Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 30. Jan. 2019 - 16a D 17.65

bei uns veröffentlicht am30.01.2019

Tenor

I. In Abänderung der Ziff. I des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 18. Oktober 2016 wird gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge um 1/5 auf fünf Jahre erkannt.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

Der 1964 geborene Beklagte war bis zu seiner vorläufigen Dienstenthebung am 10. Oktober 2009 als Professor (BesGr. C 2) für „Maschinenelemente, Konstruktion, Darstellende Geometrie“ an der Technischen Hochschule I* … tätig. Er ist verheiratet und Vater einer 2001 geborenen Tochter.

Der Beklagte ist mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts I* … vom 4. September 2014 (Az. 3 Ns 20 Js 7320/09) der Vorteilsannahme für schuldig befunden worden. Er wurde deshalb verwarnt. Die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 50 Euro blieb vorbehalten. Der Beklagte hatte von der Fa. L* … einen Betrag in Höhe von 1.428 Euro für die Abgeltung der Studenten, die im Wintersemester 2008/2009 an einer von ihm angebotenen Projektarbeit teilgenommen hatten, entgegen genommen und diesen Betrag den Studenten zur Deckung ihrer Aufwendungen für Fahrtkosten, Übernachtungskosten und Verpflegung im Zusammenhang mit der Durchführung eines 3-tägigen Ausflugs nach Gerlos/Österreich nach Semesterabschluss zur Verfügung gestellt.

Mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 24. Juni 2009 war gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Mit weiterer Verfügung vom 20. Oktober 2009 war der Beklagte mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes enthoben und eine Einbehaltung von 30% der Dienstbezüge angeordnet worden.

Mit Disziplinarklage vom 4. August 2015 beantragte der Kläger, den Beamten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Ihm wurde neben der Vorteilsannahme (Vorwurf 1) vorgeworfen, er habe unter Verstoß gegen Prüfungsrecht eine Note nachträglich geändert (Vorwurf 2) und gegen Weisungen verstoßen (Vorwürfe 3 bis 6). Zur Darstellung der Vorwürfe im Einzelnen wird auf den Tatbestand des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 18. Oktober 2016 verwiesen. Mit diesem wurde die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochen. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 6. Dezember 2016, am 28. Dezember 2016 Berufung eingelegt und beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts die Klage abzuweisen, hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und hat in der Sache im tenorierten Umfang Erfolg.

Der Beklagte hat ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.). Die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens nach seiner Schwere zu einer Disziplinarmaßnahme nach Art. 6 BayDG richtet sich nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen (2.1). Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens, der hier bis zur Entfernung aus dem Dienst reicht, war nicht geboten. In der Gesamtschau ist die Kürzung der Dienstbezüge um ein Fünftel auf fünf Jahre die angemessene Disziplinarmaßnahme (2.2).

1. In tatsächlicher Hinsicht steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte die ihm unter 1., 2., 3. und 6. vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen (mit der zu 1.3 ausgeführten Einschränkung) begangen hat. Hinsichtlich der Vorwürfe 4 und 5 ist eine Dienstpflichtverletzung nicht zu erkennen.

1.1 Der dem Beklagten zur Last gelegte Vorwurf 1, der dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts I* … vom 4. September 2014 zugrunde liegt, steht gemäß Art. 25 Abs. 1, Art. 55, 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Nach den dem Urteil des Landgerichts I* … vom 4. September 2014 zugrundeliegenden maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts I* … vom 11. Juli 2011 (Az. 8 Ls 20 Js 7320/09) hat der Beklagte der Fa. L* … unter seiner privaten Firma I* … für die Abgeltung der Teilnehmer an einer Lehrveranstaltung im Wintersemester 2008/2009 („Konstruktive Optimierung einer Pellet-Zuführeinrichtung“) einen Betrag i.H.v. 1.428 Euro gefordert und erhalten. Für die Zusammenarbeit mit der Fa. L* … hatte der Beklagte keine Genehmigung im Rahmen einer Drittmitteleinwerbung eingeholt, obwohl er von deren Notwendigkeit wusste. Eine entsprechende Antragstellung unterließ er, weil sie ihm aufwändig und zeitraubend erschien. Er hat sich damit der vorsätzlichen Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1 StGB schuldig gemacht.

Der Beklagte hat mit der Vorteilsannahme gegen die Pflicht verstoßen, sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG). Er hat ferner gegen die Pflicht verstoßen, keine Belohnungen oder Geschenke oder sonstige Vorteile für sich oder eine dritte Person in Bezug auf sein Amt zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen (§ 42 Abs. 1 BeamtStG). Der Begriff des Amtes i.S.d. § 42 Abs. 1 BeamtStG ist weit auszulegen. Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Vorgängernorm - § 70 BBG a.F. - entschieden, dass das gesetzliche Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken durch einen Beamten die Treuepflicht und Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung konkretisiert. Es dient der Korruptionsbekämpfung und erfasst deswegen jeden wirtschaftlichen Vorteil, der dem Beamten von dritter Seite zugewendet wird. Ein Bezug zu einer konkreten dienstlichen Handlung muss nicht bestehen. Es genügt, wenn die dienstliche Tätigkeit des Beamten für die Gewährung des Vorteils maßgeblich ist (BVerwG, U.v. 31.1.2002 - 2 C 6.01 - BVerwGE 115, 389, juris Rn. 13). Das ist hier der Fall. Die Durchführung eines Semesterprojekts fällt in die Dienstpflichten eines Professors (vgl. Art. 9 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. Nr. 3 BayHSchPG). Hintergrund der Zahlung der Abgeltung war der Umstand, dass der Beklagte seine private Nebentätigkeit bzw. seine privaten Interessen (KNOW-HOW- und Zusammenarbeitsvertrag mit der Fa. L* … vom 21./22.12.2007) zum Semesterprojekt 2008/2009 erhoben und damit untrennbar mit seiner Tätigkeit als Amtsträger verquickt hat. Damit ist der erforderliche Bezug zum Amt gegeben.

1.2 Der Senat geht hinsichtlich des Vorwurfs 2 davon aus, dass der Beklagte die vom Studenten T* … im Sommersemester 2008 gefertigte Studienarbeit (Patentrecherche und Wärmepumpenintegration zum Projekt E* … * … … … …*) nach deren Abgabe und der Bekanntgabe der (abschließenden) Bewertung dem Studenten zurückgegeben und ihm die Möglichkeit eingeräumt hat, die Berechnungen der Konzepte „K4“ (basement use) und „K5“ (Abluft) zu korrigieren. Davon hat der Student Gebrauch gemacht, woraufhin der Beklagte die Note von 1,7 auf 1,3 geändert hat. Der Beklagte hat diesen Ablauf eingeräumt (vgl. S. 12 der Stellungnahme vom 20.9.2009, Bl. 114 der Disziplinarakte; S. 24 f. der Einlassung des Beklagten = Anlage zum Protokoll v. 14.11.2012, Bd. III der Strafakten; Rn. 48 des im Berufungsverfahren vorgelegten „Souveränen Affidavits der Wahrheit“ vom 29. Januar 2019.). Die Notenänderung ist prüfungsrechtlich unzulässig und verstößt gegen die Chancengleichheit. Eine Neubewertung ist im Verfahren des „Überdenkens“ der Prüfungsentscheidung (vgl. dazu Fischer in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 791 ff.) nur insoweit möglich, als die Bewertung als solche fehlerbehaftet ist. Das war hier nicht der Fall. Der Beklagte hat damit vorsätzlich gegen die Pflicht zur unparteiischen und gerechten Erfüllung seiner Aufgaben (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) verstoßen sowie gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG). Der Umstand, dass die mit Formblatt beantragte Notenänderung vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses genehmigt worden ist, ist im Rahmen der Milderungsgründe (vgl. unten 2.2) zu würdigen.

1.3 Hinsichtlich des Vorwurfs 3 geht der Senat davon aus, dass der Beklagte zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt im Sommersemester 2008 für das Projekt „E* … * … … … …“ entgegen der „Checkliste für die erste Veranstaltung“, die auf Regelungen der Hochschule für die digitale Zusammenarbeit innerhalb der Projektgruppen beruht, kein Projektverzeichnis auf dem Laufwerk G des Hochschulservers hat einrichten lassen, sondern die Ergebnisse der Studienarbeiten extern in einem sog. Content-Management-System verwaltet hat. Damit hat er seine Gehorsamspflicht verletzt (§ 35 Satz 2 BeamtStG).

Soweit dem Beklagten in diesem Zusammenhang vorgeworfen wird, er habe über das sog. Content-Management-System Studienarbeiten für Dritte zugänglich gemacht, ergeben sich aus den von der Landesanwaltschaft genannten Beweismitteln (vgl. zum Tatsachenvortrag der Disziplinarklage: Conrad in Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand. Aug. 2018, Art. 50 Rn. 14 ff.) keinerlei valide Anhaltspunkte für eine Verletzung des Urheberrechts der Studenten hinsichtlich ihrer Studienarbeiten. Der Beklagte wird daher vom Vorwurf insoweit freigestellt.

1.4 Hinsichtlich des Vorwurfs 6 hält der Senat für erwiesen, dass der Beklagte gegen die Weisung des Präsidenten der Hochschule vom 27. Juli 2009, mit der ihm jede weitere Diensttätigkeit bis zum Ablauf der Krankschreibung untersagt und die ihm am gleichen Tag gegen 12.30 Uhr persönlich ausgehändigt worden ist, dadurch verstoßen hat, dass er auf elektronischem Weg die Noten der Studienarbeiten an das Amt für Studienangelegenheiten noch am gleichen Tag gegen 16.30 Uhr übermittelt hat. Der Beklagte hat damit seine Gehorsamspflicht verletzt.

Der Beamte hat mit den vorgenannten Dienstpflichtverletzungen (1.1 bis 1.4) ein einheitliches (Hermann in Hermann/Sandkuhl, Beamtendisziplinarrecht, Beamtenstrafrecht, 1. Aufl. 2014, Rn. 167 ff.) Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen. Die Dienstpflichtverletzungen sind innerdienstlich, weil das pflichtwidrige Verhalten in das Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit des Beklagten eingebunden war (BVerwG, U.v. 25.8.2009 - 1 D 1.08 - NVwZ 2010, 713, juris Rn. 54).

1.5 Hinsichtlich des Vorwurfs 4 ist der Beklagte aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, UA S. 27 - 31, auf die der Senat Bezug nimmt, freizustellen (§ 130b Satz 2 VwGO). Er ist auch vom Vorwurf 5 freizustellen. Mit der Weisung vom 27. Februar 2009 wurde ihm aufgegeben, hinsichtlich des Fachs Konstruktion IV, Mb 5. Semester statt des angekündigten Themas „Automatisiertes Beschickungssystem von Heizpellets“ ein alternatives Thema vorzulegen und anzubieten, das in keinem Zusammenhang mit seinen privaten Objekten und Nebentätigkeiten steht. Es kann offen bleiben, ob der Beklagte durch die veränderte Themenstellung „Zuführung und Handling zylindrischer Maschinen- und Bauelemente in der Serienproduktion“ der Weisung nachgekommen ist. Denn jedenfalls war der Beklagte gemäß § 35 Satz 3 BeamtStG nicht an die Weisung gebunden. Er ist als Fachhochschullehrer nur eingeschränkt weisungsgebunden, weil er sich auf die verfassungsrechtlich garantierte Wissenschafts-, Forschungs- und Lehrfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG berufen kann (vgl. Reich, Beamtenstatusgesetz, 3. Aufl. 2018, § 35 Rn. 6; Metzler-Müller, Beamtenstatusgesetz, § 35 Anm. 4; Werres in BeckOK Beamtenrecht, Stand: Juli 2018, § 35 BeamtStG Rn. 9.1). Die Freiheit der Lehre umfasst, unbeschadet des Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GG, insbesondere die Abhaltung von Lehrveranstaltungen und deren inhaltliche und methodische Gestaltung (Scholz in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Stand: August 2018, Art. 5 Abs. 3 Rn. 111; BVerfG, B.v. 13.4.2010 - 1 BvR 216/07 - BVerfGE 126, 1, juris Rn. 59; Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayHSchG; Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 1. HS BayHSchPG). Schranken ergeben sich nur aus anderen verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern, wie beispielsweise durch die institutionelle Ausbildungsaufgabe der Hochschule und den aus ihr resultierenden Amtspflichten des Hochschullehrers (Scholz a.a.O. Rn. 174). Diesen verfassungsrechtlichen Positionen hat der bayerische Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 BayHSchG Entscheidungen der zuständigen Hochschulorgane in Fragen der Lehre nur insoweit zulässig sind, als sie sich auf die Organisation des Lehrbetriebs und auf die Aufstellung und Einhaltung von Studien- und Prüfungsordnungen beziehen; sie dürfen die Freiheit im Sinn von Satz 1 der Bestimmung nicht beeinträchtigen. Die hier streitgegenständliche Weisung greift in unzulässiger Weise in die Freiheit der Lehre ein, weil sie das Thema der Lehrveranstaltung und damit deren Inhalt zum Gegenstand hat. Der Beklagte war daher an die Weisung nicht gebunden.

2. Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 - BVerwGE 154, 10, juris Rn. 12 m.w.N.).

2.1 Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 Abs. 1 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 16).

Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, greift der Senat auch bei innerdienstlich begangenen Straftaten nunmehr auf den Strafrahmen zurück und folgt damit der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O.; B.v. 05.7.2016 - 2 B 24.16 - NVwZ-RR 2016, 876, juris Rn. 14). Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht von dem Konzept der Regeleinstufung abgedrückt ist (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 37; Urban in Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz, 2. Aufl. 2017, § 13 Rn. 37) und ausdrücklich betont, dass sich ein wie auch immer gearteter Schematismus im Disziplinarrecht in besonderer Weise verbietet (BVerwG, U.v. 18.6.2015 - 2 C 25.14 - juris Rn. 37; OVG NW, U.v. 28.11.2018 - 3d A 754/12.O - juris Rn. 145), können die Kriterien der (vom Bundesverwaltungsgericht aufgegebenen) Regeleinstufung bei einem strafbaren Verhalten für die Bestimmung des Disziplinarmaßes innerhalb des Orientierungsrahmens weiterhin hilfreich sein und Berücksichtigung finden (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.2013 - 2 C 3.12 - juris Rn. 31; OVG Sachsen-Anhalt Rn. 51 U.v. 18.11.2014 - 10 L 3/14 - juris Rn. 51: Regelfall der Entfernung, wenn ein Beamter als Inhaber eines hervorgehobenen Amtes oder einer dienstlichen Vertrauensstellung für die Dienstausübung einen mehr als unerheblichen Vorteil fordert oder auch annimmt).

Setzt sich das Dienstvergehen - wie hier - aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung. Das ist hier die Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1 StGB. Bei diesem Delikt reicht der Strafrahmen bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Begeht ein Beamter innerdienstlich eine Straftat, für die das Strafgesetzbuch als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht, so reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 20).

2.2 Die in Ausfüllung dieses Rahmens nach Maßgabe des Art. 14 BayDG zu treffende Bemessungsentscheidung führt zur Kürzung der Dienstbezüge im tenorierten Umfang. Da sich der Beklagte als (Fach-)Hochschullehrer in einem sog. laufbahnfreien Amt (Reich, Bayerisches Hochschulpersonalgesetz, 2010, Art. 10 Anm. 2, S. 166; Schmid in BeckOK Hochschulrecht Bayern, Stand: Nov. 2018, Art. 10 BayHSchPG Rn. 8) befindet, kann die eigentlich verwirkte Zurückstufung nicht ausgesprochen werden (Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand: Aug. 2018, Art. 9 Rn. 3). Die Disziplinarmaßnahme ist damit der nächst niedrigeren Stufe zu entnehmen.

Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht. Danach ist hier die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafdrohung gebildeten Orientierungsrahmens wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens nicht geboten.

Der Beklagte hat keinen erheblichen Vorteil angenommen. Der Abgeltungsbetrag hält sich mit 1.428 Euro zwar nicht im geringfügigen, aber doch im mittleren Bereich (vgl. BVerwG, U.v. 16.1.2014 - 2 WD 31.12 - juris Rn. 9: erheblicher Vorteil jedenfalls bei einem fünfstelligen Euro-Betrag). Es handelt sich hinsichtlich der Vorteilsannahme um einen einmaligen Pflichtenverstoß. Der Beklagte hat weder ein herausgehobenes Amt noch eine dienstliche Vertrauensstellung inne. Ob ein Beamter eine herausgehobene Position innehat, bestimmt sich nicht nach der Besoldungsgruppe, der das Statusamt des Beamten zugeordnet ist, sondern nach den tatsächlichen Befugnissen und Zuständigkeiten, die mit dem Dienstposten verbunden sind (BVerwG, B.v. 26.1.2017 - 2 B 47.17 - juris Rn. 14). Danach vermag der Senat eine herausgehobene Position des Beklagten nicht zu erkennen, zu dessen dienstrechtlichen Pflichten in erster Linie die Lehre gehört (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayHSchPG), zumal ein „Hochschullehrer-Malus“ der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht entnommen werden kann (BVerwG, B.v. 6.5.2015 - 2 B 19.14 - juris Rn. 19 für innerdienstliche Vermögensdelikte). Eine besondere Vertrauensstellung, wie beispielsweise eines Amtsbetreuers (VG Berlin, U.v. 26.11.2014 - 80 K 8.13 OL - juris), hat der Beklagte nicht inne. Für die Einordnung der Disziplinarmaßnahme unterhalb der Entfernung spricht weiter der Umstand, dass der Beklagte einen Vorteil für Dritte gefordert bzw. angenommen und damit fremdnützig gehandelt hat. Fremdnütziges Verhalten ist ein Gesichtspunkt, der bei der Bemessung einer Disziplinarmaßnahme zu Gunsten des Beamten zu berücksichtigen ist und ggf. zu einer milderen Maßnahme führen kann (BVerwG, B.v. 2.5.2017 - 2 B 21.16 - juris Rn. 13: Beihilfebetrug zu Gunsten eines Dritten m.w.N.; von Heintschel-Heinegg, BeckOK StGB, Stand: Nov. 2018, § 331 Rn. 60 m.w.N.; von Häfen in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2017, § 331 StGB Rn. 194 m.w.N.; Korte in Münchner Kommentar zum StGB, 3. Aufl. 2019, § 331 Rn. 224). Dies entspricht auch der strafgerichtlichen Rechtsprechung zur Bemessung einer Kriminalstrafe (BGH U.v. 12.9.1995 - 1 StR 437/95 - juris Rn. 6). Dies gilt nach der zitierten Rechtsprechung auch für die Straftatbestände, die - wie hier - beide Alternativen (Eigen- und Fremdnützigkeit) erfassen.

Das hier ausgeurteilte Strafmaß (Verwarnung mit Strafvorbehalt) konnte dagegen nicht „indiziell“ oder „präjudiziell“ berücksichtigt werden (BVerwG, B.v. 5.7.2016 - 2 B 24.16 - juris Rn. 15).

Die weiteren Dienstpflichtverletzungen wiegen nicht so schwer, dass der Orientierungsrahmen voll auszuschöpfen wäre. Hinsichtlich des Vorwurfs 2 war zu berücksichtigen, dass die Notenänderung trotz des hierfür angegebenen Grundes „Unterlagen wie besprochen nachgereicht“ vom Vorsitzenden der Prüfungskommission genehmigt worden ist. Die Begründung der Notenänderung lässt sich nur so verstehen, dass vom Studenten zusätzliche bzw. weitere Leistungen erbracht worden sind, was prüfungsrechtlich nicht zulässig ist. Es hätte sich dem Vorsitzenden der Prüfungskommission eine Nachfrage hinsichtlich des Grundes der Notenkorrektur aufdrängen müssen. Dieser Umstand relativiert die Dienstpflichtverletzung in einem erheblichen Maß. Auch die Vorwurf 3 wiegt nicht so schwer, dass eine Kürzung der Dienstbezüge nicht mehr angemessen wäre. Der Vorwurf 6, der sich nach der Disziplinarklage darauf beschränkt, dass der Beklagte die Noten per Email versandt hat, obwohl ihm jegliche Diensttätigkeit untersagt worden war, überschreitet für sich genommen nicht die Schwelle der disziplinarrechtlichen Erheblichkeit und kann als Bagatellverfehlung die Maßnahmebemessung nicht beeinflussen.

Milderungsgründe stehen dem Beamten nicht zur Seite. Auf der anderen Seite sind aber auch keine Erschwernisgründe zu Tage getreten.

Im Rahmen der gebotenen Prüfung kommt der Senat in einer Gesamtschau aller bemessungsrelevanten Umstände deshalb zu dem Ergebnis, dass die Gehaltskürzung die angemessene Disziplinarmaßnahme ist. Da dem Verbot der Vorteilsannahme in Bezug auf das Amt als Bestandteil der Dienstpflicht zur uneigennützigen Amtsausführung herausragende Bedeutung zukommt (BVerwG, U.v. 28.2.2013 - 2 C 3.12 - juris Rn. 28), war die Kürzung der Dienstbezüge auf den nach Art. 9 Abs. 1 Satz 3 BayDG maximal zulässigen Zeitraum bis zur zulässigen Höchstgrenze nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayDG auszusprechen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 BayDG. Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayBO).

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(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte dürfen, auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, keine Belohnungen, Geschenke oder sonstigen Vorteile für sich oder eine dritte Person in Bezug auf ihr Amt fordern, sich versprechen lassen oder annehmen. Ausnahmen bedürfen der Zustimmung ihres gegenwärtigen oder letzten Dienstherrn.

(2) Wer gegen das in Absatz 1 genannte Verbot verstößt, hat das aufgrund des pflichtwidrigen Verhaltens Erlangte auf Verlangen dem Dienstherrn herauszugeben, soweit nicht die Einziehung von Taterträgen angeordnet worden oder es auf andere Weise auf den Staat übergegangen ist.

Die Leitung der Behörde entscheidet, wer den Medien Auskünfte erteilt.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die sofortige Vollziehbarkeit einer Anordnung des Rektors der Hochschule Wismar, durch die der Beschwerdeführer, der am Fachbereich Bauingenieurwesen Professor für Vermessungskunde ist, angewiesen wurde, ab dem Sommersemester 2006 Lehrveranstaltungen im Grundlagenfach Darstellende Geometrie im Rahmen des Bachelorstudiengangs Bauingenieurwesen durchzuführen.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer ist Diplom-Ingenieur für Vermessungswesen. Im August 1996 wurde er auf Vorschlag der Hochschule Wismar durch die Kultusministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern auf die C 2-Professur für Vermessungskunde des Fachbereichs Bauingenieurwesen der Hochschule Wismar berufen. Im Text der Stellenausschreibung hieß es:

3

Die Vermessungskunde einschließlich der Photogrammetrie ist ganzheitlich im Studiengang Bauingenieurwesen zu vermitteln.

4

Darüber hinaus müssten die Bewerberinnern und Bewerber

5

… bereit und in der Lage sein, die jeweiligen Fachgebiete in Lehre und anwendungsbezogener Forschung zu vertreten. Es wird gleichfalls erwartet, dass sie nach Notwendigkeit auch Lehrveranstaltungen in den Grundlagenfächern des Fachbereichs übernehmen.

6

In der Ruferteilung hieß es:

7

Die Professur ist mit der Verpflichtung verbunden, das vorgenannte Lehrfach an der Fachhochschule durch Vorlesungen und Übungen zu vertreten.

8

Neben der vorbehaltlichen Festsetzung der Lehrverpflichtung des Beschwerdeführers auf 18 Semesterwochenstunden wurde in der Ruferteilung außerdem ausgeführt:

9

Eine Änderung oder Erweiterung Ihrer Amtspflichten im Rahmen des übertragenen Professorenamtes bleibt vorbehalten.

10

Im Oktober 1996 wurde der Beschwerdeführer durch die Kultusministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern zum Professor an der Hochschule Wismar ernannt. In der Einweisung wurde die Verpflichtung des Beschwerdeführers festgehalten,

11

… die mit dem Amt eines Professors verbundenen Aufgaben wahrzunehmen, insbesondere das Fach "Vermessungskunde" selbständig in Wissenschaft, Forschung und anwendungsbezogener Lehre zu vertreten sowie entsprechende Forschungs- und Entwicklungsvorhaben durchzuführen, soweit dies zur wissenschaftlichen Grundlegung und Weiterentwicklung der Ihnen obliegenden Lehre erforderlich ist.

12

2. Mit Beschluss vom 10. März 2004 übertrug der Fachbereichsrat dem Beschwerdeführer ab dem Wintersemester 2004/2005 die Lehre für das Fach Darstellende Geometrie im Rahmen des Bachelorstudiengangs Bauingenieurwesen und führte zur Begründung aus, der Beschluss beruhe im Wesentlichen auf § 57 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landeshochschulgesetz - LHG M-V) vom 5. Juli 2002 (GVOBl M-V S. 398). Danach nähmen die Hochschullehrer die ihrer Hochschule jeweils obliegenden Aufgaben in ihrem Fach nach näherer Ausgestaltung ihres Dienstverhältnisses zwar selbständig wahr, dies entbinde sie jedoch nicht von ihrer Verpflichtung, Lehrveranstaltungen ihrer Fächer in allen Studiengängen und allen Studienbereichen abzuhalten und die zur Sicherstellung des Lehrangebots gefassten Entscheidungen der Hochschulorgane auszuführen (§ 57 Abs. 2 LHG M-V). Ob das Fach Darstellende Geometrie inhaltlich zu der dem Beschwerdeführer obliegenden Lehre zähle, könne unberücksichtigt bleiben, da der Beschwerdeführer einerseits im Berufungsgespräch seine Bereitschaft zur Übernahme bekundet habe, andererseits das Abhalten von Lehrveranstaltungen aus dem Grundstudium ausweislich des Stellenausschreibungstextes eine Berufungsvoraussetzung gewesen sei. Die hiergegen nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage des Beschwerdeführers ist beim Verwaltungsgericht Schwerin noch anhängig.

13

3. Mit Bescheid vom 20. Dezember 2005 wies der Rektor der Hochschule Wismar den Beschwerdeführer unter Anordnung der sofortigen Vollziehung an, gemäß dem Beschluss des Fachbereichsrats vom 10. März 2004 ab dem Sommersemester 2006 im Bachelorstudiengang Bauingenieurwesen Lehrveranstaltungen im Grundlagenfach Darstellende Geometrie abzuhalten. Zur Begründung führte der Rektor aus, dass der Fachbereichsrat dem Beschwerdeführer diese Lehraufgabe den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend übertragen habe, weil dies zur Gewährleistung des in den Studienordnungen vorgesehenen Lehrangebots notwendig sei. Die Studienordnung im Bachelorstudiengang Bauingenieurwesen sehe als Grundlagenmodul das Fach Darstellende Geometrie/Computer Aided Design (CAD) vor. Der Beschwerdeführer sei als Professor des Fachbereichs in der Lage, das Lehrangebot auszufüllen und nach Maßgabe seiner Lehrverpflichtung sowie unter Beachtung seines Dienstverhältnisses dazu auch geeignet und befähigt. Die bisherige Auslastung des Beschwerdeführers bei der Übernahme von Lehrverpflichtungen sei im Vergleich zu den am Fachbereich tätigen Kollegen weit unterdurchschnittlich und habe zuletzt unter 50 % gelegen. Die verbleibende Zeit bis zum Beginn des Sommersemesters reiche aus, um sich der besonderen Anstrengung der Aneignung und Vermittlung des bislang nicht vom Beschwerdeführer gelehrten Fachs zu stellen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertige sich aus dem überwiegenden öffentlichen Interesse an der Gewährleistung des studienplanmäßigen Studienangebots. Das persönliche Interesse des Beschwerdeführers daran, keine weiteren Aufgaben übernehmen zu wollen, müsse demgegenüber zurücktreten.

14

4. Parallel zur Übertragung der Lehraufgaben in Darstellender Geometrie auf den Beschwerdeführer wurde die Professur des Beschwerdeführers auf Veranlassung der Hochschule durch Bescheid des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Mai 2005 gemäß § 57 Abs. 6 LHG M-V von "Vermessungskunde" in "Vermessungskunde, Darstellende Geometrie, Mathematik" umgewidmet. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2005 zurückgewiesen und die sofortige Vollziehung der Umwidmung angeordnet. Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der beim Verwaltungsgericht gegen die Umwidmung der Professur anhängig gemachten Klage gab das Verwaltungsgericht Schwerin mit Beschluss vom 3. März 2006 statt. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht unter anderem aus, dass die Hochschule grundsätzlich nicht dazu berechtigt sei, die Aufgaben eines Professors gegen dessen Willen dahingehend zu verändern, dass dieser ein anderes Fach in Forschung und Lehre zu vertreten habe. Während die dem Beschwerdeführer gegenüber erlassene Umwidmung hinsichtlich des zusätzlichen Fachs Mathematik dessen Recht am konkreten Professorenamt berühre, sei hinsichtlich der Darstellenden Geometrie jedoch fraglich, ob die Umwidmung überhaupt eine Erweiterung der Professur darstelle oder ob diese im Sinne einer Präzisierung des bisherigen Fachgebiets zu verstehen sei, weil sich die Darstellende Geometrie als Randwissenschaft noch der Vermessungskunde zurechnen lasse.

15

5. Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 20. Dezember 2005 erhobenen Widerspruchs lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. Februar 2006 als unbegründet ab. Die Anweisung des Rektors der Hochschule Wismar entspreche den Lehrverpflichtungen des Beschwerdeführers nach der durch Bescheid des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern mitgeteilten Umwidmung der vom Beschwerdeführer bislang innegehaltenen Professur "Vermessungskunde" bei der Hochschule Wismar in das Fach "Vermessungskunde, Darstellende Geometrie, Mathematik". Diese Umwidmung sei trotz der dagegen durch den Beschwerdeführer anhängig gemachten Klage aufgrund der im Widerspruchsbescheid erfolgten Anordnung sofort vollziehbar. Demgemäß habe der Beschwerdeführer seine Lehrverpflichtungen in der umgewidmeten Professur vorerst in vollem Umfang zu erfüllen.

16

6. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht, mit der er die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Herleitung seiner Verpflichtung zur Übernahme der Lehre im Fach Darstellende Geometrie aus der Vollziehbarkeit der Umwidmung seiner Professur rügte und auf den zwischenzeitlich dazu ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 3. März 2006 verwies.

17

7. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde mit Beschluss vom 29. August 2006 zurückgewiesen. Die umstrittene Maßnahme erweise sich als voraussichtlich rechtmäßig. Nach dem Sachverhalt, wie er von den Beteiligten bislang unterbreitet worden sei, gehe der Senat nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung davon aus, dass der Beschwerdeführer verpflichtet sei, die ihm übertragene Lehrveranstaltung abzuhalten, ohne dass es insoweit auf die Rechtmäßigkeit oder Vollziehbarkeit der erfolgten Umwidmung der Professur ankomme. Die Anweisung des Rektors finde ihre rechtliche Grundlage in § 32 Abs. 2 und § 57 LHG M-V. Danach übertrage der Fachbereich seinen in der Lehre tätigen Angehörigen im Rahmen der für das Dienstverhältnis geltenden Regelungen bestimmte Lehraufgaben, soweit das zur Gewährleistung des in den Studienordnungen vorgesehenen Lehrangebots notwendig sei. Die Hochschullehrer seien im Rahmen der für ihr Dienstverhältnis geltenden Regelungen berechtigt und verpflichtet, Lehrveranstaltungen ihrer Fächer in allen Studiengängen und allen Studienbereichen abzuhalten und die zur Sicherstellung des Lehrangebots gefassten Entscheidungen der Hochschulorgane auszuführen (vgl. § 57 Abs. 2 Satz 1 LHG M-V). Art und Umfang der von dem einzelnen Hochschullehrer wahrzunehmenden Aufgaben richteten sich unter Beachtung von § 57 Abs. 1 bis 4 LHG M-V nach der Ausgestaltung seines Dienstverhältnisses und der Funktionsbeschreibung der jeweiligen Stelle (§ 57 Abs. 6 Satz 1 LHG M-V). Die Aufgaben der einzelnen Professoren sollten fachlich möglichst breit festgelegt werden (§ 57 Abs. 6 Satz 2 LHG M-V). Die Festlegung müsse unter dem Vorbehalt einer Überprüfung in angemessenen Abständen stehen (§ 57 Abs. 6 Satz 3 LHG M-V). Diese Regelungen, welche die in § 43 HRG geregelte selbständige Wahrnehmung der einer Hochschule obliegenden Aufgaben in Wissenschaft, Forschung, Lehre und Weiterbildung durch die Hochschullehrer konkretisierten, seien einfachgesetzlicher Ausdruck der in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verfassungsrechtlich verankerten Freiheit der Forschung und Lehre. Daneben normierten sie zugleich die sich aus dem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis ergebenden Pflichten der Hochschullehrer als Beamte, die in Art. 33 Abs. 5 GG ebenfalls verfassungsrechtlich verankert seien. Zu diesen dienstlichen Aufgaben zähle auch die Lehre. Zwar habe der Hochschullehrer auch ein Recht auf Lehre, könne jedoch wegen der Notwendigkeit der Abstimmung mit anderen Hochschullehrern sowie angesichts des - in Art. 12 Abs. 1 GG ebenfalls verfassungsrechtlich verankerten - Anspruchs der Studierenden auf Realisierung des erforderlichen Lehrangebots auch unter Berücksichtigung der Wissenschaftsfreiheit nicht völlig frei darüber entscheiden, ob und in welchem Umfang er Lehrveranstaltungen durchführe.

18

Die Koordination der verschiedenen an der Hochschule auftretenden rechtlich geschützten Interessen sei in erster Linie Sache des Lehrkörpers selbst. In den genannten landes- und bundesrechtlichen Vorschriften komme die Erwartung des jeweiligen Normgebers zum Ausdruck, die Hochschullehrer würden ihre Anteile an der Lehrleistung der Hochschule grundsätzlich selbst so bestimmen, dass das in der Studienordnung vorgesehene Lehrangebot abgedeckt werde. Nur wenn diese Selbstbestimmung nicht funktioniere, sei der Fachbereich berechtigt, Hochschullehrern notwendige Lehraufgaben zu übertragen. Dabei habe der Fachbereich allerdings den durch das jeweilige Dienstverhältnis des betroffenen Hochschullehrers vorgegebenen Rahmen zu beachten. Eine Aufgabenübertragung halte sich insoweit jedenfalls dann innerhalb dieses Rahmens, wenn sie von der in der Ruferteilung enthaltenen Funktionsbeschreibung abgedeckt sei, wobei diese im Interesse der Funktionstüchtigkeit der Hochschule und im Sinne ihrer ständigen Reformierungspflicht (§ 9 LHG M-V) nicht eng zu verstehen sei. Dies folge auch aus § 57 Abs. 6 Satz 2 LHG M-V, wonach die Aufgaben der einzelnen Professoren fachlich möglichst breit festgelegt sein sollten. Daraus folge, dass Hochschullehrer nicht auf den Kernbereich "ihres" Fachs beschränkt seien, sondern darüber hinaus auch in Materien eingesetzt werden könnten, die zugleich und eventuell auch im Schwerpunkt zu anderen Fächern gehörten.

19

Unter Anwendung dieser Maßstäbe sei der Beschwerdeführer verpflichtet, die umstrittene Lehrveranstaltung abzuhalten. Bei der Darstellenden Geometrie handele es sich um ein nach der Studienordnung notwendiges Lehrangebot, das nicht anderweitig abgedeckt sei. Die Aufgabenübertragung halte sich auch im Rahmen der durch das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers vorgegebenen Regelungen. Zwar enthalte die Ruferteilung keine eigene Funktionsbeschreibung, beziehe sich aber ausdrücklich auf die Bewerbung des Beschwerdeführers, die auf einer von diesem selbst vorgelegten Stellenausschreibung basiere, so dass die darin enthaltenen Angaben zur Beschreibung der vom Beschwerdeführer ausgefüllten Funktion heranzuziehen seien. Aus der Ausschreibung ergebe sich die Verpflichtung, "die Vermessungskunde ... ganzheitlich im Studiengang Bauingenieurwesen zu vermitteln". Weiter heiße es, die Bewerber müssten bereit sein, die jeweiligen Fachgebiete in Lehre und anwendungsbezogener Forschung zu vertreten. Gleichfalls würde erwartet, "dass sie nach Notwendigkeit auch Lehrveranstaltungen in den Grundlagenfächern des Fachbereichs übernehmen". Schon die im Ausschreibungstext ausdrücklich geforderte ganzheitliche Vermittlung des Faches Vermessungskunde sei so auszulegen, dass der Beschwerdeführer zur Übernahme der ihm übertragenen Lehrveranstaltung im Fach Darstellende Geometrie verpflichtet sei, da die Darstellende Geometrie bei dem gebotenen weiten Verständnis ein Fach der Vermessungskunde darstelle. Das Grundlagenfach Darstellende Geometrie sei insoweit als Teil der Vermessungskunde zu bewerten. Dies folge auch aus einer Stellungnahme der Hochschule Neubrandenburg, der zufolge an drei Vergleichshochschulen im Studiengang Vermessungswesen Vorlesungen und Übungen im Fach Darstellende Geometrie vorgesehen seien. Der Beschwerdeführer habe seinerseits eingeräumt, in seinem eigenen Studium Vorlesungen in der Darstellenden Geometrie besucht zu haben. Außerdem sei die Darstellende Geometrie nach der im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Anweisung nur als Grundlagenfach zu übernehmen, so dass ergänzend auch auf die in der Ausschreibung geforderte Übernahme von Lehrveranstaltungen in den Grundlagenfächern des Fachbereichs verwiesen werden könne.Schließlich müsse sich der Beschwerdeführer auch vorhalten lassen, dass er sich ausdrücklich einverstanden erklärt habe, Vorlesungen in der Darstellenden Geometrie zu übernehmen, wenn seine Professur auf die Besoldungsgruppe C 3 angehoben würde.

II.

20

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, Art. 5 Abs. 3 und Art. 19 Abs. 4 GG. Die ursprünglich erhobene Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG hat der Beschwerdeführer im Laufe des Verfassungsbeschwerdeverfahrens zurückgezogen.

21

1. Der Beschwerdeführer sieht sich durch die angegriffenen Entscheidungen in verfassungswidriger Weise dazu verpflichtet, mit der Darstellenden Geometrie im Studiengang Bauingenieurwesen ein ihm fremdes Fach zu unterrichten. Daraus resultiere sowohl eine Beeinträchtigung des Ansehens der Hochschule wie auch seiner eigenen Reputation. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhe allein auf einem unzulässigen Rückschluss aus der sofortigen Vollziehbarkeit der vor dem Verwaltungsgericht ebenfalls angegriffenen Umwidmung der Professur von "Vermessungskunde" in "Vermessungskunde, Darstellende Geometrie, Mathematik", die sich ihrerseits als rechtswidrig darstelle. Die von der Umwidmung unabhängige Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Darstellende Geometrie sei ein Teil des dem Beschwerdeführer obliegenden Faches Vermessungskunde, jedenfalls aber ein Grundlagenfach, welches er aufgrund seiner Professur neben der Vermessungskunde zu unterrichten verpflichtet sei, könne keinen Bestand haben. Die Darstellende Geometrie stelle weder im Kern- noch im Randbereich einen Teil des Faches Vermessungskunde dar. Vielmehr handele es sich bei der Darstellenden Geometrie und der Vermessungskunde um zwei unterschiedliche und voneinander unabhängige Disziplinen. Gegenstand der Darstellenden Geometrie sei es, dreidimensionale (räumliche) Objekte in der zweidimensionalen (Zeichen-)Ebene von mehreren Seiten (Grundriss, Aufriss, Seitenriss) so darzustellen, dass der Betrachter auf dem Papier ein vollkommenes Bild von ihnen erhalte. Damit das abgebildete Objekt in seinen geometrischen Einzelheiten und mit allen Maßen erkannt und erfasst werden könne, bediene sich die Darstellende Geometrie unterschiedlicher Perspektiven (Projektionen), etwa der Zentralprojektion, der schiefen und der orthogonalen Parallelprojektion sowie unterschiedlicher Abbildungsebenen, namentlich der Eintafel-, Zweitafel- oder der Dreitafelprojektion. Die Darstellende Geometrie sei daher eng mit der Architektur sowie dem Maschinenbau verbunden. Sie richte sich ausweislich der Beschreibung ihrer Methode und Aufgabe in den einschlägigen Lehrbüchern an den konstruierenden Ingenieur. Die Vermessungskunde bilde demgegenüber ihre Messergebnisse in Karten und Plänen nur im Grundriss, nicht aber räumliche Gebilde in mehreren zweidimensionalen Ebenen ab. Die Darstellung der Räumlichkeit spiele dabei regelmäßig keine Rolle. Zusätzliche Ebenen würden, anders als in der Darstellenden Geometrie, nicht eingeführt. Geländehöhen würden ausschließlich indirekt im Grundriss mittels Höhenlinien, gegebenenfalls unter Zusatz von Höhenangaben ausgewählter Geländepunkte abgebildet. Weder die Konstruktion noch die Darstellung der Höhenlinien bedürften eines Rückgriffs auf die Darstellende Geometrie. Folglich spiele die Darstellende Geometrie in der Ausbildung der Vermessungsingenieure auch keine tragende Rolle. An den Fachhochschulen, an denen die Darstellende Geometrie im Studiengang Vermessungswesen noch gelehrt werde, würde dies nicht von Vermessungsingenieuren, sondern von Mathematikern, Architekten oder Bauingenieuren durchgeführt. Die Lehrbücher zu beiden Fächern wiesen keine Wechselbezüglichkeit auf.

22

Dem vom Oberverwaltungsgericht bezüglich der Zuordnung der Darstellenden Geometrie zum Fach Vermessungskunde zugrunde gelegten weiten Verständnis des Faches Vermessungskunde liege eine ihrerseits begründungsbedürftige und zweifelhafte Annahme zugrunde, die dazu führe, dass jedes fremde Fach, welches in die Ausbildung eines Faches hineinspiele, als Teil dieses Faches zu betrachten sei, den jeder Absolvent auch lehren können müsse. Für die Darstellende Geometrie im Bachelorstudiengang Bauingenieurwesen besitze der Beschwerdeführer jedoch weder aufgrund seiner Ausbildung als Vermessungsingenieur noch aufgrund seiner beruflichen Erfahrungen die notwendige fachliche Kompetenz und könne den Anforderungen und Erwartungen an einen Hochschullehrer nicht gerecht werden. Obwohl der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren substantiiert zum Verhältnis der beiden Fächer im Rahmen des Studiengangs Bauingenieurwesen vorgetragen habe, habe sich das Oberverwaltungsgericht mit dieser streitentscheidenden Frage unter Verstoß gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens nicht auseinandergesetzt. Vielmehr behaupte es ohne aussagekräftige, substantiierte und nachvollziehbare Begründung schlicht, dass es sich bei der Darstellenden Geometrie um einen Teil der Vermessungskunde handele. Eine Klärung der Frage des Verhältnisses von Darstellender Geometrie und Vermessungskunde hätte aber trotz des Charakters des Ausgangsverfahrens als Eilverfahren und der insoweit grundsätzlich nur gebotenen summarischen Prüfung des Sachverhalts stattfinden müssen.

23

2. Er sei auch nicht verpflichtet, die Darstellende Geometrie als Grundlagenfach neben der Vermessungskunde zu unterrichten. Der ihm im Rahmen seiner Professur obliegende Aufgabenbereich beschränke sich vielmehr auf das Fach Vermessungskunde einschließlich der Photogrammetrie. Aus der Stellenausschreibung, die sich in allgemeiner Form an potenzielle Bewerber richte und die lediglich eine Informationsfunktion, nicht aber einen rechtlich bindenden Charakter besitze, lasse sich keine gegenteilige Bestimmung der mit dem konkreten Professorenamt einhergehenden Lehraufgaben heranziehen. Die in der Stellenausschreibung zum Ausdruck kommende unbestimmte Erwartung der Hochschule hinsichtlich der Übernahme von Lehrveranstaltungen aus einer Vielzahl von Grundlagenfächern sei zur Bestimmung der Lehrverpflichtung des Beschwerdeführers ungeeignet. Zum Grundstudium des damaligen Diplomstudiengangs sowie des heutigen Bachelorstudiengangs Bauingenieurwesen gehörten die Fächer Technische Mechanik, Informatik, Tragwerkslehre/Mauerwerksbau, Baustatik, Geotechnik, Bauphysik, Baukonstruktion, Bauinformatik, Baustoffkunde/Bauchemie, Mathematik, Hydromechanik/Hydrologie, Rechtsgrundlagen/Baurecht I, Vermessungskunde sowie Darstellende Geometrie/CAD. Es liege aus Gründen der Fachkompetenz auf der Hand, dass sich auch eine Verpflichtung zur Übernahme weiterer Grundlagenfächer für einen Professor für Vermessungskunde, der ausgebildeter Vermessungsingenieur sei, nicht auf jedes dieser Fächer beziehen könne. Vielmehr bedürfe es einer umfassenden und genauen Beschreibung einer Professur und der ihr zugeordneten Fächer in der Ruferteilung und Einweisungsverfügung sowie schon bei der einer Berufung vorangehenden Konzeption der Professorenstellen und ihrer Ausschreibung. Eine Professur für Vermessungskunde und Darstellende Geometrie habe die Hochschule aber gerade nicht ausgeschrieben. Auch seien dem Beschwerdeführer weder in der Ruferteilung noch in der Einweisungsverfügung durch das Ministerium neben der Vermessungskunde Lehraufgaben in anderen Grundlagenfächern übertragen worden. Die Übertragung des Faches Darstellende Geometrie auf den Beschwerdeführer liege somit außerhalb seiner Professur und stelle eine gegen sein Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 GG verstoßende Änderung seiner Dienstaufgaben dar.

III.

24

Zu der Verfassungsbeschwerde haben sich die Hochschule Wismar, die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern, der Deutsche Hochschulverband, der Hochschullehrerbund, der Verband Hochschule und Wissenschaft und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft geäußert. Das Bundesverwaltungsgericht sowie die Oberverwaltungsgerichte beziehungsweise Verwaltungsgerichtshöfe der Bundesländer haben, sofern sie nicht von einer Stellungnahme abgesehen haben, auf eigene Entscheidungen, die sich mit den durch die Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen befassen, verwiesen.

25

1. Die Hochschule Wismar hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

26

Die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig, da es der Beschwerdeführer im Hinblick auf die von ihm behauptete Gehörsverletzung unterlassen habe, gegen den angegriffenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts fristgerecht Anhörungsrüge gemäß § 152a VwGO zu erheben.

27

Im Übrigen sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG liege nicht vor. Unter Berücksichtigung der gesetzlich normierten Aufgaben der Fachhochschulen, wonach die Fachhochschulen der Pflege und Entwicklung der Wissenschaften insbesondere durch anwendungsbezogene Lehre und Forschung dienten, sei bereits fraglich, ob die anwendungsbezogene Lehre hinsichtlich jeglichen Bereichs ohne weiteres in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 3 GG falle. Da die Lehrfreiheit der Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse diene, könne sich nur derjenige auf die Wissenschaftsfreiheit berufen, der auf seinem Lehrgebiet auch eigenverantwortlich als Forscher tätig sei. Da es sich bei der dem Beschwerdeführer übertragenen Lehraufgabe im Fach Darstellende Geometrie um die anwendungsbezogene Vermittlung von Grundkenntnissen einer mathematischen Methodik im ersten Fachsemester des Studiengangs Bauingenieurwesen handele, die einen wissenschaftlichen Anspruch nicht erkennen lasse, bestünden erhebliche Zweifel, ob diese den besonderen Status der verfassungsrechtlichen Lehrfreiheit genieße. Jedenfalls aber lasse die Übertragung der Vorlesung im Fach Darstellende Geometrie die freien, unbeeinflussten und eigenverantwortlich gestalteten Inhalte der Lehre des Beschwerdeführers unberührt. Vorliegend gehe es lediglich um eine Veränderung der dem Beschwerdeführer innerhalb seines Dienstverhältnisses und der Funktionsbeschreibung seiner Professur obliegenden Aufgaben, deren Zulässigkeit sich nach einfachgesetzlichen Normen bestimme und der Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte vorbehalten bleiben müsse. Dabei halte sich die Übertragung der Lehre im Fach Darstellende Geometrie, wie sie sich aus der Ausschreibung, den Festlegungen im Rahmen der Berufungsverhandlung und der Einweisungsverfügung ergebe, innerhalb des für das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers maßgeblichen Rahmens. Das dem Beschwerdeführer übertragene Fach Vermessungskunde sei von vornherein durch die Lehre im Fachbereich Bauingenieurwesen funktionell dahingehend näher beschrieben gewesen, dass der für das Dienstverhältnis maßgebliche Rahmen neben dem Kernbereich Vermessungskunde auch die mit der Vermessungskunde im Zusammenhang stehenden weiteren Fächer umfasse.

28

Die Darstellende Geometrie, welche zum Grundlagenwissen sowohl eines Vermessungsingenieurs wie eines Bauingenieurs gehöre, stelle sich im Verhältnis zur Vermessungskunde jedenfalls nicht als wesensfremd dar, sondern weise die für die Übertragung der Lehraufgabe erforderlichen Bezüge auf. Dies werde durch das Lehrangebot und die Beschreibung der Studieninhalte in entsprechenden Studiengängen an anderen Hochschulen belegt. Ausweislich der Ruferteilung und der Einweisungsverfügung sei dem Beschwerdeführer das Professorenamt vorbehaltlich einer Änderung oder Erweiterung der Amtspflichten übertragen worden. Auf aktuell vorhandenes Wissen im Fach Darstellende Geometrie komme es für die Frage der Grundrechtswidrigkeit der übertragenen Lehrverpflichtung nicht an, zumal der Beschwerdeführer, der selbst seine Bereitschaft zur Übernahme der Lehre im Fach Darstellende Geometrie erklärt und nie in Abrede gestellt habe, dass er nach kurzer Einarbeitungszeit das Fach Darstellende Geometrie lehren könne, grundsätzlich die fachliche Kompetenz zur Lehre des Grundlagenfachs Darstellende Geometrie im Studiengang Bauingenieurwesen besitze.

29

2. Auch nach Ansicht der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Ob sich Fachhochschullehrer auf das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG berufen könnten, sei vom Bildungsauftrag der jeweiligen Fachhochschule und vom Charakter der dem Fachhochschullehrer dienstlich zugewiesenen Tätigkeit abhängig. Insofern müsse berücksichtigt werden, dass der Aufgabenbereich der Fachhochschulprofessoren in großem Umfang von der Lehrtätigkeit geprägt sei, bei der die reine Unterrichtstätigkeit, die keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erheben könne, überwiege. Am Schutz des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG könne die Lehrtätigkeit von Fachhochschulprofessoren nur insoweit teilhaben, als sie entweder eigene wissenschaftliche Erkenntnisse wiedergebe oder fremde Erkenntnisse kritisch-reflektiert verarbeite. Änderungen der Dienstaufgaben eines Professors dürften, solange diese nicht durch mit der Wissenschaftsfreiheit kollidierende Verfassungsbelange wie etwa die Organisationshoheit des Dienstherrn oder die Gewährleistung des Ausbildungsanspruchs der Studierenden gerechtfertigt seien, nur innerhalb eines Fachs vorgenommen werden. Wegen des Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit dürfe das übertragene Forschungs- und Lehrgebiet grundsätzlich nicht verändert werden. Demgegenüber hätten beamtete Fachhochschulprofessoren, auf die die allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätze anzuwenden seien, grundsätzlich keinen Anspruch auf die unveränderte Ausübung des ihnen einmal übertragenen Amtes im konkret-funktionellen Sinne.

30

3. Der Deutsche Hochschulverband vertritt ebenfalls die Ansicht, dass die Lehre eines Fachhochschulprofessors nur dann dem verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unterfällt, wenn der Fachhochschulprofessor in dem Bereich, in dem er lehrt, eigenständige Forschungsleistungen erbringt. Angesichts der Höhe ihres Lehrdeputats könnten Fachhochschulprofessoren jedoch gar keine durch eigene wissenschaftliche Forschung gespeiste Lehre anbieten und täten dies in der Regel auch nicht. Trotz der mittlerweile in allen Bundesländern erfolgten Zuweisung der Forschung als Aufgabe der Fachhochschulen und der sich abzeichnenden Lösung der Fachhochschulforschung von der anwendungsbezogenen Lehrforschung handele es sich bei der zumal nur anwendungsorientierten Forschung schließlich nicht um eine Primäraufgabe der Fachhochschulen. Bezüglich der Modifikationen ihres Fachs bietet Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG Fachhochschullehrern nach Ansicht des Deutschen Hochschulverbandes daher keinen beziehungsweise allenfalls einen abgeschwächten Schutz. Für Fachhochschulprofessoren stehe die Lehre im Gegensatz zur zumal nur anwendungsorientierten Forschung signifikant im Vordergrund und nehme im Vergleich mit Universitäten einen geringeren Stellenwert ein. Vorliegend gehe es jedoch ohnehin um die nach einfachgesetzlichen Maßstäben zu entscheidende Frage, ob sich die Aufgabenübertragung noch im Rahmen der in der Ruferteilung enthaltenen Funktionsbeschreibung halte, wobei zu berücksichtigen sei, dass insbesondere Fachhochschulprofessoren hinsichtlich der Lehre eine gewisse Breite vertreten müssten.

31

4. Demgegenüber sind der Hochschullehrerbund, der Verband Hochschule und Wissenschaft und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft der Auffassung, dass die in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgte Lehrfreiheit auch Fachhochschulprofessoren zustehe. In den vergangenen Jahren sei es zu einer weitgehenden Angleichung von Fachhochschulen und Universitäten gekommen. Dies zeige sich zunächst an bundes- und landeshochschulgesetzlichen Regelungen, die kaum noch zwischen verschiedenen Hochschularten differenzierten. Obgleich es sich hierbei um einfachgesetzliche Normierungen handele, sei in ihnen die Wiedergabe und Wiederholung der mit der Funktion im staatlich organisierten Wissenschaftsbetrieb verbundenen besonderen Schutz- und Teilhaberechte aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG auch für Fachhochschullehrer zu sehen. Daneben sei die stärkere Forschungsausrichtung der Fachhochschulen zu berücksichtigen, wobei es sich bei der den Fachhochschulen in den Landeshochschulgesetzen übertragenen anwendungsbezogenen Forschung und Entwicklung ebenso um Forschung im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG handele wie bei der an Universitäten angesiedelten Grundlagenforschung. Der Grundsatz der Einheit von Forschung und Lehre sei daher sowohl institutionell als auch in der Person des Fachhochschulprofessors verwirklicht. Schließlich meine der Anwendungsbezug der Lehre an Fachhochschulen nicht eine unreflektierte Vermittlung praktischer Kenntnisse und schematische Einübung beruflicher Fertigkeiten, sondern die kritische Durchleuchtung der gegenwärtigen Berufspraxis, das vergleichende und wertende Zusammenstellen fremder Forschungsergebnisse sowie die Ausrichtung auf Problemlösung und Aufgabenbewältigung in einer sich verändernden Berufswelt, was die Förderung von Kreativität und Innovationsfähigkeit im Rahmen anwendungsbezogener Lehre erfordere.

32

Bezüglich der Frage, ob und inwieweit das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit Hochschullehrern ein Recht gewährt, kraft dessen sie einseitige Veränderungen ihres Aufgabenbereichs, insbesondere des von ihnen vertretenen Fachs, abwehren können, sind der Hochschullehrerbund, der Verband Hochschule und Wissenschaft und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft der Ansicht, dass auch ein Fachhochschulprofessor wegen des besonderen Schutzes aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG grundsätzlich ein Recht am konkret-funktionellen Amt habe. Die Veränderung des wissenschaftlichen Aufgabenbereichs eines Professors stelle einen grundsätzlich unzulässigen Eingriff in das durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützte Recht am konkret-funktionellen Amt dar, welches durch die Einweisungsverfügung und die Funktionsbeschreibung konkretisiert werde. Selbst in Fällen, in denen die fachliche Veränderung der dienstlichen Aufgaben erforderlich sei, um Grundrechte anderer zu schützen oder um anderen gewichtigen Gemeinschaftsinteressen Rechnung zu tragen, sei die Eingriffsbefugnis durch die wissenschaftliche Qualifikation eines Professors begrenzt.

B.

33

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

34

Der Beschwerdeführer hat den Rechtsweg gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG erschöpft. Hierfür war im vorliegenden Fall eine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts entbehrlich. Obwohl der Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde zunächst auch eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG gerügt hat und daher die Anhörungsrüge an sich zum Rechtsweg zählt (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>), steht das Unterlassen einer fachgerichtlichen Anhörungsrüge der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nicht entgegen, da er die Rüge einer Gehörsverletzung im Verfassungsbeschwerdeverfahren zurückgenommen hat.

35

Dem Beschwerdeführer kommt im Verfassungsbeschwerdeverfahren eine Dispositionsfreiheit zu, die sich aus der Funktion des außerordentlichen Rechtsbehelfs der Verfassungsbeschwerde ergibt. Neben der Funktion, das objektive Verfassungsrecht zu wahren, auszulegen und fortzubilden (vgl. BVerfGE 33, 247 <258>; 79, 365 <367>; 85, 109 <113>; 98, 218 <242 f.>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 4. November 2009 - 1 BvR 2150/08 -, NJW 2010, S. 47 <48>), dient die Verfassungsbeschwerde primär dem individuellen Rechtsschutz für die Durchsetzung der in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG genannten Rechte. Der Gegenstand des Verfassungsbeschwerdeverfahrens bestimmt sich folglich, ausgehend von der subjektiven Beschwer, nach der behaupteten Verletzung eines der in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG genannten Rechte (vgl. BVerfGE 45, 63 <74 f.>; 96, 251 <257>). Auch nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde steht es dem Beschwerdeführer grundsätzlich frei, seinen Antrag zurückzunehmen oder seine Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache für erledigt zu erklären. Beide Erklärungen haben zur Folge, dass das Beschwerdebegehren nicht mehr zur Entscheidung steht (vgl. BVerfGE 85, 109 <113>; 98, 218 <242>; 106, 210 <213>). Aufgrund der Dispositionsfreiheit steht es dem Beschwerdeführer zudem frei, die von ihm erhobene Verfassungsbeschwerde auch nachträglich auf die Rüge bestimmter Grundrechtsverletzungen zu beschränken. Die Rücknahme der Rüge einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG ist daher grundsätzlich möglich. Sie hat, wenn sie wirksam erklärt wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 13. Dezember 2007 - 1 BvR 2532/07 -, juris, Rn. 9 ff.), zur Folge, dass die Erschöpfung des Rechtswegs nicht von der Erhebung von Rechtsbehelfen abhängt, die der Beseitigung einer Gehörsverletzung dienen.

36

Der Beschwerdeführer musste eine Anhörungsrüge gemäß § 152a VwGO auch nicht deshalb nach dem aus § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG abzuleitenden Grundsatz der Subsidiarität (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>) erheben, weil bei einem Erfolg der Anhörungsrüge auch die weiteren mit der Verfassungsbeschwerde gerügten Grundrechtsverletzungen hätten beseitigt werden können. Jedenfalls ein nicht anwaltlich vertretener Beschwerdeführer kann nicht auf die Erhebung einer Anhörungsrüge verwiesen werden, wenn er in der Verfassungsbeschwerde zwar Art. 103 Abs. 1 GG als verletztes Verfassungsrecht benennt, der Sache nach aber keine Gehörsverletzung, sondern unzureichenden Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) rügt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 11. Februar 2009 - 1 BvR 3582/08 -, NZG 2009, S. 515). Unter diesen Umständen ist auszuschließen, dass eine Anhörungsrüge im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die geltend gemachte Grundrechtsverletzung beseitigt hätte. Offensichtlich aussichtslose fachgerichtliche Rechtsbehelfe müssen aber auch unter Berücksichtigung der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde nicht erhoben werden.

C.

37

Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.

38

Der Beschwerdeführer kann sich zwar auf den Schutz des Art. 5 Abs. 3 GG berufen und die Anweisungen hinsichtlich seiner Lehrtätigkeit berühren auch seine Grundrechtsposition (I). Die Verwaltungsgerichte haben im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes seine Grundrechtsposition aber noch ausreichend berücksichtigt und daher Art. 19 Abs. 4 GG nicht verletzt (II).

I.

39

Art. 5 Abs. 3 GG ist betroffen.

40

1. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährt jedem, der in Wissenschaft, Forschung und Lehre tätig ist, ein Grundrecht auf freie wissenschaftliche Betätigung (vgl. BVerfGE 15, 256 <263 f.>; 88, 129 <136>). Als Abwehrrecht schützt das Grundrecht die wissenschaftliche Betätigung gegen staatliche Eingriffe und gewährt dem einzelnen Wissenschaftler einen vorbehaltlos geschützten Freiraum (vgl. BVerfGE 35, 79 <112 f.>; 47, 327 <367>; 88, 129 <136>; 90, 1 <11 f.>). Kern der Wissenschaftsfreiheit ist für Hochschullehrer das Recht, ihr Fach in Forschung und Lehre zu vertreten (vgl. BVerfGE 35, 79 <147>; 122, 89 <105>).

41

2. Auf dieses Recht können sich regelmäßig auch Hochschullehrer an einer Fachhochschule berufen.

42

In welchen Einrichtungen, in welchem Umfang und bezogen auf welchen Fächerzuschnitt Personen amtlich damit betraut werden, wissenschaftlich eigenständig zu forschen und zu lehren, ist im Grundsatz eine Entscheidung des Gesetzgebers. Er ist hierbei nicht auf die Fortschreibung der tradierten Formen und Einrichtungen beschränkt. Soweit er Personen als Hochschullehrern die eigenständige Vertretung eines wissenschaftlichen Faches in Forschung und Lehre überträgt, fallen diese unter den Schutz des Art. 5 Abs. 3 GG.

43

a) Bezogen auf die damalige Rechtslage hat das Bundesverfassungsgericht es in seiner bisherigen Rechtsprechung ausdrücklich offen gelassen, ob und in welchem Umfang sich Fachhochschullehrer auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG berufen können (vgl. BVerfGE 61, 210 <237 ff.>; 64, 323 <353 ff.>). Es hat allerdings dabei auf die Wechselbeziehung dieser Frage mit den gesetzlich bestimmten Aufgaben der Fachhochschullehrer hingewiesen und so die Entwicklungsoffenheit des sachlichen Schutzbereichs der Wissenschaftsfreiheit hervorgehoben. In diesem Zusammenhang hat es bereits damals auch schon auf die verstärkten Forschungsaufgaben der Fachhochschulen, auf die fließenden Grenzen zwischen Forschung und Entwicklung sowie auf die gestiegenen Ansprüche an Fachhochschulen und an die Qualifikation der Fachhochschullehrer hingewiesen (vgl. BVerfGE 61, 210 <246 f.>). Auch für den materiellen Hochschullehrerbegriff hat das Bundesverfassungsgericht eine Entwicklungsoffenheit betont, um dadurch strukturellen, organisatorischen und auf die Anforderungen und Aufgaben von Hochschullehrern bezogenen Veränderungen im Hochschulwesen Rechnung tragen zu können (vgl. BVerfGE 47, 327 <392>).

44

b) Bundes- und Landesgesetzgeber haben in den vergangenen Jahren Universitäten und Fachhochschulen einander angenähert. Das Hochschulrahmengesetz und die Landeshochschulgesetze unterscheiden grundsätzlich nicht mehr zwischen solchen Regelungen, die allein für Universitäten Geltung beanspruchen, und solchen Regelungen, die für andere Hochschularten gelten (vgl. § 1 Satz 1 HRG). Die wesentlichen Aufgaben und Ausbildungsziele werden für alle Hochschularten einheitlich normiert (§ 2 und § 29 Abs. 1 BWHG, Art. 2 und Art. 55 Abs. 1 BayHG, § 4 und § 21 Abs. 1 BerlHG, § 3 und § 16 Abs. 1 BbgHG, §§ 4 und 52 BremHG, §§ 3, 46 und 49 HmbHG, §§ 3 und 13 HeHG, § 3 und § 28 Abs. 1 LHG M-V, § 3 NdsHG, § 3 und § 58 Abs. 1 NRWHG, § 2 und § 16 Abs. 1 RPfHG, §§ 2 und 48 SaarUG, §§ 5 und 15 SäHG, §§ 3 und 6 LSAHG, § 3 und § 46 Abs. 1 SHHG, § 5 und § 40 Abs. 1 ThürHG). Die Freiheit von Forschung und Lehre wird, zumeist unter ausdrücklicher Nennung von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, auch für Fachhochschulen garantiert (§ 3 Abs. 1 bis 3 BWHG, Art. 3 Abs. 1 bis 3 BayHG, § 5 Abs. 1 BerlHG, § 4 Abs. 1 und 2 BbgHG, § 7 Abs. 1 bis 3 BremHG, § 11 HmbHG, § 28 Satz 1 HeHG, § 5 Abs. 1 bis 3 LHG M-V, § 4 Abs. 1 und 2 NRWHG, § 3 Abs. 1 bis 3 RPfHG, § 3 Abs. 1 bis 3 SaarUG, § 4 SäHG, § 4 Abs. 1 bis 4 LSAHG, § 4 Abs. 1 bis 4 SHHG, § 7 Abs. 1 bis 3 ThürHG) und Fachhochschulen werden Forschungsaufgaben übertragen (§ 40 BWHG, Art. 2 Abs. 1 Satz 6 BayHG, § 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 4 BerlHG, § 3 Abs. 1 Satz 1 und 4 BbgHG, § 4 Abs. 1 Satz 1 BremHG, § 4 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Nr. 2 HmbHG, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 3 Satz 4 HeHG, § 3 Abs. 1 Satz 1 und 4 LHG M-V, § 3 Abs. 4 Satz 2 NdsHG, § 3 Abs. 2 Satz 2 NRWHG, § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 RPfHG, § 2 Abs. 1 Satz 3 SaFHG, § 5 Abs. 1 Satz 2 SäHG, § 3 Abs. 11 Satz 2 LSAHG, § 94 Satz 3 SHHG, § 5 Abs. 1 Satz 2 und 4 ThürHG).

45

Da Aufgaben der Hochschulen und Ziele des Studiums unabhängig von der Hochschulart normiert werden, lässt sich die vom Bundesverfassungsgericht in den Jahren 1982 und 1983 getroffene Feststellung, dass bei wissenschaftlichen Hochschulen die Pflege und Entwicklung der Wissenschaften durch Forschung und Lehre im Vordergrund stehen und dem Studierenden eine umfassende wissenschaftliche Ausbildung vermittelt werden soll, bei Fachhochschulen hingegen die Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit durch anwendungsbezogene Lehre vornehmliche Aufgabe ist (vgl. BVerfGE 61, 210 <244 f.>; 64, 323 <354 f.>; ähnlich auch: BayVerfGH, Entscheidung vom 8. Januar 1997 - Vf. 7-VII-96 -, NVwZ-RR 1997, S. 673 <674>), nicht mehr aufrechterhalten. Einerseits sind auch für die Universitäten Ausbildungsaufgaben zentral, so dass die Universitätslehre notwendig auf Prüfungsordnungen ausgerichtet und durch Studienpläne gesteuert wird, ohne dass dadurch der Wissenschaftscharakter der Lehre an Universitäten in Frage gestellt würde. Andererseits kann es ebenso wie bei Universitäten Aufgabe einer Fachhochschule oder der in ihr tätigen Professoren sein, ihren Studierenden im Rahmen der Ausbildungsaufgaben wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden zu vermitteln sowie sie zu wissenschaftlicher Arbeit zu befähigen.

46

c) Auch weitere Annahmen bezüglich für den Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 3 GG erheblicher Unterschiede zwischen Universitäten und Fachhochschulen im Hinblick auf Rolle und Bedeutung der Forschung lassen sich angesichts gesetzlicher Neuerungen und faktischer Entwicklungen nicht mehr aufrechterhalten. In den Jahren 1982 beziehungsweise 1983 war die Feststellung, Fachhochschulen würden Forschungs- und Entwicklungsvorhaben nur im Rahmen ihres Ausbildungsauftrages vornehmen, während bei Universitäten die Forschung neben der wissenschaftlichen Grundlegung und Weiterentwicklung von Lehre und Studium ganz allgemein der Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse diene (vgl. BVerfGE 61, 210 <244 f.>; 64, 323 <354 f.>), noch zutreffend. Gleiches gilt für die Aussage, der Gesetzgeber habe den Fachhochschulen Forschung zwar in einem bestimmten Rahmen gestattet, anders als wissenschaftlichen Hochschulen aber keinen Auftrag zur Forschung erteilt (vgl. BVerfGE 64, 323 <358 f.>), sowie für die Feststellung, die Betreuung mit Forschungsaufgaben sei insofern erheblich begrenzt, als sich das Forschungsspektrum der Fachhochschule allein an ihrem Ausbildungsauftrag orientiere (vgl. BVerfGE 64, 323 <359>). Heute gestattet die Mehrheit der Bundesländer in ihren Hochschulgesetzen den Fachhochschulen nicht lediglich zu forschen, Forschung wird den Fachhochschulen vielmehr als Aufgabe, teilweise sogar ohne funktionale Bindung an ihren Ausbildungsauftrag, ausdrücklich zugewiesen (vgl. hierzu m.w.N. Waldeyer, Das Recht der Fachhochschulen, in: Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, Bd. 2, Stand: Mai 2000, Rn. 11 ff.). Damit haben sich auch die dienstrechtlich vermittelten Aufgaben von Fachhochschullehrern inhaltlich erweitert. Allein das höhere Lehrdeputat und der daraus folgende geringere Freiraum für Forschung kann die Berufung des Fachhochschullehrers auf die Wissenschaftsfreiheit nicht ausschließen (vgl. BVerfGE 61, 210 <246>).

47

d) Auch das Argument der unterschiedlichen Zulassungsvoraussetzungen für Studierende kann eine Herausnahme der Fachhochschulen aus dem Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit nicht länger rechtfertigen. Dass den Studierenden an Fachhochschulen mit Rücksicht auf ihren niedrigeren Bildungsabschluss keine wissenschaftliche Lehre erteilt werden könne (vgl. BVerfGE 64, 323 <357 f.>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. November 1996 - 8 B 107.96 -, juris, Rn. 26), vermag angesichts der aktuellen gesetzlichen Regelungen nicht mehr zu überzeugen. Auf der rahmenrechtlichen Grundlage des § 27 Abs. 2 Satz 2 HRG haben mittlerweile alle Bundesländer beruflich qualifizierten Personen ohne Hochschulreife den Zugang zum Universitätsstudium eröffnet (§ 59 BWHG, Art. 45 BayHG, § 11 BerlHG, § 8 BbgHG, § 35 BremHG, § 38 HmbHG, § 54 Abs. 2 und 3 HeHG, § 18 Abs. 1 und § 19 LHG M-V, § 18 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 NdsHG, § 49 Abs. 6 NRWHG, § 65 Abs. 1 Satz 3 bis 5 RPfHG, § 69 Abs. 4 SaarUG, § 17 Abs. 2 und 5 SäHG, § 27 Abs. 4 SAHG, § 39 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 und 3 SHHG, § 63 ThürHG). Umgekehrt sind die gestiegenen Anforderungen an Fachhochschulstudierende daran ablesbar, dass unabhängig von der jeweiligen Hochschulart als Ziel von Lehre und Studium die Befähigung zu "selbständigem Denken" (§ 16 Abs. 1 BbgHG, § 15 Abs. 1 SäHG, § 6 Abs. 1 Satz 1 SAHG),zu "kritischem Denken" (§ 21 Abs. 1 BerlHG), zu "wissenschaftlich-kritischem Denken" (§ 13 Satz 1 HeHG, § 46 Satz 2 SaarFHG) oder zur "kritischen Einordnung wissenschaftlicher Erkenntnis" (§ 58 Abs. 1 NRWHG) formuliert wird.

48

e) Schließlich haben sich Annäherungen zwischen Universitäten und Fachhochschulen im Zuge des so genannten Bologna-Prozesses ergeben, die erkennen lassen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers auch Fachhochschulen als wissenschaftliche Ausbildungsstätten angesehen werden sollen. Nach § 19 Abs. 1 HRG können alle Hochschulen "Studiengänge einrichten, die zu einem Bachelor- oder Bakkalaureusgrad und zu einem Master- oder Magistergrad führen". Die Regelstudienzeit ist dabei unabhängig von der Hochschulart einheitlich geregelt. Bei der Hochschulprüfung an Fachhochschulen oder in Fachhochschulstudiengängen muss nach § 18 Abs. 1 Satz 2 HRG lediglich der Diplomgrad mit dem Zusatz "Fachhochschule" ("FH") versehen werden.

49

f) Auch der Grundsatz der Einheit von Forschung und Lehre führt nicht dazu, dass wissenschaftliche Lehre institutionell zwingend an Universitäten gebunden ist und Fachhochschullehrern das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit folglich nicht zustehen kann.

50

Lehre im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ist nicht nur, was sich als kommuniziertes Resultat eigener Forschung erweist (vgl. Denninger, in: ders. u.a., AK-GG, 3. Aufl. 2001, Art. 5 Abs. 3 I, Rn. 29 f.; Hailbronner, Die Freiheit der Forschung und Lehre als Funktionsgrundrecht, 1979, S. 164 f.). Für den Fachhochschullehrer folgt die Anforderung, die Forschungs- und Erkenntnisentwicklungen auf seinem jeweiligen Wissenschaftsgebiet permanent zu verfolgen, zu reflektieren, kritisch zu hinterfragen und für seine Lehre didaktisch und methodisch zu verarbeiten, schon aus der Formulierung der für Fachhochschulen gesetzlich normierten Aufgaben und Ausbildungsziele (vgl. hierzu BVerfGE 55, 261 <270 f.>). Sowohl an Universitäten wie an Fachhochschulen sind darüber hinaus Unterrichtstätigkeiten, die bloße Wissensvermittlung darstellen und die Weitergabe eigener und fremder Forschungsergebnisse zumeist untrennbar miteinander verknüpft. Würde man wissenschaftliche Lehre nur dann annehmen, wenn sie sich als Resultat eigener Forschung darstellt, wäre auch ein Großteil der Lehre an Universitäten nicht als wissenschaftlich zu qualifizieren, was dem Grundrechtsschutz für die Freiheit der Lehre nicht gerecht würde.

51

Im Übrigen lässt sich die Einheit von Forschung und Lehre bei Fachhochschullehrern nicht pauschal verneinen, weil die Landeshochschulgesetze den Fachhochschulen Forschung als Aufgabe übertragen haben. Dass es sich nicht nur bei der Grundlagenforschung, sondern auch bei anwendungsbezogener Forschung um wissenschaftliche Forschung im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG handelt, hat das Bundesverfassungsgericht bereits 1982 festgestellt und sich in diesem Zusammenhang gegen einen restriktiven, statischen und abschließend definierten Forschungsbegriff gewendet. Forschung "war schon immer nicht nur reine Grundlagenforschung, sondern setzte auch an bestimmten praktischen Fragestellungen an" (vgl. BVerfGE 61, 210 <252>).

52

3. Anweisungen hinsichtlich der Lehre gegenüber einem als selbständigen Wissenschaftler bestellten Hochschullehrer berühren dessen Recht, sein Fach in Forschung und Lehre zu vertreten, und damit seine in Art. 5 Abs. 3 GG geschützte Wissenschaftsfreiheit.

53

Dabei wird die Freiheit der Lehre für den Hochschullehrer durch sein konkretes Amt bestimmt (vgl. BVerfGE 35, 79 <147>; 122, 89 <105 f.>; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. September 2003 - 4 S 1636/01 -, juris, Rn. 21).

54

a) Die Wissenschaftsfreiheit ist vorbehaltlos gewährleistet. Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in die Wissenschaftsfreiheit, wie bei anderen vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechten, mit Rücksicht auf kollidierendes Verfassungsrecht eingegriffen werden (vgl. BVerfGE 47, 327 <369>; 57, 70 <99>), wobei es grundsätzlich auch insoweit einer gesetzlichen Grundlage bedarf (vgl. BVerfGE 83, 130 <142>; 107, 104 <120>; 122, 89 <107>).

55

Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit des Hochschullehrers können insbesondere durch das Ziel der - ihrerseits durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten - Erhaltung und Förderung der Funktionsfähigkeit der Hochschulen sowie des Schutzes anderer Grundrechtsträger gerechtfertigt sein (vgl. BVerfGE 55, 37 <68 f.>; 95, 193 <212>; 111, 333 <353 f.>; 122, 89 <114>). Insbesondere müssen die Universitäten und Fachbereiche ihre Aufgaben in Lehre und Forschung erfüllen können (vgl. BVerfGE 35, 79 <122>; 55, 37 <68 f.>; 122, 89 <114>). Zu berücksichtigen sind auch die in Art. 12 Abs. 1 GG verbürgten Grundrechtspositionen der Studierenden, da die Hochschulen nicht nur der Pflege der Wissenschaften dienen, sondern auch die Funktion von Ausbildungsstätten für bestimmte Berufe haben (vgl. BVerfGE 35, 79 <121 f.>; 55, 37 <68 f.>; 93, 85 <95>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Erstens Senats vom 7. August 2007 - 1 BvR 2667/05 -, NVwZ-RR 2008, S. 33 <33 f.>)

56

b) Da die Lehre zu den dienstlichen Pflichten der Hochschulprofessoren gehört, sind Entscheidungen der zuständigen Hochschulorgane über die inhaltliche, zeitliche und örtliche Koordination der von der Hochschule anzubietenden Lehre und über die Verteilung und Übernahme von Lehrverpflichtungen grundsätzlich zulässig (vgl. BVerfGE 93, 85 <98>). Dabei genießt die auf Eigeninitiative und Freiwilligkeit beruhende Selbstkoordination der dem Fachbereich angehörigen Professoren als milderes Mittel den Vorrang gegenüber der Fremdbestimmung durch die zuständigen Hochschulorgane; erst wenn eine kollegiale Einigung nicht zustande kommt, weil beispielsweise keiner der unter Berücksichtigung ihres Dienstverhältnisses und nach Maßgabe ihrer Lehrverpflichtungen in Betracht kommenden Hochschullehrer zur Übernahme einer Lehrveranstaltung bereit ist, kann zur Deckung des notwendigen Lehrangebots eine einseitige Anweisung zur Durchführung der Lehrveranstaltung ergehen (vgl. BVerfGE 35, 79 <129>).

57

c) Anordnungen hinsichtlich der vom Hochschullehrer zu haltenden Lehrveranstaltungen müssen sein Grundrecht auf Freiheit von Forschung und Lehre beachten, dessen inhaltlicher Bezugspunkt auch für den Fachhochschulprofessor durch sein konkret-funktionelles Amt bestimmt wird. Einfachgesetzlich ausgestaltet wird das konkret-funktionelle Amt durch § 43 HRG beziehungsweise durch die entsprechenden Vorschriften der Landeshochschulgesetze in Verbindung mit der Ausgestaltung des jeweiligen Dienstverhältnisses. Den verschiedenen Aufgaben und Profilen der Hochschulen beziehungsweise ihrer Organisationseinheiten kann so im Rahmen der jeweiligen Ausgestaltung der Dienstverhältnisse Rechnung getragen werden. Beschränkungen der Lehrfreiheit müssen sich in diesem gesetzlichen Rahmen halten. Hochschullehrern dürfen Aufgaben folglich "nur im Rahmen der für ihr Dienstverhältnis geltenden Regelungen übertragen werden" (vgl. BVerfGE 93, 85 <98>).

58

Gegenständlich bestimmt und begrenzt ist demnach das konkret-funktionelle Amt eines Hochschullehrers gemäß § 43 HRG und den entsprechenden Regelungen in den Hochschulgesetzen der Länder nicht nur durch die der Hochschule übertragenen Aufgaben, sondern daneben durch das dem Hochschullehrer übertragene Fach. Zur Ermittlung der inhaltlichen Reichweite des übertragenen Faches kann auf die stellenplanmäßige Funktionsbezeichnung der Professur, die Berufungsvereinbarung, die Ernennungsurkunde und, soweit vorhanden, auf eine besondere Einweisungsverfügung sowie indiziell auf den Ausschreibungstext zurückgegriffen werden (vgl. Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 743; Reich, Hochschulrahmengesetz, 10. Aufl. 2007, § 43 Rn. 1 und 2; Detmer, Das Recht der Universitätsprofessoren, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, 2004, Rn. 159). Für die Frage, wie weit oder eng ein Fach zu verstehen ist, kann dabei auch auf den Kontext der Gesamtaufgaben einer Hochschule abgestellt werden; je spezialisierter und profilierter der wissenschaftliche Auftrag einer Hochschule ist, desto enger muss im Zweifel die jeweilige Fachbeschreibung verstanden werden. Es reicht dabei jedoch nicht, pauschal darauf abzustellen, ob es um die Fachbeschreibung in einer Fachhochschule oder einer Universität geht, sondern es muss der jeweils konkrete Kontext in Blick genommen werden, der auch innerhalb der verschiedenen Hochschulen differieren kann.

59

d) Kern der vorbehaltlos gewährten Lehrfreiheit ist insbesondere die freie Wahl von Inhalt und Methode der Lehrveranstaltungen. Diese sind hier nicht betroffen.

60

Eingriffe in die Lehrfreiheit bedürfen auch dann einer besonders gewichtigen Rechtfertigung durch entgegenstehendes Verfassungsrecht, wenn sie dem Hochschullehrer die Lehre des eigenen Fachs unmöglich machen (vgl. dazu BVerfGE 122, 89 <106 ff.>). Auch dafür ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich.

61

Wegen der Prägung der grundrechtlichen Lehrfreiheit durch das konkret-funktionelle Amt beeinträchtigt auch die Zuweisung von Lehraufgaben, die nicht mehr vom Lehrauftrag gedeckt sind, die Lehrfreiheit (vgl. dazu Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 1, Art. 5 Abs. 3 Rn. 341; Thieme, in: Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, Bd. 1, Stand: April 2003, § 43 Rn. 91, 94 und 95; Reich, Hochschulrahmengesetz, 10. Aufl. 2007, § 4 Rn. 21 und § 43 Rn. 1 und 2). Eine unbeschränkte Möglichkeit für die Hochschulorgane, dem Hochschullehrer fachfremden Unterricht abzuverlangen, würde nicht nur dessen durch die Lehre des eigenen Faches bestimmter Lehrfreiheit nicht gerecht, sondern könnte auch zur Sanktionierung missliebiger Lehre im eigenen Fach benutzt werden (vgl. dazu BVerfGE 122, 89 <107>).

62

Ob die Grenzen der Zuweisung fachfremder Lehre im vorliegenden Fall tatsächlich überschritten sind, ist streitig und durch die Verwaltungsgerichte im Hauptsacheverfahren zu klären.

II.

63

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts verletzt den Beschwerdeführer im Blick auf seine Wissenschaftsfreiheit nicht durch Gewährleistung eines unzureichenden vorläufigen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 i.V.m. Art. 5 Abs. 3 GG).

64

1. Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes verlangt grundsätzlich die Möglichkeit eines Eilverfahrens, wenn ansonsten dem Betroffenen eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfGE 79, 69 <74>; 93, 1 <14>). Dies gilt gleichfalls für Anfechtungs- wie für Vornahmesachen. Die Entscheidungen dürfen sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeit zu verhindern.

65

2. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts wird diesen Grundsätzen noch gerecht. Das Oberverwaltungsgericht geht in seinem Beschluss auf aus Grundrechten des Beschwerdeführers folgende mögliche Abwehransprüche allerdings nicht ausdrücklich ein. Es stellt aber fest, dass § 43 HRG und die entsprechenden Regelungen des Landeshochschulgesetzes (§ 32 Abs. 2, § 57 LHG M-V) "einfachgesetzlicher Ausdruck der verfassungsrechtlichen Freiheit von Forschung und Lehre (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG)" sind. Jedenfalls implizit berücksichtigt es bei seiner Entscheidung damit auch die Grundrechtsposition des Beschwerdeführers. Dass es die Vorschrift gleichzeitig auch als Konkretisierung der sich aus dem - ebenfalls in der Verfassung verankerten (vgl. Art. 33 Abs. 5 GG) - öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis ergebenden Pflichten der Hochschullehrer als Beamter sieht, widerspricht dem nicht, da die Wissenschaftsfreiheit des Hochschullehrers auch durch sein konkretes Amt und die mit diesem verbundenen Pflichten geprägt wird.

66

Auf dieser Grundlage hat sich das Gericht im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes um eine Aufklärung der Frage bemüht, ob die zugewiesenen Lehraufgaben noch vom Lehrauftrag des Beschwerdeführers umfasst sind.

67

Zwar wäre es bei einem interdisziplinären Studiengang, der Grundlagenfächer sehr unterschiedlicher Art umfasst, nicht ausreichend, allein aufgrund des Ausschreibungstextes für die Professur des Beschwerdeführers oder unter Bezugnahme auf die Tatsache, dass der Beschwerdeführer als Student bestimmte Vorlesungen besucht hat, eine Verpflichtung zur Übernahme der Lehre in Grundlagenfächern zu bejahen. Das Oberverwaltungsgericht hat sich indes bemüht, auch weitere Erkenntnisquellen heranzuziehen, und so ausdrücklich auf die im Widerspruchsverfahren eingeholten Auskünfte anderer Hochschulen zur Frage, was Gegenstand vergleichbarer Studiengänge sei, in der Begründung seiner Eilentscheidung Bezug genommen.

68

Das Gericht durfte außerdem das Recht und die Pflicht des Fachbereichs berücksichtigen, durch die Koordination der Lehre die eigene Funktionsfähigkeit zu erhalten. Der Zuweisung der Lehraufgaben durch den Fachbereich lag dabei notwendig auch die Einschätzung des in dieser Hinsicht besonders sachverständigen Fachbereichs zu Grunde, dass der Beschwerdeführer zur Übernahme der Lehre in den betreffenden Grundlagenfächern in der Lage sein würde.

69

Außerdem konnte das Gericht aus der erklärten Bereitschaft des Beschwerdeführers, Vorlesungen in der Darstellenden Geometrie zu übernehmen, wenn seine Professur auf die Besoldungsgruppe C 3 angehoben würde, entnehmen, dass eine entsprechende Übernahme bis zur Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls nicht unzumutbar ist.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tatbestand

1

Der jetzt 42 Jahre alte Beklagte steht als Rechtspfleger und Beamter auf Lebenszeit im Justizdienst des Landes Sachsen-Anhalt. Er bestand im Jahr 1995 die Rechtspflegerprüfung und wurde zunächst bei dem Amtsgericht Stendal, später bei dem Amtsgericht (...) beschäftigt. Zuletzt wurde der Beklagte im November 2000 zum Justizoberinspektor (BesGrp. A 10) befördert. Der Beklagte ist ledig und Vater eines im Jahre 2008 geborenen Sohnes, für welchen er unterhaltspflichtig ist. Die über den Beklagten erstellte dienstliche Beurteilung aus dem Jahr 2011 gelangt sowohl in der Leistungs- als auch in der Befähigungsbeurteilung jeweils zu der Gesamtnote „D“. Abgesehen von den hier zugrunde liegenden Vorwürfen ist der Beklagte bisher weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich vorbelastet.

2

In der Zeit von 1996 bis Ende 2007 war der Beklagte als Rechtspfleger bei dem Amtsgericht (...) tätig; dort hatte er vor allem Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsverfahren zu bearbeiten. Im Rahmen dieser Tätigkeit hatte er den Rechtsanwalt (D.) aus (...) kennen gelernt, welcher seit dem Jahr 2002 im Bereich der Zwangsverwaltung tätig war.

3

Im Dezember 2002 war der Beklagte als Rechtspfleger bei dem Amtsgericht (...) geschäftsplanmäßig für Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsverfahren mit den Endziffern 1 bis 8 zuständig. In seine Zuständigkeit fiel daher auch ein am 4. Dezember 2002 eingegangener Antrag einer Gläubiger-Bank des Grundstückseigentümers (T.) auf Anordnung der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung in dessen Grundstück in (L.), L-Straße 12.

4

In dem vorangegangenen Strafverfahren hat der Bundesgerichtshof in seinem Revisionsurteil vom 18. Juli 2011 - 4 StR 156/11 - die vom Landgericht Halle in dessen rechtskräftigem Strafurteil vom 22. September 2010 - 13 KLs 13/09 - getroffenen tatsächlichen Feststellungen wie folgt zusammengefasst:

5

„Mit Beschluss vom 14. Januar 2003 ordnete der Angeklagte A., in dessen Zuständigkeit die Bearbeitung dieses Antrags fiel, die Zwangsverwaltung an und bestellte den Angeklagten (D.) zum Zwangsverwalter, obwohl ihm in diesem Anwesen bereits zuvor vom Eigentümer unentgeltlich eine Dachgeschosswohnung zur Nutzung überlassen worden war, die er auch in der Folgezeit - bis mindestens Ende 2007 - nutzte, ohne hierfür Miete bzw. eine sonstige Nutzungsentschädigung und Betriebskosten an den Zwangsverwalter zu bezahlen. Der Angeklagte (D.) nahm das Grundstück am 21. Januar 2003 in Besitz und übte seine Verwaltertätigkeit aus. Dabei war ihm bekannt, dass der Angeklagte A., der in dem Haus „nach dem Rechten sah“, die Dachgeschosswohnung unentgeltlich nutzte. Dies gestatte er im Einvernehmen mit dem Angeklagten A. auch weiterhin, obwohl beide Angeklagte wussten, dass der Angeklagte A. auch unter Berücksichtigung seiner Dienste Miete bzw. eine Nutzungsentschädigung zu entrichten und die Betriebskosten zu tragen gehabt hätte. Der Angeklagte A. hielt den Angeklagten (D.) zu keinem Zeitpunkt dazu an, ihn als Nutzer der Immobilie zu erfassen und bei ihm Miete bzw. eine Nutzungsentschädigung und die Betriebskosten einzufordern. Der Angeklagte (D.) sah von der Geltendmachung dieser Ansprüche ab, „weil er sich hierfür ein Gewogensein des Angeklagten A. im Rahmen dessen dienstlicher Tätigkeit versprach. Davon ging auch der Angeklagte A. aus.

6

Zwischen Februar 2003 und November 2007 entgingen dem Zwangsverwalter bzw. der Gläubigerin von (T.) bzw. diesem selbst infolge der kostenlosen Nutzung der Wohnung durch den Angeklagten A. insgesamt 8.408,84 Euro (108,50 Euro/Monat Kaltmiete und 36,48 Euro/Monat Betriebskosten).“

7

Aufgrund des vorstehenden Sachverhalts wurde der Beklagte durch Verfügung des Klägers vom 7. Juni 2010 gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 DG LSA vom Dienst suspendiert; seit dem 22. Juni 2010 werden zugleich 50 % seiner Dienstbezüge gemäß § 38 Abs. 2 DG LSA einbehalten. Der erkennende Senat hat die vorstehenden Maßnahmen mit Beschluss vom 8. März 2011 - 10 M 2/11 -bestätigt.

8

In dem zugrunde liegenden, seit dem 28. Juli 2011 rechtskräftigen Urteil vom 22. September 2010 hat das Landgericht Halle den Angeklagten (D.) wegen gemeinschaftlicher Untreue in Tateinheit mit Vorteilsgewährung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten, den Beklagten wegen gemeinschaftlicher Untreue in Tateinheit mit Vorteilsannahme zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 35,00 Euro verurteilt.

9

Mit der am 7. August 2012 bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg eingegangenen Disziplinarklage begehrt der Kläger die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Der Beklagte habe in zweifacher Hinsicht gegen die Pflicht, die ihm übertragenen Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und sein Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen (§ 33 BeamtStG), sowie gegen die Pflicht, diese uneigennützig nach bestem Wissen wahrzunehmen und durch sein Verhalten der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, welche seinen Beruf erfordere (§ 34 BeamtStG), verstoßen.

10

Zum einen habe er als zuständiger Rechtspfleger des Amtsgerichts (...) für das Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren über das Grundstück L-Straße 12 in (L.) weder dem Dienstherrn noch den Verfahrensbeteiligten offen gelegt, dass er selbst in dem Haus eine Wohnung genutzt habe, so dass er von dem Zwangsverwalter weder als Nutzer erfasst worden sei noch dieser Umstand bei der Verteilung der Hausnebenkosten Berücksichtigung gefunden habe. Zudem habe er als zuständiger Rechtspfleger des Amtsgerichts (...) in zwei Teilungsversteigerungsverfahren und in zwei Verfahren der Mobiliarzwangsvollstreckung kollusiv mit einem der Verfahrensbeteiligten zusammengearbeitet, indem er für diesen Anträge bei Gericht eingereicht und über jene selbst entschieden habe.

11

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 9. Dezember 2013 das Disziplinarverfahren gemäß § 53 Satz 1 DG LSA auf die Handlungen beschränkt, welche zu der strafrechtlichen Verurteilung wegen Untreue und Vorteilsannahme durch das Landgericht Halle in dem Urteil vom 22. September 2010 geführt haben.

12

In dem erstinstanzlichen Verfahren hat der Kläger ausgeführt, der Beklagte habe ein schweres Dienstvergehen begangen, welches die Entfernung aus dem Dienst rechtfertige. Das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn und der Allgemeinheit sei endgültig zerstört. Der Beamte habe seine dienstliche Stellung als zuständiger Rechtspfleger im Verfahren der Zwangsverwaltung und der Zwangsvollstreckung missbraucht, um sich einen persönlichen Vorteil, namentlich die fortdauernde kostenlose Nutzung der Wohnung in dem zwangsverwalteten Objekt zu verschaffen. Unbestechlichkeit und Uneigennützigkeit seien eine wesentliche Grundlage für jedes öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis. Der Beklagte habe gezeigt, dass er es nicht verstehe, seine dienstlichen Obliegenheiten von privaten, eigenen Interessen zu trennen.

13

Der Kläger hat beantragt,

14

den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen.

15

Der Beklagte hat beantragt,

16

die Disziplinarklage abzuweisen.

17

Er hat zunächst formelle Mängel des Disziplinarverfahrens geltend gemacht. Es bestehe vor allem keine Bindungswirkung bezüglich der Feststellungen in dem rechtskräftigen strafgerichtlichen Urteil. Entgegen diesen Feststellungen sei er weder Mieter noch Nutzer der Immobilie L-Straße 12 in (L.) gewesen, sondern er habe sich lediglich um das Objekt „gekümmert“ und „nach dem Rechten geschaut.“ Von einer stillschweigenden Übereinkunft zwischen ihm und dem Zwangsverwalter sei in keiner Weise auszugehen. Er habe das Zwangsverwaltungsverfahren neutral geführt. Auch sei seine Persönlichkeit bisher nicht hinreichend berücksichtigt worden. Er habe die Justiz in Sachsen-Anhalt mit aufgebaut und sich stets als ein vertrauenswürdiger und zuverlässiger Rechtspfleger erwiesen; so habe er mit erheblichem persönlichen Einsatz u. a. die Beratungshilfeverfahren mit der Folge einer deutlichen Ersparnis für den Dienstherrn bearbeitet. Seit dem Jahr 2007 sei er aufgrund von „Repressalien“ der damaligen Direktorin des Amtsgerichts erheblichen gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt gewesen. Schließlich habe er erheblich an den wirtschaftlichen Folgen des Strafverfahrens und der damit verbundenen Rufschädigung zu tragen.

18

Das Verwaltungsgericht hat der Disziplinarklage entsprochen und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

19

Der Beklagte habe ein schwerwiegendes Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen, welches die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach sich ziehe. Das Disziplinargericht sei gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 DG LSA an die tatsächlichen Feststellungen in dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Halle vom 22. September 2010 gebunden. Die Bindungswirkung erstrecke sich auf den inneren und äußeren Tatbestand der Straftat, also auch auf den Vorsatz sowie auf die Schuldfähigkeit. Danach habe die Disziplinarkammer keine Zweifel an der Richtigkeit der strafrichterlichen Feststellungen zum Tathergang der strafrechtlich relevanten Untreue und der Vorteilsannahme. Der Beklagte habe gegen die ihn aus seiner Tätigkeit als Rechtspfleger obliegende Vermögensbetreuungspflicht verstoßen, indem er den von ihm eingesetzten Zwangsverwalter nicht dazu angehalten habe, bei ihm selbst Miet- bzw. Nutzungsentschädigung und Betriebskosten einzufordern. Dieses Verhalten habe bei der Gläubigerin bzw. bei dem Schuldner selbst zu einem Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB geführt. Die unentgeltliche Nutzung der Wohnung während der von dem Beklagten angeordneten Zwangsverwaltung stelle einen Vorteil im Sinne der §§ 331, 333 StGB dar.

20

Der Beklagte habe damit sowohl seine Dienstpflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (§ 34 Satz 3 BeamtStG) als auch zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) verletzt. Verstöße gegen die Uneigennützigkeit der Dienstausübung stellten sehr schwerwiegende Pflichtverletzungen dar. Dem Verbot der Vorteilsannahme in Bezug auf das Amt komme als Bestandteil der Dienstpflicht zur uneigennützigen Amtsführung herausragende Bedeutung zu. Ein Beamter, der hiergegen verstoße, zerstöre regelmäßig das Vertrauen des Dienstherrn und der Öffentlichkeit. Der Beklagte habe sich in einer herausgehobenen amtlichen Vertrauensposition befunden. Der durch sein Verhalten eingetretene finanzielle Schaden liege auch weit über der sog. Bagatellgrenze. Schließlich seien durchgreifende besondere Umstände, die ein Absehen von der angezeigten disziplinaren Höchstmaßnahme rechtfertigten, nicht zu erkennen. Vor allem könne aufgrund des mehrjährigen Zeitraums auch nicht von einem einmaligen Fehlverhalten oder einem persönlichkeitsfremden „Ausrutscher“ ausgegangen werden. Auch die von dem Beklagten vorgetragenen gesundheitlichen und beruflichen Nachteile seien nicht dazu geeignet, die Dienstpflichtverletzung in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Schließlich rechtfertige auch weder die Dauer des Disziplinarverfahrens noch der Umstand, dass die hier maßgebliche Tat schon lange zurückliege, nicht dazu, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn diese Maßnahme an sich geboten sei.

21

Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte - im Ergebnis fristgerecht - Berufung eingelegt, welche er wie folgt begründet:

22

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruhe auf einem wesentlichen Verstoß gegen Verfahrensregeln, die bereits im behördlichen Disziplinarverfahren missachtet worden seien:

23

Er habe bereits in der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2013 als wesentlichen Mangel gemäß § 52 DG LSA gerügt, dass während des gegen ihn geführten Disziplinarverfahrens zu keinem Zeitpunkt die Personalvertretung beteiligt worden sei. Zwar regele § 66 Ziff. 9, 10 PersVG LSA die Mitbestimmung des Personalrats lediglich bei der Entlassung von Beamten auf Probe sowie von Widerrufsbeamten; allerdings sei zu bedenken, dass nach der bundesrechtlichen Regelung in § 78 Abs. 1 Ziff. 3 BPersVG der Personalrat mitzuwirken habe, sofern gegen einen Bundesbeamten Disziplinarklage erhoben werden solle. Eine derartige landesrechtliche Regelung bestehe in zehn Bundesländern, allerdings nicht in Sachsen-Anhalt; mithin beanspruche die landesrechtliche Regelung des § 66 PersVG LSA Geltung auch bei den Beamten auf Lebenszeit, anderenfalls ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vorläge.

24

2. Das Verwaltungsgericht habe es in rechtsfehlerhafter Weise versäumt, im Hinblick auf den der Disziplinarklage zugrunde liegenden Lebenssachverhalt eigene Feststellungen zu treffen. Zwar sei es zutreffend, dass gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 DG LSA grundsätzlich eine Bindungswirkung an vorausgegangene Strafurteile, welche denselben Sachverhalt betreffen, bestehe. Allerdings hätten sich dem Verwaltungsgericht ernsthafte Zweifel an den vom Landgericht Halle in seinem Urteil vom 22. September 2010 getroffenen tatsächlichen Feststellungen aufdrängen müssen, weshalb es gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 DG LSA eigene Sachverhaltsfeststellungen hätte treffen müssen. Insoweit wiederholt der Beklagte seine Ausführungen in der Klageerwiderung vom 11. Oktober 2012 unter Aufrechterhaltung der dortigen Beweisantritte. Schließlich habe das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung, gegen ihn die disziplinare Höchstmaßnahme zu verhängen und ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, in rechtsfehlerhafter Weise wesentliche Gesichtspunkte für die zu treffende Prognoseentscheidung unberücksichtigt gelassen. Insofern bezieht sich der Beklagte auf seinen im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Schriftsatz vom 23. Januar 2013, in welchem er u. a. seine dienstlichen Leistungen und die von ihm dort aufgeführten nebenamtlichen Tätigkeiten, u. a. als Dozent an der FHS und als Mitglied des Prüfungsausschusses für den mittleren Justizdienst vorgetragen hat.

25

3. Schließlich habe das Verwaltungsgericht sein Verhalten fälschlich als ausschließlich innerdienstlichen Pflichtverstoß gewürdigt, indes außer Acht gelassen, dass er „in Kontakt mit der in Rede stehenden Immobilie in (L.)“ zunächst als Privatperson und nicht von Beginn an in seiner Tätigkeit als Beamter gekommen sei.

26

Der Beklagte beantragt,

27

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 13. Dezember 2013 - 8 A 17/12 MD - aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen.

28

Der Kläger beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen.

30

Er tritt zunächst dem Vorbringen entgegen, das Disziplinarverfahren sei formal fehlerhaft durchgeführt worden. Die Beteiligung der Personalvertretung bei Erhebung der Disziplinarklage sei nicht erforderlich, weil sie gesetzlich nicht vorgeschrieben sei. Es bestehe insoweit auch keine planwidrige Gesetzeslücke, die durch eine entsprechende Anwendung des geltenden Rechts zu füllen sei.

31

Das vom Verwaltungsgericht getroffene Ergebnis sei auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Zunächst habe das Verwaltungsgericht zu Recht die von dem Strafgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen zugrunde gelegt. Das Vorbringen des Beklagten sei nicht geeignet, der Einordnung der Benutzung der Wohnung durch ihn als geldwerten Vorteil entgegen zu stehen. Er stelle selbst nicht in Abrede, in der Wohnung behördlich gemeldet zu sein, die Adresse gegenüber seinem Dienstherrn als Wohnanschrift angegeben und auch seine Post dort empfangen zu haben. Diese Indizien habe das Landgericht heranziehen können, um die Benutzung der Wohnung durch den Beklagten als geldwerten Vorteil einzustufen, welcher mit einer Mietzahlung abzugelten gewesen wäre. Das Landgericht habe sich mit den Angaben der Zeugen und seiner Beweiswürdigung auseinandergesetzt; die schließlich vom Bundesgerichtshof gebilligte Beweiswürdigung sei vollständig und stelle eine tragfähige Grundlage des gewonnenen Ergebnisses dar. Die vom Beklagten vorgebrachten Argumente seien nicht geeignet, der Einordnung der Benutzung der Wohnung durch ihn als geldwerten Vorteil entgegen zu stehen. Sein Verhalten begründe - wie der Bundesgerichtshof festgestellt habe - einen Verstoß gegen die §§ 331, 333 StGB.

32

Mit Recht habe das Verwaltungsgericht das Dienstvergehen des Beklagten als hinreichend schwerwiegend eingestuft, um dessen Entfernung aus dem Dienst zu rechtfertigen. Wenngleich das Verwaltungsgericht auf das Leistungsbild, welches der Beklagte vor dem Dienstvergehen erbracht habe, nicht eingegangen sei, so vermöge dies gleichwohl die Disziplinarmaßnahme nicht infrage zu stellen. Das Verwaltungsgericht habe unausgesprochen zu erkennen gegeben, dass die vom Beklagten erbrachten Leistungen die disziplinarischen Verfehlungen nicht aufzuwiegen vermögen.

Entscheidungsgründe

33

Die am 25. Februar 2013 eingelegte Berufung des Beklagten ist im Ergebnis zulässig, wenngleich das erstinstanzliche Urteil in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Beklagten bereits am 16. Januar 2013 eingegangen ist, der Prozessbevollmächtigte selbst jedoch das Empfangsbekenntnis erst am 27. Januar 2013 - seinen Angaben zufolge nach vorheriger Rücksprache mit dem Beklagten, ob die Berufung überhaupt durchgeführt werden solle - unterzeichnet hat. Der Senat sieht sich insoweit an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. B. v. 29. April 2001 -8 B 86/10 -) gebunden, wonach die wirksame Zustellung eines Urteils im Verwaltungsprozess den Annahmewillen des Prozessbevollmächtigten voraussetze.

34

Die Berufung ist indes unbegründet, denn das Urteil des Verwaltungsgerichts ist sowohl hinsichtlich der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Sachverhalts als auch hinsichtlich der Sanktionsfindung nicht zu beanstanden.

35

1. Soweit der Beklagte zunächst einen Verfahrensmangel mit der Begründung rügt, dass die Personalvertretung nicht beteiligt worden sei, hat er damit keinen Erfolg. Wie der Kläger zutreffend ausführt, ist eine Beteiligung der Personalvertretung im Zusammenhang mit der Erhebung einer Disziplinarklage rechtlich nicht geboten, weil das PersVG LSA ein solches Beteiligungserfordernis nicht vorsieht. Gemäß den ausdrücklichen Regelungen in § 66 Nr. 1 und 2 PersVG LSA hat der Personalrat lediglich bei der (beamtenrechtlichen) Entlassung von Beamten auf Probe bzw. auf Widerruf mitzubestimmen. Eine Beteiligungsbefugnis im Fall der Entlassung eines Beamten auf Lebenszeit hat der Landesgesetzgeber gerade nicht vorgeschrieben. Insoweit ist auch keine sog. Gesetzeslücke zu erkennen, die durch die Konstruktion einer weitergehenden Beteiligungsmöglichkeit auszufüllen wäre. Vielmehr weist der Kläger mit Recht auf die grundlegend unterschiedliche Situation der jeweiligen Verfahren hin: Während die Entlassung eines Beamten auf Probe bzw. auf Widerruf durch den Dienstherrn in eigener Zuständigkeit, mithin im Verwaltungsverfahren erfolgt, liegt die Zuständigkeit hinsichtlich der Entlassung von Beamten auf Lebenszeit im Disziplinarwege bei den Disziplinargerichten. Insofern hat der Landesgesetzgeber mit seiner Entscheidung, eine Beteiligung der Personalvertretung vor bzw. in gerichtlichen Disziplinarverfahren nicht vorzusehen, der unterschiedlichen Schutzbedürftigkeit der Betroffenen in den jeweiligen Verfahrensarten Rechnung getragen. Für eine vom Beklagten geforderte Anwendung der Beteiligungsvorschriften des PersVG LSA auf die vorliegende Konstellation unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG besteht danach kein Anlass.

36

2. Der Beklagte kann auch nicht mit Erfolg einwenden, das Verwaltungsgericht habe es in rechtsfehlerhafter Weise versäumt, eigene tatsächliche Feststellungen zu treffen. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 DG LSA sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, bindend. Dabei bezieht sich die Bindungswirkung nicht nur auf die Feststellungen zum eigentlichen Tathergang, sondern auch auf diejenigen zum inneren Tatbestand, mithin auf Feststellungen zur Schuldform sowie zu Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründen (vgl. hierzu Urban/Wittkowski, § 23 BDG, Rdn. 3 m. w. N.).

37

Der Sinn der gesetzlich angeordneten Bindungswirkung strafgerichtlicher Urteile besteht darin, dass eine erneute Beweisaufnahme durch die Disziplinargerichte grundsätzlich vermieden werden soll. Dies zeigt sich gerade an dem hier zugrunde liegenden Verfahrensgang:

38

Das Landgericht Halle hat den Sachverhalt aufgrund einer elftägigen Hauptverhandlung, in deren Rahmen der jetzige Prozessbevollmächtigte des Beklagten als Verteidiger aufgetreten ist, abschließend geklärt, insbesondere eine umfassende Beweisaufnahme durch Vernehmung zahlreicher, auch von der Verteidigung benannter Zeugen durchgeführt. Das mehr als 90seitige Urteil des Landgerichts würdigt im Einzelnen das Ergebnis der Beweisaufnahme, gerade auch unter Einbeziehung der Einlassungen der Angeklagten. Dass das Urteil des Landgerichts Halle hinsichtlich der Würdigung des Sachverhalts keinen Beanstandungen unterliegt, zeigt nicht nur der Umstand, dass der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 28. Juli 2011 die sowohl sachlich als auch rechtlich begründete Revision des Beklagten verworfen hat; vielmehr hat der Bundesgerichtshof seinem Revisionsurteil ausdrücklich die vom Landgericht Halle getroffenen tatsächlichen Feststellungen - zusammengefasst - zugrunde gelegt.

39

Danach ist nicht zu erkennen, inwieweit hier für das Verwaltungsgericht Anlass bestanden haben sollte, ausnahmsweise von der gesetzlichen Bindungswirkung der strafrichterlichen Feststellungen abzusehen und eine (erneute) Beweisaufnahme durchzuführen. Dementsprechend sieht auch der Senat keine Veranlassung zur Durchführung einer Beweisaufnahme, sondern legt ebenso den von den Strafgerichten festgestellten Sachverhalt zugrunde.

40

3. Soweit der Beklagte schließlich rügt, das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft verkannt, dass er zunächst als „Privatperson“ mit der Immobilie in (L.) „in Kontakt gekommen“ sei und sei deswegen zu Unrecht von einem ausschließlich innerdienstlichen Fehlverhalten ausgegangen, geht auch dieser Einwand im Ergebnis fehl. Der Vorwurf der innerdienstlichen Pflichtverletzung bezieht sich (lediglich) auf seine dienstliche Befassung mit dem Objekt, und zwar beginnend mit dem Eingang des Antrags der Gläubigerbank auf Anordnung der Zwangsverwaltung. Hierzu hat der Bundesgerichtshof in seinem Revisionsurteil ausgeführt, dass der Beklagte - weil selbst betroffen - gemäß § 10 RPflG i. V. m. § 41 Nr. 1 ZPO in dem Zwangsverwaltungsverfahren schon gar nicht hätte tätig werden dürfen. Bereits der Umstand, dass sich der Beklagte über dieses Verbot schlicht hinweggesetzt hat, begründet den Vorwurf eines innerdienstlichen Fehlverhaltens.

41

Im übrigen hat der Bundesgerichtshof im einzelnen ausgeführt, dass sich der Beklagte - in Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit als Rechtspfleger - in doppelter Hinsicht strafbar gemacht hat:

42

Die Verurteilung des Beklagten wegen Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) gründet sich darauf, dass diesem eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Gläubigern bzw. dem Grundstückseigentümer selbst oblag. Der Bundesgerichtshof hat dazu ausgeführt, dem Rechtspfleger komme im Zwangsverwaltungsverfahren eine „verfahrensbeherrschende Stellung“ zu. Das Vollstreckungsgericht sei berechtigt und verpflichtet, den Verwalter zu leiten und im Rahmen der Aufsicht festgestellte Pflichtwidrigkeiten zu beseitigen; die Aufsichtstätigkeit des Rechtspflegers beziehe sich insbesondere auf die treuhändische Tätigkeit des Zwangsverwalters und die diesem obliegende Pflicht zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen der Beteiligten.

43

Der Beklagte hat danach - wie der Bundesgerichtshof weiter ausführt - gegen die ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verstoßen, indem er den Zwangsverwalter nicht dazu anhielt, bei ihm selbst Miete bzw. Nutzungsentschädigung und Betriebskosten für die Dachwohnung einzufordern. Die Verletzung dieser Pflicht hat auch zu einem Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB bei der Gläubigerin bzw. dem Grundstückseigentümer geführt, mithin bei denjenigen, deren Interessen der Beklagte gerade zu wahren hatte.

44

Die für die Verurteilung wegen Vorteilsannahme (§§ 331,333 StGB) erforderliche Unrechtsvereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Zwangsverwalter (D.) hat der Bundesgerichtshof bejaht. Dabei hat er ausgeführt, dass unter die Straftatbestände auch die Konstellationen fallen, in denen durch einen Vorteil nur das generelle Wohlwollen und die Geneigtheit des Amtsträgers erkauft bzw. „allgemeine Klimapflege“ betrieben wird, wobei allerdings erforderlich sei, dass Ziel der Vorteilszuwendung sei, auf die künftige Dienstausübung Einfluss zu nehmen und/oder die vergangene Dienstausübung zu honorieren. Diese Voraussetzung hat der Bundesgerichtshof als gegeben angesehen, weil sich der Zwangsverwalter ein „Gewogensein des Angeklagten A. gerade im Rahmen dessen dienstlicher Tätigkeit versprochen“ habe. Im Einvernehmen hiermit habe der Beklagte als der für das Zwangsverwaltungsverfahren zuständige Rechtspfleger, mithin als Amtsträger handeln sollen. Die unentgeltliche Nutzung der Wohnung während der vom Beklagten angeordneten Zwangsverwaltung stelle einen entgegengenommenen bzw. gewährten Vorteil im Sinne der §§ 331,333 StGB dar. Denn hierunter sei jede Leistung zu verstehen, auf die der Amtsträger keinen Anspruch habe und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessere.

45

Der Senat legt seiner Entscheidungsfindung sowohl die im rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen als auch die strafrechtliche Bewertung des Sachverhalts durch den Bundesgerichtshof zugrunde. Ergänzend weist der Senat auf folgende, sich aus den Akten ergebende Umstände hin, welche die durch die Strafgerichte getroffene Tatsachenfeststellung stützen:

46

Der Beklagte war in der Wohnung in (L.) seit dem 1. November 1999 bis Ende 2005 mit Hauptwohnsitz gemeldet. Die dortige Wohnsitznahme hat er seiner Dienststelle mit Veränderungsanzeige vom 18. November 1999 übermittelt. Dies unterstreicht, dass der Beklagte die Wohnung auch tatsächlich genutzt hat. Zudem hat der Beklagte in seiner dienstlichen Eigenschaft die vom Zwangsverwalter erstellten Auflistungen bzw. Jahresabrechnungen über die Mietverhältnisse in dem Haus - mit namentlicher Aufzählung der Mieter, der jeweiligen Wohnfläche und des gezahlten Mietzinses - entgegengenommen; ihm war daher stets bewusst, dass die eigene Nutzung der Wohnung von vornherein außer Betracht blieb, was ihm indes keine Veranlassung gab, auf eine tatsächliche Richtigkeit der Aufstellungen hinzuwirken. Dies lässt ohne weiteres darauf schließen, dass es zwischen ihm und dem Verwalter eine Vereinbarung gab, die vom Beklagten genutzte Fläche von vornherein außer Betracht zu lassen.

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In disziplinarrechtlicher Hinsicht schließt sich der Senat der rechtlichen Einordnung durch das Verwaltungsgericht an:

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Mit seinem Verhalten hat der Beklagte ein innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen, indem er seine Dienstpflicht sowohl zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) als auch zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) verletzt hat.

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Im Rahmen der Sanktionsfindung hat das Verwaltungsgericht zutreffend die gesetzlichen Kriterien gemäß § 13 Abs. 1 DG LSA berücksichtigt. Welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung (vgl. BVerwG, U. v. 25. Juli 2013 - 2 C 63/11 -, Rdn. 13 ff.). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, a. a. O. unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 -).

50

Das hier zugrunde liegende Verhalten des Beklagten stellt sich schon deswegen als eine schwerwiegende Verletzung von Dienstpflichten dar, weil dieser sich zugleich wegen Delikten strafbar gemacht hat, welche den Kernbereich der Amtsausübung im Beamtenverhältnis betreffen. Wie das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U. v. 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 -) zutreffend ausgeführt hat, kommt dem Verbot der Vorteilsnahme in Bezug auf das Amt als Bestandteil der Dienstpflicht zur uneigennützigen Amtsführung herausragende Bedeutung zu. Eine rechtsstaatliche Verwaltung - zu der insoweit selbstverständlich auch die Tätigkeit von Grundbuchrechtspflegern zählt - ist auf die berufliche Integrität des Berufsbeamtentums zwingend angewiesen. Jeder Eindruck, ein Beamter sei für Gefälligkeiten offen oder gar käuflich, beschädigt das unverzichtbare Vertrauen in die strikte Bindung staatlichen Handelns an Gesetz und Recht.

51

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist bei strafbarem Verhalten nach § 331 StGB (Vorteilsannahme im strafrechtlichen Sinn) im Regelfall angezeigt, wenn ein Beamter als Inhaber eines herausgehobenen Amtes oder einer dienstlichen Vertrauensstellung für die Dienstausübung einen mehr als unerheblichen Vorteil fordert oder annimmt. Dabei muss eine Unrechtsvereinbarung zustande kommen, d.h. der Beamte muss eine Beziehung zwischen Vorteil und Dienstausübung herstellen. Es reicht indes aus, wenn durch den Vorteil das allgemeine Wohlwollen des Beamten bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erkauft werden soll (vgl. BVerwG, U. v. 28. Februar 2013, a. a. O., Rdn. 31 ff.).

52

Die Voraussetzungen für die Anwendung der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind gegeben. Der Beklagte hat sich wegen Vorteilsannahme gemäß § 331 (und zusätzlich wegen Untreue gemäß § 266 StGB) strafbar gemacht, wobei es nach den Feststellungen der Strafgerichte zu einer Unrechtsvereinbarung zwischen dem Beklagten und dem von ihm bestellten Zwangsverwalter gekommen ist. Insoweit reicht es aus, wenn - wie hier - durch den Vorteil das allgemeine Wohlwollen des Beamten bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben „erkauft“ werden soll. Im übrigen kommt es auch nicht darauf an, ob es sich bei einem unerlaubten Vorteil um eine Geld- oder um eine Sachleistung handelt; daher unterfällt auch der - hier gegebene - Verzicht auf die Erhebung vom Miete und Nebenkosten für die vom Beklagten genutzte Wohnung den Kriterien für die Sanktionsbemessung bei unerlaubter Vorteilsannahme.

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Ist danach im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens grundsätzlich die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 DG LSA indiziert, so ist gleichwohl zu prüfen, ob mildernde Umstände von einem Gewicht vorliegen, das die Schwere des Pflichtenverstoßes und sonstige belastende Umstände aufwiegt.

54

Derartige mildernde Umstände liegen nicht darin begründet, dass der Beklagte im Strafverfahren nur zu einer relativ geringen Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt worden ist. Der Bundesgerichtshof hat dazu bemerkt, dass die gegen beide Angeklagte verhängten Strafen außerordentlich milde seien, die Grenze des Vertretbaren „noch nicht“ überschritten sei. Der Senat vermag daher aus der - insbesondere mit dem Vorliegen eines sog. vertypten Milderungsgrundes im Sinne der §§ 13 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB begründeten - Strafzumessung durch das Landgericht nicht auf das Vorliegen besonderer Umstände schließen, die das Handeln des Beklagten in disziplinarrechtlicher Hinsicht in einem besonders milden Licht erscheinen ließen.

55

Auch der Umstand, dass der Beklagte die Wohnung schon vor der Bestellung des Zwangsverwalters kostenlos genutzt hat, vermag den Senat nicht zur Annahme besonderer Milderungsgründe zu veranlassen. Der Vorwurf dienstlichen Fehlverhaltens bezieht sich gerade auf die Zeit seit der erstmaligen dienstlichen Befassung mit dem Mietobjekt, weshalb es auch als innerdienstliches Fehlverhalten anzusehen ist. Im übrigen hätte der Beklagte den Umstand der kostenlosen Nutzung einer Wohnung in dem von ihm dienstlich zu betreuenden Objekt schon im Hinblick auf den vom Bundesgerichtshof hervorgehobenen gesetzlichen Hinderungsgrund, jedenfalls aber zur Vermeidung schon des Verdachts möglicher Pflichtenkollisionen dem Dienstherrn anzeigen können und auch müssen. Dass er eine solche Anzeige nicht nur unterlassen, sondern die Wohnung während seiner laufenden dienstlichen Tätigkeit noch für einen mehrjährigen Zeitraum weiter genutzt hat, spricht für ein bewusstes, am eigenen Vorteil orientiertes Kaschieren der tatsächlichen Situation. Im übrigen hat der Beklagte den rechtswidrigen Zustand auch nicht etwa aus eigenem Antrieb beendet und sich dem Dienstherrn offenbart, sondern schlicht abgewartet, bis sein Fehlverhalten im Rahmen von Personalgesprächen anlässlich einer Entscheidung über eine in Aussicht genommene Versetzung im November 2007 offenbar wurde.

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Es handelte sich bei der Gesamtsumme der „ersparten Aufwendungen“ von 8408,84 Euro auch nicht um einen Betrag, der unter die von der Rechtsprechung entwickelte Bagatellgrenze fallen könnte. Unabhängig davon ist der Gesamtbetrag - auch wenn die angenommenen monatlichen Raten bei ca. 150 Euro liegen - nicht dermaßen gering, dass er Anlass zur Annahme von Milderungsgründen geben könnte.

57

Auch der Hinweis des Beklagten auf seine dienstlichen Leistungen und seinen langjährigen Einsatz vermag den Senat nicht dazu veranlassen, von der an sich gebotenen Sanktion der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine langjährige pflichtgemäße Dienstausübung selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - deren Erbringung sich hier angesichts der Durchschnittsnote „D“ allerdings nicht aufdrängt - regelmäßig nicht geeignet, gravierende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BVerwG, a. a. O. Rdn. 43 m. w. N.).

58

Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass sich das Disziplinarverfahren etwa unverhältnismäßig lange hinausgezögert hat. Der Umstand, dass die Disziplinarklage erst im Jahr 2012 erhoben worden ist, ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass das Strafverfahren erst im September 2011 mit dem Urteil des Bundesgerichtshofes abgeschlossen wurde. Eine Verzögerung des weiteren Verfahrens durch den Kläger ist darin nicht zu erkennen. Unabhängig davon würde allerdings auch eine unangemessen lange Dauer des Disziplinarverfahrens keinen bemessungsrelevanten Umstand darstellen, der das Verwaltungsgericht berechtigen würde, von der gebotenen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen (vgl. BVerwG, a. a. O., Rdn. 44).

59

Schließlich vermag auch die vom Beklagten vorgebrachte gesundheitliche Beeinträchtigung im Jahr 2007 nicht zur Annahme von Milderungsgründen zu führen - dies schon deswegen nicht, weil der disziplinarrechtlich maßgebliche Zeitrahmen bis zum Jahr 2002 zurückreicht, sich mithin auf einen sehr langen Zeitraum bezieht, für welchen der Beklagte selbst keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorträgt. Gleiches gilt für die von ihm behaupteten finanziellen Belastungen im Zusammenhang mit dem Disziplinarverfahren; diese beziehen sich auf die Zeit nach Entdeckung seines Fehlverhaltens, können also schon deswegen für die Sanktionsfindung außer Betracht bleiben.

60

Zu dem Vorbringen des Beklagten in der Berufungsverhandlung, man könne sich in einer so kleinen Stadt wie (...) „kaum aus dem Weg gehen“, bemerkt der Senat abschließend, dass gerade in derartigen - scheinbaren - Näheverhältnissen dafür Sorge zu tragen ist, dass gar nicht erst der Eindruck einer „Kumpanei“ zwischen Justizbediensteten und Außenstehenden entstehen darf. Die Rechtsuchenden müssen sich stets darauf verlassen können, dass ihre Anliegen ausschließlich nach Recht und Gesetz bearbeitet und beschieden werden.

61

Danach ist der Beklagte gemäß §§ 13 Abs. 3, 10 Abs. 1 DG LSA aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Die damit verbundenen, insbesondere wirtschaftlichen Konsequenzen hat er selbst zu tragen, denn er hat die Ursache hierfür selbst mit seinem Fehlverhalten gesetzt. Gemäß § 10 Abs. 3 DG LSA steht ihm zur Vermeidung besonderer Härten zunächst für die Dauer von sechs Monaten ein sog. Unterhaltsbeitrag in Höhe von 50 v. H. seiner Dienstbezüge zu.

62

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 72 DG LSA, 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtsgebührenfreiheit ergibt sich aus § 73 Abs. 1 Satz 1 DG LSA.


(1) Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ein Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn der Täter einen nicht von ihm geforderten Vorteil sich versprechen läßt oder annimmt und die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme vorher genehmigt hat oder der Täter unverzüglich bei ihr Anzeige erstattet und sie die Annahme genehmigt.