf die ergänzend anzuwendenden Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung. Auf Regelungen der Strafprozessordnung wird nur noch punktuell in den Fällen verwiesen, in denen auf sie nicht verzichtet werden kann (BTDrucks 14/4659 S. 34 f.; vgl. zum Ganzen auch Urteil vom 24. September 2009 - BVerwG 2 C 80.08 - BVerwGE 135, 24 = Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 4, jeweils Rn. 15).

35

Vorliegend hat nur die Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt, das den Beklagten um zwei Ämter zurückgestuft hatte. Allerdings ist hier eine Durchbrechung des Verschlechterungsverbots zugunsten des Beklagten geboten, um den Vorgaben von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten (EMRK) Rechnung zu tragen. Die unangemessen lange Dauer des Disziplinarverfahrens muss zu einer Herabsetzung der Disziplinarmaßnahme auf eine Zurückstufung um ein Amt führen.

36

Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK hat jede Person ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird.

37

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dessen Rechtsprechung über den jeweils entschiedenen Fall hinaus Orientierungs- und Leitfunktion für die Auslegung der EMRK hat, entnimmt Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK einen Anspruch auf abschließende gerichtliche Entscheidung innerhalb angemessener Zeit. Die Angemessenheit der Dauer des Verfahrens ist aufgrund einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der Schwierigkeit des Falles, des Verhaltens der Parteien, der Vorgehensweise der Behörden und Gerichte sowie der Bedeutung des Verfahrens für die Parteien zu beantworten. Dies gilt auch für Disziplinarverfahren. Sie müssen innerhalb angemessener Zeit, d.h. ohne schuldhafte Verzögerungen, unanfechtbar abgeschlossen sein. Dabei sind behördliches und gerichtliches Verfahren als Einheit zu betrachten (vgl. nur EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 - 8453/04 - NVwZ 2010, 1015 <1017>).

38

Für die innerstaatlichen Rechtsfolgen einer unangemessen langen Verfahrensdauer im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK ist zu beachten, dass diese Bestimmung nur Verfahrensrechte einräumt. Diese dienen der Durchsetzung und Sicherung des materiellen Rechts; sie sind aber nicht darauf gerichtet, das materielle Recht zu ändern. Daher kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer nicht dazu führen, dass den Verfahrensbeteiligten eine Rechtsstellung zuwächst, die ihnen nach dem innerstaatlichen materiellen Recht nicht zusteht. Vielmehr kann sie für die Sachentscheidung in dem zu lange dauernden Verfahren nur berücksichtigt werden, wenn das materielle Recht dies vorschreibt oder zulässt. Ob diese Möglichkeit besteht, ist durch die Auslegung der entscheidungserheblichen materiellrechtlichen Normen und Rechtsgrundsätze zu ermitteln. Bei dieser Auslegung ist das Gebot der konventionskonformen Auslegung im Rahmen des methodisch Vertretbaren zu berücksichtigen (Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - a.a.O. Rn. 50; Beschluss vom 16. Mai 2012 - BVerwG 2 B 3.12 - NVwZ-RR 2012, 609 Rn. 12).

39

Daraus folgt für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme nach einem unangemessen lange dauernden Disziplinarverfahren:

40

Ergibt die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG, dass wegen eines schwerwiegenden Dienstvergehens die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, so lässt sich der Verbleib im Beamtenverhältnis allein aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis, nämlich dem Schutz der Integrität des Berufsbeamtentums und der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, vereinbaren. Diese Schutzgüter und der Grundsatz der Gleichbehandlung schließen es aus, dass ein Beamter, der durch gravierendes Fehlverhalten im öffentlichen Dienst untragbar geworden ist, weiterhin Dienst leisten und als Repräsentant des Dienstherrn hoheitliche Befugnisse ausüben kann, weil das gegen ihn geführte Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. Das von dem Beamten zerstörte Vertrauen kann nicht durch Zeitablauf und damit auch nicht durch eine verzögerte disziplinarrechtliche Sanktionierung schwerwiegender Pflichtenverstöße wiederhergestellt werden.

41

Ergibt die Gesamtwürdigung dagegen, dass eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme ausreichend ist, steht fest, dass der Beamte im öffentlichen Dienst verbleiben kann. Hier kann das disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis gemindert sein, weil die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen beruflichen und wirtschaftlichen Nachteile positiv auf den Beamten eingewirkt haben. Unter dieser Voraussetzung kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mildernd berücksichtigt werden (zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 - 2 BvR 80/77 - BVerfGE 46, 17 <28 f.>; Kammerbeschluss vom 9. August 2006 - 2 BvR 1003/05 - DVBl 2006, 1372 <1373>; BVerwG, Urteile vom 22. Februar 2005 - BVerwG 1 D 30.03 - juris Rn. 80, vom 8. Juni 2005 - BVerwG 1 D 3.04 - juris Rn. 27 und vom 29. März 2012 - BVerwG 2 A 11.10 - juris Rn. 84 f.; Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 8, vom 26. August 2009 - BVerwG 2 B 66.09 - juris Rn. 11, vom 16. Mai 2012 a.a.O. Rn. 9 f. und vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - a.a.O. Rn. 53 f.).

42

Da nach der Gesamtwürdigung der Beklagte im Dienst verbleibt, ist nach diesen Maßstäben die unangemessen lange Verfahrensdauer von mittlerweile über 11 1/2 Jahren zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Die Verfahrensverzögerungen beruhten nicht auf einem Verhalten des Beamten, sondern auf der Behandlung des Verfahrens durch die Gerichte und sind daher als unangemessen anzusehen. Es liegt auf der Hand, dass die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen beruflichen und wirtschaftlichen Nachteile bei einer dermaßen langen Verfahrensdauer zu einer erheblichen Belastung des Beklagten geführt und positiv auf ihn eingewirkt haben. Eine bloße Verkürzung des Beförderungsverbots nach § 9 Abs. 3 BDG genügt nicht, um diese Belastungen auszugleichen, sondern bei der Maßnahmebemessung ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von einer Zurückstufung um zwei Stufen auf eine solche um nur eine Stufe zurückzugehen.

43

Das Verschlechterungsverbot nach §§ 129, 141 Satz 1 VwGO, § 3 BDG hindert die Berücksichtigung einer unangemessenen langen Verfahrensdauer bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme zugunsten des Beamten nicht, wenn sie erst nach Ablauf einer Rechtsmittelfrist eintritt. Hier kann dem Beamten nicht zum Nachteil gereichen, dass er eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme akzeptiert hat. Er konnte bei seiner Entscheidung, kein Rechtsmittel einzulegen, nicht wissen, dass sich die verhängte Maßnahme wegen der Dauer des vom Dienstherrn betriebenen Rechtsmittelverfahrens als überzogen erweisen würde. In derartigen Fällen ist es nicht nur konventionsrechtlich, sondern auch verfassungsrechtlich geboten, eine Ausnahme vom Verschlechterungsverbot und der dadurch herbeigeführten Teilrechtskraft zuzulassen.

44

Der Schutz vor unangemessen langer Verfahrensdauer ist nicht nur im Konventionsrecht verankert, er folgt auch aus dem Recht auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Daraus folgt, dass der Ablauf und insbesondere die Dauer des Disziplinarverfahrens wegen ihrer Auswirkungen auf den Beamten bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme in den Blick genommen werden müssen, wenn das materielle Disziplinarrecht dies zulässt (zur Berücksichtigung rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen im Strafverfahren vgl. zuletzt BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. April 2013 - 2 BvR 2567/10 - juris Rn. 16; vgl. auch Kammerbeschluss vom 21. Januar 2004 - 2 BvR 1471/03 - BVerfGK 2, 239 Rn. 29, 31; stRspr).

45

Eine unangemessen lange Dauer des Disziplinarverfahrens vermindert das disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis, weil anzunehmen ist, dass das Verfahren selbst den Betroffenen belastet. Die nachteiligen Wirkungen können der Sanktion gleichkommen (vgl. speziell zum Disziplinarverfahren BVerfG, Beschlüsse vom 4. Oktober 1977 - 2 BvR 80/77 - BVerfGE 46, 17 <29>, vom 8. September 1993 - 2 BvR 1517/92 - NVwZ 1994, 574 und vom 9. August 2006 - 2 BvR 1003/05 - BVBl 06, 1372). In Folge des Zeitablaufs veränderte Lebensumstände können Wirkungen, die von einer staatlichen Sanktion für das künftige Leben des Betroffenen zu erwarten sind, verstärken.

46

Im vorliegenden Fall musste der Beklagte nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils nicht damit rechnen, dass es anschließend noch fast neun Jahre bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung dauern würde. Für ihn bestand auch kein Anlass, selbst ein Rechtsmittel gegen die erstinstanzliche Entscheidung einzulegen, weil zum damaligen Zeitpunkt die auf eine Zurückstufung in das Eingangsamt lautende Bemessungsentscheidung nicht zu beanstanden war.

47

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

(1) Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ein Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn der Täter einen nicht von ihm geforderten Vorteil sich versprechen läßt oder annimmt und die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme vorher genehmigt hat oder der Täter unverzüglich bei ihr Anzeige erstattet und sie die Annahme genehmigt.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.

(2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.