Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 17. Okt. 2017 - 2 B 11451/17

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2017:1017.2B11451.17.00
17.10.2017

Auf die Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1) wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 14. Juli 2017, soweit mit der Beschwerde angegriffen, abgeändert und der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2017 auch hinsichtlich Ziffern I und II des Bescheides abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge einschließlich der im Beschwerdeverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) tragen; ihre im erstinstanzlichen Verfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten trägt diese Beteiligte selbst. Die übrigen Beigeladenen haben ihre im Verfahren beider Rechtszüge angefallenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird, zugleich unter teilweiser Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 14. Juli 2017, für beide Rechtszüge auf jeweils 500.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die Beteiligten streiten über die vorläufige Vollziehbarkeit eines Bescheides, mit dem die Antragsgegnerin als Landesmedienanstalt die Antragstellerin als Veranstalterin eines privaten Fernsehvollprogramms verpflichtet hat, Sendezeiten für unabhängige Dritte („Drittsendezeiten“) zugunsten der Beigeladenen einzuräumen.

2

Die Verpflichtung zur Einräumung von „Drittsendezeiten“ in der Form von sog. Fensterprogrammen ergibt sich aus den im Rundfunkstaatsvertrag (RStV) enthaltenen gesetzlichen Vorgaben, nach denen die Genehmigung zur Ausstrahlung eines privaten Fernsehvollprogramms unter anderem davon abhängig gemacht wird, dass bestimmte Zeitanteile innerhalb des ausgestrahlten Programms weiteren Veranstaltern (sog. Fensterprogrammveranstalter) eingeräumt werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Hauptprogrammveranstalter bei Einleitung des Verfahrens zur Einräumung von Drittsendezeiten im Durchschnitt der letzten zwölf Monate einen Zuschaueranteil von 10 v. H. oder – falls der Hauptprogrammveranstalter einer Sendergruppe angehört – diese Sendergruppe insgesamt einen Zuschaueranteil von 20 v. H. erreicht oder überschritten hat.

3

Bestandteil des Vergabeverfahrens ist darüber hinaus die Feststellung über die Bemessung der auszuschreibenden Sendezeiten für unabhängige Dritte. Der Umfang beträgt nach den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags grundsätzlich 260 Minuten pro Woche. Er kann allerdings durch die Anrechnung von sog. Regionalfensterprogrammen um maximal 80 Minuten auf dann insgesamt 180 Minuten pro Woche reduziert werden. Eine derartige Anrechnung, die zwischen den Beteiligten nach Grund und Höhe nicht in Streit steht, wurde auch für den diesem Verfahren zugrundeliegenden Zulassungszeitraum vorgenommen.

4

In den vorangegangenen Zulassungszeiträumen waren in den entsprechenden Ausschreibungsverfahren jeweils die Beigeladene zu 1) und eine weitere Anbieterin, die Firma N., von der Antragsgegnerin berechtigt worden, im Hauptprogramm der Antragstellerin Fensterprogramme zu veranstalten. Die Geltungsdauer der letzten Zulassung endete zum 31. Mai 2013.

5

Die durch Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. April 2012 erfolgte Zulassung der Beigeladenen zu 1) und der Firma N. als Fensterprogrammveranstalterinnen für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2018 wurde nach der von der Antragstellerin seinerzeit erhobenen Klage durch Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 5. September 2012 (Az. 5 K 417/12.NW) aufgehoben. Auf die Klagen weiterer abgelehnter Mitbewerberinnen hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße durch Urteile vom gleichen Tag (Az. 5 K 404/12.NW und 5 K 452/12.NW) die Antragsgegnerin des Weiteren verpflichtet, über die Zulassungsanträge dieser Bewerber unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Mit Eintritt der Rechtskraft dieser Urteile war die von den Beteiligten so bezeichnete „1. Runde“ des Zulassungsverfahrens beendet.

6

Nach Ergehen der vorgenannten Urteile beschloss die Antragsgegnerin seinerzeit, das Auswahl- und Zulassungsverfahren der Drittsendezeiten zur Behebung der vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Mängel ohne eine erneute Ausschreibung fortzusetzen („2. Runde“ des Zulassungsverfahrens). Mit Bescheid vom 23. Juli 2013 wurden der Firma N. und der Beigeladenen zu 1) daraufhin Zulassungen zur Veranstaltung von Drittsendezeiten für je zwei Sendezeitschienen erteilt, die Anträge weiterer Mitbewerber abgelehnt und die bestehende Zulassung der Antragstellerin entsprechend beschränkt. Zugleich ordnete die Antragsgegnerin den Sofortvollzug an.

7

Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin Klage erhoben und zugleich die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage beantragt. Diesem Antrag gab das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße durch Beschluss vom 5. März 2014 (5 L 753/13.NW) hinsichtlich der Firma N. mit der Maßgabe statt, dass ihr eine Übergangszeit bis zum 30. Juni 2014 eingeräumt werde, in der sie auf der Basis der seinerzeit noch bestehenden Finanzierungsvereinbarung mit der Antragstellerin ihre Fensterprogramme ausstrahlen dürfe.

8

Auf die hiergegen von der Antragstellerin, der Antragsgegnerin sowie der Firma N. eingelegten Beschwerden ordnete der Senat durch Beschluss vom 23. Juli 2014 (2 B 10323/14.OVG) die aufschiebende Wirkung der jeweiligen Klagen auch hinsichtlich der Firma N. an. In einem weiteren Beschwerdeverfahren entschied der Senat durch Beschluss vom 8. September 2014 (2 B 10327/14.OVG) gleichfalls zugunsten der dortigen Beschwerdeführerin, einer weiteren Mitbewerberin in dem Vergabeverfahren zur Zulassung als Fensterprogrammveranstalterin.

9

Unmittelbar nach Erhalt der Senatsentscheidungen in diesen Eilverfahren stellte die Antragstellerin noch im September 2014 die Ausstrahlung der überregionalen Fensterprogramme in ihrem Fernsehvollprogramm ein. Dieser Zustand dauert bis zum heutigen Tag an. Die Antragstellerin strahlt seither in ihrem Fernsehprogramm lediglich einige von der Beigeladenen zu 1) hergestellte Sendungen auf privatrechtlicher Grundlage als Auftragsproduktionen aus.

10

Nach Einstellung der überregionalen Fensterprogramme durch die Antragstellerin diskutierte die Versammlung der Antragsgegnerin in ihrer Sitzung vom 8. Dezember 2014 das weitere Vorgehen. Zur möglichst umgehenden Beendigung eines Zustands, in dem trotz der gerichtlicherseits festgestellten Verpflichtung zur Einräumung von Sendezeiten für unabhängige Dritte keine überregionalen Fensterprogramme mehr ausgestrahlt wurden, erörterte die Versammlung auf der Grundlage einer entsprechenden Beschlussempfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses vier verschiedene Möglichkeiten, den nicht rundfunkstaatsvertragskonformen Zustand so zeitnah wie möglich zu beenden (hierzu im Einzelnen: Beschlussvorlagen für die Sitzungen des Rechts- und Zulassungsausschusses am 24. November 2014 und der Versammlung am 8. Dezember 2014, Bl. 3 bis 6 sowie 27 bis 30 der Verwaltungsakte – VA –).

11

Nach intensiver Diskussion der Vor- und Nachteile der sich bietenden Handlungsoptionen, bei der insbesondere auch eine bei Abschluss des Vergabeverfahrens noch verbleibende Restlaufzeit von wenigstens drei Jahren als erforderlich angesehen wurde, beauftragte die Versammlung die Verwaltung, eine Neuausschreibung für den noch laufenden Zulassungszeitraum in die Wege zu leiten. Zugleich sollten die Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße durchführt werden, sofern nicht die Zulassungsbescheide vom 23. Juli 2013 einvernehmlich mit der Firma N. und der Beigeladenen zu 1) zurückgenommen werden könnten (Bl. 34 VA). In der nachfolgenden Sitzung vom 23. Februar 2015 wurde dieser Auftrag zur Herbeiführung einer einvernehmlichen Lösung nochmals bestätigt (Bl. 89 VA).

12

Die aufgrund dieser Aufträge unternommenen Versuche der Verwaltung der Antragsgegnerin, mit den vorgenannten Beteiligten einvernehmlich die nach dem Rundfunkstaatsvertrag für die Gewährleistung der Meinungsvielfalt vorgesehenen Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm der Antragstellerin für den laufenden Zulassungszeitraum zu vergeben, führten bis Sommer 2015 zu keinem Ergebnis, unter anderem, weil die Antragstellerin der Auffassung war, hierzu nicht verpflichtet zu sein und dass vor einer erneuten Vergabe von Sendezeiten für unabhängige Ditte erst der maßgebliche Zuschaueranteil gemäß § 26 Abs. 4 RStV festgestellt werden müsse (s. Schreiben vom 8. Mai 2015, Bl. 308 VA).

13

Während dessen hob das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße seinerzeit im noch anhängigen Hauptsacheverfahren durch Urteile vom 21. April 2015 (Az.: 5 K 695/13.NW, 5 K 749/13.NW und 5 K 752/13.NW) den Zulassungsbescheid der Antragsgegnerin vom 23. Juli 2013 auf. Hiergegen legte weder die Antragsgegnerin noch die Firma N. Rechtsmittel ein. Lediglich die in allen drei Verfahren – wie hier – Beigeladene zu 1) legte Berufung ein (Az.: 2 A 10733/15.OVG, 2 A 10734/15.OVG und 2 A 10821/15.OVG).

14

Im Verlauf der dann folgenden Erörterungsgespräche wies die Antragstellerin stets darauf hin, sie behalte sich rechtliche Schritte gegen das ihrer Auffassung nach zu Unrecht eingeleitete und auch sonst mit Fehlern behaftete Ausschreibungs- und Vergabeverfahren vor. Im Erörterungsverfahren verlangte die Antragstellerin zunächst, die Sendezeiten sämtlich auf den Programmtag Mittwoch in der Zeit von 22:15 bis 00:15 und vom 00:15 bis 01:15 Uhr (sog. Sendezeitschienen) zu legen. Die Antragsgegnerin kam diesem Vorschlag nach.

15

Nachdem sich im Hinblick auf eine Vergabe der Drittsendezeiten für den laufenden Zulassungszeitraum keine Einigung zwischen der Antragstellerin, der Beigeladenen zu 1) und der Firma N. erzielen ließ, verzichtete diese gegenüber der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 13. Oktober 2015 unwiderruflich auf sämtliche Rechte aus ihrer früheren Zulassung als Fensterprogrammveranstalterin. Dies geschehe vor allem, um den Weg für eine zügige Neuausschreibung, Neuauswahl und Neulizenzierung freizumachen, damit im Programm der Antragstellerin wieder Drittsendezeiten aufgenommen werden könnten (Bl. 419 f. VA).

16

Daraufhin und wegen des auch ihrer Auffassung nach feststehenden Scheiterns des Versuchs einer einvernehmlichen Vergabe der restlichen Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm der Antragstellerin für den laufenden Zulassungszeitraum beantragte die Antragsgegnerin durch den stellvertretenden Direktor ihrer Verwaltung mit Schreiben vom 19. Oktober 2015 bei der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK – gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 RStV die Feststellung der Zuschaueranteile des Fernsehvollprogramms der Antragstellerin sowie der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE, der die Antragstellerin angehört. In diesem Schreiben wurde unter anderem darauf hingewiesen, dass eine außergerichtliche Einigung während des noch laufenden Berufungsverfahrens nicht gelungen sei und aktuell auch nicht mehr möglich erscheine. Vorbehaltlich der entsprechenden Entscheidung der Gremien sah deshalb die Verwaltung der Antragsgegnerin den Weg einer Neuausschreibung für fünf Jahre als naheliegend an.

17

Sowohl der Rechts- und Zulassungsausschuss als auch die Versammlung der Antragsgegnerin stimmten in ihren Sitzungen vom 9. November 2015 der von der Verwaltung ins Auge gefassten neuen Ausschreibung zu. Dieses neue Vergabeverfahren solle allerdings nur dann durchgeführt werden, wenn die KEK das Erreichen der maßgeblichen Zuschaueranteile auch positiv festgestellt habe.

18

In ihren Sitzungen vom 10. und 27. November 2015 beschloss die KEK, dass sich unter Zugrundelegung der von der AGF/GfK-Fernsehforschung ermittelten und veröffentlichten Daten über die Zuschaueranteile für die, von der KEK als maßgeblich angesehene, Referenzperiode in der Zeit von Oktober 2014 bis September 2015 für den Hauptprogrammveranstalter („SAT.1“) ein durchschnittlicher Zuschaueranteil in Höhe von 8,08 % und für die Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE in Höhe von 20,04 % ergebe. Unter Anrechnung der im Hauptprogramm von SAT.1 ausgestrahlten Regionalfensterprogramme betrage der Umfang der danach auszuschreibenden Drittsendezeiten 180 Minuten pro Woche, davon mindestens 75 Minuten in der Sendezeit von 19:00 Uhr bis 23:30 Uhr (KEK 846-1).

19

Mit Schreiben vom 26. November 2015 rückte die Antragstellerin von ihren bisherigen Vorstellungen zu den in der Ausschreibung aufzunehmenden Sendezeitschienen ab. Sie verlangte nunmehr eine Platzierung auf Dienstag, 23:10 Uhr bis 01:15 Uhr sowie Samstag von 19:00 bis 19:55 Uhr (jeweils Programmtage).

20

In ihrer Sitzung vom 16. Januar 2016 kam die Versammlung der Antragsgegnerin auch diesen Sendezeitwünschen der Antragstellerin nach und beschloss die Ausschreibung von Sendezeit für unabhängige Dritte nunmehr so, wie sie anschließend im Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz und auf der Homepage der Antragsgegnerin am 25. Januar 2016 veröffentlicht wurde. Die Bewerbungsfrist lief bis zum 10. März 2016. Der Text der Ausschreibung lautet (auszugsweise):

21

„Die LMK beabsichtigt, jeweils eine Zulassung für folgende drei Sendezeitschienen im bundesweit verbreiteten Programm Sat.1 (Hauptprogramm) zur Verbreitung von Programmen unabhängiger Dritter nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen zu erteilen:

22

1. Sendezeitschiene: Dienstag, 23:10 Uhr bis 00:15 Uhr (65 Minuten

23

2. Sendezeitschiene: Dienstag, 00:15 Uhr bis 01:15 Uhr (60 Minuten)

24

3. Sendezeitschiene: Samstag, 19:00 Uhr bis 19:55 Uhr (55 Minuten).

25

1) Ausschreibung, Auswahlverfahren und Zulassungsentscheidung erfolgen hinsichtlich des Zeitraums bis zum 31. Mai 2018 unter Vorbehalt: Hinsichtlich der letzten durch die LMK mit Laufzeit bis zum 31. Mai 2018 erteilten Zulassungen von Anbietern von Sendezeit für unabhängige Dritte im Programm Sat.1 von Juli 2013 sind Rechtsstreitigkeiten anhängig. Sollten die betreffenden Zulassungen vor der gegenständlichen Auswahlentscheidung rechtskräftig bestätigt werden, sind diese Ausschreibung und ein anschließendes Auswahlverfahren gegenstandslos. Die gegenständlichen Zulassungsentscheidungen werden für die Zeit bis zum 31. Mai 2018 unter den Vorbehalt des zeitweiligen Widerrufs (ganz oder teilweise) für den Fall der rechtskräftigen Bestätigung der früher erteilten Erlaubnisse gestellt. Im Falle des Widerrufs wäre die ggf. aufgenommene Sendetätigkeit bis zum 31. Mai 2018 einzustellen. Eine Entschädigung für Vermögensnachteile wird nicht gewährt.

26

2) […]

27

3) Die Zulassung gilt voraussichtlich ab dem 1. Juli 2016 für die Dauer von fünf Jahren, solange nicht die Zulassung des Hauptprogrammveranstalters endet, nicht verlängert oder nicht neu erteilt wird.

28

4) – 8) […]

29

9) Die Anträge müssen folgende Angaben enthalten:

30

a) – i) […]

31

j): Die Erklärung des Antragstellers, dass er den Antrag in Kenntnis des unter Ziff.1 erklärten und erläuterten Vorbehalts stellt.“

32

Das aus mehreren Teilabschnitten bestehende Auswahlverfahren wurde einvernehmlich mit der Antragstellerin durchgeführt, die ihre Mitwirkung jedoch wiederum in jedem Verfahrensabschnitt ausdrücklich unter Vorbehalt der Rechtmäßigkeit des Verfahrens stellte. Von insgesamt 63 Bewerbern wählte die Antragsgegnerin letztlich die drei Beigeladenen als Fensterprogrammveranstalter aus.

33

Die Auswahlentscheidung wurde durch die Versammlung der Antragsgegnerin am 26. September 2016 beschlossen; zugleich wurde wegen der Eilbedürftigkeit des Vergabeverfahrens der Hauptausschuss der Antragsgegnerin ermächtigt, die Feststellung der Herstellung des Benehmens mit der KEK im Umlaufverfahren treffen zu dürfen.

34

Die KEK entschied mit Beschluss aufgrund der Sitzungen vom 11. und 17. Oktober 2016, dass gegen die von der Antragsgegnerin vorgeschlagene Auswahl der Fensterprogrammveranstalter keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden. In der Beschlussbegründung bezweifelte die KEK allerdings auch, ob der mit den Fensterprogrammen bezweckte Vielfaltsbeitrag bei den überwiegend auf die Nachtzeit festgelegten Sendezeitschienen erreicht werden könne. Diese Platzierung sei, auch vor dem Hintergrund des Zuschaueranteilsabzugs gemäß § 26 Abs. 2 Satz 3 RStV, der sich nur rechtfertigen ließe, wenn durch die Platzierung der Drittsendezeiten die „mehr als nur theoretische“ Möglichkeit bestehe, einen entsprechend hohen Zuschaueranteil zu erreichen, als ungünstig zu qualifizieren. Überdies befremde es, dass auch die Beigeladene zu 1) für eine Sendezeitschiene ausgewählt worden sei. Diese beliefere die Antragstellerin nämlich bereits seit 1988, mithin schon vor Einführung der Drittsendezeitenregelung als von der Antragstellerin beauftragte Unternehmerin mit Sendungen in deren Hauptprogramm (KEK 846-2).

35

Die Feststellung des damit hergestellten Benehmens erfolgte durch Beschluss des Hauptausschusses der Antragsgegnerin im Umlaufverfahren.

36

In der Sitzung vom 5. Dezember 2016 bestätigte die Versammlung der Antragsgegnerin zunächst die Entscheidung des Hauptausschusses über die Benehmensherstellung zur Auswahl der Bewerber und stellte sodann fest, dass damit die benannten Bewerber ausgewählt seien. Außerdem beschloss die Versammlung vorbehaltlich des Benehmens mit der KEK, dass den Beigeladenen Zulassungen erteilt würden, für die nähere Maßgaben (u. a. der Vorbehalt entsprechend der Ankündigung in der Ausschreibung für die Zeit bis 31. Mai 2018) festgelegt wurden. Anschließend wurden zwischen der Antragstellerin und den Beigeladenen Finanzierungsvereinbarungen abgeschlossen.

37

Nach weiterem Schriftwechsel sowie einem entsprechenden Beschluss des Hauptausschusses der Antragsgegnerin im Umlaufverfahren im Dezember 2016 beschloss die KEK in ihrer 224. Sitzung am 10. Januar 2017 je für die einzelnen Sendezeitschienen, dass gegen die vorgesehenen Zulassungsentscheidungen keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden (KEK 846-3).

38

Die Feststellung des hergestellten Benehmens durch die KEK durch den Hauptausschuss der Antragsgegnerin und der Auftrag an die Verwaltung, die Zulassungsanträge zu bescheiden, erfolgte wiederum im Umlaufverfahren im Januar 2017.

39

Unmittelbar nach Ergehen des Beschlusses der KEK nahm die Beigeladene zu 1) ihre Berufungen in den noch laufenden Verfahren vor dem Senat (Az. 2 A 10733/15.OVG, 2 A 10734/15.OVG und 2 A 10821/15.OVG) zurück. Die Berufungsverfahren wurden daraufhin mit Beschlüssen des Senats vom 3. Februar 2017 eingestellt. Die Urteile des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 21. April 2015 (Az.: 5 K 695/13.NW, 5 K 749/13.NW und 5 K 752/13.NW), mit denen der Zulassungsbescheid der Antragsgegnerin vom 23. Juli 2013 aufgehoben worden war, wurden mit Zustellung der Einstellungsbeschlüsse des Senats rechtskräftig.

40

Anschließend ergingen am 13. Februar 2017 die den Gegenstand dieses Eilverfahrens bildenden Zulassungsbescheide. Der Lizenzzeitraum wurde, beginnend ab dem 1. März 2017, auf fünf Jahre festgelegt. Den ausgewählten Firmen wurde des Weiteren ein zeitlicher Vorlauf zugestanden, indem sie verpflichtet wurden, den Sendebetrieb bis spätestens 1. Juni 2017 aufzunehmen.

41

Die Versammlung der Antragsgegnerin bestätigte die Entscheidungen des Hauptausschusses, die der Bescheiderteilung vorausgegangen waren, nachträglich in ihrer Sitzung am 13. März 2017.

42

Gegen den Bescheid vom 13. Februar 2017 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße am 14. März 2017 Anfechtungsklage erhoben (5 K 313/17.NW) und mit Schriftsatz vom gleichen Tag den vorliegenden Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gestellt. Zur Begründung hat sie vor allem geltend gemacht, wegen des in späteren Referenzzeiträumen nachhaltig gesunkenen Zuschaueranteils in mehrfacher Hinsicht nicht mehr zur Einräumung von Drittsendezeiten verpflichtet zu sein. Dies ergebe sich zum einen aus den seit Jahren stetig gefallenen Zuschaueranteilen, die in 50 der von ihr herangezogenen 52 Referenzperioden unter den nach dem Rundfunkstaatsvertrag vorausgesetzten Mindestanteilen gelegen hätten. Diese Entwicklung hätte die Antragsgegnerin berücksichtigen müssen. Maßgeblich für die Bestimmung des Zuschaueranteils sei nämlich der Jahreswert, der unmittelbar dem Bescheiderlass (13. Februar 2017) vorausgegangen sei. Selbst wenn dieser Referenzzeitraum abzulehnen wäre, müsste der Jahreswert zugrunde gelegt werden, der neun Monate vor dem Beginn des Lizenzierungszeitraums liege. Hilfsweise sei jedenfalls der durchschnittliche Jahres-Zuschaueranteil maßgeblich, der unmittelbar der Veröffentlichung der Ausschreibung im Staatsanzeiger (25. Januar 2016) vorausgegangen sei. Wenn dies abzulehnen wäre, so müsste der durchschnittliche Jahres-Zuschaueranteil zugrunde gelegt werden, der dem Beschluss der Versammlung der Antragsgegnerin vom 8. Dezember 2015 vorausgegangen sei. Wiederum hilfsweise sei der Zuschaueranteil maßgeblich, der unmittelbar dem, dem angegriffenen Bescheid zugrunde gelegten, Beschluss der KEK vom 27. November 2015 vorausgegangen sei. In sämtlichen dieser Referenzzeiträume hätten die relevanten Zuschaueranteile unter den Schwellenwerten des § 26 Abs. 5 RStV gelegen. Keinesfalls dürfe der Zeitpunkt des Schreibens der Verwaltung der Antragsgegnerin an die KEK vom 19. Oktober 2015 als Verfahrenseinleitung angesehen werden.

43

Die Bestimmung des Zuschaueranteils sei im Übrigen auch in Bezug auf die von ihr in ihrem Programm ausgestrahlten Regionalfensterprogramme rechtswidrig erfolgt. Diese hätten zum einen schon deshalb bei der Bestimmung der Zuschaueranteile herausgerechnet werden müssen, weil sie nicht bundesweit zu empfangen seien. Zum anderen seien diese Regionalfensterprogramme nicht ihrem Programm einzubeziehen, weil sie ihr als Fremdprogramme nicht zuzurechnen seien. Dies gelte selbst in den Ländern, in denen diese Regionalfensterprogramme durch Tochtergesellschaften der Sendergruppe ProSiebenSat1 Media SE ausgestrahlt würden. Denn diese müssten redaktionell von ihr unabhängig sein.

44

Es sei auch zu Unrecht der Durchschnitt der Zuschaueranteile zugrunde gelegt worden. Richtigerweise hätte nach den Sehanteilen (Sehdauer des Programms in Monaten) gewichtet werden müssen.

45

Die Neuausschreibung und Vergabe der Drittsendezeiten an die Beigeladenen sei des Weiteren fehlerhaft während der zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung noch bestehenden Zulassung der Beigeladenen zu 1) erfolgt. Die neuen Fensterprogramme seien vom Zuschnitt mit den vorherigen Drittsendezeitschienen insofern nicht kompatibel. Hier sei auch die Sperrwirkung der bis zur Berufungsrücknahme am 7. Februar 2017 noch laufenden Gerichtsverfahren betreffend den Bescheid vom 23. Juli 2013 nicht beachtet worden.

46

Darüber hinaus hält die Antragstellerin den angefochtenen Zulassungsbescheid auch aus zahlreichen anderen Gründen für rechtswidrig. So gründe der Bescheid zur Zulassung der Beigeladenen unter entsprechender Beschränkung ihrer eigenen Zulassung im Hinblick auf bestimmte Verfahrensschritte auf einen Beschluss des funktional hierfür nicht zuständigen Hauptausschusses. Dieser Fehler sei auch nicht durch den Beschluss der Versammlung geheilt worden. Den Verwaltungsvorgängen sei zudem nicht zu entnehmen, ob die Versammlung überhaupt beschlussfähig gewesen sei. Die Verfahrensfehler seien weder unbeachtlich noch könnten sie geheilt werden. Es handele sich vielmehr um „absolute“ Verfahrensfehler, die sie – die Antragstellerin – in ihren Grundrechten beeinträchtigten. Schließlich sei der Sofortvollzug ohne vorherige Anhörung und nicht im Benehmen mit der KEK ergangen sowie rechtsirrig begründet worden. Für die Anordnung des Sofortvollzuges sei im Übrigen nicht die Versammlung, sondern die ZAK (Kommission für Zulassung und Aufsicht) zuständig gewesen.

47

Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag abzulehnen. Sie ist den Ausführungen der Antragstellerin im Einzelnen sowie unter Hinweis auf eine Stellungnahme der KEK vom 15. Mai 2017 zur Frage der rechtsgültigen Ermittlung von Zuschaueranteilen für die Festlegung von vielfaltssichernden Maßnahmen nach dem Rundfunkstaatsvertrag entgegengetreten.

48

Die Beigeladenen haben sich im erstinstanzlichen Verfahren weder geäußert noch Anträge gestellt.

49

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin im Hinblick auf die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Ablehnungen anderer Bewerber als unzulässig angesehen. Im Übrigen hat die Vorinstanz dem Antrag stattgegeben. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts erweise sich der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig. Die Beigeladenen hätten nicht als Fensterprogrammveranstalterinnen zugelassen werden dürfen und die Zulassung der Antragstellerin hätte nicht entsprechend beschränkt werden dürfen, weil das Verfahren nicht im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags durchgeführt worden sei. Das Zulassungsverfahren hätte nicht eingeleitet und eine Ausschreibung nicht vorgenommen werden dürfen, solange das Zulassungsverfahren für den Lizenzzeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2018, das in der Berufungsinstanz beim Senat anhängig gewesen sei, noch nicht rechtsbeständig beendet worden sei. Die in der Ausschreibung enthaltenen Vorbehalte seien nicht geeignet gewesen, dieses Problem zu beheben. Der in den Zulassungsbescheiden enthaltene Widerrufsvorbehalt sei nicht geeignet gewesen, spätere Zulassungskollisionen zu vermeiden. Die dort formulierten Vorbehalte hätten nicht „funktionieren“ können, weil die gewählte Konstruktion nicht habe sicherstellen können, dass die Zulassungszeiträume sich nicht überschneiden. Außerdem seien die Schwierigkeiten nicht ausreichend berücksichtigt worden, die aus dem unterschiedlichen Zuschnitt der wöchentlichen Sendezeitschienen resultierten. Unabhängig davon habe die Bestimmung der Zuschaueranteile für das neue Zulassungsverfahren nicht auf der richtigen Referenzperiode beruht, so dass die Antragstellerin voraussichtlich nicht zur Bereitstellung von Drittsendezeiten verpflichtet gewesen sei.

50

Gegen diesen Beschluss richten sich die von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1) eingelegten Beschwerden, mit denen sie die Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses und die Ablehnung des Antrags der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage beantragen. Sie sind beide mit unterschiedlicher Begründung der Auffassung, dass das Vergabeverfahren an keinen formellen oder inhaltlichen Fehlern leide.

51

Die Antragstellerin hält dagegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für zutreffend und tritt den Beschwerden unter weitgehender Bezugnahme auf ihre bereits erstinstanzlich vorgebrachten Einwände sowie mit ergänzenden Ausführungen, die sich vornehmlich auf die Ausführungen der Beschwerdeführerinnen beziehen, entgegen. Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass das neue Zulassungsverfahren nicht habe durchgeführt werden dürfen, solange das zu diesem Zeitpunkt noch laufende Berufungsverfahren für den Lizenzzeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2018 noch nicht rechtskräftig beendet gewesen sei. Diesen Fehler habe auch die von der Antragsgegnerin gewählte Vorbehaltskonstruktion nicht beheben können. Insofern sei insbesondere der Vortrag der Antragsgegnerin ungeeignet, an den zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts etwas zu ändern. Es habe vor allem keine regulatorische Notlage vorgelegen; insofern erweise sich die Argumentation der Antragsgegnerin als Zirkelschluss. Die Antragsgegnerin hätte entweder die Rechtskraft eines Urteils über den seinerzeit noch streitbefangenen Zulassungsbescheid vom 23. Juli 2013 abwarten oder diesen Bescheid vollständig widerrufen müssen. Die Vorbehaltskonstruktion hätte sie, die Antragstellerin, vor allem auch wegen der unterschiedlichen Gesamtlaufzeiten in ihren Rechten verletzt. Insoweit habe es auch an einer dialogischen Auseinandersetzung der Antragsgegnerin mit ihren Vorstellungen gefehlt.

52

Darüber hinaus seien bereits die ersten Verfahrensschritte zur Einleitung des Verfahrens und zur Ermittlung des Zuschaueranteils nicht den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags entsprechend durchgeführt worden. Insbesondere sei nicht auf das Schreiben vom 19. Oktober 2015 abzustellen. Dieses Schreiben könne schon deshalb nicht als Verfahrenseinleitung gewertet werden, weil ein vorheriger Beschluss der Versammlung gefehlt habe. Bei der Einleitung eines neuen Drittsendezeitenverfahrens handele es sich auch nicht um eine bloße Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung. Im Übrigen habe zum damaligen Zeitpunkt noch eine entgegenstehende Beschlusslage der Versammlung bestanden. Das Schreiben vom 19. Oktober 2015 habe deshalb auch unter den Vorbehalt eines möglichen neuen Drittsendezeitenverfahrens gestanden. Dann könne es aber auch nicht als Verfahrenseinleitung gewertet werden. Diese Fehler seien weder unbeachtlich noch hätten sie geheilt werden können.

53

In der nachfolgenden Zeit habe ihr Zuschaueranteil bei richtiger Berechnung stets unter den Schwellenwerten von 10 v. H. beziehungsweise 20 v. H. gelegen. Die Berechnungsweise der KEK sei im Übrigen fehlerhaft. Auch für die Ermittlung des Jahresdurchschnitts sei nicht auf ein arithmetisches Mittel, sondern auf gewichtete Marktanteile abzustellen. Diese Gewichtung müsse anhand der Sehdauer vorgenommen werden. Nur diese Betrachtungsweise entspräche den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages. Regionalfenster, das Programm „wetter.com TV“ sowie die Online-Aktivitäten der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE seien nicht zu berücksichtigen.

54

Unabhängig hiervon erweise sich der angefochtene Bescheid auch aus anderen Gründen als rechtswidrig, auf die das Verwaltungsgericht nicht mehr habe eingehen müssen. So seien selbst bei einem Überschreiten der Schwellenwerte diese nur sechs bis neun Monate vor Beginn des Lizenzierungszeitraums änderungsfest. Dieser Zeitraum sei im vorliegenden Vergabeverfahrens aber überschritten. Der Senat habe in seinen Entscheidungen vom 23. Juli und 8. September 2014 auf einen Zeitraum von neun Monaten abgestellt. Es bestehe kein Grund, etwa wegen der Quantität der Bewerbungen, hiervon abzuweichen. Schützenswerte Interessen von potentiellen Bewerbern stünden dem nicht entgegen. Dies zeige auch das vorliegende Verfahren. Richtigerweise sei für die Bestimmung des Zuschaueranteils ohnehin auf das Datum des Erlasses des Zulassungsbescheides abzustellen.

55

Zuletzt müsse auch eine Interessenabwägung zu ihren Gunsten ausfallen, da sie durch einzuräumende Drittsendezeiten erheblich in ihren verfassungsmäßig gesicherten Grundrechten verletzt würde. Grundrechte potentieller Fensterprogrammveranstalter müssten demgegenüber ebenso zurücktreten wie die Interessen der Allgemeinheit an einer Vielfaltssicherung im privaten Rundfunk.

56

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die von der Antragsgegnerin und der KEK vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der Beratung des Senats waren.

B.

57

Die zulässigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1) haben auch in der Sache Erfolg.

58

I. Das Verwaltungsgericht hätte den von der Antragstellerin gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alternative 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2017 auch hinsichtlich der Ziffern I und II des Bescheides ablehnen müssen. Im Rahmen dieses Eilverfahrens kann schon nicht festgestellt werden, dass der angefochtene Bescheid, wie die Antragstellerin und ihr folgend das Verwaltungsgericht meinen, offensichtlich rechtswidrig ist (1.). Selbst wenn der Ausgang der vor dem Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße erhobenen Klage der Antragstellerin (Az. 5 K 313/17.NW) zu ihren Gunsten als offen anzusehen wäre, so fiele jedenfalls die in diesem rundfunkrechtlichen Eilverfahren dann zu treffende Folgenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus (2.).

59

1. Die in dem angefochtenen Bescheid der Antragsgegnerin unter den Ziffern I und II erfolgten Zulassungen der Beigeladenen als Fensterprogrammveranstalter und die dementsprechende Beschränkung der Zulassung der Antragstellerin vom 26. August 2008 leiden an keinen offensichtlichen formellen Fehlern (a). Sie halten auch inhaltlich der – im Rahmen dieses Eilverfahrens in tatsächlicher Hinsicht nur summarisch möglichen – verwaltungsgerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle stand. Die Antragsgegnerin hat bei ihrer Feststellung, die Antragstellerin sei zur Einräumung von Drittsendezeiten in ihrem Hauptprogramm verpflichtet, ebenso wie bei der sich daran anschließenden Ausschreibung und Auswahl der Bewerber für die ausgeschriebenen Drittsendezeitlizenzen zu Gunsten der Beigeladenen jedenfalls nicht offensichtlich grundrechtlich oder einfachgesetzlich geschützte Rechte der Antragstellerin verletzt (b).

60

a) Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2017 ist in formeller Hinsicht rechtmäßig. Entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin waren im gesamten Verfahren bis zum Erlass des Bescheides vom 13. Februar 2017 stets die zuständigen Organe der Antragsgegnerin beteiligt (aa). Der Bescheid ist auch sonst formell fehlerfrei zustande gekommen (bb). Selbst wenn dies anders zu sehen wäre, so wäre ein – insoweit unterstellter – Formalfehler jedenfalls unbeachtlich bzw. geheilt (cc). Der von der Antragsgegnerin gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO angeordnete Sofortvollzug unterliegt gleichfalls keinen rechtlichen Bedenken (dd).

61

aa) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war der stellvertretende Direktor der Antragsgegnerin befugt, das Verfahren zur Vergabe der Sendezeiten für unabhängige Dritte durch die das Verfahren eröffnende Anfrage bei der KEK einzuleiten. Die Einleitung eines solchen Verfahrens gehört zu den Aufgaben, die der Direktorin der Antragsgegnerin bzw. ihrem Vertreter als einem der handlungsberechtigten Organe nach §§ 39 Satz 1, 44 LMG in Verbindung mit § 3 und § 12 der Hauptsatzung der Landeszentrale für Medien und Kommunikation vom 18. April 2005 (StAnz. S. 612) in der Fassung vom 21. Juni 2010 (StAnz. S. 904) übertragen worden sind. Nach § 12 Abs. 1 der Hauptsatzung ist der Direktor über die sich aus § 44 LMG ergebenden Aufgaben hinaus nämlich für alle Angelegenheiten zuständig, die der Versammlung nicht zugewiesen sind. Ist – wie hier – ein stellvertretender Direktor gewählt, vertritt dieser nach Satz 2 der vorgenannten Vorschrift die Direktorin im Falle der Verhinderung.

62

Das Vorgehen entspricht auch insofern den Vorgaben der Hauptsatzung der Antragsgegnerin, als der Direktorin bzw. ihrem Stellvertreter sämtliche Vertretungen der Antragsgegnerin nach außen obliegen. Bei der Einleitung des Verfahrens handelt es sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht um eine Aufgabe, die der Versammlung zugewiesen ist. Die Aufgaben der Versammlung sind vielmehr abschließend in § 42 LMG festgelegt. Die Einleitung eines Verfahrens zur Vergabe von Sendezeiten unabhängiger Dritter lässt sich vor allem nicht § 42 Nr. 9 LMG (Entscheidung über die Erteilung oder die Entziehung von Zulassungen) zuordnen. Bei der Einleitung des – mehrstufig ausgestalteten – Verfahrens zur Vergabe von überregionalen Fensterprogrammen geht es lediglich im letzten Schritt um die Erteilungen der Zulassungen der Fensterprogrammveranstalter bzw. der Einschränkung der Zulassung des Hauptprogrammveranstalters. Die Beauftragung der KEK zur Feststellung der maßgeblichen Zuschaueranteile ist zwar der Beginn dieses Verfahrens. Die bloße Einleitung des Verfahrens im Sinne von § 27 Abs. 1 RStV lässt sich hingegen nicht unter den Tatbestand „Entscheidung über die Erteilung“ von Zulassungen im Sinne des § 42 Nr. 9 LMG fassen. Damit ist vielmehr erkennbar die eigentliche Zulassung, das heißt die Entscheidung über die Vergabe der Lizenz als solche, gemeint.

63

Unabhängig von diesen Erwägungen war der stellvertretende Direktor der Verwaltung der Antragsgegnerin bei realitätsnaher Betrachtungsweise aber ohnehin von der Versammlung bereits durch den Beschluss vom 8. Dezember 2014 (bestätigt durch weiteren Beschluss vom 23. Februar 2015) mit der Einleitung eines – gegebenenfalls auch über den 31. Mai 2018 hinausgehenden – Verfahrens zur Vergabe von Sendezeiten beauftragt worden. Dies folgt aus dem zutreffenden Verständnis der Diskussion der Versammlung in ihrer Sitzung vom 8. Dezember 2014 (Bl. 27 bis 30 VA). In dieser Sitzung wurden die rechtlichen Möglichkeiten erörtert, die sich als Folge der Beschlüsse des Senats vom 23. Juli 2014 und 8. September 2014 ergaben. Nachdem der Rechts- und Zulassungsausschuss in der Beschlussvorlage vom 24. November 2014 mehrere unterschiedliche Möglichkeiten aufgezeigt hatte, um den durch das Verhalten der Antragstellerin mitverursachten, nicht rundfunkstaatsvertragskonformen, Zustand zu beenden (s. im Einzelnen Bl. 3 bis 6 VA), entschied sich die Versammlung für die Einleitung eines neuen Auswahlverfahrens, zunächst nur bis zum Ende der seinerzeit noch mehr als drei Jahre laufenden Zulassungsperiode. Den Mitgliedern der Versammlung ging es jedoch unabhängig hiervon bei allen diskutierten Lösungsmöglichkeiten erkennbar stets um eine rechtssichere sowie – vor allem – auch zeitnahe Vergabe der überregionalen Fensterprogramme.

64

In exakt diesem Sinne handelte der stellvertretende Direktor der Antragsgegnerin, als er wenige Tage nach der Rückgabe der Lizenz durch die Firma N. am 13. Oktober 2017 das Verfahren zur Vergabe der zu diesem Zeitpunkt (immer noch) nicht ausgestrahlten Drittsendezeiten in Gang setzte, ohne einen weiteren Versammlungsbeschluss abzuwarten. Das dem stellvertretenden Direktor der Antragsgegnerin von der Versammlung in dieser Angelegenheit umfassend übertragende Mandat rechtfertigte in Ansehung der zum damaligen Zeitpunkt bereits seit mehr als einem Jahr nicht mehr gesendeten überregionalen Fensterprogramme sein Verhalten. Im Übrigen bestätigte die Versammlung der Antragsgegnerin kurze Zeit später die Handlungsweise des stellvertretenden Direktors der LMK. Die Verfahrenseinleitung erfolgte damit formell rechtswirksam am 19. Oktober 2015.

65

bb) Es liegt des Weiteren – entgegen der Rechtsansicht der Antragstellerin – kein Verfahrensfehler vor, wenn vor der Zulassungsentscheidung die erforderliche Feststellung der Herstellung des Benehmens mit der KEK nicht unmittelbar die Versammlung, sondern zunächst der Hauptausschuss im Umlaufverfahren getroffen hat. Zu dieser Verfahrensweise wurde der Hauptausschuss von der Versammlung nämlich zuvor am 5. Dezember 2016 ausdrücklich ermächtigt (vgl. Bl. 1414 VA). Zwar war die Möglichkeit der Einberufung der Versammlung seinerzeit nicht von vornherein ausgeschlossen, jedoch hat die Antragsgegnerin insofern auf die bestehenden Abstimmungsschwierigkeiten unter den Mitgliedern der Versammlung bei einem kurzfristigen Ansetzen einer ungeplanten Sitzung während des laufenden Jahres hingewiesen. Das ist vor dem Hintergrund des konkreten Verfahrens und der Vielzahl von Terminen der Versammlung gerade in dieser Angelegenheit ohne Weiteres nachvollziehbar, zumal die Mitglieder der Versammlung ihre Tätigkeit ehrenamtlich ausüben (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 der Hauptsatzung). Diese müssen deshalb die Sitzungen stets mit ihren hauptberuflichen Verpflichtungen und bereits zuvor feststehenden Terminen in Übereinstimmung bringen. Die Möglichkeit der sofortigen Einberufung und Durchführung einer außerplanmäßigen Sitzung der Versammlung stand der Verwaltung, die sämtliche Verfahrensschritte einleiten und koordinieren musste, von daher nicht ohne Weiteres zur Verfügung. Der Beschluss des Hauptausschusses stand zudem unter dem Vorbehalt der (dann am 13. März 2017 auch erfolgten) Zustimmung der Versammlung. Spätestens durch diese Bestätigung liegt diese Verfahrenshandlung formgültig vor.

66

Die von der Antragsgegnerin gewählte Verfahrensweise war in der damaligen Situation auch naheliegend, weil aus mehreren Gründen eine Eilbedürftigkeit im Sinne von § 10 Abs. 3 der Geschäftsordnung der Landeszentrale für Medien und Kommunikation vom 18. April 2005 (StAnz. S. 612) in der Fassung vom 20. Juni 2016 (StAnz. S. 675) vorlag. Zum einen wurden zum fraglichen Zeitpunkt aufgrund der Einstellung des Sendebetriebs durch die Antragstellerin seit mehr als zwei Jahren keine überregionalen Fensterprogramme mehr ausgestrahlt, was schon für sich genommen die – sogar rundfunkverfassungsrechtlich begründete – Eilbedürftigkeit hinreichend belegt.

67

Hinzu kommt, dass sich die Antragstellerin bereits in dem Verfahren zur „2. Runde“ (und so auch in diesem Verfahren) stets auf die ihrer Meinung nach bestehende zeitliche „Verfallsdauer“ bei den von der KEK festgestellten Überschreitungen der Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 RStV berufen hat. In Anbetracht des zuvor an den Tag gelegten Verhaltens der Antragstellerin durfte die Antragsgegnerin in der „3. Runde“ davon ausgehen, dass in diesem Zulassungsverfahren eine besondere Eile geboten war, um der entsprechenden (dann auch tatsächlich vorgetragenen) Rüge der Antragstellerin vorzubeugen. Schon wegen dieses bekannten, zu erwartenden und letztlich auch eingetretenen Verhaltens der Antragstellerin war die Antragsgegnerin berechtigt, die Feststellung der Herstellung des Benehmens mit der KEK durch ihren Hauptausschuss im Umlaufverfahren zu treffen.

68

bb) Sonstige schwere oder unheilbare Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat das Zulassungsverfahren für die Vergabe der Sendezeiten für unabhängige Dritte im Hauptprogramm der Antragstellerin in Übereinstimmung mit den hierbei zu beachtenden gesetzlichen Regeln durchgeführt. In diesem Sinne hat sie sich in jeder Phase des Verfahrens nach den Vorstellungen der Antragstellerin gerichtet und sowohl geänderte Forderungen in Bezug auf die Sendezeitschienen als auch die Wünsche in Bezug auf die auszuwählenden Bewerber umgesetzt. Formelle Fehler sind ihr hierbei erkennbar nicht unterlaufen.

69

Dies gilt auch in Bezug auf die von der Antragstellerin in formeller Hinsicht erhobene Rüge der Unzulässigkeit des Verfahrens wegen des Entstehens paralleler Zulassungszeiträume. Eine derartige „Sperrwirkung“ für die am 19. Oktober 2015 erfolgte Verfahrenseinleitung bestand nicht. Inwieweit sich Überschneidungen in den Zulassungszeiträumen auf die Frage der inhaltlichen Einhaltung der Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages bei dem mit der Klage angefochtenen Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2017 auswirken, ist keine Frage seiner formellen, sondern materiellen Rechtmäßigkeit.

70

Soweit die Antragstellerin die ihrer Ansicht nach nicht vorliegende Beschlussfähigkeit der Versammlung der LMK rügt, ist dem die Antragsgegnerin im Einzelnen unter Vorlage der entsprechenden Anwesenheitslisten (vgl. Bl. 288 bis 299 der Gerichtsakte – GA –) entgegengetreten. Hierauf hat die Antragstellerin bislang nicht substantiiert repliziert.

71

cc) Da, wie vorstehend dargelegt, keine formellen Fehler vorliegen, kommt es weder auf die von der Antragstellerin in ihren Schriftsätzen vom 25. April und 6. Oktober 2017 diskutierte Frage einer Unbeachtlichkeit der von ihr – unzutreffend – gesehenen Formalfehler noch auf die von ihr zugleich erörterte Frage der Zulässigkeit einer Fehlerheilung gemäß § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVG – i. V. m. §§ 45, 46 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – an. Selbst wenn dies anders zu sehen wäre, so wären die von ihr gerügten Formalfehler jedenfalls unbeachtlich oder aber geheilt. Denn die von der Antragstellerin gerügten Verfahrensmängel sind, ihr Vorhandensein unterstellt, in jedem Fall nicht als „absolute“ Formalfehler anzusehen. Es handelt sich vielmehr um von der Antragstellerin bereits im Zulassungsverfahren aufgeworfene Fragen, die von der Antragsgegnerin – wie ausgeführt – in dem auch vom Senat zugrunde gelegten Sinne beantwortet werden durften.

72

dd) Keinen rechtlichen Bedenken unterliegt die in dem Bescheid vom 13. Februar 2017 unter der Ziffer VI gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO erfolgte besondere Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Zulassung der Beigeladenen als Fensterprogrammveranstalterinnen. Insbesondere ist die Begründung des Sofortvollzuges nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß. Die von der Antragstellerin hiergegen erhobenen Einwände (insbesondere in ihrem Schriftsatz vom 25. April 2017, S. 41 ff.) gehen fehl.

73

Die Regelung in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO normiert eine formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsaktes. Die Vollziehungsanordnung ist danach grundsätzlich mit einer gesonderten, auf den konkreten Einzelfall abgestellten und nicht lediglich formelhaften, formblattmäßig oder pauschalen Begründung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes zu versehen. Auch reicht die bloße Wiederholung des Gesetzestextes (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO) nicht aus. Notwendig ist vielmehr eine auf die Umstände des konkreten Falles bezogene Darlegung des besonderen Interesses gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts. Insbesondere muss die Vollziehbarkeitsanordnung erkennen lassen, dass sich die Behörde des rechtlichen Ausnahmecharakters der Anordnung bewusst ist. Die Begründung kann durchaus knapp ausfallen; aus ihr muss jedoch hervorgehen, dass und warum die Verwaltung im konkreten Fall dem sofortigen Vollziehbarkeitsinteresse Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt (vgl. W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke [Hrsg.], VwGO, 23. Aufl. 2017, § 80 Rn. 84; Windhorst, in: Gärditz [Hrsg.], VwGO, 2013, § 80 Rn. 148; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier [Hrsg.], VwGO, Loseblattkommentar, Stand Oktober 2016, § 80 Rn. 248).

74

Die von der Behörde nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO vorzunehmende Begründung hat zudem den Zweck, den oder die Betroffenen in die Lage zu versetzen, durch Kenntnis der Gründe, die die Behörde zur Vollziehungsanordnung veranlasst haben, seine bzw. ihre Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels abzuschätzen (vgl. W.-R. Schenke, a.a.O., § 80 Rn. 84; Schoch, a.a.O., § 80 Rn. 245). Das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gebietet indes nicht, dass die Behörde mit substantiierten tatsächlichen Feststellungen im Einzelnen das besondere Vollzugsinteresse begründet.

75

Das besondere Vollzugsinteresse ist vorliegend in diesem Sinne hinreichend begründet worden. Die Antragsgegnerin hat ausführlich und nicht bloß floskelhaft dargelegt, weshalb sie ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Zulassung der Beigeladenen und der Beschränkung der Zulassung der Antragstellerin annimmt. Diese Begründung stellt eine auf den konkreten Fall abstellende, nicht nur formelhafte Begründung dar, ohne dass es darauf ankommt, ob die von ihr angeführten Gründe zutreffen oder die widerstreitenden Interessen inhaltlich ermessens- und oder sachgerecht abgewogen wurden. Letzteres ist eine Frage, die der Senat nachfolgend im Sinne der von ihm selbst zu treffenden Interessenabwägung zu berücksichtigen hat; für die von der Antragstellerin problematisierten Frage der formellen Rechtmäßigkeit der Vollziehungsanordnung ist dies nicht von Belang.

76

Eine vorherige Anhörung gemäß § 1 LVwVfG i. V. m. § 28 Abs. 1 VwVfG war entgegen der Rechtsmeinung der Antragstellerin nicht erforderlich. Die Anordnung des Sofortvollzugs im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 VwGO ist kein Verwaltungsakt, sondern eine verfahrensrechtliche Nebenentscheidung zum Verwaltungsakt, so dass § 28 Abs. 1 VwVfG insoweit nicht zugrunde zu legen ist (vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn. 80; W.-R. Schenke, a.a.O. § 80 Rn. 82; Schoch, a.a.O., § 80 Rn. 258; jeweils m.w.N.). Eine analoge Anwendung von § 28 Abs. 1 VwVfG kommt mangels Vorliegens einer ungeplanten Regelungslücke gleichfalls nicht in Betracht. Unabhängig hiervon wäre der formelle Fehler einer vor Erlass der Vollziehungsanordnung unterbliebenen Anhörung der Antragstellerin im Rechtsbehelfsverfahren jedenfalls gemäß § 1 LVwVG i. V. m. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt worden.

77

Um den Sofortvollzug des Bescheides vom 13. Februar 2017 anzuordnen, war auch kein Benehmen mit der KEK herzustellen. Das Benehmenserfordernis nach § 36 Abs. 5 Satz 2 RStV bezieht sich nur auf den materiell-rechtlichen Inhalt der Auswahlentscheidung und der nachfolgenden Zulassung, nicht auf deren verfahrensmäßige Umsetzung im Einzelnen. Die entgegenstehende Rechtsansicht der Antragstellerin ist im Übrigen mit dem Eilbedürfnis, das jeder Anordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO immanent ist, nicht vereinbar.

78

b) Der danach in formeller Hinsicht rechtsfehlerfrei zustande gekommene Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2017 hält auch in der Sache mit dem in einem summarischen Verfahren allein zugrunde zu legenden Sachverhalt, das heißt nach Aktenlage unter Berücksichtigung des – gegebenenfalls glaubhaft gemachten – Vorbringens der Beteiligten, einer rechtlichen Überprüfung stand. Die Antragsgegnerin hat mit ihrer Feststellung, die Antragstellerin sei zur Einräumung von Drittsendezeiten in ihrem Hauptprogramm verpflichtet, ebenso wie bei der sich daran anschließenden Auswahlentscheidung für die Vergabe der Drittsendezeitlizenzen zu Gunsten der Beigeladenen den in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz – GG –, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV – niedergelegten Grundsatz der Rundfunkfreiheit jedenfalls nicht offensichtlich zu Lasten der Antragstellerin verletzt; weitere grundgesetzlich geschützte Interessen der Antragstellerin sind ebenso offensichtlich nicht betroffen.

79

aa) Die Verpflichtung privater Rundfunkveranstalter zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte gemäß § 26 Abs. 5 des Rundfunkstaatsvertrags vom 31. August 1991 (GVBl. 1991 S. 369) in der Fassung des 18. Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 9. September 2015 (GVBl. 2015 S. 410) ist Ausfluss der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass Rundfunk nicht nur Übermittler, sondern auch (Mit-)Gestalter im permanenten Prozess der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung ist und dass gerade dem Fernsehen aufgrund seiner Breitenwirkung, seiner Aktualität, des von ihm vermittelten Anscheins der Authentizität und des Miterlebens sowie seiner bequemen Verfügbarkeit besondere, wenn nicht herausragende Bedeutung für die Deckung des Informationsbedarfs der Bevölkerung zukommt. Der Rundfunk, insbesondere das Fernsehen, ist auch heute noch eines der mächtigsten Kommunikationsmittel und Massenmedien (vgl. auch VerfGH RP, Urteil vom 13. Mai 2014 – VGH B 35/12 –, AS 42, 258 [288 f.]), das wegen seiner weitreichenden Wirkungen und Möglichkeiten sowie der Gefahr des Missbrauchs zum Zwecke einseitiger Einflussnahme auf die öffentliche Meinung nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden darf.

80

Wie das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist die Rundfunkfreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG; Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV eine dienende Freiheit. Sie dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung, und zwar in einem umfassenden, nicht auf bloße Berichterstattung oder die Vermittlung politischer Meinungen beschränkten Sinn. Freie Meinungsbildung vollzieht sich in einem Prozess der Kommunikation. Sie setzt auf der einen Seite die Freiheit voraus, Meinungen zu äußern und zu verbreiten, auf der anderen Seite die Freiheit, geäußerte Meinungen zur Kenntnis zu nehmen, sich zu informieren. Indem Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 LV Meinungsäußerungs-, Meinungsverbreitungs- und Informationsfreiheit als Grundrechte gewährleistet, sucht er zugleich diesen Prozess verfassungsrechtlich zu schützen. Der Rundfunk ist Medium und Faktor des verfassungsrechtlich geschützten Prozesses, in dem sich die Meinungsbildung vollzieht. Angesichts seiner herausragenden kommunikativen Bedeutung wird freie Meinungsbildung nur in dem Maß gelingen, wie der Rundfunk seinerseits frei, umfassend und wahrheitsgemäß informiert. Unter den Bedingungen der modernen Massenkommunikation bildet daher der grundrechtliche Schutz der Vermittlungsfunktion des Rundfunks eine unerlässliche Voraussetzung der Erreichung des Normziels von Art. 5 Abs. 1 GG bzw. Art. 10 Abs. 1 LV (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16. Juni 1981 – 1 BvL 89/78 –, BVerfGE 57, 295 [319]; und vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 396/98 –, BVerfGE 114, 371 [387]).

81

Aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Rundfunkfreiheit folgt daher nicht nur ein Abwehrrecht des Rundfunkveranstalters, sondern zugleich die Pflicht des Gesetzgebers zu deren gesetzlicher Ausgestaltung. Meinungsbildung vollzieht sich insoweit in einem Prozess der Kommunikation, der gleichermaßen die Freiheit zur Meinungsäußerung und -verbreitung wie auch die Freiheit voraussetzt, geäußerte Meinungen zur Kenntnis zu nehmen und sich zu informieren.

82

Die Rundfunkfreiheit ist dergestalt eine der Freiheit der Meinungsbildung dienende Freiheit: Sie bildet unter den Bedingungen der modernen Massenkommunikation eine notwendige Ergänzung und Verstärkung der Meinungsfreiheit und dient der Aufgabe, freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk zu gewährleisten. Die grundrechtliche Gewährleistung einer bloßen Staatsfreiheit allein ermöglicht keine freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk. Hierzu bedarf es vielmehr einer positiven Ordnung, die sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet und dass auf diese Weise eine umfassende Information geboten wird. Hierbei hat der Gesetzgeber nicht bloß dafür Sorge zu tragen, dass dieses maßgebliche Instrument der Meinungsbildung nicht dem Staat, sondern auch, dass es nicht einer oder einzelnen gesellschaftlichen Gruppe überlassen wird, dass die in Betracht kommenden gesellschaftlichen Kräfte im Gesamtprogramm zu Wort kommen und dass die Freiheit der Berichterstattung unangetastet bleibt. Dem dienenden Charakter der Rundfunkfreiheit würde ein Verständnis von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV, das sich in der Abwehr staatlicher Einflussnahme erschöpfte und den Rundfunk im Übrigen den gesellschaftlichen Kräften überließe, nicht gerecht. Zwar entfaltet das Grundrecht der Rundfunkfreiheit seinen Schutz auch und zuerst gegenüber dem Staat. Daneben bedarf es jedoch einer positiven Ordnung, die sicherstellt, dass der Rundfunk ebenso wenig wie dem Staat einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird, sondern die Vielfalt der Themen und Meinungen aufnimmt und wiedergibt, die in der Gesellschaft insgesamt eine Rolle spielen. Zu diesem Zweck sind materielle, organisatorische und prozedurale Regelungen notwendig, die an der Aufgabe der Rundfunkfreiheit orientiert und geeignet sind zu bewirken, was Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 LV in seiner Gesamtheit gewährleisten will. Wie diese Ordnung im Einzelnen ausgestaltet wird, ist Sache der gesetzgeberischen Entscheidung. Das Grundgesetz schreibt weder ein bestimmtes Modell vor noch zwingt es zu konsistenter Verwirklichung des einmal gewählten Modells. Von verfassungs wegen kommt es vielmehr allein auf die Gewährleistung freier und umfassender Berichterstattung an (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Februar 1991 – 1 BvF 1/85 –, BVerfGE 83, 238 [316] m.w.N.)

83

Dem steht nicht entgegen, dass das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 20. Februar 1998 (1 BvR 661/94, BVerfGE 97, 298 ff.) auch ein Grundrecht der Veranstalter auf Rundfunkfreiheit anerkennt. Denn das Bundesverfassungsgericht hat unabhängig davon auch in jüngeren Entscheidungen den „dienenden Charakter“ der Rundfunkfreiheit mehrfach bestätigt (so etwa im Urteil vom 11. September 2007 – 1 BvR 2270/05 –, BVerfGE 119, 181 [214]).

84

Die Verpflichtung der Veranstalter von Fernsehvollprogrammen, bei einem Erreichen von bestimmten Zuschaueranteilen gemäß § 26 Abs. 5 RStV binnen sechs Monaten nach Feststellung und Mitteilung durch die zuständige Landesmedienanstalt Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe von § 31 RStV einzuräumen, ist damit Bestandteil und Ausfluss der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV (vgl. Trute, in: Hahn/Vesting [Hrsg.], RStV-Kommentar, 3. Auflage 2012, § 26 Rn. 80).

85

Die vorgenannten verfassungsrechtlichen Vorgaben prägen das Rundfunkrecht insgesamt und sind daher auch dort maßgebend und maßstabbildend, wo der Gesetzgeber – dem Handlungsauftrag der objektiven Rundfunkfreiheit folgend – einfachrechtliche Maßnahmen zur Gewährleistung der Meinungsvielfalt trifft. Wo dies, wie in § 26 Abs. 5, § 31 RStV, durch die Verpflichtung des Hauptprogrammveranstalters erfolgt, bei Überschreiten eines bestimmten Marktanteils Sendezeit für unabhängige Dritte einzuräumen, eröffnen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV insoweit ein dreifaches Spannungsfeld, als die Rundfunkfreiheit sowohl in ihrer objektiv-rechtlichen Ausprägung zugunsten aufsichtsrechtlicher Maßnahmen als auch subjektiv-rechtlich (zugunsten des Hauptprogramm- und des überregionalen Fensterprogrammveranstalters) streitet bzw. streiten kann. Diese einander oftmals widerstreitenden verfassungsrechtlichen Positionen sind nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz schon auf der Ebene des einfachen Rechts einander so zuzuordnen und dergestalt zum Ausgleich zu bringen, dass sie jeweils möglichst weitgehend wirksam werden (vgl. zum Vorstehenden: OVG RP, Beschlüsse vom 23. Juli 2014 – 2 B 10323/14.OVG –, ZUM-RD 2015, 35; und vom 22. Juni 2017 – 2 A 10449/16.OVG –; juris).

86

Danach besteht für die Antragstellerin nur in diesem Rahmen eine grundgesetzlich geschützte Position im Hinblick auf freie und ungeschmälerte Ausübung der wirtschaftlichen Betätigung als Veranstalterin eines privaten Fernsehvollprogramms. Dieses Recht steht ihr mit anderen Worten nur insoweit zu, wie die Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages dieses Grundrecht gestalten. Und darüber hinaus ist in den Blick zu nehmen, dass sich ausgewählte Fensterprogrammveranstalter (in dem ihnen durch eine Vergabeentscheidung eingeräumten Umfang) gleichfalls auf die Rundfunkfreiheit berufen können.

87

Voraussetzung für eine nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen verfassungsrechtlich in zulässiger Weise erfolgende Einschränkung des Rechts der Hauptprogrammveranstalterin im Sinne der Gewährleistung einer „objektiven Rundfunkfreiheit“ ist allerdings, dass die für die rundfunkrechtlichen Zulassungen zuständige Aufsichtsbehörde (hier: die Antragsgegnerin als zuständige Landesmedienanstalt) die verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben im Anwendungsfall in jedem einzelnen Fall vollständig beachtet. Das ist bei dem hier zur summarischen Überprüfung gestellten Verfahren zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe von § 31 RStV aber offensichtlich der Fall gewesen.

88

bb) Entgegen der Meinung der Antragstellerin wurde das Vergabeverfahren am 19. Oktober 2015 mit der schriftlichen Aufforderung der Verwaltung der Antragsgegnerin an die KEK, die nach § 27 Abs. 1 RStV maßgeblichen Zuschaueranteile festzustellen, rechtswirksam eingeleitet. Nur dieser Zeitpunkt ist nach dem eindeutigen und keiner anderen Auslegung zugänglichen Wortlaut der hierfür allein heranziehbaren Regelung des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV maßgeblich. Danach ist für die Feststellung des Vorliegens einer Verpflichtung zu Ausstrahlung von überregionalen Fensterprogrammen allein die Bestimmung des „bei Einleitung“ des Verfahrens im Durchschnitt der letzten zwölf Monate erreichten Zuschaueranteiles maßgeblich. Weder kommt es auf die spätere Beschlussfassung der Versammlung, noch auf den Zeitpunkt der Ausschreibung im Staatsanzeiger noch auf die Bekanntgabe der Drittsendezeitzulassungen an die Beteiligten noch auf sonstige spätere Zeitpunkte an. Denn bei sämtlichen der vorgenannten, von der Antragstellerin auch noch in ihrem letzten Schriftsatz vom 6. Oktober 2017 als maßgeblich bezeichneten, Zeitpunkte handelt es sich um (weitere) Handlungen innerhalb des – dann aber bereits eingeleiteten – Vergabeverfahrens. Insbesondere ein Abstellen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 13. Februar 2017 ist weder mit dem Wortlaut noch mit Sinn und Zweck der zu berücksichtigenden rundfunkrechtlichen Regelungen vereinbar.

89

Die rechtliche Fixierung auf den Anfangszeitpunkt des Vergabeverfahrens hat der Senat im Übrigen bereits in seinen den Beteiligten bekannten Beschlüssen vom 23. Juli und 8. September 2014 (2 B 10323/14.OVG und 2 B 10327/14.OVG) im Einzelnen dargelegt. Hieran wird auch unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Argumente der Antragstellerin (Schriftsatz vom 6. Oktober 2017, S. 16 ff.) festgehalten.

90

Soweit der Senat in diesen Entscheidungen auch den – regelmäßig späteren Zeitpunkt – der Ausschreibung der Sendezeiten für unabhängige Dritte im Staatsanzeiger als einen denkbaren Anknüpfungszeitpunkt für die Bestimmung der Zuschaueranteile angesehen hat, wird dem nicht weiter nachgegangen. Im Interesse der Rechtsklarheit – vor allem auch für künftige Fälle – wird nunmehr allein der Zeitpunkt des von der Landesmedienanstalt erstmals „nach außen“ dokumentierten Willens, die konzentrationsrechtliche Maßnahme der Drittsendezeiten mit der Beauftragung zur Feststellung der Zuschaueranteile einzuleiten, als maßgeblich angesehen. Diese Sichtweise entspricht nicht zuletzt der von der KEK ganz offensichtlich in ständiger Verwaltungspraxis bei allen Hauptprogrammveranstaltern einheitlich erfolgten Handhabung (vgl. hierzu die Ausführungen der KEK in ihrer Stellungnahme vom 15. Mai 2017, Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 23. Mai 2017, Bl. 269 ff. GA). Sie ist auch sachgerecht, finden doch bis zur Ausschreibung der Sendezeiten im Staatsanzeiger bereits mehrere Verfahrenshandlungen und sogar Erörterungen mit dem Hauptprogrammveranstalter statt. Den rechtlich mit erheblichen Konsequenzen versehenen Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung fiktiv auf einem Zeitpunkt zu verlegen, in dem bereits zuvor mehrere, für die spätere Vergabeentscheidung mitbestimmende (vgl. OVG RP, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 2 B 10323/14.OVG –, Beschlussabdruck S. 28 ff.) Verfahrensschritte durchgeführt worden sind, ist nicht nur denkgesetzlich schwer zu begründen. Eine solche Rechtsansicht führt bei einer dann sich zu diesem Zeitpunkt ggf. ergebenden Unterschreitung der Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 RStV zu einer überflüssigen Inanspruchnahme der Ressourcen der Landesmedienanstalten. Dies belegt nicht zuletzt dieses Vergabeverfahren, das bis zur Ausschreibung im Staatsanzeiger bereits mehrere Monate in Anspruch nahm und schon in diesem Verfahrensstadium durch zahlreiche Erörterungen und Gespräche mit der Antragstellerin geprägt war.

91

Das Abstellen auf einen späteren Zeitpunkt mag aus Sicht des Hauptprogrammveranstalters wünschenswert sein, wie es die Antragstellerin unter Berufung auf verschiedene Literaturmeinungen (Schriftsatz vom 25. April 2017, S. 11) vertritt. De lege lata widerspricht dies jedoch dem von den Verfassern des Rundfunkstaatsvertrages eindeutig und klar zum Ausdruck gebrachten Willen. Wenn in § 27 Abs. 1 RStV von der „Einleitung“ des Verfahrens die Rede ist, so soll dadurch erkennbar auf denfrühesten in einem Vergabeverfahren möglichen Zeitpunkt abgestellt werden. Jede andere Sichtweise hielte sich nicht mehr an die – nicht überschreitbare – Grenze einer Wortlautauslegung. Dieser frühe Zeitpunkt kann nur im Herantreten einer Landesmedienanstalt an die KEK, mit dem erstmals der Beginn des Verfahrens der Vergabe von Sendezeiten an unabhängige Dritte dokumentiert wird, gesehen werden. Auch kann nur dieser Zeitpunkt von der KEK als zuständiges Organ der Landesmedienanstalten für den Beginn des nach § 27 Abs. 1 RStV zwölf Monate umfassenden Referenzzeitraumes berücksichtigt werden.

92

Eine „Ausschreibung unter Vorbehalt“, wie ihn die Antragstellerin in dem hier zu beurteilenden Vergabeverfahren zu erkennen meint, ändert an diesem Ergebnis nichts. Zum einen ist schon nicht erkennbar, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt sich an der – auch im Vorbehaltsfall bereits erfolgten – „Einleitung“ des Verfahrens etwas ändern sollte, wenn das Vergabeverfahren von im weiteren Verlauf zu erfüllenden oder festzustellenden zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht wird. Jedenfalls ändert sich für die den Zuschaueranteil ermittelnde KEK an ihrem Feststellungsauftrag und damit zugleich an der nach „außen“ rechtswirksamen Verfahrenseinleitung durch einen Vorbehalt der Landesmedienanstalt, die insofern immer auch weitere Voraussetzungen bei der Vergabe von Drittsendezeiten zu beachten hat, nichts. Der Gefahr einer nur punktuellen Bestimmung der maßgeblichen Zuschaueranteile wird im Interesse der Hauptprogrammveranstalter durch den Jahreszeitraum, innerhalb dessen die durchschnittlichen Schwellenwerte erreicht werden müssen, entgegengewirkt.

93

Wie der Senat in seinen vorgenannten Beschlüssen vom 23. Juli und 8. September 2014 allerdings auch ausgeführt hat, ist nicht jede zu einem beliebigen Zeitpunkt vorgenommene Einleitung des Vergabeverfahrens durch die Landesmedienanstalt rechtmäßig. Um einem Missbrauch vorzubeugen, steht die mit der Verfahrenseinleitung verbundene Bestimmung des Anfangspunktes des Referenzzeitraumes in einem gebundenen, das heißt vor allem auf missbräuchliche Verwendung zu überprüfenden, Ermessen der Antragsgegnerin.

94

Eine derartige Ermessensentscheidung ist in einem rundfunkrechtlichen Eilverfahren gerichtlich nur daraufhin zu überprüfen, ob die Landesmedienanstalt die Grenzen des ihr eingeräumten Beurteilungsspielraums eingehalten oder überschritten hat. Die Verwaltungsgerichte haben dabei nachzuprüfen, ob die Behörde die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, von einem richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen ist, den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemein gültige Wertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere rundfunkrechtliche Grundsätze (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV) und das Willkürverbot (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 77 Abs. 2 LV) nicht verletzt hat. Nach allen in diesem Eilverfahren vom Senat zu berücksichtigenden Erkenntnissen hat die Antragsgegnerin ihr Ermessen vorliegend in diesem Sinne ermessensfehlerfrei ausgeübt.

95

Maßgeblich für diese Einschätzung ist die im Einleitungszeitpunkt aufgrund der vorangegangenen Eilbeschlüsse des Senats und dem anschließenden Verhalten der Antragstellerin vorliegende – atypische – Situation bei der Feststellung der Verpflichtung der Ausschreibung und Zulassung von Sendezeiten für unabhängige Dritte. Die Ausschreibung der überregionalen Fensterprograme musste nämlich nicht wegen des, sich regelmäßig verlässlich vorhersehbaren, Endes eines vorangehenden Zulassungszeitraums erfolgen, sondern weil nach der Einstellung der überregionalen Fensterprogramme durch die Antragstellerin im September 2014 unvermittelt eine mit dem Rundfunkstaatsvertrag nicht konforme Situation eintrat. In einer solchen atypischen Situation kommt es für die Frage der rechtmäßigen Einleitung eines neuen Zulassungsverfahrens für Veranstalter von überregionalen Fensterprogrammen weder auf einen neun Monate umfassenden Zeitraum, wie ihn der Senat in den vorgenannten Eilbeschlüssen als „Normalfall“ angesehen hat, an noch sind spätere Zeitpunkte heranzuziehen. Entscheidend und verfassungsrechtlich geboten war allein, den ab September 2014 eingetretenen rundfunkstaatsvertragswidrigen Zustand so schnell und rechtssicher wie möglich zu beenden. Diesen Anforderungen wird das von der Antragsgegnerin nach Ergehen der Eilbeschlüsse des Senats vom 23. Juli und 8. September 2014 von Anfang konsensual ausgerichtete Vergabeverfahren gerecht. Hierzu sind folgende Bemerkungen veranlasst:

96

Vom Ergehen der Eilbeschlüsse des Senats im Juli und September 2014 bis etwa Ende Juli 2015 hat sich die Antragsgegnerin zunächst über mehrere Monate intensiv bemüht, mit der Antragstellerin und den ursprünglich ausgewählten Fensterprogrammanbietern, der Firma N. sowie der Beigeladenen zu 1), eine einvernehmliche Regelung zur Drittsendezeitenvergabe zu erzielen. Nachdem dies im Sommer 2015 von der Antragsgegnerin – zu Recht – als gescheitert angesehen werden musste, verdichtete sich zu diesem Zeitpunkt erstmals die Annahme zur Gewissheit, dass die Antragstellerin trotz der vom Senat unzweideutig festgestellten Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten die Vergabe eines Fensterprogrammanteils an die frühere Lizenzinhaberin N. nicht akzeptieren werde. Da diese aber durch den früheren Bescheid zum damaligen Zeitpunkt ausgewählt war, konnte eine zügige und rechtssichere Vergabe eines Fensterprogramms an eine andere Bewerberin erstmals zu dem Zeitpunkt ins Auge gefasst werden, indem diese Fensterprogrammanbieterin rechtsverbindlich auf ihre Rechte aus dem Bescheid vom 23. Juli 2013 verzichten würde.

97

Diese Situation trat am 13. Oktober 2015 ein, als die Firma N., und zwar ausdrücklich auch, um „den Weg für eine zügige Neuausschreibung, Neuauswahl und Neulizenzierung freizumachen, damit im Programm der Antragstellerin wieder Drittsendezeiten aufgenommen werden“ könnten, unwiderruflich auf ihre früheren Rechte aus dem vorgenannten Bescheid verzichtete. Seit der Einstellung der überregionalen Fensterprogramme durch die Antragstellerin sah sich die Antragsgegnerin jetzt erstmals wieder in der Lage, ein rechtssicheres neues Auswahlverfahren einzuleiten.

98

Mit der Rückgabe der Lizenz durch die Fa. N. stand aber zugleich fest, dass die ursprüngliche Vergabe der Fensterprogrammzulassungen für den Zeitraum vom 1. April 2013 bis 31. Mai 2018 schon mangels eines Veranstalters für die damalige 1. und 2. Sendezeitschiene in der ursprünglichen Ausgestaltung, das heißt mit allen ursprünglich ausgewählten Fensterprogrammanbietern, schon in tatsächlicher Hinsicht nicht mehr durchführbar war. Zumindest eine Teilausschreibung der Drittsendezeiten wäre damit notwendig geworden. Da sich die Beigeladene zu 1) gleichfalls auf die neu auszuschreibenden Sendezeitschienen bewerben konnte und auch beworben hat, konnte diese demgegenüber – ungeachtet der laufenden Berufungsverfahren gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 21. April 2015 (5 K 752/13.NW) – ihre Bewerberrechte wahren und in das neue Vergabeverfahren einbezogen werden.

99

Wenn die Verwaltung der Antragsgegnerin in dieser Situation – entsprechend dem ihr von der Versammlung bereits am 8. Dezember 2014 erteilten Auftrag – nur wenige Tage später, nämlich am 19. Oktober 2015, die KEK verbindlich mit der Ermittlung der maßgeblichen Zuschaueranteile beauftragte, so hat die Antragsgegnerin durch ihr in zuständiger Weise handelndes Organ (dem stellvertretenden Direktor der LMK) das ihr zustehende Ermessen zur zeitnahen Behebung des seit der Einstellung der überregionalen Fensterprogramme durch die Antragstellerin verfassungsrechtlich nicht zulässigen Zustands in jeder Hinsicht rundfunkstaatsvertragskonform ausgeübt.

100

Dieses Schreiben ist der Antragsgegnerin, weil vom Beschluss der Versammlung vom 8. Dezember 2014 bei zutreffender Lesart umfasst, auch zuzurechnen. Der anschließend gefasste Beschluss der Versammlung der Antragsgegnerin vom 9. November 2015 hat die – zu diesem Zeitpunkt dann aber bereits vollzogene – Verfahrenseinleitung dementsprechend nur noch behördenintern bestätigt.

101

Hinzu kommt ein Weiteres: Der einen Monat später erfolgte Beschluss der Versammlung ändert auch deshalb an der – auch nach außen – wirksamen Verfahrenseinleitung nichts, weil die Versammlung nach dem enumerativen Aufgabenkatalog des § 42 LMG für eine Verfahrenseinleitung schon nicht zuständig gewesen wäre. Die Aufgabe der Versammlung ist es insoweit lediglich, die behördeninterne Willensbildung abzuschließen. Die Entscheidung, trotz des noch laufenden Berufungsverfahrens in Bezug auf die „2. Runde“ ein neues Zulassungsverfahren einzuleiten, um den seit Mitte September 2014 bestehenden rundfunkstaatsvertragswidrigen Zustand zu beenden, erfolgte jedoch bereits zuvor durch das Schreiben des stellvertretenden Direktors der LMK vom 19. Oktober 2015.

102

In diesem Schreiben hat die Antragsgegnerin eine Feststellung der Zuschaueranteile auch eindeutig im Zusammenhang mit einer neuen Ausschreibung der Drittsendezeiten für den Hauptprogrammveranstalter für einen Zeitraum von fünf Jahren erbeten. Dies stellte sowohl gegenüber der KEK als auch gegenüber der Antragstellerin und den sonst Betroffenen die maßgebliche Verfahrenseinleitung im Sinne der rundfunkrechtlichen Vorschriften dar. Wenn die KEK auf der Grundlage der schriftlichen Verfahrenseinleitung den maßgeblichen Referenzzeitraum der letzten zwölf Monate auf den Zeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 festgelegt hat, so ist dies aus Rechtsgründen nach alledem nicht zu beanstanden.

103

cc) Des Weiteren ist der mit Beschluss der KEK in den Sitzungen vom 10. und 27. November 2015 ermittelte Marktanteil der Sendergruppe der Antragstellerin (ProSiebenSat1) nach den Erkenntnismitteln das summarischen Eilverfahrens zutreffend mit einem Zuschaueranteil von 20,04 % aller deutschsprachigen Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks festgestellt worden.

104

aaa) Dies gilt insbesondere für die von der KEK in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Senats zugrunde gelegte Berechnungsmethode. Diese steht offensichtlich mit den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags in Einklang. Maßgeblich ist nach § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV der im Durchschnitt der letzten zwölf Monate erreichte Zuschaueranteil der für die Hauptprogrammveranstalterin einzubeziehenden Programme. Der „Durchschnitt“ ist dabei aus dem Quotienten der Summe der monatlichen Zuschaueranteile und der Anzahl der einzubeziehenden (zwölf) Monate zu bilden. Dieser Vorgabe entsprechend hat die KEK für die Ermittlung des maßgeblichen Zuschaueranteils die von der AGF/GfK-Fernsehforschung für die Monate Oktober 2014 bis September 2015 ausgewiesenen jeweils einzeln gewichteten Marktanteilsdaten für das Programm Sat1 sowie die der ProSiebenSat1 Media SE zurechenbaren Programme mit zwölf Nachkommastellen errechnet und die so ermittelten Werte sodann durch die Anzahl der betrachteten zwölf Monate geteilt. Nur diese Berechnungsmethode ergibt den Zwölf-Monats-Durchschnitt.

105

Demgegenüber widerspricht eine auf den Zwölf-Monats-Zeitraum vorgenommene Berechnung nach der von der Antragstellerin gewählten Formel unter Einbeziehung von gewichteten „Sehdauern“ schon dem Wortlaut des Rundfunkstaatsvertrages. Die Antragstellerin bildet zudem keinen Durchschnitt, sondern addiert die Ergebnisse für alle Monate des Referenzzeitraums aus der Rechnung „Marktanteil (AGF) des Programms“ mal „Sehdauer des Programms im Monat“ geteilt durch die Summe aller monatlichen Sehdauern des Programms im Referenzzeitraum. Eine derartige Berechnungsmethode, die entgegen den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages unterschiedliche Sehgewohnheiten der Zuschauer von Fernsehprogrammen einbezieht, lässt sich weder mit dem Wortlaut noch mit der Systematik des Rundfunkstaatsvertrages in Einklang bringen.

106

Unabhängig hiervon kommt es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Berechnungsmethode für die Feststellung des Erreichens beziehungsweise Überschreitens des Schwellenwerts für die Bestimmung der Zuschaueranteile nicht weiter an. Denn auch bei Zugrundelegung der auf den Referenzzeitraum gewichteten Werte entsprechend der Berechnungsweise der Antragstellerin ergibt sich ein relevanter Zuschaueranteil von 20,003345049391 % für die Sendergruppe ProSiebenSat1 Media SE (Schriftsatz vom 25. April 2017, S. 6).

107

Davon abgesehen sind im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens die von der KEK der Antragsgegnerin mitgeteilten Zuschaueranteile nicht in vollem Umfang, insbesondere nicht wie in einem Hauptsacheverfahren, zu überprüfen. Eine derartig ins Einzelne gehende Überprüfung des dem Beschluss der KEK vom 27. November 2015 zugrunde gelegten Datenmaterials in tatsächlicher Hinsicht würde dem Charakter des Eilverfahrens als lediglich summarisches Verfahren widersprechen. Eine gegebenenfalls erforderlich werdende Ermittlung der Marktanteilsdaten muss daher dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Verfassungsmäßige Rechte der Antragstellerin sind hierdurch, wie nachfolgend aufgezeigt werden wird, im Verhältnis zu dem insoweit vorrangigen Interesse an der Sicherung von Meinungsvielfalt (auch) im privaten Rundfunk für die Dauer der Anfechtungsklage der Antragstellerin nicht verletzt.

108

bbb) Schon im Rahmen dieses Eilverfahrens lässt sich aber sagen, dass bei der Berechnung der Zuschaueranteile der Sendergruppe die im Hauptprogramm der Antragstellerin aufgenommenen Regionalfensterprogramme nicht, wie die Antragstellerin meint, herauszurechnen sind. Diese sind vielmehr in dem Zuschaueranteil des von der Antragstellerin verbreiteten Fernsehprogramms einzubeziehen, weil Regionalfensterprogramme bereits dem klaren Wortlaut von § 25 Abs. 4 RStV gemäß „in den“ beiden bundesweit verbreiteten reichweitenstärksten Fernsehvollprogrammen „aufzunehmen“ sind. Bereits diese Wortwahl belegt, dass die Regionalfensterprogramme Bestandteile des Fernsehvollprogramms sind.

109

Bestätigt wird das Ergebnis dieser Wortlautauslegung in eindeutiger Weise durch die gesetzlichen Definitionen der Fensterprogramme in den einleitenden Vorschriften (Abschnitt I: Allgemeine Vorschriften) des Rundfunkstaatsvertrages, insbesondere in § 2 RStV („Begriffsbestimmungen“). Sowohl in § 2 Abs. 2 Nr. 5 als auch in Nr. 6 RStV bestimmt der Gesetzgeber die rechtlichen Begriffe der Fensterprogramme als zeitlich begrenzte Rundfunkprogramme, die – so wörtlich – „im Rahmen eines Hauptprogramms“ ausgestrahlt werden. Auch diese Wortwahl belegt klar, dass der Gesetzgeber den regionalen und überregionalen Fensterprogrammen, ungeachtet der den Veranstaltern zuerkannten eigenen Zulassung (die nur ihrer Unabhängigkeit zum Hauptprogrammveranstalter zu dienen bestimmt ist), keinen eigenständigen rundfunkrechtlichen Programmcharakter zuerkennt.

110

Hinzu kommt ein methodischer Einwand, dem sich die Rechtskonstruktion der Antragstellerin ausgesetzt sieht: Würden die Fensterprogramme aus dem Hauptprogramm von „SAT.1“ herausgerechnet, so müsste sogleich die Frage beantwortet werden, was dann mit den derart „frei gewordenen“ Zuschaueranteilen geschehen soll. Wollte man nicht auf die abwegige Konstruktion zurückgreifen, diese nun den Konkurrenzprogrammen der Antragstellerin zuzuschlagen, so bliebe nur, die dann keinem Hauptprogramm mehr zuzuordnenden Fensterprogramme als eigenständige Programme in den Zuschaueranteilserhebungen aufzunehmen. Sie infolge der Herausrechnung bei der Ermittlung der Zuschaueranteile vollständig zu eliminieren, kann insoweit nicht ernsthaft vertreten werden.

111

Darüber hinaus entspricht die Berücksichtigung der Fensterprogramme der ständigen Berechnungspraxis der KEK. Da dieses Gremium fachlich in der Art eines „Sachverständigenrats“ besetzt ist (§ 35 Abs. 5 RStV) und bei der Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß § 35 Abs. 8 Satz 1 RStV an Weisungen nicht gebunden ist, können deren Feststellungen in der Art eines Sachverständigengutachtens betrachtet werden. Jedenfalls im Rahmen dieses Eilverfahrens legt der Senat die Feststellungen der KEK zu den Zuschaueranteilen als fachlich fundierte Auffassung zugrunde. Der Senat folgt hierbei insbesondere auch der Argumentation der KEK, wonach bei einem Entfallen der Berücksichtigung von Fensterprogrammen die dann entstehenden Lücken im Programmfluss durch eigene Programminhalte des Hauptprogrammveranstalters auszufüllen wären. Dies würde in der Summe aber sogar zu einem Anstieg der zurechenbaren Zuschaueranteile führen. Dabei sieht der Senat es als nachvollziehbar an, wenn die KEK davon ausgeht, dass die eigenen Inhalte des Hauptprogrammveranstalters Zuschaueranteile mindestens in einer Größenordnung erzielen würde, die jedenfalls nicht in nennenswertem Umfang hinter den durch die Fensterprogramme erzielten Werten zurückbleiben würden (vgl. auch Dörr/Petri, in: Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner [Hrsg.], RStV, Loseblatt-Kommentar, Stand April 2017, § 27 Rn. 8).

112

Hinzu kommt, dass die Programme in einigen Ländern (Nordrhein-Westfalen und Hamburg) durch zwar redaktionell unabhängige, rechtlich jedoch als der Mediengruppe ProSiebenSat1 Media SE angehörende Tochtergesellschaften ausgestrahlt werden und auch sonst, etwa durch die Benennung „17:30 SAT.1 Regional“ bzw. „SAT.1 Bayern“ nach außen wirksam dem Hauptprogramm der Antragstellerin („SAT.1“) zuzurechnen sind.

113

Auch stimmt die Argumentation der Antragstellerin, wonach die Regionalfensterprogramme auch deshalb nicht bei der Bestimmung des Zuschaueranteils berücksichtigt werden dürften, weil sie nicht bundesweit verbreitet werden, mit den sich nach der Aktenlage ergebenden – im summarischen Verfahren nach den vorstehenden Erwägungen allein zu berücksichtigenden – Fakten nicht überein. Entgegen ihrer Darstellung sind die Regionalfensterprogramme nämlich sowohl über Satellit als auch via IPTV empfangbar (vgl. die unter Punkt 3.2.2 des Beschlusses der KEK vom 10./27. November 2015 aufgeführte Tabelle zur Reichweite der Regionalfenster [vgl. S. 10 des Beschlusses, Bl. 486 VA]).

114

Darüber hinaus werden Regionalfensterprogramme rundfunkrechtlich bereits durch den nach § 26 Abs. 2 RSV vorgesehenen Bonus von zwei Prozentpunkten bei der Ermittlung der marktbeherrschenden Konzentration berücksichtigt. Da der Rundfunkstaatsvertrag ausdrücklich keine weitere Anrechnung vornimmt, ist im Umkehrschluss auch kein Anhalt für die Annahme der Antragstellerin vorhanden, dieser sei bei der Ermittlung des Zuschaueranteils (nochmals) zu ihren Gunsten zu berücksichtigten.

115

Die Frage, ob die Regionalfensterprogramme in rechtlicher Hinsicht aus dem gemäß § 27 Abs. 1 RStV von der KEK zu ermittelnden Zuschaueranteil herauszurechnen sind, kann jedoch im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens auch noch aus einem anderen Grund dahinstehen: Die Einbeziehung der Regionalfensterprogramme wirkt sich im Ergebnis sogar zugunsten der Antragstellerin aus. Bei ihrer rechtlichen Argumentation übersieht die Antragstellerin, dass eine Herausrechnung der Regionalfensterprogramme, wenn sie rundfunkstaatsvertragskonform erfolgen soll, nicht nur bei dem der Mediengruppe ProSiebenSat1 Media SE zugehörenden Fernsehprogramm „SAT.1“, sondern konsequenterweise dann auch bei dem Konkurrenzsender „RTL“ und den öffentlich-rechtlichen Sendern erfolgen müsste. Da zumindest Letztere jedoch in jedem einzelnen des der ARD angeschlossenen Sendebereichs, sogar in einem ganz überwiegend erheblich größeren zeitlichen Umfang, regionale Berichterstattung durchführen, müssten deren Zuschaueranteile aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 LV) gleichfalls um diese Sendeanteile vermindert werden. Nach einer derartigen Herausrechnung würde sich indessen zwangsläufig der Zuschaueranteil der Mediengruppe, der die Antragstellerin angehört, erhöhen. In ihrer Stellungnahme vom 15. Mai 2017 hat die KEK daher nachvollziehbar einen sich dann ergebenden Zuschaueranteil der Mediengruppe ProSiebenSat1 Media SE von 22,8 Prozent errechnet. Auch insoweit gilt: Eine ins Einzelnen gehende Nachprüfung dieser (allerdings in hohem Maße nachvollziehbaren) Feststellungen der KEK widerspricht dem Eilcharakter des vorliegenden Beschwerdeverfahrens.

116

Festzuhalten bleibt damit, dass Regionalfensterprogramme bei der Ermittlung nicht herauszurechnen sind. Der von der KEK zulässigerweise festgestellte Zuschaueranteil beträgt demnach für die Referenzperiode von Oktober 2014 bis September 2015 für die Sendergruppe 20,04 Prozent und liegt damit über dem Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV.

117

ccc) An diesem Ergebnis ändert der weitere Einwand der Antragstellerin, für die Sendergruppe ProSiebenSat1 Media SE seien in den letzten Jahren bei 50 von 52 Referenzperioden stark abnehmende Zuschaueranteile festzustellen, nichts. Zum einen hat die Antragsgegnerin die Berechnungsmethode, mit der die Antragstellerin für die 52 „Referenzperioden“ in 50 Fällen zwischen einem und zwei Prozentpunkten unter dem Schwellenwert liegenden Zuschaueranteile festgestellt haben will, substantiiert bestritten. Auch insofern müssten deshalb die maßgeblichen Zahlenwerte im Hauptsacheverfahren zunächst durch die KEK ermittelt und in das gerichtliche Verfahren eingeführt werden.

118

Zum zweiten ist die Auffassung der Antragstellerin, bei jedem auch nur geringfügigen Sinken von Zuschaueranteilen unterhalb der Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV läge bereits ein stark abnehmender Zuschaueranteil im Sinne der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 23. Juli 2014 – 2 B 10323/14.OVG –, Beschlussabdruck S. 19) vor, aber auch nicht zutreffend. Ein derartiger, zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit beachtlicher, Zuschauerrückgang kann nur dann zugrunde gelegt werden, wenn die Anteile so weit sinken, dass sie – erstens – stetig und eindeutig eine Tendenz unterhalb der Schwellenwert aufzeigen und – zweitens – in jeder der nach der Verfahrenseinleitung ermittelten Durchschnittswerte erheblich unter den Schwellenwerten des § 26 Abs. 5 RStV liegen. Nur geringfügig unter dem Zwanzig-Prozent-Wert liegende Anteile im Umfang von nur einem Prozentpunkt oder gar geringer reichen hierfür nicht aus.

119

Die erstgenannte Voraussetzung rechtfertigt sich aus der erheblichen Dauer, die ein Zulassungsverfahren bei den Sendezeiten für unabhängige Dritte bis zur Erteilung eines Zulassungsbescheides benötigt. Der vom Senat in der sog. 2. Runde noch als maßgeblich zugrunde gelegte Zeitraum von neun Monaten hat sich, wie dieses Verfahren deutlich macht, als zu kurz bemessen herausgestellt. Gerade bei einer Vielzahl von zu prüfenden Bewerbungen (hier: 63 Bewerber) ist ein Zeitraum von einem Jahr als erforderlich anzusehen. Fallen in dieser Zeit die Zuschaueranteile jeweils nur knapp unterhalb der Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 RStV, so entfällt allein hierdurch nicht die Verpflichtung des Hauptprogrammveranstalters zur Aufnahme von überregionalen Fensterprogrammen in ihr Fernsehvollprogramm. Ansonsten hätte es im Übrigen der Hauptprogrammveranstalter in der Hand, durch ein wenig konsensuales Verhalten während des (komplexen) Zulassungsverfahrens nach § 31 RStV mit den danach erforderlichen dialogischen Auseinandersetzungen und sonstigen Abstimmungen, etwa bei den nach erfolgter Auswahl mit den Bewerbern abzuschließenden Finanzierungsvereinbarungen, sich eine für ihn günstigere Rechtsposition zu verschaffen.

120

dd) In materiell-rechtlicher Hinsicht haben die KEK und – darauf gründend – die Antragsgegnerin zutreffend den Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 zugrunde gelegt. Maßgebend für das Verfahren zur Vergabe der Drittsendezeitlizenzen sind gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV die bei Einleitung des Verfahrens im Durchschnitt der letzten zwölf Monate erreichten Zuschaueranteile der einzubeziehenden Programme. Wie vorstehend dargelegt, wurde das Verfahren mit Schreiben des stellvertretenden Direktors der Verwaltung der Antragsgegnerin am 19. Oktober 2015 eingeleitet. Die Verfahrenseinleitung und die damit von der KEK zugrunde gelegte Referenzperiode halten einer rechtlichen Überprüfung stand.

121

Vor allem musste die Antragsgegnerin – entgegen der Auffassung der Antragstellerin – nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens vor dem Senat betreffend die „2. Runde“ der Drittsendezeitvergabe (2 A 10734/15.OVG) zuwarten. Dies hätte nämlich zu einer nicht hinnehmbaren Perpetuierung des verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich nicht zulässigen Zustandes geführt, der eingetreten war, nachdem die Antragstellerin unmittelbar nach Zustellung der am 23. Juli und 8. September 2014 ergangenen Eilentscheidungen des Senats die weitere Ausstrahlung der überregionalen Fensterprogramme einstellte. Da der Senat in den vorgenannten Beschlüssen aber die Verpflichtung der Antragstellerin zur Ausstrahlung von Sendezeiten für unabhängige Dritte klar und eindeutig festgestellt hatte, besteht seit Mitte September 2014 ein verfassungs- und rundfunkstaatsvertragswidriger Zustand, der bis heute andauert. Zur Behebung dieses, mit dem gesetzgeberischen Zweck der Drittsendezeiten, auch im privaten Rundfunk Meinungsvielfalt zu gewährleisten, nicht zu vereinbarenden Zustandes war die Antragsgegnerin nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, das Verfahren zur Vergabe der Zulassungen für die überregionalen Fensterprogramme im Hauptprogramm von SAT.1 so schnell wie möglich neu einzuleiten.

122

Die Berechtigung der Antragsgegnerin, das Verfahren zur Vergabe der Drittsendezeitlizenzen schon vor dem rechtskräftigen Abschluss des – zum Zeitpunkt der Einleitung des neuen Zulassungsverfahrens im Oktober 2015 noch weit mehr als ein Jahr laufenden – Berufungsverfahrens einzuleiten, folgt darüber hinaus nicht nur allein aus den Vorgaben von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV und §§ 25, 26 und 31 RStV, sondern vor allem aus dem Vorliegen der atypischen Ausgangslage, den die Antragsgegnerin durch die Einstellung der Ausstrahlung von Sendezeiten für unabhängige Dritte trotz der vom Senat festgestellten Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten berücksichtigen durfte.

123

In dieser besonderen Verfahrenssituation standen der Antragsgegnerin in tatsächlicher Hinsicht nur drei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Sie hätte – erstens – den verfassungs- und rundfunkstaatsvertragswidrigen Zustand so belassen können wie er war. Diese Möglichkeit wäre zwar mit den seit dem Jahr 2013 erkennbaren Interessen der Antragstellerin, von der Verpflichtung zur Ausstrahlung von Fensterprogrammen unmittelbar und vollständig freigestellt zu werden, kompatibel gewesen. Mit den gesetzlichen Vorgaben ist diese Option allerdings nicht zu vereinbaren.

124

Die Antragsgegnerin hätte – zweitens – die Drittsendezeitlizenzen für den verbleibenden Zeitraum bis zum 31. März 2018 neu ausschreiben und sodann die Fensterprogrammzulassungen für den sich dann nur noch ergebenden Restzeitraum vergeben können. Diese Option wäre aber gleichfalls nicht zielführend gewesen. Denn dies hätte in Anbetracht der bereits im Oktober 2015 absehbaren Dauer des Rechtsmittelverfahrens der Beigeladenen zu 1) – auf das die Antragsgegnerin keinerlei Einfluss hatte – zu demselben Ergebnis geführt: Wegen des als sicher anzusehenden Rechtsmittels gegen eine (wie auch immer ausgefallene) Entscheidung des Senats hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Gerichtsverfahren in allen Instanzen nicht vor dem 31. März 2018 abgeschlossen werden können. Auch diese Möglichkeit wäre daher zwar mit den Interessen der Antragstellerin, nicht aber mit den Vorgaben von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV und §§ 25, 26 und 31 RStV vereinbar gewesen.

125

Um den nach der Einstellung der Ausstrahlung überregionaler Fensterprogramme im September 2014 eingetretenen verfassungs- und rundfunkstaatsvertragswidrigen Zustand zeitnah und rechtssicher zu beenden, war demzufolge eine vollständige Neuausschreibung für einen neu beginnenden Lizenzzeitraum von vollen fünf Jahren naheliegend.

126

Dieser Option stand nicht entgegen, dass – wie die Antragstellerin und ihr folgend das Verwaltungsgericht meinen – bei einem Erfolg des Rechtsmittels der Beigeladenen zu 1) in Bezug auf ihre zu dem Zeitpunkt noch existente (wenn auch durch die Antragstellerin angefochtene) Zulassung für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2018 zwei sich überschneidende Rundfunkzulassungen, und dies auch noch in Bezug auf verschieden gestaltete Sendezeitschienen, entstanden wären. Eine derartige Rechtsfolge konnte nämlich schon deshalb nicht eintreten, weil die Ausschreibung und Vergabe der überregionalen Fensterprogramme von Beginn an unter der auflösenden Bedingung eines Erfolges des Rechtsmittels der Beigeladenen zu 1) in dem Berufungsverfahren stand und sich sämtliche Bewerber mit der von der Antragsgegnerin hierfür in die Ausschreibung aufgenommenen Widerrufsoption einverstanden erklärt hatten.

127

Die von der Antragsgegnerin in die Ausschreibung aufgenommene Widerrufsoption konnte entgegen der Auffassung der Antragstellerin und des Verwaltungsgerichts auch „funktionieren“. Denn ausweislich des Ausschreibungstextes war in jedem Fall gewährleistet, dass selbst bei einem Neuzuschnitt der Sendezeitschienen (der im Übrigen ausschließlich den während des Ausschreibungsverfahrens von der Antragstellerin geforderten geänderten Vorgaben geschuldet ist) eine Überschneidung der verschiedenen Zeitanteile erst gar nicht eintreten konnte. Dies folgt aus dem in der Ausschreibung aufgenommenen und von allen Bewerbern akzeptierten Vorbehalt, nach dem die Zulassungsentscheidungen wegen des zum Zeitpunkt der Ausschreibung beim Senat noch anhängigen Berufungsverfahrens für die Zeit bis zum 31. Mai 2018 „ganz oder teilweise“ unter den Vorbehalt des zeitweiligen Widerrufs für den Fall der rechtskräftigen Bestätigung der früher erteilten Erlaubnisse gestellt wurden. Im Falle des Widerrufs wäre dann die ggf. aufgenommene Sendetätigkeit bis zum 31. Mai 2018 auch einzustellen gewesen. Mit dieser rechtlichen Konstruktion war gewährleistet, dass eine sich überschneidende Vergabe der Drittsendezeiten erst gar nicht eintreten konnte.

128

Wäre der Vorbehaltsfall eingetreten und hätte die Beigeladene zu 1) nach einem Erfolg ihrer Berufung ihre ursprüngliche Zulassung bis zum 31. Mai 2018 nutzen können, so wäre nach den nachvollziehbaren Angaben der Antragsgegnerin das Fensterprogramm über die auf diese Bewerberin entfallene ursprüngliche dritte und vierte Sendezeitschiene mit einem wöchentlichen Anteil vom 75 Minuten ausgestrahlt worden. Dann wäre zum einen der Widerrufsvorbehalt gegenüber dieser Bewerberin ausgeübt worden und die neue Zulassung für den Zeitraum bis zum 31. Mai 2018 widerrufen worden.

129

In unmittelbarer Konsequenz hätte die Antragsgegnerin vom Widerrufsvorbehalt Gebrauch machen und den zeitlichen Anteil der Beigeladenen zu 2) oder 3) um zehn Minuten wöchentlich kürzen können. Auch hiermit hatten sich diese Bewerberinnen ausdrücklich einverstanden erklärt. Ein Rechtsnachteil zu Lasten der Antragstellerin wurde durch die von der Antragsgegnerin gewählte Vorbehaltskonstruktion mithin unter allen denkbaren Gesichtspunkten verhindert.

130

Dies gilt auch im Hinblick auf den Vergabezeitraum. Die im Vorbehaltsfall wieder aufgelebte Zulassungsdauer zugunsten der Beigeladenen zu 1) wäre in dem hier zu betrachtenden Zulassungszeitraum vom 1. März 2017 bis 28. Februar 2022 durch den Vorbehaltsverzicht in die Zulassung bis zum 31. Mai 2018 sowie durch Kürzungen der erteilten Neuzulassungen vollständig integriert worden. Mit derartigen Kürzungen der Vergabezeiträume hatten sich wiederum alle Beigeladenen ausdrücklich einverstanden erklärt (vgl. hierzu im Einzelnen die Ausführungen im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 1. September 2017, S. 6).

131

Selbst wenn man den vorstehenden Ausführungen – etwa im Hinblick auf die Frage der gesamten Lizenzierungsdauer – nicht folgen wollte (vgl. hierzu den Schriftsatz der Antragstellerin vom 6. Oktober 2017, S. 9 ff.), so ergibt sich dennoch keine Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 13. Februar 2017. Denn zu dem als Anknüpfung für die gerichtliche Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit frühestmöglichen Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides an die Beteiligten (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) hatte die Beigeladene zu 1) ihre Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 21. April 2015 bereits zurückgenommen. Der von der Antragstellerin als problematisch angesehene Fall einer Überschneidung von Zulassungszeiträumen konnte damit bereits aus tatsächlichen Gründen nicht eintreten. Da der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage eines Bescheides mit begünstigenden wie belastenden Wirkungen jedenfalls nicht vor der Bekanntgabe der (letzten) Verwaltungsentscheidung liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1985 – 4 C 23/83 –, NJW 1986, 1186; W.-R. Schenke/R. P. Schenke [Hrsg.], in: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2017, § 113 Rn. 41; Jörg Schmidt, in: Eyermann/Fröhler [Hrsg.], VwGO, 11. Aufl. 2000, § 113 Rn. 45; Knauff, in: Gärditz [Hrsg.], VwGO, 2013, § 113 Rn. 18; Wolff, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 99), konnte die lediglich bis zum 7. Februar 2017 – rein theoretisch – mögliche Kollision mit unterschiedlichen Drittsendezeiten und Zulassungszeiträumen erst gar nicht eintreten.

132

Eine Rechtsbetroffenheit der Antragstellerin bei der durch den Bescheid vom 13. Februar 217 erstmals seit September 2014 wieder eintretenden Verpflichtung zur Einräumung von Sendezeiten für unabhängige Dritte konnte mit anderen Worten schon deshalb nicht zur einer Überschneidung von wöchentlichen Sendezeiten oder Problemen im Hinblick auf die gesamte Dauer der Ausstrahlung von Fensterprogrammen eintreten, weil die Zulassungen für die Beigeladenen erst erfolgten, nachdem die Beigeladene zu 1) ihre Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 21. April 2015 zurückgenommen hatte.

133

Unabhängig von allem Vorstehenden hätte sich die zur Drittsendezeit verpflichtete Antragstellerin durch mögliche Fehler bei der Auswahl der Fensterprogrammveranstalter bzw. der Lizenzinhaber für die jeweiligen Sendezeitschienen auch mangels Betroffenheit in eigenen Rechten nicht erfolgreich berufen können. Durch die vorstehend dargestellten Kürzungen bzw. Verschiebungen in den wöchentlichen Fensterprogrammen und der gesamten Drittsendezeitdauer wären allenfalls die (zeitlich) betroffenen Rechtspositionen der Beigeladenen, nicht aber subjektive Rechte der Antragstellerin verletzt worden. Im Gegenteil ist die Sendergruppe, der die Antragstellerin angehört, von September 2014 bis zum heutigen Zeitpunkt, mithin für mittlerweile mehr als drei Jahre, von jeder Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten freigestellt gewesen. Die Durchführung einer neuen Ausschreibung, verbunden mit einem dadurch neu festzulegenden Fünf-Jahres-Zeitraum erfolgte erst, als die Bemühungen der Antragsgegnerin zur Vergabe der überregionalen Fensterprogramme für den restlichen Zeitraum der sog. 2. Runde als gescheitert anzusehen waren. Die dabei neue Festschreibung des (neuen) Endzeitpunktes auf den 28. Februar 2022 ist die zwangsläufige und verfassungsrechtlich wie einfachgesetzlich notwendige Folge des Scheiterns einer einvernehmlichen Regelung, die zumindest auch in den Verantwortungsbereich der Antragstellerin fällt. Subjektive Rechte werden – selbst bei einer Unterstellung der Anwendbarkeit der „Vorbehaltskonstruktion“ der Antragsgegnerin – durch die rechtlichen Konsequenzen eines neuen Vergabeverfahren unter keinen denkbaren Gesichtspunkten verletzt.

134

d) Auch im Übrigen sind die Ausschreibung, die Auswahl und die Vergabe der Sendezeiten für unabhängige Dritte unter den materiell-rechtlichen Gesichtspunkten der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG; Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV) nicht zu beanstanden. Dies gilt namentlich für die Frage der höchstzulässigen Dauer des Auswahlverfahrens. Die Antragsgegnerin hat das Auswahlverfahren unter den immerhin 63 Bewerbern mit der gebotenen und in Anbetracht der besonderen Umstände möglichen Beschleunigung durchgeführt.

135

Das gesamte Verfahren hat zudem die besonderen Vergabevoraussetzungen, insbesondere in Bezug auf die notwendige dialogische Auseinandersetzung mit den Wünschen und Vorstellungen der Antragstellerin als Hauptprogrammveranstalterin gemäß § 31 RStV sowie die einzelnen Beteiligungen der Organe sowie der KEK, beachtet. In diesem Zusammenhang vorzuwerfende Rechtsfehler zeigt die Antragstellerin nicht auf; sie sind auch sonst nicht ersichtlich.

136

e) Hat die Antragsgegnerin aus diesen Erwägungen sämtliche einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV beachtet, so sind auch weitere grundrechtlich geschützte Interessen der Antragstellerin offensichtlich nicht verletzt worden. Dies gilt namentlich in Bezug auf die von der Antragstellerin angeführten Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG (jeweils i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG). In ihren Schriftsätzen vom 25. April und 6. Oktober 2017 werden diese Grundrechte zwar jeweils benannt, jedoch finden sich keinerlei Ausführungen zur Schutzbereichsbetroffenheit, zum Eingriffscharakter oder zur Frage der Rechtmäßigkeit der vorgenommenen Einschränkung dieser Grundrechte. Insofern fehlt es für einen Erfolg des Eilantrags schon an der notwendigen Glaubhaftmachung bzw. einer ausreichenden Darlegung der von der Antragstellerin als betroffen bezeichneten Grundrechte.

137

Eine solche Verletzung vermag der Senat namentlich für die Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG nicht zu erkennen. Die Beschränkungen der Berufsausübung der Antragstellerin sind in einem durch den Rundfunkstaatsvertrag und den Landesmediengesetzen regulierten Markt zulässig. Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der maßgeblichen Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags oder des Landesmediengesetzes bestehen nicht (vgl. zur vergleichbaren Situation bei den Regionalfensterprogrammen: OVG RP, Beschluss vom 22. Juni 2017 – 2 A 10449/16.OVG –, juris, Rn. 91 ff.); sie werden auch von der Antragstellerin nicht substantiiert dargetan. Die Pflicht zur Finanzierung von überregionalen Fensterprogrammen sind als bloße Schmälerungen von Gewinnerwartungen, die als solche nicht der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG unterfallen, gerechtfertigt (OVG RP, Beschluss vom 22. Juni 2017, a.a.O.).

138

Gleiches gilt für die von der Antragstellerin ohne nähere Darlegung oder Herleitung als verletzt gerügte allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG). Eine Verletzung dieses sog. Auffanggrundrechts ist weder von der Antragstellerin dargetan worden noch ist sie sonst erkennbar.

139

f) Aus all diesen Gründen leidet der mit der Klage der Antragstellerin in der Hauptsache angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2017 weder in formeller Hinsicht noch materiell-rechtlich an einem im Eilverfahren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO erkennbaren Fehler. Die Anfechtungsklage der Antragstellerin hat – vorbehaltlich sich im Hauptsacheverfahren gegebenenfalls anders darstellender tatsächlicher Umstände – offensichtlich keinen Erfolg.

140

2. Doch selbst wenn man zugunsten der Antragstellerin den Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen ansehen wollte, geböte jedenfalls die in diesem rundfunkrechtlichen Eilverfahren zugleich zu treffende Folgenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer zeitnahen und effektiven Gewährleistung der Meinungsvielfalt im Medienbereich, den Interessen der ausgewählten Beigeladenen sowie dem Privatinteresse der Antragstellerin an einer ungeschmälerten Ausübung des Sendebetriebes ihres Privatsenders die Ablehnung ihres Eilantrags (vgl. zu den Grundsätzen einer derartigen Interessenabwägungen im Bereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG: BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. August 2017 – 1 BvR 1741/17 –, juris).

141

a) Die Verpflichtung des Veranstalters eines privaten Fernsehhauptprogramms zur Einräumung von Sendezeiten für unabhängige Dritte stellt einen Eingriff in den Schutzbereich der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV dar. Diese umfasst zwar die grundrechtlich geschützte Position im Hinblick auf freie und ungeschmälerte Ausübung der wirtschaftlichen Betätigung als Veranstalterin eines privaten Fernsehvollprogramms. Für die Gewährleistung dieses Grundrechts gilt dies indes Art. 5 Abs. 2 GG, Art. 10 Abs. 2 LV nur, soweit die Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages und der Landesmediengesetze reichen und im Einzelfall eingehalten werden. Dies folgt schon aus der Funktion der Rundfunkfreiheit als „dienendes“ Grundrecht (vgl. oben unter B. I. 1. b aa). Die einfachgesetzliche Ausgestaltung und anschließende Umsetzung der rechtlichen Vorgaben durch die Landesmedienanstalt hat in diesem Sinne einerseits der Bedeutung der Rundfunkfreiheit für die Allgemeinheit Rechnung zu tragen und zugleich in Bezug auf den Veranstalter eines privaten Fernsehvollprogramms den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14. Juli 1994 – 1 BvR 1595/92 –, BVerfGE 91, 125 [138 f.]; und vom 19. Dezember 2007 – 1 BvR 620/07 –, BVerfGE 119, 309 [321]).

142

Sind wie hier Tatbestände zu beurteilen, die unter anderem durch eine Ermessensausübung einer Landesmedienanstalt vorgeprägt sind, so sind bei der gerichtlichen Überprüfung in einem in tatsächlicher Hinsicht stets nur summarisch möglichen Eilverfahren einerseits die Gewährleistung von Meinungsvielfalt als unverzichtbarer Bestandteil der Rundfunkfreiheit und andererseits der Schutz des allgemeinen Freiheitsrechts des Veranstalters eines privaten Fernsehvollprogramms, in die Abwägung einzubeziehen. Daneben sind auch, allerdings in geringerem Umfang, auch die verfassungsmäßigen Rechte der Veranstalter von privaten Fensterprogrammen in der Abwägung zu berücksichtigen.

143

b) Diese Folgenabwägung kann im vorliegenden Fall – unabhängig von den sich vorstehend unter B. I. 1. dargelegten rechtlichen Erwägungen – nur dazu führen, den begehrten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2017 abzulehnen. Maßgeblich hierfür sind die Folgen, die bei dem jeweiligen Ausgang des Eilverfahrens eintreten würden.

144

aa) Würde die vom Verwaltungsgericht beschlossene Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin in diesem Beschwerdeverfahren bestätigt, erwiese sich die Klage aber später als unbegründet, so würden für die Dauer des Hauptsacheverfahrens, gegebenenfalls über die vollen fünf Jahre, keine überregionalen Fensterprogramme im Fernsehprogramm der Antragstellerin ausgestrahlt. Dass diese Annahme in zeitlicher Hinsicht realistisch ist, zeigt gerade der Sachstand in dem bereits seit dem 1. Juni 2013 begonnenen Zulassungszeitraum, der infolge der von der Antragstellerin eingelegten Rechtsbehelfe und der nicht möglich gewesenen konsensualen Lösung nach Ergehen der Eilbeschlüsse des Senats vom 23. Juli und 8. September 2014 schon jetzt nahezu vollständig ohne jede Drittsendezeitverpflichtung abgelaufen ist. Es ist daher in hohem Maße wahrscheinlich, dass diese Folge bei einer weiteren Eilentscheidung zugunsten der Antragstellerin erneut einträte. Um eine weitere Perpetuierung dieses verfassungsrechtlich wie rundfunkstaatsvertraglich nicht konformen Zustandes zu verhindern, ist der Sofortvollzug in Ziffer VI des Bescheides vom 13. Februar 2017 zur Recht angeordnet worden.

145

bb) Dabei durften, wenn auch in erheblich geringerem Maße, die Folgen für die Fensterprogrammveranstalter einbezogen werden. Diese haben zum – maßgeblichen – Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides am 13. Februar 2017 nicht nur mehr ein Anwartschaftsrecht, sondern ein zum Vollrecht erstarktes eigenes Recht auf Ausübung ihres mit dem Bescheid lizenzierten und damit im Rahmen der Rundfunkfreiheit zu berücksichtigenden eigenen Interesses am Sofortvollzug der Zulassung.

146

cc) Diese, für die Gewährleistung von Meinungsvielfalt und die unabhängige Dritten als Fensterprogrammveranstalter bedeutsamen Folgen bei einem Suspensiveffekt der Anfechtungsklage der Antragstellerin sind diejenigen Rechtswirkungen gegenüberzustellen, die einträten, wenn die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage in diesem Beschwerdeverfahren nicht bestätigt würde, sich aber diese Klage später als begründet erwiese. Diese Folgen sind in der Abwägung als geringer zu bewerten. Die mit Zustellung dieses Beschlusses eintretende Verpflichtung der Antragstellerin, im Umfang von 180 Minuten Sendezeiten für unabhängige Dritte in ihrem Hauptprogramm einzuräumen (vgl. den Beschluss der KEK aufgrund der Sitzungen vom 10./27. November 2017) beeinträchtigt das Recht der Sendergruppe auf freie Programmgestaltung (nur im Hinblick auf diese ist der Schwellenwert des § 26 Abs. 5 RStV überschritten) unter Zugrundelegung der gesamten Sendezeit der aus neun verschiedenen Programmen bestehenden Sendergruppe bei einer unterstellten Sendedauer von 24 Stunden je Sender lediglich in einer Größenordnung von noch nicht einmal 0,2 Prozent (genau 0,1984126984 Prozent). Bei dieser Sachlage kann von einem „schweren Eingriff in den verfassungsrechtlichen Kernbereich“ der Rundfunkfreiheit – ungeachtet des ohnehin nur im Rahmen des „dienenden“ Charakters anzuerkennenden – Individualgrundrechts nicht ausgegangen werden.

147

Hinzu kommt, dass die Antragstellerin nach Ergehen der Beschlüsse des Senats vom 23. Juli und 8. September 2014 ohnehin die Sendungen zumindest der Beigeladenen zu 1) auf freiwilliger vertraglicher Basis als Auftragsproduktion weitergeführt hat. Von den 180 Minuten müssen im Rahmen dieser Folgenabwägung auch diese Sendezeiten, die offenbar mit der – von ihr so bezeichneten – „Programmfarbe“ der Antragstellerin konform gehen, abgezogen werden. Dies hat für die Grundrechtsbetroffenheit eine weitere Reduktion der „Belastung“ durch die Fensterprogramme für unabhängige Dritte im Vollprogramm der Antragstellerin zur Folge. Eine schwere und unerträgliche Beeinträchtigung der von der Antragstellerin unzutreffend stets nur als „Freiheitsrecht“ verstandenen Rundfunkfreiheit ist nach alledem nicht zu besorgen.

148

Die Grundrechtsbetroffenheit der Antragstellerin kann, gerade vor dem Hintergrund der Rundfunkfreiheit als „dienendes“ Grundrecht, jedenfalls in der Gesamtbetrachtung insgesamt nur als geringfügig angesehen werden. Die hieraus nach dem bisherigen Sachstand zu erwartenden Nachteile für die Antragstellerin wiegen jedenfalls in der Gesamtabwägung nicht so schwer, dass schon im Verfahren des Eilrechtsschutzes die Ausstrahlung von überregionalen Fensterprogrammen für die Dauer des Hauptsacheverfahrens verhindert werden müssten. Eine solche Rechtsfolge würde sich im Gegenteil – auch in Anbetracht der Erfahrungen aus den vorangegangenen Eilverfahren – im Ergebnis als eine „Vorwegnahme der Hauptsache“ darstellen.

149

Die Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1) haben aus diesen Gründen Erfolg; der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2017 ist abzulehnen. Der nach der Beratung des Senats am 27. Oktober 2017 eingegangene Schriftsatz der Antragstellerin vom 26. Oktober 2017 wurde nachträglich in die Überlegungen des Senats einbezogen. Er gibt keine Veranlassung, von den vorstehenden Gründen abzurücken.

150

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die Antragstellerin auch zur Übernahme der im Beschwerdeverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) zu verpflichten, weil diese ebenso wie die Antragsgegnerin das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt und sich somit selbst im Fall des Unterliegens nach § 154 Abs. 3 VwGO einem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Eine Kostentragungspflicht in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten der übrigen Beigeladenen entspricht nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, da diese weder im Eilverfahren Sachanträge gestellt noch das Rechtsmittel eingelegt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Gleiches gilt hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) in der ersten Instanz. Denn diese Beteiligte hat dort keinen Sachantrag gestellt.

151

III. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 3714) in Verbindung mit Ziffer 37.4 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (LKRZ 2014, 169; vgl. auch OVG RP, Beschluss vom 23. Juli 2013 – 2 A 11197/12.OVG –, NVwZ-RR 2013, 862). Eine Reduzierung des Streitwertes gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkataloges erfolgt nicht, weil mit dieser Entscheidung sowie der voraussichtlichen zeitlichen Dauer des noch anhängigen Hauptsacheverfahrens die Hauptsache im Wesentlichen vorweggenommen wird.

152

IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 45 Heilung von Verfahrens- und Formfehlern


(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn 1. der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;2. die erforderliche Be

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 28 Anhörung Beteiligter


(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. (2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach de

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 43 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 17. Okt. 2017 - 2 B 11451/17 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 17. Okt. 2017 - 2 B 11451/17 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 19. Juni 2018 - 5 K 313/17.NW

bei uns veröffentlicht am 19.06.2018

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Berufung wird zugelassen. Tatb

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 05. Sept. 2012 - 5 K 452/12.NW

bei uns veröffentlicht am 05.09.2012

Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 wird aufgehoben, soweit er die Zulassung der Beigeladenen zu 2) und 3) als Drittsendezeitveranstalter im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) und die Ablehnung des entsprechenden Zulassungsa

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 05. Sept. 2012 - 5 K 404/12.NW

bei uns veröffentlicht am 05.09.2012

Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 wird aufgehoben - mit Ausnahme von Buchstabe D. des Bescheides, soweit dort auch die Anträge anderer Bewerber als der Klägerin abgelehnt werden; insoweit wird die Klage abgewiesen. Di

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 05. Sept. 2012 - 5 K 417/12.NW

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Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 wird aufgehoben. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte und die Beigeladenen je zu 1/3. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen di
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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 25. Apr. 2018 - 5 L 364/18.NW

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Tenor Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller vom 22. März 2018 gegen die Ziffer 3 der Verfügungen der Antragsgegnerin vom 13. März 2018 wird angeordnet, soweit darin die Ersatzvornahme der in Ziffer 1 genannten Verpflichtung

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Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 wird aufgehoben.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte und die Beigeladenen je zu 1/3. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und die Beigeladenen jeweils selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte und die Beigeladenen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Veranstalterin des privaten Fernsehvollprogramms Sat.1. Sie ist gem. § 26 Abs. 5 des Rundfunkstaatsvertrags vom 31. August 1991 in der seit 1. September 2008 geltenden Fassung – RStV – verpflichtet, in ihrem Programm Sendezeiten für unabhängige Dritte in Form eines sog. Fensterprogramms einzuräumen. Mit ihrer Klage begehrt sie die Aufhebung der Entscheidung der beklagten Landesmedienanstalt vom 17. April 2012, mit der den Beigeladenen zu 1) und 2) die Zulassung als Veranstalter von Fensterprogrammen in ihrem Hauptprogramm erteilt wird, während die Zulassungsanträge anderer Mitbewerber gleichzeitig abgelehnt wurden.

2

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

3

Die Beklagte schrieb im Staatsanzeiger vom 4. Juli 2011 Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm der Klägerin aus, und zwar für vier nach Uhrzeit und Sendedauer festgelegte Zeitfenster für Fernsehprogramme (sog. Sendezeitschienen), wobei die Bewerbungen für jeweils zwei Sendezeitschienen gemeinsam abzugeben waren. Erlaubnisbeginn soll laut Ausschreibung der 1. Juni 2013 sein. Bis zum Ablauf der Ausschreibungsfrist am 15. August 2011 gingen sechs Bewerbungen ein, darunter die der beiden Beigeladenen, die auch in der Vergangenheit einschließlich des derzeit noch laufenden Zulassungszeitraums die Fensterprogramme bei Sat.1 veranstaltet haben. Eine weitere Bewerbung ging erst nach Ablauf der Frist ein und blieb unberücksichtigt. Für die 1. und 2. Sendezeitschiene bewarben sich insgesamt drei Veranstalter von Fernsehprogrammen, darunter auch die Beigeladene zu 1), für die 3. und 4. Sendezeitschiene gab es fünf Bewerber, darunter die Beigeladene zu 2). Dabei bewarben sich zwei Bewerber – die Klägerinnen der gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 404/12.NW bzw. und 5 K 452/12.NW – jeweils auf beide Sendezeitschienen-Kombinationen.

4

Die eingegangenen Bewerbungsunterlagen wurden mit Schreiben vom 23. und 26. August 2011 der Klägerin übersandt und gleichzeitig auch der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK – mit dem Zusatz, vorbehaltlich der Beratung in den Gremien der LMK werde von der Zulassungsfähigkeit aller sechs Bewerber im Hinblick auf die Vorschriften in § 31 Abs. 3, § 28 RStV ausgegangen.

5

In der Folgezeit kam zunächst wegen divergierender Terminsvorschläge kein Termin zur Erörterung zwischen der Klägerin und der Beklagten mit dem Ziel der einvernehmlichen Auswahl der Drittsendezeitanbieter zustande. Mit Schreiben vom 26. September 2011, in dem sie sich auch auf ein Schreiben der Klägerin vom 23. September und die „dort eingebrachten Terminvorschläge“ bezog, führte der stellvertretende Direktor der Beklagten aus, der straffe Zeitplan sei, soweit möglich, auch den Interessen und Bedürfnissen der Klägerin angepasst worden. Eine weitere Verzögerung sei nicht hinnehmbar. Da die Klägerin keinen der von ihm vorgeschlagenen Termine realisiere, stelle er fest, dass ein einvernehmliches Auswahlverfahren in der ersten Runde nicht zustande gekommen sei. Da insgesamt mehr als drei Bewerbungen für die Drittsendezeit vorlägen, habe nunmehr der Hauptprogrammveranstalter das Recht, der Landesmedienanstalt einen Dreiervorschlag zu unterbreiten. Dafür werde eine Frist bis 10. Oktober 2011 gesetzt. Sollte bis dahin kein Dreiervorschlag eingehen, gelte das als Verzicht auf diese Möglichkeit. Es heißt dann weiter: „Unterstellt, dass die LMK diesen Dreiervorschlag um bis zu zwei Positionen zu ergänzen hätte, wird vom Rundfunkstaatsvertrag ein erneuter Versuch der einvernehmlichen Auswahl eröffnet. Hier greife ich gerne Ihren ersten Terminvorschlag auf…“. Die Klägerin rügte mit Schreiben vom 7. Oktober 2011 ausdrücklich den bisherigen Verfahrensablauf, in dem ihr schon zum zweiten Mal eine Erörterung verweigert werde, regte an, doch noch ein Erörterungsgespräch zur einvernehmlichen Auswahl zu führen, und benannte dazu ihre Vorstellungen, machte jedoch angesichts der Fristsetzung auch einen Dreiervorschlag, in dem sie - ohne Differenzierung nach Sendezeitschienen - insgesamt drei Bewerberinnen benannte, darunter jedoch nicht die Beigeladenen zu 1) und 2).

6

Am 10. Oktober 2011 fand eine Sitzung des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten statt, in der u.a. die Empfehlung an die Versammlung beschlossen wurde, fünf der insgesamt sieben eingegangenen Bewerbungen für zulassungsfähig zu erklären.

7

Mit ebenfalls vom 10. Oktober 2011 datierendem Schreiben teilte der stellvertretende Direktor der Beklagten der Klägerin mit, ihrem rechtzeitig eingegangen Dreiervorschlag füge die LMK noch die Beigeladenen zu 2) und 3) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV aus Gründen der Vielfalt hinzu. Damit bestehe eine Auswahlmöglichkeit aus der gesamten Bewerberschar, die eine zulassungsfähige Bewerbung vorgelegt habe.

8

Ein Gespräch zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beklagten am 14. Oktober 2011 führte nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl; insbesondere bestanden unvereinbare Vorstellungen hinsichtlich der 1. und 2. Sendezeitschiene.

9

Aufgrund der Empfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten beschloss deren Versammlung am 17. Oktober 2011, für die 1. und 2. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1) mit ihren Formaten „Weck up“ und „Planetopia“ und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Formate „News und Stories“ bzw. „Spiegel TV Reportage“ und „Focus TV Reportage“ der Beigeladenen zu 2) auszuwählen. Ziffer IV des Beschlusses lautet: „Die Auswahl steht unter dem Vorbehalt der Herstellung des Benehmens mit der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK)“. Ziffer V lautet: „Die ausgewählten Bewerber und die Sat.1 SatellitenFernsehen GmbH sind gehalten, eine Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV abzuschließen“.

10

Die Beklagte unterrichtete die Klägerin und die Beigeladenen mit Schreiben vom 18. Oktober 2011 von dem Beschluss, der außerdem der KEK zur Herstellung des Benehmens übermittelt wurde. Die KEK teilte zunächst mit Schreiben vom 9. November 2011 mit, wegen verschiedener klärungsbedürftiger Fragen sei sie noch nicht zu einer abschließenden Bewertung gekommen. Genannt wurden u.a. die Themenkomplexe „Vorab-Ausschluss der N 24 Media GmbH von der eigentlichen Abwägungsentscheidung“ und die „seit 1998 fortwährende Lizenzierung“ der Beigeladenen zu 1) und 2) als Drittfensterveranstalter bei Sat.1. In ihrer Sitzung am 5. Dezember 2011 setzte sich die Versammlung der Beklagten inhaltlich mit den Bedenken der KEK auseinander. Nachdem in der Sitzung der KEK am 13. Dezember 2011 der stellvertretende Direktor der Beklagten zu den Bedenken Stellung genommen hatte, beschloss die KEK, dass gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 1. und 2. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1) und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 2) auszuwählen, keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden.

11

Einem Beschlussvorschlag des Direktors der Beklagten vom 15. Dezember 2011 folgend stellte anschließend deren Hauptausschuss im Umlaufverfahren fest, dass das Benehmen mit der KEK hergestellt sei, dass der entsprechende Vorbehalt in Ziffer IV des Beschlusses der Versammlung vom 17. Oktober 2001 entfalle (Ziffer II) und dass an die Beigeladenen zu 1) und 2) Zulassungen erteilt würden „nach Maßgabe der Vorbehalte unter Ziffer IV“. Ziffer IV lautet: „Die Zulassungen stehen unter dem Vorbehalt des Benehmens mit der KEK. Sie stehen weiterhin unter dem Vorbehalt einer Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV. Für diese Vereinbarung wird den Beteiligten eine Frist gesetzt bis …26. Januar 2012…. Ist bis zu diesem Zeitpunkt eine Vereinbarung nicht zustande gekommen, so legen die Parteien innerhalb der gleichen Frist ihre Kalkulationen für eine „ausreichende Finanzierung“ der zu lizenzierenden Programme der LMK vor“.

12

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 setzte die Beklagte u.a. die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens von dem „weiteren Beschluss der LMK“, der beigefügt war, in Kenntnis und wies darauf hin, dass es sich nicht um einen Zulassungsbescheid, sondern um dessen Vorbereitung handle.

13

Die Klägerin erhob gegen den „Beschluss vom 19. Dezember 2011“ am 13. Februar 2012 Klage (AZ. 5 K 148/12.NW) und stellte gleichzeitig einen vorläufigen Rechtsschutzantrag, der mit Beschluss des erkennenden Gerichts vom 4. April 2012 abgelehnt wurde (AZ. 5 L 147/12.NW). Die Klage wurde zurückgenommen.

14

Eine Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 2) und der Klägerin lag am 17. Januar 2012 vor. Die Beigeladene zu 1) lehnte hingegen ein Vereinbarungsangebot der Klägerin, das gegenüber der derzeit noch geltenden Vereinbarung u.a. deutlich geringere Finanzierungsbeträge enthält, als nicht angemessen ab.

15

In der 24. Sitzung der Versammlung der Beklagten am 13. Februar 2012 wurde zunächst die Entscheidung des Hauptausschusses vom Dezember 2011 bestätigt. Weiter stellte die Versammlung hinsichtlich der beabsichtigten Zulassung der Beigeladenen zu 1) für die 1. und 2. Sendezeitschiene fest, dass das von der Klägerin übermittelte Vertragsangebot nicht die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 31 Abs. 5, Abs. 6 RStV erfülle, und beschloss, dass der Vorbehalt der Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV entfalle und die LMK vorläufig die Zulassung auf der Grundlage der früheren Vereinbarung der Parteien vom 30. August 2007/26. September 2007 erteile. Eine abweichende Vereinbarung, die die gesetzliche Voraussetzung ebenfalls erfülle, bleibe möglich, sie ersetze dann die erstgenannte Vereinbarung. Die Ziffern 2.2, 6.1, 6.2, 6.4, 6.5 und 8 der genannten Vereinbarung von 2007 seien Bestandteil der Zulassung; der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK bleibe aufrechterhalten. Für die Zulassung der Beigeladenen zu 2) auf die 3. und 4. Sendezeitschiene entfalle der Vorbehalt der Vereinbarung und bleibe der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK aufrechterhalten. Die Zulassungen würden erteilt für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis zum 31. Mai 2018. Nach der Herstellung des Benehmens mit der KEK solle die zusammenfassende Beschlussfassung über die das Verfahren beendenden Bescheide im Hauptausschuss erfolgen.

16

Die KEK teilte der Beklagten mit Schreiben vom 23. März 2012 unter Beifügung ihrer entsprechenden Beschlüsse vom 13. März 2012 mit, es bestünden rundfunkrechtliche Bedenken gegen die vorgesehene Entscheidung, der Beigeladenen zu 1) die Zulassung vorläufig auf der Grundlage der Vereinbarung von 2007 zu erteilen. Keine Bedenken bestünden gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 2) zuzulassen.

17

In ihrer 25. Sitzung am 16. April 2012 beschloss die Versammlung der Beklagten schließlich die Zulassung der Beigeladenen zu 1) und 2), die entsprechende Beschränkung der Zulassung des Hauptprogrammveranstalters und die Ablehnung der Zulassungsanträge der weiteren Mitbewerber, außerdem die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

18

Diese Beschlüsse wurden im Wortlaut Gegenstand des von der Beklagten am 17. April 2012 erlassenen, vorliegend angefochtenen Bescheides, der im Wesentlichen folgenden Inhalt hat:

19

In Abschnitt A wird der Beigeladenen zu 1) die Zulassung zur Veranstaltung und Verbreitung von zwei überregionalen Fernsehfensterprogrammen im Hauptprogramm der Klägerin auf der 1. und 2. Sendezeitschiene erteilt (Ziff. 1 - 4). Gem. Ziff. 5 wird bis zum Abschluss einer Vereinbarung mit der Beigeladenen zu 1) gemäß § 31 Abs. 5 RStV die in der vergangenen Lizenzperiode abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet; deren Ziff. 2.2, 6.1, 6.2 6.4 6.5 und 8 blieben bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung Bestandteil der Zulassung.

20

Abschnitt B enthält die Zulassung der Beigeladenen zu 2) für die 3. und 4. Sendezeitschiene mit entsprechenden Maßgaben.

21

Abschnitt C betrifft die Befristung und Änderung der an die Beigeladene zu 1) erteilten Zulassung entsprechend A und B. Dort heißt es unter Ziffer 4: „Bis zum Abschluss einer Vereinbarung über die Ausstrahlung der Fensterprogramme auf der ersten und zweiten Sendezeitschiene zwischen Sat.1 und dem unabhängigen Drittanbieter … wird für die Zeit ab dem 1. Juni 2013 die in der vergangenen Lizenzperiode von den Beteiligten abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet...“.

22

In Abschnitt D werden die Anträge der konkurrierenden Bewerber auf alle Sendezeitschienen abgelehnt. Abschnitt E enthält die Anordnung des Sofortvollzugs.

23

Zur Begründung legte die Beklagte – nach Schilderung des Verfahrensganges – zunächst unter II. im Einzelnen dar, warum die ausgewählten Bewerber die Anforderungen des Rundfunkstaatsvertrags nach Überzeugung ihrer Versammlung in einem Maße erfüllten, das von keinem anderen Bewerber und auch von keiner anderen Kombination von Bewerbern erreicht werde. Außerdem enthält der Bescheid Ausführungen dazu, dass bei der Mitbewerberin N 24 Media GmbH wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit ihrer 100%igen Tochterfirma von Sat.1 die Vermutung ihrer redaktionellen Unabhängigkeit deutlich weniger als bei allen anderen Bewerbern gegeben sei. Es bestehe eine große Nähe von N 24 zum Hauptveranstalter (S. 9 des Bescheides), die zu einer Nichtberücksichtigung führen müsse. Aufgrund der „eingeschränkten/geringeren redaktionellen Unabhängigkeit“ sei ihr Vielfaltsbeitrag deutlich verringert und damit „nachrangig zu den Mitbewerbern“ (S. 12 des Bescheides).

24

Beim inhaltlichen Vergleich der verbleibenden Bewerber in den Sendezeitschienen stellten die ausgewählten Angebote insbesondere in ihrer Gesamtheit die maximal erreichbare Vielfaltserhöhung dar. Dass die derzeitigen Erlaubnisinhaber erneut berücksichtigt worden seien, sei nicht fehlerhaft, denn der Vielfaltsbegriff sei inhaltsbezogen, nicht unternehmensbezogen zu verstehen. Auch nicht relevant sei, dass die Beigeladene zu 2) auch bei RTL lizenziert sei. Zwar verlange die Drittsendezeitrichtlinie eine Abstimmung der beteiligten Landesmedienanstalten bei mehrfacher Lizenzierung. Wegen der unterschiedlichen Zeitpunkte der Zulassung gebe es hier aber keine Parallelität, so dass die Vorschrift keine Anwendung finde. Insbesondere der Kulturbeitrag der Sendung „News and Stories“ der Beigeladenen zu 2) sei sehr hoch und möglicherweise im deutschen Fernsehen einzigartig. Einen vergleichbaren Solitär stelle das Wissenschaftsmagazin „Planetopia“ der Beigeladenen zu 1) dar.

25

Im Weiteren wird näher begründet, warum der Beigeladenen zu 1) auch ohne eine aktuelle Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 und 6 RStV eine Erlaubnis erteilt werden könne. Der gewählte Weg einer Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung sei gegenüber dem in der Drittsendezeitrichtlinie vorgesehenen Verfahren zur Lizenzentziehung als milderes Mittel anzusehen.

26

Nach Zustellung dieser Entscheidung hat die Klägerin am 8. Mai 2012 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor:

27

Der von der Beklagten erlassene Gesamtbescheid sei unteilbar, werde deshalb im Ganzen angefochten. Das Gericht habe daraufhin auch das gesamte Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen. Die mit dem Bescheid vom 17. April 2012 getroffenen Auswahl-, Zulassungs- und Teillizenzentzugsentscheidungen beruhten auf mehreren offensichtlichen Verfahrensmängeln. Der rechtswidrige Bescheid verletze sie, die Klägerin, in ihren subjektiv öffentlichen Rechten. Diese folgten schon aus den einfach-rechtlichen Verfahrensvorschriften, insbesondere in § 31 Abs. 4 RStV, die anerkanntermaßen dem Schutz der Interessen des Hauptprogrammveranstalters dienten. Darüber hinaus sei sie in ihren Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verletzt.

28

Das gesamte Drittsendezeit-Auswahlverfahren in § 31 Abs. 4 RStV gehe vom Grundsatz einer einvernehmlichen Regelung zwischen der zuständigen Landesmedienanstalt und dem Hauptprogrammveranstalter aus. Dies ergebe sich klar aus der Amtlichen Begründung zum dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Die berechtigten Interessen des Hauptprogrammveranstalters müssten angemessen berücksichtigt werden. Dies sei im vorliegenden Verfahren an mehreren Stellen nicht geschehen. Zunächst seien auf der ersten Erörterungsstufe gemäß § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV die Ausschreibungsmodalitäten nicht einvernehmlich mit der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin festgelegt worden. Es habe nicht einmal eine ordnungsgemäße ergebnisoffene Erörterung dieser Modalitäten zwischen Beklagter und Klägerin gegeben. Zwar habe am 10. Juni 2011 ein Gespräch stattgefunden, in dem die Klägerin sich für eine Bündelung der Drittsendezeiten am Montagabend und die Ausschreibung von vier, hilfsweise drei unabhängigen Sendezeitschienen ausgesprochen habe. Zuvor habe es im Mai 2011 nur ein informelles Gespräch zwischen der Klägerin und ihrem früheren Geschäftsführer und Vertretern der Beklagten gegeben, in dem es entgegen der Darstellung in der Beschlussvorlage der Beklagten vom 7. Juni 2011 aber keine einvernehmliche Festlegung der Sendezeitschienen gegeben habe. Offenbar sei die Beklagte bereits vor den Gesprächen mit der Klägerin auf die Ausschreibungsmodalitäten, wie sie anschließend beschlossen worden seien, festgelegt gewesen, was sich insbesondere aus Aktenvermerken über Gespräche mit Vertretern der Beigeladenen zu 1) entnehmen lasse, die diese Modalitäten stark befürwortet hätten.

29

Die abweichenden Vorstellungen der Klägerin, geäußert im Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 und nochmals niedergelegt in einem Schreiben vom 14. Juni 2011, seien unberücksichtigt geblieben. Die Versammlung der Beklagten habe am 20. Juni 2011 die Ausschreibung anders beschlossen. Es spreche viel dafür, dass die zuständige Versammlung über die anders lautenden Vorstellungen der Klägerin gar nicht informiert worden sei, nachdem die Beschlussvorlage für die Sitzung am 20. Juni 2011 vom 7. Juni 2011 datiere und sich auch sonst aus den Akten nichts dafür ergebe, dass die Versammlung über die Vorschläge und Argumente der Klägerin aus dem Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 und dem Schreiben vom 14. Juni 2011 in Kenntnis gesetzt worden sei. Dies mache schon die Ausschreibung selbst rechtswidrig.

30

Der Klägerin sei auch eine Erörterung der eingegangenen Anträge nach Ausschreibung gemäß § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV verweigert worden. Die Beklagte habe insoweit unzulässig Zeitdruck ausgeübt. Die Klägerin habe erst zum 1. September 2011 alle Bewerberunterlagen vorliegen gehabt, die danach hätten geprüft werden müssen. Außerdem habe eine Stellungnahme dazu innerhalb der Fachabteilungen der Klägerin abgestimmt werden müssen. Die Zeitvorgabe der Beklagten hierfür bis spätestens 5. Oktober 2011 sei daher nicht realisierbar gewesen. Auf ihre alternativen Terminsvorschläge sei jedoch die Beklagte nicht eingegangen, sondern habe das Verfahren trotz Protests der Klägerin auf der nächsten Stufe (Dreiervorschlag) weitergeführt. Angesichts des Zulassungsbeginns für die Fensterveranstalter ab 1. Juni 2013 sei die von der Beklagten geltend gemachte Eilbedürftigkeit nicht vorhanden gewesen, zumal der früheste angebotene Alternativtermin am 14. Oktober 2011 nur neun Tage nach dem letzten von der Beklagten vorgeschlagenen Termin und noch vor dem Termin der Versammlung der Beklagten vom 17. Oktober 2011 gelegen habe. Den Vorwurf, sie, die Klägerin, wolle das Verfahren in die Länge ziehen, weise sie nachdrücklich zurück. Es habe keinen legitimen Grund für die Beklagte gegeben, die Erörterung der Anträge i.S.d. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV als gescheitert zu betrachten. Der Gesprächstermin zwischen Vertretern der Klägerin und Ministerpräsident Beck am 20. September 2011 sei hierfür ohne Bedeutung.

31

Verfahrensfehlerhaft sei auch, dass dem (unter Vorbehalt abgegebenen) Dreiervorschlag der Klägerin zwei weitere Vorschläge hinzugefügt worden seien, ohne dass dem ein Beschluss seitens der Beklagten zugrunde gelegen habe. Ein Beschluss des Rechts- und Zulassungsausschusses vom 10. Oktober 2011 empfehle der Versammlung nur, fünf der insgesamt sieben Bewerbungen als zulassungsfähig zu erklären. Das sei keine Entscheidung über die Hinzufügung zweier Vorschläge. Nur die Versammlung hätte auch feststellen können, dass eine einvernehmliche Einigung – nach dem Erörterungsgespräch über den Fünfervorschlag am 14. Oktober 2011 – nicht zustande gekommen sei, sie habe darüber jedoch nicht entschieden. Die Ergänzung des Dreiervorschlags der Klägerin sei vom stellvertretenden Direktor der Beklagten in dem Erörterungsgespräch vom 14. Oktober 2012 auch zu Unrecht damit begründet worden, dass der größtmögliche Vielfaltsbeitrag zu erreichen sei. Bei einer einvernehmlichen Entscheidung hätte jedoch genügt, dass überhaupt ein Vielfaltsbeitrag erreicht werde.

32

Sollte der Dreiervorschlag jeweils für die gebündelten Sendezeitschienen isoliert zu betrachten sein, so hätte ein Dreiervorschlag also lediglich für die 3. und 4. Sendezeitschiene abgegeben werden dürfen, da es für die 1. und 2. Sendezeitschiene nur drei zulassungsfähige Bewerber gegeben habe. Gleichzeitig wäre aber auch lediglich auf der dritten und vierten Sendezeitschiene eine Zufügung zweier weiterer Bewerber möglich gewesen. Darin lägen Verfahrensfehler, die auch nicht unbeachtlich seien. Es könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass es zwischen der Klägerin und der Beklagten auf der dritten und vierten Sendezeitschiene zu einer einvernehmlichen Regelung gekommen wäre, wenn nur diese zur Disposition gestanden hätte. Da dafür eine Erörterung notwendig gewesen wäre, deren Ergebnis nicht antizipiert werden könne, bestehe nicht die nach § 46 VwVfG erforderliche Alternativlosigkeit.

33

Weitere gesetzlich vorgesehene Verfahrensabläufe seien missachtet worden: Das Erörterungsgespräch über die Ausschreibungsmodalitäten habe bereits stattgefunden, bevor die KEK nach § 26 Abs. 5 RStV die relevanten Zuschaueranteile der Klägerin festgestellt gehabt habe und feststand, dass eine Pflicht zur Einräumung von Drittsendezeiten bestand. Die KEK habe dies erst am 14. Juni 2011 beschlossen. Außerdem hätte die Beklagte die Klägerin nicht zur Abgabe eines Dreiervorschlages auffordern dürfen, bevor eine Entscheidung über die Zulassungsfähigkeit der einzelnen Anträge getroffen wurde. Darüber sei jedoch erst mit Beschluss vom 10. Oktober 2011 in der 25. Sitzung des Rechts- und Zulassungsausschusses befunden worden.

34

Darüber hinaus sei es verfahrensfehlerhaft, dass die Beklagte sowohl die Auswahl- als auch die Zulassungsentscheidung getroffen habe, ohne zuvor das Benehmen mit der KEK hergestellt zu haben. Das Gesetz lege hier eine klare Reihenfolge fest. Dies habe die Beklagte umgangen, indem sie die Beschlüsse bereits vorab gefasst habe und sie nur mit dem Vorbehalt der Benehmensherstellung versehen habe. Sie hätte höchstens eine Auswahlempfehlung treffen dürfen, ohne sich bereits festzulegen. Danach habe sich die Beklagte mit den geäußerten Bedenken und abweichenden Bewertungen der KEK ernsthaft und ergebnisoffen nicht mehr befasst. Dass sie die später geäußerten Bedenken der KEK zur Kenntnis genommen habe, reiche für eine ordnungsgemäße Benehmensherstellung nicht. Das gelte zunächst für die ursprünglichen Bedenken der KEK bezüglich der angeblichen Abhängigkeit der N24 Media GmbH im Verhältnis zur Klägerin. Die Auswahlentscheidung hätte auch nicht durch Beschluss des Hauptausschusses der Beklagten, noch dazu im Umlaufverfahren, getroffen werden dürfen, denn die nach der Geschäftsordnung der Versammlung notwendige Eilbedürftigkeit habe nicht vorgelegen.

35

Auch mit den rundfunkrechtlichen Bedenken der KEK gegenüber der Zulassung der Beigeladenen zu 1) auf der Grundlage der Fortschreibung der bisherigen vertraglichen Vereinbarungen mit der Klägerin habe die Versammlung sich nicht mehr auseinandergesetzt. Sie habe sich insoweit selbst unter faktischen Vollzugszwang gesetzt, indem sie ohne Not mit Pressemitteilung vom 13. Februar 2012 öffentlich verkündet habe, wie sie hinsichtlich des Angebots der Klägerin vorgehen wolle.

36

Die genannten Verfahrensfehler seien jeder für sich, jedenfalls aber in ihrer Gesamtheit auch nicht nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Es handele sich bereits um absolute Verfahrensfehler, weil damit gegen Verfahrensrechte der Klägerin verstoßen worden sei, die ihr eine eigene, unabhängig vom materiellen Recht durchsetzbare Rechtsposition gewähren wollten. Dies gelte im besonderen Maße für die Erörterungspflichten mit dem Hauptprogrammveranstalter, die ein klassisches, eigene Rechtspositionen begründendes Mitwirkungsrecht darstellten. Im Übrigen hätte bei Einhaltung aller genannten Vorschriften jeweils die Entscheidung anders ausfallen können, so dass auch eine Unbeachtlichkeit i.S.v. § 46 VwVfG ausscheide.

37

Unter Verstoß gegen den in § 30 VwVfG normierten Geheimhaltungsgrundsatz habe die Beklagte auch in dem als Gesamtbescheid an alle Beteiligten abgefassten Zulassungsbescheid vom 17. April 2012 geheimhaltungsbedürftige Tatsachen offengelegt, die nur im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) relevant seien.

38

Erhebliche formelle Zweifel bestünden schließlich auch daran, ob die Beklagte für eine Fortschreibung der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) – abgesehen von deren materieller Rechtswidrigkeit – überhaupt (allein) zuständig gewesen sei. Wenn nämlich gemäß Ziffer 6.3 der Drittsendezeitenrichtlinie unter Umständen ein Lizenzentzug gemäß § 26 Abs. 5 RStV in Betracht gekommen wäre und dies nur nach Feststellung durch die KEK hätte geschehen dürfen (§ 26 Abs. 5 Satz 3 RStV), hätte die KEK auch eingeschaltet werden müssen, wenn die Beklagte ein angeblich milderes Mittel als Sanktion habe anwenden wollen.

39

Zudem habe die Beklagte die Frage, ob die Klägerin der Beigeladenen zu 1) eine ausreichende Finanzierung nach § 31 Abs. 5 RStV angeboten habe, entgegen § 24 VwVfG nicht genügend aufgeklärt, insbesondere die Heranziehung von Sachverständigen unterlassen. Die Klägerin habe eine aktuelle Kalkulation der Beigeladenen zu 1) trotz ihrer entsprechenden Bitte mit Schreiben vom 28. Oktober 2011 übrigens nie erhalten. Es werde bezweifelt, dass der Beklagten eine solche Kalkulation vorgelegen habe.

40

Die Auswahl-, Zulassungs- und Teillizenzentzugsentscheidungen der Beklagten seien darüber hinaus auch offensichtlich materiell rechtswidrig. Da es nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen sei, habe die Landesmedienanstalt bei der Auswahl einen engeren Einschätzungs- und Bewertungsspielraum im Hinblick auf die zu bewertende Vielfaltssteigerung gehabt, und auch die Anforderungen an die Begründung der Auswahl seien höher. Die maßgebenden Entscheidungen im Verlauf des Verfahrens seien teilweise aufgrund unvollständigen bzw. unrichtigen Sachverhalts getroffen worden, weil die Versammlung der Beklagten über die maßgebenden Vorgänge nicht ausreichend unterrichtet gewesen sei. Das gelte für die Sendezeitschienenfestlegung, die Grundlage der Ausschreibung und dann auch der Auswahl gewesen sei. Die Koppelung von jeweils zwei Sendezeitschienen sei ermessensfehlerhaft im Interesse der später ausgewählten Bewerber, insbesondere der Beigeladenen zu 1) geschehen, da die Einnahmen aus zwei Formaten gesichert werden sollten, wie der Beklagte im Schreiben vom 27. März 2012 im Verfahren 5 L 147/12.NW ausgeführt habe. Dafür spreche auch deutlich der Aktenvermerk auf Blatt 1 der Verwaltungsakte. Sachfremde Erwägungen seien auch angestellt worden, soweit die angeblich zu große Nähe von N 24 zur Klägerin zur Nichtberücksichtigung der N 24 Media GmbH im Rahmen der Auswahlentscheidung geführt habe. Nach Feststellung der Zulassungsfähigkeit der N 24 Media GmbH i.S.d. § 31 Abs. 3 Satz 2 RStV sei die Erwägung, die redaktionelle Unabhängigkeit sei nicht gewährleistet, sachfremd gewesen.

41

Schließlich bestünden vielfältige rechtliche Bedenken gegen die Erteilung einer Zulassungserlaubnis an die Beigeladene zu 1), ohne dass es zwischen der Klägerin und ihr zu einer Vereinbarung gekommen sei. Der von der Beklagten vorgenommenen „Vertragsfortschreibung“ fehle es insbesondere an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Nach § 31 Abs. 6 RStV sei eine Vereinbarung zwingend erforderlich, die hier aber unstreitig nicht zustande gekommen sei. Die vorgenommene hoheitliche Substituierung von Verträgen könne nicht auf Ziffer 6.3 der Drittsendezeitenrichtlinie i.V.m. § 26 Abs. 5 RStV und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gestützt werden. Die Drittsendezeitenrichtlinie sei keine ausreichende Gesetzesgrundlage i.S.d. Art. 20 Abs. 3 GG. Der entscheidende Fehler liege aber bereits darin, dass die getroffene Regelung weder erforderlich noch das mildeste Mittel im Vergleich zum angeblich sonst drohenden Lizenzentzug gegenüber der Klägerin sei. Gegenwärtig verstoße die Klägerin nicht gegen ihre Verpflichtung aus § 26 Abs. 5 RStV, so dass Sanktionen überhaupt nicht in Betracht kämen. Außerdem nehme die Beklagte der Klägerin durch die Fortschreibung der momentan gültigen Vereinbarung die Möglichkeit zu einer frei ausgehandelten einvernehmlichen Vereinbarung. Richtig wäre es gewesen, die Frage der Gesetzeskonformität des Angebots der Klägerin durch einen unabhängigen Gutachter aufzuklären, wie dies auch die KEK in ihrer Stellungnahme vom 13. /21. März 2012, KEK 600-3, für notwendig gehalten habe.

42

Die Klägerin sei zur Vorlage eines Vertragsangebots nach § 31 Abs. 5 RStV an die Beigeladene zu 1) gar nicht verpflichtet gewesen, weil das Drittsendezeitenvergabeverfahren zuvor bereits in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig gewesen sei.

43

Schließlich habe sie aber ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes Vertragsangebot vorgelegt, insbesondere auch mit einer ausreichenden Finanzierung, die sich an marktüblichen Preisstrukturen und der finanziellen Ausstattung vergleichbarer Formate des Hauptveranstalters orientiert habe. Die angebotenen Minutenpreise hätten immer noch deutlich über den vergleichbaren Formaten der Klägerin selbst gelegen. Die Beklagte führe für ihre Ansicht, dass das Finanzierungsangebot unzureichend sei, unzulässige Vergleichsmaßstäbe an. Auch bestünden Zweifel, ob die zugrunde gelegten Zahlen zutreffend seien. Die anderen Vertragsregelungen des Angebots seien entgegen der Auffassung der Beklagten ebenfalls nicht rechtsfehlerhaft. Dies gelte insbesondere auch für die Kündigungsregelung in Ziffer 9.1, die auf dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 2. April 2012 (Az. 5 L147/12.NW) aufbaue.

44

Das zur Frage der Zulässigkeit der Vertragsfortschreibung durch die Beigeladene zu 1) vorgelegte Parteigutachten des Prof. Dr. Hassemer verfolge offenbar primär einen rechtsphilosophischen Ansatz. Bei der Bewertung der Rechtmäßigkeit eines belastenden Verwaltungsaktes gehe es aber um die Gesetzesbindung der Verwaltung und den Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes. Dies gelte in besonderem Maß für den Zentralbereich des Rundfunkrechts (Art. 5 GG). Der belastende Verwaltungsakt „Vertragsfortschreibung“ zu Lasten der Klägerin könne nicht deshalb als Begünstigung ihr gegenüber gewertet werden, weil von der härteren Sanktion Lizenzentzug abgesehen werde. Aus einer Belastung werde keine Begünstigung, nur deshalb weil es gegebenenfalls noch einschneidendere Maßnahmen geben könnte. § 31 Abs. 4 RStV könne nicht als Ermächtigung für die Vertragsfortschreibung ausgelegt werden. Es gehe hier nicht um einen nur feststellenden Verwaltungsakt, sondern um regelnde Gebote. Eine Auslegung, die einen Grundrechtsverstoß (Unverhältnismäßigkeit) gegen einen Eingriff in die Vertragsautonomie austausche, sei ihrerseits nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Soweit sich die Beigeladene zu 1) darauf berufe, dass anderswo eine angemessene Finanzierung des Fensterprogrammveranstalters im Zulassungsbescheid festgesetzt worden sei, sei in dem herangezogenen Beispielsfall eine gutachterliche Empfehlung eingeholt worden, der dann gefolgt worden sei.

45

Das von der Beklagten dargelegte „Gut-Böse-Szenario“ sei verfehlt. Der Klägerin gehe es keineswegs darum, ein seit langem funktionierendes System zugunsten ihrer eigenen publizistischen Interessen und Renditeoptimierung zu sprengen oder zu behindern, sondern sie habe sich erlaubt, Rechtsschutz gegen einen sie belastenden Bescheid zu suchen. Da das Verfahren zur Auswahl und Zulassung von Drittfensterprogrammen gleich auf mehreren Ebenen auf Einvernehmlichkeit ausgerichtet sei, seien publizistische oder ökonomische Aspekte des Hauptprogrammveranstalters Teil seiner verfassungsrechtlich geschützten Rechte.

46

Die Umstände des vorgesehenen Wechsels des Veranstalters für das Programm Sat.1 von der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz zur Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein – MA HSH - und die insoweit mit Bescheid vom 11. Juni 2012 der umgesetzte Zulassungsentscheidung der MA HSH würden keineswegs verschwiegen, seien hier jedoch nicht streitgegenständlich. Die Beantragung einer Neuzulassung seitens der mit der Klägerin nicht identischen Firma ProSiebenSat1 Deutschland GmbH und die mögliche Rückgabe der Rundfunklizenz durch die Klägerin stellten freie unternehmerische Entscheidungen dar, die vom Rundfunk- und Verfassungsrecht respektiert und geschützt würden. Dadurch entstehe auch keine Gefahr für die Meinungsvielfalt, weil die gesetzlichen Regelungen selbstverständlich auch für den neuen Veranstalter bestünden. Das Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Klage bleibe davon unberührt.

47

Die Klägerin beantragt,

48

den Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aufzuheben,

49

hilfsweise,

50

Beweis zu erheben zur Tatsache, dass sich die Versammlung in ihrer Sitzung vom 20. Juni 2011 mit den Vorschlägen und Argumenten der Klägerin, betreffend die auszuschreibenden Sendezeitschienen, aus dem Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 bzw. dem klägerischen Schreiben vom 14. Juni 2011 nicht auseinandergesetzt hat bzw. mangels ausreichender Sachkenntnis nicht auseinandersetzen konnte, durch Vernehmung der in dieser Sitzung vom 20. Juni 2011 anwesenden Mitglieder der Versammlung.

51

Die Beklagte beantragt,

52

die Klage abzuweisen.

53

Sie weist zunächst auf die Bedeutung der Konzentrationsregulierung im Privatfernsehen hin, der durch das System der rundfunkrechtlichen Konzentrationsbegrenzung mit den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrages Rechnung getragen werde. Durch die von der klägerischen Konzernholding beabsichtigte unzulässige Lizenzverlagerung würde das seit rund 15 Jahren funktionierende System in Frage gestellt. Die Beklagte werde sich daher auch gegen die Zulassungsentscheidung der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein vom 11. Juli 2012 anderweitig rechtlich zur Wehr setzen.

54

Die Versuche der Klägerin, die Konzentrationsregulierung der Länder zu unterlaufen, bedürften der gerichtlichen Begrenzung. Im Mittelpunkt der vorliegenden Auseinandersetzung stehe die Frage, ob ein Hauptprogrammveranstalter die kompensatorische Vielfaltsentscheidung der plural zusammengesetzten Versammlung der Beklagten durch Verweigerung eines angemessenen Vertragsangebots an den ausgewählten Drittsendezeitveranstalter leer laufen lassen und sich so über einen längeren Zeitraum den konzentrationsrechtlichen Verpflichtungen entziehen könne. Die übrigen mit der Klagebegründung angesprochenen tatsächlichen und rechtlichen Fragen träten hinter diese Fragestellung zurück. Es bestehe das verfassungsrechtliche Gebot, Tendenzen zur Konzentration zur Sicherstellung eines funktionierenden Meinungsmarktes rechtzeitig und so wirksam wie möglich entgegenzutreten. Zur Sicherung der Meinungsvielfalt bestehe nicht nur ein abstrakter Handlungsauftrag, sondern eine konkret formulierte grundrechtliche Schutzpflicht. Das einfache Gesetz und die Rechtsanwendung müssten sich an dieser Zielvorgabe messen lassen. Der gesetzliche Normalfall des § 31 Abs. 5 und 6 RStV sei vorliegend nicht eingetreten. Für den Fall, dass wie hier der Hauptprogrammveranstalter dem nach Vielfaltskriterien ausgewählten Fensterprogrammveranstalter kein angemessenes Vertragsangebot vorlege, enthalte der Rundfunkstaatsvertrag selbst keine Regelungen. Nur Ziffer 6.3 der Drittsendezeitenrichtlinie sehe vor, dass das Scheitern nach § 31 Nr. 1 RStV der KEK mitgeteilt werde und das weitere Verfahren nach § 26 Abs. 4 oder Abs. 5 RStV durchgeführt werde. Danach stünde als einzige Handlungsmöglichkeit der Widerruf der der Klägerin erteilten Zulassung offen. Konsequenzen eines solchen Widerrufsverfahrens würden jedoch dem verfassungsrechtlichen Ziel, möglichst hohe Meinungsvielfalt sicherzustellen, zuwiderlaufen. Aus diesem Grund sei das in Ziffer 6.3 DSZR angelegte Rechtsverständnis mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Da sich der Widerruf aus verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Gründen nicht sofort vollziehen lasse und außerdem die Zulassung der Klägerin noch bis ins Jahr 2020 bestehe, trage sie allenfalls das Risiko eines Verwaltungsrechtsstreits über den Widerruf. Boykottiere aber der Hauptprogrammveranstalter den Abschluss eines Vertrages zu angemessenen Bedingungen, so liege ein vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelter Zustand vor, der mit der verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Sicherung von Meinungsvielfalt kollidiere. Zur Auffüllung dieser Regelungslücke ermächtige der in § 31 Abs. 5 RStV angelegte Kontrahierungszwang nach Feststellung eines unangemessenen Vertragsangebots dazu, vorübergehend angemessene Vertragsbedingungen aufzuerlegen bzw. wie im vorliegenden Fall fortzuschreiben. Dies sei auch keine einmalige Vorgehensweise. Im Jahr 2009 habe es in Baden-Württemberg eine fast identische Regulierungssituation gegeben, in der schließlich auch die Bedingungen für die Finanzierung eines Fensterprogramms endgültig festgesetzt worden seien. Die KEK habe dies nicht beanstandet. Auch im vorliegenden Fall dürfe die Beklagte aus der allgemeinen Ermächtigung in § 2 Satz 2 i.V.m. § 42 Nr. 7 LMG Rheinland-Pfalz, § 38 Abs. 2 Satz 1 RStV alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, um staatsvertragliche Regelungsziele zu erfüllen. Deshalb sei das vorläufige Fortgelten der Altvereinbarung anzuordnen gewesen. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen wäre möglicherweise dann geboten gewesen, wenn es sich um eine endgültige Festlegung der Vertragsbedingungen hätte handeln sollen. Diese sei jedoch hier nicht erfolgt.

55

Außerdem hätten die Klägerin und die Beigeladene zu 1) bereits über 15 Jahre unbeanstandet Vertragsbeziehungen praktiziert. Um den Verhandlungsdruck für die Klägerin aufrechtzuerhalten, werde die Beklagte die Fortgeltung der Altvereinbarung in Teil A5 Satz 2 des Bescheids vom 17. April 2012 zunächst auf ein Jahr befristen. Die Klägerin und die Beigeladene könnten dann zur Beilegung ihres Streits einen unabhängigen Sachverständigen beauftragen. Mit der angekündigten Befristung würden Zweifel an der Vertragsfortschreibung als mildestem Mittel entfallen. Sollten sich die Klägerin und die Beigeladene künftig nicht über angemessene Vertragsbedingungen einigen, so werde hierüber in einem Rechtsstreit entschieden werden müssen, in dem das Gericht dann ein Sachverständigengutachten einholen müsse.

56

Im Übrigen sei der Zulassungsbescheid insgesamt formell und materiell rechtmäßig. Das Verfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Eine Auswahlentscheidung nach § 31 Abs. 4 RStV sei auch nicht-konsensual möglich. Eine dialogische Auseinandersetzung mit der Klägerin habe mehrfach stattgefunden, eine einvernehmliche Abstimmung sei nicht erforderlich. Am 10. Juni 2011 seien mit der Klägerin die möglichen Sendezeitschienen ausführlich erörtert worden. Die Beklagte sei nicht vorab darauf festgelegt gewesen, dass alles beim Alten bleiben solle. Das könne aus dem Gespräch der Beklagten mit Vertretern der Beigeladenen zu 1) vom 23. Februar 2011 nicht hergeleitet werden. Solche Gespräche mit potentiellen Interessenten seien zulässig und üblich. Hier gebe es einen ausführlichen Vermerk über das betreffende Gespräch und so sei eine umfassende Transparenz hergestellt. Arbeitsgrundlage sei stets gewesen, dass Ausschreibung und Auswahl offen und ohne Vorfestlegung erfolgen sollten. Die frühzeitige Ausschreibung sei notwendig gewesen, um das Verfahren sachgerecht und ohne zeitliche Zumutung für die Gerichte und andere Beteiligten durchführen zu können. Daher seien später auch die drei Terminvorschläge zur Erörterung der zugelassenen Bewerber angemessen gewesen.

57

Die Hinzufügung von zwei Bewerbern zum Dreiervorschlag der Beigeladenen zu 1) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 Halbs. 1 RStV sei unter Einbindung der Versammlung durch den stellvertretenden Direktor geschehen und durch die Versammlung am 17. Oktober 2011 bestätigt worden. Die Versammlung sei nicht notwendig mit der Vorbereitungsmaßnahme „Aufforderung zur Abgabe eines Dreiervorschlags“ zu befassen gewesen.

58

Die KEK sei rechtmäßig beteiligt worden. Man habe zunächst ausdrücklich der Auswahlentscheidung einen Vorbehalt beigefügt. Die Bedenken der KEK seien in den folgenden Sitzungen des Rechts- und Zulassungsausschusses und der Versammlung am 5. Dezember ausführlich erörtert worden, der stellvertretende Direktor der Beklagten habe auf der Sitzung der KEK vom 13. Dezember 2011 zu den Bedenken Stellung genommen. Diese Stellungnahme sei am 5. Dezember 2011 vorbereitet worden. Die KEK habe dann an ihren ursprünglich geäußerten Bedenken nicht mehr festgehalten. Der Rechts- und Zulassungsausschuss und die Versammlung hätten sich am 16. April 2012 eingehend mit den Bedenken der KEK zur vorläufigen Fortschreibung einer Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV auseinandergesetzt.

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Auch materiell sei die Entscheidung rechtmäßig. Die Sendezeitschienen seien in zulässiger Weise festgelegt worden. Die Beklagte handle nicht im rheinland-pfälzischen Interesse, sondern im Interesse des Vielfaltsanspruchs der bundesweiten Medienordnung. Der Firmensitz der Beigeladenen zu 1) in Mainz habe keine Rolle gespielt. Bezüglich der N 24 Media GmbH seien keine sachfremden Erwägungen angestellt worden. Die bejahte Zulassungsfähigkeit schließe es nicht aus, im Rahmen der programmlichen Vielfaltsentscheidung nach § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV wirtschaftliche oder publizistische Verbindungen zu dem Hauptprogrammveranstalter zu berücksichtigen. Die Versammlung habe in ihrer Sitzung vom 17. Oktober 2011 den zu erwartenden Vielfaltsbeitrag dieser Bewerberin als gering eingeschätzt. Dies sei auf der Grundlage des Sachverhalts erfolgt, dass eine 100prozentige Tochter der Bewerberin an die Klägerin 14,6 % von deren Programmstunden zuliefere. Dieser Sachverhalt relativiere das Maß der redaktionellen Unabhängigkeit im Vergleich zu anderen Bewerbern. Er berge die Gefahr einer wirtschaftlichen Abhängigkeit. Es bestehe zudem die Gefahr eines programmlichen Wohlverhaltens des Fensterprogramm-Veranstalters im Verhältnis zum Hauptprogrammveranstalter. Dies dürfe unter Vielfaltsgesichtspunkten auch dann berücksichtigt werden, wenn die aufgezeigten wirtschaftlichen und redaktionellen Beziehungen nicht die Qualität einer konzentrationsrechtlichen Abhängigkeit erreichten.

60

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

61

die Klage abzuweisen.

62

Sie verweist zur Begründung auf ihr Vorbringen im Eilverfahren 5 L 415/12.NW, in dem sie im Wesentlichen Folgendes ausgeführt hat:

63

Die Klägerin wolle mit allen Mitteln die Auswahl- und Zulassungsentscheidungen der Beklagten torpedieren. Ihre mangelnde Rechtstreue sei auch daran zu ersehen, dass sie sich durch die vorgesehene Rückgabe ihrer noch bis 2020 laufenden nationalen Zulassung bei der rheinland-pfälzischen Medienanstalt auch den Verpflichtungen gegenüber einer Schwestergesellschaft der Beigeladenen zu 1) entziehen wolle, die Zulassungen nach § 25 RStV für das werktägliche Regionalprogramm für Hessen und Rheinland-Pfalz im Programm der Klägerin besitze.

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Die streitgegenständliche Zulassungsentscheidung vom 17. April 2012 sei rechtmäßig. Der Rundfunkstaatsvertrag sehe die Möglichkeit vor, auch ohne das Einverständnis des Hauptprogrammveranstalters aus Vielfaltsgesichtspunkten einen diesem nicht genehmen Drittfensterveranstalter auszuwählen. Die Versammlung der Beklagten habe hier das Letztentscheidungsrecht. Dem Hauptprogrammveranstalter stehe kein Vetorecht zu. Es gebe angesichts der letzten 15 Jahre auch keinen Grund zu der Annahme, das Programm der Beigeladenen zu 1) entspreche nicht der „Programmfarbe“ der Klägerin.

65

Das wegen der Drittsendezeiten durchgeführte Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren sei in verfahrens- und materiell-rechtlicher Hinsicht fehlerfrei. Etwaige doch eingetretene Verfahrensfehler seien entweder durch die Zulassungsentscheidung vom 17. April 2012 gemäß § 45 VwVfG geheilt worden oder nach § 46 VwVfG unbeachtlich.

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Dass die Beklagte vor der Ausschreibung Gespräche mit der Beigeladenen zu 1) geführt habe, habe nicht zu einem Verfahrensfehler geführt. Insofern sei der Aktenvermerk vom 24. Februar 2011 missverständlich und unvollständig. Zwar hätten ihre Vertreter dafür geworben, die Ausschreibung möge wieder mit zwei gekoppelten Sendezeitschienen stattfinden. Eine Zusage habe es jedoch nicht gegeben, ein Konsens sei nicht hergestellt worden.

67

Das Ausschreibungsverfahren sei mit Vertretern der Klägerin am 10. Juni 2011 und zuvor schon 10. Mai 2011 erörtert worden, weshalb auch die dritte Sendezeitschiene zeitlich verlegt worden sei. Allerdings sei die Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen nicht allen Wünschen der Klägerin hinsichtlich der Gruppierung von Drittsendezeiten nachgekommen, worauf diese auch keinen Anspruch habe. Die Vergabe von zweimal zwei Sendezeiten führe zur wirtschaftlichen Stärkung der auswählten Bewerber, diene deren Unabhängigkeit und im Ergebnis auch der journalistischen Qualität und damit der Vielfalt. Ein vermeintlicher Mangel im Ausschreibungsverfahren wäre auch unbeachtlich, da im Ergebnis die Formate der beiden Beigeladenen wegen ihrer bekannten vielfaltssichernden Qualität ausgewählt worden seien.

68

Auch das weitere Verfahren sei nicht zu beanstanden. Ein Erörterungsgespräch nach Feststellung der zulassungsfähigen Anträge sei an Zeitproblemen der Klägerin gescheitert, obwohl sie genügend Zeit zur Prüfung der zulassungsfähigen Anträge gehabt habe. Auf einen späteren Termin habe sich die Beklagte nicht mehr einlassen müssen. Zudem habe die Klägerin am 20. September 2011 noch einen Gesprächstermin mit Ministerpräsident Beck gehabt. Sie habe also das Verfahren verschleppen und wohl auch politischen Einfluss auf die Beklagte nehmen wollen. Schließlich habe am 14. Oktober 2011 ein umfassendes Erörterungsgespräch der Klägerin mit dem stellvertretenden Direktor der Beklagten im Ergebnis zu keiner einvernehmlichen Auswahl geführt.

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Zuständigkeitsvorschriften im Hinblick auf Rechte der Versammlung seien nicht verletzt worden. Auch die KEK sei ordnungsgemäß eingebunden worden. Die Vorbehalte dafür seien nicht zu beanstanden. Die Versammlung habe sich mit den Bedenken der KEK auch befasst, wobei die KEK sich zur Frage der Fortschreibung der Finanzierungsvereinbarung nicht hätte äußern dürfen.

70

Sollten doch Verfahrensfehler festzustellen sein, so hätten diese sich nicht ausgewirkt, denn die getroffene Auswahl- und Zulassungsentscheidung sei alternativlos und wäre unverändert ausgefallen, wenn das Verfahren in anderer Weise verlaufen wäre. Außerdem habe sich die Beklagte aufgrund der umfangreichen Einwendungen der Klägerin und der abgelehnten Mitbewerber in den vorhergegangenen Eilverfahren inzwischen mit allen Fragen umfangreich auseinandergesetzt. Damit sei die Klägerin umfassend gehört worden und etwaige Verfahrensfehler seien so gem. § 45 Abs. 2 VwVfG geheilt.

71

Die Beklagte sei nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet gewesen, die Finanzierungsvereinbarung zwischen der Klägerin und ihr, der Beigeladenen zu 1) fortzuschreiben, nachdem die Klägerin Verhandlungen darüber rechtswidrig boykottiert und im Januar 2012 nur „Dumping-Preise“ angeboten habe, die um rund 35 % unter den bisher vereinbarten Preisen gelegen hätten und in keiner Weise auskömmlich und angemessen seien, und dies, obwohl die bisherigen Finanzierungsvereinbarungen zwischen den Beteiligten in den vergangenen 15 Jahren einvernehmlich geschlossen worden seien. Auch andere angebotene Vertragsklauseln (etwa zu Ablieferungsfristen, Werbeunterbrechungen, Kündigungsrechten) seien staatsvertragswidrig und inakzeptabel gewesen. Zu weiteren Verhandlungen sei die Klägerin laut Aussagen maßgebender Führungspersonen Anfang April 2012 unter Hinweis auf die anstehende Rückgabe der Lizenz nicht bereit gewesen.

72

Angesichts der absehbaren Verzögerungen durch einen Rechtsstreit gegen den - nach Ziffer 6.3. der Drittsendezeitenrichtlinie i.V. m. § 26 Abs. 4 oder 5 RStV bei Nichtzustandekommen einer angemessenen Vereinbarung vorgesehenen - Widerruf der Sendelizenz des Hauptveranstalters bleibe zur effektiven Vielfaltssicherung und Durchsetzung einer sofortigen ausreichenden Finanzierung des Drittfensters letztlich aus verfassungsrechtlichen Gründen nur der von der Beklagten gewählte Weg. Dies bestätige auch ein beigefügtes Rechtsgutachten von Professor Dr. Hassemer.

73

Die Beigeladene zu 2) beantragt ebenfalls,

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die Klage abzuweisen.

75

Auch sie verweist auf ihre Stellungnahme im Verfahren 5 L 415/11.NW, wo sie insbesondere ausführt, die Rechtsschutzbegehren der Klägerin richteten sich inhaltlich allein gegen die Auswahl der Beigeladenen zu 1); die Vergabe der Lizenz an sie, die Beigeladene zu 2), werde nicht angegriffen. Mit ihr habe die Klägerin auch schnell eine Einigung über die Konditionen des neuen Fensterprogrammes ab 1. Juni 2013 erzielt. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die Entscheidungen vom 17. April 2012 durchaus teilbar. Der gesamte Verlauf der Auseinandersetzung zeige, dass es sich bei der Vergabe der Sendezeiten offenbar um zwei begünstigende und somit auch voneinander abtrennbare Verwaltungsakte handele, die lediglich in einem Bescheid zusammengefasst worden seien. Diese könnten, neben den weiteren Entscheidungen in Abschnitt C und D, jeweils als besondere Streitgegenstände bestehen.

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Aber auch wenn man den Verwaltungsakt als einheitlich zu betrachten hätte, sei er formell und materiell rechtmäßig.

77

Wie schon im Verfahren 5 L 147/12.NW geltend gemacht worden sei, müsse die Drittsendezeitvergabe nicht einvernehmlich stattfinden. Gem. §§ 30, 31 RStV seien die Bewerber auszuwählen, deren Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt erwarten lasse. Dafür habe die Beklagte einen breiten Ermessensspielraum. Vor der Ausschreibung habe es eine ausreichende Erörterung der Sendezeitschienen zwischen Klägerin und Beklagter gegeben. Nach Eingang der Bewerbungen habe die Klägerin genügend Zeit zur Prüfung gehabt, um einen der Terminsvorschläge der Beklagten anzunehmen. Abgesehen davon wäre es nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen, weil sich die Klägerin eindeutig für andere Kandidaten als die Beigeladenen ausgesprochen habe. So sei es auch beim Erörterungsgespräch vom 14. Oktober 2011 nicht zu einer Einigung gekommen. Dieses Gespräch habe einen etwaigen vorherigen Verfahrensfehler zudem gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt. Um absolute Verfahrensfehler handele es sich nicht.

78

Die Hinzufügung zweier weiterer Bewerber sei nicht fehlerhaft geschehen. Eines ausdrücklichen Beschlusses der Versammlung bedürfe es dafür nicht; ein etwaiger Verstoß gegen die Satzung der Beklagten verletze keine eigenen Rechte der Klägerin. Die Benehmensherstellung mit der KEK sei ordnungsgemäß gewesen; am Ende des Verfahrens habe die KEK gegen die Auswahl beider Beigeladenen keine Bedenken mehr gehabt. Die von der KEK am 13. März 2012 wegen der Fortschreibung der Finanzierungsvereinbarung geäußerten „rundfunkrechtlichen Bedenken bezögen sich alleine auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1), was erneut für die Teilbarkeit des Verfahrens spreche.

79

Die Auswahlentscheidung als solche sei vor dem allein entscheidenden Kriterium des besten Vielfaltsbeitrags nicht angreifbar. Sie könne daher die Klägerin nicht ihren Rechten verletzen, auch wenn dieser die Auswahl nicht genehm sei.

80

Auch nach etwaiger Erteilung der beantragten neuen Zulassung für die ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH bei der MA HSH werde die getroffene Auswahlentscheidung weiterhin Gültigkeit haben. Die Zulassungen der Drittsendezeitveranstalter würden dadurch nicht zum Erlöschen gebracht. In seiner beigefügten Stellungnahme teile der ehemalige Bundesverfassungsrichter Prof. Grimm diese Auffassung.

81

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren, in den vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 L 147/12.NW und 5 L 415/12.NW und in den gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 404/12.NW und 5 K 452/12.NW, außerdem auf den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten und der KEK. Alle genannten Unterlagen sind Gegenstand der Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012, den die Klägerin wegen des einheitlich durchgeführten Verfahrens und der darin enthaltenen, zum Teil unmittelbar voneinander abhängigen Ent-scheidungen insgesamt anzufechten befugt ist, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

83

Rechtsverletzungen zu Lasten der Klägerin sind bei rechtlicher Prüfung des nach den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags mehrstufigen Verfahrens der Zulassung von unabhängigen Dritten zur Veranstaltung von Sendezeiten im Programm eines privaten Hauptprogrammveranstalters zwar nicht schon auf der Stufe der Ausschreibung geschehen (1), die auf der zweiten Stufe erfolgte Auswahlentscheidung ist jedoch in mehrfacher Hinsicht zu Lasten der Klägerin rechtsfehlerhaft (2). Schließlich lagen zusätzlich erforderliche rechtliche Voraussetzungen für die Erteilung der Zulassung an die Beigeladene zu 1) nicht vor (3).

84

1. Die im Staatsanzeiger von Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 2011 veröffentlichte Ausschreibung der Drittsendezeiten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Weder wurden durch das Verfahren bis zum Beschluss der Versammlung der Beklagten über die Ausschreibung vom 20. Juni 2011 Beteiligungsrechte der Klägerin verletzt (a) noch verstößt der Beschluss inhaltlich gegen Rechtsvorschriften (b).

85

Nachdem mit Beschluss der KEK vom 14. Juni 2011 festgestellt worden war, dass die Klägerin mit dem von ihr veranstalteten Fernsehvollprogramm Sat.1 im Durchschnitt eines Jahres erneut einen Zuschaueranteil von 10 Prozent (hier: 10,1 Prozent) erreicht habe, war die Klägerin gem. § 26 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 30 Nr. 1 RStV zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe der Vorschriften in § 31 RStV - zur Sicherung der Vielfalt im privaten Fernsehen – verpflichtet. Gemäß § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV hatte daher die Beklagte als zuständige Landesmedienanstalt nach Erörterung mit der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin das Fensterprogramm - hier im Umfang von 180 Minuten wöchentlich - zur Erteilung einer Zulassung auszuschreiben.

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a) Die der Klägerin nach dem Rundfunkstaatsvertrag zustehenden Beteiligungsrechte im Vorfeld der Ausschreibung wurden hier nicht verletzt. Gem. § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV hat vor der Ausschreibung eine Erörterung zwischen Landesmedienanstalt und dem Hauptprogrammveranstalter stattzufinden. Ergänzend hierzu bestimmt Ziffer 5.1. Satz 4 der Richtlinie der Landesmedienanstalten über die Sendezeiten für unabhängige Dritte nach § 31 RStV – Drittsendezeitenrichtlinie – (im Folgenden: DSZR), dass bei der Erörterung vor der Ausschreibung insbesondere festzulegen sei, ob das Fensterprogramm insgesamt oder getrennt für mehrere einzelne Sendeplätze ausgeschrieben werden solle und zu welchen Sendezeiten es voraussichtlich stattfinden solle. Diese Formulierung ist zwar geeignet, den Eindruck zu erwecken, als müsse die Festlegung schon im Vorfeld und einvernehmlich geschehen. Das ginge aber über die im Rundfunkstaatsvertrag hier lediglich statuierte Erörterungspflicht hinaus. Anders als auf der nächsten Stufe, im Auswahlverfahren in § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV, ist auf der Stufe der Ausschreibung von einer angestrebten einvernehmlichen Festlegung nicht die Rede, so dass diese - wegen des Vorrangs der gesetzlichen Regelung vor der lediglich konkretisierenden Richtlinie – auch nicht verlangt werden kann. Das Erörterungsrecht ist jedoch auch kein bloß formales Anhörungsrecht, weil mit der Verteilung der Sendezeiten auf sog. Sendezeitschienen schon eine gewisse Vorfestlegung in der Programmgestaltung verbunden ist, wobei der Hauptprogrammveranstalter im Hinblick auf die Einpassung in sein Hauptprogramm, die voraussichtlich zu erreichenden Zuschaueranteile am jeweiligen Sendeplatz und die u.a. damit zu erwartenden Werbeeinnahmen berechtigte eigene Interessen haben kann. Die Erörterung soll daher der Information über die gegenseitigen Vorstellungen und dem Austausch der Argumente dienen, bevor das zuständige Organ der Landesmedienanstalt die Entscheidung über die Ausschreibungsmodalitäten, die in ihrem pflichtgemäßen Ermessen steht, trifft.

87

Eine solche Erörterung hat jedoch unstreitig stattgefunden. Zunächst gab es zwischen Vertretern der Klägerin und der Beklagten am 10. Mai 2011 ein informelles Gespräch statt. Das förmliche und ausdrücklich als solches bezeichnete Erörterungsgespräch wurde dann am 10. Juni 2011 geführt. Dessen Inhalt wurde in einem Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 14. Juni 2011 nochmals zusammengefasst. Demnach sprachen sich die Vertreter der Klägerin für eine andere Aufteilung der Sendeplätze für Drittsendezeiten als bisher aus, nämlich für eine Bündelung aller Drittsendezeiten auf den Montagabend und die separate Ausschreibung von vier, hilfsweise drei Sendezeitschienen.

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Da das Erörterungsgespräch selbst nicht mit der Versammlung geführt werden muss und kann, muss die Versammlung zwar – damit dem Sinn und Zweck der Erörterung entsprochen wird - über den wesentlichen Inhalt des Erörterungsgesprächs informiert werden. Es gibt jedoch keinen Grund zu der von der Klägerin geäußerten Annahme, dass dies hier nicht geschehen wäre. Dass die in der Verwaltungsakte zu findende Beschlussvorlage des Direktors der Beklagten noch vom 7. Juni 2011 datiert, ist insofern nicht aussagekräftig. Sie beruht offenbar auf einer Empfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses vom 6. Juni 2011, in der, wie aus der Anlage ersichtlich, die Sendezeitschienen und auch deren Bündelung in der Weise vorgeschlagen wurden, wie sie dann später Gegenstand der Ausschreibung wurden. Im Sachverhaltsteil dieser Vorlage wird am Ende erwähnt, dass ein „erstes Vorgespräch“ mit der Hauptprogrammveranstalterin bereits stattgefunden habe; dabei hätten sich die Beteiligten für die in der Ausschreibung aufgeführten Sendezeitschienen ausgesprochen. - Die Klägerin bestreitet, dass dies am 10. Mai 2011 der Fall gewesen sei. - Weiter heißt es aber auch: „Ein weiteres Erörterungsgespräch ist für den 31. Mai 2011 vorgesehen“. Damit war die Notwendigkeit einer – ggf. auch mündlich möglichen - Aktualisierung der in der Vorlage vermittelten Informationen aufgrund des eigentlichen Erörterungsgesprächs aber vorgezeichnet. Der stellvertretende Direktor der Beklagten hat auch in der mündlichen Verhandlung des Gerichts ausdrücklich versichert, dass die Versammlung zur Sitzung am 20. Juni 2011 in aktualisierter Form unterrichtet worden sei. Es besteht für das Gericht kein Grund zu der Annahme, dass der Versammlung absichtlich Informationen vorenthalten worden sein könnten. Auch Zeitgründe sprechen nicht gegen eine Aktualisierung, denn das Schreiben der Klägerin vom 14. Juni 2011 über das Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 ging am 15. Juni 2011 und damit noch 5 Tage vor der Versammlungssitzung bei der Beklagten ein. Die Versammlung hat sich mit der Frage der Sendezeitenschienenbündelung auch befasst und darüber ausdrücklich beschlossen.

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Dem Hilfsbeweisantrag der Klägerin, alle am 20. Juni 2011 beteiligten Versammlungsmitglieder zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass sich die Versammlung nicht mit den Vorschlägen und Argumenten der Klägerin, betreffend die auszuschreibenden Sendezeitschienen, aus dem Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 bzw. dem klägerischen Schreiben vom 14. Juni 2011 auseinandergesetzt habe bzw. mangels ausreichender Sachkenntnis nicht habe auseinandersetzen konnte, war nicht nachzugehen. In der gestellten Form war der Antrag als sog. Ausforschungsantrag unzulässig, weil er keine konkreten Tatsachen benennt, die die eine oder andere Art der Befassung mit Argumenten als „Auseinandersetzung“ kennzeichnen könnten. In dieser Form ist die Beweisfrage einer Beweiserhebung nicht zugänglich. Das gilt entsprechend auch für die zum Beweisthema gemachte Frage, ob die Versammlung sich „mangels ausreichender Sachkenntnis“ nicht mit den Argumenten habe befassen können. Auch hier fehlt es an einer konkreten Tatsachenbezeichnung. Eine Zeugenvernehmung hätte der Klägerin erst Anhaltspunkte für ihre Annahme verschaffen sollen, dass die Versammlung nicht über ihre abweichenden Vorstellungen in Kenntnis gesetzt worden sei. Das ist jedoch gerade das Kennzeichen unzulässiger Ausforschungsanträge.

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b) Soweit die Klägerin geltend macht, die Beklagte hätte hinsichtlich der in der Ausschreibung festgelegten sog. Sendezeitschienen, also der zeitlichen Aufteilung der insgesamt zur Verfügung stehenden Drittsendezeiten auf einzelne Programmplätze, ihre Vorstellungen und Wünsche aus sachfremden Gründen nicht genügend berücksichtigt und damit ihre Rechte verletzt, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Sachfremde Motive dafür, dass die Versammlung die Modalitäten der Ausschreibung in der Sitzung vom 20. Juni 2011 abweichend von den Vorstellungen der Klägerin beschloss und festlegte, dass (lediglich) eine weitere Sendezeitschiene von Sonntag auf Montag verlegt werde und dass Bewerbungen nur jeweils gemeinsam für die 1. und 2. Sendezeitschiene und für die 3. und 4. Sendezeitschiene abzugeben seien, lassen sich nicht feststellen. Für den Verdacht der Klägerin, die Beklagte sei von Anfang an – möglicherweise aus standortpolitischen Gründen - schon zugunsten der Beigeladenen zu 1) als in Mainz ansässiger Bewerberin voreingenommen gewesen, könnten zwar einige Umstände sprechen, etwa der Aktenvermerk über das auf Initiative der Beigeladenen zu 1) von ihr bereits im Februar 2011 mit Vertretern der Beklagten geführte Gespräch, in dem die Frage, wann und wie die Drittsendezeiten für die kommende Lizenzperiode ausgeschrieben würden, Gegenstand war (vgl. Aktenvermerk Bl. 1 der Verwaltungsakte). Auch soll der frühere – verstorbene – Direktor der Beklagten gegenüber einer anderen Bewerberin – der Klägerin im Verfahren 5 K 452/12.NW – im Frühjahr 2011 geäußert haben, es solle „alles beim Alten“ bleiben. Schließlich entspricht die beschlossene Art und Weise der Ausschreibung im Ergebnis auch den Vorstellungen der Beigeladenen zu 1), die ihr Interesse an einer Fortsetzung ihrer Zulassung in dieser Weise schon früh in dem bereits erwähnten Gespräch mit Vertretern der Beklagten am 24. Februar 2011 kundgetan hatte (Vermerk Bl. 1 der Verwaltungsakten der Beklagten). Dem Verdacht der Voreingenommenheit tritt aber nicht nur die Beklagte selbst entschieden entgegen. Er lässt sich objektiv nicht untermauern. Selbst wenn etwa der frühere Direktor der Beklagten persönlich zur erneuten Auswahl der Beigeladenen zu 1) geneigt hätte, würde das nicht den Schluss auf eine gleichartige Motivation der Mehrheit der Mitglieder der Versammlung vom 20. Juni 2011 für ihre Entscheidung über die konkreten Ausschreibungsmodalitäten erlauben.

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Es ist zudem für das Gericht aus den Äußerungen der Klägerin im Rahmen der Erörterung vor der Ausschreibung auch nicht ersichtlich geworden, dass sie mit ihren Gestaltungswünschen die wiederholte Auswahl der Beigeladenen als Drittsendezeitveranstalterin hätte verhindern wollen und dass ihr aus diesem Grunde das Bündeln oder Nichtbündeln der Sendezeitschienen besonders wichtig gewesen wäre. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus dem Schreiben vom 14. Juni 2011, in dem das Ergebnis des Erörterungsgespräches vom gleichen Tag nochmals aus Sicht der Klägerin wiedergegeben und insbesondere der Wunsch nach Zusammenfassung aller Sendezeitschienen auf den Montagabend hervorgehoben wurde. Es dürfte deshalb auch keinen Grund für die Vertreter der Beklagten gegeben haben, dies vor und in der Sitzung der Versammlung vom 20. Juni 2011 besonders zu problematisieren.

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c) Inhaltlich verstößt die Entscheidung für eine Koppelung je zweier Sendezeitschienen auch sonst nicht gegen Rechtsvorschriften. Insbesondere führt dies nicht zu ungleichen Chancen für die Bewerber oder zu unsachgemäßen Resultaten unter dem Aspekt der angestrebten Vielfalt. Dass auf diese Weise maximal zwei Bewerber zum Zuge kommen konnten, denen je zwei Sendezeitschienen für ihre Programmbeiträge zur Verfügung standen, ermöglichte zweifellos auch eine wirtschaftlichere Planung für den jeweiligen Fensterprogrammveranstalter, und davon mag die Beigeladene zu 1), deren Tätigkeit sich, soweit ersichtlich, bisher auf die Produktion der Fensterprogramme bei Sat.1 beschränkt, möglicherweise am meisten profitieren. Dieser Effekt kommt aber grundsätzlich jedem ausgewählten Bewerber zugute. Die Zusammenfassung von Sendezeitschienen beschränkt auch nicht von vornherein die angestrebte Vielfalt, weil leistungsfähige Bewerber auch verschiedene Programminhalte anbieten können. Im Übrigen hätte auch die von der Klägerin gewünschte separate Ausschreibung am Ende nicht automatisch zur Auswahl von vier verschiedenen Drittsendezeitveranstaltern führen müssen. Sofern sich Bewerber jeweils auf mehrere Schienen bewarben, wäre auch dann die Auswahl desselben Bewerbers für mehrere Sendezeitschienen möglich gewesen.

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2. Im nachfolgenden Abschnitt zwischen Eingang der Bewerbungen und der eigentlichen Auswahlentscheidung hat das Verfahren jedoch in mindestens dreifacher Hinsicht einen rechtswidrigen Verlauf genommen. Hier wurden in zweifacher Weise wesentliche Beteiligungs- und Verfahrensrechte der Klägerin aus § 31 Abs. 4 Sätze 2 bis 5 RStV verletzt, nämlich deren Recht auf Erörterung mit dem Ziel einer einvernehmlichen Auswahl gem. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV (a), deren Recht auf ein ordnungsgemäßes Auswahlverfahren im Zusammenhang mit der Abgabe eines Dreiervorschlags nach § 31 Abs. 4 Sätze 4 und 5 RStV (b). Weitere Verfahrensfehler sind denkbar, können aber dahinstehen (c). Schließlich verletzt die Auswahlentscheidung jedoch auch das Recht der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin auf ermessensfehlerfreie, am Maßstab der größtmöglichen Vielfalt ausgerichtete Auswahlentscheidung nach § 31 Abs. 4 Sätze 6 und 7 RStV (d).

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Nach § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV überprüft die zuständige Landesmedienanstalt die eingehenden Anträge auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen dieses Staatsvertrages sowie der sonstigen landesrechtlichen Bestimmungen und teilt dem Hauptprogrammveranstalter die zulassungsfähigen Anträge mit. Sie erörtert mit dem Hauptprogrammveranstalter die Anträge mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen (Satz 3). Kommt eine Einigung nicht zustande und liegen der zuständigen Landesmedienanstalt mehr als drei zulassungsfähige Anträge vor, unterbreitet der Hauptprogrammveranstalter der zuständigen Landesmedienanstalt einen Dreiervorschlag (Satz 4). Die zuständige Landesmedienanstalt kann unter Vielfaltsgesichtspunkten bis zu zwei weitere Vorschläge hinzufügen, die sie erneut mit dem Hauptprogrammveranstalter mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen, erörtert (Satz 5). Kommt eine Einigung nicht zustande, wählt sie aus den Vorschlägen denjenigen Bewerber aus, dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptprogrammveranstalters erwarten lässt und erteilt ihm die Zulassung (Satz 6). Bei drei oder weniger Anträgen trifft die zuständige Landesmedienanstalt die Entscheidung unmittelbar (Satz 7).

95

Diese Regelungen sind primär darauf ausgerichtet, dass die Auswahl der Dritt-sendezeitanbieter möglichst einvernehmlich zwischen Landesmedienanstalt und Hauptprogrammveranstalter vor sich geht. Dem sollen insbesondere die Erörterungspflichten dienen, die auf mehreren Stufen des Verfahrens vorgesehen sind. Dabei ist wesentliches Auswahlkriterium, dass der Bewerber einen zusätzlichen Beitrag zur Vielfalt im Hauptprogramm leistet. Kommt es zu einer einvernehmlichen Auswahl, ist nicht erforderlich, dass der Bewerber mit dem größten Vielfaltsbeitrag zum Zuge kommt. Erst wenn sich Landesmedienanstalt und Hauptprogrammveranstalter nach der Erörterung auf der ersten Stufe (noch) nicht auf einen Drittsendezeitveranstalter für die ausgeschriebene Sendezeit einigen, wird das Verfahren zur Auswahl gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV fortgesetzt.

96

Diesem konsensualen Regulierungssystem des Rundfunkstaatsvertrags (so bezeichnet vom OVG Rheinland-Pfalz im Beschluss vom 6. November 2003, 2 B 11374/03.OVG, ESOVG RP) liegt die Annahme zugrunde, dass bei einer einvernehmlichen Auswahl zwei hohe, jeweils im Verfassungsrecht wurzelnde Rechtsgüter in Einklang gebracht werden können, nämlich einerseits die aus der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Rundfunkfreiheit folgende Aufgabe des Gesetzgebers, freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk zu gewährleisten. Dazu bedarf es nach dem sog. Dritten Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 16. Juni 1981, BVerfGE 57, 295-335, - hier zitiert nach juris -) einer positiven Ordnung, welche sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet und dass auf diese Weise umfassende Informationen geboten werden (BVerfG, a.a.O, Rdnr. 88). Dazu gehöre – und das liege in der Verantwortung des Gesetzgebers –, dass ein Gesamtangebot bestehe, in dem die für die freiheitliche Demokratie konstitutive Meinungsvielfalt zur Darstellung gelange (BVerfG, a.a.O., Rdnr. 94).

97

Dem steht das ebenfalls in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, aber auch in Art. 14 GG gründende Recht des Hauptprogrammveranstalters auf Auswahl, Inhalt und Gestaltung seines Fernsehprogramms gegenüber (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 17. Juli 2003, 6 B 2458/03 - juris - Rdnr. 68 unter Hinweis auf BVerfGE 90, 60 ff.). Anders formuliert geht es darum, eine Auswahlentscheidung zu treffen, bei der die rundfunkbehördliche Aufgabe der Pluralitätssicherung und das Interesse des Hauptprogrammveranstalters an der Wahrung seiner programmlichen Identität jeweils bestmöglich zur Geltung kommen. Aus der gesetzlichen Regelungsabsicht, dem bundesweit zugelassenen Hauptprogrammveranstalter für sein verfassungsrechtlich abgestütztes Bestreben, von Eingriffen in seine Sendezeit tunlichst verschont zu werden, durch Einräumung eines Mitentscheidungsrechts bei der Auswahl der Fensterprogrammanbieter eine Kompensation zu gewähren (so OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. November 2003, a.a.O.), folgt klar, dass es sich hier um ein essentielles Mitwirkungsrecht des Hauptprogrammveranstalters handelt.

98

a) Im vorliegenden Auswahlverfahren fand jedoch eine Erörterung auf der ersten Stufe - nach Eingang aller Bewerbungen und Mitteilung der zulassungsfähigen Anträge an den Hauptprogrammveranstalter gem. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV -überhaupt nicht statt, weil die Beklagte die zeitlichen Schwierigkeiten der Klägerin mit den vorgeschlagenen Terminen als Verzögerungstaktik wertete und auf ihre alternativen Vorschläge nicht mehr einging. Dieses Verhalten der Beklagten widersprach klar dem Rundfunkstaatsvertrag, der weder eine Frist für die notwendige Erörterung setzt noch Ausnahmen von der Erörterungspflicht vorsieht. Solche Ausnahmen könnten daher nach Auffassung der Kammer allenfalls in Betracht kommen, wenn das Verfahren sonst in einer Weise blockiert zu werden drohte, die eine rechtzeitige Zulassungsentscheidung vor Beginn des Zulassungszeitraums nicht mehr erlauben würde. Solche Umstände lagen jedoch am 26. September 2011 nicht vor, als der stellvertretende Direktor der Beklagten der Klägerin gegenüber „feststellte“, eine einvernehmliche Auswahl sei auf der ersten Stufe nicht zustande gekommen. Zu diesem Zeitpunkt lagen der Klägerin die umfangreichen Bewerbungsunterlagen der sechs von der Beklagten vorläufig als zulassungsfähig angesehenen Bewerber erst knapp einen Monat vor. Sie hatte auch gegenüber der Beklagten bereits erläutert, warum die vorgeschlagenen Termine für sie nicht einzuhalten seien, und alternative Terminsvorschläge für den 14. Oktober bzw. für Anfang November 2011 unterbreitet. Da der letzte von der Beklagten von Anfang an vorgeschlagene Termin der 5. Oktober 2011 gewesen war, hatte die Beklagte daher wegen einer Verzögerung um neun Tage bis höchstens einen Monat keinen Grund zu der Annahme, die Klägerin wolle unter Vorwänden das Verfahren verzögern und verschleppen. Sie war folglich auch nicht berechtigt, ohne irgendein zeitliches Entgegenkommen ihrerseits einseitig so frühzeitig das Scheitern einer einvernehmlichen Auswahl zu konstatieren. Die Klägerin widersprach dieser Verfahrensweise daher auch im Antwortschreiben vom 7. Oktober 2011 und formulierte den von ihr bis spätestens zum 10. Oktober 2011 verlangten Dreiervorschlag ausdrücklich unter Vorbehalt.

99

Diese Verkürzung des Verfahrens durch die Beklagte, die der Klägerin die Möglichkeit nahm, ihre Argumente für von ihr bevorzugte Bewerber darzulegen und zu versuchen, mit der Beklagten zunächst aus dem gesamten Bewerberfeld zu einer gemeinsam getragenen Lösung zu kommen, ist angesichts der verfassungsrechtlichen Verankerung des Beteiligungs- bzw. Mitentscheidungsrechts des Hauptprogrammveranstalters an der Auswahl der Drittsendezeitveranstalter in ihrer Tragweite mit einer unterlassenen Anhörung gem. § 28 VwVfG nicht vergleichbar. Sie war daher auch nicht wie ein solcher Anhörungsfehler ohne Weiteres nach § 45 VwVfG heilbar. Die Erörterung mit dem Ziel der einvernehmlichen Auswahl hätte nur auf derselben Verfahrensstufe nachgeholt werden können. Dies ist nicht geschehen. Das Erörterungsgespräch am 14. Oktober 2011 konnte keine heilenden Auswirkungen mehr auf die unterbliebene Erörterung gem. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV haben, denn es fand - nach Abgabe eines Dreiervorschlags seitens der Klägerin und dessen Ergänzung durch zwei weitere von der Beklagten benannte Bewerber - bereits auf der nächsten Verfahrensstufe statt, die gem. § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV eine neue, weitere Erörterungspflicht auslöste.

100

Ist somit die Auswahlentscheidung wegen Verletzung wesentlicher Mitwirkungsrechte der Klägerin rechtswidrig zustande gekommen, führt schon dies zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Zulassungsbescheids.

101

b) Auch die nächste Verfahrensstufe, eingeleitet durch Abgabe eines Dreiervorschlags gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV durch die Klägerin und dessen Ergänzung durch die Beklagte gem. § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV, verlief – unter Verletzung von Beteiligungsrechten der Klägerin - nicht staatsvertragskonform und stellt einen weiteren Grund für die Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidung dar, diesmal allerdings nur bezogen auf die Zulassung zu Gunsten der Beigeladenen zu 2) für die 3./4. Sendezeitschiene.

102

Die Beklagte hätte die Klägerin nicht zur Abgabe eines einheitlichen Dreiervorschlags für beide jeweils zusammengefassten Sendezeitschienen auffordern dürfen, sondern diese Aufforderung auf die 3. und 4. Sendezeitschiene beschränken müssen, weil sich nur auf diese Sendezeitkombination mehr als drei zulassungsfähige Antragsteller beworben hatten. Die Vorschriften in § 31 Abs. 4 RStV über die Auswahl unter mehreren Bewerbern beziehen sich nämlich ersichtlich auf das Modell eines einheitlichen Vergabeverfahrens, in dem sich alle Interessenten grundsätzlich auf die zur Verfügung stehende Drittsendezeit insgesamt bewerben. Das zeigt deutlich die Formulierung in § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV, wonach die zuständige Landesmedienanstalt „das Fensterprogramm“ zur Erteilung „einer Zulassung“ ausschreibt und – nach Satz 6 – bei nicht einvernehmlicher Einigung und Ergänzung des Dreiervorschlags aus den Vorschlägen „denjenigen Bewerber“ auswählt, „dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt …. erwarten lässt, und erteilt ihm die Zulassung“. Eine Aufspaltung der Drittsendezeiten hatten die gesetzgebenden Länder bei der Abfassung dieser Vorschriften nicht im Blick; diese Möglichkeit erwähnt erst die DSZR in ihrer Ziffer 5.1. Die Aufteilung der Drittsendezeit auf mehrere Sendeplätze oder Sendezeitschienen widerspricht den Vorschriften des RStV allerdings auch nicht. Es ist lediglich erforderlich, die Vorschriften jeweils auf diejenigen konkret zur Bewerbung ausgeschriebenen Sendezeitschienen zu beziehen, hinsichtlich derer eine Bewerberkonkurrenz auftritt oder auftreten kann und hinsichtlich derer eine separate Zulassung erteilt werden soll, weil nach den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags aus einem Dreiervorschlag – ggf. nach Ergänzung gem. § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV - nur ein einziger Bewerber übrig bleiben soll, dem dann auch die einzige zur Verfügung stehende Zulassung erteilt werden kann.

103

Nach diesem Verständnis gab es vorliegend inhaltlich zwei parallele, auf zusammengefasster Ausschreibung beruhende Bewerbungsverfahren. Konkurrenzsituationen gab es hier nämlich in beiden Teil-Verfahren: Für die 1. und 2. Sendezeitschiene hatten sich drei Interessenten, darunter die Beigeladene zu 1) beworben, für die 3. und 4. Sendezeitschiene waren fünf Interessenten vorhanden. Beide Kombinationen waren daher jede für sich nach den Regeln in § 31 Abs. 4 Sätze 4-7 RStV zu behandeln (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2010 – 10 ME 439/08 –, juris, in der nur eine von zwei ausgeschriebenen Sendezeitschienen streitgegenständlich war). Nach der hier geübten fehlerhaften Handhabung wären aber am Ende – auf der Grundlage eines einzigen, noch ergänzten Dreiervorschlags – z w e i Bewerber auszuwählen gewesen, die beide eine eigene Zulassung erhalten sollten.

104

Der Fehler wirkte sich allerdings nur auf die Auswahl der Beigeladenen zu 2) aus. Bei rechtmäßiger – nämlich getrennter – Verfahrensweise hätte die Beklagte nämlich für die Kombination aus 1. und 2. Sendezeitschiene gem. § 31 Abs. 4 Satz 7 RStV unmittelbar einen Bewerber auswählen können, da hier nur drei zulassungsfähige Bewerber vorhanden waren. Für die zweite Sendezeitschienen-Kombination war jedoch die Abgabe eines Dreiervorschlags, und zwar alleine bezogen auf den hierfür vorhandenen Bewerberkreis, gem. § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV erforderlich. Hier hatten sich insgesamt fünf Bewerber rechtzeitig beworben, die im Schreiben des Direktors der Beklagten an die Klägerin vom 23./26. August 2011 zunächst auch unter Vorbehalt sämtlich als zulassungsfähig bezeichnet worden waren. Erst später, nämlich in ihrer ersten Sitzung nach Eingang der Bewerbungen am 17. Oktober 2010, erklärte die Versammlung der Beklagten nur vier dieser Bewerber für zulassungsfähig.

105

Das fehlerhafte Verfahren zur Abgabe eines Dreiervorschlags, das durch die entsprechende Aufforderung im Schreiben der Beklagten vom 26. September 2011 eingeleitet wurde, verletzte hinsichtlich der zweiten Sendezeitschienenkombination die Beteiligungsrechte der Klägerin erneut. Sie musste davon ausgehen, dass sie insgesamt nur drei Bewerber für beide Sendezeitschienenkombinationen benennen konnte, und dass auch die Beigeladene zu 1) zum maßgeblichen Bewerberkreis gehöre. Damit wurde sie für die zweite Sendezeitschienenkombination in ihrer Auswahlmöglichkeit unzulässig beschränkt.

106

Dieser Fehler wirkte sich auf die Rechtmäßigkeit der Zulassungsentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 2) im Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aus. Aus 46 VwVfG lässt sich insoweit nichts zugunsten der Beklagten herleiten. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Ein Einfluss des fehlerhaften Verfahrens auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung kann hier aber keineswegs ausgeschlossen werden. Es ist vielmehr offen, welche drei der zunächst fünf als zulassungsfähig bezeichneten Bewerber die Klägerin benannt hätte, wäre das Dreiervorschlagsverfahren staatsvertragskonform abgelaufen und hätte sie sich daher nicht gleichzeitig um den aus ihrer Sicht geeigneten Bewerber für die 1. und 2. Sendezeitschiene Gedanken machen müssen. Offen ist auch, ob die Beklagte dann überhaupt von ihrem Ergänzungsrecht Gebrauch gemacht hätte. Möglicherweise wäre es bei einer so veränderten Ausgangslage zumindest für die zweite Schienen-Kombination sogar nachträglich noch zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen, die auch nicht zwangsläufig auf die Beigeladene zu 2) hätte hinauslaufen müssen. Für das weitere Verfahren hätte auch dies einen erheblichen Unterschied gemacht. Die Klägerin hätte insoweit keinen Anlass zur Klageerhebung gehabt und es wäre eventuell auch nicht in gleichem Umfang zu Konkurrentenklagen gekommen.

107

Welcher alternative Geschehensablauf der wahrscheinlichste ist, ist im Rahmen von § 46 VwVfG nicht erheblich; es genügt für dessen Unanwendbarkeit, dass überhaupt alternative Ablaufmöglichkeiten bestehen.

108

c) Ob die Klägerin zu Recht weitere formelle Fehler im Auswahlverfahren rügt, kann dahinstehen. Das gilt zum einen für die Frage, ob der stellvertretende Direktor der Beklagten die Ergänzung des Dreiervorschlages intern allein entscheiden konnte. Darauf kommt es angesichts des anderweit fehlerhaften Dreiervorschlagsverfahrens nicht an.

109

Schwerer wiegt der Einwand, die Versammlung habe sich nicht mit den Bedenken der KEK auseinandergesetzt, die diese mit Schreiben vom 27. Oktober und 9. November 2011 geäußert habe (u.a. zum Vorab-Ausschluss der N 24 Media GmbH und zur mehrfachen Zulassung der am 17. Oktober 2011 ausgewählten Bewerber). Auch hier verdichtet sich der Eindruck, dass die Beklagte zu eilig vorging und daher die Verfahrensabläufe nicht jederzeit mit dem Rundfunkstaatsvertrag konform waren. Nach § 36 Abs. 5 Satz 2 RStV ist bei Auswahl und Zulassung der Veranstalter nach Satz 1 – das sind Regionalfensterveranstalter und Fensterprogrammveranstalter nach § 31 Abs. 4 RStV – vom zuständigen Organ der Landesmedienanstalt z u v o r (Hervorhebung durch das Gericht) das Benehmen mit der KEK herzustellen. Dies war bei der von der Versammlung der Beklagten am 17. Oktober 2011 unter dem Vorbehalt der Benehmensherstellung beschlossenen Bewerberauswahl noch nicht der Fall. Deshalb wertet die Kammer als eigentliche Auswahlentscheidung auch erst den Umlaufbeschluss des Haupt- und Zulassungsausschusses der Klägerin vom 19. Dezember 2011, der durch die Versammlung am 13. Februar 2012 nochmals bestätigt wurde. Dafür spricht auch, dass die Klägerin erst im Anschluss daran durch Schreiben vom 9. Dezember 2011 zum Abschluss einer Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV mit den ausgewählten Bewerbern, den Beigeladenen zu 1) und 2) aufgefordert wurde. Erst damit war also das Auswahlverfahren als zweite Stufe des Zulassungsverfahrens abgeschlossen.

110

Alle Verfahrensfehler, die auf dieser Stufe geschehen sind, waren danach keiner Heilung mehr zugänglich. Auch wenn gem. § 44 a VwGO Rechtsschutz nur gegen die am Ende schriftlich zu erlassende Zulassungsentscheidung zu erlangen ist (vgl. dazu im Einzelnen den Beschluss der Kammer vom 4. April 2012 im zwischen denselben Beteiligten geführten vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 L 147/12.NW), sind die einzelnen Verfahrensstufen selbständig zu beurteilen, weil sie aufeinander aufbauen. Die Zulassungsentscheidung kann nur rechtmäßig sein, wenn die zugelassenen Bewerber zuvor auch rechtmäßig ausgewählt worden waren. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach der Sach- und Rechtslage am Ende des Auswahlverfahrens.

111

d) Schließlich leidet die Auswahlentscheidung auch an einem materiell-rechtlichen Mangel, der zusätzlich zur Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidungen führt. Die Versammlung der Beklagten hat nämlich die Auswahl unter allen zur Verfügung stehenden Bewerbern nicht in rechtlich einwandfreier Weise getroffen. Es steht ihr zwar als pluralistisch zusammengesetztem Gremium ein Beurteilungsspielraum zu, der gerichtlich nicht überprüfbar ist. Der Entscheidung darf aber kein unzutreffender oder unvollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegen, die gesetzlichen Beurteilungsmaßstäbe dürfen nicht falsch angewendet werden und es dürfen keine sachfremden Erwägungen leitend gewesen sein (dazu allgemein OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2003, a.a.O, Rdnr. 31 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung).

112

Da vorliegend die Entscheidung nicht im Einvernehmen mit der Klägerin zustande gekommen ist, musste sich die Versammlung ausschließlich am Maßstab des § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV orientieren, durfte also nur diejenigen beiden Bewerber auf den jeweiligen Sendezeitschienen-Kombinationen auswählen, die nach ihren Bewerbungsunterlagen und -angaben oder auf sonstiger objektiv-sachlicher Grundlage erwarten ließen, dass ihre angebotenen Programmformate von allen Bewerberangeboten den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Hauptprogramm leisten würden. Diese Auswahl lässt sich rechtmäßig nur treffen, wenn an alle Bewerbungen objektiv die gleichen Auswahlkriterien angelegt werden. Das erfordert insbesondere, dass solche Kriterien überhaupt definiert werden und dass die Mitglieder der Versammlung ihre Auswahlentscheidung nach bestem Wissen an diesen Kriterien orientiert treffen. Außerdem sind hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der Gründe für die getroffene Entscheidung strengere Anforderungen an deren Begründung zu stellen.

113

Hier hat die Versammlung der Beklagten die Auswahlentscheidung nicht nach für alle Bewerber gleichen, rechtlich einwandfreien Kriterien getroffen. Sie hat vielmehr gegenüber der – von der Klägerin in ihrem Dreiervorschlag mitbenannten – Bewerberin N 24 Media GmbH – selbst Klägerin im Verfahren 5 K 452/12.NW – Gründe angeführt, die vor dem Hintergrund der rundfunkrechtlichen Regelungen nicht sachgerecht sind. Obwohl die Beklagte deren Zulassungsfähigkeit nach den Kriterien des § 31 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV bejaht hatte – und zwar unter Verweis auf eine entsprechende Prüfung der KEK im Jahre 2010 (vgl. die Schreiben der Beklagten an die Klägerin und die KEK vom 26. August 2011) – schied sie diese Bewerberin bei der Beurteilung des Vielfaltsbeitrags schon vorweg aus dem in Betracht kommenden Bewerberkreis aus, weil erhebliche Zweifel an ihrer redaktionellen Unabhängigkeit in Bezug auf die Fensterprogramme bestünden, und zwar wegen „zu großer Nähe“ zur Klägerin, der die Tochtergesellschaft der N 24 Media GmbH schon in großem Umfang Auftragsproduktionen für das Hauptprogramm zuliefere. Ein solches zusätzliches Auswahlkriterium findet jedoch in Rundfunkstaatsvertrag und Drittsendezeitenrichtlinie keine Stütze. Im Einzelnen ist dies im Urteil der Kammer vom gleichen Tage im Verfahren 5 K 452/12.NW ausgeführt, das auch gegenüber den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ergangen ist, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen Urteilsgründe Bezug genommen wird.

114

Dieser Fehler macht die Auswahlentscheidung im Hinblick auf beide Sendezeitschienen-Kombinationen zusätzlich rechtswidrig, weil sich die Bewerbung der N 24 Media GmbH auf alle vier Sendezeitschienen bezog, und verletzt auch die Klägerin in ihren Rechten, denn sie muss nur einen mit ihr nicht ausgewählten Drittsendezeitveranstalter akzeptieren, der rechtmäßig ausgewählt worden ist.

115

3) Unabhängig von den bisher dargelegten Mängeln des Auswahlverfahrens, die zur Folge haben, dass auf die Anfechtungsklage der Klägerin hin der Zulassungsbescheid aufzuheben und das Auswahlverfahren mit allen zulassungsfähigen Bewerbern nochmals durchzuführen ist, hätte speziell die Zulassung der Beigeladenen zu 1) auch deswegen nicht erfolgen dürfen, weil es an der nach § 31 Abs. 5 RStV erforderlichen Vereinbarung über eine angemessene Finanzierung ihres Drittsendeprogrammes fehlte.

116

Dabei kann dahinstehen, ob aufgrund der rechtswidrig zustande gekommenen Auswahlentscheidung die Klägerin schon gar nicht verpflichtet war, auf der nächsten Stufe in Verhandlungen mit den ausgewählten Bewerbern einzutreten, und dies nur rechtlich noch nicht geltend machen konnte (vgl. dazu den oben genannten Beschluss vom 4. April 2012, a.a.O.), oder ob dennoch die Pflicht zur weiteren Mitwirkung gem. § 31 Abs. 5 RStV – unter dem Vorbehalt späterer rechtlicher Nachprüfung – bestand. Jedenfalls war die Beklagte nicht berechtigt, die bis zur gesetzten Frist mangels Einigung über die Finanzierung und wegen unterschiedlicher Rechtsauffassungen über weitere von der Klägerin formulierte Vertragsklauseln nicht zustande gekommene Vereinbarung der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1) im Zulassungsbescheid durch eine – nachträglich bis Ende Mai 2013 befristete – „Fortschreibung“ der bisherigen Vereinbarung zu ersetzen und damit diese gem. § 31 Abs. 5 und 6 RStV für die Zulassung notwendige Voraussetzung erst selbst zu schaffen. Das Gericht teilt hier in den wesentlichen Punkten die von der KEK in ihrem Beschluss vom 13./21. März 2012 – KEK 660-3 – eingehend dargelegte Rechtsaufassung, dass eine solche einseitige hoheitliche Fortschreibung der für die aktuelle Zulassungsperiode geschlossenen privatrechtlichen Vereinbarung zwischen Hauptprogrammveranstalter und ausgewähltem Drittsendezeitveran-stalter nicht zulässig ist.

117

Der Kammer kommt es unter den hier gegebenen Umständen nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Fortschreibung unter dem Aspekt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüber der Klägerin ein milderes Mittel ist, als wenn nach Ziffer 6.3. DSZR verfahren und gem. § 26 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 5 RStV der Widerruf der der Klägerin erteilten Lizenz in die Wege geleitet worden wäre. Ebenso kann die Frage dahinstehen, ob ein Widerruf überhaupt für sofort vollziehbar erklärt werden könnte oder diese Sanktion sonst nur ein „stumpfes Schwert“ wäre.

118

Wesentlich ist vielmehr zum einen, dass es zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) streitig und bisher durch die Beklagte nicht genügend aufgeklärt ist, ob das von der Klägerin vorgelegten Vereinbarungsangebot tatsächlich nicht zu angemessenen Bedingungen im Sinne von § 31 Abs. 5 RStV erfolgt ist. Davon hängen aber die weiteren Konsequenzen entscheidend ab. Denn Ziffer 6.2 DSZR erklärt ein Finanzierung für in der Regel ausreichend, wenn sie sich an den durchschnittlichen Programmkosten des Hauptveranstalters für vergleichbare Sendeplätze orientiert. Vorliegend hatte die Klägerin bereits nach der vorläufigen Auswahlentscheidung im Oktober erste Kontakte mit der Beigeladenen zu 1) aufgenommen, vergeblich um eine aktuelle Kalkulation gebeten und daraufhin auf der Basis von ihr als vergleichbar angesehener eigener Programmformate mit gewissen Zuschlägen eine Finanzierung angeboten, deren Sätze allerdings gegenüber den früheren Vereinbarungen erheblich niedriger waren. Daneben bot sie zusätzliche Leistungen, z.B. in Form der Übernahme bestimmter Kosten an (vgl. dazu Ziffer 2.2.6. des Beschlusses der KEK vom 13./21. März 2012) an, deren Wert bei einer Gesamtbeurteilung mit einbezogen werden müsste.

119

Die Beklagte hätte daher zunächst, anstatt innerhalb eines knappen Monats nach Ablauf der den Beteiligten für den Abschluss einer Vereinbarung gesetzten Frist schon unmittelbar die Entscheidung für den ungewöhnlichen Weg der hoheitlichen Fortschreibung zu treffen, die Angemessenheit der angebotenen Finanzierungsbedingungen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens prüfen lassen müssen. Dessen Ergebnis hätte dann ggf. die Beteiligten veranlasst, die Vereinbarung anzupassen, oder jedenfalls geklärt, welcher der beiden in Ziffer 6.3 DSZR aufgezeigten Wege zu gehen gewesen wäre: Ein angemessenes Angebot müsste die Beigeladene zu 1) annehmen; im Weigerungsfalle wäre mit den verbliebenen Bewerbern erneut in das Auswahlverfahren einzutreten (Ziffer 6.3 Satz 1 DSZR). Andernfalls, wenn der Hauptveranstalter die nach § 26 Abs. 5 Sätze 1 und 2 RStV zur Einräumung von Drittsendezeit erforderlichen Maßnahmen nicht träfe, müsste die zuständige Medienanstalt – nach entsprechender Feststellung durch die KEK – dessen Zulassung unmittelbar aufgrund der zwingenden Vorschrift in § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV widerrufen.

120

Die KEK weist in ihrem Beschluss vom 13./21. März 2012, in dem sie ihre „rundfunkrechtlichen Bedenken“ gegen die Fortschreibung der Vereinbarung ausführlich darlegt, zu Recht darauf hin, dass die Regelungen von Drittsendezeitenrichtlinie und Rundfunkstaatsvertrag hier ohne Weiteres miteinander vereinbar sind und klare Vorgaben enthalten, die auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen. Sie sieht deshalb keine anderweitig auszufüllende Regelungslücke oder Auslegungsmöglichkeit, die den Weg für die gewählte Fortschreibung eröffnen würde. Dem schließt sich die Kammer in vollem Umfang an. Auch sie sieht in § 31 Abs. 5 und Abs. 6 RStV eindeutig keine Ermächtigung zu einem hoheitlichen Eingriff in die Privatautonomie der Rundfunkveranstalter. Dafür gibt es weder dem Wortlaut noch der Systematik nach einen Anknüpfungspunkt. Die Aufnahme wesentlicher Vereinbarungsinhalte in die Zulassung gem. § 31 Abs. 6 RStV setzt vielmehr gerade eine vorher privatautonom getroffene Vereinbarung der künftigen Vertragspartner gerade voraus (zur Wechselbezüglichkeit der privatrechtlichen Vereinbarung und der entsprechenden Zulassungsbedingungen vgl. auch den Beschluss der Kammer vom 4. April 2012 im Verfahren 5 L 147/12.NW).

121

Auch räumt § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV als zwingende Vorschrift der Landesmedienanstalt kein Ermessen zur Anwendung eines alternativen – möglicherweise milderen, vielleicht aber auch nur andersartigen, aber ähnlich einschneidenden – Mittels ein (vgl. dazu auch Ziffer 2.3.8 des genannten Beschlusses der KEK ).

122

Die Fortschreibung wird, weil es für sie keine Rechtsgrundlage gibt, schließlich auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Beigeladene zu 1) und mit ihr die Beklagte nicht nur die angebotenen niedrigeren Finanzierungskosten für unzumutbar halten, sondern auch andere Vertragsklauseln beanstanden. Ob diese Klauseln - insgesamt oder nur teilweise – mit den rundfunkrechtlichen Regelungen vereinbar oder als unzulässig zu qualifizieren sind, weil sie zu einer unangemessenen Einschränkung der Beigeladenen zu 1) als Drittsendezeitveranstalterin führen würden (hierzu im Einzelnen Ziffern bis 2.5 des Beschlusses der KEK vom 13./21. März 2012), hätte ebenfalls in der notwendigen weiteren Verhandlungsphase geklärt werden können. Der Kammer erscheint im Übrigen zumindest die Kündigungsklausel, die auf den Ausgang dieses Klageverfahrens abstellt, im Hinblick auf die schon erwähnten Ausführungen in ihrem Beschluss vom 4. April 2012 (a.a.O) nicht offensichtlich rechtswidrig.

123

Da der Klage nach alledem stattzugeben war, haben die Beklagte gem. § 154 Abs. 1 VwGO und die Beigeladenen zu 1) und 2), die ebenfalls Klageabweisungsanträge gestellt haben, gem. § 154 Abs. 3 VwGO die Kosten des Verfahrens zu gleichen Teilen zu tragen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

124

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gem. §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

125

Beschluss

126

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 200.000 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 wird aufgehoben - mit Ausnahme von Buchstabe D. des Bescheides, soweit dort auch die Anträge anderer Bewerber als der Klägerin abgelehnt werden; insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Zulassung als Drittsendezeitveranstalterin im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3) zu je 1/3. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und die drei Beigeladenen jeweils selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3) dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Zulassungsentscheidung der beklagten Landesmedienanstalt vom 17. April 2012, mit der ihr eigener Antrag auf Zulassung als Veranstalterin von Sendezeiten für unabhängige Dritte im Hauptprogramm von Sat.1 wie auch die Anträge weiterer Mitbewerber abgelehnt wurde und die Beigeladenen zu 2) und 3) als Mitbewerber zugelassen wurden. Des Weiteren begehrt sie die Verpflichtung der Beklagten zur Neuentscheidung über ihre Bewerbung.

2

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

3

Die Beklagte schrieb im Staatsanzeiger vom 4. Juli 2011 Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm von Sat.1 - der Beigeladenen zu 1) - aus, und zwar für vier nach Uhrzeit und Sendedauer festgelegte Zeitfenster für Fernsehprogramme (sog. Sendezeitschienen), wobei die Bewerbungen für jeweils zwei Sendezeitschienen gemeinsam abzugeben waren. Erlaubnisbeginn soll laut Ausschreibung der 1. Juni 2013 sein. Bis zum Ablauf der Ausschreibungsfrist am 15. August 2011 bewarben sich die Klägerin, die Beigeladenen zu 2) und 3) sowie drei andere Gesellschaften, eine weitere Bewerbung ging erst nach Ablauf der Frist ein und blieb unberücksichtigt. Die Klägerin bewarb sich für alle vier Sendezeitschienen, während sich die Beigeladene zu 2) nur für die 1. und 2. Sendezeitschiene und die Beigeladene zu 3) nur für die 3. und 4. Sendezeit-schiene bewarben. Die Beigeladenen zu 2) und 3) sind im derzeit noch laufenden Zulassungszeitraum als Veranstalter der Fensterprogramme bei Sat.1 zugelassen. Die Klägerin möchte auf der 1. Sendezeitschiene im wöchentlichen Wechsel die Formate „F...“ und „E...“ anbieten, auf der 2. Sendezeitschiene – ebenfalls im Wechsel, die Formate „ T..., B...“ und „M...“. Für die 3. Sendezeitschiene bietet sie „A... – B...“ und für die 4. Sendezeitschiene das Format „M...“ an.

4

Die eingegangenen Bewerbungsunterlagen wurden mit Schreiben vom 23. und 26. August 2011 der Beigeladenen zu 1) und gleichzeitig auch der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK – übersandt, und zwar mit dem Zusatz, vorbehaltlich der Beratung in den Gremien werde von der Zulassungsfähigkeit aller sechs Bewerber im Hinblick auf die Vorschriften in § 31 Abs. 3, § 28 des Rundfunkstaatsvertrags – RStV- ausgegangen. Zu einer einvernehmlichen Auswahl des Drittsendeanbieters zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beklagten kam es in der Folgezeit nicht. Mit Schreiben vom 26. September 2011 stellte die Beklagte dies fest und forderte die Beigeladene zu 1) zur Abgabe eines Dreiervorschlags gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 des Rundfunkstaatsvertrags - RStV - bis 10. Oktober 2011 auf. Diese widersprach mit Schreiben vom 7. Oktober 2011 zunächst dem Verfahrensablauf und benannte gleichzeitig in ihrem Dreiervorschlag die Klägerin sowie zwei weitere Bewerberinnen, jedoch nicht die Beigeladenen zu 2) und 3). Diesem Dreiervorschlag fügte dann die Beklagte die Beigeladenen zu 2) und 3) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV hinzu. Ein Gespräch zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beklagten am 14. Oktober 2011 führte nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl.

5

Aufgrund der Empfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten beschloss deren Versammlung am 17. Oktober 2011, für die 1. und 2. Sendezeit-schiene die Beigeladene zu 2) mit ihren Formaten „W.“ und „P.“ und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Formate „N.“ bzw. „…- TV Reportage“ und „…- TV Reportage“ der Beigeladenen zu 3) auszuwählen, stellte dies jedoch unter den „Vorbehalt der Herstellung des Benehmens mit der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK)“ (Ziffer IV des Beschlusses).

6

Die Beigeladenen zu 1) bis 3) wurden mit Schreiben der Beklagten vom 18. Oktober 2011 von dem Beschluss unterrichtet, der außerdem der KEK zur Herstellung des Benehmens übermittelt wurde. Die KEK ließ schon mit Schreiben vom 27. Oktober 2011 erkennen, dass sie u.a. die wiederholte Auswahl der Beigeladenen zu 2) und 3) für nicht unproblematisch halte, und bezeichnete in einem Schreiben vom 9. November 2011 weitere Punkte des Auswahlverfahrens als noch klärungsbedürftig. In ihrer Sitzung am 5. Dezember 2011 setzte sich die Versammlung der Antragsgegnerin inhaltlich mit der Argumentation der KEK im Benehmensverfahren auseinander. Nachdem in der Sitzung der KEK am 13. Dezember 2011 der stellvertretende Direktor der Beklagten zu den Bedenken Stellung genommen hatte, beschloss die KEK, dass gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 1. und 2. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1) und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 2) auszuwählen, keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden.

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Einem Beschlussvorschlag des Direktors vom 15. Dezember 2011 folgend stellte anschließend der Hauptausschuss der Beklagten im Umlaufverfahren fest, dass das Benehmen mit der KEK hergestellt sei (Ziffer I), dass der entsprechende Vorbehalt in Ziffer IV des Beschlusses der Versammlung vom 17. Oktober 2001 entfalle (Ziffer II) und dass an die Beigeladenen zu 2) und 3) Zulassungen erteilt würden „nach Maßgabe der Vorbehalte unter Ziffer IV“ (Ziffer III). Ziffer IV lautet: „Die Zulassungen stehen unter dem Vorbehalt des Benehmens mit der KEK. Sie stehen weiterhin unter dem Vorbehalt einer Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV. Für diese Vereinbarung wird den Beteiligten eine Frist gesetzt bis ….26. Januar 2012 ...“.

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Dies wurde allen am Bewerbungsverfahren Beteiligten, also auch der Klägerin, mit Schreiben vom 19. Dezember 2011 mitgeteilt.

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Die Klägerin erhob im Januar 2012 zunächst Klage gegen die mit Schreiben vom 19. Dezember 2011 mitgeteilte Auswahlentscheidung (AZ. 5 K 47/12.NW) und stellte gleichzeitig einen vorläufigen Rechtsschutzantrag (AZ. 5 L 46/12.NW). Nach Ablehnung des vorläufigen Rechtsschutzantrags durch das erkennende Gericht mit Beschluss vom 21. Februar 2012 wurde die Klage zurückgenommen.

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Eine Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 3) und der Beigeladenen zu 1) lag am 17. Januar 2012 vor. Die Beigeladene zu 2) lehnte hingegen ein Angebot der Beigeladenen zu 1), das gegenüber der derzeit noch geltenden Vereinbarung u.a. deutlich geringere Finanzierungsbeträge enthielt, als nicht angemessen ab.

11

In der 24. Sitzung der Versammlung der Beklagten am 13. Februar 2012 wurde zunächst die Entscheidung des Hauptausschusses vom Dezember 2011 bestätigt. Weiter stellte die Versammlung hinsichtlich der Zulassung der Beigeladenen zu 2) für die 1. und 2. Sendezeitschiene fest, dass das von Sat.1 übermittelte Vertragsangebot nicht die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 31 Abs. 5, Abs. 6 RStV erfülle, und beschloss, dass der Vorbehalt der Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV entfalle und vorläufig die Zulassung auf der Grundlage der früheren Vereinbarung der Parteien vom 30. August 2007/26. September 2007 erteilt werde. Eine abweichende Vereinbarung, die die gesetzliche Voraussetzung ebenfalls erfülle, bleibe möglich, sie ersetze dann die erstgenannte Vereinbarung. Die Ziffern 2.2, 6.1, 6.2, 6.4, 6.5 und 8 der genannten Vereinbarung von 2007 seien Bestandteil der Zulassung; der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK bleibe aufrechterhalten. Für die Zulassung der Beigeladenen zu 3) auf die 3. und 4. Sendezeitschiene entfalle der Vorbehalt der Vereinbarung und bleibe der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK aufrechterhalten. Die Zulassungen würden erteilt für den Zeitraum vom 1. Juni 2003 bis zum 31. Mai 2018.

12

Die KEK teilte der Beklagten mit Schreiben vom 23. März 2012 unter Beifügung ihrer entsprechenden Beschlüsse vom 13./21. März 2012 mit, es bestünden rundfunkrechtliche Bedenken gegen die vorgesehene Entscheidung, der Beigeladenen zu 2) die Zulassung vorläufig auf der Grundlage der Vereinbarung von 2007 zu erteilen. Keine Bedenken bestünden gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 3) zuzu-lassen.

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In ihrer 25. Sitzung am 16. April 2012 beschloss die Versammlung der Beklagten schließlich die Zulassung der Beigeladenen zu 2) und 3), die entsprechende Beschränkung der Zulassung der Hauptprogrammveranstalterin und die Ablehnung der Zulassungsanträge der Klägerin und der übrigen Bewerber, außerdem die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

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Diese Beschlüsse wurden im Wortlaut Gegenstand des von der Beklagten am 17. April 2012 erlassenen, vorliegend angefochtenen Bescheides, der im Wesentlichen folgenden Inhalt hat: In Abschnitt A wird der Beigeladenen zu 2) die Zulassung zur Veranstaltung und Verbreitung von zwei überregionalen Fernsehfensterprogrammen im Hauptprogramm von Sat.1 auf der 1. und 2. Sendezeitschiene erteilt (Ziff. 1 - 4). Gem. Ziff. 5 wird bis zum Abschluss einer Vereinbarung mit der Hauptprogrammveranstalterin gemäß § 31 Abs. 5 RStV die in der vergangenen Lizenzperiode abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet; deren Ziff. 2.2, 6.1, 6.2 6.4 6.5 und 8 blieben bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung Bestandteil der Zulassung.

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Abschnitt B enthält die Zulassung der Beigeladenen zu 3) für die 3. und 4. Sendezeitschiene.

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Abschnitt C betrifft die Befristung und Änderung der an die Beigeladene zu 1) erteilten Zulassung entsprechend A und B. Dort heißt es unter Ziffer 4: „Bis zum Abschluss einer Vereinbarung über die Ausstrahlung der Fensterprogramme auf der ersten und zweiten Sendezeitschiene zwischen Sat.1 und dem unabhängigen Drittanbieter … wird für die Zeit ab dem 1. Juni 2013 die in der vergangenen Lizenzperiode von den Beteiligten abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet...“.

17

In Abschnitt D werden die Anträge aller konkurrierenden Bewerber auf alle Sendezeitschienen abgelehnt. Abschnitt E enthält die Anordnung des Sofortvollzugs.

18

Zur Begründung legte die Beklagte – nach Schilderung des Verfahrensganges – zunächst unter II. im Einzelnen dar, warum die ausgewählten Bewerber die Anforderungen des Rundfunkstaatsvertrags nach Überzeugung ihrer Versammlung in einem Maße erfüllten, das von keinem anderen Bewerber und – in ihrer Summe – auch von keiner anderen Kombination von Bewerbern erreicht werde. In Bezug auf die Klägerin heißt es dort insbesondere, für die 1. Sendezeitschiene komme dem ausgewählten Format „W.“ der Beigeladenen zu 2) über je ein wochenaktuelles zentrales Thema der Vorrang gegenüber einem mono-thematischen Format über die Familie zu. Die Angebote der Klägerin für die 2. Sendezeitschiene zu den Themen Internet und Musik würden sicher auch eine Vielfaltserweiterung bieten, hätten aber nicht die Spannweite an Kultur, Bildung und Information wie das ausgewählte Angebot, das Wissenschaftsmagazin „P.“. Auf der 3. Sendezeitschiene spreche für die Klägerin die hohe Innovationskraft ihres Angebots „A... - …“ im Formalen und Inhaltlichen; die besonders hohe kulturelle Ausrichtung des konkurrierenden Formats der Beigeladenen zu 3) führe jedoch zu dessen Vorrang. Hohe Innovationskraft habe schließlich auch das von der Klägerin angebotene Format „M...“. Allerdings sei der human-touch-Anteil nicht unerheblich. Die Angebote der Beigeladenen zu 3) aus dem Bereich dokumentierender Information versprächen einen größeren Vielfaltsbeitrag, weil dort der Kompensationsbedarf höher sei als bei human-touch-Formaten.

19

Im Weiteren wird näher begründet, warum der Beigeladenen zu 2) auch ohne eine aktuelle Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 und 6 RStV eine Erlaubnis erteilt werden könne. Der gewählte Weg einer Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung wird gegenüber dem in der Drittsendezeitrichtlinie vorgesehenen Verfahren als milderes Mittel angesehen.

20

Nach Zustellung dieser Entscheidung hat die Klägerin am 4. Mai 2012 Klage erhoben und später auch einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt (AZ 5 L 498/12.NW).

21

Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

22

Die Beklagte habe den aus der Rundfunkfreiheit folgenden Bewerberverfahrens-anspruch der Klägerin verletzt. Das Vergabeverfahren erschöpfe sich in seinem Regelungsgehalt nicht in der Sicherstellung ausreichender Meinungsvielfalt, sondern diene auch der grundrechtskonformen Ausgestaltung des Auswahl-verfahrens zur Erlangung einer Sendelizenz. Bereits im Zulassungsverfahren könnten sich die Bewerber auf das Grundrecht der Rundfunkfreiheit berufen. Sie hätten Anspruch auf vollständige Ermittlung des Sachverhalts; die gesetzlichen Beurteilungs- und Ermessensspielräume und deren Grenzen dürften nicht verkannt werden. Hier sei die Vergabeentscheidung unter Missachtung der grundlegenden Verfahrensregeln ergangen und leide an groben Ermessensfehlern.

23

Das Verfahren sei grundsätzlich als konsensuales Regulierungssystem angelegt. Dem habe die Beklagte nicht genügend Rechnung getragen. Die Ausschreibung von gebündelten Sendezeitschienen – gegen den Wunsch der Hauptprogramm-veranstalterin - habe ohne objektiven Grund und in von vornherein vielfaltsbeschränkender Weise nur noch die Auswahl von zwei verschiedenen Anbietern erlaubt. Es sei aufgrund verschiedener Anhaltspunkte davon auszugehen, dass hiermit dem Wunsch der Beigeladenen zu 2) habe entsprochen werden sollen. Unter anderem spreche dafür der Gesprächsvermerk vom 23. Februar 2011. Sei bereits durch die Sendezeitenbündelung in der Ausschreibung eine künstliche Verfahrensverkürzung eingetreten, so habe die Beklagte auch das weitere Verfahren unter Verstoß gegen die Vorschriften des § 31 RStV durchgeführt. Sie habe das Auswahlverfahren mit der Hauptprogrammveranstalterin nicht im gesetzlich erforderlichen Ausmaß erörtert, deren Vorschläge zum Zuschnitt der Sendezeitschienen übergangen und durch unangemessen enge Fristen den Einfluss der Beigeladenen zu 1) bei der Erörterung auf ein formales Minimum reduziert. Die fehlende Erörterung verletze auch die Klägerin in ihren Rechten, da sie ein System der gegenseitigen Kontrolle schaffen solle, in dem auch die Hauptprogrammveranstalterin den Vielfaltsbeitrag der Bewerber beurteilen und ihre Argumente einbringen solle. Damit solle ein möglichst objektives und ausgleichendes Verfahren geschaffen werden, das auch im Interesse der Bewerber liege.

24

Die Zulassungsentscheidung sei auch nicht in einem den Anforderungen des § 39 VwVfG genügenden Maße begründet. Die Beklagte habe sich nicht wirklich inhaltlich mit der Bewerbung der Klägerin auseinandergesetzt. Gerade weil der Versammlung der Beklagten ein Beurteilungsspielraum zustehe, seien die Anforderungen an die Begründung der Abwägungsentscheidung besonders hoch. Warum monothematische Formate offenbar per se chancenlos seien, lasse sich zum Beispiel aus der Begründung nicht nachvollziehen. Die entscheidenden Faktoren seien allenfalls angedeutet.

25

Im Abschluss des Zulassungsverfahrens ohne eine bestehende Vereinbarung zwischen der ausgewählten Beigeladenen zu 2) und der Beigeladenen zu 1) als Hauptprogrammveranstalterin liege ein elementarer Verfahrensfehler, der auch den auf die Rundfunkfreiheit gestützten Bewerberanspruch der Klägerin missachte. Die von der Beklagten vorgenommene Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung entspreche nicht den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags und der Drittsendezeitenrichtlinie als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift, die auch zu einer Absicherung gleicher Wettbewerbschancen führten. Danach seien nur zwei Szenarien vorgesehen, wenn der in § 31 Abs. 5 RStV angeordnete Kontrahierungszwang nicht zum Abschluss einer Vereinbarung führe. Entweder sei dies trotz eines Angebots zu angemessenen Bedingungen nicht geschehen, dann müsse zwingend wieder in das Auswahlverfahren eingetreten oder sogar neu ausgeschrieben werden. Lege der Hauptveranstalter kein Angebot zu angemessenen Bedingungen vor, bestimme sich das weitere Verfahren nach § 26 RStV im Zuständigkeitsbereich der KEK. Zuerst müsse also die Frage geklärt werden, ob ein angemessenes Angebot bestehe; dazu hätte ein Sach-verständigengutachten eingeholt werden müssen. Das Vorgehen der Beklagten könne nicht mit angeblichen verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen gerechtfertigt und als milderes Mittel bezeichnet werden. Es gebe auch keine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke im Rundfunkstaatsvertrag. Die Ausfüh-rungen der KEK in ihrem Beschluss 660-2 vom 23. März 2012 hierzu seien zutreffend. Das Verfahren dürfe erst dann mit einer Zulassung enden, wenn eine Vereinbarung bestehe. Erst dann seien auch die Mitbewerber vollständig unterlegen. Durch das das nicht mit dem Staatsvertrag und der Richtlinie konforme Vorgehen der Beklagten werde das Vergabeverfahren unzulässig abgekürzt. Die Bewerberverfahrensansprüche liefen vorzeitig ins Leere. Darin liege auch eine Verletzung der Rechte der Mitbewerber.

26

Bei der Auswahlentscheidung habe die Beklagte jedoch auch ihr Ermessen in grob fehlerhafter Art und Weise ausgeübt. Sie sei auf die beiden ausgewählten Bewerber schon vorher festgelegt gewesen und es seien standortpolitische Erwägungen zugunsten der Beigeladenen zu 2) eingeflossen, Außerdem seien sachfremde Erwägungen mit einbezogen worden und gesetzlich gebotene Erwägungen nicht angestellt worden. So habe die Beklagte im unangemessen beschleunigten Erörterungsverfahren vor Abgabe des Dreiervorschlags bereits den Maßstab der größtmöglichen Vielfalt angelegt; hier hätte aber ein zusätzlicher Vielfaltsbeitrag genügt. Die wiederholte Auswahl derselben Anbieter habe schon im vorhergehenden Drittsendezeit-Verfahren Bedenken der KEK nach sich gezogen. Die Beklagte hätte daher erwägen müssen, ob nicht ein Wechsel zu anderen, nicht minder geeigneten Anbietern als Vielfaltsgewinn zu bewerten wäre. Nicht nur inhaltliche Vielfalt, sondern auch Anbietervielfalt müsse in den Bewertungsvergleich eingestellt werden. Die Regelungen des Rundfunk-staatsvertrags über die Befristung der Zulassung auf fünf Jahre ohne erleichterte Verlängerungsmöglichkeit legten dies nahe. Zudem habe die Beklagte den Vielfaltsbeitrag der Klägerin verkannt. Deren innovatives Herausgebermodell sei unberücksichtigt geblieben, während diese Frage bei der Beigeladenen zu 2) positiv herausgestellt worden sei. Die einzelnen Vielfaltsbeiträge der Klägerin seien im Vergleich zu den andern Beiträgen unzutreffend eingeschätzt und bewertet worden, zweifelhafte Maßstäbe seien angelegt worden. Offenbar sei Neues, Innovatives und auf spezielle Zielgruppen Zugeschnittenes nicht erwünscht.

27

Als Beschneidung der Vielfalt insgesamt sei auch zu werten, wenn nicht berücksichtigt werde, dass die Beigeladene zu 3) auch bei RTL Fenster-programme ausstrahle. Damit sei aber bereits deren Beitrag zur Vielfaltsgewähr-leistung erfolgt und letztlich erschöpft.

28

Die Klägerin beantragt,

29

den Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten, die Zulassung für die erste Sendezeitschiene und die zweite Sendezeitschiene sowie die dritte Sendezeitschiene und die vierte Sendezeitschiene neu zu verbescheiden,

30

hilfsweise,

31

Beweis zu erheben über die Frage, ob die Versammlung sich mit den Bedenken der KEK hinsichtlich der bereits mehrfach erfolgten Zulassung der ausgewählten Bewerber inhaltlich vor der endgültigen Auswahl-entscheidung in der Sitzung am 16. April 2012 auseinandergesetzt hat, durch Vernehmung der in dieser Sitzung anwesenden Mitglieder der Versammlung.

32

Die Beklagte beantragt,

33

die Klage abzuweisen.

34

Sie macht zunächst geltend, grundsätzlich dürfe ein Hauptprogrammveranstalter die kompensatorische Vielfaltsentscheidung der plural zusammengesetzten Versammlung der Beklagten nicht durch Verweigerung eines angemessenen Vertragsangebots an den ausgewählten Drittsendezeitveranstalter leerlaufen lassen. Daher sei Beklagte berechtigt gewesen, die Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 1) und der als Garant für das vielfältigste Kompensations-programm ausgewählten Beigeladenen zu 2) vorläufig fortzuschreiben. Dies sei hier ein milderes Mittel gegenüber dem sonst nur möglichen Widerruf der Zulassung der Hauptprogrammveranstalterin nach Ziffer 6.3. DSZR i.V.m. § 26 Abs. 4 bzw. Abs. 5 RStV. Ein solcher Widerruf könnte kaum mit Sofortvollzug versehen werden und wäre damit zunächst wirkungslos. Es bestehe aber der gesetzliche Auftrag zu einer möglichst frühzeitigen und effektiven Verhinderung von Missständen aufgrund von drohenden oder eingetretenen Konzentrationen im Medienbereich. Für den Fall, dass der Hauptprogrammveranstalter den Fortgang des Verfahrens durch Verweigerung eines angemessenen Angebots boykottiere, bestehe eine gesetzliche Regelungslücke, die durch die – auf § 38 Abs. 2 Satz 1 RStV zu stützende – vorläufige Auferlegung angemessener Vertragsbedingungen verfassungskonform geschlossen werden könne.

35

Auch im Übrigen sei der Zulassungsbescheid insgesamt formell und materiell rechtmäßig. Das Verfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Eine Auswahlentscheidung nach § 31 Abs. 4 RStV sei auch nicht-konsensual möglich. Am 10. Juni 2011 seien mit der Beigeladenen zu 1) die möglichen Sendezeit-schienen ausführlich erörtert worden. Die Beklagte sei nicht vorab darauf festgelegt gewesen, dass alles beim Alten bleiben solle. Ausschreibung und Auswahl sollten vielmehr offen und ohne Vorfestlegung erfolgen. Die Hinzufügung von zwei Bewerbern zum Dreiervorschlag der Beigeladenen zu 1) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 Halbs. 1 RStV sei unter Einbindung der Versammlung durch den stellvertretenden Direktor geschehen und durch die Versammlung am 17. Oktober 2011 bestätigt worden. Auch die KEK sei rechtmäßig beteiligt worden. Man habe zunächst ausdrücklich der Auswahlentscheidung einen Vorbehalt beigefügt. Die Bedenken der KEK seien in den folgenden Sitzungen des Rechts- und Zulassungsausschusses und der Versammlung am 5. Dezember 2011 ausführlich erörtert worden; auf dieser Grundlage habe der stellvertretende Direktor der Beklagten in der Sitzung der KEK vom 13. Dezember 2011 zu den Bedenken Stellung genommen, die daraufhin nicht mehr aufrechterhalten worden seien. Mit den Bedenken der KEK zur vorläufigen Fortschreibung einer Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV hätten sich der Rechts- und Zulassungsausschuss und die Versammlung am 16. April 2012 eingehend auseinandergesetzt.

36

Auch materiell-rechtlich sei die Entscheidung rechtmäßig. Sendezeitschienen seien in zulässiger Weise festgelegt worden. Die Beklagte handle nicht im rheinland-pfälzischen Interesse, sondern im Interesse des Vielfaltsanspruchs der bundesweiten Medienordnung. Der Firmensitz der Beigeladenen zu 2) in Mainz habe keine Rolle gespielt. Bezüglich der Klägerin seien keine sachfremden Erwägungen angestellt worden. Der Verwaltungsvorgang belege, dass sich die Beklagte mit der Struktur und dem Programmangebot der Klägerin ausführlich auseinandergesetzt habe. Die von der Klägerin behaupteten Entscheidungs-defizite seien nicht erkennbar.

37

Die Beigeladene zu 1) stellt keinen Antrag, hält aber den ergangenen Bescheid wie die Klägerin für rechtswidrig.

38

Die Beigeladene zu 2) beantragt,

39

die Klage abzuweisen,

40

Sie verweist zur Begründung auf ihren Schriftsatz vom 22. Juni 2012 im Verfahren 5 L 498/12.NW, in dem sie im Wesentlichen Folgendes ausgeführt hat: Das durchgeführte Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren sei fehlerfrei. Etwaige doch eingetretene Verfahrensfehler seien entweder durch die Zulassungsentscheidung vom 17. April 2012 gemäß § 45 VwVfG geheilt worden oder nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Der Klägerin stehe kein subjektiv-öffentliches Recht auf eine objektiv rechtmäßige Zulassungspraxis der Beklagten zu. Vorschriften, die den Interessen potentieller Bewerber um die Drittsendezeit zu dienen bestimmt seien, seien durch die Zulassungsentscheidung nicht verletzt worden. Eine Vorfestlegung der Beklagten auf die Beigeladenen zu 2) und 3) aus standortpolitischen Gründen habe es nicht gegeben. Auch die wiederholte Lizenzierung sei dafür kein Beleg. In der Vergangenheit sei die Auswahl auch stets einvernehmlich mit der Beigeladenen zu 1) getroffen worden. Die Programm-auswahl unter inhaltlichen Aspekten sei ausschließlich Sache der Versammlung der Beklagten. Ein Anbieterwechsel sei nicht per se ein Vielfaltsgewinn, sondern könne auch ein Risiko darstellen, insbesondere wenn die Bewerber nicht über Erfahrung bei der Gestaltung von Fensterprogrammen verfügten und wenn – wie auch bei der Klägerin – größere Abhängigkeiten vom Hauptprogrammveranstalter bestünden. Dass der Gesetzgeber keine Verlängerungsmöglichkeit der Zulassungen für Drittsendezeitveranstalter vorgesehen habe, sondern eine Neuausschreibung verlange, zwinge den Veranstalter, sich jedes Mal einer erneuten Qualitätskontrolle zu unterziehen, spreche aber nicht gegen die mehrfache Auswahl.

41

Das Ausschreibungsverfahren sei mit Vertretern der Beigeladenen zu 1) erörtert worden; die Beklagte sei aber nach pflichtgemäßem Ermessen nicht all deren Wünschen hinsichtlich der Gruppierung von Drittsendezeiten nachgekommen. Unabhängig davon könnten sich Konkurrenten nicht auf vermeintliche Ausschreibungsfehler berufen, weil diese regelmäßig nicht geeignet seien, die Ursächlichkeit einer fehlerhaften Vergabeentscheidung zu begründen. In dem Gespräch vom 24. Februar 2011 seien von der Beklagten der Beigeladenen zu 2) keine Zusagen gegeben worden.

42

Auch das weitere Verfahren sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin könne sich auf eine fehlende Erörterung der Auswahlentscheidung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) nicht berufen. Weder § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV (Erörterungspflicht) noch § 31 Abs. 5 RStV (Benehmensherstellung) begründeten subjektiv-öffentliche Rechte der konkurrierenden Bewerber. Was den Dreier-vorschlag angehe, so hätten für die 1. und 2. Sendezeitschiene nur drei zulassungsfähige Anträge vorgelegen, so dass hier die Beklagte das Entscheidungsrecht bereits gehabt habe. Die KEK sei rechtmäßig eingebunden worden. Die erforderliche Auseinandersetzung mit deren Argumenten sei jedenfalls in der Zulassungsentscheidung erfolgt.

43

Inhaltlich sei die Auswahl- und Zulassungsentscheidung ebenfalls einwandfrei. Die insoweit nicht justiziable Auswahlentscheidung der Versammlung der Beklagten habe mit zutreffenden Gründen den mehrfach lizenzierten Formaten der Beigeladenen zu 2) den Vorzug gegenüber den Formaten der Klägerin gegeben, und zwar ausschließlich aufgrund deren anerkannter, die Vielfalt sichernder Qualität. Gegen die Auswahl der Klägerin und ihrer Formate spreche im Übrigen, dass sie nicht im selben Maße wie die Beigeladene zu 2) von der Beigeladenen zu 1) redaktionell unabhängig sei. Es gebe vielmehr wirtschaftliche, rechtliche und personelle Verflechtungen aufgrund der Auftragsproduktion „A…..“, die die Klägerin für das Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) herstelle. Das von der Klägerin angekündigte Herausgebermodell speziell für die Fensterprogramme könne diesen Nachteil nicht kompensieren, eindeutige Unabhängigkeit und Vielfaltssicherung könnten damit nicht garantiert werden. Sie, die Beigeladene zu 2), liefere der Beigeladenen zu 1) hingegen keinerlei Auftragsproduktionen in redaktioneller Abhängigkeit zu, sondern ausschließlich Fensterprogramme, bei denen ihre redaktionelle Unabhängigkeit sowohl vertraglich als auch durch die jeweiligen Lizenzen der Beklagten gesichert sei. Auch deshalb sei ihr der Vorzug vor der Klägerin zu geben gewesen.

44

Die bisherige Finanzierungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 2) habe aus verschiedenen - näher dargelegten - Gründen fortgeschrieben werden dürfen bzw. müssen. Auf diese Frage komme es jedoch hier nicht an, weil insoweit keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Klägerin als abgelehnte Mitbewerberin bestünden.

45

Die Beigeladene zu 3) beantragt ebenfalls,

46

die Klage abzuweisen.

47

Sie verteidigt die angefochtenen Entscheidungen und trägt insbesondere vor, die Auswahl zu ihren Gunsten sei aufgrund der Qualität ihrer Beträge nach dem Maßstab der größtmöglichen Vielfalt nicht angreifbar. Die Versammlung der Beklagten habe ihre Beiträge für die 3. und 4. Sendezeitschiene wegen ihrer besonders intensiven kulturellen Ausrichtung einstimmig ausgewählt. Einzigartig seien aber auch ihre Sendungen „…- TV“ und „…- TV“. Damit werde eine mediale Plattform in echter pluralistischer Gestaltung gewährleistet, weil dort zwei miteinander inhaltlich und methodisch im Wettbewerb stehende Akteure ihre Magazine gestalteten. Ihre wiederholte Auswahl als Drittsendezeitanbieter sei mit dem Gebot inhaltlicher Vielfalt ohne Weiteres vereinbar, denn es komme nur auf die Qualität und Aktualität der Inhalte an.

48

Falls sich das Verfahren zum Dreiervorschlag allein auf die 3. und 4. Sendezeit-schiene hätte beziehen müssen, hätte sich ein Fehler insoweit auf das Ergebnis nicht ausgewirkt, da die Beklagte die Beigeladene zu 3) als einzigen Bewerber für dieses Sendezeitschienenbündel hinzugefügt habe. Ihre Auswahl sei wegen des größtmöglichen Vielfaltsbeitrags ihrer Sendungen erfolgt. Ein eventueller Verfahrensfehler hätte diese Entscheidung nicht beeinflusst. Deshalb könne ein Fehler beim Dreiervorschlagsverfahren die Klägerin auch nicht in eigenen Rechten verletzen.

49

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze im vorliegenden Verfahren, in den gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 417/12.NW und 5 K 454/12.NW und in den vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 L 498/12.NW und 5 L 46//12.NW, außerdem auf den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten und der KEK. Alle genannten Unterlagen sind Gegenstand der Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

I.

50

Die Klage ist im Wesentlichen zulässig.

51

Die Klägerin ist als Mitbewerberin in Bezug auf alle im Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 2011 ausgeschriebenen Sendezeitschienen für Drittsendezeiten im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) befugt, die Zulassung der Beigeladenen zu 2) und 3) als Drittsendezeitveranstalter – sowie die damit komplementär verbundene Einschränkung der Zulassung der beigeladenen Hauptprogrammveranstalterin unter Abschnitt C des Bescheids - anzufechten und hinsichtlich der ihr selbst gegenüber ergangenen Ablehnung die Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung über ihre Bewerbung zu beantragen.

52

Unzulässig ist die Klage, soweit sich der Klageantrag auch auf die Aufhebung der ablehnenden Entscheidung gegenüber den anderen Mitbewerbern und deren Neubescheidung bezieht. Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 in der Form, wie er der Klägerin und allen anderen Beteiligten bekannt gegeben wurde, umfasst zwar unter Abschnitt D. die Ablehnung aller anderen Bewerber. Er ist dennoch inhaltlich in Bezug auf die jeweiligen Bewerber teilbar und damit auch teilweise anfechtbar. Die Ablehnung weiterer Mitbewerber stellt für die Klägerin, die selbst als Drittsendezeitveranstalterin zugelassen werden möchte, unter keinem denkbaren Aspekt eine Beeinträchtigung ihrer Rechte und Chancen dar. Es fehlt ihr daher hinsichtlich dieser Teilentscheidungen im Bescheid vom 17. April 2012 an der Klagebefugnis nach § 42 VwGO.

II.

53

Die Klage hat in ihrem zulässigen Umfang auch in der Sache Erfolg. Die Zulassungsentscheidung der Beklagten vom 17. April 2012 ist, soweit darin die Beigeladenen zu 2) und 3) als Drittsendezeitveranstalter zugelassen wurden und die Klägerin selbst als Bewerberin abgelehnt wurde, rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) (1.). Das schlägt auch auf die Einschränkung der Zulassung der Beigeladenen zu 1) in Abschnitt C des Bescheids vom 17. April 2012 durch (2.). Der Klägerin steht entsprechend § 113 Abs. 5 VwGO ein Anspruch auf erneute Entscheidung der Beklagten über ihren Zulassungsantrag als Drittsendezeit-veranstalterin im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) zu (3.).

54

1.) Rechtsverletzungen zu Lasten der Klägerin sind bei rechtlicher Prüfung des in § 31 Abs. 2 bis 6 RStV im Einzelnen vorgeschriebenen mehrstufigen Verfahrens in der zweiten und dritten Stufe des Verfahrens festzustellen, indem dort Verfahrensvorschriften verletzt wurden, die auch dem Schutz der Klägerin dienen (nachfolgend unter a)). Auch hat die Beklagte bei ihrer inhaltlichen Entscheidung über die Bewerbung der Klägerin für die Beurteilung des Vielfaltsbeitrags der Klägerin maßgebliche Gesichtspunkte außer Betracht gelassen bzw. bei den ausgewählten Bewerbern zum Teil unerhebliche Umstände zu deren Gunsten gewürdigt (b). Bewerber im Drittsendezeitenverfahren haben zwar kein subjektives Recht auf eine objektiv rechtmäßige Zulassungspraxis der Zulassungsbehörde; die gerichtliche Überprüfung der Zulassungsentscheidung der Beklagten ist bei der Konkurrentenklage vielmehr darauf beschränkt, ob durch die Entscheidung Vorschriften verletzt wurden, die (auch) den Interessen potenzieller Bewerber um Drittsendezeiten dienen. Konkurrenten können aber die Verletzung des aus Art. 3 Grundgesetz folgenden Gebots der Chancengleichheit geltend machen und die Einhaltung von Verfahrensvorschriften fordern, die auch ihren Interessen dienen. Die angefochtene Entscheidung selbst darf nicht von einem unvollständigen oder unzutreffenden Sachverhalt ausgehen, muss die gesetzlich vorgegebenen Maßstäbe zugrunde legen und darf sich nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2010, 10 ME 439/08, juris, Rn. 28 und 31, m. Nachw. zur Rechtsprechung). Diesen Anforderungen werden der angefochtene Auswahl- und Zulassungsbescheid und das bis zu seinem Erlass durchgeführte Verfahren nicht gerecht.

55

a) Die Klägerin kann sich zunächst auf die Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags berufen. Die Kammer hat sich in ihrem Urteil vom 23. August 2012 im gleichzeitig verhandelten Klageverfahren der Hauptprogrammveranstalterin (5 K 417/12.NW) ausführlich damit auseinander-gesetzt, inwiefern im Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren in Bezug auf die Drittsendezeiten im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) Verfahrensfehler vorlagen. Mit der Einschränkung, dass nicht alle der dort zum Nachteil der Hauptprogrammveranstalterin festgestellten Rechtsverletzungen auch Rechte der Klägerin verletzen, gelten die dortigen Ausführungen, wie nachfolgend erläutert wird, auch hier.

56

aa) Auf der ersten Stufe des Verfahrens, also in der Phase der Vorbereitung der Ausschreibung bis zum Beschluss der Versammlung der Beklagten vom 20. Juni 2011, in dem die Ausschreibungsmodalitäten festgelegt wurden, konnte die Kammer Verfahrensfehler nicht feststellen. Auf die im Verfahren 5 K 417/12.NW von der Hauptprogrammveranstalterin insoweit geltend gemachte Verletzung ihres Beteiligungsrechts in Bezug auf die zeitliche Aufteilung der Sendezeitschienen und die Frage, ob die Drittsendezeiten gebündelt oder einzeln ausgeschrieben werden sollten, könnte sich die Klägerin hier als potenzielle Bewerberin ohnehin nicht berufen. Solange ein Bewerbungsverfahren noch nicht förmlich eingeleitet ist, hat sie keine eigenen, aus den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags resultierenden Rechte (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 29. September 2008, 7 B 3575/08 – juris, Rn. 52: Der einzelne Bewerber müsse die Ausschreibung so hinnehmen, wie sie ihm bekannt gegeben werde).

57

bb) Die Verfahrensfehler, die in der nächsten Stufe - zwischen der Veröffentlichung der Ausschreibung im Staatsanzeiger von Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 2011 bis zum Ergehen der eigentlichen Auswahlentscheidung im Dezember 2011 – geschehen sind, haben nur zum Teil auch zu Rechtsverletzungen der Klägerin geführt. Soweit das Gericht im Verfahren 5 K 417/12.NW die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung schon mit der Verletzung der Mitwirkungsrechte der Hauptprogrammveranstalterin aus § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV in der ersten Phase des Auswahlverfahrens, nämlich nach Eingang der Bewerbungen und deren Weiterleitung an die Hauptprogrammveranstalterin, begründet hat, kommt dies der Klägerin nur reflektorisch zugute. Als Konkurrentin hat sie kein eigenes Recht auf Erörterung der eingegangenen Bewerbungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Auswahl. In diesem Stadium des Verfahrens ist mit der Rechtsverletzung gegenüber der Hauptprogrammveranstalterin auch noch keine konkrete Benachteiligung der Bewerber verbunden, die etwa deren Recht auf ein faires, chancengleiches Auswahlverfahren berühren könnte.

58

cc) Rechte der Klägerin wurden jedoch in der darauffolgenden Phase des Verfahrens verletzt, indem das Dreiervorschlagsverfahren nicht korrekt durchgeführt wurde. Für den Fall, dass eine einvernehmliche Auswahl nach § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV nicht gelungen ist, bestimmt § 31 Abs. 4 RStV nämlich:

59

„Kommt eine Einigung nicht zustande und liegen der zuständigen Landesmedienanstalt mehr als drei zulassungsfähige Anträge vor, unterbreitet der Hauptprogrammveranstalter der zuständigen Landesmedienanstalt einen Dreiervorschlag (Satz 4). Die zuständige Landesmedienanstalt kann unter Vielfaltsgesichtspunkten bis zu zwei weitere Vorschläge hinzufügen, die sie erneut mit dem Hauptprogrammveranstalter mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen, erörtert (Satz 5). Kommt eine Einigung nicht zustande, wählt sie aus den Vorschlägen denjenigen Bewerber aus, dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptprogramm-veranstalters erwarten lässt und erteilt ihm die Zulassung (Satz 6). Bei drei oder weniger Anträgen trifft die zuständige Landesmedienanstalt die Entscheidung -

60

Durch den vorgeschriebenen Dreiervorschlag der Hauptprogrammveranstalterin gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV erfolgt schon eine Eingrenzung des Bewerber-kreises. Dies berührt unmittelbar den Rechtskreis der Bewerber, weil Fehler im Zusammenhang mit dem Dreiervorschlag sich auf ihre Erfolgschancen im Auswahlverfahren auswirken können.

61

Dass das Verfahren zum Dreiervorschlag hier rechtsfehlerhaft war, wird im Urteil im Verfahren 5 K 417/12.NW so begründet:

62

„Die Beklagte hätte die Klägerin nicht zur Abgabe eines einheitlichen Dreiervorschlags für beide jeweils zusammengefassten Sendezeitschienen auffordern dürfen, sondern diese Aufforderung auf die 3. und 4. Sende-zeitschiene beschränken müssen, weil sich nur auf diese Sendezeit-kombination mehr als drei zulassungsfähige Antragsteller beworben hatten. Die Vorschriften in § 31 Abs. 4 RStV über die Auswahl unter mehreren Bewerbern beziehen sich nämlich ersichtlich auf das Modell eines einheitlichen Vergabevergabeverfahrens, in dem sich alle Interessenten grundsätzlich auf die zur Verfügung stehenden Drittsendezeit insgesamt bewerben. Das zeigt deutlich die Formulierung in § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV, wonach die zuständige Landesmedienanstalt „das Fensterprogramm“ zur Erteilung „einer Zulassung“ ausschreibt und – nach Satz 6 - bei nicht einvernehmlicher Einigung und Ergänzung des Dreiervorschlags aus den Vorschlägen „denjenigen Bewerber“ auswählt, „dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt …. erwarten lässt, und erteilt ihm die Zulassung“. Eine Aufspaltung der Drittsendezeiten hatten die gesetzgebenden Länder bei der Abfassung dieser Vorschriften nicht im Blick; diese Möglichkeit erwähnt erst die DRSZ in ihrer Ziffer 5.1. Die Aufteilung der Drittsendezeit auf mehrere Sendeplätze oder Sendezeit-schienen widerspricht den Vorschriften des RStV allerdings auch nicht. Es ist lediglich erforderlich, die Vorschriften jeweils auf diejenigen konkret zur Bewerbung ausgeschriebenen Sendezeitschienen zu beziehen, hinsichtlich derer eine Bewerberkonkurrenz auftritt oder auftreten kann und hinsichtlich derer eine separate Zulassung erteilt werden soll, weil nach den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags aus einem Dreiervorschlag – ggf. nach Ergänzung gem. § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV - nur ein einziger Bewerber übrig bleiben soll, dem dann auch die einzige zur Verfügung stehende Zulassung erteilt werden kann.

63

Nach diesem Verständnis gab es vorliegend inhaltlich zwei parallele, auf zusammengefasster Ausschreibung beruhende Bewerbungsverfahren. Konkurrenzsituationen gab es hier nämlich in beiden Teilverfahren: Für die 1. und 2. Sendezeitschiene hatten sich drei Interessenten, darunter die Beigeladene zu 1) beworben, für die 3. und 4. Sendezeitschiene waren fünf Interessenten vorhanden. Beide Kombinationen waren daher jede für sich nach den Regeln in § 31 Abs. 4 Sätze 4-7 RStV zu behandeln (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2010 – 10 ME 439/08 -, juris, in der nur eine von zwei ausgeschriebenen Sendezeitschienen streit-gegenständlich war). Nach der hier geübten fehlerhaften Handhabung wären aber am Ende - auf der Grundlage eines einzigen, noch ergänzten Dreiervorschlags - z w e i Bewerber auszuwählen gewesen, die beide eine eigene Zulassung erhalten sollten.

64

Der Fehler wirkte sich allerdings nur auf die Auswahl der Beigeladenen zu 2) aus. Bei rechtmäßiger – nämlich getrennter – Verfahrensweise hätte die Beklagte nämlich für die Kombination aus 1. und 2. Sendezeitschiene gem. § 31 Abs. 4 Satz 7 RStV unmittelbar einen Bewerber auswählen können, da hier nur drei zulassungsfähige Bewerber vorhanden waren. Für die zweite Sendezeitschienen-Kombination war jedoch die Abgabe eines Dreiervorschlags, und zwar alleine bezogen auf den hierfür vorhandenen Bewerberkreis, gem. § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV erforderlich. Hier hatten sich insgesamt fünf Bewerber rechtzeitig beworben, die im Schreiben des Direktors der Beklagten an die Klägerin vom 23./26. August 2011 zunächst auch unter Vorbehalt sämtlich als zulassungsfähig bezeichnet worden waren. Erst später, nämlich in ihrer ersten Sitzung nach Eingang der Bewerbungen am 17. Oktober 2010, erklärte die Versammlung der Beklagten nur vier dieser Bewerber für zulassungsfähig.

65

Das fehlerhafte Verfahren zur Abgabe eines Dreiervorschlags, das durch die entsprechende Aufforderung im Schreiben der Beklagten vom 26. Sep-tember 2011 eingeleitet wurde, verletzte hinsichtlich der zweiten Sendezeit-schienenkombination die Beteiligungsrechte der Klägerin erneut. Sie musste davon ausgehen, dass sie insgesamt nur drei Bewerber für beide Sendezeitschienenkombinationen benennen konnte, und dass auch die Beigeladene zu 1) zum maßgeblichen Bewerberkreis gehöre. Damit wurde sie für die zweite Sendezeitschienenkombination in ihrer Auswahl-möglichkeit unzulässig beschränkt.

66

Dieser Fehler wirkte sich auf die Rechtmäßigkeit der Zulassungs-entscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 2) im Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aus. Aus 46 VwVfG lässt sich insoweit nichts zugunsten der Beklagten herleiten. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Ein Einfluss des fehlerhaften Verfahrens auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung kann hier aber keineswegs ausgeschlossen werden. Es ist vielmehr offen, welche drei der zunächst fünf als zulassungsfähig bezeichneten Bewerber die Klägerin benannt hätte, wäre das Dreiervorschlagsverfahren staatsvertragskonform abgelaufen und hätte sie sich daher nicht gleichzeitig um den aus ihrer Sicht geeigneten Bewerber für die 1. und 2. Sendezeitschiene Gedanken machen müssen. Offen ist auch, ob die Beklagte dann überhaupt von ihrem Ergänzungsrecht Gebrauch gemacht hätte. Möglicherweise wäre es bei einer so veränderten Ausgangslage zumindest für die zweite Schienen-Kombination sogar nachträglich noch zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen, die auch nicht zwangsläufig auf die Beigeladene zu 2) hätte hinauslaufen müssen. Für das weitere Verfahren hätte auch dies einen erheblichen Unterschied gemacht. Die Klägerin hätte insoweit keinen Anlass zur Klageerhebung gehabt und es wäre eventuell auch nicht in gleichem Umfang zu Konkurrentenklagen gekommen.

67

Welcher alternative Geschehensablauf der wahrscheinlichste ist, ist im Rahmen von § 46 VwVfG nicht erheblich; es genügt für dessen Unanwendbarkeit, dass überhaupt alternative Ablaufmöglichkeiten bestehen“.

68

Bezogen auf die Klägerin des vorliegenden Verfahrens bedeutet dies, dass ihre Chancen, mit ihrer Bewerbung für die 3. und 4. Sendezeitschiene zum Zug zu kommen, durch das fehlerhafte Verfahren geschmälert worden sind. Sie wäre bei richtiger Handhabung eine von nur fünf statt von sechs Bewerberinnen bzw. - wegen der später festgestellten fehlenden Zulassungsfähigkeit einer der vier Mitbewerberinnen - eine von vier Bewerberinnen gewesen. Damit wären rein rechnerisch von vornherein sowohl bessere Chancen verbunden gewesen, in den für das zweite Sendezeitschienenbündel abzugebenden Dreiervorschlag aufgenommen zu werden, als auch bessere Aussichten, im Ergebnis zum Zug zu kommen. Dass die Klägerin von der Beigeladenen zu 1) in ihrem auf alle Sendezeitschienen bezogenen Dreiervorschlag vom 7. Oktober 2011 tatsächlich schon benannt war, muss bei der hypothetischen Prüfung des alternativen Verfahrensverlaufs außer Betracht bleiben. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 3) steht auch nicht fest, dass eine andere Entscheidung als die für die 3. und 4. Sendezeitschiene zu ihren Gunsten getroffene überhaupt nicht möglich wäre, wie im oben zitierten Urteil 5 K 417/12.NW – am Ende des Zitats – schon erörtert wurde.

69

Aufgrund dieses Verstoßes gegen § 31 Abs. 4 Satz 4 - 6 RStV kann die Klägerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und eine erneute Entscheidung allerdings nur insoweit verlangen, als es um die Drittsendezeiten der 3. und 4. Sendezeitschiene geht. Hinsichtlich ihrer Bewerbung für die 1. und 2. Sende-zeitschiene wirkt sich das unkorrekte Dreiervorschlagsverfahren hingegen nicht aus, weil sich dort auch bei korrekter Handhabung ihre Chancen nicht verbessert hätten. Da hier nur drei Bewerbungen vorlagen, hätte die Beklagte nämlich gem. § 31 Abs. 7 RStV ohnehin unmittelbar entscheiden dürfen (zur Fehlerhaftigkeit der Zulassungsentscheidung für die 1. und 2. Sendezeitschiene aus anderen Gründen siehe aber noch unten 1 c).

70

dd) Keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidungen hat die Frage, ob die Versammlung der Beklagten am 17. Oktober 2011 schon eine Auswahl - unter Vorbehalt - treffen durfte, obwohl das Benehmen mit der KEK noch nicht hergestellt war. Die Kammer sieht nämlich als eigentliche Auswahlentscheidung den Umlaufbeschluss des Haupt- und Zulassungs-ausschusses der Beklagten an, der zwischen dem 15. und 19. Dezember 2011 zustande kam und von der Versammlung am 13. Februar 2012 bestätigt wurde. Zuvor hatte aber die KEK mit Beschluss vom 13. Dezember 2011 entschieden, dass sie ihre im Schreiben vom 9. November 2011 angedeuteten Bedenken, die u.a. auch die wiederholte Auswahl der Beigeladenen zu 2) und 3) betroffen hatten, nicht aufrecht erhalte. Daher kann offen bleiben, ob sich die Klägerin auf eine Verletzung der Vorschriften zum Benehmenserfordernis überhaupt berufen könnte.

71

b) Neben der vorbeschriebenen Rechtsverletzung zu Lasten der Klägerin auf der Stufe des Auswahlverfahrens, die die 3. und 4. Sendezeitschiene betreffen, sind auch auf der Stufe der eigentlichen Zulassungsentscheidung Rechtsfehler festzustellen, die subjektiv-öffentliche Rechte (auch) der Klägerin verletzen und speziell zur Aufhebung der Zulassungsentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 2) führen.

72

Die Versammlung der Beklagten hat die Zulassung der Beigeladenen zu 2) nämlich beschlossen, ohne dass die gem. § 31 Abs. 5 RStV erforderliche privatautonom zustande gekommene Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 2) und der Beigeladenen zu 1) als Hauptprogrammveranstalterin vorlag. Die im Zulassungsbescheid der Beklagten entsprechend dem Beschluss ihrer Versamm-lung vom 13. Februar 2012 vorgenommene Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung verstößt gegen die Vorschriften der Drittsendezeitenrichtlinie i.V.m. § 26 RStV. Insoweit hat die Kammer im Urteil im Verfahren 5 K 417/12.NW unter anderem ausgeführt:

73

„…. Jedenfalls war die Beklagte nicht berechtigt, die bis zur gesetzten Frist mangels Einigung über die Finanzierung und wegen unterschiedlicher Rechtsauffassungen über weitere von der Klägerin formulierte Vertragsklauseln nicht zustande gekommene Vereinbarung der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1) im Zulassungsbescheid durch eine - nachträglich bis Ende Mai 2013 befristete - „Fortschreibung“ der bisherigen Vereinbarung zu ersetzen und damit diese gem. § 31 Abs. 5 und 6 RStV für die Zulassung notwendige Voraussetzung erst selbst zu schaffen. Das Gericht teilt hier in den wesentlichen Punkten die von der KEK in ihrem Beschluss vom 13./21. März 2012 – KEK 660-3 - eingehend dargelegte Rechtsaufassung, dass eine solche einseitige hoheitliche Fortschreibung der für die aktuelle Zulassungsperiode geschlossenen privatrechtlichen Vereinbarung zwischen Hauptprogrammveranstalter und ausgewähltem Drittsendezeitveranstalter nicht zulässig ist.

74

Der Kammer kommt es unter den hier gegebenen Umständen nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Fortschreibung unter dem Aspekt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüber der Klägerin ein milderes Mittel ist, als wenn nach Ziffer 6.3. DRSZ verfahren und gem. § 26 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 5 RStV der Widerruf der der Klägerin erteilten Lizenz in die Wege geleitet worden wäre. Ebenso kann die Frage dahinstehen, ob ein Widerruf überhaupt für sofort vollziehbar erklärt werden könnte oder diese Sanktion sonst nur ein „stumpfes Schwert wäre.

75

Wesentlich ist vielmehr zum Einen, dass es zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) streitig und bisher durch die Beklagte nicht genügend aufgeklärt ist, ob das von der Klägerin vorgelegte Vereinbarungsangebot tatsächlich nicht zu angemessenen Bedingungen im Sinne von § 31 Abs. 5 RStV erfolgt ist. Davon hängen aber die weiteren Konsequenzen entscheidend ab. Denn Ziffer 6.2 DRSZ erklärt eine Finanzierung für in der Regel ausreichend, wenn sie sich an den durchschnittlichen Programm-kosten des Hauptveranstalters für vergleichbare Sendeplätze orientiert. Vorliegend hatte die Klägerin bereits nach der vorläufigen Auswahl-entscheidung im Oktober erste Kontakte mit der Beigeladenen zu 1) aufgenommen, vergeblich um eine aktuelle Kalkulation gebeten und daraufhin auf der Basis von ihr als vergleichbar angesehener eigener Programmformate mit gewissen Zuschlägen eine Finanzierung angeboten, deren Sätze allerdings gegenüber den früheren Vereinbarungen erheblich niedriger waren. Daneben bot sie zusätzliche Leistungen, z.B. in Form der Übernahme bestimmter Kosten an (vgl. dazu Ziffer 2.2.6. des Beschlusses der KEK vom 13./21. März 2012) an, deren Wert bei einer Gesamtbeurteilung mit einbezogen werden müsste.

76

Die Beklagte hätte daher zunächst, anstatt innerhalb eines knappen Monats nach Ablauf der den Beteiligten für den Abschluss einer Vereinbarung gesetzten Frist schon unmittelbar die Entscheidung für den ungewöhnlichen Weg der hoheitlichen Fortschreibung zu treffen, die Angemessenheit der angebotenen Finanzierungsbedingungen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens prüfen lassen müssen. Dessen Ergebnis hätte dann ggf. die Beteiligten veranlasst, die Vereinbarung anzupassen, oder jedenfalls geklärt, welcher der beiden in Ziffer 6.3 DRSZ aufgezeigten Wege zu gehen gewesen wäre: Ein angemessenes Angebot müsste die Beigeladene zu 1) annehmen; im Weigerungsfalle wäre mit den verbliebenen Bewerbern erneut in das Auswahlverfahren einzutreten (Ziffer 6.3 Satz 1 DRSZ). Andernfalls, wenn der Hauptveranstalter die nach § 26 Abs. 5 Sätze 1 und 2 RStV zur Einräumung von Drittsendezeit erforderlichen Maßnahmen nicht träfe, müsste die zuständige Medienanstalt - nach entsprechender Feststellung durch die KEK – dessen Zulassung unmittelbar aufgrund der zwingenden Vorschrift in § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV widerrufen“.

77

Auf diesen Rechtsfehler kann sich auch die Klägerin berufen. Das in Ziffer 6.3 DRSZ vorgesehene Verfahren dient nach Auffassung der Kammer auch den Interessen der nicht ausgewählten Bewerber um die in Frage stehenden Drittsendezeiten. Diese bleiben formal bis zum Ende des Zulassungsverfahrens Verfahrensbeteiligte, weil auch über ihre Ablehnung förmlich erst in der das Verfahren abschließenden sog. Zulassungsentscheidung entschieden wird. Auch wenn sie auf der Stufe der Auswahlentscheidung schon „aussortiert“ zu sein scheinen, so handelt es sich dabei doch noch nicht um einen endgültigen Schritt. Wie Ziffer 6.3 Satz 1 DRSZ zeigt, ist der Wiedereintritt in die Auswahlstufe nämlich bis zum Abschluss des Verfahrens nicht ausgeschlossen. Falls nach Ziffer 6.3. Satz 1 DSZR verfahren und erneut in das Auswahlverfahren nach § 31 Abs. 4 RStV eingetreten wird, leben die Rechte aller verbliebenen Bewerber auf ein faires Auswahlverfahren mit gleichen Chancen und auf eine auf sachgerechten Erwägungen und am richtigen Maßstab ausgerichtete Auswahlentscheidung wieder auf. Daraus folgt, dass Konkurrenten auch ein Recht auf rechtsfehlerfreie Anwendung der Vorschriften in Ziffer 6.3 DRSZ haben müssen. Andernfalls müssten sie sich mit einer in rechtswidriger Weise verfrühten Beendigung des Zulassungsverfahrens abfinden. Dafür gibt es keinen rechtfertigenden Grund.

78

c) Die Klägerin rügt zu Recht auch inhaltliche Defizite im Rahmen der Auswahlentscheidung der Versammlung der Beklagten und der dabei angestellten Erwägungen. Der gerichtlichen Prüfung unterliegen die Erwägungen wegen des der Versammlung bei der Auswahlentscheidung zustehenden Beurteilungs-spielraums insoweit, als sie auf zutreffendem und vollständigem Sachverhalt beruhen müssen, keine sachfremden Gesichtspunkte berücksichtigen dürfen und an alle Bewerber die gleichen sachlich angemessenen und mit den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags in Einklang stehenden Kriterien anlegen müssen. Das Gericht legt der Prüfung, welche Gesichtspunkte für die Auswahl des Anbieters mit dem größtmöglichen Vielfaltsbeitrag relevant waren, letztlich die schriftliche Begründung im Zulassungsbescheid vom 17. April 2012 zugrunde, auch wenn die eigentliche Auswahlentscheidung bereits im Dezember 2011 getroffen wurde. Im Bescheid vom 17. April 2012 wurden jedoch die einzelnen Beiträge auf den jeweiligen Sendezeitschienen erstmals beschreibend und vergleichend gegenüber gestellt und die für Auswahl zugunsten der Beigeladenen zu 2) und 3) entscheidenden Erwägungen der Versammlung der Beklagten mitgeteilt.

79

Die Beklagte ging dabei grundsätzlich - ausweislich der Begründung des angefochtenen Bescheids - von den in § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV und der Drittsendezeitenrichtlinie genannten Auswahlkriterien aus. § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV bestimmt, dass ein Fensterprogramm, das aufgrund der Verpflichtung zur Einräumung von Sendezeit nach den vorstehenden Bestimmungen ausgestrahlt wird, unter Wahrung der Programmautonomie des Hauptveranstalters einen zusätzlichen Beitrag zur Vielfalt in dessen Programm, insbesondere in den Bereichen Kultur, Bildung und Information, leisten muss. Damit sind wesentliche Bereiche benannt, in denen der Gesetzgeber Drittsendeformate zur Erhöhung der Vielfalt in privaten Fernsehprogrammen generell für besonders geeignet bzw. für besonders notwendig hält. Hierzu ergänzt Ziffer 5.5. DSZR: „Bei der Bewertung des größtmöglichen Beitrags zur Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters sind insbesondere zu berücksichtigen die inhaltliche Ausrichtung des Fenster-programms und dessen ergänzender Beitrag zum Hauptprogramm (§ 31 Abs. 1 RStV) und die Leistungsfähigkeit des Bewerbers. Ferner ist zu berücksichtigen die mehrfache Zulassung eines Fensterveranstalters. Die für die Hauptprogramme zuständigen Landesmedienanstalten stimmen sich hierzu ab“. Damit das zur Auswahlentscheidung berufene Gremium einschätzen kann, ob sich ein Fensterprogramm seiner inhaltlichen Ausrichtung nach vom Hauptprogramm unterscheidet, so dass es dieses ergänzen und damit einen Vielfaltsbeitrag leisten kann, muss es sich notwendigerweise zunächst im Wesentlichen über die inhaltliche Ausrichtung des Hauptprogramms im Klaren sein. Sachlich wird auch in Ziffer 5.5 DSZR wiederum auf § 31 Abs. 1 RStV und damit implizit auf die dort genannten Bereiche Kultur, Bildung, Information Bezug genommen. Nach welchen weiteren inhaltlichen Gesichtspunkten verschiedene Fensterprogrammangebote, auch wenn sie diesen genannten Bereichen zugeordnet werden können, untereinander zu gewichten sind, wird jedoch nicht geregelt. Diese Kriterien näher festzulegen ist daher letztlich Aufgabe der die Auswahl treffenden Landesmedienanstalt. Ob die gefundenen Kriterien zur Ausfüllung des Vielfaltsbegriffs geeignet sind, ob sie auf alle Bewerbungen in gleicher Weise angewendet wurden und ob die Begründung für die getroffene Auswahl nachvollziehbar ist, unterliegt wiederum der gerichtlichen Prüfung. Der Begründung kommt daher bei nicht einvernehmlicher Auswahl eine erhöhte Bedeutung zu, weil das Gericht nachvollziehen muss, welche Kriterien und welche Erwägungen zu der Entscheidung geführt haben, dass die ausgewählten Fensterprogramme die Vielfalt am besten gewährleisten.

80

Die Beklagte hat hier im Programm der Hauptveranstalterin insbesondere ein Defizit an Information und Bildung vermittelnden und kulturbezogenen Sendungen festgestellt und daher entsprechende Formate der Drittsendezeitanbieter als besonders vielfaltssteigernd bewertet. Dies ist vom Ansatz her nicht zu beanstanden, wobei es jedoch einer näheren Darlegung dieses Defizits bedurft hätte. Sie hat auch nicht verkannt, dass die Formate der Klägerin grundsätzlich im Bereich Bildung/Kultur/Information angesiedelt sind. Sie hat allerdings die Angebote der Klägerin für die erste Sendzeitschiene am Sonntagvormittag („F...“ und „E…..- ...“) als „monothematisch“ bezeichnet und daraus geschlossen, dass sie deshalb eine geringere Spannbreite hätten als die Konkurrenzangebote der ausgewählten Beigeladenen zu 2). Dass Sendungen mit familienbezogenen Themen weniger breit gefächert sein werden als Magazine mit wechselnden Themenbereichen, leuchtet ein. Die Beklagte hätte jedoch auch prüfen und darlegen müssen, ob im Hauptprogramm einerseits den Angeboten der Klägerin ähnliche, ggf. auch familienbezogene Beiträge schon und andererseits gemischt-thematische Formate ähnlich denen der Beigeladenen zu 2) schon vertreten sind. Weiter ist die Frage aufzuwerfen, ob sich die Inhalte von Formaten, die sich mit vielen verschiedenen Themenbereichen beschäftigen, nicht eher mit anderen schon im Hauptprogramm vorhandenen Formaten berühren, sich vom Hauptprogramm also weniger unterscheiden als die „monothematischen“ Angebote der Klägerin. Gleiches gilt für die Formate „T...“ und „M…..-.…..“, die die Klägerin für die zweite Sendezeitschiene anbieten will. Es mag zutreffen, dass sie sich an einen spezielleren Zuschauerkreis richten. Ob dies ein Negativkriterium ist oder eher ein Vorzug, müsste aber ebenfalls primär unter Berücksichtigung des Spektrums des Hauptprogramms bewertet werden. Besonders große Vielfalt kann auch darin bestehen, dass andere Zuschauergruppen angesprochen werden oder intensiver auf sie eingegangen wird als im Hauptprogramm.

81

Den Formaten der Klägerin für die gekoppelte 3. und 4. Sendezeitschiene („A...“ und „M...“) billigt die Beklagte hohe Innovationskraft zu – wiederum ohne nähere Begründung-, hält sie aber wegen ihres nicht unerheblichen „ human-touch-Anteils“ gegenüber den Angeboten der Beigeladenen zu 3) aus dem Bereich dokumentierender Information für weniger vielfaltssteigernd, weil im letztgenannten Bereich der Kompensationsbedarf höher sei als bei human-touch-Formaten, die im Hauptprogramm stärker vertreten seien. Diese Argumentation ist für sich genommen nachvollziehbar. Es fehlt allerdings auch insoweit an näheren Darlegungen, aufgrund deren zu beurteilen wäre, warum und inwieweit die Formate der Klägerin tatsächlich in das gleiche Genre gehören wie Sendungen im Hauptprogramm, denen die Beklagte ebenfalls einen „human-touch-Anteil“ zuspricht.

82

Ein Weiteres kommt hinzu: Wie oben (1 a, Unterabschnitt cc) dargelegt wurde, sind die Bewerbungsverfahren für die jeweils ausgeschriebenen Sendezeit-schienenkombinationen (1. und 2. Sendezeitschiene einerseits, 3. und 4. Sende-zeitschiene andererseits) vom Ansatz her zunächst getrennt zu betrachten. Innerhalb dieser getrennten Betrachtung müssen gleichzeitig die jeweils kombinierten Sendezeitschienen im Hinblick auf die dafür von den Bewerbern angebotenen Formate zusammen in den Blick genommen werden, denn da für jede Kombination nur ein Veranstalter zum Zug kommen kann, ist es erforderlich, alle seine angebotenen Formate für die jeweilige Kombination in der Summe zu betrachten und diese mit der Summe der von den Konkurrenten für dieselbe Kombination angebotenen Formate zu vergleichen. Die Beklagte verglich jedoch nur die Angebote für jede einzelne der vier Sendezeitschienen miteinander, so als wenn alle Sendezeitschienen getrennt ausgeschrieben worden wären. Bei richtiger Betrachtungsweise hätte sie berücksichtigen müssen, dass die Klägerin für das erste Sendezeitbündel als einzige Bewerberin insgesamt vier verschiedene, wenn auch wohl pro Sendezeitschiene je zwei thematisch verwandte Formate im wöchentlichen Wechsel anbietet. Es wäre so zumindest zu erwägen gewesen, ob dieses im Vergleich zu den Konkurrenten besonders differenzierte Angebot schon deshalb für dieses Sendezeitschienenbündel den größtmöglichen Vielfaltsbeitrag darstellen könnte. Solche Überlegungen sind in der Begründung nicht zu finden. Dieses Defizit wird nicht dadurch ausgeglichen, dass die Beklagte in der Begründung des Bescheids vom 17. April 2012 die für beide Sendezeitbündel getroffene Auswahl zugunsten der Beigeladenen zu 2) und 3) als die auch in der Summe vielfältigste und damit beste Kombination bezeichnete. Eine allein auf die jeweilige Sendezeitschienenkombination bezogene vergleichende Gesamtbetrachtung wurde auch hierdurch nicht angestellt.

83

Keine besondere Berücksichtigung brauchte hingegen die Konstruktion des Herausgebermodells der Klägerin zu finden; allerdings durfte der Gesichtspunkt der redaktionellen Unabhängigkeit nach Ansicht der Kammer auch bei allen anderen Anbietern nur im Rahmen der Zulassungsfähigkeit nach § 31 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV eine Rolle spielen, nicht mehr jedoch bei der Beurteilung der inhaltlichen Vielfalt. Im Urteil der Kammer vom selben Tage im Parallelverfahren 5 K 457/12.NW heißt es hierzu:

84

„Zwar ist die Frage, ob zwischen Drittsendezeitanbietern und dem Haupt-programmveranstalter Abhängigkeiten bestehen, im Zulassungsverfahren durchaus von Bedeutung. Gem. § 31 Abs. 3 RStV darf nämlich ein Fenster-programmanbieter nicht in einem rechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Hauptprogrammveranstalter stehen (Satz 1). Rechtliche Abhängigkeit im Sinne von Satz 1 liegt vor, wenn das Hauptprogramm und das Fensterprogramm nach § 28 demselben Unternehmen zugerechnet werden können (Satz 2). Die Landesmedienanstalt überprüft daher auch die eingehenden Anträge zunächst – als eine Art Zugangsvoraussetzung zum Auswahlverfahren – auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen dieses Staatsvertrags, insbesondere auch mit den detaillierten Vorschriften des § 28 RStV über die Zurechnung von Programmen und teilt dem Hauptprogrammveranstalter dann die zulassungs-fähigen Anträge mit (31 Abs. 4 Satz 2 RStV). Liegt ein rechtliches Abhängigkeitsverhältnis im Sinne von § 34 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV vor, dann ist der betreffende Fensterprogrammanbieter von vornherein als nicht zulassungsfähig anzusehen.(…) Besteht aber keine rechtliche Abhängigkeit im Sinne von § 31 Abs. 3 RStV, dann durfte die Beklagte bei der Auswahlentscheidung sonstige Abhängigkeiten der Fensterprogrammbewerber vom Haupt-programmveranstalter - etwa eine mittelbare wirtschaftliche Abhängigkeit außerhalb der Kriterien von § 28 RStV oder eine andere „zu große Nähe“ und eine daraus mutmaßlich resultierende fehlende redaktionelle Unabhängigkeit - nicht erneut in Betracht ziehen und bei der Entscheidung berücksichtigen. Die Kammer teilt den Standpunkt der Beklagten nicht, dass die Frage der (geringeren oder größeren) redaktionellen Unabhängigkeit nicht nur bei Prüfung der Zulassungsfähigkeit eines Bewerbers nach § 31 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV relevant sei, sondern auch bei der eigentlichen Abwägung, welchen Vielfaltsbeitrag der jeweilige Bewerber erbringe. Grundsätzlich gilt vielmehr aus rechtlicher Sicht, dass Bedenken hinsichtlich einer verminderten redaktionellen Unabhängigkeit nach Bejahen der eigentlichen Zulassungsfähigkeit in einem späteren Stadium der Auswahlentscheidung keinen Platz mehr haben und die Nichtberücksichtigung eines Bewerbers nicht rechtfertigen können. So führt auch die KEK in der Begründung ihres Beschlusses vom 13. Dezember/ 13. März 2012 – KEK 660-2 – zu Recht aus, die Prüfung der redaktionellen Unabhängigkeit eines Bewerbers erfolge bereits im Rahmen der Prüfung seiner Zulassungsfähigkeit nach Maßgabe des § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV. Das Gesetz stelle in dieser Bestimmung nicht auf unterschiedliche Grade redaktioneller Unabhängigkeit ab (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV): Entweder sei ein Bewerber redaktionell unabhängig und erfülle damit die an einen zulassungsfähigen Antrag zu stellenden Voraussetzungen oder er sei es nicht. Werde ein Antrag für zulassungsfähig erklärt, so habe die Auswahl unter verschiedenen Bewerbern folglich allein an dem inhaltlichen Maßstab zu erfolgen, welches der in Rede stehenden Programme den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters erwarten lasse. Dem schließt sich die Kammer uneingeschränkt an.

85

Darüber hinaus darf das Maß der redaktionellen Unabhängigkeit und der sonstigen vertraglichen Verbundenheit mit dem Hauptveranstalter im Rahmen der Vielfaltsbewertung auch nicht als zusätzlicher Gesichtspunkt neben inhaltlichen Erwägungen zur Beurteilung der Programmbeiträge eine Rolle spielen. (…) dieser Aspekt muss bei der Entscheidung über den inhaltlichen Vielfaltsbeitrag vollständig außer Betracht bleiben, weil es dafür im Gesetz keine Stütze gibt. Soweit sich die Beklagte für ihre anderslautende Auffassung hier auf Ziffer 5.5, 1. Spiegelstrich der Drittsendezeitenrichtlinie beruft, wonach bei der Bewertung des größtmöglichen Beitrags zur Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters die inhaltliche Ausrichtung des Fensterprogramms „und dessen ergänzender Beitrag zum Hauptprogramm (§ 31 Abs. 1 RStV)“ zu berücksichtigen seien, schließt sie daraus zu Unrecht, die in § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV erwähnte redaktionelle Unabhängigkeit sei hier nochmals gesondert zu prüfen. Ziffer 5.5 DSZR fasst lediglich die Kriterien des Rundfunkstaatsvertrags für eine Auswahl unter dem Vielfaltsaspekt zusammen. Der Verweis auf § 31 Abs. 1 RStV im ersten Spiegelstrich dient nach dem Verständnis des Gerichts (…) nach Wortlaut und Zweck eindeutig als Erläuterung zu dem Begriff „ergänzender Beitrag“. Da nämlich § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV insbesondere die Bereiche Kultur, Bildung und Information hervorhebt, braucht so Ziffer 5.5. DSZR diese Begriffe nicht mehr eigens zu wiederholen. Soweit die Bezugnahme in der Drittsendezeitenrichtlinie, die pauschal auf „§ 31 Abs. 1“ verweist, dessen Satz 2 bewusst mit umfassen sollte, kann diesem Satz („ Die Gestaltung des Fensterprogramms hat in redaktioneller Unabhängigkeit vom Hauptprogramm zu erfolgen“) damit jedenfalls keine andere Bedeutung als unmittelbar im Kontext des § 31 RStV verliehen werden. Dort ist § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV in unmittelbarem Anschluss an Satz 1, der Anforderungen an die inhaltliche Qualität des Fensterprogramms stellt, als Forderung an den Fensterveranstalter formuliert, dann auch dieseskonkrete Programm in redaktioneller Unabhängigkeit zu gestalten. Gleichzeitig wird für den Hauptprogrammveranstalter klargestellt, dass diese Voraussetzung zu akzeptieren sei. Zu den allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen für den Fensterveranstalter als solchen verhält sich – wie oben schon dargestellt - im Rahmen des § 31 RStV dann erst dessen Absatz 3, der regelt, welche Produktionsfirma nach gesellschaftsrechtlichen und anderen in § 28 RStV genannten Kriterien überhaupt als Bewerber für das Fensterprogramm in Frage kommt - nämlich nur der, der vom Hauptveranstalter rechtlich unabhängig ist …“

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Aus diesem Grunde sind hier auch die Einwände der Beigeladenen zu 2) zu etwaigen Verflechtungen zwischen der Klägerin und der beigeladenen Hauptprogrammveranstalterin im Hinblick auf die Auftragsproduktion „A…..“ nicht erheblich. Es ist aber auch kein Raum für die positive Hervorhebung der besonderen redaktionellen Unabhängigkeit der Beigeladenen zu 2), die überhaupt keine Auftragsproduktionen zum Hauptprogramm zuliefert.

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Schließlich ist die Rüge der Klägerin unbegründet, die Beklagte habe den Vielfaltsgewinn durch Wechsel in der Person des Drittsendezeitveranstalters nicht erwogen und außerdem verkannt, dass die Beigeladene zu 3) ihren Vielfaltsbeitrag schon als Drittsendezeitveranstalterin bei RTL „ausgeschöpft“ habe. Die Versammlung befasste sich nämlich schon am 5. Dezember 2011 auch mit den Fragen der wiederholten Auswahl derselben Anbieter und der gleichzeitigen Zulassung der Beigeladenen zu 3) bei RTL, und zwar auf der Basis der dies ausführlich behandelnden Beschlussvorlage des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten vom selben Tage (Bl. 395 - 400 und 440, 441 der Verwaltungsakte der Beklagten), befand die Bedenken der KEK insoweit aber im Ergebnis nicht für stichhaltig. Für eine Beweisaufnahme entsprechend dem hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin bestand daher kein Anlass. Nach der Rechtsauffassung der erkennenden Kammer ist Ziffer 5.5. Sätze 2 und 3 DSZR („Ferner ist zu berücksichtigen die mehrfache Zulassung eines Fensterveranstalters. Die für die Hauptprogramme zuständigen Landesmedien-anstalten stimmen sich hierzu ab“) auch nicht als Ausschlusskriterium für einen anderweitig schon zugelassenen Drittsendezeitveranstalter zu verstehen.

88

2) Sind daher auf den Klageantrag der Klägerin hin die Zulassungen zugunsten der Beigeladenen zu 2) und 3) aufzuheben, hat ihre Anfechtungsklage auch hinsichtlich der in Abschnitt C des Bescheids vom 17. April 2012 enthaltenen komplementären Beschränkungen der Zulassung der Beigeladenen zu 1) gem. § 31 Abs. 6 Satz 2 RStV Erfolg. Nach dieser Vorschrift sind auch in der Zulassung des Hauptprogrammveranstalters - die insoweit teilweise zu widerrufen ist, weil dieser nicht (mehr) die komplette Sendezeit bestreiten darf – die wesentlichen Verpflichtungen aus der Vereinbarung nach Absatz 5 als Bestandteil der Zulassungen aufzunehmen. Dieser Teil des Bescheides hat jedoch keine Berechtigung, wenn aufgrund des Anfechtungsantrags der Klägerin die in Abschnitt A des Bescheids enthaltenen Zulassungen aufgehoben werden. Würde Abschnitt C des Bescheids aufrechterhalten, entstünde sonst ein unerklärlicher Widerspruch. Daher kann die Klägerin auch die Aufhebung dieses Teils des Gesamtbescheids verlangen.

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3) Die Klägerin hat darüber hinaus entsprechend § 113 Abs. 5 VwGO Anspruch auf erneute Entscheidung über ihre Bewerbung. Bei der notwendigen Wiederholung des Auswahlverfahrens gem. § 31 Abs. 4 RStV wird die Beklagte, sofern es nicht unmittelbar zu einer einvernehmlichen Auswahlentscheidung mit der Beigeladenen zu 1) kommt, zunächst die Vorschriften über den Dreiervorschlag nur hinsichtlich der Kombination aus 3. und 4. Sendezeitschiene anzuwenden haben. Danach ist unter Anlegung gleicher inhaltlicher Vielfaltskriterien sowie unter nochmaliger Beteiligung der KEK eine neue Auswahlentscheidung unter allen zulassungsfähigen Bewerbungen zu treffen, die bis zum Ende der Ausschreibungsfrist vorlagen. Bei nicht einvernehmlicher Auswahl mit der Hauptprogrammveranstalterin ist der Maßstab der größtmöglichen Vielfalt (§ 31 Abs. 4 Satz 6 RStV) anzulegen. Bei den inhaltlichen Auswahlerwägungen hat die Frage der redaktionellen Unabhängigkeit außer Betracht zu bleiben. Der Vielfaltsbeitrag der Klägerin ist – insbesondere für die Angebote auf den gekoppelten Sendezeitschienen 1 und 2, aber auch hinsichtlich der für die anderen Sendezeitschienen angebotenen Formate – unter Beachtung der oben (1 c) dargestellten Rechtsauffassung des Gerichts einer erneuten Bewertung unterziehen.

90

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3), die mit ihren Klageabweisungsanträge ebenfalls erfolglos waren, haben gem. § 154 Abs. 1 bzw. § 154 Abs. 3 i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO die Kosten des Verfahrens zu gleichen Teilen zu tragen. Das teilweise Unterliegen der Klägerin wegen des zu weit gefassten Klageantrags fällt gegenüber dem Ausmaß ihres Obsiegens im Hinblick auf die Kosten nicht ins Gewicht. Die Beigeladene zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, weil mangels Sachantrags und eigenen Kostenrisikos kein Grund besteht, diese Kosten aus Billigkeitsgründen den unterlegenen Beteiligten aufzuerlegen.

91

Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

92

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gem. §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

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Beschluss

94

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 105.000.- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG). Davon entfallen 5.000 Euro auf die Anfechtung der Ablehnungsentscheidungen gegenüber anderen Bewerbern.


Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 wird aufgehoben, soweit er die Zulassung der Beigeladenen zu 2) und 3) als Drittsendezeitveranstalter im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) und die Ablehnung des entsprechenden Zulassungsantrags der Klägerin enthält.

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Zulassungsantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3) zu je 1/3. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und alle drei Beigeladenen jeweils selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3) dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin (X…GmbH) wendet sich gegen die Zulassungsentscheidung der beklagten Landesmedienanstalt – LMK - vom 17. April 2012, soweit darin ihr eigener Antrag auf Zulassung als Veranstalterin von Sendezeiten für unabhängige Dritte im Hauptprogramm von Sat. 1 abgelehnt und den Beigeladenen zu 2) und 3) als Mitbewerbern Zulassungen erteilt wurden, und begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Neuentscheidung über ihre Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

2

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

3

Die Beklagte schrieb im Staatsanzeiger vom 4. Juli 2011 Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm von Sat.1 - der Beigeladenen zu 1) - aus, und zwar für vier nach Uhrzeit und Sendedauer festgelegte Zeitfenster für Fernsehprogramme (sog. Sendezeitschienen), wobei die Bewerbungen für jeweils zwei Sendezeitschienen gemeinsam abzugeben waren. Erlaubnisbeginn soll laut Ausschreibung der 1. Juni 2013 sein. Bis zum Ablauf der Ausschreibungsfrist am 15. August 2011 bewarben sich die Klägerin, die Beigeladenen zu 2) und 3) sowie drei andere Gesellschaften, eine weitere Bewerbung ging erst nach Ablauf der Frist ein und blieb unberücksichtigt. Die Klägerin bewarb sich mit dem Format „...“ auf die 1. und 3. Sendezeitschiene und mit dem Magazin-Format „...“ auf die 2. und 4. Sendezeitschiene, während sich die Beigeladene zu 2) nur für die 1. und 2. Sendezeitschiene und die Beigeladene zu 3) nur für die 3. und 4. Sendezeitschiene bewarben. Die Beigeladenen zu 2) und 3) sind im derzeit noch laufenden Zulassungszeitraum als Veranstalter der Fensterprogramme bei Sat.1 zugelassen.

4

Die eingegangenen Bewerbungsunterlagen wurden mit Schreiben vom 23. und 26. August 2011 der Beigeladenen zu 1) und gleichzeitig auch der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK – übersandt, und zwar mit dem Zusatz, vorbehaltlich der Beratung in den Gremien der LMK werde von der Zulassungsfähigkeit aller sechs Bewerber im Hinblick auf die Vorschriften in § 31 Abs. 3, § 28 RStV ausgegangen. Weiter wird ausgeführt: „Hinsichtlich der Bewertung der X… GmbH nach § 31 Abs. 3, § 28 RStV wurden die Entscheidungen der KEK (…; …) zugrundegelegt. Die redaktionelle Unabhängigkeit der X.. GmbH und der Y...GmbH, die beide Programmbestandteile an Sat.1 zuliefern, erscheint in beiden Fällen gesichert. Sowohl das Herausgebermodell (…) wie auch die Schaffung einer eigenen Produktionseinheit (X..) sind geeignet, etwaige Zweifel an der redaktionellen Unabhängigkeit der jeweils handelnden Personen auszuräumen.“

5

Zu einem Erörterungsgespräch über eine einvernehmliche Auswahl des Drittsendeanbieters zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beklagten kam es in der Folgezeit wegen divergierender Terminvorschläge nicht. Mit Schreiben vom 26. September 2011 stellte die Beklagte dies fest und forderte die Beigeladene zu 1) zur Abgabe eines Dreiervorschlags gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 des Rundfunkstaatsvertrags - RStV - bis 10. Oktober 2011 auf. Diese widersprach mit Schreiben vom 7. Oktober 2011 zunächst dem Verfahrensablauf und benannte gleichzeitig in ihrem Dreiervorschlag die Klägerin sowie zwei weitere Bewerberinnen, jedoch nicht die Beigeladenen zu 2) und 3). Diesem Dreiervorschlag fügte dann die Beklagte die Beigeladenen zu 2) und 3) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV hinzu. Ein Gespräch zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beklagten am 14. Oktober 2011 führte nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl.

6

Aufgrund der Empfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten beschloss deren Versammlung am 17. Oktober 2011, für die 1. und 2. Sende-zeitschiene die Beigeladene zu 2) mit ihren Formaten „W.“ und „P.“ und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Formate „N.“ bzw. „… TV“ und „… TV“ der Beigeladenen zu 3) auszuwählen, stellte dies jedoch unter den „Vorbehalt der Herstellung des Benehmens mit der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK)“ (Ziffer IV des Beschlusses).

7

Die Beigeladenen zu 1) bis 3) wurden mit Schreiben der Beklagten vom  18. Oktober 2011 von dem Beschluss unterrichtet, der außerdem der KEK zur Herstellung des Benehmens übermittelt wurde. Die KEK ließ schon mit Schreiben vom 27. Oktober 2011 erkennen, dass sie die wiederholte Auswahl der Beigeladenen zu 2) und 3) für nicht unproblematisch halte, und bezeichnete in einem Schreiben vom 9. November 2011 auch den „Vorab-Ausschluss“ der Klägerin als noch klärungsbedürftig. In einer weiteren Sitzung am 5. Dezember 2011 setzte sich die Versammlung der Antragsgegnerin inhaltlich mit der Argumentation der KEK im Benehmensverfahren auseinander. Nachdem in der Sitzung der KEK am 13. Dezember 2011 der stellvertretende Direktor der Beklagten zu den Bedenken Stellung genommen hatte, beschloss die KEK, dass gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 1. und 2. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1) und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 2) auszuwählen, keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden.

8

Einem Beschlussvorschlag des Direktors vom 15. Dezember 2011 folgend stellte anschließend der Hauptausschuss der Beklagten im Umlaufverfahren fest, dass das Benehmen mit der KEK hergestellt sei (Ziffer I), dass der entsprechende Vorbehalt in Ziffer IV des Beschlusses der Versammlung vom 17. Oktober 2001 entfalle (Ziffer II) und dass an die Beigeladenen zu 2) und 3) Zulassungen erteilt würden „nach Maßgabe der Vorbehalte unter Ziffer IV“ (Ziffer III). Ziffer IV lautet: „Die Zulassungen stehen unter dem Vorbehalt des Benehmens mit der KEK. Sie stehen weiterhin unter dem Vorbehalt einer Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV. Für diese Vereinbarung wird den Beteiligten eine Frist gesetzt bis ….26. Januar 2012 ...“.

9

Dies wurde allen Beteiligten mit Schreiben vom 19. Dezember 2011 mitgeteilt.

10

Die Klägerin hatte schon Anfang Dezember 2011 zunächst Klage gegen den Beschluss der Versammlung der Beklagten vom 17. Oktober 2011 erhoben (AZ. 5 K 1091/11.NW) und gleichzeitig einen vorläufigen Rechtsschutzantrag gestellt (AZ. 5 L 1093/11.NW). Nach dessen Ablehnung durch das erkennende Gericht mit Beschluss vom 21. Februar 2012 wurde die Klage zurückgenommen.

11

Eine Vereinbarung zwischen den Beigeladenen zu 1) und 3) lag am 17. Januar 2012 vor. Die Beigeladene zu 2) lehnte hingegen ein Angebot der Beigeladenen zu 1), das gegenüber der derzeit noch geltenden Vereinbarung u.a. deutlich geringere Finanzierungsbeträge enthielt, als nicht angemessen ab.

12

In der 24. Sitzung der Versammlung der Beklagten am 13. Februar 2012 wurde zunächst die Entscheidung des Hauptausschusses vom Dezember 2011 bestätigt. Weiter stellte die Versammlung hinsichtlich der Zulassung der Beigeladenen zu 2) für die 1. und 2. Sendezeitschiene fest, das von Sat.1 übermittelte Vertrags-angebot erfülle nicht die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 31 Abs. 5, Abs. 6 RStV , und beschloss, dass der Vorbehalt der Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV entfalle und vorläufig die Zulassung auf der Grundlage der früheren Vereinbarung der Parteien vom 30. August 2007/26. September 2007 erteilt werde. Eine abweichende Vereinbarung, die die gesetzliche Voraussetzung ebenfalls erfülle, bleibe möglich, sie ersetze dann die erstgenannte Vereinbarung. Die Ziffern 2.2, 6.1, 6.2, 6.4, 6.5 und 8 der genannten Vereinbarung von 2007 seien Bestandteil der Zulassung; der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK bleibe aufrechterhalten. Für die Zulassung der Beigeladenen zu 3) auf die 3. und 4. Sendezeitschiene entfalle der Vorbehalt der Vereinbarung und bleibe der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK aufrechterhalten. Die Zulassungen würden erteilt für den Zeitraum vom 1. Juni 2003 bis zum 31. Mai 2018. Nach der Herstellung des Benehmens mit der KEK solle die zusammenfassende Beschlussfassung über die das Verfahren beendenden Bescheide im Hauptausschuss erfolgen.

13

Die KEK teilte der Beklagten mit Schreiben vom 23. März 2012 unter Beifügung ihrer entsprechenden Beschlüsse vom 13./21. März 2012 (KEK 660-2 und 660-3) mit, es bestünden rundfunkrechtliche Bedenken gegen die vorgesehene Entscheidung, der Beigeladenen zu 2) die Zulassung vorläufig auf der Grundlage der Vereinbarung von 2007 zu erteilen. Keine Bedenken bestünden gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 3) zuzulassen.

14

In ihrer 25. Sitzung am 16. April 2012 beschloss die Versammlung der Beklagten schließlich die Zulassung der Beigeladenen zu 2) und 3), die entsprechende Beschränkung der Zulassung des Hauptprogrammveranstalters und die Ablehnung der Zulassungsanträge der Klägerin und der weiteren Mitbewerber, außerdem die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

15

Diese Beschlüsse wurden im Wortlaut Gegenstand des von der Beklagten am 17. April 2012 erlassenen, vorliegend teilweise angefochtenen Bescheides, der im Wesentlichen folgenden Inhalt hat:

16

In Abschnitt A wird der Beigeladenen zu 2) die Zulassung zur Veranstaltung und Verbreitung von zwei überregionalen Fernsehfensterprogrammen im Hauptprogramm von Sat.1 auf der 1. und 2. Sendezeitschiene erteilt (Ziff. 1 - 4). Gem. Ziff. 5 wird bis zum Abschluss einer Vereinbarung mit der Hauptprogramm-veranstalterin gemäß § 31 Abs. 5 RStV die in der vergangenen Lizenzperiode abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet; deren Ziff. 2.2, 6.1, 6.2 6.4 6.5 und 8 blieben bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung Bestandteil der Zulassung.

17

Abschnitt B enthält die Zulassung der Beigeladenen zu 3) für die 3. und 4. Sendezeitschiene.

18

Abschnitt C betrifft die Befristung und Änderung der an die Beigeladene zu 1) erteilten Zulassung entsprechend A und B. Auch dort heißt es unter Ziffer 4: „Bis zum Abschluss einer Vereinbarung über die Ausstrahlung der Fensterprogramme auf der ersten und zweiten Sendezeitschiene zwischen Sat.1 und dem unabhängigen Drittanbieter ….. wird für die Zeit ab dem 1. Juni 2013 die in der vergangenen Lizenzperiode von den Beteiligten abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet...“.

19

In Abschnitt D werden die Anträge aller konkurrierenden Bewerber auf alle Sendezeitschienen abgelehnt. Abschnitt E enthält die Anordnung des Sofortvollzugs.

20

Zur Begründung des Bescheids wird – nach Schilderung des Verfahrensganges – zunächst unter II. im Einzelnen dargelegt, warum die ausgewählten Bewerber die Anforderungen des Rundfunkstaatsvertrags nach Überzeugung der Versammlung der Beklagten in einem Maße erfüllten, das von keinem anderen Bewerber und auch von keiner anderen Kombination von Bewerbern erreicht werde.

21

In Bezug auf die Klägerin heißt es dort insbesondere, hier sei ein besonderer Sachverhalt einzubeziehen. Der LMK sei im September 2011 bekannt geworden, dass eine 100 %-Tochter der Klägerin dem Hauptveranstalter Programm im Umfang von 14,6 % der Programmstunden im Bereich Information und Magazine zuliefere. Damit werde ein wesentlicher meinungsbildender Teil des Hauptprogramms abgedeckt. Eine derartige wirtschaftliche Abhängigkeit der Tochtergesellschaft rechtfertige die Vermutung der redaktionellen Unabhängigkeit der Klägerin deutlich weniger als bei allen anderen Bewerbern. Gemäß Ziffer 5.5 der Drittsendezeitenrichtlinie – DSZR - sei in die Abwägung auch § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV einzubeziehen, der die redaktionelle Unabhängigkeit verlange. Dass ein Bewerber zunächst als zulassungsfähig angesehen worden sei, schließe nicht aus, Kriterien der redaktionellen Unabhängigkeit auch im Rahmen der konkreten Auswahlentscheidung heranzuziehen. Es müsse festgestellt werden, ob ein Bewerber eine größere oder eine geringere Nähe zum Hauptveranstalter aufweise. Auf dieser Grundlage scheide eine Vergabe an die Klägerin aus. Ihre mit weitem Abstand vor allen anderen Bewerbern große Nähe zum Hauptveranstalter müsse zur Nichtberücksichtigung der Klägerin auf der zweiten Stufe führen, nämlich im Rahmen der Abwägungsentscheidung, inwieweit die Klägerin einen Vielfaltsbeitrag leisten könne. Das inhaltliche Angebot könne dieses strukturelle Defizit nicht ausgleichen. Hinzu komme, dass der Vielfaltsbeitrag der Klägerin in der Drittsendezeit gerade mit solchen Inhalten (aktuelle Information) geleistet werden solle, die auch Gegenstand der bestehenden Zulieferungen seien. Es genüge nicht, dass die Klägerin eine separate Redaktion zugesagt habe. Es müsse damit gerechnet werden, dass mit Rücksicht auf die Umsätze des gesamten Unternehmensverbundes die Bandbreite und Meinungsfreudigkeit der Drittsendezeit-Inhalte beschränkt würden. Das angebotene Programmformat „W.“ solle den Schwerpunkt auf inländische Berichterstattung aus den Bereichen Politik, Gesellschaft und Wirtschaft legen. Der Mutterkonzern des Hauptveranstalters sei seinerseits häufig Gegenstand politischer Diskussionen. Hier könnten bei der Klägerin Auswirkungen mittelbarer Betroffenheit nicht ausgeschlossen werden. Auch sei nicht auszuschließen, dass aus Kostengründen eine Zweitverwertung der aus dem bereits bestehenden Zuliefervertrag der Tochterfirma und damit eine Doppelung von Inhalten stattfinden könne, die den Vielfaltsbeitrag gerade nicht erhöhen würden. Die Äußerungen des Mutterkonzerns Pro 7 Sat. 1 Media AG zu diesem Verfahren hätten zudem gezeigt, dass sich der Mutterkonzern für die Klägerin stark mache, woraus sich ebenfalls eine besondere Nähe manifestiere. Die Klägerin sei auch erst 2010 aus dem Konzern, dem die Beigeladene zu 1) angehöre, ausgegliedert worden; es gebe noch personelle Verflechtungen, die ebenfalls bei der Frage der Unabhängigkeit in den Blick zu nehmen seien. Von den anderen Bewerbern liefere nur die Beigeladene zu 2) 1,1 % Programmstunden im Bereich Information und Magazine an die Beigeladene zu 1) zu. Hier seien die Drittsendezeiten bereits einbezogen. Für die Regionalfenster, die von der Unternehmensgruppe, der die Beigeladene zu 2) angehöre, erstellt würden, bestehe eine separate Rundfunkerlaubnis. Alle anderen Bewerber seien mit einem Anteil von unter 1 % der Programmstunden involviert.

22

Beim inhaltlichen Vergleich der verbleibenden Bewerber in den Sendezeitschienen hinsichtlich des Vielfaltsbeitrags sei im Ergebnis mit keiner anderen Zusammenstellung von Angeboten als mit der Summe/Kombination der hier zugelassenen Formate eine solche Breite zu erreichen. Insbesondere in ihrer Gesamtheit stellten die ausgewählten Angebote die maximal erreichbare Vielfaltserhöhung dar. Dass die derzeitigen Erlaubnisinhaber erneut berücksichtigt worden seien, sei nicht fehlerhaft, denn der Vielfaltsbegriff sei inhaltsbezogen, nicht unternehmensbezogen zu verstehen. Auch nicht relevant sei, dass die Beigeladene zu 3) auch bei RTL lizenziert sei. Insbesondere der Kulturbeitrag der Sendung „N.“ der Beigeladenen zu 3) sei sehr hoch. Das Format sei möglicherweise im deutschen Fernsehen einzigartig. Einen vergleichbaren Solitär stelle das Wissenschaftsmagazin „P.“ der Beigeladenen zu 2) dar.

23

Im Weiteren wird näher begründet, warum der Beigeladenen zu 2) auch ohne eine aktuelle Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 und 6 RStV eine Erlaubnis erteilt werden könne. Der gewählte Weg einer Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung wird gegenüber dem in der Drittsendezeitrichtlinie vorgesehenen Verfahren als milderes Mittel angesehen.

24

Nach Zustellung dieser Entscheidung hat die Klägerin am 18. Mai 2012 Klage erhoben. Sie bezieht sich zunächst auf ihren Vortrag im gleichzeitig anhängig gemachten vorläufigen Rechtsschutzverfahren (AZ 5 L 454/12.NW), in dem im Wesentlichen Folgendes vorgetragen wird:

25

Der Bescheid vom 17. April 2012 sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten, insbesondere in ihrem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung ihrer Bewerbung als Fensterprogramm-Veranstalterin. Da hier eine kontingentierte Zulassung erfolge, könne sie auch die Zulassungsentscheidungen zu Gunsten der Beigeladenen zu 2) und 3) als Verwaltungsakt mit Doppelwirkung anfechten. Die detaillierten Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags für Auswahl und Zulassung dienten primär dem Zweck, einen möglichst großen Vielfaltsbeitrag sicherzustellen. Dabei müssten jedoch auch die Grundrechte der Bewerber beachtet werden. Im Verfahren der Auswahl und Zulassung müsse jeder Bewerber die gleiche Chance erhalten. Zudem sei das Zulassungserfordernis jedenfalls eine Berufsausübungsregelung, so dass die Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags auch die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG konkretisierten. Außerdem sei Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu berücksichtigen.

26

Die Beklagte habe das Recht der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihre Bewerbung in grober Weise verletzt. Sie habe keinen ergebnisoffenen Auswahlprozess geführt, sondern von vornherein beabsichtigt, erneut die Beigeladenen zu 2) und 3) zuzulassen und die Klägerin abzulehnen. Unzulässige, auch standortpolitische Erwägungen prägten die Entscheidungen. Schon früh habe sich abgezeichnet, dass trotz der bevorstehenden Ausschreibung alles beim Alten bleiben solle. Auch die Bündelung der Sendezeitschienen beruhe auf einem Konsens zwischen der Beklagten und der Beigeladenen zu 2). Auch sei offenbar deren Beschleunigungswünschen entsprochen worden. Die Vorstellungen der Beigeladenen zu 1) als Hauptprogrammveranstalterin seien für die Beklagte unerheblich gewesen.

27

Bei Ablauf der derzeit laufenden Lizenzen wären die Beigeladenen zu 2) und 3) seit 15 bzw. 25 Jahren die einzigen Drittanbieter im Programm der Beigeladenen zu 1). Andere unabhängige Drittanbieter seien bisher nie berücksichtigt worden. Es liege nahe, dass damit nicht das Ziel eines maximalen Vielfaltsbeitrags verfolgt werde, sondern vor allem Standortinteressen maßgebend seien. Die in Mainz ansässige und produzierende Beigeladene zu 2) habe stets eine erheblich über den Herstellungskosten liegende Vergütung erhalten. Sie produziere derzeit wohl nur die Sendungen für das Fensterprogramm von der Beigeladenen zu 1); ihre Schwestergesellschaft produziere seit 17 Jahren deren Regionalfenster für Hessen und Rheinland-Pfalz. Auch bei der Beigeladenen zu 3) nehme die Tätigkeit als Fensterprogramm-Veranstalterin einen maßgeblichen Teil der Geschäftstätigkeit ein. Außerdem würden „… TV.“ und „… TV.“ von dritten Anbietern hergestellt, die in erheblichem wirtschaftlichem Umfang Auftrags-produktionen für die Beigeladene zu 1) erstellten. Auch die KEK habe an der wiederholten Vergabe der Drittsendelizenzen an dieselben Anbieter schon mehrfach Kritik geäußert.

28

Das Auswahlverfahren selbst habe an zahlreichen Verfahrensfehlern gelitten. Regelungen seien verletzt worden, die auch dem Interesse der Klägerin als Mitbewerberin dienten. Nach Eingang der Bewerbung seien alle rechtzeitigen Bewerber für zulassungsfähig erklärt worden. Entgegen § 36 Abs. 5 RStV sei das Benehmen mit der KEK nicht vor der Auswahlentscheidung vom 17. Oktober 2011 hergestellt worden. Das Benehmenserfordernis solle aber nach der amtlichen Begründung zum Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag auch standort-politische Maßnahmen verhindern und mithin im Interesse der Bewerber einem transparenten und fairen Verfahren dienen. Der Fehler sei nicht nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Es sei nicht auszuschließen, dass der Verzicht auf die vorherige Beteiligung der KEK die Entscheidung der Beklagten auch in der Sache beeinflusst habe.

29

Die Beigeladene zu 1) sei unter ungebührlichen Zeitdruck gestellt worden, so dass diese dann notgedrungen einen Dreiervorschlag eingereicht habe.

30

Am 17. Oktober 2011 habe die Versammlung der Beklagten die beiden von ihr hinzugefügten Bewerber, die Beigeladenen zu 2) und 3), ausgewählt und die Klägerin dabei zu Unrecht nicht berücksichtigt, weil von einer wirtschaftlichen Abhängigkeit einer 100-prozentigen Tochter der Klägerin gegenüber Sat.1 und damit einer zu großen Nähe zum Hauptveranstalter ausgegangen worden sei. Für die rechtlich gebotene Beteiligung der KEK sei lediglich ein Vorbehalt gemacht worden. Der Klägerin gegenüber sei diese Auswahlentscheidung zunächst verschwiegen worden.

31

Auf die von der KEK im November 2011 geäußerten Bedenken, dass die Beklagte eine vermutete geringere redaktionelle Unabhängigkeit der Klägerin infolge hoher wirtschaftlicher Abhängigkeit vom Hauptprogrammveranstalter zu Unrecht berücksichtigt haben könnte, habe diese ihre Argumentation lediglich dahingehend geändert, dass sie aus der unterstellten wirtschaftlichen Abhängigkeit der Klägerin auf einen geringeren Vielfaltsbeitrag geschlossen habe. Auch die Unterstellung einer Doppelverwertung und sonstige Formulierungen sprächen für eine Voreingenommenheit.

32

Die mit Beschluss vom 17. April 2012 getroffene Auswahlentscheidung sei grob ermessensfehlerhaft. Dort stelle die Beklagte wiederum auf die vermeintlich fehlende redaktionelle Unabhängigkeit der Klägerin ab. Die ausdrücklich genannten Kriterien nach Ziffer 5.5 DSZR erwähne sie jedoch in diesem Zusammenhang nicht. Da es sich nicht um eine einvernehmliche Auswahlentscheidung zwischen Hauptprogrammveranstalter und Landes-medienanstalt handele, müsse derjenige Bewerber ausgewählt werden, dessen Beitrag den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptprogrammveranstalters erwarten lasse. Der der Landesmedienanstalt dabei zustehende Ermessens- und Beurteilungsspielraum sei enger und die Anforderungen an die Begründung seien höher als bei der Beurteilung einer einvernehmlichen Auswahlentscheidung. Den derart gesteigerten Anforderungen genüge die Entscheidung wegen Ermessensnichtgebrauch durch Vorfestlegung auf zwei ausgewählte Bewerber noch vor der Einleitung des Auswahlverfahrens nicht. Auch die Konzeption der Ausschreibung mit zwei statt vier Sendezeitschienen diene allein der Bevorzugung der Bestandsanbieter. So habe von vornherein die Ablehnung der Klägerin festgestanden. Die Vorein-genommenheit schlage sich auch in einer tendenziösen Wortwahl wieder. Vergleichbare Programmfaktoren würden verschieden gezeichnet und damit gewichtet.

33

Soweit von Ermessen Gebrauch gemacht worden sein sollte, habe die Beklagte offensichtlich sachfremde Erwägungen angestellt und damit ermessensfehlerhaft gehandelt. Sie habe insbesondere mit der jahrzehntelangen Auswahl des Mainzer Unternehmens der Beigeladenen zu 2) länderspezifische Standortinteressen verfolgt. Im Prinzip sei die Zuständigkeit einzelner Landesmedienanstalten für die bundesweit verbreiteten Fensterprogramme inzwischen systemwidrig, weil die meisten Zuständigkeiten im Zusammenhang mit bundesweiter Veranstaltung von Rundfunk der neu geschaffenen Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) zugewiesen worden seien und die abschließende Beurteilung im Zusammenhang mit der Sicherung von Meinungsvielfalt grundsätzlich der bundesweit einheitlichen KEK. Selbst das Korrektiv der Benehmensherstellung mit der KEK umgehe die Beklagte, indem sie es zu einem reinen Formalismus herabstufe. Der 9. Rund-funkänderungsstaatsvertrag habe den Spielraum für standortpolitische Entschei-dungen anscheinend durch die Möglichkeit abgesichert, den Dreiervorschlag unter Vielfaltsgesichtspunkten um zwei weitere Vorschläge zu ergänzen. Mit der Verknappung der zu vergebenden Sendezeitschienen in zwei Pakete habe die Beklagte dann auf Grundlage dieser gesetzlichen Regelung sichergestellt, dass sie alleine über die Auswahl der Bewerber entscheiden könne.

34

Entgegen Ziffer 5.5 DSZR habe sie auch nicht erwogen, ob ein Wechsel zu anderen Drittveranstaltern als Vielfaltsgewinn zu beurteilen sei. Für eine solche Beurteilung spreche jedoch die in § 31 Abs. 6 Satz 4 RStV statuierte Befristung der Zulassung von Drittveranstaltern ohne Verlängerungsoptionen.

35

Die Ablehnung der Klägerin beruhe inhaltlich auf sachfremden Erwägungen, etwa durch Unterstellung der „Zweitverwertung“ von Sendungen, die Gegenstand der bestehenden Zulieferverpflichtung an die Beigeladene zu 1) seien. Eine Zweitverwertung sei faktisch ausgeschlossen. Bei den zugelieferten Programmen handele es sich um Frühstücksfernsehen und Nachrichten, das vorgesehene Format für das Fensterprogramm sei ein Magazin. Es könne thematisch zu Überschneidungen kommen, die Art und Weise der Themenbehandlung sei jedoch völlig unterschiedlich. Insbesondere widme sich ein Magazin in vertiefter Weise ausgewählten Themen aus einem in der Regel längeren Zeitraum.

36

Mit ihrem tragenden Argument für die Ablehnung der Klägerin – ihrer vermeintlich fehlende Unabhängigkeit von der Hauptprogrammveranstalterin - löse sich die Beklagte völlig von den Vorgaben, die der Rundfunkstaatsvertrag und die Drittsendezeitenrichtlinie ihrer Ermessensausübung setzten. Sie verkenne die Struktur der Auswahlentscheidung. Außerdem beruhe die Begründung der vermeintlichen Abhängigkeit auf unzulässigen Erwägungen. Der Rundfunkstaatsvertrag kenne im vorliegenden Zusammenhang nur die redaktionelle Unabhängigkeit und die rechtliche Unabhängigkeit. Letztere sei gemäß § 31 Abs. 1 RStV Voraussetzung für die Zulassungsfähigkeit eines Fensterprogramm-Veranstalters, die entsprechenden Anforderungen würden in § 28 RStV abschließend normiert. Die Beklagte habe die rechtliche Unabhängigkeit der Klägerin zu Beginn des Verfahrens zutreffend bejaht. Sie könne dann dieses Merkmal nicht erneut bei der Bewertung der Vielfalt berücksichtigen und erst recht nicht anders beurteilen als im Rahmen der Entscheidung über die Zulassungsfähigkeit. Nach dem Rundfunkstaatsvertrag sei die rechtliche (Un-)Abhängigkeit kein Gesichtspunkt der Vielfalt. § 31 Abs. 3 RStV lege fest, dass rechtliche und damit auch redaktionelle Abhängigkeit bestehe, wenn ein Zurechnungstatbestand des § 28 RStV verwirklicht sei, was hier nicht der Fall sei. Es könne auch kein weiteres Kriterium der wirtschaftlichen Unabhängigkeit erfunden werden. § 28 Abs. 2 RStV selbst stelle die wirtschaftliche Abhängigkeit der rechtlichen Abhängigkeit gleich und lege in seiner Nr. 1 abschließend die Schwelle fest, ab der Programmzulieferungen eine Abhängigkeit begründeten und zum Ausschluss eines Bewerbers um ein Drittsendeprogramm führten. Dieses Ergebnis dürfe nicht über das Vielfaltskriterium wieder revidiert werden.

37

Auch als Gesichtspunkt der redaktionellen Unabhängigkeit könne die behauptete wirtschaftliche Abhängigkeit bei der Auswahlentscheidung jedoch nicht fruchtbar gemacht werden. Ziffer 5.5, 1. Spiegelstrich DSZR, der auf § 31 Abs. 1 RStV verweise, konkretisiere offensichtlich nur die inhaltsbezogenen Vorgaben des § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV und verpflichte Haupt- und Fensterveranstalter zur Respektierung bzw. zum Gebrauch der redaktionellen Unabhängigkeit. Damit solle und dürfe das personenbezogene Merkmal der redaktionellen Unabhängigkeit nicht zusätzlich zu einem Bestandteil des Vielfaltsbegriffs gemacht werden, denn die in § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV genannte redaktionelle Unabhängigkeit sei nicht als Auswahlkriterium, sondern als Vorgabe an den zugelassenen Fenster-programmveranstalter ausgestaltet, das Fensterprogramm in redaktioneller Unabhängigkeit zu gestalten. Es sei insbesondere unzulässig, von einer vermuteten „wirtschaftlichen Abhängigkeit“ auf eine redaktionelle Abhängigkeit zu schließen und so die Zulassung praktisch automatisch zu versagen, wie es auf Seite 9 des angefochtenen Bescheids geschehe. Auch tatsächlich bestehe die von der Beklagten angenommene Abhängigkeit der Klägerin vom Hauptprogramm-veranstalter nicht – wie näher dargelegt wird. Zudem sei eine Abhängigkeit der Beigeladenen zu 2) und 3) nicht mit gleicher Aufmerksamkeit geprüft und in die Entscheidung eingestellt worden. Tatsächlich bestehe auch hier eine langjährige Programmzuliefertätigkeit für die Beigeladene zu 1). Für beide ausgewählten Anbieter sei die Erstellung der Fensterprogramme ein sehr maßgeblicher Teil ihrer Geschäftstätigkeit. Keine Rolle gespielt habe offenbar, dass auch die beiden zugelassenen Anbieter in erheblichem Umfang für die Beigeladene zu 1) Auftrags-produktionen erstellten, so die …Gruppe beispielsweise für das Format „K.“, die …Gruppe für das Talkformat „….“. Auch müsse die mehrfache Zulassung der Beigeladenen zu 3) bei der Beigeladenen zu 1) und bei RTL einer der Entscheidungsfaktoren sein.

38

Aus unzulässigen Erwägungen habe die Beklagte die Klägerin in die Auswahlentscheidung nicht gebührend einbezogen. Sie habe die thematische Vielfalt und journalistische Qualität der Angebote der Klägerin unberücksichtigt gelassen, obwohl die angebotenen Dokumentations- bzw. Magazinformate insbesondere bildungs- und kulturpolitische Themen berücksichtigten und sich durch ihren vertiefenden gesellschaftspolitischen Inhalt auszeichneten. Ihr Format „… TV“ könne insbesondere das bei Sat.1 fehlende wochenaktuelle politische Magazin bieten und damit einen besonders hohen Vielfaltsbeitrag leisten.

39

Es sei bei der Auswahlentscheidung insgesamt ein falscher Beurteilungs- und Begründungsmaßstab angelegt worden. Die inhaltlichen Auswahlkriterien seien nicht ex ante transparent konkretisiert worden, sondern hätten sich offenbar erst während des Verfahrens entwickelt. Sie seien einseitig, zum Teil widersprüchlich und insgesamt nicht nachvollziehbar angewandt worden.

40

Den Ausforschungsanträgen der Beigeladenen zu 2) hinsichtlich verschiedener Verträge zwischen der Klägerin bzw. ihrem Tochterunternehmen und der Beigeladenen zu 1) werde entgegengetreten. Die Tatsachen seien für diesen Rechtsstreit ohne Belang bzw. hinlänglich bekannt. Insbesondere ergebe sich aus Ziffer 3.2.1 des Beschlusses Nr. … der KEK, dass auch die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Klägerin selbst geprüft und bejaht worden sei. Es bestehe keine Sperrminorität der Beigeladenen zu 1) nach § 28 RStV. Auch faktische Einflussmöglichkeiten seien bereits von der KEK bzw. von der Bayerischen Landeszentrale für Medien am ... ... 20.. geprüft worden. Die wirtschaftliche Bedeutung der Auftragsproduktionen führe auch nicht mittelbar zu redaktionellen Rücksichtsgeboten gegenüber der Beigeladenen zu 1), zumal die Klägerin auch für deren unmittelbare Konkurrenten mit Auftragsproduktionen tätig sei.

41

Im Übrigen sei eine Reihe von Verfahrensfehlern festzustellen, die auch für das Auswahlergebnis nicht unbeachtlich seien. Schon die Ausschreibung sei ermessensfehlerhaft gestaltet gewesen. Die fehlende Erörterung mit der Beigeladenen zu 1) verstoße gegen die klaren Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags. Die Ergänzung des Dreiervorschlags hätte nicht durch den Direktor der Beklagten geschehen dürfen. Hierfür wäre, weil es um Vielfaltsgesichtspunkte gegangen sei, die Versammlung zuständig gewesen. Auch sei nicht begründet worden, warum er überhaupt ergänzungsbedürftig sei. Falls für die Zwecke des Dreiervorschlags beide Schienenbündel separat zu betrachten seien, wäre jedenfalls für das Bündel 3./4. Sendezeitschiene ein anderes Ergebnis nicht ausgeschlossen gewesen; der Bewerberkreis wäre reduziert, die Chancen einer einvernehmlichen Auswahl wären größer gewesen.

42

Das Benehmen mit der KEK sei nicht rechtzeitig hergestellt worden, denn es habe beim Beschluss vom 17. Oktober 2011, der die Auswahlentscheidung abschließend getroffen habe, nicht vorgelegen. Eine Heilung durch nachträgliche Benehmensherstellung am 16. Dezember 2011 sei nicht möglich gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei die nächste Verfahrensstufe schon lange erreicht gewesen, die Beigeladenen hätten sich bereits in Vertragsverhandlungen befunden. Sowohl die Erörterung mit der Klägerin als auch die rechtzeitige Mitwirkung der KEK hätten zweifellos eine Entscheidung in der Sache beeinflussen können.

43

Eine spätere Heilung der Fehler der Auswahlverfahrens sei nicht möglich; die unterlegenen Bewerber seien danach grundsätzlich aussortiert und den ausgewählten Bewerbern wachse eine materielle Rechtsposition zu, die nur nach Ziffer 6.3 DSZR noch entfallen könne.

44

Des Weiteren sei die Fortschreibung der Finanzierungsvereinbarung mit der Beigeladenen zu 2) rechtswidrig gewesen. Weder §§ 2 Satz 2 und 42 Nr. 7 des Landesmediengesetzes Rheinland-Pfalz noch § 38 Abs. 2 RStV gestatteten individuell erdachte Grundrechtseingriffe. Auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV lägen nicht vor. Insbesondere trügen die Erwägungen der Beklagten nicht die Schlussfolgerung, die Beigeladene zu 1) habe kein angemessenes Angebot vorgelegt. Richtigerweise hätte die Beklagte gemäß Ziffer 6.3 DSZR erneut in das Auswahlverfahren eintreten müssen. Ihr anderes Vorgehen verletze auch die Rechte der Mitbewerber, weil bis dahin noch eine Chance auf Neuauswahl nach Ziff. 6.3 DRSZ bestanden hätte. Die Fortschreibung sei jedenfalls gegenüber den Konkurrenten kein „milderes Mittel“ gewesen.

45

Die Klägerin beantragt,

46

1. den Gesamtbescheid der Beklagten vom 17. April 2012 insoweit aufzuheben, als er die Zulassung der Beigeladenen zu 2) und 3) als Veranstalter einer Sendezeit für unabhängige Dritte (Drittsendezeit) gemäß § 31 RStV und die Ablehnung des entsprechenden Antrags der Klägerin enthält.

47

2. die Beklagte zu verpflichten, über die Bewerbung der Klägerin um Zulassung als Veranstalter einer Sendezeit für unabhängige Dritte (Drittsendezeit) gemäß § 31 RStV unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

48

Die Beklagte beantragt,

49

die Klage abzuweisen.

50

Sie macht zunächst geltend, grundsätzlich dürfe ein Hauptprogrammveranstalter die kompensatorische Vielfaltsentscheidung der plural zusammengesetzten Versammlung der Beklagten nicht durch Verweigerung eines angemessenen Vertragsangebots an den ausgewählten Drittsendezeitveranstalter leerlaufen lassen. Daher sei Beklagte berechtigt gewesen, die Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 1) und der als Garant für das vielfältigste Kompensationsprogramm ausgewählten Beigeladenen zu 2) vorläufig fortzuschreiben.

51

Auch im Übrigen sei der Zulassungsbescheid insgesamt formell und materiell rechtmäßig. Das Verfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Eine Auswahlentscheidung nach § 31 Abs. 4 RStV sei auch nicht-konsensual möglich. Am 10. Juni 2011 seien mit der Beigeladenen zu 1) die möglichen Sendezeitschienen ausführlich erörtert worden. Die Beklagte sei nicht vorab darauf festgelegt gewesen, dass alles beim Alten bleiben solle. Ausschreibung und Auswahl sollten vielmehr offen und ohne Vorfestlegung erfolgen. Die Hinzufügung von zwei Bewerbern zum Dreiervorschlag der Beigeladenen zu 1) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 Halbs. 1 RStV sei unter Einbindung der Versammlung durch den stellvertretenden Direktor geschehen und durch die Versammlung am 17. Oktober 2011 bestätigt worden. Die Versammlung sei nicht notwendig mit der Vorbereitungsmaßnahme „Aufforderung zur Abgabe eines Dreiervorschlags“ zu befassen gewesen. Auch die KEK sei rechtmäßig beteiligt worden. Man habe zunächst ausdrücklich der Auswahlentscheidung einen Vorbehalt beigefügt. Die Bedenken der KEK seien in den folgenden Sitzungen des Rechts- und Zulassungsausschusses und der Versammlung am 5. Dezember ausführlich erörtert worden; auf dieser Grundlage habe der stellvertretende Direktor der Beklagten in der Sitzung der KEK vom 13. Dezember 2011 zu den Bedenken Stellung genommen, die daraufhin nicht mehr aufrechterhalten worden seien. Mit den Bedenken der KEK zur vorläufigen Fortschreibung einer Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV hätten sich der Rechts- und Zulassungsausschuss und die Versammlung am 16. April 2012 eingehend auseinandergesetzt.

52

Auch materiell sei die Entscheidung rechtmäßig. Sendezeitschienen seien in zulässiger Weise festgelegt worden. Die Beklagte handle nicht im rheinland-pfälzischen Interesse, sondern im Interesse des Vielfaltsanspruchs der bundesweiten Medienordnung. Der Firmensitz der Beigeladenen zu 2) in Mainz habe keine Rolle gespielt. Bezüglich der Klägerin seien keine sachfremden Erwägungen angestellt worden. Die bejahte Zulassungsfähigkeit schließe es nicht aus, im Rahmen der programmlichen Vielfaltsentscheidung nach § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV wirtschaftliche oder publizistische Verbindungen zu dem Hauptprogrammveranstalter zu berücksichtigen. Die Versammlung habe in ihrer Sitzung vom 17. Oktober 2011 den zu erwartenden Vielfaltsbeitrag der Klägerin als gering eingeschätzt. Dies sei auf der Grundlage des Sachverhalts erfolgt, dass eine 100 %-Tochter der Klägerin an die Beigeladene zu 1) Programm im Umfang von 14,6 % der Programmstunden zuliefere. Dieser Sachverhalt relativiere das Maß der redaktionellen Unabhängigkeit der Klägerin im Vergleich zu anderen Bewerbern. Er berge die Gefahr einer wirtschaftlichen Abhängigkeit, sei es auch nur, um die Langfristigkeit der werthaltigen Zulieferungsverträge zu sichern. Es bestehe zudem die Gefahr eines programmlichen Wohlverhaltens des Fensterprogramm-Veranstalters im Verhältnis zum Hauptprogrammveranstalter. Dies dürfe unter Vielfaltsgesichtspunkten auch dann berücksichtigt werden, wenn die aufgezeigten wirtschaftlichen und redaktionellen Beziehungen nicht die Qualität einer konzentrationsrechtlichen Abhängigkeit hätten.

53

Die Beigeladene zu 1) stellt keinen Antrag.

54

Sie hält den ergangenen Bescheid – insbesondere auch im von der Klägerin angefochtenen Umfang - für rechtswidrig.

55

Die Beigeladene zu 2) beantragt,

56

die Klage abzuweisen,

57

hilfsweise:

58

der Klägerin gemäß § 425 ZPO aufzugeben, sämtliche Verträge der Klägerin und ihrer Tochtergesellschaften zu 100 % einerseits und den Firmen Pro7Sat.1 MediaAG, respektive Sat.1GmbH andererseits über die Auftragsproduktionen der Klägerin für die Pro 7 Sat.1-Gruppe in ungeschwärzter Form zum Beweis dessen vorzulegen, dass die Klägerin und ihre Tochtergesellschaften i.S.d. §§ 31 Abs. 3, 28 Abs. 2 RStV rechtlich von der Pro 7 Sat.1-Gruppe abhängig sind.

59

Sie verweist zur Begründung auf ihren Schriftsatz vom 20. Juni 2012 im Verfahren 5 L 454/12.NW, in dem sie im Wesentlichen Folgendes ausgeführt hat: Das durchgeführte Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren sei fehlerfrei. Etwaige doch eingetretene Verfahrensfehler seien entweder durch die Zulassungsentscheidung vom 17. April 2012 gemäß § 45 VwVfG geheilt worden oder nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Der Klägerin stehe kein subjektiv-öffentliches Recht auf eine objektiv rechtmäßige Zulassungspraxis der Beklagten zu. Vorschriften, die den Interessen potentieller Bewerber um die Drittsendezeit zu dienen bestimmt seien, seien durch die Zulassungsentscheidung nicht verletzt worden.

60

Zunächst sei der Vorwurf der Vorfestlegung der Beklagten auf die Beigeladenen zu 2) und 3) aus standortpolitischen Gründen zurückzuweisen. Auch die wiederholte Lizenzierung sei dafür kein Beleg. Die Programmauswahl unter inhaltlichen Aspekten sei ausschließlich Sache der Versammlung der Beklagten. Ein Anbieterwechsel sei nicht per se ein Vielfaltsgewinn, sondern könne auch eher ein Risiko darstellen. Ein Wechsel von der redaktionell unabhängigen Beigeladenen zu 2) zur redaktionell abhängigen Klägerin wäre solch ein Vielfaltsrisiko. Dass der Gesetzgeber keine Verlängerungsmöglichkeit der Zulassungen für Drittsendezeitveranstalter vorgesehen habe, sondern eine Neuausschreibung verlange, zwinge den Veranstalter, sich jedes Mal einer erneuten Qualitätskontrolle zu unterziehen, spreche aber nicht gegen die mehrfache Auswahl.

61

Das Ausschreibungsverfahren sei am 10. Juni 2011 mit Vertretern der Beigeladenen zu 1) erörtert worden; die Beklagte sei aber nach pflichtgemäßem Ermessen nicht all deren Wünschen hinsichtlich der Gruppierung von Drittsendezeiten nachgekommen. Unabhängig davon könnten sich Konkurrenten nicht auf vermeintliche Ausschreibungsfehler berufen, weil diese regelmäßig nicht geeignet seien, die Ursächlichkeit einer fehlerhaften Vergabeentscheidung zu begründen. Dass vor der Ausschreibung Gespräche geführt worden seien, habe nicht zu einem Verfahrensfehler geführt. In dem Gespräch vom 24. Februar 2011 seien von der Beklagten der Beigeladenen zu 2) keine Zusagen gegeben worden.

62

Auch das weitere Verfahren sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin könne sich auf eine fehlende Erörterung der Auswahlentscheidung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) nicht berufen. Weder § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV (Erörterungspflicht) noch § 31 Abs. 5 RStV (Benehmensherstellung) begründeten subjektiv-öffentliche Rechte der konkurrierenden Bewerber. Was den Dreier-vorschlag angehe, so hätten für die 1. und 2. Sendezeitschiene nur drei zulassungsfähige Anträge vorgelegen, so dass hier die Beklagte das Entscheidungsrecht bereits gehabt habe. Die KEK sei rechtmäßig eingebunden worden. Die erforderliche Auseinandersetzung mit deren Argumenten sei jedenfalls in der Zulassungsentscheidung erfolgt.

63

Die Ablehnung der Klägerin sei insbesondere deshalb gerechtfertigt, weil sie noch in einem rechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zur Beigeladenen zu 1) stehe und dieser daher ein von der Klägerin zu veranstaltendes Fensterprogramm i. S. d. § 28 RStV zugerechnet werden müsse. Die Klägerin veranstalte über ihre 100%igen Tochtergesellschaften aufgrund entsprechender Produktionsverträge mit der Beigel. zu 1) 80,86 % der Informationssendungen in deren Haupt-programm und sei dabei weisungsgebunden. Es sei unzutreffend, dass die rechtliche und redaktionelle Unabhängigkeit der Klägerin von der KEK bereits 2010 geprüft worden sei. Gegenstand des Beschlusses der KEK vom 14. Dezember 2010 sei eine anders bezeichnete Firma gewesen, nicht die Klägerin, wie sie heute firmiere. Der Beschluss der KEK Nr. … beziehe sich ausschließlich auf die Beteiligungsverhältnisse beim Nachrichtensender X.. Der hohe Anteil der von den 100%igen Tochtergesellschaften der Klägerin zugelieferten Teile des Hauptprogramms der Beigeladenen zu 1) lasse jedenfalls von der Klägerin keinen zusätzlichen Beitrag zur Vielfalt insbesondere in den Bereichen Kultur, Bildung und Information - in redaktioneller Unabhängigkeit nach § 31 Abs. 1 RStV - erwarten. Die große Nähe der Klägerin zur Beigeladenen zu 1) sei auch im vorliegenden Prozess deutlich geworden. Aus beizuziehenden und vorzulegenden Unterlagen werde sich ergeben, wie die redaktionelle Hoheit von Sat.1 gestaltet sei, so dass sie wesentlichen Einfluss auf die Klägerin und ihre Tochtergesellschaften nehmen könne. Jedenfalls müsse die redaktionelle Unabhängigkeit des Drittsendezeitveranstalters i.S.v. § 31 Abs. 1 RStV bestehen, bevor die Lizenz beantragt werde, nachträglich könne sie nicht mehr hergestellt werden. Sie selbst liefere der Beigeladenen zu 1) keine Auftragsproduktionen in redaktioneller Abhängigkeit zu. Ihre redaktionelle Unabhängigkeit sei sowohl vertraglich als auch durch die jeweiligen Lizenzen der Beklagten gesichert. Auch deshalb sei ihr der Vorzug vor der Klägerin zu geben gewesen.

64

Letztlich sei die nicht justiziable Auswahlentscheidung der Versammlung der Beklagten zugunsten der Formate der Beigeladenen zu 2) und 3) ausschließlich aufgrund deren anerkannter, die Vielfalt sichernder Qualität getroffen worden.

65

Auf die Frage, ob die bisherige Finanzierungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 2) habe fortgeschrieben werden dürfen, komme es hier nicht an, weil insoweit keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Klägerin als abgelehnte Mitbewerberin bestünden.

66

Die Beigeladene zu 3) beantragt ebenfalls,

67

die Klage abzuweisen.

68

Unter Bezugnahme auf die Verfahren 5 L 1093/11.NW und 5 L 454/12.NW trägt sie insbesondere vor, sie habe ab 1998 eine Drittsendezeitlizenz im Programm der Beigeladenen zu 1) gehabt, im Zeitraum davor habe es eine freiwillige vertragliche Zusammenarbeit gegeben. Die lange Lizenzierung spreche nicht gegen eine erneute Auswahl, vielmehr zeige dies, dass sie große Erfahrung mit derartigen Programmbeiträgen habe. … TV gestalte erst seit November 2005 als neuer Partner der Beigeladenen zu 3) deren Programmfenster mit. Auch wegen ihrer pluralistischen Struktur könne die Beigeladene zu 3) ihren Programmbeitrag kontinuierlich weiterentwickeln. Bei der Frage des zusätzlichen Beitrags zur Vielfalt nach 31 Abs. 1 und Abs. 4 RStV sei es irrelevant, ob ein bestimmter unabhängiger Anbieter bereits als Drittanbieter zum Zuge gekommen sei oder über wie viele Sendezeiten er in anderen Programmen verfüge. Bei der jeweiligen Neuausschreibung konkurrierten die Bewerber immer wieder gleichberechtigt.

69

Sie, die Beigeladene zu 3), sei auch nicht mittelbar wirtschaftlich abhängig von der Beigeladenen zu 1). Die Produzenten der Formate … TV und … TV trügen zum Hauptprogramm von Sat.1 nur in geringem Umfang bei. Die Talkshow „K.“ werde seit Ende 2011 nicht mehr produziert und … TV strahle die Sendung „…..“ in Staffeln und nur einmal wöchentlich aus. Hingegen sei das Engagement der X-Gruppe bei der Beigeladenen zu 1) sehr groß.

70

Im Übrigen handele es sich bei der Vergabe der Sendezeiten hier offenbar um zwei begünstigende und somit auch voneinander abtrennbare Verwaltungsakte, die lediglich in einem Bescheid zusammengefasst worden seien; dieser sei jedoch auch bei einheitlicher Betrachtung formell und materiell rechtmäßig.

71

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze im vorliegenden Verfahren, in den gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 404/12.NW und 5 K 417/12.NW und in den vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 L 1093/11.NW und 5 L 454/12.NW, außerdem auf den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten und der KEK. Alle genannten Unterlagen sind Gegenstand der Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

72

Die Klage ist zulässig. Die Klägerin ist als Mitbewerberin in Bezug auf alle im Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 2011 ausgeschriebenen Sendezeit-schienen für Drittsendezeiten im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) insbesondere befugt, die Zulassung der Beigeladenen zu 2) und 3) als Drittsende-zeitveranstalter anzufechten und die Aufhebung der ihr selbst gegenüber ergangenen Ablehnung sowie die Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung über ihre Bewerbung zu beantragen.

73

Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Die Zulassungsentscheidung der Beklagten vom 17. April 2012 ist im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Klägerin steht entsprechend § 113 Abs. 5 VwGO ein Anspruch auf erneute Entscheidung der Beklagten über ihren Zulassungsantrag als Drittsendezeitveranstalterin im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) zu.

74

Rechtsverletzungen zu Lasten der Klägerin sind bei rechtlicher Prüfung des in § 31 Abs. 2 bis 6 RStV im Einzelnen vorgeschriebenen mehrstufigen Verfahrens hier insbesondere in der zweiten Stufe des Verfahrens festzustellen. Dort wurden zum einen Verfahrensvorschriften verletzt, die auch dem Schutz der Klägerin dienen (1). Zum andern genügt die eigentliche Auswahlentscheidung nicht den an sie zu stellenden rechtlichen Anforderungen (2). Insbesondere wurden bei der Beurteilung der Angebote der Klägerin Kriterien herangezogen, die den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags nicht entsprechen. Auf der nachfolgenden Stufe der eigentlichen Zulassungsentscheidung verletzt schließlich auch die unzulässige Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung zwischen den Beigeladenen zu 1) und 2) durch die Beklagte Rechte der Klägerin (3).

75

1) Mitbewerber im Drittsendezeitenverfahren haben zwar kein subjektives Recht auf eine objektiv rechtmäßige Zulassungspraxis der Zulassungsbehörde; die gerichtliche Überprüfung der Zulassungsentscheidung der Beklagten ist bei der Konkurrentenklage vielmehr darauf beschränkt, ob durch die Entscheidung Vorschriften verletzt wurden, die (auch) den Interessen potenzieller Bewerber um Drittsendezeiten dienen. Konkurrenten können aber die Verletzung des aus Art. 3 GG folgenden Gebots der Chancengleichheit geltend machen und die Einhaltung von Verfahrensvorschriften fordern, die auch ihren Interessen dienen. Die angefochtene Entscheidung selbst darf nicht von einem unvollständigen oder unzutreffenden Sachverhalt ausgehen, muss die gesetzlich vorgegebenen Maßstäbe zugrunde legen und darf sich nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2010, 10 ME 439/08, juris, Rn. 28 und 31, m. Nachw. zur Rechtsprechung).

76

Die Kammer hat sich in ihrem Urteil vom 23. August 2012 im gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 417/12.NW ausführlich damit auseinandergesetzt, inwiefern im Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren in Bezug auf die Drittsendezeiten im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) Verfahrensfehler vorlagen. Mit der Einschränkung, dass nicht alle der dort zum Nachteil der Hauptprogrammveranstalterin festgestellten Rechtsverletzungen auch Rechte der Klägerin verletzen, gelten die dortigen Ausführungen, wie nachfolgend erläutert wird, auch hier.

77

a) Auf der ersten Stufe des Verfahrens, also in der Phase der Vorbereitung der Ausschreibung bis zum Beschluss der Versammlung der Beklagten vom 20. Juni 2011, in dem die Ausschreibungsmodalitäten festgelegt wurden, konnte die Kammer Verfahrensfehler nicht feststellen. Auf die im Verfahren 5 K 417/12.NW von der klagenden Hauptprogrammveranstalterin insoweit geltend gemachte Verletzung ihres Beteiligungsrechts in Bezug auf die zeitliche Aufteilung der Sendezeitschienen und die Frage, ob die Drittsendezeiten gebündelt oder einzeln ausgeschrieben werden sollten, könnte sich die Klägerin hier als potenzielle Bewerberin ohnehin nicht berufen, denn solange ein Bewerbungsverfahren noch nicht förmlich eingeleitet ist, hat sie noch keine eigenen, aus den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags resultierenden Rechte (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 29. September 2008, 7 B 3575/08 – juris, Rn. 52: Der einzelne Bewerber müsse die Ausschreibung so hinnehmen, wie sie ihm bekannt gegeben werde.)

78

b) Die Verfahrensfehler, die in der nächsten Stufe - zwischen der Veröffentlichung der Ausschreibung im Staatsanzeiger von Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 2011 bis zum Ergehen der eigentlichen Auswahlentscheidung – geschehen sind, haben nur zum Teil auch zu Rechtsverletzungen der Klägerin geführt. Soweit das Gericht die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung schon mit der Verletzung der Mitwirkungsrechte der Hauptprogrammveranstalterin aus § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV in der ersten Phase des Auswahlverfahrens, nämlich nach Eingang der Bewerbungen und deren Weiterleitung an die Hauptprogrammveranstalterin, begründet hat, kommt dies der Klägerin nicht zugute. Als Konkurrentin hat sie unstreitig kein eigenes Recht auf Erörterung der eingegangenen Bewerbungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Auswahl. In diesem Stadium des Verfahrens ist mit der Rechtsverletzung gegenüber der Hauptprogrammveranstalterin auch noch keine konkrete Benachteiligung der Bewerber verbunden, die etwa deren Recht auf ein faires, chancengleiches Auswahlverfahren berühren könnte.

79

c) Rechte der Klägerin wurden jedoch in der darauffolgenden Phase des Verfahrens verletzt, indem das Dreiervorschlagsverfahren nicht korrekt durchgeführt wurde. Für den Fall, dass eine einvernehmliche Auswahl nach § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV nicht gelungen ist, bestimmt § 31 Abs. 4 RStV nämlich: „Kommt eine Einigung nicht zustande und liegen der zuständigen Landesmedienanstalt mehr als drei zulassungsfähige Anträge vor, unterbreitet der Hauptprogrammveranstalter der zuständigen Landesmedienanstalt einen Dreiervorschlag (Satz 4). Die zuständige Landesmedienanstalt kann unter Vielfaltsgesichtspunkten bis zu zwei weitere Vorschläge hinzufügen, die sie erneut mit dem Hauptprogrammveranstalter mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen, erörtert (Satz 5). Kommt eine Einigung nicht zustande, wählt sie aus den Vorschlägen denjenigen Bewerber aus, dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptprogramm-veranstalters erwarten lässt und erteilt ihm die Zulassung (Satz 6). Bei drei oder weniger Anträgen trifft die zuständige Landesmedienanstalt die Entscheidung unmittelbar (Satz 7)“. Durch den vorgeschriebenen Dreiervorschlag der Hauptprogrammveranstalterin gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV erfolgt schon eine Eingrenzung des Bewerberkreises. Dies berührt unmittelbar den Rechtskreis der Bewerber, weil Fehler im Zusammenhang mit dem Dreiervorschlag sich auf ihre Erfolgschancen im Auswahlverfahren auswirken können.

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Zum rechtsfehlerhaften Dreiervorschlag heißt es im Urteil des erkennenden Gerichts im Verfahren 5 K 417/12.NW:

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„Die Beklagte hätte die Klägerin nicht zur Abgabe eines einheitlichen Dreiervorschlags für beide jeweils zusammengefassten Sendezeitschienen auffordern dürfen, sondern diese Aufforderung auf die 3. und 4. Sendezeitschiene beschränken müssen, weil sich nur auf diese Sendezeitkombination mehr als drei zulassungsfähige Antragsteller beworben hatten. Die Vorschriften in § 31 Abs. 4 RStV über die Auswahl unter mehreren Bewerbern beziehen sich nämlich ersichtlich auf das Modell eines einheitlichen Vergabevergabeverfahrens, in dem sich alle Interessenten grundsätzlich auf die zur Verfügung stehenden Drittsendezeit insgesamt bewerben. Das zeigt deutlich die Formulierung in § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV, wonach die zuständige Landesmedienanstalt „das Fensterprogramm“ zur Erteilung „einer Zulassung“ ausschreibt und – nach Satz 6 - bei nicht einvernehmlicher Einigung und Ergänzung des Dreiervorschlags aus den Vorschlägen „denjenigen Bewerber“ auswählt, „dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt …. erwarten lässt, und erteilt ihm die Zulassung“. Eine Aufspaltung der Drittsendezeiten hatten die gesetzgebenden Länder bei der Abfassung dieser Vorschriften nicht im Blick; diese Möglichkeit erwähnt erst die DRSZ in ihrer Ziffer 5.1. Die Aufteilung der Drittsendezeit auf mehrere Sendeplätze oder Sendezeitschienen widerspricht den Vorschriften des RStV allerdings auch nicht. Es ist lediglich erforderlich, die Vorschriften jeweils auf diejenigen konkret zur Bewerbung ausgeschriebenen Sendezeitschienen zu beziehen, hinsichtlich derer eine Bewerberkonkurrenz auftritt oder auftreten kann und hinsichtlich derer eine separate Zulassung erteilt werden soll, weil nach den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags aus einem Dreiervorschlag – ggf. nach Ergänzung gem. § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV - nur ein einziger Bewerber übrig bleiben soll, dem dann auch die einzige zur Verfügung stehende Zulassung erteilt werden kann.

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Nach diesem Verständnis gab es vorliegend inhaltlich zwei parallele, auf zusammengefasster Ausschreibung beruhende Bewerbungsverfahren. Konkurrenzsituationen gab es hier nämlich in beiden Teil-Verfahren: Für die 1. und 2. Sendezeitschiene hatten sich drei Interessenten, darunter die Beigeladene zu 1) beworben, für die 3. und 4. Sendezeitschiene waren fünf Interessenten vorhanden. Beide Kombinationen waren daher jede für sich nach den Regeln in § 31 Abs. 4 Sätze 4-7 RStV zu behandeln (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2010 – 10 ME 439/08 -, juris, in der nur eine von zwei ausgeschriebenen Sendezeitschienen streitgegenständlich war). Nach der hier geübten fehlerhaften Handhabung wären aber am Ende - auf der Grundlage eines einzigen, noch ergänzten Dreiervorschlags - z w e i Bewerber auszuwählen gewesen, die beide eine eigene Zulassung erhalten sollten.

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Der Fehler wirkte sich allerdings nur auf die Auswahl der Beigeladenen zu 2) aus. Bei rechtmäßiger – nämlich getrennter – Verfahrensweise hätte die Beklagte nämlich für die Kombination aus 1. und 2. Sendezeitschiene gem. § 31 Abs. 4 Satz 7 RStV unmittelbar einen Bewerber auswählen können, da hier nur drei zulassungsfähige Bewerber vorhanden waren. Für die zweite Sendezeitschienen-Kombination war jedoch die Abgabe eines Dreiervorschlags, und zwar alleine bezogen auf den hierfür vorhandenen Bewerberkreis, gem. § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV erforderlich. Hier hatten sich insgesamt fünf Bewerber rechtzeitig beworben, die im Schreiben des Direktors der Beklagten an die Klägerin vom 23./26. August 2011 zunächst auch unter Vorbehalt sämtlich als zulassungsfähig bezeichnet worden waren. Erst später, nämlich in ihrer ersten Sitzung nach Eingang der Bewerbungen am 17. Oktober 2010, erklärte die Versammlung der Beklagten nur vier dieser Bewerber für zulassungsfähig.

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Das fehlerhafte Verfahren zur Abgabe eines Dreiervorschlags, das durch die entsprechende Aufforderung im Schreiben der Beklagten vom 26. September 2011 eingeleitet wurde, verletzte hinsichtlich der zweiten Sendezeitschienenkombination die Beteiligungsrechte der Klägerin erneut. Sie musste davon ausgehen, dass sie insgesamt nur drei Bewerber für beide Sendezeitschienenkombinationen benennen konnte, und dass auch die Beigeladene zu 1) zum maßgeblichen Bewerberkreis gehöre. Damit wurde sie für die zweite Sendezeitschienenkombination in ihrer Auswahlmöglichkeit unzulässig beschränkt.

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Dieser Fehler wirkte sich auf die Rechtmäßigkeit der Zulassungsentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 2) im Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aus. Aus 46 VwVfG lässt sich insoweit nichts zugunsten der Beklagten herleiten. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Ein Einfluss des fehlerhaften Verfahrens auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung kann hier aber keineswegs ausgeschlossen werden. Es ist vielmehr offen, welche drei der zunächst fünf als zulassungsfähig bezeichneten Bewerber die Klägerin benannt hätte, wäre das Dreiervorschlagsverfahren staatsvertragskonform abgelaufen und hätte sie sich daher nicht gleichzeitig um den aus ihrer Sicht geeigneten Bewerber für die 1. und 2. Sendezeitschiene Gedanken machen müssen. Offen ist auch, ob die Beklagte dann überhaupt von ihrem Ergänzungsrecht Gebrauch gemacht hätte. Möglicherweise wäre es bei einer so veränderten Ausgangslage zumindest für die zweite Schienen-Kombination sogar nachträglich noch zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen, die auch nicht zwangsläufig auf die Beigeladene zu 2) hätte hinauslaufen müssen. Für das weitere Verfahren hätte auch dies einen erheblichen Unterschied gemacht. Die Klägerin hätte insoweit keinen Anlass zur Klageerhebung gehabt und es wäre eventuell auch nicht in gleichem Umfang zu Konkurrentenklagen gekommen.

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Welcher alternative Geschehensablauf der wahrscheinlichste ist, ist im Rahmen von § 46 VwVfG nicht erheblich; es genügt für dessen Unanwendbarkeit, dass überhaupt alternative Ablaufmöglichkeiten bestehen“.

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Bezogen auf die Klägerin des vorliegenden Verfahrens bedeutet dies, dass ihre Chancen, mit ihrer Bewerbung für die 3. und 4. Sendezeitschiene zum Zug zu kommen, durch das fehlerhafte Verfahren geschmälert worden sind. Sie wäre bei richtiger Handhabung eine von nur fünf statt von sechs Bewerberinnen bzw. - wegen der später festgestellten fehlenden Zulassungsfähigkeit einer der vier Mitbewerberinnen - eine von vier Bewerberinnen gewesen. Damit wären rein rechnerisch sowohl bessere Chancen verbunden gewesen, in den für das zweite Sendezeitschienenbündel abzugebenden Dreiervorschlag aufgenommen zu werden, als auch bessere Aussichten, im Ergebnis zum Zug zu kommen. Dass die Klägerin von der Beigeladenen zu 1) in ihrem auf alle Sendezeitschienen bezogenen Dreiervorschlag vom 7. Oktober 2011 tatsächlich schon benannt war, muss bei der hypothetischen Prüfung des alternativen Verfahrensverlaufs ebenso außer Betracht bleiben wie der Umstand, dass die Beklagte die Klägerin wegen „zu großer Nähe“ zur Hauptprogrammveranstalterin schon zu diesem Zeitpunkt für strukturell weniger geeignet hielt (dazu sogleich noch unter 2).

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Aufgrund dieses Verstoßes gegen § 31 Abs. 4 Satz 4-6 RStV kann die Klägerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und eine erneute Entscheidung nur insoweit verlangen, als es um die Drittsendezeiten der 3. und 4. Sendezeitschiene geht. Hinsichtlich ihrer Bewerbung für die 1. und 2. Sendezeitschiene wirkt sich das unkorrekte Dreiervorschlagsverfahren hingegen nicht aus, weil sich dort auch bei korrekter Handhabung ihre Chancen nicht verbessert hätten. Da hier nur drei Bewerbungen vorlagen, hätte die Beklagte hier nämlich gem. § 31 Abs. 7 RStV ohnehin unmittelbar entscheiden dürfen (zur Fehlerhaftigkeit der Zulassungsentscheidung für die 1. und 2. Sendezeitschiene aus anderen Gründen siehe aber noch unten 3). .

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d) Keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidungen hat hingegen die Frage, ob die Versammlung der Beklagten am 17. Oktober 2011 schon eine Auswahl - unter Vorbehalt - treffen durfte, obwohl das Benehmen mit der KEK noch nicht hergestellt war. Die Kammer sieht nämlich als eigentliche Auswahlentscheidung den Umlaufbeschluss des Haupt- und Zulassungs-ausschusses der Beklagten an, der zwischen dem 15. und 19. Dezember 2011 zustande kam und von der Versammlung am 13. Februar 2012 bestätigt wurde. Zuvor hatte aber die KEK mit Beschluss vom 13. Dezember 2011 entschieden, dass sie ihre im Schreiben vom 9. November 2011 angedeuteten Bedenken, die u.a. auch den „Vorab-Ausschluss“ der Klägerin betroffen hatten, nicht aufrecht erhalte (vgl. dazu das Urteil im Verfahren 5 K 417/12.NW, Abschnitt 2 c). Daher kann offen bleiben, ob sich die Klägerin auf eine Verletzung der Vorschriften zum Benehmenserfordernis überhaupt berufen könnte.

90

2) Rechte der Klägerin sind weiterhin und in besonderem Maße dadurch verletzt, dass die Auswahlentscheidung als solche zu ihren Lasten materiell-rechtlich fehlerhaft getroffen wurde.

91

Die zur Entscheidung berufenen Gremien der Beklagten haben dieser Auswahl im Hinblick auf die Bewerbung der Klägerin unsachgemäße Erwägungen zugrunde gelegt, indem sie von einer mittelbaren wirtschaftlichen Abhängigkeit der Klägerin von der Beigeladenen zu 1) ausgingen, damit die Annahme fehlender redaktioneller Unabhängigkeit in Bezug auf die Veranstaltung der Drittsendezeiten verbanden und die Klägerin so schon vor der eigentlichen Bewertung ihrer Programmformate unter Vielfaltsgesichtspunkten als weniger geeignete Bewerberin einstuften. Hierfür gibt es jedoch in § 31 RStV keine rechtliche Grundlage.

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a) Zwar ist die Frage, ob zwischen Drittsendezeitanbietern und dem Haupt-programmveranstalter Abhängigkeiten bestehen, im Zulassungsverfahren durchaus von Bedeutung. Gem. § 31 Abs. 3 RStV darf nämlich ein Fensterprogrammanbieter nicht in einem rechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Hauptprogrammveranstalter stehen (Satz 1). Rechtliche Abhängigkeit im Sinne von Satz 1 liegt vor, wenn das Hauptprogramm und das Fensterprogramm nach § 28 demselben Unternehmen zugerechnet werden können (Satz 2). Die Landesmedienanstalt überprüft daher auch die eingehenden Anträge zunächst – als eine Art Zugangsvoraussetzung zum Auswahlverfahren – auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen dieses Staatsvertrags, insbesondere auch mit den detaillierten Vorschriften des § 28 RStV über die Zurechnung von Programmen und teilt dem Hauptprogrammveranstalter dann die zulassungsfähigen Anträge mit (31 Abs. 4 Satz 2 RStV). Dabei kann sie – als Bestandteil der in § 36 Abs. 5 RStV vorgeschriebenen Benehmensherstellung mit der KEK bei Auswahl und Zulassung von Drittsendezeitveranstaltern - auf Prüfergebnisse zurückgreifen, die die KEK im Rahmen ihrer besonderen Prüfungskompetenz nach § 36 Abs. 4 RStV gewonnen hat (u.a.: Prüfung der Unbedenklichkeit von Veränderungen in Beteiligungsverhältnissen in Bezug auf bundesweite Veranstaltung von Fernsehprogrammen, § 36 Abs. 4 Satz 2 RStV). Liegt ein rechtliches Abhängigkeitsverhältnis im Sinne von § 34 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV vor, dann ist der betreffende Fensterprogrammanbieter von vornherein als nicht zulassungsfähig anzusehen und seine Bewerbung bleibt bei der Auswahlentscheidung unberücksichtigt.

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Eine solche Prüfung hat vorliegend auch stattgefunden. Die Beklagte hatte schon in den Schreiben vom 23. und 26. August 2011, mit dem der Beigeladenen zu 1) und der KEK die Bewerberunterlagen übersandt worden waren, festgestellt, vorbehaltlich der Beratung in den Gremien der LMK werde von der Zulassungs-fähigkeit aller sechs Bewerber im Hinblick auf die Vorschriften in § 31 Abs. 3, § 28 RStV ausgegangen. Hinsichtlich der Bewertung der Klägerin seien die Entscheidungen der KEK (…; …) zugrunde gelegt worden. Die redaktionelle Unabhängigkeit der Klägerin erscheine gesichert. In der Informationsvorlage für die 22. Sitzung der Versammlung am 17.Oktober 2011, die dann auch über die Zulassungsfähigkeit entschied, heißt es insoweit unter Punkt 2 („Prüfung der Zulassungsfähigkeit“), die KEK habe die Zulieferung von Nachrichten an Sat.1 durch die Klägerin selbst und von weiteren Formaten durch eine Tochtergesellschaft im Rahmen der Zurechnung nach § 28 RStV geprüft und in ihren Entscheidungen (KEK … und KEK …) eine Zurechenbarkeit und damit eine rechtliche Abhängigkeit verneint. Davon geht auch der angefochtene Zulassungsbescheid unverändert aus.

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b) Der von der Beigeladenen zu 2) als zugelassener Bewerberin im Klageverfahren nochmals aufgeworfenen Frage, ob entgegen dieser Beurteilung nicht doch eine rechtliche Abhängigkeit der Klägerin von der Beigeladenen zu 1) im Sinne von § 28 RStV bestehe, kann und muss das Gericht nicht nachgehen. Dem entsprechenden Beweisantrag, bei dem es sich im Übrigen um einen unzulässigen und im Ausmaß der verlangten Unterlagen unzumutbaren Aus-forschungsantrag handeln dürfte, ist schon deshalb nicht stattzugeben, weil die Frage nach der „wahren“ rechtlichen Abhängigkeit oder Unabhängigkeit der Klägerin in der hier gegebenen Verfahrenskonstellation nicht zur Beurteilung des Gerichts gestellt und damit für die Entscheidung dieses Rechtsstreits unerheblich ist. Streitgegenständlich ist im Rahmen der von der Klägerin angestrengten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nämlich insoweit nur, ob die Erwägungen der Versammlung der Beklagten, mit der die Ablehnung der Bewerbung der Klägerin für die Fensterprogramme im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) begründet wurde, rechtlich haltbar sind oder ob dies zum Nachteil der Klägerin nicht der Fall war. Das Gericht wäre, weil es sich hier nicht um eine gebundenen Verwaltungsakt einer Behörde, sondern um eine auch auf wertenden Elementen beruhende und mit Beurteilungsspielraum verbundene Auswahlentscheidung eines besonderen, pluralistisch zusammengesetzten Gremiums handelt, nicht befugt, einer fehlerhaft begründeten bzw. auf fehlerhaften Erwägungen beruhenden Auswahl- bzw. Ablehnungsentscheidung selbst andere Gründe zu unterlegen und die Ablehnung so „im Ergebnis“ zu bestätigen. Nur in der umgekehrten Konstellation – wenn nicht zugelassene Konkurrenten die Zulassungsfähigkeit der zugelassenen Mitbewerber substantiiert bestreiten - hätte das Gericht dieser Frage nachzugehen, wenn von ihr der Erfolg der Anfechtungsklage gegen die Zulassung des Konkurrenten abhinge (so z.B. in der vom OVG Lüneburg in seinem Beschluss vom 19. März 2010, a.a.O. zu entscheidenden Fallgestaltung).

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c) Besteht aber keine rechtliche Abhängigkeit im Sinne von § 31 Abs. 3 RStV, dann durfte die Beklagte bei der Auswahlentscheidung sonstige Abhängigkeiten der Fensterprogrammbewerber vom Hauptprogrammveranstalter - etwa eine mittelbare wirtschaftliche Abhängigkeit außerhalb der Kriterien von § 28 RStV oder eine andere „zu große Nähe“ und eine daraus mutmaßlich resultierende fehlende redaktionelle Unabhängigkeit - nicht erneut in Betracht ziehen und bei der Entscheidung berücksichtigen. Die Kammer teilt den Standpunkt der Beklagten nicht, dass die Frage der (geringeren oder größeren) redaktionellen Unab-hängigkeit nicht nur bei Prüfung der Zulassungsfähigkeit eines Bewerbers nach § 31 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV relevant sei, sondern auch bei der eigentlichen Abwägung, welchen Vielfaltsbeitrag der jeweilige Bewerber erbringe. Grundsätzlich gilt vielmehr aus rechtlicher Sicht, dass Bedenken hinsichtlich einer verminderten redaktionellen Unabhängigkeit nach Bejahen der eigentlichen Zulassungsfähigkeit in einem späteren Stadium der Auswahlentscheidung keinen Platz mehr haben und die Nichtberücksichtigung eines Bewerbers nicht rechtfertigen können. So führt auch die KEK in der Begründung ihres Beschlusses vom 13. Dezember/13. März 2012 – KEK … – zu Recht aus, die Prüfung der redaktionellen Unabhängigkeit eines Bewerbers erfolge bereits im Rahmen der Prüfung seiner Zulassungsfähigkeit nach Maßgabe des § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV. Das Gesetz stelle in dieser Bestimmung nicht auf unterschiedliche Grade redaktioneller Unabhängigkeit ab (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV): Entweder sei ein Bewerber redaktionell unabhängig und erfülle damit die an einen zulassungsfähigen Antrag zu stellenden Voraussetzungen oder er sei es nicht. Werde ein Antrag für zulassungsfähig erklärt, so habe die Auswahl unter verschiedenen Bewerbern folglich allein an dem inhaltlichen Maßstab zu erfolgen, welches der in Rede stehenden Programme den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters erwarten lasse. Dem schließt sich die Kammer uneingeschränkt an.

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Darüber hinaus darf das Maß der redaktionellen Unabhängigkeit und der sonstigen vertraglichen Verbundenheit mit dem Hauptveranstalter im Rahmen der Vielfaltsbewertung auch nicht als zusätzlicher Gesichtspunkt neben inhaltlichen Erwägungen zur Beurteilung der Programmbeiträge eine Rolle spielen (insoweit im Beschluss … der KEK offen gelassen). Auf die vermeintlich geringere redaktionelle Unabhängigkeit darf die Ablehnung nicht nur nicht ausschließlich gestützt werden, sondern dieser Aspekt muss bei der Entscheidung über den inhaltlichen Vielfaltsbeitrag vollständig außer Betracht bleiben, weil es dafür im Gesetz keine Stütze gibt. Soweit sich die Beklagte für ihre anderslautende Auffassung hier auf Ziffer 5.5, 1. Spiegelstrich der Drittsendezeitenrichtlinie beruft, wonach bei der Bewertung des größtmöglichen Beitrags zur Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters die inhaltliche Ausrichtung des Fensterprogramms „und dessen ergänzender Beitrag zum Hauptprogramm (§ 31 Abs. 1 RStV)“ zu berücksichtigen seien, schließt sie daraus zu Unrecht, die in § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV erwähnte redaktionelle Unabhängigkeit sei hier nochmals gesondert zu prüfen. Ziffer 5.5 DSZR fasst lediglich die Kriterien des Rundfunkstaatsvertrags für eine Auswahl unter dem Vielfaltsaspekt zusammen. Der Verweis auf § 31 Abs. 1 RStV im ersten Spiegelstrich dient nach dem Verständnis des Gericht – in Übereinstimmung mit der Auffassung der Klägerin – nach Wortlaut und Zweck eindeutig als Erläuterung zu dem Begriff „ergänzender Beitrag“. Da nämlich § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV insbesondere die Bereiche Kultur, Bildung und Information hervorhebt, braucht so Ziffer 5.5. DSZR diese Begriffe nicht mehr eigens zu wiederholen. Soweit die Bezugnahme in der Drittsendezeitenrichtlinie, die pauschal auf „§ 31 Abs. 1“ verweist, dessen Satz 2 bewusst mit umfassen sollte, kann diesem Satz („Die Gestaltung des Fensterprogramms hat in redaktioneller Unabhängigkeit vom Hauptprogramm zu erfolgen“) damit jedenfalls keine andere Bedeutung als unmittelbar im Kontext des § 31 RStV verliehen werden. Dort ist § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV in unmittelbarem Anschluss an Satz 1, der Anforderungen an die inhaltliche Qualität des Fensterprogramms stellt, als Forderung an den Fensterveranstalter formuliert, dann auch dieseskonkrete Programm in redaktioneller Unabhängigkeit zu gestalten. Gleichzeitig wird für den Hauptprogrammveranstalter klargestellt, dass diese Voraussetzung zu akzeptieren sei. Zu den allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen für den Fensterveranstalter als solchen verhält sich – wie oben schon dargestellt - im Rahmen des § 31 RStV dann erst dessen Absatz 3, der regelt, welche Produktionsfirma nach gesell-schaftsrechtlichen und anderen in § 28 RStV genannten Kriterien überhaupt als Bewerber für das Fensterprogramm in Frage kommt - nämlich nur der, der vom Hauptveranstalter rechtlich unabhängig ist. Diese Voraussetzung erfüllt jedoch die Klägerin nach den Feststellungen der Beklagten (durch den Beschluss … der insofern besonders sachkundigen KEK, S. 16, nochmals ausdrücklich bestätigt und erläutert). Wie die Klägerin im Übrigen die redaktionelle Unabhängigkeit der Fensterprogrammgestaltung im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV nach etwaigem Erfolg ihrer Bewerbung ausgestalten will, hat sie in den Bewerbungsunterlagen dargestellt; die Beklagte bezeichnete dies in ihrem Schreiben vom 23. August 2011 an die KEK bzw. an Sat.1 (Bl. 185 bzw. 189 VA) auch als ausreichend. Die Zukunftsbezogenheit dieser Gestaltungsabsichten ist nicht zu beanstanden, sondern liegt in der Natur der Sache: Organisatorische Vorkehrungen muss der Bewerber konkret erst treffen, wenn sein Angebot tatsächlich ausgewählt wurde.

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d) Abweichend von der hier dargelegten, auf den Regelungen des Rundfunk-staatsvertrags beruhenden Auffassung zur Unzulässigkeit der Berücksichtigung etwaiger Abhängigkeiten bei der Begründung der eigentlichen Auswahl-entscheidung beruht die Ablehnung der Klägerin jedoch gerade maßgebend auch auf solchen Erwägungen. Die zur Entscheidung berufenen Gremien der Beklagten haben im Hinblick auf die Bewerbung der Klägerin Gesichtspunkte einer angenommenen wirtschaftlichen Abhängigkeit der Klägerin von der Beigeladenen zu 1) und die damit verbundene Annahme fehlender redaktioneller Unabhängigkeit in unzulässiger Weise mit einbezogen.

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Für diese Beurteilung ist primär die Begründung für die Ablehnung der Klägerin im Bescheid vom 17. April 2012 heranzuziehen, weil nur hier im Rahmen eines Verwaltungsaktes den betroffenen Beteiligten gegenüber offen gelegt wird, welche Erwägungen der Versammlung bzw. des Haupt- und Zulassungsausschusses der Beklagten für die im Dezember 2011 getroffene Auswahlentscheidung maßgebend waren. Ergänzend kann jedoch auf andere – interne – Stellungnahmen zurückgegriffen werden, aus denen sich der Entscheidungsprozess und die dabei angestellten Überlegungen nachvollziehen lassen.

99

Im Bescheid vom 17. April 2012 (Abschnitt II, S. 9) wird unter anderem ausgeführt, in Bezug auf die Klägerin sei ein besonderer Sachverhalt einzubeziehen. Der LMK sei bekannt geworden, dass eine 100 %-Tochter der Klägerin dem Hauptveranstalter Programm im Umfang von 14,6 % der Programmstunden im Bereich Information und Magazine zuliefere. Damit werde ein wesentlicher meinungsbildender Teil des Hauptprogramms abgedeckt. Eine derartige wirtschaftliche Abhängigkeit der Tochtergesellschaft rechtfertige die Vermutung der redaktionellen Unabhängigkeit der Klägerin deutlich weniger als bei allen anderen Bewerbern. Gemäß Ziffer 5.5 DSZR sei in die Abwägung auch § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV einzubeziehen, der die redaktionelle Unabhängigkeit verlange. Dass ein Bewerber zunächst als zulassungsfähig angesehen worden sei, schließe nicht aus, Kriterien der redaktionellen Unabhängigkeit auch im Rahmen der konkreten Auswahlentscheidung heranzuziehen. Es müsse festgestellt werden, ob ein Bewerber eine größere oder eine geringere Nähe zum Hauptveranstalter aufweise. Auf dieser Grundlage scheide eine Vergabe an die Klägerin aus. Ihre mit weitem Abstand vor allen anderen Bewerbern große Nähe zum Hauptveranstalter müsse im Rahmen der Abwägungsentscheidung, inwieweit sie einen Vielfaltsbeitrag leisten könne, zu ihrer Nichtberücksichtigung führen. Das inhaltliche Angebot könne dieses strukturelle Defizit nicht ausgleichen. Dem ist klar zu entnehmen, dass die Beklagte auf einer ersten „Abwägungsstufe“ von der strukturellen Unterlegenheit der Klägerin ausgeht und dies mit als einen tragenden Grund für deren nachrangige Berücksichtigungsfähigkeit ansieht. Damit bleibt sie im Wesentlichen bei der Einschätzung, die im Verlauf des Auswahlverfahrens mehrfach zum Ausdruck kam, indem die Klägerin schon vor der inhaltlichen Beurteilung der von ihr angebotenen Fensterprogrammformate „L.“ und „W TV“ auf einen niedrigeren Rang innerhalb des Bewerberfeldes eingestuft wurde. So heißt es erstmals in der Tischvorlage für die 26. Sitzung des Rechts- und Zulassungsausschusses der beklagten Landesmedienanstalt am 17. Oktober 2011:

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“Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass durch den Verweis auf § 31 Abs. 1 RStV im ersten Spiegelstrich der Ziff. 5.5 der Drittsendezeitenrichtlinie auch § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV einzubeziehen ist. Das bedeutet, dass die zu Beginn des Verfahrens getroffene Aussage, dass alle Bewerber zulassungsfähig sind, nicht ausschließt, das Kriterium der redaktionellen Unabhängigkeit im Rahmen der konkreten Auswahlentscheidung heranzuziehen. Dies ergibt sich daraus, dass nunmehr in der Gegenüberstellung der Bewerber ein Vergleich anzustellen ist, über die Erfüllung der Kriterien im jeweiligen Fall. Hier kann und muss festgestellt werden, ob ein Bewerber eine größere oder geringere Nähe zum Hauptveranstalter aufweist. ... Eine derartige wirtschaftliche Abhängigkeit einer 100%- Tochter der Bewerberin kann die Vermutung der redaktionellen Unabhängigkeit nur noch in so geringem Maße rechtfertigen, dass dieses Kriterium in seinem Erfüllungsgrad hinter allen anderen Bewerbern erheblich zurückbleibt. Dies gilt auch dann, wenn man die von X. angekündigten Konstruktionen (Realisierung durch eine gesonderte Tochterfirma oder separate Geschäftseinheit) ergänzend berücksichtigt. Sie sind nicht geeignet, das Problem der wirtschaftlichen Abhängigkeit zu beseitigen oder zu verringern, ebenso wenig wie die Langfristigkeit der Zulieferungsverträge. Auf dieser Grundlage scheidet eine Vergabe an X. aus. Die – mit weitem Abstand vor allen anderen Bewerbern – große Nähe von X. zum Hauptveranstalter muss zu einer Nichtberücksichtigung führen. Das inhaltliche Angebot von X. kann dieses strukturelle Defizit des Bewerbers nicht ausgleichen.“

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Auch der Gesprächsvermerk über das Einigungsgespräch mit der Beigeladenen zu 1) am 14. Oktober 2011 enthält den Passus, dass „X. aus Sicht der LMK nicht berücksichtigungsfähig“ sei (Bl. 258 VA am Ende). Des Weiteren wird in der Anlage zum Schreiben der Beklagten vom 18. Oktober 2011 an die KEK zum Zwecke der Benehmensherstellung zur Auswahl der Drittsendezeitveranstalter auf die vorher zitierte Passage aus der Tischvorlage vom 17. Oktober 2011 für den Rechts- und Zulassungsausschuss zurückgegriffen. In der am 5. Dezember 2011 beschlossenen Stellungnahme der Versammlung der Beklagten zu Bedenken der KEK hinsichtlich eines „Vorab-Ausschluss“ der Klägerin (angedeutet im Schreiben der KEK vom 9. November 2011 und näher ausgeführt in einem der LMK bekannt gewordenen internen Entwurf der KEK, Bl. 353 ff. der Verwaltungsakten der Beklagten) wird an der „strukturellen Unterlegenheit“ von X. festgehalten.

102

Es trifft zu, dass daneben noch inhaltliche Gründe angeführt werden, warum die Programmangebote der Klägerin keinen nennenswerten Vielfaltsbeitrag erbrächten. Es genügt aber für die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung, dass einer von mehreren wesentlichen Gründen sachwidrig ist, denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die inhaltliche Beurteilung anders ausgefallen wäre, wenn die Erwägungen zur mittelbaren wirtschaftlichen Abhängigkeit und der von der Beklagten bzw. ihrer Versammlung damit unterstellten geringeren redaktionellen Unabhängigkeit nicht von Anfang an im Raum gestanden hätten. Im Übrigen hält die Beklagte an dieser Auffassung auch in diesem Klageverfahren ausdrücklich fest.

103

e) In der Folge dieser Fehlgewichtung wurde auch inhaltlich die Programmangebote der Klägerin nicht mehr nach den gleichen Maßstäben beurteilt wie die der ausgewählten Bewerber. Dass es sich um Beiträge in den Bereichen Kultur, Bildung und Information handelt, die gem. § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV im Rahmen von Drittsendezeiten besonders erwünscht sind, schlug – wegen der angenommenen Nähe zu den von der Tochtergesellschaft der Klägerin zum Hauptprogramm zugelieferten Sendungen – sogar eher zu Lasten als zu Gunsten der Klägerin aus.

104

3) Unabhängig von den vorbeschriebenen Rechtsverletzungen zu Lasten der Klägerin auf der Stufe des Auswahlverfahrens, die schon für sich genommen der Klage zum Erfolg verhelfen können, sind auch auf der Stufe der eigentlichen Zulassungsentscheidung Rechtsfehler festzustellen, die subjektiv-öffentliche Rechte (auch) der Klägerin verletzen und speziell zur Aufhebung der Zulassungsentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 2) führen.

105

Die Versammlung der Beklagten hat die Zulassung der Beigeladenen zu 2) nämlich beschlossen, ohne dass eine privatautonom zustande gekommene Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV zwischen der Beigeladenen zu 2) und der Hauptprogrammveranstalterin vorlag. Die im Zulassungsbescheid entsprechend dem Beschluss ihrer Versammlung vom 13. Februar 2012 vorgenommene Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung verstößt gegen die Vorschriften der Drittsendezeitenrichtlinie i.V.m. § 26 RStV. Insoweit hat die Kammer im Urteil im Verfahren 5 K 417/12.NW unter anderem ausgeführt:

106

…. Jedenfalls war die Beklagte nicht berechtigt, die bis zur gesetzten Frist mangels Einigung über die Finanzierung und wegen unterschiedlicher Rechtsauffassungen über weitere von der Klägerin formulierte Vertragsklauseln nicht zustande gekommene Vereinbarung der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1) im Zulassungsbescheid durch eine - nachträglich bis Ende Mai 2013 befristete - „Fortschreibung“ der bisherigen Vereinbarung zu ersetzen und damit diese gem. § 31 Abs. 5 und 6 RStV für die Zulassung notwendige Voraussetzung erst selbst zu schaffen. Das Gericht teilt hier in den wesentlichen Punkten die von der KEK in ihrem Beschluss vom 13./21. März 2012 – KEK 660-3 - eingehend dargelegte Rechtsaufassung, dass eine solche einseitige hoheitliche Fortschreibung der für die aktuelle Zulassungsperiode geschlossenen privatrechtlichen Vereinbarung zwischen Hauptprogrammveranstalter und ausgewähltem Drittsendezeit-veranstalter nicht zulässig ist.

107

Der Kammer kommt es unter den hier gegebenen Umständen nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Fortschreibung unter dem Aspekt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüber der Klägerin ein milderes Mittel ist, als wenn nach Ziffer 6.3. DRSZ verfahren und gem. § 26 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 5 RStV der Widerruf der der Klägerin erteilten Lizenz in die Wege geleitet worden wäre. Ebenso kann die Frage dahinstehen, ob ein Widerruf überhaupt für sofort vollziehbar erklärt werden könnte oder diese Sanktion sonst nur ein „stumpfes Schwert wäre.

108

Wesentlich ist vielmehr zum Einen, dass es zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) streitig und bisher durch die Beklagte nicht genügend aufgeklärt ist, ob das von der Klägerin vorgelegten Vereinbarungsangebot tatsächlich nicht zu angemessenen Bedingungen im Sinne von § 31 Abs. 5 RStV erfolgt ist. Davon hängen aber die weiteren Konsequenzen entscheidend ab. Denn Ziffer 6.2 DRSZ erklärt ein Finanzierung für in der Regel ausreichend, wenn sie sich an den durchschnittlichen Programmkosten des Hauptveranstalters für vergleichbare Sendeplätze orientiert. Vorliegend hatte die Klägerin bereits nach der vorläufigen Auswahlentscheidung im Oktober erste Kontakte mit der Beigeladenen zu 1) aufgenommen, vergeblich um eine aktuelle Kalkulation gebeten und daraufhin auf der Basis von ihr als vergleichbar angesehener eigener Programmformate mit gewissen Zuschlägen eine Finanzierung angeboten, deren Sätze allerdings gegenüber den früheren Vereinbarungen erheblich niedriger waren. Daneben bot sie zusätzliche Leistungen, z.B. in Form der Übernahme bestimmter Kosten an (vgl. dazu Ziffer 2.2.6. des Beschlusses der KEK vom 13./21. März 2012) an, deren Wert bei einer Gesamtbeurteilung mit einbezogen werden müsste.

109

Die Beklagte hätte daher zunächst, anstatt innerhalb eines knappen Monats nach Ablauf der den Beteiligten für den Abschluss einer Vereinbarung gesetzten Frist schon unmittelbar die Entscheidung für den ungewöhnlichen Weg der hoheitlichen Fortschreibung zu treffen, die Angemessenheit der angebotenen Finanzierungs-bedingungen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens prüfen lassen müssen. Dessen Ergebnis hätte dann ggf. die Beteiligten veranlasst, die Vereinbarung anzupassen, oder jedenfalls geklärt, welcher der beiden in Ziffer 6.3 DRSZ aufgezeigten Wege zu gehen gewesen wäre: Ein angemessenes Angebot müsste die Beigeladene zu 1) annehmen; im Weigerungsfalle wäre mit den verbliebenen Bewerbern erneut in das Auswahlverfahren einzutreten (Ziffer 6.3 Satz 1 DRSZ). Andernfalls, wenn der Hauptveranstalter die nach § 26 Abs. 5 Sätze 1 und 2 RStV zur Einräumung von Drittsendezeit erforderlichen Maßnahmen nicht träfe, müsste die zuständige Medienanstalt - nach entsprechender Feststellung durch die KEK – dessen Zulassung unmittelbar aufgrund der zwingenden Vorschrift in § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV widerrufen“.

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Auf diesen Rechtsfehler kann sich auch die Klägerin berufen. Das in Ziffer 6.3 DRSZ vorgesehene Verfahren dient nach Auffassung der Kammer auch den Interessen der nicht ausgewählten Bewerber um die in Frage stehenden Drittsendezeiten. Diese bleiben formal bis zum Ende des Zulassungsverfahrens Verfahrensbeteiligte, weil auch über ihre Ablehnung förmlich erst in der das Verfahren abschließenden sog. Zulassungsentscheidung entschieden wird. Auch wenn sie auf der Stufe der Auswahlentscheidung schon „aussortiert“ zu sein scheinen, so handelt es sich dabei doch noch nicht um einen endgültigen Ausschluss. Wie Ziffer 6.3 Satz 1 DRSZ zeigt, ist der Wiedereintritt in die Auswahlstufe nämlich bis zum Abschluss des Verfahrens nicht ausgeschlossen. Falls nach Ziffer 6.3. Satz 1 DSZR verfahren wird, leben die Rechte aller verbliebenen Bewerber auf ein faires Auswahlverfahren mit gleichen Chancen und auf eine auf sachgerechten Erwägungen und am richtigen Maßstab ausgerichtete Auswahlentscheidung wieder auf. Daraus folgt, dass Konkurrenten auch ein Recht auf rechtsfehlerfreie Anwendung der Vorschriften in Ziffer 6.3 DRSZ haben müssen. Andernfalls müssten sie sich mit einer in rechtswidriger Weise verfrühten Beendigung des Zulassungsverfahrens abfinden. Dafür gibt es keinen rechtfertigenden Grund.

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Die rechtsfehlerhaften Zulassungsentscheidungen zugunsten der Beigeladenen zu 2) und 3) und die Ablehnungsentscheidung gegenüber der Klägerin sind auf die Anfechtungsklage hin aufzuheben.

112

Die Klägerin hat darüber hinaus entsprechend § 113 Abs. 5 VwGO Anspruch auf erneute Entscheidung über ihre Bewerbung nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen. Bei der notwendigen Wiederholung des Auswahlverfahrens gem. § 31 Abs. 4 RStV wird die Beklagte zum einen die Vorschriften über den Dreiervorschlag und die danach folgenden Verfahrensschritte (eventuelle Ergänzung und anschließende Erörterung mit dem Hauptprogrammveranstalter) korrekt anzuwenden haben. Zum andern muss sie bei ihren Auswahlerwägungen das zuvor an die Klägerin in unzulässiger Weise angelegte Auswahlkriterium „strukturelle Unterlegenheit wegen zu großer Nähe zur Hauptprogramm-veranstalterin“ außer Betracht lassen und auf der Grundlage der Bewerbungsunterlagen erneut unter Anwendung gleicher, auf den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags und der Drittsendezeitenrichtlinie beruhender Vielfaltskriterien sowie unter nochmaliger Beteiligung der KEK eine neue Auswahlentscheidung unter allen zulassungsfähigen Bewerbungen treffen, die bis zum Ende der Ausschreibungsfrist vorlagen. Bei einvernehmlicher Auswahl mit der Hauptprogrammveranstalterin wäre der Maßstab „zusätzlicher Vielfaltsbeitrag“ anzuwenden (§ 31 Abs. 1 Satz 1 RStV), andernfalls der Maßstab der größt-möglichen Vielfalt (§ 31 Abs. 4 Satz 6 RStV).

113

Gemäß § 154 Abs. 1 VwGO haben die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3), die mit ihren Klageabweisungsanträge ebenfalls erfolglos waren, gem. § 154 Abs. 3 VwGO die Kosten des Verfahrens zu gleichen Teilen zu tragen. Die Beigeladene zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, weil mangels Sachantrags und eigenen Kostenrisikos kein Grund besteht, diese Kosten aus Billigkeitsgründen den unterlegenen Beteiligten aufzuerlegen.

114

Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

115

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gem. §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

116

Beschluss

117

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 100.000.- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

118

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit derBeschwerde angefochten werden; hierbei bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid der beklagten Landeszentrale für Medien und Kommunikation (im Folgenden LMK), mit dem diese als Landesmedienanstalt die Klägerin verpflichtet hat, Sendezeiten für unabhängige Dritte („Drittsendezeiten“) zugunsten der Beigeladenen einzuräumen.

2

Die Klägerin, die der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE angehört, ist die Veranstalterin des privaten Fernsehvollprogramms Sat.1. Dieses wird auf Grundlage einer Zulassung der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz vom 26. August 2008 veranstaltet. Die Erlaubnis ist befristet bis zum 31. Mai 2020. Die Klägerin ist gemäß § 26 Abs. 5 des Rundfunkstaatsvertrags vom 31. August 1991 in der seit 1. September 2008 geltenden Fassung – RStV – verpflichtet, in ihrem privaten Fernsehvollprogramm bestimmte Sendezeiten innerhalb des ausgestrahlten Programms unabhängigen Dritten (sog. Fensterprogrammveranstaltern) einzuräumen. Voraussetzung dafür ist, dass der Hauptprogrammveranstalter bei Einleitung des Verfahrens zur Einräumung von Drittsendezeiten im Durchschnitt der letzten zwölf Monate einen Zuschaueranteil von 10 v. H. oder – falls der Hauptprogrammveranstalter einer Sendergruppe angehört – diese Sendergruppe insgesamt einen Zuschaueranteil von 20 v. H. erreicht oder überschritten hat.

3

Bestandteil des Vergabeverfahrens ist ferner die Feststellung über die Bemessung der auszuschreibenden Sendezeiten für unabhängige Dritte. Der Umfang beträgt nach den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags grundsätzlich 260 Minuten pro Woche. Er kann jedoch durch die Anrechnung von sog. Regionalfensterprogrammen um maximal 80 Minuten auf dann insgesamt 180 Minuten pro Woche reduziert werden.

4

In den vorangegangenen Zulassungszeiträumen waren jeweils die Beigeladene zu 1) und eine weitere Anbieterin, die Firma „N“, von der Beklagten zugelassen worden, im Hauptprogramm der Klägerin Fensterprogramme zu veranstalten. Die Geltungsdauer der letzten Zulassung endete zum 31. Mai 2013.

5

Mit Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 ließ die Beklagte die Beigeladene zu 1) und die Firma „N“ als Fensterprogrammveranstalterinnen auch für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2018 zu. Auf die Klage der Klägerin hob die Kammer mit Urteil vom 5. September 2012 – 5 K 417/12.NW – den Zulassungsbescheid vom 17. April 2012 auf und führte zur Begründung aus, die erfolgte Auswahlentscheidung sei in mehrfacher Hinsicht zu Lasten der Klägerin rechtsfehlerhaft. Außerdem hätten zusätzlich erforderliche rechtliche Voraussetzungen für die Erteilung der Zulassung an die Firma „N“ nicht vorgelegen. Auf die Klagen weiterer abgelehnter Mitbewerberinnen (5 K 404/12.NW: M, 5 K 452/12.NW: O) verpflichtete die Kammer durch Urteile vom gleichen Tag (Verfahren 5 K 404/12.NW und 5 K 452/12.NW) die Beklagte des Weiteren, über die Zulassungsanträge dieser Bewerber unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beigeladene zu 1) und die Firma „N“ legten gegen die Urteile in den Verfahren 5 K 417/12.NW, 5 K 404/12.NW und 5 K 452/12.NW zunächst Berufung ein, nahmen diese aber Anfang Juli 2013 wieder zurück. Das angerufene Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz stellte die Berufungsverfahren mit Beschlüssen vom 10. Juli 2015 ein (Verfahren 2 A 10260/13.NW, 2 A 11210/12.NW und 2 A 11211/12.NW). Damit war die von den Beteiligten so bezeichnete „1. Runde“ des Zulassungsverfahrens beendet.

6

Nach Ergehen der Urteile der Kammer vom 5. September 2012 beschloss die Beklagte, das Auswahl- und Zulassungsverfahren der Drittsendezeiten zur Behebung der von der Kammer aufgezeigten Mängel ohne eine erneute Ausschreibung fortzusetzen („2. Runde“ des Zulassungsverfahrens). Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 23. Juli 2013 erteilte die Beklagte der Firma „N“ und der Beigeladenen zu 1) daraufhin Zulassungen zur Veranstaltung von Drittsendezeiten für je zwei Sendezeitschienen, lehnte die Anträge weiterer Mitbewerber ab und beschränkte die bestehende Zulassung der Klägerin entsprechend.

7

Gegen diesen Zulassungsbescheid erhob die Klägerin im August 2013 Klage und suchte zugleich um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach. Diesem Antrag gab die Kammer durch Beschluss vom 5. März 2014 – 5 L 753/13.NW – hinsichtlich der Firma „N“ mit der Maßgabe statt, dass dieser eine Übergangszeit bis zum 30. Juni 2014 eingeräumt werde, in der sie auf der Basis der seinerzeit noch bestehenden Finanzierungsvereinbarung mit der Klägerin ihre Fensterprogramme „...“ und „...“ produzieren und ausstrahlen dürfe. Auf den weiteren Eilantrag einer Mitbewerberin in dem Vergabeverfahren zur Zulassung als Fensterprogrammveranstalterin, der Firma „O“, gab die Kammer durch Beschluss vom gleichen Tage – 5 L 694/13.NW – ebenfalls hinsichtlich der Firma „N“ mit der o.g. Maßgabe statt.

8

Auf die gegen den Beschluss der Kammer vom 5. März 2014 – 5 L 753/13.NW – von der Klägerin, der Beklagten sowie der Firma „N“ eingelegten Beschwerden stellte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz durch Beschluss vom 23. Juli 2014 – 2 B 10323/14.OVG – die aufschiebende Wirkung der jeweiligen Klagen auch hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) wieder her. In dem weiteren von der Klägerin und der Firma „O“ geführten Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss vom 5. März 2014 – 5 L 694/13.NW – entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz durch Beschluss vom 8. September 2014 – 2 B 10327/14.OVG – gleichfalls zugunsten der genannten Beschwerdeführer. Die ferner erhobenen Beschwerden der Beklagten und der Firma „N“ wurden zurückgewiesen.

9

Die Firma „N“ erhob gegen die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2014 und vom 8. September 2014 Verfassungsbeschwerde und stellte ferner einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Mit Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 1 BvR 2580/14 – nahm das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht zur Entscheidung an und stellte gleichzeitig fest, dass sich damit zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt habe.

10

Unmittelbar nach Erhalt der Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in den genannten Eilverfahren hatte die Klägerin noch im September 2014 die Ausstrahlung der überregionalen Fensterprogramme in ihrem Fernsehvollprogramm eingestellt. Stattdessen führte sie die Formate „...“, „...“ und „...“ als Auftragsproduktion fort.

11

In ihrer Sitzung vom 8. Dezember 2014 erörterte die Versammlung der Beklagten auf der Grundlage einer entsprechenden Beschlussempfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses vom 24. November 2014 vier verschiedene Möglichkeiten, den nicht rundfunkstaatsvertragskonformen Zustand so zeitnah wie möglich zu beenden. Nach intensiver Diskussion der Vor- und Nachteile der sich bietenden Handlungsoptionen, bei der insbesondere auch eine bei Abschluss des Vergabeverfahrens noch verbleibende Restlaufzeit von wenigstens drei Jahren als erforderlich angesehen wurde, beauftragte die Versammlung die Verwaltung, eine Neuausschreibung für den noch laufenden Zulassungszeitraum in die Wege zu leiten. Zugleich sollten die Hauptsacheverfahren vor der Kammer durchgeführt werden, sofern nicht die Zulassungsbescheide vom 23. Juli 2013 einvernehmlich mit der Firma „N“ und der Beigeladenen zu 1) zurückgenommen werden könnten.

12

Auf Nachfrage der Beklagten empfahl die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK – mit Schreiben vom 14. Januar 2015 aus Gründen der Rechtssicherheit, das Vergabeverfahren insgesamt neu zu beginnen und vor einer neuen Ausschreibung eine aktuelle Feststellung hinsichtlich der Verpflichtung des Hauptprogrammveranstalters zur Aufnahme von Drittsendezeiten aufzunehmen.

13

In der Sitzung vom 23. Februar 2015 bestätigte die Versammlung der Beklagten nochmals den Auftrag vom 8. Dezember 2014 zur Herbeiführung einer einvernehmlichen Lösung.

14

Mit Urteilen vom 21. April 2015 in den Verfahren 5 K 695/13.NW, 5 K 749/13.NW und 5 K 752/13.NW hob die Kammer den Zulassungsbescheid der Beklagten vom 23. Juli 2013 mit der Begründung auf, zwar bleibe die Klägerin verpflichtet, Drittsendezeiten zur Verfügung zu stellen. Im Zulassungsverfahren bis zum Erlass des angefochtenen Bescheides seien jedoch sowohl im Stadium bis zur Ausschreibung als auch in dem zwischen November 2012 und Mitte 2013 wiederholten Auswahlverfahren erhebliche Verfahrensfehler in Form von Verstößen gegen Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags festzustellen, die Rechte der Klägerin verletzt hätten und deshalb zur Aufhebung des gesamten Zulassungsbescheids führten. Dies betreffe auch die Zulassung für die Beigeladene zu 1). Hiergegen legte weder die Beklagte noch die Firma „N" Rechtsmittel ein. Lediglich die in allen drei Verfahren – wie hier – Beigeladene zu 1) legte Berufung ein (Verfahren 2 A 10733/15.OVG, 2 A 10734/15.OVG und 2 A 10821/15.OVG).

15

Die aufgrund der Aufträge der Versammlung der Beklagten unternommenen Versuche der Verwaltung der Beklagten, mit den Beteiligten einvernehmlich die nach dem Rundfunkstaatsvertrag für die Gewährleistung der Meinungsvielfalt vorgesehenen Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm der Klägerin für den laufenden Zulassungszeitraum zu vergeben, führten in der Folgezeit zu keinem Ergebnis. Darüber hinaus wies die Klägerin mit Schreiben vom 8. Mai 2015 darauf hin, dass ihre Mitwirkung im Verfahren unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rechtmäßigkeit des Verfahrens stehe. Auch halte sie die offenbar vorgesehene erneute Ausschreibung ohne vorherige aktuelle Feststellung des Jahresdurchschnitts des Zuschauermarktanteils für rechtswidrig.

16

Mit Schreiben vom 19. August 2015 teilte die Beklagte der KEK mit, dass nach den ihr vorliegenden Unterlagen die ProSiebenSat.1 Media SE mit den ihr zuzurechnenden Programmen im Zeitraum August 2014 bis Juli 2015 einen Zuschaueranteil von 20 v.H. überschreite. Sowohl im Hinblick auf den gegenwärtigen Verfahrensstand als auch im Hinblick auf ein mögliches neues Drittsendezeitenverfahren sei eine Feststellung der Zuschaueranteile erforderlich. Deshalb werde die KEK um entsprechende Feststellung gebeten. Die KEK antwortete hierauf am 8. September 2015, die Kommission sei sich nicht sicher, ob die Bitte der Beklagten vom 19. August 2015 als verfahrensrechtlicher Antrag auf Feststellung der Zuschaueranteile im Sinne des § 26 Abs. 5, § 27 RStV zu interpretieren sei. Um kurzfristige Stellungnahme werde gebeten.

17

Die Beklagte informierte daraufhin die KEK mit Schreiben vom 22. September 2015 über den Stand des Verfahrens und bat losgelöst von den Handlungsalternativen um Feststellung des Zuschaueranteils der ProSiebenSat.1 Media SE.

18

Nachdem sich im Hinblick auf eine Vergabe der Drittsendezeiten für den laufenden Zulassungszeitraum keine Einigung zwischen der Klägerin, der Beigeladenen zu 1) und der Firma „N“ erzielen ließ, verzichtete Letztere gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 13. Oktober 2015 unwiderruflich auf sämtliche Rechte aus ihrer früheren Zulassung als Fensterprogrammveranstalterin. Dies geschehe vor allem, um den Weg für eine zügige Neuausschreibung, Neuauswahl und Neulizenzierung freizumachen, damit im Programm der Klägerin wieder Drittsendezeiten aufgenommen werden könnten.

19

Daraufhin wandte sich die Beklagte durch den stellvertretenden Direktor ihrer Verwaltung am 19. Oktober 2015 erneut an die KEK und beantragte unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 22. September 2015 die Feststellung der Zuschaueranteile des Fernsehvollprogramms der Klägerin sowie der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE. In diesem Schreiben wies die Klägerin u.a. darauf hin, dass eine außergerichtliche Einigung während des noch laufenden Berufungsverfahrens nicht gelungen sei und aktuell auch nicht mehr möglich erscheine. Vorbehaltlich der entsprechenden Entscheidung der Gremien der LMK sehe diese derzeit vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung sowohl des Zeitablaufs wie auch des Umstandes, dass ein Beteiligter in allen drei Verfahren Berufung eingelegt habe, den Weg der Neuausschreibung für fünf Jahre als naheliegend an. Dazu sei die Feststellung des Zuschaueranteils der ProSiebenSat.1 Media SE unabdingbar. Um die entsprechende, von der Beklagten am 19. August 2015 beantragte Feststellung im Rahmen der gesetzlich auferlegten Organfunktion werde gebeten.

20

Am 26. Oktober 2015 bat die KEK die ProSiebenSat.1 Media SE, der Kommission zwecks Feststellung des Zuschaueranteils die vollständig gewichteten Marktanteilsdaten aus der AGF/GfK-Fernsehforschung für die der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE angehörenden Fernsehsender für den Zeitraum von Januar 2014 bis September 2015 zur Verfügung zu stellen. Dem kam die ProSiebenSAt.1 Media SE mit Mail vom 30. Oktober 2015 nach.

21

Mit Schreiben vom 9. November 2015 gab die ProSiebenSat.1 Media SE gegenüber der KEK eine Stellungnahme hinsichtlich der Feststellung der Zuschaueranteile durch die KEK ab. Dabei berief sich die ProSiebenSat.1 Media SE darauf, die Tendenz der Entwicklung der Zuschaueranteile im Zeitraum November 2014 bis Oktober 2015 spreche gegen eine klare Prognose einer Gefahr für die Meinungsvielfalt und damit gegen die Feststellung des Vorliegens einer Drittsendezeitverpflichtung. Bei der Ermittlung der Zuschaueranteile dürften im Übrigen Sendezeiten für unabhängige Dritte und Regionalfensterprogramme nicht in die Berechnung einfließen, weil diese der Hauptprogrammveranstalterin und der ProSiebenSat.1 Media SE nicht zuzurechnen seien.

22

In ihren Sitzungen vom 9. November 2015 stimmten der Rechts- und Zulassungsausschuss sowie die Versammlung der Beklagten der von der Verwaltung ins Auge gefassten neuen Ausschreibung zu. Dieses neue Vergabeverfahren solle allerdings nur dann durchgeführt werden, wenn die KEK das Erreichen der maßgeblichen Zuschaueranteile auch positiv festgestellt habe.

23

Die KEK beschloss in ihren Sitzungen vom 10. und 27. November 2015, dass sich unter Zugrundelegung der von der AGF/GfK-Fernsehforschung ermittelten und veröffentlichten Daten über die Zuschaueranteile für die, von der KEK als maßgeblich angesehene, Referenzperiode in der Zeit von Oktober 2014 bis September 2015 für den Hauptprogrammveranstalter („Sat.1“) ein durchschnittlicher Zuschaueranteil in Höhe von 8,08 v.H. und für die Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE in Höhe von 20,04 v.H. ergebe. Unter Anrechnung der im Hauptprogramm von Sat.1 ausgestrahlten Regionalfensterprogramme betrage der Umfang der danach auszuschreibenden Drittsendezeiten 180 Minuten pro Woche, davon mindestens 75 Minuten in der Sendezeit von 19:00 Uhr bis 23:30 Uhr.

24

Mit Schreiben vom 26. November 2015 rückte die Klägerin von ihren zuvor geäußerten Vorstellungen zu den in der Ausschreibung aufzunehmenden Sendezeitschienen (Mittwoch in der Zeit von 22:15 bis 00:15 und von 00:15 bis 01:15 Uhr) ab. Sie verlangte nunmehr eine Platzierung auf Dienstag, 23:10 Uhr bis 01:15 Uhr sowie Samstag von 19:00 bis 19:55 Uhr (jeweils Programmtage).

25

In ihrer Sitzung vom 11. Januar 2016 kam die Versammlung der Beklagten den neuen Sendezeitwünschen der Klägerin nach und beschloss die Ausschreibung von Sendezeit für unabhängige Dritte nunmehr so, wie sie anschließend im Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz und auf der Homepage der Beklagten am 25. Januar 2016 veröffentlicht wurde. Die Bewerbungsfrist lief bis zum 10. März 2016. Der Text der Ausschreibung lautet auszugsweise:

26

„Die LMK beabsichtigt, jeweils eine Zulassung für folgende drei Sendezeitschienen im bundesweit verbreiteten Programm Sat.1 (Hauptprogramm) zur Verbreitung von Programmen unabhängiger Dritter nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen zu erteilen:

27

1. Sendezeitschiene: Dienstag, 23:10 Uhr bis 00:15 Uhr (65 Minuten)

28

2. Sendezeitschiene: Dienstag, 00:15 Uhr bis 01:15 Uhr (60 Minuten)

29

3. Sendezeitschiene: Samstag, 19:00 Uhr bis 19:55 Uhr (55 Minuten).

30

1) Ausschreibung, Auswahlverfahren und Zulassungsentscheidung erfolgen hinsichtlich des Zeitraums bis zum 31. Mai 2018 unter Vorbehalt: Hinsichtlich der letzten durch die LMK mit Laufzeit bis zum 31. Mai 2018 erteilten Zulassungen von Anbietern von Sendezeit für unabhängige Dritte im Programm Sat.1 von Juli 2013 sind Rechtsstreitigkeiten anhängig. Sollten die betreffenden Zulassungen vor der gegenständlichen Auswahlentscheidung rechtskräftig bestätigt werden, sind diese Ausschreibung und ein anschließendes Auswahlverfahren gegenstandslos. Die gegenständlichen Zulassungsentscheidungen werden für die Zeit bis zum 31. Mai 2018 unter den Vorbehalt des zeitweiligen Widerrufs (ganz oder teilweise) für den Fall der rechtskräftigen Bestätigung der früher erteilten Erlaubnisse gestellt. Im Falle des Widerrufs wäre die ggf. aufgenommene Sendetätigkeit bis zum 31. Mai 2018 einzustellen. Eine Entschädigung für Vermögensnachteile wird nicht gewährt.

31

2) [...]

32

3) Die Zulassung gilt voraussichtlich ab dem 1. Juli 2016 für die Dauer von fünf Jahren, solange nicht die Zulassung des Hauptprogrammveranstalters endet, nicht verlängert oder nicht neu erteilt wird.

33

4) – 8) [...]

34

9) Die Anträge müssen folgende Angaben enthalten:

35

a) – i) [...]

36

j): Die Erklärung des Antragstellers, dass er den Antrag in Kenntnis des unter Ziff.1 erklärten und erläuterten Vorbehalts stellt.“

37

Das aus mehreren Teilabschnitten bestehende Auswahlverfahren führte die Beklagte einvernehmlich mit der Klägerin durch, die ihre Mitwirkung jedoch in jedem Verfahrensabschnitt ausdrücklich unter Vorbehalt der Rechtmäßigkeit des Verfahrens stellte. Von insgesamt 63 Bewerbern wählte die Beklagte die drei Beigeladenen als Fensterprogrammveranstalter aus.

38

Unmittelbar nach Ende der Bewerbungsfrist übersandte die Beklagte der Klägerin eine listenmäßige Aufstellung der eingegangenen Anträge. Am 20. April 2016 teilte die Beklagte der Klägerin ferner mit, dass von den eingegangenen 63 Anträgen 41 als zulassungsfähig angesehen würden. Am 27. April 2016 fand ein Erörterungsgespräch zwischen der Klägerin und der Beklagten mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung in Bezug auf die Auswahl der Bewerber für die drei Sendezeitschienen statt. Dabei schlug die Klägerin die Beigeladene zu 1) für die 1. Schiene Dienstag 23:10 Uhr, die Beigeladene zu 2) für die 2. Schiene Dienstag 00:15 Uhr und die Beigeladene zu 3) für die 3. Schiene Samstag 19:00 Uhr vor.

39

Die Auswahlentscheidung wurde durch die Versammlung der Beklagten am 26. September 2016 beschlossen; zugleich wurde wegen der Eilbedürftigkeit des Vergabeverfahrens der Hauptausschuss der Beklagten ermächtigt, die Feststellung der Herstellung des Benehmens mit der KEK im Umlaufverfahren treffen zu dürfen.

40

Die KEK entschied mit Beschluss aufgrund der Sitzungen vom 11. und 17. Oktober 2016, gegen die von der Beklagten vorgeschlagene Auswahl der Fensterprogrammveranstalter bestünden keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt.

41

Die Feststellung des damit hergestellten Benehmens erfolgte durch Beschluss des Hauptausschusses der Beklagten im Umlaufverfahren.

42

In der Sitzung vom 5. Dezember 2016 bestätigte die Versammlung der Beklagten die Entscheidung des Hauptausschusses über die Benehmensherstellung zur Auswahl der Bewerber und stellte sodann fest, dass damit die benannten Bewerber ausgewählt seien. Außerdem beschloss die Versammlung vorbehaltlich des Benehmens mit der KEK, dass den Beigeladenen Zulassungen erteilt würden, für die nähere Maßgaben (u. a. der Vorbehalt entsprechend der Ankündigung in der Ausschreibung für die Zeit bis 31. Mai 2018) festgelegt wurden. Anschließend schlossen die Klägerin und die Beigeladenen Finanzierungsvereinbarungen ab.

43

Nach weiterem Schriftwechsel sowie einem entsprechenden Beschluss des Hauptausschusses der Beklagten im Umlaufverfahren im Dezember 2016 beschloss die KEK in ihrer Sitzung am 10. Januar 2017 je für die einzelnen Sendezeitschienen, dass gegen die vorgesehenen Zulassungsentscheidungen keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden.

44

Die Feststellung des hergestellten Benehmens durch die KEK durch den Hauptausschuss der Beklagten und der Auftrag an die Verwaltung, die Zulassungsanträge zu bescheiden, erfolgte wiederum im Umlaufverfahren im Januar 2017.

45

Unmittelbar nach Ergehen des Beschlusses der KEK nahm die Beigeladene zu 1) ihre Berufungen in den noch laufenden Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Verfahren 2 A 10733/15.OVG, 2 A 10734/15.OVG und 2 A 10821/15.OVG) gegen die Urteile der Kammer vom 21. April 2015 in den Verfahren 5 K 695/13.NW, 5 K 749/13.NW und 5 K 752/13.NW, mit denen der Zulassungsbescheid der Beklagten vom 23. Juli 2013 aufgehoben worden war, zurück. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz stellte daraufhin die Berufungsverfahren mit Beschlüssen vom 3. Februar 2017 ein.

46

Anschließend erließ die Beklagte am 13. Februar 2017 gegenüber der Klägerin, den Beigeladenen sowie den sonstigen Mitbewerbern neue für sofort vollziehbar erklärte Bescheide. Darin erteilte die Beklagte Zulassungen zur Veranstaltung und Verbreitung von überregionalen Fernsehfensterprogrammen ab dem 1. März 2017 für die Dauer von fünf Jahren an die Beigeladenen. Diesen wurde ein zeitlicher Vorlauf zugestanden, indem sie verpflichtet wurden, den Sendebetrieb bis spätestens 1. Juni 2017 aufzunehmen (Ziffer I.). Ferner änderte die Beklagte die der Klägerin erteilte Zulassung zur Veranstaltung und Verbreitung eines überregionalen Fernsehvollprogramms vom 26. August 2008 mit Wirkung zum 01. März 2017 für die Dauer von fünf Jahren ab (Ziffer II.) und lehnte ferner die Anträge von Mitbewerbern ab (Ziffer III.).

47

Die Versammlung der Antragsgegnerin bestätigte die Entscheidungen des Hauptausschusses, die der Bescheiderteilung vorausgegangen waren, nachträglich in ihrer Sitzung am 13. März 2017.

48

Die Klägerin hat am 14. März 2017 Klage gegen den ihr zugestellten Bescheid vom 13. Februar 2017 erhoben. Von den unterlegenen Mitbewerbern der Beigeladenen haben zwei Firmen Klage gegen die Gebührenfestsetzung in den ihnen zugestellten Bescheiden vom 13. Februar 2017 erhoben (s. dazu die Verfahren 5 K 298/17.NW und 5 K 339/17.NW).

49

Die Klägerin hat zugleich einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid vom 13. Februar 2017 gestellt. Diesem hat die Kammer mit Beschluss vom 14. Juli 2017 – 5 L 312/17.NW – überwiegend stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Zwar sei der Antrag der Klägerin im Hinblick auf die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Ablehnungen anderer Bewerber (Ziffer III.) unzulässig. Im Übrigen erweise sich der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung aber als offensichtlich rechtswidrig. Die Beigeladenen hätten nicht als Fensterprogrammveranstalterinnen zugelassen werden dürfen und die Zulassung der Klägerin hätte nicht entsprechend beschränkt werden dürfen, weil das Verfahren nicht im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags durchgeführt worden sei. Das Zulassungsverfahren hätte nicht eingeleitet und eine Ausschreibung nicht vorgenommen werden dürfen, solange das Zulassungsverfahren für den Lizenzzeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2018, das in der Berufungsinstanz beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz anhängig gewesen sei, noch nicht rechtsbeständig beendet worden sei. Der in den Zulassungsbescheiden enthaltene Widerrufsvorbehalt sei nicht geeignet gewesen, spätere Zulassungskollisionen zu vermeiden. Die dort formulierten Vorbehalte hätten nicht „funktionieren“ können, weil die gewählte Konstruktion nicht habe sicherstellen können, dass die Zulassungszeiträume sich nicht überschneiden. Außerdem seien die Schwierigkeiten nicht ausreichend berücksichtigt worden, die aus dem unterschiedlichen Zuschnitt der wöchentlichen Sendezeitschienen resultierten. Unabhängig davon habe die Bestimmung der Zuschaueranteile für das neue Zulassungsverfahren nicht auf der richtigen Referenzperiode beruht, so dass die Klägerin voraussichtlich nicht zur Bereitstellung von Drittsendezeiten verpflichtet gewesen sei.

50

Gegen diesen Beschluss haben sowohl die Beklagte als auch die Beigeladene zu 1) Beschwerde eingelegt, denen das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG – stattgegeben hat. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt: Im Rahmen dieses Eilverfahrens könne nicht festgestellt werden, dass der angefochtene Bescheid offensichtlich rechtswidrig sei. Die in dem Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2017 unter den Ziffern I. und II. erfolgten Zulassungen der Beigeladenen als Fensterprogrammveranstalter und die dementsprechende Beschränkung der Zulassung der Klägerin vom 26. August 2008 litten an keinen offensichtlichen formellen Fehlern. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2017 halte auch in der Sache mit dem in einem summarischen Verfahren allein zugrunde zu legenden Sachverhalt einer rechtlichen Überprüfung stand. Die Beklagte habe mit ihrer Feststellung, die Klägerin sei zur Einräumung von Drittsendezeiten in ihrem Hauptprogramm verpflichtet, ebenso wie bei der sich daran anschließenden Auswahlentscheidung für die Vergabe der Drittsendezeitlizenzen zu Gunsten der Beigeladenen den in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz – GG –, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV – niedergelegten Grundsatz der Rundfunkfreiheit jedenfalls nicht offensichtlich zu Lasten der Klägerin verletzt; weitere grundgesetzlich geschützte Interessen der Klägerin seien ebenso offensichtlich nicht betroffen.

51

Entgegen der Meinung der Klägerin sei das Vergabeverfahren am 19. Oktober 2015 mit der schriftlichen Aufforderung der Verwaltung der Beklagten an die KEK, die nach § 27 Abs. 1 RStV maßgeblichen Zuschaueranteile festzustellen, rechtswirksam eingeleitet worden. Des Weiteren sei der mit Beschluss der KEK in den Sitzungen vom 10. und 27. November 2015 ermittelte Marktanteil der Sendergruppe der Klägerin (ProSiebenSat.1 Media SE) nach den Erkenntnismitteln des summarischen Eilverfahrens zutreffend mit einem Zuschaueranteil von 20,04 v.H. aller deutschsprachigen Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks festgestellt worden. Dies gelte insbesondere für die von der KEK zugrunde gelegte Berechnungsmethode, die mit den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags offensichtlich in Einklang stehe.

52

Unabhängig hiervon komme es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Berechnungsmethode für die Feststellung des Erreichens beziehungsweise Überschreitens des Schwellenwerts für die Bestimmung der Zuschaueranteile nicht weiter an. Denn auch bei Zugrundelegung der auf den Referenzzeitraum gewichteten Werte entsprechend der Berechnungsweise der Klägerin ergebe sich ein relevanter Zuschaueranteil von 20,003345049391 v.H. für die Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE.

53

Die Regionalfensterprogramme seien entgegen der Ansicht der Klägerin nicht aus dem gemäß § 27 Abs. 1 RStV von der KEK zu ermittelnden Zuschaueranteil herauszurechnen. Ungeachtet dessen wirke die Einbeziehung der Regionalfensterprogramme sich im Ergebnis sogar zugunsten der Klägerin aus.

54

An diesem Ergebnis ändere der Einwand der Klägerin, für die Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE seien in den letzten Jahren bei 50 von 52 Referenzperioden stark abnehmende Zuschaueranteile festzustellen, nichts. Die Auffassung der Klägerin, bei jedem auch nur geringfügigen Sinken von Zuschaueranteilen unterhalb der Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV läge bereits ein stark abnehmender Zuschaueranteil im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Senats vor, sei nicht zutreffend. Ein derartiger, zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit beachtlicher Zuschauerrückgang könne nur dann zugrunde gelegt werden, wenn die Anteile so weit sänken, dass sie – erstens – stetig und eindeutig eine Tendenz unterhalb der Schwellenwerte aufzeigten und – zweitens – in jeder der nach der Verfahrenseinleitung ermittelten Durchschnittswerte erheblich unter den Schwellenwerten des § 26 Abs. 5 RStV lägen. Nur geringfügig unter dem Zwanzig-Prozent-Wert liegende Anteile im Umfang von nur einem Prozentpunkt oder gar geringer reichten hierfür nicht aus.

55

In materiell-rechtlicher Hinsicht hätten die KEK und die Beklagte zutreffend den Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 zugrunde gelegt. Das Verfahren sei mit Schreiben des stellvertretenden Direktors der Verwaltung der Antragsgegnerin am 19. Oktober 2015 eingeleitet worden. Die Verfahrenseinleitung und die damit von der KEK zugrunde gelegte Referenzperiode hielten einer rechtlichen Überprüfung stand.

56

Vor allem habe die Beklagte nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens vor dem Senat betreffend die „2. Runde“ der Drittsendezeitvergabe (2 A 10734/15.OVG) zuwarten müssen. Seit die Klägerin im September 2014 die Ausstrahlung der überregionalen Fensterprogramme in ihrem Fernsehvollprogramm eingestellt habe, bestehe ein verfassungs- und rundfunkstaatsvertragswidriger Zustand, der bis heute andauere. Zur Behebung dieses, mit dem gesetzgeberischen Zweck der Drittsendezeiten, auch im privaten Rundfunk Meinungsvielfalt zu gewährleisten, nicht zu vereinbarenden Zustandes sei die Beklagte aufgrund der atypischen Ausgangslage verpflichtet gewesen, das Verfahren zur Vergabe der Zulassungen für die überregionalen Fensterprogramme im Hauptprogramm von Sat.1 so schnell wie möglich neu einzuleiten. Eine vollständige Neuausschreibung für einen neu beginnenden Lizenzzeitraum von vollen fünf Jahren sei daher naheliegend gewesen.

57

Auch im Übrigen seien die Ausschreibung, die Auswahl und die Vergabe der Sendezeiten für unabhängige Dritte unter den materiell-rechtlichen Gesichtspunkten der Rundfunkfreiheit nicht zu beanstanden. Dies gelte namentlich für die Frage der höchstzulässigen Dauer des Auswahlverfahrens. Die Beklagte habe das Auswahlverfahren unter den immerhin 63 Bewerbern mit der gebotenen und in Anbetracht der besonderen Umstände möglichen Beschleunigung durchgeführt.

58

Die Beklagte habe auch weitere grundrechtlich geschützte Interessen der Klägerin offensichtlich nicht verletzt. Dies gelte namentlich in Bezug auf die Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG (jeweils i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG).

59

Nach Zustellung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Oktober 2017 hat die Klägerin die Ausstrahlung der überregionalen Fensterprogramme in ihrem Fernsehvollprogramm wieder aufgenommen.

60

Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin im Einzelnen aus:

61

Entgegen der Auffassung der Kammer in ihrem Beschluss vom 14. Juli 2017 – 5 L 312/17.NW – sei sie, die Klägerin, befugt, auch gegen die Ziffer III. in dem Bescheid vom 13. Februar 2017 vorzugehen. Das Gericht gehe insoweit offenbar von der Teilbarkeit des streitgegenständlichen Bescheids aus. Nehme man hingegen, wie sie, die Klägerin, wegen der unmittelbar miteinander zusammenhängenden Bestandteile des Drittsendezeitenbescheids Unteilbarkeit an, sei die Gesamtanfechtung auch dann zulässig und begründet, die Klägerin mithin auch klagebefugt, wenn sie nur teilweise in ihrer Rechtssphäre betroffen und der Bescheid nur teilweise rechtswidrig sei. Bei Unteilbarkeit des Bescheids könne dem Rechtsschutzanspruch der Klägerin nämlich nur auf diese Weise Rechnung getragen werden.

62

Die Klage sei auch insgesamt begründet. Dies ergebe sich daraus, dass sie nicht verpflichtet sei, Drittsendezeiten einzuräumen.

63

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass nur die von der KEK/Beklagten zugrunde gelegte arithmetische Methode zur Berechnung des Jahreszuschaueranteils (nicht des Monatsanteils) mit dem Wortlaut von § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV vereinbar sei. Vielmehr sie allein die von ihr, der Klägerin, zugrunde gelegte gewichtete Berechnungsmethode methodisch sachgerecht und entspreche gerade dem aktuellen Stand der quantitativen Medienforschung, was gerade auch nach der Systematik des Rundfunkstaatsvertrags zu beachten sei. Danach lägen die Zuschaueranteile im maßgeblichen Zeitraum aber unter 20 v.H..

64

Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz sei ferner für die Feststellung des Vorliegens der Drittsendezeitverpflichtung auf den Jahreszuschaueranteil abzustellen, der unmittelbar dem Bescheiderlass vorausgegangen sei, hier also die Referenzperiode Februar 2016 bis Januar 2017. Die Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, wonach nach dem eindeutigen und keiner anderen Auslegung zugänglichen Wortlaut der hierfür allein heranziehbaren Regelung des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV der Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens am 19. Oktober 2014 maßgeblich sei, seien rechtsfehlerhaft. Der Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV könne nicht einseitig zu Lasten des Hauptprogrammveranstalters ausgelegt werden. Die Formulierung „Einleitung“ sei offen genug, auch das noch laufende Verfahren in die Betrachtung mit einzubeziehen und mit dem Begriff „Einleitung des Verfahrens“ die gesamte Verfahrensdauer unter Einschluss des Verfahrensabschlusses zu verstehen. Da der Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV nicht eindeutig sei, seien andere Auslegungsmethoden heranzuziehen.

65

Die Fixierung auf den frühesten in einem Vergabeverfahren möglichen Zeitpunkt stünde nicht mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 bzw. Art. 2 Abs. 1 GG jeweils i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG in Einklang. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit sei vielmehr eine verfassungskonforme Auslegung von § 27 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §§ 26 Abs. 5, 31 RStV dahingehend geboten, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einräumung von Drittsendezeiten auch zu dem Zeitpunkt vorliegen müssten, zu dem die Beklagte ihre abschließende und außenwirksame (Bescheid-)Entscheidung treffe.

66

Stelle man richtigerweise hier für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids auf den durchschnittlichen Jahreszuschaueranteil ab, der unmittelbar dem Bescheiderlass am 13. Februar 2017 vorausgegangen sei, so habe dieser Anteil für die Jahresreferenzperiode Februar 2016 bis Januar 2017 deutlich unter den Grenzwerten des § 26 Abs. 5 RStV gelegen, ab denen erst eine Drittsendezeitenverpflichtung bestehe, und zwar völlig unabhängig der strittigen Berechnungsmethode.

67

Zwar stelle das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz nicht in Abrede, dass die Berücksichtigung nachträglicher Veränderungen (Absinken) der Zuschaueranteile zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geboten sein und die sog. Drittsendezeitenverpflichtung des Hauptprogrammveranstalters insoweit entfallen lassen könne. Das Oberverwaltungsgericht stelle jedoch so restriktive Beschränkungen auf, dass diese im Ergebnis zu einer weitgehenden Immunisierung des Verfahrens gegenüber Veränderungen führten und eine einseitige Risikoverteilung zu Lasten des Hauptprogrammveranstalters im Verfahren etabliere. Dies sei rechtsfehlerhaft.

68

Wende man die restriktiven Bedingungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz konsequent und folgerichtig an – nämlich dass die Drittsendezeitenverpflichtung noch nicht entfalle, wenn innerhalb eines Jahres die Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 RStV jeweils nur knapp unterschritten würden –, dann sei reflexartig erst recht der Zeitraum nach diesem Jahr zu betrachten. Denn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gelte nicht nur für ein Jahr, sondern müsse jedenfalls auf die gesamte Dauer des Verfahrens Anwendung finden. Dies aber bedeute konsequenterweise, dass die einschränkenden Bedingungen nach Ablauf des Jahres dann nicht mehr gelten könnten, so dass jede nachfolgende auch nur geringe Unterschreitung eines Schwellenwertes relevant für die nachträgliche Berücksichtigung und das Entfallen der Verpflichtung wäre.

69

Doch selbst wenn man mit dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz davon ausginge, dass als Anknüpfungszeitpunkt für die Bestimmung der Zuschaueranteile hier allein auf die Anfrage der Beklagten an die KEK, die maßgeblichen Zuschaueranteile für eine Neuausschreibung von fünf Jahren festzustellen, ansehen würde, sei eine solche rechtswirksame Verfahrenseinleitung entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts nicht schon mit dem Schreiben des stellvertretenden Direktors der Beklagten vom 19. Oktober 2015, sondern erst durch den Beschluss der Versammlung der Beklagten vom 9. November 2015 erfolgt. Stelle man auf diesen Zeitpunkt ab, so habe der Zuschaueranteil auch in der unmittelbar vorausgehenden Jahresreferenzperiode November 2014 bis Oktober 2015 nach zutreffender gewichteter Berechnungsmethode unter den Schwellenwerten des § 26 Abs. 5 RStV, nämlich bei 8,049694320754 v.H. für das Programm „Sat.1“ und 19,993868480273 v.H. (mit Regionalfenster) bzw. 19,960447284763 v.H. (ohne Regionalfenster) für die sog. Sendergruppe gelegen.

70

Die Beklagte habe ihr Ermessen deshalb überschritten, weil sie – anstatt das Verfahren betreffend die sog. 2. Runde (1. Juni 2013 bis 31. Mai 2018) fortzusetzen und rechtswidrige Verfahrensstufen zu wiederholen – ein neues Vergabeverfahren für eine neue fünfjährige Zulassungsperiode (beginnend ab 1. März 2017) eingeleitet habe, obwohl das Berufungsverfahren betreffend die sog. 2. Runde zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig abgeschlossen gewesen sei. Soweit das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im vorausgegangenen Eilverfahren der gegenteiligen Auffassung gewesen sei, dass die Beklagte mit der Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens für eine neue fünfjährige Zulassungsperiode nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens betreffend die sog. 2. Runde hätte zuwarten müssen, vermöge dies nicht zu überzeugen.

71

Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstelle, dass eine besondere atypische Situation bestanden habe, die zu einem schnellen und rechtsicheren Handeln der Beklagten gezwungen hätte, überzeuge auch die weitere Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz nicht, dass dieser Zustand im Oktober 2015 nur durch die Einleitung eines vollständig neuen Vergabeverfahrens für einen neuen fünfjährigen Lizenzzeitraum (beginnend ab 1. März 2017) hätte beseitigt werden können. Vielmehr würdige das Oberverwaltungsgericht hier nicht hinreichend, dass es die Rechtslage erlaubt hätte - trotz der noch schwebenden Gerichtsverfahren - Verfahrensstufen „innerhalb desselben Zulassungsverfahrens" zu wiederholen.

72

Die Klägerin beantragt,

73

den Zulassungsbescheid der Beklagten vom 13. Februar 2017 aufzuheben.

74

Die Beklagte beantragt,

75

die Klage abzuweisen,

76

hilfsweise

77

die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Behauptung:

78

„Die festgestellten Zuschaueranteile der Klägerin, die in den Monaten Juni 2016, Juli 2016, August 2016, Dezember 2016 und Januar 2017 geringfügig unter 19 % lagen, werden bei Berücksichtigung der zeitgleichen Online-Rezeption von Fernsehinhalten über dem Zuschaueranteil von 19 % liegen. Berücksichtigt man die zeitversetzte Online-Rezeption von Fernsehinhalten, erhöht sich für den Zeitraum der Zuschaueranteil der Klägerin noch stärker.“

79

Sie führt aus, soweit sich die Klägerin gegen die Ziffer III- in dem Bescheid vom 13. Februar 2017 wende, fehle es der Klägerin an der Klagebefugnis, da die Auswahl der zugelassenen Drittsendezeitanbieter im Einvernehmen mit der Klägerin erfolgt sei.

80

Der angefochtene Bescheid sei sowohl formell als auch materiell rechtmäßig. Der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, das Herantreten der Beklagten an die KEK zur Feststellung der Zuschaueranteile am 19. Oktober 2015 als verfahrenseinleitende Maßnahme i.S.v. § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV anzusehen und den Referenzzeitraum entsprechend auf Oktober 2014 bis September 2015 festzulegen, sei zuzustimmen. Die Rechtsansicht der Klägerin, dass die Bekanntgabe des Bescheids der Beklagten den maßgeblichen Zeitpunkt für § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV darstelle, sei fernliegend. Konsequenz dessen müsste sein, dass die Klägerin alle Abläufe bis zum Erlass des Bescheids als Vorverfahren ansehe. Dies sei abwegig.

81

Entgegen der Ansicht der Klägerin bedürfe § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV keiner verfassungskonformen Auslegung. Eine konsequente Anwendung des Argumentationsansatzes der Klägerin, dass nur das Bestehen einer die Vielfalt gefährdenden Situation die Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeit verfassungsrechtlich erlaube, würde dazu führen, dass automatisch ab Absinken der Zuschaueranteile unter den Schwellenwert von § 26 Abs. 5 Satz 1 RStV die Verpflichtung unrechtmäßig werde. Die Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten für fünf Jahre bestehe nicht, solange die Schwelle überschritten werde, sondern ab Überschreiten der Schwelle zu einem bestimmten Zeitpunkt. Auf eine andere Weise ließe sich kein praktikables Verfahren für Drittsendezeit und somit keine effektive Vielfaltsicherung durchführen.

82

Die Einleitung des Verfahrens am 19. Oktober 2015 sei nicht ermessensfehlerhaft gewesen. Insbesondere ergebe sich aus dem Umstand, dass die Beklagte ein neues Vergabeverfahren eingeleitet und auf eine Fortsetzung des Verfahrens betreffend die sog. 2. Runde verzichtet habe, kein Ermessensfehler. Es habe eine atypische Situation vorgelegen, da in allen gerichtlichen Entscheidungen die Verpflichtung der Klägerin zur Einräumung von Drittsendezeit gerade nicht in Abrede gestellt, sondern auf Fehler in den Verfahren der Ausschreibung der Drittsendezeit und der Auswahl der Bewerber abgestellt worden sei. Die Beklagte habe dieser besonderen Situation im weiteren Verlauf der Geschehnisse durch die Neuausschreibung Rechnung getragen. Auch die von der Beklagten gewählte Form der Ausschreibung unter Vorbehalt begegne keinen Bedenken.

83

Die Beklagte habe bei der Berechnung des durchschnittlichen Jahreszuschaueranteils die richtige arithmetische Berechnungsmethode gewählt und daher einen zutreffenden Wert von durchschnittlich 20,04 v.H. Zuschaueranteil der Klägerin im Referenzzeitraum vom Oktober 2014 bis September 2015 ermittelt. Für die gegenteilige Auffassung gebe es keine gesetzliche Grundlage.

84

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz sei auch zu Recht davon ausgegangen, dass die von der Klägerin ausgestrahlten Regionalfensterprogramme in die Berechnung der Zuschaueranteile miteinzubeziehen seien.

85

Soweit die Klägerin moniere, das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz habe die Veränderungen der Zuschaueranteilswerte und das Absinken unter den Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz1 RStV nach der Feststellung der Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten unzureichend berücksichtigt, sei dem nicht zu folgen. Die vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen ein zeitliches und ein inhaltliches Moment aufweisenden Kriterien seien nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden. Die Sachverhalte, bei denen die bereits bestehende gesetzliche Verpflichtung wieder entfalle, müssten auf die Fälle beschränkt sein, in denen die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Gefährdungsprognose aus § 26 Abs. 5 RStV nachhaltig und dauerhaft erschüttert sei.

86

Den Vorgaben des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz entsprächen die von der Klägerin vorgetragenen Schwankungen nicht, sodass hier keine unverhältnismäßige Verpflichtung der Klägerin zur Einräumung von Drittsendezeit bestanden habe.

87

In Bezug auf die ermittelten Zuschaueranteile dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass viele Fernsehzuschauer inzwischen mediale Inhalte über das Internet nutzten. Dies bestätige eine neue ARD/ZDF-Onlinestudie vom Oktober 2017. Addiere man den Anteil der zeitgleichen und zeitversetzten Online-Rezeption von Fernsehinhalten zu dem von der KEK hier ermittelten Zuschaueranteil, liege dieser im Falle der Sendergruppe der Klägerin auch in den Monaten, in denen der Zuschaueranteil von 19 v.H. unterschritten worden sei, jedenfalls über 19 v.H.

88

Die Beigeladene zu 1) stellt keinen Antrag.

89

Sie führt zur Sache aus, die vom Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung im Eilverfahren angestellten Erwägungen seien auch für das Hauptsacheverfahren valide. Keiner der von der Klägerin vorgebrachten Gründe bezüglich der angeblichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Zulassungsbescheides beträfen sie, die Beigeladene zu 1), oder seien gar von ihr zu vertreten. Vielmehr sei sie in allen „Runden" stets im Einvernehmen zwischen Klägerin und Beklagter ausgewählt worden. Das Interesse an der von der Beklagten gewählten pragmatischen Lösung zur Stärkung der Meinungsvielfalt im Programm der Klägerin überwiege insgesamt.

90

Die Beigeladenen zu 2) und 3) stellen ebenfalls keine Anträge und haben sich zur Sache nicht geäußert.

91

Die Klägerin hat zu dem von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag noch ausgeführt, dabei handele es sich um einen unzulässigen und untauglichen Ausforschungsantrag, der im Übrigen auf Basis der von der Beklagten herangezogenen Anhaltspunkte vielmehr für das Gegenteil dessen streite, was bewiesen werden solle.

92

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die beigezogenen Gerichtsakten 5 L 312/17.NW, 5 L 753/13.NW, 5 L 694/13.NW, 5 K 695/13.NW, 5 K 749/13.NW und 5 K 752/13.NW verwiesen. Deren Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2018.

Entscheidungsgründe

93

Die Klage bleibt erfolglos. Soweit sich die Klägerin gegen die Ziffern I und II. des Zulassungsbescheids vom 13. Februar 2017 wendet, mit denen die Beklagte die Beigeladenen als Veranstalter eines privaten Fernsehprogramms zum Programm der Klägerin in Form eines so genannten Fensterprogramms ("Drittsendezeiten") zugelassen und zugleich die Zulassung der Klägerin beschränkt hat, ist die Klage zulässig (I.), in der Sache aber unbegründet (II.). In Bezug auf die in Ziffer III. des genannten Bescheids verfügte Ablehnung der darin aufgeführten Bewerber ist die Klage bereits unzulässig (III.).

94

I. Die Klage gegen die Ziffern I. und II. des Bescheids vom 13. Februar 2017 ist zulässig.

95

Als materiell-rechtliche Rechtsposition der Klägerin kommt vorliegend die aufgrund der Zulassung gemäß § 20 Abs. 1 RStV verliehene Befugnis in Betracht, das private Fernsehprogramm Sat.1 zu veranstalten und inhaltlich zu gestalten. Dieses Recht wird durch die Vergabe der Sendezeiten an die Beigeladenen gemäß § 26 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 31 RStV teilweise eingeschränkt. Hiervon ausgehend kann die Klägerin, der die Zulassung für die Veranstaltung des privaten Fernsehprogramms mit Zulassung der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz vom 26. August 2008 erteilt worden war, geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein.

96

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die genannten Ziffern sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –).

97

1. Zunächst sind die Ziffern I. und II. des streitgegenständlichen Bescheids in formeller Hinsicht rechtmäßig. Dazu hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, in den Randnummern 60 – 71 ausführlich Stellung bezogen. Die erkennende Kammer macht sich dessen Ausführungen zu eigen, zumal die Klägerin im Klageverfahren nichts vorgetragen hat, was eine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen könnte.

98

2. Nach Auffassung der Kammer ist die Ziffer I. des Bescheids vom 13. Februar 2017 materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

99

2.1. Rechtsgrundlage für die der Klägerin in der Zulassungsentscheidung der Beklagten vom 13. Februar 2017 aufgegebenen Verpflichtung zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte sind die Vorschriften des § 26 Abs. 5 und § 31 Abs. 6 Satz 1 des Rundfunkstaatsvertrags vom 31. August 1991 (GVBl. 1991 S. 369) in der zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheides anwendbaren Fassung des 18. Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 9. September 2015 (GVBl. 2015 S. 410).

100

Nach § 26 Abs. 5 Satz 1 RStV hat ein Veranstalter mit einem Vollprogramm oder einem Spartenprogramm mit Schwerpunkt Information, der im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von 10 v.H. erreicht, binnen sechs Monaten nach Feststellung und Mitteilung durch die zuständige Landesmedienanstalt Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe von § 31 einzuräumen. Erreicht ein Unternehmen mit ihm zurechenbaren Programmen im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von 20 v.H., ohne dass eines der Vollprogramme oder Spartenprogramme mit Schwerpunkt Information einen Zuschaueranteil von 10 v.H. erreicht, trifft die Verpflichtung nach Satz 1 gemäß § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV den Veranstalter des dem Unternehmen zurechenbaren Programms mit dem höchsten Zuschaueranteil. Gemäß § 31 Abs. 6 Satz 1 RStV ist auf der Grundlage einer Vereinbarung zu angemessenen Bedingungen nach Absatz 5 dem Fensterprogrammveranstalter durch die zuständige Landesmedienanstalt die Zulassung zur Veranstaltung des Fensterprogramms zu erteilen.

101

2.2. Die in § 26 Abs. 5 RStV geregelte Verpflichtung der Veranstalter von Fernsehvollprogrammen, bei einem Erreichen von näher bestimmten Zuschaueranteilen binnen sechs Monaten nach Feststellung und Mitteilung durch die zuständige Landesmedienanstalt Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe von § 31 RStV einzuräumen, ist Bestandteil und Ausfluss der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV. Die Rundfunkfreiheit ist eine dienende Freiheit. Sie dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung, und zwar in einem umfassenden, nicht auf bloße Berichterstattung oder die Vermittlung politischer Meinungen beschränkten Sinn (BVerfG, Urteil vom 5. Februar 1991 – 1 BvF 1/85 –, NJW 1991, 899). Aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Rundfunkfreiheit folgt nicht nur ein Abwehrrecht des Rundfunkveranstalters, sondern zugleich die Pflicht des Gesetzgebers zu deren gesetzlicher Ausgestaltung. Die §§ 26 Abs.5, 31 RStV treffen mit der Verpflichtung des Hauptprogrammveranstalters, bei Erreichen eines bestimmten Marktanteils Sendezeit für unabhängige Dritte einzuräumen, einfachrechtliche Maßnahmen zur Gewährleistung der Meinungsvielfalt. Die Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV eröffnen insoweit ein dreifaches Spannungsfeld, als die Rundfunkfreiheit sowohl in ihrer objektiv-rechtlichen Ausprägung zugunsten aufsichtsrechtlicher Maßnahmen als auch subjektiv-rechtlich (zugunsten des Hauptprogramm- und des überregionalen Fensterprogrammveranstalters) streitet bzw. streiten kann. Diese einander widerstreitenden verfassungsrechtlichen Positionen sind nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz schon auf der Ebene des einfachen Rechts einander so zuzuordnen und dergestalt zum Ausgleich zu bringen, dass sie jeweils möglichst weitgehend wirksam werden. Der Klägerin steht daher das Recht auf freie und ungeschmälerte Ausübung der wirtschaftlichen Betätigung als Veranstalterin eines privaten Fernsehvollprogramms nur insoweit zu, wie die Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages das Grundrecht der Rundfunkfreiheit gestalten. Neben den privaten Rundfunkveranstaltern können sich nämlich auch die ausgewählten Fensterprogrammveranstalter in dem ihnen durch eine Vergabeentscheidung eingeräumten Umfang ebenfalls auf die Rundfunkfreiheit berufen (s. ausführlich zu dem Ganzen OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 79 – 86).

102

Voraussetzung für eine verfassungsrechtlich in zulässiger Weise erfolgende Einschränkung des Rechts der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin im Sinne der Gewährleistung einer „objektiven Rundfunkfreiheit“ ist, dass die für die rundfunkrechtlichen Zulassungen zuständige Aufsichtsbehörde – hier die Beklagte – die verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben im Anwendungsfall in jedem einzelnen Fall vollständig beachtet. Dies war hier nach Ansicht der Kammer der Fall.

103

Über die Zulassung zu Fensterprogrammen im privaten Fernsehen wird in einem aufwändigen mehrstufigen Verfahren entschieden. Um feststellen zu können, ob ein Hauptprogrammveranstalter überhaupt zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte verpflichtet ist, ermittelt die zuständige Landesmedienanstalt zunächst durch die KEK den Zuschaueranteil der jeweiligen Programme unter Einbeziehung aller deutschsprachigen Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks (§ 27 Abs. 1 Satz 1 RStV). Im Falle der Verpflichtung zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte schreibt die zuständige Landesmedienanstalt nach Erörterung mit dem Hauptprogrammveranstalter das Fensterprogramm zur Erteilung einer Zulassung aus (§ 31 Abs. 4 Satz 1 RStV). Nach Ende der Ausschreibungsfrist prüft die zuständige Landesmedienanstalt gemäß § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV die eingegangenen Zulassungsanträge auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages sowie den sonstigen landesrechtlichen Bestimmungen. Sie erörtert die Anträge sodann mit dem Hauptprogrammveranstalter mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen (§ 31 Abs. 4 Satz 3 RStV). Auswahl- und Zulassungsentscheidung haben jeweils im Benehmen mit der KEK zu erfolgen (§ 31 Abs. 4 Satz 3 RStV). Das Zulassungsverfahren endet dann mit der Bekanntgabe der Zulassungsentscheidung an den Ausgewählten (§ 31 Abs. 6 Satz 1 RStV).

104

2.3. Die Voraussetzungen der §§ 26 Abs. 5, § 31 Abs. 6 Satz 1 RStV sind nach Ansicht der Kammer gegeben. Das Vergabeverfahren wurde von der Beklagten im Oktober 2015 wirksam eingeleitet (2.3.1.). Die Beklagte hat den Einleitungszeitpunkt nicht ermessensfehlerhaft festgelegt (2.3.2.). Der mit Beschluss der KEK in den Sitzungen vom 10. und 27. November 2015 ermittelte Marktanteil der Sendergruppe der Klägerin (ProSiebenSat.1) wurde zutreffend mit einem Zuschaueranteil von über 20 v.H. aller deutschsprachigen Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks festgestellt (2.3.3.). Die KEK und die Beklagte haben ferner korrekt den Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 zugrunde gelegt (2.3.4.). Auch erforderte der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht die Einstellung des Drittsendezeitenverfahrens im Hinblick auf das nachträgliche Absinken der Zuschaueranteile der Sendergruppe der Klägerin (2.3.5.). Durch die Einräumung von Drittsendezeiten wird die Klägerin schließlich nicht in ihren grundrechtlich geschützten Interessen aus Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG (jeweils i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) verletzt (2.3.6.)

105

2.3.1. Die Beklagte leitete das Verfahren auf Einräumung von Drittsendezeiten am 19. Oktober 2015 rechtswirksam ein.

106

2.3.1.1. Für die Feststellung, ob die in § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 RStV genannten Schwellenwerte von einem einzelnen Programm oder von den einem Unternehmen insgesamt zurechenbaren Programmen erreicht werden, sind gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 RStV der Zuschaueranteil der jeweiligen Programme unter Einbeziehung aller deutschsprachigen Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks zu ermitteln. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV ist für Entscheidungen der bei Einleitung des Verfahrens im Durchschnitt der letzten zwölf Monate erreichte Zuschaueranteil der einzubeziehenden Programme maßgeblich. Diese Regelung findet auf die Vergabe von Drittsendezeiten gemäß § 31 RStV Anwendung, und zwar auch dann, wenn es nicht um deren erstmalige, sondern – wie hier – um deren wiederholte Ausschreibung geht (s. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. September 2014 – 2 B 10327/14 –, juris Rn. 30 - 33).

107

2.3.1.2. Die Kammer teilt die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 88 – 102, wonach die wirksame Einleitung des Vergabeverfahrens am 19. Oktober 2015 mit der schriftlichen Aufforderung der Verwaltung der Beklagten an die KEK, die nach § 27 Abs. 1 RStV maßgeblichen Zuschaueranteile festzustellen, erfolgt ist. Weder ist auf einen Zeitpunkt davor noch auf einen Zeitpunkt danach abzustellen.

108

Zwar informierte die Beklagte die KEK bereits mit Schreiben vom 19. August 2015 darüber, dass nach den ihr vorliegenden Unterlagen die ProSiebenSat.1 Media SE mit den ihr zuzurechnenden Programmen im Zeitraum August 2014 bis Juli 2015 einen Zuschaueranteil von 20 v.H. überschritten habe. Sowohl im Hinblick auf den gegenwärtigen Verfahrensstand als auch im Hinblick auf ein mögliches neues Drittsendezeitenverfahren sei eine Feststellung der Zuschaueranteile erforderlich. Deshalb werde die KEK um entsprechende Feststellung gebeten. Dieses Schreiben fasste die KEK jedoch noch nicht als Antrag auf die Einleitung eines neuen Drittsendezeitenverfahrens auf und bat die Beklagte um Klarstellung, die zunächst ausblieb. Erst mit Schreiben vom 19. Oktober 2015 erbat die Beklagte bei der KEK eindeutig und ausschließlich die Feststellung der Zuschaueranteile im Zusammenhang mit einer Neuausschreibung von Drittsendezeiten für fünf Jahre. Dies stellte gegenüber der KEK die Verfahrenseinleitung im Sinne der §§ 26 Abs. 5, 27 RStV dar.

109

2.3.1.3. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist nicht auf einen späteren Zeitpunkt abzustellen.

110

Der Zwölfmonatszeitraum berechnet sich für jedes Verfahren einzeln jeweils bis zu dem Zeitpunkt, zu dem das konkrete Verfahren eingeleitet wurde (Trute in: Binder/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 4. Auflage 2018, § 27 RStV Rn. 18). Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 88 seine Auffassung, wonach für die Bestimmung des Zeitpunktes der Einleitung des Verfahrens auf die Anfrage der Beklagten bei der KEK auf Ermittlung der Zuschaueranteile am 19. Oktober 2015 als verfahrenseinleitendes Element abzustellen sei, damit begründet, nur dieser Zeitpunkt sei nach dem eindeutigen und keiner anderen Auslegung zugänglichen Wortlaut der hierfür allein heranziehbaren Regelung des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV maßgeblich. Weder komme es auf die spätere Beschlussfassung der Versammlung, noch auf den Zeitpunkt der Ausschreibung im Staatsanzeiger noch auf die Bekanntgabe der Drittsendezeitzulassungen an die Beteiligten noch auf sonstige spätere Zeitpunkte an. Denn bei den nachfolgenden Zeitpunkten handele es sich um (weitere) Handlungen innerhalb des – dann aber bereits eingeleiteten – Vergabeverfahrens. Insbesondere ein Abstellen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 13. Februar 2017 sei weder mit dem Wortlaut noch mit Sinn und Zweck der zu berücksichtigenden rundfunkrechtlichen Regelungen vereinbar.

111

Die Klägerin wendet hiergegen ein, die diesbezüglichen Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz seien rechtsfehlerhaft. Der Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV könne nicht einseitig zu Lasten des Hauptprogrammveranstalters ausgelegt werden. Da die Formulierung „Einleitung“ offen genug sei, auch das noch laufende Verfahren in die Betrachtung mit einzubeziehen und mit dem Begriff „Einleitung des Verfahrens“ die gesamte Verfahrensdauer unter Einschluss des Verfahrensabschlusses zu verstehen sei, seien andere Auslegungsmethoden heranzuziehen. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit sei eine verfassungskonforme Auslegung von § 27 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §§ 26 Abs. 5, 31 RStV dahingehend geboten, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einräumung von Drittsendezeiten auch noch zu dem Zeitpunkt vorliegen müssten, zu dem die Beklagte ihre abschließende und außenwirksame (Bescheid-)Entscheidung treffe.

112

Diese Ansicht teilt die Kammer nicht. Zwar werden zu der Frage, welcher Zeitpunkt zur Bestimmung der verfahrenseinleitenden Maßnahme im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV maßgeblich ist, in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Auffassungen vertreten. Ebenso wie das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz stellen Trute (in: Binder/Vesting, a.a.O., § 27 RStV Rn. 18) und Dörr/Petri in: Hartstein/Ring/Kreile/Stettner/Cole/Wagner, Rundfunkstaatsvertrag Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Stand April 2017, § 27 RStV Rn. 11) auf die Anfrage der zuständigen Landesmedienanstalt bei der KEK auf Ermittlung der Zuschaueranteile als verfahrenseinleitendes Element ab. Dagegen nimmt das Verwaltungsgericht Hannover (s. Beschluss vom 29. September 2008 – 7 B 3575/08 –, ZUM-RD 2008, 633) an, das Verfahren beginne mit der Erörterung der Ausschreibung zwischen Hauptprogrammveranstalter und Zulassungsbehörde. Ferner vertritt Müller-Terpitz (s. BeckOK Informations- und Medienrecht, Gersdorf/Paal, Stand Mai 2018, § 27 RStV Rn. 16) die Meinung, die Formulierung „Einleitung des Verfahrens“ sei – was mit dem Wortlaut noch zu vereinbaren sein dürfte – in verfassungskonformer Weise weit zu interpretieren und deshalb auch auf den Zeitraum bis zum Erlass der das Verfahren abschließenden Entscheidung zu beziehen.

113

Die angerufene Kammer folgt der zuerst dargestellten Rechtsauffassung. Nach dem klaren Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV sind für die Einleitung des Vergabeverfahrens die Zuschaueranteile „bei Einleitung“ und nicht bei Abschluss des Verfahrens, d.h. bei Erlass des Verwaltungsakts, maßgebend. Für die Frage, wann ein Vergabeverfahren eingeleitet wird, ist aber schon im Interesse der Rechtsklarheit auf den Zeitpunkt des von der Landesmedienanstalt erstmals „nach außen“ dokumentierten Willens, die konzentrationsrechtliche Maßnahme der Drittsendezeiten mit der Beauftragung zur Feststellung der Zuschaueranteile einzuleiten, abzustellen (so zutreffend OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 90).

114

Soweit die Klägerin darüber hinaus beanstandet, das Schreiben vom 19. Oktober 2015 an die KEK stelle auch deshalb keine wirksame Einleitung des Drittsendezeitenverfahrens dar, weil die Beklagte in dem genannten Schreiben eine Neuausschreibung nur als „naheliegend“ bezeichnet und unter den entsprechenden Vorbehalt der Entscheidung der Gremien gestellt habe, kann sie damit nicht gehört werden. Die Beklagte wies in dem Schreiben vom 19. Oktober 2015 die KEK unmissverständlich darauf hin, dass die Feststellung des Zuschaueranteils der ProSiebenSat.1 Media SE unabdingbar sei und bat um entsprechende Feststellung im Rahmen der gesetzlich auferlegten Organfunktion der KEK. Durch die gewählte Formulierung, dass die Neuausschreibung „naheliegend“ sei, brachte die Beklagte nur zum Ausdruck, dass sie intern nicht abschließend geklärt habe, ob eine Fortführung des damals noch anhängigen Verfahrens oder eine Neuausschreibung erfolgen solle. Diese Vorgehensweise war ersichtlich der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden atypischen Situation geschuldet, ohne dass sich hieraus eine Veränderung hinsichtlich der verfahrenseinleitenden Handlung ergab.

115

Im Übrigen änderte sich für die den Zuschaueranteil ermittelnde KEK an ihrem Feststellungsauftrag und damit zugleich an der nach „außen“ rechtswirksamen Verfahrenseinleitung durch einen Vorbehalt der Landesmedienanstalt, die insofern immer auch weitere Voraussetzungen bei der Vergabe von Drittsendezeiten zu beachten hat, nichts. Der Gefahr einer nur punktuellen Bestimmung der maßgeblichen Zuschaueranteile wird im Interesse der Hauptprogrammveranstalter durch den Jahreszeitraum, innerhalb dessen die durchschnittlichen Schwellenwerte erreicht werden müssen, entgegengewirkt (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – B 11451/17.OVG –, juris Rn. 92).

116

2.3.2. Auch hat die Beklagte den Einleitungszeitpunkt nicht ermessensfehlerhaft festgelegt (s. dazu ausführlich OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris Rn. 93 - 102). Im Einleitungszeitpunkt im Oktober 2015 bestand aufgrund der vorangegangenen Eilbeschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2014 und 8. September 2014 sowie des anschließenden Verhaltens der Klägerin, die überregionalen Fensterprogramme in ihrem Fernsehvollprogramm sofort einzustellen, eine atypische Situation bei der Feststellung der Verpflichtung der Ausschreibung und Zulassung von Sendezeiten für unabhängige Dritte. Es war verfassungsrechtlich geboten, den ab September 2014 eingetretenen rundfunkstaatsvertragswidrigen Zustand so schnell und rechtssicher wie möglich zu beenden. Diesen Anforderungen entsprechend übte die Beklagte nach Ergehen der Eilbeschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2014 und 8. September 2014 das ihr zustehende Ermessen zur zeitnahen Behebung des seit der Einstellung der überregionalen Fensterprogramme durch die Klägerin verfassungsrechtlich nicht zulässigen Zustands rundfunkstaatsvertragskonform aus.

117

2.3.3. Die Beklagte hat den mit Beschluss der KEK in den Sitzungen vom 10. und 27. November 2015 ermittelten Marktanteil der Sendergruppe der Klägerin zutreffend mit einem Zuschaueranteil von über 20 v.H. aller deutschsprachigen Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks festgestellt.

118

2.3.3.1. Die von der KEK zugrunde gelegte Berechnungsmethode ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu beanstanden. Maßgeblich ist nach § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV der im Durchschnitt der letzten zwölf Monate erreichte Zuschaueranteil der für die Hauptprogrammveranstalterin einzubeziehenden Programme. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat den „Durchschnitt“ in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 104 ebenso wie die KEK in ihrer Stellungnahme vom 15. Mai 2017 aus dem Quotienten der Summe der monatlichen Zuschaueranteile und der Anzahl der einzubeziehenden (zwölf) Monate gebildet und damit die arithmetische Berechnungsmethode angewandt.

119

Die Klägerin wendet dagegen ein, dem Wortlaut von § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV sei nicht zu entnehmen, welche Art der Durchschnittsberechnung gemeint sei. Daher sei auf andere Auslegungsmethoden zurückzugreifen. Dies führe dazu, dass allein die gewichtete Berechnungsmethode methodisch sachgerecht sei und gerade dem aktuellen Stand der quantitativen Medienforschung entspreche, was auch nach der Systematik des Rundfunkstaatsvertrags zu beachten sei. Danach lägen die Zuschaueranteile im maßgeblichen Zeitraum aber unter 20 v.H.

120

Dem folgt die Kammer nicht. Zwar enthält der Rundfunkstaatsvertrag keine Bestimmung des Rechtsbegriffs „Durchschnitt“. Die Klägerin weist auch zutreffend darauf hin, dass der Durchschnitt zunächst nur der „aus mehreren vergleichbaren Größen errechnete Mittelwert in Bezug auf Quantität oder Qualität“ ist (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/Durchschnitt) und es neben dem „einfachen oder arithmetischen“ Durchschnitt auch den „gewichteten“ Durchschnitt“ gibt.

121

Ein Rechtsbegriff kann sowohl eine juristisch-technische Bedeutung als auch eine hiervon verschiedene Bedeutung nach allgemeinem Sprachgebrauch aufweisen. Die Auslegung eines bestimmten Rechtsbegriffs hat, ausgehend von der Wortbedeutung (sprachlich-grammatikalische Auslegung) unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs, in dem sie steht (systematische Auslegung), den objektiven Sinngehalt des Gesetzes zu erforschen (Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Auflage 2015, Einleitung vor § 1 Rn. 40 ff.), wobei der mit der Regelung verfolgte innere Zweck, die ratio legis, zu ermitteln ist (teleologische Auslegung). Dies kann dazu führen, dass ein bestimmter Rechtsbegriff, der in mehreren Gesetzen verwendet wird, vom Gesetzgeber nicht einheitlich verwandt wird.

122

Hiernach versteht die Kammer wie die KEK und das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz den Begriff „Durchschnitt“ im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV als Quotient der Summe der monatlichen gewichteten Marktanteilsdaten für das Programm Sat.1 sowie der ProSiebenSat.1 Media SE zurechenbaren Programme und der Anzahl der einzubeziehenden zwölf Monate im Zeitraum Oktober 2014 bis September 2015. Da es im Rundfunkstaatsvertrag für den Begriff „Durchschnitt“ keine Legaldefinition gibt und ihm auch keine technisch-juristische Bedeutung zukommt, stellt die Kammer im Rahmen der grammatikalischen Auslegung auf den allgemeinen Sprachgebrauch ab. Danach wird der Durchschnitt als „einfacher“ Durchschnitt, also als Mittelwert aus mehreren vergleichbaren Größen und nicht als „gewichteter“ Durchschnitt“ verstanden. Auch zeigt ein Vergleich mit anderen Vorschriften, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck bringt, wenn ein vom allgemeinen Sprachverständnis abweichender Durchschnittsbegriff maßgebend sein soll. So spricht z.B. § 93 Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG – vom „wahrscheinlichkeitsgewichteten Durchschnitt künftiger Zahlungsströme“ und § 10 der Dreizehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – 13. BImSchV – vom „gewichteten Durchschnittswert“. Die Kammer wendet daher zur Bestimmung des Durchschnitts im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV die arithmetische Berechnungsmethode an mit der Folge, dass sich ein relevanter Zuschaueranteil von 20,04167297812 v.H. für die Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE im maßgebenden Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 ergibt. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz weist in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG – im Übrigen zu Recht darauf hin, dass die Klägerin gerade keinen Durchschnitt bildet, sondern die Ergebnisse für alle Monate des Referenzzeitraums aus der Rechnung „Marktanteil (AGF) des Programms“ mal „Sehdauer des Programms im Monat“ geteilt durch die Summe aller monatlichen Sehdauern des Programms im Referenzzeitraum addiert. Eine derartige Berechnungsmethode, die entgegen den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages unterschiedliche Sehgewohnheiten der Zuschauer von Fernsehprogrammen einbezieht, lässt sich aber weder mit dem Wortlaut noch mit der Systematik des Rundfunkstaatsvertrages in Einklang bringen.

123

2.3.3.2. Soweit die Klägerin ferner die Auffassung vertritt, bei der Berechnung der Zuschaueranteile der Sendergruppe seien entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris Rn. 108 - 114 die im Hauptprogramm aufgenommenen Regionalfensterprogramme im Referenzzeitraum herauszurechnen mit der Folge, dass dann „nur“ noch von einem relevanten Zuschaueranteil von 19,969453565424 v.H. auszugehen sei, braucht die Kammer diese Rechtsfrage hier nicht zu entscheiden. Denn nach der vorliegend zugrunde gelegten arithmetischen Berechnungsmethode ergibt sich für den Relevanzzeitraum ohne sämtliche Regionalfensterprogramme ein Zuschaueranteil von 20,007360713561 v.H.. Der Zuschaueranteil überschreitet den Schwellenwert von 20 v.H. im Übrigen auch dann, wenn man mit der Klägerin (s. Seite 27 des Schriftsatzes vom 6. Oktober 2017 in dem Verfahren 2 B 11451/17.OVG) die Anteile in Bezug auf das Angebot des Senders „wetter.com“ außen vor lässt. Denn die messbaren Zuschaueranteilsdaten bewegen sich unterhalb des Promille-Bereichs und führen selbst bei einem Abzug nicht zu einem Wert von unter 20 v.H..

124

2.3.4. Die KEK und die Beklagte haben ferner zutreffend den Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 zugrunde gelegt. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat hierzu in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG – in den Rn. 120 - 133 Folgendes ausgeführt:

125

„...Vor allem musste die Antragsgegnerin (hier: die Beklagte) – entgegen der Auffassung der Antragstellerin (hier: die Klägerin) – nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens vor dem Senat betreffend die „2. Runde“ der Drittsendezeitvergabe (2 A 10734/15.OVG) zuwarten. Dies hätte nämlich zu einer nicht hinnehmbaren Perpetuierung des verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich nicht zulässigen Zustandes geführt, der eingetreten war, nachdem die Antragstellerin unmittelbar nach Zustellung der am 23. Juli und 8. September 2014 ergangenen Eilentscheidungen des Senats die weitere Ausstrahlung der überregionalen Fensterprogramme einstellte. Da der Senat in den vorgenannten Beschlüssen aber die Verpflichtung der Antragstellerin zur Ausstrahlung von Sendezeiten für unabhängige Dritte klar und eindeutig festgestellt hatte, besteht seit Mitte September 2014 ein verfassungs- und rundfunkstaatsvertragswidriger Zustand, der bis heute andauert. Zur Behebung dieses, mit dem gesetzgeberischen Zweck der Drittsendezeiten, auch im privaten Rundfunk Meinungsvielfalt zu gewährleisten, nicht zu vereinbarenden Zustandes war die Antragsgegnerin nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, das Verfahren zur Vergabe der Zulassungen für die überregionalen Fensterprogramme im Hauptprogramm von SAT.1 so schnell wie möglich neu einzuleiten.

126

Die Berechtigung der Antragsgegnerin, das Verfahren zur Vergabe der Drittsendezeitlizenzen schon vor dem rechtskräftigen Abschluss des – zum Zeitpunkt der Einleitung des neuen Zulassungsverfahrens im Oktober 2015 noch weit mehr als ein Jahr laufenden – Berufungsverfahrens einzuleiten, folgt darüber hinaus nicht nur allein aus den Vorgaben von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV und §§ 25, 26 und 31 RStV, sondern vor allem aus dem Vorliegen der atypischen Ausgangslage, den die Antragsgegnerin durch die Einstellung der Ausstrahlung von Sendezeiten für unabhängige Dritte trotz der vom Senat festgestellten Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten berücksichtigen durfte.

127

In dieser besonderen Verfahrenssituation standen der Antragsgegnerin in tatsächlicher Hinsicht nur drei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Sie hätte – erstens – den verfassungs- und rundfunkstaatsvertragswidrigen Zustand so belassen können wie er war. Diese Möglichkeit wäre zwar mit den seit dem Jahr 2013 erkennbaren Interessen der Antragstellerin, von der Verpflichtung zur Ausstrahlung von Fensterprogrammen unmittelbar und vollständig freigestellt zu werden, kompatibel gewesen. Mit den gesetzlichen Vorgaben ist diese Option allerdings nicht zu vereinbaren.

128

Die Antragsgegnerin hätte – zweitens – die Drittsendezeitlizenzen für den verbleibenden Zeitraum bis zum 31. März 2018 neu ausschreiben und sodann die Fensterprogrammzulassungen für den sich dann nur noch ergebenden Restzeitraum vergeben können. Diese Option wäre aber gleichfalls nicht zielführend gewesen. Denn dies hätte in Anbetracht der bereits im Oktober 2015 absehbaren Dauer des Rechtsmittelverfahrens der Beigeladenen zu 1) – auf das die Antragsgegnerin keinerlei Einfluss hatte – zu demselben Ergebnis geführt: Wegen des als sicher anzusehenden Rechtsmittels gegen eine (wie auch immer ausgefallene) Entscheidung des Senats hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Gerichtsverfahren in allen Instanzen nicht vor dem 31. März 2018 abgeschlossen werden können. Auch diese Möglichkeit wäre daher zwar mit den Interessen der Antragstellerin, nicht aber mit den Vorgaben von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV und §§ 25, 26 und 31 RStV vereinbar gewesen.

129

Um den nach der Einstellung der Ausstrahlung überregionaler Fensterprogramme im September 2014 eingetretenen verfassungs- und rundfunkstaatsvertragswidrigen Zustand zeitnah und rechtssicher zu beenden, war demzufolge eine vollständige Neuausschreibung für einen neu beginnenden Lizenzzeitraum von vollen fünf Jahren naheliegend.

130

Dieser Option stand nicht entgegen, dass – wie die Antragstellerin und ihr folgend das Verwaltungsgericht meinen – bei einem Erfolg des Rechtsmittels der Beigeladenen zu 1) in Bezug auf ihre zu dem Zeitpunkt noch existente (wenn auch durch die Antragstellerin angefochtene) Zulassung für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2018 zwei sich überschneidende Rundfunkzulassungen, und dies auch noch in Bezug auf verschieden gestaltete Sendezeitschienen, entstanden wären. Eine derartige Rechtsfolge konnte nämlich schon deshalb nicht eintreten, weil die Ausschreibung und Vergabe der überregionalen Fensterprogramme von Beginn an unter der auflösenden Bedingung eines Erfolges des Rechtsmittels der Beigeladenen zu 1) in dem Berufungsverfahren stand und sich sämtliche Bewerber mit der von der Antragsgegnerin hierfür in die Ausschreibung aufgenommenen Widerrufsoption einverstanden erklärt hatten.

131

Die von der Antragsgegnerin in die Ausschreibung aufgenommene Widerrufsoption konnte entgegen der Auffassung der Antragstellerin und des Verwaltungsgerichts auch „funktionieren“. Denn ausweislich des Ausschreibungstextes war in jedem Fall gewährleistet, dass selbst bei einem Neuzuschnitt der Sendezeitschienen (der im Übrigen ausschließlich den während des Ausschreibungsverfahrens von der Antragstellerin geforderten geänderten Vorgaben geschuldet ist) eine Überschneidung der verschiedenen Zeitanteile erst gar nicht eintreten konnte. Dies folgt aus dem in der Ausschreibung aufgenommenen und von allen Bewerbern akzeptierten Vorbehalt, nach dem die Zulassungsentscheidungen wegen des zum Zeitpunkt der Ausschreibung beim Senat noch anhängigen Berufungsverfahrens für die Zeit bis zum 31. Mai 2018 „ganz oder teilweise“ unter den Vorbehalt des zeitweiligen Widerrufs für den Fall der rechtskräftigen Bestätigung der früher erteilten Erlaubnisse gestellt wurden. Im Falle des Widerrufs wäre dann die ggf. aufgenommene Sendetätigkeit bis zum 31. Mai 2018 auch einzustellen gewesen. Mit dieser rechtlichen Konstruktion war gewährleistet, dass eine sich überschneidende Vergabe der Drittsendezeiten erst gar nicht eintreten konnte.

132

Wäre der Vorbehaltsfall eingetreten und hätte die Beigeladene zu 1) nach einem Erfolg ihrer Berufung ihre ursprüngliche Zulassung bis zum 31. Mai 2018 nutzen können, so wäre nach den nachvollziehbaren Angaben der Antragsgegnerin das Fensterprogramm über die auf diese Bewerberin entfallene ursprüngliche dritte und vierte Sendezeitschiene mit einem wöchentlichen Anteil vom 75 Minuten ausgestrahlt worden. Dann wäre zum einen der Widerrufsvorbehalt gegenüber dieser Bewerberin ausgeübt worden und die neue Zulassung für den Zeitraum bis zum 31. Mai 2018 widerrufen worden.

133

In unmittelbarer Konsequenz hätte die Antragsgegnerin vom Widerrufsvorbehalt Gebrauch machen und den zeitlichen Anteil der Beigeladenen zu 2) oder 3) um zehn Minuten wöchentlich kürzen können. Auch hiermit hatten sich diese Bewerberinnen ausdrücklich einverstanden erklärt. Ein Rechtsnachteil zu Lasten der Antragstellerin wurde durch die von der Antragsgegnerin gewählte Vorbehaltskonstruktion mithin unter allen denkbaren Gesichtspunkten verhindert.

134

Dies gilt auch im Hinblick auf den Vergabezeitraum. Die im Vorbehaltsfall wieder aufgelebte Zulassungsdauer zugunsten der Beigeladenen zu 1) wäre in dem hier zu betrachtenden Zulassungszeitraum vom 1. März 2017 bis 28. Februar 2022 durch den Vorbehaltsverzicht in die Zulassung bis zum 31. Mai 2018 sowie durch Kürzungen der erteilten Neuzulassungen vollständig integriert worden. Mit derartigen Kürzungen der Vergabezeiträume hatten sich wiederum alle Beigeladenen ausdrücklich einverstanden erklärt (vgl. hierzu im Einzelnen die Ausführungen im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 1. September 2017, S. 6).“

135

Diesen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen.

136

2.3.5. Der nach Einleitung des Verfahrens erfolgte Rückgang der Zuschaueranteile der Sendergruppe der Klägerin erforderte schließlich nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Einstellung des Verfahrens.

137

2.3.5.1. Wie oben ausgeführt, betrug der Zuschaueranteil im Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 nach der hier angewendeten arithmetischen Berechnungsweise 20,04167297812 v.H. für die Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE und lag damit über dem maßgeblichen Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV. Jedoch veränderte sich der Zuschaueranteil in den nachfolgenden Referenzzeiträumen bis zum Zeitpunkt des Ergehens des Zulassungsbescheids vom 13. Februar 2017 wie folgt:

138

20,031085976606 v.H.

November 2014 bis Oktober 2015

139

20,022620018808 v.H.

Dezember 2014 bis November 2015

140

20,032803733915 v.H.

Januar 2015 bis Dezember 2015

141

20,015479471064 v.H.

Februar 2015 bis Januar 2016

142

20,004098801854 v.H.

März 2015 bis Februar 2016

143

19,968402755132 v.H.

April 2015 bis März 2016

144

19,913758214199 v.H.

Mai 2015 bis April 2016

145

19,903432358392 v.H.

Juni 2015 bis Mai 2016

146

19,650787680209 v.H.

Juli 2015 bis Juni 2016

147

19,482626537024 v.H.

August 2015 bis Juli 2016

148

19,248428659493 v.H.

September 2015 bis August 2016

149

19,194187005772 v.H.

Oktober 2015 bis September 2016

150

19,135846449362 v.H.

November 2015 bis Oktober 2016

151

19,037254093958 v.H.

Dezember 2015 bis November 2016

152

18,977279227433 v.H.

Januar 2016 bis Dezember 2016

153

18,920525809131 v.H.

Februar 2016 bis Januar 2017

154

Nach Bekanntgabe des Zulassungsbescheids entwickelten sich die Zuschaueranteile in den folgenden Referenzperioden folgendermaßen:

155

18,800656063662 v.H.

März 2016 bis Februar 2017

156

18,663003318843 v.H.

April 2016 bis März 2017

157

18,541745183280 v.H.

Mai 2016 bis April 2017

158

18,392771124871 v.H.

Juni 2016 bis Mai 2017

159

18,433156959175 v.H.

Juli 2016 bis Juni 2017

160

18,321738756530 v.H.

August 2016 bis Juli 2017

161

18,262833891436 v.H.

September 2016 bis August 2017

162

18,111200616270 v.H.

Oktober 2016 bis September 2017

163

18,029129684808 v.H.

November 2016 bis Oktober 2017

164

17,960695152545 v.H.

Dezember 2016 bis November 2017

165

17,859564323979 v.H.

Januar 2017 bis Dezember 2017

166

17,761120559379 v.H.

Februar 2017 bis Januar 2018

167

17,634940355094 v.H.

März 2017 bis Februar 2018

168

17,632409020393 v.H.

April 2017 bis März 2018

169

17,658106381604 v.H.

Mai 2017 bis April 2018

170

17,726196298593 v.H.

Juni 2017 bis Mai 2018

171

Die gewichteten monatlichen Zuschaueranteile der Sendergruppe betrugen nach Einleitung des Verfahrens bis zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten wie folgt:

172

20,285628262718 v.H.

Oktober 2015

173

20,228218638419 v.H.

November 2015

174

19,469759702940 v.H.

Dezember 2015

175

18,338064317642 v.H.

Januar 2016

176

19,245565835180 v.H.

Februar 2016

177

19,660549819146 v.H.

März 2016

178

19,480364150173 v.H.

April 2016

179

19,879021289218 v.H.

Mai 2016

180

17,451423962554 v.H.

Juni 2016

181

18,612468040061 v.H.

Juli 2016

182

18,164625168102 v.H.

August 2016

183

19,514554883116 v.H.

September 2016

184

19,585541585791 v.H.

Oktober 2016

185

19,045110373570 v.H.

November 2016

186

18,750061304644 v.H.

Dezember 2016

187

17,657023298016 v.H.

Januar 2017

188

189

In der Folgezeit bis zur mündlichen Verhandlung lagen die monatlichen Zuschaueranteile stets unter 19 v.H., zuletzt im Mai 2018 bei 18,90811592175 v.H..

190

2.3.5.2. Die Rechtsfrage, ob, nachdem das Drittsendezeitenverfahren wirksam eingeleitet wurde, das anschließende Absinken der Zuschaueranteile unter den Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV im noch laufenden Verwaltungsverfahren zu berücksichtigen ist, ist bisher höchstrichterlich nicht entschieden worden. In der Literatur wird, soweit ersichtlich, übereinstimmend die Ansicht vertreten, dass neue Tendenzen in den Zuschauerzahlen nach Ablauf des Referenzzeitraums unter bestimmten Umständen zu beachten sind, wenn zwischen Verfahrenseinleitung und der Letztentscheidung ein längerer Zeitraum liegt (vgl. Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Auflage 2015, § 27 RStV Rn. 10; Müller-Terpitz in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 27 RStV Rn. 16; Flechsig/Müller in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 31 RStV Rn. 18 und 25a; Trute in: Binder/Vesting, a.a.O., § 27 RStV Rn. 19; Dörr/Petri in: Hartstein/Ring/Kreile/Stettner/Cole/Wagner, a.a.O., § 27 RStV Rn. 12). Zur Begründung wird ausgeführt, dies entspreche nicht nur der Ratio medienkonzentrationsrechtlicher Verfahren, für die Zukunft die Entstehung vorherrschender Meinungsmacht zu verhindern bzw. existente Meinungsmacht zu brechen. Zugleich werde hierdurch dem Gebot einer verfassungskonformen Handhabung des Gesetzes Rechnung getragen, da im Hinblick auf die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Programmautonomie einem Fernsehveranstalter keine vielfaltsbezogenen Maßnahmen nach § 26 Abs. 5 und § 31 RStV auferlegt werden dürften, wenn dessen Zuschaueranteil im laufenden Verfahren über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten hinweg so weit zurückgegangen sei, dass eine Entstehung bzw. Verfestigung vorherrschender Meinungsmacht nicht mehr zu besorgen sei. Nach Müller-Terpitz (in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 27 RStV Rn. 16) sind Veränderungen des Zuschaueranteils zu berücksichtigen, wenn der Zuschaueranteil „in rechtserheblicher Weise“ abgenommen hat. Dörr/Petri (in: Hartstein/Ring/Kreile/Stettner/Cole/Wagner, a.a.O., § 27 RStV Rn. 12) vertreten die Ansicht, ein nachträgliches Unterschreiten der Schwellenwerte könne allenfalls dann relevant werden, wenn es sich derart gravierend darstelle, dass die ursprüngliche Gefährdungslage – die Befürchtung des Entstehens vorherrschender Meinungsmacht – ersichtlich nicht mehr bestehe und ein alsbaldiges Wiedererstarken und abermaliges Erreichen der die vielfaltsichernden Maßnahmen auslösenden Schwellenwerte weitgehend ausgeschlossen werden könne.

191

Die angerufene Kammer führte zu der aufgezeigten Problematik in ihrem Beschluss vom 8. März 2014 im Verfahren 5 L 753/13.NW, an dem sowohl die Klägerin als auch die Beklagte beteiligt waren, aus, mit der Regelung des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV habe der Gesetzgeber materiell-rechtlich eine spezielle Regelung getroffen, die den allgemeinen Grundsätzen über die maßgebliche Sach- und Rechtslage bei behördlichen oder gerichtlichen Entscheidungen vorgehe. Dies habe zur Folge, dass der Zuschaueranteil im Zeitpunkt der eigentlichen Zulassungsentscheidung ebenso unerheblich sei wie der Zuschaueranteil zum Zeitpunkt einer späteren Gerichtsentscheidung.

192

Im gegen den Beschluss der Kammer vom 8. März 2014 – 5 L 753/13.NW –, juris, von der Klägerin angestrengten Beschwerdeverfahren stellte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 23. Juli 2014 – 2 B 10323/14.OVG –, juris, Rn. 41 klar, dass die Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten nicht bestehe, solange ein durchschnittlicher Zuschaueranteil von zehn bzw. 20 v.H. erreicht werde, sondern sie bestehe ungeachtet dessen für eine Dauer von fünf Jahren bereits dann, wenn diese Anteile zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht worden seien. Die Vergabe von Drittsendezeiten erfordere umfangreiche Vorkehrungen nicht nur der Landesmedienanstalt und des Hauptprogrammveranstalters, sondern insbesondere auch der (ausgewählten) Bewerber für die Drittsendezeiten, die im Falle ihrer Auswahl zur Durchführung der Sendezeiten verpflichtet seien. Ab einem bestimmten Zeitpunkt müsse damit die Pflicht zur Einräumung von Drittsendezeiten feststehen, und zwar unabhängig von künftigen Schwankungen der Zuschaueranteile. Hierfür spreche auch, dass § 26 Abs. 5 RStV zwar die Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten an das Überschreiten bestimmter Mindestzuschaueranteile knüpfe, sodann aber die Zulassung des Fensterprogrammveranstalters gemäß § 31 Abs. 6 Satz 4 RStV auf die Dauer von fünf Jahren zu erteilen sei. Diese bestehe damit unabhängig von der künftigen Entwicklung der Zuschaueranteile. Auch die Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV erzwängen keine Berücksichtigung veränderter Zuschaueranteile bis zum Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung. Diese Rechtsauffassung hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 8. September 2014 – 2 B 10327/14.OVG –, juris, bekräftigt.

193

Den dargestellten Standpunkt hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris Rn. 118 nunmehr dahingehend modifiziert, dass ein zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit beachtlicher Zuschauerrückgang dann zugrunde gelegt werden könne, wenn die Anteile so weit sänken, dass sie – erstens – stetig und eindeutig eine Tendenz unterhalb der Schwellenwerte aufzeigten und – zweitens – in jeder der nach der Verfahrenseinleitung ermittelten Durchschnittswerte erheblich unter den Schwellenwerten des § 26 Abs. 5 RStV lägen. Nur geringfügig unter dem Zwanzig-Prozent-Wert liegende Anteile im Umfang von nur einem Prozentpunkt oder gar geringer reichten hierfür nicht aus.

194

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz erkennt damit neuerdings ein nachträgliches Absinken der Zuschaueranteile unter den Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV unter strengen Voraussetzungen als berücksichtigungsfähig an. Trute versteht die neue Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts in seiner im Auftrag der Klägerin erstellten gutachterlichen Stellungnahme vom 26. Februar 2018 so, dass das Absinken der Zuschaueranteile nur dann beachtlich sein solle, wenn es nach der Verfahrenseinleitung für ein Jahr lang in jedem der Durchschnittswerte unter 19 v.H. liege. Das Gericht verlange damit 144 Monatswerte, die zusammengenommen jeweils in 12 aufeinanderfolgenden Jahresabschnitten unter 19 v.H. lägen. Dieser Fall könne – unterstellt in dem Jahreszeitraum zuvor sei eine Überschreitung von 20,04 v.H., wie in diesem Fall diskutiert – der Sache nach praktisch nicht eintreten. Lege man Jahresdurchschnittswerte zugrunde, dann müsste bei unterstellten 20,04 v.H. Zuschaueranteil der Wert im Monat nach dem Ermittlungszeitraum unter 8 v.H. liegen, um zu einem Jahresdurchschnittswert unterhalb von 19 v.H. zu kommen – eine gleichmäßige Verteilung auf die Vormonate unterstellt. Das ließe sich wohl nur mit der sofortigen Einstellung von mehreren Programmen erreichen. Damit werde deutlich, dass das Bekenntnis des Oberverwaltungsgerichts zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ohne Folgen bleiben müsse.

195

2.3.5.2. Es kann offenbleiben, ob die Aussagen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz so zu verstehen sind, wie Trute sie in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 26. Februar 2018 aufgefasst hat. Die erkennende Kammer greift jedenfalls unter Aufgabe ihrer im Beschluss vom 8. März 2014 – 5 L 753/13.NW – vertretenen Rechtsauffassung den von der Literatur und dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz ins Spiel gebrachten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf und hält nachträgliche Veränderungen in den Zuschauerzahlen nach Maßgabe der folgenden Erwägungen für beachtenswert.

196

a) Ausgangspunkt sind die Bestimmungen der §§ 26, 27 und 31 RStV. Diese setzen auf eine positive Vielfaltssicherung durch binnenplurale Elemente in Gestalt von Sendezeit für unabhängige Dritte. Damit soll sichergestellt werden, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in größtmöglicher Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. Das Bundesverfassungsgericht betont in ständiger Rechtsprechung, dass in Bezug auf Vielfaltsbeeinträchtigungen eine präventive Konzentrationskontrolle notwendig ist, weil eine nachträgliche Korrektur von Fehlentwicklungen gerade gegenüber konzentrierter Meinungsmacht in ihren Erfolgsaussichten stark gemindert wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 1996 – 1 BvR 748/93 –, NJW 1997, 1147 m.w.N.). Das Verfahrensziel der Vielfaltsicherung legitimiert daher das Drittsendezeitenverfahren nach den §§ 26 Abs. 5, 27 Abs. 1 und 31 RStV.

197

Die Vergabe von Drittsendezeiten verlangt umfangreiche Vorkehrungen der Landesmedienanstalt, des Hauptprogrammveranstalters und der ausgewählten Bewerber für die Drittsendezeiten, die im Falle ihrer Auswahl zur Durchführung der Sendezeiten verpflichtet sind. Damit die Fensterprogramme auch tatsächlich produziert und gesendet werden können, müssen die unabhängigen Drittsendezeitveranstalter genügend Planungssicherheit haben. Diese ist aber nur gewährleistet, wenn geringe Schwankungen im Zuschaueranteil unterhalb der Schwellenwerte nicht sofort zur Reaktion zwingen. Mit dem Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde zudem gerade der (relativ lange) Zulassungszeitraum von fünf Jahren ausdrücklich im Interesse der Planungssicherheit des unabhängigen Fensterprogrammveranstalters eingefügt (vgl. Flechsig/Müller, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 31 RStV Rn. 25; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 19. März 2010 – 10 ME 439/08 –, ZUM-RD 2010, 513). Mit der Einräumung von Drittsendezeiten wird der Hauptprogrammveranstalter, bezogen auf die Gesamtsendezeit, auch nur geringfügig in seiner Rundfunkveranstaltungsfreiheit einschränkt.

198

Die genannten Gründe rechtfertigen es, grundsätzlich an den Zuschaueranteilen festzuhalten, die zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens die Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 RStV zumindest erreicht wurden. Die Berücksichtigung neuer Tendenzen in den Zuschauerzahlen, die das nachträgliche Unterschreiten der Schwellenwerte zur Folge haben, muss daher auf gravierende Ausnahmekonstellationen begrenzt werden.

199

b) Ein solcher Ausnahmefall würde etwa das Ausscheiden eines quotenstarken Senders aus einer Sendergruppe darstellen. Wäre z.B. nach Einleitung des Verfahrens wegen Erreichens des Zwanzig-Prozent-Werts, aber noch vor der Entscheidung der Beklagten über die Zulassung von Fensterprogrammveranstaltern das Programm von ProSieben aus der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE, der die Klägerin angehört, ausgeschieden – in dem hier zugrunde gelegten Referenzzeitraum von November 2014 bis Oktober 2015 hatte ProSieben einen gewichteten Zuschaueranteil von 5,132614520081 v.H. –, so wäre der monatliche Zuschaueranteil der übrig gebliebenen Sendergruppe innerhalb eines Monats auf ca. 15 v.H. gesunken. In diesem Fall wäre es im Hinblick auf die Grundrechte des Hauptprogrammveranstalters nicht mehr gerechtfertigt, das zu Recht eingeleitete Verfahren zu einem Abschluss zu bringen. Vielmehr müsste das Verfahren wegen eines gravierenden Rückgangs der Zuschaueranteile der Sendergruppe eingestellt werden.

200

Dass diese nachträgliche Änderung nicht außer Acht gelassen werden kann, zeigt auch die folgende Überlegung: Hätte sich in dem angegebenen Beispiel ProSieben der Mediengruppe RTL Deutschland angeschlossen und diese wäre – fiktiv – wegen Unterschreitens des Schwellenwerts des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV in der Vergangenheit mit einem Wert von 19,5 v.H. noch nicht zur Einräumung von Drittsendezeiten verpflichtet gewesen, würde sich dies mit der Einbeziehung von ProSieben in die Mediengruppe RTL Deutschland – der Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV würde nunmehr überschritten – sofort ändern und die Beklagte würde gegenüber der Mediengruppe RTL Deutschland ein Drittsendezeiten-Verfahren einleiten, weil nunmehr die Gefahr von Vielfaltsbeeinträchtigungen von der Mediengruppe RTL Deutschland ausgehen würde.

201

c) Ebenso wie bei dem angegebenen Beispiel des „Sendergruppenwechsels“ müssen auch rechtserhebliche Rückgänge in den Zuschauerzahlen einer Sendergruppe nach Einleitung des Verfahrens durch die Landesmedienanstalt Beachtung finden.

202

Ob ein rechtserheblicher Rückgang der Zuschaueranteile im Laufe eines Drittsendezeitenverfahrens gegeben ist, hängt nach Auffassung der Kammer von mehreren Faktoren ab. Zunächst muss geklärt werden, welcher Zeitraum nach der Einleitung des Verfahrens in Bezug auf die Entwicklung der Zuschaueranteile in die Würdigung miteinzubeziehen ist (aa). Ferner ist die Frage zu beantworten, auf welchen Durchschnittswert die Zuschaueranteile gesunken sein müssen, damit von einem rechtserheblichen Rückgang gesprochen werden kann (bb). Schließlich ist zu beantworten, ob es auf die gewichteten Monatswerte oder auf die Jahreswerte in den jeweiligen Referenzperioden in dem maßgeblichen Zeitraum oder auf beide Werte ankommt (cc).

203

aa. Nach Ansicht der Kammer sind hier die Zuschaueranteile in dem gesamten Zeitraum zwischen Einleitung des Verfahrens und der Zulassungsentscheidung der Beklagten im Februar 2017 zu würdigen; dagegen bleibt der nachfolgende Zeitraum bis zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer außen vor.

204

Das Verwaltungsverfahren, das mit dem Antrag der Beklagten bei der KEK vom 19. Oktober 2015 seinen Anfang nahm, mit der Ausschreibung am 25. Januar 2016 fortgeführt wurde und mit dem Zulassungsbescheid vom 13. Februar 2017 seinen Abschluss fand, hat deutlich länger gedauert als dies nach der Intention des Gesetzgebers der Fall sein soll. § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV sieht vor, dass Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe von § 31 RStV binnen sechs Monaten nach Feststellung und Mitteilung durch die zuständige Landesmedienanstalt einzuräumen ist. Ein Zeitraum von sechs Monaten ist bei Drittsendezeitenverfahren jedoch in der Regel nicht einzuhalten (s. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris Rn. 119). Dies zeigt auch das vorliegende Verfahren, in dem der Beklagten nicht vorgeworfen werden kann, dass sie das Auswahlverfahren unter den 63 Bewerbern hätte schneller abschließen müssen. Aus den Verwaltungsakten ergeben sich aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin während des komplexen Zulassungsverfahrens nach § 31 RStV versucht hätte, dieses durch ein wenig konsensuales Verhalten mit den danach erforderlichen dialogischen Auseinandersetzungen und sonstigen Abstimmungen, etwa bei den nach erfolgter Auswahl mit den Bewerbern abzuschließenden Finanzierungsvereinbarungen, im Hinblick auf sinkende Zuschaueranteile in die Länge zu ziehen und sich damit eine für sie günstigere Rechtsposition zu verschaffen (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 119). Dementsprechend sind nach Auffassung der Kammer hier die Zuschaueranteile bis zur Zulassungsentscheidung der Beklagten im Februar 2017 auszuwerten.

205

Demgegenüber können die nachfolgenden Zuschauerzahlen bis zur mündlichen Verhandlung – in diesem Zeitraum schwankten die monatlichen Zuschaueranteile der Sendergruppe der Klägerin zwischen 16,292966438138 v.H. im Februar 2018 und 18,90811592175 v.H. im Mai 2018 und die Jahreswerte zwischen 17,632409020393 v.H. im Referenzzeitraum April 2017 bis März 2018 und 18,800656063662 v.H. in der Referenzperiode März 2016 bis Februar 2017 – keine Berücksichtigung finden. Zwar weist die Zulassung von Fensterprogrammveranstaltern, die für die Dauer von fünf Jahren erfolgt, Ähnlichkeiten mit einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung auf. Bei einem Dauerverwaltungsakt tritt seine Wirkung nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern während eines bestimmten Zeitraums ein. Er erschöpft sich folglich nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage wie der Momentverwaltungsakt, sondern begründet oder verändert ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand von ihm abhängiges Rechtsverhältnis (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 23. Februar 2018 – 11 LC 177/17 –, juris; Barczak, JuS 2018, 238, 243 m.w.N.). Daher müssen die Voraussetzungen für ihren Erlass während des gesamten Wirkungszeitraums vorliegen (Wolff in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Auflage 2014, § 113, Rn. 116 m.w.N.). Bei Dauerverwaltungsakten ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der materiellen Rechtmäßigkeit deshalb grundsätzlich der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 23. Februar 2018 – 11 LC 177/17 –, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. Mai 2015 – 19 A 2097/14 –, juris, Rn. 23 ff.).

206

Ein Abstellen auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der vorliegenden Konstellation wäre nach Ansicht der Kammer jedoch mit dem Sinn und Zweck des Drittsendezeitenverfahrens nicht zu vereinbaren. Wie oben ausgeführt, stellt § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV abweichend von den ansonsten geltenden Fallgruppen der Bestimmung des maßgeblichen Zeitraums der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der zu ermittelnden Zuschaueranteile auf den Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens ab. Ist zu diesem Zeitpunkt der Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV überschritten, so ist das Drittsendezeitenverfahren zwingend einzuleiten. Ab der Ausschreibung sind an dem Verfahren Zulassungsbewerber beteiligt, die von diesem Zeitpunkt an Ressourcen aufwenden müssen. Auch die Landesmedienanstalt, die das Verfahren einzuleiten hat, wenn die Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 RStV erreicht sind, hat in dem mehrstufigen Auswahlverfahren Personal- und Sachkosten. Ist der Zulassungsbewerber gemäß § 31 Abs. 4 RStV ausgewählt worden, schließt er nach § 31 Abs. 5 Satz 1 RStV mit dem Hauptprogrammveranstalter eine Vereinbarung über die Ausstrahlung des Fensterprogramms im Rahmen des Hauptprogramms. Danach überprüft die Landesmedienanstalt die Vereinbarung und erteilt gemäß § 31 Abs. 6 Satz 1 RStV dem Fensterprogrammveranstalter die Zulassung für die Dauer von fünf Jahren. Spätestens mit der für sofort vollziehbar erklärten Zulassung muss dem Fensterprogrammveranstalter eine schützenswerte Rechtsposition zugestanden werden. Die Frist von fünf Jahren ist vom Gesetzgeber bewusst gewählt worden, um dem Fensterveranstalter neben der Sicherung der Programmautonomie auch wirtschaftliche Planungssicherheit zu geben. Dies rechtfertigt das Außerachtlassen der Zuschaueranteile nach Erlass des Zulassungsbescheids.

207

bb. In Bezug auf die weitere Frage, wann zahlenmäßig von einem deutlichen Rückgang der Zuschaueranteile gesprochen werden kann, orientiert sich die Kammer an dem vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 118, genannten Durchschnittwert von unter 19 v.H.. Soweit die Klägerin moniert, dass es für diesen Wert keine Rechtfertigung gebe, dringt sie damit nicht durch. Das qualitative Kriterium, mehr als 1 v.H. Abweichung vom Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV zu verlangen, damit das laufende Drittsendezeitenverfahren eingestellt wird, ist vor dem Hintergrund des Gesetzesziels, bereits im Vorfeld vorherrschender Meinungsmacht deren Entstehung durch vielfaltssichernde Maßnahmen zu verhindern und dort, wo vorherrschende Meinungsmacht eingetreten ist, diese durch adäquate vielfaltssichernde Maßnahmen zu brechen, angemessen.

208

cc. Die Kammer hält es im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung schließlich für angezeigt, vorrangig die gewichteten Monatswerte und nicht die Jahreswerte der Referenzperioden heranzuziehen, die dem Referenzzeittraum, in dem der Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV erreicht worden ist und zur Einleitung des Drittsendezeitenverfahrens geführt hat, nachgefolgt sind. Würde man allein die Referenzperioden in den Blick nehmen, so würde – worauf Trute in seiner Stellungnahme vom 26. Februar 2018 zutreffend hingewiesen hat – die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes praktisch ohne Folgen bleiben. Denn der Jahreszuschaueranteil, der zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens noch den Schwellenwert von 20 v.H. erreicht hatte, könnte in der nachfolgenden Referenzperiode nur dann auf einen Durchschnittswert von unter 19 v.H. sinken, wenn im Folgemonat der Wert auf unter 8 v.H. abnähme. Ein solcher Vorgang kann realistischer Weise nicht stattfinden, außer es gäbe Veränderungen in der Sendergruppe.

209

Nach Maßgabe dieser Vorgaben zeigt die Auswertung der auf den Seiten 39/40 des Urteilsumdrucks wiedergegebenen monatlichen Zuschaueranteile, dass diese in dem Zeitraum von Oktober 2015 bis Januar 2017 nicht kontinuierlich abgenommen haben, sondern größeren Schwankungen unterworfen waren. Während der Zuschaueranteil in den Monaten Oktober 2015 bis Dezember 2015 noch über dem Durchschnittswert von 19 v.H. lag (Oktober 2015: 20,285628262718 v.H., November 2015: 20,228218638419 v.H., Dezember 2015: 19,469759702940 v.H.), unterschritt er ihn im Januar 2016 erstmals mit einem Wert von 18,338064317642 v.H., um danach sofort wieder für die Dauer von vier Monaten über einen Wert von 19 v.H. zu steigen (Februar 2016: 19,245565835180 v.H., März 2016: 19,660549819146 v.H., April 2016: 19,480364150173 v.H. und Mai 2016: 19,879021289218 v.H.). Im Juni 2016 fiel der Zuschaueranteil der Sendergruppe der Klägerin – offenkundig wegen der inzwischen eröffneten Fußballeuropameisterschaft 2016 – dann auf einen Wert von 17,451423962554 v.H., gefolgt von 18,612468040061 v.H. im Juli 2016 und 18,164625168102 v.H. im August 2016. In den Folgemonaten September bis November 2016 stiegen die Zuschaueranteile dann wieder über den Durchschnittswert von 19 v.H. (September 2016: 19,514554883116 v.H., Oktober 2016: 19,585541585791 v.H. und November 2016: 19,045110373570 v.H.), um anschließend wieder unter den Wert von 19 v.H. zu sinken (Dezember 2016: 18,750061304644 v.H., Januar 2017: 17,657023298016 v.H.). Der niedrigste Wert wurde im Juni 2016 mit 17,451423962554 v.H. und der höchste Wert wurde im Oktober 2015 mit 20,285628262718 v.H. ermittelt. Insgesamt lagen die Zuschaueranteile in dem genannten Zeitraum in drei Monaten über dem Schwellenwert von 20 v.H., in acht Monaten über 19 v.H. und nur in fünf Monaten unter 19 v.H..

210

Diesem Zahlenwerk kann kein kontinuierlicher und deutlicher Rückgang der Zuschaueranteile in dem Zeitraum zwischen wirksamer Einleitung des Verfahrens im Oktober 2015 und Ergehen der Entscheidung durch die Beklagte im Februar 2017 entnommen werden. Der Wert von 19 v.H. wurde in der eindeutigen Mehrzahl der gewürdigten Monate, nämlich in 11 von 16 Monaten, überschritten und zwar nicht nur geringfügig. Die Kammer sieht es daher nicht als unverhältnismäßig an, der grundrechtlich verbürgten Garantie der Vielfalt den Vorrang gegenüber der ebenso grundrechtlich verbürgten Rundfunkfreiheit der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin einzuräumen.

211

Auch ein ergänzender Blick auf die Jahreswerte führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Stellt man zusätzlich auf die Durchschnittswerte in den auf die Einleitung des Verfahrens folgenden Referenzzeiträumen bis zum Ergehen der Entscheidung im Februar 2017 ab, so schwankten die Zuschauerzahlen zwischen 18,920525809131 v.H. im Zeitraum Februar 2016 bis Januar 2017 und 20,032803733915 v.H. im Zeitraum Januar 2015 bis Dezember 2015. Die Zuschaueranteile lagen in dem gesamten Zeitraum insgesamt in fünf Monaten über 20 v.H., in neun Monaten über 19 v.H. und nur in zwei Monaten unter 19 v.H..

212

2.3.6. Hat die Beklagte damit sämtliche einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV beachtet, so sind auch weitere grundrechtlich geschützte Interessen der Klägerin nicht verletzt worden. Dies gilt namentlich in Bezug auf die von der Klägerin angeführten Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG (jeweils i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG).

213

Die Beschränkungen der Berufsausübung der Klägerin sind in einem durch den Rundfunkstaatsvertrag und den Landesmediengesetzen regulierten Markt zulässig (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 137). Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der maßgeblichen Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags oder des Landesmediengesetzes bestehen nicht (vgl. zur vergleichbaren Situation bei den Regionalfensterprogrammen: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Juni 2017 – 2 A 10449/16.OVG –, juris, Rn. 91 ff.). Die Pflicht zur Finanzierung von überregionalen Fensterprogrammen sind als bloße Schmälerungen von Gewinnerwartungen, die als solche nicht der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG unterfallen, gerechtfertigt (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Juni 2017 – 2 A 10449/16.OVG –, juris). Eine Verletzung der von der Klägerin als verletzt gerügte allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) ist ebenfalls nicht erkennbar.

214

Ist damit im Ergebnis die Klägerin zur Einräumung von Fensterprogrammen für Dritte verpflichtet, brauchte die Kammer nicht mehr auf den hilfsweise von der Beklagten gestellten Beweisantrag einzugehen, ob die von der KEK ermittelten Zuschaueranteile um den Anteil der zeitgleichen und zeitversetzten Online-Rezeption von Fernsehinhalten der Klägerin erweitert werden müssten.

215

3. Rechtgrundlage für den teilweisen Widerruf der Zulassung der Klägerin vom 26. August 2008 ist § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG (vgl. Müller-Terpitz in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 31 Rn. 52). Danach kann ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist.

216

Die Voraussetzungen für den teilweisen Widerruf der Zulassung der Klägerin vom 26. August 2008 sind gegeben, denn die Zulassung der Beigeladenen in der Ziffer I. des Bescheids vom 13. Februar 2017 ist rechtmäßig.

217

III. Die gegen Ziffer III. des Zulassungsbescheids vom 13. Februar 2017 gerichtete Anfechtungsklage ist bereits unzulässig.

218

Zwar handelt es sich bei der Ablehnungsentscheidung in Ziffer III. des Zulassungsbescheids vom 13. Februar 2017 gegenüber den unterlegenen Konkurrenten ebenso wie bei der in dem genannten Bescheid getroffenen Zulassungsentscheidung der erfolgreichen Bewerber, den Beigeladenen, und der Zulassung von Fensterprogrammen im Hauptprogramm der Klägerin um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG –, der zu einem einheitlichen Verwaltungsakt gebündelt wurde (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. November 2003 – 2 B 11374/03.OVG –: die Auswahlentscheidung ist notwendiger Bestandteil des mehrstufigen Verwaltungsakts der rundfunkrechtlichen Zulassung). Auch wenn das Verfahren zur Zulassung von Drittsendezeitveranstaltern, das in § 31 Abs. 4 bis 6 RStV im Einzelnen geregelt ist, aus mehreren Verfahrensschritten besteht, die das weitere Verfahren auch beeinflussen bzw. ihm eine bestimmte Richtung geben können, steht am Ende die Zulassungsentscheidung als abschließende Sachentscheidung, die – als einziger Verfahrensschritt – Verwaltungsaktscharakter hat (vgl. VG Neustadt/Wstr., Beschluss vom 21. Februar 2011 – 5 L 1093/11.NW -; vgl. auch Müller-Terpitz in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 31 RStV Rn. 66). Gegen die Ablehnungsentscheidung in Ziffer III. des Zulassungsbescheids vom 13. Februar 2017 wäre daher die Verpflichtungsklage eines unterlegenen Konkurrenten auf Zulassung oder Neubescheidung statthaft.

219

Hier wendet sich aber die Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin gegen die Ablehnung der unterlegenen Mitbewerber mit dem Argument, es handele sich bei dem Zulassungsbescheid vom 13. Februar 2017 um einen nicht teilbaren Verwaltungsakt, weswegen dieser insgesamt aufgehoben werden müsse. Die Frage, ob ein Verwaltungsakt teilbar ist, beurteilt sich nach materiellem Recht und ist somit eine Frage der Begründetheit (vgl. Wolff in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rn. 164; Riese in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Juni 2017, § 113 Rn. 15). Nur dann, wenn eine Teilaufhebung offenkundig nicht in Betracht zu ziehen ist, ist die Teilanfechtungsklage bereits unzulässig (Wolff in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rn. 164; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Oktober 2013 – L 7 KA 40/12 –, juris).

220

Vorliegend braucht die Kammer sich mit der aufgeworfenen Problematik nicht näher auseinanderzusetzen. Selbst wenn man die Anfechtungsklage für statthaft und zusätzlich die Klägerin auch noch für klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – halten würde – sie hat aufgrund der Zulassung des Fensterprogramms in ihrem Hauptprogramm einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Durchführung des Verfahrens aus § 31 Abs. 4 und 5 RStV (vgl. Müller-Terpitz in: BeckOK Informations- und Medienrecht a.a.O., § 31 RStV Rn. 69) –, fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Abgesehen davon, dass sämtliche unterlegene Mitbewerber die an sie gerichteten Ablehnungsbescheide vom 13. Februar 2017 inhaltlich haben bestandskräftig werden lassen, ist die Auswahl der Bewerber, die die Zulassung erhalten haben, also hier die Beigeladenen, einvernehmlich zustande gekommen, wenn auch seitens der Klägerin vorbehaltlich der Rechtmäßigkeit des Verfahrens insgesamt. Gemäß § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV erörtert die zuständige Landesmedienanstalt mit dem Hauptprogrammveranstalter die Anträge mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen. Das Verfahren nach § 31 RStV setzt folglich primär auf eine konsensuale Auswahlentscheidung zwischen Medienaufsicht und Veranstalter (vgl. VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 5. September 2012 – 5 K 417/12.NW –, ZUM-RD 2013, 167). Die einvernehmliche Auswahl ist mehr als eine bloße Anhörung im Sinne des § 28 Abs. 1 VwVfG des betroffenen Hauptprogrammveranstalters (VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 5. September 2012 – 5 K 417/12.NW –, ZUM-RD 2013, 167, 168). Vielmehr dient sie dem Ziel, die grundrechtlich gebotenen Vielfaltsinteressen der Zulassungsbehörde mit der ebenfalls grundrechtlich geschützten Programmautonomie des Hauptprogrammveranstalters in Einklang zu bringen (VG Hannover, Beschluss vom 10. Dezember 2008 – 7 B 3949/08 –, ZUM-RD 2009, 235).

221

Vorliegend fand am 27. April 2016 ein Erörterungsgespräch zwischen der Klägerin und der Beklagten mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung in Bezug auf die Auswahl der Bewerber für die drei Sendezeitschienen statt. Dabei schlug die Klägerin die Beigeladene zu 1) für die 1. Schiene Dienstag 23:10 Uhr bis 00:15 Uhr, die Beigeladene zu 2) für die 2. Schiene Dienstag 00:15 Uhr bis 01:15 Uhr und die Beigeladene zu 3) für die 3. Schiene Samstag 19:00 Uhr bis 19:55 Uhr vor. Die Beklagte war mit diesen Vorschlägen einverstanden.

222

Entsprach aber die konsensuale Auswahlentscheidung den Interessen der Klägerin, so ist nicht zu erkennen, dass sie einen oder mehrere der abgelehnten Bewerber als Drittsendezeitveranstalter bevorzugt hätte und deshalb ein eigenes Interesse an der Aufhebung der ablehnenden Entscheidungen haben könnte.

223

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

224

Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO.

225

Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Frage, zu welchem Zeitpunkt die maßgeblichen Zuschaueranteile zu bestimmen sind, grundsätzliche Bedeutung hat.

226

Da es sich hierbei auch um eine Rechtsfrage handelt, die Bundesrecht (s. § 48 RStV) und damit nach § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO revisibles Recht betrifft, wären an sich auch die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz (Sprungrevision) gegeben (§ 134 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Da die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2018 zu Protokoll aber ausdrücklich erklärt hat, einer Sprungrevision nicht zuzustimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1993 – 5 C 45/91 –, NVwZ 1994, 490), hat die Kammer davon Abstand genommen, die Sprungrevision zuzulassen.

Beschluss

227

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 500.000 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. mit Ziffer 37.4 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (LKRZ 2014, 169).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.