Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 05. Sept. 2012 - 5 K 404/12.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2012:0905.5K404.12.NW.0A
bei uns veröffentlicht am05.09.2012

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 wird aufgehoben - mit Ausnahme von Buchstabe D. des Bescheides, soweit dort auch die Anträge anderer Bewerber als der Klägerin abgelehnt werden; insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Zulassung als Drittsendezeitveranstalterin im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3) zu je 1/3. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und die drei Beigeladenen jeweils selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3) dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Zulassungsentscheidung der beklagten Landesmedienanstalt vom 17. April 2012, mit der ihr eigener Antrag auf Zulassung als Veranstalterin von Sendezeiten für unabhängige Dritte im Hauptprogramm von Sat.1 wie auch die Anträge weiterer Mitbewerber abgelehnt wurde und die Beigeladenen zu 2) und 3) als Mitbewerber zugelassen wurden. Des Weiteren begehrt sie die Verpflichtung der Beklagten zur Neuentscheidung über ihre Bewerbung.

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Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

3

Die Beklagte schrieb im Staatsanzeiger vom 4. Juli 2011 Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm von Sat.1 - der Beigeladenen zu 1) - aus, und zwar für vier nach Uhrzeit und Sendedauer festgelegte Zeitfenster für Fernsehprogramme (sog. Sendezeitschienen), wobei die Bewerbungen für jeweils zwei Sendezeitschienen gemeinsam abzugeben waren. Erlaubnisbeginn soll laut Ausschreibung der 1. Juni 2013 sein. Bis zum Ablauf der Ausschreibungsfrist am 15. August 2011 bewarben sich die Klägerin, die Beigeladenen zu 2) und 3) sowie drei andere Gesellschaften, eine weitere Bewerbung ging erst nach Ablauf der Frist ein und blieb unberücksichtigt. Die Klägerin bewarb sich für alle vier Sendezeitschienen, während sich die Beigeladene zu 2) nur für die 1. und 2. Sendezeitschiene und die Beigeladene zu 3) nur für die 3. und 4. Sendezeit-schiene bewarben. Die Beigeladenen zu 2) und 3) sind im derzeit noch laufenden Zulassungszeitraum als Veranstalter der Fensterprogramme bei Sat.1 zugelassen. Die Klägerin möchte auf der 1. Sendezeitschiene im wöchentlichen Wechsel die Formate „F...“ und „E...“ anbieten, auf der 2. Sendezeitschiene – ebenfalls im Wechsel, die Formate „ T..., B...“ und „M...“. Für die 3. Sendezeitschiene bietet sie „A... – B...“ und für die 4. Sendezeitschiene das Format „M...“ an.

4

Die eingegangenen Bewerbungsunterlagen wurden mit Schreiben vom 23. und 26. August 2011 der Beigeladenen zu 1) und gleichzeitig auch der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK – übersandt, und zwar mit dem Zusatz, vorbehaltlich der Beratung in den Gremien werde von der Zulassungsfähigkeit aller sechs Bewerber im Hinblick auf die Vorschriften in § 31 Abs. 3, § 28 des Rundfunkstaatsvertrags – RStV- ausgegangen. Zu einer einvernehmlichen Auswahl des Drittsendeanbieters zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beklagten kam es in der Folgezeit nicht. Mit Schreiben vom 26. September 2011 stellte die Beklagte dies fest und forderte die Beigeladene zu 1) zur Abgabe eines Dreiervorschlags gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 des Rundfunkstaatsvertrags - RStV - bis 10. Oktober 2011 auf. Diese widersprach mit Schreiben vom 7. Oktober 2011 zunächst dem Verfahrensablauf und benannte gleichzeitig in ihrem Dreiervorschlag die Klägerin sowie zwei weitere Bewerberinnen, jedoch nicht die Beigeladenen zu 2) und 3). Diesem Dreiervorschlag fügte dann die Beklagte die Beigeladenen zu 2) und 3) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV hinzu. Ein Gespräch zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beklagten am 14. Oktober 2011 führte nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl.

5

Aufgrund der Empfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten beschloss deren Versammlung am 17. Oktober 2011, für die 1. und 2. Sendezeit-schiene die Beigeladene zu 2) mit ihren Formaten „W.“ und „P.“ und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Formate „N.“ bzw. „…- TV Reportage“ und „…- TV Reportage“ der Beigeladenen zu 3) auszuwählen, stellte dies jedoch unter den „Vorbehalt der Herstellung des Benehmens mit der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK)“ (Ziffer IV des Beschlusses).

6

Die Beigeladenen zu 1) bis 3) wurden mit Schreiben der Beklagten vom 18. Oktober 2011 von dem Beschluss unterrichtet, der außerdem der KEK zur Herstellung des Benehmens übermittelt wurde. Die KEK ließ schon mit Schreiben vom 27. Oktober 2011 erkennen, dass sie u.a. die wiederholte Auswahl der Beigeladenen zu 2) und 3) für nicht unproblematisch halte, und bezeichnete in einem Schreiben vom 9. November 2011 weitere Punkte des Auswahlverfahrens als noch klärungsbedürftig. In ihrer Sitzung am 5. Dezember 2011 setzte sich die Versammlung der Antragsgegnerin inhaltlich mit der Argumentation der KEK im Benehmensverfahren auseinander. Nachdem in der Sitzung der KEK am 13. Dezember 2011 der stellvertretende Direktor der Beklagten zu den Bedenken Stellung genommen hatte, beschloss die KEK, dass gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 1. und 2. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1) und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 2) auszuwählen, keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden.

7

Einem Beschlussvorschlag des Direktors vom 15. Dezember 2011 folgend stellte anschließend der Hauptausschuss der Beklagten im Umlaufverfahren fest, dass das Benehmen mit der KEK hergestellt sei (Ziffer I), dass der entsprechende Vorbehalt in Ziffer IV des Beschlusses der Versammlung vom 17. Oktober 2001 entfalle (Ziffer II) und dass an die Beigeladenen zu 2) und 3) Zulassungen erteilt würden „nach Maßgabe der Vorbehalte unter Ziffer IV“ (Ziffer III). Ziffer IV lautet: „Die Zulassungen stehen unter dem Vorbehalt des Benehmens mit der KEK. Sie stehen weiterhin unter dem Vorbehalt einer Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV. Für diese Vereinbarung wird den Beteiligten eine Frist gesetzt bis ….26. Januar 2012 ...“.

8

Dies wurde allen am Bewerbungsverfahren Beteiligten, also auch der Klägerin, mit Schreiben vom 19. Dezember 2011 mitgeteilt.

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Die Klägerin erhob im Januar 2012 zunächst Klage gegen die mit Schreiben vom 19. Dezember 2011 mitgeteilte Auswahlentscheidung (AZ. 5 K 47/12.NW) und stellte gleichzeitig einen vorläufigen Rechtsschutzantrag (AZ. 5 L 46/12.NW). Nach Ablehnung des vorläufigen Rechtsschutzantrags durch das erkennende Gericht mit Beschluss vom 21. Februar 2012 wurde die Klage zurückgenommen.

10

Eine Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 3) und der Beigeladenen zu 1) lag am 17. Januar 2012 vor. Die Beigeladene zu 2) lehnte hingegen ein Angebot der Beigeladenen zu 1), das gegenüber der derzeit noch geltenden Vereinbarung u.a. deutlich geringere Finanzierungsbeträge enthielt, als nicht angemessen ab.

11

In der 24. Sitzung der Versammlung der Beklagten am 13. Februar 2012 wurde zunächst die Entscheidung des Hauptausschusses vom Dezember 2011 bestätigt. Weiter stellte die Versammlung hinsichtlich der Zulassung der Beigeladenen zu 2) für die 1. und 2. Sendezeitschiene fest, dass das von Sat.1 übermittelte Vertragsangebot nicht die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 31 Abs. 5, Abs. 6 RStV erfülle, und beschloss, dass der Vorbehalt der Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV entfalle und vorläufig die Zulassung auf der Grundlage der früheren Vereinbarung der Parteien vom 30. August 2007/26. September 2007 erteilt werde. Eine abweichende Vereinbarung, die die gesetzliche Voraussetzung ebenfalls erfülle, bleibe möglich, sie ersetze dann die erstgenannte Vereinbarung. Die Ziffern 2.2, 6.1, 6.2, 6.4, 6.5 und 8 der genannten Vereinbarung von 2007 seien Bestandteil der Zulassung; der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK bleibe aufrechterhalten. Für die Zulassung der Beigeladenen zu 3) auf die 3. und 4. Sendezeitschiene entfalle der Vorbehalt der Vereinbarung und bleibe der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK aufrechterhalten. Die Zulassungen würden erteilt für den Zeitraum vom 1. Juni 2003 bis zum 31. Mai 2018.

12

Die KEK teilte der Beklagten mit Schreiben vom 23. März 2012 unter Beifügung ihrer entsprechenden Beschlüsse vom 13./21. März 2012 mit, es bestünden rundfunkrechtliche Bedenken gegen die vorgesehene Entscheidung, der Beigeladenen zu 2) die Zulassung vorläufig auf der Grundlage der Vereinbarung von 2007 zu erteilen. Keine Bedenken bestünden gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 3) zuzu-lassen.

13

In ihrer 25. Sitzung am 16. April 2012 beschloss die Versammlung der Beklagten schließlich die Zulassung der Beigeladenen zu 2) und 3), die entsprechende Beschränkung der Zulassung der Hauptprogrammveranstalterin und die Ablehnung der Zulassungsanträge der Klägerin und der übrigen Bewerber, außerdem die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

14

Diese Beschlüsse wurden im Wortlaut Gegenstand des von der Beklagten am 17. April 2012 erlassenen, vorliegend angefochtenen Bescheides, der im Wesentlichen folgenden Inhalt hat: In Abschnitt A wird der Beigeladenen zu 2) die Zulassung zur Veranstaltung und Verbreitung von zwei überregionalen Fernsehfensterprogrammen im Hauptprogramm von Sat.1 auf der 1. und 2. Sendezeitschiene erteilt (Ziff. 1 - 4). Gem. Ziff. 5 wird bis zum Abschluss einer Vereinbarung mit der Hauptprogrammveranstalterin gemäß § 31 Abs. 5 RStV die in der vergangenen Lizenzperiode abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet; deren Ziff. 2.2, 6.1, 6.2 6.4 6.5 und 8 blieben bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung Bestandteil der Zulassung.

15

Abschnitt B enthält die Zulassung der Beigeladenen zu 3) für die 3. und 4. Sendezeitschiene.

16

Abschnitt C betrifft die Befristung und Änderung der an die Beigeladene zu 1) erteilten Zulassung entsprechend A und B. Dort heißt es unter Ziffer 4: „Bis zum Abschluss einer Vereinbarung über die Ausstrahlung der Fensterprogramme auf der ersten und zweiten Sendezeitschiene zwischen Sat.1 und dem unabhängigen Drittanbieter … wird für die Zeit ab dem 1. Juni 2013 die in der vergangenen Lizenzperiode von den Beteiligten abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet...“.

17

In Abschnitt D werden die Anträge aller konkurrierenden Bewerber auf alle Sendezeitschienen abgelehnt. Abschnitt E enthält die Anordnung des Sofortvollzugs.

18

Zur Begründung legte die Beklagte – nach Schilderung des Verfahrensganges – zunächst unter II. im Einzelnen dar, warum die ausgewählten Bewerber die Anforderungen des Rundfunkstaatsvertrags nach Überzeugung ihrer Versammlung in einem Maße erfüllten, das von keinem anderen Bewerber und – in ihrer Summe – auch von keiner anderen Kombination von Bewerbern erreicht werde. In Bezug auf die Klägerin heißt es dort insbesondere, für die 1. Sendezeitschiene komme dem ausgewählten Format „W.“ der Beigeladenen zu 2) über je ein wochenaktuelles zentrales Thema der Vorrang gegenüber einem mono-thematischen Format über die Familie zu. Die Angebote der Klägerin für die 2. Sendezeitschiene zu den Themen Internet und Musik würden sicher auch eine Vielfaltserweiterung bieten, hätten aber nicht die Spannweite an Kultur, Bildung und Information wie das ausgewählte Angebot, das Wissenschaftsmagazin „P.“. Auf der 3. Sendezeitschiene spreche für die Klägerin die hohe Innovationskraft ihres Angebots „A... - …“ im Formalen und Inhaltlichen; die besonders hohe kulturelle Ausrichtung des konkurrierenden Formats der Beigeladenen zu 3) führe jedoch zu dessen Vorrang. Hohe Innovationskraft habe schließlich auch das von der Klägerin angebotene Format „M...“. Allerdings sei der human-touch-Anteil nicht unerheblich. Die Angebote der Beigeladenen zu 3) aus dem Bereich dokumentierender Information versprächen einen größeren Vielfaltsbeitrag, weil dort der Kompensationsbedarf höher sei als bei human-touch-Formaten.

19

Im Weiteren wird näher begründet, warum der Beigeladenen zu 2) auch ohne eine aktuelle Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 und 6 RStV eine Erlaubnis erteilt werden könne. Der gewählte Weg einer Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung wird gegenüber dem in der Drittsendezeitrichtlinie vorgesehenen Verfahren als milderes Mittel angesehen.

20

Nach Zustellung dieser Entscheidung hat die Klägerin am 4. Mai 2012 Klage erhoben und später auch einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt (AZ 5 L 498/12.NW).

21

Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

22

Die Beklagte habe den aus der Rundfunkfreiheit folgenden Bewerberverfahrens-anspruch der Klägerin verletzt. Das Vergabeverfahren erschöpfe sich in seinem Regelungsgehalt nicht in der Sicherstellung ausreichender Meinungsvielfalt, sondern diene auch der grundrechtskonformen Ausgestaltung des Auswahl-verfahrens zur Erlangung einer Sendelizenz. Bereits im Zulassungsverfahren könnten sich die Bewerber auf das Grundrecht der Rundfunkfreiheit berufen. Sie hätten Anspruch auf vollständige Ermittlung des Sachverhalts; die gesetzlichen Beurteilungs- und Ermessensspielräume und deren Grenzen dürften nicht verkannt werden. Hier sei die Vergabeentscheidung unter Missachtung der grundlegenden Verfahrensregeln ergangen und leide an groben Ermessensfehlern.

23

Das Verfahren sei grundsätzlich als konsensuales Regulierungssystem angelegt. Dem habe die Beklagte nicht genügend Rechnung getragen. Die Ausschreibung von gebündelten Sendezeitschienen – gegen den Wunsch der Hauptprogramm-veranstalterin - habe ohne objektiven Grund und in von vornherein vielfaltsbeschränkender Weise nur noch die Auswahl von zwei verschiedenen Anbietern erlaubt. Es sei aufgrund verschiedener Anhaltspunkte davon auszugehen, dass hiermit dem Wunsch der Beigeladenen zu 2) habe entsprochen werden sollen. Unter anderem spreche dafür der Gesprächsvermerk vom 23. Februar 2011. Sei bereits durch die Sendezeitenbündelung in der Ausschreibung eine künstliche Verfahrensverkürzung eingetreten, so habe die Beklagte auch das weitere Verfahren unter Verstoß gegen die Vorschriften des § 31 RStV durchgeführt. Sie habe das Auswahlverfahren mit der Hauptprogrammveranstalterin nicht im gesetzlich erforderlichen Ausmaß erörtert, deren Vorschläge zum Zuschnitt der Sendezeitschienen übergangen und durch unangemessen enge Fristen den Einfluss der Beigeladenen zu 1) bei der Erörterung auf ein formales Minimum reduziert. Die fehlende Erörterung verletze auch die Klägerin in ihren Rechten, da sie ein System der gegenseitigen Kontrolle schaffen solle, in dem auch die Hauptprogrammveranstalterin den Vielfaltsbeitrag der Bewerber beurteilen und ihre Argumente einbringen solle. Damit solle ein möglichst objektives und ausgleichendes Verfahren geschaffen werden, das auch im Interesse der Bewerber liege.

24

Die Zulassungsentscheidung sei auch nicht in einem den Anforderungen des § 39 VwVfG genügenden Maße begründet. Die Beklagte habe sich nicht wirklich inhaltlich mit der Bewerbung der Klägerin auseinandergesetzt. Gerade weil der Versammlung der Beklagten ein Beurteilungsspielraum zustehe, seien die Anforderungen an die Begründung der Abwägungsentscheidung besonders hoch. Warum monothematische Formate offenbar per se chancenlos seien, lasse sich zum Beispiel aus der Begründung nicht nachvollziehen. Die entscheidenden Faktoren seien allenfalls angedeutet.

25

Im Abschluss des Zulassungsverfahrens ohne eine bestehende Vereinbarung zwischen der ausgewählten Beigeladenen zu 2) und der Beigeladenen zu 1) als Hauptprogrammveranstalterin liege ein elementarer Verfahrensfehler, der auch den auf die Rundfunkfreiheit gestützten Bewerberanspruch der Klägerin missachte. Die von der Beklagten vorgenommene Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung entspreche nicht den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags und der Drittsendezeitenrichtlinie als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift, die auch zu einer Absicherung gleicher Wettbewerbschancen führten. Danach seien nur zwei Szenarien vorgesehen, wenn der in § 31 Abs. 5 RStV angeordnete Kontrahierungszwang nicht zum Abschluss einer Vereinbarung führe. Entweder sei dies trotz eines Angebots zu angemessenen Bedingungen nicht geschehen, dann müsse zwingend wieder in das Auswahlverfahren eingetreten oder sogar neu ausgeschrieben werden. Lege der Hauptveranstalter kein Angebot zu angemessenen Bedingungen vor, bestimme sich das weitere Verfahren nach § 26 RStV im Zuständigkeitsbereich der KEK. Zuerst müsse also die Frage geklärt werden, ob ein angemessenes Angebot bestehe; dazu hätte ein Sach-verständigengutachten eingeholt werden müssen. Das Vorgehen der Beklagten könne nicht mit angeblichen verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen gerechtfertigt und als milderes Mittel bezeichnet werden. Es gebe auch keine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke im Rundfunkstaatsvertrag. Die Ausfüh-rungen der KEK in ihrem Beschluss 660-2 vom 23. März 2012 hierzu seien zutreffend. Das Verfahren dürfe erst dann mit einer Zulassung enden, wenn eine Vereinbarung bestehe. Erst dann seien auch die Mitbewerber vollständig unterlegen. Durch das das nicht mit dem Staatsvertrag und der Richtlinie konforme Vorgehen der Beklagten werde das Vergabeverfahren unzulässig abgekürzt. Die Bewerberverfahrensansprüche liefen vorzeitig ins Leere. Darin liege auch eine Verletzung der Rechte der Mitbewerber.

26

Bei der Auswahlentscheidung habe die Beklagte jedoch auch ihr Ermessen in grob fehlerhafter Art und Weise ausgeübt. Sie sei auf die beiden ausgewählten Bewerber schon vorher festgelegt gewesen und es seien standortpolitische Erwägungen zugunsten der Beigeladenen zu 2) eingeflossen, Außerdem seien sachfremde Erwägungen mit einbezogen worden und gesetzlich gebotene Erwägungen nicht angestellt worden. So habe die Beklagte im unangemessen beschleunigten Erörterungsverfahren vor Abgabe des Dreiervorschlags bereits den Maßstab der größtmöglichen Vielfalt angelegt; hier hätte aber ein zusätzlicher Vielfaltsbeitrag genügt. Die wiederholte Auswahl derselben Anbieter habe schon im vorhergehenden Drittsendezeit-Verfahren Bedenken der KEK nach sich gezogen. Die Beklagte hätte daher erwägen müssen, ob nicht ein Wechsel zu anderen, nicht minder geeigneten Anbietern als Vielfaltsgewinn zu bewerten wäre. Nicht nur inhaltliche Vielfalt, sondern auch Anbietervielfalt müsse in den Bewertungsvergleich eingestellt werden. Die Regelungen des Rundfunk-staatsvertrags über die Befristung der Zulassung auf fünf Jahre ohne erleichterte Verlängerungsmöglichkeit legten dies nahe. Zudem habe die Beklagte den Vielfaltsbeitrag der Klägerin verkannt. Deren innovatives Herausgebermodell sei unberücksichtigt geblieben, während diese Frage bei der Beigeladenen zu 2) positiv herausgestellt worden sei. Die einzelnen Vielfaltsbeiträge der Klägerin seien im Vergleich zu den andern Beiträgen unzutreffend eingeschätzt und bewertet worden, zweifelhafte Maßstäbe seien angelegt worden. Offenbar sei Neues, Innovatives und auf spezielle Zielgruppen Zugeschnittenes nicht erwünscht.

27

Als Beschneidung der Vielfalt insgesamt sei auch zu werten, wenn nicht berücksichtigt werde, dass die Beigeladene zu 3) auch bei RTL Fenster-programme ausstrahle. Damit sei aber bereits deren Beitrag zur Vielfaltsgewähr-leistung erfolgt und letztlich erschöpft.

28

Die Klägerin beantragt,

29

den Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten, die Zulassung für die erste Sendezeitschiene und die zweite Sendezeitschiene sowie die dritte Sendezeitschiene und die vierte Sendezeitschiene neu zu verbescheiden,

30

hilfsweise,

31

Beweis zu erheben über die Frage, ob die Versammlung sich mit den Bedenken der KEK hinsichtlich der bereits mehrfach erfolgten Zulassung der ausgewählten Bewerber inhaltlich vor der endgültigen Auswahl-entscheidung in der Sitzung am 16. April 2012 auseinandergesetzt hat, durch Vernehmung der in dieser Sitzung anwesenden Mitglieder der Versammlung.

32

Die Beklagte beantragt,

33

die Klage abzuweisen.

34

Sie macht zunächst geltend, grundsätzlich dürfe ein Hauptprogrammveranstalter die kompensatorische Vielfaltsentscheidung der plural zusammengesetzten Versammlung der Beklagten nicht durch Verweigerung eines angemessenen Vertragsangebots an den ausgewählten Drittsendezeitveranstalter leerlaufen lassen. Daher sei Beklagte berechtigt gewesen, die Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 1) und der als Garant für das vielfältigste Kompensations-programm ausgewählten Beigeladenen zu 2) vorläufig fortzuschreiben. Dies sei hier ein milderes Mittel gegenüber dem sonst nur möglichen Widerruf der Zulassung der Hauptprogrammveranstalterin nach Ziffer 6.3. DSZR i.V.m. § 26 Abs. 4 bzw. Abs. 5 RStV. Ein solcher Widerruf könnte kaum mit Sofortvollzug versehen werden und wäre damit zunächst wirkungslos. Es bestehe aber der gesetzliche Auftrag zu einer möglichst frühzeitigen und effektiven Verhinderung von Missständen aufgrund von drohenden oder eingetretenen Konzentrationen im Medienbereich. Für den Fall, dass der Hauptprogrammveranstalter den Fortgang des Verfahrens durch Verweigerung eines angemessenen Angebots boykottiere, bestehe eine gesetzliche Regelungslücke, die durch die – auf § 38 Abs. 2 Satz 1 RStV zu stützende – vorläufige Auferlegung angemessener Vertragsbedingungen verfassungskonform geschlossen werden könne.

35

Auch im Übrigen sei der Zulassungsbescheid insgesamt formell und materiell rechtmäßig. Das Verfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Eine Auswahlentscheidung nach § 31 Abs. 4 RStV sei auch nicht-konsensual möglich. Am 10. Juni 2011 seien mit der Beigeladenen zu 1) die möglichen Sendezeit-schienen ausführlich erörtert worden. Die Beklagte sei nicht vorab darauf festgelegt gewesen, dass alles beim Alten bleiben solle. Ausschreibung und Auswahl sollten vielmehr offen und ohne Vorfestlegung erfolgen. Die Hinzufügung von zwei Bewerbern zum Dreiervorschlag der Beigeladenen zu 1) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 Halbs. 1 RStV sei unter Einbindung der Versammlung durch den stellvertretenden Direktor geschehen und durch die Versammlung am 17. Oktober 2011 bestätigt worden. Auch die KEK sei rechtmäßig beteiligt worden. Man habe zunächst ausdrücklich der Auswahlentscheidung einen Vorbehalt beigefügt. Die Bedenken der KEK seien in den folgenden Sitzungen des Rechts- und Zulassungsausschusses und der Versammlung am 5. Dezember 2011 ausführlich erörtert worden; auf dieser Grundlage habe der stellvertretende Direktor der Beklagten in der Sitzung der KEK vom 13. Dezember 2011 zu den Bedenken Stellung genommen, die daraufhin nicht mehr aufrechterhalten worden seien. Mit den Bedenken der KEK zur vorläufigen Fortschreibung einer Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV hätten sich der Rechts- und Zulassungsausschuss und die Versammlung am 16. April 2012 eingehend auseinandergesetzt.

36

Auch materiell-rechtlich sei die Entscheidung rechtmäßig. Sendezeitschienen seien in zulässiger Weise festgelegt worden. Die Beklagte handle nicht im rheinland-pfälzischen Interesse, sondern im Interesse des Vielfaltsanspruchs der bundesweiten Medienordnung. Der Firmensitz der Beigeladenen zu 2) in Mainz habe keine Rolle gespielt. Bezüglich der Klägerin seien keine sachfremden Erwägungen angestellt worden. Der Verwaltungsvorgang belege, dass sich die Beklagte mit der Struktur und dem Programmangebot der Klägerin ausführlich auseinandergesetzt habe. Die von der Klägerin behaupteten Entscheidungs-defizite seien nicht erkennbar.

37

Die Beigeladene zu 1) stellt keinen Antrag, hält aber den ergangenen Bescheid wie die Klägerin für rechtswidrig.

38

Die Beigeladene zu 2) beantragt,

39

die Klage abzuweisen,

40

Sie verweist zur Begründung auf ihren Schriftsatz vom 22. Juni 2012 im Verfahren 5 L 498/12.NW, in dem sie im Wesentlichen Folgendes ausgeführt hat: Das durchgeführte Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren sei fehlerfrei. Etwaige doch eingetretene Verfahrensfehler seien entweder durch die Zulassungsentscheidung vom 17. April 2012 gemäß § 45 VwVfG geheilt worden oder nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Der Klägerin stehe kein subjektiv-öffentliches Recht auf eine objektiv rechtmäßige Zulassungspraxis der Beklagten zu. Vorschriften, die den Interessen potentieller Bewerber um die Drittsendezeit zu dienen bestimmt seien, seien durch die Zulassungsentscheidung nicht verletzt worden. Eine Vorfestlegung der Beklagten auf die Beigeladenen zu 2) und 3) aus standortpolitischen Gründen habe es nicht gegeben. Auch die wiederholte Lizenzierung sei dafür kein Beleg. In der Vergangenheit sei die Auswahl auch stets einvernehmlich mit der Beigeladenen zu 1) getroffen worden. Die Programm-auswahl unter inhaltlichen Aspekten sei ausschließlich Sache der Versammlung der Beklagten. Ein Anbieterwechsel sei nicht per se ein Vielfaltsgewinn, sondern könne auch ein Risiko darstellen, insbesondere wenn die Bewerber nicht über Erfahrung bei der Gestaltung von Fensterprogrammen verfügten und wenn – wie auch bei der Klägerin – größere Abhängigkeiten vom Hauptprogrammveranstalter bestünden. Dass der Gesetzgeber keine Verlängerungsmöglichkeit der Zulassungen für Drittsendezeitveranstalter vorgesehen habe, sondern eine Neuausschreibung verlange, zwinge den Veranstalter, sich jedes Mal einer erneuten Qualitätskontrolle zu unterziehen, spreche aber nicht gegen die mehrfache Auswahl.

41

Das Ausschreibungsverfahren sei mit Vertretern der Beigeladenen zu 1) erörtert worden; die Beklagte sei aber nach pflichtgemäßem Ermessen nicht all deren Wünschen hinsichtlich der Gruppierung von Drittsendezeiten nachgekommen. Unabhängig davon könnten sich Konkurrenten nicht auf vermeintliche Ausschreibungsfehler berufen, weil diese regelmäßig nicht geeignet seien, die Ursächlichkeit einer fehlerhaften Vergabeentscheidung zu begründen. In dem Gespräch vom 24. Februar 2011 seien von der Beklagten der Beigeladenen zu 2) keine Zusagen gegeben worden.

42

Auch das weitere Verfahren sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin könne sich auf eine fehlende Erörterung der Auswahlentscheidung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) nicht berufen. Weder § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV (Erörterungspflicht) noch § 31 Abs. 5 RStV (Benehmensherstellung) begründeten subjektiv-öffentliche Rechte der konkurrierenden Bewerber. Was den Dreier-vorschlag angehe, so hätten für die 1. und 2. Sendezeitschiene nur drei zulassungsfähige Anträge vorgelegen, so dass hier die Beklagte das Entscheidungsrecht bereits gehabt habe. Die KEK sei rechtmäßig eingebunden worden. Die erforderliche Auseinandersetzung mit deren Argumenten sei jedenfalls in der Zulassungsentscheidung erfolgt.

43

Inhaltlich sei die Auswahl- und Zulassungsentscheidung ebenfalls einwandfrei. Die insoweit nicht justiziable Auswahlentscheidung der Versammlung der Beklagten habe mit zutreffenden Gründen den mehrfach lizenzierten Formaten der Beigeladenen zu 2) den Vorzug gegenüber den Formaten der Klägerin gegeben, und zwar ausschließlich aufgrund deren anerkannter, die Vielfalt sichernder Qualität. Gegen die Auswahl der Klägerin und ihrer Formate spreche im Übrigen, dass sie nicht im selben Maße wie die Beigeladene zu 2) von der Beigeladenen zu 1) redaktionell unabhängig sei. Es gebe vielmehr wirtschaftliche, rechtliche und personelle Verflechtungen aufgrund der Auftragsproduktion „A…..“, die die Klägerin für das Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) herstelle. Das von der Klägerin angekündigte Herausgebermodell speziell für die Fensterprogramme könne diesen Nachteil nicht kompensieren, eindeutige Unabhängigkeit und Vielfaltssicherung könnten damit nicht garantiert werden. Sie, die Beigeladene zu 2), liefere der Beigeladenen zu 1) hingegen keinerlei Auftragsproduktionen in redaktioneller Abhängigkeit zu, sondern ausschließlich Fensterprogramme, bei denen ihre redaktionelle Unabhängigkeit sowohl vertraglich als auch durch die jeweiligen Lizenzen der Beklagten gesichert sei. Auch deshalb sei ihr der Vorzug vor der Klägerin zu geben gewesen.

44

Die bisherige Finanzierungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 2) habe aus verschiedenen - näher dargelegten - Gründen fortgeschrieben werden dürfen bzw. müssen. Auf diese Frage komme es jedoch hier nicht an, weil insoweit keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Klägerin als abgelehnte Mitbewerberin bestünden.

45

Die Beigeladene zu 3) beantragt ebenfalls,

46

die Klage abzuweisen.

47

Sie verteidigt die angefochtenen Entscheidungen und trägt insbesondere vor, die Auswahl zu ihren Gunsten sei aufgrund der Qualität ihrer Beträge nach dem Maßstab der größtmöglichen Vielfalt nicht angreifbar. Die Versammlung der Beklagten habe ihre Beiträge für die 3. und 4. Sendezeitschiene wegen ihrer besonders intensiven kulturellen Ausrichtung einstimmig ausgewählt. Einzigartig seien aber auch ihre Sendungen „…- TV“ und „…- TV“. Damit werde eine mediale Plattform in echter pluralistischer Gestaltung gewährleistet, weil dort zwei miteinander inhaltlich und methodisch im Wettbewerb stehende Akteure ihre Magazine gestalteten. Ihre wiederholte Auswahl als Drittsendezeitanbieter sei mit dem Gebot inhaltlicher Vielfalt ohne Weiteres vereinbar, denn es komme nur auf die Qualität und Aktualität der Inhalte an.

48

Falls sich das Verfahren zum Dreiervorschlag allein auf die 3. und 4. Sendezeit-schiene hätte beziehen müssen, hätte sich ein Fehler insoweit auf das Ergebnis nicht ausgewirkt, da die Beklagte die Beigeladene zu 3) als einzigen Bewerber für dieses Sendezeitschienenbündel hinzugefügt habe. Ihre Auswahl sei wegen des größtmöglichen Vielfaltsbeitrags ihrer Sendungen erfolgt. Ein eventueller Verfahrensfehler hätte diese Entscheidung nicht beeinflusst. Deshalb könne ein Fehler beim Dreiervorschlagsverfahren die Klägerin auch nicht in eigenen Rechten verletzen.

49

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze im vorliegenden Verfahren, in den gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 417/12.NW und 5 K 454/12.NW und in den vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 L 498/12.NW und 5 L 46//12.NW, außerdem auf den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten und der KEK. Alle genannten Unterlagen sind Gegenstand der Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

I.

50

Die Klage ist im Wesentlichen zulässig.

51

Die Klägerin ist als Mitbewerberin in Bezug auf alle im Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 2011 ausgeschriebenen Sendezeitschienen für Drittsendezeiten im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) befugt, die Zulassung der Beigeladenen zu 2) und 3) als Drittsendezeitveranstalter – sowie die damit komplementär verbundene Einschränkung der Zulassung der beigeladenen Hauptprogrammveranstalterin unter Abschnitt C des Bescheids - anzufechten und hinsichtlich der ihr selbst gegenüber ergangenen Ablehnung die Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung über ihre Bewerbung zu beantragen.

52

Unzulässig ist die Klage, soweit sich der Klageantrag auch auf die Aufhebung der ablehnenden Entscheidung gegenüber den anderen Mitbewerbern und deren Neubescheidung bezieht. Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 in der Form, wie er der Klägerin und allen anderen Beteiligten bekannt gegeben wurde, umfasst zwar unter Abschnitt D. die Ablehnung aller anderen Bewerber. Er ist dennoch inhaltlich in Bezug auf die jeweiligen Bewerber teilbar und damit auch teilweise anfechtbar. Die Ablehnung weiterer Mitbewerber stellt für die Klägerin, die selbst als Drittsendezeitveranstalterin zugelassen werden möchte, unter keinem denkbaren Aspekt eine Beeinträchtigung ihrer Rechte und Chancen dar. Es fehlt ihr daher hinsichtlich dieser Teilentscheidungen im Bescheid vom 17. April 2012 an der Klagebefugnis nach § 42 VwGO.

II.

53

Die Klage hat in ihrem zulässigen Umfang auch in der Sache Erfolg. Die Zulassungsentscheidung der Beklagten vom 17. April 2012 ist, soweit darin die Beigeladenen zu 2) und 3) als Drittsendezeitveranstalter zugelassen wurden und die Klägerin selbst als Bewerberin abgelehnt wurde, rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) (1.). Das schlägt auch auf die Einschränkung der Zulassung der Beigeladenen zu 1) in Abschnitt C des Bescheids vom 17. April 2012 durch (2.). Der Klägerin steht entsprechend § 113 Abs. 5 VwGO ein Anspruch auf erneute Entscheidung der Beklagten über ihren Zulassungsantrag als Drittsendezeit-veranstalterin im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) zu (3.).

54

1.) Rechtsverletzungen zu Lasten der Klägerin sind bei rechtlicher Prüfung des in § 31 Abs. 2 bis 6 RStV im Einzelnen vorgeschriebenen mehrstufigen Verfahrens in der zweiten und dritten Stufe des Verfahrens festzustellen, indem dort Verfahrensvorschriften verletzt wurden, die auch dem Schutz der Klägerin dienen (nachfolgend unter a)). Auch hat die Beklagte bei ihrer inhaltlichen Entscheidung über die Bewerbung der Klägerin für die Beurteilung des Vielfaltsbeitrags der Klägerin maßgebliche Gesichtspunkte außer Betracht gelassen bzw. bei den ausgewählten Bewerbern zum Teil unerhebliche Umstände zu deren Gunsten gewürdigt (b). Bewerber im Drittsendezeitenverfahren haben zwar kein subjektives Recht auf eine objektiv rechtmäßige Zulassungspraxis der Zulassungsbehörde; die gerichtliche Überprüfung der Zulassungsentscheidung der Beklagten ist bei der Konkurrentenklage vielmehr darauf beschränkt, ob durch die Entscheidung Vorschriften verletzt wurden, die (auch) den Interessen potenzieller Bewerber um Drittsendezeiten dienen. Konkurrenten können aber die Verletzung des aus Art. 3 Grundgesetz folgenden Gebots der Chancengleichheit geltend machen und die Einhaltung von Verfahrensvorschriften fordern, die auch ihren Interessen dienen. Die angefochtene Entscheidung selbst darf nicht von einem unvollständigen oder unzutreffenden Sachverhalt ausgehen, muss die gesetzlich vorgegebenen Maßstäbe zugrunde legen und darf sich nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2010, 10 ME 439/08, juris, Rn. 28 und 31, m. Nachw. zur Rechtsprechung). Diesen Anforderungen werden der angefochtene Auswahl- und Zulassungsbescheid und das bis zu seinem Erlass durchgeführte Verfahren nicht gerecht.

55

a) Die Klägerin kann sich zunächst auf die Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags berufen. Die Kammer hat sich in ihrem Urteil vom 23. August 2012 im gleichzeitig verhandelten Klageverfahren der Hauptprogrammveranstalterin (5 K 417/12.NW) ausführlich damit auseinander-gesetzt, inwiefern im Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren in Bezug auf die Drittsendezeiten im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) Verfahrensfehler vorlagen. Mit der Einschränkung, dass nicht alle der dort zum Nachteil der Hauptprogrammveranstalterin festgestellten Rechtsverletzungen auch Rechte der Klägerin verletzen, gelten die dortigen Ausführungen, wie nachfolgend erläutert wird, auch hier.

56

aa) Auf der ersten Stufe des Verfahrens, also in der Phase der Vorbereitung der Ausschreibung bis zum Beschluss der Versammlung der Beklagten vom 20. Juni 2011, in dem die Ausschreibungsmodalitäten festgelegt wurden, konnte die Kammer Verfahrensfehler nicht feststellen. Auf die im Verfahren 5 K 417/12.NW von der Hauptprogrammveranstalterin insoweit geltend gemachte Verletzung ihres Beteiligungsrechts in Bezug auf die zeitliche Aufteilung der Sendezeitschienen und die Frage, ob die Drittsendezeiten gebündelt oder einzeln ausgeschrieben werden sollten, könnte sich die Klägerin hier als potenzielle Bewerberin ohnehin nicht berufen. Solange ein Bewerbungsverfahren noch nicht förmlich eingeleitet ist, hat sie keine eigenen, aus den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags resultierenden Rechte (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 29. September 2008, 7 B 3575/08 – juris, Rn. 52: Der einzelne Bewerber müsse die Ausschreibung so hinnehmen, wie sie ihm bekannt gegeben werde).

57

bb) Die Verfahrensfehler, die in der nächsten Stufe - zwischen der Veröffentlichung der Ausschreibung im Staatsanzeiger von Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 2011 bis zum Ergehen der eigentlichen Auswahlentscheidung im Dezember 2011 – geschehen sind, haben nur zum Teil auch zu Rechtsverletzungen der Klägerin geführt. Soweit das Gericht im Verfahren 5 K 417/12.NW die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung schon mit der Verletzung der Mitwirkungsrechte der Hauptprogrammveranstalterin aus § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV in der ersten Phase des Auswahlverfahrens, nämlich nach Eingang der Bewerbungen und deren Weiterleitung an die Hauptprogrammveranstalterin, begründet hat, kommt dies der Klägerin nur reflektorisch zugute. Als Konkurrentin hat sie kein eigenes Recht auf Erörterung der eingegangenen Bewerbungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Auswahl. In diesem Stadium des Verfahrens ist mit der Rechtsverletzung gegenüber der Hauptprogrammveranstalterin auch noch keine konkrete Benachteiligung der Bewerber verbunden, die etwa deren Recht auf ein faires, chancengleiches Auswahlverfahren berühren könnte.

58

cc) Rechte der Klägerin wurden jedoch in der darauffolgenden Phase des Verfahrens verletzt, indem das Dreiervorschlagsverfahren nicht korrekt durchgeführt wurde. Für den Fall, dass eine einvernehmliche Auswahl nach § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV nicht gelungen ist, bestimmt § 31 Abs. 4 RStV nämlich:

59

„Kommt eine Einigung nicht zustande und liegen der zuständigen Landesmedienanstalt mehr als drei zulassungsfähige Anträge vor, unterbreitet der Hauptprogrammveranstalter der zuständigen Landesmedienanstalt einen Dreiervorschlag (Satz 4). Die zuständige Landesmedienanstalt kann unter Vielfaltsgesichtspunkten bis zu zwei weitere Vorschläge hinzufügen, die sie erneut mit dem Hauptprogrammveranstalter mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen, erörtert (Satz 5). Kommt eine Einigung nicht zustande, wählt sie aus den Vorschlägen denjenigen Bewerber aus, dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptprogramm-veranstalters erwarten lässt und erteilt ihm die Zulassung (Satz 6). Bei drei oder weniger Anträgen trifft die zuständige Landesmedienanstalt die Entscheidung -

60

Durch den vorgeschriebenen Dreiervorschlag der Hauptprogrammveranstalterin gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV erfolgt schon eine Eingrenzung des Bewerber-kreises. Dies berührt unmittelbar den Rechtskreis der Bewerber, weil Fehler im Zusammenhang mit dem Dreiervorschlag sich auf ihre Erfolgschancen im Auswahlverfahren auswirken können.

61

Dass das Verfahren zum Dreiervorschlag hier rechtsfehlerhaft war, wird im Urteil im Verfahren 5 K 417/12.NW so begründet:

62

„Die Beklagte hätte die Klägerin nicht zur Abgabe eines einheitlichen Dreiervorschlags für beide jeweils zusammengefassten Sendezeitschienen auffordern dürfen, sondern diese Aufforderung auf die 3. und 4. Sende-zeitschiene beschränken müssen, weil sich nur auf diese Sendezeit-kombination mehr als drei zulassungsfähige Antragsteller beworben hatten. Die Vorschriften in § 31 Abs. 4 RStV über die Auswahl unter mehreren Bewerbern beziehen sich nämlich ersichtlich auf das Modell eines einheitlichen Vergabevergabeverfahrens, in dem sich alle Interessenten grundsätzlich auf die zur Verfügung stehenden Drittsendezeit insgesamt bewerben. Das zeigt deutlich die Formulierung in § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV, wonach die zuständige Landesmedienanstalt „das Fensterprogramm“ zur Erteilung „einer Zulassung“ ausschreibt und – nach Satz 6 - bei nicht einvernehmlicher Einigung und Ergänzung des Dreiervorschlags aus den Vorschlägen „denjenigen Bewerber“ auswählt, „dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt …. erwarten lässt, und erteilt ihm die Zulassung“. Eine Aufspaltung der Drittsendezeiten hatten die gesetzgebenden Länder bei der Abfassung dieser Vorschriften nicht im Blick; diese Möglichkeit erwähnt erst die DRSZ in ihrer Ziffer 5.1. Die Aufteilung der Drittsendezeit auf mehrere Sendeplätze oder Sendezeit-schienen widerspricht den Vorschriften des RStV allerdings auch nicht. Es ist lediglich erforderlich, die Vorschriften jeweils auf diejenigen konkret zur Bewerbung ausgeschriebenen Sendezeitschienen zu beziehen, hinsichtlich derer eine Bewerberkonkurrenz auftritt oder auftreten kann und hinsichtlich derer eine separate Zulassung erteilt werden soll, weil nach den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags aus einem Dreiervorschlag – ggf. nach Ergänzung gem. § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV - nur ein einziger Bewerber übrig bleiben soll, dem dann auch die einzige zur Verfügung stehende Zulassung erteilt werden kann.

63

Nach diesem Verständnis gab es vorliegend inhaltlich zwei parallele, auf zusammengefasster Ausschreibung beruhende Bewerbungsverfahren. Konkurrenzsituationen gab es hier nämlich in beiden Teilverfahren: Für die 1. und 2. Sendezeitschiene hatten sich drei Interessenten, darunter die Beigeladene zu 1) beworben, für die 3. und 4. Sendezeitschiene waren fünf Interessenten vorhanden. Beide Kombinationen waren daher jede für sich nach den Regeln in § 31 Abs. 4 Sätze 4-7 RStV zu behandeln (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2010 – 10 ME 439/08 -, juris, in der nur eine von zwei ausgeschriebenen Sendezeitschienen streit-gegenständlich war). Nach der hier geübten fehlerhaften Handhabung wären aber am Ende - auf der Grundlage eines einzigen, noch ergänzten Dreiervorschlags - z w e i Bewerber auszuwählen gewesen, die beide eine eigene Zulassung erhalten sollten.

64

Der Fehler wirkte sich allerdings nur auf die Auswahl der Beigeladenen zu 2) aus. Bei rechtmäßiger – nämlich getrennter – Verfahrensweise hätte die Beklagte nämlich für die Kombination aus 1. und 2. Sendezeitschiene gem. § 31 Abs. 4 Satz 7 RStV unmittelbar einen Bewerber auswählen können, da hier nur drei zulassungsfähige Bewerber vorhanden waren. Für die zweite Sendezeitschienen-Kombination war jedoch die Abgabe eines Dreiervorschlags, und zwar alleine bezogen auf den hierfür vorhandenen Bewerberkreis, gem. § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV erforderlich. Hier hatten sich insgesamt fünf Bewerber rechtzeitig beworben, die im Schreiben des Direktors der Beklagten an die Klägerin vom 23./26. August 2011 zunächst auch unter Vorbehalt sämtlich als zulassungsfähig bezeichnet worden waren. Erst später, nämlich in ihrer ersten Sitzung nach Eingang der Bewerbungen am 17. Oktober 2010, erklärte die Versammlung der Beklagten nur vier dieser Bewerber für zulassungsfähig.

65

Das fehlerhafte Verfahren zur Abgabe eines Dreiervorschlags, das durch die entsprechende Aufforderung im Schreiben der Beklagten vom 26. Sep-tember 2011 eingeleitet wurde, verletzte hinsichtlich der zweiten Sendezeit-schienenkombination die Beteiligungsrechte der Klägerin erneut. Sie musste davon ausgehen, dass sie insgesamt nur drei Bewerber für beide Sendezeitschienenkombinationen benennen konnte, und dass auch die Beigeladene zu 1) zum maßgeblichen Bewerberkreis gehöre. Damit wurde sie für die zweite Sendezeitschienenkombination in ihrer Auswahl-möglichkeit unzulässig beschränkt.

66

Dieser Fehler wirkte sich auf die Rechtmäßigkeit der Zulassungs-entscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 2) im Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aus. Aus 46 VwVfG lässt sich insoweit nichts zugunsten der Beklagten herleiten. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Ein Einfluss des fehlerhaften Verfahrens auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung kann hier aber keineswegs ausgeschlossen werden. Es ist vielmehr offen, welche drei der zunächst fünf als zulassungsfähig bezeichneten Bewerber die Klägerin benannt hätte, wäre das Dreiervorschlagsverfahren staatsvertragskonform abgelaufen und hätte sie sich daher nicht gleichzeitig um den aus ihrer Sicht geeigneten Bewerber für die 1. und 2. Sendezeitschiene Gedanken machen müssen. Offen ist auch, ob die Beklagte dann überhaupt von ihrem Ergänzungsrecht Gebrauch gemacht hätte. Möglicherweise wäre es bei einer so veränderten Ausgangslage zumindest für die zweite Schienen-Kombination sogar nachträglich noch zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen, die auch nicht zwangsläufig auf die Beigeladene zu 2) hätte hinauslaufen müssen. Für das weitere Verfahren hätte auch dies einen erheblichen Unterschied gemacht. Die Klägerin hätte insoweit keinen Anlass zur Klageerhebung gehabt und es wäre eventuell auch nicht in gleichem Umfang zu Konkurrentenklagen gekommen.

67

Welcher alternative Geschehensablauf der wahrscheinlichste ist, ist im Rahmen von § 46 VwVfG nicht erheblich; es genügt für dessen Unanwendbarkeit, dass überhaupt alternative Ablaufmöglichkeiten bestehen“.

68

Bezogen auf die Klägerin des vorliegenden Verfahrens bedeutet dies, dass ihre Chancen, mit ihrer Bewerbung für die 3. und 4. Sendezeitschiene zum Zug zu kommen, durch das fehlerhafte Verfahren geschmälert worden sind. Sie wäre bei richtiger Handhabung eine von nur fünf statt von sechs Bewerberinnen bzw. - wegen der später festgestellten fehlenden Zulassungsfähigkeit einer der vier Mitbewerberinnen - eine von vier Bewerberinnen gewesen. Damit wären rein rechnerisch von vornherein sowohl bessere Chancen verbunden gewesen, in den für das zweite Sendezeitschienenbündel abzugebenden Dreiervorschlag aufgenommen zu werden, als auch bessere Aussichten, im Ergebnis zum Zug zu kommen. Dass die Klägerin von der Beigeladenen zu 1) in ihrem auf alle Sendezeitschienen bezogenen Dreiervorschlag vom 7. Oktober 2011 tatsächlich schon benannt war, muss bei der hypothetischen Prüfung des alternativen Verfahrensverlaufs außer Betracht bleiben. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 3) steht auch nicht fest, dass eine andere Entscheidung als die für die 3. und 4. Sendezeitschiene zu ihren Gunsten getroffene überhaupt nicht möglich wäre, wie im oben zitierten Urteil 5 K 417/12.NW – am Ende des Zitats – schon erörtert wurde.

69

Aufgrund dieses Verstoßes gegen § 31 Abs. 4 Satz 4 - 6 RStV kann die Klägerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und eine erneute Entscheidung allerdings nur insoweit verlangen, als es um die Drittsendezeiten der 3. und 4. Sendezeitschiene geht. Hinsichtlich ihrer Bewerbung für die 1. und 2. Sende-zeitschiene wirkt sich das unkorrekte Dreiervorschlagsverfahren hingegen nicht aus, weil sich dort auch bei korrekter Handhabung ihre Chancen nicht verbessert hätten. Da hier nur drei Bewerbungen vorlagen, hätte die Beklagte nämlich gem. § 31 Abs. 7 RStV ohnehin unmittelbar entscheiden dürfen (zur Fehlerhaftigkeit der Zulassungsentscheidung für die 1. und 2. Sendezeitschiene aus anderen Gründen siehe aber noch unten 1 c).

70

dd) Keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidungen hat die Frage, ob die Versammlung der Beklagten am 17. Oktober 2011 schon eine Auswahl - unter Vorbehalt - treffen durfte, obwohl das Benehmen mit der KEK noch nicht hergestellt war. Die Kammer sieht nämlich als eigentliche Auswahlentscheidung den Umlaufbeschluss des Haupt- und Zulassungs-ausschusses der Beklagten an, der zwischen dem 15. und 19. Dezember 2011 zustande kam und von der Versammlung am 13. Februar 2012 bestätigt wurde. Zuvor hatte aber die KEK mit Beschluss vom 13. Dezember 2011 entschieden, dass sie ihre im Schreiben vom 9. November 2011 angedeuteten Bedenken, die u.a. auch die wiederholte Auswahl der Beigeladenen zu 2) und 3) betroffen hatten, nicht aufrecht erhalte. Daher kann offen bleiben, ob sich die Klägerin auf eine Verletzung der Vorschriften zum Benehmenserfordernis überhaupt berufen könnte.

71

b) Neben der vorbeschriebenen Rechtsverletzung zu Lasten der Klägerin auf der Stufe des Auswahlverfahrens, die die 3. und 4. Sendezeitschiene betreffen, sind auch auf der Stufe der eigentlichen Zulassungsentscheidung Rechtsfehler festzustellen, die subjektiv-öffentliche Rechte (auch) der Klägerin verletzen und speziell zur Aufhebung der Zulassungsentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 2) führen.

72

Die Versammlung der Beklagten hat die Zulassung der Beigeladenen zu 2) nämlich beschlossen, ohne dass die gem. § 31 Abs. 5 RStV erforderliche privatautonom zustande gekommene Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 2) und der Beigeladenen zu 1) als Hauptprogrammveranstalterin vorlag. Die im Zulassungsbescheid der Beklagten entsprechend dem Beschluss ihrer Versamm-lung vom 13. Februar 2012 vorgenommene Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung verstößt gegen die Vorschriften der Drittsendezeitenrichtlinie i.V.m. § 26 RStV. Insoweit hat die Kammer im Urteil im Verfahren 5 K 417/12.NW unter anderem ausgeführt:

73

„…. Jedenfalls war die Beklagte nicht berechtigt, die bis zur gesetzten Frist mangels Einigung über die Finanzierung und wegen unterschiedlicher Rechtsauffassungen über weitere von der Klägerin formulierte Vertragsklauseln nicht zustande gekommene Vereinbarung der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1) im Zulassungsbescheid durch eine - nachträglich bis Ende Mai 2013 befristete - „Fortschreibung“ der bisherigen Vereinbarung zu ersetzen und damit diese gem. § 31 Abs. 5 und 6 RStV für die Zulassung notwendige Voraussetzung erst selbst zu schaffen. Das Gericht teilt hier in den wesentlichen Punkten die von der KEK in ihrem Beschluss vom 13./21. März 2012 – KEK 660-3 - eingehend dargelegte Rechtsaufassung, dass eine solche einseitige hoheitliche Fortschreibung der für die aktuelle Zulassungsperiode geschlossenen privatrechtlichen Vereinbarung zwischen Hauptprogrammveranstalter und ausgewähltem Drittsendezeitveranstalter nicht zulässig ist.

74

Der Kammer kommt es unter den hier gegebenen Umständen nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Fortschreibung unter dem Aspekt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüber der Klägerin ein milderes Mittel ist, als wenn nach Ziffer 6.3. DRSZ verfahren und gem. § 26 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 5 RStV der Widerruf der der Klägerin erteilten Lizenz in die Wege geleitet worden wäre. Ebenso kann die Frage dahinstehen, ob ein Widerruf überhaupt für sofort vollziehbar erklärt werden könnte oder diese Sanktion sonst nur ein „stumpfes Schwert wäre.

75

Wesentlich ist vielmehr zum Einen, dass es zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) streitig und bisher durch die Beklagte nicht genügend aufgeklärt ist, ob das von der Klägerin vorgelegte Vereinbarungsangebot tatsächlich nicht zu angemessenen Bedingungen im Sinne von § 31 Abs. 5 RStV erfolgt ist. Davon hängen aber die weiteren Konsequenzen entscheidend ab. Denn Ziffer 6.2 DRSZ erklärt eine Finanzierung für in der Regel ausreichend, wenn sie sich an den durchschnittlichen Programm-kosten des Hauptveranstalters für vergleichbare Sendeplätze orientiert. Vorliegend hatte die Klägerin bereits nach der vorläufigen Auswahl-entscheidung im Oktober erste Kontakte mit der Beigeladenen zu 1) aufgenommen, vergeblich um eine aktuelle Kalkulation gebeten und daraufhin auf der Basis von ihr als vergleichbar angesehener eigener Programmformate mit gewissen Zuschlägen eine Finanzierung angeboten, deren Sätze allerdings gegenüber den früheren Vereinbarungen erheblich niedriger waren. Daneben bot sie zusätzliche Leistungen, z.B. in Form der Übernahme bestimmter Kosten an (vgl. dazu Ziffer 2.2.6. des Beschlusses der KEK vom 13./21. März 2012) an, deren Wert bei einer Gesamtbeurteilung mit einbezogen werden müsste.

76

Die Beklagte hätte daher zunächst, anstatt innerhalb eines knappen Monats nach Ablauf der den Beteiligten für den Abschluss einer Vereinbarung gesetzten Frist schon unmittelbar die Entscheidung für den ungewöhnlichen Weg der hoheitlichen Fortschreibung zu treffen, die Angemessenheit der angebotenen Finanzierungsbedingungen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens prüfen lassen müssen. Dessen Ergebnis hätte dann ggf. die Beteiligten veranlasst, die Vereinbarung anzupassen, oder jedenfalls geklärt, welcher der beiden in Ziffer 6.3 DRSZ aufgezeigten Wege zu gehen gewesen wäre: Ein angemessenes Angebot müsste die Beigeladene zu 1) annehmen; im Weigerungsfalle wäre mit den verbliebenen Bewerbern erneut in das Auswahlverfahren einzutreten (Ziffer 6.3 Satz 1 DRSZ). Andernfalls, wenn der Hauptveranstalter die nach § 26 Abs. 5 Sätze 1 und 2 RStV zur Einräumung von Drittsendezeit erforderlichen Maßnahmen nicht träfe, müsste die zuständige Medienanstalt - nach entsprechender Feststellung durch die KEK – dessen Zulassung unmittelbar aufgrund der zwingenden Vorschrift in § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV widerrufen“.

77

Auf diesen Rechtsfehler kann sich auch die Klägerin berufen. Das in Ziffer 6.3 DRSZ vorgesehene Verfahren dient nach Auffassung der Kammer auch den Interessen der nicht ausgewählten Bewerber um die in Frage stehenden Drittsendezeiten. Diese bleiben formal bis zum Ende des Zulassungsverfahrens Verfahrensbeteiligte, weil auch über ihre Ablehnung förmlich erst in der das Verfahren abschließenden sog. Zulassungsentscheidung entschieden wird. Auch wenn sie auf der Stufe der Auswahlentscheidung schon „aussortiert“ zu sein scheinen, so handelt es sich dabei doch noch nicht um einen endgültigen Schritt. Wie Ziffer 6.3 Satz 1 DRSZ zeigt, ist der Wiedereintritt in die Auswahlstufe nämlich bis zum Abschluss des Verfahrens nicht ausgeschlossen. Falls nach Ziffer 6.3. Satz 1 DSZR verfahren und erneut in das Auswahlverfahren nach § 31 Abs. 4 RStV eingetreten wird, leben die Rechte aller verbliebenen Bewerber auf ein faires Auswahlverfahren mit gleichen Chancen und auf eine auf sachgerechten Erwägungen und am richtigen Maßstab ausgerichtete Auswahlentscheidung wieder auf. Daraus folgt, dass Konkurrenten auch ein Recht auf rechtsfehlerfreie Anwendung der Vorschriften in Ziffer 6.3 DRSZ haben müssen. Andernfalls müssten sie sich mit einer in rechtswidriger Weise verfrühten Beendigung des Zulassungsverfahrens abfinden. Dafür gibt es keinen rechtfertigenden Grund.

78

c) Die Klägerin rügt zu Recht auch inhaltliche Defizite im Rahmen der Auswahlentscheidung der Versammlung der Beklagten und der dabei angestellten Erwägungen. Der gerichtlichen Prüfung unterliegen die Erwägungen wegen des der Versammlung bei der Auswahlentscheidung zustehenden Beurteilungs-spielraums insoweit, als sie auf zutreffendem und vollständigem Sachverhalt beruhen müssen, keine sachfremden Gesichtspunkte berücksichtigen dürfen und an alle Bewerber die gleichen sachlich angemessenen und mit den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags in Einklang stehenden Kriterien anlegen müssen. Das Gericht legt der Prüfung, welche Gesichtspunkte für die Auswahl des Anbieters mit dem größtmöglichen Vielfaltsbeitrag relevant waren, letztlich die schriftliche Begründung im Zulassungsbescheid vom 17. April 2012 zugrunde, auch wenn die eigentliche Auswahlentscheidung bereits im Dezember 2011 getroffen wurde. Im Bescheid vom 17. April 2012 wurden jedoch die einzelnen Beiträge auf den jeweiligen Sendezeitschienen erstmals beschreibend und vergleichend gegenüber gestellt und die für Auswahl zugunsten der Beigeladenen zu 2) und 3) entscheidenden Erwägungen der Versammlung der Beklagten mitgeteilt.

79

Die Beklagte ging dabei grundsätzlich - ausweislich der Begründung des angefochtenen Bescheids - von den in § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV und der Drittsendezeitenrichtlinie genannten Auswahlkriterien aus. § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV bestimmt, dass ein Fensterprogramm, das aufgrund der Verpflichtung zur Einräumung von Sendezeit nach den vorstehenden Bestimmungen ausgestrahlt wird, unter Wahrung der Programmautonomie des Hauptveranstalters einen zusätzlichen Beitrag zur Vielfalt in dessen Programm, insbesondere in den Bereichen Kultur, Bildung und Information, leisten muss. Damit sind wesentliche Bereiche benannt, in denen der Gesetzgeber Drittsendeformate zur Erhöhung der Vielfalt in privaten Fernsehprogrammen generell für besonders geeignet bzw. für besonders notwendig hält. Hierzu ergänzt Ziffer 5.5. DSZR: „Bei der Bewertung des größtmöglichen Beitrags zur Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters sind insbesondere zu berücksichtigen die inhaltliche Ausrichtung des Fenster-programms und dessen ergänzender Beitrag zum Hauptprogramm (§ 31 Abs. 1 RStV) und die Leistungsfähigkeit des Bewerbers. Ferner ist zu berücksichtigen die mehrfache Zulassung eines Fensterveranstalters. Die für die Hauptprogramme zuständigen Landesmedienanstalten stimmen sich hierzu ab“. Damit das zur Auswahlentscheidung berufene Gremium einschätzen kann, ob sich ein Fensterprogramm seiner inhaltlichen Ausrichtung nach vom Hauptprogramm unterscheidet, so dass es dieses ergänzen und damit einen Vielfaltsbeitrag leisten kann, muss es sich notwendigerweise zunächst im Wesentlichen über die inhaltliche Ausrichtung des Hauptprogramms im Klaren sein. Sachlich wird auch in Ziffer 5.5 DSZR wiederum auf § 31 Abs. 1 RStV und damit implizit auf die dort genannten Bereiche Kultur, Bildung, Information Bezug genommen. Nach welchen weiteren inhaltlichen Gesichtspunkten verschiedene Fensterprogrammangebote, auch wenn sie diesen genannten Bereichen zugeordnet werden können, untereinander zu gewichten sind, wird jedoch nicht geregelt. Diese Kriterien näher festzulegen ist daher letztlich Aufgabe der die Auswahl treffenden Landesmedienanstalt. Ob die gefundenen Kriterien zur Ausfüllung des Vielfaltsbegriffs geeignet sind, ob sie auf alle Bewerbungen in gleicher Weise angewendet wurden und ob die Begründung für die getroffene Auswahl nachvollziehbar ist, unterliegt wiederum der gerichtlichen Prüfung. Der Begründung kommt daher bei nicht einvernehmlicher Auswahl eine erhöhte Bedeutung zu, weil das Gericht nachvollziehen muss, welche Kriterien und welche Erwägungen zu der Entscheidung geführt haben, dass die ausgewählten Fensterprogramme die Vielfalt am besten gewährleisten.

80

Die Beklagte hat hier im Programm der Hauptveranstalterin insbesondere ein Defizit an Information und Bildung vermittelnden und kulturbezogenen Sendungen festgestellt und daher entsprechende Formate der Drittsendezeitanbieter als besonders vielfaltssteigernd bewertet. Dies ist vom Ansatz her nicht zu beanstanden, wobei es jedoch einer näheren Darlegung dieses Defizits bedurft hätte. Sie hat auch nicht verkannt, dass die Formate der Klägerin grundsätzlich im Bereich Bildung/Kultur/Information angesiedelt sind. Sie hat allerdings die Angebote der Klägerin für die erste Sendzeitschiene am Sonntagvormittag („F...“ und „E…..- ...“) als „monothematisch“ bezeichnet und daraus geschlossen, dass sie deshalb eine geringere Spannbreite hätten als die Konkurrenzangebote der ausgewählten Beigeladenen zu 2). Dass Sendungen mit familienbezogenen Themen weniger breit gefächert sein werden als Magazine mit wechselnden Themenbereichen, leuchtet ein. Die Beklagte hätte jedoch auch prüfen und darlegen müssen, ob im Hauptprogramm einerseits den Angeboten der Klägerin ähnliche, ggf. auch familienbezogene Beiträge schon und andererseits gemischt-thematische Formate ähnlich denen der Beigeladenen zu 2) schon vertreten sind. Weiter ist die Frage aufzuwerfen, ob sich die Inhalte von Formaten, die sich mit vielen verschiedenen Themenbereichen beschäftigen, nicht eher mit anderen schon im Hauptprogramm vorhandenen Formaten berühren, sich vom Hauptprogramm also weniger unterscheiden als die „monothematischen“ Angebote der Klägerin. Gleiches gilt für die Formate „T...“ und „M…..-.…..“, die die Klägerin für die zweite Sendezeitschiene anbieten will. Es mag zutreffen, dass sie sich an einen spezielleren Zuschauerkreis richten. Ob dies ein Negativkriterium ist oder eher ein Vorzug, müsste aber ebenfalls primär unter Berücksichtigung des Spektrums des Hauptprogramms bewertet werden. Besonders große Vielfalt kann auch darin bestehen, dass andere Zuschauergruppen angesprochen werden oder intensiver auf sie eingegangen wird als im Hauptprogramm.

81

Den Formaten der Klägerin für die gekoppelte 3. und 4. Sendezeitschiene („A...“ und „M...“) billigt die Beklagte hohe Innovationskraft zu – wiederum ohne nähere Begründung-, hält sie aber wegen ihres nicht unerheblichen „ human-touch-Anteils“ gegenüber den Angeboten der Beigeladenen zu 3) aus dem Bereich dokumentierender Information für weniger vielfaltssteigernd, weil im letztgenannten Bereich der Kompensationsbedarf höher sei als bei human-touch-Formaten, die im Hauptprogramm stärker vertreten seien. Diese Argumentation ist für sich genommen nachvollziehbar. Es fehlt allerdings auch insoweit an näheren Darlegungen, aufgrund deren zu beurteilen wäre, warum und inwieweit die Formate der Klägerin tatsächlich in das gleiche Genre gehören wie Sendungen im Hauptprogramm, denen die Beklagte ebenfalls einen „human-touch-Anteil“ zuspricht.

82

Ein Weiteres kommt hinzu: Wie oben (1 a, Unterabschnitt cc) dargelegt wurde, sind die Bewerbungsverfahren für die jeweils ausgeschriebenen Sendezeit-schienenkombinationen (1. und 2. Sendezeitschiene einerseits, 3. und 4. Sende-zeitschiene andererseits) vom Ansatz her zunächst getrennt zu betrachten. Innerhalb dieser getrennten Betrachtung müssen gleichzeitig die jeweils kombinierten Sendezeitschienen im Hinblick auf die dafür von den Bewerbern angebotenen Formate zusammen in den Blick genommen werden, denn da für jede Kombination nur ein Veranstalter zum Zug kommen kann, ist es erforderlich, alle seine angebotenen Formate für die jeweilige Kombination in der Summe zu betrachten und diese mit der Summe der von den Konkurrenten für dieselbe Kombination angebotenen Formate zu vergleichen. Die Beklagte verglich jedoch nur die Angebote für jede einzelne der vier Sendezeitschienen miteinander, so als wenn alle Sendezeitschienen getrennt ausgeschrieben worden wären. Bei richtiger Betrachtungsweise hätte sie berücksichtigen müssen, dass die Klägerin für das erste Sendezeitbündel als einzige Bewerberin insgesamt vier verschiedene, wenn auch wohl pro Sendezeitschiene je zwei thematisch verwandte Formate im wöchentlichen Wechsel anbietet. Es wäre so zumindest zu erwägen gewesen, ob dieses im Vergleich zu den Konkurrenten besonders differenzierte Angebot schon deshalb für dieses Sendezeitschienenbündel den größtmöglichen Vielfaltsbeitrag darstellen könnte. Solche Überlegungen sind in der Begründung nicht zu finden. Dieses Defizit wird nicht dadurch ausgeglichen, dass die Beklagte in der Begründung des Bescheids vom 17. April 2012 die für beide Sendezeitbündel getroffene Auswahl zugunsten der Beigeladenen zu 2) und 3) als die auch in der Summe vielfältigste und damit beste Kombination bezeichnete. Eine allein auf die jeweilige Sendezeitschienenkombination bezogene vergleichende Gesamtbetrachtung wurde auch hierdurch nicht angestellt.

83

Keine besondere Berücksichtigung brauchte hingegen die Konstruktion des Herausgebermodells der Klägerin zu finden; allerdings durfte der Gesichtspunkt der redaktionellen Unabhängigkeit nach Ansicht der Kammer auch bei allen anderen Anbietern nur im Rahmen der Zulassungsfähigkeit nach § 31 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV eine Rolle spielen, nicht mehr jedoch bei der Beurteilung der inhaltlichen Vielfalt. Im Urteil der Kammer vom selben Tage im Parallelverfahren 5 K 457/12.NW heißt es hierzu:

84

„Zwar ist die Frage, ob zwischen Drittsendezeitanbietern und dem Haupt-programmveranstalter Abhängigkeiten bestehen, im Zulassungsverfahren durchaus von Bedeutung. Gem. § 31 Abs. 3 RStV darf nämlich ein Fenster-programmanbieter nicht in einem rechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Hauptprogrammveranstalter stehen (Satz 1). Rechtliche Abhängigkeit im Sinne von Satz 1 liegt vor, wenn das Hauptprogramm und das Fensterprogramm nach § 28 demselben Unternehmen zugerechnet werden können (Satz 2). Die Landesmedienanstalt überprüft daher auch die eingehenden Anträge zunächst – als eine Art Zugangsvoraussetzung zum Auswahlverfahren – auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen dieses Staatsvertrags, insbesondere auch mit den detaillierten Vorschriften des § 28 RStV über die Zurechnung von Programmen und teilt dem Hauptprogrammveranstalter dann die zulassungs-fähigen Anträge mit (31 Abs. 4 Satz 2 RStV). Liegt ein rechtliches Abhängigkeitsverhältnis im Sinne von § 34 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV vor, dann ist der betreffende Fensterprogrammanbieter von vornherein als nicht zulassungsfähig anzusehen.(…) Besteht aber keine rechtliche Abhängigkeit im Sinne von § 31 Abs. 3 RStV, dann durfte die Beklagte bei der Auswahlentscheidung sonstige Abhängigkeiten der Fensterprogrammbewerber vom Haupt-programmveranstalter - etwa eine mittelbare wirtschaftliche Abhängigkeit außerhalb der Kriterien von § 28 RStV oder eine andere „zu große Nähe“ und eine daraus mutmaßlich resultierende fehlende redaktionelle Unabhängigkeit - nicht erneut in Betracht ziehen und bei der Entscheidung berücksichtigen. Die Kammer teilt den Standpunkt der Beklagten nicht, dass die Frage der (geringeren oder größeren) redaktionellen Unabhängigkeit nicht nur bei Prüfung der Zulassungsfähigkeit eines Bewerbers nach § 31 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV relevant sei, sondern auch bei der eigentlichen Abwägung, welchen Vielfaltsbeitrag der jeweilige Bewerber erbringe. Grundsätzlich gilt vielmehr aus rechtlicher Sicht, dass Bedenken hinsichtlich einer verminderten redaktionellen Unabhängigkeit nach Bejahen der eigentlichen Zulassungsfähigkeit in einem späteren Stadium der Auswahlentscheidung keinen Platz mehr haben und die Nichtberücksichtigung eines Bewerbers nicht rechtfertigen können. So führt auch die KEK in der Begründung ihres Beschlusses vom 13. Dezember/ 13. März 2012 – KEK 660-2 – zu Recht aus, die Prüfung der redaktionellen Unabhängigkeit eines Bewerbers erfolge bereits im Rahmen der Prüfung seiner Zulassungsfähigkeit nach Maßgabe des § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV. Das Gesetz stelle in dieser Bestimmung nicht auf unterschiedliche Grade redaktioneller Unabhängigkeit ab (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV): Entweder sei ein Bewerber redaktionell unabhängig und erfülle damit die an einen zulassungsfähigen Antrag zu stellenden Voraussetzungen oder er sei es nicht. Werde ein Antrag für zulassungsfähig erklärt, so habe die Auswahl unter verschiedenen Bewerbern folglich allein an dem inhaltlichen Maßstab zu erfolgen, welches der in Rede stehenden Programme den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters erwarten lasse. Dem schließt sich die Kammer uneingeschränkt an.

85

Darüber hinaus darf das Maß der redaktionellen Unabhängigkeit und der sonstigen vertraglichen Verbundenheit mit dem Hauptveranstalter im Rahmen der Vielfaltsbewertung auch nicht als zusätzlicher Gesichtspunkt neben inhaltlichen Erwägungen zur Beurteilung der Programmbeiträge eine Rolle spielen. (…) dieser Aspekt muss bei der Entscheidung über den inhaltlichen Vielfaltsbeitrag vollständig außer Betracht bleiben, weil es dafür im Gesetz keine Stütze gibt. Soweit sich die Beklagte für ihre anderslautende Auffassung hier auf Ziffer 5.5, 1. Spiegelstrich der Drittsendezeitenrichtlinie beruft, wonach bei der Bewertung des größtmöglichen Beitrags zur Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters die inhaltliche Ausrichtung des Fensterprogramms „und dessen ergänzender Beitrag zum Hauptprogramm (§ 31 Abs. 1 RStV)“ zu berücksichtigen seien, schließt sie daraus zu Unrecht, die in § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV erwähnte redaktionelle Unabhängigkeit sei hier nochmals gesondert zu prüfen. Ziffer 5.5 DSZR fasst lediglich die Kriterien des Rundfunkstaatsvertrags für eine Auswahl unter dem Vielfaltsaspekt zusammen. Der Verweis auf § 31 Abs. 1 RStV im ersten Spiegelstrich dient nach dem Verständnis des Gerichts (…) nach Wortlaut und Zweck eindeutig als Erläuterung zu dem Begriff „ergänzender Beitrag“. Da nämlich § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV insbesondere die Bereiche Kultur, Bildung und Information hervorhebt, braucht so Ziffer 5.5. DSZR diese Begriffe nicht mehr eigens zu wiederholen. Soweit die Bezugnahme in der Drittsendezeitenrichtlinie, die pauschal auf „§ 31 Abs. 1“ verweist, dessen Satz 2 bewusst mit umfassen sollte, kann diesem Satz („ Die Gestaltung des Fensterprogramms hat in redaktioneller Unabhängigkeit vom Hauptprogramm zu erfolgen“) damit jedenfalls keine andere Bedeutung als unmittelbar im Kontext des § 31 RStV verliehen werden. Dort ist § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV in unmittelbarem Anschluss an Satz 1, der Anforderungen an die inhaltliche Qualität des Fensterprogramms stellt, als Forderung an den Fensterveranstalter formuliert, dann auch dieseskonkrete Programm in redaktioneller Unabhängigkeit zu gestalten. Gleichzeitig wird für den Hauptprogrammveranstalter klargestellt, dass diese Voraussetzung zu akzeptieren sei. Zu den allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen für den Fensterveranstalter als solchen verhält sich – wie oben schon dargestellt - im Rahmen des § 31 RStV dann erst dessen Absatz 3, der regelt, welche Produktionsfirma nach gesellschaftsrechtlichen und anderen in § 28 RStV genannten Kriterien überhaupt als Bewerber für das Fensterprogramm in Frage kommt - nämlich nur der, der vom Hauptveranstalter rechtlich unabhängig ist …“

86

Aus diesem Grunde sind hier auch die Einwände der Beigeladenen zu 2) zu etwaigen Verflechtungen zwischen der Klägerin und der beigeladenen Hauptprogrammveranstalterin im Hinblick auf die Auftragsproduktion „A…..“ nicht erheblich. Es ist aber auch kein Raum für die positive Hervorhebung der besonderen redaktionellen Unabhängigkeit der Beigeladenen zu 2), die überhaupt keine Auftragsproduktionen zum Hauptprogramm zuliefert.

87

Schließlich ist die Rüge der Klägerin unbegründet, die Beklagte habe den Vielfaltsgewinn durch Wechsel in der Person des Drittsendezeitveranstalters nicht erwogen und außerdem verkannt, dass die Beigeladene zu 3) ihren Vielfaltsbeitrag schon als Drittsendezeitveranstalterin bei RTL „ausgeschöpft“ habe. Die Versammlung befasste sich nämlich schon am 5. Dezember 2011 auch mit den Fragen der wiederholten Auswahl derselben Anbieter und der gleichzeitigen Zulassung der Beigeladenen zu 3) bei RTL, und zwar auf der Basis der dies ausführlich behandelnden Beschlussvorlage des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten vom selben Tage (Bl. 395 - 400 und 440, 441 der Verwaltungsakte der Beklagten), befand die Bedenken der KEK insoweit aber im Ergebnis nicht für stichhaltig. Für eine Beweisaufnahme entsprechend dem hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin bestand daher kein Anlass. Nach der Rechtsauffassung der erkennenden Kammer ist Ziffer 5.5. Sätze 2 und 3 DSZR („Ferner ist zu berücksichtigen die mehrfache Zulassung eines Fensterveranstalters. Die für die Hauptprogramme zuständigen Landesmedien-anstalten stimmen sich hierzu ab“) auch nicht als Ausschlusskriterium für einen anderweitig schon zugelassenen Drittsendezeitveranstalter zu verstehen.

88

2) Sind daher auf den Klageantrag der Klägerin hin die Zulassungen zugunsten der Beigeladenen zu 2) und 3) aufzuheben, hat ihre Anfechtungsklage auch hinsichtlich der in Abschnitt C des Bescheids vom 17. April 2012 enthaltenen komplementären Beschränkungen der Zulassung der Beigeladenen zu 1) gem. § 31 Abs. 6 Satz 2 RStV Erfolg. Nach dieser Vorschrift sind auch in der Zulassung des Hauptprogrammveranstalters - die insoweit teilweise zu widerrufen ist, weil dieser nicht (mehr) die komplette Sendezeit bestreiten darf – die wesentlichen Verpflichtungen aus der Vereinbarung nach Absatz 5 als Bestandteil der Zulassungen aufzunehmen. Dieser Teil des Bescheides hat jedoch keine Berechtigung, wenn aufgrund des Anfechtungsantrags der Klägerin die in Abschnitt A des Bescheids enthaltenen Zulassungen aufgehoben werden. Würde Abschnitt C des Bescheids aufrechterhalten, entstünde sonst ein unerklärlicher Widerspruch. Daher kann die Klägerin auch die Aufhebung dieses Teils des Gesamtbescheids verlangen.

89

3) Die Klägerin hat darüber hinaus entsprechend § 113 Abs. 5 VwGO Anspruch auf erneute Entscheidung über ihre Bewerbung. Bei der notwendigen Wiederholung des Auswahlverfahrens gem. § 31 Abs. 4 RStV wird die Beklagte, sofern es nicht unmittelbar zu einer einvernehmlichen Auswahlentscheidung mit der Beigeladenen zu 1) kommt, zunächst die Vorschriften über den Dreiervorschlag nur hinsichtlich der Kombination aus 3. und 4. Sendezeitschiene anzuwenden haben. Danach ist unter Anlegung gleicher inhaltlicher Vielfaltskriterien sowie unter nochmaliger Beteiligung der KEK eine neue Auswahlentscheidung unter allen zulassungsfähigen Bewerbungen zu treffen, die bis zum Ende der Ausschreibungsfrist vorlagen. Bei nicht einvernehmlicher Auswahl mit der Hauptprogrammveranstalterin ist der Maßstab der größtmöglichen Vielfalt (§ 31 Abs. 4 Satz 6 RStV) anzulegen. Bei den inhaltlichen Auswahlerwägungen hat die Frage der redaktionellen Unabhängigkeit außer Betracht zu bleiben. Der Vielfaltsbeitrag der Klägerin ist – insbesondere für die Angebote auf den gekoppelten Sendezeitschienen 1 und 2, aber auch hinsichtlich der für die anderen Sendezeitschienen angebotenen Formate – unter Beachtung der oben (1 c) dargestellten Rechtsauffassung des Gerichts einer erneuten Bewertung unterziehen.

90

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3), die mit ihren Klageabweisungsanträge ebenfalls erfolglos waren, haben gem. § 154 Abs. 1 bzw. § 154 Abs. 3 i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO die Kosten des Verfahrens zu gleichen Teilen zu tragen. Das teilweise Unterliegen der Klägerin wegen des zu weit gefassten Klageantrags fällt gegenüber dem Ausmaß ihres Obsiegens im Hinblick auf die Kosten nicht ins Gewicht. Die Beigeladene zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, weil mangels Sachantrags und eigenen Kostenrisikos kein Grund besteht, diese Kosten aus Billigkeitsgründen den unterlegenen Beteiligten aufzuerlegen.

91

Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

92

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gem. §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

93

Beschluss

94

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 105.000.- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG). Davon entfallen 5.000 Euro auf die Anfechtung der Ablehnungsentscheidungen gegenüber anderen Bewerbern.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 45 Heilung von Verfahrens- und Formfehlern


(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn 1. der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;2. die erforderliche Be

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 46 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern


Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn of

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 44 Nichtigkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. (2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen d

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 39 Begründung des Verwaltungsaktes


(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behör

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(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift;
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist;
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist;
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt;
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.


Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 wird aufgehoben.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte und die Beigeladenen je zu 1/3. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und die Beigeladenen jeweils selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte und die Beigeladenen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Veranstalterin des privaten Fernsehvollprogramms Sat.1. Sie ist gem. § 26 Abs. 5 des Rundfunkstaatsvertrags vom 31. August 1991 in der seit 1. September 2008 geltenden Fassung – RStV – verpflichtet, in ihrem Programm Sendezeiten für unabhängige Dritte in Form eines sog. Fensterprogramms einzuräumen. Mit ihrer Klage begehrt sie die Aufhebung der Entscheidung der beklagten Landesmedienanstalt vom 17. April 2012, mit der den Beigeladenen zu 1) und 2) die Zulassung als Veranstalter von Fensterprogrammen in ihrem Hauptprogramm erteilt wird, während die Zulassungsanträge anderer Mitbewerber gleichzeitig abgelehnt wurden.

2

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

3

Die Beklagte schrieb im Staatsanzeiger vom 4. Juli 2011 Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm der Klägerin aus, und zwar für vier nach Uhrzeit und Sendedauer festgelegte Zeitfenster für Fernsehprogramme (sog. Sendezeitschienen), wobei die Bewerbungen für jeweils zwei Sendezeitschienen gemeinsam abzugeben waren. Erlaubnisbeginn soll laut Ausschreibung der 1. Juni 2013 sein. Bis zum Ablauf der Ausschreibungsfrist am 15. August 2011 gingen sechs Bewerbungen ein, darunter die der beiden Beigeladenen, die auch in der Vergangenheit einschließlich des derzeit noch laufenden Zulassungszeitraums die Fensterprogramme bei Sat.1 veranstaltet haben. Eine weitere Bewerbung ging erst nach Ablauf der Frist ein und blieb unberücksichtigt. Für die 1. und 2. Sendezeitschiene bewarben sich insgesamt drei Veranstalter von Fernsehprogrammen, darunter auch die Beigeladene zu 1), für die 3. und 4. Sendezeitschiene gab es fünf Bewerber, darunter die Beigeladene zu 2). Dabei bewarben sich zwei Bewerber – die Klägerinnen der gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 404/12.NW bzw. und 5 K 452/12.NW – jeweils auf beide Sendezeitschienen-Kombinationen.

4

Die eingegangenen Bewerbungsunterlagen wurden mit Schreiben vom 23. und 26. August 2011 der Klägerin übersandt und gleichzeitig auch der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK – mit dem Zusatz, vorbehaltlich der Beratung in den Gremien der LMK werde von der Zulassungsfähigkeit aller sechs Bewerber im Hinblick auf die Vorschriften in § 31 Abs. 3, § 28 RStV ausgegangen.

5

In der Folgezeit kam zunächst wegen divergierender Terminsvorschläge kein Termin zur Erörterung zwischen der Klägerin und der Beklagten mit dem Ziel der einvernehmlichen Auswahl der Drittsendezeitanbieter zustande. Mit Schreiben vom 26. September 2011, in dem sie sich auch auf ein Schreiben der Klägerin vom 23. September und die „dort eingebrachten Terminvorschläge“ bezog, führte der stellvertretende Direktor der Beklagten aus, der straffe Zeitplan sei, soweit möglich, auch den Interessen und Bedürfnissen der Klägerin angepasst worden. Eine weitere Verzögerung sei nicht hinnehmbar. Da die Klägerin keinen der von ihm vorgeschlagenen Termine realisiere, stelle er fest, dass ein einvernehmliches Auswahlverfahren in der ersten Runde nicht zustande gekommen sei. Da insgesamt mehr als drei Bewerbungen für die Drittsendezeit vorlägen, habe nunmehr der Hauptprogrammveranstalter das Recht, der Landesmedienanstalt einen Dreiervorschlag zu unterbreiten. Dafür werde eine Frist bis 10. Oktober 2011 gesetzt. Sollte bis dahin kein Dreiervorschlag eingehen, gelte das als Verzicht auf diese Möglichkeit. Es heißt dann weiter: „Unterstellt, dass die LMK diesen Dreiervorschlag um bis zu zwei Positionen zu ergänzen hätte, wird vom Rundfunkstaatsvertrag ein erneuter Versuch der einvernehmlichen Auswahl eröffnet. Hier greife ich gerne Ihren ersten Terminvorschlag auf…“. Die Klägerin rügte mit Schreiben vom 7. Oktober 2011 ausdrücklich den bisherigen Verfahrensablauf, in dem ihr schon zum zweiten Mal eine Erörterung verweigert werde, regte an, doch noch ein Erörterungsgespräch zur einvernehmlichen Auswahl zu führen, und benannte dazu ihre Vorstellungen, machte jedoch angesichts der Fristsetzung auch einen Dreiervorschlag, in dem sie - ohne Differenzierung nach Sendezeitschienen - insgesamt drei Bewerberinnen benannte, darunter jedoch nicht die Beigeladenen zu 1) und 2).

6

Am 10. Oktober 2011 fand eine Sitzung des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten statt, in der u.a. die Empfehlung an die Versammlung beschlossen wurde, fünf der insgesamt sieben eingegangenen Bewerbungen für zulassungsfähig zu erklären.

7

Mit ebenfalls vom 10. Oktober 2011 datierendem Schreiben teilte der stellvertretende Direktor der Beklagten der Klägerin mit, ihrem rechtzeitig eingegangen Dreiervorschlag füge die LMK noch die Beigeladenen zu 2) und 3) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV aus Gründen der Vielfalt hinzu. Damit bestehe eine Auswahlmöglichkeit aus der gesamten Bewerberschar, die eine zulassungsfähige Bewerbung vorgelegt habe.

8

Ein Gespräch zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beklagten am 14. Oktober 2011 führte nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl; insbesondere bestanden unvereinbare Vorstellungen hinsichtlich der 1. und 2. Sendezeitschiene.

9

Aufgrund der Empfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten beschloss deren Versammlung am 17. Oktober 2011, für die 1. und 2. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1) mit ihren Formaten „Weck up“ und „Planetopia“ und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Formate „News und Stories“ bzw. „Spiegel TV Reportage“ und „Focus TV Reportage“ der Beigeladenen zu 2) auszuwählen. Ziffer IV des Beschlusses lautet: „Die Auswahl steht unter dem Vorbehalt der Herstellung des Benehmens mit der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK)“. Ziffer V lautet: „Die ausgewählten Bewerber und die Sat.1 SatellitenFernsehen GmbH sind gehalten, eine Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV abzuschließen“.

10

Die Beklagte unterrichtete die Klägerin und die Beigeladenen mit Schreiben vom 18. Oktober 2011 von dem Beschluss, der außerdem der KEK zur Herstellung des Benehmens übermittelt wurde. Die KEK teilte zunächst mit Schreiben vom 9. November 2011 mit, wegen verschiedener klärungsbedürftiger Fragen sei sie noch nicht zu einer abschließenden Bewertung gekommen. Genannt wurden u.a. die Themenkomplexe „Vorab-Ausschluss der N 24 Media GmbH von der eigentlichen Abwägungsentscheidung“ und die „seit 1998 fortwährende Lizenzierung“ der Beigeladenen zu 1) und 2) als Drittfensterveranstalter bei Sat.1. In ihrer Sitzung am 5. Dezember 2011 setzte sich die Versammlung der Beklagten inhaltlich mit den Bedenken der KEK auseinander. Nachdem in der Sitzung der KEK am 13. Dezember 2011 der stellvertretende Direktor der Beklagten zu den Bedenken Stellung genommen hatte, beschloss die KEK, dass gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 1. und 2. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1) und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 2) auszuwählen, keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden.

11

Einem Beschlussvorschlag des Direktors der Beklagten vom 15. Dezember 2011 folgend stellte anschließend deren Hauptausschuss im Umlaufverfahren fest, dass das Benehmen mit der KEK hergestellt sei, dass der entsprechende Vorbehalt in Ziffer IV des Beschlusses der Versammlung vom 17. Oktober 2001 entfalle (Ziffer II) und dass an die Beigeladenen zu 1) und 2) Zulassungen erteilt würden „nach Maßgabe der Vorbehalte unter Ziffer IV“. Ziffer IV lautet: „Die Zulassungen stehen unter dem Vorbehalt des Benehmens mit der KEK. Sie stehen weiterhin unter dem Vorbehalt einer Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV. Für diese Vereinbarung wird den Beteiligten eine Frist gesetzt bis …26. Januar 2012…. Ist bis zu diesem Zeitpunkt eine Vereinbarung nicht zustande gekommen, so legen die Parteien innerhalb der gleichen Frist ihre Kalkulationen für eine „ausreichende Finanzierung“ der zu lizenzierenden Programme der LMK vor“.

12

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 setzte die Beklagte u.a. die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens von dem „weiteren Beschluss der LMK“, der beigefügt war, in Kenntnis und wies darauf hin, dass es sich nicht um einen Zulassungsbescheid, sondern um dessen Vorbereitung handle.

13

Die Klägerin erhob gegen den „Beschluss vom 19. Dezember 2011“ am 13. Februar 2012 Klage (AZ. 5 K 148/12.NW) und stellte gleichzeitig einen vorläufigen Rechtsschutzantrag, der mit Beschluss des erkennenden Gerichts vom 4. April 2012 abgelehnt wurde (AZ. 5 L 147/12.NW). Die Klage wurde zurückgenommen.

14

Eine Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 2) und der Klägerin lag am 17. Januar 2012 vor. Die Beigeladene zu 1) lehnte hingegen ein Vereinbarungsangebot der Klägerin, das gegenüber der derzeit noch geltenden Vereinbarung u.a. deutlich geringere Finanzierungsbeträge enthält, als nicht angemessen ab.

15

In der 24. Sitzung der Versammlung der Beklagten am 13. Februar 2012 wurde zunächst die Entscheidung des Hauptausschusses vom Dezember 2011 bestätigt. Weiter stellte die Versammlung hinsichtlich der beabsichtigten Zulassung der Beigeladenen zu 1) für die 1. und 2. Sendezeitschiene fest, dass das von der Klägerin übermittelte Vertragsangebot nicht die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 31 Abs. 5, Abs. 6 RStV erfülle, und beschloss, dass der Vorbehalt der Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV entfalle und die LMK vorläufig die Zulassung auf der Grundlage der früheren Vereinbarung der Parteien vom 30. August 2007/26. September 2007 erteile. Eine abweichende Vereinbarung, die die gesetzliche Voraussetzung ebenfalls erfülle, bleibe möglich, sie ersetze dann die erstgenannte Vereinbarung. Die Ziffern 2.2, 6.1, 6.2, 6.4, 6.5 und 8 der genannten Vereinbarung von 2007 seien Bestandteil der Zulassung; der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK bleibe aufrechterhalten. Für die Zulassung der Beigeladenen zu 2) auf die 3. und 4. Sendezeitschiene entfalle der Vorbehalt der Vereinbarung und bleibe der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK aufrechterhalten. Die Zulassungen würden erteilt für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis zum 31. Mai 2018. Nach der Herstellung des Benehmens mit der KEK solle die zusammenfassende Beschlussfassung über die das Verfahren beendenden Bescheide im Hauptausschuss erfolgen.

16

Die KEK teilte der Beklagten mit Schreiben vom 23. März 2012 unter Beifügung ihrer entsprechenden Beschlüsse vom 13. März 2012 mit, es bestünden rundfunkrechtliche Bedenken gegen die vorgesehene Entscheidung, der Beigeladenen zu 1) die Zulassung vorläufig auf der Grundlage der Vereinbarung von 2007 zu erteilen. Keine Bedenken bestünden gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 2) zuzulassen.

17

In ihrer 25. Sitzung am 16. April 2012 beschloss die Versammlung der Beklagten schließlich die Zulassung der Beigeladenen zu 1) und 2), die entsprechende Beschränkung der Zulassung des Hauptprogrammveranstalters und die Ablehnung der Zulassungsanträge der weiteren Mitbewerber, außerdem die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

18

Diese Beschlüsse wurden im Wortlaut Gegenstand des von der Beklagten am 17. April 2012 erlassenen, vorliegend angefochtenen Bescheides, der im Wesentlichen folgenden Inhalt hat:

19

In Abschnitt A wird der Beigeladenen zu 1) die Zulassung zur Veranstaltung und Verbreitung von zwei überregionalen Fernsehfensterprogrammen im Hauptprogramm der Klägerin auf der 1. und 2. Sendezeitschiene erteilt (Ziff. 1 - 4). Gem. Ziff. 5 wird bis zum Abschluss einer Vereinbarung mit der Beigeladenen zu 1) gemäß § 31 Abs. 5 RStV die in der vergangenen Lizenzperiode abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet; deren Ziff. 2.2, 6.1, 6.2 6.4 6.5 und 8 blieben bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung Bestandteil der Zulassung.

20

Abschnitt B enthält die Zulassung der Beigeladenen zu 2) für die 3. und 4. Sendezeitschiene mit entsprechenden Maßgaben.

21

Abschnitt C betrifft die Befristung und Änderung der an die Beigeladene zu 1) erteilten Zulassung entsprechend A und B. Dort heißt es unter Ziffer 4: „Bis zum Abschluss einer Vereinbarung über die Ausstrahlung der Fensterprogramme auf der ersten und zweiten Sendezeitschiene zwischen Sat.1 und dem unabhängigen Drittanbieter … wird für die Zeit ab dem 1. Juni 2013 die in der vergangenen Lizenzperiode von den Beteiligten abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet...“.

22

In Abschnitt D werden die Anträge der konkurrierenden Bewerber auf alle Sendezeitschienen abgelehnt. Abschnitt E enthält die Anordnung des Sofortvollzugs.

23

Zur Begründung legte die Beklagte – nach Schilderung des Verfahrensganges – zunächst unter II. im Einzelnen dar, warum die ausgewählten Bewerber die Anforderungen des Rundfunkstaatsvertrags nach Überzeugung ihrer Versammlung in einem Maße erfüllten, das von keinem anderen Bewerber und auch von keiner anderen Kombination von Bewerbern erreicht werde. Außerdem enthält der Bescheid Ausführungen dazu, dass bei der Mitbewerberin N 24 Media GmbH wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit ihrer 100%igen Tochterfirma von Sat.1 die Vermutung ihrer redaktionellen Unabhängigkeit deutlich weniger als bei allen anderen Bewerbern gegeben sei. Es bestehe eine große Nähe von N 24 zum Hauptveranstalter (S. 9 des Bescheides), die zu einer Nichtberücksichtigung führen müsse. Aufgrund der „eingeschränkten/geringeren redaktionellen Unabhängigkeit“ sei ihr Vielfaltsbeitrag deutlich verringert und damit „nachrangig zu den Mitbewerbern“ (S. 12 des Bescheides).

24

Beim inhaltlichen Vergleich der verbleibenden Bewerber in den Sendezeitschienen stellten die ausgewählten Angebote insbesondere in ihrer Gesamtheit die maximal erreichbare Vielfaltserhöhung dar. Dass die derzeitigen Erlaubnisinhaber erneut berücksichtigt worden seien, sei nicht fehlerhaft, denn der Vielfaltsbegriff sei inhaltsbezogen, nicht unternehmensbezogen zu verstehen. Auch nicht relevant sei, dass die Beigeladene zu 2) auch bei RTL lizenziert sei. Zwar verlange die Drittsendezeitrichtlinie eine Abstimmung der beteiligten Landesmedienanstalten bei mehrfacher Lizenzierung. Wegen der unterschiedlichen Zeitpunkte der Zulassung gebe es hier aber keine Parallelität, so dass die Vorschrift keine Anwendung finde. Insbesondere der Kulturbeitrag der Sendung „News and Stories“ der Beigeladenen zu 2) sei sehr hoch und möglicherweise im deutschen Fernsehen einzigartig. Einen vergleichbaren Solitär stelle das Wissenschaftsmagazin „Planetopia“ der Beigeladenen zu 1) dar.

25

Im Weiteren wird näher begründet, warum der Beigeladenen zu 1) auch ohne eine aktuelle Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 und 6 RStV eine Erlaubnis erteilt werden könne. Der gewählte Weg einer Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung sei gegenüber dem in der Drittsendezeitrichtlinie vorgesehenen Verfahren zur Lizenzentziehung als milderes Mittel anzusehen.

26

Nach Zustellung dieser Entscheidung hat die Klägerin am 8. Mai 2012 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor:

27

Der von der Beklagten erlassene Gesamtbescheid sei unteilbar, werde deshalb im Ganzen angefochten. Das Gericht habe daraufhin auch das gesamte Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen. Die mit dem Bescheid vom 17. April 2012 getroffenen Auswahl-, Zulassungs- und Teillizenzentzugsentscheidungen beruhten auf mehreren offensichtlichen Verfahrensmängeln. Der rechtswidrige Bescheid verletze sie, die Klägerin, in ihren subjektiv öffentlichen Rechten. Diese folgten schon aus den einfach-rechtlichen Verfahrensvorschriften, insbesondere in § 31 Abs. 4 RStV, die anerkanntermaßen dem Schutz der Interessen des Hauptprogrammveranstalters dienten. Darüber hinaus sei sie in ihren Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verletzt.

28

Das gesamte Drittsendezeit-Auswahlverfahren in § 31 Abs. 4 RStV gehe vom Grundsatz einer einvernehmlichen Regelung zwischen der zuständigen Landesmedienanstalt und dem Hauptprogrammveranstalter aus. Dies ergebe sich klar aus der Amtlichen Begründung zum dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Die berechtigten Interessen des Hauptprogrammveranstalters müssten angemessen berücksichtigt werden. Dies sei im vorliegenden Verfahren an mehreren Stellen nicht geschehen. Zunächst seien auf der ersten Erörterungsstufe gemäß § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV die Ausschreibungsmodalitäten nicht einvernehmlich mit der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin festgelegt worden. Es habe nicht einmal eine ordnungsgemäße ergebnisoffene Erörterung dieser Modalitäten zwischen Beklagter und Klägerin gegeben. Zwar habe am 10. Juni 2011 ein Gespräch stattgefunden, in dem die Klägerin sich für eine Bündelung der Drittsendezeiten am Montagabend und die Ausschreibung von vier, hilfsweise drei unabhängigen Sendezeitschienen ausgesprochen habe. Zuvor habe es im Mai 2011 nur ein informelles Gespräch zwischen der Klägerin und ihrem früheren Geschäftsführer und Vertretern der Beklagten gegeben, in dem es entgegen der Darstellung in der Beschlussvorlage der Beklagten vom 7. Juni 2011 aber keine einvernehmliche Festlegung der Sendezeitschienen gegeben habe. Offenbar sei die Beklagte bereits vor den Gesprächen mit der Klägerin auf die Ausschreibungsmodalitäten, wie sie anschließend beschlossen worden seien, festgelegt gewesen, was sich insbesondere aus Aktenvermerken über Gespräche mit Vertretern der Beigeladenen zu 1) entnehmen lasse, die diese Modalitäten stark befürwortet hätten.

29

Die abweichenden Vorstellungen der Klägerin, geäußert im Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 und nochmals niedergelegt in einem Schreiben vom 14. Juni 2011, seien unberücksichtigt geblieben. Die Versammlung der Beklagten habe am 20. Juni 2011 die Ausschreibung anders beschlossen. Es spreche viel dafür, dass die zuständige Versammlung über die anders lautenden Vorstellungen der Klägerin gar nicht informiert worden sei, nachdem die Beschlussvorlage für die Sitzung am 20. Juni 2011 vom 7. Juni 2011 datiere und sich auch sonst aus den Akten nichts dafür ergebe, dass die Versammlung über die Vorschläge und Argumente der Klägerin aus dem Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 und dem Schreiben vom 14. Juni 2011 in Kenntnis gesetzt worden sei. Dies mache schon die Ausschreibung selbst rechtswidrig.

30

Der Klägerin sei auch eine Erörterung der eingegangenen Anträge nach Ausschreibung gemäß § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV verweigert worden. Die Beklagte habe insoweit unzulässig Zeitdruck ausgeübt. Die Klägerin habe erst zum 1. September 2011 alle Bewerberunterlagen vorliegen gehabt, die danach hätten geprüft werden müssen. Außerdem habe eine Stellungnahme dazu innerhalb der Fachabteilungen der Klägerin abgestimmt werden müssen. Die Zeitvorgabe der Beklagten hierfür bis spätestens 5. Oktober 2011 sei daher nicht realisierbar gewesen. Auf ihre alternativen Terminsvorschläge sei jedoch die Beklagte nicht eingegangen, sondern habe das Verfahren trotz Protests der Klägerin auf der nächsten Stufe (Dreiervorschlag) weitergeführt. Angesichts des Zulassungsbeginns für die Fensterveranstalter ab 1. Juni 2013 sei die von der Beklagten geltend gemachte Eilbedürftigkeit nicht vorhanden gewesen, zumal der früheste angebotene Alternativtermin am 14. Oktober 2011 nur neun Tage nach dem letzten von der Beklagten vorgeschlagenen Termin und noch vor dem Termin der Versammlung der Beklagten vom 17. Oktober 2011 gelegen habe. Den Vorwurf, sie, die Klägerin, wolle das Verfahren in die Länge ziehen, weise sie nachdrücklich zurück. Es habe keinen legitimen Grund für die Beklagte gegeben, die Erörterung der Anträge i.S.d. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV als gescheitert zu betrachten. Der Gesprächstermin zwischen Vertretern der Klägerin und Ministerpräsident Beck am 20. September 2011 sei hierfür ohne Bedeutung.

31

Verfahrensfehlerhaft sei auch, dass dem (unter Vorbehalt abgegebenen) Dreiervorschlag der Klägerin zwei weitere Vorschläge hinzugefügt worden seien, ohne dass dem ein Beschluss seitens der Beklagten zugrunde gelegen habe. Ein Beschluss des Rechts- und Zulassungsausschusses vom 10. Oktober 2011 empfehle der Versammlung nur, fünf der insgesamt sieben Bewerbungen als zulassungsfähig zu erklären. Das sei keine Entscheidung über die Hinzufügung zweier Vorschläge. Nur die Versammlung hätte auch feststellen können, dass eine einvernehmliche Einigung – nach dem Erörterungsgespräch über den Fünfervorschlag am 14. Oktober 2011 – nicht zustande gekommen sei, sie habe darüber jedoch nicht entschieden. Die Ergänzung des Dreiervorschlags der Klägerin sei vom stellvertretenden Direktor der Beklagten in dem Erörterungsgespräch vom 14. Oktober 2012 auch zu Unrecht damit begründet worden, dass der größtmögliche Vielfaltsbeitrag zu erreichen sei. Bei einer einvernehmlichen Entscheidung hätte jedoch genügt, dass überhaupt ein Vielfaltsbeitrag erreicht werde.

32

Sollte der Dreiervorschlag jeweils für die gebündelten Sendezeitschienen isoliert zu betrachten sein, so hätte ein Dreiervorschlag also lediglich für die 3. und 4. Sendezeitschiene abgegeben werden dürfen, da es für die 1. und 2. Sendezeitschiene nur drei zulassungsfähige Bewerber gegeben habe. Gleichzeitig wäre aber auch lediglich auf der dritten und vierten Sendezeitschiene eine Zufügung zweier weiterer Bewerber möglich gewesen. Darin lägen Verfahrensfehler, die auch nicht unbeachtlich seien. Es könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass es zwischen der Klägerin und der Beklagten auf der dritten und vierten Sendezeitschiene zu einer einvernehmlichen Regelung gekommen wäre, wenn nur diese zur Disposition gestanden hätte. Da dafür eine Erörterung notwendig gewesen wäre, deren Ergebnis nicht antizipiert werden könne, bestehe nicht die nach § 46 VwVfG erforderliche Alternativlosigkeit.

33

Weitere gesetzlich vorgesehene Verfahrensabläufe seien missachtet worden: Das Erörterungsgespräch über die Ausschreibungsmodalitäten habe bereits stattgefunden, bevor die KEK nach § 26 Abs. 5 RStV die relevanten Zuschaueranteile der Klägerin festgestellt gehabt habe und feststand, dass eine Pflicht zur Einräumung von Drittsendezeiten bestand. Die KEK habe dies erst am 14. Juni 2011 beschlossen. Außerdem hätte die Beklagte die Klägerin nicht zur Abgabe eines Dreiervorschlages auffordern dürfen, bevor eine Entscheidung über die Zulassungsfähigkeit der einzelnen Anträge getroffen wurde. Darüber sei jedoch erst mit Beschluss vom 10. Oktober 2011 in der 25. Sitzung des Rechts- und Zulassungsausschusses befunden worden.

34

Darüber hinaus sei es verfahrensfehlerhaft, dass die Beklagte sowohl die Auswahl- als auch die Zulassungsentscheidung getroffen habe, ohne zuvor das Benehmen mit der KEK hergestellt zu haben. Das Gesetz lege hier eine klare Reihenfolge fest. Dies habe die Beklagte umgangen, indem sie die Beschlüsse bereits vorab gefasst habe und sie nur mit dem Vorbehalt der Benehmensherstellung versehen habe. Sie hätte höchstens eine Auswahlempfehlung treffen dürfen, ohne sich bereits festzulegen. Danach habe sich die Beklagte mit den geäußerten Bedenken und abweichenden Bewertungen der KEK ernsthaft und ergebnisoffen nicht mehr befasst. Dass sie die später geäußerten Bedenken der KEK zur Kenntnis genommen habe, reiche für eine ordnungsgemäße Benehmensherstellung nicht. Das gelte zunächst für die ursprünglichen Bedenken der KEK bezüglich der angeblichen Abhängigkeit der N24 Media GmbH im Verhältnis zur Klägerin. Die Auswahlentscheidung hätte auch nicht durch Beschluss des Hauptausschusses der Beklagten, noch dazu im Umlaufverfahren, getroffen werden dürfen, denn die nach der Geschäftsordnung der Versammlung notwendige Eilbedürftigkeit habe nicht vorgelegen.

35

Auch mit den rundfunkrechtlichen Bedenken der KEK gegenüber der Zulassung der Beigeladenen zu 1) auf der Grundlage der Fortschreibung der bisherigen vertraglichen Vereinbarungen mit der Klägerin habe die Versammlung sich nicht mehr auseinandergesetzt. Sie habe sich insoweit selbst unter faktischen Vollzugszwang gesetzt, indem sie ohne Not mit Pressemitteilung vom 13. Februar 2012 öffentlich verkündet habe, wie sie hinsichtlich des Angebots der Klägerin vorgehen wolle.

36

Die genannten Verfahrensfehler seien jeder für sich, jedenfalls aber in ihrer Gesamtheit auch nicht nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Es handele sich bereits um absolute Verfahrensfehler, weil damit gegen Verfahrensrechte der Klägerin verstoßen worden sei, die ihr eine eigene, unabhängig vom materiellen Recht durchsetzbare Rechtsposition gewähren wollten. Dies gelte im besonderen Maße für die Erörterungspflichten mit dem Hauptprogrammveranstalter, die ein klassisches, eigene Rechtspositionen begründendes Mitwirkungsrecht darstellten. Im Übrigen hätte bei Einhaltung aller genannten Vorschriften jeweils die Entscheidung anders ausfallen können, so dass auch eine Unbeachtlichkeit i.S.v. § 46 VwVfG ausscheide.

37

Unter Verstoß gegen den in § 30 VwVfG normierten Geheimhaltungsgrundsatz habe die Beklagte auch in dem als Gesamtbescheid an alle Beteiligten abgefassten Zulassungsbescheid vom 17. April 2012 geheimhaltungsbedürftige Tatsachen offengelegt, die nur im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) relevant seien.

38

Erhebliche formelle Zweifel bestünden schließlich auch daran, ob die Beklagte für eine Fortschreibung der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) – abgesehen von deren materieller Rechtswidrigkeit – überhaupt (allein) zuständig gewesen sei. Wenn nämlich gemäß Ziffer 6.3 der Drittsendezeitenrichtlinie unter Umständen ein Lizenzentzug gemäß § 26 Abs. 5 RStV in Betracht gekommen wäre und dies nur nach Feststellung durch die KEK hätte geschehen dürfen (§ 26 Abs. 5 Satz 3 RStV), hätte die KEK auch eingeschaltet werden müssen, wenn die Beklagte ein angeblich milderes Mittel als Sanktion habe anwenden wollen.

39

Zudem habe die Beklagte die Frage, ob die Klägerin der Beigeladenen zu 1) eine ausreichende Finanzierung nach § 31 Abs. 5 RStV angeboten habe, entgegen § 24 VwVfG nicht genügend aufgeklärt, insbesondere die Heranziehung von Sachverständigen unterlassen. Die Klägerin habe eine aktuelle Kalkulation der Beigeladenen zu 1) trotz ihrer entsprechenden Bitte mit Schreiben vom 28. Oktober 2011 übrigens nie erhalten. Es werde bezweifelt, dass der Beklagten eine solche Kalkulation vorgelegen habe.

40

Die Auswahl-, Zulassungs- und Teillizenzentzugsentscheidungen der Beklagten seien darüber hinaus auch offensichtlich materiell rechtswidrig. Da es nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen sei, habe die Landesmedienanstalt bei der Auswahl einen engeren Einschätzungs- und Bewertungsspielraum im Hinblick auf die zu bewertende Vielfaltssteigerung gehabt, und auch die Anforderungen an die Begründung der Auswahl seien höher. Die maßgebenden Entscheidungen im Verlauf des Verfahrens seien teilweise aufgrund unvollständigen bzw. unrichtigen Sachverhalts getroffen worden, weil die Versammlung der Beklagten über die maßgebenden Vorgänge nicht ausreichend unterrichtet gewesen sei. Das gelte für die Sendezeitschienenfestlegung, die Grundlage der Ausschreibung und dann auch der Auswahl gewesen sei. Die Koppelung von jeweils zwei Sendezeitschienen sei ermessensfehlerhaft im Interesse der später ausgewählten Bewerber, insbesondere der Beigeladenen zu 1) geschehen, da die Einnahmen aus zwei Formaten gesichert werden sollten, wie der Beklagte im Schreiben vom 27. März 2012 im Verfahren 5 L 147/12.NW ausgeführt habe. Dafür spreche auch deutlich der Aktenvermerk auf Blatt 1 der Verwaltungsakte. Sachfremde Erwägungen seien auch angestellt worden, soweit die angeblich zu große Nähe von N 24 zur Klägerin zur Nichtberücksichtigung der N 24 Media GmbH im Rahmen der Auswahlentscheidung geführt habe. Nach Feststellung der Zulassungsfähigkeit der N 24 Media GmbH i.S.d. § 31 Abs. 3 Satz 2 RStV sei die Erwägung, die redaktionelle Unabhängigkeit sei nicht gewährleistet, sachfremd gewesen.

41

Schließlich bestünden vielfältige rechtliche Bedenken gegen die Erteilung einer Zulassungserlaubnis an die Beigeladene zu 1), ohne dass es zwischen der Klägerin und ihr zu einer Vereinbarung gekommen sei. Der von der Beklagten vorgenommenen „Vertragsfortschreibung“ fehle es insbesondere an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Nach § 31 Abs. 6 RStV sei eine Vereinbarung zwingend erforderlich, die hier aber unstreitig nicht zustande gekommen sei. Die vorgenommene hoheitliche Substituierung von Verträgen könne nicht auf Ziffer 6.3 der Drittsendezeitenrichtlinie i.V.m. § 26 Abs. 5 RStV und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gestützt werden. Die Drittsendezeitenrichtlinie sei keine ausreichende Gesetzesgrundlage i.S.d. Art. 20 Abs. 3 GG. Der entscheidende Fehler liege aber bereits darin, dass die getroffene Regelung weder erforderlich noch das mildeste Mittel im Vergleich zum angeblich sonst drohenden Lizenzentzug gegenüber der Klägerin sei. Gegenwärtig verstoße die Klägerin nicht gegen ihre Verpflichtung aus § 26 Abs. 5 RStV, so dass Sanktionen überhaupt nicht in Betracht kämen. Außerdem nehme die Beklagte der Klägerin durch die Fortschreibung der momentan gültigen Vereinbarung die Möglichkeit zu einer frei ausgehandelten einvernehmlichen Vereinbarung. Richtig wäre es gewesen, die Frage der Gesetzeskonformität des Angebots der Klägerin durch einen unabhängigen Gutachter aufzuklären, wie dies auch die KEK in ihrer Stellungnahme vom 13. /21. März 2012, KEK 600-3, für notwendig gehalten habe.

42

Die Klägerin sei zur Vorlage eines Vertragsangebots nach § 31 Abs. 5 RStV an die Beigeladene zu 1) gar nicht verpflichtet gewesen, weil das Drittsendezeitenvergabeverfahren zuvor bereits in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig gewesen sei.

43

Schließlich habe sie aber ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes Vertragsangebot vorgelegt, insbesondere auch mit einer ausreichenden Finanzierung, die sich an marktüblichen Preisstrukturen und der finanziellen Ausstattung vergleichbarer Formate des Hauptveranstalters orientiert habe. Die angebotenen Minutenpreise hätten immer noch deutlich über den vergleichbaren Formaten der Klägerin selbst gelegen. Die Beklagte führe für ihre Ansicht, dass das Finanzierungsangebot unzureichend sei, unzulässige Vergleichsmaßstäbe an. Auch bestünden Zweifel, ob die zugrunde gelegten Zahlen zutreffend seien. Die anderen Vertragsregelungen des Angebots seien entgegen der Auffassung der Beklagten ebenfalls nicht rechtsfehlerhaft. Dies gelte insbesondere auch für die Kündigungsregelung in Ziffer 9.1, die auf dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 2. April 2012 (Az. 5 L147/12.NW) aufbaue.

44

Das zur Frage der Zulässigkeit der Vertragsfortschreibung durch die Beigeladene zu 1) vorgelegte Parteigutachten des Prof. Dr. Hassemer verfolge offenbar primär einen rechtsphilosophischen Ansatz. Bei der Bewertung der Rechtmäßigkeit eines belastenden Verwaltungsaktes gehe es aber um die Gesetzesbindung der Verwaltung und den Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes. Dies gelte in besonderem Maß für den Zentralbereich des Rundfunkrechts (Art. 5 GG). Der belastende Verwaltungsakt „Vertragsfortschreibung“ zu Lasten der Klägerin könne nicht deshalb als Begünstigung ihr gegenüber gewertet werden, weil von der härteren Sanktion Lizenzentzug abgesehen werde. Aus einer Belastung werde keine Begünstigung, nur deshalb weil es gegebenenfalls noch einschneidendere Maßnahmen geben könnte. § 31 Abs. 4 RStV könne nicht als Ermächtigung für die Vertragsfortschreibung ausgelegt werden. Es gehe hier nicht um einen nur feststellenden Verwaltungsakt, sondern um regelnde Gebote. Eine Auslegung, die einen Grundrechtsverstoß (Unverhältnismäßigkeit) gegen einen Eingriff in die Vertragsautonomie austausche, sei ihrerseits nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Soweit sich die Beigeladene zu 1) darauf berufe, dass anderswo eine angemessene Finanzierung des Fensterprogrammveranstalters im Zulassungsbescheid festgesetzt worden sei, sei in dem herangezogenen Beispielsfall eine gutachterliche Empfehlung eingeholt worden, der dann gefolgt worden sei.

45

Das von der Beklagten dargelegte „Gut-Böse-Szenario“ sei verfehlt. Der Klägerin gehe es keineswegs darum, ein seit langem funktionierendes System zugunsten ihrer eigenen publizistischen Interessen und Renditeoptimierung zu sprengen oder zu behindern, sondern sie habe sich erlaubt, Rechtsschutz gegen einen sie belastenden Bescheid zu suchen. Da das Verfahren zur Auswahl und Zulassung von Drittfensterprogrammen gleich auf mehreren Ebenen auf Einvernehmlichkeit ausgerichtet sei, seien publizistische oder ökonomische Aspekte des Hauptprogrammveranstalters Teil seiner verfassungsrechtlich geschützten Rechte.

46

Die Umstände des vorgesehenen Wechsels des Veranstalters für das Programm Sat.1 von der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz zur Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein – MA HSH - und die insoweit mit Bescheid vom 11. Juni 2012 der umgesetzte Zulassungsentscheidung der MA HSH würden keineswegs verschwiegen, seien hier jedoch nicht streitgegenständlich. Die Beantragung einer Neuzulassung seitens der mit der Klägerin nicht identischen Firma ProSiebenSat1 Deutschland GmbH und die mögliche Rückgabe der Rundfunklizenz durch die Klägerin stellten freie unternehmerische Entscheidungen dar, die vom Rundfunk- und Verfassungsrecht respektiert und geschützt würden. Dadurch entstehe auch keine Gefahr für die Meinungsvielfalt, weil die gesetzlichen Regelungen selbstverständlich auch für den neuen Veranstalter bestünden. Das Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Klage bleibe davon unberührt.

47

Die Klägerin beantragt,

48

den Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aufzuheben,

49

hilfsweise,

50

Beweis zu erheben zur Tatsache, dass sich die Versammlung in ihrer Sitzung vom 20. Juni 2011 mit den Vorschlägen und Argumenten der Klägerin, betreffend die auszuschreibenden Sendezeitschienen, aus dem Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 bzw. dem klägerischen Schreiben vom 14. Juni 2011 nicht auseinandergesetzt hat bzw. mangels ausreichender Sachkenntnis nicht auseinandersetzen konnte, durch Vernehmung der in dieser Sitzung vom 20. Juni 2011 anwesenden Mitglieder der Versammlung.

51

Die Beklagte beantragt,

52

die Klage abzuweisen.

53

Sie weist zunächst auf die Bedeutung der Konzentrationsregulierung im Privatfernsehen hin, der durch das System der rundfunkrechtlichen Konzentrationsbegrenzung mit den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrages Rechnung getragen werde. Durch die von der klägerischen Konzernholding beabsichtigte unzulässige Lizenzverlagerung würde das seit rund 15 Jahren funktionierende System in Frage gestellt. Die Beklagte werde sich daher auch gegen die Zulassungsentscheidung der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein vom 11. Juli 2012 anderweitig rechtlich zur Wehr setzen.

54

Die Versuche der Klägerin, die Konzentrationsregulierung der Länder zu unterlaufen, bedürften der gerichtlichen Begrenzung. Im Mittelpunkt der vorliegenden Auseinandersetzung stehe die Frage, ob ein Hauptprogrammveranstalter die kompensatorische Vielfaltsentscheidung der plural zusammengesetzten Versammlung der Beklagten durch Verweigerung eines angemessenen Vertragsangebots an den ausgewählten Drittsendezeitveranstalter leer laufen lassen und sich so über einen längeren Zeitraum den konzentrationsrechtlichen Verpflichtungen entziehen könne. Die übrigen mit der Klagebegründung angesprochenen tatsächlichen und rechtlichen Fragen träten hinter diese Fragestellung zurück. Es bestehe das verfassungsrechtliche Gebot, Tendenzen zur Konzentration zur Sicherstellung eines funktionierenden Meinungsmarktes rechtzeitig und so wirksam wie möglich entgegenzutreten. Zur Sicherung der Meinungsvielfalt bestehe nicht nur ein abstrakter Handlungsauftrag, sondern eine konkret formulierte grundrechtliche Schutzpflicht. Das einfache Gesetz und die Rechtsanwendung müssten sich an dieser Zielvorgabe messen lassen. Der gesetzliche Normalfall des § 31 Abs. 5 und 6 RStV sei vorliegend nicht eingetreten. Für den Fall, dass wie hier der Hauptprogrammveranstalter dem nach Vielfaltskriterien ausgewählten Fensterprogrammveranstalter kein angemessenes Vertragsangebot vorlege, enthalte der Rundfunkstaatsvertrag selbst keine Regelungen. Nur Ziffer 6.3 der Drittsendezeitenrichtlinie sehe vor, dass das Scheitern nach § 31 Nr. 1 RStV der KEK mitgeteilt werde und das weitere Verfahren nach § 26 Abs. 4 oder Abs. 5 RStV durchgeführt werde. Danach stünde als einzige Handlungsmöglichkeit der Widerruf der der Klägerin erteilten Zulassung offen. Konsequenzen eines solchen Widerrufsverfahrens würden jedoch dem verfassungsrechtlichen Ziel, möglichst hohe Meinungsvielfalt sicherzustellen, zuwiderlaufen. Aus diesem Grund sei das in Ziffer 6.3 DSZR angelegte Rechtsverständnis mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Da sich der Widerruf aus verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Gründen nicht sofort vollziehen lasse und außerdem die Zulassung der Klägerin noch bis ins Jahr 2020 bestehe, trage sie allenfalls das Risiko eines Verwaltungsrechtsstreits über den Widerruf. Boykottiere aber der Hauptprogrammveranstalter den Abschluss eines Vertrages zu angemessenen Bedingungen, so liege ein vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelter Zustand vor, der mit der verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Sicherung von Meinungsvielfalt kollidiere. Zur Auffüllung dieser Regelungslücke ermächtige der in § 31 Abs. 5 RStV angelegte Kontrahierungszwang nach Feststellung eines unangemessenen Vertragsangebots dazu, vorübergehend angemessene Vertragsbedingungen aufzuerlegen bzw. wie im vorliegenden Fall fortzuschreiben. Dies sei auch keine einmalige Vorgehensweise. Im Jahr 2009 habe es in Baden-Württemberg eine fast identische Regulierungssituation gegeben, in der schließlich auch die Bedingungen für die Finanzierung eines Fensterprogramms endgültig festgesetzt worden seien. Die KEK habe dies nicht beanstandet. Auch im vorliegenden Fall dürfe die Beklagte aus der allgemeinen Ermächtigung in § 2 Satz 2 i.V.m. § 42 Nr. 7 LMG Rheinland-Pfalz, § 38 Abs. 2 Satz 1 RStV alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, um staatsvertragliche Regelungsziele zu erfüllen. Deshalb sei das vorläufige Fortgelten der Altvereinbarung anzuordnen gewesen. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen wäre möglicherweise dann geboten gewesen, wenn es sich um eine endgültige Festlegung der Vertragsbedingungen hätte handeln sollen. Diese sei jedoch hier nicht erfolgt.

55

Außerdem hätten die Klägerin und die Beigeladene zu 1) bereits über 15 Jahre unbeanstandet Vertragsbeziehungen praktiziert. Um den Verhandlungsdruck für die Klägerin aufrechtzuerhalten, werde die Beklagte die Fortgeltung der Altvereinbarung in Teil A5 Satz 2 des Bescheids vom 17. April 2012 zunächst auf ein Jahr befristen. Die Klägerin und die Beigeladene könnten dann zur Beilegung ihres Streits einen unabhängigen Sachverständigen beauftragen. Mit der angekündigten Befristung würden Zweifel an der Vertragsfortschreibung als mildestem Mittel entfallen. Sollten sich die Klägerin und die Beigeladene künftig nicht über angemessene Vertragsbedingungen einigen, so werde hierüber in einem Rechtsstreit entschieden werden müssen, in dem das Gericht dann ein Sachverständigengutachten einholen müsse.

56

Im Übrigen sei der Zulassungsbescheid insgesamt formell und materiell rechtmäßig. Das Verfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Eine Auswahlentscheidung nach § 31 Abs. 4 RStV sei auch nicht-konsensual möglich. Eine dialogische Auseinandersetzung mit der Klägerin habe mehrfach stattgefunden, eine einvernehmliche Abstimmung sei nicht erforderlich. Am 10. Juni 2011 seien mit der Klägerin die möglichen Sendezeitschienen ausführlich erörtert worden. Die Beklagte sei nicht vorab darauf festgelegt gewesen, dass alles beim Alten bleiben solle. Das könne aus dem Gespräch der Beklagten mit Vertretern der Beigeladenen zu 1) vom 23. Februar 2011 nicht hergeleitet werden. Solche Gespräche mit potentiellen Interessenten seien zulässig und üblich. Hier gebe es einen ausführlichen Vermerk über das betreffende Gespräch und so sei eine umfassende Transparenz hergestellt. Arbeitsgrundlage sei stets gewesen, dass Ausschreibung und Auswahl offen und ohne Vorfestlegung erfolgen sollten. Die frühzeitige Ausschreibung sei notwendig gewesen, um das Verfahren sachgerecht und ohne zeitliche Zumutung für die Gerichte und andere Beteiligten durchführen zu können. Daher seien später auch die drei Terminvorschläge zur Erörterung der zugelassenen Bewerber angemessen gewesen.

57

Die Hinzufügung von zwei Bewerbern zum Dreiervorschlag der Beigeladenen zu 1) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 Halbs. 1 RStV sei unter Einbindung der Versammlung durch den stellvertretenden Direktor geschehen und durch die Versammlung am 17. Oktober 2011 bestätigt worden. Die Versammlung sei nicht notwendig mit der Vorbereitungsmaßnahme „Aufforderung zur Abgabe eines Dreiervorschlags“ zu befassen gewesen.

58

Die KEK sei rechtmäßig beteiligt worden. Man habe zunächst ausdrücklich der Auswahlentscheidung einen Vorbehalt beigefügt. Die Bedenken der KEK seien in den folgenden Sitzungen des Rechts- und Zulassungsausschusses und der Versammlung am 5. Dezember ausführlich erörtert worden, der stellvertretende Direktor der Beklagten habe auf der Sitzung der KEK vom 13. Dezember 2011 zu den Bedenken Stellung genommen. Diese Stellungnahme sei am 5. Dezember 2011 vorbereitet worden. Die KEK habe dann an ihren ursprünglich geäußerten Bedenken nicht mehr festgehalten. Der Rechts- und Zulassungsausschuss und die Versammlung hätten sich am 16. April 2012 eingehend mit den Bedenken der KEK zur vorläufigen Fortschreibung einer Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV auseinandergesetzt.

59

Auch materiell sei die Entscheidung rechtmäßig. Die Sendezeitschienen seien in zulässiger Weise festgelegt worden. Die Beklagte handle nicht im rheinland-pfälzischen Interesse, sondern im Interesse des Vielfaltsanspruchs der bundesweiten Medienordnung. Der Firmensitz der Beigeladenen zu 1) in Mainz habe keine Rolle gespielt. Bezüglich der N 24 Media GmbH seien keine sachfremden Erwägungen angestellt worden. Die bejahte Zulassungsfähigkeit schließe es nicht aus, im Rahmen der programmlichen Vielfaltsentscheidung nach § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV wirtschaftliche oder publizistische Verbindungen zu dem Hauptprogrammveranstalter zu berücksichtigen. Die Versammlung habe in ihrer Sitzung vom 17. Oktober 2011 den zu erwartenden Vielfaltsbeitrag dieser Bewerberin als gering eingeschätzt. Dies sei auf der Grundlage des Sachverhalts erfolgt, dass eine 100prozentige Tochter der Bewerberin an die Klägerin 14,6 % von deren Programmstunden zuliefere. Dieser Sachverhalt relativiere das Maß der redaktionellen Unabhängigkeit im Vergleich zu anderen Bewerbern. Er berge die Gefahr einer wirtschaftlichen Abhängigkeit. Es bestehe zudem die Gefahr eines programmlichen Wohlverhaltens des Fensterprogramm-Veranstalters im Verhältnis zum Hauptprogrammveranstalter. Dies dürfe unter Vielfaltsgesichtspunkten auch dann berücksichtigt werden, wenn die aufgezeigten wirtschaftlichen und redaktionellen Beziehungen nicht die Qualität einer konzentrationsrechtlichen Abhängigkeit erreichten.

60

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

61

die Klage abzuweisen.

62

Sie verweist zur Begründung auf ihr Vorbringen im Eilverfahren 5 L 415/12.NW, in dem sie im Wesentlichen Folgendes ausgeführt hat:

63

Die Klägerin wolle mit allen Mitteln die Auswahl- und Zulassungsentscheidungen der Beklagten torpedieren. Ihre mangelnde Rechtstreue sei auch daran zu ersehen, dass sie sich durch die vorgesehene Rückgabe ihrer noch bis 2020 laufenden nationalen Zulassung bei der rheinland-pfälzischen Medienanstalt auch den Verpflichtungen gegenüber einer Schwestergesellschaft der Beigeladenen zu 1) entziehen wolle, die Zulassungen nach § 25 RStV für das werktägliche Regionalprogramm für Hessen und Rheinland-Pfalz im Programm der Klägerin besitze.

64

Die streitgegenständliche Zulassungsentscheidung vom 17. April 2012 sei rechtmäßig. Der Rundfunkstaatsvertrag sehe die Möglichkeit vor, auch ohne das Einverständnis des Hauptprogrammveranstalters aus Vielfaltsgesichtspunkten einen diesem nicht genehmen Drittfensterveranstalter auszuwählen. Die Versammlung der Beklagten habe hier das Letztentscheidungsrecht. Dem Hauptprogrammveranstalter stehe kein Vetorecht zu. Es gebe angesichts der letzten 15 Jahre auch keinen Grund zu der Annahme, das Programm der Beigeladenen zu 1) entspreche nicht der „Programmfarbe“ der Klägerin.

65

Das wegen der Drittsendezeiten durchgeführte Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren sei in verfahrens- und materiell-rechtlicher Hinsicht fehlerfrei. Etwaige doch eingetretene Verfahrensfehler seien entweder durch die Zulassungsentscheidung vom 17. April 2012 gemäß § 45 VwVfG geheilt worden oder nach § 46 VwVfG unbeachtlich.

66

Dass die Beklagte vor der Ausschreibung Gespräche mit der Beigeladenen zu 1) geführt habe, habe nicht zu einem Verfahrensfehler geführt. Insofern sei der Aktenvermerk vom 24. Februar 2011 missverständlich und unvollständig. Zwar hätten ihre Vertreter dafür geworben, die Ausschreibung möge wieder mit zwei gekoppelten Sendezeitschienen stattfinden. Eine Zusage habe es jedoch nicht gegeben, ein Konsens sei nicht hergestellt worden.

67

Das Ausschreibungsverfahren sei mit Vertretern der Klägerin am 10. Juni 2011 und zuvor schon 10. Mai 2011 erörtert worden, weshalb auch die dritte Sendezeitschiene zeitlich verlegt worden sei. Allerdings sei die Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen nicht allen Wünschen der Klägerin hinsichtlich der Gruppierung von Drittsendezeiten nachgekommen, worauf diese auch keinen Anspruch habe. Die Vergabe von zweimal zwei Sendezeiten führe zur wirtschaftlichen Stärkung der auswählten Bewerber, diene deren Unabhängigkeit und im Ergebnis auch der journalistischen Qualität und damit der Vielfalt. Ein vermeintlicher Mangel im Ausschreibungsverfahren wäre auch unbeachtlich, da im Ergebnis die Formate der beiden Beigeladenen wegen ihrer bekannten vielfaltssichernden Qualität ausgewählt worden seien.

68

Auch das weitere Verfahren sei nicht zu beanstanden. Ein Erörterungsgespräch nach Feststellung der zulassungsfähigen Anträge sei an Zeitproblemen der Klägerin gescheitert, obwohl sie genügend Zeit zur Prüfung der zulassungsfähigen Anträge gehabt habe. Auf einen späteren Termin habe sich die Beklagte nicht mehr einlassen müssen. Zudem habe die Klägerin am 20. September 2011 noch einen Gesprächstermin mit Ministerpräsident Beck gehabt. Sie habe also das Verfahren verschleppen und wohl auch politischen Einfluss auf die Beklagte nehmen wollen. Schließlich habe am 14. Oktober 2011 ein umfassendes Erörterungsgespräch der Klägerin mit dem stellvertretenden Direktor der Beklagten im Ergebnis zu keiner einvernehmlichen Auswahl geführt.

69

Zuständigkeitsvorschriften im Hinblick auf Rechte der Versammlung seien nicht verletzt worden. Auch die KEK sei ordnungsgemäß eingebunden worden. Die Vorbehalte dafür seien nicht zu beanstanden. Die Versammlung habe sich mit den Bedenken der KEK auch befasst, wobei die KEK sich zur Frage der Fortschreibung der Finanzierungsvereinbarung nicht hätte äußern dürfen.

70

Sollten doch Verfahrensfehler festzustellen sein, so hätten diese sich nicht ausgewirkt, denn die getroffene Auswahl- und Zulassungsentscheidung sei alternativlos und wäre unverändert ausgefallen, wenn das Verfahren in anderer Weise verlaufen wäre. Außerdem habe sich die Beklagte aufgrund der umfangreichen Einwendungen der Klägerin und der abgelehnten Mitbewerber in den vorhergegangenen Eilverfahren inzwischen mit allen Fragen umfangreich auseinandergesetzt. Damit sei die Klägerin umfassend gehört worden und etwaige Verfahrensfehler seien so gem. § 45 Abs. 2 VwVfG geheilt.

71

Die Beklagte sei nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet gewesen, die Finanzierungsvereinbarung zwischen der Klägerin und ihr, der Beigeladenen zu 1) fortzuschreiben, nachdem die Klägerin Verhandlungen darüber rechtswidrig boykottiert und im Januar 2012 nur „Dumping-Preise“ angeboten habe, die um rund 35 % unter den bisher vereinbarten Preisen gelegen hätten und in keiner Weise auskömmlich und angemessen seien, und dies, obwohl die bisherigen Finanzierungsvereinbarungen zwischen den Beteiligten in den vergangenen 15 Jahren einvernehmlich geschlossen worden seien. Auch andere angebotene Vertragsklauseln (etwa zu Ablieferungsfristen, Werbeunterbrechungen, Kündigungsrechten) seien staatsvertragswidrig und inakzeptabel gewesen. Zu weiteren Verhandlungen sei die Klägerin laut Aussagen maßgebender Führungspersonen Anfang April 2012 unter Hinweis auf die anstehende Rückgabe der Lizenz nicht bereit gewesen.

72

Angesichts der absehbaren Verzögerungen durch einen Rechtsstreit gegen den - nach Ziffer 6.3. der Drittsendezeitenrichtlinie i.V. m. § 26 Abs. 4 oder 5 RStV bei Nichtzustandekommen einer angemessenen Vereinbarung vorgesehenen - Widerruf der Sendelizenz des Hauptveranstalters bleibe zur effektiven Vielfaltssicherung und Durchsetzung einer sofortigen ausreichenden Finanzierung des Drittfensters letztlich aus verfassungsrechtlichen Gründen nur der von der Beklagten gewählte Weg. Dies bestätige auch ein beigefügtes Rechtsgutachten von Professor Dr. Hassemer.

73

Die Beigeladene zu 2) beantragt ebenfalls,

74

die Klage abzuweisen.

75

Auch sie verweist auf ihre Stellungnahme im Verfahren 5 L 415/11.NW, wo sie insbesondere ausführt, die Rechtsschutzbegehren der Klägerin richteten sich inhaltlich allein gegen die Auswahl der Beigeladenen zu 1); die Vergabe der Lizenz an sie, die Beigeladene zu 2), werde nicht angegriffen. Mit ihr habe die Klägerin auch schnell eine Einigung über die Konditionen des neuen Fensterprogrammes ab 1. Juni 2013 erzielt. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die Entscheidungen vom 17. April 2012 durchaus teilbar. Der gesamte Verlauf der Auseinandersetzung zeige, dass es sich bei der Vergabe der Sendezeiten offenbar um zwei begünstigende und somit auch voneinander abtrennbare Verwaltungsakte handele, die lediglich in einem Bescheid zusammengefasst worden seien. Diese könnten, neben den weiteren Entscheidungen in Abschnitt C und D, jeweils als besondere Streitgegenstände bestehen.

76

Aber auch wenn man den Verwaltungsakt als einheitlich zu betrachten hätte, sei er formell und materiell rechtmäßig.

77

Wie schon im Verfahren 5 L 147/12.NW geltend gemacht worden sei, müsse die Drittsendezeitvergabe nicht einvernehmlich stattfinden. Gem. §§ 30, 31 RStV seien die Bewerber auszuwählen, deren Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt erwarten lasse. Dafür habe die Beklagte einen breiten Ermessensspielraum. Vor der Ausschreibung habe es eine ausreichende Erörterung der Sendezeitschienen zwischen Klägerin und Beklagter gegeben. Nach Eingang der Bewerbungen habe die Klägerin genügend Zeit zur Prüfung gehabt, um einen der Terminsvorschläge der Beklagten anzunehmen. Abgesehen davon wäre es nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen, weil sich die Klägerin eindeutig für andere Kandidaten als die Beigeladenen ausgesprochen habe. So sei es auch beim Erörterungsgespräch vom 14. Oktober 2011 nicht zu einer Einigung gekommen. Dieses Gespräch habe einen etwaigen vorherigen Verfahrensfehler zudem gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt. Um absolute Verfahrensfehler handele es sich nicht.

78

Die Hinzufügung zweier weiterer Bewerber sei nicht fehlerhaft geschehen. Eines ausdrücklichen Beschlusses der Versammlung bedürfe es dafür nicht; ein etwaiger Verstoß gegen die Satzung der Beklagten verletze keine eigenen Rechte der Klägerin. Die Benehmensherstellung mit der KEK sei ordnungsgemäß gewesen; am Ende des Verfahrens habe die KEK gegen die Auswahl beider Beigeladenen keine Bedenken mehr gehabt. Die von der KEK am 13. März 2012 wegen der Fortschreibung der Finanzierungsvereinbarung geäußerten „rundfunkrechtlichen Bedenken bezögen sich alleine auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1), was erneut für die Teilbarkeit des Verfahrens spreche.

79

Die Auswahlentscheidung als solche sei vor dem allein entscheidenden Kriterium des besten Vielfaltsbeitrags nicht angreifbar. Sie könne daher die Klägerin nicht ihren Rechten verletzen, auch wenn dieser die Auswahl nicht genehm sei.

80

Auch nach etwaiger Erteilung der beantragten neuen Zulassung für die ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH bei der MA HSH werde die getroffene Auswahlentscheidung weiterhin Gültigkeit haben. Die Zulassungen der Drittsendezeitveranstalter würden dadurch nicht zum Erlöschen gebracht. In seiner beigefügten Stellungnahme teile der ehemalige Bundesverfassungsrichter Prof. Grimm diese Auffassung.

81

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren, in den vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 L 147/12.NW und 5 L 415/12.NW und in den gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 404/12.NW und 5 K 452/12.NW, außerdem auf den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten und der KEK. Alle genannten Unterlagen sind Gegenstand der Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

82

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012, den die Klägerin wegen des einheitlich durchgeführten Verfahrens und der darin enthaltenen, zum Teil unmittelbar voneinander abhängigen Ent-scheidungen insgesamt anzufechten befugt ist, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

83

Rechtsverletzungen zu Lasten der Klägerin sind bei rechtlicher Prüfung des nach den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags mehrstufigen Verfahrens der Zulassung von unabhängigen Dritten zur Veranstaltung von Sendezeiten im Programm eines privaten Hauptprogrammveranstalters zwar nicht schon auf der Stufe der Ausschreibung geschehen (1), die auf der zweiten Stufe erfolgte Auswahlentscheidung ist jedoch in mehrfacher Hinsicht zu Lasten der Klägerin rechtsfehlerhaft (2). Schließlich lagen zusätzlich erforderliche rechtliche Voraussetzungen für die Erteilung der Zulassung an die Beigeladene zu 1) nicht vor (3).

84

1. Die im Staatsanzeiger von Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 2011 veröffentlichte Ausschreibung der Drittsendezeiten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Weder wurden durch das Verfahren bis zum Beschluss der Versammlung der Beklagten über die Ausschreibung vom 20. Juni 2011 Beteiligungsrechte der Klägerin verletzt (a) noch verstößt der Beschluss inhaltlich gegen Rechtsvorschriften (b).

85

Nachdem mit Beschluss der KEK vom 14. Juni 2011 festgestellt worden war, dass die Klägerin mit dem von ihr veranstalteten Fernsehvollprogramm Sat.1 im Durchschnitt eines Jahres erneut einen Zuschaueranteil von 10 Prozent (hier: 10,1 Prozent) erreicht habe, war die Klägerin gem. § 26 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 30 Nr. 1 RStV zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe der Vorschriften in § 31 RStV - zur Sicherung der Vielfalt im privaten Fernsehen – verpflichtet. Gemäß § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV hatte daher die Beklagte als zuständige Landesmedienanstalt nach Erörterung mit der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin das Fensterprogramm - hier im Umfang von 180 Minuten wöchentlich - zur Erteilung einer Zulassung auszuschreiben.

86

a) Die der Klägerin nach dem Rundfunkstaatsvertrag zustehenden Beteiligungsrechte im Vorfeld der Ausschreibung wurden hier nicht verletzt. Gem. § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV hat vor der Ausschreibung eine Erörterung zwischen Landesmedienanstalt und dem Hauptprogrammveranstalter stattzufinden. Ergänzend hierzu bestimmt Ziffer 5.1. Satz 4 der Richtlinie der Landesmedienanstalten über die Sendezeiten für unabhängige Dritte nach § 31 RStV – Drittsendezeitenrichtlinie – (im Folgenden: DSZR), dass bei der Erörterung vor der Ausschreibung insbesondere festzulegen sei, ob das Fensterprogramm insgesamt oder getrennt für mehrere einzelne Sendeplätze ausgeschrieben werden solle und zu welchen Sendezeiten es voraussichtlich stattfinden solle. Diese Formulierung ist zwar geeignet, den Eindruck zu erwecken, als müsse die Festlegung schon im Vorfeld und einvernehmlich geschehen. Das ginge aber über die im Rundfunkstaatsvertrag hier lediglich statuierte Erörterungspflicht hinaus. Anders als auf der nächsten Stufe, im Auswahlverfahren in § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV, ist auf der Stufe der Ausschreibung von einer angestrebten einvernehmlichen Festlegung nicht die Rede, so dass diese - wegen des Vorrangs der gesetzlichen Regelung vor der lediglich konkretisierenden Richtlinie – auch nicht verlangt werden kann. Das Erörterungsrecht ist jedoch auch kein bloß formales Anhörungsrecht, weil mit der Verteilung der Sendezeiten auf sog. Sendezeitschienen schon eine gewisse Vorfestlegung in der Programmgestaltung verbunden ist, wobei der Hauptprogrammveranstalter im Hinblick auf die Einpassung in sein Hauptprogramm, die voraussichtlich zu erreichenden Zuschaueranteile am jeweiligen Sendeplatz und die u.a. damit zu erwartenden Werbeeinnahmen berechtigte eigene Interessen haben kann. Die Erörterung soll daher der Information über die gegenseitigen Vorstellungen und dem Austausch der Argumente dienen, bevor das zuständige Organ der Landesmedienanstalt die Entscheidung über die Ausschreibungsmodalitäten, die in ihrem pflichtgemäßen Ermessen steht, trifft.

87

Eine solche Erörterung hat jedoch unstreitig stattgefunden. Zunächst gab es zwischen Vertretern der Klägerin und der Beklagten am 10. Mai 2011 ein informelles Gespräch statt. Das förmliche und ausdrücklich als solches bezeichnete Erörterungsgespräch wurde dann am 10. Juni 2011 geführt. Dessen Inhalt wurde in einem Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 14. Juni 2011 nochmals zusammengefasst. Demnach sprachen sich die Vertreter der Klägerin für eine andere Aufteilung der Sendeplätze für Drittsendezeiten als bisher aus, nämlich für eine Bündelung aller Drittsendezeiten auf den Montagabend und die separate Ausschreibung von vier, hilfsweise drei Sendezeitschienen.

88

Da das Erörterungsgespräch selbst nicht mit der Versammlung geführt werden muss und kann, muss die Versammlung zwar – damit dem Sinn und Zweck der Erörterung entsprochen wird - über den wesentlichen Inhalt des Erörterungsgesprächs informiert werden. Es gibt jedoch keinen Grund zu der von der Klägerin geäußerten Annahme, dass dies hier nicht geschehen wäre. Dass die in der Verwaltungsakte zu findende Beschlussvorlage des Direktors der Beklagten noch vom 7. Juni 2011 datiert, ist insofern nicht aussagekräftig. Sie beruht offenbar auf einer Empfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses vom 6. Juni 2011, in der, wie aus der Anlage ersichtlich, die Sendezeitschienen und auch deren Bündelung in der Weise vorgeschlagen wurden, wie sie dann später Gegenstand der Ausschreibung wurden. Im Sachverhaltsteil dieser Vorlage wird am Ende erwähnt, dass ein „erstes Vorgespräch“ mit der Hauptprogrammveranstalterin bereits stattgefunden habe; dabei hätten sich die Beteiligten für die in der Ausschreibung aufgeführten Sendezeitschienen ausgesprochen. - Die Klägerin bestreitet, dass dies am 10. Mai 2011 der Fall gewesen sei. - Weiter heißt es aber auch: „Ein weiteres Erörterungsgespräch ist für den 31. Mai 2011 vorgesehen“. Damit war die Notwendigkeit einer – ggf. auch mündlich möglichen - Aktualisierung der in der Vorlage vermittelten Informationen aufgrund des eigentlichen Erörterungsgesprächs aber vorgezeichnet. Der stellvertretende Direktor der Beklagten hat auch in der mündlichen Verhandlung des Gerichts ausdrücklich versichert, dass die Versammlung zur Sitzung am 20. Juni 2011 in aktualisierter Form unterrichtet worden sei. Es besteht für das Gericht kein Grund zu der Annahme, dass der Versammlung absichtlich Informationen vorenthalten worden sein könnten. Auch Zeitgründe sprechen nicht gegen eine Aktualisierung, denn das Schreiben der Klägerin vom 14. Juni 2011 über das Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 ging am 15. Juni 2011 und damit noch 5 Tage vor der Versammlungssitzung bei der Beklagten ein. Die Versammlung hat sich mit der Frage der Sendezeitenschienenbündelung auch befasst und darüber ausdrücklich beschlossen.

89

Dem Hilfsbeweisantrag der Klägerin, alle am 20. Juni 2011 beteiligten Versammlungsmitglieder zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass sich die Versammlung nicht mit den Vorschlägen und Argumenten der Klägerin, betreffend die auszuschreibenden Sendezeitschienen, aus dem Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 bzw. dem klägerischen Schreiben vom 14. Juni 2011 auseinandergesetzt habe bzw. mangels ausreichender Sachkenntnis nicht habe auseinandersetzen konnte, war nicht nachzugehen. In der gestellten Form war der Antrag als sog. Ausforschungsantrag unzulässig, weil er keine konkreten Tatsachen benennt, die die eine oder andere Art der Befassung mit Argumenten als „Auseinandersetzung“ kennzeichnen könnten. In dieser Form ist die Beweisfrage einer Beweiserhebung nicht zugänglich. Das gilt entsprechend auch für die zum Beweisthema gemachte Frage, ob die Versammlung sich „mangels ausreichender Sachkenntnis“ nicht mit den Argumenten habe befassen können. Auch hier fehlt es an einer konkreten Tatsachenbezeichnung. Eine Zeugenvernehmung hätte der Klägerin erst Anhaltspunkte für ihre Annahme verschaffen sollen, dass die Versammlung nicht über ihre abweichenden Vorstellungen in Kenntnis gesetzt worden sei. Das ist jedoch gerade das Kennzeichen unzulässiger Ausforschungsanträge.

90

b) Soweit die Klägerin geltend macht, die Beklagte hätte hinsichtlich der in der Ausschreibung festgelegten sog. Sendezeitschienen, also der zeitlichen Aufteilung der insgesamt zur Verfügung stehenden Drittsendezeiten auf einzelne Programmplätze, ihre Vorstellungen und Wünsche aus sachfremden Gründen nicht genügend berücksichtigt und damit ihre Rechte verletzt, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Sachfremde Motive dafür, dass die Versammlung die Modalitäten der Ausschreibung in der Sitzung vom 20. Juni 2011 abweichend von den Vorstellungen der Klägerin beschloss und festlegte, dass (lediglich) eine weitere Sendezeitschiene von Sonntag auf Montag verlegt werde und dass Bewerbungen nur jeweils gemeinsam für die 1. und 2. Sendezeitschiene und für die 3. und 4. Sendezeitschiene abzugeben seien, lassen sich nicht feststellen. Für den Verdacht der Klägerin, die Beklagte sei von Anfang an – möglicherweise aus standortpolitischen Gründen - schon zugunsten der Beigeladenen zu 1) als in Mainz ansässiger Bewerberin voreingenommen gewesen, könnten zwar einige Umstände sprechen, etwa der Aktenvermerk über das auf Initiative der Beigeladenen zu 1) von ihr bereits im Februar 2011 mit Vertretern der Beklagten geführte Gespräch, in dem die Frage, wann und wie die Drittsendezeiten für die kommende Lizenzperiode ausgeschrieben würden, Gegenstand war (vgl. Aktenvermerk Bl. 1 der Verwaltungsakte). Auch soll der frühere – verstorbene – Direktor der Beklagten gegenüber einer anderen Bewerberin – der Klägerin im Verfahren 5 K 452/12.NW – im Frühjahr 2011 geäußert haben, es solle „alles beim Alten“ bleiben. Schließlich entspricht die beschlossene Art und Weise der Ausschreibung im Ergebnis auch den Vorstellungen der Beigeladenen zu 1), die ihr Interesse an einer Fortsetzung ihrer Zulassung in dieser Weise schon früh in dem bereits erwähnten Gespräch mit Vertretern der Beklagten am 24. Februar 2011 kundgetan hatte (Vermerk Bl. 1 der Verwaltungsakten der Beklagten). Dem Verdacht der Voreingenommenheit tritt aber nicht nur die Beklagte selbst entschieden entgegen. Er lässt sich objektiv nicht untermauern. Selbst wenn etwa der frühere Direktor der Beklagten persönlich zur erneuten Auswahl der Beigeladenen zu 1) geneigt hätte, würde das nicht den Schluss auf eine gleichartige Motivation der Mehrheit der Mitglieder der Versammlung vom 20. Juni 2011 für ihre Entscheidung über die konkreten Ausschreibungsmodalitäten erlauben.

91

Es ist zudem für das Gericht aus den Äußerungen der Klägerin im Rahmen der Erörterung vor der Ausschreibung auch nicht ersichtlich geworden, dass sie mit ihren Gestaltungswünschen die wiederholte Auswahl der Beigeladenen als Drittsendezeitveranstalterin hätte verhindern wollen und dass ihr aus diesem Grunde das Bündeln oder Nichtbündeln der Sendezeitschienen besonders wichtig gewesen wäre. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus dem Schreiben vom 14. Juni 2011, in dem das Ergebnis des Erörterungsgespräches vom gleichen Tag nochmals aus Sicht der Klägerin wiedergegeben und insbesondere der Wunsch nach Zusammenfassung aller Sendezeitschienen auf den Montagabend hervorgehoben wurde. Es dürfte deshalb auch keinen Grund für die Vertreter der Beklagten gegeben haben, dies vor und in der Sitzung der Versammlung vom 20. Juni 2011 besonders zu problematisieren.

92

c) Inhaltlich verstößt die Entscheidung für eine Koppelung je zweier Sendezeitschienen auch sonst nicht gegen Rechtsvorschriften. Insbesondere führt dies nicht zu ungleichen Chancen für die Bewerber oder zu unsachgemäßen Resultaten unter dem Aspekt der angestrebten Vielfalt. Dass auf diese Weise maximal zwei Bewerber zum Zuge kommen konnten, denen je zwei Sendezeitschienen für ihre Programmbeiträge zur Verfügung standen, ermöglichte zweifellos auch eine wirtschaftlichere Planung für den jeweiligen Fensterprogrammveranstalter, und davon mag die Beigeladene zu 1), deren Tätigkeit sich, soweit ersichtlich, bisher auf die Produktion der Fensterprogramme bei Sat.1 beschränkt, möglicherweise am meisten profitieren. Dieser Effekt kommt aber grundsätzlich jedem ausgewählten Bewerber zugute. Die Zusammenfassung von Sendezeitschienen beschränkt auch nicht von vornherein die angestrebte Vielfalt, weil leistungsfähige Bewerber auch verschiedene Programminhalte anbieten können. Im Übrigen hätte auch die von der Klägerin gewünschte separate Ausschreibung am Ende nicht automatisch zur Auswahl von vier verschiedenen Drittsendezeitveranstaltern führen müssen. Sofern sich Bewerber jeweils auf mehrere Schienen bewarben, wäre auch dann die Auswahl desselben Bewerbers für mehrere Sendezeitschienen möglich gewesen.

93

2. Im nachfolgenden Abschnitt zwischen Eingang der Bewerbungen und der eigentlichen Auswahlentscheidung hat das Verfahren jedoch in mindestens dreifacher Hinsicht einen rechtswidrigen Verlauf genommen. Hier wurden in zweifacher Weise wesentliche Beteiligungs- und Verfahrensrechte der Klägerin aus § 31 Abs. 4 Sätze 2 bis 5 RStV verletzt, nämlich deren Recht auf Erörterung mit dem Ziel einer einvernehmlichen Auswahl gem. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV (a), deren Recht auf ein ordnungsgemäßes Auswahlverfahren im Zusammenhang mit der Abgabe eines Dreiervorschlags nach § 31 Abs. 4 Sätze 4 und 5 RStV (b). Weitere Verfahrensfehler sind denkbar, können aber dahinstehen (c). Schließlich verletzt die Auswahlentscheidung jedoch auch das Recht der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin auf ermessensfehlerfreie, am Maßstab der größtmöglichen Vielfalt ausgerichtete Auswahlentscheidung nach § 31 Abs. 4 Sätze 6 und 7 RStV (d).

94

Nach § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV überprüft die zuständige Landesmedienanstalt die eingehenden Anträge auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen dieses Staatsvertrages sowie der sonstigen landesrechtlichen Bestimmungen und teilt dem Hauptprogrammveranstalter die zulassungsfähigen Anträge mit. Sie erörtert mit dem Hauptprogrammveranstalter die Anträge mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen (Satz 3). Kommt eine Einigung nicht zustande und liegen der zuständigen Landesmedienanstalt mehr als drei zulassungsfähige Anträge vor, unterbreitet der Hauptprogrammveranstalter der zuständigen Landesmedienanstalt einen Dreiervorschlag (Satz 4). Die zuständige Landesmedienanstalt kann unter Vielfaltsgesichtspunkten bis zu zwei weitere Vorschläge hinzufügen, die sie erneut mit dem Hauptprogrammveranstalter mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen, erörtert (Satz 5). Kommt eine Einigung nicht zustande, wählt sie aus den Vorschlägen denjenigen Bewerber aus, dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptprogrammveranstalters erwarten lässt und erteilt ihm die Zulassung (Satz 6). Bei drei oder weniger Anträgen trifft die zuständige Landesmedienanstalt die Entscheidung unmittelbar (Satz 7).

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Diese Regelungen sind primär darauf ausgerichtet, dass die Auswahl der Dritt-sendezeitanbieter möglichst einvernehmlich zwischen Landesmedienanstalt und Hauptprogrammveranstalter vor sich geht. Dem sollen insbesondere die Erörterungspflichten dienen, die auf mehreren Stufen des Verfahrens vorgesehen sind. Dabei ist wesentliches Auswahlkriterium, dass der Bewerber einen zusätzlichen Beitrag zur Vielfalt im Hauptprogramm leistet. Kommt es zu einer einvernehmlichen Auswahl, ist nicht erforderlich, dass der Bewerber mit dem größten Vielfaltsbeitrag zum Zuge kommt. Erst wenn sich Landesmedienanstalt und Hauptprogrammveranstalter nach der Erörterung auf der ersten Stufe (noch) nicht auf einen Drittsendezeitveranstalter für die ausgeschriebene Sendezeit einigen, wird das Verfahren zur Auswahl gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV fortgesetzt.

96

Diesem konsensualen Regulierungssystem des Rundfunkstaatsvertrags (so bezeichnet vom OVG Rheinland-Pfalz im Beschluss vom 6. November 2003, 2 B 11374/03.OVG, ESOVG RP) liegt die Annahme zugrunde, dass bei einer einvernehmlichen Auswahl zwei hohe, jeweils im Verfassungsrecht wurzelnde Rechtsgüter in Einklang gebracht werden können, nämlich einerseits die aus der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Rundfunkfreiheit folgende Aufgabe des Gesetzgebers, freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk zu gewährleisten. Dazu bedarf es nach dem sog. Dritten Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 16. Juni 1981, BVerfGE 57, 295-335, - hier zitiert nach juris -) einer positiven Ordnung, welche sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet und dass auf diese Weise umfassende Informationen geboten werden (BVerfG, a.a.O, Rdnr. 88). Dazu gehöre – und das liege in der Verantwortung des Gesetzgebers –, dass ein Gesamtangebot bestehe, in dem die für die freiheitliche Demokratie konstitutive Meinungsvielfalt zur Darstellung gelange (BVerfG, a.a.O., Rdnr. 94).

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Dem steht das ebenfalls in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, aber auch in Art. 14 GG gründende Recht des Hauptprogrammveranstalters auf Auswahl, Inhalt und Gestaltung seines Fernsehprogramms gegenüber (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 17. Juli 2003, 6 B 2458/03 - juris - Rdnr. 68 unter Hinweis auf BVerfGE 90, 60 ff.). Anders formuliert geht es darum, eine Auswahlentscheidung zu treffen, bei der die rundfunkbehördliche Aufgabe der Pluralitätssicherung und das Interesse des Hauptprogrammveranstalters an der Wahrung seiner programmlichen Identität jeweils bestmöglich zur Geltung kommen. Aus der gesetzlichen Regelungsabsicht, dem bundesweit zugelassenen Hauptprogrammveranstalter für sein verfassungsrechtlich abgestütztes Bestreben, von Eingriffen in seine Sendezeit tunlichst verschont zu werden, durch Einräumung eines Mitentscheidungsrechts bei der Auswahl der Fensterprogrammanbieter eine Kompensation zu gewähren (so OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. November 2003, a.a.O.), folgt klar, dass es sich hier um ein essentielles Mitwirkungsrecht des Hauptprogrammveranstalters handelt.

98

a) Im vorliegenden Auswahlverfahren fand jedoch eine Erörterung auf der ersten Stufe - nach Eingang aller Bewerbungen und Mitteilung der zulassungsfähigen Anträge an den Hauptprogrammveranstalter gem. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV -überhaupt nicht statt, weil die Beklagte die zeitlichen Schwierigkeiten der Klägerin mit den vorgeschlagenen Terminen als Verzögerungstaktik wertete und auf ihre alternativen Vorschläge nicht mehr einging. Dieses Verhalten der Beklagten widersprach klar dem Rundfunkstaatsvertrag, der weder eine Frist für die notwendige Erörterung setzt noch Ausnahmen von der Erörterungspflicht vorsieht. Solche Ausnahmen könnten daher nach Auffassung der Kammer allenfalls in Betracht kommen, wenn das Verfahren sonst in einer Weise blockiert zu werden drohte, die eine rechtzeitige Zulassungsentscheidung vor Beginn des Zulassungszeitraums nicht mehr erlauben würde. Solche Umstände lagen jedoch am 26. September 2011 nicht vor, als der stellvertretende Direktor der Beklagten der Klägerin gegenüber „feststellte“, eine einvernehmliche Auswahl sei auf der ersten Stufe nicht zustande gekommen. Zu diesem Zeitpunkt lagen der Klägerin die umfangreichen Bewerbungsunterlagen der sechs von der Beklagten vorläufig als zulassungsfähig angesehenen Bewerber erst knapp einen Monat vor. Sie hatte auch gegenüber der Beklagten bereits erläutert, warum die vorgeschlagenen Termine für sie nicht einzuhalten seien, und alternative Terminsvorschläge für den 14. Oktober bzw. für Anfang November 2011 unterbreitet. Da der letzte von der Beklagten von Anfang an vorgeschlagene Termin der 5. Oktober 2011 gewesen war, hatte die Beklagte daher wegen einer Verzögerung um neun Tage bis höchstens einen Monat keinen Grund zu der Annahme, die Klägerin wolle unter Vorwänden das Verfahren verzögern und verschleppen. Sie war folglich auch nicht berechtigt, ohne irgendein zeitliches Entgegenkommen ihrerseits einseitig so frühzeitig das Scheitern einer einvernehmlichen Auswahl zu konstatieren. Die Klägerin widersprach dieser Verfahrensweise daher auch im Antwortschreiben vom 7. Oktober 2011 und formulierte den von ihr bis spätestens zum 10. Oktober 2011 verlangten Dreiervorschlag ausdrücklich unter Vorbehalt.

99

Diese Verkürzung des Verfahrens durch die Beklagte, die der Klägerin die Möglichkeit nahm, ihre Argumente für von ihr bevorzugte Bewerber darzulegen und zu versuchen, mit der Beklagten zunächst aus dem gesamten Bewerberfeld zu einer gemeinsam getragenen Lösung zu kommen, ist angesichts der verfassungsrechtlichen Verankerung des Beteiligungs- bzw. Mitentscheidungsrechts des Hauptprogrammveranstalters an der Auswahl der Drittsendezeitveranstalter in ihrer Tragweite mit einer unterlassenen Anhörung gem. § 28 VwVfG nicht vergleichbar. Sie war daher auch nicht wie ein solcher Anhörungsfehler ohne Weiteres nach § 45 VwVfG heilbar. Die Erörterung mit dem Ziel der einvernehmlichen Auswahl hätte nur auf derselben Verfahrensstufe nachgeholt werden können. Dies ist nicht geschehen. Das Erörterungsgespräch am 14. Oktober 2011 konnte keine heilenden Auswirkungen mehr auf die unterbliebene Erörterung gem. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV haben, denn es fand - nach Abgabe eines Dreiervorschlags seitens der Klägerin und dessen Ergänzung durch zwei weitere von der Beklagten benannte Bewerber - bereits auf der nächsten Verfahrensstufe statt, die gem. § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV eine neue, weitere Erörterungspflicht auslöste.

100

Ist somit die Auswahlentscheidung wegen Verletzung wesentlicher Mitwirkungsrechte der Klägerin rechtswidrig zustande gekommen, führt schon dies zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Zulassungsbescheids.

101

b) Auch die nächste Verfahrensstufe, eingeleitet durch Abgabe eines Dreiervorschlags gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV durch die Klägerin und dessen Ergänzung durch die Beklagte gem. § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV, verlief – unter Verletzung von Beteiligungsrechten der Klägerin - nicht staatsvertragskonform und stellt einen weiteren Grund für die Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidung dar, diesmal allerdings nur bezogen auf die Zulassung zu Gunsten der Beigeladenen zu 2) für die 3./4. Sendezeitschiene.

102

Die Beklagte hätte die Klägerin nicht zur Abgabe eines einheitlichen Dreiervorschlags für beide jeweils zusammengefassten Sendezeitschienen auffordern dürfen, sondern diese Aufforderung auf die 3. und 4. Sendezeitschiene beschränken müssen, weil sich nur auf diese Sendezeitkombination mehr als drei zulassungsfähige Antragsteller beworben hatten. Die Vorschriften in § 31 Abs. 4 RStV über die Auswahl unter mehreren Bewerbern beziehen sich nämlich ersichtlich auf das Modell eines einheitlichen Vergabeverfahrens, in dem sich alle Interessenten grundsätzlich auf die zur Verfügung stehende Drittsendezeit insgesamt bewerben. Das zeigt deutlich die Formulierung in § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV, wonach die zuständige Landesmedienanstalt „das Fensterprogramm“ zur Erteilung „einer Zulassung“ ausschreibt und – nach Satz 6 – bei nicht einvernehmlicher Einigung und Ergänzung des Dreiervorschlags aus den Vorschlägen „denjenigen Bewerber“ auswählt, „dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt …. erwarten lässt, und erteilt ihm die Zulassung“. Eine Aufspaltung der Drittsendezeiten hatten die gesetzgebenden Länder bei der Abfassung dieser Vorschriften nicht im Blick; diese Möglichkeit erwähnt erst die DSZR in ihrer Ziffer 5.1. Die Aufteilung der Drittsendezeit auf mehrere Sendeplätze oder Sendezeitschienen widerspricht den Vorschriften des RStV allerdings auch nicht. Es ist lediglich erforderlich, die Vorschriften jeweils auf diejenigen konkret zur Bewerbung ausgeschriebenen Sendezeitschienen zu beziehen, hinsichtlich derer eine Bewerberkonkurrenz auftritt oder auftreten kann und hinsichtlich derer eine separate Zulassung erteilt werden soll, weil nach den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags aus einem Dreiervorschlag – ggf. nach Ergänzung gem. § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV - nur ein einziger Bewerber übrig bleiben soll, dem dann auch die einzige zur Verfügung stehende Zulassung erteilt werden kann.

103

Nach diesem Verständnis gab es vorliegend inhaltlich zwei parallele, auf zusammengefasster Ausschreibung beruhende Bewerbungsverfahren. Konkurrenzsituationen gab es hier nämlich in beiden Teil-Verfahren: Für die 1. und 2. Sendezeitschiene hatten sich drei Interessenten, darunter die Beigeladene zu 1) beworben, für die 3. und 4. Sendezeitschiene waren fünf Interessenten vorhanden. Beide Kombinationen waren daher jede für sich nach den Regeln in § 31 Abs. 4 Sätze 4-7 RStV zu behandeln (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2010 – 10 ME 439/08 –, juris, in der nur eine von zwei ausgeschriebenen Sendezeitschienen streitgegenständlich war). Nach der hier geübten fehlerhaften Handhabung wären aber am Ende – auf der Grundlage eines einzigen, noch ergänzten Dreiervorschlags – z w e i Bewerber auszuwählen gewesen, die beide eine eigene Zulassung erhalten sollten.

104

Der Fehler wirkte sich allerdings nur auf die Auswahl der Beigeladenen zu 2) aus. Bei rechtmäßiger – nämlich getrennter – Verfahrensweise hätte die Beklagte nämlich für die Kombination aus 1. und 2. Sendezeitschiene gem. § 31 Abs. 4 Satz 7 RStV unmittelbar einen Bewerber auswählen können, da hier nur drei zulassungsfähige Bewerber vorhanden waren. Für die zweite Sendezeitschienen-Kombination war jedoch die Abgabe eines Dreiervorschlags, und zwar alleine bezogen auf den hierfür vorhandenen Bewerberkreis, gem. § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV erforderlich. Hier hatten sich insgesamt fünf Bewerber rechtzeitig beworben, die im Schreiben des Direktors der Beklagten an die Klägerin vom 23./26. August 2011 zunächst auch unter Vorbehalt sämtlich als zulassungsfähig bezeichnet worden waren. Erst später, nämlich in ihrer ersten Sitzung nach Eingang der Bewerbungen am 17. Oktober 2010, erklärte die Versammlung der Beklagten nur vier dieser Bewerber für zulassungsfähig.

105

Das fehlerhafte Verfahren zur Abgabe eines Dreiervorschlags, das durch die entsprechende Aufforderung im Schreiben der Beklagten vom 26. September 2011 eingeleitet wurde, verletzte hinsichtlich der zweiten Sendezeitschienenkombination die Beteiligungsrechte der Klägerin erneut. Sie musste davon ausgehen, dass sie insgesamt nur drei Bewerber für beide Sendezeitschienenkombinationen benennen konnte, und dass auch die Beigeladene zu 1) zum maßgeblichen Bewerberkreis gehöre. Damit wurde sie für die zweite Sendezeitschienenkombination in ihrer Auswahlmöglichkeit unzulässig beschränkt.

106

Dieser Fehler wirkte sich auf die Rechtmäßigkeit der Zulassungsentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 2) im Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aus. Aus 46 VwVfG lässt sich insoweit nichts zugunsten der Beklagten herleiten. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Ein Einfluss des fehlerhaften Verfahrens auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung kann hier aber keineswegs ausgeschlossen werden. Es ist vielmehr offen, welche drei der zunächst fünf als zulassungsfähig bezeichneten Bewerber die Klägerin benannt hätte, wäre das Dreiervorschlagsverfahren staatsvertragskonform abgelaufen und hätte sie sich daher nicht gleichzeitig um den aus ihrer Sicht geeigneten Bewerber für die 1. und 2. Sendezeitschiene Gedanken machen müssen. Offen ist auch, ob die Beklagte dann überhaupt von ihrem Ergänzungsrecht Gebrauch gemacht hätte. Möglicherweise wäre es bei einer so veränderten Ausgangslage zumindest für die zweite Schienen-Kombination sogar nachträglich noch zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen, die auch nicht zwangsläufig auf die Beigeladene zu 2) hätte hinauslaufen müssen. Für das weitere Verfahren hätte auch dies einen erheblichen Unterschied gemacht. Die Klägerin hätte insoweit keinen Anlass zur Klageerhebung gehabt und es wäre eventuell auch nicht in gleichem Umfang zu Konkurrentenklagen gekommen.

107

Welcher alternative Geschehensablauf der wahrscheinlichste ist, ist im Rahmen von § 46 VwVfG nicht erheblich; es genügt für dessen Unanwendbarkeit, dass überhaupt alternative Ablaufmöglichkeiten bestehen.

108

c) Ob die Klägerin zu Recht weitere formelle Fehler im Auswahlverfahren rügt, kann dahinstehen. Das gilt zum einen für die Frage, ob der stellvertretende Direktor der Beklagten die Ergänzung des Dreiervorschlages intern allein entscheiden konnte. Darauf kommt es angesichts des anderweit fehlerhaften Dreiervorschlagsverfahrens nicht an.

109

Schwerer wiegt der Einwand, die Versammlung habe sich nicht mit den Bedenken der KEK auseinandergesetzt, die diese mit Schreiben vom 27. Oktober und 9. November 2011 geäußert habe (u.a. zum Vorab-Ausschluss der N 24 Media GmbH und zur mehrfachen Zulassung der am 17. Oktober 2011 ausgewählten Bewerber). Auch hier verdichtet sich der Eindruck, dass die Beklagte zu eilig vorging und daher die Verfahrensabläufe nicht jederzeit mit dem Rundfunkstaatsvertrag konform waren. Nach § 36 Abs. 5 Satz 2 RStV ist bei Auswahl und Zulassung der Veranstalter nach Satz 1 – das sind Regionalfensterveranstalter und Fensterprogrammveranstalter nach § 31 Abs. 4 RStV – vom zuständigen Organ der Landesmedienanstalt z u v o r (Hervorhebung durch das Gericht) das Benehmen mit der KEK herzustellen. Dies war bei der von der Versammlung der Beklagten am 17. Oktober 2011 unter dem Vorbehalt der Benehmensherstellung beschlossenen Bewerberauswahl noch nicht der Fall. Deshalb wertet die Kammer als eigentliche Auswahlentscheidung auch erst den Umlaufbeschluss des Haupt- und Zulassungsausschusses der Klägerin vom 19. Dezember 2011, der durch die Versammlung am 13. Februar 2012 nochmals bestätigt wurde. Dafür spricht auch, dass die Klägerin erst im Anschluss daran durch Schreiben vom 9. Dezember 2011 zum Abschluss einer Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV mit den ausgewählten Bewerbern, den Beigeladenen zu 1) und 2) aufgefordert wurde. Erst damit war also das Auswahlverfahren als zweite Stufe des Zulassungsverfahrens abgeschlossen.

110

Alle Verfahrensfehler, die auf dieser Stufe geschehen sind, waren danach keiner Heilung mehr zugänglich. Auch wenn gem. § 44 a VwGO Rechtsschutz nur gegen die am Ende schriftlich zu erlassende Zulassungsentscheidung zu erlangen ist (vgl. dazu im Einzelnen den Beschluss der Kammer vom 4. April 2012 im zwischen denselben Beteiligten geführten vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 L 147/12.NW), sind die einzelnen Verfahrensstufen selbständig zu beurteilen, weil sie aufeinander aufbauen. Die Zulassungsentscheidung kann nur rechtmäßig sein, wenn die zugelassenen Bewerber zuvor auch rechtmäßig ausgewählt worden waren. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach der Sach- und Rechtslage am Ende des Auswahlverfahrens.

111

d) Schließlich leidet die Auswahlentscheidung auch an einem materiell-rechtlichen Mangel, der zusätzlich zur Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidungen führt. Die Versammlung der Beklagten hat nämlich die Auswahl unter allen zur Verfügung stehenden Bewerbern nicht in rechtlich einwandfreier Weise getroffen. Es steht ihr zwar als pluralistisch zusammengesetztem Gremium ein Beurteilungsspielraum zu, der gerichtlich nicht überprüfbar ist. Der Entscheidung darf aber kein unzutreffender oder unvollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegen, die gesetzlichen Beurteilungsmaßstäbe dürfen nicht falsch angewendet werden und es dürfen keine sachfremden Erwägungen leitend gewesen sein (dazu allgemein OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2003, a.a.O, Rdnr. 31 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung).

112

Da vorliegend die Entscheidung nicht im Einvernehmen mit der Klägerin zustande gekommen ist, musste sich die Versammlung ausschließlich am Maßstab des § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV orientieren, durfte also nur diejenigen beiden Bewerber auf den jeweiligen Sendezeitschienen-Kombinationen auswählen, die nach ihren Bewerbungsunterlagen und -angaben oder auf sonstiger objektiv-sachlicher Grundlage erwarten ließen, dass ihre angebotenen Programmformate von allen Bewerberangeboten den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Hauptprogramm leisten würden. Diese Auswahl lässt sich rechtmäßig nur treffen, wenn an alle Bewerbungen objektiv die gleichen Auswahlkriterien angelegt werden. Das erfordert insbesondere, dass solche Kriterien überhaupt definiert werden und dass die Mitglieder der Versammlung ihre Auswahlentscheidung nach bestem Wissen an diesen Kriterien orientiert treffen. Außerdem sind hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der Gründe für die getroffene Entscheidung strengere Anforderungen an deren Begründung zu stellen.

113

Hier hat die Versammlung der Beklagten die Auswahlentscheidung nicht nach für alle Bewerber gleichen, rechtlich einwandfreien Kriterien getroffen. Sie hat vielmehr gegenüber der – von der Klägerin in ihrem Dreiervorschlag mitbenannten – Bewerberin N 24 Media GmbH – selbst Klägerin im Verfahren 5 K 452/12.NW – Gründe angeführt, die vor dem Hintergrund der rundfunkrechtlichen Regelungen nicht sachgerecht sind. Obwohl die Beklagte deren Zulassungsfähigkeit nach den Kriterien des § 31 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV bejaht hatte – und zwar unter Verweis auf eine entsprechende Prüfung der KEK im Jahre 2010 (vgl. die Schreiben der Beklagten an die Klägerin und die KEK vom 26. August 2011) – schied sie diese Bewerberin bei der Beurteilung des Vielfaltsbeitrags schon vorweg aus dem in Betracht kommenden Bewerberkreis aus, weil erhebliche Zweifel an ihrer redaktionellen Unabhängigkeit in Bezug auf die Fensterprogramme bestünden, und zwar wegen „zu großer Nähe“ zur Klägerin, der die Tochtergesellschaft der N 24 Media GmbH schon in großem Umfang Auftragsproduktionen für das Hauptprogramm zuliefere. Ein solches zusätzliches Auswahlkriterium findet jedoch in Rundfunkstaatsvertrag und Drittsendezeitenrichtlinie keine Stütze. Im Einzelnen ist dies im Urteil der Kammer vom gleichen Tage im Verfahren 5 K 452/12.NW ausgeführt, das auch gegenüber den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ergangen ist, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen Urteilsgründe Bezug genommen wird.

114

Dieser Fehler macht die Auswahlentscheidung im Hinblick auf beide Sendezeitschienen-Kombinationen zusätzlich rechtswidrig, weil sich die Bewerbung der N 24 Media GmbH auf alle vier Sendezeitschienen bezog, und verletzt auch die Klägerin in ihren Rechten, denn sie muss nur einen mit ihr nicht ausgewählten Drittsendezeitveranstalter akzeptieren, der rechtmäßig ausgewählt worden ist.

115

3) Unabhängig von den bisher dargelegten Mängeln des Auswahlverfahrens, die zur Folge haben, dass auf die Anfechtungsklage der Klägerin hin der Zulassungsbescheid aufzuheben und das Auswahlverfahren mit allen zulassungsfähigen Bewerbern nochmals durchzuführen ist, hätte speziell die Zulassung der Beigeladenen zu 1) auch deswegen nicht erfolgen dürfen, weil es an der nach § 31 Abs. 5 RStV erforderlichen Vereinbarung über eine angemessene Finanzierung ihres Drittsendeprogrammes fehlte.

116

Dabei kann dahinstehen, ob aufgrund der rechtswidrig zustande gekommenen Auswahlentscheidung die Klägerin schon gar nicht verpflichtet war, auf der nächsten Stufe in Verhandlungen mit den ausgewählten Bewerbern einzutreten, und dies nur rechtlich noch nicht geltend machen konnte (vgl. dazu den oben genannten Beschluss vom 4. April 2012, a.a.O.), oder ob dennoch die Pflicht zur weiteren Mitwirkung gem. § 31 Abs. 5 RStV – unter dem Vorbehalt späterer rechtlicher Nachprüfung – bestand. Jedenfalls war die Beklagte nicht berechtigt, die bis zur gesetzten Frist mangels Einigung über die Finanzierung und wegen unterschiedlicher Rechtsauffassungen über weitere von der Klägerin formulierte Vertragsklauseln nicht zustande gekommene Vereinbarung der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1) im Zulassungsbescheid durch eine – nachträglich bis Ende Mai 2013 befristete – „Fortschreibung“ der bisherigen Vereinbarung zu ersetzen und damit diese gem. § 31 Abs. 5 und 6 RStV für die Zulassung notwendige Voraussetzung erst selbst zu schaffen. Das Gericht teilt hier in den wesentlichen Punkten die von der KEK in ihrem Beschluss vom 13./21. März 2012 – KEK 660-3 – eingehend dargelegte Rechtsaufassung, dass eine solche einseitige hoheitliche Fortschreibung der für die aktuelle Zulassungsperiode geschlossenen privatrechtlichen Vereinbarung zwischen Hauptprogrammveranstalter und ausgewähltem Drittsendezeitveran-stalter nicht zulässig ist.

117

Der Kammer kommt es unter den hier gegebenen Umständen nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Fortschreibung unter dem Aspekt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüber der Klägerin ein milderes Mittel ist, als wenn nach Ziffer 6.3. DSZR verfahren und gem. § 26 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 5 RStV der Widerruf der der Klägerin erteilten Lizenz in die Wege geleitet worden wäre. Ebenso kann die Frage dahinstehen, ob ein Widerruf überhaupt für sofort vollziehbar erklärt werden könnte oder diese Sanktion sonst nur ein „stumpfes Schwert“ wäre.

118

Wesentlich ist vielmehr zum einen, dass es zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) streitig und bisher durch die Beklagte nicht genügend aufgeklärt ist, ob das von der Klägerin vorgelegten Vereinbarungsangebot tatsächlich nicht zu angemessenen Bedingungen im Sinne von § 31 Abs. 5 RStV erfolgt ist. Davon hängen aber die weiteren Konsequenzen entscheidend ab. Denn Ziffer 6.2 DSZR erklärt ein Finanzierung für in der Regel ausreichend, wenn sie sich an den durchschnittlichen Programmkosten des Hauptveranstalters für vergleichbare Sendeplätze orientiert. Vorliegend hatte die Klägerin bereits nach der vorläufigen Auswahlentscheidung im Oktober erste Kontakte mit der Beigeladenen zu 1) aufgenommen, vergeblich um eine aktuelle Kalkulation gebeten und daraufhin auf der Basis von ihr als vergleichbar angesehener eigener Programmformate mit gewissen Zuschlägen eine Finanzierung angeboten, deren Sätze allerdings gegenüber den früheren Vereinbarungen erheblich niedriger waren. Daneben bot sie zusätzliche Leistungen, z.B. in Form der Übernahme bestimmter Kosten an (vgl. dazu Ziffer 2.2.6. des Beschlusses der KEK vom 13./21. März 2012) an, deren Wert bei einer Gesamtbeurteilung mit einbezogen werden müsste.

119

Die Beklagte hätte daher zunächst, anstatt innerhalb eines knappen Monats nach Ablauf der den Beteiligten für den Abschluss einer Vereinbarung gesetzten Frist schon unmittelbar die Entscheidung für den ungewöhnlichen Weg der hoheitlichen Fortschreibung zu treffen, die Angemessenheit der angebotenen Finanzierungsbedingungen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens prüfen lassen müssen. Dessen Ergebnis hätte dann ggf. die Beteiligten veranlasst, die Vereinbarung anzupassen, oder jedenfalls geklärt, welcher der beiden in Ziffer 6.3 DSZR aufgezeigten Wege zu gehen gewesen wäre: Ein angemessenes Angebot müsste die Beigeladene zu 1) annehmen; im Weigerungsfalle wäre mit den verbliebenen Bewerbern erneut in das Auswahlverfahren einzutreten (Ziffer 6.3 Satz 1 DSZR). Andernfalls, wenn der Hauptveranstalter die nach § 26 Abs. 5 Sätze 1 und 2 RStV zur Einräumung von Drittsendezeit erforderlichen Maßnahmen nicht träfe, müsste die zuständige Medienanstalt – nach entsprechender Feststellung durch die KEK – dessen Zulassung unmittelbar aufgrund der zwingenden Vorschrift in § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV widerrufen.

120

Die KEK weist in ihrem Beschluss vom 13./21. März 2012, in dem sie ihre „rundfunkrechtlichen Bedenken“ gegen die Fortschreibung der Vereinbarung ausführlich darlegt, zu Recht darauf hin, dass die Regelungen von Drittsendezeitenrichtlinie und Rundfunkstaatsvertrag hier ohne Weiteres miteinander vereinbar sind und klare Vorgaben enthalten, die auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen. Sie sieht deshalb keine anderweitig auszufüllende Regelungslücke oder Auslegungsmöglichkeit, die den Weg für die gewählte Fortschreibung eröffnen würde. Dem schließt sich die Kammer in vollem Umfang an. Auch sie sieht in § 31 Abs. 5 und Abs. 6 RStV eindeutig keine Ermächtigung zu einem hoheitlichen Eingriff in die Privatautonomie der Rundfunkveranstalter. Dafür gibt es weder dem Wortlaut noch der Systematik nach einen Anknüpfungspunkt. Die Aufnahme wesentlicher Vereinbarungsinhalte in die Zulassung gem. § 31 Abs. 6 RStV setzt vielmehr gerade eine vorher privatautonom getroffene Vereinbarung der künftigen Vertragspartner gerade voraus (zur Wechselbezüglichkeit der privatrechtlichen Vereinbarung und der entsprechenden Zulassungsbedingungen vgl. auch den Beschluss der Kammer vom 4. April 2012 im Verfahren 5 L 147/12.NW).

121

Auch räumt § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV als zwingende Vorschrift der Landesmedienanstalt kein Ermessen zur Anwendung eines alternativen – möglicherweise milderen, vielleicht aber auch nur andersartigen, aber ähnlich einschneidenden – Mittels ein (vgl. dazu auch Ziffer 2.3.8 des genannten Beschlusses der KEK ).

122

Die Fortschreibung wird, weil es für sie keine Rechtsgrundlage gibt, schließlich auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Beigeladene zu 1) und mit ihr die Beklagte nicht nur die angebotenen niedrigeren Finanzierungskosten für unzumutbar halten, sondern auch andere Vertragsklauseln beanstanden. Ob diese Klauseln - insgesamt oder nur teilweise – mit den rundfunkrechtlichen Regelungen vereinbar oder als unzulässig zu qualifizieren sind, weil sie zu einer unangemessenen Einschränkung der Beigeladenen zu 1) als Drittsendezeitveranstalterin führen würden (hierzu im Einzelnen Ziffern bis 2.5 des Beschlusses der KEK vom 13./21. März 2012), hätte ebenfalls in der notwendigen weiteren Verhandlungsphase geklärt werden können. Der Kammer erscheint im Übrigen zumindest die Kündigungsklausel, die auf den Ausgang dieses Klageverfahrens abstellt, im Hinblick auf die schon erwähnten Ausführungen in ihrem Beschluss vom 4. April 2012 (a.a.O) nicht offensichtlich rechtswidrig.

123

Da der Klage nach alledem stattzugeben war, haben die Beklagte gem. § 154 Abs. 1 VwGO und die Beigeladenen zu 1) und 2), die ebenfalls Klageabweisungsanträge gestellt haben, gem. § 154 Abs. 3 VwGO die Kosten des Verfahrens zu gleichen Teilen zu tragen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

124

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gem. §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

125

Beschluss

126

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 200.000 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt;
2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt;
3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein;
4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann;
5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht;
6.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt;
2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat;
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war;
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.