Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 23. Mai 2017 - 7 A 11445/16

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2017:0523.7A11445.16.00
bei uns veröffentlicht am23.05.2017

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 19. September 2016 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung und begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

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Der am … 1986 geborene Kläger ist algerischer Staatsangehöriger, ledig und kinderlos. Er reiste am 17. Juni 1990 mit seinen Eltern und seiner drei Jahre jüngeren Schwester in das Bundesgebiet ein. Der Asylantrag der Familie wurde mit Bescheid des damaligen Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 2. Juni 1992 abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Klage wurde abgewiesen und der Asylantrag im Verfahren auf Zulassung der Berufung schließlich am 20. Juni 1996 zurückgenommen. Unter dem 1. August 1997 erhielt der Kläger eine befristete Aufenthaltsbefugnis, später mehrere befristete Aufenthaltserlaubnisse und zuletzt eine bis zum 6. August 2014 gültige Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen.

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Der Kläger besuchte einen Kindergarten, die Vorschule und aufgrund von Umzügen mehrere Grundschulen. Anschließend besuchte er bis zur 8. Klasse (von 1997 bis 2001) eine Integrative Gesamtschule in V., ohne ein Schuljahr wiederholen zu müssen. Aufgrund einer sich zuspitzenden Erziehungsproblematik wurde der Kläger im Jahr 2001 vorübergehend für drei Monate in einem Kinderheim untergebracht. Im Anschluss daran kehrte er in den elterlichen Haushalt zurück und besuchte nunmehr die Hauptschule. Aufgrund häufiger Fehlzeiten konnte er das Schulpensum nicht mehr bewältigen und wechselte schließlich im Schuljahr 2002/2003 auf eine Berufsschule in K.. Auch dort erreichte er das Ausbildungsziel aufgrund von Fehlzeiten nicht. Eine Lehre nahm der Kläger im Anschluss daran nicht auf. Nach Erreichen des Hauptschulabschlusses, den der Kläger in Abendkursen nachholte, arbeitete er ab dem Jahr 2006 zunächst im Gemischtwarenhandel seines Vaters, der im Jahr 2008 verstarb. Nach kurzzeitigen Beschäftigungen als Aushilfe im Getränkemarkt einer Supermarktkette, als Lagerist, bei einer Sicherheitsfirma und einer Baufirma sowie im Rahmen einer Praktikumsmaßnahme im Gastronomiebereich, tauchte der Kläger Anfang August 2012 wegen seines seinerzeit unklaren aufenthaltsrechtlichen Status unter und schloss sich zwei Mitgliedern der lokalen Drogenszene an, mit denen er bis zu seiner Festnahme Anfang Oktober 2012 in verschiedenen Feriendomizilen in und rund um K. wohnte. Die relativ kostspieligen Unterkünfte und den ständigen gesicherten Nachschub an Cannabis und Amphetamin finanzierte sich die Gruppe – nach eigenen Angaben des Klägers gegenüber dem im Strafverfahren bestellten Gutachter – durch den Verkauf von Betäubungsmitteln. Bereits mit vierzehn Jahren begann der Kläger mit dem regelmäßigen Konsum von Cannabis und Bier sowie später von Amphetamin, Kokain und Ecstasy. Eine Sucht oder Abhängigkeitsproblematik wurde bei ihm nicht diagnostiziert.

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Der Kläger ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

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1. Am 14. November 2001 verwarnte das Amtsgericht Koblenz den Kläger wegen Diebstahls. Er hatte in einem Drogeriemarkt eine Dose Haarspray entwendet.

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2. Am 31. Januar 2002 verwarnte das Amtsgericht Koblenz den Kläger wegen versuchten Diebstahls. Zusammen mit einem Mittäter machte er sich unter Zuhilfenahme eines Hebelwerkzeugs an einem Zigarettenautomaten zu schaffen, um den Automaten aufzubrechen und Geld und Zigaretten zu stehlen. Hierzu kam es allerdings nicht, da die herbeigerufene Polizei sie störte und der Kläger und sein Mittäter ohne Beute flüchteten.

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3. Am 19. August 2002 verwarnte das Amtsgericht Koblenz den Kläger wegen Körperverletzung und erlegte ihm 60 Stunden Sozialdienst auf. Im Zuge einer tätlichen Auseinandersetzung wegen eines Mädchens verpasste der Kläger einem anderen Jugendlichen eine schmerzhafte Kopfnuss. Bei der Prügelei gingen beide Kontrahenten zu Boden. Das Tatopfer erlitt Prellungen im Gesicht sowie am Knie.

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4. Am 10. März 2003 verurteilte das Amtsgericht Koblenz den Kläger wegen Diebstahls zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Er hatte in einem Einkaufsmarkt zehn Schachteln Zigaretten im Gesamtwert von 35,00 € entwendet.

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5. Unter Einbeziehung der Entscheidung vom 10. März 2003 (Nr. 4) verurteilte das Amtsgericht Koblenz den Kläger am 18. Mai 2005 wegen Diebstahls in drei Fällen, wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in zwei Fällen sowie wegen Hausfriedensbruch zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Arbeitsteilig mit einem anderen hatte er in einem Handyshop zwei Mobiltelefone mit einem Verkaufspreis von 589,00 € beziehungsweise 329,00 € entwendet. Bei anderer Gelegenheit entschloss er sich spontan dazu, eine Geldkassette aus einem Kiosk zu entwenden. Die unverschlossene Geldkassette enthielt mindestens 50,00 € Bargeld. Bei anderer Gelegenheit hatte er zusammen mit einem Mittäter aus einer in einem Hörsaal einer Hochschule abgelegten Jacke ein Mobiltelefon sowie eine Geldbörse mit persönlichen Dokumenten und etwa 10,00 € Bargeld entwendet. Gegenstand des Schuldspruchs wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmittel in zwei Fällen waren jeweils 1,5 Gramm Marihuana, die der Kläger von einem Unbekannten für 20,00 € gekauft hatte.

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6. Am 28. Juni 2006 verurteilte das Amtsgericht Koblenz den Kläger wegen gemeinschaftlichen schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen unter Einbeziehung der Verurteilung vom 18. Mai 2005 (Nr. 5) zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Kläger schloss sich Mitte August 2004 einer Gruppe an, die sich durch wiederholte Einbrüche eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen wollte, um sich mit der Beute Betäubungsmittel und im Falle eines Mittäters Computerspiele zu finanzieren. In Ausführung dieses Vorhabens brachen sie vornehmlich in Geschäftsgebäude ein und entwendeten vorzugsweise Computer und hochwertiges Computerzubehör. Der Kläger war an fünf der über zwanzig Einbrüche der Bande beteiligt. Bei diesen fünf Einbrüchen wurden Bargeld und Wertgegenstände im Gesamtwert von etwa 7.700,00 € erbeutet.

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7. Am 16. Januar 2007 verurteilte das Amtsgericht Koblenz den Kläger unter Einbeziehung der Entscheidung vom 28. Juni 2006 (Nr. 6) wegen Nötigung zu einer Jugendstrafe von nunmehr zwei Jahren und drei Monaten. Der Kläger wollte das spätere Tatopfer zur Rede stellen. Zusammen mit zwei weiteren Personen stoppte er das Tatopfer, als dieses mit einem PKW auf ein Parkplatzgelände auffahren wollte, indem er sich in den Weg stellte. Einer der Mittäter wollte die Fahrzeugtür öffnen, scheiterte jedoch, weil die Türen verriegelt waren. Aus Verärgerung hierüber trat der Mittäter gegen die Tür des Fahrzeugs. Aus Angst beschloss das Tatopfer, entgegen seiner ursprünglichen Planung, das Fahrzeug nicht auf dem Parkplatz abzustellen, sondern zurück nach Hause zu fahren. Im weiteren Verlauf hielt der Kläger das Fahrzeug nochmals auf dem Parkplatz an, indem er sich dem Fahrzeug erneut in den Weg stellte. Dies nutzte der Mittäter dazu, eine Beule in die Karosserie zu treten. Anschließend konnte das Tatopfer die Angreifer durch langsames Weiterfahren abschütteln.

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Der Kläger verbüßte die Jugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten bis Juli 2008 in der Jugendstrafanstalt Schifferstadt. Der Rest der Jugendstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt und schließlich mit Wirkung vom 4. Februar 2011 erlassen.

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8. Mit Strafbefehl vom 6. Mai 2010 belegte das Amtsgericht Lahnstein den Kläger wegen fahrlässigen Führens einer Waffe mit einer Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 10,00 €. Anlässlich des Besuchs eines Rosenmontagsumzuges hatte er einen Räum- und Abdrängschlagstock mit sich geführt.

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9. Am 25. August 2010 belegte das Amtsgericht Koblenz den Kläger im Wege eines Strafbefehls wegen Diebstahls mit einer Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen zu je 10,00 €. Gegenstand der Entscheidung war der Diebstahl eines Kopfhörers im Wert von 12,99 €.

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10. Am 26. Mai 2011 verurteilte das Amtsgericht Pirmasens den Kläger wegen vorsätzlichen Führens verbotener Waffen zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Kläger hatte am 2. November 2010 vor einem Firmengelände ein Butterfly-Messer und einen Schlagring mit sich geführt.

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11. Mit Strafbefehl vom 18. Juli 2011 belegte das Amtsgericht Koblenz den Kläger wegen Diebstahls mit einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 10,00 €. Er hatte im Wohnzimmer des Tatopfers dessen Geldbörse mit Ausweispapieren und 800,00 € an sich genommen und war verschwunden, als die Geschädigte kurz in der Küche verweilte.

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12. Mit Strafbefehl vom 18. Juli 2011 belegte das Amtsgericht Koblenz den Kläger wegen Sachbeschädigung mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10,00 €. Am Tag vor dem Diebstahl (vgl. Nr. 11) hatte er sich Zugang zur Wohnung des Tatopfers verschafft, indem er die Wohnungstür mit Gewalt aufbrach oder auftrat, mit der Folge, dass das Schließblech verbogen und die Befestigungsschrauben aus dem Türrahmen gerissen wurden.

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Aus den Strafbefehlen vom 18. Juli 2011 (Nr. 11 und Nr. 12) bildete das Amtsgericht Koblenz mit Beschluss vom 1. März 2012 nachträglich eine Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 10,00 €.

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13. Am 23. April 2013 verurteilte das Landgericht Koblenz den Kläger wegen besonders schweren Raubes in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Sichverschaffen von Betäubungsmitteln in sonstiger Weise zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Der Verurteilung lag den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils zufolge – gekürzt – folgender Sachverhalt zugrunde:

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Anfang September 2012 hatte der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt untergetaucht war, zusammen mit seinen beiden der Drogenszene angehörenden Begleitern ein Ferienhaus in K. gemietet. Zusammen mit seinem vormals mitangeklagten Unterstützer, der ebenfalls der K. Drogenszene zugeordnet werden kann, kam man überein, Drogen von einer diesem bekannten Dealerin zu besorgen. Dabei schlug der Kläger vor, dass man die Dealerin auch „abziehen“ könne, sprich sich den Besitz an den Betäubungsmitteln zu verschaffen, ohne zu bezahlen. Auf telefonischen Kontakt wurden nach einigen Verhandlungen schließlich 40 Gramm Marihuana für (vorgeblich) 400,00 € bestellt. Über den vereinbarten Kaufpreis von 400,00 € verfügten der Kläger und sein Unterstützer nicht. Als Ort zur Abwicklung des Geschäfts einigte man sich auf einen Supermarktparkplatz, nachdem der Kläger zuvor einen Treffpunkt an der sogenannten K. der Mosel, einem Begegnungsort der Betäubungsmittelszene, abgelehnt hatte, da er dort als „A.“ bekannt war und er gegenüber der Dealerin mit dem Pseudonym „M.“ auftreten wollte. Um den Erfolg des Unternehmens sicherzustellen, steckte der Kläger einen Teleskopschlagstock ein, den er zumindest als Drohmittel auch einsetzen wollte. Beim Treffen stellte sich der Kläger der Dealerin, wie geplant, als „M.“ vor. Die Dealerin hatte zuvor im Hinblick auf die Bestellung von 40 Gramm Marihuana 50 Gramm von ihrem Lieferanten auf Kommission geholt und davon 40 Gramm in zwei Tütchen zu je 25 Gramm und 15 Gramm abgepackt. Als sie die beiden Tüten und eine Feinwaage aus ihrer Handtasche hervorholte und auf dem Boden legte, ergriff der Kläger das Marihuana und steckte es in seine Umhängetasche. Dies löste den Protest des Tatopfers aus. Um aufkommende Gegenwehr im Keim zu ersticken, zog der Kläger den mitgeführten Teleskopschlagstock, ließ ihn ausfahren und erhob ihn drohend gegenüber dem Tatopfer, das die vom Schlagstock ausgehende Gefahr erkannte und weitere Gegenwehr einstellte. Der Kläger nutzte dies und ergriff auch noch die Handtasche, in welcher er weitere Betäubungsmittel und auch sonstige Wertgegenstände beziehungsweise Bargeld als weitere Beute vermutete. Anschließend wandte sich der Kläger mit erhobenem Schlagstock dem zwischenzeitlich hinzugekommenen Begleiter der Dealerin zu, der die bedrohliche Situation erkannte und die Hände zum Zeichen hob, dass er sich nicht wehren werde. Der Kläger trat mit dem Schlagstock in der Hand auf den Begleiter zu und holte diesen mit der anderen Hand das Mobiltelefon aus der Tasche. Dabei ging es dem Kläger darum, das Handy später zu Geld machen zu können. Das Handy verkaufte er später für 200,00 €. Das Marihuana wurde zwischen ihm und seinem Unterstützer aufgeteilt. Eine aus der Handtasche der Dealerin entnommene Monatskarte für den Öffentlichen Personennahverkehr gab der Kläger an eine Bekannte weiter.

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Mit Beschluss des Landgerichts Koblenz – Strafvollstreckungskammer Diez – vom 5. März 2014 wurde die im Urteil des Amtsgerichts Pirmasens vom 26. Mai 2011 (Nr. 10) gewährte Aussetzung der dort verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung widerrufen.

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Der Kläger verbüßt die gegen ihn verhängten Freiheitsstrafen derzeit in der Justizvollzugs- und Sicherungsverwahrungsanstalt Diez. Mit Schreiben vom 7. August 2014 wurde der Kläger zu seiner beabsichtigten Ausweisung angehört. Daraufhin beantragte der Kläger mit Schreiben vom 16. September 2014 – jedenfalls sinngemäß – die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

23

Mit Bescheid vom 8. April 2015 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab (Nr. 1), wies den Kläger aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aus (Nr. 2) und verbot ihm die Wiedereinreise mit der Maßgabe, dass die Wirkung der Ausweisung auf zehn Jahre festgesetzt werde und mit dem Tag der Ausreise beziehungsweise Abschiebung beginne (Nr. 6). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Lebensunterhalt des Klägers nicht gesichert sei und aufgrund der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren ein zwingender Ausweisungsgrund vorliege.

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Der hiergegen mit Schreiben vom 17. April 2015 eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 15. Januar 2016 unter Vertiefung der Ausführungen des Ausgangsbescheids zurückgewiesen. Darüber hinaus verwies der Kreisrechtsausschuss auf das strafrechtliche Verhalten des Klägers seit seinem 15. Lebensjahr, das eine Wiederholungsgefahr für die Begehung künftiger Straftaten begründe. Der Kläger genieße keinen besonderen Ausweisungsschutz. Die Ausweisung sei auch mit Art. 8 EMRK vereinbar. Zwar halte sich der mit vier Jahren in das Bundesgebiet eingereiste Kläger seit ca. zwanzig Jahren hier auf, er habe sich jedoch nicht in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert. Der Ausweisungsgrund wiege schwerer als die geschützten Interessen des kinderlosen und ledigen Klägers, auf dessen Unterstützungsleistungen keine Person angewiesen sei, von dem niemand ein Aufenthaltsrecht ableite und der mithin auch nicht über schutzwürdige familiäre Bindungen im Bundesgebiet verfüge. Der Erteilung eines Aufenthaltstitels stünden neben der fehlenden Lebensunterhaltssicherung auch das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes sowie der Umstand entgegen, dass einem ausgewiesenen Ausländer auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs nach dem Aufenthaltsgesetz kein Aufenthaltstitel erteilt werde.

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Der Kläger hat am 12. Februar 2016 Klage erhoben. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen ergänzt und vertieft. Eine Rückkehr nach Algerien sei für ihn unzumutbar. Er sei faktischer Inländer, kenne sich mit der algerischen Gesellschaft nicht aus und verfüge dort über kein funktionierendes soziales Netzwerk, das ihm in der ersten Zeit Schutz bieten könne. Er beherrsche die arabische Sprache weder in Wort noch Schrift ausreichend. Bei einer Rückkehr nach Algerien sei eine Integration in den dortigen Arbeitsmarkt nur unter ungewöhnlichen Umständen denkbar, lediglich vom Zufall abhängig und für ihn auch mit Blick auf die hohe Arbeitslosigkeit in Algerien und seine fehlenden Sprachkenntnisse praktisch ausgeschlossen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass er verlobt sei. Er habe einen Hauptschulabschluss und plane eine Ausbildung als Metalltechniker, die er aufgrund der organisatorischen Abläufe in der Justizvollzugsanstalt bisher nicht habe antreten können.

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Der Beklagte hat die angegriffene Entscheidung weitgehend unter Bezugnahme auf die dort niedergelegten Gründe verteidigt und ergänzend ausgeführt, dass er auch im Hinblick auf die ab dem 1. Januar 2016 geltende neue Fassung der §§ 53 bis 55 AufenthG an seiner Verfügung festhalte.

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Das Verwaltungsgericht Koblenz hat der Klage mit Urteil vom 19. September 2016 teilweise stattgegeben und die Befristungsentscheidung über das Verbot der Wiedereinreise (Nr. 6 der angegriffenen Verfügung) aufgehoben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung (Nr. 2 der angegriffenen Verfügung) und der Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (Nr. 1 der angegriffenen Verfügung) im Wesentlichen ausgeführt, dass bei der vorzunehmenden Abwägung der Ausweisungs- und Bleibeinteressen im Fall des Klägers das staatliche Ausweisungsinteresse überwiege und die danach auszusprechende Ausweisung gleichsam der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehe. Dem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG stehe kein besonders schweres oder zumindest schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG gegenüber. Insbesondere seien weder die tatbestandlichen Voraussetzungen im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG oder § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG erfüllt. Auch ergäben sich unter Berücksichtigung der Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention keine besonderen Einzelfallumstände, dem Bleibeinteresse des Klägers gegenüber dem in seinem Fall zu bejahenden besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse Vorrang einzuräumen. Zwar begründe die Ausweisung einen erheblichen Eingriff. Dieser Eingriff sei jedoch – wie in den Urteilsgründen weiter ausgeführt und begründet wird – gerechtfertigt. Insbesondere führten vorliegend bereits generalpräventive Erwägungen dazu, dass das öffentliche Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse des Klägers überwiege. Die gesteigerten Anforderungen an eine generalpräventiv begründete Ausweisungsentscheidung ließen sich auf das, den Ausweisungsanlass bildende strafrechtliche Erscheinungsbild des Klägers nach dem Urteil des Landgerichts Koblenz vom 23. April 2013 stützen. Aufgrund der Einzelheiten dieser als besonders schwerer Raub zu qualifizierenden Tat und der persönlichen Situation des Klägers, der seinerzeit der K. Drogenszene angehört und selbst Betäubungsmittel zur Sicherung seines Lebensunterhalts veräußert habe, handele es sich um einen Bereich der Drogenkriminalität, in dem die Gesundheit vieler Menschen schwer geschädigt werden könne und bei dem durch süchtige Personen weitere Beschaffungskriminalität provoziert werde. Schon aufgrund dieser breiten Schädigungswirkung sei eine Abschreckung anderer Ausländer dringend geboten.

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Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung des Klägers. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen und macht insbesondere geltend, dass er sich – jedenfalls in entsprechender Anwendung – auf besonders schwerwiegende Bleibeinteressen gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 AufenthG berufen könne. Es könne ihm nicht angelastet werden, dass er nicht wie von § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vorausgesetzt im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sei, nachdem der Beklagte über den gestellten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht zeitnah entschieden habe. Im Hinblick auf § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG komme dem Verlöbnis mit einer deutschen Staatsangehörigen eine Vorwirkung zu; die beabsichtigte Eheschließung scheitere nur daran, dass die algerischen Behörden zurzeit die Ausstellung eines Reisepasses unter Hinweis auf die Haft des Klägers ablehnten. Dieses aus seiner Sicht völkerrechtswidrige Verhalten der algerischen Behörden könne ihm nicht negativ angelastet werden. Außerdem bedürfe die Ausweisung eines fest verwurzelten Ausländers aus generalpräventiven Gründen einer besonderen Begründung. Schließlich sei zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er auch weiterhin in der Haft eine Ausbildung beginnen wolle, der Beginn der Ausbildung jedoch durch die Justizvollzugsanstalt bisher immer wieder hinausgezögert worden sei.

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Der Kläger beantragt,

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unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 19. September 2016 die Verfügung des Beklagten vom 8. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 15. Januar 2016 aufzuheben, soweit nicht das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat, und den Beklagten zu verpflichten, ihm rückwirkend ab Antragstellung die Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

33

Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die Klageerwiderung und die angegriffene Entscheidung. Im Hinblick auf das klägerische Vorbringen im Berufungsverfahren, das Fehlen eines Aufenthaltstitels liege nicht im Verantwortungsbereich des Klägers, verweist der Beklagte darauf, dass der Antrag des Klägers vom 16. September 2014 erst nach Ablauf der am 6. August 2014 endenden Gültigkeit der vorangehenden Aufenthaltserlaubnis gestellt worden sei und im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht vorgelegen hätten. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht dem Verlöbnis keine Vorwirkung im Hinblick auf ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG beigemessen. Auch seien hinsichtlich des vorgetragenen Verlöbnisses erhebliche Zweifel angebracht, die sich aus den gesamten Umständen dieses Vortrags aufdrängten. Dem erstmalig in der Widerspruchsbegründung im Juni 2015 – als der Kläger bereits inhaftiert gewesen sei – enthaltenen Vortrag fehle es an jeglicher Plausibilität und Substantiierung. Soweit noch vorgebracht werde, der Kläger wolle nunmehr in der Justizvollzugsanstalt eine Ausbildung zum Metallbauer beginnen, womit er dann eine gute Prognose für den deutschen Arbeitsmarkt habe, sei es bezeichnend, dass der Kläger mit 31 Jahren über keinen Berufsabschluss verfüge.

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Der Senat hat die Gefangenenpersonalakten des Klägers (4 Bände) beigezogen. Mit Beschluss vom 6. Dezember 2016 hat die Strafvollstreckungskammer Diez des Landgerichts Koblenz – 7b StVK 364/16 und 365/16 – beschlossen, die Vollstreckung des noch nicht verbüßten Restes sowohl der durch Urteil des Landgerichts Koblenz vom 23. April 2013 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren als auch der durch Urteil des Amtsgerichts Pirmasens vom 26. Mai 2011 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Monaten nicht zur Bewährung auszusetzen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Sitzungsniederschrift, die vorgelegten Verwaltungsakten und die beigezogenen Gefangenenpersonalakten Bezug genommen, deren Inhalte Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

37

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die unter Nr. 2 des angegriffenen Bescheids des Beklagten vom 8. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2016 verfügte Ausweisung ist ebenso rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten wie die unter Nr. 1 des Bescheids erfolgte Ablehnung der beantragten Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

38

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung sowohl der Ausweisung als auch des Verpflichtungsbegehrens auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Berufungsgerichts (stRspr; vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 2012 – 1 C 13.11 –, juris, Rn. 16 = BVerwGE 144, 230, m.w.N. [zur Ausweisung]; BVerwG, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 1 B 21.14 –, juris, Rn. 6 m.w.N. [zur Erteilung eines Aufenthaltstitels]). Grundlage der Ausweisung sind danach die Vorschriften des § 53 i.V.m. § 54 und § 55 des AufenthaltsgesetzesAufenthG – in der seit 1. Januar 2016 geltenden Fassung (BGBl. 2015 I S. 1386), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. November 2016 (BGBl. I S. 2460).

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1. Gemäß § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer ausgewiesen, wenn erstens dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet und zweitens die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

40

§ 53 Abs. 2 AufenthG benennt in Anlehnung an die zu Art. 8 Abs. 2 EMRK ent-wickelten sogenannten „Boultif/Üner-Kriterien“ Gesichtspunkte, die bei der Abwägung nach Absatz 1 im Einzelfall zu berücksichtigen sind, „insbesondere“ – also nicht abschließend – die Dauer des Aufenthalts, Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat, Folgen der Ausweisung für Angehörige und Partner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat. Dabei erfolgt die von § 53 Abs. 1 AufenthG geforderte Abwägung der Interessen an der Ausweisung mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers in Deutschland nach der Intention des Gesetzgebers nicht (mehr) auf der Rechtsfolgenseite im Rahmen eines der Ausländerbehörde eröffneten Ermessens, sondern auf der Tatbestandsseite einer nunmehr gebundenen Ausweisungsentscheidung und ist damit gerichtlich voll überprüfbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 – 1 C 3.16 –, juris, Rn. 23).

41

Die Tatbestandsmerkmale der „öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ im ausweisungsrechtlichen Grundtatbestand des § 53 Abs. 1 AufenthG sind nach der Begründung des Gesetzgebers im Sinne des Polizei- und Ordnungsrechts zu verstehen (vgl. BT-Drucks. 18/4097, S. 49). Auch die Gefährdung dieser Schutzgüter bemisst sich nach den im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht entwickelten Grundsätzen. Erforderlich ist die Prognose, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet ein Schaden an einem der aufgeführten Schutzgüter eintreten wird. Mit Blick auf die verwendeten Begriffe sollte keine Ausweitung des Gefahrenbegriffs gegenüber dem bislang geltenden Recht erfolgen, vielmehr sollten lediglich die bislang verwandten unterschiedlichen Formulierungen aneinander angeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 – 1 C 3.16 –, juris, Rn. 23).

42

Der Grundtatbestand des § 53 Abs. 1 AufenthG erfährt durch die weiteren Ausweisungsvorschriften mehrfache Konkretisierungen. So wird einzelnen in die Abwägung einzustellenden Ausweisungs- und Bleibeinteressen durch den Gesetzgeber in den §§ 54, 55 AufenthG von vornherein ein spezifisches, bei der Abwägung zu berücksichtigendes Gewicht beigemessen, jeweils qualifiziert als entweder „besonders schwerwiegend“ (Absatz 1) oder als „schwerwiegend“ (Absatz 2). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sind neben den explizit in den §§ 54, 55 AufenthG aufgeführten Interessen aber noch weitere, nicht ausdrücklich benannte sonstige Bleibe- oder Ausweisungsinteressen denkbar (vgl. BT-Drucks. 18/4097, S. 49). Die Katalogisierung schließt demnach die Berücksichtigung weiterer Umstände im Rahmen der zu treffenden Abwägungsentscheidung nicht aus. Dies folgt bereits aus dem Grundtatbestand des § 53 Abs. 1 AufenthG, ist aber für die schwerwiegenden, aufgrund der Vielgestaltigkeit der Lebenssituationen bewusst nicht abschließend aufgezählten Bleibeinteressen in § 55 Abs. 2 AufenthG nochmals ausdrücklich normiert (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 – 1 C 3.16 –, juris, Rn. 24).

43

Die in § 54 AufenthG enthaltenen Tatbestände erfüllen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 – 1 C 3.16 –, juris, Rn. 26) zwei Funktionen: Zuvorderst wird den dort benannten Ausweisungsinteressen ein besonderes Gewicht für die nach § 53 Abs. 1 Halbs. 2 AufenthG geforderte Abwägung zugewiesen. Gleichzeitig sind die typisierten und gewichteten Ausweisungsinteressen gesetzliche Umschreibungen spezieller öffentlicher Interessen im Sinne von § 53 Abs. 1 Halbs. 1 AufenthG (öffentliche Sicherheit und Ordnung, freiheitlich demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland), zu deren Schutz die Ausweisung erfolgt. Ein Rückgriff auf die allgemeine Formulierung der zu schützenden Rechtsgüter in § 53 Abs. 1 Halbs. 1 AufenthG ist deshalb entbehrlich, wenn der Tatbestand eines besonderen Ausweisungsinteresses nach § 54 AufenthG verwirklicht ist. Allerdings bedarf es auch bei Verwirklichung eines Tatbestandes nach § 54 AufenthG stets der Feststellung, dass – wie von § 53 Abs. 1 AufenthG vorausgesetzt – der (weitere) Aufenthalt des Ausländers die durch eine Ausweisung zu schützenden Rechtsgüter gefährdet.

44

Dies ist zum einen dann anzunehmen, wenn die von dem Ausländer ausgehende, durch die Verwirklichung eines Tatbestands nach § 54 AufenthG dokumentierte Gefahr im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt fortbesteht (Spezialprävention). Zum anderen lässt sich eine Gefährdung im Sinne des § 53 Abs. 1 Halbs. 1 AufenthG für die dort genannten Schutzgüter auch weiterhin generalpräventiv begründen.

45

Der Senat folgt insoweit nicht der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, der – gestützt auf die Annahme eines eindeutig entgegenstehenden Wortlauts in § 53 Abs.1 Halbs. 1 AufenthG – eine generalpräventiv begründete Ausweisung seit der Änderung des Ausweisungsrechts zum 1. Januar 2016 nicht mehr als möglich erachtete (vgl. VGH BW, Urteil vom 19. April 2017 – 11 S 1967/16 –, juris, Rn. 33 ff.). Der Wortlaut des § 53 Abs. 1 AufenthG ist – entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg – nicht in dem Sinne eindeutig, dass eine generalpräventive Ausweisung außerhalb der Wortlautgrenze liegen würde. Mithin ist bei der vorzunehmenden Auslegung der in den Gesetzmaterialien zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers zu berücksichtigen, dem zufolge „die Ausweisungsentscheidung […] grundsätzlich auch auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden [kann]“ (BT-Drucks. 18/4097, S. 49).

46

Sowohl die nach § 53 Abs. 1 Halbs. 1 AufenthG erforderliche Gefahr („gefährdet“) als auch deren Verknüpfung zum auszuweisenden Ausländer („dessen Aufenthalt“) stehen einer im Rahmen der Wortlautgrenze verbleibenden Auslegung der Zulässigkeit einer generalpräventiven Ausweisung nicht entgegen. Hinsichtlich des Gefährdungsursprungs ist zunächst festzuhalten, dass § 53 Abs. 1 AufenthG auf den (weiteren) Aufenthalt des Ausländers abstellt und nicht auf dessen Verhalten. Demgegenüber knüpft der Wortlaut in § 53 Abs. 3 AufenthG an das „persönliche Verhalten des Betroffenen“ an und lässt damit unbestritten nur spezialpräventive Erwägungen zu. Ein Umkehrschluss, die aufenthalts- und nicht verhaltensbezogene Formulierung in § 53 Abs. 1 AufenthG erfasse auch die Generalprävention, ist zwar keinesfalls zwingend, ein insoweit die Möglichkeit zur Auslegung eröffnender Wortlaut liegt jedoch in jedem Fall vor. Dabei ist es auch unerheblich, dass § 53 Abs. 3 AufenthG einen unionsrechtlichen Hintergrund hat (dazu VGH BW, a.a.O., Rn. 38), weil dies bereits die Frage der (systematischen) Auslegung betrifft und nicht die vorgelagerte Frage, inwieweit der Wortlaut einer Auslegung zugänglich ist.

47

Auch die von § 53 Abs. 1 AufenthG vorausgesetzte Gefahr steht einer die Generalprävention einbeziehenden Auslegung nicht entgegen. Unter dem Ausländergesetz und sodann unter dem Aufenthaltsgesetz a.F. waren die Ist- und Regelausweisung zwar textlich ohne Gefahrenbezug formuliert. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts war die ordnungsrechtliche Zwecksetzung der Ausweisung, die künftigen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorbeugen soll, auch schon vor der sämtliche Ausweisungstatbestände erfassenden Zentralnorm des § 53 Abs. 1 AufenthG anerkannt und konnte sowohl spezial- als auch generalpräventiv erreicht werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1980 – I C 90.76 –, juris, Rn. 8 = BVerwGE 60, 75 [zu § 10 AuslG 1965]; BVerwG, Urteil vom 31. August 2004 – 1 C 25.03 –, juris, Rn. 15 f. = BVerwGE 121, 356 [zu §§ 47 f. AuslG 1990]; BVerwG, Urteil vom 14. Februar 2012 – 1 C 7.11 –, juris, Rn. 17 = BVerwGE 142, 29 [zu §§ 53 ff. AufenthG a.F.]). Mithin ist es jedenfalls nicht zwingend, die in § 53 Abs. 1 AufenthG nunmehr auch textlich vorausgesetzte Gefahr auf eine „aktuelle“ Gefahr (vgl. VGH BW, a.a.O., Rn. 35) bzw. konkrete Gefahr zu reduzieren. Vielmehr ist auch insoweit innerhalb der Wortlautgrenze eine Auslegungsmöglichkeit eröffnet, die generalpräventive Ausweisung – wie bisher auch unter Verzicht auf eine konkrete Gefahr – unter den Gefahrenbegriff im Sinne des § 53 Abs. 1 AufenthG zu subsumieren und damit dem Willen des Gesetzgebers Rechnung zu tragen. Einer Extension oder Analogie – mit den sich daran anschließenden Folgefragen – bedarf es hierfür nicht.

48

2. Nach diesen Maßgaben überwiegt vorliegend das öffentliche Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse des Klägers und sein Aufenthalt gefährdet durch die Ausweisung zu schützende Rechtsgüter.

49

a. Es liegt ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vor, da der Kläger wegen mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist. Das Landgericht Koblenz verurteilte den Kläger am 23. April 2013 wegen besonders schweren Raubes in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Sichverschaffen von Betäubungsmitteln in sonstiger Weise zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren.

50

b. Der Kläger kann sich demgegenüber auf keine gesetzlich typisierten Bleibeinteressen berufen.

51

Der Kläger kann insbesondere nicht mit Erfolg ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG geltend machen. Diese Vorschrift verlangt, dass der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Der Kläger war jedoch zu dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ausweisungsverfügung nicht (mehr) im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Seine letzte Aufenthaltserlaubnis war lediglich bis zum 6. August 2014 gültig und damit gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG bei Bekanntgabe der Ausweisungsverfügung erloschen. Ein rechtzeitig vor Ablauf der Aufenthaltserlaubnis gestellter Verlängerungsantrag, der eine Fortgeltungsfiktion nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG hätte auslösen können, wurde nicht gestellt, so dass offenbleiben kann, ob eine derartige Fiktion dem „Besitz“ einer Aufenthaltserlaubnis gleichgestellt werden kann (vgl. zum Streitstand: Neidhardt, HTK-AuslR, Stand: 16. Januar 2016, § 55 AufenthG – zu Abs. 1 Nr. 2, Rn. 9 m.w.N. zur Rechtsprechung). Allein der mit Schreiben des Klägers vom 16. September 2014 gestellte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis genügt – unabhängig davon, ob die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfüllt sind – nicht (vgl. BayVGH, Beschluss vom 13. März 2006 – 24 ZB 05.3191 –, juris, Rn. 16 [zu § 56 AufenthG a.F.]). Soweit der Kläger insoweit einwendet, das Fehlen eines Aufenthaltstitels liege im Verantwortungsbereich des Beklagten, der ihm vor dem Erlass der Ausweisungsverfügung leicht eine Aufenthaltserlaubnis hätte erteilen können, übersieht er, dass er infolge der Verwirklichung eines schwerwiegenden Ausweisungsinteresses (vgl. oben unter a.) und einer insoweit gleichsam fortbestehenden Gefahr (dazu gleich unter c.) die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht erfüllt und es deshalb einer atypischen Konstellation bedürfte, um ihm abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Mithin fehlt es an einem gesetzlich typisierten (besonders schwerwiegenden) Bleibeinteresse, das der Gesetzgeber insoweit eben auch an den ein gewisses Vertrauen vermittelnden Besitz eines Aufenthaltstitels geknüpft hat. Dass der Kläger sich aufgrund des fehlenden Aufenthaltstitels nicht auf § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG stützen kann, bedeutet indes nicht, dass seine Einreise als Minderjähriger und sein langjähriger rechtmäßiger Aufenthalt bei den Bleibeinteressen keine Berücksichtigung fänden. Vielmehr sind die in § 55 AufenthG nicht normierten Bleibeinteressen mit dem ihnen zukommenden Gewicht in der im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung zu berücksichtigen.

52

Der Kläger kann auch kein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG für sich beanspruchen. Hiernach wiegt das Bleibeinteresse besonders schwer, wenn der Ausländer mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt. Diese Voraussetzungen liegen in der Person des Klägers nicht vor. Unabhängig davon, wie belastbar der Vortrag des Klägers zur Beziehung zwischen ihm und seiner – nach eigenen Angaben – Verlobten ist und inwieweit angesichts des Umstandes, dass die Beziehung erst während der Inhaftierung des Klägers entstanden ist, eine zuvor noch nicht bestehende familiäre Lebensgemeinschaft tatsächlich entstehen kann, ist eine Verlobte keine Familienangehörige im Sinne der Vorschrift (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. März 2006 – 18 B 130/06 –, juris, Rn. 2 ff. m.w.N. [zu § 56 a.F.]; vgl. auch Hailbronner, AuslR, Stand: März 2017, § 55 AufenthG Rn. 34: die Absicht, eine Lebensgemeinschaft im Inland herstellen zu wollen, genügt nicht). Ob insoweit etwas anders gilt und der Vorschrift eine gewisse Vorwirkung zugesprochen werden kann, wenn eine Eheschließung unmittelbar bevorsteht, kann hier dahinstehen. Denn der Zeitpunkt der Eheschließung ist aus Gründen, die weder der Beklagte noch die Bundesrepublik Deutschland zu verantworten haben, als ungewiss zu bezeichnen. Auch insoweit gilt jedoch, dass die vorgetragene Beziehung in die Abwägung einzustellen ist.

53

c. Bei der ausgehend davon und unter Berücksichtigung der Vorgaben nach § 53 Abs. 2 AufenthG und Art. 8 EMRK (sog. Boultif/Üner-Kriterien) im Einzelfall vorzunehmenden Abwägung und gleichsam zur Bestimmung, ob – wie von § 53 Abs. 1 AufenthG tatbestandlich weiter vorausgesetzt – der (weitere) Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ist es von maßgeblicher Bedeutung, inwieweit für den Kläger eine Wiederholungsgefahr für die ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse begründenden Straftaten angenommen werden kann. Bejahendenfalls wird dadurch neben einer spezialpräventiv begründeten Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 1 AufenthG auch gleichzeitig die konkrete Gewichtung des Ausweisungsinteresses (mit-)bestimmt. Ohne entsprechende Wiederholungsgefahr wäre auf Grundlage der Generalprävention – soweit nicht nach § 53 Abs. 3 AufenthG eine darauf gestützte Ausweisung ausscheidet – die Verhältnismäßigkeitsprüfung anhand der hierfür geltenden und in der Regel strengeren Vorgaben (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14. Februar 2012 – 1 C 7.11 –, juris, Rn. 20 ff. [zu § 56 a.F.]) durchzuführen.

54

Zu Lasten des Klägers ist eine Wiederholungsgefahr bezogen auf die das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse begründende Straftat anzunehmen.

55

Mit Beschluss vom 6. Dezember 2016 hat die Strafvollstreckungskammer Diez des Landgerichts Koblenz – 7b StVK 364/16 und 365/16 – beschlossen, die Vollstreckung des noch nicht verbüßten Restes sowohl der durch Urteil des Land-gerichts Koblenz vom 23. April 2013 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren als auch der durch Urteil des Amtsgerichts Pirmasens vom 26. Mai 2011 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Monaten nicht zur Bewährung auszusetzen. In den Gründen der Entscheidung wird ausgeführt, dass sowohl der Leiter der Justizvollzugs- und Sicherungsverwahrungsanstalt Diez als auch die zuständigen Staatsanwaltschaften einer bedingten Entlassung entgegengetreten seien. Eine Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung komme nicht in Betracht. Zu Gunsten des Klägers sei zu berücksichtigen, dass er über soziale Kontakte nach außen verfüge und regelmäßig Besuch, zum Beispiel von seiner Mutter und seiner Verlobten, erhalte. Zu seinen Lasten müsse die Strafvollstreckungskammer berücksichtigen, dass er bereits in erheblichem Maße strafrechtlich in Erscheinung getreten sei und ihn auch die Verbüßung von empfindlich hohen Jugendstrafen nicht davon habe abhalten können, erneut strafrechtlich mit zunehmender krimineller Energie in Erscheinung zu treten. Bei dem Kläger bestehe nach dem in der Hauptverhandlung gehörten Sachverständigen eine Störung des Sozialverhaltens mit dissozialen Persönlichkeitszügen. Darüber hinaus konsumiere der Kläger trotz der Teilnahme an der Suchtgruppe immer wieder Drogen. Dadurch gelinge es ihm nicht, mögliche Behandlungsmaßnahmen wie das Anti-Gewalt-Training oder sonstige soziale Trainings durchzuführen. Sicherungsmaßnahmen müssten immer wieder gegen ihn verhängt werden. Damit trete der Kläger vollzuglich in seiner Entwicklung auf der Stelle. Die in der Tat zu Tage getretene Gefährlichkeit dürfte offensichtlich immer noch weiter fortbestehen. Eine Aussetzung der Restfreiheitsstrafe zur Bewährung komme daher unter Berücksichtigung der bei einem Rückfall bedrohten Rechtsgüter (körperliche Unversehrtheit, Vermögen) und des Sicherheitsbedürfnisses der Allgemeinheit nicht in Betracht.

56

Die in der Entscheidung nach § 57 Abs. 1 StGB durch das Landgericht Koblenz getroffene Prognoseentscheidung ist für die hier anzustellende Prognose zwar nicht bindend – Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte haben bei spezialpräventiven Ausweisungsentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (stRspr; BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2013 – 1 C 10.12 –, juris, Rn. 18) –, stellt jedoch einen wesentlichen Anhaltspunkt dar. Der Senat schließt sich – gleichsam unter Berücksichtigung, dass vorzeitige Haftentlassung und Ausweisung unterschied-liche Zwecke verfolgen und deshalb unterschiedlichen Regeln unterliegen (vgl. dazu OVG RP, Beschluss vom 14. März 2017 – 7 B 11061/16.OVG – ESOVGRP m.w.N.) – der Einschätzung des Landgerichts an und bejaht eine sicherheitsrechtliche Wiederholungsgefahr.

57

Jeder sicherheitsrechtlichen Gefahrenprognose nach den allgemeinen Grund-sätzen des Gefahrenabwehrrechts liegt eine Korrelation aus Eintrittswahrscheinlichkeit und (möglichem) Schadensausmaß zugrunde. Je größer und folgenreicher der mögliche Schaden ist, desto geringer sind die Anforderungen, die an die Wahrscheinlichkeit seines Eintritts zu stellen sind. Das bedeutet zwar nicht, dass schon die entfernte Möglichkeit einer erneuten Rechtsgutverletzung eine Wiederholungsgefahr zu begründen vermag; vielmehr muss auch in Fällen, in denen hochrangige Rechtsgüter und Allgemeininteressen in Rede stehen, eine Wiederholungsgefahr ernsthaft zu besorgen sein (BVerwG, Urteil vom 10. Juli 2012 – 1 C 19.11 –, juris, Rn.16 = BVerwGE 143, 277; Urteil vom 4. Oktober 2012 – 1 C 13.11 –, juris, Rn. 18 = BVerwGE 144, 230; Urteil vom 15. Januar 2013 – 1 C 10.12 –, juris, Rn. 16).

58

Hinsichtlich der hier betroffenen Rechtsgüter ist zu berücksichtigen, dass nicht allein Vermögensinteressen berührt sind, sondern – gleichsam auch mit Blick auf die bereits durch das Landgericht hervorgehobene Zunahme der kriminellen Energie – auch der Schutz der körperlichen Unversehrtheit in die Betrachtung einzubeziehen ist, da jedenfalls unter Gefahrengesichtspunkten bei der vom Kläger vollzogenen Drohung mit einer Waffe (Schlagstock) auch deren Einsatz ernsthaft zu besorgen ist, wenn sich zukünftig das oder die Opfer allein durch das Androhen nicht beeindrucken lassen. Ebenso ist der im Drogenkonsum des Klägers zu sehende Hintergrund zu berücksichtigen. Insoweit ist bezogen auf die zu schützenden Rechtsgüter zwar danach zu unterscheiden, ob allein durch Vermögensdelikte der Konsum finanziert werden soll oder ob auch durch ein Handeltreiben Einkünfte zur Finanzierung des eigenen Konsums erzielt werden. Denn die Gefahren, die vom illegalen Handel mit Betäubungsmitteln ausgehen, sind schwerwiegend und berühren ein Grundinteresse der Gesellschaft. Die durch die Verbreitung von Betäubungsmitteln betroffenen Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit einer Vielzahl Dritter haben einen besonders hohen Rang (vgl. dazu OVG RP, Beschluss vom 14. März 2017 – 7 B 11061/16.OVG – ESOVGRP m.w.N.). Vorliegend ist der Kläger zwar nicht wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafrechtlich in Erscheinung getreten. Allerdings hat er außerhalb der Hauptverhandlung des Strafverfahrens, in der er insoweit geschwiegen hat, selbst angegeben, seinen Drogenkonsum und später auch die während seines Untertauchens anfallenden Kosten für die Unterkünfte durch den Weiterverkauf von Drogen finanziert zu haben (vgl. dazu das im Strafverfahren durch Dr. Lang erstellte forensisch-psychiatrische Sachverständigengutachten vom 21. April 2013, S. 37, S. 42 und S. 50; Behandlungsuntersuchung – Beitrag des Sozialdienstes – vom 15. November 2013, S. 5 ; jeweils in: Gefangenen-Personalakten – Behandlungsheft). Auch das Verwaltungsgericht hat im Zusammenhang mit den betroffenen Rechtsgütern schon ausgeführt, dass der Kläger bei Begehung der den Anlass der Ausweisung bildenden Straftat „der K. Drogenszene angehörte und selbst Betäubungsmittel zur Sicherung seine Lebensunterhalts veräußerte […]“ (UA S. 14). In der Zusammenschau sind danach aus der hier maßgebenden Sicht des Rechts der öffentlichen Sicherheit und Ordnung angesichts des hohen Rangs der vom Kläger verletzten bzw. gefährdeten Rechtsgüter an die Annahme einer Wiederholungsgefahr keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Dies gilt selbst, wenn man in Anlehnung an die Rechtsprechung zu § 56 AufenthG a.F. zugunsten des Klägers annähme, dass bei Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Bleibeinteresses im Sinne des § 55 Abs. 1 AufenthG – das der Kläger zwar nicht geltend machen kann (s.o.), dem er aufgrund seiner Einreise als Minderjähriger und seinem langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt jedoch nahe kommt – ein strengerer Wahrscheinlichkeitsmaßstab anzulegen ist (vgl. Neidhardt, in: HTK-AuslR, Stand 17. Januar 2016, § 53 Abs. 1 AufenthG – Spezialprävention, Rn. 69 ff., m.w.N. zur bisherigen Rechtsprechung).

59

Die auch in der die Strafaussetzung zur Bewährung versagenden Entscheidung des Landgerichts Koblenz angenommene Wiederholungsgefahr gründet sich zum einen auf die strafrechtliche Laufbahn des Klägers, der – wie dargelegt – vielfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und sich auch eine Verurteilung zu einer Jugendfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten nicht zur Warnung hat reichen lassen. Dabei ist zwar durchaus zu berücksichtigen, dass der Großteil der Verwarnungen, Strafbefehle und Verurteilungen in die Phase als Jugendlicher und Heranwachsender fallen. Allerdings ist gleichzeitig festzustellen, dass die kriminelle Energie nicht nur hinsichtlich der begangenen Straftaten abstrakt zugenommen hat – bis hin zu einem besonders schweren Raub mit einer Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren –, sondern auch konkret die Rolle des Klägers einen Zuwachs an krimineller Energie offenbart. Während der Kläger bei dem der Jugendstrafe im Wesentlichen zugrunde liegenden Bandendiebstahl noch zu der Bande hinzugestoßen und bei lediglich fünf der in unterschiedlicher Besetzung begangenen Einbrüchen mitgewirkt hat, war er bei dem zuletzt begangenen besonders schweren Raub Initiator und Organisator der Tat, die er planvoll und mit dem Versuch, die Tat einer fiktiven Person anzulasten, umgesetzt hat. Zum anderen ist es für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr von maßgeblicher Bedeutung, dass die Straffälligkeit des Klägers in direktem Zusammenhang mit dessen Drogenkonsum steht. Auch wenn insoweit keine Anhaltspunkte für eine Abhängigkeit gesehen wurden, bildeten das (gesteuerte) Verlangen nach Betäubungsmitteln und dessen Finanzierung den Antrieb jedenfalls für den zuletzt verübten besonders schweren Raub und den – strafrechtlich bislang nicht gewürdigten, jedoch vom Kläger selbst eingeräumten – Weiterverkauf von Drogen. Seine Drogenproblematik konnte der Kläger auch in der Haft nicht bewältigen. Er selbst hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, „rückfällig“ geworden zu sein. Eine positive Prognose, dass der Kläger sich außerhalb der Haft von – dann sogar leichter verfügbaren – Drogen fernhalten wird, lässt sich danach und unter Berücksichtigung des seit dem 14. Lebensjahr immer wieder drogenbezogenen Lebenslaufs des Klägers nicht stellen. Allein die Beteuerungen, zukünftig drogenfrei leben zu wollen, sowie die in der mündlichen Verhandlung dargelegte Aussicht, auch ohne Durchführung eines Anti-Gewalt-Trainings, das er schon einmal besucht, aufgrund seiner Rückfälligkeit jedoch nicht beendet habe, in Haft eine Ausbildung machen zu können, genügt insoweit nicht. Zwar kann einer Ausbildung durchaus eine stabilisierende Wirkung zukommen. Ob beim Kläger damit tatsächlich eine positive Entwicklung einhergehen wird, ist insbesondere mit Blick auf seinen bisherigen Lebenslauf mindestens zweifelhaft. Nicht zuletzt durch seinen Drogenkonsum in Haft hat er dokumentiert, dass ihn auch die Aussicht, eine Ausbildung aufnehmen zu können, nicht davon abhalten konnte, wieder zu Drogen zu greifen. Zusammenfassend ist danach eine entsprechende Wiederholungsgefahr für eine den Anlass für die Ausweisung bildende Straftat ebenso ernsthaft zu besorgen wie weitere Drogenverkäufe, um sich damit den Lebensunterhalt und den eigenen Drogenkonsum zu finanzieren.

60

d. Bei der ausgehend davon gemäß § 53 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 53 Abs. 2 AufenthG und unter Berücksichtigung von Art. 8 EMRK im Einzelfall vorzunehmenden Abwägung überwiegt vorliegend das öffentliche Ausweisungsinteresse.

61

Die Ausweisung begründet hier einen Eingriff in das Grundrecht des Klägers aus Art. 2 Abs. 1 GG auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und in Art. 8 Abs. 1 EMRK (vgl. hierzu EGMR, Urteil vom 23.Juni 2008 – 1638/03, Maslov II –, BeckRS 2009, 70641, Rn. 61; OVG RP, Urteil vom 4. Dezember 2009 – 7 A 10881/09.OVG –, juris, Rn. 34 und Beschluss vom 3. Mai 2012 – 7 A 11425/11.OVG –, juris, Rn. 7). Der Schutzbereich von Art. 8 EMRK ist vorliegend in Bezug auf das Recht auf Achtung des Privatlebens, nicht hingegen des Familienlebens eröffnet: Bei Beziehungen zwischen nahen Verwandten außerhalb der klassischen Kernfamilie kommt es darauf an, ob die tatsächlich bestehenden Bindungen hinreichend für die Annahme einer familiären Beziehung sind. Beziehungen zwischen Erwachsenen unterliegen nicht notwendig dem Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK in seiner Ausprägung als Recht auf Achtung des Familienlebens. Es müssen vielmehr besondere zusätzliche Aspekte der Abhängigkeit hinzutreten, die weiter reichen als normale affektive Beziehungen (vgl. EGMR, Urteil vom 17. April 2003 – 52853/99, Yilmaz –, juris, Rn. 44 m.w.N.). Art. 8 EMRK vermittelt insoweit keinen weitergehenden Schutz als Art. 6 GG bei familiären Beziehungen unter Volljährigen. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, ist davon auszugehen, dass sich der inzwischen 31 Jahre alte Kläger sowohl angesichts seines Alters als auch seines Untertauchens im Sommer 2012 und der sich seit Oktober 2012 daran anschließenden und bis heute andauernden Inhaftierung aus dem engen Familienbund gelöst hat. Für besondere Abhängigkeiten ist weder etwas vorgetragen noch ersichtlich. Auch die geltend gemachte Verlobung vermag einen Eingriff in das Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht zu begründen. Zwar unterscheidet die Konvention nicht zwischen einer „ehelichen“ und einer „nichtehelichen“ Familie, sondern qualifiziert die Familie in erster Linie lebens- und nicht rechtsbestimmt (vgl. EGMR, Urteil vom 12. Juni 2001 – 25702/94, K u.T. – NJW 2003, 809, Rn. 150). Hier fehlt es bei der erst während der Haft aufgenommenen Beziehung indes an einem tatsächlich bestehenden Familienleben.

62

Der Eingriff in das Grundrecht des Klägers auf freie Entfaltung der Persönlichkeit ist in materieller Hinsicht am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen. Die Maßstäbe, die für die Prüfung der Rechtfertigung eines Eingriffs in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Privatlebens (neben dem Schutz des Familienlebens) gelten, sind auch hier heranzuziehen. Ein Eingriff ist insoweit gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK statthaft, wenn er eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist, sich also als verhältnismäßig erweist.

63

Gemäß § 53 Abs. 2 AufenthG sind nach den Umständen des Einzelfalls insbesondere die Dauer des Aufenthalts, die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen. Bei diesem Kriterienkatalog hat sich der Gesetzgeber an den Maßstäben orientiert, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung im Rahmen von Art. 8 Abs. 2 EMRK als maßgeblich ansieht („Boultif/Üner-Kriterien“). Die in § 53 Abs. 2 AufenthG „insbesondere“ genannten Umstände sind nicht abschließend und sollen sowohl zugunsten als auch zulasten des Ausländers wirken können (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 – 1 C 3.16 –, juris, Rn. 25).

64

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK sind bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer aufenthalts-beendenden Maßnahme eines (jungen) Erwachsenen, der noch keine eigene Familie gegründet hat, insbesondere folgende, zum Teil in § 53 Abs. 2 AufenthG zwischenzeitlich explizit aufgeführte Gesichtspunkte zu berücksichtigen (vgl. EGMR, Urteil vom 23. Juni 2008 – 1638/03, Maslov II –, BeckRS 2009, 70641, Rn. 48 m.w.N.): die Art und Schwere der vom Ausländer begangenen Straftaten; die Dauer seines Aufenthalts in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll; die seit der Begehung der Delikte verstrichene Zeit und das Verhalten des Ausländers während dieser Zeit sowie die sozialen, kulturellen und familiären Beziehungen zum Gastland und zum Zielstaat der Ausweisung. Bei der Anwendung einiger dieser Kriterien kann das Alter des Ausländers von Bedeutung sein. So ist bei der Beurteilung von Art und Schwere der begangenen Straftaten zu berücksichtigen, ob der Ausländer sich diese als Jugendlicher oder als Erwachsener zuschulden kommen hat lassen. Bei der Bewertung der Dauer des Aufenthalts und der Bindungen im Gastland macht es einen Unterschied, ob der Betroffene bereits als Kind hierhergekommen ist oder sogar hier geboren wurde, oder ob er erst als Erwachsener zugezogen ist.

65

Nach diesen Maßgaben ist die Ausweisung des Klägers verhältnismäßig, mithin erweisen sich die Eingriffe in Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK als gerechtfertigt bzw. notwendig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.

66

Was die Integration Klägers in die hiesigen Lebensverhältnisse anbelangt, ist zu berücksichtigen, dass er infolge eines Familienumzugs seit dem 4. Lebensjahr und damit seit mehr als 26 Jahren im Bundesgebiet lebt. Das erhebliche Gewicht dieses langen Aufenthalts in Deutschland wird zudem durch den Umstand verstärkt, dass der Aufenthalt bis zum 6. August 2014 durchgängig legal war, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Kläger auch nach Eintritt der Volljährigkeit lediglich im Besitz eines abgeleiteten Aufenthaltsrechts gewesen ist, zuletzt nach § 36 Abs. 2 AufenthG. Zugunsten des Klägers sprechen ferner seine fortgeschrittenen Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift sowie der Umstand, dass er letztlich den Hauptschulabschluss nachgeholt hat und nunmehr in der Haft mit einer Ausbildung wird beginnen können. Mithin kommt der Kläger insoweit einem besonders schwerwiegenden Bleibeinteresse im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nahe. Gegen eine gelungene Integration des Antragstellers in die hiesigen Lebensverhältnisse spricht allerdings, dass er seit 2001 viele Jahre lang in erheblichem Maße straffällig geworden ist (zur Art und Schwere der Straftaten s.u.; vgl. zur Relevanz strafrechtlicher Verfehlungen insbesondere: EGMR, Entscheidung vom 19. März 2013 – 45971/08, Savasci –, juris, Rn. 47; Urteil vom 13. Oktober 2011 – 41548/06; Trabelsi –, juris, Rn. 57; jeweils m.w.N.). Darüber hinaus verfügt der Kläger – auch wenn ihm zwischenzeitlich die Möglichkeit eröffnet wurde, in der Haft eine Ausbildung zu beginnen – mit 31 Jahren über keine abgeschlossene Berufsausbildung und er hat seit dem Jahr 2006 bis zu seinem Haftantritt 2012 lediglich kurzzeitige Beschäftigungen mit erheblichen Unterbrechungen ausgeübt. Mithin ist nicht von einer gelungenen wirtschaftlichen Integration in Deutschland auszugehen.

67

Die Bindungen des unverheirateten und kinderlosen Klägers bestehen im Wesentlichen zu seiner in Deutschland lebenden Mutter sowie seinen ebenfalls hier lebenden Geschwistern. Diesem Gesichtspunkt kann jedoch kein erhebliches Gewicht beigemessen werden. Zwar hat der Kläger vor seinem Haftantritt – mit Ausnahme eines Aufenthalts in einem Kinderheim sowie einer teilweise vollstreckten Jugendfreiheitsstrafe – im Wesentlichen im Haushalt der Eltern gewohnt und versucht, die Familie nach dem Tod des Vaters im Jahr 2008 zu unterstützen. Allerdings ist der Kläger inzwischen 31 Jahre alt und hat sich – wie auch sein Untertauchen im Jahr 2012 sowie die sechsjährige Haftstrafe belegen – erheblich aus dem Familienverband gelöst. Auch ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass seine Familienangehörigen in besonderer Weise auf ihn angewiesen sind. Soweit der Kläger soziale Bindungen außerhalb seiner Familie in Form eines Verlöbnisses behauptet, ergibt sich hieraus ebenfalls kein bedeutsamer Gesichtspunkt zu seinen Gunsten. Unabhängig davon, dass diesem Vorbringen weiterhin jegliche Substantiierung fehlt, begründet die erst in der Haft aufgenommene Beziehung – bei gleichzeitig vorgetragenen, auf ein Angstsyndrom zurückgeführten Problemen regelmäßiger Besuchskontakte – bis hierhin lediglich eine geringe Bindung, die im Wesentlichen aus Telefon- oder Briefkontakten besteht. Eine Eheschließung steht – wie bereits dargelegt – nicht unmittelbar bevor. Hinzu kommt, dass einer erst in Haft und unter Inkaufnahme des Ausweisungsrisikos begründeten Beziehung lediglich ein geminderter Vertrauensschutz zuzumessen ist und diesem Belang deshalb kein großes Gewicht zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1989 – 1 C 46.86 –, juris, Rn. 25 = BVerwGE 81, 155; Beschluss vom 18. Juni 1992 – 1 B 78.92 –, juris, Rn. 5; BayVGH, Beschluss vom 3. März 2016 – 10 ZB 14.844 –, juris, Rn. 18). Dass das vorgetragene Verlöbnis hier weder den Schutzbereich der Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG noch des Familienlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK betrifft, wurde bereits dargelegt.

68

Hinsichtlich Art und Schwere der Straftaten, die sich unter anderem nach dem Strafmaß, den Delikten oder den Tatumständen richten (vgl. EGMR, Entscheidung vom 17. Februar 2009 – 27319/07, Onur –, Rn. 55 [http://hudoc.echr.coe.int]), ist vor allem auch zu berücksichtigen, ob der Ausländer sich diese als Jugendlicher oder als Erwachsener hat zuschulden kommen lassen (vgl. EGMR, Urteil vom 23. Juni 2008 – 1638/03, Maslov II –, BeckRS 2009, 70641, Rn. 72). Ausgehend davon ist zunächst zu sehen, dass der Kläger mehrere Diebstahlsdelikte (vgl. im Tatbestand dargestellt unter Nr. 1., 2. [Versuch], Nr. 4 und Nr. 5), die Körperverletzung (vgl. Nr. 3 a.a.O.) und Betäubungsmitteldelikte (vgl. Nr. 5 a.a.O.) als Minderjähriger begangen hat. Allerdings war der Kläger – auch wenn die Verurteilung seinerzeit noch nach Jugendstrafrecht erfolgte – bereits bei Begehung des gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen schweren Bandendiebstahls (vgl. Nr. 6 a.a.O.) volljährig und auch die nachfolgenden Taten (vgl. Nr. 7 bis 12 a.a.O.), die zum Teil mit Jugendstrafe, Geldstrafen oder Freiheitsstrafen auf Bewährung geahndet worden sind, hat der Kläger im Alter zwischen 20 und 25 Jahren begangen. Insbesondere bei Begehung der den Anlass für die Ausweisung bildenden Tat, für die er unter anderem wegen besonders schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt wurde, war der Kläger bereits 26 Jahre alt. Neben dem für eine besondere Schwere sprechenden Strafmaß ist im Konkreten weiter zu berücksichtigen, dass der Kläger hier als Ideengeber und Organisator der Tat in Erscheinung getreten ist, durch die Drohung mit einer Waffe neben dem dadurch begründeten Gefährdungspotenzial auch eine entsprechende Wirkung beim Opfer erzielt hat und die Tat letztlich Ausdruck und (bisheriger) Höhepunkt einer sich fortwährend steigernden kriminellen Energie gewesen ist. Hinzu kommt, dass bereits die vorangehende Verurteilung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG begründet, der Kläger bei den dieser Verurteilung zugrunde liegenden Taten bereits 18 bzw. 20 Jahre alt gewesen ist und außerdem der gewerbsmäßige Bandendiebstahl nicht als jugendtypische Verfehlung abqualifiziert werden kann. Schließlich ist mit Blick auf Art und Schwere der Taten die bereits dargelegte Wiederholungsgefahr einzubeziehen und – wie ebenfalls schon ausgeführt – zu berücksichtigen, dass der Kläger nach eigenen Angaben seinen Lebensunterhalt und eigenen Drogenkonsum (auch) mit dem Weiterverkauf von Drogen finanziert hat. Der EGMR hat im Bereich des Drogenhandels – anders als bei allein wegen Drogenkonsums Verurteilten – Verständnis für die Härte der Behörden gegenüber jenen gezeigt, die „aktiv an der Verbreitung dieser Plage beteiligt sind“ (vgl. EGMR, Urteil vom 23. Juni 2008 – 1638/03, Maslov II –, BeckRS 2009, 70641, Rn. 80). Auch wenn es insoweit nicht zu strafrechtlichen Verurteilungen gekommen ist, kann bei der hier anzustellenden gefahrenabwehrrechtlichen Abwägungsentscheidung das eigene Vorbringen des Klägers herangezogen werden, demzufolge ein Bereich der Drogenkriminalität betroffen ist, in dem eben nicht allein durch die Begehung von Vermögensdelikten der eigene Konsum finanziert wird.

69

Soweit im Rahmen der Abwägung weiter die seit der Verurteilung verstrichene Zeit und das Verhalten des Betroffenen in dieser Zeit zu würdigen sind, ist auf der einen Seite zwar zu sehen, dass seit der letzten Tat über viereinhalb Jahre vergangen sind. Allerdings befindet sich der Kläger seitdem in Haft, so dass allein dem zeitlichen Aspekt der Straffreiheit keine allzu große Bedeutung beigemessen werden kann. Hinsichtlich des Verhaltens und der Entwicklung in Haft ist das Bild ebenfalls ambivalent: So kann der Kläger nach eigenem Vorbringen in Kürze eine Ausbildung aus der Haft heraus aufnehmen. Gleichzeitig hat er jedoch durch den von ihm auch eingeräumten Drogenkonsum in der Haft zum einen die Chance vertan, bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Ausbildung aufzunehmen, und damit zum anderen einen wesentlichen Faktor für die Begründung einer negativen Legalprognose selbst gesetzt. Gerade die bestehende Wiederholungsgefahr (s.o.) führt dazu, dass der Kläger aus der verstrichenen Zeit und seinem seitdem gezeigten Verhalten nichts zu seinen Gunsten herleiten kann.

70

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass für den Kläger, der bereits im Alter von vier Jahren nach Deutschland gekommen ist und nach eigenen Angaben keine Bindungen nach Algerien hat, eine (Re-)Integration in Algerien mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein dürfte. Der Kläger verfügt nach eigenen Angaben nicht über ausreichende Kenntnisse der dort gesprochenen und geschriebenen Sprache (Arabisch bzw. Tamazight), der dortigen Verhältnisse oder über dort lebende Verwandte und sonstige Dritte, die ihm bei der Eingliederung Hilfestellung leisten könnten. Selbst wenn diese Behauptungen zutreffend sein sollten, stellt sich die Ausweisung nicht als unverhältnismäßig dar (vgl. auch EGMR, Urteil vom 13. Oktober 2011 – 41548/06; Trabelsi –, juris, Rn. 63 f). Es ist zu einem gewissen Maße davon auszugehen, dass der Kläger die in seinem Heimatland herrschenden Verhältnisse kennt, da nach seiner Einreise in das Bundesgebiet im Jahr 1990 in der Familie noch die Landessprache gesprochen worden sein dürfte. Darüber hinaus spricht der Kläger eigenen Angaben zufolge auch in geringem Umfang Französisch. Unter Berücksichtigung seines Alters und seiner sprachlichen Vorkontakte ist dem Kläger das Erlernen einer (neuen) Sprache ohne Weiteres zuzumuten (vgl. NdsOVG, Beschluss vom 14. Januar 2015 – 8 ME 136/14 –, juris, Rn. 15). Die mit der (Re-)Integration des Klägers in Algerien für ihn verbundenen Schwierigkeiten ließen sich im Übrigen durch eine anfängliche Unterstützung durch seine Mutter und/oder seine Geschwister abmildern und sind zudem durch die dargestellten hinreichend gewichtigen öffentlichen Belange gerechtfertigt.

71

3. Soweit der Kläger des Weiteren die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis begehrt, ist die Klage ebenfalls unbegründet. Die in Nr. 1 des Bescheids vom 8. April 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2016 getroffene Ablehnungsentscheidung des Beklagten erweist sich als rechtmäßig. Der Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis steht bereits die Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen, der zufolge einem ausgewiesenen Ausländer selbst im Falle eines Anspruchs nach dem Aufenthaltsgesetz ein Aufenthaltstitel nicht erteilt werden darf.

72

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegen.

Beschluss

73

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 10.000,00 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.1.1, 8.1 und 8.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 [LKRZ 2014, 169]).

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 23. Mai 2017 - 7 A 11445/16 zitiert 22 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 5 Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen


(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass 1. der Lebensunterhalt gesichert ist,1a. die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt is

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 55 Bleibeinteresse


(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 53 Ausweisung


(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 54 Ausweisungsinteresse


(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden

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(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist u

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(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1. zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,2. dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 51 Beendigung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts; Fortgeltung von Beschränkungen


(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen: 1. Ablauf seiner Geltungsdauer,2. Eintritt einer auflösenden Bedingung,3. Rücknahme des Aufenthaltstitels,4. Widerruf des Aufenthaltstitels,5. Ausweisung des Ausländers,5a. Bekanntgabe einer Absc

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 36 Nachzug der Eltern und sonstiger Familienangehöriger


(1) Den Eltern eines minderjährigen Ausländers, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erste Alternative, eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 3 oder nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nac

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Tatbestand 1 Der Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen, hilfsweise die Ausstellung einer Bescheinigung zum Nachweis eines unions

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(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 17. März 2016 - 3 K 496/14 - geändert.

Die Verfügung des Beklagten vom 29. April 2013 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 29. Januar 2014 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG, die der Beklagte unter Berufung auf ein generalpräventiv begründetes Ausweisungsinteresse nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG versagt hat.
Der am ... November 1976 geborene Kläger ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste im Jahr 2009 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 10. November 2009 unter dem Namen ... seine Anerkennung als Asylberechtigter. Den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 16. Juni 2010 als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass die Voraussetzung für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen würden. Die nachfolgende Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 21. April 2011 (A 8 K 1474/10) abgewiesen. In den Entscheidungsgründen findet sich der Satz „Allerdings folgt der Einzelrichter nicht im Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamts.“ Im weiteren wird dort ausgeführt, dass und weshalb die Angaben des Klägers zu den Gründen seiner Ausreise aus Nigeria nicht glaubhaft gewesen seien. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11. Oktober 2011 (A 9 K 2733/11) abgelehnt.
In der Folgezeit beantragte der Kläger unter dem Namen ... Duldungen, die auch erteilt wurden. Eine Abschiebung war mangels Pass- oder Ersatzpapieren nicht möglich. Wegen wiederholter Zuwiderhandlungen gegen eine Aufenthaltsbeschränkung wurde der Kläger durch das Amtsgericht Biberach mit Strafbefehl vom 2. November 2010 rechtskräftig einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen und mit Strafbefehl vom 20. Januar 2011 rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen verurteilt.
Am 22. Januar 2013 erkannte der Kläger die Vaterschaft des von der deutschen Staatsangehörigen ... erwarteten Kindes an. Eine gemeinsame Sorgerechtserklärung wurde abgegeben. Mit Schreiben seines damaligen Bevollmächtigten vom 29. Januar 2013 teilte der Kläger der damals zuständigen Ausländerbehörde, dem Landratsamt Biberach, mit, dass er im Rahmen seiner Asylantragstellung wahrheitswidrig den Namen ... angegeben habe. Richtig heiße er ... Er legte die Kopie eines am 20. November 2012 ausgestellten und bis zum 19. November 2017 gültigen nigerianischen Reisepasses vor, beantragte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG, da er nach der Geburt des Kindes, das die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten werde, einen Anspruch hierauf habe. Das Kind wurde am 3. März 2013 geboren, ist deutscher Staatsangehöriger und lebte zunächst bei der Mutter in ..., danach und in der Folge seitdem mit dieser in ... Nach den Erkenntnissen der Ausländerbehörde besuchte der Kläger sein Kind regelmäßig. Ihm wurde seit April 2014 fortlaufend die Erlaubnis erteilt, den Bereich der räumlichen Beschränkung der Duldung zu verlassen und sich nach ...-... zu seinem Kind und dessen Mutter zu begeben.
Die Ausländerbehörde lehnte mit Bescheid vom 29. April 2013 den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG ab. Sie berief sich dabei auf § 10 Abs. 3 AufenthG, nach dem einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden sei oder der seinen Asylantrag zurückgenommen habe, vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Fünften Abschnitts des Aufenthaltsgesetz erteilt werden dürfe. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 AsylVfG abgelehnt worden sei, dürfe vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 der Vorschrift fänden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung, Satz 2 sei ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzung des §§ 25 Abs. 3 AufenthG erfülle. Der Asylantrag des Klägers sei nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG abgelehnt worden. Zwar vermittele § 28 Abs. 1 AufenthG grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, durch seine Straftaten habe der Kläger jedoch objektive Ausweisungsgründe nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AufenthG verwirklicht. Durch seine langjährigen Falschangaben habe er die Strafvorschriften der §§ 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG und §§ 271, 276 und 276a StGB erfüllt. Außerdem seien zwei Strafbefehle gegen ihn erlassen worden. Damit liege die Regelerteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht vor. Gründe, von dieser Regel abzuweichen, seien nicht erkennbar.
Der Kläger legte im Mai 2013 Widerspruch ein und berief sich auf § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. 3 AufenthG, hilfsweise auf § 25 Abs. 5 AufenthG, dies mit Blick auf die Vaterschaft bezüglich eines deutschen Kindes und das gemeinsame Sorgerecht mit der Mutter, das er auch mit dieser ausübe. Er berief sich im Weiteren auf seinen Umgang mit dem gemeinsamen Kind. Eine Ausreise zur Durchführung des Visumsverfahrens sei mit Blick auf die Wertungen aus Art. 6 GG und des Art. 8 EMRK nicht zumutbar. Erfahrungsgemäß sei die Durchführung des Visumsverfahrens für nigerianische Staatsangehörige mit einem mehrmonatigen Aufenthalt im Heimatland verbunden, was unter Berücksichtigung des Kindeswohls nicht vertretbar sei.
Am 16. Mai 2013 wurde ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Erschleichens von Aufenthaltstiteln gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch mit Bescheid vom 29. Januar 2014 zurück. Es berief sich auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, der der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entgegenstehe. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG bestehe nicht. § 10 Abs. 3 AufenthG stehe dem entgegen. Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 AufenthG erfülle der Kläger nicht.
Am 27. Februar 2014 erhob der Kläger Klage. Der Beklagte hatte sich unter anderem darauf berufen, dass eine Abschiebung des Klägers wegen der familiären Lebensgemeinschaft mit seinem deutschen Kind nicht im Raum stehe und es das Bemühen der Behörde gewesen sei, durch eine kurzzeitige Ausreise des Klägers mit einer Vorabzustimmung zur Wiedereinreise die Rechtslage zu klären und ihm zu seinem rechtmäßigen Aufenthaltstitel zu verhelfen, wozu der Kläger jedoch nicht bereit gewesen sei.
10 
Seit dem 16. Mai 2014 arbeitet der Kläger bei einer Firma in ... Er erzielt ein monatliches Durchschnittseinkommen von netto 900 EUR. Am 17. September 2015 wurde der zweite Sohn des Klägers geboren, der ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Am 30. Juni 2015 zog der Kläger nach ... zu seinen Kindern und deren Mutter. Das Landratsamt ...-... hat der Fortführung des Verfahrens durch den Beklagten zugestimmt.
11 
Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Es berief sich im Wesentlichen darauf, dass die Voraussetzung des § 28 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen würden. Das erfolglos durchgeführte Asylverfahren entfalte die Sperrwirkung nach § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG, da die gerichtliche Entscheidung hierzu die Abweisung des Asylantrags der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet bestätigt habe. Die Formulierung in den Entscheidungsgründen führe zu keinem anderen Ergebnis, da diese im Widerspruch zum Tenor der Entscheidung stehe und die übrigen Entscheidungsgründe kein Anhaltspunkt dafür böten, dass der Offensichtlichkeitsausspruch geändert werden sollte. Davon ausgehend fehle es an einem strikten Rechtsanspruch, der in diesem Fall Voraussetzung für eine Titelerteilung nach § 28 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG sei, denn der Kläger erfülle nicht den Tatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Danach setze die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsinteresse bestehe. Ein solches sei im Sinne dieser Vorschrift nicht erst dann zu bejahen, wenn auch eine Ausweisung im konkreten Fall zulässig wäre, also als Ergebnis die in § 53 Abs. 1 AufenthG vorgesehene Abwägung die Ausweisung verfügt werden dürfte. Die Vorschrift sei durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl. I, 1386) insoweit geändert, als der Begriff des „Ausweisungsgrundes“ durch den des „Ausweisungsinteresses“ ersetzt worden sei. Hierbei handle es sich nach der Begründung des Gesetzentwurfes um eine Folgeänderung zur Neuordnung des Ausweisungsrechts in den §§ 53 ff. (BT-Drucks. 18/4097, S. 35). Es sei nicht ersichtlich, dass damit eine materielle Änderung verbunden sein solle. Es habe dem bislang allgemeinen Konsens entsprochen, dass die Bejahung eines Ausweisungsgrundes nicht voraussetze, dass etwa auch im konkreten Fall eine Ausweisungsverfügung rechtmäßig und ermessensfehlerfrei hätte erlassen werden dürfen. Entsprechendes gelte nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs für die Bejahung des Ausweisungsinteresses. Es könne dahingestellt bleiben, ob ein Ausweisungsinteresse bereits dann vorliege, wenn ein Tatbestand des § 54 AufenthG erfüllt sei oder ob darüber hinaus schon zur Bejahung des Ausweisungsinteresses (und nicht erst für die Frage, ob ein atypischer Ausnahmefall vorliege) eine Gefahrenprognose anzustellen sei und diese ergeben müsse, dass von dem Aufenthalt des Klägers aktuell noch eine Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 1 AufenthG für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitlich demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik ausgehe, wie wohl der Verwaltungsgerichtshof meine. Beide Anforderungen seien hier erfüllt. Hinsichtlich der beiden Strafbefehle sei inzwischen wohl Tilgungsreife eingetreten, so dass diese kein Ausweisungsinteresse mehr begründen könnten. Der Kläger habe aber darüber hinaus jahrelang und bis ins Jahr 2013 hinein über seine Identität getäuscht und damit das Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 8a AufenthG erfüllt, das nach § 53 Abs. 1 AufenthG schwer wiege. Diese Taten seien auch noch verwertbar, sie fielen zwar mangels Verurteilung nicht unter die Tilgungsvorschriften des BZRG, würden aber auch im Falle einer Verurteilung aufgrund der Beendigung der Identitätstäuschung erst im Januar 2013 noch innerhalb der Mindesttilgungsfrist des §§ 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG liegen. Gründe, weswegen eine kürzere Frist anzusetzen sei, lägen nicht vor. Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen das strafrechtliche Ermittlungsverfahren hierzu eingestellt worden sei. Von dem Aufenthalt des Klägers gehe auch immer noch eine Gefahr im Sinne des §§ 53 Abs. 1 AufenthG aus. Zwar bestünden keine spezialpräventiven Gründe mehr für eine Ausweisung, nachdem dieser seine Identität offengelegt habe und eine Wiederholungsgefahr der Identitätstäuschung nicht mehr zu befürchten sei. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger zukünftig erneut Straftaten begehen werde, seien nicht erkennbar. Jedoch lägen generalpräventive Gründe für eine Ausweisung vor. Es bestehe daher ein Interesse an der Ausweisung des Klägers, um andere vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer von der Begehung vergleichbarer Taten abzuhalten. Seine familiäre Situation lasse diese Gefahr nicht entfallen. Denn erst die Verhinderung der Aufenthaltsbeendigung durch die Identitätstäuschung habe es diesem ermöglicht, im Bundesgebiet eine Familie zu gründen und ohne vorherige Prüfung eines Rechts auf Familiennachzug im Wege des Visumsverfahrens mit ihr zusammen zu leben. Ob der Kläger tatsächlich ausgewiesen werden könne oder ob ihm ein überwiegendes Bleibeinteresse entgegenstehe, sei hier unerheblich. Aus anderen Gründen bestehe kein strikter Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels.
12 
Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 10. Oktober 2016 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, da es der Klärung bedarf, ob das Ausweisungsinteresse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch allein generalpräventiv begründet werden kann.
13 
Der Kläger hat unter Stellung eines Antrags die Berufung sodann begründet und insbesondere darauf abgestellt, dass generalpräventive Gründe aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht ungeachtet des Vorliegens von Bleibeinteressen als Versagungsgrund berücksichtigt werden könnten, sofern sie den Kläger überhaupt entgegengehalten werden könnten.
14 
Der Kläger beantragt,
15 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 17. März 2016 - 3 K 496/14 - zu ändern und die Verfügung des Beklagten vom 29. April 2013 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 29. Januar 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG zu erteilen.
16 
Der Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Der Kläger lebt seit Januar 2017 getrennt von seinen Kindern und deren Mutter in ... Es besteht regelmäßiger Umgang des Klägers mit seinen Kindern. Das Landratsamt Ulm hat der Fortführung des Verfahrens durch den Beklagten zugestimmt.
19 
Dem Senat liegen die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts sowie die Behördenakten vor.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die zulässige Berufung ist begründet. Die Versagung eines Aufenthaltstitels nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Zu Recht gehen Beklagter und Verwaltungsgericht zunächst davon aus, dass dem Kläger ein Aufenthaltstitel nur aufgrund eines strikten Rechtsanspruchs zu erteilen ist, nachdem sein Asylantrag - wie das Verwaltungsgericht richtigerweise annimmt - als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden war. Denn dies hat nach § 10 Abs. 3 AufenthG zur Folge, dass ein Aufenthaltstitel nur dann ohne vorherige Ausreise erteilt wird, wenn ein gesetzlicher Anspruch hierauf besteht (BVerwG, Urteil vom 17.12.2015 - 1 C 31.14 -, BVerwGE 153, 353).
22 
Ein gesetzlicher Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels steht dem Kläger hier nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG auch zu, da dessen besondere Erteilungsvoraussetzungen nach der hier maßgeblichen Sach- und Rechtslage der mündlichen Verhandlung des Senats (BVerwG, Urteil vom 10.12.2014 - 1 C 15.44 -, juris) ebenso erfüllt sind wie die allgemeine gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG n.F.
23 
Zutreffend legt das Verwaltungsgericht sodann zugrunde, dass die Vorschrift einer Titelerteilung nur entgegensteht, wenn neben einem Ausweisungsinteresse eine Gefahr fortbesteht. Schon bislang wurde die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG a.F. - das Fehlen eines „Ausweisungsgrundes“ - nicht isoliert, sondern in Bezug zu den Ausweisungsvorschriften, in denen der Ausweisungsgrund in den Ausweisungstatbeständen näher ausgeformt war, und damit unter Beachtung des gefahrenabwehrrechtlichen Zwecks der Ausweisungsvorschriften interpretiert. Eine materielle Änderung sollte durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl. I S. 1386), mit dem in § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG einzig die Wörter „Ausweisungsgrund vorliegt“ durch die Wörter „Ausweisungsinteresse besteht“ ersetzt wurden (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.08.2015 - 11 S 1500/15 -, juris), insoweit nicht erfolgen. Die Gesetzesbegründung spricht hierzu lapidar von einer „Folgeänderung zur Neuordnung des Ausweisungsrechts in den §§ 53 ff.“ (BT-Drucks. 18/4097, S. 35).
24 
Davon ausgehend setzt die Bejahung eines Ausweisungsinteresses zwar nicht voraus, dass im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmäßig verfügt werden könnte, es kommt also nach der insoweit fortgeschriebenen Systematik nicht darauf an, ob Bleibeinteressen vorliegen und welches konkrete Gewicht solchen im Rahmen einer Ausweisungsentscheidung zukäme (vgl. BVerwG, Urteile vom 28.01.1997 - 1 C 23.94 -, juris, vom 27.08.1996 - 1 C 8.94 -, juris und vom 31.05.1994 - 1 C 5.93 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.08.2015 - 11 S 1500/15 -, juris; Urteil vom 15.09.2007 - 11 S 837/06 -, juris; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Oktober 2015, § 5 AufenthG Rn. 56 ff., m.w.N.).
25 
Gleichwohl muss das gefahrenabwehrrechtlich und damit zukunftsbezogen zu interpretierende Ausweisungsinteresse noch „aktuell“ vorliegen in dem Sinne, dass eine gegenwärtige bzw. in absehbarer Zukunft fortwirkende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder sonstiger erheblicher Interessen der Bundesrepublik Deutschland ernsthaft droht (VGH Bayern, Beschlüsse vom 16.07.2008 - 19 CS 08.1436 -, juris, m.w.N. und vom 02.11.2010 - 19 B 10.1941, juris, m.w.N.; OVG Hamburg, Urteil vom 10.04.2014 - 4 Bf 19/13 -, juris; Zeitler, in: HTK-AuslR, § 5 AufenthG, zu Abs. 1 Nr. 2, Stand: 03.03.2017 Rn. 26; Funke-Kaiser, a.a.O. Rn. 63 ff.). Die Anforderungen an die erforderliche Gefahr ist dabei - unbeschadet der teilweise divergierenden Anforderungen, wie sie in Rechtsprechung und Literatur zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG a.F. entwickelt wurden - grundsätzlich anhand des Gewichts des jeweils betroffenen Ausweisungsinteresses zu bestimmen (VGH Bayern, Beschluss vom 29.08.2016 - 10 AS 16.1602 -, juris; Zeitler, a.a.O. Rn. 30; Hailbronner, AuslR, 72. Aktualisierung Juni 2011, § 5 AufenthG Rn. 17, m.w.N.).
26 
Die Gefahrenprognose ist schon mit der Feststellung des Tatbestands zu treffen und nicht erst bei der Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt (VGH Bayern, Beschlüsse vom 29.08.2016 - 10 AS 16.1602 -, juris und vom 01.09.2016 - 10 AS 16.1602 -, BeckRS 2016, 51505; Zeitler, a.a.O. Rn. 31 ff., m.w.N.; Funke-Kaiser, a.a.O. Rn. 74; Maor, in: Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: 01.02.2017, § 5 AufenthG Rn. 11; Nr. 5.1.2.2 AufenthG-VwV; a.A.: OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 16.08.2016 - 18 B 754/16 -, juris; Hailbronner, a.a.O. Rn. 31a; Samel, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 5 AufenthG Rn. 50). Etwas anderes lässt sich nicht unter Berufung auf die Ausgestaltung der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG als Regelerteilungsvoraussetzungen herleiten, weil Regelfälle solche sind, die sich nicht durch besondere Umstände von der Menge gleichliegender Fälle unterscheiden (BVerwG, Urteil vom 29.07.1993 - 1 C 25.93 -, BVerwGE 94, 35; Zeitler, a.a.O. zu Abs. 1 - Regel und Ausnahme, Stand: 06.02.2017 Rn. 4). Die Frage nach einer Gefahr ist eine solche, die sich im spezialpräventiven Fällen regelmäßig stellt und in generalpräventiven von vornherein als gegeben angesehen wird. Eine Atypik lässt sich hier gerade nicht begründen.
27 
Auch systematische Gründe sprechen für eine zukunftsbezogen zu interpretierende Auslegung des Begriffs des Ausweisungsinteresses. Dies ergibt sich zum einen aus der Binnensystematik des § 5 Abs. 1 AufenthG selbst und zum anderen aus dem Regelungszusammenhang mit den §§ 53, 54 AufenthG.
28 
Für § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG hatte das Bundesverwaltungsgericht bereits ausdrücklich bestätigt, dass die Vorschrift nicht darauf angelegt ist, etwa eine Inanspruchnahme von Sozialleistungen in der Vergangenheit zu sanktionieren, sondern der fortdauernden künftigen Inanspruchnahme solcher Leistungen entgegenzuwirken (Urteil vom 16.08.2011 - 1 C 4.10 -, juris). Auch § 5 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG setzt das Nichtvorliegen einer Beeinträchtigung oder Gefährdung durch den Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet aus einem sonstigen Grund voraus, soweit kein Anspruch auf Titelerteilung besteht und verfolgt damit ersichtlich einen ordnungsrechtlichen Zweck, der zukunftsbezogen zu beurteilen ist. Zudem ergänzt er § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (Funke-Kaiser, a.a.O. Rn. 75 ff.). Es ist angesichts dessen nicht ersichtlich, weshalb § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG im Sinne einer alleine vergangenheitsbezogenen Prüfung zu verstehen sein könnte. Dass § 5 Abs. 1 Nrn. 1a und 4 AufenthG auf den aktuellen Sachstand zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt abstellen, führt zu keinem anderen Ergebnis, da hier die zeitliche Fixierung der Natur der Regelungsmaterien geschuldet ist: Identität, Staatsangehörigkeit und der Besitz eines Passes lassen sich nur am jeweiligen Entscheidungszeitpunkt feststellen und nicht etwa prognostizieren.
29 
Die Neufassungen von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG und §§ 53, 54 AufenthG streiten ebenfalls für eine gleichlaufend zukunftsbezogen zu interpretierende Auslegung des Begriffs des Ausweisungsinteresses, nachdem nunmehr in beiden Vorschriften ausdrücklich auf ein solches abgestellt wird.
30 
Alleine wenn man davon ausgehen wollte, § 54 AufenthG sei gänzlich isoliert von § 53 Abs. 1 AufenthG zu verstehen, könnte man zu einem Normverständnis des § 54 AufenthG - und in der Folge zu einem gleichlaufenden des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG gelangen -, das sich in der tatbestandlichen Erfüllung von Ausweisungsinteressen erschöpft. Dies würde jedoch den ordnungsrechtlichen Regelungszusammenhang der Vorschriften auflösen und der Anknüpfungspunkt für die Gefahrenprognose, den gerade das Gewicht des jeweiligen Ausweisungsinteresses bildet, würde verloren gehen (darauf weist zu Recht Funke, ZAR 2016, 209 <211>, hin). Daher ist weiterhin daran festzuhalten, dass ein Ausweisungsinteresse mehr ist als ein in der Vergangenheit liegender und damit zunächst einmal abgeschlossener Sachverhalt. Das „Interesse“ im Sinne zu ziehender ausländerrechtlicher Konsequenzen aus solchen Sachverhalten ergibt sich nicht alleine daraus, dass sie geschehen sind, sondern aus den sich daraus ableitbaren zukünftigen Folgen im Sinne einer fortbestehenden Gefahr (Funke-Kaiser, a.a.O., § 5 AufenthG Rn. 58).
31 
Soweit daher bislang im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG im Wesentlichen darauf abgestellt wurde, ob ein Ausweisungsinteresse noch „aktuell“ sein müsse, lässt sich dies unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Regelung - auch wenn häufig so nicht explizit formuliert - letztlich nur als eine gleichwohl gefahrenabwehrrechtlich zu verstehende Definition auffassen, deren sprachliche Unschärfe dem Umstand geschuldet sein dürfte, dass nach bisheriger Rechtslage dem Ausweisungsrecht ein textlich hinreichend klarer Bezug zur Gefahr fehlte und der Begriff der „Beeinträchtigung“ in § 55 Abs. 1 Satz 1 AufenthG a.F. für ein weiteres Verständnis des öffentlichen Interesses herangezogen werden konnte, was nunmehr nicht mehr der Fall ist. Unbeschadet dessen ist nicht der dem Ausweisungsinteresse zugrunde liegende Sachverhalt „aktuell“ - im Sinne von „gegenwärtig existierend und vorhanden“ -, sondern dessen Fortwirkungen, die in Ansehung des Rechtsgebiets ordnungsrechtlicher Natur sein müssen, wie sowohl die aufgezeigte Binnensystematik des § 5 Abs. 1 AufenthG als auch die des § 53 Abs. 1 AufenthG verdeutlichen.
32 
Dies berücksichtigt, verneint das Verwaltungsgericht zu Recht eine vom Kläger ausgehende Gefahr, nachdem dessen Falschangaben von ihm im Januar 2013 offengelegt wurden und eine Wiederholungsgefahr aufgrund der nunmehr eingetretenen familiären Situation insoweit ausgeschlossen ist. Auch sonstige Gründe, die eine auf andere Ausweisungsinteressen bezogene Gefahren begründen könnten, sind vorliegend nicht ersichtlich, nachdem etwa die mit Strafbefehl geahndeten aufenthaltsrechtlichen Straftaten schon aufgrund eingetretener Tilgungsreife nach § 46 BZRG kein aktuelles Ausweisungsinteresse mehr begründen können und dürfen (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30.07.2014 - 11 S 2450/13 -, juris).
33 
Nach neuer Gesetzeslage kann ein generalpräventiv fundiertes Ausweisungsinteresse, auf das das Verwaltungsgericht und der Beklagte sich unter Berufung auf § 54 Abs. 2 Nr. 8a AufenthG stützen, jedoch nicht mehr angenommen werden, wobei hier aufgrund gesetzlicher Wertungsgleichheit offen bleiben kann, ob die Falschangaben des Klägers, weil sie erfolgten, um die Aussetzung der Abschiebung zu erreichen, unter Nr. 8a fallen oder ob Nr. 9 anzuwenden wäre.
34 
Denn ein solches lässt sich zunächst nicht im Rahmen des Wortlauts des § 53 Abs. 1 AufenthG damit begründen, vom Aufenthalt des Klägers gehe immer noch eine Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 1 AufenthG aus, da generalpräventive Gefahren vorlägen. Eine alleine dem Zweck der Abschreckung anderer Ausländer dienende Ausweisung begründet keine Gefährdung „durch den Aufenthalt“ des von der Ausweisung betroffenen Ausländers, mit ihr sollen vielmehr von Dritten ausgehende Gefahren (ordnungsrechtlich) bekämpft werden.
35 
§ 53 Abs. 1 AufenthG n.F. verlangt nach seinem Wortlaut eine Gefährdung der dort genannten Schutzgüter durch den Aufenthalt des Ausländers („Ein Ausländer, dessen Aufenthalt … gefährdet, wird ausgewiesen,…“). Die Vorschrift stellt damit das Erfordernis einer - aktuellen - Gefahr (und nicht nur eine Gefährdung im Sinne einer Ausdehnung in den Bereich der Gefahrenvorsorge: Funke, ZAR 2016, 209 <211>) und deren Verknüpfung mit dem Gefährdungsgrund - dem Aufenthalt des Ausländers, der auszuweisen ist - ausdrücklich in das Zentrum des Normprogramms (vgl. nunmehr auch: BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 - Rn. 26: „…bedarf es … stets der Feststellung, dass die vom Ausländer ausgehende Gefahr im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt fortbesteht.“).
36 
Insoweit unterscheidet sich das neue Ausweisungsrecht textlich vom bisherigen, das den Begriff der Gefährdung so deutlich nicht kannte und in dem alleine § 55 Abs. 1 AufenthG a.F. - betreffend die Ermessensausweisung - regelte, dass ein Ausländer ausgewiesen werden kann, „wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt“. Den Vorschriften zur zwingenden Ausweisung und zur Ausweisung im Regelfall fehlte, schon in Vorfassungen des AuslG, ein textlicher Bezug zur Frage einer Gefahr oder Beeinträchtigung, woraus die Rechtsprechung die Zulässigkeit generalpräventiv begründeter Ausweisungen unter Berufung auf die damalige Gesetzesbegründung und den zwingenden Charakter der Normen abgeleitet hatte (vgl. nur: BVerwG, Urteile vom 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247-265 und vom 31.08.2004 - 1 C 25.03 -, BVerwGE 121, 356-365, juris Rn. 16).
37 
Unbeschadet der dem Senat bewussten Unschärfe des Wortlauts von Normtexten, die mehrdeutig, vage, wandelbar und wertausfüllungsbedürftig sein können (dazu Reimer, Juristische Methodenlehre, 2016, S. 142 Rn. 281; zu den Grenzen der Auslegung vgl. nur: Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 322; Schenke, DStR-Beih 2011, 54), lässt sich eine generalpräventiv begründete Ausweisung daher nach neuem Recht nicht mehr im Rahmen des Wortlauts der Norm durch Auslegung begründen (so auch: Bergmann/Hörich, ZAR 2016, 296 <297>; Cziersky-Reis, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 53 AufenthG Rn. 24 f.; Kießling, ZAR 2016, 45 <51>).
38 
Diese Wortlautgrenze lässt sich auch nicht etwa unter Bezugnahme auf die Existenz des § 53 Abs. 3 AufenthG im Wege wortlautimmanenter Auslegung ausdehnen. Diese Vorschrift stellt eine dem Unionsrecht - und damit einem anderen als dem nationalen Rechtskreis - geschuldete Sonderregelung dar und eignet sich daher schon nicht, den Inhalt und die Grenzen nationalen Rechts aus systematischer Sicht zu bestimmen. Zudem ließe sich mit einem systematischen Rückschluss der Wortlaut des § 53 Abs. 1 Satz 1 AufenthG n.F., der an die Gefährdung durch den Aufenthalt des Ausländers, der auszuweisen ist, anknüpft, nicht ausdehnen. Eine Mehrdeutigkeit, die einer Auslegung aus dem Normenkontext zugänglich wäre, liegt insoweit nicht vor.
39 
Soweit gleichwohl nach der Neufassung des Ausweisungsrechts davon ausgegangen wird, Ausweisungsentscheidungen könnten grundsätzlich auch auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden, berufen sich die dahingehenden Auffassungen nicht auf den Wortlaut der Norm, sondern alleine auf den erklärten Willen des Gesetzgebers, da dieser an der bislang geltenden Rechtslage insoweit nichts habe ändern wollen (etwa: Neidhardt, in: HTK-AuslR, § 53 AufenthG, Abs. 1 Generalprävention, Stand: 18.01.2016 Rn. 6; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 53 AufenthG Rn. 34).
40 
Die Gesetzesbegründung der Bundesregierung (BT-Drucks. 18/4097, S. 49), auf die sich diese Auffassungen stützen, führt hierzu aus:
41 
„Die Ausweisungsentscheidung kann grundsätzlich auch auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden, wenn nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls das Interesse an der Ausreise das Interesse des Ausländers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiegt. Dies gilt allerdings nicht für die in § 53 Absatz 3 genannten Personengruppen. Hier ist die Ausweisung nur zulässig, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.“
42 
Diese Begründung ist nach Auffassung des Senats allerdings nicht geeignet, eine Erstreckung des neuen Ausweisungsrechts auf generalpräventive Ausweisungen entgegen dem Wortlaut der Vorschrift zu legitimieren (so im Ergebnis auch: Cziersky-Reis, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 53 AufenthG Rn. 25; Beichel-Benedetti, in: Huber, AufenthG, 2. Aufl. 2016, § 53 AufenthG Rn. 8; Funke, a.a.O., 215 Fn. 61). Denn dies müsste über eine Analogiebildung bzw. über eine „Korrektur des Normtextes“ im Wege teleologischer Extension unter Berufung auf eine unvollkommene Umsetzung einer Wertentscheidung durch den Normsetzer erfolgen (vgl. hierzu: Reimer, Juristische Methodenlehre, S. 249, 274 ff.), wofür die Voraussetzungen jedoch nicht gegeben sind.
43 
Schon aus dem Bestimmtheitsgebot nach Art. 20 Abs. 3 GG folgt, dass eine Rechtsgrundlage für die grundrechtsintensive Maßnahme der generalpräventiv fundierten Ausweisung im Wege einer Analogie bzw. einer teleologischen Extension nicht geschaffen werden kann.
44 
Das Bestimmtheitsgebot soll sicherstellen, dass der demokratisch legitimierte Parlamentsgesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen über Grundrechtseingriffe und deren Reichweite selbst trifft, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte die Rechtskontrolle durchführen können. Ferner sichern Klarheit und Bestimmtheit der Norm, dass der Betroffene die Rechtslage erkennen und sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann. Je schwerwiegender die Auswirkungen sind, desto höhere Anforderungen werden an die Bestimmtheit der Ermächtigung zu stellen sein. Insoweit berührt sich das Bestimmtheitsgebot mit dem Verfassungsgrundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, der fordert, dass der Gesetzgeber die entscheidenden Grundlagen des zu regelnden Rechtsbereichs, die den Freiheits- und Gleichheitsbereich des Bürgers wesentlich betreffen, selbst festlegt und dies nicht dem Handeln der Verwaltung überlässt (so: Burghart, in: Leibholz/Rinck, Grundgesetz, 72. Lieferung 08.2016, Art. 20 GG Rn. 731, unter Verweis auf BVerfG, Urteil vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07 -, BVerfGE 120, 274 <316> und Beschluss vom 08.01.1981 - 2 BvL 3/77 -, BVerfGE 56, 1-22).
45 
Eingriffsregelungen müssen daher nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt sein (BVerfG, Beschluss vom 12.11.1958 - 2 BvL 4/56 -, juris; Burghart, a.a.O. Rn. 946), um sicherzustellen, dass der betroffene Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann, dass die gesetzesausführende Verwaltung für ihr Verhalten steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfindet und dass die Gerichte die Rechtskontrolle durchführen können (BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, juris Rn. 118, m.w.N.). Die Norm muss handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist (BVerfG, a.a.O. Rn. 124 unter Verweis auf den Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvF 3/92 -, BVerfGE 110, 33 <56>), wobei gegen die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe keine Bedenken bestehen, wenn sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für eine Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen lässt (BVerfG, Beschluss vom 11.07.2013 - 2 BvR 2302/11 -, Rn. 112, juris). In Fällen präventiver Freiheitsentziehungen folgert das Bundesverfassungsgericht aufgrund der Stärke des Eingriffs in die Freiheit der Person, die einer Freiheitsstrafe gleichkomme, aus Art. 104 Abs. 1 GG ein im Ergebnis ähnliches Bestimmtheitsgebot, wie es sich aus Art. 103 Abs. 2 GG ergibt (Beschluss vom 11.07.2013 - 2 BvR 2302/11 -, juris Rn. 111, m.w.N.).
46 
Daraus kann sich, jedenfalls im Bereich öffentlich-rechtlicher Eingriffsbefugnisse in die Freiheit der Person bzw. in Fällen grundrechtsintensiver Eingriffsbefugnisse ein Analogieverbot auch jenseits des Anwendungsbereiches des Art. 103 Abs. 2 GG ergeben (ausführlich: Beaucamp, AöR 2009, S. 83<87 ff.>, m.w.N.; Reimer, a.a.O., S. 253; für ein grundlegenderes Analogieverbot: BVerfG, Beschluss vom 14.08.1996 - 2 BvR 2088/93 -, NJW 1996, 3146: Analogieverbot im verwaltungsrechtlichen Eingriffsrecht; in diesem Sinne auch: Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, 1981, S. 399 f., der zur Begründung auf den Planungscharakter von öffentlich-rechtlichen Kompetenznormen abstellt sowie die bei Beaucamp, a.a.O., S. 90 Fn. 45 aufgeführten Stimmen, die jedwede Analogie zu Lasten des Bürgers ablehnen).
47 
Daraus zieht der Senat den Schluss, dass eine Ausweisungsbefugnis für generalpräventiv fundierte Ausweisungen nicht im Wege einer Rechtsfortbildung gegen den Wortlaut des Gesetzes geschaffen werden kann. Dem steht die Stärke des Eingriffs in - regelhaft - grundrechtsintensiven Konstellationen (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 6 GG, Art. 8 EMRK), die über die Zwecksetzung der Rechtsfigur noch verstärkt wird (Übelszufügung zur Abschreckung Dritter trotz fehlenden Verantwortungszusammenhangs, so: Schmitt-Glaeser, ZAR 2003, 176<177 f.>) sowie die dogmatische Nähe der Rechtsfigur zum Sanktionenrecht (Anknüpfung der Maßnahme an den Nichtstörer unter Anlastung vorangegangenen Fehlverhaltens) entgegen.
48 
Dies folgt auch aus dem strafähnlichen Charakter generalpräventiv fundierter Ausweisungen (so: Beichel-Benedetti, in: Huber, AufenthG, 2. Aufl. 2016, § 53 AufenthG Rn. 89), der auf eine Bindung derselben an den Schuldgrundsatz und an das Analogieverbot nach Art. 103 Abs. 2 GG führt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.01.2014 - 1 BvR 299/13 -, juris Rn. 13 zum Ordnungsgeld nach § 335 HGB). Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 14.01.2004 - 2 BvR 564/95 -, BVerfGE 110, 1-33, Rn. 59) definiert strafähnliche Maßnahmen in seiner Entscheidung zum erweiterten Verfall nach § 73d StGB wie folgt:
49 
„Dem Schuldgrundsatz unterliegen auch Sanktionen, die wie eine Strafe wirken (vgl. BVerfGE 22, 125 <131>; 27, 36 <40 ff.>; 35, 311 <320>; 74, 358 <375 f.>). Strafähnlich ist eine Maßnahme freilich nicht schon dann, wenn sie mit einer Einbuße an Freiheit oder Vermögen verbunden ist und damit faktisch die Wirkung eines Übels entfaltet. Bei der Beurteilung des pönalen Charakters einer Rechtsfolge sind vielmehr weitere, wertende, Kriterien heranzuziehen, insbesondere der Rechtsgrund der Anordnung und der vom Gesetzgeber mit ihr verfolgte Zweck (vgl. BVerfGE 9, 137 <144 ff.>; 21, 378 <383 ff.>; 21, 391 <403 ff.>; 22, 125 <131>; 23, 113 <126>; 27, 36 <40 ff.>; 80, 109 <120 ff.>; Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 - ; siehe auch Volk, ZStW 1971, S. 405 ff.). So hat das Bundesverfassungsgericht den in § 890 Abs. 1 ZPO geregelten Zwangsmaßnahmen, die neben der Disziplinierung des Schuldners auch Sühne für eine begangene Zuwiderhandlung bezwecken, strafähnliche Wirkung beigemessen (vgl. BVerfGE 20, 323 <330 ff.>; 58, 159 <162>; 84, 82 <87>); dagegen hat es die Anordnung von Untersuchungshaft im Ermittlungsverfahren und die Unterbringung drogenabhängiger Täter in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB wegen des sichernden Charakters dieser Maßnahmen nicht als strafähnlich angesehen (vgl. BVerfGE 19, 342 <347 f.> und BVerfGE 91, 1 <27 ff.>)“
50 
Es führt im weiteren zur näheren Bestimmung des pönalen Charakters einer Maßnahme aus (Rn. 68-76):
51 
„Die vermögensordnende Funktion macht den erweiterten Verfall nicht zu einem strafähnlichen Rechtsinstitut. Die Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung der Vermögensordnung setzt zwar vergangenheitsbezogene Feststellungen voraus und ist insoweit retrospektiv. Der korrigierende Eingriff aber, mit dem der Staat auf eine deliktisch entstandene Vermögenslage reagiert, ist nicht notwendig repressiv. Auch das öffentliche Gefahrenabwehrrecht erlaubt hoheitliche Maßnahmen, um Störungen zu beseitigen. Gefahrenabwehr endet nicht dort, wo gegen eine Vorschrift verstoßen und hierdurch eine Störung der öffentlichen Sicherheit bewirkt wurde. Sie umfasst auch die Aufgabe, eine Fortdauer der Störung zu verhindern (vgl. etwa Friauf, in: Badura u.a., Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl., S. 138; Würtenberger, in: Achterberg u.a., Besonderes Verwaltungsrecht, Band II, 2. Aufl., S. 445; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 13. Aufl., S. 63, jeweils m.w.N.).
52 
Maßnahmen der Störungsbeseitigung sind ein Fall der Gefahrenabwehr. Sie knüpfen zwar an in der Vergangenheit begründete Zustände an, sind in ihrer Zielrichtung aber zukunftsbezogen. Sie wollen nicht ein normwidriges Verhalten öffentlich missbilligen und sühnen, sondern verhindern, dass eine bereits eingetretene Störung der Rechtsordnung in Zukunft andauert. Dementsprechend sollte eine auf § 21 f Abs. 2 Satz 3 BNatSchG a.F. gestützte Einziehung von Elfenbein, das ohne die erforderliche Genehmigung in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt worden war, einen Verstoß gegen die für Elfenbein geltenden Handelsbeschränkungen beseitigen (vgl. den Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Januar 1989 - 2 BvR 554/88 -, NJW 1990, S. 1229). § 21f Abs. 2 Satz 3 BNatSchG a.F. zielte nicht auf Repression und Vergeltung für ein rechtswidriges Verhalten, sondern diente als Teil eines Systems von Handelsbeschränkungen, die die wirtschaftliche Nutzung gefährdeter Arten eindämmen sollen, der Gefahrenabwehr (a.a.O., S. 1229).
53 
Auch § 73d StGB verfolgt einen solchen präventiven Zweck. Der erweiterte Verfall ist zwar nicht systematisch als Sicherungsmaßregel ausgestaltet, die eine drohende Reinvestition von Deliktsgewinnen durch kriminelle Organisationen verhindern soll und sich auf eine entsprechende Gefahrenprognose stützt. Die Erwägung des Gesetzgebers, die strafrechtliche Gewinnabschöpfung könne auch sichernde Wirkungen erzielen (vgl. BTDrucks 11/6623, S. 7 und BTDrucks 12/989, S. 1), hat in der Regelung des § 73d StGB nicht unmittelbar Niederschlag gefunden (vgl. Weßlau, StV 1991, S. 226, 232 f.; Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, 2002, S. 158). Die vermögensordnende Zielsetzung der Vorschrift ist aber klar zukunftsbezogen und präventiv: Der betroffene Straftäter soll deliktisch erlangte Gegenstände nicht behalten; die mit der Bereicherung des Täters verbundene Störung der Rechtsordnung soll nicht auf Dauer bestehen bleiben; die Gewinnabschöpfung soll verhindern, dass die bereits eingetretene Störung der Vermögensordnung auch zukünftig fortdauert.
54 
Mit dieser präventiven Zielsetzung wirkt der erweiterte Verfall nicht wie eine Strafsanktion. Seine Anordnung erfolgt nicht, um dem Betroffenen die Begehung der Herkunftstat vorzuhalten und über sie ein sozialethisches Unwerturteil zu sprechen. Sie zielt vielmehr darauf, einen rechtswidrigen Zustand für die Zukunft zu beseitigen. Die Entziehung deliktisch erlangten Vermögens ist nicht Ausdruck vergeltender, sondern ordnender Gerechtigkeit (ähnlich BGH, NStZ 1995, S. 491; Güntert, Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, 1983, S. 11 ff., 17; Schmidt, in: LKStGB, 11. Aufl., § 73 Rn. 8; Jekewitz, GA 1998, S. 276, 277).“
55 
(2) Der mit der Regelung des § 73d StGB beabsichtigte vermögensordnende Zugriff soll nach dem Willen des Gesetzgebers zugleich Anreize für gewinnorientierte Delikte reduzieren. Auch dieses in der Begründung des Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes - Erweiterter Verfall - (... StrÄndG) vom 9. März 1990 (BTDrucks 11/6623, S. 4) als generalpräventiv bezeichnete Ziel der Gewinnabschöpfung verleiht dem erweiterten Verfall keinen strafähnlichen Charakter.
56 
Der Entziehung deliktisch erzielter Vermögensvorteile wird zwar zu Recht eine strafergänzende Funktion beigemessen. Denn die übelzufügende und damit abschreckende Wirkung einer Strafe kann sich mindern, wenn der materielle Tatvorteil in der Hand des Täters verbleibt (vgl. Eser, Die strafrechtlichen Sanktionen gegen das Eigentum, 1969, S. 86 und S. 284). Dies wird vor allem bei Geldstrafen deutlich, die der Täter aus dem Tatgewinn bestreiten könnte. Ein möglicher negativer Einfluss unterbliebener Gewinnabschöpfung auf die Nachdrücklichkeit einer Strafe bedeutet aber nicht, dass die Gewinnabschöpfung selbst strafende Wirkung erzielt oder intendiert (vgl. Güntert, Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, 1983, S. 15 ff.).
57 
Eine Abschreckungswirkung im Sinne der negativen Generalprävention ist mit dem erweiterten Verfall ausweislich der Gesetzesmaterialien nicht beabsichtigt. In der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) heißt es im Anschluss an die Darstellung der mit der Gewinnabschöpfung verfolgten Ziele, der Entwurf sehe neben der Gewinnabschöpfung auch Strafschärfungen zur Erhöhung der Abschreckungswirkung bei Straftaten der organisierten Kriminalität vor (vgl. BTDrucks 12/989, S. 1). Der Gesetzgeber hat damit die Ziele der Gewinnabschöpfung ausdrücklich vom Abschreckungszweck erhöhter Strafandrohungen unterschieden (siehe auch BTDrucks 12/989, S. 21 sub B.).
58 
Die mit den strafrechtlichen Verfallvorschriften beabsichtigte generalpräventive Wirkung soll nach dem Willen des Gesetzgebers auf andere Weise erzielt werden: Indem der Staat dem Täter deliktisch Erlangtes wegnimmt, führt er ihm, wie auch der Rechtsgemeinschaft, vor Augen, dass strafrechtswidrige Bereicherungen nicht geduldet werden und Straftaten sich nicht lohnen. Der vermögensordnende Eingriff soll die Unverbrüchlichkeit und die Gerechtigkeit der Rechtsordnung erweisen und so die Rechtstreue der Bevölkerung stärken.
59 
Diese auch als positiver Aspekt strafrechtlicher Generalprävention anerkannte Zielsetzung (vgl. BVerfGE 45, 187 <256>) ist - wie die Ausführungen zum Gefahrenabwehrrecht gezeigt haben - kein Spezifikum strafrechtlicher Vorschriften (vgl. BVerfGE 22, 125 <132>). Soweit es um die Abschöpfung deliktisch erlangten Vermögens geht, deckt sie sich mit einem alle Rechtsgebiete übergreifenden Grundsatz, wonach eine mit der Rechtsordnung nicht übereinstimmende Vermögenslage auszugleichen ist (vgl. Güntert, Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, 1983, S. 11 m.w.N.). Die normbestätigende Zielsetzung des § 73d StGB charakterisiert den erweiterten Verfall daher nicht zwingend als pönale Maßnahme (vgl. BGHSt 47, 369 <373 ff.>; Güntert, Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, 1983, S. 17; Schmidt, in: LKStGB, 11. Aufl., § 73 Rn. 8; Eberbach, NStZ 1987, S. 486, 489 f.; Groth, Verdeckte Ermittlung im Strafverfahren und Gewinnabschöpfung, 1995, S. 151; anders Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteldelikten - Zur Problematik der geplanten Vorschrift über den erweiterten Verfall, 1991, S. 153 f.; wohl auch Weßlau, StV 1991, S. 226, 231 f., und Hoyer, GA 1993, S. 406, 417 ff., 421).“
60 
Bei der Beurteilung des pönalen Charakters einer Rechtsfolge sind danach insbesondere der Rechtsgrund der Anordnung und die vom Gesetzgeber mit ihnen verfolgten Zwecke in wertender Betrachtung zu berücksichtigen, wobei einer Maßnahme auch Doppelcharakter zukommen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.01.2014 - 1 BvR 299/13 -, juris Rn. 13 zum Ordnungsgeld nach § 335 HGB). In Abgrenzung zu gefahrenabwehrrechtlichen Zwecksetzungen, bei denen nicht in erster Linie ein normwidriges Verhalten öffentlich missbilligt und gesühnt werden soll, stellt das Bundesverfassungsgericht entscheidend darauf ab, ob ein etwaiger abschreckender Zweck, der den pönalen Charakter begründet, oder ein positiv-generalpräventiver Zweck verfolgt wird, der kein Spezifikum strafrechtlicher Vorschriften ist.
61 
Davon ausgehend ergibt sich der strafähnliche Charakter einer generalpräventiv fundierten Ausweisung aus ihrer abschreckenden Zwecksetzung und der Rechtfertigung der Inanspruchnahme gerade des auszuweisenden Ausländers, von dem in diesen Fällen selbst keine Gefahr mehr ausgeht, unter Vorhalt der zugrundeliegenden Herkunftstat, ohne dass sich ein Verantwortungszusammenhang zwischen dem betroffenen Ausländer und den abzuschreckenden Dritten begründen ließe (so schon: Schmitt-Glaeser, ZAR 2003, 176 <177 f.>). Es ist für den Senat nicht ersichtlich, wie sich dies, wenn nicht über den Vorhalt eines sozialethischen Unwerturteils, rechtfertigen könnte, woraus sich dann aber die Strafähnlichkeit zwingend ergibt.
62 
Im Weiteren fehlt es jedenfalls auch an einer Wertungsgleichheit von geregeltem (spezialpräventive Ausweisungsinteressen) und ungeregeltem (generalpräventive Ausweisungsinteressen) Sachverhalt und es liegt auch kein Fall einer bloß unvollkommenen Umsetzung einer Wertentscheidung des Gesetzgebers vor, die unter Berufung auf einen gesetzgeberischen Willen und bei Berücksichtigung des geschriebenen Rechts in vertretbarer Weise unter Beachtung des Parlamentsvorbehalts im Wege richterrechtlicher Rechtfortbildung hergestellt bzw. ergänzt werden könnte (vgl. Reimer, a.a.O, S. S. 249, 274 ff.; Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. 2006, S. 67 ff.).
63 
Die Grenze einer zulässigen Rechtsfortbildung wird überschritten, wenn sich die damit einhergehenden Unwägbarkeiten nicht in rechtsstaatlich vertretbarer Weise - und damit gerade bei Gesetzen mit erheblichem Eingriffscharakter unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Normunterworfenen und unter Achtung des Grundsatzes der Normenkohärenz - überwinden ließen, weil die Gerichte in solchen Fällen gezwungen wären, mangels unmittelbar anwendbarer gesetzlicher Wertmaßstäbe weiträumige Bewertungsaufgaben im grundrechtssensiblen Bereich anstelle des dazu berufenen Gesetzgebers zu übernehmen (vgl.: Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 8. Aufl. 2015, S. 540 ff.; BVerwG, Beschluss vom 07.04.2016 - 1 B 82.16 -, BeckRS 2016, 52800 Rn. 7), was dem Grundsatz der Gewaltenteilung, der Rechtssicherheit und dem Gesetzesvorbehalt widersprechen würde (Beaucamp, a.a.O., S. 93 ff.).
64 
So liegt der Fall hier, nachdem das geschriebene Recht die Rechtsfigur der generalpräventiven Ausweisung nicht erfasst, dessen Grenzen demzufolge nicht regelt und eine schlichte Übertragung der geschriebenen Regelungen nicht ausreichend erscheint, um die Rechtsfigur - zumal angesichts der vagen Vorstellungen des Gesetzgebers hierzu - unter angemessener Berücksichtigung der weiteren Gesetzesziele und der berechtigten Interessen der Normunterworfenen kohärent und hinreichend bestimmt anzuwenden.
65 
Selbst wenn man die Bedeutung von Begründungen der Bundesregierung zu Gesetzentwürfen im Rahmen einer Rechtsfortbildung nicht von vornherein und abstrakt in Abrede stellt (obgleich die Bundesregierung nicht der Gesetzgeber und ein Gesetzentwurf kein Gesetz ist) und man daher davon ausgehen will, dass solche einen Willen des Gesetzgebers ausdrücken können - allerdings wiederum nur als Hilfstatsachen, aus denen auf einen übereinstimmenden Willen des Gesetzgebers geschlossen werden müsste -, ist zu berücksichtigen, dass sich die Begründung im konkreten Fall in der unspezifischen Behauptung erschöpft, eine Ausweisungsentscheidung könne grundsätzlich auch auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden, wenn nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls das Interesse an der Ausreise das Interesse des Ausländers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiege.
66 
Isoliert betrachtet ergeben sich hieraus keine weiterführenden Ansatzpunkte für eine vertretbare Rechtsfortbildung. Denn dieser Wille bleibt weitgehend abstrakt, gerät aber gleichwohl in Konflikt mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben für generalpräventive Ausweisungen. Er wirft mehr Fragen zur Reichweite generalpräventiver Ausweisungen auf als er zu klären vermag und er setzt sich in Widerspruch zu dem unstreitigen Ziel der Gesetzesnovelle, keine Verschärfung der Rechtszulage einzuführen.
67 
Schon der Ansatz der Gesetzesbegründung der Bundesregierung, eine Ausweisungsentscheidung könne „grundsätzlich auch“ auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden, gerät in Konflikt mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben für generalpräventive Ausweisungen, wie sie das Bundesverfassungsgericht formuliert hat (Beschluss vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 -, NVwZ 2007, 1300), nach denen
68 
„…auch bei generalpräventiv motivierten Ausweisungen, die ihren Anlass im Bereich der Drogenkriminalität finden, gilt, dass die Umstände der begangenen Straftat, wie sie sich aus dem Strafurteil und dem vorangegangenen Strafverfahren ergeben, individuell zu würdigen sind (vgl. BVerwGE 101, 247 [255] = NVwZ 1997, 297)“,
es
69 
„im Grundsatz nicht anders als bei der Würdigung der von dem Ausländer künftig ausgehenden Gefahren im Rahmen spezialpräventiv motivierter Ausweisungen insbesondere nicht [genügt], das Gewicht des für eine Ausweisung sprechenden öffentlichen Interesses allein anhand der Typisierung der den Ausweisungsanlass bildenden Straftaten in den Ausweisungsvorschriften des Aufenthaltsgesetzes zu bestimmen (vgl. BVerfG, NVwZ 2007, 946 = ZAR 2007, 243)“
70 
und
71 
„der Umstand, dass der Bf. erheblich gegen die Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, [ ] für sich allein eine generalpräventive Ausweisung noch nicht [rechtfertigt] (vgl. auch BVerwG, NVwZ 1997, 1119 [1121]).“.
72 
Nach bisheriger Rechtslage - wie sie von der Rechtsprechung verstanden wurde - bedurften generalpräventiv begründete Ausweisungen aufgrund ihres spezifischen Ansatzpunktes, unbeschadet der grundlegenden Zweifel an dieser Rechtsfigur, die die Rechtsprechung konsequent unbeachtet ließ, einer besonderen Rechtfertigung, was ihren nicht nur rechtstatsächlichen Ausnahmecharakter begründet hat (hierzu: Discher, in: GK-AuslR, Vor §§ 53 ff. AufenthG, Juni 2009 Rn. 437 ff., m.w.N.: unterschiedliches Maß der Verhaltenssteuerung bei unterschiedlichen Straftaten und § 53 AufenthG Rn. 21 f., m.w.N.: „§ 53 dient…in erster Linie spezialpräventiven Zwecken…“; Beichel-Benedetti, in: Huber, AufenthG, 2. Aufl. 2016 Rn. 7, m.w.N.; Graßhof, in: BeckOK AuslR, § 53 AufenthG, 01.02.2017 Rn. 29: „Ein nur generalpräventiv begründetes öffentliches Interesse an einer Ausweisung besitzt im Allgemeinen ein geringeres Gewicht als die spezialpräventive Reaktion auf eine konkrete Wiederholungsgefahr.“; zu den grundlegenden Einwänden gegen die Rechtsfigur: Beichel-Benedetti, in: Huber, AufenthG, 2. Aufl. 2016 Rn. 8; Kießling, ZAR 2016, 45 <47>; dies., Die Abwehr terroristischer und extremistischer Gefahren durch Ausweisung, 2012, S. 93 ff.; Mayer, VerwArch 2010, 482 <506 ff.>; Schmitt-Glaeser, ZAR 2003, 176 <177 f.>: fehlender Verantwortungszusammenhang; Huber, NJW 1976, 1008 <1010>; Schnapp, DVBl. 1974, 88 <89>; Dolde, NJW 1974, 780; Pagenkopf, DVBl. 1975, 764 <767>; Franz, DVBl. 1973, 662 <672>).
73 
Die Gesetzesbegründung übergeht diesen Befund gänzlich, wenn sie generalpräventive Erwägungen regelhaft für zulässig erklärt und solche ohne Weiteres neben spezialpräventive stellt. Es bleibt im Dunkeln, in welchen Fällen nach neuem Recht generalpräventive Ausweisungen - einen dahingehend ausgebildeten und daher nur zu erforschenden Willen des Gesetzgebers einmal unterstellt - legitim sein und in welchem Verhältnis die Ausweisungszwecke der General- und der Spezialprävention in dem völlig neuartigen Abwägungsmodell des Ausweisungsrechts zueinander stehen sollen. Der schlichte Verweis auf die Notwendigkeit einer umfassenden Abwägung führt nicht weiter und ist auch nicht geeignet, generalpräventive Ausweisungen vorhersehbar einzugrenzen, da sich die entscheidende Frage, welches Gewicht generalpräventiven Erwägungen im Rahmen einer Abwägung mit Bleibeinteressen zukommen könnte, auch aus der Zusammenschau der Gesetzesbegründung mit dem Normtexten des Rechtsgebiets und unter Beachtung der spezifischen Bindungen generalpräventiver Ausweisungsentscheidungen nicht hinreichend vorhersehbar erschließen lässt. Dies lässt nur den Schluss zu, dass die unterschiedlichen Problemlagen beider und die sich daraus ergebenden spezifischen Fragen zu den Grenzen generalpräventiver Ausweisungen sowie erst recht die Auswirkungen dieser Fragen für Titelerteilungsfälle vom Gesetzgeber - gerade im Kontext des völlig neu strukturierten Ausweisungsrechtes - schon nicht gesehen wurden.
74 
Spezialpräventiv begründete Ausweisungsentscheidungen bewegen sich - auch im Kontext des neuen Ausweisungsrechts - im Rahmen der ordnungsrechtlich vorgegebenen Begrenzungen, da diese an eine aktuelle und vom jeweils von der Maßnahme betroffenen Ausländer ausgehenden Gefährdung für die Schutzgüter des § 53 Abs. 1 AufenthG anknüpfen, wobei diese Schutzgüter regelmäßig durch die gesetzlich vertypten und zugleich - in einem ersten Zugriff - hinsichtlich ihrer Bedeutung bewerteten Ausweisungsinteressen vorgeprägt werden (Bauer/Beichel-Benedetti, NVwZ 2016, 416; a.A.: Funke, ZAR 2016, 209 ff., der angesichts der Verortung des gesamten Prüfprogramms - in Form einer Verhältnismäßigkeitsprüfung - im Tatbestand den eingrenzenden Charakter des Systems im ordnungsrechtlichen Kontext grundsätzlich bezweifelt). Diese bilden damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts den Ansatzpunkt für den gleitenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab, mit dem das Maß der notwendigen Gefährdung bestimmt wird (BVerwG, Urteile vom 15.01.2013 - 1 C 10.12 -, juris und vom 02.09.2009 - 1 C 2.09 - InfAuslR 2010, 3; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.09.2016 - 11 S 1413/16 -, juris).
75 
Im Falle generalpräventiv begründeter Ausweisungen greift dieser Gefährdungsmaßstab nicht, da es nicht um eine Gefahrenprognose in Bezug auf den auszuweisenden Ausländer geht. Den gesetzlichen Wertungen in § 54 AufenthG kommt daher insoweit keine maßstabsbildende Kraft zu. Diese Wertungen können allenfalls einen ersten Anhalt für das Gewicht des Anlasses geben, der die Ausweisung legitimieren soll, ohne dass sich daraus die Antwort auf die Frage, in welchen Fällen dies der Fall ist und in welchen nicht, aus dem Gesetz vorhersehbar - oder gar trennscharf - ergeben würde. Für den hier im Streit stehenden Fall einer Titelerteilung gilt dies umso mehr, da § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nach seinem Wortlaut alleine auf das Fehlen eines Ausweisungsinteresses abstellt, ohne in irgend einer Weise nach dem Gewicht solcher Interessen zu differenzieren, was allenfalls in Fällen erstmaliger Titelerteilung bei nicht bestehenden familiären Bindungen im Bundesgebiet unproblematisch erscheint, weil hier das staatliche Ermessen den Zuzug zuzulassen keinen wesentlichen Beschränkungen unterliegt (vgl. Funke-Kaiser, GK-AuslR, § 1 AufenthG, August 2013 Rn. 1). Generalpräventive Gründe sind daher schon aus strukturellen Gründen von vornherein ungeeignet, sich in das normative Konzept des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG einzufügen.
76 
Hinzu kommt, dass das Wesen der Generalprävention („Abschreckung durch Härte“) regelmäßig für eine zugunsten der Generalprävention sprechende Auslegung der Regelungen streitet. Dem Erfordernis einer kontinuierlichen Ausweisungspraxis, die das Bundesverwaltungsgericht - insoweit folgerichtig - verlangt (Urteil vom 24.09.1996 - 1 C 9.94 -, NVwZ 1997, 1123 <1125>), kommt daher tatsächlich kein begrenzender Charakter zu, nachdem die bisherige Rechtsprechung Nachweise für eine solche Praxis gleichwohl nicht verlangt und das vollmundig formulierte Postulat zu keinem Zeitpunkt eingelöst hat. Das ist umso bedenklicher, nachdem dieser Rechtsfigur auf unionsrechtlicher Ebene, also für Unionsbürger, Assoziationsfreizügige, Daueraufenthaltsberechtigte und Schutzsuchende und damit für einen ganz erheblichen Anteil der Ausländer jede Anerkennung versagt geblieben ist (so treffend: Mayer, VerwArch 2010 482 <507>, m.w.N.) und daher eine abschreckende Wirkung, die es noch rechtfertigt, auszuweisen, umso mehr in Zweifel zu ziehen ist (kritisch zur Einschätzungsprärogative etwa: Schmitt-Glaeser, ZAR 2003, 176 <178>; Gutmann, InfAuslR 1996, 27; Ventzke, InfAuslR 1994, 219 <220>; Wegner, DÖV 1993, 1031 <1033 f.>; Frankenberg, JZ 1986, 414 <419 f.>; zur obergerichtlichen Rechtsprechung hierzu ausführlich: Discher, in: GK-AuslR, Vor §§ 53 ff. AufenthG, Juni 2009 Rn. 431 ff.; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, Vorb §§ 53-56 AufenthG Rn. 3 f., m.w.N.).
77 
Zudem steht das Erfordernis einer kontinuierlichen Ausweisungspraxis in einem unübersehbaren Spannungsverhältnis zum bereits dargestellten Ausnahmecharakter der Rechtsfigur, die mangels Aussagekraft eines Gefahrenaspekts nur über eine Definition von Sachverhalten oder Personengruppen, die von vornherein von der Generalprävention nicht erfasst werden dürfen, sichergestellt werden könnte. Daran fehlt es aber. Denn das Bundesverwaltungsgericht ist für die bisherige Rechtslage davon ausgegangen, dass mit der (richterrechtlichen) Bildung von spezifischen Begrenzungen, soweit sie in der Rechtsprechung statuiert wurden, übergangen werde, dass die Generalprävention in den zwingenden Ausweisungsgründen angelegt sei und zudem dem gesetzgeberischen Willen entsprochen habe (vgl. einerseits BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 -, BVerwGE 142, 29-48 Rn. 20 und andererseits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.03.2011 - 11 S 2/11 -, juris Rn. 24 ff.; OVG Bremen, Urteile vom 10.05.2011 - 1 A 306/10 -, juris Rn. 87 ff., m.w.N. und vom 06.11.2007 - 1 A 82/07 -, juris Rn. 56, jew. unter Berufung auf die Unzulässigkeit generalpräventiver Ausweisungen in Fällen von hier verwurzelten oder in familiärer Lebensgemeinschaft mit Deutschen lebenden Ausländern).
78 
Diesem Argument kommt freilich nach neuer Rechtslage und im Rahmen der Frage der Zulässigkeit einer richterlichen Rechtsfortbildung keine wesentliche Bedeutung zu, so dass auch nicht mehr entscheidend ist, dass diese Argumentation aufgrund der ihr zugrunde gelegten Prämisse, die Generalprävention sei im bisherigen Recht stets angelegt gewesen, ihrerseits angreifbar war, nachdem sie sich letztlich auch nur auf richterliche (Rechts-)Schöpfung stützte, deren gesetzliche Verankerung sich nur vor dem Hintergrund eines Normverständnisses erklären ließ, das zwingende Ausweisungen lange Zeit für rechtsstaatlich unbedenklich hielt, was sich letztlich aber als unzutreffend erwiesen hat (BVerfG, Beschlüsse vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 -, NVwZ 2007, 946 und vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 -, NVwZ 2007, 1300; dem folgend BVerwG, Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, BVerwGE 367; Mayer, VerwArch 2010 482 <483 ff.>, m.w.N.).
79 
Weiterhin ließ sich in der Breite der instanzgerichtlichen Rechtsprechung tendenziell eine relativ inhomogene Spruchpraxis feststellen, die der Unschärfe des vom Bundesverwaltungsgericht an generalpräventiv fundierte Ausweisungen angelegten Maßstabs der Verhältnismäßigkeit geschuldet sein dürfte. Denn trotz einer gewissen Ausdifferenzierung dieser Rechtsprechung nach Ausweisungsanlässen, deren Gewicht und den Folgen für die Betroffenen blieb es aus der Natur der Sache heraus nicht selten im Kern bei Abwägungen von Großbegriffen („Abschreckung versus Familie“), deren Vergleichbarkeit durchaus nicht auf der Hand liegt und deren Ergebnisse aufgrund der Abschreckungslogik („viel Härte hilft viel“) und der Setzung einer stets vorhandenen Gefahr in Richtung Ausweisung tendierten. In Titelerteilungsfällen spielten zudem Bleibeinteressen aus den dargestellten Gründen schon keine entscheidungserhebliche Rolle.
80 
Wesentlich verschärft wird das Problem fehlender Maßstabsbildung nunmehr durch die neue Struktur von Ausweisungen als vollständig gebundene Entscheidungen.
81 
Denn aus dem nunmehr vollständig gebundenen Entscheidungsprogramm, bei dem tatbestandlich sämtliche für und gegen eine Ausweisung sprechenden Umstände in die Prüfung der Verhältnismäßigkeit einzustellen sind, folgt sachlogisch die Verpflichtung, sämtliche Wirkungen von Ausweisungen zu berücksichtigen. Eine Wahlfreiheit, Ausweisungen nur auf bestimmte Gesichtspunkte zu stützen, kommt daher nunmehr weder der Ausländerbehörde noch dem Verwaltungsgericht bei der Kontrolle der Entscheidung zu (so zutreffend Graßhof, in: BeckOK AuslR, § 53 AufenthG, 01.02.2017 Rn. 30, der allerdings davon ausgeht, dass Ausweisungen auch nach neuem Recht generalpräventiv erfolgen können).
82 
Solche sich aus dem Systemwechsel ergebenden Rechtswirkungen werden in der Gesetzesbegründung nicht reflektiert und sie führen sowohl in Ausweisungsfällen als auch in den hier in Rede stehenden Fallkonstellationen eines Ausweisungsinteresses als einem einer Titelerteilung entgegenstehendem Tatbestandsmerkmal zu einer Verschärfung der Rechtslage, die jedoch nach der Gesetzesbegründung der Bundesregierung nicht das Ziel der Neuregelung ist. Sie verfehlte insoweit zudem die weiteren Ziele, Rechtsunsicherheiten zu beseitigen und die Arbeit der Ausländerbehörden zu erleichtern (BT-Drucks. 18/4097, S. 49).
83 
Die bislang entwickelten Anforderungen an generalpräventiv begründete Ausweisungen sind daher nicht geeignet, das Fehlen gesetzgeberischer Maßstäbe vor dem Hintergrund des nunmehr gebundenen Charakters der Ausweisungsentscheidungen und der sich daraus ergebenden Verschärfung der Gesetzeslage auszugleichen.
84 
All dies macht der vorliegende Fall deutlich: Der - insoweit zutreffenden - Feststellung des Verwaltungsgerichts, die familiäre Situation des Klägers lasse die Gefahr, dass andere Ausländer vergleichbare Taten begehen, nicht entfallen, kann der Kläger seriöser Weise nichts entgegensetzen, da sich unter Zugrundelegung einer von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerade eingeräumten Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers in Bezug auf die Wirksamkeit generalpräventiver Ausweisungen eine abschreckende Wirkung von Ausweisungen nicht falsifizieren lässt. Mit anderen Worten: Da stets Bezugsgruppen von Ausländern gebildet werden können, die vergleichbare Taten begehen, ist ein generalpräventives Ausweisungsinteresse stets begründbar und die gesetzgeberische Wertung, Ausweisungen wirkten abschreckend, lässt sich nicht widerlegen.
85 
Die weitere Argumentation des Verwaltungsgerichts, es gebe ein erhebliches Interesse, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und aus einwanderungspolitischen Gründen Falschangaben zur Identität von vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern durch Ausweisung des Klägers zu verhindern, geht zwar insoweit fehl, als eine Ausweisung des Klägers hier nicht im Streit steht und eine solche wegen seiner entstandenen familiären Bindungen zu seinen beiden minderjährigen deutschen Kindern fern läge. Sie ist aber - was die Bewertung eines solchen Interesses für die Frage einer Titelerteilung angeht - unter Zugrundelegung des Normtextes der Ausweisungsvorschriften und bei Erstreckung der Regelungen auf generalpräventiv begründete Ausweisungen durchaus konsequent. Aus den gesetzlichen Vorgaben lässt sich - gerade für den Fall der Titelerteilung - kein durchschlagendes oder gar zwingendes Argument benennen, das das öffentliche Interesse und dessen Gewichtung begrenzen könnte. Dies gilt gerade auch für Ausweisungsinteressen nach § 54 Abs. 2 Nrn. 8 und 9 AufenthG, wenn diesen aus Sicht der Verwaltungspraxis hohe praktische Bedeutung zugesprochen wird, woraus sich aus Gründen der Abschreckung ein entsprechend hohes Gewicht ableiten lässt (so etwa: Zeitler, in: HTK-AuslR, § 5 AufenthG, zu Abs. 1 Nr. 2, Stand: 03.03.2017 Rn. 35, zu Ausweisungsinteressen nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG – wiederholter oder nicht geringfügiger Verstoß gegen Rechtsvorschriften: „Gleichwohl ist genau dies eine Verhaltensweise, die das Visumverfahren unterläuft. Auch ohne Wiederholungsgefahr besteht hier nach wie vor ein der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entgegenstehendes Ausweisungsinteresse aus generalpräventiven Gründen.“). Das ist freilich unproblematisch, soweit der Gesetzgeber die besondere Bedeutung einer Titelerteilungsvoraussetzung normtextlich und unter Bezug auf einen klaren Regelungszweck deutlich herausgestellt und eindeutig tatbestandlich eingegrenzt hat, wie etwa im Fall des Visumserfordernisses nach § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG und somit in einem völlig anderen und anders strukturierten Kontext (BVerwG, Urteil vom 10.12.2014 - 1 C 15.14 -, juris Rn. 20).
86 
Als Grenze bliebe - wie vom Verwaltungsgericht ausgeführt - nur noch die Heranziehung der Wertung des § 46 BZRG im Wege einer weiteren Analogiebildung im grundrechtssensiblen Bereich über die Grenzen des eigentlichen Rechtsgebiets hinaus, die in einem Fall wie dem vorliegenden gleich zweifach erfolgen müsste, da eine eintragungsfähige Verurteilung im Sinne des BZRG schon nicht vorliegt. Damit würde der Generalprävention ein weitaus größerer Anwendungsbereich zugebilligt als der Spezialprävention, was zu einem deutlichen Wertungswiderspruch führen würde.
87 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
88 
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsache (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

Gründe

 
20 
Die zulässige Berufung ist begründet. Die Versagung eines Aufenthaltstitels nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Zu Recht gehen Beklagter und Verwaltungsgericht zunächst davon aus, dass dem Kläger ein Aufenthaltstitel nur aufgrund eines strikten Rechtsanspruchs zu erteilen ist, nachdem sein Asylantrag - wie das Verwaltungsgericht richtigerweise annimmt - als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden war. Denn dies hat nach § 10 Abs. 3 AufenthG zur Folge, dass ein Aufenthaltstitel nur dann ohne vorherige Ausreise erteilt wird, wenn ein gesetzlicher Anspruch hierauf besteht (BVerwG, Urteil vom 17.12.2015 - 1 C 31.14 -, BVerwGE 153, 353).
22 
Ein gesetzlicher Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels steht dem Kläger hier nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG auch zu, da dessen besondere Erteilungsvoraussetzungen nach der hier maßgeblichen Sach- und Rechtslage der mündlichen Verhandlung des Senats (BVerwG, Urteil vom 10.12.2014 - 1 C 15.44 -, juris) ebenso erfüllt sind wie die allgemeine gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG n.F.
23 
Zutreffend legt das Verwaltungsgericht sodann zugrunde, dass die Vorschrift einer Titelerteilung nur entgegensteht, wenn neben einem Ausweisungsinteresse eine Gefahr fortbesteht. Schon bislang wurde die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG a.F. - das Fehlen eines „Ausweisungsgrundes“ - nicht isoliert, sondern in Bezug zu den Ausweisungsvorschriften, in denen der Ausweisungsgrund in den Ausweisungstatbeständen näher ausgeformt war, und damit unter Beachtung des gefahrenabwehrrechtlichen Zwecks der Ausweisungsvorschriften interpretiert. Eine materielle Änderung sollte durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl. I S. 1386), mit dem in § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG einzig die Wörter „Ausweisungsgrund vorliegt“ durch die Wörter „Ausweisungsinteresse besteht“ ersetzt wurden (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.08.2015 - 11 S 1500/15 -, juris), insoweit nicht erfolgen. Die Gesetzesbegründung spricht hierzu lapidar von einer „Folgeänderung zur Neuordnung des Ausweisungsrechts in den §§ 53 ff.“ (BT-Drucks. 18/4097, S. 35).
24 
Davon ausgehend setzt die Bejahung eines Ausweisungsinteresses zwar nicht voraus, dass im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmäßig verfügt werden könnte, es kommt also nach der insoweit fortgeschriebenen Systematik nicht darauf an, ob Bleibeinteressen vorliegen und welches konkrete Gewicht solchen im Rahmen einer Ausweisungsentscheidung zukäme (vgl. BVerwG, Urteile vom 28.01.1997 - 1 C 23.94 -, juris, vom 27.08.1996 - 1 C 8.94 -, juris und vom 31.05.1994 - 1 C 5.93 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.08.2015 - 11 S 1500/15 -, juris; Urteil vom 15.09.2007 - 11 S 837/06 -, juris; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Oktober 2015, § 5 AufenthG Rn. 56 ff., m.w.N.).
25 
Gleichwohl muss das gefahrenabwehrrechtlich und damit zukunftsbezogen zu interpretierende Ausweisungsinteresse noch „aktuell“ vorliegen in dem Sinne, dass eine gegenwärtige bzw. in absehbarer Zukunft fortwirkende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder sonstiger erheblicher Interessen der Bundesrepublik Deutschland ernsthaft droht (VGH Bayern, Beschlüsse vom 16.07.2008 - 19 CS 08.1436 -, juris, m.w.N. und vom 02.11.2010 - 19 B 10.1941, juris, m.w.N.; OVG Hamburg, Urteil vom 10.04.2014 - 4 Bf 19/13 -, juris; Zeitler, in: HTK-AuslR, § 5 AufenthG, zu Abs. 1 Nr. 2, Stand: 03.03.2017 Rn. 26; Funke-Kaiser, a.a.O. Rn. 63 ff.). Die Anforderungen an die erforderliche Gefahr ist dabei - unbeschadet der teilweise divergierenden Anforderungen, wie sie in Rechtsprechung und Literatur zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG a.F. entwickelt wurden - grundsätzlich anhand des Gewichts des jeweils betroffenen Ausweisungsinteresses zu bestimmen (VGH Bayern, Beschluss vom 29.08.2016 - 10 AS 16.1602 -, juris; Zeitler, a.a.O. Rn. 30; Hailbronner, AuslR, 72. Aktualisierung Juni 2011, § 5 AufenthG Rn. 17, m.w.N.).
26 
Die Gefahrenprognose ist schon mit der Feststellung des Tatbestands zu treffen und nicht erst bei der Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt (VGH Bayern, Beschlüsse vom 29.08.2016 - 10 AS 16.1602 -, juris und vom 01.09.2016 - 10 AS 16.1602 -, BeckRS 2016, 51505; Zeitler, a.a.O. Rn. 31 ff., m.w.N.; Funke-Kaiser, a.a.O. Rn. 74; Maor, in: Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: 01.02.2017, § 5 AufenthG Rn. 11; Nr. 5.1.2.2 AufenthG-VwV; a.A.: OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 16.08.2016 - 18 B 754/16 -, juris; Hailbronner, a.a.O. Rn. 31a; Samel, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 5 AufenthG Rn. 50). Etwas anderes lässt sich nicht unter Berufung auf die Ausgestaltung der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG als Regelerteilungsvoraussetzungen herleiten, weil Regelfälle solche sind, die sich nicht durch besondere Umstände von der Menge gleichliegender Fälle unterscheiden (BVerwG, Urteil vom 29.07.1993 - 1 C 25.93 -, BVerwGE 94, 35; Zeitler, a.a.O. zu Abs. 1 - Regel und Ausnahme, Stand: 06.02.2017 Rn. 4). Die Frage nach einer Gefahr ist eine solche, die sich im spezialpräventiven Fällen regelmäßig stellt und in generalpräventiven von vornherein als gegeben angesehen wird. Eine Atypik lässt sich hier gerade nicht begründen.
27 
Auch systematische Gründe sprechen für eine zukunftsbezogen zu interpretierende Auslegung des Begriffs des Ausweisungsinteresses. Dies ergibt sich zum einen aus der Binnensystematik des § 5 Abs. 1 AufenthG selbst und zum anderen aus dem Regelungszusammenhang mit den §§ 53, 54 AufenthG.
28 
Für § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG hatte das Bundesverwaltungsgericht bereits ausdrücklich bestätigt, dass die Vorschrift nicht darauf angelegt ist, etwa eine Inanspruchnahme von Sozialleistungen in der Vergangenheit zu sanktionieren, sondern der fortdauernden künftigen Inanspruchnahme solcher Leistungen entgegenzuwirken (Urteil vom 16.08.2011 - 1 C 4.10 -, juris). Auch § 5 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG setzt das Nichtvorliegen einer Beeinträchtigung oder Gefährdung durch den Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet aus einem sonstigen Grund voraus, soweit kein Anspruch auf Titelerteilung besteht und verfolgt damit ersichtlich einen ordnungsrechtlichen Zweck, der zukunftsbezogen zu beurteilen ist. Zudem ergänzt er § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (Funke-Kaiser, a.a.O. Rn. 75 ff.). Es ist angesichts dessen nicht ersichtlich, weshalb § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG im Sinne einer alleine vergangenheitsbezogenen Prüfung zu verstehen sein könnte. Dass § 5 Abs. 1 Nrn. 1a und 4 AufenthG auf den aktuellen Sachstand zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt abstellen, führt zu keinem anderen Ergebnis, da hier die zeitliche Fixierung der Natur der Regelungsmaterien geschuldet ist: Identität, Staatsangehörigkeit und der Besitz eines Passes lassen sich nur am jeweiligen Entscheidungszeitpunkt feststellen und nicht etwa prognostizieren.
29 
Die Neufassungen von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG und §§ 53, 54 AufenthG streiten ebenfalls für eine gleichlaufend zukunftsbezogen zu interpretierende Auslegung des Begriffs des Ausweisungsinteresses, nachdem nunmehr in beiden Vorschriften ausdrücklich auf ein solches abgestellt wird.
30 
Alleine wenn man davon ausgehen wollte, § 54 AufenthG sei gänzlich isoliert von § 53 Abs. 1 AufenthG zu verstehen, könnte man zu einem Normverständnis des § 54 AufenthG - und in der Folge zu einem gleichlaufenden des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG gelangen -, das sich in der tatbestandlichen Erfüllung von Ausweisungsinteressen erschöpft. Dies würde jedoch den ordnungsrechtlichen Regelungszusammenhang der Vorschriften auflösen und der Anknüpfungspunkt für die Gefahrenprognose, den gerade das Gewicht des jeweiligen Ausweisungsinteresses bildet, würde verloren gehen (darauf weist zu Recht Funke, ZAR 2016, 209 <211>, hin). Daher ist weiterhin daran festzuhalten, dass ein Ausweisungsinteresse mehr ist als ein in der Vergangenheit liegender und damit zunächst einmal abgeschlossener Sachverhalt. Das „Interesse“ im Sinne zu ziehender ausländerrechtlicher Konsequenzen aus solchen Sachverhalten ergibt sich nicht alleine daraus, dass sie geschehen sind, sondern aus den sich daraus ableitbaren zukünftigen Folgen im Sinne einer fortbestehenden Gefahr (Funke-Kaiser, a.a.O., § 5 AufenthG Rn. 58).
31 
Soweit daher bislang im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG im Wesentlichen darauf abgestellt wurde, ob ein Ausweisungsinteresse noch „aktuell“ sein müsse, lässt sich dies unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Regelung - auch wenn häufig so nicht explizit formuliert - letztlich nur als eine gleichwohl gefahrenabwehrrechtlich zu verstehende Definition auffassen, deren sprachliche Unschärfe dem Umstand geschuldet sein dürfte, dass nach bisheriger Rechtslage dem Ausweisungsrecht ein textlich hinreichend klarer Bezug zur Gefahr fehlte und der Begriff der „Beeinträchtigung“ in § 55 Abs. 1 Satz 1 AufenthG a.F. für ein weiteres Verständnis des öffentlichen Interesses herangezogen werden konnte, was nunmehr nicht mehr der Fall ist. Unbeschadet dessen ist nicht der dem Ausweisungsinteresse zugrunde liegende Sachverhalt „aktuell“ - im Sinne von „gegenwärtig existierend und vorhanden“ -, sondern dessen Fortwirkungen, die in Ansehung des Rechtsgebiets ordnungsrechtlicher Natur sein müssen, wie sowohl die aufgezeigte Binnensystematik des § 5 Abs. 1 AufenthG als auch die des § 53 Abs. 1 AufenthG verdeutlichen.
32 
Dies berücksichtigt, verneint das Verwaltungsgericht zu Recht eine vom Kläger ausgehende Gefahr, nachdem dessen Falschangaben von ihm im Januar 2013 offengelegt wurden und eine Wiederholungsgefahr aufgrund der nunmehr eingetretenen familiären Situation insoweit ausgeschlossen ist. Auch sonstige Gründe, die eine auf andere Ausweisungsinteressen bezogene Gefahren begründen könnten, sind vorliegend nicht ersichtlich, nachdem etwa die mit Strafbefehl geahndeten aufenthaltsrechtlichen Straftaten schon aufgrund eingetretener Tilgungsreife nach § 46 BZRG kein aktuelles Ausweisungsinteresse mehr begründen können und dürfen (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30.07.2014 - 11 S 2450/13 -, juris).
33 
Nach neuer Gesetzeslage kann ein generalpräventiv fundiertes Ausweisungsinteresse, auf das das Verwaltungsgericht und der Beklagte sich unter Berufung auf § 54 Abs. 2 Nr. 8a AufenthG stützen, jedoch nicht mehr angenommen werden, wobei hier aufgrund gesetzlicher Wertungsgleichheit offen bleiben kann, ob die Falschangaben des Klägers, weil sie erfolgten, um die Aussetzung der Abschiebung zu erreichen, unter Nr. 8a fallen oder ob Nr. 9 anzuwenden wäre.
34 
Denn ein solches lässt sich zunächst nicht im Rahmen des Wortlauts des § 53 Abs. 1 AufenthG damit begründen, vom Aufenthalt des Klägers gehe immer noch eine Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 1 AufenthG aus, da generalpräventive Gefahren vorlägen. Eine alleine dem Zweck der Abschreckung anderer Ausländer dienende Ausweisung begründet keine Gefährdung „durch den Aufenthalt“ des von der Ausweisung betroffenen Ausländers, mit ihr sollen vielmehr von Dritten ausgehende Gefahren (ordnungsrechtlich) bekämpft werden.
35 
§ 53 Abs. 1 AufenthG n.F. verlangt nach seinem Wortlaut eine Gefährdung der dort genannten Schutzgüter durch den Aufenthalt des Ausländers („Ein Ausländer, dessen Aufenthalt … gefährdet, wird ausgewiesen,…“). Die Vorschrift stellt damit das Erfordernis einer - aktuellen - Gefahr (und nicht nur eine Gefährdung im Sinne einer Ausdehnung in den Bereich der Gefahrenvorsorge: Funke, ZAR 2016, 209 <211>) und deren Verknüpfung mit dem Gefährdungsgrund - dem Aufenthalt des Ausländers, der auszuweisen ist - ausdrücklich in das Zentrum des Normprogramms (vgl. nunmehr auch: BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 - Rn. 26: „…bedarf es … stets der Feststellung, dass die vom Ausländer ausgehende Gefahr im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt fortbesteht.“).
36 
Insoweit unterscheidet sich das neue Ausweisungsrecht textlich vom bisherigen, das den Begriff der Gefährdung so deutlich nicht kannte und in dem alleine § 55 Abs. 1 AufenthG a.F. - betreffend die Ermessensausweisung - regelte, dass ein Ausländer ausgewiesen werden kann, „wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt“. Den Vorschriften zur zwingenden Ausweisung und zur Ausweisung im Regelfall fehlte, schon in Vorfassungen des AuslG, ein textlicher Bezug zur Frage einer Gefahr oder Beeinträchtigung, woraus die Rechtsprechung die Zulässigkeit generalpräventiv begründeter Ausweisungen unter Berufung auf die damalige Gesetzesbegründung und den zwingenden Charakter der Normen abgeleitet hatte (vgl. nur: BVerwG, Urteile vom 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247-265 und vom 31.08.2004 - 1 C 25.03 -, BVerwGE 121, 356-365, juris Rn. 16).
37 
Unbeschadet der dem Senat bewussten Unschärfe des Wortlauts von Normtexten, die mehrdeutig, vage, wandelbar und wertausfüllungsbedürftig sein können (dazu Reimer, Juristische Methodenlehre, 2016, S. 142 Rn. 281; zu den Grenzen der Auslegung vgl. nur: Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 322; Schenke, DStR-Beih 2011, 54), lässt sich eine generalpräventiv begründete Ausweisung daher nach neuem Recht nicht mehr im Rahmen des Wortlauts der Norm durch Auslegung begründen (so auch: Bergmann/Hörich, ZAR 2016, 296 <297>; Cziersky-Reis, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 53 AufenthG Rn. 24 f.; Kießling, ZAR 2016, 45 <51>).
38 
Diese Wortlautgrenze lässt sich auch nicht etwa unter Bezugnahme auf die Existenz des § 53 Abs. 3 AufenthG im Wege wortlautimmanenter Auslegung ausdehnen. Diese Vorschrift stellt eine dem Unionsrecht - und damit einem anderen als dem nationalen Rechtskreis - geschuldete Sonderregelung dar und eignet sich daher schon nicht, den Inhalt und die Grenzen nationalen Rechts aus systematischer Sicht zu bestimmen. Zudem ließe sich mit einem systematischen Rückschluss der Wortlaut des § 53 Abs. 1 Satz 1 AufenthG n.F., der an die Gefährdung durch den Aufenthalt des Ausländers, der auszuweisen ist, anknüpft, nicht ausdehnen. Eine Mehrdeutigkeit, die einer Auslegung aus dem Normenkontext zugänglich wäre, liegt insoweit nicht vor.
39 
Soweit gleichwohl nach der Neufassung des Ausweisungsrechts davon ausgegangen wird, Ausweisungsentscheidungen könnten grundsätzlich auch auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden, berufen sich die dahingehenden Auffassungen nicht auf den Wortlaut der Norm, sondern alleine auf den erklärten Willen des Gesetzgebers, da dieser an der bislang geltenden Rechtslage insoweit nichts habe ändern wollen (etwa: Neidhardt, in: HTK-AuslR, § 53 AufenthG, Abs. 1 Generalprävention, Stand: 18.01.2016 Rn. 6; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 53 AufenthG Rn. 34).
40 
Die Gesetzesbegründung der Bundesregierung (BT-Drucks. 18/4097, S. 49), auf die sich diese Auffassungen stützen, führt hierzu aus:
41 
„Die Ausweisungsentscheidung kann grundsätzlich auch auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden, wenn nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls das Interesse an der Ausreise das Interesse des Ausländers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiegt. Dies gilt allerdings nicht für die in § 53 Absatz 3 genannten Personengruppen. Hier ist die Ausweisung nur zulässig, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.“
42 
Diese Begründung ist nach Auffassung des Senats allerdings nicht geeignet, eine Erstreckung des neuen Ausweisungsrechts auf generalpräventive Ausweisungen entgegen dem Wortlaut der Vorschrift zu legitimieren (so im Ergebnis auch: Cziersky-Reis, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 53 AufenthG Rn. 25; Beichel-Benedetti, in: Huber, AufenthG, 2. Aufl. 2016, § 53 AufenthG Rn. 8; Funke, a.a.O., 215 Fn. 61). Denn dies müsste über eine Analogiebildung bzw. über eine „Korrektur des Normtextes“ im Wege teleologischer Extension unter Berufung auf eine unvollkommene Umsetzung einer Wertentscheidung durch den Normsetzer erfolgen (vgl. hierzu: Reimer, Juristische Methodenlehre, S. 249, 274 ff.), wofür die Voraussetzungen jedoch nicht gegeben sind.
43 
Schon aus dem Bestimmtheitsgebot nach Art. 20 Abs. 3 GG folgt, dass eine Rechtsgrundlage für die grundrechtsintensive Maßnahme der generalpräventiv fundierten Ausweisung im Wege einer Analogie bzw. einer teleologischen Extension nicht geschaffen werden kann.
44 
Das Bestimmtheitsgebot soll sicherstellen, dass der demokratisch legitimierte Parlamentsgesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen über Grundrechtseingriffe und deren Reichweite selbst trifft, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte die Rechtskontrolle durchführen können. Ferner sichern Klarheit und Bestimmtheit der Norm, dass der Betroffene die Rechtslage erkennen und sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann. Je schwerwiegender die Auswirkungen sind, desto höhere Anforderungen werden an die Bestimmtheit der Ermächtigung zu stellen sein. Insoweit berührt sich das Bestimmtheitsgebot mit dem Verfassungsgrundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, der fordert, dass der Gesetzgeber die entscheidenden Grundlagen des zu regelnden Rechtsbereichs, die den Freiheits- und Gleichheitsbereich des Bürgers wesentlich betreffen, selbst festlegt und dies nicht dem Handeln der Verwaltung überlässt (so: Burghart, in: Leibholz/Rinck, Grundgesetz, 72. Lieferung 08.2016, Art. 20 GG Rn. 731, unter Verweis auf BVerfG, Urteil vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07 -, BVerfGE 120, 274 <316> und Beschluss vom 08.01.1981 - 2 BvL 3/77 -, BVerfGE 56, 1-22).
45 
Eingriffsregelungen müssen daher nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt sein (BVerfG, Beschluss vom 12.11.1958 - 2 BvL 4/56 -, juris; Burghart, a.a.O. Rn. 946), um sicherzustellen, dass der betroffene Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann, dass die gesetzesausführende Verwaltung für ihr Verhalten steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfindet und dass die Gerichte die Rechtskontrolle durchführen können (BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, juris Rn. 118, m.w.N.). Die Norm muss handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist (BVerfG, a.a.O. Rn. 124 unter Verweis auf den Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvF 3/92 -, BVerfGE 110, 33 <56>), wobei gegen die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe keine Bedenken bestehen, wenn sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für eine Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen lässt (BVerfG, Beschluss vom 11.07.2013 - 2 BvR 2302/11 -, Rn. 112, juris). In Fällen präventiver Freiheitsentziehungen folgert das Bundesverfassungsgericht aufgrund der Stärke des Eingriffs in die Freiheit der Person, die einer Freiheitsstrafe gleichkomme, aus Art. 104 Abs. 1 GG ein im Ergebnis ähnliches Bestimmtheitsgebot, wie es sich aus Art. 103 Abs. 2 GG ergibt (Beschluss vom 11.07.2013 - 2 BvR 2302/11 -, juris Rn. 111, m.w.N.).
46 
Daraus kann sich, jedenfalls im Bereich öffentlich-rechtlicher Eingriffsbefugnisse in die Freiheit der Person bzw. in Fällen grundrechtsintensiver Eingriffsbefugnisse ein Analogieverbot auch jenseits des Anwendungsbereiches des Art. 103 Abs. 2 GG ergeben (ausführlich: Beaucamp, AöR 2009, S. 83<87 ff.>, m.w.N.; Reimer, a.a.O., S. 253; für ein grundlegenderes Analogieverbot: BVerfG, Beschluss vom 14.08.1996 - 2 BvR 2088/93 -, NJW 1996, 3146: Analogieverbot im verwaltungsrechtlichen Eingriffsrecht; in diesem Sinne auch: Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, 1981, S. 399 f., der zur Begründung auf den Planungscharakter von öffentlich-rechtlichen Kompetenznormen abstellt sowie die bei Beaucamp, a.a.O., S. 90 Fn. 45 aufgeführten Stimmen, die jedwede Analogie zu Lasten des Bürgers ablehnen).
47 
Daraus zieht der Senat den Schluss, dass eine Ausweisungsbefugnis für generalpräventiv fundierte Ausweisungen nicht im Wege einer Rechtsfortbildung gegen den Wortlaut des Gesetzes geschaffen werden kann. Dem steht die Stärke des Eingriffs in - regelhaft - grundrechtsintensiven Konstellationen (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 6 GG, Art. 8 EMRK), die über die Zwecksetzung der Rechtsfigur noch verstärkt wird (Übelszufügung zur Abschreckung Dritter trotz fehlenden Verantwortungszusammenhangs, so: Schmitt-Glaeser, ZAR 2003, 176<177 f.>) sowie die dogmatische Nähe der Rechtsfigur zum Sanktionenrecht (Anknüpfung der Maßnahme an den Nichtstörer unter Anlastung vorangegangenen Fehlverhaltens) entgegen.
48 
Dies folgt auch aus dem strafähnlichen Charakter generalpräventiv fundierter Ausweisungen (so: Beichel-Benedetti, in: Huber, AufenthG, 2. Aufl. 2016, § 53 AufenthG Rn. 89), der auf eine Bindung derselben an den Schuldgrundsatz und an das Analogieverbot nach Art. 103 Abs. 2 GG führt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.01.2014 - 1 BvR 299/13 -, juris Rn. 13 zum Ordnungsgeld nach § 335 HGB). Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 14.01.2004 - 2 BvR 564/95 -, BVerfGE 110, 1-33, Rn. 59) definiert strafähnliche Maßnahmen in seiner Entscheidung zum erweiterten Verfall nach § 73d StGB wie folgt:
49 
„Dem Schuldgrundsatz unterliegen auch Sanktionen, die wie eine Strafe wirken (vgl. BVerfGE 22, 125 <131>; 27, 36 <40 ff.>; 35, 311 <320>; 74, 358 <375 f.>). Strafähnlich ist eine Maßnahme freilich nicht schon dann, wenn sie mit einer Einbuße an Freiheit oder Vermögen verbunden ist und damit faktisch die Wirkung eines Übels entfaltet. Bei der Beurteilung des pönalen Charakters einer Rechtsfolge sind vielmehr weitere, wertende, Kriterien heranzuziehen, insbesondere der Rechtsgrund der Anordnung und der vom Gesetzgeber mit ihr verfolgte Zweck (vgl. BVerfGE 9, 137 <144 ff.>; 21, 378 <383 ff.>; 21, 391 <403 ff.>; 22, 125 <131>; 23, 113 <126>; 27, 36 <40 ff.>; 80, 109 <120 ff.>; Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 - ; siehe auch Volk, ZStW 1971, S. 405 ff.). So hat das Bundesverfassungsgericht den in § 890 Abs. 1 ZPO geregelten Zwangsmaßnahmen, die neben der Disziplinierung des Schuldners auch Sühne für eine begangene Zuwiderhandlung bezwecken, strafähnliche Wirkung beigemessen (vgl. BVerfGE 20, 323 <330 ff.>; 58, 159 <162>; 84, 82 <87>); dagegen hat es die Anordnung von Untersuchungshaft im Ermittlungsverfahren und die Unterbringung drogenabhängiger Täter in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB wegen des sichernden Charakters dieser Maßnahmen nicht als strafähnlich angesehen (vgl. BVerfGE 19, 342 <347 f.> und BVerfGE 91, 1 <27 ff.>)“
50 
Es führt im weiteren zur näheren Bestimmung des pönalen Charakters einer Maßnahme aus (Rn. 68-76):
51 
„Die vermögensordnende Funktion macht den erweiterten Verfall nicht zu einem strafähnlichen Rechtsinstitut. Die Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung der Vermögensordnung setzt zwar vergangenheitsbezogene Feststellungen voraus und ist insoweit retrospektiv. Der korrigierende Eingriff aber, mit dem der Staat auf eine deliktisch entstandene Vermögenslage reagiert, ist nicht notwendig repressiv. Auch das öffentliche Gefahrenabwehrrecht erlaubt hoheitliche Maßnahmen, um Störungen zu beseitigen. Gefahrenabwehr endet nicht dort, wo gegen eine Vorschrift verstoßen und hierdurch eine Störung der öffentlichen Sicherheit bewirkt wurde. Sie umfasst auch die Aufgabe, eine Fortdauer der Störung zu verhindern (vgl. etwa Friauf, in: Badura u.a., Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl., S. 138; Würtenberger, in: Achterberg u.a., Besonderes Verwaltungsrecht, Band II, 2. Aufl., S. 445; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 13. Aufl., S. 63, jeweils m.w.N.).
52 
Maßnahmen der Störungsbeseitigung sind ein Fall der Gefahrenabwehr. Sie knüpfen zwar an in der Vergangenheit begründete Zustände an, sind in ihrer Zielrichtung aber zukunftsbezogen. Sie wollen nicht ein normwidriges Verhalten öffentlich missbilligen und sühnen, sondern verhindern, dass eine bereits eingetretene Störung der Rechtsordnung in Zukunft andauert. Dementsprechend sollte eine auf § 21 f Abs. 2 Satz 3 BNatSchG a.F. gestützte Einziehung von Elfenbein, das ohne die erforderliche Genehmigung in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt worden war, einen Verstoß gegen die für Elfenbein geltenden Handelsbeschränkungen beseitigen (vgl. den Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Januar 1989 - 2 BvR 554/88 -, NJW 1990, S. 1229). § 21f Abs. 2 Satz 3 BNatSchG a.F. zielte nicht auf Repression und Vergeltung für ein rechtswidriges Verhalten, sondern diente als Teil eines Systems von Handelsbeschränkungen, die die wirtschaftliche Nutzung gefährdeter Arten eindämmen sollen, der Gefahrenabwehr (a.a.O., S. 1229).
53 
Auch § 73d StGB verfolgt einen solchen präventiven Zweck. Der erweiterte Verfall ist zwar nicht systematisch als Sicherungsmaßregel ausgestaltet, die eine drohende Reinvestition von Deliktsgewinnen durch kriminelle Organisationen verhindern soll und sich auf eine entsprechende Gefahrenprognose stützt. Die Erwägung des Gesetzgebers, die strafrechtliche Gewinnabschöpfung könne auch sichernde Wirkungen erzielen (vgl. BTDrucks 11/6623, S. 7 und BTDrucks 12/989, S. 1), hat in der Regelung des § 73d StGB nicht unmittelbar Niederschlag gefunden (vgl. Weßlau, StV 1991, S. 226, 232 f.; Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, 2002, S. 158). Die vermögensordnende Zielsetzung der Vorschrift ist aber klar zukunftsbezogen und präventiv: Der betroffene Straftäter soll deliktisch erlangte Gegenstände nicht behalten; die mit der Bereicherung des Täters verbundene Störung der Rechtsordnung soll nicht auf Dauer bestehen bleiben; die Gewinnabschöpfung soll verhindern, dass die bereits eingetretene Störung der Vermögensordnung auch zukünftig fortdauert.
54 
Mit dieser präventiven Zielsetzung wirkt der erweiterte Verfall nicht wie eine Strafsanktion. Seine Anordnung erfolgt nicht, um dem Betroffenen die Begehung der Herkunftstat vorzuhalten und über sie ein sozialethisches Unwerturteil zu sprechen. Sie zielt vielmehr darauf, einen rechtswidrigen Zustand für die Zukunft zu beseitigen. Die Entziehung deliktisch erlangten Vermögens ist nicht Ausdruck vergeltender, sondern ordnender Gerechtigkeit (ähnlich BGH, NStZ 1995, S. 491; Güntert, Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, 1983, S. 11 ff., 17; Schmidt, in: LKStGB, 11. Aufl., § 73 Rn. 8; Jekewitz, GA 1998, S. 276, 277).“
55 
(2) Der mit der Regelung des § 73d StGB beabsichtigte vermögensordnende Zugriff soll nach dem Willen des Gesetzgebers zugleich Anreize für gewinnorientierte Delikte reduzieren. Auch dieses in der Begründung des Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes - Erweiterter Verfall - (... StrÄndG) vom 9. März 1990 (BTDrucks 11/6623, S. 4) als generalpräventiv bezeichnete Ziel der Gewinnabschöpfung verleiht dem erweiterten Verfall keinen strafähnlichen Charakter.
56 
Der Entziehung deliktisch erzielter Vermögensvorteile wird zwar zu Recht eine strafergänzende Funktion beigemessen. Denn die übelzufügende und damit abschreckende Wirkung einer Strafe kann sich mindern, wenn der materielle Tatvorteil in der Hand des Täters verbleibt (vgl. Eser, Die strafrechtlichen Sanktionen gegen das Eigentum, 1969, S. 86 und S. 284). Dies wird vor allem bei Geldstrafen deutlich, die der Täter aus dem Tatgewinn bestreiten könnte. Ein möglicher negativer Einfluss unterbliebener Gewinnabschöpfung auf die Nachdrücklichkeit einer Strafe bedeutet aber nicht, dass die Gewinnabschöpfung selbst strafende Wirkung erzielt oder intendiert (vgl. Güntert, Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, 1983, S. 15 ff.).
57 
Eine Abschreckungswirkung im Sinne der negativen Generalprävention ist mit dem erweiterten Verfall ausweislich der Gesetzesmaterialien nicht beabsichtigt. In der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) heißt es im Anschluss an die Darstellung der mit der Gewinnabschöpfung verfolgten Ziele, der Entwurf sehe neben der Gewinnabschöpfung auch Strafschärfungen zur Erhöhung der Abschreckungswirkung bei Straftaten der organisierten Kriminalität vor (vgl. BTDrucks 12/989, S. 1). Der Gesetzgeber hat damit die Ziele der Gewinnabschöpfung ausdrücklich vom Abschreckungszweck erhöhter Strafandrohungen unterschieden (siehe auch BTDrucks 12/989, S. 21 sub B.).
58 
Die mit den strafrechtlichen Verfallvorschriften beabsichtigte generalpräventive Wirkung soll nach dem Willen des Gesetzgebers auf andere Weise erzielt werden: Indem der Staat dem Täter deliktisch Erlangtes wegnimmt, führt er ihm, wie auch der Rechtsgemeinschaft, vor Augen, dass strafrechtswidrige Bereicherungen nicht geduldet werden und Straftaten sich nicht lohnen. Der vermögensordnende Eingriff soll die Unverbrüchlichkeit und die Gerechtigkeit der Rechtsordnung erweisen und so die Rechtstreue der Bevölkerung stärken.
59 
Diese auch als positiver Aspekt strafrechtlicher Generalprävention anerkannte Zielsetzung (vgl. BVerfGE 45, 187 <256>) ist - wie die Ausführungen zum Gefahrenabwehrrecht gezeigt haben - kein Spezifikum strafrechtlicher Vorschriften (vgl. BVerfGE 22, 125 <132>). Soweit es um die Abschöpfung deliktisch erlangten Vermögens geht, deckt sie sich mit einem alle Rechtsgebiete übergreifenden Grundsatz, wonach eine mit der Rechtsordnung nicht übereinstimmende Vermögenslage auszugleichen ist (vgl. Güntert, Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, 1983, S. 11 m.w.N.). Die normbestätigende Zielsetzung des § 73d StGB charakterisiert den erweiterten Verfall daher nicht zwingend als pönale Maßnahme (vgl. BGHSt 47, 369 <373 ff.>; Güntert, Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, 1983, S. 17; Schmidt, in: LKStGB, 11. Aufl., § 73 Rn. 8; Eberbach, NStZ 1987, S. 486, 489 f.; Groth, Verdeckte Ermittlung im Strafverfahren und Gewinnabschöpfung, 1995, S. 151; anders Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteldelikten - Zur Problematik der geplanten Vorschrift über den erweiterten Verfall, 1991, S. 153 f.; wohl auch Weßlau, StV 1991, S. 226, 231 f., und Hoyer, GA 1993, S. 406, 417 ff., 421).“
60 
Bei der Beurteilung des pönalen Charakters einer Rechtsfolge sind danach insbesondere der Rechtsgrund der Anordnung und die vom Gesetzgeber mit ihnen verfolgten Zwecke in wertender Betrachtung zu berücksichtigen, wobei einer Maßnahme auch Doppelcharakter zukommen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.01.2014 - 1 BvR 299/13 -, juris Rn. 13 zum Ordnungsgeld nach § 335 HGB). In Abgrenzung zu gefahrenabwehrrechtlichen Zwecksetzungen, bei denen nicht in erster Linie ein normwidriges Verhalten öffentlich missbilligt und gesühnt werden soll, stellt das Bundesverfassungsgericht entscheidend darauf ab, ob ein etwaiger abschreckender Zweck, der den pönalen Charakter begründet, oder ein positiv-generalpräventiver Zweck verfolgt wird, der kein Spezifikum strafrechtlicher Vorschriften ist.
61 
Davon ausgehend ergibt sich der strafähnliche Charakter einer generalpräventiv fundierten Ausweisung aus ihrer abschreckenden Zwecksetzung und der Rechtfertigung der Inanspruchnahme gerade des auszuweisenden Ausländers, von dem in diesen Fällen selbst keine Gefahr mehr ausgeht, unter Vorhalt der zugrundeliegenden Herkunftstat, ohne dass sich ein Verantwortungszusammenhang zwischen dem betroffenen Ausländer und den abzuschreckenden Dritten begründen ließe (so schon: Schmitt-Glaeser, ZAR 2003, 176 <177 f.>). Es ist für den Senat nicht ersichtlich, wie sich dies, wenn nicht über den Vorhalt eines sozialethischen Unwerturteils, rechtfertigen könnte, woraus sich dann aber die Strafähnlichkeit zwingend ergibt.
62 
Im Weiteren fehlt es jedenfalls auch an einer Wertungsgleichheit von geregeltem (spezialpräventive Ausweisungsinteressen) und ungeregeltem (generalpräventive Ausweisungsinteressen) Sachverhalt und es liegt auch kein Fall einer bloß unvollkommenen Umsetzung einer Wertentscheidung des Gesetzgebers vor, die unter Berufung auf einen gesetzgeberischen Willen und bei Berücksichtigung des geschriebenen Rechts in vertretbarer Weise unter Beachtung des Parlamentsvorbehalts im Wege richterrechtlicher Rechtfortbildung hergestellt bzw. ergänzt werden könnte (vgl. Reimer, a.a.O, S. S. 249, 274 ff.; Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. 2006, S. 67 ff.).
63 
Die Grenze einer zulässigen Rechtsfortbildung wird überschritten, wenn sich die damit einhergehenden Unwägbarkeiten nicht in rechtsstaatlich vertretbarer Weise - und damit gerade bei Gesetzen mit erheblichem Eingriffscharakter unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Normunterworfenen und unter Achtung des Grundsatzes der Normenkohärenz - überwinden ließen, weil die Gerichte in solchen Fällen gezwungen wären, mangels unmittelbar anwendbarer gesetzlicher Wertmaßstäbe weiträumige Bewertungsaufgaben im grundrechtssensiblen Bereich anstelle des dazu berufenen Gesetzgebers zu übernehmen (vgl.: Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 8. Aufl. 2015, S. 540 ff.; BVerwG, Beschluss vom 07.04.2016 - 1 B 82.16 -, BeckRS 2016, 52800 Rn. 7), was dem Grundsatz der Gewaltenteilung, der Rechtssicherheit und dem Gesetzesvorbehalt widersprechen würde (Beaucamp, a.a.O., S. 93 ff.).
64 
So liegt der Fall hier, nachdem das geschriebene Recht die Rechtsfigur der generalpräventiven Ausweisung nicht erfasst, dessen Grenzen demzufolge nicht regelt und eine schlichte Übertragung der geschriebenen Regelungen nicht ausreichend erscheint, um die Rechtsfigur - zumal angesichts der vagen Vorstellungen des Gesetzgebers hierzu - unter angemessener Berücksichtigung der weiteren Gesetzesziele und der berechtigten Interessen der Normunterworfenen kohärent und hinreichend bestimmt anzuwenden.
65 
Selbst wenn man die Bedeutung von Begründungen der Bundesregierung zu Gesetzentwürfen im Rahmen einer Rechtsfortbildung nicht von vornherein und abstrakt in Abrede stellt (obgleich die Bundesregierung nicht der Gesetzgeber und ein Gesetzentwurf kein Gesetz ist) und man daher davon ausgehen will, dass solche einen Willen des Gesetzgebers ausdrücken können - allerdings wiederum nur als Hilfstatsachen, aus denen auf einen übereinstimmenden Willen des Gesetzgebers geschlossen werden müsste -, ist zu berücksichtigen, dass sich die Begründung im konkreten Fall in der unspezifischen Behauptung erschöpft, eine Ausweisungsentscheidung könne grundsätzlich auch auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden, wenn nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls das Interesse an der Ausreise das Interesse des Ausländers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiege.
66 
Isoliert betrachtet ergeben sich hieraus keine weiterführenden Ansatzpunkte für eine vertretbare Rechtsfortbildung. Denn dieser Wille bleibt weitgehend abstrakt, gerät aber gleichwohl in Konflikt mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben für generalpräventive Ausweisungen. Er wirft mehr Fragen zur Reichweite generalpräventiver Ausweisungen auf als er zu klären vermag und er setzt sich in Widerspruch zu dem unstreitigen Ziel der Gesetzesnovelle, keine Verschärfung der Rechtszulage einzuführen.
67 
Schon der Ansatz der Gesetzesbegründung der Bundesregierung, eine Ausweisungsentscheidung könne „grundsätzlich auch“ auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden, gerät in Konflikt mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben für generalpräventive Ausweisungen, wie sie das Bundesverfassungsgericht formuliert hat (Beschluss vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 -, NVwZ 2007, 1300), nach denen
68 
„…auch bei generalpräventiv motivierten Ausweisungen, die ihren Anlass im Bereich der Drogenkriminalität finden, gilt, dass die Umstände der begangenen Straftat, wie sie sich aus dem Strafurteil und dem vorangegangenen Strafverfahren ergeben, individuell zu würdigen sind (vgl. BVerwGE 101, 247 [255] = NVwZ 1997, 297)“,
es
69 
„im Grundsatz nicht anders als bei der Würdigung der von dem Ausländer künftig ausgehenden Gefahren im Rahmen spezialpräventiv motivierter Ausweisungen insbesondere nicht [genügt], das Gewicht des für eine Ausweisung sprechenden öffentlichen Interesses allein anhand der Typisierung der den Ausweisungsanlass bildenden Straftaten in den Ausweisungsvorschriften des Aufenthaltsgesetzes zu bestimmen (vgl. BVerfG, NVwZ 2007, 946 = ZAR 2007, 243)“
70 
und
71 
„der Umstand, dass der Bf. erheblich gegen die Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, [ ] für sich allein eine generalpräventive Ausweisung noch nicht [rechtfertigt] (vgl. auch BVerwG, NVwZ 1997, 1119 [1121]).“.
72 
Nach bisheriger Rechtslage - wie sie von der Rechtsprechung verstanden wurde - bedurften generalpräventiv begründete Ausweisungen aufgrund ihres spezifischen Ansatzpunktes, unbeschadet der grundlegenden Zweifel an dieser Rechtsfigur, die die Rechtsprechung konsequent unbeachtet ließ, einer besonderen Rechtfertigung, was ihren nicht nur rechtstatsächlichen Ausnahmecharakter begründet hat (hierzu: Discher, in: GK-AuslR, Vor §§ 53 ff. AufenthG, Juni 2009 Rn. 437 ff., m.w.N.: unterschiedliches Maß der Verhaltenssteuerung bei unterschiedlichen Straftaten und § 53 AufenthG Rn. 21 f., m.w.N.: „§ 53 dient…in erster Linie spezialpräventiven Zwecken…“; Beichel-Benedetti, in: Huber, AufenthG, 2. Aufl. 2016 Rn. 7, m.w.N.; Graßhof, in: BeckOK AuslR, § 53 AufenthG, 01.02.2017 Rn. 29: „Ein nur generalpräventiv begründetes öffentliches Interesse an einer Ausweisung besitzt im Allgemeinen ein geringeres Gewicht als die spezialpräventive Reaktion auf eine konkrete Wiederholungsgefahr.“; zu den grundlegenden Einwänden gegen die Rechtsfigur: Beichel-Benedetti, in: Huber, AufenthG, 2. Aufl. 2016 Rn. 8; Kießling, ZAR 2016, 45 <47>; dies., Die Abwehr terroristischer und extremistischer Gefahren durch Ausweisung, 2012, S. 93 ff.; Mayer, VerwArch 2010, 482 <506 ff.>; Schmitt-Glaeser, ZAR 2003, 176 <177 f.>: fehlender Verantwortungszusammenhang; Huber, NJW 1976, 1008 <1010>; Schnapp, DVBl. 1974, 88 <89>; Dolde, NJW 1974, 780; Pagenkopf, DVBl. 1975, 764 <767>; Franz, DVBl. 1973, 662 <672>).
73 
Die Gesetzesbegründung übergeht diesen Befund gänzlich, wenn sie generalpräventive Erwägungen regelhaft für zulässig erklärt und solche ohne Weiteres neben spezialpräventive stellt. Es bleibt im Dunkeln, in welchen Fällen nach neuem Recht generalpräventive Ausweisungen - einen dahingehend ausgebildeten und daher nur zu erforschenden Willen des Gesetzgebers einmal unterstellt - legitim sein und in welchem Verhältnis die Ausweisungszwecke der General- und der Spezialprävention in dem völlig neuartigen Abwägungsmodell des Ausweisungsrechts zueinander stehen sollen. Der schlichte Verweis auf die Notwendigkeit einer umfassenden Abwägung führt nicht weiter und ist auch nicht geeignet, generalpräventive Ausweisungen vorhersehbar einzugrenzen, da sich die entscheidende Frage, welches Gewicht generalpräventiven Erwägungen im Rahmen einer Abwägung mit Bleibeinteressen zukommen könnte, auch aus der Zusammenschau der Gesetzesbegründung mit dem Normtexten des Rechtsgebiets und unter Beachtung der spezifischen Bindungen generalpräventiver Ausweisungsentscheidungen nicht hinreichend vorhersehbar erschließen lässt. Dies lässt nur den Schluss zu, dass die unterschiedlichen Problemlagen beider und die sich daraus ergebenden spezifischen Fragen zu den Grenzen generalpräventiver Ausweisungen sowie erst recht die Auswirkungen dieser Fragen für Titelerteilungsfälle vom Gesetzgeber - gerade im Kontext des völlig neu strukturierten Ausweisungsrechtes - schon nicht gesehen wurden.
74 
Spezialpräventiv begründete Ausweisungsentscheidungen bewegen sich - auch im Kontext des neuen Ausweisungsrechts - im Rahmen der ordnungsrechtlich vorgegebenen Begrenzungen, da diese an eine aktuelle und vom jeweils von der Maßnahme betroffenen Ausländer ausgehenden Gefährdung für die Schutzgüter des § 53 Abs. 1 AufenthG anknüpfen, wobei diese Schutzgüter regelmäßig durch die gesetzlich vertypten und zugleich - in einem ersten Zugriff - hinsichtlich ihrer Bedeutung bewerteten Ausweisungsinteressen vorgeprägt werden (Bauer/Beichel-Benedetti, NVwZ 2016, 416; a.A.: Funke, ZAR 2016, 209 ff., der angesichts der Verortung des gesamten Prüfprogramms - in Form einer Verhältnismäßigkeitsprüfung - im Tatbestand den eingrenzenden Charakter des Systems im ordnungsrechtlichen Kontext grundsätzlich bezweifelt). Diese bilden damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts den Ansatzpunkt für den gleitenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab, mit dem das Maß der notwendigen Gefährdung bestimmt wird (BVerwG, Urteile vom 15.01.2013 - 1 C 10.12 -, juris und vom 02.09.2009 - 1 C 2.09 - InfAuslR 2010, 3; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.09.2016 - 11 S 1413/16 -, juris).
75 
Im Falle generalpräventiv begründeter Ausweisungen greift dieser Gefährdungsmaßstab nicht, da es nicht um eine Gefahrenprognose in Bezug auf den auszuweisenden Ausländer geht. Den gesetzlichen Wertungen in § 54 AufenthG kommt daher insoweit keine maßstabsbildende Kraft zu. Diese Wertungen können allenfalls einen ersten Anhalt für das Gewicht des Anlasses geben, der die Ausweisung legitimieren soll, ohne dass sich daraus die Antwort auf die Frage, in welchen Fällen dies der Fall ist und in welchen nicht, aus dem Gesetz vorhersehbar - oder gar trennscharf - ergeben würde. Für den hier im Streit stehenden Fall einer Titelerteilung gilt dies umso mehr, da § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nach seinem Wortlaut alleine auf das Fehlen eines Ausweisungsinteresses abstellt, ohne in irgend einer Weise nach dem Gewicht solcher Interessen zu differenzieren, was allenfalls in Fällen erstmaliger Titelerteilung bei nicht bestehenden familiären Bindungen im Bundesgebiet unproblematisch erscheint, weil hier das staatliche Ermessen den Zuzug zuzulassen keinen wesentlichen Beschränkungen unterliegt (vgl. Funke-Kaiser, GK-AuslR, § 1 AufenthG, August 2013 Rn. 1). Generalpräventive Gründe sind daher schon aus strukturellen Gründen von vornherein ungeeignet, sich in das normative Konzept des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG einzufügen.
76 
Hinzu kommt, dass das Wesen der Generalprävention („Abschreckung durch Härte“) regelmäßig für eine zugunsten der Generalprävention sprechende Auslegung der Regelungen streitet. Dem Erfordernis einer kontinuierlichen Ausweisungspraxis, die das Bundesverwaltungsgericht - insoweit folgerichtig - verlangt (Urteil vom 24.09.1996 - 1 C 9.94 -, NVwZ 1997, 1123 <1125>), kommt daher tatsächlich kein begrenzender Charakter zu, nachdem die bisherige Rechtsprechung Nachweise für eine solche Praxis gleichwohl nicht verlangt und das vollmundig formulierte Postulat zu keinem Zeitpunkt eingelöst hat. Das ist umso bedenklicher, nachdem dieser Rechtsfigur auf unionsrechtlicher Ebene, also für Unionsbürger, Assoziationsfreizügige, Daueraufenthaltsberechtigte und Schutzsuchende und damit für einen ganz erheblichen Anteil der Ausländer jede Anerkennung versagt geblieben ist (so treffend: Mayer, VerwArch 2010 482 <507>, m.w.N.) und daher eine abschreckende Wirkung, die es noch rechtfertigt, auszuweisen, umso mehr in Zweifel zu ziehen ist (kritisch zur Einschätzungsprärogative etwa: Schmitt-Glaeser, ZAR 2003, 176 <178>; Gutmann, InfAuslR 1996, 27; Ventzke, InfAuslR 1994, 219 <220>; Wegner, DÖV 1993, 1031 <1033 f.>; Frankenberg, JZ 1986, 414 <419 f.>; zur obergerichtlichen Rechtsprechung hierzu ausführlich: Discher, in: GK-AuslR, Vor §§ 53 ff. AufenthG, Juni 2009 Rn. 431 ff.; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, Vorb §§ 53-56 AufenthG Rn. 3 f., m.w.N.).
77 
Zudem steht das Erfordernis einer kontinuierlichen Ausweisungspraxis in einem unübersehbaren Spannungsverhältnis zum bereits dargestellten Ausnahmecharakter der Rechtsfigur, die mangels Aussagekraft eines Gefahrenaspekts nur über eine Definition von Sachverhalten oder Personengruppen, die von vornherein von der Generalprävention nicht erfasst werden dürfen, sichergestellt werden könnte. Daran fehlt es aber. Denn das Bundesverwaltungsgericht ist für die bisherige Rechtslage davon ausgegangen, dass mit der (richterrechtlichen) Bildung von spezifischen Begrenzungen, soweit sie in der Rechtsprechung statuiert wurden, übergangen werde, dass die Generalprävention in den zwingenden Ausweisungsgründen angelegt sei und zudem dem gesetzgeberischen Willen entsprochen habe (vgl. einerseits BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 -, BVerwGE 142, 29-48 Rn. 20 und andererseits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.03.2011 - 11 S 2/11 -, juris Rn. 24 ff.; OVG Bremen, Urteile vom 10.05.2011 - 1 A 306/10 -, juris Rn. 87 ff., m.w.N. und vom 06.11.2007 - 1 A 82/07 -, juris Rn. 56, jew. unter Berufung auf die Unzulässigkeit generalpräventiver Ausweisungen in Fällen von hier verwurzelten oder in familiärer Lebensgemeinschaft mit Deutschen lebenden Ausländern).
78 
Diesem Argument kommt freilich nach neuer Rechtslage und im Rahmen der Frage der Zulässigkeit einer richterlichen Rechtsfortbildung keine wesentliche Bedeutung zu, so dass auch nicht mehr entscheidend ist, dass diese Argumentation aufgrund der ihr zugrunde gelegten Prämisse, die Generalprävention sei im bisherigen Recht stets angelegt gewesen, ihrerseits angreifbar war, nachdem sie sich letztlich auch nur auf richterliche (Rechts-)Schöpfung stützte, deren gesetzliche Verankerung sich nur vor dem Hintergrund eines Normverständnisses erklären ließ, das zwingende Ausweisungen lange Zeit für rechtsstaatlich unbedenklich hielt, was sich letztlich aber als unzutreffend erwiesen hat (BVerfG, Beschlüsse vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 -, NVwZ 2007, 946 und vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 -, NVwZ 2007, 1300; dem folgend BVerwG, Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, BVerwGE 367; Mayer, VerwArch 2010 482 <483 ff.>, m.w.N.).
79 
Weiterhin ließ sich in der Breite der instanzgerichtlichen Rechtsprechung tendenziell eine relativ inhomogene Spruchpraxis feststellen, die der Unschärfe des vom Bundesverwaltungsgericht an generalpräventiv fundierte Ausweisungen angelegten Maßstabs der Verhältnismäßigkeit geschuldet sein dürfte. Denn trotz einer gewissen Ausdifferenzierung dieser Rechtsprechung nach Ausweisungsanlässen, deren Gewicht und den Folgen für die Betroffenen blieb es aus der Natur der Sache heraus nicht selten im Kern bei Abwägungen von Großbegriffen („Abschreckung versus Familie“), deren Vergleichbarkeit durchaus nicht auf der Hand liegt und deren Ergebnisse aufgrund der Abschreckungslogik („viel Härte hilft viel“) und der Setzung einer stets vorhandenen Gefahr in Richtung Ausweisung tendierten. In Titelerteilungsfällen spielten zudem Bleibeinteressen aus den dargestellten Gründen schon keine entscheidungserhebliche Rolle.
80 
Wesentlich verschärft wird das Problem fehlender Maßstabsbildung nunmehr durch die neue Struktur von Ausweisungen als vollständig gebundene Entscheidungen.
81 
Denn aus dem nunmehr vollständig gebundenen Entscheidungsprogramm, bei dem tatbestandlich sämtliche für und gegen eine Ausweisung sprechenden Umstände in die Prüfung der Verhältnismäßigkeit einzustellen sind, folgt sachlogisch die Verpflichtung, sämtliche Wirkungen von Ausweisungen zu berücksichtigen. Eine Wahlfreiheit, Ausweisungen nur auf bestimmte Gesichtspunkte zu stützen, kommt daher nunmehr weder der Ausländerbehörde noch dem Verwaltungsgericht bei der Kontrolle der Entscheidung zu (so zutreffend Graßhof, in: BeckOK AuslR, § 53 AufenthG, 01.02.2017 Rn. 30, der allerdings davon ausgeht, dass Ausweisungen auch nach neuem Recht generalpräventiv erfolgen können).
82 
Solche sich aus dem Systemwechsel ergebenden Rechtswirkungen werden in der Gesetzesbegründung nicht reflektiert und sie führen sowohl in Ausweisungsfällen als auch in den hier in Rede stehenden Fallkonstellationen eines Ausweisungsinteresses als einem einer Titelerteilung entgegenstehendem Tatbestandsmerkmal zu einer Verschärfung der Rechtslage, die jedoch nach der Gesetzesbegründung der Bundesregierung nicht das Ziel der Neuregelung ist. Sie verfehlte insoweit zudem die weiteren Ziele, Rechtsunsicherheiten zu beseitigen und die Arbeit der Ausländerbehörden zu erleichtern (BT-Drucks. 18/4097, S. 49).
83 
Die bislang entwickelten Anforderungen an generalpräventiv begründete Ausweisungen sind daher nicht geeignet, das Fehlen gesetzgeberischer Maßstäbe vor dem Hintergrund des nunmehr gebundenen Charakters der Ausweisungsentscheidungen und der sich daraus ergebenden Verschärfung der Gesetzeslage auszugleichen.
84 
All dies macht der vorliegende Fall deutlich: Der - insoweit zutreffenden - Feststellung des Verwaltungsgerichts, die familiäre Situation des Klägers lasse die Gefahr, dass andere Ausländer vergleichbare Taten begehen, nicht entfallen, kann der Kläger seriöser Weise nichts entgegensetzen, da sich unter Zugrundelegung einer von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerade eingeräumten Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers in Bezug auf die Wirksamkeit generalpräventiver Ausweisungen eine abschreckende Wirkung von Ausweisungen nicht falsifizieren lässt. Mit anderen Worten: Da stets Bezugsgruppen von Ausländern gebildet werden können, die vergleichbare Taten begehen, ist ein generalpräventives Ausweisungsinteresse stets begründbar und die gesetzgeberische Wertung, Ausweisungen wirkten abschreckend, lässt sich nicht widerlegen.
85 
Die weitere Argumentation des Verwaltungsgerichts, es gebe ein erhebliches Interesse, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und aus einwanderungspolitischen Gründen Falschangaben zur Identität von vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern durch Ausweisung des Klägers zu verhindern, geht zwar insoweit fehl, als eine Ausweisung des Klägers hier nicht im Streit steht und eine solche wegen seiner entstandenen familiären Bindungen zu seinen beiden minderjährigen deutschen Kindern fern läge. Sie ist aber - was die Bewertung eines solchen Interesses für die Frage einer Titelerteilung angeht - unter Zugrundelegung des Normtextes der Ausweisungsvorschriften und bei Erstreckung der Regelungen auf generalpräventiv begründete Ausweisungen durchaus konsequent. Aus den gesetzlichen Vorgaben lässt sich - gerade für den Fall der Titelerteilung - kein durchschlagendes oder gar zwingendes Argument benennen, das das öffentliche Interesse und dessen Gewichtung begrenzen könnte. Dies gilt gerade auch für Ausweisungsinteressen nach § 54 Abs. 2 Nrn. 8 und 9 AufenthG, wenn diesen aus Sicht der Verwaltungspraxis hohe praktische Bedeutung zugesprochen wird, woraus sich aus Gründen der Abschreckung ein entsprechend hohes Gewicht ableiten lässt (so etwa: Zeitler, in: HTK-AuslR, § 5 AufenthG, zu Abs. 1 Nr. 2, Stand: 03.03.2017 Rn. 35, zu Ausweisungsinteressen nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG – wiederholter oder nicht geringfügiger Verstoß gegen Rechtsvorschriften: „Gleichwohl ist genau dies eine Verhaltensweise, die das Visumverfahren unterläuft. Auch ohne Wiederholungsgefahr besteht hier nach wie vor ein der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entgegenstehendes Ausweisungsinteresse aus generalpräventiven Gründen.“). Das ist freilich unproblematisch, soweit der Gesetzgeber die besondere Bedeutung einer Titelerteilungsvoraussetzung normtextlich und unter Bezug auf einen klaren Regelungszweck deutlich herausgestellt und eindeutig tatbestandlich eingegrenzt hat, wie etwa im Fall des Visumserfordernisses nach § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG und somit in einem völlig anderen und anders strukturierten Kontext (BVerwG, Urteil vom 10.12.2014 - 1 C 15.14 -, juris Rn. 20).
86 
Als Grenze bliebe - wie vom Verwaltungsgericht ausgeführt - nur noch die Heranziehung der Wertung des § 46 BZRG im Wege einer weiteren Analogiebildung im grundrechtssensiblen Bereich über die Grenzen des eigentlichen Rechtsgebiets hinaus, die in einem Fall wie dem vorliegenden gleich zweifach erfolgen müsste, da eine eintragungsfähige Verurteilung im Sinne des BZRG schon nicht vorliegt. Damit würde der Generalprävention ein weitaus größerer Anwendungsbereich zugebilligt als der Spezialprävention, was zu einem deutlichen Wertungswiderspruch führen würde.
87 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
88 
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsache (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Den Eltern eines minderjährigen Ausländers, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erste Alternative, eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 3 oder nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 besitzt, ist abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und § 29 Absatz 1 Nummer 2 eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn sich kein personensorgeberechtigter Elternteil im Bundesgebiet aufhält.

(2) Sonstigen Familienangehörigen eines Ausländers kann zum Familiennachzug eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist. Auf volljährige Familienangehörige sind § 30 Abs. 3 und § 31, auf minderjährige Familienangehörige ist § 34 entsprechend anzuwenden.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihre in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 28. Juni 2013 weiter, mit dem die Beklagte den Kläger (zu 1.) aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen, ihm die Wiedereinreise für (zunächst) acht Jahre untersagt und die Abschiebung aus der Haft nach Albanien angeordnet bzw. bei nicht fristgerechter Ausreise nach Haftentlassung angedroht hat.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich nicht die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne dieser Bestimmung bestünden dann, wenn die Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Das ist jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Ausweisung des Klägers für rechtmäßig erachtet. Es hat auf der Grundlage der §§ 53 ff. AufenthG in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung bei Vorliegen eines zwingenden Ausweisungsgrundes nach § 53 Nr. 1 AufenthG (durch die rechtskräftige Verurteilung des Klägers vom 24.11.2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten) und eines besonderen Ausweisungsschutzes beim Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 AufenthG anhand der gesetzlichen Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG bejaht. Dabei ist es in spezialpräventiver Hinsicht davon ausgegangen, dass beim Kläger auch in Zukunft eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue Verfehlungen ernsthaft drohe und damit von ihm eine bedeutende Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgehe. Daneben hat das Verwaltungsgericht schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auch im Hinblick auf die generalpräventiv begründete Ausweisung des Klägers wegen der besonders schwerwiegenden Straftaten (schwerer Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung) bejaht. Ausgehend von einem gleitenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris) hat das Verwaltungsgericht bei seiner Prognose entscheidend darauf abgestellt, dass der Kläger in einem relativ kurzen Zeitraum (2005 bis 2008) mehrere schwere Gewaltdelikte begangen habe. Nach der am 5. bzw. 6. Januar 2005 begangenen Vergewaltigung habe er in noch offener Bewährungszeit am 16. November 2007 einen schweren Raub begangen, bei dem das gefesselte Opfer (mit überklebtem Mund) über mehrere Stunden in hilfloser Lage belassen worden sei, wobei nach den Feststellungen des Strafurteils eine abstrakte Lebensgefahr für das Opfer bestanden habe. Nach dieser Tat und einer längeren Untersuchungshaft habe er nur zwei Monate nach dem in erster Instanz am 12. September 2008 erfolgten Freispruch aus nichtigem Anlass seine damalige Freundin geschlagen und erheblich verletzt und damit sein hohes Gewaltpotenzial erneut bewiesen. Die erforderliche Auseinandersetzung mit seinen Taten sei durch den Kläger bis heute nicht erfolgt. Die gute Führung in der Strafhaft stehe der Annahme der Wiederholungsgefahr nicht entgegen. Auch der Umstand, dass der Kläger seit dem 30. November 2008 nicht mehr straffällig geworden sei, beseitige angesichts seiner Haftzeiten und der ihm nach Aufhebung des erstinstanzlichen freisprechenden Urteils durch den Bundesgerichtshof mit Urteil vom 18. August 2009 drohenden weiteren Verurteilung (wegen des Raubes) die Wiederholungsgefahr nicht.

Dagegen bringt der Kläger im Zulassungsverfahren vor, von ihm gehe gegenwärtig keine ernsthafte Gefahr für ein bedeutsames Schutzgut mehr aus. Er habe die Anlasstat im Alter von 23 Jahren begangen, sei aufgrund seines Alters in hohem Maße beeinflussbar gewesen, habe aber auch als junger Mann noch ein hohes Entwicklungspotenzial, weshalb seine Entwicklung während der Zeit des Strafvollzuges in besonderem Maße zu berücksichtigen sei. Er habe sich im Strafvollzug ausgezeichnet geführt, am 12. Dezember 2012 in der Justizvollzugsanstalt geheiratet und die Erfahrung gemacht, dass er trotz seiner Fehler in der Vergangenheit von seiner Ehefrau angenommen und gebraucht werde. Dies habe bei ihm einen Prozess der Reue und des Umdenkens in Gang gesetzt, weshalb er künftig seiner Verantwortung als Ehemann gerecht werden und keine Straftaten mehr begehen wolle. Er habe nach seiner Haftzeit eine unbefristete Arbeitsstelle in einem Café in Aussicht. Er habe in der Justizvollzugsanstalt erfolgreich an einem Rehabilitationsprogramm teilgenommen und Kompetenzen für ein zukünftiges straffreies Verhalten entwickelt. Auch der Umstand, dass es sich bei ihm um einen sogenannten Erstverbüßer handle, sei bei der Prognose nach ständiger Rechtsprechung besonders zu berücksichtigen. Berücksichtige man weiterhin seine familiären Bindungen zur Mutter und seiner Schwester, könne nicht vom Bestehen einer konkreten Wiederholungsgefahr ausgegangen werden. Greife die Ausweisung wie in seinem Fall in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK ein, scheide die Generalprävention als Ausweisungszweck grundsätzlich aus. Dies habe das Verwaltungsgericht (ebenfalls) verkannt.

Ergänzend dazu verweist der Kläger auf das von ihm vorgelegte, im Auftrag der zuständigen Strafvollstreckungskammer erstellte forensisch-psychiatrische Sachverständigengutachten vom 12. Dezember 2015, wonach - unter bestimmten Prämissen - beim Kläger die durch die Taten zutage getretene Gefährlichkeit nicht mehr weiter bestehe.

Mit diesem Vorbringen wird aber die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger dürfe grundsätzlich wegen des Vorliegens schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden, gemessen an den nunmehr maßgeblichen Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) im Ergebnis nicht ernsthaft in Zweifel gezogen.

Die Beurteilung, ob ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ist daher zu berücksichtigen. Die Änderung der Sach- und Rechtslage ist allerdings grundsätzlich nur in dem durch die Darlegung des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmen relevant (Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 57; vgl. auch BVerwG, B.v. 15.12.2003 - 7 AV 2.03 - NVwZ 2004, 744). Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung einer Ausweisung ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Berufungsgerichts (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 12), also hier der Entscheidung über den Zulassungsantrag; Rechtsänderungen während des Zulassungsverfahrens sind zu beachten.

Der Senat hat daher die streitbefangene Ausweisungsverfügung (und das diese als rechtmäßig bestätigende verwaltungsgerichtliche Urteil) unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens mangels entgegenstehender Übergangsregelung anhand der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) zu überprüfen. Seit dieser Rechtsänderung differenziert das Aufenthaltsgesetz nicht mehr zwischen der zwingenden Ausweisung, der Ausweisung im Regelfall und der Ermessensausweisung, sondern verlangt für eine Ausweisung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, die für ein Ermessen der Ausländerbehörde keinen Raum mehr lässt. Die Ausweisungsentscheidung ist durch das Gericht in vollem Umfang nachprüfbar (Welte, InfAuslR 2015, 426; Cziersky/Reis in Hoffmann, Kommentar zum Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 53 Rn. 30; Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, Vorb §§ 53 - 56 Rn. 13 und § 53 Rn. 5 ff.; a.A. Marx, ZAR 2015, 245/246). Eine nach altem Recht verfügte (Ermessens-)Ausweisung wird nach Inkrafttreten der §§ 53 bis 55 AufenthG in ihrer Neufassung am1. Januar 2016 nicht rechtsfehlerhaft, wenn sie den ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht, also gemäß der zentralen Ausweisungsnorm des § 53 Abs. 1 AufenthG (als Grundtatbestand; vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/4097 S. 49 f.) der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

Die nach § 53 Abs. 1 AufenthG vorausgesetzte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist unabhängig davon, dass eine Ausweisungsentscheidung - wie vorliegend erfolgt - nach § 53 Abs. 1 AufenthG grundsätzlich (auch) auf generalpräventive Gründe gestützt werden kann (vgl. Bauer, a. a. O., § 53 Rn. 34 unter Verweis auf die diesbezügliche ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers; zur Zulässigkeit der Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen auch bei nachhaltig „verwurzelten“ Ausländern vgl. BVerwG, U.v. 14.2.2012 - 1 C 7.11 - juris), beim Kläger zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs auch in spezialpräventiver Hinsicht noch gegeben. Seine diesbezüglichen Einwendungen im Zulassungsvorbringen greifen letztlich nicht durch.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungsentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18). Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 33 m. w. N.). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei dieser Prognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 34; BVerwG, U.v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - Rn. 18).

Gemessen an diesen Grundsätzen kommt der Senat zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung zu der Bewertung, dass nach dem Verhalten des Klägers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass er erneut durch vergleichbare Gewaltstraftaten die öffentliche Sicherheit beeinträchtigt. Das vom Kläger insoweit vor allem geltend gemachte Nachtatverhalten, seine beanstandungsfreie und grundsätzlich positiv zu bewertende Entwicklung während der Strafhaft, aber auch der Umstand der erstmaligen Verbüßung einer langen Haftstrafe lassen die vom Verwaltungsgericht angenommene Wiederholungsgefahr ebenso wenig entfallen wie der von ihm behauptete gute soziale Empfangsraum nach Beendigung der Haft. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entscheidend darauf abgestellt, dass der Kläger mehrere gravierende Straftaten mit sich steigernder Gewaltbereitschaft begangen hat und sich dabei weder von einer Untersuchungshaft noch von den ihm angedrohten ausländerrechtlichen Konsequenzen hat beeindrucken lassen, sondern vielmehr den zuletzt abgeurteilten schweren Raub noch während laufender Bewährungszeit begangen hat. Ebenso hat das Erstgericht zutreffend festgestellt, dass angesichts der Verurteilung des Klägers wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung sowie der vorangegangenen Verurteilungen wegen Vergewaltigung und vorsätzlicher Körperverletzung Schutzgüter von besonders hohem Rang (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) betroffen sind und für das Opfer des Raubes am 16. November 2007 sogar abstrakte Lebensgefahr bestanden hat.

Auch das im Auftrag der zuständigen Strafvollstreckungskammer erstellte forensisch-psychiatrische Sachverständigengutachten (über den Kläger) vom 12. Dezember 2015 rechtfertigt nicht, eine Wiederholungsgefahr beim Kläger zu verneinen. Bei ihrer Prognoseentscheidung sind die Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte an die Feststellungen und Beurteilungen der Strafgerichte rechtlich nicht gebunden. Letzteres gilt selbst dann, wenn die Strafvollstreckungskammer zur Vorbereitung ihrer Entscheidung ein Sachverständigengutachten eingeholt hat. Denn auch dieses orientiert sich inhaltlich an den materiellen strafrechtlichen Voraussetzungen einer Aussetzungsentscheidung (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18). Bei Aussetzungsentscheidungen nach § 57 StGB geht es um die Frage, ob die Wiedereingliederung eines in Haft befindlichen Straftäters weiter im Vollzug stattfinden muss oder durch vorzeitige Entlassung für die Dauer der Bewährungszeit gegebenenfalls unter Auflagen „offen“ inmitten der Gesellschaft verantwortet werden kann. Bei dieser Entscheidung stehen naturgemäß vor allem Resozialisierungsgesichtspunkte im Vordergrund; zu ermitteln ist, ob der Täter das Potenzial hat, sich während der Bewährungszeit straffrei zu führen. Demgegenüber geht es im ausländerrechtlichen Ausweisungsverfahren um die Frage, ob das Risiko eines Misslingens der Resozialisierung von der deutschen Gesellschaft oder von der Gesellschaft im Herkunftsstaat des Ausländers getragen werden muss. Die der Ausweisung zugrunde liegende Prognoseentscheidung bezieht sich folglich nicht nur auf die Dauer der Bewährungszeit, sondern hat einen längeren Zeithorizont in den Blick zu nehmen. Denn es geht hier um die Beurteilung, ob es dem Ausländer gelingen wird, über die Bewährungszeit hinaus ein straffreies Leben zu führen. Entscheidend ist, ob er im maßgeblichen Zeitpunkt auf tatsächlich vorhandene Integrationsfaktoren verweisen kann; die beanstandungsfreie Führung während der Haft ist nur ein solcher Faktor, genügt aber für sich genommen nicht (BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 19 f.).

Folglich kann das vorgelegte Sachverständigengutachten für die gerichtliche Prognoseentscheidung allenfalls eine Hilfestellung bieten und zur Unterstützung der letztlich maßgeblichen richterlichen Überzeugungsbildung über das Bestehen einer Wiederholungsgefahr in Betracht kommen (vgl. BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 35). Die auf die vorzeitige bedingte Entlassung des Klägers bezogene Prognose in diesem Gutachten, dass beim Kläger die durch die Taten zu Tage getretene Gefährlichkeit nicht mehr weiter bestehe, wird von der Gutachterin allerdings nur unter den Prämissen angestellt, dass er in Deutschland verbleiben könne und der anvisierte soziale Empfangsraum mit einer psychotherapeutischen Begleitung und Drogenscreenings umgesetzt werden könne. Weiter spricht das Gutachten von „erforderlichen haltgebenden Strukturen“, die beim Kläger „für eine straffreie Zukunft unbedingt erforderlich sind“. Schließlich erscheint es der Gutachterin notwendig, innerhalb der (weiter erforderlichen) therapeutischen Einzelgespräche „auf die vom Kläger verdrängten, abgewehrten bzw. schambesetzten Handlungen bezüglich seiner Straftaten zu fokussieren, um seine Weichzeichnungen nicht als mögliche Bagatellisierungen zu belassen“. Letzteres bezieht sich offensichtlich darauf, dass der Kläger bei seinen abgeurteilten Gewaltstraftaten entweder zu seinen Taten selbst keine Angaben gemacht oder die Taten in völlig unangemessener Weise bagatellisiert hat. Dieser Hang zur Bagatellisierung ist auch noch aus den entsprechenden Angaben des Klägers zu seinen Straftaten gegenüber der Gutachterin eindeutig zu erkennen. Für den Senat ist dies aber ein wichtiges Indiz dafür, dass er sich mit seinen Taten immer noch nicht wirklich ernsthaft auseinandergesetzt und die volle Verantwortung dafür übernommen hat. Die Behauptung, er bereue seine Taten aufrichtig, wird dadurch jedenfalls ernsthaft erschüttert. Für die längerfristig angelegte ausländerrechtliche Prognose ist dies ein ungünstiger Aspekt.

Auch die Tatsache, dass der Kläger erstmals eine langjährige Haftstrafe verbüßt, spricht nicht gegen das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Zwar kann - worauf er hingewiesen hat - die erstmalige Verbüßung einer (längeren) Haftstrafe, insbesondere als erste massive Einwirkung auf einen jungen Menschen, unter Umständen seine Reifung fördern und die Gefahr eines neuen Straffälligwerdens mindern (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, B.v. 24.2.2016 - 10 ZB 15.2080 - juris Rn. 12 m. w. N.). Demgegenüber hat die Beklagte aber zu Recht darauf verwiesen, dass der Kläger in der Vergangenheit nicht nur zweimal während offener Bewährung erneut gravierende Straftaten begangen hat, sondern sich auch von einer 6-monatigen Untersuchungshaft nicht hat beeindrucken lassen; nur ca. zwei Monate nach der Entlassung aus dieser Untersuchungshaft infolge eines (zunächst) freisprechenden Urteils des Landgerichts M. II hat er eine vorsätzliche Körperverletzung begangen, indem er seiner früheren Freundin aus nichtigem Anlass mehrfach mit der Faust und der flachen Hand bzw. der Rückhand ins Gesicht geschlagen und ihr auch im Verlauf des Folgetages noch mehrmals Schläge und Tritte versetzt hat. Vor diesem Hintergrund geht der Senat nicht davon aus, dass die Verbüßung der aktuellen Freiheitsstrafe den Kläger bereits so nachhaltig beeindruckt und er sich mit seiner kriminellen Vergangenheit so auseinandergesetzt hat, dass es zu einem nachhaltigen Einstellungswandel gekommen ist und er keiner Bewältigungsstrategie in Form der Bagatellisierung seiner Taten mehr bedarf. Der noch inhaftierte Kläger hat sich außerhalb der Justizvollzugsanstalt noch nicht über einen längeren Zeitraum bewährt und durch gesetzeskonformes Verhalten gezeigt, dass er auch ohne den Druck des Strafvollzugs vor allem in Krisensituationen in der Lage ist, nicht erneut straffällig bzw. gewalttätig zu werden. Eine gute Führung während der Haft und die „erfolgreiche“ Teilnahme an einem Rehabilitationsprogramm (in 33 Gruppensitzungen), das Straftäter in die Lage versetzen soll, im Leben effektiver zu Recht zu kommen, reichen insoweit jedenfalls noch nicht.

Schließlich vermag der Senat nicht zu erkennen, dass beim Kläger nach der Haftentlassung ein geeigneter und realistischer sozialer Empfangsraum im Sinne der von der Gutachterin angesprochenen „erforderlichen haltgebenden Strukturen“ vorhanden wäre. Die Ehefrau des Klägers und Klägerin (zu 2.), mit der er nach seiner Haftentlassung - im Übrigen erstmals dauerhaft - in einer Lebensgemeinschaft zusammenleben will, leidet nach den vorgelegten ärztlichen Berichten an zahlreichen psychischen Störungen und Erkrankungen. So wurden bei ihr u. a. eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ, eine posttraumatische Belastungsstörung, eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome, Opiatabhängigkeit, Opiatentzugssyndrom, Alkoholabhängigkeit, Verdacht auf ADHS und Verdacht auf sonstige generalisierte Epilepsie und epileptische Syndrome diagnostiziert. Nach dem Vorbringen im Zulassungsantrag ist die Klägerin deshalb selbst dringend auf die Unterstützung des Klägers angewiesen. Auch die Mutter des Klägers, bei der nach den im Zulassungsverfahren vorgelegten Attesten ebenfalls orthopädische Probleme, ein chronisches Schmerzsyndrom und eine reaktive Depression diagnostiziert wurden und bei der der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau entsprechend seinen Angaben bei der forensisch-psychiatrischen Begutachtung offensichtlich wohnen will, ist nach dem Zulassungsvorbringen ebenfalls auf „die Anwesenheit und Unterstützung des Klägers angewiesen“. Seine Mutter war im Übrigen schon bislang nicht in der Lage, ihm die „erforderlichen haltgebenden Strukturen“ zu vermitteln. Dass das künftig zusammen mit der schwer suchtkranken und unter schwerwiegenden Persönlichkeitsstörungen leidenden Ehefrau des Klägers, der Klägerin (zu 2.), gelingen könnte, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Das vorgelegte Angebot eines unbefristeten Arbeitsvertrags als Servicekraft in einem Café nach der Haftentlassung ist demgegenüber nicht von ausschlaggebender Bedeutung.

Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 AufenthG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise des Klägers mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Klägers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an seiner Ausreise überwiegt. Entgegen dem Zulassungsvorbringen ist die streitbefangene Ausweisung des Klägers weder unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG - allerdings nicht abschließend - aufgeführten Umstände noch mit Blick auf die Anforderungen der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 EMRK unverhältnismäßig. Das Verwaltungsgericht hat bei der vom Kläger angegriffenen Entscheidung sämtliche entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt, die auch in diese Interessenabwägung einzustellen sind, und sie im Ergebnis in nicht zu beanstandender Weise gewichtet.

Ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG ist beim Kläger infolge seiner rechtskräftigen Verurteilung vom 24. November 2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gegeben. Sein Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG wiegt nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG besonders schwer, weil er eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG kann der Kläger dagegen für sich nicht in Anspruch nehmen, weil zum hier maßgeblichen Zeitpunkt ein eheliches Zusammenleben im Sinne einer tatsächlich gelebten ehelichen Lebensgemeinschaft nicht vorliegt. Das Verwaltungsgericht hat seiner Ehe mit der Klägerin (zu 2.) bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen zu Recht kein großes Gewicht beigemessen, weil die Ehe erst während der Haft und im Wissen um die Straftaten und seiner durch die Ausländerbehörde bereits angekündigten Abschiebung, also einer unsicheren Aufenthaltsperspektive, geschlossen worden ist (vgl. BayVGH, U.v. 25.8.2014 - 10 B 13.715 - juris Rn. 50). Auch der Einwand, die Klägerin (zu 2.) sei auf die Unterstützung des Klägers angewiesen, greift nicht durch. Ungeachtet der verminderten Schutzwürdigkeit dieser Ehe ist weder nachvollziehbar dargelegt, dass und auf welche Lebenshilfeleistungen die erkrankte Klägerin tatsächlich angewiesen wäre, noch geltend gemacht oder sonst ersichtlich, dass der Kläger jemals solche Hilfeleistungen tatsächlich erbracht hätte. Demgemäß greift auch die Rüge, das Verwaltungsgericht habe verkannt bzw. fehlgewichtet, dass der Klägerin (zu 2.) als deutscher Staatsangehöriger ein Leben mit dem Kläger in Albanien nicht zumutbar sei, nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat unter Berücksichtigung des aus den genannten Gründen stark geminderten Vertrauensschutzes vielmehr zu Recht darauf verwiesen, dass den Klägern nach der Ausreise des Klägers auch die Führung einer „Fernbeziehung“ beschränkt auf Kontakte mithilfe elektronischer Medien sowie auf gelegentliche Besuche zumutbar sei.

Auch die familiären Beziehungen des Klägers zu seiner Mutter und seiner Schwester, die beide die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, hat das Verwaltungsgericht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Die Rüge des Klägers, die Beklagte und das Verwaltungsgericht hätten nicht hinreichend berücksichtigt, dass auch seine Mutter, die ausweislich der vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen an einer reaktiven Depression, einem chronischen Schmerzsyndrom und mehreren orthopädischen Erkrankungen (insbesondere chronisch progrediente Gonarthrose links, Bandscheibenvorfall L5/S1, Fingerpolyarthrosen, multiple Tendinosen) leide, ihren Alltag nicht mehr alleine bewältigen könne und auf die Unterstützung durch ihre Familienangehörigen angewiesen sei, greift ebenfalls nicht durch. Denn auch bezüglich der Mutter ist weder dargelegt, auf welche Lebenshilfeleistungen diese tatsächlich angewiesen sein soll, noch geltend gemacht oder sonst ersichtlich, dass der Kläger jemals solche Hilfeleistungen tatsächlich erbracht hätte. Die pauschale und unsubstantiierte Feststellung im vorgelegten ärztlichen Attest des Arztes für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Dr. B. C. vom 15. April 2014, wonach die Patientin im Alltag der Unterstützung durch die Angehörigen bedürfe, weil sie ihren Alltag nicht alleine bewältigen könne, reicht dafür jedenfalls nicht aus. In den vom Kläger weiter vorgelegten Attesten vom April und Mai 2015 ist im Übrigen von einer bei der Mutter erforderlichen Unterstützung im Alltag nicht die Rede.

Das Zulassungsvorbringen, der Kläger sei bei einer Rückkehr in Albanien wegen einer Familienfehde von Blutrache und damit dem Tod bedroht, ist schon nicht schlüssig. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger, der sich mit seinen Eltern und seiner Schwester bereits seit 1993 in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, entsprechend einer erstmals im Zulassungsverfahren vorgelegten Bescheinigung des Vereins zur Versöhnung der Blutrache Tirana vom 28. August 2014 sich in einer Fehde mit der Familiensippe S. befinden und insbesondere von den Bürgern A.S. und U.S. mit dem Tod bedroht werden solle, egal wo er sich befinde. Unabhängig davon könnte auch nicht angenommen werden, dass die behauptete Gefahr für den Kläger landesweit besteht und der albanische Staat grundsätzlich nicht willens und in der Lage ist, vor Übergriffen Schutz zu bieten bzw. dagegen vorzugehen (vgl. etwa OVG Saarl, B.v. 18.12.2015 - 2 A 128/15 - juris Rn. 12 m. w. N.).

Schließlich hat das Verwaltungsgericht auch zu Recht angenommen, dass dem Kläger trotz seines inzwischen 22-jährigen Aufenthalts in Deutschland und eingeschränkter albanischer Sprachkenntnisse zuzumuten sei, nach Albanien zurückzukehren, wo er als 31-jähriger gesunder Mann Arbeit und ein Auskommen finden könne. Dabei hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass der Kläger, der einen beachtlichen Teil seiner Kindheit in seinem Heimatland verbracht hat und dort auch zur Schule gegangen ist, zwar den ganz überwiegenden Teil seines Lebens in Deutschland gelebt hat, dass von einer gelungenen sozialen oder gar wirtschaftlichen Integration in die Verhältnisse in der Bundesrepublik jedoch gleichwohl nicht ausgegangen werden kann. Auch insoweit verfängt der klägerische Einwand, er verfüge in Albanien über keine tragfähigen sozialen Bindungen mehr und spreche nur noch gebrochen albanisch, letztlich nicht.

Einwände gegen die vom Verwaltungsgericht rechtlich nicht beanstandete Befristung der Wirkungen der Ausweisung des Klägers auf zuletzt sieben Jahre und die Abweisung der Klage der Klägerin (zu 2.) als unbegründet wurden im Zulassungsverfahren nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung folgt nach alledem aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 39 Abs. 1 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Senftl Zimmerer Dihm

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.