Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 19. Juni 2018 - 5 K 313/17.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2018:0619.5K313.17.00
19.06.2018

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid der beklagten Landeszentrale für Medien und Kommunikation (im Folgenden LMK), mit dem diese als Landesmedienanstalt die Klägerin verpflichtet hat, Sendezeiten für unabhängige Dritte („Drittsendezeiten“) zugunsten der Beigeladenen einzuräumen.

2

Die Klägerin, die der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE angehört, ist die Veranstalterin des privaten Fernsehvollprogramms Sat.1. Dieses wird auf Grundlage einer Zulassung der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz vom 26. August 2008 veranstaltet. Die Erlaubnis ist befristet bis zum 31. Mai 2020. Die Klägerin ist gemäß § 26 Abs. 5 des Rundfunkstaatsvertrags vom 31. August 1991 in der seit 1. September 2008 geltenden Fassung – RStV – verpflichtet, in ihrem privaten Fernsehvollprogramm bestimmte Sendezeiten innerhalb des ausgestrahlten Programms unabhängigen Dritten (sog. Fensterprogrammveranstaltern) einzuräumen. Voraussetzung dafür ist, dass der Hauptprogrammveranstalter bei Einleitung des Verfahrens zur Einräumung von Drittsendezeiten im Durchschnitt der letzten zwölf Monate einen Zuschaueranteil von 10 v. H. oder – falls der Hauptprogrammveranstalter einer Sendergruppe angehört – diese Sendergruppe insgesamt einen Zuschaueranteil von 20 v. H. erreicht oder überschritten hat.

3

Bestandteil des Vergabeverfahrens ist ferner die Feststellung über die Bemessung der auszuschreibenden Sendezeiten für unabhängige Dritte. Der Umfang beträgt nach den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags grundsätzlich 260 Minuten pro Woche. Er kann jedoch durch die Anrechnung von sog. Regionalfensterprogrammen um maximal 80 Minuten auf dann insgesamt 180 Minuten pro Woche reduziert werden.

4

In den vorangegangenen Zulassungszeiträumen waren jeweils die Beigeladene zu 1) und eine weitere Anbieterin, die Firma „N“, von der Beklagten zugelassen worden, im Hauptprogramm der Klägerin Fensterprogramme zu veranstalten. Die Geltungsdauer der letzten Zulassung endete zum 31. Mai 2013.

5

Mit Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 ließ die Beklagte die Beigeladene zu 1) und die Firma „N“ als Fensterprogrammveranstalterinnen auch für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2018 zu. Auf die Klage der Klägerin hob die Kammer mit Urteil vom 5. September 2012 – 5 K 417/12.NW – den Zulassungsbescheid vom 17. April 2012 auf und führte zur Begründung aus, die erfolgte Auswahlentscheidung sei in mehrfacher Hinsicht zu Lasten der Klägerin rechtsfehlerhaft. Außerdem hätten zusätzlich erforderliche rechtliche Voraussetzungen für die Erteilung der Zulassung an die Firma „N“ nicht vorgelegen. Auf die Klagen weiterer abgelehnter Mitbewerberinnen (5 K 404/12.NW: M, 5 K 452/12.NW: O) verpflichtete die Kammer durch Urteile vom gleichen Tag (Verfahren 5 K 404/12.NW und 5 K 452/12.NW) die Beklagte des Weiteren, über die Zulassungsanträge dieser Bewerber unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beigeladene zu 1) und die Firma „N“ legten gegen die Urteile in den Verfahren 5 K 417/12.NW, 5 K 404/12.NW und 5 K 452/12.NW zunächst Berufung ein, nahmen diese aber Anfang Juli 2013 wieder zurück. Das angerufene Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz stellte die Berufungsverfahren mit Beschlüssen vom 10. Juli 2015 ein (Verfahren 2 A 10260/13.NW, 2 A 11210/12.NW und 2 A 11211/12.NW). Damit war die von den Beteiligten so bezeichnete „1. Runde“ des Zulassungsverfahrens beendet.

6

Nach Ergehen der Urteile der Kammer vom 5. September 2012 beschloss die Beklagte, das Auswahl- und Zulassungsverfahren der Drittsendezeiten zur Behebung der von der Kammer aufgezeigten Mängel ohne eine erneute Ausschreibung fortzusetzen („2. Runde“ des Zulassungsverfahrens). Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 23. Juli 2013 erteilte die Beklagte der Firma „N“ und der Beigeladenen zu 1) daraufhin Zulassungen zur Veranstaltung von Drittsendezeiten für je zwei Sendezeitschienen, lehnte die Anträge weiterer Mitbewerber ab und beschränkte die bestehende Zulassung der Klägerin entsprechend.

7

Gegen diesen Zulassungsbescheid erhob die Klägerin im August 2013 Klage und suchte zugleich um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach. Diesem Antrag gab die Kammer durch Beschluss vom 5. März 2014 – 5 L 753/13.NW – hinsichtlich der Firma „N“ mit der Maßgabe statt, dass dieser eine Übergangszeit bis zum 30. Juni 2014 eingeräumt werde, in der sie auf der Basis der seinerzeit noch bestehenden Finanzierungsvereinbarung mit der Klägerin ihre Fensterprogramme „...“ und „...“ produzieren und ausstrahlen dürfe. Auf den weiteren Eilantrag einer Mitbewerberin in dem Vergabeverfahren zur Zulassung als Fensterprogrammveranstalterin, der Firma „O“, gab die Kammer durch Beschluss vom gleichen Tage – 5 L 694/13.NW – ebenfalls hinsichtlich der Firma „N“ mit der o.g. Maßgabe statt.

8

Auf die gegen den Beschluss der Kammer vom 5. März 2014 – 5 L 753/13.NW – von der Klägerin, der Beklagten sowie der Firma „N“ eingelegten Beschwerden stellte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz durch Beschluss vom 23. Juli 2014 – 2 B 10323/14.OVG – die aufschiebende Wirkung der jeweiligen Klagen auch hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) wieder her. In dem weiteren von der Klägerin und der Firma „O“ geführten Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss vom 5. März 2014 – 5 L 694/13.NW – entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz durch Beschluss vom 8. September 2014 – 2 B 10327/14.OVG – gleichfalls zugunsten der genannten Beschwerdeführer. Die ferner erhobenen Beschwerden der Beklagten und der Firma „N“ wurden zurückgewiesen.

9

Die Firma „N“ erhob gegen die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2014 und vom 8. September 2014 Verfassungsbeschwerde und stellte ferner einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Mit Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 1 BvR 2580/14 – nahm das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht zur Entscheidung an und stellte gleichzeitig fest, dass sich damit zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt habe.

10

Unmittelbar nach Erhalt der Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in den genannten Eilverfahren hatte die Klägerin noch im September 2014 die Ausstrahlung der überregionalen Fensterprogramme in ihrem Fernsehvollprogramm eingestellt. Stattdessen führte sie die Formate „...“, „...“ und „...“ als Auftragsproduktion fort.

11

In ihrer Sitzung vom 8. Dezember 2014 erörterte die Versammlung der Beklagten auf der Grundlage einer entsprechenden Beschlussempfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses vom 24. November 2014 vier verschiedene Möglichkeiten, den nicht rundfunkstaatsvertragskonformen Zustand so zeitnah wie möglich zu beenden. Nach intensiver Diskussion der Vor- und Nachteile der sich bietenden Handlungsoptionen, bei der insbesondere auch eine bei Abschluss des Vergabeverfahrens noch verbleibende Restlaufzeit von wenigstens drei Jahren als erforderlich angesehen wurde, beauftragte die Versammlung die Verwaltung, eine Neuausschreibung für den noch laufenden Zulassungszeitraum in die Wege zu leiten. Zugleich sollten die Hauptsacheverfahren vor der Kammer durchgeführt werden, sofern nicht die Zulassungsbescheide vom 23. Juli 2013 einvernehmlich mit der Firma „N“ und der Beigeladenen zu 1) zurückgenommen werden könnten.

12

Auf Nachfrage der Beklagten empfahl die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK – mit Schreiben vom 14. Januar 2015 aus Gründen der Rechtssicherheit, das Vergabeverfahren insgesamt neu zu beginnen und vor einer neuen Ausschreibung eine aktuelle Feststellung hinsichtlich der Verpflichtung des Hauptprogrammveranstalters zur Aufnahme von Drittsendezeiten aufzunehmen.

13

In der Sitzung vom 23. Februar 2015 bestätigte die Versammlung der Beklagten nochmals den Auftrag vom 8. Dezember 2014 zur Herbeiführung einer einvernehmlichen Lösung.

14

Mit Urteilen vom 21. April 2015 in den Verfahren 5 K 695/13.NW, 5 K 749/13.NW und 5 K 752/13.NW hob die Kammer den Zulassungsbescheid der Beklagten vom 23. Juli 2013 mit der Begründung auf, zwar bleibe die Klägerin verpflichtet, Drittsendezeiten zur Verfügung zu stellen. Im Zulassungsverfahren bis zum Erlass des angefochtenen Bescheides seien jedoch sowohl im Stadium bis zur Ausschreibung als auch in dem zwischen November 2012 und Mitte 2013 wiederholten Auswahlverfahren erhebliche Verfahrensfehler in Form von Verstößen gegen Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags festzustellen, die Rechte der Klägerin verletzt hätten und deshalb zur Aufhebung des gesamten Zulassungsbescheids führten. Dies betreffe auch die Zulassung für die Beigeladene zu 1). Hiergegen legte weder die Beklagte noch die Firma „N" Rechtsmittel ein. Lediglich die in allen drei Verfahren – wie hier – Beigeladene zu 1) legte Berufung ein (Verfahren 2 A 10733/15.OVG, 2 A 10734/15.OVG und 2 A 10821/15.OVG).

15

Die aufgrund der Aufträge der Versammlung der Beklagten unternommenen Versuche der Verwaltung der Beklagten, mit den Beteiligten einvernehmlich die nach dem Rundfunkstaatsvertrag für die Gewährleistung der Meinungsvielfalt vorgesehenen Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm der Klägerin für den laufenden Zulassungszeitraum zu vergeben, führten in der Folgezeit zu keinem Ergebnis. Darüber hinaus wies die Klägerin mit Schreiben vom 8. Mai 2015 darauf hin, dass ihre Mitwirkung im Verfahren unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rechtmäßigkeit des Verfahrens stehe. Auch halte sie die offenbar vorgesehene erneute Ausschreibung ohne vorherige aktuelle Feststellung des Jahresdurchschnitts des Zuschauermarktanteils für rechtswidrig.

16

Mit Schreiben vom 19. August 2015 teilte die Beklagte der KEK mit, dass nach den ihr vorliegenden Unterlagen die ProSiebenSat.1 Media SE mit den ihr zuzurechnenden Programmen im Zeitraum August 2014 bis Juli 2015 einen Zuschaueranteil von 20 v.H. überschreite. Sowohl im Hinblick auf den gegenwärtigen Verfahrensstand als auch im Hinblick auf ein mögliches neues Drittsendezeitenverfahren sei eine Feststellung der Zuschaueranteile erforderlich. Deshalb werde die KEK um entsprechende Feststellung gebeten. Die KEK antwortete hierauf am 8. September 2015, die Kommission sei sich nicht sicher, ob die Bitte der Beklagten vom 19. August 2015 als verfahrensrechtlicher Antrag auf Feststellung der Zuschaueranteile im Sinne des § 26 Abs. 5, § 27 RStV zu interpretieren sei. Um kurzfristige Stellungnahme werde gebeten.

17

Die Beklagte informierte daraufhin die KEK mit Schreiben vom 22. September 2015 über den Stand des Verfahrens und bat losgelöst von den Handlungsalternativen um Feststellung des Zuschaueranteils der ProSiebenSat.1 Media SE.

18

Nachdem sich im Hinblick auf eine Vergabe der Drittsendezeiten für den laufenden Zulassungszeitraum keine Einigung zwischen der Klägerin, der Beigeladenen zu 1) und der Firma „N“ erzielen ließ, verzichtete Letztere gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 13. Oktober 2015 unwiderruflich auf sämtliche Rechte aus ihrer früheren Zulassung als Fensterprogrammveranstalterin. Dies geschehe vor allem, um den Weg für eine zügige Neuausschreibung, Neuauswahl und Neulizenzierung freizumachen, damit im Programm der Klägerin wieder Drittsendezeiten aufgenommen werden könnten.

19

Daraufhin wandte sich die Beklagte durch den stellvertretenden Direktor ihrer Verwaltung am 19. Oktober 2015 erneut an die KEK und beantragte unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 22. September 2015 die Feststellung der Zuschaueranteile des Fernsehvollprogramms der Klägerin sowie der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE. In diesem Schreiben wies die Klägerin u.a. darauf hin, dass eine außergerichtliche Einigung während des noch laufenden Berufungsverfahrens nicht gelungen sei und aktuell auch nicht mehr möglich erscheine. Vorbehaltlich der entsprechenden Entscheidung der Gremien der LMK sehe diese derzeit vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung sowohl des Zeitablaufs wie auch des Umstandes, dass ein Beteiligter in allen drei Verfahren Berufung eingelegt habe, den Weg der Neuausschreibung für fünf Jahre als naheliegend an. Dazu sei die Feststellung des Zuschaueranteils der ProSiebenSat.1 Media SE unabdingbar. Um die entsprechende, von der Beklagten am 19. August 2015 beantragte Feststellung im Rahmen der gesetzlich auferlegten Organfunktion werde gebeten.

20

Am 26. Oktober 2015 bat die KEK die ProSiebenSat.1 Media SE, der Kommission zwecks Feststellung des Zuschaueranteils die vollständig gewichteten Marktanteilsdaten aus der AGF/GfK-Fernsehforschung für die der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE angehörenden Fernsehsender für den Zeitraum von Januar 2014 bis September 2015 zur Verfügung zu stellen. Dem kam die ProSiebenSAt.1 Media SE mit Mail vom 30. Oktober 2015 nach.

21

Mit Schreiben vom 9. November 2015 gab die ProSiebenSat.1 Media SE gegenüber der KEK eine Stellungnahme hinsichtlich der Feststellung der Zuschaueranteile durch die KEK ab. Dabei berief sich die ProSiebenSat.1 Media SE darauf, die Tendenz der Entwicklung der Zuschaueranteile im Zeitraum November 2014 bis Oktober 2015 spreche gegen eine klare Prognose einer Gefahr für die Meinungsvielfalt und damit gegen die Feststellung des Vorliegens einer Drittsendezeitverpflichtung. Bei der Ermittlung der Zuschaueranteile dürften im Übrigen Sendezeiten für unabhängige Dritte und Regionalfensterprogramme nicht in die Berechnung einfließen, weil diese der Hauptprogrammveranstalterin und der ProSiebenSat.1 Media SE nicht zuzurechnen seien.

22

In ihren Sitzungen vom 9. November 2015 stimmten der Rechts- und Zulassungsausschuss sowie die Versammlung der Beklagten der von der Verwaltung ins Auge gefassten neuen Ausschreibung zu. Dieses neue Vergabeverfahren solle allerdings nur dann durchgeführt werden, wenn die KEK das Erreichen der maßgeblichen Zuschaueranteile auch positiv festgestellt habe.

23

Die KEK beschloss in ihren Sitzungen vom 10. und 27. November 2015, dass sich unter Zugrundelegung der von der AGF/GfK-Fernsehforschung ermittelten und veröffentlichten Daten über die Zuschaueranteile für die, von der KEK als maßgeblich angesehene, Referenzperiode in der Zeit von Oktober 2014 bis September 2015 für den Hauptprogrammveranstalter („Sat.1“) ein durchschnittlicher Zuschaueranteil in Höhe von 8,08 v.H. und für die Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE in Höhe von 20,04 v.H. ergebe. Unter Anrechnung der im Hauptprogramm von Sat.1 ausgestrahlten Regionalfensterprogramme betrage der Umfang der danach auszuschreibenden Drittsendezeiten 180 Minuten pro Woche, davon mindestens 75 Minuten in der Sendezeit von 19:00 Uhr bis 23:30 Uhr.

24

Mit Schreiben vom 26. November 2015 rückte die Klägerin von ihren zuvor geäußerten Vorstellungen zu den in der Ausschreibung aufzunehmenden Sendezeitschienen (Mittwoch in der Zeit von 22:15 bis 00:15 und von 00:15 bis 01:15 Uhr) ab. Sie verlangte nunmehr eine Platzierung auf Dienstag, 23:10 Uhr bis 01:15 Uhr sowie Samstag von 19:00 bis 19:55 Uhr (jeweils Programmtage).

25

In ihrer Sitzung vom 11. Januar 2016 kam die Versammlung der Beklagten den neuen Sendezeitwünschen der Klägerin nach und beschloss die Ausschreibung von Sendezeit für unabhängige Dritte nunmehr so, wie sie anschließend im Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz und auf der Homepage der Beklagten am 25. Januar 2016 veröffentlicht wurde. Die Bewerbungsfrist lief bis zum 10. März 2016. Der Text der Ausschreibung lautet auszugsweise:

26

„Die LMK beabsichtigt, jeweils eine Zulassung für folgende drei Sendezeitschienen im bundesweit verbreiteten Programm Sat.1 (Hauptprogramm) zur Verbreitung von Programmen unabhängiger Dritter nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen zu erteilen:

27

1. Sendezeitschiene: Dienstag, 23:10 Uhr bis 00:15 Uhr (65 Minuten)

28

2. Sendezeitschiene: Dienstag, 00:15 Uhr bis 01:15 Uhr (60 Minuten)

29

3. Sendezeitschiene: Samstag, 19:00 Uhr bis 19:55 Uhr (55 Minuten).

30

1) Ausschreibung, Auswahlverfahren und Zulassungsentscheidung erfolgen hinsichtlich des Zeitraums bis zum 31. Mai 2018 unter Vorbehalt: Hinsichtlich der letzten durch die LMK mit Laufzeit bis zum 31. Mai 2018 erteilten Zulassungen von Anbietern von Sendezeit für unabhängige Dritte im Programm Sat.1 von Juli 2013 sind Rechtsstreitigkeiten anhängig. Sollten die betreffenden Zulassungen vor der gegenständlichen Auswahlentscheidung rechtskräftig bestätigt werden, sind diese Ausschreibung und ein anschließendes Auswahlverfahren gegenstandslos. Die gegenständlichen Zulassungsentscheidungen werden für die Zeit bis zum 31. Mai 2018 unter den Vorbehalt des zeitweiligen Widerrufs (ganz oder teilweise) für den Fall der rechtskräftigen Bestätigung der früher erteilten Erlaubnisse gestellt. Im Falle des Widerrufs wäre die ggf. aufgenommene Sendetätigkeit bis zum 31. Mai 2018 einzustellen. Eine Entschädigung für Vermögensnachteile wird nicht gewährt.

31

2) [...]

32

3) Die Zulassung gilt voraussichtlich ab dem 1. Juli 2016 für die Dauer von fünf Jahren, solange nicht die Zulassung des Hauptprogrammveranstalters endet, nicht verlängert oder nicht neu erteilt wird.

33

4) – 8) [...]

34

9) Die Anträge müssen folgende Angaben enthalten:

35

a) – i) [...]

36

j): Die Erklärung des Antragstellers, dass er den Antrag in Kenntnis des unter Ziff.1 erklärten und erläuterten Vorbehalts stellt.“

37

Das aus mehreren Teilabschnitten bestehende Auswahlverfahren führte die Beklagte einvernehmlich mit der Klägerin durch, die ihre Mitwirkung jedoch in jedem Verfahrensabschnitt ausdrücklich unter Vorbehalt der Rechtmäßigkeit des Verfahrens stellte. Von insgesamt 63 Bewerbern wählte die Beklagte die drei Beigeladenen als Fensterprogrammveranstalter aus.

38

Unmittelbar nach Ende der Bewerbungsfrist übersandte die Beklagte der Klägerin eine listenmäßige Aufstellung der eingegangenen Anträge. Am 20. April 2016 teilte die Beklagte der Klägerin ferner mit, dass von den eingegangenen 63 Anträgen 41 als zulassungsfähig angesehen würden. Am 27. April 2016 fand ein Erörterungsgespräch zwischen der Klägerin und der Beklagten mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung in Bezug auf die Auswahl der Bewerber für die drei Sendezeitschienen statt. Dabei schlug die Klägerin die Beigeladene zu 1) für die 1. Schiene Dienstag 23:10 Uhr, die Beigeladene zu 2) für die 2. Schiene Dienstag 00:15 Uhr und die Beigeladene zu 3) für die 3. Schiene Samstag 19:00 Uhr vor.

39

Die Auswahlentscheidung wurde durch die Versammlung der Beklagten am 26. September 2016 beschlossen; zugleich wurde wegen der Eilbedürftigkeit des Vergabeverfahrens der Hauptausschuss der Beklagten ermächtigt, die Feststellung der Herstellung des Benehmens mit der KEK im Umlaufverfahren treffen zu dürfen.

40

Die KEK entschied mit Beschluss aufgrund der Sitzungen vom 11. und 17. Oktober 2016, gegen die von der Beklagten vorgeschlagene Auswahl der Fensterprogrammveranstalter bestünden keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt.

41

Die Feststellung des damit hergestellten Benehmens erfolgte durch Beschluss des Hauptausschusses der Beklagten im Umlaufverfahren.

42

In der Sitzung vom 5. Dezember 2016 bestätigte die Versammlung der Beklagten die Entscheidung des Hauptausschusses über die Benehmensherstellung zur Auswahl der Bewerber und stellte sodann fest, dass damit die benannten Bewerber ausgewählt seien. Außerdem beschloss die Versammlung vorbehaltlich des Benehmens mit der KEK, dass den Beigeladenen Zulassungen erteilt würden, für die nähere Maßgaben (u. a. der Vorbehalt entsprechend der Ankündigung in der Ausschreibung für die Zeit bis 31. Mai 2018) festgelegt wurden. Anschließend schlossen die Klägerin und die Beigeladenen Finanzierungsvereinbarungen ab.

43

Nach weiterem Schriftwechsel sowie einem entsprechenden Beschluss des Hauptausschusses der Beklagten im Umlaufverfahren im Dezember 2016 beschloss die KEK in ihrer Sitzung am 10. Januar 2017 je für die einzelnen Sendezeitschienen, dass gegen die vorgesehenen Zulassungsentscheidungen keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden.

44

Die Feststellung des hergestellten Benehmens durch die KEK durch den Hauptausschuss der Beklagten und der Auftrag an die Verwaltung, die Zulassungsanträge zu bescheiden, erfolgte wiederum im Umlaufverfahren im Januar 2017.

45

Unmittelbar nach Ergehen des Beschlusses der KEK nahm die Beigeladene zu 1) ihre Berufungen in den noch laufenden Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Verfahren 2 A 10733/15.OVG, 2 A 10734/15.OVG und 2 A 10821/15.OVG) gegen die Urteile der Kammer vom 21. April 2015 in den Verfahren 5 K 695/13.NW, 5 K 749/13.NW und 5 K 752/13.NW, mit denen der Zulassungsbescheid der Beklagten vom 23. Juli 2013 aufgehoben worden war, zurück. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz stellte daraufhin die Berufungsverfahren mit Beschlüssen vom 3. Februar 2017 ein.

46

Anschließend erließ die Beklagte am 13. Februar 2017 gegenüber der Klägerin, den Beigeladenen sowie den sonstigen Mitbewerbern neue für sofort vollziehbar erklärte Bescheide. Darin erteilte die Beklagte Zulassungen zur Veranstaltung und Verbreitung von überregionalen Fernsehfensterprogrammen ab dem 1. März 2017 für die Dauer von fünf Jahren an die Beigeladenen. Diesen wurde ein zeitlicher Vorlauf zugestanden, indem sie verpflichtet wurden, den Sendebetrieb bis spätestens 1. Juni 2017 aufzunehmen (Ziffer I.). Ferner änderte die Beklagte die der Klägerin erteilte Zulassung zur Veranstaltung und Verbreitung eines überregionalen Fernsehvollprogramms vom 26. August 2008 mit Wirkung zum 01. März 2017 für die Dauer von fünf Jahren ab (Ziffer II.) und lehnte ferner die Anträge von Mitbewerbern ab (Ziffer III.).

47

Die Versammlung der Antragsgegnerin bestätigte die Entscheidungen des Hauptausschusses, die der Bescheiderteilung vorausgegangen waren, nachträglich in ihrer Sitzung am 13. März 2017.

48

Die Klägerin hat am 14. März 2017 Klage gegen den ihr zugestellten Bescheid vom 13. Februar 2017 erhoben. Von den unterlegenen Mitbewerbern der Beigeladenen haben zwei Firmen Klage gegen die Gebührenfestsetzung in den ihnen zugestellten Bescheiden vom 13. Februar 2017 erhoben (s. dazu die Verfahren 5 K 298/17.NW und 5 K 339/17.NW).

49

Die Klägerin hat zugleich einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid vom 13. Februar 2017 gestellt. Diesem hat die Kammer mit Beschluss vom 14. Juli 2017 – 5 L 312/17.NW – überwiegend stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Zwar sei der Antrag der Klägerin im Hinblick auf die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Ablehnungen anderer Bewerber (Ziffer III.) unzulässig. Im Übrigen erweise sich der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung aber als offensichtlich rechtswidrig. Die Beigeladenen hätten nicht als Fensterprogrammveranstalterinnen zugelassen werden dürfen und die Zulassung der Klägerin hätte nicht entsprechend beschränkt werden dürfen, weil das Verfahren nicht im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags durchgeführt worden sei. Das Zulassungsverfahren hätte nicht eingeleitet und eine Ausschreibung nicht vorgenommen werden dürfen, solange das Zulassungsverfahren für den Lizenzzeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2018, das in der Berufungsinstanz beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz anhängig gewesen sei, noch nicht rechtsbeständig beendet worden sei. Der in den Zulassungsbescheiden enthaltene Widerrufsvorbehalt sei nicht geeignet gewesen, spätere Zulassungskollisionen zu vermeiden. Die dort formulierten Vorbehalte hätten nicht „funktionieren“ können, weil die gewählte Konstruktion nicht habe sicherstellen können, dass die Zulassungszeiträume sich nicht überschneiden. Außerdem seien die Schwierigkeiten nicht ausreichend berücksichtigt worden, die aus dem unterschiedlichen Zuschnitt der wöchentlichen Sendezeitschienen resultierten. Unabhängig davon habe die Bestimmung der Zuschaueranteile für das neue Zulassungsverfahren nicht auf der richtigen Referenzperiode beruht, so dass die Klägerin voraussichtlich nicht zur Bereitstellung von Drittsendezeiten verpflichtet gewesen sei.

50

Gegen diesen Beschluss haben sowohl die Beklagte als auch die Beigeladene zu 1) Beschwerde eingelegt, denen das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG – stattgegeben hat. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt: Im Rahmen dieses Eilverfahrens könne nicht festgestellt werden, dass der angefochtene Bescheid offensichtlich rechtswidrig sei. Die in dem Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2017 unter den Ziffern I. und II. erfolgten Zulassungen der Beigeladenen als Fensterprogrammveranstalter und die dementsprechende Beschränkung der Zulassung der Klägerin vom 26. August 2008 litten an keinen offensichtlichen formellen Fehlern. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2017 halte auch in der Sache mit dem in einem summarischen Verfahren allein zugrunde zu legenden Sachverhalt einer rechtlichen Überprüfung stand. Die Beklagte habe mit ihrer Feststellung, die Klägerin sei zur Einräumung von Drittsendezeiten in ihrem Hauptprogramm verpflichtet, ebenso wie bei der sich daran anschließenden Auswahlentscheidung für die Vergabe der Drittsendezeitlizenzen zu Gunsten der Beigeladenen den in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz – GG –, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV – niedergelegten Grundsatz der Rundfunkfreiheit jedenfalls nicht offensichtlich zu Lasten der Klägerin verletzt; weitere grundgesetzlich geschützte Interessen der Klägerin seien ebenso offensichtlich nicht betroffen.

51

Entgegen der Meinung der Klägerin sei das Vergabeverfahren am 19. Oktober 2015 mit der schriftlichen Aufforderung der Verwaltung der Beklagten an die KEK, die nach § 27 Abs. 1 RStV maßgeblichen Zuschaueranteile festzustellen, rechtswirksam eingeleitet worden. Des Weiteren sei der mit Beschluss der KEK in den Sitzungen vom 10. und 27. November 2015 ermittelte Marktanteil der Sendergruppe der Klägerin (ProSiebenSat.1 Media SE) nach den Erkenntnismitteln des summarischen Eilverfahrens zutreffend mit einem Zuschaueranteil von 20,04 v.H. aller deutschsprachigen Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks festgestellt worden. Dies gelte insbesondere für die von der KEK zugrunde gelegte Berechnungsmethode, die mit den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags offensichtlich in Einklang stehe.

52

Unabhängig hiervon komme es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Berechnungsmethode für die Feststellung des Erreichens beziehungsweise Überschreitens des Schwellenwerts für die Bestimmung der Zuschaueranteile nicht weiter an. Denn auch bei Zugrundelegung der auf den Referenzzeitraum gewichteten Werte entsprechend der Berechnungsweise der Klägerin ergebe sich ein relevanter Zuschaueranteil von 20,003345049391 v.H. für die Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE.

53

Die Regionalfensterprogramme seien entgegen der Ansicht der Klägerin nicht aus dem gemäß § 27 Abs. 1 RStV von der KEK zu ermittelnden Zuschaueranteil herauszurechnen. Ungeachtet dessen wirke die Einbeziehung der Regionalfensterprogramme sich im Ergebnis sogar zugunsten der Klägerin aus.

54

An diesem Ergebnis ändere der Einwand der Klägerin, für die Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE seien in den letzten Jahren bei 50 von 52 Referenzperioden stark abnehmende Zuschaueranteile festzustellen, nichts. Die Auffassung der Klägerin, bei jedem auch nur geringfügigen Sinken von Zuschaueranteilen unterhalb der Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV läge bereits ein stark abnehmender Zuschaueranteil im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Senats vor, sei nicht zutreffend. Ein derartiger, zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit beachtlicher Zuschauerrückgang könne nur dann zugrunde gelegt werden, wenn die Anteile so weit sänken, dass sie – erstens – stetig und eindeutig eine Tendenz unterhalb der Schwellenwerte aufzeigten und – zweitens – in jeder der nach der Verfahrenseinleitung ermittelten Durchschnittswerte erheblich unter den Schwellenwerten des § 26 Abs. 5 RStV lägen. Nur geringfügig unter dem Zwanzig-Prozent-Wert liegende Anteile im Umfang von nur einem Prozentpunkt oder gar geringer reichten hierfür nicht aus.

55

In materiell-rechtlicher Hinsicht hätten die KEK und die Beklagte zutreffend den Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 zugrunde gelegt. Das Verfahren sei mit Schreiben des stellvertretenden Direktors der Verwaltung der Antragsgegnerin am 19. Oktober 2015 eingeleitet worden. Die Verfahrenseinleitung und die damit von der KEK zugrunde gelegte Referenzperiode hielten einer rechtlichen Überprüfung stand.

56

Vor allem habe die Beklagte nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens vor dem Senat betreffend die „2. Runde“ der Drittsendezeitvergabe (2 A 10734/15.OVG) zuwarten müssen. Seit die Klägerin im September 2014 die Ausstrahlung der überregionalen Fensterprogramme in ihrem Fernsehvollprogramm eingestellt habe, bestehe ein verfassungs- und rundfunkstaatsvertragswidriger Zustand, der bis heute andauere. Zur Behebung dieses, mit dem gesetzgeberischen Zweck der Drittsendezeiten, auch im privaten Rundfunk Meinungsvielfalt zu gewährleisten, nicht zu vereinbarenden Zustandes sei die Beklagte aufgrund der atypischen Ausgangslage verpflichtet gewesen, das Verfahren zur Vergabe der Zulassungen für die überregionalen Fensterprogramme im Hauptprogramm von Sat.1 so schnell wie möglich neu einzuleiten. Eine vollständige Neuausschreibung für einen neu beginnenden Lizenzzeitraum von vollen fünf Jahren sei daher naheliegend gewesen.

57

Auch im Übrigen seien die Ausschreibung, die Auswahl und die Vergabe der Sendezeiten für unabhängige Dritte unter den materiell-rechtlichen Gesichtspunkten der Rundfunkfreiheit nicht zu beanstanden. Dies gelte namentlich für die Frage der höchstzulässigen Dauer des Auswahlverfahrens. Die Beklagte habe das Auswahlverfahren unter den immerhin 63 Bewerbern mit der gebotenen und in Anbetracht der besonderen Umstände möglichen Beschleunigung durchgeführt.

58

Die Beklagte habe auch weitere grundrechtlich geschützte Interessen der Klägerin offensichtlich nicht verletzt. Dies gelte namentlich in Bezug auf die Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG (jeweils i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG).

59

Nach Zustellung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Oktober 2017 hat die Klägerin die Ausstrahlung der überregionalen Fensterprogramme in ihrem Fernsehvollprogramm wieder aufgenommen.

60

Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin im Einzelnen aus:

61

Entgegen der Auffassung der Kammer in ihrem Beschluss vom 14. Juli 2017 – 5 L 312/17.NW – sei sie, die Klägerin, befugt, auch gegen die Ziffer III. in dem Bescheid vom 13. Februar 2017 vorzugehen. Das Gericht gehe insoweit offenbar von der Teilbarkeit des streitgegenständlichen Bescheids aus. Nehme man hingegen, wie sie, die Klägerin, wegen der unmittelbar miteinander zusammenhängenden Bestandteile des Drittsendezeitenbescheids Unteilbarkeit an, sei die Gesamtanfechtung auch dann zulässig und begründet, die Klägerin mithin auch klagebefugt, wenn sie nur teilweise in ihrer Rechtssphäre betroffen und der Bescheid nur teilweise rechtswidrig sei. Bei Unteilbarkeit des Bescheids könne dem Rechtsschutzanspruch der Klägerin nämlich nur auf diese Weise Rechnung getragen werden.

62

Die Klage sei auch insgesamt begründet. Dies ergebe sich daraus, dass sie nicht verpflichtet sei, Drittsendezeiten einzuräumen.

63

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass nur die von der KEK/Beklagten zugrunde gelegte arithmetische Methode zur Berechnung des Jahreszuschaueranteils (nicht des Monatsanteils) mit dem Wortlaut von § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV vereinbar sei. Vielmehr sie allein die von ihr, der Klägerin, zugrunde gelegte gewichtete Berechnungsmethode methodisch sachgerecht und entspreche gerade dem aktuellen Stand der quantitativen Medienforschung, was gerade auch nach der Systematik des Rundfunkstaatsvertrags zu beachten sei. Danach lägen die Zuschaueranteile im maßgeblichen Zeitraum aber unter 20 v.H..

64

Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz sei ferner für die Feststellung des Vorliegens der Drittsendezeitverpflichtung auf den Jahreszuschaueranteil abzustellen, der unmittelbar dem Bescheiderlass vorausgegangen sei, hier also die Referenzperiode Februar 2016 bis Januar 2017. Die Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, wonach nach dem eindeutigen und keiner anderen Auslegung zugänglichen Wortlaut der hierfür allein heranziehbaren Regelung des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV der Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens am 19. Oktober 2014 maßgeblich sei, seien rechtsfehlerhaft. Der Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV könne nicht einseitig zu Lasten des Hauptprogrammveranstalters ausgelegt werden. Die Formulierung „Einleitung“ sei offen genug, auch das noch laufende Verfahren in die Betrachtung mit einzubeziehen und mit dem Begriff „Einleitung des Verfahrens“ die gesamte Verfahrensdauer unter Einschluss des Verfahrensabschlusses zu verstehen. Da der Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV nicht eindeutig sei, seien andere Auslegungsmethoden heranzuziehen.

65

Die Fixierung auf den frühesten in einem Vergabeverfahren möglichen Zeitpunkt stünde nicht mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 bzw. Art. 2 Abs. 1 GG jeweils i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG in Einklang. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit sei vielmehr eine verfassungskonforme Auslegung von § 27 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §§ 26 Abs. 5, 31 RStV dahingehend geboten, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einräumung von Drittsendezeiten auch zu dem Zeitpunkt vorliegen müssten, zu dem die Beklagte ihre abschließende und außenwirksame (Bescheid-)Entscheidung treffe.

66

Stelle man richtigerweise hier für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids auf den durchschnittlichen Jahreszuschaueranteil ab, der unmittelbar dem Bescheiderlass am 13. Februar 2017 vorausgegangen sei, so habe dieser Anteil für die Jahresreferenzperiode Februar 2016 bis Januar 2017 deutlich unter den Grenzwerten des § 26 Abs. 5 RStV gelegen, ab denen erst eine Drittsendezeitenverpflichtung bestehe, und zwar völlig unabhängig der strittigen Berechnungsmethode.

67

Zwar stelle das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz nicht in Abrede, dass die Berücksichtigung nachträglicher Veränderungen (Absinken) der Zuschaueranteile zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geboten sein und die sog. Drittsendezeitenverpflichtung des Hauptprogrammveranstalters insoweit entfallen lassen könne. Das Oberverwaltungsgericht stelle jedoch so restriktive Beschränkungen auf, dass diese im Ergebnis zu einer weitgehenden Immunisierung des Verfahrens gegenüber Veränderungen führten und eine einseitige Risikoverteilung zu Lasten des Hauptprogrammveranstalters im Verfahren etabliere. Dies sei rechtsfehlerhaft.

68

Wende man die restriktiven Bedingungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz konsequent und folgerichtig an – nämlich dass die Drittsendezeitenverpflichtung noch nicht entfalle, wenn innerhalb eines Jahres die Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 RStV jeweils nur knapp unterschritten würden –, dann sei reflexartig erst recht der Zeitraum nach diesem Jahr zu betrachten. Denn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gelte nicht nur für ein Jahr, sondern müsse jedenfalls auf die gesamte Dauer des Verfahrens Anwendung finden. Dies aber bedeute konsequenterweise, dass die einschränkenden Bedingungen nach Ablauf des Jahres dann nicht mehr gelten könnten, so dass jede nachfolgende auch nur geringe Unterschreitung eines Schwellenwertes relevant für die nachträgliche Berücksichtigung und das Entfallen der Verpflichtung wäre.

69

Doch selbst wenn man mit dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz davon ausginge, dass als Anknüpfungszeitpunkt für die Bestimmung der Zuschaueranteile hier allein auf die Anfrage der Beklagten an die KEK, die maßgeblichen Zuschaueranteile für eine Neuausschreibung von fünf Jahren festzustellen, ansehen würde, sei eine solche rechtswirksame Verfahrenseinleitung entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts nicht schon mit dem Schreiben des stellvertretenden Direktors der Beklagten vom 19. Oktober 2015, sondern erst durch den Beschluss der Versammlung der Beklagten vom 9. November 2015 erfolgt. Stelle man auf diesen Zeitpunkt ab, so habe der Zuschaueranteil auch in der unmittelbar vorausgehenden Jahresreferenzperiode November 2014 bis Oktober 2015 nach zutreffender gewichteter Berechnungsmethode unter den Schwellenwerten des § 26 Abs. 5 RStV, nämlich bei 8,049694320754 v.H. für das Programm „Sat.1“ und 19,993868480273 v.H. (mit Regionalfenster) bzw. 19,960447284763 v.H. (ohne Regionalfenster) für die sog. Sendergruppe gelegen.

70

Die Beklagte habe ihr Ermessen deshalb überschritten, weil sie – anstatt das Verfahren betreffend die sog. 2. Runde (1. Juni 2013 bis 31. Mai 2018) fortzusetzen und rechtswidrige Verfahrensstufen zu wiederholen – ein neues Vergabeverfahren für eine neue fünfjährige Zulassungsperiode (beginnend ab 1. März 2017) eingeleitet habe, obwohl das Berufungsverfahren betreffend die sog. 2. Runde zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig abgeschlossen gewesen sei. Soweit das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im vorausgegangenen Eilverfahren der gegenteiligen Auffassung gewesen sei, dass die Beklagte mit der Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens für eine neue fünfjährige Zulassungsperiode nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens betreffend die sog. 2. Runde hätte zuwarten müssen, vermöge dies nicht zu überzeugen.

71

Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstelle, dass eine besondere atypische Situation bestanden habe, die zu einem schnellen und rechtsicheren Handeln der Beklagten gezwungen hätte, überzeuge auch die weitere Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz nicht, dass dieser Zustand im Oktober 2015 nur durch die Einleitung eines vollständig neuen Vergabeverfahrens für einen neuen fünfjährigen Lizenzzeitraum (beginnend ab 1. März 2017) hätte beseitigt werden können. Vielmehr würdige das Oberverwaltungsgericht hier nicht hinreichend, dass es die Rechtslage erlaubt hätte - trotz der noch schwebenden Gerichtsverfahren - Verfahrensstufen „innerhalb desselben Zulassungsverfahrens" zu wiederholen.

72

Die Klägerin beantragt,

73

den Zulassungsbescheid der Beklagten vom 13. Februar 2017 aufzuheben.

74

Die Beklagte beantragt,

75

die Klage abzuweisen,

76

hilfsweise

77

die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Behauptung:

78

„Die festgestellten Zuschaueranteile der Klägerin, die in den Monaten Juni 2016, Juli 2016, August 2016, Dezember 2016 und Januar 2017 geringfügig unter 19 % lagen, werden bei Berücksichtigung der zeitgleichen Online-Rezeption von Fernsehinhalten über dem Zuschaueranteil von 19 % liegen. Berücksichtigt man die zeitversetzte Online-Rezeption von Fernsehinhalten, erhöht sich für den Zeitraum der Zuschaueranteil der Klägerin noch stärker.“

79

Sie führt aus, soweit sich die Klägerin gegen die Ziffer III- in dem Bescheid vom 13. Februar 2017 wende, fehle es der Klägerin an der Klagebefugnis, da die Auswahl der zugelassenen Drittsendezeitanbieter im Einvernehmen mit der Klägerin erfolgt sei.

80

Der angefochtene Bescheid sei sowohl formell als auch materiell rechtmäßig. Der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, das Herantreten der Beklagten an die KEK zur Feststellung der Zuschaueranteile am 19. Oktober 2015 als verfahrenseinleitende Maßnahme i.S.v. § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV anzusehen und den Referenzzeitraum entsprechend auf Oktober 2014 bis September 2015 festzulegen, sei zuzustimmen. Die Rechtsansicht der Klägerin, dass die Bekanntgabe des Bescheids der Beklagten den maßgeblichen Zeitpunkt für § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV darstelle, sei fernliegend. Konsequenz dessen müsste sein, dass die Klägerin alle Abläufe bis zum Erlass des Bescheids als Vorverfahren ansehe. Dies sei abwegig.

81

Entgegen der Ansicht der Klägerin bedürfe § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV keiner verfassungskonformen Auslegung. Eine konsequente Anwendung des Argumentationsansatzes der Klägerin, dass nur das Bestehen einer die Vielfalt gefährdenden Situation die Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeit verfassungsrechtlich erlaube, würde dazu führen, dass automatisch ab Absinken der Zuschaueranteile unter den Schwellenwert von § 26 Abs. 5 Satz 1 RStV die Verpflichtung unrechtmäßig werde. Die Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten für fünf Jahre bestehe nicht, solange die Schwelle überschritten werde, sondern ab Überschreiten der Schwelle zu einem bestimmten Zeitpunkt. Auf eine andere Weise ließe sich kein praktikables Verfahren für Drittsendezeit und somit keine effektive Vielfaltsicherung durchführen.

82

Die Einleitung des Verfahrens am 19. Oktober 2015 sei nicht ermessensfehlerhaft gewesen. Insbesondere ergebe sich aus dem Umstand, dass die Beklagte ein neues Vergabeverfahren eingeleitet und auf eine Fortsetzung des Verfahrens betreffend die sog. 2. Runde verzichtet habe, kein Ermessensfehler. Es habe eine atypische Situation vorgelegen, da in allen gerichtlichen Entscheidungen die Verpflichtung der Klägerin zur Einräumung von Drittsendezeit gerade nicht in Abrede gestellt, sondern auf Fehler in den Verfahren der Ausschreibung der Drittsendezeit und der Auswahl der Bewerber abgestellt worden sei. Die Beklagte habe dieser besonderen Situation im weiteren Verlauf der Geschehnisse durch die Neuausschreibung Rechnung getragen. Auch die von der Beklagten gewählte Form der Ausschreibung unter Vorbehalt begegne keinen Bedenken.

83

Die Beklagte habe bei der Berechnung des durchschnittlichen Jahreszuschaueranteils die richtige arithmetische Berechnungsmethode gewählt und daher einen zutreffenden Wert von durchschnittlich 20,04 v.H. Zuschaueranteil der Klägerin im Referenzzeitraum vom Oktober 2014 bis September 2015 ermittelt. Für die gegenteilige Auffassung gebe es keine gesetzliche Grundlage.

84

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz sei auch zu Recht davon ausgegangen, dass die von der Klägerin ausgestrahlten Regionalfensterprogramme in die Berechnung der Zuschaueranteile miteinzubeziehen seien.

85

Soweit die Klägerin moniere, das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz habe die Veränderungen der Zuschaueranteilswerte und das Absinken unter den Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz1 RStV nach der Feststellung der Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten unzureichend berücksichtigt, sei dem nicht zu folgen. Die vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen ein zeitliches und ein inhaltliches Moment aufweisenden Kriterien seien nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden. Die Sachverhalte, bei denen die bereits bestehende gesetzliche Verpflichtung wieder entfalle, müssten auf die Fälle beschränkt sein, in denen die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Gefährdungsprognose aus § 26 Abs. 5 RStV nachhaltig und dauerhaft erschüttert sei.

86

Den Vorgaben des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz entsprächen die von der Klägerin vorgetragenen Schwankungen nicht, sodass hier keine unverhältnismäßige Verpflichtung der Klägerin zur Einräumung von Drittsendezeit bestanden habe.

87

In Bezug auf die ermittelten Zuschaueranteile dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass viele Fernsehzuschauer inzwischen mediale Inhalte über das Internet nutzten. Dies bestätige eine neue ARD/ZDF-Onlinestudie vom Oktober 2017. Addiere man den Anteil der zeitgleichen und zeitversetzten Online-Rezeption von Fernsehinhalten zu dem von der KEK hier ermittelten Zuschaueranteil, liege dieser im Falle der Sendergruppe der Klägerin auch in den Monaten, in denen der Zuschaueranteil von 19 v.H. unterschritten worden sei, jedenfalls über 19 v.H.

88

Die Beigeladene zu 1) stellt keinen Antrag.

89

Sie führt zur Sache aus, die vom Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung im Eilverfahren angestellten Erwägungen seien auch für das Hauptsacheverfahren valide. Keiner der von der Klägerin vorgebrachten Gründe bezüglich der angeblichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Zulassungsbescheides beträfen sie, die Beigeladene zu 1), oder seien gar von ihr zu vertreten. Vielmehr sei sie in allen „Runden" stets im Einvernehmen zwischen Klägerin und Beklagter ausgewählt worden. Das Interesse an der von der Beklagten gewählten pragmatischen Lösung zur Stärkung der Meinungsvielfalt im Programm der Klägerin überwiege insgesamt.

90

Die Beigeladenen zu 2) und 3) stellen ebenfalls keine Anträge und haben sich zur Sache nicht geäußert.

91

Die Klägerin hat zu dem von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag noch ausgeführt, dabei handele es sich um einen unzulässigen und untauglichen Ausforschungsantrag, der im Übrigen auf Basis der von der Beklagten herangezogenen Anhaltspunkte vielmehr für das Gegenteil dessen streite, was bewiesen werden solle.

92

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die beigezogenen Gerichtsakten 5 L 312/17.NW, 5 L 753/13.NW, 5 L 694/13.NW, 5 K 695/13.NW, 5 K 749/13.NW und 5 K 752/13.NW verwiesen. Deren Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2018.

Entscheidungsgründe

93

Die Klage bleibt erfolglos. Soweit sich die Klägerin gegen die Ziffern I und II. des Zulassungsbescheids vom 13. Februar 2017 wendet, mit denen die Beklagte die Beigeladenen als Veranstalter eines privaten Fernsehprogramms zum Programm der Klägerin in Form eines so genannten Fensterprogramms ("Drittsendezeiten") zugelassen und zugleich die Zulassung der Klägerin beschränkt hat, ist die Klage zulässig (I.), in der Sache aber unbegründet (II.). In Bezug auf die in Ziffer III. des genannten Bescheids verfügte Ablehnung der darin aufgeführten Bewerber ist die Klage bereits unzulässig (III.).

94

I. Die Klage gegen die Ziffern I. und II. des Bescheids vom 13. Februar 2017 ist zulässig.

95

Als materiell-rechtliche Rechtsposition der Klägerin kommt vorliegend die aufgrund der Zulassung gemäß § 20 Abs. 1 RStV verliehene Befugnis in Betracht, das private Fernsehprogramm Sat.1 zu veranstalten und inhaltlich zu gestalten. Dieses Recht wird durch die Vergabe der Sendezeiten an die Beigeladenen gemäß § 26 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 31 RStV teilweise eingeschränkt. Hiervon ausgehend kann die Klägerin, der die Zulassung für die Veranstaltung des privaten Fernsehprogramms mit Zulassung der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz vom 26. August 2008 erteilt worden war, geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein.

96

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die genannten Ziffern sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –).

97

1. Zunächst sind die Ziffern I. und II. des streitgegenständlichen Bescheids in formeller Hinsicht rechtmäßig. Dazu hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, in den Randnummern 60 – 71 ausführlich Stellung bezogen. Die erkennende Kammer macht sich dessen Ausführungen zu eigen, zumal die Klägerin im Klageverfahren nichts vorgetragen hat, was eine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen könnte.

98

2. Nach Auffassung der Kammer ist die Ziffer I. des Bescheids vom 13. Februar 2017 materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

99

2.1. Rechtsgrundlage für die der Klägerin in der Zulassungsentscheidung der Beklagten vom 13. Februar 2017 aufgegebenen Verpflichtung zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte sind die Vorschriften des § 26 Abs. 5 und § 31 Abs. 6 Satz 1 des Rundfunkstaatsvertrags vom 31. August 1991 (GVBl. 1991 S. 369) in der zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheides anwendbaren Fassung des 18. Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 9. September 2015 (GVBl. 2015 S. 410).

100

Nach § 26 Abs. 5 Satz 1 RStV hat ein Veranstalter mit einem Vollprogramm oder einem Spartenprogramm mit Schwerpunkt Information, der im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von 10 v.H. erreicht, binnen sechs Monaten nach Feststellung und Mitteilung durch die zuständige Landesmedienanstalt Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe von § 31 einzuräumen. Erreicht ein Unternehmen mit ihm zurechenbaren Programmen im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von 20 v.H., ohne dass eines der Vollprogramme oder Spartenprogramme mit Schwerpunkt Information einen Zuschaueranteil von 10 v.H. erreicht, trifft die Verpflichtung nach Satz 1 gemäß § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV den Veranstalter des dem Unternehmen zurechenbaren Programms mit dem höchsten Zuschaueranteil. Gemäß § 31 Abs. 6 Satz 1 RStV ist auf der Grundlage einer Vereinbarung zu angemessenen Bedingungen nach Absatz 5 dem Fensterprogrammveranstalter durch die zuständige Landesmedienanstalt die Zulassung zur Veranstaltung des Fensterprogramms zu erteilen.

101

2.2. Die in § 26 Abs. 5 RStV geregelte Verpflichtung der Veranstalter von Fernsehvollprogrammen, bei einem Erreichen von näher bestimmten Zuschaueranteilen binnen sechs Monaten nach Feststellung und Mitteilung durch die zuständige Landesmedienanstalt Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe von § 31 RStV einzuräumen, ist Bestandteil und Ausfluss der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV. Die Rundfunkfreiheit ist eine dienende Freiheit. Sie dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung, und zwar in einem umfassenden, nicht auf bloße Berichterstattung oder die Vermittlung politischer Meinungen beschränkten Sinn (BVerfG, Urteil vom 5. Februar 1991 – 1 BvF 1/85 –, NJW 1991, 899). Aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Rundfunkfreiheit folgt nicht nur ein Abwehrrecht des Rundfunkveranstalters, sondern zugleich die Pflicht des Gesetzgebers zu deren gesetzlicher Ausgestaltung. Die §§ 26 Abs.5, 31 RStV treffen mit der Verpflichtung des Hauptprogrammveranstalters, bei Erreichen eines bestimmten Marktanteils Sendezeit für unabhängige Dritte einzuräumen, einfachrechtliche Maßnahmen zur Gewährleistung der Meinungsvielfalt. Die Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV eröffnen insoweit ein dreifaches Spannungsfeld, als die Rundfunkfreiheit sowohl in ihrer objektiv-rechtlichen Ausprägung zugunsten aufsichtsrechtlicher Maßnahmen als auch subjektiv-rechtlich (zugunsten des Hauptprogramm- und des überregionalen Fensterprogrammveranstalters) streitet bzw. streiten kann. Diese einander widerstreitenden verfassungsrechtlichen Positionen sind nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz schon auf der Ebene des einfachen Rechts einander so zuzuordnen und dergestalt zum Ausgleich zu bringen, dass sie jeweils möglichst weitgehend wirksam werden. Der Klägerin steht daher das Recht auf freie und ungeschmälerte Ausübung der wirtschaftlichen Betätigung als Veranstalterin eines privaten Fernsehvollprogramms nur insoweit zu, wie die Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages das Grundrecht der Rundfunkfreiheit gestalten. Neben den privaten Rundfunkveranstaltern können sich nämlich auch die ausgewählten Fensterprogrammveranstalter in dem ihnen durch eine Vergabeentscheidung eingeräumten Umfang ebenfalls auf die Rundfunkfreiheit berufen (s. ausführlich zu dem Ganzen OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 79 – 86).

102

Voraussetzung für eine verfassungsrechtlich in zulässiger Weise erfolgende Einschränkung des Rechts der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin im Sinne der Gewährleistung einer „objektiven Rundfunkfreiheit“ ist, dass die für die rundfunkrechtlichen Zulassungen zuständige Aufsichtsbehörde – hier die Beklagte – die verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben im Anwendungsfall in jedem einzelnen Fall vollständig beachtet. Dies war hier nach Ansicht der Kammer der Fall.

103

Über die Zulassung zu Fensterprogrammen im privaten Fernsehen wird in einem aufwändigen mehrstufigen Verfahren entschieden. Um feststellen zu können, ob ein Hauptprogrammveranstalter überhaupt zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte verpflichtet ist, ermittelt die zuständige Landesmedienanstalt zunächst durch die KEK den Zuschaueranteil der jeweiligen Programme unter Einbeziehung aller deutschsprachigen Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks (§ 27 Abs. 1 Satz 1 RStV). Im Falle der Verpflichtung zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte schreibt die zuständige Landesmedienanstalt nach Erörterung mit dem Hauptprogrammveranstalter das Fensterprogramm zur Erteilung einer Zulassung aus (§ 31 Abs. 4 Satz 1 RStV). Nach Ende der Ausschreibungsfrist prüft die zuständige Landesmedienanstalt gemäß § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV die eingegangenen Zulassungsanträge auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages sowie den sonstigen landesrechtlichen Bestimmungen. Sie erörtert die Anträge sodann mit dem Hauptprogrammveranstalter mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen (§ 31 Abs. 4 Satz 3 RStV). Auswahl- und Zulassungsentscheidung haben jeweils im Benehmen mit der KEK zu erfolgen (§ 31 Abs. 4 Satz 3 RStV). Das Zulassungsverfahren endet dann mit der Bekanntgabe der Zulassungsentscheidung an den Ausgewählten (§ 31 Abs. 6 Satz 1 RStV).

104

2.3. Die Voraussetzungen der §§ 26 Abs. 5, § 31 Abs. 6 Satz 1 RStV sind nach Ansicht der Kammer gegeben. Das Vergabeverfahren wurde von der Beklagten im Oktober 2015 wirksam eingeleitet (2.3.1.). Die Beklagte hat den Einleitungszeitpunkt nicht ermessensfehlerhaft festgelegt (2.3.2.). Der mit Beschluss der KEK in den Sitzungen vom 10. und 27. November 2015 ermittelte Marktanteil der Sendergruppe der Klägerin (ProSiebenSat.1) wurde zutreffend mit einem Zuschaueranteil von über 20 v.H. aller deutschsprachigen Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks festgestellt (2.3.3.). Die KEK und die Beklagte haben ferner korrekt den Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 zugrunde gelegt (2.3.4.). Auch erforderte der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht die Einstellung des Drittsendezeitenverfahrens im Hinblick auf das nachträgliche Absinken der Zuschaueranteile der Sendergruppe der Klägerin (2.3.5.). Durch die Einräumung von Drittsendezeiten wird die Klägerin schließlich nicht in ihren grundrechtlich geschützten Interessen aus Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG (jeweils i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) verletzt (2.3.6.)

105

2.3.1. Die Beklagte leitete das Verfahren auf Einräumung von Drittsendezeiten am 19. Oktober 2015 rechtswirksam ein.

106

2.3.1.1. Für die Feststellung, ob die in § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 RStV genannten Schwellenwerte von einem einzelnen Programm oder von den einem Unternehmen insgesamt zurechenbaren Programmen erreicht werden, sind gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 RStV der Zuschaueranteil der jeweiligen Programme unter Einbeziehung aller deutschsprachigen Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks zu ermitteln. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV ist für Entscheidungen der bei Einleitung des Verfahrens im Durchschnitt der letzten zwölf Monate erreichte Zuschaueranteil der einzubeziehenden Programme maßgeblich. Diese Regelung findet auf die Vergabe von Drittsendezeiten gemäß § 31 RStV Anwendung, und zwar auch dann, wenn es nicht um deren erstmalige, sondern – wie hier – um deren wiederholte Ausschreibung geht (s. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. September 2014 – 2 B 10327/14 –, juris Rn. 30 - 33).

107

2.3.1.2. Die Kammer teilt die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 88 – 102, wonach die wirksame Einleitung des Vergabeverfahrens am 19. Oktober 2015 mit der schriftlichen Aufforderung der Verwaltung der Beklagten an die KEK, die nach § 27 Abs. 1 RStV maßgeblichen Zuschaueranteile festzustellen, erfolgt ist. Weder ist auf einen Zeitpunkt davor noch auf einen Zeitpunkt danach abzustellen.

108

Zwar informierte die Beklagte die KEK bereits mit Schreiben vom 19. August 2015 darüber, dass nach den ihr vorliegenden Unterlagen die ProSiebenSat.1 Media SE mit den ihr zuzurechnenden Programmen im Zeitraum August 2014 bis Juli 2015 einen Zuschaueranteil von 20 v.H. überschritten habe. Sowohl im Hinblick auf den gegenwärtigen Verfahrensstand als auch im Hinblick auf ein mögliches neues Drittsendezeitenverfahren sei eine Feststellung der Zuschaueranteile erforderlich. Deshalb werde die KEK um entsprechende Feststellung gebeten. Dieses Schreiben fasste die KEK jedoch noch nicht als Antrag auf die Einleitung eines neuen Drittsendezeitenverfahrens auf und bat die Beklagte um Klarstellung, die zunächst ausblieb. Erst mit Schreiben vom 19. Oktober 2015 erbat die Beklagte bei der KEK eindeutig und ausschließlich die Feststellung der Zuschaueranteile im Zusammenhang mit einer Neuausschreibung von Drittsendezeiten für fünf Jahre. Dies stellte gegenüber der KEK die Verfahrenseinleitung im Sinne der §§ 26 Abs. 5, 27 RStV dar.

109

2.3.1.3. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist nicht auf einen späteren Zeitpunkt abzustellen.

110

Der Zwölfmonatszeitraum berechnet sich für jedes Verfahren einzeln jeweils bis zu dem Zeitpunkt, zu dem das konkrete Verfahren eingeleitet wurde (Trute in: Binder/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 4. Auflage 2018, § 27 RStV Rn. 18). Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 88 seine Auffassung, wonach für die Bestimmung des Zeitpunktes der Einleitung des Verfahrens auf die Anfrage der Beklagten bei der KEK auf Ermittlung der Zuschaueranteile am 19. Oktober 2015 als verfahrenseinleitendes Element abzustellen sei, damit begründet, nur dieser Zeitpunkt sei nach dem eindeutigen und keiner anderen Auslegung zugänglichen Wortlaut der hierfür allein heranziehbaren Regelung des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV maßgeblich. Weder komme es auf die spätere Beschlussfassung der Versammlung, noch auf den Zeitpunkt der Ausschreibung im Staatsanzeiger noch auf die Bekanntgabe der Drittsendezeitzulassungen an die Beteiligten noch auf sonstige spätere Zeitpunkte an. Denn bei den nachfolgenden Zeitpunkten handele es sich um (weitere) Handlungen innerhalb des – dann aber bereits eingeleiteten – Vergabeverfahrens. Insbesondere ein Abstellen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 13. Februar 2017 sei weder mit dem Wortlaut noch mit Sinn und Zweck der zu berücksichtigenden rundfunkrechtlichen Regelungen vereinbar.

111

Die Klägerin wendet hiergegen ein, die diesbezüglichen Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz seien rechtsfehlerhaft. Der Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV könne nicht einseitig zu Lasten des Hauptprogrammveranstalters ausgelegt werden. Da die Formulierung „Einleitung“ offen genug sei, auch das noch laufende Verfahren in die Betrachtung mit einzubeziehen und mit dem Begriff „Einleitung des Verfahrens“ die gesamte Verfahrensdauer unter Einschluss des Verfahrensabschlusses zu verstehen sei, seien andere Auslegungsmethoden heranzuziehen. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit sei eine verfassungskonforme Auslegung von § 27 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §§ 26 Abs. 5, 31 RStV dahingehend geboten, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einräumung von Drittsendezeiten auch noch zu dem Zeitpunkt vorliegen müssten, zu dem die Beklagte ihre abschließende und außenwirksame (Bescheid-)Entscheidung treffe.

112

Diese Ansicht teilt die Kammer nicht. Zwar werden zu der Frage, welcher Zeitpunkt zur Bestimmung der verfahrenseinleitenden Maßnahme im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV maßgeblich ist, in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Auffassungen vertreten. Ebenso wie das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz stellen Trute (in: Binder/Vesting, a.a.O., § 27 RStV Rn. 18) und Dörr/Petri in: Hartstein/Ring/Kreile/Stettner/Cole/Wagner, Rundfunkstaatsvertrag Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Stand April 2017, § 27 RStV Rn. 11) auf die Anfrage der zuständigen Landesmedienanstalt bei der KEK auf Ermittlung der Zuschaueranteile als verfahrenseinleitendes Element ab. Dagegen nimmt das Verwaltungsgericht Hannover (s. Beschluss vom 29. September 2008 – 7 B 3575/08 –, ZUM-RD 2008, 633) an, das Verfahren beginne mit der Erörterung der Ausschreibung zwischen Hauptprogrammveranstalter und Zulassungsbehörde. Ferner vertritt Müller-Terpitz (s. BeckOK Informations- und Medienrecht, Gersdorf/Paal, Stand Mai 2018, § 27 RStV Rn. 16) die Meinung, die Formulierung „Einleitung des Verfahrens“ sei – was mit dem Wortlaut noch zu vereinbaren sein dürfte – in verfassungskonformer Weise weit zu interpretieren und deshalb auch auf den Zeitraum bis zum Erlass der das Verfahren abschließenden Entscheidung zu beziehen.

113

Die angerufene Kammer folgt der zuerst dargestellten Rechtsauffassung. Nach dem klaren Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV sind für die Einleitung des Vergabeverfahrens die Zuschaueranteile „bei Einleitung“ und nicht bei Abschluss des Verfahrens, d.h. bei Erlass des Verwaltungsakts, maßgebend. Für die Frage, wann ein Vergabeverfahren eingeleitet wird, ist aber schon im Interesse der Rechtsklarheit auf den Zeitpunkt des von der Landesmedienanstalt erstmals „nach außen“ dokumentierten Willens, die konzentrationsrechtliche Maßnahme der Drittsendezeiten mit der Beauftragung zur Feststellung der Zuschaueranteile einzuleiten, abzustellen (so zutreffend OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 90).

114

Soweit die Klägerin darüber hinaus beanstandet, das Schreiben vom 19. Oktober 2015 an die KEK stelle auch deshalb keine wirksame Einleitung des Drittsendezeitenverfahrens dar, weil die Beklagte in dem genannten Schreiben eine Neuausschreibung nur als „naheliegend“ bezeichnet und unter den entsprechenden Vorbehalt der Entscheidung der Gremien gestellt habe, kann sie damit nicht gehört werden. Die Beklagte wies in dem Schreiben vom 19. Oktober 2015 die KEK unmissverständlich darauf hin, dass die Feststellung des Zuschaueranteils der ProSiebenSat.1 Media SE unabdingbar sei und bat um entsprechende Feststellung im Rahmen der gesetzlich auferlegten Organfunktion der KEK. Durch die gewählte Formulierung, dass die Neuausschreibung „naheliegend“ sei, brachte die Beklagte nur zum Ausdruck, dass sie intern nicht abschließend geklärt habe, ob eine Fortführung des damals noch anhängigen Verfahrens oder eine Neuausschreibung erfolgen solle. Diese Vorgehensweise war ersichtlich der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden atypischen Situation geschuldet, ohne dass sich hieraus eine Veränderung hinsichtlich der verfahrenseinleitenden Handlung ergab.

115

Im Übrigen änderte sich für die den Zuschaueranteil ermittelnde KEK an ihrem Feststellungsauftrag und damit zugleich an der nach „außen“ rechtswirksamen Verfahrenseinleitung durch einen Vorbehalt der Landesmedienanstalt, die insofern immer auch weitere Voraussetzungen bei der Vergabe von Drittsendezeiten zu beachten hat, nichts. Der Gefahr einer nur punktuellen Bestimmung der maßgeblichen Zuschaueranteile wird im Interesse der Hauptprogrammveranstalter durch den Jahreszeitraum, innerhalb dessen die durchschnittlichen Schwellenwerte erreicht werden müssen, entgegengewirkt (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – B 11451/17.OVG –, juris Rn. 92).

116

2.3.2. Auch hat die Beklagte den Einleitungszeitpunkt nicht ermessensfehlerhaft festgelegt (s. dazu ausführlich OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris Rn. 93 - 102). Im Einleitungszeitpunkt im Oktober 2015 bestand aufgrund der vorangegangenen Eilbeschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2014 und 8. September 2014 sowie des anschließenden Verhaltens der Klägerin, die überregionalen Fensterprogramme in ihrem Fernsehvollprogramm sofort einzustellen, eine atypische Situation bei der Feststellung der Verpflichtung der Ausschreibung und Zulassung von Sendezeiten für unabhängige Dritte. Es war verfassungsrechtlich geboten, den ab September 2014 eingetretenen rundfunkstaatsvertragswidrigen Zustand so schnell und rechtssicher wie möglich zu beenden. Diesen Anforderungen entsprechend übte die Beklagte nach Ergehen der Eilbeschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2014 und 8. September 2014 das ihr zustehende Ermessen zur zeitnahen Behebung des seit der Einstellung der überregionalen Fensterprogramme durch die Klägerin verfassungsrechtlich nicht zulässigen Zustands rundfunkstaatsvertragskonform aus.

117

2.3.3. Die Beklagte hat den mit Beschluss der KEK in den Sitzungen vom 10. und 27. November 2015 ermittelten Marktanteil der Sendergruppe der Klägerin zutreffend mit einem Zuschaueranteil von über 20 v.H. aller deutschsprachigen Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks festgestellt.

118

2.3.3.1. Die von der KEK zugrunde gelegte Berechnungsmethode ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu beanstanden. Maßgeblich ist nach § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV der im Durchschnitt der letzten zwölf Monate erreichte Zuschaueranteil der für die Hauptprogrammveranstalterin einzubeziehenden Programme. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat den „Durchschnitt“ in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 104 ebenso wie die KEK in ihrer Stellungnahme vom 15. Mai 2017 aus dem Quotienten der Summe der monatlichen Zuschaueranteile und der Anzahl der einzubeziehenden (zwölf) Monate gebildet und damit die arithmetische Berechnungsmethode angewandt.

119

Die Klägerin wendet dagegen ein, dem Wortlaut von § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV sei nicht zu entnehmen, welche Art der Durchschnittsberechnung gemeint sei. Daher sei auf andere Auslegungsmethoden zurückzugreifen. Dies führe dazu, dass allein die gewichtete Berechnungsmethode methodisch sachgerecht sei und gerade dem aktuellen Stand der quantitativen Medienforschung entspreche, was auch nach der Systematik des Rundfunkstaatsvertrags zu beachten sei. Danach lägen die Zuschaueranteile im maßgeblichen Zeitraum aber unter 20 v.H.

120

Dem folgt die Kammer nicht. Zwar enthält der Rundfunkstaatsvertrag keine Bestimmung des Rechtsbegriffs „Durchschnitt“. Die Klägerin weist auch zutreffend darauf hin, dass der Durchschnitt zunächst nur der „aus mehreren vergleichbaren Größen errechnete Mittelwert in Bezug auf Quantität oder Qualität“ ist (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/Durchschnitt) und es neben dem „einfachen oder arithmetischen“ Durchschnitt auch den „gewichteten“ Durchschnitt“ gibt.

121

Ein Rechtsbegriff kann sowohl eine juristisch-technische Bedeutung als auch eine hiervon verschiedene Bedeutung nach allgemeinem Sprachgebrauch aufweisen. Die Auslegung eines bestimmten Rechtsbegriffs hat, ausgehend von der Wortbedeutung (sprachlich-grammatikalische Auslegung) unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs, in dem sie steht (systematische Auslegung), den objektiven Sinngehalt des Gesetzes zu erforschen (Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Auflage 2015, Einleitung vor § 1 Rn. 40 ff.), wobei der mit der Regelung verfolgte innere Zweck, die ratio legis, zu ermitteln ist (teleologische Auslegung). Dies kann dazu führen, dass ein bestimmter Rechtsbegriff, der in mehreren Gesetzen verwendet wird, vom Gesetzgeber nicht einheitlich verwandt wird.

122

Hiernach versteht die Kammer wie die KEK und das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz den Begriff „Durchschnitt“ im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV als Quotient der Summe der monatlichen gewichteten Marktanteilsdaten für das Programm Sat.1 sowie der ProSiebenSat.1 Media SE zurechenbaren Programme und der Anzahl der einzubeziehenden zwölf Monate im Zeitraum Oktober 2014 bis September 2015. Da es im Rundfunkstaatsvertrag für den Begriff „Durchschnitt“ keine Legaldefinition gibt und ihm auch keine technisch-juristische Bedeutung zukommt, stellt die Kammer im Rahmen der grammatikalischen Auslegung auf den allgemeinen Sprachgebrauch ab. Danach wird der Durchschnitt als „einfacher“ Durchschnitt, also als Mittelwert aus mehreren vergleichbaren Größen und nicht als „gewichteter“ Durchschnitt“ verstanden. Auch zeigt ein Vergleich mit anderen Vorschriften, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck bringt, wenn ein vom allgemeinen Sprachverständnis abweichender Durchschnittsbegriff maßgebend sein soll. So spricht z.B. § 93 Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG – vom „wahrscheinlichkeitsgewichteten Durchschnitt künftiger Zahlungsströme“ und § 10 der Dreizehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – 13. BImSchV – vom „gewichteten Durchschnittswert“. Die Kammer wendet daher zur Bestimmung des Durchschnitts im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV die arithmetische Berechnungsmethode an mit der Folge, dass sich ein relevanter Zuschaueranteil von 20,04167297812 v.H. für die Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE im maßgebenden Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 ergibt. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz weist in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG – im Übrigen zu Recht darauf hin, dass die Klägerin gerade keinen Durchschnitt bildet, sondern die Ergebnisse für alle Monate des Referenzzeitraums aus der Rechnung „Marktanteil (AGF) des Programms“ mal „Sehdauer des Programms im Monat“ geteilt durch die Summe aller monatlichen Sehdauern des Programms im Referenzzeitraum addiert. Eine derartige Berechnungsmethode, die entgegen den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages unterschiedliche Sehgewohnheiten der Zuschauer von Fernsehprogrammen einbezieht, lässt sich aber weder mit dem Wortlaut noch mit der Systematik des Rundfunkstaatsvertrages in Einklang bringen.

123

2.3.3.2. Soweit die Klägerin ferner die Auffassung vertritt, bei der Berechnung der Zuschaueranteile der Sendergruppe seien entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris Rn. 108 - 114 die im Hauptprogramm aufgenommenen Regionalfensterprogramme im Referenzzeitraum herauszurechnen mit der Folge, dass dann „nur“ noch von einem relevanten Zuschaueranteil von 19,969453565424 v.H. auszugehen sei, braucht die Kammer diese Rechtsfrage hier nicht zu entscheiden. Denn nach der vorliegend zugrunde gelegten arithmetischen Berechnungsmethode ergibt sich für den Relevanzzeitraum ohne sämtliche Regionalfensterprogramme ein Zuschaueranteil von 20,007360713561 v.H.. Der Zuschaueranteil überschreitet den Schwellenwert von 20 v.H. im Übrigen auch dann, wenn man mit der Klägerin (s. Seite 27 des Schriftsatzes vom 6. Oktober 2017 in dem Verfahren 2 B 11451/17.OVG) die Anteile in Bezug auf das Angebot des Senders „wetter.com“ außen vor lässt. Denn die messbaren Zuschaueranteilsdaten bewegen sich unterhalb des Promille-Bereichs und führen selbst bei einem Abzug nicht zu einem Wert von unter 20 v.H..

124

2.3.4. Die KEK und die Beklagte haben ferner zutreffend den Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 zugrunde gelegt. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat hierzu in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG – in den Rn. 120 - 133 Folgendes ausgeführt:

125

„...Vor allem musste die Antragsgegnerin (hier: die Beklagte) – entgegen der Auffassung der Antragstellerin (hier: die Klägerin) – nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens vor dem Senat betreffend die „2. Runde“ der Drittsendezeitvergabe (2 A 10734/15.OVG) zuwarten. Dies hätte nämlich zu einer nicht hinnehmbaren Perpetuierung des verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich nicht zulässigen Zustandes geführt, der eingetreten war, nachdem die Antragstellerin unmittelbar nach Zustellung der am 23. Juli und 8. September 2014 ergangenen Eilentscheidungen des Senats die weitere Ausstrahlung der überregionalen Fensterprogramme einstellte. Da der Senat in den vorgenannten Beschlüssen aber die Verpflichtung der Antragstellerin zur Ausstrahlung von Sendezeiten für unabhängige Dritte klar und eindeutig festgestellt hatte, besteht seit Mitte September 2014 ein verfassungs- und rundfunkstaatsvertragswidriger Zustand, der bis heute andauert. Zur Behebung dieses, mit dem gesetzgeberischen Zweck der Drittsendezeiten, auch im privaten Rundfunk Meinungsvielfalt zu gewährleisten, nicht zu vereinbarenden Zustandes war die Antragsgegnerin nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, das Verfahren zur Vergabe der Zulassungen für die überregionalen Fensterprogramme im Hauptprogramm von SAT.1 so schnell wie möglich neu einzuleiten.

126

Die Berechtigung der Antragsgegnerin, das Verfahren zur Vergabe der Drittsendezeitlizenzen schon vor dem rechtskräftigen Abschluss des – zum Zeitpunkt der Einleitung des neuen Zulassungsverfahrens im Oktober 2015 noch weit mehr als ein Jahr laufenden – Berufungsverfahrens einzuleiten, folgt darüber hinaus nicht nur allein aus den Vorgaben von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV und §§ 25, 26 und 31 RStV, sondern vor allem aus dem Vorliegen der atypischen Ausgangslage, den die Antragsgegnerin durch die Einstellung der Ausstrahlung von Sendezeiten für unabhängige Dritte trotz der vom Senat festgestellten Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten berücksichtigen durfte.

127

In dieser besonderen Verfahrenssituation standen der Antragsgegnerin in tatsächlicher Hinsicht nur drei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Sie hätte – erstens – den verfassungs- und rundfunkstaatsvertragswidrigen Zustand so belassen können wie er war. Diese Möglichkeit wäre zwar mit den seit dem Jahr 2013 erkennbaren Interessen der Antragstellerin, von der Verpflichtung zur Ausstrahlung von Fensterprogrammen unmittelbar und vollständig freigestellt zu werden, kompatibel gewesen. Mit den gesetzlichen Vorgaben ist diese Option allerdings nicht zu vereinbaren.

128

Die Antragsgegnerin hätte – zweitens – die Drittsendezeitlizenzen für den verbleibenden Zeitraum bis zum 31. März 2018 neu ausschreiben und sodann die Fensterprogrammzulassungen für den sich dann nur noch ergebenden Restzeitraum vergeben können. Diese Option wäre aber gleichfalls nicht zielführend gewesen. Denn dies hätte in Anbetracht der bereits im Oktober 2015 absehbaren Dauer des Rechtsmittelverfahrens der Beigeladenen zu 1) – auf das die Antragsgegnerin keinerlei Einfluss hatte – zu demselben Ergebnis geführt: Wegen des als sicher anzusehenden Rechtsmittels gegen eine (wie auch immer ausgefallene) Entscheidung des Senats hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Gerichtsverfahren in allen Instanzen nicht vor dem 31. März 2018 abgeschlossen werden können. Auch diese Möglichkeit wäre daher zwar mit den Interessen der Antragstellerin, nicht aber mit den Vorgaben von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV und §§ 25, 26 und 31 RStV vereinbar gewesen.

129

Um den nach der Einstellung der Ausstrahlung überregionaler Fensterprogramme im September 2014 eingetretenen verfassungs- und rundfunkstaatsvertragswidrigen Zustand zeitnah und rechtssicher zu beenden, war demzufolge eine vollständige Neuausschreibung für einen neu beginnenden Lizenzzeitraum von vollen fünf Jahren naheliegend.

130

Dieser Option stand nicht entgegen, dass – wie die Antragstellerin und ihr folgend das Verwaltungsgericht meinen – bei einem Erfolg des Rechtsmittels der Beigeladenen zu 1) in Bezug auf ihre zu dem Zeitpunkt noch existente (wenn auch durch die Antragstellerin angefochtene) Zulassung für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2018 zwei sich überschneidende Rundfunkzulassungen, und dies auch noch in Bezug auf verschieden gestaltete Sendezeitschienen, entstanden wären. Eine derartige Rechtsfolge konnte nämlich schon deshalb nicht eintreten, weil die Ausschreibung und Vergabe der überregionalen Fensterprogramme von Beginn an unter der auflösenden Bedingung eines Erfolges des Rechtsmittels der Beigeladenen zu 1) in dem Berufungsverfahren stand und sich sämtliche Bewerber mit der von der Antragsgegnerin hierfür in die Ausschreibung aufgenommenen Widerrufsoption einverstanden erklärt hatten.

131

Die von der Antragsgegnerin in die Ausschreibung aufgenommene Widerrufsoption konnte entgegen der Auffassung der Antragstellerin und des Verwaltungsgerichts auch „funktionieren“. Denn ausweislich des Ausschreibungstextes war in jedem Fall gewährleistet, dass selbst bei einem Neuzuschnitt der Sendezeitschienen (der im Übrigen ausschließlich den während des Ausschreibungsverfahrens von der Antragstellerin geforderten geänderten Vorgaben geschuldet ist) eine Überschneidung der verschiedenen Zeitanteile erst gar nicht eintreten konnte. Dies folgt aus dem in der Ausschreibung aufgenommenen und von allen Bewerbern akzeptierten Vorbehalt, nach dem die Zulassungsentscheidungen wegen des zum Zeitpunkt der Ausschreibung beim Senat noch anhängigen Berufungsverfahrens für die Zeit bis zum 31. Mai 2018 „ganz oder teilweise“ unter den Vorbehalt des zeitweiligen Widerrufs für den Fall der rechtskräftigen Bestätigung der früher erteilten Erlaubnisse gestellt wurden. Im Falle des Widerrufs wäre dann die ggf. aufgenommene Sendetätigkeit bis zum 31. Mai 2018 auch einzustellen gewesen. Mit dieser rechtlichen Konstruktion war gewährleistet, dass eine sich überschneidende Vergabe der Drittsendezeiten erst gar nicht eintreten konnte.

132

Wäre der Vorbehaltsfall eingetreten und hätte die Beigeladene zu 1) nach einem Erfolg ihrer Berufung ihre ursprüngliche Zulassung bis zum 31. Mai 2018 nutzen können, so wäre nach den nachvollziehbaren Angaben der Antragsgegnerin das Fensterprogramm über die auf diese Bewerberin entfallene ursprüngliche dritte und vierte Sendezeitschiene mit einem wöchentlichen Anteil vom 75 Minuten ausgestrahlt worden. Dann wäre zum einen der Widerrufsvorbehalt gegenüber dieser Bewerberin ausgeübt worden und die neue Zulassung für den Zeitraum bis zum 31. Mai 2018 widerrufen worden.

133

In unmittelbarer Konsequenz hätte die Antragsgegnerin vom Widerrufsvorbehalt Gebrauch machen und den zeitlichen Anteil der Beigeladenen zu 2) oder 3) um zehn Minuten wöchentlich kürzen können. Auch hiermit hatten sich diese Bewerberinnen ausdrücklich einverstanden erklärt. Ein Rechtsnachteil zu Lasten der Antragstellerin wurde durch die von der Antragsgegnerin gewählte Vorbehaltskonstruktion mithin unter allen denkbaren Gesichtspunkten verhindert.

134

Dies gilt auch im Hinblick auf den Vergabezeitraum. Die im Vorbehaltsfall wieder aufgelebte Zulassungsdauer zugunsten der Beigeladenen zu 1) wäre in dem hier zu betrachtenden Zulassungszeitraum vom 1. März 2017 bis 28. Februar 2022 durch den Vorbehaltsverzicht in die Zulassung bis zum 31. Mai 2018 sowie durch Kürzungen der erteilten Neuzulassungen vollständig integriert worden. Mit derartigen Kürzungen der Vergabezeiträume hatten sich wiederum alle Beigeladenen ausdrücklich einverstanden erklärt (vgl. hierzu im Einzelnen die Ausführungen im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 1. September 2017, S. 6).“

135

Diesen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen.

136

2.3.5. Der nach Einleitung des Verfahrens erfolgte Rückgang der Zuschaueranteile der Sendergruppe der Klägerin erforderte schließlich nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Einstellung des Verfahrens.

137

2.3.5.1. Wie oben ausgeführt, betrug der Zuschaueranteil im Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 nach der hier angewendeten arithmetischen Berechnungsweise 20,04167297812 v.H. für die Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE und lag damit über dem maßgeblichen Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV. Jedoch veränderte sich der Zuschaueranteil in den nachfolgenden Referenzzeiträumen bis zum Zeitpunkt des Ergehens des Zulassungsbescheids vom 13. Februar 2017 wie folgt:

138

20,031085976606 v.H.

November 2014 bis Oktober 2015

139

20,022620018808 v.H.

Dezember 2014 bis November 2015

140

20,032803733915 v.H.

Januar 2015 bis Dezember 2015

141

20,015479471064 v.H.

Februar 2015 bis Januar 2016

142

20,004098801854 v.H.

März 2015 bis Februar 2016

143

19,968402755132 v.H.

April 2015 bis März 2016

144

19,913758214199 v.H.

Mai 2015 bis April 2016

145

19,903432358392 v.H.

Juni 2015 bis Mai 2016

146

19,650787680209 v.H.

Juli 2015 bis Juni 2016

147

19,482626537024 v.H.

August 2015 bis Juli 2016

148

19,248428659493 v.H.

September 2015 bis August 2016

149

19,194187005772 v.H.

Oktober 2015 bis September 2016

150

19,135846449362 v.H.

November 2015 bis Oktober 2016

151

19,037254093958 v.H.

Dezember 2015 bis November 2016

152

18,977279227433 v.H.

Januar 2016 bis Dezember 2016

153

18,920525809131 v.H.

Februar 2016 bis Januar 2017

154

Nach Bekanntgabe des Zulassungsbescheids entwickelten sich die Zuschaueranteile in den folgenden Referenzperioden folgendermaßen:

155

18,800656063662 v.H.

März 2016 bis Februar 2017

156

18,663003318843 v.H.

April 2016 bis März 2017

157

18,541745183280 v.H.

Mai 2016 bis April 2017

158

18,392771124871 v.H.

Juni 2016 bis Mai 2017

159

18,433156959175 v.H.

Juli 2016 bis Juni 2017

160

18,321738756530 v.H.

August 2016 bis Juli 2017

161

18,262833891436 v.H.

September 2016 bis August 2017

162

18,111200616270 v.H.

Oktober 2016 bis September 2017

163

18,029129684808 v.H.

November 2016 bis Oktober 2017

164

17,960695152545 v.H.

Dezember 2016 bis November 2017

165

17,859564323979 v.H.

Januar 2017 bis Dezember 2017

166

17,761120559379 v.H.

Februar 2017 bis Januar 2018

167

17,634940355094 v.H.

März 2017 bis Februar 2018

168

17,632409020393 v.H.

April 2017 bis März 2018

169

17,658106381604 v.H.

Mai 2017 bis April 2018

170

17,726196298593 v.H.

Juni 2017 bis Mai 2018

171

Die gewichteten monatlichen Zuschaueranteile der Sendergruppe betrugen nach Einleitung des Verfahrens bis zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten wie folgt:

172

20,285628262718 v.H.

Oktober 2015

173

20,228218638419 v.H.

November 2015

174

19,469759702940 v.H.

Dezember 2015

175

18,338064317642 v.H.

Januar 2016

176

19,245565835180 v.H.

Februar 2016

177

19,660549819146 v.H.

März 2016

178

19,480364150173 v.H.

April 2016

179

19,879021289218 v.H.

Mai 2016

180

17,451423962554 v.H.

Juni 2016

181

18,612468040061 v.H.

Juli 2016

182

18,164625168102 v.H.

August 2016

183

19,514554883116 v.H.

September 2016

184

19,585541585791 v.H.

Oktober 2016

185

19,045110373570 v.H.

November 2016

186

18,750061304644 v.H.

Dezember 2016

187

17,657023298016 v.H.

Januar 2017

188

189

In der Folgezeit bis zur mündlichen Verhandlung lagen die monatlichen Zuschaueranteile stets unter 19 v.H., zuletzt im Mai 2018 bei 18,90811592175 v.H..

190

2.3.5.2. Die Rechtsfrage, ob, nachdem das Drittsendezeitenverfahren wirksam eingeleitet wurde, das anschließende Absinken der Zuschaueranteile unter den Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV im noch laufenden Verwaltungsverfahren zu berücksichtigen ist, ist bisher höchstrichterlich nicht entschieden worden. In der Literatur wird, soweit ersichtlich, übereinstimmend die Ansicht vertreten, dass neue Tendenzen in den Zuschauerzahlen nach Ablauf des Referenzzeitraums unter bestimmten Umständen zu beachten sind, wenn zwischen Verfahrenseinleitung und der Letztentscheidung ein längerer Zeitraum liegt (vgl. Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Auflage 2015, § 27 RStV Rn. 10; Müller-Terpitz in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 27 RStV Rn. 16; Flechsig/Müller in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 31 RStV Rn. 18 und 25a; Trute in: Binder/Vesting, a.a.O., § 27 RStV Rn. 19; Dörr/Petri in: Hartstein/Ring/Kreile/Stettner/Cole/Wagner, a.a.O., § 27 RStV Rn. 12). Zur Begründung wird ausgeführt, dies entspreche nicht nur der Ratio medienkonzentrationsrechtlicher Verfahren, für die Zukunft die Entstehung vorherrschender Meinungsmacht zu verhindern bzw. existente Meinungsmacht zu brechen. Zugleich werde hierdurch dem Gebot einer verfassungskonformen Handhabung des Gesetzes Rechnung getragen, da im Hinblick auf die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Programmautonomie einem Fernsehveranstalter keine vielfaltsbezogenen Maßnahmen nach § 26 Abs. 5 und § 31 RStV auferlegt werden dürften, wenn dessen Zuschaueranteil im laufenden Verfahren über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten hinweg so weit zurückgegangen sei, dass eine Entstehung bzw. Verfestigung vorherrschender Meinungsmacht nicht mehr zu besorgen sei. Nach Müller-Terpitz (in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 27 RStV Rn. 16) sind Veränderungen des Zuschaueranteils zu berücksichtigen, wenn der Zuschaueranteil „in rechtserheblicher Weise“ abgenommen hat. Dörr/Petri (in: Hartstein/Ring/Kreile/Stettner/Cole/Wagner, a.a.O., § 27 RStV Rn. 12) vertreten die Ansicht, ein nachträgliches Unterschreiten der Schwellenwerte könne allenfalls dann relevant werden, wenn es sich derart gravierend darstelle, dass die ursprüngliche Gefährdungslage – die Befürchtung des Entstehens vorherrschender Meinungsmacht – ersichtlich nicht mehr bestehe und ein alsbaldiges Wiedererstarken und abermaliges Erreichen der die vielfaltsichernden Maßnahmen auslösenden Schwellenwerte weitgehend ausgeschlossen werden könne.

191

Die angerufene Kammer führte zu der aufgezeigten Problematik in ihrem Beschluss vom 8. März 2014 im Verfahren 5 L 753/13.NW, an dem sowohl die Klägerin als auch die Beklagte beteiligt waren, aus, mit der Regelung des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV habe der Gesetzgeber materiell-rechtlich eine spezielle Regelung getroffen, die den allgemeinen Grundsätzen über die maßgebliche Sach- und Rechtslage bei behördlichen oder gerichtlichen Entscheidungen vorgehe. Dies habe zur Folge, dass der Zuschaueranteil im Zeitpunkt der eigentlichen Zulassungsentscheidung ebenso unerheblich sei wie der Zuschaueranteil zum Zeitpunkt einer späteren Gerichtsentscheidung.

192

Im gegen den Beschluss der Kammer vom 8. März 2014 – 5 L 753/13.NW –, juris, von der Klägerin angestrengten Beschwerdeverfahren stellte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 23. Juli 2014 – 2 B 10323/14.OVG –, juris, Rn. 41 klar, dass die Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten nicht bestehe, solange ein durchschnittlicher Zuschaueranteil von zehn bzw. 20 v.H. erreicht werde, sondern sie bestehe ungeachtet dessen für eine Dauer von fünf Jahren bereits dann, wenn diese Anteile zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht worden seien. Die Vergabe von Drittsendezeiten erfordere umfangreiche Vorkehrungen nicht nur der Landesmedienanstalt und des Hauptprogrammveranstalters, sondern insbesondere auch der (ausgewählten) Bewerber für die Drittsendezeiten, die im Falle ihrer Auswahl zur Durchführung der Sendezeiten verpflichtet seien. Ab einem bestimmten Zeitpunkt müsse damit die Pflicht zur Einräumung von Drittsendezeiten feststehen, und zwar unabhängig von künftigen Schwankungen der Zuschaueranteile. Hierfür spreche auch, dass § 26 Abs. 5 RStV zwar die Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten an das Überschreiten bestimmter Mindestzuschaueranteile knüpfe, sodann aber die Zulassung des Fensterprogrammveranstalters gemäß § 31 Abs. 6 Satz 4 RStV auf die Dauer von fünf Jahren zu erteilen sei. Diese bestehe damit unabhängig von der künftigen Entwicklung der Zuschaueranteile. Auch die Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV erzwängen keine Berücksichtigung veränderter Zuschaueranteile bis zum Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung. Diese Rechtsauffassung hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 8. September 2014 – 2 B 10327/14.OVG –, juris, bekräftigt.

193

Den dargestellten Standpunkt hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris Rn. 118 nunmehr dahingehend modifiziert, dass ein zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit beachtlicher Zuschauerrückgang dann zugrunde gelegt werden könne, wenn die Anteile so weit sänken, dass sie – erstens – stetig und eindeutig eine Tendenz unterhalb der Schwellenwerte aufzeigten und – zweitens – in jeder der nach der Verfahrenseinleitung ermittelten Durchschnittswerte erheblich unter den Schwellenwerten des § 26 Abs. 5 RStV lägen. Nur geringfügig unter dem Zwanzig-Prozent-Wert liegende Anteile im Umfang von nur einem Prozentpunkt oder gar geringer reichten hierfür nicht aus.

194

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz erkennt damit neuerdings ein nachträgliches Absinken der Zuschaueranteile unter den Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV unter strengen Voraussetzungen als berücksichtigungsfähig an. Trute versteht die neue Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts in seiner im Auftrag der Klägerin erstellten gutachterlichen Stellungnahme vom 26. Februar 2018 so, dass das Absinken der Zuschaueranteile nur dann beachtlich sein solle, wenn es nach der Verfahrenseinleitung für ein Jahr lang in jedem der Durchschnittswerte unter 19 v.H. liege. Das Gericht verlange damit 144 Monatswerte, die zusammengenommen jeweils in 12 aufeinanderfolgenden Jahresabschnitten unter 19 v.H. lägen. Dieser Fall könne – unterstellt in dem Jahreszeitraum zuvor sei eine Überschreitung von 20,04 v.H., wie in diesem Fall diskutiert – der Sache nach praktisch nicht eintreten. Lege man Jahresdurchschnittswerte zugrunde, dann müsste bei unterstellten 20,04 v.H. Zuschaueranteil der Wert im Monat nach dem Ermittlungszeitraum unter 8 v.H. liegen, um zu einem Jahresdurchschnittswert unterhalb von 19 v.H. zu kommen – eine gleichmäßige Verteilung auf die Vormonate unterstellt. Das ließe sich wohl nur mit der sofortigen Einstellung von mehreren Programmen erreichen. Damit werde deutlich, dass das Bekenntnis des Oberverwaltungsgerichts zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ohne Folgen bleiben müsse.

195

2.3.5.2. Es kann offenbleiben, ob die Aussagen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz so zu verstehen sind, wie Trute sie in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 26. Februar 2018 aufgefasst hat. Die erkennende Kammer greift jedenfalls unter Aufgabe ihrer im Beschluss vom 8. März 2014 – 5 L 753/13.NW – vertretenen Rechtsauffassung den von der Literatur und dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz ins Spiel gebrachten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf und hält nachträgliche Veränderungen in den Zuschauerzahlen nach Maßgabe der folgenden Erwägungen für beachtenswert.

196

a) Ausgangspunkt sind die Bestimmungen der §§ 26, 27 und 31 RStV. Diese setzen auf eine positive Vielfaltssicherung durch binnenplurale Elemente in Gestalt von Sendezeit für unabhängige Dritte. Damit soll sichergestellt werden, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in größtmöglicher Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. Das Bundesverfassungsgericht betont in ständiger Rechtsprechung, dass in Bezug auf Vielfaltsbeeinträchtigungen eine präventive Konzentrationskontrolle notwendig ist, weil eine nachträgliche Korrektur von Fehlentwicklungen gerade gegenüber konzentrierter Meinungsmacht in ihren Erfolgsaussichten stark gemindert wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 1996 – 1 BvR 748/93 –, NJW 1997, 1147 m.w.N.). Das Verfahrensziel der Vielfaltsicherung legitimiert daher das Drittsendezeitenverfahren nach den §§ 26 Abs. 5, 27 Abs. 1 und 31 RStV.

197

Die Vergabe von Drittsendezeiten verlangt umfangreiche Vorkehrungen der Landesmedienanstalt, des Hauptprogrammveranstalters und der ausgewählten Bewerber für die Drittsendezeiten, die im Falle ihrer Auswahl zur Durchführung der Sendezeiten verpflichtet sind. Damit die Fensterprogramme auch tatsächlich produziert und gesendet werden können, müssen die unabhängigen Drittsendezeitveranstalter genügend Planungssicherheit haben. Diese ist aber nur gewährleistet, wenn geringe Schwankungen im Zuschaueranteil unterhalb der Schwellenwerte nicht sofort zur Reaktion zwingen. Mit dem Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde zudem gerade der (relativ lange) Zulassungszeitraum von fünf Jahren ausdrücklich im Interesse der Planungssicherheit des unabhängigen Fensterprogrammveranstalters eingefügt (vgl. Flechsig/Müller, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 31 RStV Rn. 25; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 19. März 2010 – 10 ME 439/08 –, ZUM-RD 2010, 513). Mit der Einräumung von Drittsendezeiten wird der Hauptprogrammveranstalter, bezogen auf die Gesamtsendezeit, auch nur geringfügig in seiner Rundfunkveranstaltungsfreiheit einschränkt.

198

Die genannten Gründe rechtfertigen es, grundsätzlich an den Zuschaueranteilen festzuhalten, die zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens die Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 RStV zumindest erreicht wurden. Die Berücksichtigung neuer Tendenzen in den Zuschauerzahlen, die das nachträgliche Unterschreiten der Schwellenwerte zur Folge haben, muss daher auf gravierende Ausnahmekonstellationen begrenzt werden.

199

b) Ein solcher Ausnahmefall würde etwa das Ausscheiden eines quotenstarken Senders aus einer Sendergruppe darstellen. Wäre z.B. nach Einleitung des Verfahrens wegen Erreichens des Zwanzig-Prozent-Werts, aber noch vor der Entscheidung der Beklagten über die Zulassung von Fensterprogrammveranstaltern das Programm von ProSieben aus der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE, der die Klägerin angehört, ausgeschieden – in dem hier zugrunde gelegten Referenzzeitraum von November 2014 bis Oktober 2015 hatte ProSieben einen gewichteten Zuschaueranteil von 5,132614520081 v.H. –, so wäre der monatliche Zuschaueranteil der übrig gebliebenen Sendergruppe innerhalb eines Monats auf ca. 15 v.H. gesunken. In diesem Fall wäre es im Hinblick auf die Grundrechte des Hauptprogrammveranstalters nicht mehr gerechtfertigt, das zu Recht eingeleitete Verfahren zu einem Abschluss zu bringen. Vielmehr müsste das Verfahren wegen eines gravierenden Rückgangs der Zuschaueranteile der Sendergruppe eingestellt werden.

200

Dass diese nachträgliche Änderung nicht außer Acht gelassen werden kann, zeigt auch die folgende Überlegung: Hätte sich in dem angegebenen Beispiel ProSieben der Mediengruppe RTL Deutschland angeschlossen und diese wäre – fiktiv – wegen Unterschreitens des Schwellenwerts des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV in der Vergangenheit mit einem Wert von 19,5 v.H. noch nicht zur Einräumung von Drittsendezeiten verpflichtet gewesen, würde sich dies mit der Einbeziehung von ProSieben in die Mediengruppe RTL Deutschland – der Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV würde nunmehr überschritten – sofort ändern und die Beklagte würde gegenüber der Mediengruppe RTL Deutschland ein Drittsendezeiten-Verfahren einleiten, weil nunmehr die Gefahr von Vielfaltsbeeinträchtigungen von der Mediengruppe RTL Deutschland ausgehen würde.

201

c) Ebenso wie bei dem angegebenen Beispiel des „Sendergruppenwechsels“ müssen auch rechtserhebliche Rückgänge in den Zuschauerzahlen einer Sendergruppe nach Einleitung des Verfahrens durch die Landesmedienanstalt Beachtung finden.

202

Ob ein rechtserheblicher Rückgang der Zuschaueranteile im Laufe eines Drittsendezeitenverfahrens gegeben ist, hängt nach Auffassung der Kammer von mehreren Faktoren ab. Zunächst muss geklärt werden, welcher Zeitraum nach der Einleitung des Verfahrens in Bezug auf die Entwicklung der Zuschaueranteile in die Würdigung miteinzubeziehen ist (aa). Ferner ist die Frage zu beantworten, auf welchen Durchschnittswert die Zuschaueranteile gesunken sein müssen, damit von einem rechtserheblichen Rückgang gesprochen werden kann (bb). Schließlich ist zu beantworten, ob es auf die gewichteten Monatswerte oder auf die Jahreswerte in den jeweiligen Referenzperioden in dem maßgeblichen Zeitraum oder auf beide Werte ankommt (cc).

203

aa. Nach Ansicht der Kammer sind hier die Zuschaueranteile in dem gesamten Zeitraum zwischen Einleitung des Verfahrens und der Zulassungsentscheidung der Beklagten im Februar 2017 zu würdigen; dagegen bleibt der nachfolgende Zeitraum bis zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer außen vor.

204

Das Verwaltungsverfahren, das mit dem Antrag der Beklagten bei der KEK vom 19. Oktober 2015 seinen Anfang nahm, mit der Ausschreibung am 25. Januar 2016 fortgeführt wurde und mit dem Zulassungsbescheid vom 13. Februar 2017 seinen Abschluss fand, hat deutlich länger gedauert als dies nach der Intention des Gesetzgebers der Fall sein soll. § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV sieht vor, dass Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe von § 31 RStV binnen sechs Monaten nach Feststellung und Mitteilung durch die zuständige Landesmedienanstalt einzuräumen ist. Ein Zeitraum von sechs Monaten ist bei Drittsendezeitenverfahren jedoch in der Regel nicht einzuhalten (s. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris Rn. 119). Dies zeigt auch das vorliegende Verfahren, in dem der Beklagten nicht vorgeworfen werden kann, dass sie das Auswahlverfahren unter den 63 Bewerbern hätte schneller abschließen müssen. Aus den Verwaltungsakten ergeben sich aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin während des komplexen Zulassungsverfahrens nach § 31 RStV versucht hätte, dieses durch ein wenig konsensuales Verhalten mit den danach erforderlichen dialogischen Auseinandersetzungen und sonstigen Abstimmungen, etwa bei den nach erfolgter Auswahl mit den Bewerbern abzuschließenden Finanzierungsvereinbarungen, im Hinblick auf sinkende Zuschaueranteile in die Länge zu ziehen und sich damit eine für sie günstigere Rechtsposition zu verschaffen (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 119). Dementsprechend sind nach Auffassung der Kammer hier die Zuschaueranteile bis zur Zulassungsentscheidung der Beklagten im Februar 2017 auszuwerten.

205

Demgegenüber können die nachfolgenden Zuschauerzahlen bis zur mündlichen Verhandlung – in diesem Zeitraum schwankten die monatlichen Zuschaueranteile der Sendergruppe der Klägerin zwischen 16,292966438138 v.H. im Februar 2018 und 18,90811592175 v.H. im Mai 2018 und die Jahreswerte zwischen 17,632409020393 v.H. im Referenzzeitraum April 2017 bis März 2018 und 18,800656063662 v.H. in der Referenzperiode März 2016 bis Februar 2017 – keine Berücksichtigung finden. Zwar weist die Zulassung von Fensterprogrammveranstaltern, die für die Dauer von fünf Jahren erfolgt, Ähnlichkeiten mit einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung auf. Bei einem Dauerverwaltungsakt tritt seine Wirkung nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern während eines bestimmten Zeitraums ein. Er erschöpft sich folglich nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage wie der Momentverwaltungsakt, sondern begründet oder verändert ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand von ihm abhängiges Rechtsverhältnis (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 23. Februar 2018 – 11 LC 177/17 –, juris; Barczak, JuS 2018, 238, 243 m.w.N.). Daher müssen die Voraussetzungen für ihren Erlass während des gesamten Wirkungszeitraums vorliegen (Wolff in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Auflage 2014, § 113, Rn. 116 m.w.N.). Bei Dauerverwaltungsakten ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der materiellen Rechtmäßigkeit deshalb grundsätzlich der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 23. Februar 2018 – 11 LC 177/17 –, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. Mai 2015 – 19 A 2097/14 –, juris, Rn. 23 ff.).

206

Ein Abstellen auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der vorliegenden Konstellation wäre nach Ansicht der Kammer jedoch mit dem Sinn und Zweck des Drittsendezeitenverfahrens nicht zu vereinbaren. Wie oben ausgeführt, stellt § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV abweichend von den ansonsten geltenden Fallgruppen der Bestimmung des maßgeblichen Zeitraums der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der zu ermittelnden Zuschaueranteile auf den Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens ab. Ist zu diesem Zeitpunkt der Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV überschritten, so ist das Drittsendezeitenverfahren zwingend einzuleiten. Ab der Ausschreibung sind an dem Verfahren Zulassungsbewerber beteiligt, die von diesem Zeitpunkt an Ressourcen aufwenden müssen. Auch die Landesmedienanstalt, die das Verfahren einzuleiten hat, wenn die Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 RStV erreicht sind, hat in dem mehrstufigen Auswahlverfahren Personal- und Sachkosten. Ist der Zulassungsbewerber gemäß § 31 Abs. 4 RStV ausgewählt worden, schließt er nach § 31 Abs. 5 Satz 1 RStV mit dem Hauptprogrammveranstalter eine Vereinbarung über die Ausstrahlung des Fensterprogramms im Rahmen des Hauptprogramms. Danach überprüft die Landesmedienanstalt die Vereinbarung und erteilt gemäß § 31 Abs. 6 Satz 1 RStV dem Fensterprogrammveranstalter die Zulassung für die Dauer von fünf Jahren. Spätestens mit der für sofort vollziehbar erklärten Zulassung muss dem Fensterprogrammveranstalter eine schützenswerte Rechtsposition zugestanden werden. Die Frist von fünf Jahren ist vom Gesetzgeber bewusst gewählt worden, um dem Fensterveranstalter neben der Sicherung der Programmautonomie auch wirtschaftliche Planungssicherheit zu geben. Dies rechtfertigt das Außerachtlassen der Zuschaueranteile nach Erlass des Zulassungsbescheids.

207

bb. In Bezug auf die weitere Frage, wann zahlenmäßig von einem deutlichen Rückgang der Zuschaueranteile gesprochen werden kann, orientiert sich die Kammer an dem vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 118, genannten Durchschnittwert von unter 19 v.H.. Soweit die Klägerin moniert, dass es für diesen Wert keine Rechtfertigung gebe, dringt sie damit nicht durch. Das qualitative Kriterium, mehr als 1 v.H. Abweichung vom Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV zu verlangen, damit das laufende Drittsendezeitenverfahren eingestellt wird, ist vor dem Hintergrund des Gesetzesziels, bereits im Vorfeld vorherrschender Meinungsmacht deren Entstehung durch vielfaltssichernde Maßnahmen zu verhindern und dort, wo vorherrschende Meinungsmacht eingetreten ist, diese durch adäquate vielfaltssichernde Maßnahmen zu brechen, angemessen.

208

cc. Die Kammer hält es im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung schließlich für angezeigt, vorrangig die gewichteten Monatswerte und nicht die Jahreswerte der Referenzperioden heranzuziehen, die dem Referenzzeittraum, in dem der Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV erreicht worden ist und zur Einleitung des Drittsendezeitenverfahrens geführt hat, nachgefolgt sind. Würde man allein die Referenzperioden in den Blick nehmen, so würde – worauf Trute in seiner Stellungnahme vom 26. Februar 2018 zutreffend hingewiesen hat – die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes praktisch ohne Folgen bleiben. Denn der Jahreszuschaueranteil, der zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens noch den Schwellenwert von 20 v.H. erreicht hatte, könnte in der nachfolgenden Referenzperiode nur dann auf einen Durchschnittswert von unter 19 v.H. sinken, wenn im Folgemonat der Wert auf unter 8 v.H. abnähme. Ein solcher Vorgang kann realistischer Weise nicht stattfinden, außer es gäbe Veränderungen in der Sendergruppe.

209

Nach Maßgabe dieser Vorgaben zeigt die Auswertung der auf den Seiten 39/40 des Urteilsumdrucks wiedergegebenen monatlichen Zuschaueranteile, dass diese in dem Zeitraum von Oktober 2015 bis Januar 2017 nicht kontinuierlich abgenommen haben, sondern größeren Schwankungen unterworfen waren. Während der Zuschaueranteil in den Monaten Oktober 2015 bis Dezember 2015 noch über dem Durchschnittswert von 19 v.H. lag (Oktober 2015: 20,285628262718 v.H., November 2015: 20,228218638419 v.H., Dezember 2015: 19,469759702940 v.H.), unterschritt er ihn im Januar 2016 erstmals mit einem Wert von 18,338064317642 v.H., um danach sofort wieder für die Dauer von vier Monaten über einen Wert von 19 v.H. zu steigen (Februar 2016: 19,245565835180 v.H., März 2016: 19,660549819146 v.H., April 2016: 19,480364150173 v.H. und Mai 2016: 19,879021289218 v.H.). Im Juni 2016 fiel der Zuschaueranteil der Sendergruppe der Klägerin – offenkundig wegen der inzwischen eröffneten Fußballeuropameisterschaft 2016 – dann auf einen Wert von 17,451423962554 v.H., gefolgt von 18,612468040061 v.H. im Juli 2016 und 18,164625168102 v.H. im August 2016. In den Folgemonaten September bis November 2016 stiegen die Zuschaueranteile dann wieder über den Durchschnittswert von 19 v.H. (September 2016: 19,514554883116 v.H., Oktober 2016: 19,585541585791 v.H. und November 2016: 19,045110373570 v.H.), um anschließend wieder unter den Wert von 19 v.H. zu sinken (Dezember 2016: 18,750061304644 v.H., Januar 2017: 17,657023298016 v.H.). Der niedrigste Wert wurde im Juni 2016 mit 17,451423962554 v.H. und der höchste Wert wurde im Oktober 2015 mit 20,285628262718 v.H. ermittelt. Insgesamt lagen die Zuschaueranteile in dem genannten Zeitraum in drei Monaten über dem Schwellenwert von 20 v.H., in acht Monaten über 19 v.H. und nur in fünf Monaten unter 19 v.H..

210

Diesem Zahlenwerk kann kein kontinuierlicher und deutlicher Rückgang der Zuschaueranteile in dem Zeitraum zwischen wirksamer Einleitung des Verfahrens im Oktober 2015 und Ergehen der Entscheidung durch die Beklagte im Februar 2017 entnommen werden. Der Wert von 19 v.H. wurde in der eindeutigen Mehrzahl der gewürdigten Monate, nämlich in 11 von 16 Monaten, überschritten und zwar nicht nur geringfügig. Die Kammer sieht es daher nicht als unverhältnismäßig an, der grundrechtlich verbürgten Garantie der Vielfalt den Vorrang gegenüber der ebenso grundrechtlich verbürgten Rundfunkfreiheit der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin einzuräumen.

211

Auch ein ergänzender Blick auf die Jahreswerte führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Stellt man zusätzlich auf die Durchschnittswerte in den auf die Einleitung des Verfahrens folgenden Referenzzeiträumen bis zum Ergehen der Entscheidung im Februar 2017 ab, so schwankten die Zuschauerzahlen zwischen 18,920525809131 v.H. im Zeitraum Februar 2016 bis Januar 2017 und 20,032803733915 v.H. im Zeitraum Januar 2015 bis Dezember 2015. Die Zuschaueranteile lagen in dem gesamten Zeitraum insgesamt in fünf Monaten über 20 v.H., in neun Monaten über 19 v.H. und nur in zwei Monaten unter 19 v.H..

212

2.3.6. Hat die Beklagte damit sämtliche einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV beachtet, so sind auch weitere grundrechtlich geschützte Interessen der Klägerin nicht verletzt worden. Dies gilt namentlich in Bezug auf die von der Klägerin angeführten Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG (jeweils i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG).

213

Die Beschränkungen der Berufsausübung der Klägerin sind in einem durch den Rundfunkstaatsvertrag und den Landesmediengesetzen regulierten Markt zulässig (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 137). Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der maßgeblichen Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags oder des Landesmediengesetzes bestehen nicht (vgl. zur vergleichbaren Situation bei den Regionalfensterprogrammen: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Juni 2017 – 2 A 10449/16.OVG –, juris, Rn. 91 ff.). Die Pflicht zur Finanzierung von überregionalen Fensterprogrammen sind als bloße Schmälerungen von Gewinnerwartungen, die als solche nicht der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG unterfallen, gerechtfertigt (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Juni 2017 – 2 A 10449/16.OVG –, juris). Eine Verletzung der von der Klägerin als verletzt gerügte allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) ist ebenfalls nicht erkennbar.

214

Ist damit im Ergebnis die Klägerin zur Einräumung von Fensterprogrammen für Dritte verpflichtet, brauchte die Kammer nicht mehr auf den hilfsweise von der Beklagten gestellten Beweisantrag einzugehen, ob die von der KEK ermittelten Zuschaueranteile um den Anteil der zeitgleichen und zeitversetzten Online-Rezeption von Fernsehinhalten der Klägerin erweitert werden müssten.

215

3. Rechtgrundlage für den teilweisen Widerruf der Zulassung der Klägerin vom 26. August 2008 ist § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG (vgl. Müller-Terpitz in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 31 Rn. 52). Danach kann ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist.

216

Die Voraussetzungen für den teilweisen Widerruf der Zulassung der Klägerin vom 26. August 2008 sind gegeben, denn die Zulassung der Beigeladenen in der Ziffer I. des Bescheids vom 13. Februar 2017 ist rechtmäßig.

217

III. Die gegen Ziffer III. des Zulassungsbescheids vom 13. Februar 2017 gerichtete Anfechtungsklage ist bereits unzulässig.

218

Zwar handelt es sich bei der Ablehnungsentscheidung in Ziffer III. des Zulassungsbescheids vom 13. Februar 2017 gegenüber den unterlegenen Konkurrenten ebenso wie bei der in dem genannten Bescheid getroffenen Zulassungsentscheidung der erfolgreichen Bewerber, den Beigeladenen, und der Zulassung von Fensterprogrammen im Hauptprogramm der Klägerin um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG –, der zu einem einheitlichen Verwaltungsakt gebündelt wurde (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. November 2003 – 2 B 11374/03.OVG –: die Auswahlentscheidung ist notwendiger Bestandteil des mehrstufigen Verwaltungsakts der rundfunkrechtlichen Zulassung). Auch wenn das Verfahren zur Zulassung von Drittsendezeitveranstaltern, das in § 31 Abs. 4 bis 6 RStV im Einzelnen geregelt ist, aus mehreren Verfahrensschritten besteht, die das weitere Verfahren auch beeinflussen bzw. ihm eine bestimmte Richtung geben können, steht am Ende die Zulassungsentscheidung als abschließende Sachentscheidung, die – als einziger Verfahrensschritt – Verwaltungsaktscharakter hat (vgl. VG Neustadt/Wstr., Beschluss vom 21. Februar 2011 – 5 L 1093/11.NW -; vgl. auch Müller-Terpitz in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 31 RStV Rn. 66). Gegen die Ablehnungsentscheidung in Ziffer III. des Zulassungsbescheids vom 13. Februar 2017 wäre daher die Verpflichtungsklage eines unterlegenen Konkurrenten auf Zulassung oder Neubescheidung statthaft.

219

Hier wendet sich aber die Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin gegen die Ablehnung der unterlegenen Mitbewerber mit dem Argument, es handele sich bei dem Zulassungsbescheid vom 13. Februar 2017 um einen nicht teilbaren Verwaltungsakt, weswegen dieser insgesamt aufgehoben werden müsse. Die Frage, ob ein Verwaltungsakt teilbar ist, beurteilt sich nach materiellem Recht und ist somit eine Frage der Begründetheit (vgl. Wolff in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rn. 164; Riese in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Juni 2017, § 113 Rn. 15). Nur dann, wenn eine Teilaufhebung offenkundig nicht in Betracht zu ziehen ist, ist die Teilanfechtungsklage bereits unzulässig (Wolff in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rn. 164; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Oktober 2013 – L 7 KA 40/12 –, juris).

220

Vorliegend braucht die Kammer sich mit der aufgeworfenen Problematik nicht näher auseinanderzusetzen. Selbst wenn man die Anfechtungsklage für statthaft und zusätzlich die Klägerin auch noch für klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – halten würde – sie hat aufgrund der Zulassung des Fensterprogramms in ihrem Hauptprogramm einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Durchführung des Verfahrens aus § 31 Abs. 4 und 5 RStV (vgl. Müller-Terpitz in: BeckOK Informations- und Medienrecht a.a.O., § 31 RStV Rn. 69) –, fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Abgesehen davon, dass sämtliche unterlegene Mitbewerber die an sie gerichteten Ablehnungsbescheide vom 13. Februar 2017 inhaltlich haben bestandskräftig werden lassen, ist die Auswahl der Bewerber, die die Zulassung erhalten haben, also hier die Beigeladenen, einvernehmlich zustande gekommen, wenn auch seitens der Klägerin vorbehaltlich der Rechtmäßigkeit des Verfahrens insgesamt. Gemäß § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV erörtert die zuständige Landesmedienanstalt mit dem Hauptprogrammveranstalter die Anträge mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen. Das Verfahren nach § 31 RStV setzt folglich primär auf eine konsensuale Auswahlentscheidung zwischen Medienaufsicht und Veranstalter (vgl. VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 5. September 2012 – 5 K 417/12.NW –, ZUM-RD 2013, 167). Die einvernehmliche Auswahl ist mehr als eine bloße Anhörung im Sinne des § 28 Abs. 1 VwVfG des betroffenen Hauptprogrammveranstalters (VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 5. September 2012 – 5 K 417/12.NW –, ZUM-RD 2013, 167, 168). Vielmehr dient sie dem Ziel, die grundrechtlich gebotenen Vielfaltsinteressen der Zulassungsbehörde mit der ebenfalls grundrechtlich geschützten Programmautonomie des Hauptprogrammveranstalters in Einklang zu bringen (VG Hannover, Beschluss vom 10. Dezember 2008 – 7 B 3949/08 –, ZUM-RD 2009, 235).

221

Vorliegend fand am 27. April 2016 ein Erörterungsgespräch zwischen der Klägerin und der Beklagten mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung in Bezug auf die Auswahl der Bewerber für die drei Sendezeitschienen statt. Dabei schlug die Klägerin die Beigeladene zu 1) für die 1. Schiene Dienstag 23:10 Uhr bis 00:15 Uhr, die Beigeladene zu 2) für die 2. Schiene Dienstag 00:15 Uhr bis 01:15 Uhr und die Beigeladene zu 3) für die 3. Schiene Samstag 19:00 Uhr bis 19:55 Uhr vor. Die Beklagte war mit diesen Vorschlägen einverstanden.

222

Entsprach aber die konsensuale Auswahlentscheidung den Interessen der Klägerin, so ist nicht zu erkennen, dass sie einen oder mehrere der abgelehnten Bewerber als Drittsendezeitveranstalter bevorzugt hätte und deshalb ein eigenes Interesse an der Aufhebung der ablehnenden Entscheidungen haben könnte.

223

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

224

Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO.

225

Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Frage, zu welchem Zeitpunkt die maßgeblichen Zuschaueranteile zu bestimmen sind, grundsätzliche Bedeutung hat.

226

Da es sich hierbei auch um eine Rechtsfrage handelt, die Bundesrecht (s. § 48 RStV) und damit nach § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO revisibles Recht betrifft, wären an sich auch die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz (Sprungrevision) gegeben (§ 134 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Da die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2018 zu Protokoll aber ausdrücklich erklärt hat, einer Sprungrevision nicht zuzustimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1993 – 5 C 45/91 –, NVwZ 1994, 490), hat die Kammer davon Abstand genommen, die Sprungrevision zuzulassen.

Beschluss

227

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 500.000 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. mit Ziffer 37.4 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (LKRZ 2014, 169).

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Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 wird aufgehoben.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte und die Beigeladenen je zu 1/3. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und die Beigeladenen jeweils selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte und die Beigeladenen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Veranstalterin des privaten Fernsehvollprogramms Sat.1. Sie ist gem. § 26 Abs. 5 des Rundfunkstaatsvertrags vom 31. August 1991 in der seit 1. September 2008 geltenden Fassung – RStV – verpflichtet, in ihrem Programm Sendezeiten für unabhängige Dritte in Form eines sog. Fensterprogramms einzuräumen. Mit ihrer Klage begehrt sie die Aufhebung der Entscheidung der beklagten Landesmedienanstalt vom 17. April 2012, mit der den Beigeladenen zu 1) und 2) die Zulassung als Veranstalter von Fensterprogrammen in ihrem Hauptprogramm erteilt wird, während die Zulassungsanträge anderer Mitbewerber gleichzeitig abgelehnt wurden.

2

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

3

Die Beklagte schrieb im Staatsanzeiger vom 4. Juli 2011 Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm der Klägerin aus, und zwar für vier nach Uhrzeit und Sendedauer festgelegte Zeitfenster für Fernsehprogramme (sog. Sendezeitschienen), wobei die Bewerbungen für jeweils zwei Sendezeitschienen gemeinsam abzugeben waren. Erlaubnisbeginn soll laut Ausschreibung der 1. Juni 2013 sein. Bis zum Ablauf der Ausschreibungsfrist am 15. August 2011 gingen sechs Bewerbungen ein, darunter die der beiden Beigeladenen, die auch in der Vergangenheit einschließlich des derzeit noch laufenden Zulassungszeitraums die Fensterprogramme bei Sat.1 veranstaltet haben. Eine weitere Bewerbung ging erst nach Ablauf der Frist ein und blieb unberücksichtigt. Für die 1. und 2. Sendezeitschiene bewarben sich insgesamt drei Veranstalter von Fernsehprogrammen, darunter auch die Beigeladene zu 1), für die 3. und 4. Sendezeitschiene gab es fünf Bewerber, darunter die Beigeladene zu 2). Dabei bewarben sich zwei Bewerber – die Klägerinnen der gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 404/12.NW bzw. und 5 K 452/12.NW – jeweils auf beide Sendezeitschienen-Kombinationen.

4

Die eingegangenen Bewerbungsunterlagen wurden mit Schreiben vom 23. und 26. August 2011 der Klägerin übersandt und gleichzeitig auch der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK – mit dem Zusatz, vorbehaltlich der Beratung in den Gremien der LMK werde von der Zulassungsfähigkeit aller sechs Bewerber im Hinblick auf die Vorschriften in § 31 Abs. 3, § 28 RStV ausgegangen.

5

In der Folgezeit kam zunächst wegen divergierender Terminsvorschläge kein Termin zur Erörterung zwischen der Klägerin und der Beklagten mit dem Ziel der einvernehmlichen Auswahl der Drittsendezeitanbieter zustande. Mit Schreiben vom 26. September 2011, in dem sie sich auch auf ein Schreiben der Klägerin vom 23. September und die „dort eingebrachten Terminvorschläge“ bezog, führte der stellvertretende Direktor der Beklagten aus, der straffe Zeitplan sei, soweit möglich, auch den Interessen und Bedürfnissen der Klägerin angepasst worden. Eine weitere Verzögerung sei nicht hinnehmbar. Da die Klägerin keinen der von ihm vorgeschlagenen Termine realisiere, stelle er fest, dass ein einvernehmliches Auswahlverfahren in der ersten Runde nicht zustande gekommen sei. Da insgesamt mehr als drei Bewerbungen für die Drittsendezeit vorlägen, habe nunmehr der Hauptprogrammveranstalter das Recht, der Landesmedienanstalt einen Dreiervorschlag zu unterbreiten. Dafür werde eine Frist bis 10. Oktober 2011 gesetzt. Sollte bis dahin kein Dreiervorschlag eingehen, gelte das als Verzicht auf diese Möglichkeit. Es heißt dann weiter: „Unterstellt, dass die LMK diesen Dreiervorschlag um bis zu zwei Positionen zu ergänzen hätte, wird vom Rundfunkstaatsvertrag ein erneuter Versuch der einvernehmlichen Auswahl eröffnet. Hier greife ich gerne Ihren ersten Terminvorschlag auf…“. Die Klägerin rügte mit Schreiben vom 7. Oktober 2011 ausdrücklich den bisherigen Verfahrensablauf, in dem ihr schon zum zweiten Mal eine Erörterung verweigert werde, regte an, doch noch ein Erörterungsgespräch zur einvernehmlichen Auswahl zu führen, und benannte dazu ihre Vorstellungen, machte jedoch angesichts der Fristsetzung auch einen Dreiervorschlag, in dem sie - ohne Differenzierung nach Sendezeitschienen - insgesamt drei Bewerberinnen benannte, darunter jedoch nicht die Beigeladenen zu 1) und 2).

6

Am 10. Oktober 2011 fand eine Sitzung des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten statt, in der u.a. die Empfehlung an die Versammlung beschlossen wurde, fünf der insgesamt sieben eingegangenen Bewerbungen für zulassungsfähig zu erklären.

7

Mit ebenfalls vom 10. Oktober 2011 datierendem Schreiben teilte der stellvertretende Direktor der Beklagten der Klägerin mit, ihrem rechtzeitig eingegangen Dreiervorschlag füge die LMK noch die Beigeladenen zu 2) und 3) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV aus Gründen der Vielfalt hinzu. Damit bestehe eine Auswahlmöglichkeit aus der gesamten Bewerberschar, die eine zulassungsfähige Bewerbung vorgelegt habe.

8

Ein Gespräch zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beklagten am 14. Oktober 2011 führte nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl; insbesondere bestanden unvereinbare Vorstellungen hinsichtlich der 1. und 2. Sendezeitschiene.

9

Aufgrund der Empfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten beschloss deren Versammlung am 17. Oktober 2011, für die 1. und 2. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1) mit ihren Formaten „Weck up“ und „Planetopia“ und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Formate „News und Stories“ bzw. „Spiegel TV Reportage“ und „Focus TV Reportage“ der Beigeladenen zu 2) auszuwählen. Ziffer IV des Beschlusses lautet: „Die Auswahl steht unter dem Vorbehalt der Herstellung des Benehmens mit der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK)“. Ziffer V lautet: „Die ausgewählten Bewerber und die Sat.1 SatellitenFernsehen GmbH sind gehalten, eine Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV abzuschließen“.

10

Die Beklagte unterrichtete die Klägerin und die Beigeladenen mit Schreiben vom 18. Oktober 2011 von dem Beschluss, der außerdem der KEK zur Herstellung des Benehmens übermittelt wurde. Die KEK teilte zunächst mit Schreiben vom 9. November 2011 mit, wegen verschiedener klärungsbedürftiger Fragen sei sie noch nicht zu einer abschließenden Bewertung gekommen. Genannt wurden u.a. die Themenkomplexe „Vorab-Ausschluss der N 24 Media GmbH von der eigentlichen Abwägungsentscheidung“ und die „seit 1998 fortwährende Lizenzierung“ der Beigeladenen zu 1) und 2) als Drittfensterveranstalter bei Sat.1. In ihrer Sitzung am 5. Dezember 2011 setzte sich die Versammlung der Beklagten inhaltlich mit den Bedenken der KEK auseinander. Nachdem in der Sitzung der KEK am 13. Dezember 2011 der stellvertretende Direktor der Beklagten zu den Bedenken Stellung genommen hatte, beschloss die KEK, dass gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 1. und 2. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1) und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 2) auszuwählen, keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden.

11

Einem Beschlussvorschlag des Direktors der Beklagten vom 15. Dezember 2011 folgend stellte anschließend deren Hauptausschuss im Umlaufverfahren fest, dass das Benehmen mit der KEK hergestellt sei, dass der entsprechende Vorbehalt in Ziffer IV des Beschlusses der Versammlung vom 17. Oktober 2001 entfalle (Ziffer II) und dass an die Beigeladenen zu 1) und 2) Zulassungen erteilt würden „nach Maßgabe der Vorbehalte unter Ziffer IV“. Ziffer IV lautet: „Die Zulassungen stehen unter dem Vorbehalt des Benehmens mit der KEK. Sie stehen weiterhin unter dem Vorbehalt einer Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV. Für diese Vereinbarung wird den Beteiligten eine Frist gesetzt bis …26. Januar 2012…. Ist bis zu diesem Zeitpunkt eine Vereinbarung nicht zustande gekommen, so legen die Parteien innerhalb der gleichen Frist ihre Kalkulationen für eine „ausreichende Finanzierung“ der zu lizenzierenden Programme der LMK vor“.

12

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 setzte die Beklagte u.a. die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens von dem „weiteren Beschluss der LMK“, der beigefügt war, in Kenntnis und wies darauf hin, dass es sich nicht um einen Zulassungsbescheid, sondern um dessen Vorbereitung handle.

13

Die Klägerin erhob gegen den „Beschluss vom 19. Dezember 2011“ am 13. Februar 2012 Klage (AZ. 5 K 148/12.NW) und stellte gleichzeitig einen vorläufigen Rechtsschutzantrag, der mit Beschluss des erkennenden Gerichts vom 4. April 2012 abgelehnt wurde (AZ. 5 L 147/12.NW). Die Klage wurde zurückgenommen.

14

Eine Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 2) und der Klägerin lag am 17. Januar 2012 vor. Die Beigeladene zu 1) lehnte hingegen ein Vereinbarungsangebot der Klägerin, das gegenüber der derzeit noch geltenden Vereinbarung u.a. deutlich geringere Finanzierungsbeträge enthält, als nicht angemessen ab.

15

In der 24. Sitzung der Versammlung der Beklagten am 13. Februar 2012 wurde zunächst die Entscheidung des Hauptausschusses vom Dezember 2011 bestätigt. Weiter stellte die Versammlung hinsichtlich der beabsichtigten Zulassung der Beigeladenen zu 1) für die 1. und 2. Sendezeitschiene fest, dass das von der Klägerin übermittelte Vertragsangebot nicht die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 31 Abs. 5, Abs. 6 RStV erfülle, und beschloss, dass der Vorbehalt der Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV entfalle und die LMK vorläufig die Zulassung auf der Grundlage der früheren Vereinbarung der Parteien vom 30. August 2007/26. September 2007 erteile. Eine abweichende Vereinbarung, die die gesetzliche Voraussetzung ebenfalls erfülle, bleibe möglich, sie ersetze dann die erstgenannte Vereinbarung. Die Ziffern 2.2, 6.1, 6.2, 6.4, 6.5 und 8 der genannten Vereinbarung von 2007 seien Bestandteil der Zulassung; der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK bleibe aufrechterhalten. Für die Zulassung der Beigeladenen zu 2) auf die 3. und 4. Sendezeitschiene entfalle der Vorbehalt der Vereinbarung und bleibe der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK aufrechterhalten. Die Zulassungen würden erteilt für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis zum 31. Mai 2018. Nach der Herstellung des Benehmens mit der KEK solle die zusammenfassende Beschlussfassung über die das Verfahren beendenden Bescheide im Hauptausschuss erfolgen.

16

Die KEK teilte der Beklagten mit Schreiben vom 23. März 2012 unter Beifügung ihrer entsprechenden Beschlüsse vom 13. März 2012 mit, es bestünden rundfunkrechtliche Bedenken gegen die vorgesehene Entscheidung, der Beigeladenen zu 1) die Zulassung vorläufig auf der Grundlage der Vereinbarung von 2007 zu erteilen. Keine Bedenken bestünden gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 2) zuzulassen.

17

In ihrer 25. Sitzung am 16. April 2012 beschloss die Versammlung der Beklagten schließlich die Zulassung der Beigeladenen zu 1) und 2), die entsprechende Beschränkung der Zulassung des Hauptprogrammveranstalters und die Ablehnung der Zulassungsanträge der weiteren Mitbewerber, außerdem die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

18

Diese Beschlüsse wurden im Wortlaut Gegenstand des von der Beklagten am 17. April 2012 erlassenen, vorliegend angefochtenen Bescheides, der im Wesentlichen folgenden Inhalt hat:

19

In Abschnitt A wird der Beigeladenen zu 1) die Zulassung zur Veranstaltung und Verbreitung von zwei überregionalen Fernsehfensterprogrammen im Hauptprogramm der Klägerin auf der 1. und 2. Sendezeitschiene erteilt (Ziff. 1 - 4). Gem. Ziff. 5 wird bis zum Abschluss einer Vereinbarung mit der Beigeladenen zu 1) gemäß § 31 Abs. 5 RStV die in der vergangenen Lizenzperiode abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet; deren Ziff. 2.2, 6.1, 6.2 6.4 6.5 und 8 blieben bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung Bestandteil der Zulassung.

20

Abschnitt B enthält die Zulassung der Beigeladenen zu 2) für die 3. und 4. Sendezeitschiene mit entsprechenden Maßgaben.

21

Abschnitt C betrifft die Befristung und Änderung der an die Beigeladene zu 1) erteilten Zulassung entsprechend A und B. Dort heißt es unter Ziffer 4: „Bis zum Abschluss einer Vereinbarung über die Ausstrahlung der Fensterprogramme auf der ersten und zweiten Sendezeitschiene zwischen Sat.1 und dem unabhängigen Drittanbieter … wird für die Zeit ab dem 1. Juni 2013 die in der vergangenen Lizenzperiode von den Beteiligten abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet...“.

22

In Abschnitt D werden die Anträge der konkurrierenden Bewerber auf alle Sendezeitschienen abgelehnt. Abschnitt E enthält die Anordnung des Sofortvollzugs.

23

Zur Begründung legte die Beklagte – nach Schilderung des Verfahrensganges – zunächst unter II. im Einzelnen dar, warum die ausgewählten Bewerber die Anforderungen des Rundfunkstaatsvertrags nach Überzeugung ihrer Versammlung in einem Maße erfüllten, das von keinem anderen Bewerber und auch von keiner anderen Kombination von Bewerbern erreicht werde. Außerdem enthält der Bescheid Ausführungen dazu, dass bei der Mitbewerberin N 24 Media GmbH wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit ihrer 100%igen Tochterfirma von Sat.1 die Vermutung ihrer redaktionellen Unabhängigkeit deutlich weniger als bei allen anderen Bewerbern gegeben sei. Es bestehe eine große Nähe von N 24 zum Hauptveranstalter (S. 9 des Bescheides), die zu einer Nichtberücksichtigung führen müsse. Aufgrund der „eingeschränkten/geringeren redaktionellen Unabhängigkeit“ sei ihr Vielfaltsbeitrag deutlich verringert und damit „nachrangig zu den Mitbewerbern“ (S. 12 des Bescheides).

24

Beim inhaltlichen Vergleich der verbleibenden Bewerber in den Sendezeitschienen stellten die ausgewählten Angebote insbesondere in ihrer Gesamtheit die maximal erreichbare Vielfaltserhöhung dar. Dass die derzeitigen Erlaubnisinhaber erneut berücksichtigt worden seien, sei nicht fehlerhaft, denn der Vielfaltsbegriff sei inhaltsbezogen, nicht unternehmensbezogen zu verstehen. Auch nicht relevant sei, dass die Beigeladene zu 2) auch bei RTL lizenziert sei. Zwar verlange die Drittsendezeitrichtlinie eine Abstimmung der beteiligten Landesmedienanstalten bei mehrfacher Lizenzierung. Wegen der unterschiedlichen Zeitpunkte der Zulassung gebe es hier aber keine Parallelität, so dass die Vorschrift keine Anwendung finde. Insbesondere der Kulturbeitrag der Sendung „News and Stories“ der Beigeladenen zu 2) sei sehr hoch und möglicherweise im deutschen Fernsehen einzigartig. Einen vergleichbaren Solitär stelle das Wissenschaftsmagazin „Planetopia“ der Beigeladenen zu 1) dar.

25

Im Weiteren wird näher begründet, warum der Beigeladenen zu 1) auch ohne eine aktuelle Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 und 6 RStV eine Erlaubnis erteilt werden könne. Der gewählte Weg einer Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung sei gegenüber dem in der Drittsendezeitrichtlinie vorgesehenen Verfahren zur Lizenzentziehung als milderes Mittel anzusehen.

26

Nach Zustellung dieser Entscheidung hat die Klägerin am 8. Mai 2012 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor:

27

Der von der Beklagten erlassene Gesamtbescheid sei unteilbar, werde deshalb im Ganzen angefochten. Das Gericht habe daraufhin auch das gesamte Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen. Die mit dem Bescheid vom 17. April 2012 getroffenen Auswahl-, Zulassungs- und Teillizenzentzugsentscheidungen beruhten auf mehreren offensichtlichen Verfahrensmängeln. Der rechtswidrige Bescheid verletze sie, die Klägerin, in ihren subjektiv öffentlichen Rechten. Diese folgten schon aus den einfach-rechtlichen Verfahrensvorschriften, insbesondere in § 31 Abs. 4 RStV, die anerkanntermaßen dem Schutz der Interessen des Hauptprogrammveranstalters dienten. Darüber hinaus sei sie in ihren Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verletzt.

28

Das gesamte Drittsendezeit-Auswahlverfahren in § 31 Abs. 4 RStV gehe vom Grundsatz einer einvernehmlichen Regelung zwischen der zuständigen Landesmedienanstalt und dem Hauptprogrammveranstalter aus. Dies ergebe sich klar aus der Amtlichen Begründung zum dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Die berechtigten Interessen des Hauptprogrammveranstalters müssten angemessen berücksichtigt werden. Dies sei im vorliegenden Verfahren an mehreren Stellen nicht geschehen. Zunächst seien auf der ersten Erörterungsstufe gemäß § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV die Ausschreibungsmodalitäten nicht einvernehmlich mit der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin festgelegt worden. Es habe nicht einmal eine ordnungsgemäße ergebnisoffene Erörterung dieser Modalitäten zwischen Beklagter und Klägerin gegeben. Zwar habe am 10. Juni 2011 ein Gespräch stattgefunden, in dem die Klägerin sich für eine Bündelung der Drittsendezeiten am Montagabend und die Ausschreibung von vier, hilfsweise drei unabhängigen Sendezeitschienen ausgesprochen habe. Zuvor habe es im Mai 2011 nur ein informelles Gespräch zwischen der Klägerin und ihrem früheren Geschäftsführer und Vertretern der Beklagten gegeben, in dem es entgegen der Darstellung in der Beschlussvorlage der Beklagten vom 7. Juni 2011 aber keine einvernehmliche Festlegung der Sendezeitschienen gegeben habe. Offenbar sei die Beklagte bereits vor den Gesprächen mit der Klägerin auf die Ausschreibungsmodalitäten, wie sie anschließend beschlossen worden seien, festgelegt gewesen, was sich insbesondere aus Aktenvermerken über Gespräche mit Vertretern der Beigeladenen zu 1) entnehmen lasse, die diese Modalitäten stark befürwortet hätten.

29

Die abweichenden Vorstellungen der Klägerin, geäußert im Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 und nochmals niedergelegt in einem Schreiben vom 14. Juni 2011, seien unberücksichtigt geblieben. Die Versammlung der Beklagten habe am 20. Juni 2011 die Ausschreibung anders beschlossen. Es spreche viel dafür, dass die zuständige Versammlung über die anders lautenden Vorstellungen der Klägerin gar nicht informiert worden sei, nachdem die Beschlussvorlage für die Sitzung am 20. Juni 2011 vom 7. Juni 2011 datiere und sich auch sonst aus den Akten nichts dafür ergebe, dass die Versammlung über die Vorschläge und Argumente der Klägerin aus dem Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 und dem Schreiben vom 14. Juni 2011 in Kenntnis gesetzt worden sei. Dies mache schon die Ausschreibung selbst rechtswidrig.

30

Der Klägerin sei auch eine Erörterung der eingegangenen Anträge nach Ausschreibung gemäß § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV verweigert worden. Die Beklagte habe insoweit unzulässig Zeitdruck ausgeübt. Die Klägerin habe erst zum 1. September 2011 alle Bewerberunterlagen vorliegen gehabt, die danach hätten geprüft werden müssen. Außerdem habe eine Stellungnahme dazu innerhalb der Fachabteilungen der Klägerin abgestimmt werden müssen. Die Zeitvorgabe der Beklagten hierfür bis spätestens 5. Oktober 2011 sei daher nicht realisierbar gewesen. Auf ihre alternativen Terminsvorschläge sei jedoch die Beklagte nicht eingegangen, sondern habe das Verfahren trotz Protests der Klägerin auf der nächsten Stufe (Dreiervorschlag) weitergeführt. Angesichts des Zulassungsbeginns für die Fensterveranstalter ab 1. Juni 2013 sei die von der Beklagten geltend gemachte Eilbedürftigkeit nicht vorhanden gewesen, zumal der früheste angebotene Alternativtermin am 14. Oktober 2011 nur neun Tage nach dem letzten von der Beklagten vorgeschlagenen Termin und noch vor dem Termin der Versammlung der Beklagten vom 17. Oktober 2011 gelegen habe. Den Vorwurf, sie, die Klägerin, wolle das Verfahren in die Länge ziehen, weise sie nachdrücklich zurück. Es habe keinen legitimen Grund für die Beklagte gegeben, die Erörterung der Anträge i.S.d. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV als gescheitert zu betrachten. Der Gesprächstermin zwischen Vertretern der Klägerin und Ministerpräsident Beck am 20. September 2011 sei hierfür ohne Bedeutung.

31

Verfahrensfehlerhaft sei auch, dass dem (unter Vorbehalt abgegebenen) Dreiervorschlag der Klägerin zwei weitere Vorschläge hinzugefügt worden seien, ohne dass dem ein Beschluss seitens der Beklagten zugrunde gelegen habe. Ein Beschluss des Rechts- und Zulassungsausschusses vom 10. Oktober 2011 empfehle der Versammlung nur, fünf der insgesamt sieben Bewerbungen als zulassungsfähig zu erklären. Das sei keine Entscheidung über die Hinzufügung zweier Vorschläge. Nur die Versammlung hätte auch feststellen können, dass eine einvernehmliche Einigung – nach dem Erörterungsgespräch über den Fünfervorschlag am 14. Oktober 2011 – nicht zustande gekommen sei, sie habe darüber jedoch nicht entschieden. Die Ergänzung des Dreiervorschlags der Klägerin sei vom stellvertretenden Direktor der Beklagten in dem Erörterungsgespräch vom 14. Oktober 2012 auch zu Unrecht damit begründet worden, dass der größtmögliche Vielfaltsbeitrag zu erreichen sei. Bei einer einvernehmlichen Entscheidung hätte jedoch genügt, dass überhaupt ein Vielfaltsbeitrag erreicht werde.

32

Sollte der Dreiervorschlag jeweils für die gebündelten Sendezeitschienen isoliert zu betrachten sein, so hätte ein Dreiervorschlag also lediglich für die 3. und 4. Sendezeitschiene abgegeben werden dürfen, da es für die 1. und 2. Sendezeitschiene nur drei zulassungsfähige Bewerber gegeben habe. Gleichzeitig wäre aber auch lediglich auf der dritten und vierten Sendezeitschiene eine Zufügung zweier weiterer Bewerber möglich gewesen. Darin lägen Verfahrensfehler, die auch nicht unbeachtlich seien. Es könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass es zwischen der Klägerin und der Beklagten auf der dritten und vierten Sendezeitschiene zu einer einvernehmlichen Regelung gekommen wäre, wenn nur diese zur Disposition gestanden hätte. Da dafür eine Erörterung notwendig gewesen wäre, deren Ergebnis nicht antizipiert werden könne, bestehe nicht die nach § 46 VwVfG erforderliche Alternativlosigkeit.

33

Weitere gesetzlich vorgesehene Verfahrensabläufe seien missachtet worden: Das Erörterungsgespräch über die Ausschreibungsmodalitäten habe bereits stattgefunden, bevor die KEK nach § 26 Abs. 5 RStV die relevanten Zuschaueranteile der Klägerin festgestellt gehabt habe und feststand, dass eine Pflicht zur Einräumung von Drittsendezeiten bestand. Die KEK habe dies erst am 14. Juni 2011 beschlossen. Außerdem hätte die Beklagte die Klägerin nicht zur Abgabe eines Dreiervorschlages auffordern dürfen, bevor eine Entscheidung über die Zulassungsfähigkeit der einzelnen Anträge getroffen wurde. Darüber sei jedoch erst mit Beschluss vom 10. Oktober 2011 in der 25. Sitzung des Rechts- und Zulassungsausschusses befunden worden.

34

Darüber hinaus sei es verfahrensfehlerhaft, dass die Beklagte sowohl die Auswahl- als auch die Zulassungsentscheidung getroffen habe, ohne zuvor das Benehmen mit der KEK hergestellt zu haben. Das Gesetz lege hier eine klare Reihenfolge fest. Dies habe die Beklagte umgangen, indem sie die Beschlüsse bereits vorab gefasst habe und sie nur mit dem Vorbehalt der Benehmensherstellung versehen habe. Sie hätte höchstens eine Auswahlempfehlung treffen dürfen, ohne sich bereits festzulegen. Danach habe sich die Beklagte mit den geäußerten Bedenken und abweichenden Bewertungen der KEK ernsthaft und ergebnisoffen nicht mehr befasst. Dass sie die später geäußerten Bedenken der KEK zur Kenntnis genommen habe, reiche für eine ordnungsgemäße Benehmensherstellung nicht. Das gelte zunächst für die ursprünglichen Bedenken der KEK bezüglich der angeblichen Abhängigkeit der N24 Media GmbH im Verhältnis zur Klägerin. Die Auswahlentscheidung hätte auch nicht durch Beschluss des Hauptausschusses der Beklagten, noch dazu im Umlaufverfahren, getroffen werden dürfen, denn die nach der Geschäftsordnung der Versammlung notwendige Eilbedürftigkeit habe nicht vorgelegen.

35

Auch mit den rundfunkrechtlichen Bedenken der KEK gegenüber der Zulassung der Beigeladenen zu 1) auf der Grundlage der Fortschreibung der bisherigen vertraglichen Vereinbarungen mit der Klägerin habe die Versammlung sich nicht mehr auseinandergesetzt. Sie habe sich insoweit selbst unter faktischen Vollzugszwang gesetzt, indem sie ohne Not mit Pressemitteilung vom 13. Februar 2012 öffentlich verkündet habe, wie sie hinsichtlich des Angebots der Klägerin vorgehen wolle.

36

Die genannten Verfahrensfehler seien jeder für sich, jedenfalls aber in ihrer Gesamtheit auch nicht nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Es handele sich bereits um absolute Verfahrensfehler, weil damit gegen Verfahrensrechte der Klägerin verstoßen worden sei, die ihr eine eigene, unabhängig vom materiellen Recht durchsetzbare Rechtsposition gewähren wollten. Dies gelte im besonderen Maße für die Erörterungspflichten mit dem Hauptprogrammveranstalter, die ein klassisches, eigene Rechtspositionen begründendes Mitwirkungsrecht darstellten. Im Übrigen hätte bei Einhaltung aller genannten Vorschriften jeweils die Entscheidung anders ausfallen können, so dass auch eine Unbeachtlichkeit i.S.v. § 46 VwVfG ausscheide.

37

Unter Verstoß gegen den in § 30 VwVfG normierten Geheimhaltungsgrundsatz habe die Beklagte auch in dem als Gesamtbescheid an alle Beteiligten abgefassten Zulassungsbescheid vom 17. April 2012 geheimhaltungsbedürftige Tatsachen offengelegt, die nur im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) relevant seien.

38

Erhebliche formelle Zweifel bestünden schließlich auch daran, ob die Beklagte für eine Fortschreibung der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) – abgesehen von deren materieller Rechtswidrigkeit – überhaupt (allein) zuständig gewesen sei. Wenn nämlich gemäß Ziffer 6.3 der Drittsendezeitenrichtlinie unter Umständen ein Lizenzentzug gemäß § 26 Abs. 5 RStV in Betracht gekommen wäre und dies nur nach Feststellung durch die KEK hätte geschehen dürfen (§ 26 Abs. 5 Satz 3 RStV), hätte die KEK auch eingeschaltet werden müssen, wenn die Beklagte ein angeblich milderes Mittel als Sanktion habe anwenden wollen.

39

Zudem habe die Beklagte die Frage, ob die Klägerin der Beigeladenen zu 1) eine ausreichende Finanzierung nach § 31 Abs. 5 RStV angeboten habe, entgegen § 24 VwVfG nicht genügend aufgeklärt, insbesondere die Heranziehung von Sachverständigen unterlassen. Die Klägerin habe eine aktuelle Kalkulation der Beigeladenen zu 1) trotz ihrer entsprechenden Bitte mit Schreiben vom 28. Oktober 2011 übrigens nie erhalten. Es werde bezweifelt, dass der Beklagten eine solche Kalkulation vorgelegen habe.

40

Die Auswahl-, Zulassungs- und Teillizenzentzugsentscheidungen der Beklagten seien darüber hinaus auch offensichtlich materiell rechtswidrig. Da es nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen sei, habe die Landesmedienanstalt bei der Auswahl einen engeren Einschätzungs- und Bewertungsspielraum im Hinblick auf die zu bewertende Vielfaltssteigerung gehabt, und auch die Anforderungen an die Begründung der Auswahl seien höher. Die maßgebenden Entscheidungen im Verlauf des Verfahrens seien teilweise aufgrund unvollständigen bzw. unrichtigen Sachverhalts getroffen worden, weil die Versammlung der Beklagten über die maßgebenden Vorgänge nicht ausreichend unterrichtet gewesen sei. Das gelte für die Sendezeitschienenfestlegung, die Grundlage der Ausschreibung und dann auch der Auswahl gewesen sei. Die Koppelung von jeweils zwei Sendezeitschienen sei ermessensfehlerhaft im Interesse der später ausgewählten Bewerber, insbesondere der Beigeladenen zu 1) geschehen, da die Einnahmen aus zwei Formaten gesichert werden sollten, wie der Beklagte im Schreiben vom 27. März 2012 im Verfahren 5 L 147/12.NW ausgeführt habe. Dafür spreche auch deutlich der Aktenvermerk auf Blatt 1 der Verwaltungsakte. Sachfremde Erwägungen seien auch angestellt worden, soweit die angeblich zu große Nähe von N 24 zur Klägerin zur Nichtberücksichtigung der N 24 Media GmbH im Rahmen der Auswahlentscheidung geführt habe. Nach Feststellung der Zulassungsfähigkeit der N 24 Media GmbH i.S.d. § 31 Abs. 3 Satz 2 RStV sei die Erwägung, die redaktionelle Unabhängigkeit sei nicht gewährleistet, sachfremd gewesen.

41

Schließlich bestünden vielfältige rechtliche Bedenken gegen die Erteilung einer Zulassungserlaubnis an die Beigeladene zu 1), ohne dass es zwischen der Klägerin und ihr zu einer Vereinbarung gekommen sei. Der von der Beklagten vorgenommenen „Vertragsfortschreibung“ fehle es insbesondere an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Nach § 31 Abs. 6 RStV sei eine Vereinbarung zwingend erforderlich, die hier aber unstreitig nicht zustande gekommen sei. Die vorgenommene hoheitliche Substituierung von Verträgen könne nicht auf Ziffer 6.3 der Drittsendezeitenrichtlinie i.V.m. § 26 Abs. 5 RStV und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gestützt werden. Die Drittsendezeitenrichtlinie sei keine ausreichende Gesetzesgrundlage i.S.d. Art. 20 Abs. 3 GG. Der entscheidende Fehler liege aber bereits darin, dass die getroffene Regelung weder erforderlich noch das mildeste Mittel im Vergleich zum angeblich sonst drohenden Lizenzentzug gegenüber der Klägerin sei. Gegenwärtig verstoße die Klägerin nicht gegen ihre Verpflichtung aus § 26 Abs. 5 RStV, so dass Sanktionen überhaupt nicht in Betracht kämen. Außerdem nehme die Beklagte der Klägerin durch die Fortschreibung der momentan gültigen Vereinbarung die Möglichkeit zu einer frei ausgehandelten einvernehmlichen Vereinbarung. Richtig wäre es gewesen, die Frage der Gesetzeskonformität des Angebots der Klägerin durch einen unabhängigen Gutachter aufzuklären, wie dies auch die KEK in ihrer Stellungnahme vom 13. /21. März 2012, KEK 600-3, für notwendig gehalten habe.

42

Die Klägerin sei zur Vorlage eines Vertragsangebots nach § 31 Abs. 5 RStV an die Beigeladene zu 1) gar nicht verpflichtet gewesen, weil das Drittsendezeitenvergabeverfahren zuvor bereits in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig gewesen sei.

43

Schließlich habe sie aber ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes Vertragsangebot vorgelegt, insbesondere auch mit einer ausreichenden Finanzierung, die sich an marktüblichen Preisstrukturen und der finanziellen Ausstattung vergleichbarer Formate des Hauptveranstalters orientiert habe. Die angebotenen Minutenpreise hätten immer noch deutlich über den vergleichbaren Formaten der Klägerin selbst gelegen. Die Beklagte führe für ihre Ansicht, dass das Finanzierungsangebot unzureichend sei, unzulässige Vergleichsmaßstäbe an. Auch bestünden Zweifel, ob die zugrunde gelegten Zahlen zutreffend seien. Die anderen Vertragsregelungen des Angebots seien entgegen der Auffassung der Beklagten ebenfalls nicht rechtsfehlerhaft. Dies gelte insbesondere auch für die Kündigungsregelung in Ziffer 9.1, die auf dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 2. April 2012 (Az. 5 L147/12.NW) aufbaue.

44

Das zur Frage der Zulässigkeit der Vertragsfortschreibung durch die Beigeladene zu 1) vorgelegte Parteigutachten des Prof. Dr. Hassemer verfolge offenbar primär einen rechtsphilosophischen Ansatz. Bei der Bewertung der Rechtmäßigkeit eines belastenden Verwaltungsaktes gehe es aber um die Gesetzesbindung der Verwaltung und den Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes. Dies gelte in besonderem Maß für den Zentralbereich des Rundfunkrechts (Art. 5 GG). Der belastende Verwaltungsakt „Vertragsfortschreibung“ zu Lasten der Klägerin könne nicht deshalb als Begünstigung ihr gegenüber gewertet werden, weil von der härteren Sanktion Lizenzentzug abgesehen werde. Aus einer Belastung werde keine Begünstigung, nur deshalb weil es gegebenenfalls noch einschneidendere Maßnahmen geben könnte. § 31 Abs. 4 RStV könne nicht als Ermächtigung für die Vertragsfortschreibung ausgelegt werden. Es gehe hier nicht um einen nur feststellenden Verwaltungsakt, sondern um regelnde Gebote. Eine Auslegung, die einen Grundrechtsverstoß (Unverhältnismäßigkeit) gegen einen Eingriff in die Vertragsautonomie austausche, sei ihrerseits nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Soweit sich die Beigeladene zu 1) darauf berufe, dass anderswo eine angemessene Finanzierung des Fensterprogrammveranstalters im Zulassungsbescheid festgesetzt worden sei, sei in dem herangezogenen Beispielsfall eine gutachterliche Empfehlung eingeholt worden, der dann gefolgt worden sei.

45

Das von der Beklagten dargelegte „Gut-Böse-Szenario“ sei verfehlt. Der Klägerin gehe es keineswegs darum, ein seit langem funktionierendes System zugunsten ihrer eigenen publizistischen Interessen und Renditeoptimierung zu sprengen oder zu behindern, sondern sie habe sich erlaubt, Rechtsschutz gegen einen sie belastenden Bescheid zu suchen. Da das Verfahren zur Auswahl und Zulassung von Drittfensterprogrammen gleich auf mehreren Ebenen auf Einvernehmlichkeit ausgerichtet sei, seien publizistische oder ökonomische Aspekte des Hauptprogrammveranstalters Teil seiner verfassungsrechtlich geschützten Rechte.

46

Die Umstände des vorgesehenen Wechsels des Veranstalters für das Programm Sat.1 von der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz zur Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein – MA HSH - und die insoweit mit Bescheid vom 11. Juni 2012 der umgesetzte Zulassungsentscheidung der MA HSH würden keineswegs verschwiegen, seien hier jedoch nicht streitgegenständlich. Die Beantragung einer Neuzulassung seitens der mit der Klägerin nicht identischen Firma ProSiebenSat1 Deutschland GmbH und die mögliche Rückgabe der Rundfunklizenz durch die Klägerin stellten freie unternehmerische Entscheidungen dar, die vom Rundfunk- und Verfassungsrecht respektiert und geschützt würden. Dadurch entstehe auch keine Gefahr für die Meinungsvielfalt, weil die gesetzlichen Regelungen selbstverständlich auch für den neuen Veranstalter bestünden. Das Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Klage bleibe davon unberührt.

47

Die Klägerin beantragt,

48

den Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aufzuheben,

49

hilfsweise,

50

Beweis zu erheben zur Tatsache, dass sich die Versammlung in ihrer Sitzung vom 20. Juni 2011 mit den Vorschlägen und Argumenten der Klägerin, betreffend die auszuschreibenden Sendezeitschienen, aus dem Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 bzw. dem klägerischen Schreiben vom 14. Juni 2011 nicht auseinandergesetzt hat bzw. mangels ausreichender Sachkenntnis nicht auseinandersetzen konnte, durch Vernehmung der in dieser Sitzung vom 20. Juni 2011 anwesenden Mitglieder der Versammlung.

51

Die Beklagte beantragt,

52

die Klage abzuweisen.

53

Sie weist zunächst auf die Bedeutung der Konzentrationsregulierung im Privatfernsehen hin, der durch das System der rundfunkrechtlichen Konzentrationsbegrenzung mit den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrages Rechnung getragen werde. Durch die von der klägerischen Konzernholding beabsichtigte unzulässige Lizenzverlagerung würde das seit rund 15 Jahren funktionierende System in Frage gestellt. Die Beklagte werde sich daher auch gegen die Zulassungsentscheidung der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein vom 11. Juli 2012 anderweitig rechtlich zur Wehr setzen.

54

Die Versuche der Klägerin, die Konzentrationsregulierung der Länder zu unterlaufen, bedürften der gerichtlichen Begrenzung. Im Mittelpunkt der vorliegenden Auseinandersetzung stehe die Frage, ob ein Hauptprogrammveranstalter die kompensatorische Vielfaltsentscheidung der plural zusammengesetzten Versammlung der Beklagten durch Verweigerung eines angemessenen Vertragsangebots an den ausgewählten Drittsendezeitveranstalter leer laufen lassen und sich so über einen längeren Zeitraum den konzentrationsrechtlichen Verpflichtungen entziehen könne. Die übrigen mit der Klagebegründung angesprochenen tatsächlichen und rechtlichen Fragen träten hinter diese Fragestellung zurück. Es bestehe das verfassungsrechtliche Gebot, Tendenzen zur Konzentration zur Sicherstellung eines funktionierenden Meinungsmarktes rechtzeitig und so wirksam wie möglich entgegenzutreten. Zur Sicherung der Meinungsvielfalt bestehe nicht nur ein abstrakter Handlungsauftrag, sondern eine konkret formulierte grundrechtliche Schutzpflicht. Das einfache Gesetz und die Rechtsanwendung müssten sich an dieser Zielvorgabe messen lassen. Der gesetzliche Normalfall des § 31 Abs. 5 und 6 RStV sei vorliegend nicht eingetreten. Für den Fall, dass wie hier der Hauptprogrammveranstalter dem nach Vielfaltskriterien ausgewählten Fensterprogrammveranstalter kein angemessenes Vertragsangebot vorlege, enthalte der Rundfunkstaatsvertrag selbst keine Regelungen. Nur Ziffer 6.3 der Drittsendezeitenrichtlinie sehe vor, dass das Scheitern nach § 31 Nr. 1 RStV der KEK mitgeteilt werde und das weitere Verfahren nach § 26 Abs. 4 oder Abs. 5 RStV durchgeführt werde. Danach stünde als einzige Handlungsmöglichkeit der Widerruf der der Klägerin erteilten Zulassung offen. Konsequenzen eines solchen Widerrufsverfahrens würden jedoch dem verfassungsrechtlichen Ziel, möglichst hohe Meinungsvielfalt sicherzustellen, zuwiderlaufen. Aus diesem Grund sei das in Ziffer 6.3 DSZR angelegte Rechtsverständnis mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Da sich der Widerruf aus verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Gründen nicht sofort vollziehen lasse und außerdem die Zulassung der Klägerin noch bis ins Jahr 2020 bestehe, trage sie allenfalls das Risiko eines Verwaltungsrechtsstreits über den Widerruf. Boykottiere aber der Hauptprogrammveranstalter den Abschluss eines Vertrages zu angemessenen Bedingungen, so liege ein vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelter Zustand vor, der mit der verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Sicherung von Meinungsvielfalt kollidiere. Zur Auffüllung dieser Regelungslücke ermächtige der in § 31 Abs. 5 RStV angelegte Kontrahierungszwang nach Feststellung eines unangemessenen Vertragsangebots dazu, vorübergehend angemessene Vertragsbedingungen aufzuerlegen bzw. wie im vorliegenden Fall fortzuschreiben. Dies sei auch keine einmalige Vorgehensweise. Im Jahr 2009 habe es in Baden-Württemberg eine fast identische Regulierungssituation gegeben, in der schließlich auch die Bedingungen für die Finanzierung eines Fensterprogramms endgültig festgesetzt worden seien. Die KEK habe dies nicht beanstandet. Auch im vorliegenden Fall dürfe die Beklagte aus der allgemeinen Ermächtigung in § 2 Satz 2 i.V.m. § 42 Nr. 7 LMG Rheinland-Pfalz, § 38 Abs. 2 Satz 1 RStV alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, um staatsvertragliche Regelungsziele zu erfüllen. Deshalb sei das vorläufige Fortgelten der Altvereinbarung anzuordnen gewesen. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen wäre möglicherweise dann geboten gewesen, wenn es sich um eine endgültige Festlegung der Vertragsbedingungen hätte handeln sollen. Diese sei jedoch hier nicht erfolgt.

55

Außerdem hätten die Klägerin und die Beigeladene zu 1) bereits über 15 Jahre unbeanstandet Vertragsbeziehungen praktiziert. Um den Verhandlungsdruck für die Klägerin aufrechtzuerhalten, werde die Beklagte die Fortgeltung der Altvereinbarung in Teil A5 Satz 2 des Bescheids vom 17. April 2012 zunächst auf ein Jahr befristen. Die Klägerin und die Beigeladene könnten dann zur Beilegung ihres Streits einen unabhängigen Sachverständigen beauftragen. Mit der angekündigten Befristung würden Zweifel an der Vertragsfortschreibung als mildestem Mittel entfallen. Sollten sich die Klägerin und die Beigeladene künftig nicht über angemessene Vertragsbedingungen einigen, so werde hierüber in einem Rechtsstreit entschieden werden müssen, in dem das Gericht dann ein Sachverständigengutachten einholen müsse.

56

Im Übrigen sei der Zulassungsbescheid insgesamt formell und materiell rechtmäßig. Das Verfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Eine Auswahlentscheidung nach § 31 Abs. 4 RStV sei auch nicht-konsensual möglich. Eine dialogische Auseinandersetzung mit der Klägerin habe mehrfach stattgefunden, eine einvernehmliche Abstimmung sei nicht erforderlich. Am 10. Juni 2011 seien mit der Klägerin die möglichen Sendezeitschienen ausführlich erörtert worden. Die Beklagte sei nicht vorab darauf festgelegt gewesen, dass alles beim Alten bleiben solle. Das könne aus dem Gespräch der Beklagten mit Vertretern der Beigeladenen zu 1) vom 23. Februar 2011 nicht hergeleitet werden. Solche Gespräche mit potentiellen Interessenten seien zulässig und üblich. Hier gebe es einen ausführlichen Vermerk über das betreffende Gespräch und so sei eine umfassende Transparenz hergestellt. Arbeitsgrundlage sei stets gewesen, dass Ausschreibung und Auswahl offen und ohne Vorfestlegung erfolgen sollten. Die frühzeitige Ausschreibung sei notwendig gewesen, um das Verfahren sachgerecht und ohne zeitliche Zumutung für die Gerichte und andere Beteiligten durchführen zu können. Daher seien später auch die drei Terminvorschläge zur Erörterung der zugelassenen Bewerber angemessen gewesen.

57

Die Hinzufügung von zwei Bewerbern zum Dreiervorschlag der Beigeladenen zu 1) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 Halbs. 1 RStV sei unter Einbindung der Versammlung durch den stellvertretenden Direktor geschehen und durch die Versammlung am 17. Oktober 2011 bestätigt worden. Die Versammlung sei nicht notwendig mit der Vorbereitungsmaßnahme „Aufforderung zur Abgabe eines Dreiervorschlags“ zu befassen gewesen.

58

Die KEK sei rechtmäßig beteiligt worden. Man habe zunächst ausdrücklich der Auswahlentscheidung einen Vorbehalt beigefügt. Die Bedenken der KEK seien in den folgenden Sitzungen des Rechts- und Zulassungsausschusses und der Versammlung am 5. Dezember ausführlich erörtert worden, der stellvertretende Direktor der Beklagten habe auf der Sitzung der KEK vom 13. Dezember 2011 zu den Bedenken Stellung genommen. Diese Stellungnahme sei am 5. Dezember 2011 vorbereitet worden. Die KEK habe dann an ihren ursprünglich geäußerten Bedenken nicht mehr festgehalten. Der Rechts- und Zulassungsausschuss und die Versammlung hätten sich am 16. April 2012 eingehend mit den Bedenken der KEK zur vorläufigen Fortschreibung einer Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV auseinandergesetzt.

59

Auch materiell sei die Entscheidung rechtmäßig. Die Sendezeitschienen seien in zulässiger Weise festgelegt worden. Die Beklagte handle nicht im rheinland-pfälzischen Interesse, sondern im Interesse des Vielfaltsanspruchs der bundesweiten Medienordnung. Der Firmensitz der Beigeladenen zu 1) in Mainz habe keine Rolle gespielt. Bezüglich der N 24 Media GmbH seien keine sachfremden Erwägungen angestellt worden. Die bejahte Zulassungsfähigkeit schließe es nicht aus, im Rahmen der programmlichen Vielfaltsentscheidung nach § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV wirtschaftliche oder publizistische Verbindungen zu dem Hauptprogrammveranstalter zu berücksichtigen. Die Versammlung habe in ihrer Sitzung vom 17. Oktober 2011 den zu erwartenden Vielfaltsbeitrag dieser Bewerberin als gering eingeschätzt. Dies sei auf der Grundlage des Sachverhalts erfolgt, dass eine 100prozentige Tochter der Bewerberin an die Klägerin 14,6 % von deren Programmstunden zuliefere. Dieser Sachverhalt relativiere das Maß der redaktionellen Unabhängigkeit im Vergleich zu anderen Bewerbern. Er berge die Gefahr einer wirtschaftlichen Abhängigkeit. Es bestehe zudem die Gefahr eines programmlichen Wohlverhaltens des Fensterprogramm-Veranstalters im Verhältnis zum Hauptprogrammveranstalter. Dies dürfe unter Vielfaltsgesichtspunkten auch dann berücksichtigt werden, wenn die aufgezeigten wirtschaftlichen und redaktionellen Beziehungen nicht die Qualität einer konzentrationsrechtlichen Abhängigkeit erreichten.

60

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

61

die Klage abzuweisen.

62

Sie verweist zur Begründung auf ihr Vorbringen im Eilverfahren 5 L 415/12.NW, in dem sie im Wesentlichen Folgendes ausgeführt hat:

63

Die Klägerin wolle mit allen Mitteln die Auswahl- und Zulassungsentscheidungen der Beklagten torpedieren. Ihre mangelnde Rechtstreue sei auch daran zu ersehen, dass sie sich durch die vorgesehene Rückgabe ihrer noch bis 2020 laufenden nationalen Zulassung bei der rheinland-pfälzischen Medienanstalt auch den Verpflichtungen gegenüber einer Schwestergesellschaft der Beigeladenen zu 1) entziehen wolle, die Zulassungen nach § 25 RStV für das werktägliche Regionalprogramm für Hessen und Rheinland-Pfalz im Programm der Klägerin besitze.

64

Die streitgegenständliche Zulassungsentscheidung vom 17. April 2012 sei rechtmäßig. Der Rundfunkstaatsvertrag sehe die Möglichkeit vor, auch ohne das Einverständnis des Hauptprogrammveranstalters aus Vielfaltsgesichtspunkten einen diesem nicht genehmen Drittfensterveranstalter auszuwählen. Die Versammlung der Beklagten habe hier das Letztentscheidungsrecht. Dem Hauptprogrammveranstalter stehe kein Vetorecht zu. Es gebe angesichts der letzten 15 Jahre auch keinen Grund zu der Annahme, das Programm der Beigeladenen zu 1) entspreche nicht der „Programmfarbe“ der Klägerin.

65

Das wegen der Drittsendezeiten durchgeführte Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren sei in verfahrens- und materiell-rechtlicher Hinsicht fehlerfrei. Etwaige doch eingetretene Verfahrensfehler seien entweder durch die Zulassungsentscheidung vom 17. April 2012 gemäß § 45 VwVfG geheilt worden oder nach § 46 VwVfG unbeachtlich.

66

Dass die Beklagte vor der Ausschreibung Gespräche mit der Beigeladenen zu 1) geführt habe, habe nicht zu einem Verfahrensfehler geführt. Insofern sei der Aktenvermerk vom 24. Februar 2011 missverständlich und unvollständig. Zwar hätten ihre Vertreter dafür geworben, die Ausschreibung möge wieder mit zwei gekoppelten Sendezeitschienen stattfinden. Eine Zusage habe es jedoch nicht gegeben, ein Konsens sei nicht hergestellt worden.

67

Das Ausschreibungsverfahren sei mit Vertretern der Klägerin am 10. Juni 2011 und zuvor schon 10. Mai 2011 erörtert worden, weshalb auch die dritte Sendezeitschiene zeitlich verlegt worden sei. Allerdings sei die Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen nicht allen Wünschen der Klägerin hinsichtlich der Gruppierung von Drittsendezeiten nachgekommen, worauf diese auch keinen Anspruch habe. Die Vergabe von zweimal zwei Sendezeiten führe zur wirtschaftlichen Stärkung der auswählten Bewerber, diene deren Unabhängigkeit und im Ergebnis auch der journalistischen Qualität und damit der Vielfalt. Ein vermeintlicher Mangel im Ausschreibungsverfahren wäre auch unbeachtlich, da im Ergebnis die Formate der beiden Beigeladenen wegen ihrer bekannten vielfaltssichernden Qualität ausgewählt worden seien.

68

Auch das weitere Verfahren sei nicht zu beanstanden. Ein Erörterungsgespräch nach Feststellung der zulassungsfähigen Anträge sei an Zeitproblemen der Klägerin gescheitert, obwohl sie genügend Zeit zur Prüfung der zulassungsfähigen Anträge gehabt habe. Auf einen späteren Termin habe sich die Beklagte nicht mehr einlassen müssen. Zudem habe die Klägerin am 20. September 2011 noch einen Gesprächstermin mit Ministerpräsident Beck gehabt. Sie habe also das Verfahren verschleppen und wohl auch politischen Einfluss auf die Beklagte nehmen wollen. Schließlich habe am 14. Oktober 2011 ein umfassendes Erörterungsgespräch der Klägerin mit dem stellvertretenden Direktor der Beklagten im Ergebnis zu keiner einvernehmlichen Auswahl geführt.

69

Zuständigkeitsvorschriften im Hinblick auf Rechte der Versammlung seien nicht verletzt worden. Auch die KEK sei ordnungsgemäß eingebunden worden. Die Vorbehalte dafür seien nicht zu beanstanden. Die Versammlung habe sich mit den Bedenken der KEK auch befasst, wobei die KEK sich zur Frage der Fortschreibung der Finanzierungsvereinbarung nicht hätte äußern dürfen.

70

Sollten doch Verfahrensfehler festzustellen sein, so hätten diese sich nicht ausgewirkt, denn die getroffene Auswahl- und Zulassungsentscheidung sei alternativlos und wäre unverändert ausgefallen, wenn das Verfahren in anderer Weise verlaufen wäre. Außerdem habe sich die Beklagte aufgrund der umfangreichen Einwendungen der Klägerin und der abgelehnten Mitbewerber in den vorhergegangenen Eilverfahren inzwischen mit allen Fragen umfangreich auseinandergesetzt. Damit sei die Klägerin umfassend gehört worden und etwaige Verfahrensfehler seien so gem. § 45 Abs. 2 VwVfG geheilt.

71

Die Beklagte sei nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet gewesen, die Finanzierungsvereinbarung zwischen der Klägerin und ihr, der Beigeladenen zu 1) fortzuschreiben, nachdem die Klägerin Verhandlungen darüber rechtswidrig boykottiert und im Januar 2012 nur „Dumping-Preise“ angeboten habe, die um rund 35 % unter den bisher vereinbarten Preisen gelegen hätten und in keiner Weise auskömmlich und angemessen seien, und dies, obwohl die bisherigen Finanzierungsvereinbarungen zwischen den Beteiligten in den vergangenen 15 Jahren einvernehmlich geschlossen worden seien. Auch andere angebotene Vertragsklauseln (etwa zu Ablieferungsfristen, Werbeunterbrechungen, Kündigungsrechten) seien staatsvertragswidrig und inakzeptabel gewesen. Zu weiteren Verhandlungen sei die Klägerin laut Aussagen maßgebender Führungspersonen Anfang April 2012 unter Hinweis auf die anstehende Rückgabe der Lizenz nicht bereit gewesen.

72

Angesichts der absehbaren Verzögerungen durch einen Rechtsstreit gegen den - nach Ziffer 6.3. der Drittsendezeitenrichtlinie i.V. m. § 26 Abs. 4 oder 5 RStV bei Nichtzustandekommen einer angemessenen Vereinbarung vorgesehenen - Widerruf der Sendelizenz des Hauptveranstalters bleibe zur effektiven Vielfaltssicherung und Durchsetzung einer sofortigen ausreichenden Finanzierung des Drittfensters letztlich aus verfassungsrechtlichen Gründen nur der von der Beklagten gewählte Weg. Dies bestätige auch ein beigefügtes Rechtsgutachten von Professor Dr. Hassemer.

73

Die Beigeladene zu 2) beantragt ebenfalls,

74

die Klage abzuweisen.

75

Auch sie verweist auf ihre Stellungnahme im Verfahren 5 L 415/11.NW, wo sie insbesondere ausführt, die Rechtsschutzbegehren der Klägerin richteten sich inhaltlich allein gegen die Auswahl der Beigeladenen zu 1); die Vergabe der Lizenz an sie, die Beigeladene zu 2), werde nicht angegriffen. Mit ihr habe die Klägerin auch schnell eine Einigung über die Konditionen des neuen Fensterprogrammes ab 1. Juni 2013 erzielt. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die Entscheidungen vom 17. April 2012 durchaus teilbar. Der gesamte Verlauf der Auseinandersetzung zeige, dass es sich bei der Vergabe der Sendezeiten offenbar um zwei begünstigende und somit auch voneinander abtrennbare Verwaltungsakte handele, die lediglich in einem Bescheid zusammengefasst worden seien. Diese könnten, neben den weiteren Entscheidungen in Abschnitt C und D, jeweils als besondere Streitgegenstände bestehen.

76

Aber auch wenn man den Verwaltungsakt als einheitlich zu betrachten hätte, sei er formell und materiell rechtmäßig.

77

Wie schon im Verfahren 5 L 147/12.NW geltend gemacht worden sei, müsse die Drittsendezeitvergabe nicht einvernehmlich stattfinden. Gem. §§ 30, 31 RStV seien die Bewerber auszuwählen, deren Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt erwarten lasse. Dafür habe die Beklagte einen breiten Ermessensspielraum. Vor der Ausschreibung habe es eine ausreichende Erörterung der Sendezeitschienen zwischen Klägerin und Beklagter gegeben. Nach Eingang der Bewerbungen habe die Klägerin genügend Zeit zur Prüfung gehabt, um einen der Terminsvorschläge der Beklagten anzunehmen. Abgesehen davon wäre es nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen, weil sich die Klägerin eindeutig für andere Kandidaten als die Beigeladenen ausgesprochen habe. So sei es auch beim Erörterungsgespräch vom 14. Oktober 2011 nicht zu einer Einigung gekommen. Dieses Gespräch habe einen etwaigen vorherigen Verfahrensfehler zudem gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt. Um absolute Verfahrensfehler handele es sich nicht.

78

Die Hinzufügung zweier weiterer Bewerber sei nicht fehlerhaft geschehen. Eines ausdrücklichen Beschlusses der Versammlung bedürfe es dafür nicht; ein etwaiger Verstoß gegen die Satzung der Beklagten verletze keine eigenen Rechte der Klägerin. Die Benehmensherstellung mit der KEK sei ordnungsgemäß gewesen; am Ende des Verfahrens habe die KEK gegen die Auswahl beider Beigeladenen keine Bedenken mehr gehabt. Die von der KEK am 13. März 2012 wegen der Fortschreibung der Finanzierungsvereinbarung geäußerten „rundfunkrechtlichen Bedenken bezögen sich alleine auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1), was erneut für die Teilbarkeit des Verfahrens spreche.

79

Die Auswahlentscheidung als solche sei vor dem allein entscheidenden Kriterium des besten Vielfaltsbeitrags nicht angreifbar. Sie könne daher die Klägerin nicht ihren Rechten verletzen, auch wenn dieser die Auswahl nicht genehm sei.

80

Auch nach etwaiger Erteilung der beantragten neuen Zulassung für die ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH bei der MA HSH werde die getroffene Auswahlentscheidung weiterhin Gültigkeit haben. Die Zulassungen der Drittsendezeitveranstalter würden dadurch nicht zum Erlöschen gebracht. In seiner beigefügten Stellungnahme teile der ehemalige Bundesverfassungsrichter Prof. Grimm diese Auffassung.

81

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren, in den vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 L 147/12.NW und 5 L 415/12.NW und in den gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 404/12.NW und 5 K 452/12.NW, außerdem auf den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten und der KEK. Alle genannten Unterlagen sind Gegenstand der Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

82

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012, den die Klägerin wegen des einheitlich durchgeführten Verfahrens und der darin enthaltenen, zum Teil unmittelbar voneinander abhängigen Ent-scheidungen insgesamt anzufechten befugt ist, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

83

Rechtsverletzungen zu Lasten der Klägerin sind bei rechtlicher Prüfung des nach den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags mehrstufigen Verfahrens der Zulassung von unabhängigen Dritten zur Veranstaltung von Sendezeiten im Programm eines privaten Hauptprogrammveranstalters zwar nicht schon auf der Stufe der Ausschreibung geschehen (1), die auf der zweiten Stufe erfolgte Auswahlentscheidung ist jedoch in mehrfacher Hinsicht zu Lasten der Klägerin rechtsfehlerhaft (2). Schließlich lagen zusätzlich erforderliche rechtliche Voraussetzungen für die Erteilung der Zulassung an die Beigeladene zu 1) nicht vor (3).

84

1. Die im Staatsanzeiger von Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 2011 veröffentlichte Ausschreibung der Drittsendezeiten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Weder wurden durch das Verfahren bis zum Beschluss der Versammlung der Beklagten über die Ausschreibung vom 20. Juni 2011 Beteiligungsrechte der Klägerin verletzt (a) noch verstößt der Beschluss inhaltlich gegen Rechtsvorschriften (b).

85

Nachdem mit Beschluss der KEK vom 14. Juni 2011 festgestellt worden war, dass die Klägerin mit dem von ihr veranstalteten Fernsehvollprogramm Sat.1 im Durchschnitt eines Jahres erneut einen Zuschaueranteil von 10 Prozent (hier: 10,1 Prozent) erreicht habe, war die Klägerin gem. § 26 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 30 Nr. 1 RStV zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe der Vorschriften in § 31 RStV - zur Sicherung der Vielfalt im privaten Fernsehen – verpflichtet. Gemäß § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV hatte daher die Beklagte als zuständige Landesmedienanstalt nach Erörterung mit der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin das Fensterprogramm - hier im Umfang von 180 Minuten wöchentlich - zur Erteilung einer Zulassung auszuschreiben.

86

a) Die der Klägerin nach dem Rundfunkstaatsvertrag zustehenden Beteiligungsrechte im Vorfeld der Ausschreibung wurden hier nicht verletzt. Gem. § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV hat vor der Ausschreibung eine Erörterung zwischen Landesmedienanstalt und dem Hauptprogrammveranstalter stattzufinden. Ergänzend hierzu bestimmt Ziffer 5.1. Satz 4 der Richtlinie der Landesmedienanstalten über die Sendezeiten für unabhängige Dritte nach § 31 RStV – Drittsendezeitenrichtlinie – (im Folgenden: DSZR), dass bei der Erörterung vor der Ausschreibung insbesondere festzulegen sei, ob das Fensterprogramm insgesamt oder getrennt für mehrere einzelne Sendeplätze ausgeschrieben werden solle und zu welchen Sendezeiten es voraussichtlich stattfinden solle. Diese Formulierung ist zwar geeignet, den Eindruck zu erwecken, als müsse die Festlegung schon im Vorfeld und einvernehmlich geschehen. Das ginge aber über die im Rundfunkstaatsvertrag hier lediglich statuierte Erörterungspflicht hinaus. Anders als auf der nächsten Stufe, im Auswahlverfahren in § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV, ist auf der Stufe der Ausschreibung von einer angestrebten einvernehmlichen Festlegung nicht die Rede, so dass diese - wegen des Vorrangs der gesetzlichen Regelung vor der lediglich konkretisierenden Richtlinie – auch nicht verlangt werden kann. Das Erörterungsrecht ist jedoch auch kein bloß formales Anhörungsrecht, weil mit der Verteilung der Sendezeiten auf sog. Sendezeitschienen schon eine gewisse Vorfestlegung in der Programmgestaltung verbunden ist, wobei der Hauptprogrammveranstalter im Hinblick auf die Einpassung in sein Hauptprogramm, die voraussichtlich zu erreichenden Zuschaueranteile am jeweiligen Sendeplatz und die u.a. damit zu erwartenden Werbeeinnahmen berechtigte eigene Interessen haben kann. Die Erörterung soll daher der Information über die gegenseitigen Vorstellungen und dem Austausch der Argumente dienen, bevor das zuständige Organ der Landesmedienanstalt die Entscheidung über die Ausschreibungsmodalitäten, die in ihrem pflichtgemäßen Ermessen steht, trifft.

87

Eine solche Erörterung hat jedoch unstreitig stattgefunden. Zunächst gab es zwischen Vertretern der Klägerin und der Beklagten am 10. Mai 2011 ein informelles Gespräch statt. Das förmliche und ausdrücklich als solches bezeichnete Erörterungsgespräch wurde dann am 10. Juni 2011 geführt. Dessen Inhalt wurde in einem Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 14. Juni 2011 nochmals zusammengefasst. Demnach sprachen sich die Vertreter der Klägerin für eine andere Aufteilung der Sendeplätze für Drittsendezeiten als bisher aus, nämlich für eine Bündelung aller Drittsendezeiten auf den Montagabend und die separate Ausschreibung von vier, hilfsweise drei Sendezeitschienen.

88

Da das Erörterungsgespräch selbst nicht mit der Versammlung geführt werden muss und kann, muss die Versammlung zwar – damit dem Sinn und Zweck der Erörterung entsprochen wird - über den wesentlichen Inhalt des Erörterungsgesprächs informiert werden. Es gibt jedoch keinen Grund zu der von der Klägerin geäußerten Annahme, dass dies hier nicht geschehen wäre. Dass die in der Verwaltungsakte zu findende Beschlussvorlage des Direktors der Beklagten noch vom 7. Juni 2011 datiert, ist insofern nicht aussagekräftig. Sie beruht offenbar auf einer Empfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses vom 6. Juni 2011, in der, wie aus der Anlage ersichtlich, die Sendezeitschienen und auch deren Bündelung in der Weise vorgeschlagen wurden, wie sie dann später Gegenstand der Ausschreibung wurden. Im Sachverhaltsteil dieser Vorlage wird am Ende erwähnt, dass ein „erstes Vorgespräch“ mit der Hauptprogrammveranstalterin bereits stattgefunden habe; dabei hätten sich die Beteiligten für die in der Ausschreibung aufgeführten Sendezeitschienen ausgesprochen. - Die Klägerin bestreitet, dass dies am 10. Mai 2011 der Fall gewesen sei. - Weiter heißt es aber auch: „Ein weiteres Erörterungsgespräch ist für den 31. Mai 2011 vorgesehen“. Damit war die Notwendigkeit einer – ggf. auch mündlich möglichen - Aktualisierung der in der Vorlage vermittelten Informationen aufgrund des eigentlichen Erörterungsgesprächs aber vorgezeichnet. Der stellvertretende Direktor der Beklagten hat auch in der mündlichen Verhandlung des Gerichts ausdrücklich versichert, dass die Versammlung zur Sitzung am 20. Juni 2011 in aktualisierter Form unterrichtet worden sei. Es besteht für das Gericht kein Grund zu der Annahme, dass der Versammlung absichtlich Informationen vorenthalten worden sein könnten. Auch Zeitgründe sprechen nicht gegen eine Aktualisierung, denn das Schreiben der Klägerin vom 14. Juni 2011 über das Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 ging am 15. Juni 2011 und damit noch 5 Tage vor der Versammlungssitzung bei der Beklagten ein. Die Versammlung hat sich mit der Frage der Sendezeitenschienenbündelung auch befasst und darüber ausdrücklich beschlossen.

89

Dem Hilfsbeweisantrag der Klägerin, alle am 20. Juni 2011 beteiligten Versammlungsmitglieder zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass sich die Versammlung nicht mit den Vorschlägen und Argumenten der Klägerin, betreffend die auszuschreibenden Sendezeitschienen, aus dem Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 bzw. dem klägerischen Schreiben vom 14. Juni 2011 auseinandergesetzt habe bzw. mangels ausreichender Sachkenntnis nicht habe auseinandersetzen konnte, war nicht nachzugehen. In der gestellten Form war der Antrag als sog. Ausforschungsantrag unzulässig, weil er keine konkreten Tatsachen benennt, die die eine oder andere Art der Befassung mit Argumenten als „Auseinandersetzung“ kennzeichnen könnten. In dieser Form ist die Beweisfrage einer Beweiserhebung nicht zugänglich. Das gilt entsprechend auch für die zum Beweisthema gemachte Frage, ob die Versammlung sich „mangels ausreichender Sachkenntnis“ nicht mit den Argumenten habe befassen können. Auch hier fehlt es an einer konkreten Tatsachenbezeichnung. Eine Zeugenvernehmung hätte der Klägerin erst Anhaltspunkte für ihre Annahme verschaffen sollen, dass die Versammlung nicht über ihre abweichenden Vorstellungen in Kenntnis gesetzt worden sei. Das ist jedoch gerade das Kennzeichen unzulässiger Ausforschungsanträge.

90

b) Soweit die Klägerin geltend macht, die Beklagte hätte hinsichtlich der in der Ausschreibung festgelegten sog. Sendezeitschienen, also der zeitlichen Aufteilung der insgesamt zur Verfügung stehenden Drittsendezeiten auf einzelne Programmplätze, ihre Vorstellungen und Wünsche aus sachfremden Gründen nicht genügend berücksichtigt und damit ihre Rechte verletzt, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Sachfremde Motive dafür, dass die Versammlung die Modalitäten der Ausschreibung in der Sitzung vom 20. Juni 2011 abweichend von den Vorstellungen der Klägerin beschloss und festlegte, dass (lediglich) eine weitere Sendezeitschiene von Sonntag auf Montag verlegt werde und dass Bewerbungen nur jeweils gemeinsam für die 1. und 2. Sendezeitschiene und für die 3. und 4. Sendezeitschiene abzugeben seien, lassen sich nicht feststellen. Für den Verdacht der Klägerin, die Beklagte sei von Anfang an – möglicherweise aus standortpolitischen Gründen - schon zugunsten der Beigeladenen zu 1) als in Mainz ansässiger Bewerberin voreingenommen gewesen, könnten zwar einige Umstände sprechen, etwa der Aktenvermerk über das auf Initiative der Beigeladenen zu 1) von ihr bereits im Februar 2011 mit Vertretern der Beklagten geführte Gespräch, in dem die Frage, wann und wie die Drittsendezeiten für die kommende Lizenzperiode ausgeschrieben würden, Gegenstand war (vgl. Aktenvermerk Bl. 1 der Verwaltungsakte). Auch soll der frühere – verstorbene – Direktor der Beklagten gegenüber einer anderen Bewerberin – der Klägerin im Verfahren 5 K 452/12.NW – im Frühjahr 2011 geäußert haben, es solle „alles beim Alten“ bleiben. Schließlich entspricht die beschlossene Art und Weise der Ausschreibung im Ergebnis auch den Vorstellungen der Beigeladenen zu 1), die ihr Interesse an einer Fortsetzung ihrer Zulassung in dieser Weise schon früh in dem bereits erwähnten Gespräch mit Vertretern der Beklagten am 24. Februar 2011 kundgetan hatte (Vermerk Bl. 1 der Verwaltungsakten der Beklagten). Dem Verdacht der Voreingenommenheit tritt aber nicht nur die Beklagte selbst entschieden entgegen. Er lässt sich objektiv nicht untermauern. Selbst wenn etwa der frühere Direktor der Beklagten persönlich zur erneuten Auswahl der Beigeladenen zu 1) geneigt hätte, würde das nicht den Schluss auf eine gleichartige Motivation der Mehrheit der Mitglieder der Versammlung vom 20. Juni 2011 für ihre Entscheidung über die konkreten Ausschreibungsmodalitäten erlauben.

91

Es ist zudem für das Gericht aus den Äußerungen der Klägerin im Rahmen der Erörterung vor der Ausschreibung auch nicht ersichtlich geworden, dass sie mit ihren Gestaltungswünschen die wiederholte Auswahl der Beigeladenen als Drittsendezeitveranstalterin hätte verhindern wollen und dass ihr aus diesem Grunde das Bündeln oder Nichtbündeln der Sendezeitschienen besonders wichtig gewesen wäre. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus dem Schreiben vom 14. Juni 2011, in dem das Ergebnis des Erörterungsgespräches vom gleichen Tag nochmals aus Sicht der Klägerin wiedergegeben und insbesondere der Wunsch nach Zusammenfassung aller Sendezeitschienen auf den Montagabend hervorgehoben wurde. Es dürfte deshalb auch keinen Grund für die Vertreter der Beklagten gegeben haben, dies vor und in der Sitzung der Versammlung vom 20. Juni 2011 besonders zu problematisieren.

92

c) Inhaltlich verstößt die Entscheidung für eine Koppelung je zweier Sendezeitschienen auch sonst nicht gegen Rechtsvorschriften. Insbesondere führt dies nicht zu ungleichen Chancen für die Bewerber oder zu unsachgemäßen Resultaten unter dem Aspekt der angestrebten Vielfalt. Dass auf diese Weise maximal zwei Bewerber zum Zuge kommen konnten, denen je zwei Sendezeitschienen für ihre Programmbeiträge zur Verfügung standen, ermöglichte zweifellos auch eine wirtschaftlichere Planung für den jeweiligen Fensterprogrammveranstalter, und davon mag die Beigeladene zu 1), deren Tätigkeit sich, soweit ersichtlich, bisher auf die Produktion der Fensterprogramme bei Sat.1 beschränkt, möglicherweise am meisten profitieren. Dieser Effekt kommt aber grundsätzlich jedem ausgewählten Bewerber zugute. Die Zusammenfassung von Sendezeitschienen beschränkt auch nicht von vornherein die angestrebte Vielfalt, weil leistungsfähige Bewerber auch verschiedene Programminhalte anbieten können. Im Übrigen hätte auch die von der Klägerin gewünschte separate Ausschreibung am Ende nicht automatisch zur Auswahl von vier verschiedenen Drittsendezeitveranstaltern führen müssen. Sofern sich Bewerber jeweils auf mehrere Schienen bewarben, wäre auch dann die Auswahl desselben Bewerbers für mehrere Sendezeitschienen möglich gewesen.

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2. Im nachfolgenden Abschnitt zwischen Eingang der Bewerbungen und der eigentlichen Auswahlentscheidung hat das Verfahren jedoch in mindestens dreifacher Hinsicht einen rechtswidrigen Verlauf genommen. Hier wurden in zweifacher Weise wesentliche Beteiligungs- und Verfahrensrechte der Klägerin aus § 31 Abs. 4 Sätze 2 bis 5 RStV verletzt, nämlich deren Recht auf Erörterung mit dem Ziel einer einvernehmlichen Auswahl gem. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV (a), deren Recht auf ein ordnungsgemäßes Auswahlverfahren im Zusammenhang mit der Abgabe eines Dreiervorschlags nach § 31 Abs. 4 Sätze 4 und 5 RStV (b). Weitere Verfahrensfehler sind denkbar, können aber dahinstehen (c). Schließlich verletzt die Auswahlentscheidung jedoch auch das Recht der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin auf ermessensfehlerfreie, am Maßstab der größtmöglichen Vielfalt ausgerichtete Auswahlentscheidung nach § 31 Abs. 4 Sätze 6 und 7 RStV (d).

94

Nach § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV überprüft die zuständige Landesmedienanstalt die eingehenden Anträge auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen dieses Staatsvertrages sowie der sonstigen landesrechtlichen Bestimmungen und teilt dem Hauptprogrammveranstalter die zulassungsfähigen Anträge mit. Sie erörtert mit dem Hauptprogrammveranstalter die Anträge mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen (Satz 3). Kommt eine Einigung nicht zustande und liegen der zuständigen Landesmedienanstalt mehr als drei zulassungsfähige Anträge vor, unterbreitet der Hauptprogrammveranstalter der zuständigen Landesmedienanstalt einen Dreiervorschlag (Satz 4). Die zuständige Landesmedienanstalt kann unter Vielfaltsgesichtspunkten bis zu zwei weitere Vorschläge hinzufügen, die sie erneut mit dem Hauptprogrammveranstalter mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen, erörtert (Satz 5). Kommt eine Einigung nicht zustande, wählt sie aus den Vorschlägen denjenigen Bewerber aus, dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptprogrammveranstalters erwarten lässt und erteilt ihm die Zulassung (Satz 6). Bei drei oder weniger Anträgen trifft die zuständige Landesmedienanstalt die Entscheidung unmittelbar (Satz 7).

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Diese Regelungen sind primär darauf ausgerichtet, dass die Auswahl der Dritt-sendezeitanbieter möglichst einvernehmlich zwischen Landesmedienanstalt und Hauptprogrammveranstalter vor sich geht. Dem sollen insbesondere die Erörterungspflichten dienen, die auf mehreren Stufen des Verfahrens vorgesehen sind. Dabei ist wesentliches Auswahlkriterium, dass der Bewerber einen zusätzlichen Beitrag zur Vielfalt im Hauptprogramm leistet. Kommt es zu einer einvernehmlichen Auswahl, ist nicht erforderlich, dass der Bewerber mit dem größten Vielfaltsbeitrag zum Zuge kommt. Erst wenn sich Landesmedienanstalt und Hauptprogrammveranstalter nach der Erörterung auf der ersten Stufe (noch) nicht auf einen Drittsendezeitveranstalter für die ausgeschriebene Sendezeit einigen, wird das Verfahren zur Auswahl gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV fortgesetzt.

96

Diesem konsensualen Regulierungssystem des Rundfunkstaatsvertrags (so bezeichnet vom OVG Rheinland-Pfalz im Beschluss vom 6. November 2003, 2 B 11374/03.OVG, ESOVG RP) liegt die Annahme zugrunde, dass bei einer einvernehmlichen Auswahl zwei hohe, jeweils im Verfassungsrecht wurzelnde Rechtsgüter in Einklang gebracht werden können, nämlich einerseits die aus der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Rundfunkfreiheit folgende Aufgabe des Gesetzgebers, freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk zu gewährleisten. Dazu bedarf es nach dem sog. Dritten Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 16. Juni 1981, BVerfGE 57, 295-335, - hier zitiert nach juris -) einer positiven Ordnung, welche sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet und dass auf diese Weise umfassende Informationen geboten werden (BVerfG, a.a.O, Rdnr. 88). Dazu gehöre – und das liege in der Verantwortung des Gesetzgebers –, dass ein Gesamtangebot bestehe, in dem die für die freiheitliche Demokratie konstitutive Meinungsvielfalt zur Darstellung gelange (BVerfG, a.a.O., Rdnr. 94).

97

Dem steht das ebenfalls in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, aber auch in Art. 14 GG gründende Recht des Hauptprogrammveranstalters auf Auswahl, Inhalt und Gestaltung seines Fernsehprogramms gegenüber (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 17. Juli 2003, 6 B 2458/03 - juris - Rdnr. 68 unter Hinweis auf BVerfGE 90, 60 ff.). Anders formuliert geht es darum, eine Auswahlentscheidung zu treffen, bei der die rundfunkbehördliche Aufgabe der Pluralitätssicherung und das Interesse des Hauptprogrammveranstalters an der Wahrung seiner programmlichen Identität jeweils bestmöglich zur Geltung kommen. Aus der gesetzlichen Regelungsabsicht, dem bundesweit zugelassenen Hauptprogrammveranstalter für sein verfassungsrechtlich abgestütztes Bestreben, von Eingriffen in seine Sendezeit tunlichst verschont zu werden, durch Einräumung eines Mitentscheidungsrechts bei der Auswahl der Fensterprogrammanbieter eine Kompensation zu gewähren (so OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. November 2003, a.a.O.), folgt klar, dass es sich hier um ein essentielles Mitwirkungsrecht des Hauptprogrammveranstalters handelt.

98

a) Im vorliegenden Auswahlverfahren fand jedoch eine Erörterung auf der ersten Stufe - nach Eingang aller Bewerbungen und Mitteilung der zulassungsfähigen Anträge an den Hauptprogrammveranstalter gem. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV -überhaupt nicht statt, weil die Beklagte die zeitlichen Schwierigkeiten der Klägerin mit den vorgeschlagenen Terminen als Verzögerungstaktik wertete und auf ihre alternativen Vorschläge nicht mehr einging. Dieses Verhalten der Beklagten widersprach klar dem Rundfunkstaatsvertrag, der weder eine Frist für die notwendige Erörterung setzt noch Ausnahmen von der Erörterungspflicht vorsieht. Solche Ausnahmen könnten daher nach Auffassung der Kammer allenfalls in Betracht kommen, wenn das Verfahren sonst in einer Weise blockiert zu werden drohte, die eine rechtzeitige Zulassungsentscheidung vor Beginn des Zulassungszeitraums nicht mehr erlauben würde. Solche Umstände lagen jedoch am 26. September 2011 nicht vor, als der stellvertretende Direktor der Beklagten der Klägerin gegenüber „feststellte“, eine einvernehmliche Auswahl sei auf der ersten Stufe nicht zustande gekommen. Zu diesem Zeitpunkt lagen der Klägerin die umfangreichen Bewerbungsunterlagen der sechs von der Beklagten vorläufig als zulassungsfähig angesehenen Bewerber erst knapp einen Monat vor. Sie hatte auch gegenüber der Beklagten bereits erläutert, warum die vorgeschlagenen Termine für sie nicht einzuhalten seien, und alternative Terminsvorschläge für den 14. Oktober bzw. für Anfang November 2011 unterbreitet. Da der letzte von der Beklagten von Anfang an vorgeschlagene Termin der 5. Oktober 2011 gewesen war, hatte die Beklagte daher wegen einer Verzögerung um neun Tage bis höchstens einen Monat keinen Grund zu der Annahme, die Klägerin wolle unter Vorwänden das Verfahren verzögern und verschleppen. Sie war folglich auch nicht berechtigt, ohne irgendein zeitliches Entgegenkommen ihrerseits einseitig so frühzeitig das Scheitern einer einvernehmlichen Auswahl zu konstatieren. Die Klägerin widersprach dieser Verfahrensweise daher auch im Antwortschreiben vom 7. Oktober 2011 und formulierte den von ihr bis spätestens zum 10. Oktober 2011 verlangten Dreiervorschlag ausdrücklich unter Vorbehalt.

99

Diese Verkürzung des Verfahrens durch die Beklagte, die der Klägerin die Möglichkeit nahm, ihre Argumente für von ihr bevorzugte Bewerber darzulegen und zu versuchen, mit der Beklagten zunächst aus dem gesamten Bewerberfeld zu einer gemeinsam getragenen Lösung zu kommen, ist angesichts der verfassungsrechtlichen Verankerung des Beteiligungs- bzw. Mitentscheidungsrechts des Hauptprogrammveranstalters an der Auswahl der Drittsendezeitveranstalter in ihrer Tragweite mit einer unterlassenen Anhörung gem. § 28 VwVfG nicht vergleichbar. Sie war daher auch nicht wie ein solcher Anhörungsfehler ohne Weiteres nach § 45 VwVfG heilbar. Die Erörterung mit dem Ziel der einvernehmlichen Auswahl hätte nur auf derselben Verfahrensstufe nachgeholt werden können. Dies ist nicht geschehen. Das Erörterungsgespräch am 14. Oktober 2011 konnte keine heilenden Auswirkungen mehr auf die unterbliebene Erörterung gem. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV haben, denn es fand - nach Abgabe eines Dreiervorschlags seitens der Klägerin und dessen Ergänzung durch zwei weitere von der Beklagten benannte Bewerber - bereits auf der nächsten Verfahrensstufe statt, die gem. § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV eine neue, weitere Erörterungspflicht auslöste.

100

Ist somit die Auswahlentscheidung wegen Verletzung wesentlicher Mitwirkungsrechte der Klägerin rechtswidrig zustande gekommen, führt schon dies zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Zulassungsbescheids.

101

b) Auch die nächste Verfahrensstufe, eingeleitet durch Abgabe eines Dreiervorschlags gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV durch die Klägerin und dessen Ergänzung durch die Beklagte gem. § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV, verlief – unter Verletzung von Beteiligungsrechten der Klägerin - nicht staatsvertragskonform und stellt einen weiteren Grund für die Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidung dar, diesmal allerdings nur bezogen auf die Zulassung zu Gunsten der Beigeladenen zu 2) für die 3./4. Sendezeitschiene.

102

Die Beklagte hätte die Klägerin nicht zur Abgabe eines einheitlichen Dreiervorschlags für beide jeweils zusammengefassten Sendezeitschienen auffordern dürfen, sondern diese Aufforderung auf die 3. und 4. Sendezeitschiene beschränken müssen, weil sich nur auf diese Sendezeitkombination mehr als drei zulassungsfähige Antragsteller beworben hatten. Die Vorschriften in § 31 Abs. 4 RStV über die Auswahl unter mehreren Bewerbern beziehen sich nämlich ersichtlich auf das Modell eines einheitlichen Vergabeverfahrens, in dem sich alle Interessenten grundsätzlich auf die zur Verfügung stehende Drittsendezeit insgesamt bewerben. Das zeigt deutlich die Formulierung in § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV, wonach die zuständige Landesmedienanstalt „das Fensterprogramm“ zur Erteilung „einer Zulassung“ ausschreibt und – nach Satz 6 – bei nicht einvernehmlicher Einigung und Ergänzung des Dreiervorschlags aus den Vorschlägen „denjenigen Bewerber“ auswählt, „dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt …. erwarten lässt, und erteilt ihm die Zulassung“. Eine Aufspaltung der Drittsendezeiten hatten die gesetzgebenden Länder bei der Abfassung dieser Vorschriften nicht im Blick; diese Möglichkeit erwähnt erst die DSZR in ihrer Ziffer 5.1. Die Aufteilung der Drittsendezeit auf mehrere Sendeplätze oder Sendezeitschienen widerspricht den Vorschriften des RStV allerdings auch nicht. Es ist lediglich erforderlich, die Vorschriften jeweils auf diejenigen konkret zur Bewerbung ausgeschriebenen Sendezeitschienen zu beziehen, hinsichtlich derer eine Bewerberkonkurrenz auftritt oder auftreten kann und hinsichtlich derer eine separate Zulassung erteilt werden soll, weil nach den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags aus einem Dreiervorschlag – ggf. nach Ergänzung gem. § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV - nur ein einziger Bewerber übrig bleiben soll, dem dann auch die einzige zur Verfügung stehende Zulassung erteilt werden kann.

103

Nach diesem Verständnis gab es vorliegend inhaltlich zwei parallele, auf zusammengefasster Ausschreibung beruhende Bewerbungsverfahren. Konkurrenzsituationen gab es hier nämlich in beiden Teil-Verfahren: Für die 1. und 2. Sendezeitschiene hatten sich drei Interessenten, darunter die Beigeladene zu 1) beworben, für die 3. und 4. Sendezeitschiene waren fünf Interessenten vorhanden. Beide Kombinationen waren daher jede für sich nach den Regeln in § 31 Abs. 4 Sätze 4-7 RStV zu behandeln (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2010 – 10 ME 439/08 –, juris, in der nur eine von zwei ausgeschriebenen Sendezeitschienen streitgegenständlich war). Nach der hier geübten fehlerhaften Handhabung wären aber am Ende – auf der Grundlage eines einzigen, noch ergänzten Dreiervorschlags – z w e i Bewerber auszuwählen gewesen, die beide eine eigene Zulassung erhalten sollten.

104

Der Fehler wirkte sich allerdings nur auf die Auswahl der Beigeladenen zu 2) aus. Bei rechtmäßiger – nämlich getrennter – Verfahrensweise hätte die Beklagte nämlich für die Kombination aus 1. und 2. Sendezeitschiene gem. § 31 Abs. 4 Satz 7 RStV unmittelbar einen Bewerber auswählen können, da hier nur drei zulassungsfähige Bewerber vorhanden waren. Für die zweite Sendezeitschienen-Kombination war jedoch die Abgabe eines Dreiervorschlags, und zwar alleine bezogen auf den hierfür vorhandenen Bewerberkreis, gem. § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV erforderlich. Hier hatten sich insgesamt fünf Bewerber rechtzeitig beworben, die im Schreiben des Direktors der Beklagten an die Klägerin vom 23./26. August 2011 zunächst auch unter Vorbehalt sämtlich als zulassungsfähig bezeichnet worden waren. Erst später, nämlich in ihrer ersten Sitzung nach Eingang der Bewerbungen am 17. Oktober 2010, erklärte die Versammlung der Beklagten nur vier dieser Bewerber für zulassungsfähig.

105

Das fehlerhafte Verfahren zur Abgabe eines Dreiervorschlags, das durch die entsprechende Aufforderung im Schreiben der Beklagten vom 26. September 2011 eingeleitet wurde, verletzte hinsichtlich der zweiten Sendezeitschienenkombination die Beteiligungsrechte der Klägerin erneut. Sie musste davon ausgehen, dass sie insgesamt nur drei Bewerber für beide Sendezeitschienenkombinationen benennen konnte, und dass auch die Beigeladene zu 1) zum maßgeblichen Bewerberkreis gehöre. Damit wurde sie für die zweite Sendezeitschienenkombination in ihrer Auswahlmöglichkeit unzulässig beschränkt.

106

Dieser Fehler wirkte sich auf die Rechtmäßigkeit der Zulassungsentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 2) im Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aus. Aus 46 VwVfG lässt sich insoweit nichts zugunsten der Beklagten herleiten. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Ein Einfluss des fehlerhaften Verfahrens auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung kann hier aber keineswegs ausgeschlossen werden. Es ist vielmehr offen, welche drei der zunächst fünf als zulassungsfähig bezeichneten Bewerber die Klägerin benannt hätte, wäre das Dreiervorschlagsverfahren staatsvertragskonform abgelaufen und hätte sie sich daher nicht gleichzeitig um den aus ihrer Sicht geeigneten Bewerber für die 1. und 2. Sendezeitschiene Gedanken machen müssen. Offen ist auch, ob die Beklagte dann überhaupt von ihrem Ergänzungsrecht Gebrauch gemacht hätte. Möglicherweise wäre es bei einer so veränderten Ausgangslage zumindest für die zweite Schienen-Kombination sogar nachträglich noch zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen, die auch nicht zwangsläufig auf die Beigeladene zu 2) hätte hinauslaufen müssen. Für das weitere Verfahren hätte auch dies einen erheblichen Unterschied gemacht. Die Klägerin hätte insoweit keinen Anlass zur Klageerhebung gehabt und es wäre eventuell auch nicht in gleichem Umfang zu Konkurrentenklagen gekommen.

107

Welcher alternative Geschehensablauf der wahrscheinlichste ist, ist im Rahmen von § 46 VwVfG nicht erheblich; es genügt für dessen Unanwendbarkeit, dass überhaupt alternative Ablaufmöglichkeiten bestehen.

108

c) Ob die Klägerin zu Recht weitere formelle Fehler im Auswahlverfahren rügt, kann dahinstehen. Das gilt zum einen für die Frage, ob der stellvertretende Direktor der Beklagten die Ergänzung des Dreiervorschlages intern allein entscheiden konnte. Darauf kommt es angesichts des anderweit fehlerhaften Dreiervorschlagsverfahrens nicht an.

109

Schwerer wiegt der Einwand, die Versammlung habe sich nicht mit den Bedenken der KEK auseinandergesetzt, die diese mit Schreiben vom 27. Oktober und 9. November 2011 geäußert habe (u.a. zum Vorab-Ausschluss der N 24 Media GmbH und zur mehrfachen Zulassung der am 17. Oktober 2011 ausgewählten Bewerber). Auch hier verdichtet sich der Eindruck, dass die Beklagte zu eilig vorging und daher die Verfahrensabläufe nicht jederzeit mit dem Rundfunkstaatsvertrag konform waren. Nach § 36 Abs. 5 Satz 2 RStV ist bei Auswahl und Zulassung der Veranstalter nach Satz 1 – das sind Regionalfensterveranstalter und Fensterprogrammveranstalter nach § 31 Abs. 4 RStV – vom zuständigen Organ der Landesmedienanstalt z u v o r (Hervorhebung durch das Gericht) das Benehmen mit der KEK herzustellen. Dies war bei der von der Versammlung der Beklagten am 17. Oktober 2011 unter dem Vorbehalt der Benehmensherstellung beschlossenen Bewerberauswahl noch nicht der Fall. Deshalb wertet die Kammer als eigentliche Auswahlentscheidung auch erst den Umlaufbeschluss des Haupt- und Zulassungsausschusses der Klägerin vom 19. Dezember 2011, der durch die Versammlung am 13. Februar 2012 nochmals bestätigt wurde. Dafür spricht auch, dass die Klägerin erst im Anschluss daran durch Schreiben vom 9. Dezember 2011 zum Abschluss einer Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV mit den ausgewählten Bewerbern, den Beigeladenen zu 1) und 2) aufgefordert wurde. Erst damit war also das Auswahlverfahren als zweite Stufe des Zulassungsverfahrens abgeschlossen.

110

Alle Verfahrensfehler, die auf dieser Stufe geschehen sind, waren danach keiner Heilung mehr zugänglich. Auch wenn gem. § 44 a VwGO Rechtsschutz nur gegen die am Ende schriftlich zu erlassende Zulassungsentscheidung zu erlangen ist (vgl. dazu im Einzelnen den Beschluss der Kammer vom 4. April 2012 im zwischen denselben Beteiligten geführten vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 L 147/12.NW), sind die einzelnen Verfahrensstufen selbständig zu beurteilen, weil sie aufeinander aufbauen. Die Zulassungsentscheidung kann nur rechtmäßig sein, wenn die zugelassenen Bewerber zuvor auch rechtmäßig ausgewählt worden waren. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach der Sach- und Rechtslage am Ende des Auswahlverfahrens.

111

d) Schließlich leidet die Auswahlentscheidung auch an einem materiell-rechtlichen Mangel, der zusätzlich zur Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidungen führt. Die Versammlung der Beklagten hat nämlich die Auswahl unter allen zur Verfügung stehenden Bewerbern nicht in rechtlich einwandfreier Weise getroffen. Es steht ihr zwar als pluralistisch zusammengesetztem Gremium ein Beurteilungsspielraum zu, der gerichtlich nicht überprüfbar ist. Der Entscheidung darf aber kein unzutreffender oder unvollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegen, die gesetzlichen Beurteilungsmaßstäbe dürfen nicht falsch angewendet werden und es dürfen keine sachfremden Erwägungen leitend gewesen sein (dazu allgemein OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2003, a.a.O, Rdnr. 31 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung).

112

Da vorliegend die Entscheidung nicht im Einvernehmen mit der Klägerin zustande gekommen ist, musste sich die Versammlung ausschließlich am Maßstab des § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV orientieren, durfte also nur diejenigen beiden Bewerber auf den jeweiligen Sendezeitschienen-Kombinationen auswählen, die nach ihren Bewerbungsunterlagen und -angaben oder auf sonstiger objektiv-sachlicher Grundlage erwarten ließen, dass ihre angebotenen Programmformate von allen Bewerberangeboten den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Hauptprogramm leisten würden. Diese Auswahl lässt sich rechtmäßig nur treffen, wenn an alle Bewerbungen objektiv die gleichen Auswahlkriterien angelegt werden. Das erfordert insbesondere, dass solche Kriterien überhaupt definiert werden und dass die Mitglieder der Versammlung ihre Auswahlentscheidung nach bestem Wissen an diesen Kriterien orientiert treffen. Außerdem sind hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der Gründe für die getroffene Entscheidung strengere Anforderungen an deren Begründung zu stellen.

113

Hier hat die Versammlung der Beklagten die Auswahlentscheidung nicht nach für alle Bewerber gleichen, rechtlich einwandfreien Kriterien getroffen. Sie hat vielmehr gegenüber der – von der Klägerin in ihrem Dreiervorschlag mitbenannten – Bewerberin N 24 Media GmbH – selbst Klägerin im Verfahren 5 K 452/12.NW – Gründe angeführt, die vor dem Hintergrund der rundfunkrechtlichen Regelungen nicht sachgerecht sind. Obwohl die Beklagte deren Zulassungsfähigkeit nach den Kriterien des § 31 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV bejaht hatte – und zwar unter Verweis auf eine entsprechende Prüfung der KEK im Jahre 2010 (vgl. die Schreiben der Beklagten an die Klägerin und die KEK vom 26. August 2011) – schied sie diese Bewerberin bei der Beurteilung des Vielfaltsbeitrags schon vorweg aus dem in Betracht kommenden Bewerberkreis aus, weil erhebliche Zweifel an ihrer redaktionellen Unabhängigkeit in Bezug auf die Fensterprogramme bestünden, und zwar wegen „zu großer Nähe“ zur Klägerin, der die Tochtergesellschaft der N 24 Media GmbH schon in großem Umfang Auftragsproduktionen für das Hauptprogramm zuliefere. Ein solches zusätzliches Auswahlkriterium findet jedoch in Rundfunkstaatsvertrag und Drittsendezeitenrichtlinie keine Stütze. Im Einzelnen ist dies im Urteil der Kammer vom gleichen Tage im Verfahren 5 K 452/12.NW ausgeführt, das auch gegenüber den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ergangen ist, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen Urteilsgründe Bezug genommen wird.

114

Dieser Fehler macht die Auswahlentscheidung im Hinblick auf beide Sendezeitschienen-Kombinationen zusätzlich rechtswidrig, weil sich die Bewerbung der N 24 Media GmbH auf alle vier Sendezeitschienen bezog, und verletzt auch die Klägerin in ihren Rechten, denn sie muss nur einen mit ihr nicht ausgewählten Drittsendezeitveranstalter akzeptieren, der rechtmäßig ausgewählt worden ist.

115

3) Unabhängig von den bisher dargelegten Mängeln des Auswahlverfahrens, die zur Folge haben, dass auf die Anfechtungsklage der Klägerin hin der Zulassungsbescheid aufzuheben und das Auswahlverfahren mit allen zulassungsfähigen Bewerbern nochmals durchzuführen ist, hätte speziell die Zulassung der Beigeladenen zu 1) auch deswegen nicht erfolgen dürfen, weil es an der nach § 31 Abs. 5 RStV erforderlichen Vereinbarung über eine angemessene Finanzierung ihres Drittsendeprogrammes fehlte.

116

Dabei kann dahinstehen, ob aufgrund der rechtswidrig zustande gekommenen Auswahlentscheidung die Klägerin schon gar nicht verpflichtet war, auf der nächsten Stufe in Verhandlungen mit den ausgewählten Bewerbern einzutreten, und dies nur rechtlich noch nicht geltend machen konnte (vgl. dazu den oben genannten Beschluss vom 4. April 2012, a.a.O.), oder ob dennoch die Pflicht zur weiteren Mitwirkung gem. § 31 Abs. 5 RStV – unter dem Vorbehalt späterer rechtlicher Nachprüfung – bestand. Jedenfalls war die Beklagte nicht berechtigt, die bis zur gesetzten Frist mangels Einigung über die Finanzierung und wegen unterschiedlicher Rechtsauffassungen über weitere von der Klägerin formulierte Vertragsklauseln nicht zustande gekommene Vereinbarung der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1) im Zulassungsbescheid durch eine – nachträglich bis Ende Mai 2013 befristete – „Fortschreibung“ der bisherigen Vereinbarung zu ersetzen und damit diese gem. § 31 Abs. 5 und 6 RStV für die Zulassung notwendige Voraussetzung erst selbst zu schaffen. Das Gericht teilt hier in den wesentlichen Punkten die von der KEK in ihrem Beschluss vom 13./21. März 2012 – KEK 660-3 – eingehend dargelegte Rechtsaufassung, dass eine solche einseitige hoheitliche Fortschreibung der für die aktuelle Zulassungsperiode geschlossenen privatrechtlichen Vereinbarung zwischen Hauptprogrammveranstalter und ausgewähltem Drittsendezeitveran-stalter nicht zulässig ist.

117

Der Kammer kommt es unter den hier gegebenen Umständen nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Fortschreibung unter dem Aspekt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüber der Klägerin ein milderes Mittel ist, als wenn nach Ziffer 6.3. DSZR verfahren und gem. § 26 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 5 RStV der Widerruf der der Klägerin erteilten Lizenz in die Wege geleitet worden wäre. Ebenso kann die Frage dahinstehen, ob ein Widerruf überhaupt für sofort vollziehbar erklärt werden könnte oder diese Sanktion sonst nur ein „stumpfes Schwert“ wäre.

118

Wesentlich ist vielmehr zum einen, dass es zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) streitig und bisher durch die Beklagte nicht genügend aufgeklärt ist, ob das von der Klägerin vorgelegten Vereinbarungsangebot tatsächlich nicht zu angemessenen Bedingungen im Sinne von § 31 Abs. 5 RStV erfolgt ist. Davon hängen aber die weiteren Konsequenzen entscheidend ab. Denn Ziffer 6.2 DSZR erklärt ein Finanzierung für in der Regel ausreichend, wenn sie sich an den durchschnittlichen Programmkosten des Hauptveranstalters für vergleichbare Sendeplätze orientiert. Vorliegend hatte die Klägerin bereits nach der vorläufigen Auswahlentscheidung im Oktober erste Kontakte mit der Beigeladenen zu 1) aufgenommen, vergeblich um eine aktuelle Kalkulation gebeten und daraufhin auf der Basis von ihr als vergleichbar angesehener eigener Programmformate mit gewissen Zuschlägen eine Finanzierung angeboten, deren Sätze allerdings gegenüber den früheren Vereinbarungen erheblich niedriger waren. Daneben bot sie zusätzliche Leistungen, z.B. in Form der Übernahme bestimmter Kosten an (vgl. dazu Ziffer 2.2.6. des Beschlusses der KEK vom 13./21. März 2012) an, deren Wert bei einer Gesamtbeurteilung mit einbezogen werden müsste.

119

Die Beklagte hätte daher zunächst, anstatt innerhalb eines knappen Monats nach Ablauf der den Beteiligten für den Abschluss einer Vereinbarung gesetzten Frist schon unmittelbar die Entscheidung für den ungewöhnlichen Weg der hoheitlichen Fortschreibung zu treffen, die Angemessenheit der angebotenen Finanzierungsbedingungen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens prüfen lassen müssen. Dessen Ergebnis hätte dann ggf. die Beteiligten veranlasst, die Vereinbarung anzupassen, oder jedenfalls geklärt, welcher der beiden in Ziffer 6.3 DSZR aufgezeigten Wege zu gehen gewesen wäre: Ein angemessenes Angebot müsste die Beigeladene zu 1) annehmen; im Weigerungsfalle wäre mit den verbliebenen Bewerbern erneut in das Auswahlverfahren einzutreten (Ziffer 6.3 Satz 1 DSZR). Andernfalls, wenn der Hauptveranstalter die nach § 26 Abs. 5 Sätze 1 und 2 RStV zur Einräumung von Drittsendezeit erforderlichen Maßnahmen nicht träfe, müsste die zuständige Medienanstalt – nach entsprechender Feststellung durch die KEK – dessen Zulassung unmittelbar aufgrund der zwingenden Vorschrift in § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV widerrufen.

120

Die KEK weist in ihrem Beschluss vom 13./21. März 2012, in dem sie ihre „rundfunkrechtlichen Bedenken“ gegen die Fortschreibung der Vereinbarung ausführlich darlegt, zu Recht darauf hin, dass die Regelungen von Drittsendezeitenrichtlinie und Rundfunkstaatsvertrag hier ohne Weiteres miteinander vereinbar sind und klare Vorgaben enthalten, die auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen. Sie sieht deshalb keine anderweitig auszufüllende Regelungslücke oder Auslegungsmöglichkeit, die den Weg für die gewählte Fortschreibung eröffnen würde. Dem schließt sich die Kammer in vollem Umfang an. Auch sie sieht in § 31 Abs. 5 und Abs. 6 RStV eindeutig keine Ermächtigung zu einem hoheitlichen Eingriff in die Privatautonomie der Rundfunkveranstalter. Dafür gibt es weder dem Wortlaut noch der Systematik nach einen Anknüpfungspunkt. Die Aufnahme wesentlicher Vereinbarungsinhalte in die Zulassung gem. § 31 Abs. 6 RStV setzt vielmehr gerade eine vorher privatautonom getroffene Vereinbarung der künftigen Vertragspartner gerade voraus (zur Wechselbezüglichkeit der privatrechtlichen Vereinbarung und der entsprechenden Zulassungsbedingungen vgl. auch den Beschluss der Kammer vom 4. April 2012 im Verfahren 5 L 147/12.NW).

121

Auch räumt § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV als zwingende Vorschrift der Landesmedienanstalt kein Ermessen zur Anwendung eines alternativen – möglicherweise milderen, vielleicht aber auch nur andersartigen, aber ähnlich einschneidenden – Mittels ein (vgl. dazu auch Ziffer 2.3.8 des genannten Beschlusses der KEK ).

122

Die Fortschreibung wird, weil es für sie keine Rechtsgrundlage gibt, schließlich auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Beigeladene zu 1) und mit ihr die Beklagte nicht nur die angebotenen niedrigeren Finanzierungskosten für unzumutbar halten, sondern auch andere Vertragsklauseln beanstanden. Ob diese Klauseln - insgesamt oder nur teilweise – mit den rundfunkrechtlichen Regelungen vereinbar oder als unzulässig zu qualifizieren sind, weil sie zu einer unangemessenen Einschränkung der Beigeladenen zu 1) als Drittsendezeitveranstalterin führen würden (hierzu im Einzelnen Ziffern bis 2.5 des Beschlusses der KEK vom 13./21. März 2012), hätte ebenfalls in der notwendigen weiteren Verhandlungsphase geklärt werden können. Der Kammer erscheint im Übrigen zumindest die Kündigungsklausel, die auf den Ausgang dieses Klageverfahrens abstellt, im Hinblick auf die schon erwähnten Ausführungen in ihrem Beschluss vom 4. April 2012 (a.a.O) nicht offensichtlich rechtswidrig.

123

Da der Klage nach alledem stattzugeben war, haben die Beklagte gem. § 154 Abs. 1 VwGO und die Beigeladenen zu 1) und 2), die ebenfalls Klageabweisungsanträge gestellt haben, gem. § 154 Abs. 3 VwGO die Kosten des Verfahrens zu gleichen Teilen zu tragen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

124

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gem. §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

125

Beschluss

126

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 200.000 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 wird aufgehoben - mit Ausnahme von Buchstabe D. des Bescheides, soweit dort auch die Anträge anderer Bewerber als der Klägerin abgelehnt werden; insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Zulassung als Drittsendezeitveranstalterin im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3) zu je 1/3. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und die drei Beigeladenen jeweils selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3) dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Zulassungsentscheidung der beklagten Landesmedienanstalt vom 17. April 2012, mit der ihr eigener Antrag auf Zulassung als Veranstalterin von Sendezeiten für unabhängige Dritte im Hauptprogramm von Sat.1 wie auch die Anträge weiterer Mitbewerber abgelehnt wurde und die Beigeladenen zu 2) und 3) als Mitbewerber zugelassen wurden. Des Weiteren begehrt sie die Verpflichtung der Beklagten zur Neuentscheidung über ihre Bewerbung.

2

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

3

Die Beklagte schrieb im Staatsanzeiger vom 4. Juli 2011 Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm von Sat.1 - der Beigeladenen zu 1) - aus, und zwar für vier nach Uhrzeit und Sendedauer festgelegte Zeitfenster für Fernsehprogramme (sog. Sendezeitschienen), wobei die Bewerbungen für jeweils zwei Sendezeitschienen gemeinsam abzugeben waren. Erlaubnisbeginn soll laut Ausschreibung der 1. Juni 2013 sein. Bis zum Ablauf der Ausschreibungsfrist am 15. August 2011 bewarben sich die Klägerin, die Beigeladenen zu 2) und 3) sowie drei andere Gesellschaften, eine weitere Bewerbung ging erst nach Ablauf der Frist ein und blieb unberücksichtigt. Die Klägerin bewarb sich für alle vier Sendezeitschienen, während sich die Beigeladene zu 2) nur für die 1. und 2. Sendezeitschiene und die Beigeladene zu 3) nur für die 3. und 4. Sendezeit-schiene bewarben. Die Beigeladenen zu 2) und 3) sind im derzeit noch laufenden Zulassungszeitraum als Veranstalter der Fensterprogramme bei Sat.1 zugelassen. Die Klägerin möchte auf der 1. Sendezeitschiene im wöchentlichen Wechsel die Formate „F...“ und „E...“ anbieten, auf der 2. Sendezeitschiene – ebenfalls im Wechsel, die Formate „ T..., B...“ und „M...“. Für die 3. Sendezeitschiene bietet sie „A... – B...“ und für die 4. Sendezeitschiene das Format „M...“ an.

4

Die eingegangenen Bewerbungsunterlagen wurden mit Schreiben vom 23. und 26. August 2011 der Beigeladenen zu 1) und gleichzeitig auch der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK – übersandt, und zwar mit dem Zusatz, vorbehaltlich der Beratung in den Gremien werde von der Zulassungsfähigkeit aller sechs Bewerber im Hinblick auf die Vorschriften in § 31 Abs. 3, § 28 des Rundfunkstaatsvertrags – RStV- ausgegangen. Zu einer einvernehmlichen Auswahl des Drittsendeanbieters zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beklagten kam es in der Folgezeit nicht. Mit Schreiben vom 26. September 2011 stellte die Beklagte dies fest und forderte die Beigeladene zu 1) zur Abgabe eines Dreiervorschlags gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 des Rundfunkstaatsvertrags - RStV - bis 10. Oktober 2011 auf. Diese widersprach mit Schreiben vom 7. Oktober 2011 zunächst dem Verfahrensablauf und benannte gleichzeitig in ihrem Dreiervorschlag die Klägerin sowie zwei weitere Bewerberinnen, jedoch nicht die Beigeladenen zu 2) und 3). Diesem Dreiervorschlag fügte dann die Beklagte die Beigeladenen zu 2) und 3) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV hinzu. Ein Gespräch zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beklagten am 14. Oktober 2011 führte nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl.

5

Aufgrund der Empfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten beschloss deren Versammlung am 17. Oktober 2011, für die 1. und 2. Sendezeit-schiene die Beigeladene zu 2) mit ihren Formaten „W.“ und „P.“ und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Formate „N.“ bzw. „…- TV Reportage“ und „…- TV Reportage“ der Beigeladenen zu 3) auszuwählen, stellte dies jedoch unter den „Vorbehalt der Herstellung des Benehmens mit der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK)“ (Ziffer IV des Beschlusses).

6

Die Beigeladenen zu 1) bis 3) wurden mit Schreiben der Beklagten vom 18. Oktober 2011 von dem Beschluss unterrichtet, der außerdem der KEK zur Herstellung des Benehmens übermittelt wurde. Die KEK ließ schon mit Schreiben vom 27. Oktober 2011 erkennen, dass sie u.a. die wiederholte Auswahl der Beigeladenen zu 2) und 3) für nicht unproblematisch halte, und bezeichnete in einem Schreiben vom 9. November 2011 weitere Punkte des Auswahlverfahrens als noch klärungsbedürftig. In ihrer Sitzung am 5. Dezember 2011 setzte sich die Versammlung der Antragsgegnerin inhaltlich mit der Argumentation der KEK im Benehmensverfahren auseinander. Nachdem in der Sitzung der KEK am 13. Dezember 2011 der stellvertretende Direktor der Beklagten zu den Bedenken Stellung genommen hatte, beschloss die KEK, dass gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 1. und 2. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1) und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 2) auszuwählen, keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden.

7

Einem Beschlussvorschlag des Direktors vom 15. Dezember 2011 folgend stellte anschließend der Hauptausschuss der Beklagten im Umlaufverfahren fest, dass das Benehmen mit der KEK hergestellt sei (Ziffer I), dass der entsprechende Vorbehalt in Ziffer IV des Beschlusses der Versammlung vom 17. Oktober 2001 entfalle (Ziffer II) und dass an die Beigeladenen zu 2) und 3) Zulassungen erteilt würden „nach Maßgabe der Vorbehalte unter Ziffer IV“ (Ziffer III). Ziffer IV lautet: „Die Zulassungen stehen unter dem Vorbehalt des Benehmens mit der KEK. Sie stehen weiterhin unter dem Vorbehalt einer Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV. Für diese Vereinbarung wird den Beteiligten eine Frist gesetzt bis ….26. Januar 2012 ...“.

8

Dies wurde allen am Bewerbungsverfahren Beteiligten, also auch der Klägerin, mit Schreiben vom 19. Dezember 2011 mitgeteilt.

9

Die Klägerin erhob im Januar 2012 zunächst Klage gegen die mit Schreiben vom 19. Dezember 2011 mitgeteilte Auswahlentscheidung (AZ. 5 K 47/12.NW) und stellte gleichzeitig einen vorläufigen Rechtsschutzantrag (AZ. 5 L 46/12.NW). Nach Ablehnung des vorläufigen Rechtsschutzantrags durch das erkennende Gericht mit Beschluss vom 21. Februar 2012 wurde die Klage zurückgenommen.

10

Eine Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 3) und der Beigeladenen zu 1) lag am 17. Januar 2012 vor. Die Beigeladene zu 2) lehnte hingegen ein Angebot der Beigeladenen zu 1), das gegenüber der derzeit noch geltenden Vereinbarung u.a. deutlich geringere Finanzierungsbeträge enthielt, als nicht angemessen ab.

11

In der 24. Sitzung der Versammlung der Beklagten am 13. Februar 2012 wurde zunächst die Entscheidung des Hauptausschusses vom Dezember 2011 bestätigt. Weiter stellte die Versammlung hinsichtlich der Zulassung der Beigeladenen zu 2) für die 1. und 2. Sendezeitschiene fest, dass das von Sat.1 übermittelte Vertragsangebot nicht die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 31 Abs. 5, Abs. 6 RStV erfülle, und beschloss, dass der Vorbehalt der Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV entfalle und vorläufig die Zulassung auf der Grundlage der früheren Vereinbarung der Parteien vom 30. August 2007/26. September 2007 erteilt werde. Eine abweichende Vereinbarung, die die gesetzliche Voraussetzung ebenfalls erfülle, bleibe möglich, sie ersetze dann die erstgenannte Vereinbarung. Die Ziffern 2.2, 6.1, 6.2, 6.4, 6.5 und 8 der genannten Vereinbarung von 2007 seien Bestandteil der Zulassung; der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK bleibe aufrechterhalten. Für die Zulassung der Beigeladenen zu 3) auf die 3. und 4. Sendezeitschiene entfalle der Vorbehalt der Vereinbarung und bleibe der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK aufrechterhalten. Die Zulassungen würden erteilt für den Zeitraum vom 1. Juni 2003 bis zum 31. Mai 2018.

12

Die KEK teilte der Beklagten mit Schreiben vom 23. März 2012 unter Beifügung ihrer entsprechenden Beschlüsse vom 13./21. März 2012 mit, es bestünden rundfunkrechtliche Bedenken gegen die vorgesehene Entscheidung, der Beigeladenen zu 2) die Zulassung vorläufig auf der Grundlage der Vereinbarung von 2007 zu erteilen. Keine Bedenken bestünden gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 3) zuzu-lassen.

13

In ihrer 25. Sitzung am 16. April 2012 beschloss die Versammlung der Beklagten schließlich die Zulassung der Beigeladenen zu 2) und 3), die entsprechende Beschränkung der Zulassung der Hauptprogrammveranstalterin und die Ablehnung der Zulassungsanträge der Klägerin und der übrigen Bewerber, außerdem die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

14

Diese Beschlüsse wurden im Wortlaut Gegenstand des von der Beklagten am 17. April 2012 erlassenen, vorliegend angefochtenen Bescheides, der im Wesentlichen folgenden Inhalt hat: In Abschnitt A wird der Beigeladenen zu 2) die Zulassung zur Veranstaltung und Verbreitung von zwei überregionalen Fernsehfensterprogrammen im Hauptprogramm von Sat.1 auf der 1. und 2. Sendezeitschiene erteilt (Ziff. 1 - 4). Gem. Ziff. 5 wird bis zum Abschluss einer Vereinbarung mit der Hauptprogrammveranstalterin gemäß § 31 Abs. 5 RStV die in der vergangenen Lizenzperiode abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet; deren Ziff. 2.2, 6.1, 6.2 6.4 6.5 und 8 blieben bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung Bestandteil der Zulassung.

15

Abschnitt B enthält die Zulassung der Beigeladenen zu 3) für die 3. und 4. Sendezeitschiene.

16

Abschnitt C betrifft die Befristung und Änderung der an die Beigeladene zu 1) erteilten Zulassung entsprechend A und B. Dort heißt es unter Ziffer 4: „Bis zum Abschluss einer Vereinbarung über die Ausstrahlung der Fensterprogramme auf der ersten und zweiten Sendezeitschiene zwischen Sat.1 und dem unabhängigen Drittanbieter … wird für die Zeit ab dem 1. Juni 2013 die in der vergangenen Lizenzperiode von den Beteiligten abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet...“.

17

In Abschnitt D werden die Anträge aller konkurrierenden Bewerber auf alle Sendezeitschienen abgelehnt. Abschnitt E enthält die Anordnung des Sofortvollzugs.

18

Zur Begründung legte die Beklagte – nach Schilderung des Verfahrensganges – zunächst unter II. im Einzelnen dar, warum die ausgewählten Bewerber die Anforderungen des Rundfunkstaatsvertrags nach Überzeugung ihrer Versammlung in einem Maße erfüllten, das von keinem anderen Bewerber und – in ihrer Summe – auch von keiner anderen Kombination von Bewerbern erreicht werde. In Bezug auf die Klägerin heißt es dort insbesondere, für die 1. Sendezeitschiene komme dem ausgewählten Format „W.“ der Beigeladenen zu 2) über je ein wochenaktuelles zentrales Thema der Vorrang gegenüber einem mono-thematischen Format über die Familie zu. Die Angebote der Klägerin für die 2. Sendezeitschiene zu den Themen Internet und Musik würden sicher auch eine Vielfaltserweiterung bieten, hätten aber nicht die Spannweite an Kultur, Bildung und Information wie das ausgewählte Angebot, das Wissenschaftsmagazin „P.“. Auf der 3. Sendezeitschiene spreche für die Klägerin die hohe Innovationskraft ihres Angebots „A... - …“ im Formalen und Inhaltlichen; die besonders hohe kulturelle Ausrichtung des konkurrierenden Formats der Beigeladenen zu 3) führe jedoch zu dessen Vorrang. Hohe Innovationskraft habe schließlich auch das von der Klägerin angebotene Format „M...“. Allerdings sei der human-touch-Anteil nicht unerheblich. Die Angebote der Beigeladenen zu 3) aus dem Bereich dokumentierender Information versprächen einen größeren Vielfaltsbeitrag, weil dort der Kompensationsbedarf höher sei als bei human-touch-Formaten.

19

Im Weiteren wird näher begründet, warum der Beigeladenen zu 2) auch ohne eine aktuelle Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 und 6 RStV eine Erlaubnis erteilt werden könne. Der gewählte Weg einer Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung wird gegenüber dem in der Drittsendezeitrichtlinie vorgesehenen Verfahren als milderes Mittel angesehen.

20

Nach Zustellung dieser Entscheidung hat die Klägerin am 4. Mai 2012 Klage erhoben und später auch einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt (AZ 5 L 498/12.NW).

21

Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

22

Die Beklagte habe den aus der Rundfunkfreiheit folgenden Bewerberverfahrens-anspruch der Klägerin verletzt. Das Vergabeverfahren erschöpfe sich in seinem Regelungsgehalt nicht in der Sicherstellung ausreichender Meinungsvielfalt, sondern diene auch der grundrechtskonformen Ausgestaltung des Auswahl-verfahrens zur Erlangung einer Sendelizenz. Bereits im Zulassungsverfahren könnten sich die Bewerber auf das Grundrecht der Rundfunkfreiheit berufen. Sie hätten Anspruch auf vollständige Ermittlung des Sachverhalts; die gesetzlichen Beurteilungs- und Ermessensspielräume und deren Grenzen dürften nicht verkannt werden. Hier sei die Vergabeentscheidung unter Missachtung der grundlegenden Verfahrensregeln ergangen und leide an groben Ermessensfehlern.

23

Das Verfahren sei grundsätzlich als konsensuales Regulierungssystem angelegt. Dem habe die Beklagte nicht genügend Rechnung getragen. Die Ausschreibung von gebündelten Sendezeitschienen – gegen den Wunsch der Hauptprogramm-veranstalterin - habe ohne objektiven Grund und in von vornherein vielfaltsbeschränkender Weise nur noch die Auswahl von zwei verschiedenen Anbietern erlaubt. Es sei aufgrund verschiedener Anhaltspunkte davon auszugehen, dass hiermit dem Wunsch der Beigeladenen zu 2) habe entsprochen werden sollen. Unter anderem spreche dafür der Gesprächsvermerk vom 23. Februar 2011. Sei bereits durch die Sendezeitenbündelung in der Ausschreibung eine künstliche Verfahrensverkürzung eingetreten, so habe die Beklagte auch das weitere Verfahren unter Verstoß gegen die Vorschriften des § 31 RStV durchgeführt. Sie habe das Auswahlverfahren mit der Hauptprogrammveranstalterin nicht im gesetzlich erforderlichen Ausmaß erörtert, deren Vorschläge zum Zuschnitt der Sendezeitschienen übergangen und durch unangemessen enge Fristen den Einfluss der Beigeladenen zu 1) bei der Erörterung auf ein formales Minimum reduziert. Die fehlende Erörterung verletze auch die Klägerin in ihren Rechten, da sie ein System der gegenseitigen Kontrolle schaffen solle, in dem auch die Hauptprogrammveranstalterin den Vielfaltsbeitrag der Bewerber beurteilen und ihre Argumente einbringen solle. Damit solle ein möglichst objektives und ausgleichendes Verfahren geschaffen werden, das auch im Interesse der Bewerber liege.

24

Die Zulassungsentscheidung sei auch nicht in einem den Anforderungen des § 39 VwVfG genügenden Maße begründet. Die Beklagte habe sich nicht wirklich inhaltlich mit der Bewerbung der Klägerin auseinandergesetzt. Gerade weil der Versammlung der Beklagten ein Beurteilungsspielraum zustehe, seien die Anforderungen an die Begründung der Abwägungsentscheidung besonders hoch. Warum monothematische Formate offenbar per se chancenlos seien, lasse sich zum Beispiel aus der Begründung nicht nachvollziehen. Die entscheidenden Faktoren seien allenfalls angedeutet.

25

Im Abschluss des Zulassungsverfahrens ohne eine bestehende Vereinbarung zwischen der ausgewählten Beigeladenen zu 2) und der Beigeladenen zu 1) als Hauptprogrammveranstalterin liege ein elementarer Verfahrensfehler, der auch den auf die Rundfunkfreiheit gestützten Bewerberanspruch der Klägerin missachte. Die von der Beklagten vorgenommene Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung entspreche nicht den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags und der Drittsendezeitenrichtlinie als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift, die auch zu einer Absicherung gleicher Wettbewerbschancen führten. Danach seien nur zwei Szenarien vorgesehen, wenn der in § 31 Abs. 5 RStV angeordnete Kontrahierungszwang nicht zum Abschluss einer Vereinbarung führe. Entweder sei dies trotz eines Angebots zu angemessenen Bedingungen nicht geschehen, dann müsse zwingend wieder in das Auswahlverfahren eingetreten oder sogar neu ausgeschrieben werden. Lege der Hauptveranstalter kein Angebot zu angemessenen Bedingungen vor, bestimme sich das weitere Verfahren nach § 26 RStV im Zuständigkeitsbereich der KEK. Zuerst müsse also die Frage geklärt werden, ob ein angemessenes Angebot bestehe; dazu hätte ein Sach-verständigengutachten eingeholt werden müssen. Das Vorgehen der Beklagten könne nicht mit angeblichen verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen gerechtfertigt und als milderes Mittel bezeichnet werden. Es gebe auch keine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke im Rundfunkstaatsvertrag. Die Ausfüh-rungen der KEK in ihrem Beschluss 660-2 vom 23. März 2012 hierzu seien zutreffend. Das Verfahren dürfe erst dann mit einer Zulassung enden, wenn eine Vereinbarung bestehe. Erst dann seien auch die Mitbewerber vollständig unterlegen. Durch das das nicht mit dem Staatsvertrag und der Richtlinie konforme Vorgehen der Beklagten werde das Vergabeverfahren unzulässig abgekürzt. Die Bewerberverfahrensansprüche liefen vorzeitig ins Leere. Darin liege auch eine Verletzung der Rechte der Mitbewerber.

26

Bei der Auswahlentscheidung habe die Beklagte jedoch auch ihr Ermessen in grob fehlerhafter Art und Weise ausgeübt. Sie sei auf die beiden ausgewählten Bewerber schon vorher festgelegt gewesen und es seien standortpolitische Erwägungen zugunsten der Beigeladenen zu 2) eingeflossen, Außerdem seien sachfremde Erwägungen mit einbezogen worden und gesetzlich gebotene Erwägungen nicht angestellt worden. So habe die Beklagte im unangemessen beschleunigten Erörterungsverfahren vor Abgabe des Dreiervorschlags bereits den Maßstab der größtmöglichen Vielfalt angelegt; hier hätte aber ein zusätzlicher Vielfaltsbeitrag genügt. Die wiederholte Auswahl derselben Anbieter habe schon im vorhergehenden Drittsendezeit-Verfahren Bedenken der KEK nach sich gezogen. Die Beklagte hätte daher erwägen müssen, ob nicht ein Wechsel zu anderen, nicht minder geeigneten Anbietern als Vielfaltsgewinn zu bewerten wäre. Nicht nur inhaltliche Vielfalt, sondern auch Anbietervielfalt müsse in den Bewertungsvergleich eingestellt werden. Die Regelungen des Rundfunk-staatsvertrags über die Befristung der Zulassung auf fünf Jahre ohne erleichterte Verlängerungsmöglichkeit legten dies nahe. Zudem habe die Beklagte den Vielfaltsbeitrag der Klägerin verkannt. Deren innovatives Herausgebermodell sei unberücksichtigt geblieben, während diese Frage bei der Beigeladenen zu 2) positiv herausgestellt worden sei. Die einzelnen Vielfaltsbeiträge der Klägerin seien im Vergleich zu den andern Beiträgen unzutreffend eingeschätzt und bewertet worden, zweifelhafte Maßstäbe seien angelegt worden. Offenbar sei Neues, Innovatives und auf spezielle Zielgruppen Zugeschnittenes nicht erwünscht.

27

Als Beschneidung der Vielfalt insgesamt sei auch zu werten, wenn nicht berücksichtigt werde, dass die Beigeladene zu 3) auch bei RTL Fenster-programme ausstrahle. Damit sei aber bereits deren Beitrag zur Vielfaltsgewähr-leistung erfolgt und letztlich erschöpft.

28

Die Klägerin beantragt,

29

den Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten, die Zulassung für die erste Sendezeitschiene und die zweite Sendezeitschiene sowie die dritte Sendezeitschiene und die vierte Sendezeitschiene neu zu verbescheiden,

30

hilfsweise,

31

Beweis zu erheben über die Frage, ob die Versammlung sich mit den Bedenken der KEK hinsichtlich der bereits mehrfach erfolgten Zulassung der ausgewählten Bewerber inhaltlich vor der endgültigen Auswahl-entscheidung in der Sitzung am 16. April 2012 auseinandergesetzt hat, durch Vernehmung der in dieser Sitzung anwesenden Mitglieder der Versammlung.

32

Die Beklagte beantragt,

33

die Klage abzuweisen.

34

Sie macht zunächst geltend, grundsätzlich dürfe ein Hauptprogrammveranstalter die kompensatorische Vielfaltsentscheidung der plural zusammengesetzten Versammlung der Beklagten nicht durch Verweigerung eines angemessenen Vertragsangebots an den ausgewählten Drittsendezeitveranstalter leerlaufen lassen. Daher sei Beklagte berechtigt gewesen, die Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 1) und der als Garant für das vielfältigste Kompensations-programm ausgewählten Beigeladenen zu 2) vorläufig fortzuschreiben. Dies sei hier ein milderes Mittel gegenüber dem sonst nur möglichen Widerruf der Zulassung der Hauptprogrammveranstalterin nach Ziffer 6.3. DSZR i.V.m. § 26 Abs. 4 bzw. Abs. 5 RStV. Ein solcher Widerruf könnte kaum mit Sofortvollzug versehen werden und wäre damit zunächst wirkungslos. Es bestehe aber der gesetzliche Auftrag zu einer möglichst frühzeitigen und effektiven Verhinderung von Missständen aufgrund von drohenden oder eingetretenen Konzentrationen im Medienbereich. Für den Fall, dass der Hauptprogrammveranstalter den Fortgang des Verfahrens durch Verweigerung eines angemessenen Angebots boykottiere, bestehe eine gesetzliche Regelungslücke, die durch die – auf § 38 Abs. 2 Satz 1 RStV zu stützende – vorläufige Auferlegung angemessener Vertragsbedingungen verfassungskonform geschlossen werden könne.

35

Auch im Übrigen sei der Zulassungsbescheid insgesamt formell und materiell rechtmäßig. Das Verfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Eine Auswahlentscheidung nach § 31 Abs. 4 RStV sei auch nicht-konsensual möglich. Am 10. Juni 2011 seien mit der Beigeladenen zu 1) die möglichen Sendezeit-schienen ausführlich erörtert worden. Die Beklagte sei nicht vorab darauf festgelegt gewesen, dass alles beim Alten bleiben solle. Ausschreibung und Auswahl sollten vielmehr offen und ohne Vorfestlegung erfolgen. Die Hinzufügung von zwei Bewerbern zum Dreiervorschlag der Beigeladenen zu 1) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 Halbs. 1 RStV sei unter Einbindung der Versammlung durch den stellvertretenden Direktor geschehen und durch die Versammlung am 17. Oktober 2011 bestätigt worden. Auch die KEK sei rechtmäßig beteiligt worden. Man habe zunächst ausdrücklich der Auswahlentscheidung einen Vorbehalt beigefügt. Die Bedenken der KEK seien in den folgenden Sitzungen des Rechts- und Zulassungsausschusses und der Versammlung am 5. Dezember 2011 ausführlich erörtert worden; auf dieser Grundlage habe der stellvertretende Direktor der Beklagten in der Sitzung der KEK vom 13. Dezember 2011 zu den Bedenken Stellung genommen, die daraufhin nicht mehr aufrechterhalten worden seien. Mit den Bedenken der KEK zur vorläufigen Fortschreibung einer Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV hätten sich der Rechts- und Zulassungsausschuss und die Versammlung am 16. April 2012 eingehend auseinandergesetzt.

36

Auch materiell-rechtlich sei die Entscheidung rechtmäßig. Sendezeitschienen seien in zulässiger Weise festgelegt worden. Die Beklagte handle nicht im rheinland-pfälzischen Interesse, sondern im Interesse des Vielfaltsanspruchs der bundesweiten Medienordnung. Der Firmensitz der Beigeladenen zu 2) in Mainz habe keine Rolle gespielt. Bezüglich der Klägerin seien keine sachfremden Erwägungen angestellt worden. Der Verwaltungsvorgang belege, dass sich die Beklagte mit der Struktur und dem Programmangebot der Klägerin ausführlich auseinandergesetzt habe. Die von der Klägerin behaupteten Entscheidungs-defizite seien nicht erkennbar.

37

Die Beigeladene zu 1) stellt keinen Antrag, hält aber den ergangenen Bescheid wie die Klägerin für rechtswidrig.

38

Die Beigeladene zu 2) beantragt,

39

die Klage abzuweisen,

40

Sie verweist zur Begründung auf ihren Schriftsatz vom 22. Juni 2012 im Verfahren 5 L 498/12.NW, in dem sie im Wesentlichen Folgendes ausgeführt hat: Das durchgeführte Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren sei fehlerfrei. Etwaige doch eingetretene Verfahrensfehler seien entweder durch die Zulassungsentscheidung vom 17. April 2012 gemäß § 45 VwVfG geheilt worden oder nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Der Klägerin stehe kein subjektiv-öffentliches Recht auf eine objektiv rechtmäßige Zulassungspraxis der Beklagten zu. Vorschriften, die den Interessen potentieller Bewerber um die Drittsendezeit zu dienen bestimmt seien, seien durch die Zulassungsentscheidung nicht verletzt worden. Eine Vorfestlegung der Beklagten auf die Beigeladenen zu 2) und 3) aus standortpolitischen Gründen habe es nicht gegeben. Auch die wiederholte Lizenzierung sei dafür kein Beleg. In der Vergangenheit sei die Auswahl auch stets einvernehmlich mit der Beigeladenen zu 1) getroffen worden. Die Programm-auswahl unter inhaltlichen Aspekten sei ausschließlich Sache der Versammlung der Beklagten. Ein Anbieterwechsel sei nicht per se ein Vielfaltsgewinn, sondern könne auch ein Risiko darstellen, insbesondere wenn die Bewerber nicht über Erfahrung bei der Gestaltung von Fensterprogrammen verfügten und wenn – wie auch bei der Klägerin – größere Abhängigkeiten vom Hauptprogrammveranstalter bestünden. Dass der Gesetzgeber keine Verlängerungsmöglichkeit der Zulassungen für Drittsendezeitveranstalter vorgesehen habe, sondern eine Neuausschreibung verlange, zwinge den Veranstalter, sich jedes Mal einer erneuten Qualitätskontrolle zu unterziehen, spreche aber nicht gegen die mehrfache Auswahl.

41

Das Ausschreibungsverfahren sei mit Vertretern der Beigeladenen zu 1) erörtert worden; die Beklagte sei aber nach pflichtgemäßem Ermessen nicht all deren Wünschen hinsichtlich der Gruppierung von Drittsendezeiten nachgekommen. Unabhängig davon könnten sich Konkurrenten nicht auf vermeintliche Ausschreibungsfehler berufen, weil diese regelmäßig nicht geeignet seien, die Ursächlichkeit einer fehlerhaften Vergabeentscheidung zu begründen. In dem Gespräch vom 24. Februar 2011 seien von der Beklagten der Beigeladenen zu 2) keine Zusagen gegeben worden.

42

Auch das weitere Verfahren sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin könne sich auf eine fehlende Erörterung der Auswahlentscheidung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) nicht berufen. Weder § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV (Erörterungspflicht) noch § 31 Abs. 5 RStV (Benehmensherstellung) begründeten subjektiv-öffentliche Rechte der konkurrierenden Bewerber. Was den Dreier-vorschlag angehe, so hätten für die 1. und 2. Sendezeitschiene nur drei zulassungsfähige Anträge vorgelegen, so dass hier die Beklagte das Entscheidungsrecht bereits gehabt habe. Die KEK sei rechtmäßig eingebunden worden. Die erforderliche Auseinandersetzung mit deren Argumenten sei jedenfalls in der Zulassungsentscheidung erfolgt.

43

Inhaltlich sei die Auswahl- und Zulassungsentscheidung ebenfalls einwandfrei. Die insoweit nicht justiziable Auswahlentscheidung der Versammlung der Beklagten habe mit zutreffenden Gründen den mehrfach lizenzierten Formaten der Beigeladenen zu 2) den Vorzug gegenüber den Formaten der Klägerin gegeben, und zwar ausschließlich aufgrund deren anerkannter, die Vielfalt sichernder Qualität. Gegen die Auswahl der Klägerin und ihrer Formate spreche im Übrigen, dass sie nicht im selben Maße wie die Beigeladene zu 2) von der Beigeladenen zu 1) redaktionell unabhängig sei. Es gebe vielmehr wirtschaftliche, rechtliche und personelle Verflechtungen aufgrund der Auftragsproduktion „A…..“, die die Klägerin für das Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) herstelle. Das von der Klägerin angekündigte Herausgebermodell speziell für die Fensterprogramme könne diesen Nachteil nicht kompensieren, eindeutige Unabhängigkeit und Vielfaltssicherung könnten damit nicht garantiert werden. Sie, die Beigeladene zu 2), liefere der Beigeladenen zu 1) hingegen keinerlei Auftragsproduktionen in redaktioneller Abhängigkeit zu, sondern ausschließlich Fensterprogramme, bei denen ihre redaktionelle Unabhängigkeit sowohl vertraglich als auch durch die jeweiligen Lizenzen der Beklagten gesichert sei. Auch deshalb sei ihr der Vorzug vor der Klägerin zu geben gewesen.

44

Die bisherige Finanzierungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 2) habe aus verschiedenen - näher dargelegten - Gründen fortgeschrieben werden dürfen bzw. müssen. Auf diese Frage komme es jedoch hier nicht an, weil insoweit keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Klägerin als abgelehnte Mitbewerberin bestünden.

45

Die Beigeladene zu 3) beantragt ebenfalls,

46

die Klage abzuweisen.

47

Sie verteidigt die angefochtenen Entscheidungen und trägt insbesondere vor, die Auswahl zu ihren Gunsten sei aufgrund der Qualität ihrer Beträge nach dem Maßstab der größtmöglichen Vielfalt nicht angreifbar. Die Versammlung der Beklagten habe ihre Beiträge für die 3. und 4. Sendezeitschiene wegen ihrer besonders intensiven kulturellen Ausrichtung einstimmig ausgewählt. Einzigartig seien aber auch ihre Sendungen „…- TV“ und „…- TV“. Damit werde eine mediale Plattform in echter pluralistischer Gestaltung gewährleistet, weil dort zwei miteinander inhaltlich und methodisch im Wettbewerb stehende Akteure ihre Magazine gestalteten. Ihre wiederholte Auswahl als Drittsendezeitanbieter sei mit dem Gebot inhaltlicher Vielfalt ohne Weiteres vereinbar, denn es komme nur auf die Qualität und Aktualität der Inhalte an.

48

Falls sich das Verfahren zum Dreiervorschlag allein auf die 3. und 4. Sendezeit-schiene hätte beziehen müssen, hätte sich ein Fehler insoweit auf das Ergebnis nicht ausgewirkt, da die Beklagte die Beigeladene zu 3) als einzigen Bewerber für dieses Sendezeitschienenbündel hinzugefügt habe. Ihre Auswahl sei wegen des größtmöglichen Vielfaltsbeitrags ihrer Sendungen erfolgt. Ein eventueller Verfahrensfehler hätte diese Entscheidung nicht beeinflusst. Deshalb könne ein Fehler beim Dreiervorschlagsverfahren die Klägerin auch nicht in eigenen Rechten verletzen.

49

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze im vorliegenden Verfahren, in den gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 417/12.NW und 5 K 454/12.NW und in den vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 L 498/12.NW und 5 L 46//12.NW, außerdem auf den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten und der KEK. Alle genannten Unterlagen sind Gegenstand der Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

I.

50

Die Klage ist im Wesentlichen zulässig.

51

Die Klägerin ist als Mitbewerberin in Bezug auf alle im Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 2011 ausgeschriebenen Sendezeitschienen für Drittsendezeiten im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) befugt, die Zulassung der Beigeladenen zu 2) und 3) als Drittsendezeitveranstalter – sowie die damit komplementär verbundene Einschränkung der Zulassung der beigeladenen Hauptprogrammveranstalterin unter Abschnitt C des Bescheids - anzufechten und hinsichtlich der ihr selbst gegenüber ergangenen Ablehnung die Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung über ihre Bewerbung zu beantragen.

52

Unzulässig ist die Klage, soweit sich der Klageantrag auch auf die Aufhebung der ablehnenden Entscheidung gegenüber den anderen Mitbewerbern und deren Neubescheidung bezieht. Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 in der Form, wie er der Klägerin und allen anderen Beteiligten bekannt gegeben wurde, umfasst zwar unter Abschnitt D. die Ablehnung aller anderen Bewerber. Er ist dennoch inhaltlich in Bezug auf die jeweiligen Bewerber teilbar und damit auch teilweise anfechtbar. Die Ablehnung weiterer Mitbewerber stellt für die Klägerin, die selbst als Drittsendezeitveranstalterin zugelassen werden möchte, unter keinem denkbaren Aspekt eine Beeinträchtigung ihrer Rechte und Chancen dar. Es fehlt ihr daher hinsichtlich dieser Teilentscheidungen im Bescheid vom 17. April 2012 an der Klagebefugnis nach § 42 VwGO.

II.

53

Die Klage hat in ihrem zulässigen Umfang auch in der Sache Erfolg. Die Zulassungsentscheidung der Beklagten vom 17. April 2012 ist, soweit darin die Beigeladenen zu 2) und 3) als Drittsendezeitveranstalter zugelassen wurden und die Klägerin selbst als Bewerberin abgelehnt wurde, rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) (1.). Das schlägt auch auf die Einschränkung der Zulassung der Beigeladenen zu 1) in Abschnitt C des Bescheids vom 17. April 2012 durch (2.). Der Klägerin steht entsprechend § 113 Abs. 5 VwGO ein Anspruch auf erneute Entscheidung der Beklagten über ihren Zulassungsantrag als Drittsendezeit-veranstalterin im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) zu (3.).

54

1.) Rechtsverletzungen zu Lasten der Klägerin sind bei rechtlicher Prüfung des in § 31 Abs. 2 bis 6 RStV im Einzelnen vorgeschriebenen mehrstufigen Verfahrens in der zweiten und dritten Stufe des Verfahrens festzustellen, indem dort Verfahrensvorschriften verletzt wurden, die auch dem Schutz der Klägerin dienen (nachfolgend unter a)). Auch hat die Beklagte bei ihrer inhaltlichen Entscheidung über die Bewerbung der Klägerin für die Beurteilung des Vielfaltsbeitrags der Klägerin maßgebliche Gesichtspunkte außer Betracht gelassen bzw. bei den ausgewählten Bewerbern zum Teil unerhebliche Umstände zu deren Gunsten gewürdigt (b). Bewerber im Drittsendezeitenverfahren haben zwar kein subjektives Recht auf eine objektiv rechtmäßige Zulassungspraxis der Zulassungsbehörde; die gerichtliche Überprüfung der Zulassungsentscheidung der Beklagten ist bei der Konkurrentenklage vielmehr darauf beschränkt, ob durch die Entscheidung Vorschriften verletzt wurden, die (auch) den Interessen potenzieller Bewerber um Drittsendezeiten dienen. Konkurrenten können aber die Verletzung des aus Art. 3 Grundgesetz folgenden Gebots der Chancengleichheit geltend machen und die Einhaltung von Verfahrensvorschriften fordern, die auch ihren Interessen dienen. Die angefochtene Entscheidung selbst darf nicht von einem unvollständigen oder unzutreffenden Sachverhalt ausgehen, muss die gesetzlich vorgegebenen Maßstäbe zugrunde legen und darf sich nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2010, 10 ME 439/08, juris, Rn. 28 und 31, m. Nachw. zur Rechtsprechung). Diesen Anforderungen werden der angefochtene Auswahl- und Zulassungsbescheid und das bis zu seinem Erlass durchgeführte Verfahren nicht gerecht.

55

a) Die Klägerin kann sich zunächst auf die Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags berufen. Die Kammer hat sich in ihrem Urteil vom 23. August 2012 im gleichzeitig verhandelten Klageverfahren der Hauptprogrammveranstalterin (5 K 417/12.NW) ausführlich damit auseinander-gesetzt, inwiefern im Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren in Bezug auf die Drittsendezeiten im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) Verfahrensfehler vorlagen. Mit der Einschränkung, dass nicht alle der dort zum Nachteil der Hauptprogrammveranstalterin festgestellten Rechtsverletzungen auch Rechte der Klägerin verletzen, gelten die dortigen Ausführungen, wie nachfolgend erläutert wird, auch hier.

56

aa) Auf der ersten Stufe des Verfahrens, also in der Phase der Vorbereitung der Ausschreibung bis zum Beschluss der Versammlung der Beklagten vom 20. Juni 2011, in dem die Ausschreibungsmodalitäten festgelegt wurden, konnte die Kammer Verfahrensfehler nicht feststellen. Auf die im Verfahren 5 K 417/12.NW von der Hauptprogrammveranstalterin insoweit geltend gemachte Verletzung ihres Beteiligungsrechts in Bezug auf die zeitliche Aufteilung der Sendezeitschienen und die Frage, ob die Drittsendezeiten gebündelt oder einzeln ausgeschrieben werden sollten, könnte sich die Klägerin hier als potenzielle Bewerberin ohnehin nicht berufen. Solange ein Bewerbungsverfahren noch nicht förmlich eingeleitet ist, hat sie keine eigenen, aus den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags resultierenden Rechte (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 29. September 2008, 7 B 3575/08 – juris, Rn. 52: Der einzelne Bewerber müsse die Ausschreibung so hinnehmen, wie sie ihm bekannt gegeben werde).

57

bb) Die Verfahrensfehler, die in der nächsten Stufe - zwischen der Veröffentlichung der Ausschreibung im Staatsanzeiger von Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 2011 bis zum Ergehen der eigentlichen Auswahlentscheidung im Dezember 2011 – geschehen sind, haben nur zum Teil auch zu Rechtsverletzungen der Klägerin geführt. Soweit das Gericht im Verfahren 5 K 417/12.NW die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung schon mit der Verletzung der Mitwirkungsrechte der Hauptprogrammveranstalterin aus § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV in der ersten Phase des Auswahlverfahrens, nämlich nach Eingang der Bewerbungen und deren Weiterleitung an die Hauptprogrammveranstalterin, begründet hat, kommt dies der Klägerin nur reflektorisch zugute. Als Konkurrentin hat sie kein eigenes Recht auf Erörterung der eingegangenen Bewerbungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Auswahl. In diesem Stadium des Verfahrens ist mit der Rechtsverletzung gegenüber der Hauptprogrammveranstalterin auch noch keine konkrete Benachteiligung der Bewerber verbunden, die etwa deren Recht auf ein faires, chancengleiches Auswahlverfahren berühren könnte.

58

cc) Rechte der Klägerin wurden jedoch in der darauffolgenden Phase des Verfahrens verletzt, indem das Dreiervorschlagsverfahren nicht korrekt durchgeführt wurde. Für den Fall, dass eine einvernehmliche Auswahl nach § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV nicht gelungen ist, bestimmt § 31 Abs. 4 RStV nämlich:

59

„Kommt eine Einigung nicht zustande und liegen der zuständigen Landesmedienanstalt mehr als drei zulassungsfähige Anträge vor, unterbreitet der Hauptprogrammveranstalter der zuständigen Landesmedienanstalt einen Dreiervorschlag (Satz 4). Die zuständige Landesmedienanstalt kann unter Vielfaltsgesichtspunkten bis zu zwei weitere Vorschläge hinzufügen, die sie erneut mit dem Hauptprogrammveranstalter mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen, erörtert (Satz 5). Kommt eine Einigung nicht zustande, wählt sie aus den Vorschlägen denjenigen Bewerber aus, dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptprogramm-veranstalters erwarten lässt und erteilt ihm die Zulassung (Satz 6). Bei drei oder weniger Anträgen trifft die zuständige Landesmedienanstalt die Entscheidung -

60

Durch den vorgeschriebenen Dreiervorschlag der Hauptprogrammveranstalterin gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV erfolgt schon eine Eingrenzung des Bewerber-kreises. Dies berührt unmittelbar den Rechtskreis der Bewerber, weil Fehler im Zusammenhang mit dem Dreiervorschlag sich auf ihre Erfolgschancen im Auswahlverfahren auswirken können.

61

Dass das Verfahren zum Dreiervorschlag hier rechtsfehlerhaft war, wird im Urteil im Verfahren 5 K 417/12.NW so begründet:

62

„Die Beklagte hätte die Klägerin nicht zur Abgabe eines einheitlichen Dreiervorschlags für beide jeweils zusammengefassten Sendezeitschienen auffordern dürfen, sondern diese Aufforderung auf die 3. und 4. Sende-zeitschiene beschränken müssen, weil sich nur auf diese Sendezeit-kombination mehr als drei zulassungsfähige Antragsteller beworben hatten. Die Vorschriften in § 31 Abs. 4 RStV über die Auswahl unter mehreren Bewerbern beziehen sich nämlich ersichtlich auf das Modell eines einheitlichen Vergabevergabeverfahrens, in dem sich alle Interessenten grundsätzlich auf die zur Verfügung stehenden Drittsendezeit insgesamt bewerben. Das zeigt deutlich die Formulierung in § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV, wonach die zuständige Landesmedienanstalt „das Fensterprogramm“ zur Erteilung „einer Zulassung“ ausschreibt und – nach Satz 6 - bei nicht einvernehmlicher Einigung und Ergänzung des Dreiervorschlags aus den Vorschlägen „denjenigen Bewerber“ auswählt, „dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt …. erwarten lässt, und erteilt ihm die Zulassung“. Eine Aufspaltung der Drittsendezeiten hatten die gesetzgebenden Länder bei der Abfassung dieser Vorschriften nicht im Blick; diese Möglichkeit erwähnt erst die DRSZ in ihrer Ziffer 5.1. Die Aufteilung der Drittsendezeit auf mehrere Sendeplätze oder Sendezeit-schienen widerspricht den Vorschriften des RStV allerdings auch nicht. Es ist lediglich erforderlich, die Vorschriften jeweils auf diejenigen konkret zur Bewerbung ausgeschriebenen Sendezeitschienen zu beziehen, hinsichtlich derer eine Bewerberkonkurrenz auftritt oder auftreten kann und hinsichtlich derer eine separate Zulassung erteilt werden soll, weil nach den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags aus einem Dreiervorschlag – ggf. nach Ergänzung gem. § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV - nur ein einziger Bewerber übrig bleiben soll, dem dann auch die einzige zur Verfügung stehende Zulassung erteilt werden kann.

63

Nach diesem Verständnis gab es vorliegend inhaltlich zwei parallele, auf zusammengefasster Ausschreibung beruhende Bewerbungsverfahren. Konkurrenzsituationen gab es hier nämlich in beiden Teilverfahren: Für die 1. und 2. Sendezeitschiene hatten sich drei Interessenten, darunter die Beigeladene zu 1) beworben, für die 3. und 4. Sendezeitschiene waren fünf Interessenten vorhanden. Beide Kombinationen waren daher jede für sich nach den Regeln in § 31 Abs. 4 Sätze 4-7 RStV zu behandeln (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2010 – 10 ME 439/08 -, juris, in der nur eine von zwei ausgeschriebenen Sendezeitschienen streit-gegenständlich war). Nach der hier geübten fehlerhaften Handhabung wären aber am Ende - auf der Grundlage eines einzigen, noch ergänzten Dreiervorschlags - z w e i Bewerber auszuwählen gewesen, die beide eine eigene Zulassung erhalten sollten.

64

Der Fehler wirkte sich allerdings nur auf die Auswahl der Beigeladenen zu 2) aus. Bei rechtmäßiger – nämlich getrennter – Verfahrensweise hätte die Beklagte nämlich für die Kombination aus 1. und 2. Sendezeitschiene gem. § 31 Abs. 4 Satz 7 RStV unmittelbar einen Bewerber auswählen können, da hier nur drei zulassungsfähige Bewerber vorhanden waren. Für die zweite Sendezeitschienen-Kombination war jedoch die Abgabe eines Dreiervorschlags, und zwar alleine bezogen auf den hierfür vorhandenen Bewerberkreis, gem. § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV erforderlich. Hier hatten sich insgesamt fünf Bewerber rechtzeitig beworben, die im Schreiben des Direktors der Beklagten an die Klägerin vom 23./26. August 2011 zunächst auch unter Vorbehalt sämtlich als zulassungsfähig bezeichnet worden waren. Erst später, nämlich in ihrer ersten Sitzung nach Eingang der Bewerbungen am 17. Oktober 2010, erklärte die Versammlung der Beklagten nur vier dieser Bewerber für zulassungsfähig.

65

Das fehlerhafte Verfahren zur Abgabe eines Dreiervorschlags, das durch die entsprechende Aufforderung im Schreiben der Beklagten vom 26. Sep-tember 2011 eingeleitet wurde, verletzte hinsichtlich der zweiten Sendezeit-schienenkombination die Beteiligungsrechte der Klägerin erneut. Sie musste davon ausgehen, dass sie insgesamt nur drei Bewerber für beide Sendezeitschienenkombinationen benennen konnte, und dass auch die Beigeladene zu 1) zum maßgeblichen Bewerberkreis gehöre. Damit wurde sie für die zweite Sendezeitschienenkombination in ihrer Auswahl-möglichkeit unzulässig beschränkt.

66

Dieser Fehler wirkte sich auf die Rechtmäßigkeit der Zulassungs-entscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 2) im Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aus. Aus 46 VwVfG lässt sich insoweit nichts zugunsten der Beklagten herleiten. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Ein Einfluss des fehlerhaften Verfahrens auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung kann hier aber keineswegs ausgeschlossen werden. Es ist vielmehr offen, welche drei der zunächst fünf als zulassungsfähig bezeichneten Bewerber die Klägerin benannt hätte, wäre das Dreiervorschlagsverfahren staatsvertragskonform abgelaufen und hätte sie sich daher nicht gleichzeitig um den aus ihrer Sicht geeigneten Bewerber für die 1. und 2. Sendezeitschiene Gedanken machen müssen. Offen ist auch, ob die Beklagte dann überhaupt von ihrem Ergänzungsrecht Gebrauch gemacht hätte. Möglicherweise wäre es bei einer so veränderten Ausgangslage zumindest für die zweite Schienen-Kombination sogar nachträglich noch zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen, die auch nicht zwangsläufig auf die Beigeladene zu 2) hätte hinauslaufen müssen. Für das weitere Verfahren hätte auch dies einen erheblichen Unterschied gemacht. Die Klägerin hätte insoweit keinen Anlass zur Klageerhebung gehabt und es wäre eventuell auch nicht in gleichem Umfang zu Konkurrentenklagen gekommen.

67

Welcher alternative Geschehensablauf der wahrscheinlichste ist, ist im Rahmen von § 46 VwVfG nicht erheblich; es genügt für dessen Unanwendbarkeit, dass überhaupt alternative Ablaufmöglichkeiten bestehen“.

68

Bezogen auf die Klägerin des vorliegenden Verfahrens bedeutet dies, dass ihre Chancen, mit ihrer Bewerbung für die 3. und 4. Sendezeitschiene zum Zug zu kommen, durch das fehlerhafte Verfahren geschmälert worden sind. Sie wäre bei richtiger Handhabung eine von nur fünf statt von sechs Bewerberinnen bzw. - wegen der später festgestellten fehlenden Zulassungsfähigkeit einer der vier Mitbewerberinnen - eine von vier Bewerberinnen gewesen. Damit wären rein rechnerisch von vornherein sowohl bessere Chancen verbunden gewesen, in den für das zweite Sendezeitschienenbündel abzugebenden Dreiervorschlag aufgenommen zu werden, als auch bessere Aussichten, im Ergebnis zum Zug zu kommen. Dass die Klägerin von der Beigeladenen zu 1) in ihrem auf alle Sendezeitschienen bezogenen Dreiervorschlag vom 7. Oktober 2011 tatsächlich schon benannt war, muss bei der hypothetischen Prüfung des alternativen Verfahrensverlaufs außer Betracht bleiben. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 3) steht auch nicht fest, dass eine andere Entscheidung als die für die 3. und 4. Sendezeitschiene zu ihren Gunsten getroffene überhaupt nicht möglich wäre, wie im oben zitierten Urteil 5 K 417/12.NW – am Ende des Zitats – schon erörtert wurde.

69

Aufgrund dieses Verstoßes gegen § 31 Abs. 4 Satz 4 - 6 RStV kann die Klägerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und eine erneute Entscheidung allerdings nur insoweit verlangen, als es um die Drittsendezeiten der 3. und 4. Sendezeitschiene geht. Hinsichtlich ihrer Bewerbung für die 1. und 2. Sende-zeitschiene wirkt sich das unkorrekte Dreiervorschlagsverfahren hingegen nicht aus, weil sich dort auch bei korrekter Handhabung ihre Chancen nicht verbessert hätten. Da hier nur drei Bewerbungen vorlagen, hätte die Beklagte nämlich gem. § 31 Abs. 7 RStV ohnehin unmittelbar entscheiden dürfen (zur Fehlerhaftigkeit der Zulassungsentscheidung für die 1. und 2. Sendezeitschiene aus anderen Gründen siehe aber noch unten 1 c).

70

dd) Keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidungen hat die Frage, ob die Versammlung der Beklagten am 17. Oktober 2011 schon eine Auswahl - unter Vorbehalt - treffen durfte, obwohl das Benehmen mit der KEK noch nicht hergestellt war. Die Kammer sieht nämlich als eigentliche Auswahlentscheidung den Umlaufbeschluss des Haupt- und Zulassungs-ausschusses der Beklagten an, der zwischen dem 15. und 19. Dezember 2011 zustande kam und von der Versammlung am 13. Februar 2012 bestätigt wurde. Zuvor hatte aber die KEK mit Beschluss vom 13. Dezember 2011 entschieden, dass sie ihre im Schreiben vom 9. November 2011 angedeuteten Bedenken, die u.a. auch die wiederholte Auswahl der Beigeladenen zu 2) und 3) betroffen hatten, nicht aufrecht erhalte. Daher kann offen bleiben, ob sich die Klägerin auf eine Verletzung der Vorschriften zum Benehmenserfordernis überhaupt berufen könnte.

71

b) Neben der vorbeschriebenen Rechtsverletzung zu Lasten der Klägerin auf der Stufe des Auswahlverfahrens, die die 3. und 4. Sendezeitschiene betreffen, sind auch auf der Stufe der eigentlichen Zulassungsentscheidung Rechtsfehler festzustellen, die subjektiv-öffentliche Rechte (auch) der Klägerin verletzen und speziell zur Aufhebung der Zulassungsentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 2) führen.

72

Die Versammlung der Beklagten hat die Zulassung der Beigeladenen zu 2) nämlich beschlossen, ohne dass die gem. § 31 Abs. 5 RStV erforderliche privatautonom zustande gekommene Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 2) und der Beigeladenen zu 1) als Hauptprogrammveranstalterin vorlag. Die im Zulassungsbescheid der Beklagten entsprechend dem Beschluss ihrer Versamm-lung vom 13. Februar 2012 vorgenommene Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung verstößt gegen die Vorschriften der Drittsendezeitenrichtlinie i.V.m. § 26 RStV. Insoweit hat die Kammer im Urteil im Verfahren 5 K 417/12.NW unter anderem ausgeführt:

73

„…. Jedenfalls war die Beklagte nicht berechtigt, die bis zur gesetzten Frist mangels Einigung über die Finanzierung und wegen unterschiedlicher Rechtsauffassungen über weitere von der Klägerin formulierte Vertragsklauseln nicht zustande gekommene Vereinbarung der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1) im Zulassungsbescheid durch eine - nachträglich bis Ende Mai 2013 befristete - „Fortschreibung“ der bisherigen Vereinbarung zu ersetzen und damit diese gem. § 31 Abs. 5 und 6 RStV für die Zulassung notwendige Voraussetzung erst selbst zu schaffen. Das Gericht teilt hier in den wesentlichen Punkten die von der KEK in ihrem Beschluss vom 13./21. März 2012 – KEK 660-3 - eingehend dargelegte Rechtsaufassung, dass eine solche einseitige hoheitliche Fortschreibung der für die aktuelle Zulassungsperiode geschlossenen privatrechtlichen Vereinbarung zwischen Hauptprogrammveranstalter und ausgewähltem Drittsendezeitveranstalter nicht zulässig ist.

74

Der Kammer kommt es unter den hier gegebenen Umständen nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Fortschreibung unter dem Aspekt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüber der Klägerin ein milderes Mittel ist, als wenn nach Ziffer 6.3. DRSZ verfahren und gem. § 26 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 5 RStV der Widerruf der der Klägerin erteilten Lizenz in die Wege geleitet worden wäre. Ebenso kann die Frage dahinstehen, ob ein Widerruf überhaupt für sofort vollziehbar erklärt werden könnte oder diese Sanktion sonst nur ein „stumpfes Schwert wäre.

75

Wesentlich ist vielmehr zum Einen, dass es zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) streitig und bisher durch die Beklagte nicht genügend aufgeklärt ist, ob das von der Klägerin vorgelegte Vereinbarungsangebot tatsächlich nicht zu angemessenen Bedingungen im Sinne von § 31 Abs. 5 RStV erfolgt ist. Davon hängen aber die weiteren Konsequenzen entscheidend ab. Denn Ziffer 6.2 DRSZ erklärt eine Finanzierung für in der Regel ausreichend, wenn sie sich an den durchschnittlichen Programm-kosten des Hauptveranstalters für vergleichbare Sendeplätze orientiert. Vorliegend hatte die Klägerin bereits nach der vorläufigen Auswahl-entscheidung im Oktober erste Kontakte mit der Beigeladenen zu 1) aufgenommen, vergeblich um eine aktuelle Kalkulation gebeten und daraufhin auf der Basis von ihr als vergleichbar angesehener eigener Programmformate mit gewissen Zuschlägen eine Finanzierung angeboten, deren Sätze allerdings gegenüber den früheren Vereinbarungen erheblich niedriger waren. Daneben bot sie zusätzliche Leistungen, z.B. in Form der Übernahme bestimmter Kosten an (vgl. dazu Ziffer 2.2.6. des Beschlusses der KEK vom 13./21. März 2012) an, deren Wert bei einer Gesamtbeurteilung mit einbezogen werden müsste.

76

Die Beklagte hätte daher zunächst, anstatt innerhalb eines knappen Monats nach Ablauf der den Beteiligten für den Abschluss einer Vereinbarung gesetzten Frist schon unmittelbar die Entscheidung für den ungewöhnlichen Weg der hoheitlichen Fortschreibung zu treffen, die Angemessenheit der angebotenen Finanzierungsbedingungen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens prüfen lassen müssen. Dessen Ergebnis hätte dann ggf. die Beteiligten veranlasst, die Vereinbarung anzupassen, oder jedenfalls geklärt, welcher der beiden in Ziffer 6.3 DRSZ aufgezeigten Wege zu gehen gewesen wäre: Ein angemessenes Angebot müsste die Beigeladene zu 1) annehmen; im Weigerungsfalle wäre mit den verbliebenen Bewerbern erneut in das Auswahlverfahren einzutreten (Ziffer 6.3 Satz 1 DRSZ). Andernfalls, wenn der Hauptveranstalter die nach § 26 Abs. 5 Sätze 1 und 2 RStV zur Einräumung von Drittsendezeit erforderlichen Maßnahmen nicht träfe, müsste die zuständige Medienanstalt - nach entsprechender Feststellung durch die KEK – dessen Zulassung unmittelbar aufgrund der zwingenden Vorschrift in § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV widerrufen“.

77

Auf diesen Rechtsfehler kann sich auch die Klägerin berufen. Das in Ziffer 6.3 DRSZ vorgesehene Verfahren dient nach Auffassung der Kammer auch den Interessen der nicht ausgewählten Bewerber um die in Frage stehenden Drittsendezeiten. Diese bleiben formal bis zum Ende des Zulassungsverfahrens Verfahrensbeteiligte, weil auch über ihre Ablehnung förmlich erst in der das Verfahren abschließenden sog. Zulassungsentscheidung entschieden wird. Auch wenn sie auf der Stufe der Auswahlentscheidung schon „aussortiert“ zu sein scheinen, so handelt es sich dabei doch noch nicht um einen endgültigen Schritt. Wie Ziffer 6.3 Satz 1 DRSZ zeigt, ist der Wiedereintritt in die Auswahlstufe nämlich bis zum Abschluss des Verfahrens nicht ausgeschlossen. Falls nach Ziffer 6.3. Satz 1 DSZR verfahren und erneut in das Auswahlverfahren nach § 31 Abs. 4 RStV eingetreten wird, leben die Rechte aller verbliebenen Bewerber auf ein faires Auswahlverfahren mit gleichen Chancen und auf eine auf sachgerechten Erwägungen und am richtigen Maßstab ausgerichtete Auswahlentscheidung wieder auf. Daraus folgt, dass Konkurrenten auch ein Recht auf rechtsfehlerfreie Anwendung der Vorschriften in Ziffer 6.3 DRSZ haben müssen. Andernfalls müssten sie sich mit einer in rechtswidriger Weise verfrühten Beendigung des Zulassungsverfahrens abfinden. Dafür gibt es keinen rechtfertigenden Grund.

78

c) Die Klägerin rügt zu Recht auch inhaltliche Defizite im Rahmen der Auswahlentscheidung der Versammlung der Beklagten und der dabei angestellten Erwägungen. Der gerichtlichen Prüfung unterliegen die Erwägungen wegen des der Versammlung bei der Auswahlentscheidung zustehenden Beurteilungs-spielraums insoweit, als sie auf zutreffendem und vollständigem Sachverhalt beruhen müssen, keine sachfremden Gesichtspunkte berücksichtigen dürfen und an alle Bewerber die gleichen sachlich angemessenen und mit den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags in Einklang stehenden Kriterien anlegen müssen. Das Gericht legt der Prüfung, welche Gesichtspunkte für die Auswahl des Anbieters mit dem größtmöglichen Vielfaltsbeitrag relevant waren, letztlich die schriftliche Begründung im Zulassungsbescheid vom 17. April 2012 zugrunde, auch wenn die eigentliche Auswahlentscheidung bereits im Dezember 2011 getroffen wurde. Im Bescheid vom 17. April 2012 wurden jedoch die einzelnen Beiträge auf den jeweiligen Sendezeitschienen erstmals beschreibend und vergleichend gegenüber gestellt und die für Auswahl zugunsten der Beigeladenen zu 2) und 3) entscheidenden Erwägungen der Versammlung der Beklagten mitgeteilt.

79

Die Beklagte ging dabei grundsätzlich - ausweislich der Begründung des angefochtenen Bescheids - von den in § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV und der Drittsendezeitenrichtlinie genannten Auswahlkriterien aus. § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV bestimmt, dass ein Fensterprogramm, das aufgrund der Verpflichtung zur Einräumung von Sendezeit nach den vorstehenden Bestimmungen ausgestrahlt wird, unter Wahrung der Programmautonomie des Hauptveranstalters einen zusätzlichen Beitrag zur Vielfalt in dessen Programm, insbesondere in den Bereichen Kultur, Bildung und Information, leisten muss. Damit sind wesentliche Bereiche benannt, in denen der Gesetzgeber Drittsendeformate zur Erhöhung der Vielfalt in privaten Fernsehprogrammen generell für besonders geeignet bzw. für besonders notwendig hält. Hierzu ergänzt Ziffer 5.5. DSZR: „Bei der Bewertung des größtmöglichen Beitrags zur Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters sind insbesondere zu berücksichtigen die inhaltliche Ausrichtung des Fenster-programms und dessen ergänzender Beitrag zum Hauptprogramm (§ 31 Abs. 1 RStV) und die Leistungsfähigkeit des Bewerbers. Ferner ist zu berücksichtigen die mehrfache Zulassung eines Fensterveranstalters. Die für die Hauptprogramme zuständigen Landesmedienanstalten stimmen sich hierzu ab“. Damit das zur Auswahlentscheidung berufene Gremium einschätzen kann, ob sich ein Fensterprogramm seiner inhaltlichen Ausrichtung nach vom Hauptprogramm unterscheidet, so dass es dieses ergänzen und damit einen Vielfaltsbeitrag leisten kann, muss es sich notwendigerweise zunächst im Wesentlichen über die inhaltliche Ausrichtung des Hauptprogramms im Klaren sein. Sachlich wird auch in Ziffer 5.5 DSZR wiederum auf § 31 Abs. 1 RStV und damit implizit auf die dort genannten Bereiche Kultur, Bildung, Information Bezug genommen. Nach welchen weiteren inhaltlichen Gesichtspunkten verschiedene Fensterprogrammangebote, auch wenn sie diesen genannten Bereichen zugeordnet werden können, untereinander zu gewichten sind, wird jedoch nicht geregelt. Diese Kriterien näher festzulegen ist daher letztlich Aufgabe der die Auswahl treffenden Landesmedienanstalt. Ob die gefundenen Kriterien zur Ausfüllung des Vielfaltsbegriffs geeignet sind, ob sie auf alle Bewerbungen in gleicher Weise angewendet wurden und ob die Begründung für die getroffene Auswahl nachvollziehbar ist, unterliegt wiederum der gerichtlichen Prüfung. Der Begründung kommt daher bei nicht einvernehmlicher Auswahl eine erhöhte Bedeutung zu, weil das Gericht nachvollziehen muss, welche Kriterien und welche Erwägungen zu der Entscheidung geführt haben, dass die ausgewählten Fensterprogramme die Vielfalt am besten gewährleisten.

80

Die Beklagte hat hier im Programm der Hauptveranstalterin insbesondere ein Defizit an Information und Bildung vermittelnden und kulturbezogenen Sendungen festgestellt und daher entsprechende Formate der Drittsendezeitanbieter als besonders vielfaltssteigernd bewertet. Dies ist vom Ansatz her nicht zu beanstanden, wobei es jedoch einer näheren Darlegung dieses Defizits bedurft hätte. Sie hat auch nicht verkannt, dass die Formate der Klägerin grundsätzlich im Bereich Bildung/Kultur/Information angesiedelt sind. Sie hat allerdings die Angebote der Klägerin für die erste Sendzeitschiene am Sonntagvormittag („F...“ und „E…..- ...“) als „monothematisch“ bezeichnet und daraus geschlossen, dass sie deshalb eine geringere Spannbreite hätten als die Konkurrenzangebote der ausgewählten Beigeladenen zu 2). Dass Sendungen mit familienbezogenen Themen weniger breit gefächert sein werden als Magazine mit wechselnden Themenbereichen, leuchtet ein. Die Beklagte hätte jedoch auch prüfen und darlegen müssen, ob im Hauptprogramm einerseits den Angeboten der Klägerin ähnliche, ggf. auch familienbezogene Beiträge schon und andererseits gemischt-thematische Formate ähnlich denen der Beigeladenen zu 2) schon vertreten sind. Weiter ist die Frage aufzuwerfen, ob sich die Inhalte von Formaten, die sich mit vielen verschiedenen Themenbereichen beschäftigen, nicht eher mit anderen schon im Hauptprogramm vorhandenen Formaten berühren, sich vom Hauptprogramm also weniger unterscheiden als die „monothematischen“ Angebote der Klägerin. Gleiches gilt für die Formate „T...“ und „M…..-.…..“, die die Klägerin für die zweite Sendezeitschiene anbieten will. Es mag zutreffen, dass sie sich an einen spezielleren Zuschauerkreis richten. Ob dies ein Negativkriterium ist oder eher ein Vorzug, müsste aber ebenfalls primär unter Berücksichtigung des Spektrums des Hauptprogramms bewertet werden. Besonders große Vielfalt kann auch darin bestehen, dass andere Zuschauergruppen angesprochen werden oder intensiver auf sie eingegangen wird als im Hauptprogramm.

81

Den Formaten der Klägerin für die gekoppelte 3. und 4. Sendezeitschiene („A...“ und „M...“) billigt die Beklagte hohe Innovationskraft zu – wiederum ohne nähere Begründung-, hält sie aber wegen ihres nicht unerheblichen „ human-touch-Anteils“ gegenüber den Angeboten der Beigeladenen zu 3) aus dem Bereich dokumentierender Information für weniger vielfaltssteigernd, weil im letztgenannten Bereich der Kompensationsbedarf höher sei als bei human-touch-Formaten, die im Hauptprogramm stärker vertreten seien. Diese Argumentation ist für sich genommen nachvollziehbar. Es fehlt allerdings auch insoweit an näheren Darlegungen, aufgrund deren zu beurteilen wäre, warum und inwieweit die Formate der Klägerin tatsächlich in das gleiche Genre gehören wie Sendungen im Hauptprogramm, denen die Beklagte ebenfalls einen „human-touch-Anteil“ zuspricht.

82

Ein Weiteres kommt hinzu: Wie oben (1 a, Unterabschnitt cc) dargelegt wurde, sind die Bewerbungsverfahren für die jeweils ausgeschriebenen Sendezeit-schienenkombinationen (1. und 2. Sendezeitschiene einerseits, 3. und 4. Sende-zeitschiene andererseits) vom Ansatz her zunächst getrennt zu betrachten. Innerhalb dieser getrennten Betrachtung müssen gleichzeitig die jeweils kombinierten Sendezeitschienen im Hinblick auf die dafür von den Bewerbern angebotenen Formate zusammen in den Blick genommen werden, denn da für jede Kombination nur ein Veranstalter zum Zug kommen kann, ist es erforderlich, alle seine angebotenen Formate für die jeweilige Kombination in der Summe zu betrachten und diese mit der Summe der von den Konkurrenten für dieselbe Kombination angebotenen Formate zu vergleichen. Die Beklagte verglich jedoch nur die Angebote für jede einzelne der vier Sendezeitschienen miteinander, so als wenn alle Sendezeitschienen getrennt ausgeschrieben worden wären. Bei richtiger Betrachtungsweise hätte sie berücksichtigen müssen, dass die Klägerin für das erste Sendezeitbündel als einzige Bewerberin insgesamt vier verschiedene, wenn auch wohl pro Sendezeitschiene je zwei thematisch verwandte Formate im wöchentlichen Wechsel anbietet. Es wäre so zumindest zu erwägen gewesen, ob dieses im Vergleich zu den Konkurrenten besonders differenzierte Angebot schon deshalb für dieses Sendezeitschienenbündel den größtmöglichen Vielfaltsbeitrag darstellen könnte. Solche Überlegungen sind in der Begründung nicht zu finden. Dieses Defizit wird nicht dadurch ausgeglichen, dass die Beklagte in der Begründung des Bescheids vom 17. April 2012 die für beide Sendezeitbündel getroffene Auswahl zugunsten der Beigeladenen zu 2) und 3) als die auch in der Summe vielfältigste und damit beste Kombination bezeichnete. Eine allein auf die jeweilige Sendezeitschienenkombination bezogene vergleichende Gesamtbetrachtung wurde auch hierdurch nicht angestellt.

83

Keine besondere Berücksichtigung brauchte hingegen die Konstruktion des Herausgebermodells der Klägerin zu finden; allerdings durfte der Gesichtspunkt der redaktionellen Unabhängigkeit nach Ansicht der Kammer auch bei allen anderen Anbietern nur im Rahmen der Zulassungsfähigkeit nach § 31 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV eine Rolle spielen, nicht mehr jedoch bei der Beurteilung der inhaltlichen Vielfalt. Im Urteil der Kammer vom selben Tage im Parallelverfahren 5 K 457/12.NW heißt es hierzu:

84

„Zwar ist die Frage, ob zwischen Drittsendezeitanbietern und dem Haupt-programmveranstalter Abhängigkeiten bestehen, im Zulassungsverfahren durchaus von Bedeutung. Gem. § 31 Abs. 3 RStV darf nämlich ein Fenster-programmanbieter nicht in einem rechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Hauptprogrammveranstalter stehen (Satz 1). Rechtliche Abhängigkeit im Sinne von Satz 1 liegt vor, wenn das Hauptprogramm und das Fensterprogramm nach § 28 demselben Unternehmen zugerechnet werden können (Satz 2). Die Landesmedienanstalt überprüft daher auch die eingehenden Anträge zunächst – als eine Art Zugangsvoraussetzung zum Auswahlverfahren – auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen dieses Staatsvertrags, insbesondere auch mit den detaillierten Vorschriften des § 28 RStV über die Zurechnung von Programmen und teilt dem Hauptprogrammveranstalter dann die zulassungs-fähigen Anträge mit (31 Abs. 4 Satz 2 RStV). Liegt ein rechtliches Abhängigkeitsverhältnis im Sinne von § 34 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV vor, dann ist der betreffende Fensterprogrammanbieter von vornherein als nicht zulassungsfähig anzusehen.(…) Besteht aber keine rechtliche Abhängigkeit im Sinne von § 31 Abs. 3 RStV, dann durfte die Beklagte bei der Auswahlentscheidung sonstige Abhängigkeiten der Fensterprogrammbewerber vom Haupt-programmveranstalter - etwa eine mittelbare wirtschaftliche Abhängigkeit außerhalb der Kriterien von § 28 RStV oder eine andere „zu große Nähe“ und eine daraus mutmaßlich resultierende fehlende redaktionelle Unabhängigkeit - nicht erneut in Betracht ziehen und bei der Entscheidung berücksichtigen. Die Kammer teilt den Standpunkt der Beklagten nicht, dass die Frage der (geringeren oder größeren) redaktionellen Unabhängigkeit nicht nur bei Prüfung der Zulassungsfähigkeit eines Bewerbers nach § 31 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV relevant sei, sondern auch bei der eigentlichen Abwägung, welchen Vielfaltsbeitrag der jeweilige Bewerber erbringe. Grundsätzlich gilt vielmehr aus rechtlicher Sicht, dass Bedenken hinsichtlich einer verminderten redaktionellen Unabhängigkeit nach Bejahen der eigentlichen Zulassungsfähigkeit in einem späteren Stadium der Auswahlentscheidung keinen Platz mehr haben und die Nichtberücksichtigung eines Bewerbers nicht rechtfertigen können. So führt auch die KEK in der Begründung ihres Beschlusses vom 13. Dezember/ 13. März 2012 – KEK 660-2 – zu Recht aus, die Prüfung der redaktionellen Unabhängigkeit eines Bewerbers erfolge bereits im Rahmen der Prüfung seiner Zulassungsfähigkeit nach Maßgabe des § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV. Das Gesetz stelle in dieser Bestimmung nicht auf unterschiedliche Grade redaktioneller Unabhängigkeit ab (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV): Entweder sei ein Bewerber redaktionell unabhängig und erfülle damit die an einen zulassungsfähigen Antrag zu stellenden Voraussetzungen oder er sei es nicht. Werde ein Antrag für zulassungsfähig erklärt, so habe die Auswahl unter verschiedenen Bewerbern folglich allein an dem inhaltlichen Maßstab zu erfolgen, welches der in Rede stehenden Programme den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters erwarten lasse. Dem schließt sich die Kammer uneingeschränkt an.

85

Darüber hinaus darf das Maß der redaktionellen Unabhängigkeit und der sonstigen vertraglichen Verbundenheit mit dem Hauptveranstalter im Rahmen der Vielfaltsbewertung auch nicht als zusätzlicher Gesichtspunkt neben inhaltlichen Erwägungen zur Beurteilung der Programmbeiträge eine Rolle spielen. (…) dieser Aspekt muss bei der Entscheidung über den inhaltlichen Vielfaltsbeitrag vollständig außer Betracht bleiben, weil es dafür im Gesetz keine Stütze gibt. Soweit sich die Beklagte für ihre anderslautende Auffassung hier auf Ziffer 5.5, 1. Spiegelstrich der Drittsendezeitenrichtlinie beruft, wonach bei der Bewertung des größtmöglichen Beitrags zur Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters die inhaltliche Ausrichtung des Fensterprogramms „und dessen ergänzender Beitrag zum Hauptprogramm (§ 31 Abs. 1 RStV)“ zu berücksichtigen seien, schließt sie daraus zu Unrecht, die in § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV erwähnte redaktionelle Unabhängigkeit sei hier nochmals gesondert zu prüfen. Ziffer 5.5 DSZR fasst lediglich die Kriterien des Rundfunkstaatsvertrags für eine Auswahl unter dem Vielfaltsaspekt zusammen. Der Verweis auf § 31 Abs. 1 RStV im ersten Spiegelstrich dient nach dem Verständnis des Gerichts (…) nach Wortlaut und Zweck eindeutig als Erläuterung zu dem Begriff „ergänzender Beitrag“. Da nämlich § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV insbesondere die Bereiche Kultur, Bildung und Information hervorhebt, braucht so Ziffer 5.5. DSZR diese Begriffe nicht mehr eigens zu wiederholen. Soweit die Bezugnahme in der Drittsendezeitenrichtlinie, die pauschal auf „§ 31 Abs. 1“ verweist, dessen Satz 2 bewusst mit umfassen sollte, kann diesem Satz („ Die Gestaltung des Fensterprogramms hat in redaktioneller Unabhängigkeit vom Hauptprogramm zu erfolgen“) damit jedenfalls keine andere Bedeutung als unmittelbar im Kontext des § 31 RStV verliehen werden. Dort ist § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV in unmittelbarem Anschluss an Satz 1, der Anforderungen an die inhaltliche Qualität des Fensterprogramms stellt, als Forderung an den Fensterveranstalter formuliert, dann auch dieseskonkrete Programm in redaktioneller Unabhängigkeit zu gestalten. Gleichzeitig wird für den Hauptprogrammveranstalter klargestellt, dass diese Voraussetzung zu akzeptieren sei. Zu den allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen für den Fensterveranstalter als solchen verhält sich – wie oben schon dargestellt - im Rahmen des § 31 RStV dann erst dessen Absatz 3, der regelt, welche Produktionsfirma nach gesellschaftsrechtlichen und anderen in § 28 RStV genannten Kriterien überhaupt als Bewerber für das Fensterprogramm in Frage kommt - nämlich nur der, der vom Hauptveranstalter rechtlich unabhängig ist …“

86

Aus diesem Grunde sind hier auch die Einwände der Beigeladenen zu 2) zu etwaigen Verflechtungen zwischen der Klägerin und der beigeladenen Hauptprogrammveranstalterin im Hinblick auf die Auftragsproduktion „A…..“ nicht erheblich. Es ist aber auch kein Raum für die positive Hervorhebung der besonderen redaktionellen Unabhängigkeit der Beigeladenen zu 2), die überhaupt keine Auftragsproduktionen zum Hauptprogramm zuliefert.

87

Schließlich ist die Rüge der Klägerin unbegründet, die Beklagte habe den Vielfaltsgewinn durch Wechsel in der Person des Drittsendezeitveranstalters nicht erwogen und außerdem verkannt, dass die Beigeladene zu 3) ihren Vielfaltsbeitrag schon als Drittsendezeitveranstalterin bei RTL „ausgeschöpft“ habe. Die Versammlung befasste sich nämlich schon am 5. Dezember 2011 auch mit den Fragen der wiederholten Auswahl derselben Anbieter und der gleichzeitigen Zulassung der Beigeladenen zu 3) bei RTL, und zwar auf der Basis der dies ausführlich behandelnden Beschlussvorlage des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten vom selben Tage (Bl. 395 - 400 und 440, 441 der Verwaltungsakte der Beklagten), befand die Bedenken der KEK insoweit aber im Ergebnis nicht für stichhaltig. Für eine Beweisaufnahme entsprechend dem hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin bestand daher kein Anlass. Nach der Rechtsauffassung der erkennenden Kammer ist Ziffer 5.5. Sätze 2 und 3 DSZR („Ferner ist zu berücksichtigen die mehrfache Zulassung eines Fensterveranstalters. Die für die Hauptprogramme zuständigen Landesmedien-anstalten stimmen sich hierzu ab“) auch nicht als Ausschlusskriterium für einen anderweitig schon zugelassenen Drittsendezeitveranstalter zu verstehen.

88

2) Sind daher auf den Klageantrag der Klägerin hin die Zulassungen zugunsten der Beigeladenen zu 2) und 3) aufzuheben, hat ihre Anfechtungsklage auch hinsichtlich der in Abschnitt C des Bescheids vom 17. April 2012 enthaltenen komplementären Beschränkungen der Zulassung der Beigeladenen zu 1) gem. § 31 Abs. 6 Satz 2 RStV Erfolg. Nach dieser Vorschrift sind auch in der Zulassung des Hauptprogrammveranstalters - die insoweit teilweise zu widerrufen ist, weil dieser nicht (mehr) die komplette Sendezeit bestreiten darf – die wesentlichen Verpflichtungen aus der Vereinbarung nach Absatz 5 als Bestandteil der Zulassungen aufzunehmen. Dieser Teil des Bescheides hat jedoch keine Berechtigung, wenn aufgrund des Anfechtungsantrags der Klägerin die in Abschnitt A des Bescheids enthaltenen Zulassungen aufgehoben werden. Würde Abschnitt C des Bescheids aufrechterhalten, entstünde sonst ein unerklärlicher Widerspruch. Daher kann die Klägerin auch die Aufhebung dieses Teils des Gesamtbescheids verlangen.

89

3) Die Klägerin hat darüber hinaus entsprechend § 113 Abs. 5 VwGO Anspruch auf erneute Entscheidung über ihre Bewerbung. Bei der notwendigen Wiederholung des Auswahlverfahrens gem. § 31 Abs. 4 RStV wird die Beklagte, sofern es nicht unmittelbar zu einer einvernehmlichen Auswahlentscheidung mit der Beigeladenen zu 1) kommt, zunächst die Vorschriften über den Dreiervorschlag nur hinsichtlich der Kombination aus 3. und 4. Sendezeitschiene anzuwenden haben. Danach ist unter Anlegung gleicher inhaltlicher Vielfaltskriterien sowie unter nochmaliger Beteiligung der KEK eine neue Auswahlentscheidung unter allen zulassungsfähigen Bewerbungen zu treffen, die bis zum Ende der Ausschreibungsfrist vorlagen. Bei nicht einvernehmlicher Auswahl mit der Hauptprogrammveranstalterin ist der Maßstab der größtmöglichen Vielfalt (§ 31 Abs. 4 Satz 6 RStV) anzulegen. Bei den inhaltlichen Auswahlerwägungen hat die Frage der redaktionellen Unabhängigkeit außer Betracht zu bleiben. Der Vielfaltsbeitrag der Klägerin ist – insbesondere für die Angebote auf den gekoppelten Sendezeitschienen 1 und 2, aber auch hinsichtlich der für die anderen Sendezeitschienen angebotenen Formate – unter Beachtung der oben (1 c) dargestellten Rechtsauffassung des Gerichts einer erneuten Bewertung unterziehen.

90

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3), die mit ihren Klageabweisungsanträge ebenfalls erfolglos waren, haben gem. § 154 Abs. 1 bzw. § 154 Abs. 3 i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO die Kosten des Verfahrens zu gleichen Teilen zu tragen. Das teilweise Unterliegen der Klägerin wegen des zu weit gefassten Klageantrags fällt gegenüber dem Ausmaß ihres Obsiegens im Hinblick auf die Kosten nicht ins Gewicht. Die Beigeladene zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, weil mangels Sachantrags und eigenen Kostenrisikos kein Grund besteht, diese Kosten aus Billigkeitsgründen den unterlegenen Beteiligten aufzuerlegen.

91

Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

92

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gem. §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

93

Beschluss

94

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 105.000.- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG). Davon entfallen 5.000 Euro auf die Anfechtung der Ablehnungsentscheidungen gegenüber anderen Bewerbern.


Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 wird aufgehoben, soweit er die Zulassung der Beigeladenen zu 2) und 3) als Drittsendezeitveranstalter im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) und die Ablehnung des entsprechenden Zulassungsantrags der Klägerin enthält.

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Zulassungsantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3) zu je 1/3. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und alle drei Beigeladenen jeweils selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3) dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin (X…GmbH) wendet sich gegen die Zulassungsentscheidung der beklagten Landesmedienanstalt – LMK - vom 17. April 2012, soweit darin ihr eigener Antrag auf Zulassung als Veranstalterin von Sendezeiten für unabhängige Dritte im Hauptprogramm von Sat. 1 abgelehnt und den Beigeladenen zu 2) und 3) als Mitbewerbern Zulassungen erteilt wurden, und begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Neuentscheidung über ihre Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

2

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

3

Die Beklagte schrieb im Staatsanzeiger vom 4. Juli 2011 Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm von Sat.1 - der Beigeladenen zu 1) - aus, und zwar für vier nach Uhrzeit und Sendedauer festgelegte Zeitfenster für Fernsehprogramme (sog. Sendezeitschienen), wobei die Bewerbungen für jeweils zwei Sendezeitschienen gemeinsam abzugeben waren. Erlaubnisbeginn soll laut Ausschreibung der 1. Juni 2013 sein. Bis zum Ablauf der Ausschreibungsfrist am 15. August 2011 bewarben sich die Klägerin, die Beigeladenen zu 2) und 3) sowie drei andere Gesellschaften, eine weitere Bewerbung ging erst nach Ablauf der Frist ein und blieb unberücksichtigt. Die Klägerin bewarb sich mit dem Format „...“ auf die 1. und 3. Sendezeitschiene und mit dem Magazin-Format „...“ auf die 2. und 4. Sendezeitschiene, während sich die Beigeladene zu 2) nur für die 1. und 2. Sendezeitschiene und die Beigeladene zu 3) nur für die 3. und 4. Sendezeitschiene bewarben. Die Beigeladenen zu 2) und 3) sind im derzeit noch laufenden Zulassungszeitraum als Veranstalter der Fensterprogramme bei Sat.1 zugelassen.

4

Die eingegangenen Bewerbungsunterlagen wurden mit Schreiben vom 23. und 26. August 2011 der Beigeladenen zu 1) und gleichzeitig auch der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK – übersandt, und zwar mit dem Zusatz, vorbehaltlich der Beratung in den Gremien der LMK werde von der Zulassungsfähigkeit aller sechs Bewerber im Hinblick auf die Vorschriften in § 31 Abs. 3, § 28 RStV ausgegangen. Weiter wird ausgeführt: „Hinsichtlich der Bewertung der X… GmbH nach § 31 Abs. 3, § 28 RStV wurden die Entscheidungen der KEK (…; …) zugrundegelegt. Die redaktionelle Unabhängigkeit der X.. GmbH und der Y...GmbH, die beide Programmbestandteile an Sat.1 zuliefern, erscheint in beiden Fällen gesichert. Sowohl das Herausgebermodell (…) wie auch die Schaffung einer eigenen Produktionseinheit (X..) sind geeignet, etwaige Zweifel an der redaktionellen Unabhängigkeit der jeweils handelnden Personen auszuräumen.“

5

Zu einem Erörterungsgespräch über eine einvernehmliche Auswahl des Drittsendeanbieters zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beklagten kam es in der Folgezeit wegen divergierender Terminvorschläge nicht. Mit Schreiben vom 26. September 2011 stellte die Beklagte dies fest und forderte die Beigeladene zu 1) zur Abgabe eines Dreiervorschlags gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 des Rundfunkstaatsvertrags - RStV - bis 10. Oktober 2011 auf. Diese widersprach mit Schreiben vom 7. Oktober 2011 zunächst dem Verfahrensablauf und benannte gleichzeitig in ihrem Dreiervorschlag die Klägerin sowie zwei weitere Bewerberinnen, jedoch nicht die Beigeladenen zu 2) und 3). Diesem Dreiervorschlag fügte dann die Beklagte die Beigeladenen zu 2) und 3) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV hinzu. Ein Gespräch zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beklagten am 14. Oktober 2011 führte nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl.

6

Aufgrund der Empfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten beschloss deren Versammlung am 17. Oktober 2011, für die 1. und 2. Sende-zeitschiene die Beigeladene zu 2) mit ihren Formaten „W.“ und „P.“ und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Formate „N.“ bzw. „… TV“ und „… TV“ der Beigeladenen zu 3) auszuwählen, stellte dies jedoch unter den „Vorbehalt der Herstellung des Benehmens mit der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK)“ (Ziffer IV des Beschlusses).

7

Die Beigeladenen zu 1) bis 3) wurden mit Schreiben der Beklagten vom  18. Oktober 2011 von dem Beschluss unterrichtet, der außerdem der KEK zur Herstellung des Benehmens übermittelt wurde. Die KEK ließ schon mit Schreiben vom 27. Oktober 2011 erkennen, dass sie die wiederholte Auswahl der Beigeladenen zu 2) und 3) für nicht unproblematisch halte, und bezeichnete in einem Schreiben vom 9. November 2011 auch den „Vorab-Ausschluss“ der Klägerin als noch klärungsbedürftig. In einer weiteren Sitzung am 5. Dezember 2011 setzte sich die Versammlung der Antragsgegnerin inhaltlich mit der Argumentation der KEK im Benehmensverfahren auseinander. Nachdem in der Sitzung der KEK am 13. Dezember 2011 der stellvertretende Direktor der Beklagten zu den Bedenken Stellung genommen hatte, beschloss die KEK, dass gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 1. und 2. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1) und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 2) auszuwählen, keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden.

8

Einem Beschlussvorschlag des Direktors vom 15. Dezember 2011 folgend stellte anschließend der Hauptausschuss der Beklagten im Umlaufverfahren fest, dass das Benehmen mit der KEK hergestellt sei (Ziffer I), dass der entsprechende Vorbehalt in Ziffer IV des Beschlusses der Versammlung vom 17. Oktober 2001 entfalle (Ziffer II) und dass an die Beigeladenen zu 2) und 3) Zulassungen erteilt würden „nach Maßgabe der Vorbehalte unter Ziffer IV“ (Ziffer III). Ziffer IV lautet: „Die Zulassungen stehen unter dem Vorbehalt des Benehmens mit der KEK. Sie stehen weiterhin unter dem Vorbehalt einer Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV. Für diese Vereinbarung wird den Beteiligten eine Frist gesetzt bis ….26. Januar 2012 ...“.

9

Dies wurde allen Beteiligten mit Schreiben vom 19. Dezember 2011 mitgeteilt.

10

Die Klägerin hatte schon Anfang Dezember 2011 zunächst Klage gegen den Beschluss der Versammlung der Beklagten vom 17. Oktober 2011 erhoben (AZ. 5 K 1091/11.NW) und gleichzeitig einen vorläufigen Rechtsschutzantrag gestellt (AZ. 5 L 1093/11.NW). Nach dessen Ablehnung durch das erkennende Gericht mit Beschluss vom 21. Februar 2012 wurde die Klage zurückgenommen.

11

Eine Vereinbarung zwischen den Beigeladenen zu 1) und 3) lag am 17. Januar 2012 vor. Die Beigeladene zu 2) lehnte hingegen ein Angebot der Beigeladenen zu 1), das gegenüber der derzeit noch geltenden Vereinbarung u.a. deutlich geringere Finanzierungsbeträge enthielt, als nicht angemessen ab.

12

In der 24. Sitzung der Versammlung der Beklagten am 13. Februar 2012 wurde zunächst die Entscheidung des Hauptausschusses vom Dezember 2011 bestätigt. Weiter stellte die Versammlung hinsichtlich der Zulassung der Beigeladenen zu 2) für die 1. und 2. Sendezeitschiene fest, das von Sat.1 übermittelte Vertrags-angebot erfülle nicht die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 31 Abs. 5, Abs. 6 RStV , und beschloss, dass der Vorbehalt der Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV entfalle und vorläufig die Zulassung auf der Grundlage der früheren Vereinbarung der Parteien vom 30. August 2007/26. September 2007 erteilt werde. Eine abweichende Vereinbarung, die die gesetzliche Voraussetzung ebenfalls erfülle, bleibe möglich, sie ersetze dann die erstgenannte Vereinbarung. Die Ziffern 2.2, 6.1, 6.2, 6.4, 6.5 und 8 der genannten Vereinbarung von 2007 seien Bestandteil der Zulassung; der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK bleibe aufrechterhalten. Für die Zulassung der Beigeladenen zu 3) auf die 3. und 4. Sendezeitschiene entfalle der Vorbehalt der Vereinbarung und bleibe der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK aufrechterhalten. Die Zulassungen würden erteilt für den Zeitraum vom 1. Juni 2003 bis zum 31. Mai 2018. Nach der Herstellung des Benehmens mit der KEK solle die zusammenfassende Beschlussfassung über die das Verfahren beendenden Bescheide im Hauptausschuss erfolgen.

13

Die KEK teilte der Beklagten mit Schreiben vom 23. März 2012 unter Beifügung ihrer entsprechenden Beschlüsse vom 13./21. März 2012 (KEK 660-2 und 660-3) mit, es bestünden rundfunkrechtliche Bedenken gegen die vorgesehene Entscheidung, der Beigeladenen zu 2) die Zulassung vorläufig auf der Grundlage der Vereinbarung von 2007 zu erteilen. Keine Bedenken bestünden gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 3) zuzulassen.

14

In ihrer 25. Sitzung am 16. April 2012 beschloss die Versammlung der Beklagten schließlich die Zulassung der Beigeladenen zu 2) und 3), die entsprechende Beschränkung der Zulassung des Hauptprogrammveranstalters und die Ablehnung der Zulassungsanträge der Klägerin und der weiteren Mitbewerber, außerdem die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

15

Diese Beschlüsse wurden im Wortlaut Gegenstand des von der Beklagten am 17. April 2012 erlassenen, vorliegend teilweise angefochtenen Bescheides, der im Wesentlichen folgenden Inhalt hat:

16

In Abschnitt A wird der Beigeladenen zu 2) die Zulassung zur Veranstaltung und Verbreitung von zwei überregionalen Fernsehfensterprogrammen im Hauptprogramm von Sat.1 auf der 1. und 2. Sendezeitschiene erteilt (Ziff. 1 - 4). Gem. Ziff. 5 wird bis zum Abschluss einer Vereinbarung mit der Hauptprogramm-veranstalterin gemäß § 31 Abs. 5 RStV die in der vergangenen Lizenzperiode abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet; deren Ziff. 2.2, 6.1, 6.2 6.4 6.5 und 8 blieben bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung Bestandteil der Zulassung.

17

Abschnitt B enthält die Zulassung der Beigeladenen zu 3) für die 3. und 4. Sendezeitschiene.

18

Abschnitt C betrifft die Befristung und Änderung der an die Beigeladene zu 1) erteilten Zulassung entsprechend A und B. Auch dort heißt es unter Ziffer 4: „Bis zum Abschluss einer Vereinbarung über die Ausstrahlung der Fensterprogramme auf der ersten und zweiten Sendezeitschiene zwischen Sat.1 und dem unabhängigen Drittanbieter ….. wird für die Zeit ab dem 1. Juni 2013 die in der vergangenen Lizenzperiode von den Beteiligten abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet...“.

19

In Abschnitt D werden die Anträge aller konkurrierenden Bewerber auf alle Sendezeitschienen abgelehnt. Abschnitt E enthält die Anordnung des Sofortvollzugs.

20

Zur Begründung des Bescheids wird – nach Schilderung des Verfahrensganges – zunächst unter II. im Einzelnen dargelegt, warum die ausgewählten Bewerber die Anforderungen des Rundfunkstaatsvertrags nach Überzeugung der Versammlung der Beklagten in einem Maße erfüllten, das von keinem anderen Bewerber und auch von keiner anderen Kombination von Bewerbern erreicht werde.

21

In Bezug auf die Klägerin heißt es dort insbesondere, hier sei ein besonderer Sachverhalt einzubeziehen. Der LMK sei im September 2011 bekannt geworden, dass eine 100 %-Tochter der Klägerin dem Hauptveranstalter Programm im Umfang von 14,6 % der Programmstunden im Bereich Information und Magazine zuliefere. Damit werde ein wesentlicher meinungsbildender Teil des Hauptprogramms abgedeckt. Eine derartige wirtschaftliche Abhängigkeit der Tochtergesellschaft rechtfertige die Vermutung der redaktionellen Unabhängigkeit der Klägerin deutlich weniger als bei allen anderen Bewerbern. Gemäß Ziffer 5.5 der Drittsendezeitenrichtlinie – DSZR - sei in die Abwägung auch § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV einzubeziehen, der die redaktionelle Unabhängigkeit verlange. Dass ein Bewerber zunächst als zulassungsfähig angesehen worden sei, schließe nicht aus, Kriterien der redaktionellen Unabhängigkeit auch im Rahmen der konkreten Auswahlentscheidung heranzuziehen. Es müsse festgestellt werden, ob ein Bewerber eine größere oder eine geringere Nähe zum Hauptveranstalter aufweise. Auf dieser Grundlage scheide eine Vergabe an die Klägerin aus. Ihre mit weitem Abstand vor allen anderen Bewerbern große Nähe zum Hauptveranstalter müsse zur Nichtberücksichtigung der Klägerin auf der zweiten Stufe führen, nämlich im Rahmen der Abwägungsentscheidung, inwieweit die Klägerin einen Vielfaltsbeitrag leisten könne. Das inhaltliche Angebot könne dieses strukturelle Defizit nicht ausgleichen. Hinzu komme, dass der Vielfaltsbeitrag der Klägerin in der Drittsendezeit gerade mit solchen Inhalten (aktuelle Information) geleistet werden solle, die auch Gegenstand der bestehenden Zulieferungen seien. Es genüge nicht, dass die Klägerin eine separate Redaktion zugesagt habe. Es müsse damit gerechnet werden, dass mit Rücksicht auf die Umsätze des gesamten Unternehmensverbundes die Bandbreite und Meinungsfreudigkeit der Drittsendezeit-Inhalte beschränkt würden. Das angebotene Programmformat „W.“ solle den Schwerpunkt auf inländische Berichterstattung aus den Bereichen Politik, Gesellschaft und Wirtschaft legen. Der Mutterkonzern des Hauptveranstalters sei seinerseits häufig Gegenstand politischer Diskussionen. Hier könnten bei der Klägerin Auswirkungen mittelbarer Betroffenheit nicht ausgeschlossen werden. Auch sei nicht auszuschließen, dass aus Kostengründen eine Zweitverwertung der aus dem bereits bestehenden Zuliefervertrag der Tochterfirma und damit eine Doppelung von Inhalten stattfinden könne, die den Vielfaltsbeitrag gerade nicht erhöhen würden. Die Äußerungen des Mutterkonzerns Pro 7 Sat. 1 Media AG zu diesem Verfahren hätten zudem gezeigt, dass sich der Mutterkonzern für die Klägerin stark mache, woraus sich ebenfalls eine besondere Nähe manifestiere. Die Klägerin sei auch erst 2010 aus dem Konzern, dem die Beigeladene zu 1) angehöre, ausgegliedert worden; es gebe noch personelle Verflechtungen, die ebenfalls bei der Frage der Unabhängigkeit in den Blick zu nehmen seien. Von den anderen Bewerbern liefere nur die Beigeladene zu 2) 1,1 % Programmstunden im Bereich Information und Magazine an die Beigeladene zu 1) zu. Hier seien die Drittsendezeiten bereits einbezogen. Für die Regionalfenster, die von der Unternehmensgruppe, der die Beigeladene zu 2) angehöre, erstellt würden, bestehe eine separate Rundfunkerlaubnis. Alle anderen Bewerber seien mit einem Anteil von unter 1 % der Programmstunden involviert.

22

Beim inhaltlichen Vergleich der verbleibenden Bewerber in den Sendezeitschienen hinsichtlich des Vielfaltsbeitrags sei im Ergebnis mit keiner anderen Zusammenstellung von Angeboten als mit der Summe/Kombination der hier zugelassenen Formate eine solche Breite zu erreichen. Insbesondere in ihrer Gesamtheit stellten die ausgewählten Angebote die maximal erreichbare Vielfaltserhöhung dar. Dass die derzeitigen Erlaubnisinhaber erneut berücksichtigt worden seien, sei nicht fehlerhaft, denn der Vielfaltsbegriff sei inhaltsbezogen, nicht unternehmensbezogen zu verstehen. Auch nicht relevant sei, dass die Beigeladene zu 3) auch bei RTL lizenziert sei. Insbesondere der Kulturbeitrag der Sendung „N.“ der Beigeladenen zu 3) sei sehr hoch. Das Format sei möglicherweise im deutschen Fernsehen einzigartig. Einen vergleichbaren Solitär stelle das Wissenschaftsmagazin „P.“ der Beigeladenen zu 2) dar.

23

Im Weiteren wird näher begründet, warum der Beigeladenen zu 2) auch ohne eine aktuelle Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 und 6 RStV eine Erlaubnis erteilt werden könne. Der gewählte Weg einer Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung wird gegenüber dem in der Drittsendezeitrichtlinie vorgesehenen Verfahren als milderes Mittel angesehen.

24

Nach Zustellung dieser Entscheidung hat die Klägerin am 18. Mai 2012 Klage erhoben. Sie bezieht sich zunächst auf ihren Vortrag im gleichzeitig anhängig gemachten vorläufigen Rechtsschutzverfahren (AZ 5 L 454/12.NW), in dem im Wesentlichen Folgendes vorgetragen wird:

25

Der Bescheid vom 17. April 2012 sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten, insbesondere in ihrem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung ihrer Bewerbung als Fensterprogramm-Veranstalterin. Da hier eine kontingentierte Zulassung erfolge, könne sie auch die Zulassungsentscheidungen zu Gunsten der Beigeladenen zu 2) und 3) als Verwaltungsakt mit Doppelwirkung anfechten. Die detaillierten Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags für Auswahl und Zulassung dienten primär dem Zweck, einen möglichst großen Vielfaltsbeitrag sicherzustellen. Dabei müssten jedoch auch die Grundrechte der Bewerber beachtet werden. Im Verfahren der Auswahl und Zulassung müsse jeder Bewerber die gleiche Chance erhalten. Zudem sei das Zulassungserfordernis jedenfalls eine Berufsausübungsregelung, so dass die Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags auch die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG konkretisierten. Außerdem sei Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu berücksichtigen.

26

Die Beklagte habe das Recht der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihre Bewerbung in grober Weise verletzt. Sie habe keinen ergebnisoffenen Auswahlprozess geführt, sondern von vornherein beabsichtigt, erneut die Beigeladenen zu 2) und 3) zuzulassen und die Klägerin abzulehnen. Unzulässige, auch standortpolitische Erwägungen prägten die Entscheidungen. Schon früh habe sich abgezeichnet, dass trotz der bevorstehenden Ausschreibung alles beim Alten bleiben solle. Auch die Bündelung der Sendezeitschienen beruhe auf einem Konsens zwischen der Beklagten und der Beigeladenen zu 2). Auch sei offenbar deren Beschleunigungswünschen entsprochen worden. Die Vorstellungen der Beigeladenen zu 1) als Hauptprogrammveranstalterin seien für die Beklagte unerheblich gewesen.

27

Bei Ablauf der derzeit laufenden Lizenzen wären die Beigeladenen zu 2) und 3) seit 15 bzw. 25 Jahren die einzigen Drittanbieter im Programm der Beigeladenen zu 1). Andere unabhängige Drittanbieter seien bisher nie berücksichtigt worden. Es liege nahe, dass damit nicht das Ziel eines maximalen Vielfaltsbeitrags verfolgt werde, sondern vor allem Standortinteressen maßgebend seien. Die in Mainz ansässige und produzierende Beigeladene zu 2) habe stets eine erheblich über den Herstellungskosten liegende Vergütung erhalten. Sie produziere derzeit wohl nur die Sendungen für das Fensterprogramm von der Beigeladenen zu 1); ihre Schwestergesellschaft produziere seit 17 Jahren deren Regionalfenster für Hessen und Rheinland-Pfalz. Auch bei der Beigeladenen zu 3) nehme die Tätigkeit als Fensterprogramm-Veranstalterin einen maßgeblichen Teil der Geschäftstätigkeit ein. Außerdem würden „… TV.“ und „… TV.“ von dritten Anbietern hergestellt, die in erheblichem wirtschaftlichem Umfang Auftrags-produktionen für die Beigeladene zu 1) erstellten. Auch die KEK habe an der wiederholten Vergabe der Drittsendelizenzen an dieselben Anbieter schon mehrfach Kritik geäußert.

28

Das Auswahlverfahren selbst habe an zahlreichen Verfahrensfehlern gelitten. Regelungen seien verletzt worden, die auch dem Interesse der Klägerin als Mitbewerberin dienten. Nach Eingang der Bewerbung seien alle rechtzeitigen Bewerber für zulassungsfähig erklärt worden. Entgegen § 36 Abs. 5 RStV sei das Benehmen mit der KEK nicht vor der Auswahlentscheidung vom 17. Oktober 2011 hergestellt worden. Das Benehmenserfordernis solle aber nach der amtlichen Begründung zum Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag auch standort-politische Maßnahmen verhindern und mithin im Interesse der Bewerber einem transparenten und fairen Verfahren dienen. Der Fehler sei nicht nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Es sei nicht auszuschließen, dass der Verzicht auf die vorherige Beteiligung der KEK die Entscheidung der Beklagten auch in der Sache beeinflusst habe.

29

Die Beigeladene zu 1) sei unter ungebührlichen Zeitdruck gestellt worden, so dass diese dann notgedrungen einen Dreiervorschlag eingereicht habe.

30

Am 17. Oktober 2011 habe die Versammlung der Beklagten die beiden von ihr hinzugefügten Bewerber, die Beigeladenen zu 2) und 3), ausgewählt und die Klägerin dabei zu Unrecht nicht berücksichtigt, weil von einer wirtschaftlichen Abhängigkeit einer 100-prozentigen Tochter der Klägerin gegenüber Sat.1 und damit einer zu großen Nähe zum Hauptveranstalter ausgegangen worden sei. Für die rechtlich gebotene Beteiligung der KEK sei lediglich ein Vorbehalt gemacht worden. Der Klägerin gegenüber sei diese Auswahlentscheidung zunächst verschwiegen worden.

31

Auf die von der KEK im November 2011 geäußerten Bedenken, dass die Beklagte eine vermutete geringere redaktionelle Unabhängigkeit der Klägerin infolge hoher wirtschaftlicher Abhängigkeit vom Hauptprogrammveranstalter zu Unrecht berücksichtigt haben könnte, habe diese ihre Argumentation lediglich dahingehend geändert, dass sie aus der unterstellten wirtschaftlichen Abhängigkeit der Klägerin auf einen geringeren Vielfaltsbeitrag geschlossen habe. Auch die Unterstellung einer Doppelverwertung und sonstige Formulierungen sprächen für eine Voreingenommenheit.

32

Die mit Beschluss vom 17. April 2012 getroffene Auswahlentscheidung sei grob ermessensfehlerhaft. Dort stelle die Beklagte wiederum auf die vermeintlich fehlende redaktionelle Unabhängigkeit der Klägerin ab. Die ausdrücklich genannten Kriterien nach Ziffer 5.5 DSZR erwähne sie jedoch in diesem Zusammenhang nicht. Da es sich nicht um eine einvernehmliche Auswahlentscheidung zwischen Hauptprogrammveranstalter und Landes-medienanstalt handele, müsse derjenige Bewerber ausgewählt werden, dessen Beitrag den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptprogrammveranstalters erwarten lasse. Der der Landesmedienanstalt dabei zustehende Ermessens- und Beurteilungsspielraum sei enger und die Anforderungen an die Begründung seien höher als bei der Beurteilung einer einvernehmlichen Auswahlentscheidung. Den derart gesteigerten Anforderungen genüge die Entscheidung wegen Ermessensnichtgebrauch durch Vorfestlegung auf zwei ausgewählte Bewerber noch vor der Einleitung des Auswahlverfahrens nicht. Auch die Konzeption der Ausschreibung mit zwei statt vier Sendezeitschienen diene allein der Bevorzugung der Bestandsanbieter. So habe von vornherein die Ablehnung der Klägerin festgestanden. Die Vorein-genommenheit schlage sich auch in einer tendenziösen Wortwahl wieder. Vergleichbare Programmfaktoren würden verschieden gezeichnet und damit gewichtet.

33

Soweit von Ermessen Gebrauch gemacht worden sein sollte, habe die Beklagte offensichtlich sachfremde Erwägungen angestellt und damit ermessensfehlerhaft gehandelt. Sie habe insbesondere mit der jahrzehntelangen Auswahl des Mainzer Unternehmens der Beigeladenen zu 2) länderspezifische Standortinteressen verfolgt. Im Prinzip sei die Zuständigkeit einzelner Landesmedienanstalten für die bundesweit verbreiteten Fensterprogramme inzwischen systemwidrig, weil die meisten Zuständigkeiten im Zusammenhang mit bundesweiter Veranstaltung von Rundfunk der neu geschaffenen Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) zugewiesen worden seien und die abschließende Beurteilung im Zusammenhang mit der Sicherung von Meinungsvielfalt grundsätzlich der bundesweit einheitlichen KEK. Selbst das Korrektiv der Benehmensherstellung mit der KEK umgehe die Beklagte, indem sie es zu einem reinen Formalismus herabstufe. Der 9. Rund-funkänderungsstaatsvertrag habe den Spielraum für standortpolitische Entschei-dungen anscheinend durch die Möglichkeit abgesichert, den Dreiervorschlag unter Vielfaltsgesichtspunkten um zwei weitere Vorschläge zu ergänzen. Mit der Verknappung der zu vergebenden Sendezeitschienen in zwei Pakete habe die Beklagte dann auf Grundlage dieser gesetzlichen Regelung sichergestellt, dass sie alleine über die Auswahl der Bewerber entscheiden könne.

34

Entgegen Ziffer 5.5 DSZR habe sie auch nicht erwogen, ob ein Wechsel zu anderen Drittveranstaltern als Vielfaltsgewinn zu beurteilen sei. Für eine solche Beurteilung spreche jedoch die in § 31 Abs. 6 Satz 4 RStV statuierte Befristung der Zulassung von Drittveranstaltern ohne Verlängerungsoptionen.

35

Die Ablehnung der Klägerin beruhe inhaltlich auf sachfremden Erwägungen, etwa durch Unterstellung der „Zweitverwertung“ von Sendungen, die Gegenstand der bestehenden Zulieferverpflichtung an die Beigeladene zu 1) seien. Eine Zweitverwertung sei faktisch ausgeschlossen. Bei den zugelieferten Programmen handele es sich um Frühstücksfernsehen und Nachrichten, das vorgesehene Format für das Fensterprogramm sei ein Magazin. Es könne thematisch zu Überschneidungen kommen, die Art und Weise der Themenbehandlung sei jedoch völlig unterschiedlich. Insbesondere widme sich ein Magazin in vertiefter Weise ausgewählten Themen aus einem in der Regel längeren Zeitraum.

36

Mit ihrem tragenden Argument für die Ablehnung der Klägerin – ihrer vermeintlich fehlende Unabhängigkeit von der Hauptprogrammveranstalterin - löse sich die Beklagte völlig von den Vorgaben, die der Rundfunkstaatsvertrag und die Drittsendezeitenrichtlinie ihrer Ermessensausübung setzten. Sie verkenne die Struktur der Auswahlentscheidung. Außerdem beruhe die Begründung der vermeintlichen Abhängigkeit auf unzulässigen Erwägungen. Der Rundfunkstaatsvertrag kenne im vorliegenden Zusammenhang nur die redaktionelle Unabhängigkeit und die rechtliche Unabhängigkeit. Letztere sei gemäß § 31 Abs. 1 RStV Voraussetzung für die Zulassungsfähigkeit eines Fensterprogramm-Veranstalters, die entsprechenden Anforderungen würden in § 28 RStV abschließend normiert. Die Beklagte habe die rechtliche Unabhängigkeit der Klägerin zu Beginn des Verfahrens zutreffend bejaht. Sie könne dann dieses Merkmal nicht erneut bei der Bewertung der Vielfalt berücksichtigen und erst recht nicht anders beurteilen als im Rahmen der Entscheidung über die Zulassungsfähigkeit. Nach dem Rundfunkstaatsvertrag sei die rechtliche (Un-)Abhängigkeit kein Gesichtspunkt der Vielfalt. § 31 Abs. 3 RStV lege fest, dass rechtliche und damit auch redaktionelle Abhängigkeit bestehe, wenn ein Zurechnungstatbestand des § 28 RStV verwirklicht sei, was hier nicht der Fall sei. Es könne auch kein weiteres Kriterium der wirtschaftlichen Unabhängigkeit erfunden werden. § 28 Abs. 2 RStV selbst stelle die wirtschaftliche Abhängigkeit der rechtlichen Abhängigkeit gleich und lege in seiner Nr. 1 abschließend die Schwelle fest, ab der Programmzulieferungen eine Abhängigkeit begründeten und zum Ausschluss eines Bewerbers um ein Drittsendeprogramm führten. Dieses Ergebnis dürfe nicht über das Vielfaltskriterium wieder revidiert werden.

37

Auch als Gesichtspunkt der redaktionellen Unabhängigkeit könne die behauptete wirtschaftliche Abhängigkeit bei der Auswahlentscheidung jedoch nicht fruchtbar gemacht werden. Ziffer 5.5, 1. Spiegelstrich DSZR, der auf § 31 Abs. 1 RStV verweise, konkretisiere offensichtlich nur die inhaltsbezogenen Vorgaben des § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV und verpflichte Haupt- und Fensterveranstalter zur Respektierung bzw. zum Gebrauch der redaktionellen Unabhängigkeit. Damit solle und dürfe das personenbezogene Merkmal der redaktionellen Unabhängigkeit nicht zusätzlich zu einem Bestandteil des Vielfaltsbegriffs gemacht werden, denn die in § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV genannte redaktionelle Unabhängigkeit sei nicht als Auswahlkriterium, sondern als Vorgabe an den zugelassenen Fenster-programmveranstalter ausgestaltet, das Fensterprogramm in redaktioneller Unabhängigkeit zu gestalten. Es sei insbesondere unzulässig, von einer vermuteten „wirtschaftlichen Abhängigkeit“ auf eine redaktionelle Abhängigkeit zu schließen und so die Zulassung praktisch automatisch zu versagen, wie es auf Seite 9 des angefochtenen Bescheids geschehe. Auch tatsächlich bestehe die von der Beklagten angenommene Abhängigkeit der Klägerin vom Hauptprogramm-veranstalter nicht – wie näher dargelegt wird. Zudem sei eine Abhängigkeit der Beigeladenen zu 2) und 3) nicht mit gleicher Aufmerksamkeit geprüft und in die Entscheidung eingestellt worden. Tatsächlich bestehe auch hier eine langjährige Programmzuliefertätigkeit für die Beigeladene zu 1). Für beide ausgewählten Anbieter sei die Erstellung der Fensterprogramme ein sehr maßgeblicher Teil ihrer Geschäftstätigkeit. Keine Rolle gespielt habe offenbar, dass auch die beiden zugelassenen Anbieter in erheblichem Umfang für die Beigeladene zu 1) Auftrags-produktionen erstellten, so die …Gruppe beispielsweise für das Format „K.“, die …Gruppe für das Talkformat „….“. Auch müsse die mehrfache Zulassung der Beigeladenen zu 3) bei der Beigeladenen zu 1) und bei RTL einer der Entscheidungsfaktoren sein.

38

Aus unzulässigen Erwägungen habe die Beklagte die Klägerin in die Auswahlentscheidung nicht gebührend einbezogen. Sie habe die thematische Vielfalt und journalistische Qualität der Angebote der Klägerin unberücksichtigt gelassen, obwohl die angebotenen Dokumentations- bzw. Magazinformate insbesondere bildungs- und kulturpolitische Themen berücksichtigten und sich durch ihren vertiefenden gesellschaftspolitischen Inhalt auszeichneten. Ihr Format „… TV“ könne insbesondere das bei Sat.1 fehlende wochenaktuelle politische Magazin bieten und damit einen besonders hohen Vielfaltsbeitrag leisten.

39

Es sei bei der Auswahlentscheidung insgesamt ein falscher Beurteilungs- und Begründungsmaßstab angelegt worden. Die inhaltlichen Auswahlkriterien seien nicht ex ante transparent konkretisiert worden, sondern hätten sich offenbar erst während des Verfahrens entwickelt. Sie seien einseitig, zum Teil widersprüchlich und insgesamt nicht nachvollziehbar angewandt worden.

40

Den Ausforschungsanträgen der Beigeladenen zu 2) hinsichtlich verschiedener Verträge zwischen der Klägerin bzw. ihrem Tochterunternehmen und der Beigeladenen zu 1) werde entgegengetreten. Die Tatsachen seien für diesen Rechtsstreit ohne Belang bzw. hinlänglich bekannt. Insbesondere ergebe sich aus Ziffer 3.2.1 des Beschlusses Nr. … der KEK, dass auch die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Klägerin selbst geprüft und bejaht worden sei. Es bestehe keine Sperrminorität der Beigeladenen zu 1) nach § 28 RStV. Auch faktische Einflussmöglichkeiten seien bereits von der KEK bzw. von der Bayerischen Landeszentrale für Medien am ... ... 20.. geprüft worden. Die wirtschaftliche Bedeutung der Auftragsproduktionen führe auch nicht mittelbar zu redaktionellen Rücksichtsgeboten gegenüber der Beigeladenen zu 1), zumal die Klägerin auch für deren unmittelbare Konkurrenten mit Auftragsproduktionen tätig sei.

41

Im Übrigen sei eine Reihe von Verfahrensfehlern festzustellen, die auch für das Auswahlergebnis nicht unbeachtlich seien. Schon die Ausschreibung sei ermessensfehlerhaft gestaltet gewesen. Die fehlende Erörterung mit der Beigeladenen zu 1) verstoße gegen die klaren Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags. Die Ergänzung des Dreiervorschlags hätte nicht durch den Direktor der Beklagten geschehen dürfen. Hierfür wäre, weil es um Vielfaltsgesichtspunkte gegangen sei, die Versammlung zuständig gewesen. Auch sei nicht begründet worden, warum er überhaupt ergänzungsbedürftig sei. Falls für die Zwecke des Dreiervorschlags beide Schienenbündel separat zu betrachten seien, wäre jedenfalls für das Bündel 3./4. Sendezeitschiene ein anderes Ergebnis nicht ausgeschlossen gewesen; der Bewerberkreis wäre reduziert, die Chancen einer einvernehmlichen Auswahl wären größer gewesen.

42

Das Benehmen mit der KEK sei nicht rechtzeitig hergestellt worden, denn es habe beim Beschluss vom 17. Oktober 2011, der die Auswahlentscheidung abschließend getroffen habe, nicht vorgelegen. Eine Heilung durch nachträgliche Benehmensherstellung am 16. Dezember 2011 sei nicht möglich gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei die nächste Verfahrensstufe schon lange erreicht gewesen, die Beigeladenen hätten sich bereits in Vertragsverhandlungen befunden. Sowohl die Erörterung mit der Klägerin als auch die rechtzeitige Mitwirkung der KEK hätten zweifellos eine Entscheidung in der Sache beeinflussen können.

43

Eine spätere Heilung der Fehler der Auswahlverfahrens sei nicht möglich; die unterlegenen Bewerber seien danach grundsätzlich aussortiert und den ausgewählten Bewerbern wachse eine materielle Rechtsposition zu, die nur nach Ziffer 6.3 DSZR noch entfallen könne.

44

Des Weiteren sei die Fortschreibung der Finanzierungsvereinbarung mit der Beigeladenen zu 2) rechtswidrig gewesen. Weder §§ 2 Satz 2 und 42 Nr. 7 des Landesmediengesetzes Rheinland-Pfalz noch § 38 Abs. 2 RStV gestatteten individuell erdachte Grundrechtseingriffe. Auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV lägen nicht vor. Insbesondere trügen die Erwägungen der Beklagten nicht die Schlussfolgerung, die Beigeladene zu 1) habe kein angemessenes Angebot vorgelegt. Richtigerweise hätte die Beklagte gemäß Ziffer 6.3 DSZR erneut in das Auswahlverfahren eintreten müssen. Ihr anderes Vorgehen verletze auch die Rechte der Mitbewerber, weil bis dahin noch eine Chance auf Neuauswahl nach Ziff. 6.3 DRSZ bestanden hätte. Die Fortschreibung sei jedenfalls gegenüber den Konkurrenten kein „milderes Mittel“ gewesen.

45

Die Klägerin beantragt,

46

1. den Gesamtbescheid der Beklagten vom 17. April 2012 insoweit aufzuheben, als er die Zulassung der Beigeladenen zu 2) und 3) als Veranstalter einer Sendezeit für unabhängige Dritte (Drittsendezeit) gemäß § 31 RStV und die Ablehnung des entsprechenden Antrags der Klägerin enthält.

47

2. die Beklagte zu verpflichten, über die Bewerbung der Klägerin um Zulassung als Veranstalter einer Sendezeit für unabhängige Dritte (Drittsendezeit) gemäß § 31 RStV unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

48

Die Beklagte beantragt,

49

die Klage abzuweisen.

50

Sie macht zunächst geltend, grundsätzlich dürfe ein Hauptprogrammveranstalter die kompensatorische Vielfaltsentscheidung der plural zusammengesetzten Versammlung der Beklagten nicht durch Verweigerung eines angemessenen Vertragsangebots an den ausgewählten Drittsendezeitveranstalter leerlaufen lassen. Daher sei Beklagte berechtigt gewesen, die Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 1) und der als Garant für das vielfältigste Kompensationsprogramm ausgewählten Beigeladenen zu 2) vorläufig fortzuschreiben.

51

Auch im Übrigen sei der Zulassungsbescheid insgesamt formell und materiell rechtmäßig. Das Verfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Eine Auswahlentscheidung nach § 31 Abs. 4 RStV sei auch nicht-konsensual möglich. Am 10. Juni 2011 seien mit der Beigeladenen zu 1) die möglichen Sendezeitschienen ausführlich erörtert worden. Die Beklagte sei nicht vorab darauf festgelegt gewesen, dass alles beim Alten bleiben solle. Ausschreibung und Auswahl sollten vielmehr offen und ohne Vorfestlegung erfolgen. Die Hinzufügung von zwei Bewerbern zum Dreiervorschlag der Beigeladenen zu 1) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 Halbs. 1 RStV sei unter Einbindung der Versammlung durch den stellvertretenden Direktor geschehen und durch die Versammlung am 17. Oktober 2011 bestätigt worden. Die Versammlung sei nicht notwendig mit der Vorbereitungsmaßnahme „Aufforderung zur Abgabe eines Dreiervorschlags“ zu befassen gewesen. Auch die KEK sei rechtmäßig beteiligt worden. Man habe zunächst ausdrücklich der Auswahlentscheidung einen Vorbehalt beigefügt. Die Bedenken der KEK seien in den folgenden Sitzungen des Rechts- und Zulassungsausschusses und der Versammlung am 5. Dezember ausführlich erörtert worden; auf dieser Grundlage habe der stellvertretende Direktor der Beklagten in der Sitzung der KEK vom 13. Dezember 2011 zu den Bedenken Stellung genommen, die daraufhin nicht mehr aufrechterhalten worden seien. Mit den Bedenken der KEK zur vorläufigen Fortschreibung einer Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV hätten sich der Rechts- und Zulassungsausschuss und die Versammlung am 16. April 2012 eingehend auseinandergesetzt.

52

Auch materiell sei die Entscheidung rechtmäßig. Sendezeitschienen seien in zulässiger Weise festgelegt worden. Die Beklagte handle nicht im rheinland-pfälzischen Interesse, sondern im Interesse des Vielfaltsanspruchs der bundesweiten Medienordnung. Der Firmensitz der Beigeladenen zu 2) in Mainz habe keine Rolle gespielt. Bezüglich der Klägerin seien keine sachfremden Erwägungen angestellt worden. Die bejahte Zulassungsfähigkeit schließe es nicht aus, im Rahmen der programmlichen Vielfaltsentscheidung nach § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV wirtschaftliche oder publizistische Verbindungen zu dem Hauptprogrammveranstalter zu berücksichtigen. Die Versammlung habe in ihrer Sitzung vom 17. Oktober 2011 den zu erwartenden Vielfaltsbeitrag der Klägerin als gering eingeschätzt. Dies sei auf der Grundlage des Sachverhalts erfolgt, dass eine 100 %-Tochter der Klägerin an die Beigeladene zu 1) Programm im Umfang von 14,6 % der Programmstunden zuliefere. Dieser Sachverhalt relativiere das Maß der redaktionellen Unabhängigkeit der Klägerin im Vergleich zu anderen Bewerbern. Er berge die Gefahr einer wirtschaftlichen Abhängigkeit, sei es auch nur, um die Langfristigkeit der werthaltigen Zulieferungsverträge zu sichern. Es bestehe zudem die Gefahr eines programmlichen Wohlverhaltens des Fensterprogramm-Veranstalters im Verhältnis zum Hauptprogrammveranstalter. Dies dürfe unter Vielfaltsgesichtspunkten auch dann berücksichtigt werden, wenn die aufgezeigten wirtschaftlichen und redaktionellen Beziehungen nicht die Qualität einer konzentrationsrechtlichen Abhängigkeit hätten.

53

Die Beigeladene zu 1) stellt keinen Antrag.

54

Sie hält den ergangenen Bescheid – insbesondere auch im von der Klägerin angefochtenen Umfang - für rechtswidrig.

55

Die Beigeladene zu 2) beantragt,

56

die Klage abzuweisen,

57

hilfsweise:

58

der Klägerin gemäß § 425 ZPO aufzugeben, sämtliche Verträge der Klägerin und ihrer Tochtergesellschaften zu 100 % einerseits und den Firmen Pro7Sat.1 MediaAG, respektive Sat.1GmbH andererseits über die Auftragsproduktionen der Klägerin für die Pro 7 Sat.1-Gruppe in ungeschwärzter Form zum Beweis dessen vorzulegen, dass die Klägerin und ihre Tochtergesellschaften i.S.d. §§ 31 Abs. 3, 28 Abs. 2 RStV rechtlich von der Pro 7 Sat.1-Gruppe abhängig sind.

59

Sie verweist zur Begründung auf ihren Schriftsatz vom 20. Juni 2012 im Verfahren 5 L 454/12.NW, in dem sie im Wesentlichen Folgendes ausgeführt hat: Das durchgeführte Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren sei fehlerfrei. Etwaige doch eingetretene Verfahrensfehler seien entweder durch die Zulassungsentscheidung vom 17. April 2012 gemäß § 45 VwVfG geheilt worden oder nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Der Klägerin stehe kein subjektiv-öffentliches Recht auf eine objektiv rechtmäßige Zulassungspraxis der Beklagten zu. Vorschriften, die den Interessen potentieller Bewerber um die Drittsendezeit zu dienen bestimmt seien, seien durch die Zulassungsentscheidung nicht verletzt worden.

60

Zunächst sei der Vorwurf der Vorfestlegung der Beklagten auf die Beigeladenen zu 2) und 3) aus standortpolitischen Gründen zurückzuweisen. Auch die wiederholte Lizenzierung sei dafür kein Beleg. Die Programmauswahl unter inhaltlichen Aspekten sei ausschließlich Sache der Versammlung der Beklagten. Ein Anbieterwechsel sei nicht per se ein Vielfaltsgewinn, sondern könne auch eher ein Risiko darstellen. Ein Wechsel von der redaktionell unabhängigen Beigeladenen zu 2) zur redaktionell abhängigen Klägerin wäre solch ein Vielfaltsrisiko. Dass der Gesetzgeber keine Verlängerungsmöglichkeit der Zulassungen für Drittsendezeitveranstalter vorgesehen habe, sondern eine Neuausschreibung verlange, zwinge den Veranstalter, sich jedes Mal einer erneuten Qualitätskontrolle zu unterziehen, spreche aber nicht gegen die mehrfache Auswahl.

61

Das Ausschreibungsverfahren sei am 10. Juni 2011 mit Vertretern der Beigeladenen zu 1) erörtert worden; die Beklagte sei aber nach pflichtgemäßem Ermessen nicht all deren Wünschen hinsichtlich der Gruppierung von Drittsendezeiten nachgekommen. Unabhängig davon könnten sich Konkurrenten nicht auf vermeintliche Ausschreibungsfehler berufen, weil diese regelmäßig nicht geeignet seien, die Ursächlichkeit einer fehlerhaften Vergabeentscheidung zu begründen. Dass vor der Ausschreibung Gespräche geführt worden seien, habe nicht zu einem Verfahrensfehler geführt. In dem Gespräch vom 24. Februar 2011 seien von der Beklagten der Beigeladenen zu 2) keine Zusagen gegeben worden.

62

Auch das weitere Verfahren sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin könne sich auf eine fehlende Erörterung der Auswahlentscheidung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) nicht berufen. Weder § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV (Erörterungspflicht) noch § 31 Abs. 5 RStV (Benehmensherstellung) begründeten subjektiv-öffentliche Rechte der konkurrierenden Bewerber. Was den Dreier-vorschlag angehe, so hätten für die 1. und 2. Sendezeitschiene nur drei zulassungsfähige Anträge vorgelegen, so dass hier die Beklagte das Entscheidungsrecht bereits gehabt habe. Die KEK sei rechtmäßig eingebunden worden. Die erforderliche Auseinandersetzung mit deren Argumenten sei jedenfalls in der Zulassungsentscheidung erfolgt.

63

Die Ablehnung der Klägerin sei insbesondere deshalb gerechtfertigt, weil sie noch in einem rechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zur Beigeladenen zu 1) stehe und dieser daher ein von der Klägerin zu veranstaltendes Fensterprogramm i. S. d. § 28 RStV zugerechnet werden müsse. Die Klägerin veranstalte über ihre 100%igen Tochtergesellschaften aufgrund entsprechender Produktionsverträge mit der Beigel. zu 1) 80,86 % der Informationssendungen in deren Haupt-programm und sei dabei weisungsgebunden. Es sei unzutreffend, dass die rechtliche und redaktionelle Unabhängigkeit der Klägerin von der KEK bereits 2010 geprüft worden sei. Gegenstand des Beschlusses der KEK vom 14. Dezember 2010 sei eine anders bezeichnete Firma gewesen, nicht die Klägerin, wie sie heute firmiere. Der Beschluss der KEK Nr. … beziehe sich ausschließlich auf die Beteiligungsverhältnisse beim Nachrichtensender X.. Der hohe Anteil der von den 100%igen Tochtergesellschaften der Klägerin zugelieferten Teile des Hauptprogramms der Beigeladenen zu 1) lasse jedenfalls von der Klägerin keinen zusätzlichen Beitrag zur Vielfalt insbesondere in den Bereichen Kultur, Bildung und Information - in redaktioneller Unabhängigkeit nach § 31 Abs. 1 RStV - erwarten. Die große Nähe der Klägerin zur Beigeladenen zu 1) sei auch im vorliegenden Prozess deutlich geworden. Aus beizuziehenden und vorzulegenden Unterlagen werde sich ergeben, wie die redaktionelle Hoheit von Sat.1 gestaltet sei, so dass sie wesentlichen Einfluss auf die Klägerin und ihre Tochtergesellschaften nehmen könne. Jedenfalls müsse die redaktionelle Unabhängigkeit des Drittsendezeitveranstalters i.S.v. § 31 Abs. 1 RStV bestehen, bevor die Lizenz beantragt werde, nachträglich könne sie nicht mehr hergestellt werden. Sie selbst liefere der Beigeladenen zu 1) keine Auftragsproduktionen in redaktioneller Abhängigkeit zu. Ihre redaktionelle Unabhängigkeit sei sowohl vertraglich als auch durch die jeweiligen Lizenzen der Beklagten gesichert. Auch deshalb sei ihr der Vorzug vor der Klägerin zu geben gewesen.

64

Letztlich sei die nicht justiziable Auswahlentscheidung der Versammlung der Beklagten zugunsten der Formate der Beigeladenen zu 2) und 3) ausschließlich aufgrund deren anerkannter, die Vielfalt sichernder Qualität getroffen worden.

65

Auf die Frage, ob die bisherige Finanzierungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 2) habe fortgeschrieben werden dürfen, komme es hier nicht an, weil insoweit keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Klägerin als abgelehnte Mitbewerberin bestünden.

66

Die Beigeladene zu 3) beantragt ebenfalls,

67

die Klage abzuweisen.

68

Unter Bezugnahme auf die Verfahren 5 L 1093/11.NW und 5 L 454/12.NW trägt sie insbesondere vor, sie habe ab 1998 eine Drittsendezeitlizenz im Programm der Beigeladenen zu 1) gehabt, im Zeitraum davor habe es eine freiwillige vertragliche Zusammenarbeit gegeben. Die lange Lizenzierung spreche nicht gegen eine erneute Auswahl, vielmehr zeige dies, dass sie große Erfahrung mit derartigen Programmbeiträgen habe. … TV gestalte erst seit November 2005 als neuer Partner der Beigeladenen zu 3) deren Programmfenster mit. Auch wegen ihrer pluralistischen Struktur könne die Beigeladene zu 3) ihren Programmbeitrag kontinuierlich weiterentwickeln. Bei der Frage des zusätzlichen Beitrags zur Vielfalt nach 31 Abs. 1 und Abs. 4 RStV sei es irrelevant, ob ein bestimmter unabhängiger Anbieter bereits als Drittanbieter zum Zuge gekommen sei oder über wie viele Sendezeiten er in anderen Programmen verfüge. Bei der jeweiligen Neuausschreibung konkurrierten die Bewerber immer wieder gleichberechtigt.

69

Sie, die Beigeladene zu 3), sei auch nicht mittelbar wirtschaftlich abhängig von der Beigeladenen zu 1). Die Produzenten der Formate … TV und … TV trügen zum Hauptprogramm von Sat.1 nur in geringem Umfang bei. Die Talkshow „K.“ werde seit Ende 2011 nicht mehr produziert und … TV strahle die Sendung „…..“ in Staffeln und nur einmal wöchentlich aus. Hingegen sei das Engagement der X-Gruppe bei der Beigeladenen zu 1) sehr groß.

70

Im Übrigen handele es sich bei der Vergabe der Sendezeiten hier offenbar um zwei begünstigende und somit auch voneinander abtrennbare Verwaltungsakte, die lediglich in einem Bescheid zusammengefasst worden seien; dieser sei jedoch auch bei einheitlicher Betrachtung formell und materiell rechtmäßig.

71

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze im vorliegenden Verfahren, in den gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 404/12.NW und 5 K 417/12.NW und in den vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 L 1093/11.NW und 5 L 454/12.NW, außerdem auf den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten und der KEK. Alle genannten Unterlagen sind Gegenstand der Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

72

Die Klage ist zulässig. Die Klägerin ist als Mitbewerberin in Bezug auf alle im Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 2011 ausgeschriebenen Sendezeit-schienen für Drittsendezeiten im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) insbesondere befugt, die Zulassung der Beigeladenen zu 2) und 3) als Drittsende-zeitveranstalter anzufechten und die Aufhebung der ihr selbst gegenüber ergangenen Ablehnung sowie die Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung über ihre Bewerbung zu beantragen.

73

Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Die Zulassungsentscheidung der Beklagten vom 17. April 2012 ist im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Klägerin steht entsprechend § 113 Abs. 5 VwGO ein Anspruch auf erneute Entscheidung der Beklagten über ihren Zulassungsantrag als Drittsendezeitveranstalterin im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) zu.

74

Rechtsverletzungen zu Lasten der Klägerin sind bei rechtlicher Prüfung des in § 31 Abs. 2 bis 6 RStV im Einzelnen vorgeschriebenen mehrstufigen Verfahrens hier insbesondere in der zweiten Stufe des Verfahrens festzustellen. Dort wurden zum einen Verfahrensvorschriften verletzt, die auch dem Schutz der Klägerin dienen (1). Zum andern genügt die eigentliche Auswahlentscheidung nicht den an sie zu stellenden rechtlichen Anforderungen (2). Insbesondere wurden bei der Beurteilung der Angebote der Klägerin Kriterien herangezogen, die den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags nicht entsprechen. Auf der nachfolgenden Stufe der eigentlichen Zulassungsentscheidung verletzt schließlich auch die unzulässige Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung zwischen den Beigeladenen zu 1) und 2) durch die Beklagte Rechte der Klägerin (3).

75

1) Mitbewerber im Drittsendezeitenverfahren haben zwar kein subjektives Recht auf eine objektiv rechtmäßige Zulassungspraxis der Zulassungsbehörde; die gerichtliche Überprüfung der Zulassungsentscheidung der Beklagten ist bei der Konkurrentenklage vielmehr darauf beschränkt, ob durch die Entscheidung Vorschriften verletzt wurden, die (auch) den Interessen potenzieller Bewerber um Drittsendezeiten dienen. Konkurrenten können aber die Verletzung des aus Art. 3 GG folgenden Gebots der Chancengleichheit geltend machen und die Einhaltung von Verfahrensvorschriften fordern, die auch ihren Interessen dienen. Die angefochtene Entscheidung selbst darf nicht von einem unvollständigen oder unzutreffenden Sachverhalt ausgehen, muss die gesetzlich vorgegebenen Maßstäbe zugrunde legen und darf sich nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2010, 10 ME 439/08, juris, Rn. 28 und 31, m. Nachw. zur Rechtsprechung).

76

Die Kammer hat sich in ihrem Urteil vom 23. August 2012 im gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 417/12.NW ausführlich damit auseinandergesetzt, inwiefern im Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren in Bezug auf die Drittsendezeiten im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) Verfahrensfehler vorlagen. Mit der Einschränkung, dass nicht alle der dort zum Nachteil der Hauptprogrammveranstalterin festgestellten Rechtsverletzungen auch Rechte der Klägerin verletzen, gelten die dortigen Ausführungen, wie nachfolgend erläutert wird, auch hier.

77

a) Auf der ersten Stufe des Verfahrens, also in der Phase der Vorbereitung der Ausschreibung bis zum Beschluss der Versammlung der Beklagten vom 20. Juni 2011, in dem die Ausschreibungsmodalitäten festgelegt wurden, konnte die Kammer Verfahrensfehler nicht feststellen. Auf die im Verfahren 5 K 417/12.NW von der klagenden Hauptprogrammveranstalterin insoweit geltend gemachte Verletzung ihres Beteiligungsrechts in Bezug auf die zeitliche Aufteilung der Sendezeitschienen und die Frage, ob die Drittsendezeiten gebündelt oder einzeln ausgeschrieben werden sollten, könnte sich die Klägerin hier als potenzielle Bewerberin ohnehin nicht berufen, denn solange ein Bewerbungsverfahren noch nicht förmlich eingeleitet ist, hat sie noch keine eigenen, aus den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags resultierenden Rechte (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 29. September 2008, 7 B 3575/08 – juris, Rn. 52: Der einzelne Bewerber müsse die Ausschreibung so hinnehmen, wie sie ihm bekannt gegeben werde.)

78

b) Die Verfahrensfehler, die in der nächsten Stufe - zwischen der Veröffentlichung der Ausschreibung im Staatsanzeiger von Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 2011 bis zum Ergehen der eigentlichen Auswahlentscheidung – geschehen sind, haben nur zum Teil auch zu Rechtsverletzungen der Klägerin geführt. Soweit das Gericht die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung schon mit der Verletzung der Mitwirkungsrechte der Hauptprogrammveranstalterin aus § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV in der ersten Phase des Auswahlverfahrens, nämlich nach Eingang der Bewerbungen und deren Weiterleitung an die Hauptprogrammveranstalterin, begründet hat, kommt dies der Klägerin nicht zugute. Als Konkurrentin hat sie unstreitig kein eigenes Recht auf Erörterung der eingegangenen Bewerbungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Auswahl. In diesem Stadium des Verfahrens ist mit der Rechtsverletzung gegenüber der Hauptprogrammveranstalterin auch noch keine konkrete Benachteiligung der Bewerber verbunden, die etwa deren Recht auf ein faires, chancengleiches Auswahlverfahren berühren könnte.

79

c) Rechte der Klägerin wurden jedoch in der darauffolgenden Phase des Verfahrens verletzt, indem das Dreiervorschlagsverfahren nicht korrekt durchgeführt wurde. Für den Fall, dass eine einvernehmliche Auswahl nach § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV nicht gelungen ist, bestimmt § 31 Abs. 4 RStV nämlich: „Kommt eine Einigung nicht zustande und liegen der zuständigen Landesmedienanstalt mehr als drei zulassungsfähige Anträge vor, unterbreitet der Hauptprogrammveranstalter der zuständigen Landesmedienanstalt einen Dreiervorschlag (Satz 4). Die zuständige Landesmedienanstalt kann unter Vielfaltsgesichtspunkten bis zu zwei weitere Vorschläge hinzufügen, die sie erneut mit dem Hauptprogrammveranstalter mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen, erörtert (Satz 5). Kommt eine Einigung nicht zustande, wählt sie aus den Vorschlägen denjenigen Bewerber aus, dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptprogramm-veranstalters erwarten lässt und erteilt ihm die Zulassung (Satz 6). Bei drei oder weniger Anträgen trifft die zuständige Landesmedienanstalt die Entscheidung unmittelbar (Satz 7)“. Durch den vorgeschriebenen Dreiervorschlag der Hauptprogrammveranstalterin gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV erfolgt schon eine Eingrenzung des Bewerberkreises. Dies berührt unmittelbar den Rechtskreis der Bewerber, weil Fehler im Zusammenhang mit dem Dreiervorschlag sich auf ihre Erfolgschancen im Auswahlverfahren auswirken können.

80

Zum rechtsfehlerhaften Dreiervorschlag heißt es im Urteil des erkennenden Gerichts im Verfahren 5 K 417/12.NW:

81

„Die Beklagte hätte die Klägerin nicht zur Abgabe eines einheitlichen Dreiervorschlags für beide jeweils zusammengefassten Sendezeitschienen auffordern dürfen, sondern diese Aufforderung auf die 3. und 4. Sendezeitschiene beschränken müssen, weil sich nur auf diese Sendezeitkombination mehr als drei zulassungsfähige Antragsteller beworben hatten. Die Vorschriften in § 31 Abs. 4 RStV über die Auswahl unter mehreren Bewerbern beziehen sich nämlich ersichtlich auf das Modell eines einheitlichen Vergabevergabeverfahrens, in dem sich alle Interessenten grundsätzlich auf die zur Verfügung stehenden Drittsendezeit insgesamt bewerben. Das zeigt deutlich die Formulierung in § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV, wonach die zuständige Landesmedienanstalt „das Fensterprogramm“ zur Erteilung „einer Zulassung“ ausschreibt und – nach Satz 6 - bei nicht einvernehmlicher Einigung und Ergänzung des Dreiervorschlags aus den Vorschlägen „denjenigen Bewerber“ auswählt, „dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt …. erwarten lässt, und erteilt ihm die Zulassung“. Eine Aufspaltung der Drittsendezeiten hatten die gesetzgebenden Länder bei der Abfassung dieser Vorschriften nicht im Blick; diese Möglichkeit erwähnt erst die DRSZ in ihrer Ziffer 5.1. Die Aufteilung der Drittsendezeit auf mehrere Sendeplätze oder Sendezeitschienen widerspricht den Vorschriften des RStV allerdings auch nicht. Es ist lediglich erforderlich, die Vorschriften jeweils auf diejenigen konkret zur Bewerbung ausgeschriebenen Sendezeitschienen zu beziehen, hinsichtlich derer eine Bewerberkonkurrenz auftritt oder auftreten kann und hinsichtlich derer eine separate Zulassung erteilt werden soll, weil nach den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags aus einem Dreiervorschlag – ggf. nach Ergänzung gem. § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV - nur ein einziger Bewerber übrig bleiben soll, dem dann auch die einzige zur Verfügung stehende Zulassung erteilt werden kann.

82

Nach diesem Verständnis gab es vorliegend inhaltlich zwei parallele, auf zusammengefasster Ausschreibung beruhende Bewerbungsverfahren. Konkurrenzsituationen gab es hier nämlich in beiden Teil-Verfahren: Für die 1. und 2. Sendezeitschiene hatten sich drei Interessenten, darunter die Beigeladene zu 1) beworben, für die 3. und 4. Sendezeitschiene waren fünf Interessenten vorhanden. Beide Kombinationen waren daher jede für sich nach den Regeln in § 31 Abs. 4 Sätze 4-7 RStV zu behandeln (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2010 – 10 ME 439/08 -, juris, in der nur eine von zwei ausgeschriebenen Sendezeitschienen streitgegenständlich war). Nach der hier geübten fehlerhaften Handhabung wären aber am Ende - auf der Grundlage eines einzigen, noch ergänzten Dreiervorschlags - z w e i Bewerber auszuwählen gewesen, die beide eine eigene Zulassung erhalten sollten.

83

Der Fehler wirkte sich allerdings nur auf die Auswahl der Beigeladenen zu 2) aus. Bei rechtmäßiger – nämlich getrennter – Verfahrensweise hätte die Beklagte nämlich für die Kombination aus 1. und 2. Sendezeitschiene gem. § 31 Abs. 4 Satz 7 RStV unmittelbar einen Bewerber auswählen können, da hier nur drei zulassungsfähige Bewerber vorhanden waren. Für die zweite Sendezeitschienen-Kombination war jedoch die Abgabe eines Dreiervorschlags, und zwar alleine bezogen auf den hierfür vorhandenen Bewerberkreis, gem. § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV erforderlich. Hier hatten sich insgesamt fünf Bewerber rechtzeitig beworben, die im Schreiben des Direktors der Beklagten an die Klägerin vom 23./26. August 2011 zunächst auch unter Vorbehalt sämtlich als zulassungsfähig bezeichnet worden waren. Erst später, nämlich in ihrer ersten Sitzung nach Eingang der Bewerbungen am 17. Oktober 2010, erklärte die Versammlung der Beklagten nur vier dieser Bewerber für zulassungsfähig.

84

Das fehlerhafte Verfahren zur Abgabe eines Dreiervorschlags, das durch die entsprechende Aufforderung im Schreiben der Beklagten vom 26. September 2011 eingeleitet wurde, verletzte hinsichtlich der zweiten Sendezeitschienenkombination die Beteiligungsrechte der Klägerin erneut. Sie musste davon ausgehen, dass sie insgesamt nur drei Bewerber für beide Sendezeitschienenkombinationen benennen konnte, und dass auch die Beigeladene zu 1) zum maßgeblichen Bewerberkreis gehöre. Damit wurde sie für die zweite Sendezeitschienenkombination in ihrer Auswahlmöglichkeit unzulässig beschränkt.

85

Dieser Fehler wirkte sich auf die Rechtmäßigkeit der Zulassungsentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 2) im Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aus. Aus 46 VwVfG lässt sich insoweit nichts zugunsten der Beklagten herleiten. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Ein Einfluss des fehlerhaften Verfahrens auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung kann hier aber keineswegs ausgeschlossen werden. Es ist vielmehr offen, welche drei der zunächst fünf als zulassungsfähig bezeichneten Bewerber die Klägerin benannt hätte, wäre das Dreiervorschlagsverfahren staatsvertragskonform abgelaufen und hätte sie sich daher nicht gleichzeitig um den aus ihrer Sicht geeigneten Bewerber für die 1. und 2. Sendezeitschiene Gedanken machen müssen. Offen ist auch, ob die Beklagte dann überhaupt von ihrem Ergänzungsrecht Gebrauch gemacht hätte. Möglicherweise wäre es bei einer so veränderten Ausgangslage zumindest für die zweite Schienen-Kombination sogar nachträglich noch zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen, die auch nicht zwangsläufig auf die Beigeladene zu 2) hätte hinauslaufen müssen. Für das weitere Verfahren hätte auch dies einen erheblichen Unterschied gemacht. Die Klägerin hätte insoweit keinen Anlass zur Klageerhebung gehabt und es wäre eventuell auch nicht in gleichem Umfang zu Konkurrentenklagen gekommen.

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Welcher alternative Geschehensablauf der wahrscheinlichste ist, ist im Rahmen von § 46 VwVfG nicht erheblich; es genügt für dessen Unanwendbarkeit, dass überhaupt alternative Ablaufmöglichkeiten bestehen“.

87

Bezogen auf die Klägerin des vorliegenden Verfahrens bedeutet dies, dass ihre Chancen, mit ihrer Bewerbung für die 3. und 4. Sendezeitschiene zum Zug zu kommen, durch das fehlerhafte Verfahren geschmälert worden sind. Sie wäre bei richtiger Handhabung eine von nur fünf statt von sechs Bewerberinnen bzw. - wegen der später festgestellten fehlenden Zulassungsfähigkeit einer der vier Mitbewerberinnen - eine von vier Bewerberinnen gewesen. Damit wären rein rechnerisch sowohl bessere Chancen verbunden gewesen, in den für das zweite Sendezeitschienenbündel abzugebenden Dreiervorschlag aufgenommen zu werden, als auch bessere Aussichten, im Ergebnis zum Zug zu kommen. Dass die Klägerin von der Beigeladenen zu 1) in ihrem auf alle Sendezeitschienen bezogenen Dreiervorschlag vom 7. Oktober 2011 tatsächlich schon benannt war, muss bei der hypothetischen Prüfung des alternativen Verfahrensverlaufs ebenso außer Betracht bleiben wie der Umstand, dass die Beklagte die Klägerin wegen „zu großer Nähe“ zur Hauptprogrammveranstalterin schon zu diesem Zeitpunkt für strukturell weniger geeignet hielt (dazu sogleich noch unter 2).

88

Aufgrund dieses Verstoßes gegen § 31 Abs. 4 Satz 4-6 RStV kann die Klägerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und eine erneute Entscheidung nur insoweit verlangen, als es um die Drittsendezeiten der 3. und 4. Sendezeitschiene geht. Hinsichtlich ihrer Bewerbung für die 1. und 2. Sendezeitschiene wirkt sich das unkorrekte Dreiervorschlagsverfahren hingegen nicht aus, weil sich dort auch bei korrekter Handhabung ihre Chancen nicht verbessert hätten. Da hier nur drei Bewerbungen vorlagen, hätte die Beklagte hier nämlich gem. § 31 Abs. 7 RStV ohnehin unmittelbar entscheiden dürfen (zur Fehlerhaftigkeit der Zulassungsentscheidung für die 1. und 2. Sendezeitschiene aus anderen Gründen siehe aber noch unten 3). .

89

d) Keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidungen hat hingegen die Frage, ob die Versammlung der Beklagten am 17. Oktober 2011 schon eine Auswahl - unter Vorbehalt - treffen durfte, obwohl das Benehmen mit der KEK noch nicht hergestellt war. Die Kammer sieht nämlich als eigentliche Auswahlentscheidung den Umlaufbeschluss des Haupt- und Zulassungs-ausschusses der Beklagten an, der zwischen dem 15. und 19. Dezember 2011 zustande kam und von der Versammlung am 13. Februar 2012 bestätigt wurde. Zuvor hatte aber die KEK mit Beschluss vom 13. Dezember 2011 entschieden, dass sie ihre im Schreiben vom 9. November 2011 angedeuteten Bedenken, die u.a. auch den „Vorab-Ausschluss“ der Klägerin betroffen hatten, nicht aufrecht erhalte (vgl. dazu das Urteil im Verfahren 5 K 417/12.NW, Abschnitt 2 c). Daher kann offen bleiben, ob sich die Klägerin auf eine Verletzung der Vorschriften zum Benehmenserfordernis überhaupt berufen könnte.

90

2) Rechte der Klägerin sind weiterhin und in besonderem Maße dadurch verletzt, dass die Auswahlentscheidung als solche zu ihren Lasten materiell-rechtlich fehlerhaft getroffen wurde.

91

Die zur Entscheidung berufenen Gremien der Beklagten haben dieser Auswahl im Hinblick auf die Bewerbung der Klägerin unsachgemäße Erwägungen zugrunde gelegt, indem sie von einer mittelbaren wirtschaftlichen Abhängigkeit der Klägerin von der Beigeladenen zu 1) ausgingen, damit die Annahme fehlender redaktioneller Unabhängigkeit in Bezug auf die Veranstaltung der Drittsendezeiten verbanden und die Klägerin so schon vor der eigentlichen Bewertung ihrer Programmformate unter Vielfaltsgesichtspunkten als weniger geeignete Bewerberin einstuften. Hierfür gibt es jedoch in § 31 RStV keine rechtliche Grundlage.

92

a) Zwar ist die Frage, ob zwischen Drittsendezeitanbietern und dem Haupt-programmveranstalter Abhängigkeiten bestehen, im Zulassungsverfahren durchaus von Bedeutung. Gem. § 31 Abs. 3 RStV darf nämlich ein Fensterprogrammanbieter nicht in einem rechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Hauptprogrammveranstalter stehen (Satz 1). Rechtliche Abhängigkeit im Sinne von Satz 1 liegt vor, wenn das Hauptprogramm und das Fensterprogramm nach § 28 demselben Unternehmen zugerechnet werden können (Satz 2). Die Landesmedienanstalt überprüft daher auch die eingehenden Anträge zunächst – als eine Art Zugangsvoraussetzung zum Auswahlverfahren – auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen dieses Staatsvertrags, insbesondere auch mit den detaillierten Vorschriften des § 28 RStV über die Zurechnung von Programmen und teilt dem Hauptprogrammveranstalter dann die zulassungsfähigen Anträge mit (31 Abs. 4 Satz 2 RStV). Dabei kann sie – als Bestandteil der in § 36 Abs. 5 RStV vorgeschriebenen Benehmensherstellung mit der KEK bei Auswahl und Zulassung von Drittsendezeitveranstaltern - auf Prüfergebnisse zurückgreifen, die die KEK im Rahmen ihrer besonderen Prüfungskompetenz nach § 36 Abs. 4 RStV gewonnen hat (u.a.: Prüfung der Unbedenklichkeit von Veränderungen in Beteiligungsverhältnissen in Bezug auf bundesweite Veranstaltung von Fernsehprogrammen, § 36 Abs. 4 Satz 2 RStV). Liegt ein rechtliches Abhängigkeitsverhältnis im Sinne von § 34 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV vor, dann ist der betreffende Fensterprogrammanbieter von vornherein als nicht zulassungsfähig anzusehen und seine Bewerbung bleibt bei der Auswahlentscheidung unberücksichtigt.

93

Eine solche Prüfung hat vorliegend auch stattgefunden. Die Beklagte hatte schon in den Schreiben vom 23. und 26. August 2011, mit dem der Beigeladenen zu 1) und der KEK die Bewerberunterlagen übersandt worden waren, festgestellt, vorbehaltlich der Beratung in den Gremien der LMK werde von der Zulassungs-fähigkeit aller sechs Bewerber im Hinblick auf die Vorschriften in § 31 Abs. 3, § 28 RStV ausgegangen. Hinsichtlich der Bewertung der Klägerin seien die Entscheidungen der KEK (…; …) zugrunde gelegt worden. Die redaktionelle Unabhängigkeit der Klägerin erscheine gesichert. In der Informationsvorlage für die 22. Sitzung der Versammlung am 17.Oktober 2011, die dann auch über die Zulassungsfähigkeit entschied, heißt es insoweit unter Punkt 2 („Prüfung der Zulassungsfähigkeit“), die KEK habe die Zulieferung von Nachrichten an Sat.1 durch die Klägerin selbst und von weiteren Formaten durch eine Tochtergesellschaft im Rahmen der Zurechnung nach § 28 RStV geprüft und in ihren Entscheidungen (KEK … und KEK …) eine Zurechenbarkeit und damit eine rechtliche Abhängigkeit verneint. Davon geht auch der angefochtene Zulassungsbescheid unverändert aus.

94

b) Der von der Beigeladenen zu 2) als zugelassener Bewerberin im Klageverfahren nochmals aufgeworfenen Frage, ob entgegen dieser Beurteilung nicht doch eine rechtliche Abhängigkeit der Klägerin von der Beigeladenen zu 1) im Sinne von § 28 RStV bestehe, kann und muss das Gericht nicht nachgehen. Dem entsprechenden Beweisantrag, bei dem es sich im Übrigen um einen unzulässigen und im Ausmaß der verlangten Unterlagen unzumutbaren Aus-forschungsantrag handeln dürfte, ist schon deshalb nicht stattzugeben, weil die Frage nach der „wahren“ rechtlichen Abhängigkeit oder Unabhängigkeit der Klägerin in der hier gegebenen Verfahrenskonstellation nicht zur Beurteilung des Gerichts gestellt und damit für die Entscheidung dieses Rechtsstreits unerheblich ist. Streitgegenständlich ist im Rahmen der von der Klägerin angestrengten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nämlich insoweit nur, ob die Erwägungen der Versammlung der Beklagten, mit der die Ablehnung der Bewerbung der Klägerin für die Fensterprogramme im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) begründet wurde, rechtlich haltbar sind oder ob dies zum Nachteil der Klägerin nicht der Fall war. Das Gericht wäre, weil es sich hier nicht um eine gebundenen Verwaltungsakt einer Behörde, sondern um eine auch auf wertenden Elementen beruhende und mit Beurteilungsspielraum verbundene Auswahlentscheidung eines besonderen, pluralistisch zusammengesetzten Gremiums handelt, nicht befugt, einer fehlerhaft begründeten bzw. auf fehlerhaften Erwägungen beruhenden Auswahl- bzw. Ablehnungsentscheidung selbst andere Gründe zu unterlegen und die Ablehnung so „im Ergebnis“ zu bestätigen. Nur in der umgekehrten Konstellation – wenn nicht zugelassene Konkurrenten die Zulassungsfähigkeit der zugelassenen Mitbewerber substantiiert bestreiten - hätte das Gericht dieser Frage nachzugehen, wenn von ihr der Erfolg der Anfechtungsklage gegen die Zulassung des Konkurrenten abhinge (so z.B. in der vom OVG Lüneburg in seinem Beschluss vom 19. März 2010, a.a.O. zu entscheidenden Fallgestaltung).

95

c) Besteht aber keine rechtliche Abhängigkeit im Sinne von § 31 Abs. 3 RStV, dann durfte die Beklagte bei der Auswahlentscheidung sonstige Abhängigkeiten der Fensterprogrammbewerber vom Hauptprogrammveranstalter - etwa eine mittelbare wirtschaftliche Abhängigkeit außerhalb der Kriterien von § 28 RStV oder eine andere „zu große Nähe“ und eine daraus mutmaßlich resultierende fehlende redaktionelle Unabhängigkeit - nicht erneut in Betracht ziehen und bei der Entscheidung berücksichtigen. Die Kammer teilt den Standpunkt der Beklagten nicht, dass die Frage der (geringeren oder größeren) redaktionellen Unab-hängigkeit nicht nur bei Prüfung der Zulassungsfähigkeit eines Bewerbers nach § 31 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV relevant sei, sondern auch bei der eigentlichen Abwägung, welchen Vielfaltsbeitrag der jeweilige Bewerber erbringe. Grundsätzlich gilt vielmehr aus rechtlicher Sicht, dass Bedenken hinsichtlich einer verminderten redaktionellen Unabhängigkeit nach Bejahen der eigentlichen Zulassungsfähigkeit in einem späteren Stadium der Auswahlentscheidung keinen Platz mehr haben und die Nichtberücksichtigung eines Bewerbers nicht rechtfertigen können. So führt auch die KEK in der Begründung ihres Beschlusses vom 13. Dezember/13. März 2012 – KEK … – zu Recht aus, die Prüfung der redaktionellen Unabhängigkeit eines Bewerbers erfolge bereits im Rahmen der Prüfung seiner Zulassungsfähigkeit nach Maßgabe des § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV. Das Gesetz stelle in dieser Bestimmung nicht auf unterschiedliche Grade redaktioneller Unabhängigkeit ab (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV): Entweder sei ein Bewerber redaktionell unabhängig und erfülle damit die an einen zulassungsfähigen Antrag zu stellenden Voraussetzungen oder er sei es nicht. Werde ein Antrag für zulassungsfähig erklärt, so habe die Auswahl unter verschiedenen Bewerbern folglich allein an dem inhaltlichen Maßstab zu erfolgen, welches der in Rede stehenden Programme den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters erwarten lasse. Dem schließt sich die Kammer uneingeschränkt an.

96

Darüber hinaus darf das Maß der redaktionellen Unabhängigkeit und der sonstigen vertraglichen Verbundenheit mit dem Hauptveranstalter im Rahmen der Vielfaltsbewertung auch nicht als zusätzlicher Gesichtspunkt neben inhaltlichen Erwägungen zur Beurteilung der Programmbeiträge eine Rolle spielen (insoweit im Beschluss … der KEK offen gelassen). Auf die vermeintlich geringere redaktionelle Unabhängigkeit darf die Ablehnung nicht nur nicht ausschließlich gestützt werden, sondern dieser Aspekt muss bei der Entscheidung über den inhaltlichen Vielfaltsbeitrag vollständig außer Betracht bleiben, weil es dafür im Gesetz keine Stütze gibt. Soweit sich die Beklagte für ihre anderslautende Auffassung hier auf Ziffer 5.5, 1. Spiegelstrich der Drittsendezeitenrichtlinie beruft, wonach bei der Bewertung des größtmöglichen Beitrags zur Vielfalt im Programm des Hauptveranstalters die inhaltliche Ausrichtung des Fensterprogramms „und dessen ergänzender Beitrag zum Hauptprogramm (§ 31 Abs. 1 RStV)“ zu berücksichtigen seien, schließt sie daraus zu Unrecht, die in § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV erwähnte redaktionelle Unabhängigkeit sei hier nochmals gesondert zu prüfen. Ziffer 5.5 DSZR fasst lediglich die Kriterien des Rundfunkstaatsvertrags für eine Auswahl unter dem Vielfaltsaspekt zusammen. Der Verweis auf § 31 Abs. 1 RStV im ersten Spiegelstrich dient nach dem Verständnis des Gericht – in Übereinstimmung mit der Auffassung der Klägerin – nach Wortlaut und Zweck eindeutig als Erläuterung zu dem Begriff „ergänzender Beitrag“. Da nämlich § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV insbesondere die Bereiche Kultur, Bildung und Information hervorhebt, braucht so Ziffer 5.5. DSZR diese Begriffe nicht mehr eigens zu wiederholen. Soweit die Bezugnahme in der Drittsendezeitenrichtlinie, die pauschal auf „§ 31 Abs. 1“ verweist, dessen Satz 2 bewusst mit umfassen sollte, kann diesem Satz („Die Gestaltung des Fensterprogramms hat in redaktioneller Unabhängigkeit vom Hauptprogramm zu erfolgen“) damit jedenfalls keine andere Bedeutung als unmittelbar im Kontext des § 31 RStV verliehen werden. Dort ist § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV in unmittelbarem Anschluss an Satz 1, der Anforderungen an die inhaltliche Qualität des Fensterprogramms stellt, als Forderung an den Fensterveranstalter formuliert, dann auch dieseskonkrete Programm in redaktioneller Unabhängigkeit zu gestalten. Gleichzeitig wird für den Hauptprogrammveranstalter klargestellt, dass diese Voraussetzung zu akzeptieren sei. Zu den allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen für den Fensterveranstalter als solchen verhält sich – wie oben schon dargestellt - im Rahmen des § 31 RStV dann erst dessen Absatz 3, der regelt, welche Produktionsfirma nach gesell-schaftsrechtlichen und anderen in § 28 RStV genannten Kriterien überhaupt als Bewerber für das Fensterprogramm in Frage kommt - nämlich nur der, der vom Hauptveranstalter rechtlich unabhängig ist. Diese Voraussetzung erfüllt jedoch die Klägerin nach den Feststellungen der Beklagten (durch den Beschluss … der insofern besonders sachkundigen KEK, S. 16, nochmals ausdrücklich bestätigt und erläutert). Wie die Klägerin im Übrigen die redaktionelle Unabhängigkeit der Fensterprogrammgestaltung im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV nach etwaigem Erfolg ihrer Bewerbung ausgestalten will, hat sie in den Bewerbungsunterlagen dargestellt; die Beklagte bezeichnete dies in ihrem Schreiben vom 23. August 2011 an die KEK bzw. an Sat.1 (Bl. 185 bzw. 189 VA) auch als ausreichend. Die Zukunftsbezogenheit dieser Gestaltungsabsichten ist nicht zu beanstanden, sondern liegt in der Natur der Sache: Organisatorische Vorkehrungen muss der Bewerber konkret erst treffen, wenn sein Angebot tatsächlich ausgewählt wurde.

97

d) Abweichend von der hier dargelegten, auf den Regelungen des Rundfunk-staatsvertrags beruhenden Auffassung zur Unzulässigkeit der Berücksichtigung etwaiger Abhängigkeiten bei der Begründung der eigentlichen Auswahl-entscheidung beruht die Ablehnung der Klägerin jedoch gerade maßgebend auch auf solchen Erwägungen. Die zur Entscheidung berufenen Gremien der Beklagten haben im Hinblick auf die Bewerbung der Klägerin Gesichtspunkte einer angenommenen wirtschaftlichen Abhängigkeit der Klägerin von der Beigeladenen zu 1) und die damit verbundene Annahme fehlender redaktioneller Unabhängigkeit in unzulässiger Weise mit einbezogen.

98

Für diese Beurteilung ist primär die Begründung für die Ablehnung der Klägerin im Bescheid vom 17. April 2012 heranzuziehen, weil nur hier im Rahmen eines Verwaltungsaktes den betroffenen Beteiligten gegenüber offen gelegt wird, welche Erwägungen der Versammlung bzw. des Haupt- und Zulassungsausschusses der Beklagten für die im Dezember 2011 getroffene Auswahlentscheidung maßgebend waren. Ergänzend kann jedoch auf andere – interne – Stellungnahmen zurückgegriffen werden, aus denen sich der Entscheidungsprozess und die dabei angestellten Überlegungen nachvollziehen lassen.

99

Im Bescheid vom 17. April 2012 (Abschnitt II, S. 9) wird unter anderem ausgeführt, in Bezug auf die Klägerin sei ein besonderer Sachverhalt einzubeziehen. Der LMK sei bekannt geworden, dass eine 100 %-Tochter der Klägerin dem Hauptveranstalter Programm im Umfang von 14,6 % der Programmstunden im Bereich Information und Magazine zuliefere. Damit werde ein wesentlicher meinungsbildender Teil des Hauptprogramms abgedeckt. Eine derartige wirtschaftliche Abhängigkeit der Tochtergesellschaft rechtfertige die Vermutung der redaktionellen Unabhängigkeit der Klägerin deutlich weniger als bei allen anderen Bewerbern. Gemäß Ziffer 5.5 DSZR sei in die Abwägung auch § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV einzubeziehen, der die redaktionelle Unabhängigkeit verlange. Dass ein Bewerber zunächst als zulassungsfähig angesehen worden sei, schließe nicht aus, Kriterien der redaktionellen Unabhängigkeit auch im Rahmen der konkreten Auswahlentscheidung heranzuziehen. Es müsse festgestellt werden, ob ein Bewerber eine größere oder eine geringere Nähe zum Hauptveranstalter aufweise. Auf dieser Grundlage scheide eine Vergabe an die Klägerin aus. Ihre mit weitem Abstand vor allen anderen Bewerbern große Nähe zum Hauptveranstalter müsse im Rahmen der Abwägungsentscheidung, inwieweit sie einen Vielfaltsbeitrag leisten könne, zu ihrer Nichtberücksichtigung führen. Das inhaltliche Angebot könne dieses strukturelle Defizit nicht ausgleichen. Dem ist klar zu entnehmen, dass die Beklagte auf einer ersten „Abwägungsstufe“ von der strukturellen Unterlegenheit der Klägerin ausgeht und dies mit als einen tragenden Grund für deren nachrangige Berücksichtigungsfähigkeit ansieht. Damit bleibt sie im Wesentlichen bei der Einschätzung, die im Verlauf des Auswahlverfahrens mehrfach zum Ausdruck kam, indem die Klägerin schon vor der inhaltlichen Beurteilung der von ihr angebotenen Fensterprogrammformate „L.“ und „W TV“ auf einen niedrigeren Rang innerhalb des Bewerberfeldes eingestuft wurde. So heißt es erstmals in der Tischvorlage für die 26. Sitzung des Rechts- und Zulassungsausschusses der beklagten Landesmedienanstalt am 17. Oktober 2011:

100

“Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass durch den Verweis auf § 31 Abs. 1 RStV im ersten Spiegelstrich der Ziff. 5.5 der Drittsendezeitenrichtlinie auch § 31 Abs. 1 Satz 2 RStV einzubeziehen ist. Das bedeutet, dass die zu Beginn des Verfahrens getroffene Aussage, dass alle Bewerber zulassungsfähig sind, nicht ausschließt, das Kriterium der redaktionellen Unabhängigkeit im Rahmen der konkreten Auswahlentscheidung heranzuziehen. Dies ergibt sich daraus, dass nunmehr in der Gegenüberstellung der Bewerber ein Vergleich anzustellen ist, über die Erfüllung der Kriterien im jeweiligen Fall. Hier kann und muss festgestellt werden, ob ein Bewerber eine größere oder geringere Nähe zum Hauptveranstalter aufweist. ... Eine derartige wirtschaftliche Abhängigkeit einer 100%- Tochter der Bewerberin kann die Vermutung der redaktionellen Unabhängigkeit nur noch in so geringem Maße rechtfertigen, dass dieses Kriterium in seinem Erfüllungsgrad hinter allen anderen Bewerbern erheblich zurückbleibt. Dies gilt auch dann, wenn man die von X. angekündigten Konstruktionen (Realisierung durch eine gesonderte Tochterfirma oder separate Geschäftseinheit) ergänzend berücksichtigt. Sie sind nicht geeignet, das Problem der wirtschaftlichen Abhängigkeit zu beseitigen oder zu verringern, ebenso wenig wie die Langfristigkeit der Zulieferungsverträge. Auf dieser Grundlage scheidet eine Vergabe an X. aus. Die – mit weitem Abstand vor allen anderen Bewerbern – große Nähe von X. zum Hauptveranstalter muss zu einer Nichtberücksichtigung führen. Das inhaltliche Angebot von X. kann dieses strukturelle Defizit des Bewerbers nicht ausgleichen.“

101

Auch der Gesprächsvermerk über das Einigungsgespräch mit der Beigeladenen zu 1) am 14. Oktober 2011 enthält den Passus, dass „X. aus Sicht der LMK nicht berücksichtigungsfähig“ sei (Bl. 258 VA am Ende). Des Weiteren wird in der Anlage zum Schreiben der Beklagten vom 18. Oktober 2011 an die KEK zum Zwecke der Benehmensherstellung zur Auswahl der Drittsendezeitveranstalter auf die vorher zitierte Passage aus der Tischvorlage vom 17. Oktober 2011 für den Rechts- und Zulassungsausschuss zurückgegriffen. In der am 5. Dezember 2011 beschlossenen Stellungnahme der Versammlung der Beklagten zu Bedenken der KEK hinsichtlich eines „Vorab-Ausschluss“ der Klägerin (angedeutet im Schreiben der KEK vom 9. November 2011 und näher ausgeführt in einem der LMK bekannt gewordenen internen Entwurf der KEK, Bl. 353 ff. der Verwaltungsakten der Beklagten) wird an der „strukturellen Unterlegenheit“ von X. festgehalten.

102

Es trifft zu, dass daneben noch inhaltliche Gründe angeführt werden, warum die Programmangebote der Klägerin keinen nennenswerten Vielfaltsbeitrag erbrächten. Es genügt aber für die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung, dass einer von mehreren wesentlichen Gründen sachwidrig ist, denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die inhaltliche Beurteilung anders ausgefallen wäre, wenn die Erwägungen zur mittelbaren wirtschaftlichen Abhängigkeit und der von der Beklagten bzw. ihrer Versammlung damit unterstellten geringeren redaktionellen Unabhängigkeit nicht von Anfang an im Raum gestanden hätten. Im Übrigen hält die Beklagte an dieser Auffassung auch in diesem Klageverfahren ausdrücklich fest.

103

e) In der Folge dieser Fehlgewichtung wurde auch inhaltlich die Programmangebote der Klägerin nicht mehr nach den gleichen Maßstäben beurteilt wie die der ausgewählten Bewerber. Dass es sich um Beiträge in den Bereichen Kultur, Bildung und Information handelt, die gem. § 31 Abs. 1 Satz 1 RStV im Rahmen von Drittsendezeiten besonders erwünscht sind, schlug – wegen der angenommenen Nähe zu den von der Tochtergesellschaft der Klägerin zum Hauptprogramm zugelieferten Sendungen – sogar eher zu Lasten als zu Gunsten der Klägerin aus.

104

3) Unabhängig von den vorbeschriebenen Rechtsverletzungen zu Lasten der Klägerin auf der Stufe des Auswahlverfahrens, die schon für sich genommen der Klage zum Erfolg verhelfen können, sind auch auf der Stufe der eigentlichen Zulassungsentscheidung Rechtsfehler festzustellen, die subjektiv-öffentliche Rechte (auch) der Klägerin verletzen und speziell zur Aufhebung der Zulassungsentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 2) führen.

105

Die Versammlung der Beklagten hat die Zulassung der Beigeladenen zu 2) nämlich beschlossen, ohne dass eine privatautonom zustande gekommene Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV zwischen der Beigeladenen zu 2) und der Hauptprogrammveranstalterin vorlag. Die im Zulassungsbescheid entsprechend dem Beschluss ihrer Versammlung vom 13. Februar 2012 vorgenommene Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung verstößt gegen die Vorschriften der Drittsendezeitenrichtlinie i.V.m. § 26 RStV. Insoweit hat die Kammer im Urteil im Verfahren 5 K 417/12.NW unter anderem ausgeführt:

106

…. Jedenfalls war die Beklagte nicht berechtigt, die bis zur gesetzten Frist mangels Einigung über die Finanzierung und wegen unterschiedlicher Rechtsauffassungen über weitere von der Klägerin formulierte Vertragsklauseln nicht zustande gekommene Vereinbarung der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1) im Zulassungsbescheid durch eine - nachträglich bis Ende Mai 2013 befristete - „Fortschreibung“ der bisherigen Vereinbarung zu ersetzen und damit diese gem. § 31 Abs. 5 und 6 RStV für die Zulassung notwendige Voraussetzung erst selbst zu schaffen. Das Gericht teilt hier in den wesentlichen Punkten die von der KEK in ihrem Beschluss vom 13./21. März 2012 – KEK 660-3 - eingehend dargelegte Rechtsaufassung, dass eine solche einseitige hoheitliche Fortschreibung der für die aktuelle Zulassungsperiode geschlossenen privatrechtlichen Vereinbarung zwischen Hauptprogrammveranstalter und ausgewähltem Drittsendezeit-veranstalter nicht zulässig ist.

107

Der Kammer kommt es unter den hier gegebenen Umständen nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Fortschreibung unter dem Aspekt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüber der Klägerin ein milderes Mittel ist, als wenn nach Ziffer 6.3. DRSZ verfahren und gem. § 26 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 5 RStV der Widerruf der der Klägerin erteilten Lizenz in die Wege geleitet worden wäre. Ebenso kann die Frage dahinstehen, ob ein Widerruf überhaupt für sofort vollziehbar erklärt werden könnte oder diese Sanktion sonst nur ein „stumpfes Schwert wäre.

108

Wesentlich ist vielmehr zum Einen, dass es zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) streitig und bisher durch die Beklagte nicht genügend aufgeklärt ist, ob das von der Klägerin vorgelegten Vereinbarungsangebot tatsächlich nicht zu angemessenen Bedingungen im Sinne von § 31 Abs. 5 RStV erfolgt ist. Davon hängen aber die weiteren Konsequenzen entscheidend ab. Denn Ziffer 6.2 DRSZ erklärt ein Finanzierung für in der Regel ausreichend, wenn sie sich an den durchschnittlichen Programmkosten des Hauptveranstalters für vergleichbare Sendeplätze orientiert. Vorliegend hatte die Klägerin bereits nach der vorläufigen Auswahlentscheidung im Oktober erste Kontakte mit der Beigeladenen zu 1) aufgenommen, vergeblich um eine aktuelle Kalkulation gebeten und daraufhin auf der Basis von ihr als vergleichbar angesehener eigener Programmformate mit gewissen Zuschlägen eine Finanzierung angeboten, deren Sätze allerdings gegenüber den früheren Vereinbarungen erheblich niedriger waren. Daneben bot sie zusätzliche Leistungen, z.B. in Form der Übernahme bestimmter Kosten an (vgl. dazu Ziffer 2.2.6. des Beschlusses der KEK vom 13./21. März 2012) an, deren Wert bei einer Gesamtbeurteilung mit einbezogen werden müsste.

109

Die Beklagte hätte daher zunächst, anstatt innerhalb eines knappen Monats nach Ablauf der den Beteiligten für den Abschluss einer Vereinbarung gesetzten Frist schon unmittelbar die Entscheidung für den ungewöhnlichen Weg der hoheitlichen Fortschreibung zu treffen, die Angemessenheit der angebotenen Finanzierungs-bedingungen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens prüfen lassen müssen. Dessen Ergebnis hätte dann ggf. die Beteiligten veranlasst, die Vereinbarung anzupassen, oder jedenfalls geklärt, welcher der beiden in Ziffer 6.3 DRSZ aufgezeigten Wege zu gehen gewesen wäre: Ein angemessenes Angebot müsste die Beigeladene zu 1) annehmen; im Weigerungsfalle wäre mit den verbliebenen Bewerbern erneut in das Auswahlverfahren einzutreten (Ziffer 6.3 Satz 1 DRSZ). Andernfalls, wenn der Hauptveranstalter die nach § 26 Abs. 5 Sätze 1 und 2 RStV zur Einräumung von Drittsendezeit erforderlichen Maßnahmen nicht träfe, müsste die zuständige Medienanstalt - nach entsprechender Feststellung durch die KEK – dessen Zulassung unmittelbar aufgrund der zwingenden Vorschrift in § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV widerrufen“.

110

Auf diesen Rechtsfehler kann sich auch die Klägerin berufen. Das in Ziffer 6.3 DRSZ vorgesehene Verfahren dient nach Auffassung der Kammer auch den Interessen der nicht ausgewählten Bewerber um die in Frage stehenden Drittsendezeiten. Diese bleiben formal bis zum Ende des Zulassungsverfahrens Verfahrensbeteiligte, weil auch über ihre Ablehnung förmlich erst in der das Verfahren abschließenden sog. Zulassungsentscheidung entschieden wird. Auch wenn sie auf der Stufe der Auswahlentscheidung schon „aussortiert“ zu sein scheinen, so handelt es sich dabei doch noch nicht um einen endgültigen Ausschluss. Wie Ziffer 6.3 Satz 1 DRSZ zeigt, ist der Wiedereintritt in die Auswahlstufe nämlich bis zum Abschluss des Verfahrens nicht ausgeschlossen. Falls nach Ziffer 6.3. Satz 1 DSZR verfahren wird, leben die Rechte aller verbliebenen Bewerber auf ein faires Auswahlverfahren mit gleichen Chancen und auf eine auf sachgerechten Erwägungen und am richtigen Maßstab ausgerichtete Auswahlentscheidung wieder auf. Daraus folgt, dass Konkurrenten auch ein Recht auf rechtsfehlerfreie Anwendung der Vorschriften in Ziffer 6.3 DRSZ haben müssen. Andernfalls müssten sie sich mit einer in rechtswidriger Weise verfrühten Beendigung des Zulassungsverfahrens abfinden. Dafür gibt es keinen rechtfertigenden Grund.

111

Die rechtsfehlerhaften Zulassungsentscheidungen zugunsten der Beigeladenen zu 2) und 3) und die Ablehnungsentscheidung gegenüber der Klägerin sind auf die Anfechtungsklage hin aufzuheben.

112

Die Klägerin hat darüber hinaus entsprechend § 113 Abs. 5 VwGO Anspruch auf erneute Entscheidung über ihre Bewerbung nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen. Bei der notwendigen Wiederholung des Auswahlverfahrens gem. § 31 Abs. 4 RStV wird die Beklagte zum einen die Vorschriften über den Dreiervorschlag und die danach folgenden Verfahrensschritte (eventuelle Ergänzung und anschließende Erörterung mit dem Hauptprogrammveranstalter) korrekt anzuwenden haben. Zum andern muss sie bei ihren Auswahlerwägungen das zuvor an die Klägerin in unzulässiger Weise angelegte Auswahlkriterium „strukturelle Unterlegenheit wegen zu großer Nähe zur Hauptprogramm-veranstalterin“ außer Betracht lassen und auf der Grundlage der Bewerbungsunterlagen erneut unter Anwendung gleicher, auf den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags und der Drittsendezeitenrichtlinie beruhender Vielfaltskriterien sowie unter nochmaliger Beteiligung der KEK eine neue Auswahlentscheidung unter allen zulassungsfähigen Bewerbungen treffen, die bis zum Ende der Ausschreibungsfrist vorlagen. Bei einvernehmlicher Auswahl mit der Hauptprogrammveranstalterin wäre der Maßstab „zusätzlicher Vielfaltsbeitrag“ anzuwenden (§ 31 Abs. 1 Satz 1 RStV), andernfalls der Maßstab der größt-möglichen Vielfalt (§ 31 Abs. 4 Satz 6 RStV).

113

Gemäß § 154 Abs. 1 VwGO haben die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3), die mit ihren Klageabweisungsanträge ebenfalls erfolglos waren, gem. § 154 Abs. 3 VwGO die Kosten des Verfahrens zu gleichen Teilen zu tragen. Die Beigeladene zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, weil mangels Sachantrags und eigenen Kostenrisikos kein Grund besteht, diese Kosten aus Billigkeitsgründen den unterlegenen Beteiligten aufzuerlegen.

114

Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

115

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gem. §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

116

Beschluss

117

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 100.000.- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

118

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit derBeschwerde angefochten werden; hierbei bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

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Tenor

Auf die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1) wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 5. März 2014 abgeändert und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin im Verfahren 5 K 695/13.NW auch insoweit wiederhergestellt, als diese damit die Aufhebung der Zulassung der Beigeladenen zu 3) als Veranstalterin von Drittsendezeiten im Hauptprogramm der Beigeladenen zu 1) begehrt.

Die Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 2) werden zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 2) haben die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge jeweils zur Hälfte zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3), die diese Kosten selbst trägt.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000,00 € festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die Beteiligten streiten über die vorläufige Vollziehbarkeit eines Bescheides, mit dem die Antragsgegnerin als Landesmedienanstalt die Beigeladene zu 1) als Veranstalterin eines privaten Fernsehvollprogramms verpflichtet hat, Sendezeiten in Form eines sog. Fensterprogramms („Drittsendezeiten“) zugunsten der Beigeladenen zu 2) und 3) einzuräumen und gleichzeitig den entsprechenden Antrag der Antragstellerin abgelehnt hat. Dem Eilverfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

2

Aufgrund eines entsprechenden Antrags der Antragsgegnerin stellte die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich - KEK - mit Beschluss vom 14. Juni 2011 fest, dass sich für die maßgebliche Referenzperiode in der Zeit vom März 2010 bis Februar 2011 ein durchschnittlicher Zuschaueranteil des Programms der Beigeladenen zu 1) in Höhe von 10,1 % ergebe. Bezogen auf die Sendergruppe, der die Beigeladene zu 1) angehöre, sei der Grenzwert von 20 % überschritten.

3

Nach einem Erörterungsgespräch mit der Beigeladenen zu 2), die zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehreren Jahren die Fensterprogramme im Programm der Beigeladenen zu 1) bestritten hat, schrieb die Antragsgegnerin im Staatsanzeiger vom 4. Juli 2011 Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm der Beigeladenen zu 1) ab 1. Juni 2013 aus, und zwar für vier nach Uhrzeit und Sendedauer festgelegte Zeitfenster für Fernsehprogramme (sog. Sendezeitschienen) aus. Die Sendezeitschienen wurden dabei wie folgt festgelegt:

4

1. Sonntag, zwischen 08:00 und 10:00 Uhr – 60 Minuten;
2. Montag, zwischen 22:15 und 23:00 Uhr – 45 Minuten;
3. Montag, zwischen 23:30 und 01:15 Uhr – 45 Minuten und
4. Montag zwischen 23:00 und 23:30 Uhr – 30 Minuten.

5

Die Bewerbungen waren jeweils auf die erste und zweite Sendezeitschiene sowie auf die dritte und vierte Sendezeitschiene gemeinsam abzugeben.

6

Bis zum Ablauf der Ausschreibungsfrist am 15. August 2011 gingen sechs Bewerbungen ein, darunter die der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2) und 3). Für die erste und zweite Sendezeitschiene bewarben sich drei Veranstalter von Fernsehprogrammen, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene zu 2). Für die dritte und vierte Sendezeitschiene gab es fünf Bewerber, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene zu 3).

7

Zur Vorbereitung der aus mehreren Teilschritten bestehenden Zulassung gab der Rechts- und Zulassungsausschuss der Antragsgegnerin eine Empfehlung zugunsten der Beigeladenen zu 2) und 3) ab, nach der diese die Voraussetzungen für eine Vergabe der Drittsendezeiten von allen Mitbewerbern am besten erfüllten.

8

Am 13. Februar 2012 stellte die Versammlung der Antragsgegnerin hinsichtlich der beabsichtigten Zulassung der Beigeladenen zu 2) für die erste und zweite Sendezeitschiene fest, dass das von der Beigeladenen zu 1) übermittelte Vertragsangebot nicht die gesetzlichen Voraussetzungen erfülle, beschloss, dass der Vorbehalt der Vereinbarung entfalle und erteilte vorläufig die Zulassung auf der Grundlage einer früheren Vereinbarung mit der Beigeladenen zu 2) aus dem Jahr 2007. Eine abweichende Vereinbarung, die die gesetzlichen Voraussetzungen ebenfalls erfülle, bleibe möglich, sie ersetze dann die erstgenannte Vereinbarung. Für die Zulassung der Beigeladenen zu 3) auf die dritte und vierte Sendezeitschiene entfalle der Vorbehalt der Vereinbarung.

9

In ihrer 25. Sitzung am 16. April 2012 beschloss die Versammlung der Antragsgegnerin die Zulassung der Beigeladenen zu 2) und 3), die entsprechende Beschränkung der Zulassung des Hauptprogrammveranstalters und die Ablehnung der Zulassungsanträge der weiteren Mitbewerber, darunter auch des Zulassungsantrags der Antragstellerin. Außerdem ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung des Bescheides an.

10

Diese Beschlüsse wurden durch den dementsprechend erlassenen Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. April 2012 vollzogen. Dieser Bescheid wurde nach der von der Beigeladenen zu 1) seinerzeit erhobenen Klage durch Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 5. September 2012 (Az. 5 K 417/12.NW) aufgehoben. Auf die Klagen der Antragstellerin und eines weiteren abgelehnten Mitbewerbers hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße die Antragsgegnerin durch Urteile vom gleichen Tag (Az. 5 K 404/12.NW und 5 K 452/12.NW) verpflichtet, über die Zulassungsanträge der Antragstellerin und des weiteren Mitbewerbers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Alle drei Urteile wurden rechtskräftig, nachdem sowohl die Antragsgegnerin als auch die Beigeladene zu 2) ihre Berufungen gegen diese Entscheidungen im Laufe des Berufungsverfahrens zurückgenommen hatten.

11

Kurze Zeit nach Ergehen der vorgenannten Entscheidungen beschloss die Antragsgegnerin, das wegen der Drittsendezeiten durchgeführte Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren zur Behebung der vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Mängel ohne eine erneute Ausschreibung wieder aufzunehmen und fortzusetzen. Nach erneuter Beschlussfassung durch den Rechts- und Zulassungsausschuss erließ die Antragsgegnerin im Benehmen mit der KEK unter dem 23. Juli 2013 einen neuen Zulassungsbescheid, mit dem wiederum die Beigeladenen zu 2) und 3) als Veranstalter der Fensterprogramme ausgewählt, die Zulassungsanträge der Antragstellerin und der weiteren Mitbewerber abgelehnt und die sofortige Vollziehung angeordnet wurde. Der Bescheid wurde durch die Versammlung der Antragsgegnerin am 30. September 2013 bestätigt.

12

Gegen den Bescheid vom 23. Juli 2013 hat die Antragstellerin innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung Klage erhoben (5 K 695/13.NW) und zugleich die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage beantragt. Diesem Antrag gab das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße durch Beschluss vom 5. März 2014 hinsichtlich der Beigeladenen zu 2) mit der Maßgabe statt, dass dieser eine Übergangszeit bis zum 30. Juni 2014 eingeräumt werde, in der sie auf der Basis der aktuellen Finanzierungsvereinbarung mit der Antragstellerin die Fensterprogramme „Planetopia“ und „Weck-up“ produzieren und ausstrahlen dürfe. In Bezug auf die Beigeladene zu 3) lehnte die Vorinstanz den Eilantrag ab.

13

Hiergegen richten sich die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1), mit der diese sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Zulassungsbescheides, soweit noch streitbefangen, wenden. Sie sind nach wie vor der Auffassung, dass die Zulassung der Drittsendezeiten und Aufteilung der Sendezeitschienen auf die Beigeladenen zu 2) und 3) in verfahrensmäßiger und materiell-rechtlicher Hinsicht offensichtlich rechtswidrig sei (Schriftsätze vom 17. und 22. April sowie 7. Mai 2014).

14

Die Antragsgegnerin wie auch die Beigeladene zu 2) haben ihrerseits Beschwerden eingelegt, mit der sie sich gegen die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin hinsichtlich der Zulassung der Beigeladenen zu 2) wenden. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 2) verteidigen die angefochtene Entscheidung, soweit sie nicht ihrem erstinstanzlichen Begehren widerspreche und wenden sich gegen die Beschwerde der Antragstellerin mit Sach- und Rechtsausführungen (Schriftsätze vom 1. und 17. April sowie 7. Mai 2014). Die Beigeladene zu 3) hat im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt und auch sonst keine Stellungnahme abgegeben.

B.

15

Die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1) haben Erfolg. Sie führen zur uneingeschränkten Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Zulassungsbescheid der Antragsgegnerin vom 23. Juli 2013 (I.). Die Beschwerden der Antragsgegnerin sowie der Beigeladenen zu 2) sind hingegen unbegründet; in diesem Umfang ist der insoweit von diesen Beteiligten angefochtene Beschluss der Vorinstanz zu bestätigen (II.).

16

I. Die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1) gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 5. März 2013 sind zulässig und begründet. Deren Interesse, vorläufig von der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides verschont zu werden (Suspensivinteresse) überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin sowie der – dieser insofern zur Seite tretenden – Beigeladenen zu 2) mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung ihrer Klage nicht nur hinsichtlich der Beigeladenen zu 2), sondern darüber hinaus in vollem Umfang wiederherzustellen ist. Denn der Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Juli 2013 ist nicht nur in dem bereits von der Vorinstanz bemängelten Umfang, sondern insgesamt offensichtlich rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin wie auch die Beigeladene zu 1) in eigenen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

17

1. Die Verpflichtung privater Rundfunkveranstalter zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte gemäß § 26 Abs. 5 des Rundfunkstaatsvertrags vom 31. August 1991 in der seit 1. September 2008 geltenden Fassung - RStV - ist Ausfluss der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz - GG -, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 Verfassung für Rheinland-Pfalz - LV -. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass Rundfunk nicht nur Übermittler, sondern auch (Mit-)Gestalter im permanenten Prozess der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung ist und dass gerade dem Fernsehen aufgrund seiner Breitenwirkung, seiner Aktualität, des von ihm vermittelten Anscheins der Authentizität und des Miterlebens sowie seiner bequemen Verfügbarkeit besondere, wenn nicht herausragende Bedeutung für die Deckung des Informationsbedarfs der Bevölkerung zukommt (vgl. BVerfGE 12, 205 [260]; 97, 228 [256]; 114, 371 [387]; 119, 181 [214 f.]). Der Rundfunk, insbesondere das Fernsehen, ist heutzutage eines der mächtigsten Kommunikationsmittel und Massenmedien, das wegen seiner weitreichenden Wirkungen und Möglichkeiten sowie der Gefahr des Missbrauchs zum Zwecke einseitiger Einflussnahme auf die öffentliche Meinung nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden kann (vgl. BVerfGE 31, 314 [325]).

18

a) Aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Rundfunkfreiheit folgt daher nicht nur ein Abwehrrecht des Rundfunkveranstalters, sondern zugleich die Pflicht des Gesetzgebers zu deren gesetzlicher Ausgestaltung (vgl. BVerfGE 57, 295 [319]; 114, 371 [387]). Meinungsbildung vollzieht sich in einem Prozess der Kommunikation, der gleichermaßen die Freiheit zur Meinungsäußerung und -verbreitung wie auch die Freiheit voraussetzt, geäußerte Meinungen zur Kenntnis zu nehmen und sich zu informieren. Die Rundfunkfreiheit ist eine der Freiheit der Meinungsbildung dienende Freiheit: Sie bildet unter den Bedingungen der modernen Massenkommunikation eine notwendige Ergänzung und Verstärkung der Meinungsfreiheit und dient der Aufgabe, freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk zu gewährleisten (vgl. BVerfGE 57, 295 [319 f.]; 73, 118 [152]). Die grundrechtliche Gewährleistung einer bloßen Staatsfreiheit allein ermöglicht jedoch keine freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk. Hierzu bedarf es vielmehr einer positiven Ordnung, die sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet und dass auf diese Weise eine umfassende Information geboten wird (vgl. BVerfGE 57, 295 [320]. Hierbei hat der Gesetzgeber nicht bloß dafür Sorge zu tragen, dass dieses maßgebliche Instrument der Meinungsbildung nicht dem Staat, sondern auch, dass es nicht einer oder einzelnen gesellschaftlichen Gruppe überlassen wird, dass die in Betracht kommenden gesellschaftlichen Kräfte im Gesamtprogramm zu Wort kommen und dass die Freiheit der Berichterstattung unangetastet bleibt (vgl. BVerfGE 31, 314 [325]; 57, 295 [322]; 73, 118 [153]).

19

b) Die mit der Zulassung des Privatfernsehens und der Fortentwicklung der Rundfunktechnik einhergegangene Vervielfältigung des Senderangebots lässt den vorgenannten Regelungsauftrag des Gesetzgebers unberührt. Der Wettbewerb im Rundfunkmarkt gewährleistet nicht, dass das Programmangebot in seiner Gesamtheit den Anforderungen der Rundfunkfreiheit entspricht. Ihr erwachsen vielmehr aus den wettbewerbsimmanenten Rahmenbedingungen wie auch aus der zunehmenden Verfolgung nicht nur publizistischer, sondern auch wirtschaftlicher Ziele zusätzliche Gefahren. Von privatem Rundfunk kann ohne dahingehende gesetzliche Verpflichtung kein in seinem Inhalt breit angelegtes Angebot erwartet werden, weil die Anbieter zur Finanzierung ihrer Tätigkeit nahezu ausschließlich auf Einnahmen aus Wirtschaftswerbung angewiesen sind. Diese können nur dann ergiebig fließen, wenn die privaten Programme hinreichend hohe Einschaltquoten erzielen. Die Anbieter stehen deshalb vor der wirtschaftlichen Notwendigkeit, möglichst massenattraktive, unter dem Gesichtspunkt der Maximierung der Zuschauer- und Hörerzahlen erfolgreiche Programme zu möglichst niedrigen Kosten zu verbreiten. Sendungen, die nur für eine geringere Zahl von Teilnehmern von Interesse sind und die oft – wie etwa anspruchsvolle kulturelle Sendungen – einen hohen Kostenaufwand erfordern, treten daher in der Regel zurück oder fehlen gänzlich, obwohl erst mit ihnen die ganze Breite umfassender Information zu erreichen ist, ohne die es keine „Meinungsbildung“ im Sinne der Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV geben kann (vgl. BVerfGE 73, 118 [155 f.]). Vielfaltsdefizite werden zusätzlich dadurch bewirkt, dass der wirtschaftliche Wettbewerbsdruck und das publizistische Bemühen um die immer schwerer zu gewinnende Aufmerksamkeit der Zuschauer häufig zu wirklichkeitsverzerrenden Darstellungsweisen führen, etwa zu der Bevorzugung des Sensationellen und zu dem Bemühen, dem Berichtsgegenstand nur das Besondere, etwa Skandalöses, zu entnehmen (vgl. BVerfGE 119, 181 [216]). Auch die vertikale Verflechtung von Rundfunkveranstaltern mit Produktionsfirmen, Inhabern von Film- und Sportübertragungsrechten und Eigentümern von (Programm-)Zeitschriften, die Privatisierung der Übertragungswege, der erhebliche Konzentrationsdruck und das zunehmende Auftreten von Kapitalgesellschaften unter maßgeblicher Beteiligung internationaler Finanzinvestoren unterstreichen die Notwendigkeit, dem Gebot der Vielfaltssicherung durch eine gesetzliche Ausgestaltung der Rundfunkordnung Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 95, 163 [173]; 119, 181 [216]).

20

Ohne die gesetzgeberische Gestaltung der Rundfunkfreiheit bliebe deshalb – selbst bei einer Gesamtbetrachtung aller inländischen Programme – ungewiss, ob alle oder wenigstens ein nennenswerter Teil der gesellschaftlichen Gruppen und geistigen Richtungen auch tatsächlich zu Wort kämen, ob mithin ein „Meinungsmarkt“ entstünde, auf dem die Vielfalt der Meinungsrichtungen unverkürzt zum Ausdruck gelangte. Zudem müssen gerade bei einem Medium von der Bedeutung des Rundfunks die Möglichkeiten einer Konzentration von Meinungsmacht und die Gefahr des Missbrauchs zum Zwecke einseitiger Einflussnahme auf die öffentliche Meinung in Rechnung gestellt werden. Bei dieser Sachlage würde es dem verfassungsrechtlichen Gebot, die Freiheit des Rundfunks zu gewährleisten, nicht gerecht werden, wenn nur staatliche Eingriffe ausgeschlossen würden und der Rundfunk ansonsten dem freien Spiel der Kräfte überlassen bliebe, zumal einmal eingetretene Fehlentwicklungen allenfalls bedingt und nur unter erheblichen Schwierigkeiten rückgängig gemacht werden könnten. Es liegt daher unvermindert in der Verantwortung des Gesetzgebers, dass ein Gesamtangebot besteht, in dem die für die freiheitliche Demokratie konstitutive Meinungsvielfalt zur Darstellung gelangt. Es muss der Gefahr begegnet werden, dass auf Verbreitung angelegte Meinungen von der öffentlichen Meinungsbildung ausgeschlossen werden und Meinungsträger, die sich im Besitz von Sendefrequenzen und Finanzmitteln befinden, an der öffentlichen Meinungsbildung vorherrschend mitwirken (vgl. BVerfGE 57, 295 [323]; 73, 118 [160]; 95, 163 [172]).

21

c) Wie der Gesetzgeber seine Aufgabe erfüllt, ist – in den von der Garantie der Rundfunkfreiheit gezogenen Grenzen – Sache seiner eigenen Entscheidung. Die Verfassung schreibt ihm keine bestimmte Form der Rundfunkorganisation vor (vgl. BVerfGE 57, 295 [321]; 73,118 [153]; 114, 371 [387]; 119, 181 [214]). Allerdings sind die Grundbedingungen privaten Rundfunks nicht nur Anlass, sondern zugleich Grenze vielfaltssichernder Maßnahmen. Es ist verfassungsrechtlich nicht geboten, privaten Rundfunk nur noch unter Voraussetzungen zuzulassen, die seine Veranstaltung in hohem Maße erschweren, wenn nicht sogar ausschließen würden. Dem stünden zudem die Entscheidungen des Grundgesetzes und der Landesverfassung für die Zulässigkeit privaten Rundfunks entgegen. Darüber hinaus bemisst sich die Wahrung der verfassungsrechtlich gewährleisteten Rundfunkfreiheit nicht anhand einer jeweils isolierten Betrachtung des privaten und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass das Rundfunksystem in seiner Gesamtheit dem verfassungsrechtlich Gebotenen im Rahmen des Möglichen entspricht (vgl. BVerfGE 114, 371 [387 f.]).

22

Dies kann auch in einer dualen Ordnung des Rundfunks der Fall sein, in der die unerlässliche „Grundversorgung“ Sache der öffentlich-rechtlichen Anstalten ist. Diese sind insbesondere deshalb zu einem inhaltlich umfassenden Programmangebot in der Lage, weil sie nicht in gleichem Maße wie private Veranstalter auf hohe Einschaltquoten angewiesen sind. Die Wahrnehmung dieser Aufgaben durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kann bei der Beurteilung der rechtlichen Bindungen privater Rundfunkveranstalter nicht außer Acht bleiben. Zwar kann sie es nicht rechtfertigen, für den privaten Rundfunk auf rechtliche Sicherungen der Rundfunkfreiheit ganz zu verzichten und die Entwicklung im Wege der Deregulierung den Kräften des Marktes anzuvertrauen; eine solche Lösung wäre mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben unvereinbar. Solange und soweit jedoch die Wahrnehmung der genannten Aufgaben jedenfalls durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wirksam sichergestellt ist, erscheint es gerechtfertigt, an die Breite des Programmangebots und die Sicherung gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk nicht gleich hohe Anforderungen zu stellen wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

23

Zwar können die Programme öffentlich-rechtlicher Anstalten Ungleichgewichtigkeiten im privaten Rundfunk nicht kompensieren. Denn eine einseitige Berücksichtigung nur einzelner Meinungsrichtungen im privaten Rundfunk würde das für die Gesamtheit der inländischen Programme wesentliche Gleichgewicht des „Zu-Wort-Kommens“ der gesellschaftlichen Gruppen stören, schlimmstenfalls sogar aufheben (vgl. BVerfGE 57, 295 [324]). Sofern die Ungleichgewichtigkeiten indessen nicht gravierend sind, werden sie hinnehmbar unter der Voraussetzung, dass in den Programmen der öffentlich-rechtlichen Anstalten die Vielfalt der bestehenden Meinungsrichtungen unverkürzt zum Ausdruck gelangt. Es kommt insofern nur darauf an, dass die Vorkehrungen, welche der Gesetzgeber zu treffen hat, dazu bestimmt und geeignet sind, ein möglichst hohes Maß gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk zu erreichen und zu sichern (vgl. BVerfGE 73, 118 [157 ff.]).

24

Der Regulierung des privaten Rundfunks sowohl durch den Gesetzgeber als auch durch die für die Zulassung privater Anbieter zuständigen Organe ist insoweit daher lediglich ein Grundstandard gleichgewichtiger Vielfalt zugrunde zu legen. Dieser umfasst als wesentliche Voraussetzung von Meinungsvielfalt zum einen die Möglichkeit für alle Meinungsrichtungen, einschließlich derjenigen von Minderheiten, im privaten Rundfunk zum Ausdruck zu kommen. Zum anderen beinhaltet er den Ausschluss von einseitigem, in hohem Maße ungleichgewichtigem Einfluss einzelner Veranstalter oder Programme auf die Bildung der öffentlichen Meinung, insbesondere die Verhinderung des Entstehens vorherrschender Meinungsmacht. Nur die Einhaltung dieser Mindestanforderungen wahrt die verfassungsrechtlichen Vorgaben der Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV (vgl. BVerfGE 73, 118 [159 f.]).

25

d) Die zu treffenden neutralisierenden Maßnahmen sind indes nicht auf einzelne Themenbereiche beschränkbar. Für die öffentliche Meinungsbildung und folglich für die Einflussmöglichkeiten und die Bedeutung des Rundfunks sind nicht allein Nachrichten- oder sonstige Sendungen mit politischem Inhalt relevant. Information und Meinung können vielmehr ebenso durch Sendungen mit unterhaltendem Charakter vermittelt werden. Meinungsbildung geschieht überall dort, wo Inhalte von öffentlichem Interesse übertragen oder wo mit der Ausstrahlung ein öffentliches Interesse für das Dargestellte begründet wird. Gerade die Auswahl und Gestaltung von Sendungen, die Entscheidung darüber, was gesendet und worüber nicht berichtet werden soll sowie die inhaltliche Präsentation des Gesendeten haben angesichts der Leitbildfunktion des Fernsehens weitreichende Bedeutung für die Bewertung nicht nur des politischen, sondern des gesamten gesellschaftlichen Umfelds in der Bevölkerung und damit für öffentliche Meinungsbildung (vgl. BVerfGE 12, 205 [260]; 31, 314 [326]; 35, 202 [222]; 73, 118 [152]; 97, 228 [257]).

26

Jedenfalls soweit die Rundfunkfreiheit als Abwehrrecht des Grundrechtsträgers betroffen ist, lässt sie nicht von vornherein eine Unterscheidung der Sendungen nach dem jeweils verfolgten Interesse oder der Qualität der Darbietung zu. Eine Beschränkung auf „seriöse“, d. h. einem anerkennenswerten Interesse dienende, Produktion liefe auf eine Bewertung und Lenkung durch staatliche Stellen hinaus, die dem Wesen des Grundrechts der Rundfunkfreiheit widersprechen würde (vgl. BVerfGE 35, 202 [222 f.]).

27

e) Die vorgenannten verfassungsrechtlichen Vorgaben prägen das Rundfunkrecht insgesamt und sind daher auch dort maßgebend und maßstabbildend, wo der Gesetzgeber – dem Handlungsauftrag der objektiven Rundfunkfreiheit folgend – einfachrechtliche Maßnahmen zur Gewährleistung der Meinungsvielfalt trifft. Wo dies – wie in § 26 Abs. 5, § 31 RStV – durch die Verpflichtung des Hauptprogrammveranstalters erfolgt, bei Überschreiten eines bestimmten Marktanteils Sendezeit für unabhängige Dritte einzuräumen, eröffnen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV insofern ein dreifaches Spannungsfeld, als die Rundfunkfreiheit sowohl – in ihrer objektiv-rechtlichen Ausprägung – zugunsten aufsichtsrechtlicher Maßnahmen als auch – subjektiv-rechtlich – zugunsten des Hauptprogrammveranstalters und des unabhängigen Dritten streitet bzw. streiten kann. Diese einander oftmals widerstreitenden verfassungsrechtlichen Positionen sind nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz schon auf der Ebene des einfachen Rechts einander so zuzuordnen und dergestalt zum Ausgleich zu bringen, dass sie jeweils möglichst weitgehend wirksam werden.

28

2. Dies vorangestellt, begegnet der Zulassungsbescheid der Antragsgegnerin vom 23. Juli 2013 durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zwar bestehen diese nicht hinsichtlich der Annahme, die Beigeladene zu 1) sei weiterhin zur Einräumung von Drittsendezeiten verpflichtet gewesen (a). Jedoch beruht die Auswahlentscheidung auf einer rechtswidrigen Festlegung und Ausschreibung der Sendezeiten (b). Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin bei der Erörterung der Bewerbungen mit der Beigeladenen zu 1) einen Maßstab zugrunde gelegt, der gegen § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV verstieß (c). Ist deshalb den Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1) in der Sache vollumfänglich stattzugeben und sind die Beschwerden der Antragsgegnerin sowie der Beigeladenen zu 2) zurückzuweisen, so kann die Berechtigung der weiteren von der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1) gegen die Auswahlentscheidung vorgebrachten Gesichtspunkte dahingestellt bleiben (d).

29

a) Nach derzeitigem Sach- und Streitstand ist der angefochtene Bescheid nicht schon deshalb rechtswidrig, weil die durchschnittlichen Vorjahres-Zuschaueranteile der Beigeladenen zu 1) seit September 2012 (9,89 v.H. im Zeitraum vom 1. September 2011 bis 31. August 2012) sowie der ProSiebenSat.1 Media AG seit Dezember 2012 (19,99 v.H. im Zeitraum vom 1. Dezember 2011 bis 30. November 2012) – und damit zu Beginn der streitgegenständlichen Drittsendezeitperiode am 1. Juni 2013 – unter den Schwellenwerten des § 26 Abs. 5 RStV lagen.

30

aa) Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV ist für Entscheidungen, soweit es auf Zuschaueranteile ankommt, deren durchschnittliche Höhe in den letzten zwölf Monaten vor der Einleitung des Verfahrens maßgeblich. Diese Regelung findet auf die Vergabe von Drittsendezeiten gemäß § 31 RStV Anwendung, und zwar auch dann, wenn es nicht um deren erstmalige, sondern um deren wiederholte Ausschreibung geht.

31

Soweit die Beigeladene zu 1) hingegen geltend macht, der Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV knüpfe an „Entscheidungen“ an, wohingegen es sich bei der Vergabe von Drittsendezeiten gemäß § 30 RStV um eine „Maßnahme“ handele und der Rundfunkstaatsvertrag die Begriffe unterscheide, schließt dies die Anwendbarkeit des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV nicht aus. Vielmehr verwendet der Gesetzgeber beide sowie weitere Formulierungen synonym. So bestimmt beispielsweise § 38 Abs. 2 RStV, dass die „Maßnahmen“, welche die Landesmedienanstalt bei der Feststellung eines Verstoßes gegen Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages trifft, insbesondere die Beanstandung, die Untersagung, die Rücknahme und der Widerruf – mithin der Sache nach „Entscheidungen“ – sind. Auch Verfügungen der Aufsichtsbehörden gemäß § 52a Abs. 2 Satz 2 RStV (und damit gleichfalls „Entscheidungen“) werden in dessen Absatz 3 als „Maßnahmen“ bezeichnet. Besonders deutlich wird die synonyme Verwendung schließlich in § 32 Abs. 5 RStV, wonach gemäß dessen Satz 1 bei bestimmten programmlichen Änderungen oder bei der Entscheidung über Programmbeschwerden vor der „Entscheidung“ der Geschäftsführung die Zustimmung des Programmbeirats einzuholen ist, ohne die (gemäß Satz 2) die Geschäftsführung die „betreffende Maßnahme“ nur unter den weiteren dort genannten Voraussetzungen treffen kann.

32

Auch die Systematik des Rundfunkstaatsvertrages lässt die von der Beigeladenen zu 1) geltend gemachten Rückschlüsse nicht zu, sondern bestätigt die Anwendbarkeit des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV im Verfahren nach § 31 RStV. Die Regelung des § 26 RStV benennt die Rechtsfolgen des Erreichens bestimmter Zuschaueranteile im Jahresdurchschnitt (bei 30 v.H.: Verbot der Zulassung weiterer Programme und des Erwerbs weiterer Beteiligungen sowie die Durchführung von Maßnahmen nach § 26 Abs. 4 RStV; ebenso bei 25 v.H. und marktbeherrschender Stellung auf einem medienrelevanten verwandten Markt oder einem Meinungseinfluss vergleichbar einem Zuschaueranteil von 30 v.H.; bei 10 bzw. 20 v.H.: Einräumung von Sendezeiten für Dritte), ohne jedoch Vorgaben für deren Berechnung – u. a. die Zuständigkeit sowie den maßgeblichen Zeitpunkt für die Berechnung – zu enthalten. Diese Regelungen enthält vielmehr § 27 Abs. 1 RStV. Der systematische Zusammenhang zwischen § 26 und § 27 RStV ergibt sich zudem aus § 34 Satz 1 RStV, dem zufolge für die Beurteilung von Fragestellungen der Sicherung der Meinungsvielfalt (und damit der Maßnahmen nach § 26 RStV, vgl. dessen Überschrift) die vorhandenen Daten nur bis zur ersten Bestimmung der Zuschaueranteile nach § 27 RStV zugrunde zu legen sind.

33

Schließlich entspricht die Anwendbarkeit von § 27 RStV auch dem Willen des Gesetzgebers, dem zufolge die Ergebnisse nach § 27 Abs. 1 RStV Grundlage der Bestimmung vorherrschender Meinungsmacht – und damit auch für die Ermittlung einer drohenden Meinungsmacht bei Überschreiten der Schwellenwerte nach § 26 Abs. 5 RStV – sind (vgl. LT-Drucks. 13/559, S. 57).

34

bb) Kommt es demnach auf die durchschnittlichen Zuschaueranteile in den letzten zwölf Monaten vor der Einleitung des Verfahrens an, so kann dahingestellt bleiben, ob das Verfahren zur Einräumung von Sendezeiten für unabhängige Dritte bereits mit der Bitte der Antragsgegnerin an die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich - KEK - um die Ermittlung der Marktanteile der Antragstellerin vom 1. März 2011 oder mit der Ausschreibung der Sendezeiten im Staatsanzeiger Nr. 23 vom 4. Juli 2011 begann. Denn zu beiden Stichtagen lagen die durchschnittlichen Marktanteile sowohl der Beigeladenen zu 1) als auch ihrer Sendergruppe über den in § 26 Abs. 5 RStV genannten Werten.

35

cc) Ebenfalls keiner Entscheidung bedarf vorliegend die Frage, ob Änderungen der Zuschaueranteile während des laufenden Vergabeverfahrens zu berücksichtigen sind und die ursprünglich bestehende Pflicht zur Einräumung von Drittsendezeiten entfallen lassen können.

36

(1) Allerdings würde eine Auslegung des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV, die den Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens der freien Entscheidung der Landesmedienanstalt überließe und auch die Entwicklung der Zuschaueranteile für ausnahmslos unbeachtlich erklärte, verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen. Denn danach könnte die Landesmedienanstalt bereits unmittelbar nach der Zulassung eines Fensterprogrammveranstalters das Verfahren für die – gemäß § 26 Abs. 6 Satz 4 RStV erst in fünf Jahren beginnende – nachfolgende Zulassungsperiode einleiten und deren Voraussetzungen auch gewährleisten, wenn eine die Meinungsvielfalt bedrohende Vorherrschaft gar nicht mehr zu befürchten und ein Eingriff in die Rundfunkfreiheit des Hauptprogrammveranstalters daher nicht mehr gerechtfertigt ist.

37

(2) Dieser dem Sinn des Rundfunkstaatsvertrags zuwiderlaufenden Möglichkeit zur Manipulation der Voraussetzungen des § 26 Abs. 5 RStV lässt sich nur dadurch begegnen, dass die Wahl des Einleitungszeitpunkts keinem freien, sondern allenfalls einem gebundenen – und damit gerichtlich überprüfbaren – Ermessen der Landesmedienanstalt unterfällt und im Falle einer ermessensfehlerhaften Einleitung ein Zeitpunkt bestimmbar ist, der statt des von der Landesmedienanstalt gewählten für die Ermittlung der Zuschaueranteile maßgeblich ist. Schützenswerte Interessen der (potentiellen) Bewerber hingegen erzwingen jedenfalls nicht, dass bereits im Zeitpunkt der Ausschreibung die Pflicht zur Einräumung von Drittsendezeiten unveränderlich feststehen muss. Diese müssen vielmehr stets damit rechnen, dass die Zahl der Bewerber die zu vergebenden Sendezeiten übersteigt und damit bei den Fensterprogrammanbietern, die nicht ausgewählt werden, die mit der Bewerbung verbundenen Investitionen fehlschlagen. Erst der Zulassungsbescheid verpflichtet zur Durchführung der Drittsendezeiten und begründet damit grundsätzlich ein schützenswertes Vertrauen in dessen Bestand, das jedoch im Falle einer Rechtswidrigkeit des Bescheides hinter dem Rechtsschutzbedürfnis des Hauptprogrammveranstalters zurückstehen muss und allenfalls im Wege des Schadensersatzes berücksichtigt werden kann.

38

(3) Danach bestehen vorliegend zumindest Zweifel, ob die Wahl des Einleitungszeitpunkts durch die Antragsgegnerin die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens wahrt oder diese überschreitet, weil sie sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen.

39

dd) Der Absicht, mit der Vorverlegung des Verfahrensbeginns etwaigen drohenden Gerichtsverfahren in zeitlicher Hinsicht Rechnung tragen zu können, könnte insoweit bereits entgegenstehen, dass es die Landesmedienanstalten zunächst selbst in der Hand haben, durch eine ordnungsgemäße – und damit letztlich unangreifbare – Durchführung des Verfahrens sowie die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Zulassungsbescheides einen rechtzeitigen Beginn der Ausstrahlung der Drittsendezeiten zu ermöglichen.

40

(1) Bedenken an der Ordnungsgemäßheit der Ermessensausübung bestehen jedenfalls insofern, als die frühzeitige Vergabe der Drittsendezeiten zunächst im Rechts- und Zulassungsausschuss der Antragsgegnerin am 28. März 2011 mit der Absicht begründet wurde, möglichen Umstrukturierungen in der ProSiebenSat.1 Gruppe zuvorzukommen. Auch wenn derzeit nicht festgestellt werden kann, ob hiermit den von Vertretern der Beigeladenen zu 2) im Gespräch am 23. Februar 2011 geäußerten Bedenken Rechnung getragen werden sollte, aufgrund der Veräußerung von N24 im Jahr 2010 wirke sich der Zuschaueranteil dieses Senders mit zunehmendem Zeitablauf immer weniger auf den Jahresdurchschnitt der Zuschaueranteile der Sendergruppe der ProSiebenSat.1 Media AG aus, ist nicht erkennbar, inwiefern dies eine Ausschreibung mehr als zwei Jahre vor Beginn des Zulassungszeitraums rechtfertigen kann: Sofern Umstrukturierungen nach dem Rundfunkstaatsvertrag beachtlich sind, können deren Rechtsfolgen nicht durch eine Vorverlegung des Verfahrensbeginns umgangen werden; sofern sie sich nicht auswirken, bedarf es hingegen keiner vorzeitigen Verfahrenseinleitung.

41

Dies kann letztlich jedoch dahingestellt bleiben, weil auch dann, wenn die Antragsgegnerin den Verfahrensbeginn ermessensfehlerhaft festgelegt haben sollte, selbst im spätesten denkbaren (fiktiven) Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung die Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 RStV (noch) überschritten waren. Die Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten besteht nicht, solange ein durchschnittlicher Zuschaueranteil von zehn bzw. 20 v.H. erreicht wird, sondern sie besteht ungeachtet dessen für eine Dauer von fünf Jahren bereits dann, wenn diese Anteile zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht wurden. Die Pflicht zur Einräumung von Drittsendezeiten besteht sodann gemäß § 26 Abs. 5 Satz 1 RStV binnen sechs Monaten nach Feststellung und Mitteilung des Überschreitens des Mindestzuschaueranteils durch die Landesmedienanstalt. Erachtet danach der Gesetzgeber sechs Monate als erforderlichen Zeitraum zur organisatorischen Umsetzung der Drittsendezeitverpflichtung, so sind jedenfalls Änderungen innerhalb dieses Zeitraums nach dem Rundfunkstaatsvertrag nicht mehr zu berücksichtigen.

42

(2) Stellte man auf einen 6-Monats-Zeitraum ab, so waren allerdings vorliegend auch am 1. Januar 2012 die Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 RStV unterschritten. Der Umstand allein, dass dies erstmals und auch nur äußerst geringfügig geschah, führt bereits deshalb nicht zur Unbeachtlichkeit, weil der Einführung von Grenzwerten gerade immanent ist, dass diese nur knapp über- oder unterschritten werden können, sie jedoch auch in diesen Fällen Anwendung finden müssen, andernfalls sie ihren Sinn verlören. Dem Unterschreiten ging zudem ein mehrmonatiger Abwärtstrend der Jahresdurchschnittswerte (seit Juni 2012) voraus; da die Monatsdurchschnittswerte ebenfalls seit Juni 2012 stets unter den Schwellenwerten lagen, mit weiter fallender Tendenz bis Dezember 2012, war auch nicht mit einem baldigen Wiederansteigen der Jahresdurchschnittswerte, insbesondere nicht über die Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 RStV, zu rechnen.

43

(3) Jedoch folgt aus der Systematik des Rundfunkstaatsvertrages, dass der Zeitraum, innerhalb dessen vor dem Beginn der Einräumungspflicht Veränderungen der Zuschaueranteile auf jeden Fall unbeachtlich sind, mehr als sechs Monate beträgt. Die Norm knüpft den Beginn dieser Frist an die Feststellung und Mitteilung des Überschreitens der Schwellenwerte durch die Landesmedienanstalt. Maßgeblich ist insoweit jedoch gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV der Vorjahresdurchschnitt im – notwendigerweise vor dem Zeitpunkt der Feststellung und damit vor Beginn der 6-Monats-Frist liegenden – Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens. Dem sechsmonatigen Zeitraum hinzuzurechnen ist daher zumindest die für eine Feststellung des Jahresdurchschnittswertes erforderliche Zeit. Zwischen dem Antrag der Antragsgegnerin an die KEK am 1. März 2011 und deren Beschluss am 14. Juni 2011 lagen dreieinhalb Monate. Legte man damit den Stichtag auf neun Monate vor Beginn des Lizenzierungszeitraums – vorliegend: der 1. September 2012 – und hätte die Antragsgegnerin zu diesem Zeitpunkt den Antrag an die KEK gerichtet, so hätte sich für den dann maßgeblichen Zeitraum vom 1. September 2011 bis 31. August 2012 für die Beigeladene zu 1) zwar nur ein Jahresdurchschnitt von 9,89 v.H., für die Sendergruppe jedoch von 20,47 v.H. ergeben. Die Schwellenwerte wären hinsichtlich der Sendergruppe selbst dann noch überschritten, wenn dem 6-Monats-Zeitraum für das Verfahren zwischen der Landesmedienanstalt und der KEK lediglich ein Monat hinzugerechnet würde: Läge der maßgebliche Zeitpunkt sieben Monate vor Beginn der Zulassungsperiode, d. h. vorliegend am 1. November 2012, so lag der durchschnittliche Zuschaueranteil der ProSiebenSat.1 Media AG zwischen November 2011 und Oktober 2012 bei 20,13 v.H..

44

Soweit in einzelnen Beschlüssen der KEK (KEK 007/029 vom 26. Januar 1999 und KEK 063 vom 25. Januar 2000) sowie im Ersten Medienkonzentrationsbericht (S. 371 f.) anklingt, auch die Landesmedienanstalt müsse bei länger dauernden Verfahren Veränderungen des Zuschaueranteils berücksichtigen, sind diese Ausführungen zu § 26 Abs. 2 bis 4 RStV nicht ohne weiteres auf die Vergabe von Drittsendezeiten zu übertragen. Die Maßnahmen zur Verringerung bzw. Verhinderung einer vorherrschenden Meinungsmacht nach § 26 Abs. 2 bis 4 RStV – keine Zulassung weiterer Programme; kein Erwerb weiterer Beteiligungen; Veräußerung von Beteiligungen; Ergreifen vielfaltssichernder Maßnahmen im Sinne der §§ 30 bis 32 RStV (Einräumung von Drittsendezeiten; Einrichtung eines Programmbeirats) – können fast ausnahmslos bis unmittelbar vor dem Vollzug gestoppt werden. Die Vergabe von Drittsendezeiten hingegen erfordert umfangreiche Vorkehrungen nicht nur der Landesmedienanstalt und des Hauptprogrammveranstalters, sondern insbesondere auch der (ausgewählten) Bewerber für die Drittsendezeiten, die im Falle ihrer Auswahl zur Durchführung der Sendezeiten verpflichtet sind. Ab einem bestimmten Zeitpunkt muss damit die Pflicht zur Einräumung von Drittsendezeiten feststehen, und zwar unabhängig von künftigen Schwankungen der Zuschaueranteile. Hierfür spricht auch, dass § 26 Abs. 5 RStV zwar die Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten an das Überschreiten bestimmter Mindestzuschaueranteile knüpft, sodann aber die Zulassung des Fensterprogrammveranstalters gemäß § 31 Abs. 6 Satz 4 RStV auf die Dauer von fünf Jahren zu erteilen ist. Diese besteht damit unabhängig von der künftigen Entwicklung der Zuschaueranteile.

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ee) Schließlich erzwingen auch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV keine Berücksichtigung veränderter Zuschaueranteile bis zum Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung.

46

Nicht nur die Programmfreiheit des Hauptveranstalters, sondern auch das gesetzgeberische Anliegen der Vielfaltssicherung unterfällt dem Schutz der Rundfunkfreiheit. Das Verfahren muss daher so ausgestaltet sein, dass eine effektive Vielfaltssicherung möglich ist. Bewerber für die Ausstrahlung von Drittsendezeiten fänden sich nicht, wenn diese befürchten müssten, im Falle ihrer Auswahl aufgrund der dann bestehenden Pflicht zur Ausstrahlung der Sendezeiten Investitionen vorzunehmen, die jedoch hinfällig würden, wenn zum Beginn der Zulassungsperiode die Schwellenwerte unterschritten würden und dieses Unterschreiten dahingehend berücksichtigt werden müsste, dass eine Pflicht des Hauptveranstalters zur Einräumung von Drittsendezeiten entfällt. Die Verpflichtung zu deren Ausstrahlung ist zudem eine präventive Maßnahme, die verhindern soll, dass eine vorherrschende Meinungsmacht entsteht. Diese Gefahr sieht der Gesetzgeber nicht dann begründet, wenn künftig bestimmte Zuschaueranteile erzielt werden, sondern wenn (retrospektiv) über einen längeren Zeitraum – ein Jahr – bestimmte Zuschaueranteile erzielt wurden. Das Abstellen auf die Durchschnittswerte eines Jahres lässt zudem mit hinreichender Gewissheit die Prognose zu, dass sich die Zuschaueranteile – wie vorliegend – auch nach Abschluss des Zulassungsverfahrens nicht in einem Maße von den Schwellenwerten des § 26 Abs. 5 RStV entfernen, welches einen Fortbestand der Pflicht zur Einräumung von Drittsendezeiten unverhältnismäßig machte. Eine Berücksichtigungspflicht bis unmittelbar zum Beginn der Zulassungsperiode scheidet danach aus.

47

3. Ist der Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Juli 2013 somit nach derzeitigem Sach- und Streitstand zu Recht von einer im Zeitpunkt seines Erlasses fortbestehenden Pflicht der Beigeladenen zu 1) zur Einräumung von Drittsendezeiten ausgegangen, so ist er dennoch rechtswidrig und verletzt sie in eigenen Rechten. Denn die Ausschreibung der Sendezeiten im Staatsanzeiger Nr. 23 vom 4. Juli 2011 erfolgte unter Verstoß gegen § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Antragsgegnerin die Vergabe der Drittsendezeiten im Programm der Beigeladenen zu 1) schon allein infolge der Aufhebung der Zulassungsentscheidung vom 17. April 2012 durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 5. September 2012 hätte erneut ausschreiben müssen.

48

a) Der Senat ist durch die Urteile des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 5. September 2012 (Az. 5 K 404/12.NW, 5 K 417/12.NW und 5 K 452/12.NW) nicht gemäß § 121 Nr. 1 VwGO gehindert, die Rechtmäßigkeit der Ausschreibung, d. h. der ersten Stufe des Verfahrens zur Vergabe der Drittsendezeiten, zu überprüfen. Zwar hat das Verwaltungsgericht in den vorgenannten rechtskräftigen Urteilen die Rechtmäßigkeit der Ausschreibung bejaht. Die materielle Rechtskraft der Entscheidungen erstreckt sich jedoch nicht auf die dahingehenden Ausführungen.

49

aa) Die Bestimmung des § 121 VwGO, der zufolge rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, regelt nach ihrem Wortlaut die Rechtskraftbindung zunächst nur im Hinblick auf die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger. Daneben folgt jedoch aus dem Rechtsstaatsprinzip, dass auch die Gerichte in einem späteren Prozess der Beteiligten über denselben Gegenstand an das rechtskräftige Urteil gebunden sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Dezember 1981 - 3 B 90.80 -, Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 46; Urteil vom 27. Januar 1995 - 8 C 8.93 -, Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 70). Die Bindungswirkung schafft ein unabdingbares, von Amts wegen zu beachtendes Prozesshindernis für eine erneute gerichtliche Überprüfung des Anspruchs, über den bereits entschieden wurde. Sie setzt insoweit keine Identität der Streitgegenstände voraus, sondern tritt auch in den Fällen ein, in denen die rechtskräftige Zu- oder Aberkennung eines prozessualen Anspruchs für einen anderen zwischen den Beteiligten streitigen prozessualen Anspruch vorgreiflich ist; sie erstreckt sich in diesem Rahmen daher im Falle einer erfolgreichen Anfechtungsklage nicht nur auf den seinerzeit angefochtenen, sondern gleichfalls auf einen nachfolgenden Verwaltungsakt (BVerwG, Urteile vom 15. März 1989 - 7 C 10.88 -, Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 56; vom 8. Dezember 1992 - 1 C 12.92 -, Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 63, vom 27. Januar 1995 - 8 C 8.93 -, Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 70, vom 24. November 1998 - 9 C 53.97 -, BVerwGE 108, 30 [34], und vom 18. September 2001 - 1 C 4.01 -, BVerwGE 115, 111 [115]).

50

Die Rechtskraftwirkung soll verhindern, dass die aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge, über die durch ein Urteil rechtskräftig entschieden wurde, erneut zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Beteiligten gemacht wird. Sie dient damit dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit, indem sie widerstreitende gerichtliche Entscheidungen über dieselbe Streitsache vermeidet. Dabei wird die Möglichkeit, dass infolge der Rechtskraft eine unrichtige Entscheidung maßgeblich bleibt, grundsätzlich geringer veranschlagt als die Rechtsunsicherheit, die ohne die Rechtskraft bestehen würde. Sie tritt deshalb unabhängig davon ein, ob das rechtskräftige Urteil die Sach- und Rechtslage zutreffend gewürdigt hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Dezember 1992 - 1 C 12.92 -, a.a.O., und vom 27. Januar 1995 - 8 C 8.93 -, a.a.O.). Um dem gerade im öffentlichen Recht vielfach in besonderem Maße bestehenden Bedürfnis gerecht zu werden, flexibel auf sich ändernde Verhältnisse, aber auch bei als unrichtig erkannten Vorentscheidungen reagieren zu können, ist die Rechtskraftwirkung allerdings eng auf den entschiedenen Streitgegenstand begrenzt. Sie erstreckt sich darüber hinaus nicht auf alle Urteilselemente, sondern erfasst nur den Entscheidungssatz, d. h. das Ergebnis der Subsumtion des konkreten Sachverhalts im Hinblick auf die Entscheidung über den prozessualen Anspruch, also die Bejahung oder Verneinung der vom Kläger begehrten Rechtsfolge, wie es in der Urteilsformel seinen Ausdruck findet. Einzelne Begründungselemente und Vorfragen der rechtskräftigen Entscheidung werden von ihr daher grundsätzlich ebenso wenig erfasst wie obiter dicta oder vorgreifliche Rechtsverhältnisse (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 1968 - 5 C 85.67 -, DVBl. 1970, 281; Beschluss vom 22. April 1987 - 7 B 76.87 -, Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 54; Urteile vom 3. Dezember 1981 - 7 C 30.80 u.a. -, NJW 1983, 407, vom 10. Mai 1994 - 9 C 501.93 -, BVerwGE 96, 24 [27], und vom 18. September 2001 - 1 C 4.01 -, a.a.O.; Beschluss vom 10. Juli 2003 - 1 B 338.02 -, Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 87; Germelmann, in: Gärditz, VwGO, 2013, § 121 Rn. 49; Clausing, in: Schoch/ Schneider/Bier, VwGO, 26. Erg. 2014, § 121 Rn. 85; Kilian, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 121 Rn. 60, jeweils m.w.N.).

51

bb) Danach hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße in seinen Urteilen vom 5. September 2012 in den Verfahren 5 K 404/12.NW und 5 K 452/12.NW, in denen die Antragstellerin und zwei weitere Konkurrentinnen der Beigeladenen zu 2) und zu 3) erfolgreich die Aufhebung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 17. April 2012 und deren Verpflichtung zur Neubescheidung ihrer Zulassungsanträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts begehrten, die Rechtmäßigkeit der Festlegung der Sendezeitschienen und der Ausschreibung nicht gemäß § 121 Nr. 1 VwGO bindend festgestellt.

52

(1) Allerdings hat das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen ausgeführt, es habe auf der ersten Stufe des Verfahrens in der Phase der Vorbereitung der Ausschreibung bis zum Beschluss der Versammlung der Antragsgegnerin – der dortigen Beklagten – über die Festlegung der Ausschreibungsmodalitäten vom 20. Juli 2011 keine Verfahrensfehler feststellen können. Es hat jedoch – unter Verweis auf den Beschluss des VG Hannover vom 29. September 2008 (Az. 7 B 3575/08), dem zufolge der Bewerber die Ausschreibung so hinnehmen müsse, wie sie ihm bekannt geworden sei – zugleich dargelegt, auf eine etwaige Verletzung von Beteiligungsrechten der Beigeladenen zu 1) hinsichtlich der zeitlichen Aufteilung der Sendezeitschienen und der Frage, ob die Drittsendezeiten gebündelt oder einzeln ausgeschrieben werden sollten, könnten sich die dortigen Klägerinnen als potentielle Bewerberinnen ohnehin nicht berufen, da sie vor der förmlichen Einleitung eines Bewerbungsverfahrens noch keine eigenen, aus den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrages resultierenden Rechte hätten.

53

Die in einem rechtskräftigen Bescheidungsurteil verbindlich zum Ausdruck gebrachte, für dieses Urteil maßgebliche Rechtsauffassung bestimmt dessen Rechtskraftwirkung im Sinne des § 121 VwGO. Da die Rechtsauffassung, die ein Bescheidungsurteil der Behörde zur Beachtung bei dem Erlass des neuen Verwaltungsakts vorschreibt, sich nicht aus der Urteilsformel selbst entnehmen lässt, ergibt sich der Umfang der materiellen Rechtskraft und damit der Bindungswirkung insoweit notwendigerweise erst aus den Entscheidungsgründen, welche die nach dem Urteilstenor zu beachtende Rechtsauffassung des Gerichts im Einzelnen darlegen. Bei Bescheidungsurteilen im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO – wie auch bei Bestimmungsurteilen nach § 113 Abs. 2 Satz 2 VwGO – nehmen daher die tragenden Erwägungen der Entscheidungsgründe an der Rechtskraft teil (BVerwG, Urteile vom 4. Oktober 1962 - 1 C 97.61 -, Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 9, vom 27. Januar 1995 - 8 C 8.93 -, Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 70, und vom 3. Juni 2010 - 9 C 4.09 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 2 VwGO Nr. 2).

54

(2) Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Rechtmäßigkeit der Festlegung der Sendezeitschienen und der Ausschreibung tragen dessen Entscheidung nicht und nehmen daher an der Rechtskraft nicht teil.

55

Der abgelehnte Mitbewerber um die Zulassung zum Fensterprogramm im Programm des Hauptprogrammveranstalters hat kein subjektives Recht auf eine objektiv rechtmäßige Zulassungspraxis (vgl. OVG Nds, Beschluss vom 19. März 2010 - 10 ME 439/08 -, ZUM-RD 2010, 513 und juris, dort Rn. 28). Er kann die Auswahlentscheidung vielmehr nur insoweit zum Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung machen, als die als verletzt gerügten Bestimmungen der Wahrung – und damit dem Schutz – seiner subjektiv-öffentlichen Rechte dienen. Dem Auswahlverfahren vorausgehende Entscheidungen hingegen, bei deren Erlass Rechte oder Interessen potentieller Bewerber nicht zu berücksichtigen sind, unterfallen auch nicht dadurch der Rechtskraft, dass sich der Bewerber dennoch auf die Verletzung objektiven oder allein drittschützenden Rechts beruft und das Gericht daher in den Entscheidungsgründen hierauf eingeht. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Gericht selbst feststellt, dass sich der Kläger mangels Betroffenheit in eigenen Rechten auf die von ihm vorgebrachten Umstände nicht berufen kann. In diesem Fall erwächst allenfalls die Feststellung in Rechtskraft, dass der unterlegene Konkurrent nicht in eigenen Rechten verletzt ist.

56

So verhält es sich vorliegend. Die Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags bezüglich der Rahmenbedingungen der Zulassungsentscheidung – die Pflicht des Hauptprogrammveranstalters zur Einräumung von Drittsendezeiten sowie deren Sendeplätze und Dauer einschließlich der Anrechnung etwaiger Regionalfensterprogramme hierauf – dienen allein dem Ausgleich zwischen dem öffentlichen Interesse an einer Sicherung der Meinungsvielfalt einerseits und dem Grundrecht des Hauptprogrammveranstalters auf Auswahl, Inhalt und Gestaltung seines Fernsehprogramms andererseits. Insofern schreiben § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV und Ziff. 5.1 Abs. 3 DSZR vor, dass der Ausschreibung eine Erörterung der Landesmedienanstalt mit dem Hauptprogrammveranstalter vorhergehen muss, bei der insbesondere festzulegen ist, ob das Fensterprogramm insgesamt oder getrennt für mehrere einzelne Sendeplätze ausgeschrieben wird und zu welchen Sendezeiten es voraussichtlich stattfinden soll. Interessen potentieller Bewerber sind hiernach von vornherein nicht zu berücksichtigen; diese haben die Ausschreibung vielmehr so hinzunehmen, wie sie ihnen bekannt gemacht wurde. Ausgenommen hiervon ist allein die Dauer der Zulassung, welche § 31 Abs. 6 Satz 4 RStV auf fünf Jahre beschränkt; ein Überschreiten dieser Frist schränkt die vom Gesetz eingeräumte Möglichkeit ein, sich grundsätzlich in regelmäßigen Abständen um die Zulassung als Veranstalter von Drittsendezeiten bewerben zu können, und kann deshalb von Mitbewerbern gerügt werden (vgl. OVG RP, Beschluss vom 6. November 2003 - 2 B 11374/03.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP; OVG Nds, Beschluss vom 19. März 2010 - 10 ME 439/08 -, a.a.O.; VG Hannover, Beschluss vom 29. September 2008 - 7 B 3575/08 -, juris Rn. 52).

57

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht in seinen Urteilen ausgeführt, auf die im Verfahren 5 K 417/12.NW von der Hauptprogrammveranstalterin geltend gemachte Verletzung ihres Beteiligungsrechts in Bezug auf die zeitliche Aufteilung der Sendezeitschienen und die Frage, ob die Drittsendezeiten gebündelt oder einzeln ausgeschrieben werden sollten, könnten sich die Klägerinnen der Verfahren 5 K 404/12.NW und 5 K 452/12.NW (die jetzige Antragstellerin und Beigeladene zu 1) nicht berufen. Angesichts dessen handelt es sich bei der dennoch getroffenen Feststellung des Verwaltungsgerichts, in der Phase der Vorbereitung der Ausschreibung bis zur Festlegung der Ausschreibungsmodalitäten im Beschluss der Versammlung der dortigen Beklagten vom 20. Juni 2011 habe die Kammer Verfahrensfehler nicht feststellen können, lediglich um ein obiter dictum, welches nicht gemäß § 121 VwGO in materielle Rechtskraft erwächst (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2000 - 7 C 3.00 -, BVerwGE 111, 306 [313]).

58

(3) Darüber hinaus muss sich die Antragstellerin die Rechtskraft der verwaltungsgerichtlichen Feststellungen in den vorgenannten Urteilen auch deshalb nicht entgegenhalten lassen, weil sie nicht nur in diesen Verfahren Beigeladene war, sondern parallel hierzu auch in einem eigenen Verfahren Klage gegen den Zulassungsbescheid der Antragsgegnerin vom 17. April 2012 erhoben hat. Die Regelung des § 121 VwGO ist jedoch einschränkend dahingehend auszulegen, dass eine Rechtskrafterstreckung auf den Beigeladenen eines Verfahrens nicht eintritt, wenn dieser seinerseits seine Rechte in einem von ihm anhängig gemachten, gleichzeitig betriebenen Verfahren durchzusetzen sucht. Andernfalls müsste dieser zur Durchsetzung seiner Rechte und der Vermeidung einer gegen ihn wirkenden Rechtskraft zwei oder sogar noch mehr Berufungs- und/oder Revisionsverfahren durchführen und hierbei ein doppeltes – bei mehreren Klageverfahren, in denen er beigeladen wird, sogar ein noch höheres – Kostenrisiko tragen, obwohl er sich gegen seine Beiladung gemäß § 65 Abs. 4 Satz 3 VwGO mit Rechtsmitteln nicht wehren kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. März 1989 - 7 C 10.88 -, Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 56).

59

cc) Schließlich enthält auch das im Verfahren der Beigeladenen zu 1) gegen den Zulassungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 17. April 2012 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 5. September 2012 (5 K 417/12.NW) keine materiell rechtskräftige Feststellung der Rechtmäßigkeit der ersten Stufe des Auswahlverfahrens.

60

(1) In Rechtskraft erwächst gemäß § 121 VwGO nur die Entscheidung des Gerichts über den Streitgegenstand, welcher durch den Klageanspruch und den Klagegrund bestimmt wird. Klageanspruch ist der prozessuale Anspruch bzw. die Rechtsfolgenbehauptung des Klägers, nicht hingegen die zu deren Begründung herangezogene rechtliche Anspruchsgrundlage. Klagegrund wiederum ist der tatsächliche Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 121 Rn. 23). Streitgegenstand der Anfechtungsklage ist demnach die Rechtsbehauptung des Klägers, durch den von ihm angefochtenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Wird der Klage stattgegeben, so wird diese Rechtsbehauptung als zutreffend bestätigt und bindend festgestellt. Die Rechtskraft erstreckt sich danach grundsätzlich allein auf die Urteilsformel.

61

(2) Ungeachtet dessen, ob darüber hinaus an der Rechtskraft auch die Entscheidungsgründe teilnehmen (so BVerwG, Beschluss vom 16. Februar 1990 – 9 B 325/89 –, NVwZ 1990, 1069; Urteil vom 7. August 2008 - 7 C 7.08 -, BVerwGE 131, 346 [350]; Kilian, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 121 Rn. 71) oder ob diese nur zur Auslegung des Tenors heranzuziehen sind (so BVerwG, Beschluss vom 15. März 1968 - 7 C 183.65 -, BVerwGE 29, 210 [212]; Urteile vom 19. Januar 1984 - 3 C 88.82 -, BVerwGE 68, 306 [309], vom 21. September 1984 - 8 C 4.82 -, BVerwGE 70, 159 [161], und vom 10. Mai 1994 - 9 C 501.93 -, BVerwGE 96, 24 [26]; Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 121 Rn. 10), beschränkt sich danach deren Bindungswirkung jedenfalls auf die tragenden Aufhebungsgründe (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 1962 - 1 C 97.61 -, Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 9; Beschluss vom 16. Februar 1990 - 9 B 325/89 -, NVwZ 1990, 1069; Urteil vom 3. Juni 2010 - 9 C 4.09 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 2 VwGO Nr. 2). Insoweit ist die Behörde gehindert, ohne eine zwischenzeitliche Änderung der Sach- oder Rechtslage erneut einen inhaltsgleichen Verwaltungsakt zu erlassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 1962 - 1 C 97.61 -, Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 9), und ist die Vorfrage in einem nachfolgenden Rechtsstreit keiner erneuten Sachprüfung zugänglich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Februar 1990 - 9 B 325.89 -, a.a.O.).

62

(3) Danach hindert die Feststellung des Verwaltungsgerichts im Urteil vom 5. September 2012, die im Staatsanzeiger vom 4. Juli 2011 veröffentlichte Ausschreibung der Drittsendezeiten sei rechtlich nicht zu beanstanden, nicht deren Überprüfung im vorliegenden Rechtsstreit. Denn bei diesen Ausführungen handelt es sich um keine tragende Begründung für die verwaltungsgerichtliche Entscheidung. Darin wurde der Zulassungsbescheid der Antragsgegnerin vom 17. April 2012 wegen mehrerer Rechtsverstöße uneingeschränkt aufgehoben. Dieser Tenor unterscheidet sich nicht von demjenigen, den das Verwaltungsgericht hätte aussprechen müssen, wenn es entweder zur Frage der Rechtmäßigkeit der Ausschreibung nicht Stellung genommen oder wenn es deren Rechtswidrigkeit festgestellt hätte. Daher entfalten bei vollumfänglich stattgebenden Anfechtungsurteilungen allenfalls die Ausführungen Bindungswirkung, aus denen sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts ergibt, nicht jedoch diejenigen, in denen weiteren Einwänden des Klägers nicht gefolgt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juli 1956 - 3 C 102.55 -, BVerwGE 4, 16 [18 f.]).

63

Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass die Beigeladene zu 1) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 5. September 2012 kein Rechtsmittel hätte einlegen können, da sie nicht formell beschwert war. Soweit in der Rechtsprechung ausgeführt wird, eine Beschwer – und damit Rechtsmittelbefugnis – könne sich auch dann ergeben, wenn zwar der gerichtliche Tenor mit dem klägerischen Antrag übereinstimme, sich jedoch die vom Gericht als verbindlich erklärte Rechtsauffassung nicht mit derjenigen des Klägers decke und für ihn mit der Folge nachteiliger sei, dass bei der erneuten Bescheidung mit einem ungünstigeren Ergebnis als bei Anwendung der vom Kläger vertretenen Rechtsansicht zu rechnen sei, betrifft dies ausschließlich Bescheidungsurteile gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO und Bestimmungsurteile im Sinne des § 113 Abs. 2 Satz 2 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1995 - 8 C 8.93 -, Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 70; OVG Brandenburg, Urteil vom 9. Februar 2005 - 4 A 723/03 -, RdL 2007, 322). Ansonsten kann sich allein aus den Gründen der Entscheidung keine Beschwer ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juli 1956 - 3 C 102.55 -, BVerwGE 4, 16 [18]; Beschlüsse vom 11. Februar 1957 - 3 C 268.56 u.a. -, BVerwGE 4, 283 [284], vom 10. Januar 1964 - 5 B 83.62 -, BVerwGE 17, 352 [353], und vom 18. Februar 2002 - 3 B 149.01 -, NJW 2002, 2122; BSG, Urteil vom 27. Oktober 1976 - 2 RU 127/74 -, BSGE 43, 1 [3]).

64

Es widerspräche schließlich dort, wo der Gesetzgeber einen Instanzenzug eröffnet, dem Grundsatz effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 124 LV, den Kläger über § 121 VwGO an gerichtliche Ausführungen zu binden, ohne dass er die Möglichkeit hat, diese Bindungswirkung durch Einlegung eines Rechtsmittels zu überprüfen. Darüber hinaus widerspräche es dem Gebot der Rechtsmittelklarheit, dem Kläger trotz vollumfänglich stattgebender Klage die fehlende Einlegung eines Rechtsmittels entgegen zu halten. Dies kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn das (teilweise) Unterliegen des Klägers im Tenor durch die Tenorierung der Klageabweisung „im Übrigen“ eindeutig zum Ausdruck gekommen ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Januar 1995 - 8 C 8.93 -, Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 70, und vom 3. Juni 2010 - 9 C 4.09 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 2 Nr. 2)

65

b) Die Ausschreibung ist materiell rechtswidrig. Sie überschreitet den Beurteilungsspielraum der Antragsgegnerin, weil sie ohne eine vorherige nachvollziehbare Auseinandersetzung mit den Vorschlägen der Beigeladenen zu 1) erfolgte.

66

aa) Allerdings ist die gemäß § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV vor der Erteilung einer Zulassung vorgesehene Erörterung als solche durchgeführt worden. Nach dieser Vorgabe schreibt die Landesmedienanstalt das Fensterprogramm zur Erteilung einer Zulassung erst nach einer Erörterung mit dem Hauptprogrammveranstalter aus. Ziffer 5.1 Abs. 3 DSZR zufolge ist bei dieser Erörterung insbesondere festzulegen, ob das Fensterprogramm insgesamt oder getrennt für mehrere einzelne Sendeplätze ausgeschrieben wird und zu welchen Sendezeiten es voraussichtlich stattfinden soll. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass das mit der Sendezeit für unabhängige Dritte verfolgte Regelungsziel bereits im Rahmen der Ausschreibung erreicht werden kann, ohne dabei die berechtigten Interessen des Hauptprogrammveranstalters zu vernachlässigen. Die der Ausschreibung des Fensterprogramms durch die Landesmedienanstalt vorausgehende Erörterung mit dem Hauptprogrammveranstalter soll nach dem Willen des Gesetzgebers dem Interessenausgleich dienen zwischen einem möglichen Bestreben des Hauptprogrammveranstalters, sein Programmschema und seine „Programmfarbe“ möglichst weitgehend zu erhalten, und dem normleitenden Interesse, die programmliche Vielfalt zu steigern und auch Inhalte, die eher kleinen Gruppen von Zuschauern entgegenkommen, angemessen berücksichtigt zu sehen (vgl. OVG Nds, Beschluss vom 19. März 2010 - 10 ME 439/08 -, ZUM-RD 2010, 513).

67

Vorliegend fand – als solches unstreitig – ein erstes Gespräch zwischen dem damaligen Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) und dem damaligen Direktor der Antragsgegnerin am 10. Mai 2011 statt. Der Gesprächsinhalt wird allerdings unterschiedlich wiedergegeben. Nach Angaben der Antragsgegnerin wurde die Platzierung der Drittsendezeiten einvernehmlich besprochen. Nach Angaben der Beigeladenen zu 1) handelte es sich dagegen nur um ein informelles Gespräch, in dem der damalige Direktor der Antragsgegnerin darauf hingewiesen habe, es werde eine größere Vielfalt bei den Fenstern angestrebt und deshalb über eine Ausweitung der Anbieter nachgedacht; die Erarbeitung einer offiziellen, ggf. abweichenden Position bleibe vorbehalten. Ein weiteres Gespräch fand am 10. Juni 2011 statt. Der Vorschlag der Beigeladenen zu 1), drei Sendezeitschienen am Montagabend auszuschreiben, wurde von der Antragsgegnerin als abweichend vom Gespräch am 10. Mai 2011 und deshalb überraschend empfunden. Im Schreiben vom 14. Juni 2011 hat die Beigeladene zu 1) ihren Standpunkt noch einmal zusammengefasst dargestellt.

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bb) Dissens besteht zwischen den Beteiligten auch hinsichtlich der Anforderungen des § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV. Nach Auffassung der Beigeladenen zu 1) geht es – ihrer Meinung nach aus verfassungsrechtlichen Gründen – um eine einvernehmliche Abstimmung der Ausschreibungsmodalitäten, insbesondere der einzelnen Sendeplätze und -zeiten. Nach der Lesart der Antragsgegnerin ist dagegen lediglich eine dialogische Auseinandersetzung mit den Sachargumenten des Hauptveranstalters erforderlich. Welcher dieser Auffassungen zu folgen ist, braucht jedoch nicht entschieden zu werden. Denn beide Anforderungen erfüllen die zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Antragsgegnerin geführten Erörterungen nicht.

69

Der Rundfunkstaatsvertrag begründet außer in § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV auch in § 26 Abs. 4 Sätze 2 bis 5 Erörterungspflichten. Diese unterscheiden sich jedoch insofern von derjenigen in § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV, als sie nicht nur zu einer Erörterung, sondern ausdrücklich zu einer Erörterung mit dem Ziel verpflichten, „eine einvernehmliche Regelung herbeizuführen“ (§ 26 Abs. 4 Satz 2 RStV) oder „eine einvernehmliche Auswahl zu treffen“ (§ 31 Abs. 4 Sätze 3 und 5 RStV). Die Erörterung in § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV muss daher nach dem Rundfunkstaatsvertrag auf die Herstellung eines Einvernehmens zielen.

70

Sinn und Zweck dieser Erörterung ist Einvernehmen mit dem Hauptprogrammveranstalter, vor allem über die Sendeplätze und die Sendezeiten, herzustellen. Die Erörterung ist danach mehr als eine Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs nach § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG -. Die zuständige Landesmedienanstalt muss sich mit den Sachargumenten des Veranstalters mit dem Ziel einer Einigung dialogisch auseinandersetzen. Hat eine Erörterung in diesem Sinne nicht stattgefunden, ist die Ausschreibung rechtsfehlerhaft (vgl. Hartstein, Kommentar zum Rundfunkstaatsvertrag, Stand Mai 2007, § 31 Rn. 12; Müller-Terpitz, in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, 2014, § 31 RStV Rn. 35).

71

Darüber geht zwar die Drittsendezeitrichtlinie zumindest ihrem Wortlaut nach möglicherweise hinaus, der zufolge bei (nicht: „nach“) der Erörterung auch festzulegen ist, ob das Fensterprogramm insgesamt oder getrennt für mehrere einzelne Sendeplätze ausgeschrieben werden und zu welchen Sendezeiten es voraussichtlich stattfinden soll. Da die Drittsendezeitrichtlinie jedoch gemäß § 33 RStV lediglich der näheren Ausgestaltung des § 31 RStV dient, ist sie in dessen Lichte auszulegen. Sie beinhaltet deshalb keine Verpflichtung zur einvernehmlichen Ausgestaltung der Rahmenbedingungen der Drittsendezeiten; andernfalls hätte die Formulierung, diese seien zu „vereinbaren“ statt „festzulegen“, oder die Aufnahme des Begriffs des Einvernehmens nahegelegen. Das Gebot einer Erörterung geht indessen insoweit über eine bloße Anhörung im Sinne des § 28 VwVfG hinaus, als die Medienanstalt nicht lediglich verpflichtet ist, die Vorstellungen des Hauptprogrammveranstalters zur Kenntnis zu nehmen und erst im Zuge der Ausschreibung zu bescheiden. Vielmehr bedarf es einer dialogischen Auseinandersetzung dergestalt, dass sich die Medienanstalt mit den Vorschlägen des Hauptprogrammveranstalters auseinandersetzen und – sofern sie ihnen nicht folgt – hierzu unmittelbar Stellung nehmen muss, um ihm Gelegenheit zu geben, weitere Argumente oder ggfs. einen Kompromissvorschlag zu unterbreiten (zu dem die Medienanstalt dann wiederum Stellung nehmen muss). Eine einseitige Durchsetzung der Vorstellungen der Medienanstalt verträgt sich damit nicht.

72

Eine verbindliche Form hierfür schreibt § 31 RStV allerdings nicht vor. Die Erörterung muss daher nicht schriftlich, sondern kann auch in einem Gespräch erfolgen. Dies ist vorliegend am 10. Mai und 10. Juni 2011 geschehen. Das Schreiben der Beigeladenen zu 1) vom 14. Juni 2011 fasste lediglich deren bisherigen Ausführungen zusammen. Einer neuerlichen Erwiderung seitens der Antragsgegnerin bedurfte es folglich nicht. Die Erörterung musste auch nicht unmittelbar durch die Versammlung erfolgen. Denn sie dient der Vorbereitung von deren Entscheidung über die Ausschreibung und fällt daher gemäß § 44 Abs. 3 Nr. 8 LMG in die Zuständigkeit des Direktors.

73

Auch wenn mit dieser Verfahrensweise formal dem Gebot der Erörterung Genüge getan wurde, ist die Festlegung der Sendezeitschienen materiell rechtswidrig. Denn sie widerspricht den einschlägigen Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages.

74

Gemäß § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV schreibt die zuständige Landesmedienanstalt nach Erörterung mit dem Hauptprogrammveranstalter das Fensterprogramm zur Erteilung einer Zulassung aus. Unmittelbare Vorgaben zum Inhalt der Ausschreibung enthält der Rundfunkstaatsvertrag nicht. Wenn § 26 Abs. 5 Satz 1 RStV bestimmt, dass der Hauptprogrammveranstalter „binnen sechs Monaten nach Feststellung und Mitteilung (des Überschreitens des Zuschaueranteils von 10 bzw. 20 v.H.) durch die zuständige Landesmedienanstalt Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe von § 31 einzuräumen“ hat und § 31 Abs. 4 RStV den Hauptprogrammveranstalter sowie den ausgewählten Bewerber verpflichtet, eine Vereinbarung über die Ausstrahlung des Fensterprogramms zu schließen, wäre es also denkbar, dass eine Ausschreibung weder Vorgaben zum Lizenzierungszeitraum noch zur zeitlichen Lage des Fensterprogramms enthalten muss, sondern dies der Vereinbarung der Beteiligten überlassen bleibt. Insoweit wäre der Hauptprogrammveranstalter lediglich verpflichtet, für die Einhaltung der wöchentlichen Mindestdauer nach § 31 Abs. 2 RStV sowie dafür Sorge zu tragen, dass die dort vorgegebenen Mindestzeiten innerhalb der Sendezeit von 19:00 bis 23:30 Uhr liegen.

75

Eine solche Überlassung an die Beteiligten begründete jedoch die Gefahr einer Überfrachtung der Vereinbarungsverhandlungen und trüge zudem dem typischerweise bestehenden Machtgefälle zwischen Hauptprogrammveranstalter und Drittsendezeitenanbieter keine Rechnung. Vielmehr muss bereits die Ausschreibung dem mit der Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte verfolgten Regelungsziel – unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Hauptprogrammveranstalters – Rechnung tragen (vgl. Flechsig, in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 31 RStV Rn. 16). Bereits in der Ausschreibung sind daher nicht nur der Lizenzierungszeitraum, sondern sind auch die Sendeplätze und -zeiten festzulegen. Dementsprechend verpflichtet Ziff. 5.1 Abs. 3 DSZR die Landesmedienanstalt, mit dem Hauptprogrammveranstalter zu erörtern, ob das Fensterprogramm insgesamt oder getrennt für mehrere einzelne Sendeplätze ausgeschrieben werden und zu welchen Sendezeiten es voraussichtlich stattfinden soll.

76

(1) Hinsichtlich der zeitlichen Platzierung sowie der Aufteilung der Drittsendeplätze im Programm des Hauptprogrammveranstalters kommt der Landesmedienanstalt ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Denn die hierfür zu berücksichtigenden Gesichtspunkte der Stärkung der Vielfalt einerseits und der berechtigten Belange des Hauptprogrammveranstalters andererseits sowie deren auch einzelfallbedingte Gewichtung entziehen sich einer hinreichend bestimmten gesetzgeberischen Vorgabe. Der Festlegung der Sendezeitschienen haften in hohem Maße wertende Elemente an. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass mit der Versammlung der LMK ein Kollegialorgan entscheidet, das pluralistisch mit Vertretern unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen besetzt ist. Damit unterliegt die Bewertung darüber, welche dem Hauptprogrammveranstalter zumutbare Ausgestaltung einen zusätzlichen Vielfaltsbeitrag gewährleistet, einer Betrachtung aus unterschiedlichen Perspektiven. Mögliche Auffassungsunterschiede können somit bereits innerhalb der Versammlung zum Ausgleich gebracht und die zu treffende Entscheidung damit zugleich versachlicht werden.

77

Diese wertenden Entscheidungen sind von den Verwaltungsgerichten nur in eingeschränktem Umfang nachprüfbar. Denn die hierfür zu berücksichtigenden Gesichtspunkte der Stärkung der Vielfalt einerseits und der berechtigten Belange des Hauptprogrammveranstalters andererseits sowie deren auch einzelfallbedingte Gewichtung entziehen sich einer hinreichend bestimmten gesetzgeberischen Vorgabe. Der Festlegung der Sendezeitschienen haften in hohem Maße wertende Elemente an. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass mit der Versammlung der LMK ein Kollegialorgan entscheidet, das pluralistisch mit Vertretern verschiedenster gesellschaftlicher Gruppen besetzt ist. Damit unterliegt die Bewertung, welche dem Hauptprogrammveranstalter zumutbare Ausgestaltung einen zusätzlichen Vielfaltsbeitrag gewährleistet, einer Betrachtung aus unterschiedlichsten Perspektiven. Mögliche Auffassungsunterschiede können somit bereits innerhalb der Versammlung zum Ausgleich gebracht und die zu treffende Entscheidung damit zugleich versachlicht werden.

78

Zwar haben grundsätzlich die Gerichte die Rechtsanwendung der Verwaltungsbehörden uneingeschränkt zu überprüfen. Doch kann ein gesetzlich vorgegebenes Entscheidungsprogramm wegen der hohen Komplexität der geregelten Materie so vage und seine Konkretisierung im Nachvollzug der Verwaltungsentscheidung so schwierig sein, dass die gerichtliche Kontrolle an ihre Funktionsgrenzen stößt. Die Pflicht zur gerichtlichen Überprüfung reicht dann nicht weiter als die materiell-rechtliche Bindung der Exekutive. Sie endet dort, wo das materielle Recht der Verwaltungsbehörde in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise Entscheidungen abverlangt, ohne dafür hinreichend bestimmte Entscheidungsprogramme vorzugeben. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverwaltungsgericht dem Gesetz unter anderem dann eine Beurteilungsermächtigung für die Exekutive entnommen, wenn der von ihr zu treffenden Entscheidung in hohem Maße wertende Elemente anhaften und das Gesetz für sie deshalb ein besonderes Verwaltungsorgan für zuständig erklärt, das mit besonderer fachlicher Legitimation in einem besonderen Verfahren entscheidet. Dies vor allem, wenn es sich um ein Kollegialorgan handelt, das mögliche Auffassungsunterschiede bereits in sich zum Ausgleich bringt und die zu treffende Entscheidung damit zugleich versachlicht (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 6 C 16.09 -, BVerwGE 138, 186 [199]). Das ist hier der Fall. Die Beurteilung einer vorherrschenden Meinungsmacht nach § 26 RStV hängt bei geringer gesetzlicher Determiniertheit von einer komplexen Bewertung ab, die die besonders sachverständigen (§ 35 Abs. 3 RStV) und an Weisungen nicht gebundenen (§ 35 Abs. 6 Satz 1 RStV) Mitglieder der KEK in einem dafür eigens vorgesehenen Verfahren durch Mehrheitsbeschluss (§ 37 Abs. 1 RStV) vorzunehmen haben.

79

Kommt danach der Landesmedienanstalt bereits hinsichtlich der Festlegung der Drittsendezeitschienen ein entsprechender Beurteilungsspielraum zu, so unterliegt sie allerdings der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle, ob sie dessen Grenzen gewahrt oder überschritten hat. Neben der Einhaltung der gültigen Verfahrensbestimmungen erstreckt sich die Prüfung auch darauf, ob die Medienanstalt von einem richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen ist, den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemein gültige Wertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot nicht verletzt hat. Letzteres schließt die Prüfung ein, ob die Landesmedienanstalt die gesetzlichen Beurteilungsmaßstäbe falsch angewendet oder sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen. Diese Überprüfung führt vorliegend zu dem Ergebnis, dass bei der Vergabe der Drittsendezeiten an die Beigeladenen zu 2) und 3) zumindest sachfremde Erwägungen festzustellen sind.

80

(2) Vorliegend sind die Beurteilungsmaßstäbe bereits deshalb falsch angewendet worden, weil die Antragsgegnerin eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit den Vorschlägen der Beigeladenen zu 1) hat vermissen lassen.

81

Zum richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs gehört, dass der Gesetzgeber den Hauptprogrammveranstalter mit dem Erörterungsgebot in besonderem Maße in die Festlegung der Ausschreibungsbedingungen einbezogen hat. Das Erfordernis einer (wechselseitigen) dialogischen Auseinandersetzung erschöpft sich daher nicht in der Begründung formeller Entscheidungsvoraussetzungen, sondern wirkt sich auch auf die materielle Rechtmäßigkeit dergestalt aus, dass die Medienanstalt ihre Vorstellungen nicht einseitig durchsetzen, sondern sich in nachvollziehbarer Weise mit den Anliegen des Hauptprogrammveranstalters auseinandersetzen und diese soweit berücksichtigen muss, wie dies im Hinblick auf die Vielfaltssteigerung vertretbar ist. Das Ziel dieser Stufe ist nicht die größtmögliche Aufmerksamkeits- und damit Vielfaltsgewährleistung, sondern ein Ausgleich der widerstreitenden Belange dergestalt, dass beide so weit wie möglich zur Geltung kommen. Dies folgt bereits daraus, dass die Medienanstalt andernfalls einen Teil der Drittsendezeiten z.B. auf Samstagabend zwischen 20:15 und 22:15 legen könnte.

82

Im Gespräch vom 10. Juni 2011 schlug die Beigeladene zu 1) zunächst eine Ausschreibung von drei Sendezeitschienen jeweils am Montagabend (22:15 - 23:30, 23:30 - 00:15 und 00:15 - 01:15 Uhr) vor. Laut Protokoll (Bl. 78 f. d. A.) wurden die Argumente für eine Konzentrierung der Drittsendezeiten ausgetauscht. Während die Antragsgegnerin darauf hinwies, es entstehe der Eindruck einer „Entsorgung in einem Stück“, machte die Beigeladene zu 1) eine bessere Auffindbarkeit, das höhere Reichweitenpotential sowie die Konzentration der Drittsendezeiten bei RTL am Mittwochabend geltend. Die Antragsgegnerin empfand den Vorschlag der Beigeladenen zu 1) als überraschend. Das Problem der kurzfristigen Änderung nach der Sitzung des Rechts- und Zulassungsausschusses und kurz vor der Sitzung der Versammlung wurde erörtert; der Direktor der Antragsgegnerin kündigte an, es werde intern geprüft, wie verfahren werden solle. Mit Schreiben vom 14. Juni 2011 (Bl. 131 ff. d.A.) erläuterte die Beigeladene zu 1) ergänzend ihren Vorschlag einer Konzentration der Drittsendezeiten am Montagabend zwischen 22:15 und 01:15 Uhr in vier, alternativ drei Sendezeitschienen: Stärkung des „Informationsabends“; stärkster Primetime-Abend der Woche; erfolgreiche Verschiebung der bisherigen zweiten Drittsendezeitschiene („Planetopia“) von Sonntag- auf Montagabend 22:15 Uhr führte bei stabilen Marktanteilen zu höheren Zuschauerzahlen; auch bei einem Vergleich der aktuellen Sendeplätze für „Weckup“ (So. 08:00 - 9:00 Uhr) und „News & Stories“ (Mo. 00:25 - 01:15 Uhr) mit den Sendeplätzen am Montagabend ergebe sich eine höhere Zuschauerzahl; bessere Sendeplätze ermöglichten schließlich auch eine bessere Rekapitalisierung.

83

In der Versammlung wies der Direktor der LMK ausweislich des Protokolls (Bl. 159 d.A.) darauf hin, das (weitere) Erörterungsgespräch mit Sat.1 habe am 10. Juni 2011 stattgefunden, zudem seien drei redaktionelle Änderungen im Text der Beschlussvorlage und der Ausschreibung nötig. Die Versammlung fasste sodann „nach kurzer Diskussion“ einstimmig den Beschluss, die Sendezeiten wie vom Direktor der LMK vorgeschlagen auszuschreiben. Die Beschlussvorlage vom 07. Juni 2011 (Bl. 156 ff. d.A.) enthielt bzgl. der Festlegung der Drittsendezeiten lediglich den Hinweis, die Beteiligten hätten sich für die in der Ausschreibung aufgeführten Sendezeitschienen ausgesprochen; ein weiteres Erörterungsgespräch sei vorgesehen.

84

Eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit den von der Beigeladenen zu 1) geltend gemachten Gesichtspunkten ist hieraus nicht ersichtlich. Die Bedenken werden bestärkt durch die Stellungnahme der LMK vom 27. März 2012 im Eilverfahren vor dem VG Neustadt (5 L 147/12.NW). Hier heißt es:

85

„Der maßgebliche Grund, warum die LMK auch bei diesem Verfahren der Vergabe von Drittsendezeit zwei Sendezeitschienen mit jeweils zwei Sendezeiten ausgeschrieben hat, ist sicher die Tradition. Die Praxis in den vergangenen Laufzeiten hat gezeigt, dass sich dieses Konstrukt bewährt“ (Bl. 389 der Gerichtsakten in dem Verfahren 5 L 147/12.NW, Hervorhebung nur hier).

86

In der Erwiderung der LMK zur anschließend erhobenen Klage vom 19. Juli 2012 (Bl. 161 der Gerichtsakten in dem Verfahren 5 K 417/12.NW) wurde auf die Rüge in der Klageschrift, die Versammlung habe sich mit den Argumenten der Beigeladenen zu 1) nicht hinreichend auseinandergesetzt, lediglich erwidert, der Direktor der LMK habe über das Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 berichtet, der Bericht sei in der Versammlung erörtert worden und es habe eine kurze Diskussion gegeben; in der Versammlung sowie im Rechts- und Zulassungsausschuss habe eine ergebnisoffene Auseinandersetzung mit den Sachargumenten der Beigeladenen zu 1) über die Frage der Sendezeitschienen stattgefunden. Im Schriftsatz vom 22. August 2012 (Bl. 255 der Gerichtsakten in dem Verfahren 5 K 417/12.NW) ist ausgeführt, beim Bericht über den aktuellen Erörterungsstand mit der Beigeladenen zu 1) am Anfang der Versammlung hätten deren geänderten Vorstellungen über die Sendezeiten im Vordergrund gestanden. Es entspräche einer über drei Lizenzperioden gewachsenen Überzeugung der Versammlung der LMK, dass eine Zweiteilung der Drittsendezeit zu einer Optimierung der Anbietervielfalt führe. Auch die Niedersächsische Landesmedienanstalt habe (für RTL) nunmehr zwei Sendezeitschienen mit je drei Sendezeiten ausgeschrieben. Im weiteren Schriftsatz vom 30. August 2012 sowie im Berufungsverfahren 2 A 11197/12.OVG hat sich die LMK nicht weiter zu der Frage der Berücksichtigung der Einwände der Beigeladenen zu 1) geäußert.

87

Damit ist bis heute eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit den Vorschlägen der Beigeladenen zu 1) – zumal vor der Ausschreibung am 4. Juli 2011 – nicht erkennbar. Hätte diese mündlich in der Versammlung am 20. Juni 2011 stattgefunden (woran bereits der Hinweis auf eine nur kurze Diskussion zweifeln lässt), hätte deren Wiedergabe längst möglich sein können. Auch wenn das Protokoll der LMK-Versammlungen nur ein Ergebnisprotokoll ist, ist es im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten, jedenfalls dann, wenn eine Auseinandersetzung mit den Vorstellungen des Hauptprogrammveranstalters nicht schon in der von der LMK-Verwaltung erstellten Beschlussvorlage enthalten ist, die inhaltliche Auseinandersetzung zumindest in ihren Grundzügen im Protokoll wiederzugeben. Auch das Gespräch am 10. Juni 2011 lässt eine solche Auseinandersetzung nicht in der gebotenen Tiefe erkennen. Dieses dauerte nur etwas mehr als eine Stunde. In ihm wurden außerdem zunächst vier „Werbeprobleme“ sowie ein Kostenbescheid besprochen, ehe es um die Erörterung der Drittsendezeiten ging. Die Vorschläge der Beigeladenen zu 1) empfand die LMK nach eigenem Bekunden als überraschend; das Protokoll enthält insofern nur den Hinweis, es könne der Eindruck einer „Entsorgung in einem Stück“ entstehen. Der Direktor der LMK kündigte eine interne Prüfung an, wie weiter zu verfahren sei. Schließlich verfängt auch nicht der Hinweis, im Rechts- und Zulassungsausschuss habe eine ergebnisoffene Auseinandersetzung mit den Sachargumenten der Beigeladenen zu 1) über die Frage der Sendezeitschienen stattgefunden. Der Rechts- und Zulassungsausschuss tagte schon am 6. Juni 2011 und damit vor dem Gespräch am 10. Juni 2011, in dem die Beigeladene zu 1) ihre Vorstellungen (erstmals) vortrug.

88

(3) Die Ausgestaltung der Drittsendezeiten orientiert sich darüber hinaus an Absprachen mit der Beigeladenen zu 2) und beruht damit auf sachfremden Erwägungen. Dieser Befund stützt sich auf mehrere, zusammenhängende und aufeinander aufbauende Umstände:

89

Zunächst sprachen sich die Geschäftsführer von TV IIIa und der Beigeladenen zu 2) in dem Gespräch mit dem stellvertretenden Direktor der LMK, dem Abteilungsleiter I der LMK (Grundsatz- und Europaangelegenheiten, Lizenzen, Recht, Programmaufsicht) und der für Rechtsangelegenheiten, Lizenzen und Konzentration zuständigen Mitarbeiterin schon am 23. Februar 2011 für eine rasche Durchführung des Ausschreibungsverfahrens aus; nur eine Woche später, am 1. März 2011, wurde das Verfahren auch tatsächlich eingeleitet.

90

Des Weiteren erörterten die Vertreter der LMK auf die seinerzeit aufgeworfene Frage, ob und ggf. wie das Verfahren beschleunigt werden kann, die Möglichkeit, schon im Vorfeld der KEK- und ZAK-Entscheidung im Rechts- und Zulassungsausschuss am 28. März 2011 und in der Versammlung am 11. April 2011 einen „Vorratsbeschluss“ zu fassen, sodass unmittelbar nach der ZAK- und der KEK-Entscheidung ausgeschrieben werden könne. Derartige „Vorratsbeschlüsse“ wurden sodann am 6. Juni (Rechts- und Zulassungsausschuss) und 20. Juni 2011 (Versammlung) auch tatsächlich gefasst.

91

Darüber hinaus äußerten die Geschäftsführer von TV IIIa und der Beigeladenen zu 2) Bedenken wegen des maßgeblichen Zeitraums (die letzten 12 Monate statt des letzten Kalenderjahres; schlechte Zuschauerzahlen im Januar und Februar) und der Zurechnung der Beigeladenen zu 1) (nur noch bis Juni 2010 [Verkauf von ProSiebenSat.1 Media AG an die N24 Media GmbH]). Diesen Bedenken wurde durch weit reichende Verfahrensbeschleunigungen offensichtlich Rechnung getragen.

92

Weiterhin berichteten die Geschäftsführer von TV IIIa und der Beigeladenen zu 2), es bestehe weiterhin ein erhebliches Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Antragstellerin. Sodann erfolgte die Ablehnung der Bewerbung der Antragstellerin mit der Begründung, auch unter Einbeziehung der geplanten Inhalte sei die Antragstellerin aufgrund der wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Beigeladenen zu 1) strukturell allen Bewerbern unterlegen.

93

Außerdem machten die Geschäftsführer von TV IIIa und der Beigeladenen zu 2) mehrfach deutlich, nur die Ausschreibung von jeweils zwei gekoppelten Sendezeitschienen führe bei den notwendigen Vertragsverhandlungen zu einer zufriedenstellenden Verhandlungsposition der schwächeren Fensterveranstalter. Dies könne zudem sicherstellen, dass auch in Zukunft die finanziell aufwendige Studioproduktion „Weckup“ produziert werden könne; andernfalls müssten die Mitarbeiter möglicherweise entlassen werden. Sodann erkundigte sich der Abteilungsleiter der LMK, ob eine gekoppelte Ausschreibung zu alternativen Sendezeiten im Sinne der Geschäftsführer von TV IIIa und der Beigeladenen zu 2) sei.

94

Auch fand sich ein Konsens für die Lösung einer gekoppelten Ausschreibung, deren Sendezeiten in einem bestimmten Zeitkorridor liegen. Diese Kopplung erfolgte – wie von der Beigeladenen zu 2) gewünscht – in der ersten Sendezeitschiene sonntags 60 Minuten zwischen 8:00 und 10:00 Uhr sowie – in der zweiten Sendezeitschiene – montags 45 Minuten zwischen 22:15 und 23:00 Uhr. Die zweite Koppelung erfolgte in der dritten Sendezeitschiene montags 45 Minuten zwischen 23:30 und 01:15 Uhr sowie in der vierten Sendezeitschiene zwischen 23:00 und 23:30 Uhr.

95

Schließlich regte der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 2) an, an den Gesprächen mit der Beigeladenen zu 1) sollten zwecks Waffengleichheit neben dem Direktor der LMK auch der stellvertretende Direktor der LMK und Abteilungsleiter Dr. P. teilnehmen. So geschah es an dem Gespräch am 10. Juni 2011, an dem sowohl der Direktor der LMK als auch Abteilungsleiter Dr. P. teilnahmen.

96

Ein Abgleich des Gesprächsinhalts mit dem Verfahren und dem Inhalt der Ausschreibung zeigt eine hohe Übereinstimmung und verstärkt den Eindruck, dass sich zumindest die Verwaltung der LMK von den Interessen der Beigeladenen zu 2) – und damit, da Wünsche oder Interessen potentieller Bewerber nach dem RStV bei der Festlegung der Drittsendezeiten unbeachtlich sind, von sachfremden Erwägungen – hat leiten lassen.

97

Diese nach Aktenlage offensichtliche Beeinflussung kann nicht schon deshalb dahingestellt bleiben, weil die Ausschreibung und damit auch die Festlegung der Drittsendezeiten nicht von der LMK-Verwaltung, sondern verbindlich erst von der LMK-Versammlung beschlossen wurden (so aber das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße im Urteil vom 5. September 2012 - 5 K 417/12.NW -). Die Beschlüsse der Versammlung werden gemäß § 44 Abs. 3 Nr. 8 des Landesmediengesetzes Rheinland-Pfalz - LMG - vom Direktor der LMK vorbereitet. Ihm obliegt damit nicht bloß die Herbeiführung der notwendigen Entscheidungen anderer Gremien wie etwa der KEK, sondern insbesondere auch die Erörterung der Sendezeiten mit dem Hauptveranstalter. Folglich kommt der Verwaltung eine wesentliche, die Entscheidung der Versammlung vorprägende Funktion zu. Sachfremde Erwägungen seitens der Verwaltung wirken sich daher auf die Entscheidung der Versammlung lediglich dann nicht aus, wenn die dem Entscheidungsvorschlag zugrundeliegenden Umstände gegenüber der Versammlung offengelegt werden und die Versammlung auch sonst in die Lage versetzt wird, eine eigene, von den Vorüberlegungen der Verwaltung unabhängige Entscheidung zu treffen, und wenn die Versammlung auf der Grundlage einer eigenen Abwägung und Bewertung der maßgeblichen Umstände eine solche eigenständige Entscheidung trifft. Etwaige Beeinflussungen der LMK-Versammlung durch Interessen der Beigeladenen zu 2) könnten daher nur dann ausgeschlossen sein, wenn die Versammlung über das Treffen mit deren Geschäftsführer sowie über dessen Inhalt informiert worden wäre und zudem eine umfassende Auseinandersetzung mit den Vorstellungen des Hauptprogrammveranstalters sowie mit der Frage, warum diese mit dem Zweck einer Vielfaltssteigerung unvereinbar sein sollen, stattgefunden hätte. Dies ist in der Vorlage für die Sitzung der Versammlung 20. Juni 2011 nicht erfolgt; dass dies während der Versammlung nachgeholt worden wäre, ist jedenfalls dem Protokoll nicht zu entnehmen.

98

In den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße im Urteil vom 5. September 2012 (5 K 417/12.NW) ist hingegen ausgeführt, der stellvertretende Direktor der LMK habe „auch in der mündlichen Verhandlung des Gerichts ausdrücklich versichert, dass die Versammlung zur Sitzung am 20. Juni 2011 in aktualisierter Form unterrichtet worden sei. Es besteht für das Gericht kein Grund zu der Annahme, dass der Versammlung absichtlich Informationen vorenthalten worden sein könnten. Auch Zeitgründe sprechen nicht gegen eine Aktualisierung, denn das Schreiben der Beigeladenen zu 1) vom 14. Juni 2011 über das Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 ging am 15. Juni 2011 und damit noch fünf Tage vor der Versammlungssitzung bei der Antragsgegnerin ein. Die Versammlung hat sich mit der Frage der Sendezeitenschienenbündelung auch befasst und darüber ausdrücklich beschlossen“.

99

Ob sich die Aktualisierung nur auf das nach Übersendung der Beschlussvorlage stattgefundene (zweite) Erörterungsgespräch mit der Beigeladenen zu 1) oder auch auf den Inhalt der abweichenden Vorschläge bezog, ist dem Urteil selbst nicht unmittelbar zu entnehmen; im Protokoll ist die Aussage nicht festgehalten. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass der stellvertretende Direktor der LMK auch über den Inhalt des Gesprächs mit der Beigeladenen zu 1) berichtet hat. Belastbare Hinweise, dass die Versammlung auch über das Vorgespräch mit der Beigeladenen zu 2) informiert worden wäre, bestehen aber auch danach nicht; ebenso wenig folgt hieraus, dass sich die Versammlung auch umfassend und ergebnisoffen mit den Vorstellungen der Beigeladenen zu 1) auseinandergesetzt hat.

100

Auch in der Beschlussvorlage für die Sitzung des Rechts- und Zulassungsausschusses am 6. Juni 2011 findet sich kein Hinweis auf das Treffen mit der Beigeladenen zu 2). Gleiches gilt für die Unterrichtung des Rechts- und Zulassungsausschusses am 28. März 2011 über den Ablauf und den Stand des Verfahrens; das diesbezügliche Ergebnisprotokoll enthält stattdessen vielmehr den Hinweis, die LMK wolle mit der frühzeitigen Vergabe möglichen Umstrukturierungen in der ProSiebenSat.1 Gruppe zuvorkommen.

101

Die Maßgeblichkeit sachfremder Erwägungen für die Festlegung der Drittsendezeiten ist im Übrigen noch offenkundiger, wenn man sich – wie die Beigeladene zu 2) im erstinstanzlichen Vortrag des Verfahrens 5 K 417/12.NW – auf den Standpunkt stellte, für die Ausgestaltung der Ausschreibung und das Führen der Erörterungsgespräche sei allein die Verwaltung, nicht jedoch die Versammlung zuständig, welche nach § 42 Nr. 9 LMG nur über Erteilung, Verkürzung der Geltungsdauer, Einschränkung, Entziehung und Ruhen von Zulassungen zu befinden habe.

102

Scheidet damit nicht allein wegen der abschließenden Entscheidung durch die Versammlung von vornherein aus, dass die Festlegung der Drittsendezeiten auf sachwidrigen Erwägungen beruht, bedarf es darüber hinaus der Feststellung, ob der Ausschreibungsentwurf seinerseits auf sachfremden Erwägungen der LMK-Verwaltung beruhte. Dies positiv festzustellen, ist aufgrund des Beurteilungsspielraums der LMK bei der Festlegung der Drittsendezeiten ausgeschlossen. Es bestehen vorliegend jedoch angesichts der Übereinstimmung der Vorstellungen der Beigeladenen zu 2) mit dem tatsächlichen Ablauf und Inhalt der Ausschreibung gewichtige Anhaltspunkte dafür. Schon der Umstand, dass überhaupt ein solches Treffen mit nur einem potentiellen Interessenten stattfand und dass darüber hinaus mit diesem Ausschreibungsbedingungen abgestimmt wurden, ohne überhaupt zuvor die nach dem RStV bei der Ermittlung der erzielbaren Programmvielfalt als private Belange allein zu berücksichtigenden Interessen oder Vorstellungen des Hauptprogrammverantwortlichen zu ermitteln, ist ein erhebliches Indiz für eine Vorfestlegung der Antragsgegnerin.

103

Der Einwand der Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren 5 K 417/12.NW, Gespräche mit potentiellen Interessenten seien üblich und zulässig; sie dienten dazu, der LMK bereits im Vorfeld einer Ausschreibung die notwendigen Informationen über verschiedene Sichtweisen und Erfahrungen zu vermitteln, stimmt bereits nicht mit dem protokollierten Inhalt des Gesprächs überein; zudem ist auch dann nicht verständlich, warum nur Gespräche mit einem potentiellen Bewerber geführt wurden und warum dies sogar vor einer Erörterung mit dem Hauptprogrammveranstalter erfolgen musste.

104

Diese Indizwirkung hätte allein durch eine ergebnisoffene Auseinandersetzung mit den Belangen des Hauptprogrammveranstalters, insbesondere deren Abwägung mit dem Ziel einer Steigerung der Programmvielfalt, widerlegt werden können. Eine solche Auseinandersetzung ist jedoch nicht – jedenfalls nicht in einer für eine gerichtliche Nachvollziehbarkeit erforderlichen Dokumentation – erkennbar.

105

Denkbar wäre – obschon dies seitens der LMK bislang nicht vorgetragen wurde – eine teilweise Berücksichtigung der Vorstellungen der Beigeladenen zu 1) (Bündelung aller Sendezeitschienen am Montagabend) darin zu sehen, dass die bisherige Verteilung der Sendezeitschienen – zwei am Sonntag (8:00 - 10:00 Uhr „Weckup“ und ab 00:25 Uhr „News & Stories“), zwei am Montag (22:15 - 23:00 Uhr „Planetopia“ sowie 23:00 - 23:30 Uhr „SPIEGEL TV“) – dahingehend geändert wurde, dass nunmehr nur noch eine Sendezeitschiene sonntags (08:00 - 10:00 Uhr) liegt und drei Sendezeitschienen (22:15 - 23:00 Uhr, 23:30 - 23:30 Uhr und 23:00 - 01:15 Uhr) montags liegen, d. h. eine Sendezeitschiene von Sonntag auf Montag verschoben wurde.

106

Auch dies ließe jedoch nicht erkennen, warum nicht alle Sendezeitschienen verschoben werden konnten, ausgerechnet der Sendeplatz von „Weckup“ erhalten wurde (zu einem Zeitpunkt, in dem eigentlich noch ungewiss sein musste, ob die Beigeladene zu 2) wieder zum Zuge kommen würde), vier statt der von der Beigeladenen zu 1) vorgeschlagenen drei Sendezeitschienen ausgeschrieben wurden sowie abweichend von der letzten Ausschreibung (aber in Übereinstimmung mit der im Gespräch mit der Beigeladenen zu 2) erzielten Übereinkunft) eine Koppelung der Sendezeiten erfolgte.

107

Weder der Maßstab, den die Verwaltung und die Versammlung ihrer Entscheidung zugrunde gelegt haben, noch die Gründe, warum sie diesen Maßstab nur bei den von der Verwaltung, nicht aber bei den von der Beigeladenen zu 1) vorgeschlagenen Zeiten erfüllt sah, lassen sich damit auch nur ansatzweise erkennen. Die Frage, ob der ehemalige Direktor der LMK den Vertretern der Beigeladenen zu 1) gegenüber schon frühzeitig geäußert hat, es solle alles beim Alten bleiben (die Antragsgegnerin hat die Äußerung bestritten) kann damit dahingestellt bleiben.

108

Die weiter aufgeworfene Frage, ob jedenfalls bzw. zudem die Koppelung der Sendezeitschienen auf der sachwidrigen Erwägung einer besseren Unternehmensfinanzierung beruhte, kann damit dahingestellt bleiben. Diesem Vorhalt liegen wiederum die Ausführungen der LMK im Schriftsatz vom 27. März 2012 im Verfahren 5 L 147/12.NW zugrunde (s.o.):

109

„Der maßgebliche Grund, warum die LMK auch bei diesem Verfahren der Vergabe von Drittsendezeit zwei Sendezeitschienen mit jeweils zwei Sendezeiten ausgeschrieben hat, ist sicher die Tradition. Die Praxis in den vergangenen Laufzeiten hat gezeigt, dass sich dieses Konstrukt bewährt. Es liefert zum einen eine gesicherte wirtschaftliche Basis dafür, dass sich auch kleinere Unternehmen bewerben können. Gesicherte Einnahmen aus zwei Formaten sind für derartige Bewerber sinnvoll, um ihnen eine solide Grundlage zu ermöglichen. Die Produktion einer einzigen Sendung würde dies nicht leisten können. Andererseits wird aber auch durch dieses Splitting zwei unterschiedlichen Unternehmen die Möglichkeit zur Realisierung von Drittsendezeiten gegeben. Damit ist ein Ausgleich zwischen den Extremen angestrebt: Grundsätzlich wären zwar vier – oder ggf. mehr – unterschiedliche Veranstalter denkbar. Andererseits könnte man auch die gesamte Drittsendezeit an ein Unternehmen vergeben. Letzteres wäre nur denkbar, wenn es in allen separat ausgeschriebenen Sendezeiten sich als das Beste herausstellen würde oder als einziger Bewerber angetreten wäre. Die von der LMK getroffene Entscheidung stellt insoweit einen Mittelweg zwischen möglichst großer Vielfalt und möglichst großer wirtschaftlicher Absicherung kleiner unabhängiger Unternehmen dar.“ (Hervorhebung nur hier)

110

Die Beigeladene zu 1) leitet daraus her, die Antragsgegnerin habe sich bei der Ausschreibung nicht am Ziel der Vielfaltsgewährleistung bzw. -steigerung, sondern vielmehr – in rechtlich nicht haltbarer Weise – an dem der Unternehmensfinanzierung orientiert. Diesem Vorwurf wird man sich bei der in dem Schreiben eindeutig zum Ausdruck kommenden Zielrichtung schwerlich verschließen können.

111

c) Selbst wenn im Einzelnen die Ausschreibung und/oder der sich daran anschließende Verfahrensgang nicht (oder nicht nachweisbar) rechtswidrig sein sollten, so ergibt sich deren Rechtswidrigkeit jedenfalls aufgrund einer Gesamtschau:

112

aa) Der Eingriff in Art. 5 GG zum Nachteil des Hauptprogrammveranstalters ist nur verhältnismäßig, wenn und soweit sich die Medienanstalt allein an dem – gleichfalls aus Art. 5 GG folgenden – Gebot der Gewährleistung der Meinungsvielfalt orientiert. Unabdingbare Voraussetzung hierfür ist die Neutralität der Medienanstalt nicht nur bzgl. des (Wettbewerbs-)Verhältnisses der Bewerber untereinander, sondern auch bzgl. des Verhältnisses zwischen Hauptprogrammveranstalter und Bewerbern. Die Medienanstalt darf sich mit anderen Worten nicht zum Sachwalter der Interessen eines Beteiligten machen.

113

Über das Verbot einer tatsächlichen Voreingenommenheit zugunsten eines Beteiligten hinaus darf darüber hinaus aus objektiver Sicht auch kein dahingehender Anschein bestehen. Ein bestehender Beurteilungsspielraum bzw. eine entsprechende Einschätzungsprärogative erfordert eine umso genauere Einhaltung des Verfahrens (Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 124 LV): Je offener das Entscheidungsprogramm, je geringer die vom Normtext selbst ausgehende Bindung und je eingeschränkter die richterlichen Kontrollmöglichkeiten, desto größer ist nicht nur die Bedeutung des Verfahrens, sondern auch der Legitimations- und damit Begründungsbedarf des Verfahrensergebnisses. Die Lehre vom „Beurteilungsspielraum“ ist keine Lehre von der Begründungsfreiheit. Je größer die Ermessens- und Beurteilungsspielräume des materiellen Rechtsprogramms sind, umso förmlicher muss die Verwaltung sein. Bei Ermessensentscheidungen und erst recht bei Entscheidungen mit Beurteilungsspielraum ist die rechtzeitige und vollständige Begründung eine elementare Voraussetzung der rechtmäßigen Entscheidung (vgl. Hufen/Siegel, Fehler im Verwaltungsverfahren, 5. Aufl. 2013, Rn. 68 ff., 98, 472, 477, 488 und 497).

114

bb) Legt man diesen strengen Maßstab an die verfahrensmäßige Ausgestaltung des Vergabeverfahrens an, so muss man feststellen, dass dieses seitens der Antragsgegnerin von Anfang an durch einen nicht angemessenen Zeitdruck geprägt war. So wurde schon zu einem Zeitpunkt das Verfahren eingeleitet, in dem der Ablauf der bis zum 31. Mai 2013 befristeten Zulassung – mit den Drittsendezeitenvereinbarungen – erst in mehr als zwei Jahren bevorstand. Mit diesem zeitlichen „Vorlauf“ vertragen sich die zum Teil sehr kurzen Fristen, innerhalb derer die Beigeladene zu 1) zum Tätigwerden aufgerufen wurde, nicht. Im Übrigen verblieben der Beigeladenen zu 1) im September 2011 nur wenige Wochen, um die Prüfung und Auswahl der vorliegenden Bewerbungen so weit abzuschließen, dass ein qualifiziertes Gespräch mit der Antragsgegnerin möglich werden konnte. Als es hierbei zu zeitlichen Engpässen kam, hat die Antragsgegnerin bereits in unmittelbarem Anschluss an die Bitte um einen neuen Termin das Scheitern der Verhandlungen festgestellt. Nimmt man bei einer solchen Sachlage die anschließende Auswahlentscheidung hinzu, die – wie oben ausführlich dargelegt – auf die Bedürfnisse der Beigeladenen zu 2) „zugeschnitten“ war, so kann von einer im Lichte der Rundfunkfreiheit und den Vorgaben der Konkordanz der hierbei konkurrierenden Interessen der Beteiligten stehenden Entscheidung nicht mehr die Rede sein.

115

cc) Die Antragsgegnerin hat darüber hinaus der Erörterung der Bewerbungen mit der Beigeladenen zu 1) einen Maßstab zugrunde gelegt, der gegen § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV verstieß.

116

(1) Zunächst ist auch hier nochmals hervorzuheben, dass dem konsensualen Vorgehen bei der Vergabe der Drittsendezeiten nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. OVG RP, Beschluss vom 6. November 2003 - 2 B 11374/03.OVG -, ESOVGRP) im Hinblick auf Art. 5 Abs.1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs.1 Satz 2 LV eine besondere Bedeutung zukommt. Bedeutsam für diese Abwägungsentscheidung ist dabei nicht so sehr das spezifische Auswahlinteresse der Antragsgegnerin, sondern das hinzu tretende, im Ergebnis gleichgerichtete Interesse des Hauptprogrammveranstalters an einer Berücksichtigung des Programmangebotes der Beigeladenen. Letzterem hat das Verwaltungsgericht zu Recht die Bedeutung eines weiteren Gemeinwohlbelanges zuerkannt. Er lässt sich im Wege einer gesetzessystematischen und teleologischen Interpretation der Regelung des § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV unmittelbar entnehmen, die in Bezug auf die Auswahl eines Anbieters für ein Satellitenfensterprogramm ein konsensuales Regulierungsregime begründet. Dieses äußert sich nach § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV zunächst darin, dass die zuständige Landesmedienanstalt die zulassungsfähigen Anträge dem Hauptprogrammveranstalter mitzuteilen hat. Sodann erörtert sie mit diesem die Anträge mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen. Kommt eine solche einvernehmliche Auswahl zustande, vermutet das Gesetz, dass in ihr das rundfunkbehördliche Interesse an der Pluralitätssicherung und das Interesse des Hauptprogrammveranstalters an der Wahrung seiner programmlichen Identität, in die gerade wegen der hohen Akzeptanz des Hauptprogrammes durch Teilwiderruf der hierauf bezogenen Zulassung zugunsten des Fensterprogrammveranstalters eingegriffen wird (§ 31 Abs. 6 Satz 3 RStV), jeweils bestmöglich zur Geltung kommen. Bei diesem gesetzlich angelegten Vorverständnis über die gemeinwohlspezifische Bedeutung des konsensualen Regulierungssystems stellt sich das private Zugangsinteresse des übergangenen Fensterprogrammanbieters grundsätzlich als nachrangig dar. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Zurücknahme der rundfunkaufsichtlichen Regulierungsmacht in § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV als ein verfassungswidriger Verstoß gegen das Gebot der Pluralitätssicherung zu werten wäre oder wenn die an der einvernehmlichen Auswahl anknüpfende „Vermutungswirkung“ im Einzelfall widerlegt wird. Beides ist hier aber nicht der Fall.

117

Die Regelung des § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV ist auch nicht verfassungswidrig. Sie berücksichtigt vielmehr, dass der durch Art. 5 Abs. 3 GG abgesicherte Auftrag der Regulierungsbehörde, die Meinungsvielfalt im privaten Rundfunkwesen vorrangig nach dem Prinzip der Außenpluralität zu sichern, in einen verhältnismäßigen Ausgleich zu dem gleichfalls verfassungsrechtlich abgestützten Bestreben des bundesweit zugelassenen Hauptprogrammveranstalters gebracht werden muss, von Eingriffen in seine Sendezeit tunlichst verschont zu bleiben. Durch die Zulassung eines unabhängigen Dritten werden aber nicht nur die programmlichen Gestaltungsmöglichkeiten des Hauptprogrammveranstalters infolge des Verlustes von Sendezeit eingeschränkt, sondern diese Maßnahme ist zugleich geeignet, den Zufluss von Werbeeinnahmen und damit die finanzielle Grundlage des Unternehmens zu schmälern. Die gesetzliche Regelungsabsicht, dem Hauptprogrammveranstalter für diese Rechtsnachteile eine Kompensation zu gewähren, indem ihm ein Mitentscheidungsrecht bei der Auswahl des Fensterprogrammanbieters eingeräumt wird, trägt ersichtlich Kompromisscharakter, wie er unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in einer grundrechtlich ausgelösten Konfliktsituation angebracht ist (vgl. zum Vorstehenden: OVG RP, Beschluss vom 6. November 2003, a.a.O.) Diesen Vorgaben ist – wie oben dargelegt – nicht entsprochen worden.

118

(2) Darüber hinaus ist die Antragsgegnerin erkennbar mit der Vorstellung in die Erörterung gegangen, nur eine Auswahl der Beigeladenen zu 2) komme in Betracht, da dies der Bewerberin mit der größtmöglichen Vielfalt sei. Dies ist jedoch der Auswahlmaßstab, der gemäß § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV erst dann zur Anwendung gelangt, wennkeine einvernehmliche Auswahl zustande kommt (OVG RP, Beschluss vom 6. November 2003, a.a.O.).

119

4. Da nach alledem sich der Zulassungsbescheid der Antragsgegnerin vom 23. Juli 2013 durchgreifenden rechtlichen Bedenken ausgesetzt sieht, kann dahingestellt bleiben, ob noch weitere Fehler vorhanden sind. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der zwischen den Beteiligten auch im Beschwerderechtszug umstritten gebliebenen Frage, ob der Vielfaltsbeitrag auf der Grundlage der ALM-Studie von der Antragsgegnerin und ihren Gremien zutreffend erfasst, die Auswahl – hierauf fußend – rechtlich einwandfrei getroffen wurde und ob weitere formale und materielle Fehler dem Zulassungsbescheid anhaften.

120

Soweit die Antragstellerin in erster Instanz noch – zu Recht erfolglos – ihre vorläufige Zulassung als Fensterprogrammanbieterin begehrt hat, bedarf es im Beschwerdeverfahren hierüber keiner weiteren Entscheidung, weil das Rechtsmittel ausdrücklich auf die Abänderung des Beschlusses vom 5. März 2014 in dem die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung betreffenden Teil beschränkt worden ist.

121

II. Die Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 2) gegen den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 5. März 2014 sind unbegründet.

122

1. Dies gilt zunächst, soweit die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung ausführt, das Verwaltungsgericht habe sich rechtsfehlerhaft auf die ALM-Studie bezogen, die lediglich 20 v.H. des Gesamtprogrammes der Antragstellerin erfasse und somit nicht als tragfähige Entscheidungsgrundlage dienen könne.

123

Desweiteren rügt die Antragsgegnerin, die Vorinstanz habe zu Unrecht die Chancengleichheit der Bewerber auf der Sitzung der Versammlung vom 5. März 2013 als nicht gegeben erachtet und wendet sich schließlich gegen den angefochtenen Beschluss auch insoweit, als das Verwaltungsgericht die aufgelisteten Auswahlkriterien als problematisch angesehen habe.

124

Auf diese Rügen kommt es vorliegend aber bereits wegen der auf der ersten Stufe vorhandenen Fehler nicht mehr an.

125

2. Im Ergebnis gilt das Gleiche hinsichtlich der Beschwerde der Beigeladenen zu 2), welche die Entscheidung als einen unzulässigen Eingriff in den nicht justiziablen Beurteilungsspielraum der Antragsgegnerin ansieht, die Ermittlung des Defizits im Programm der Beigeladenen zu 1) als zutreffend ermittelt ansieht, die vorherige Bekanntgabe des – inhaltlich zutreffenden – Kriterienkatalogs für nicht erforderlich ansieht und eine fehlerhafte Interessenabwägung seitens des Verwaltungsgerichts gegeben sieht.

126

Auch hier ergibt sich die Unbegründetheit der entsprechenden Rügen aus den vorstehend gemachten Ausführungen.

127

3. Soweit in den jeweiligen Begründungen der Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 2) sowie in ihren Erwiderungen auf die Beschwerdebegründungen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1) die Interessenabwägung der Vorinstanz angesprochen wird, so ist sich der Senat bewusst, dass durch die vollständige Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin eine existenzbedrohende Situation bei der Beigeladenen zu 2) eintreten kann. Dies ist allerdings nicht eine Folge dieses Beschlusses, sondern die Konsequenz der zuvor getroffenen unternehmerischen Entscheidung der Beigeladenen zu 2), die sich als Fernseh-Produktionsfirma in ihrer Geschäftstätigkeit bewusst ausschließlich auf die Zuteilung von Drittsendezeiten bei der Beigeladenen zu 1) verlassen hat. Diese unternehmerische Entscheidung schließt das Risiko einer gerichtlichen Aufhebung der Vergabe von Drittsendezeiten ebenso ein wie die Möglichkeit der Vergabe dieser Sendezeiten an einen Konkurrenten, die ja bei jeder der in der Vergangenheit durchgeführten Ausschreibungen gegeben war. Auch in Bezug auf dieses, schon der Natur der Sache nach bei jeder wirtschaftlichen Betätigung gegebene, Risiko kann sich die Beigeladene zu 2) nicht in rechtlich zulässiger Weise auf einen „Bestandsschutz“ berufen. Denn ein solcher ist in rechtlicher Hinsicht den Ausschreibungen und der Vergabe von Drittsendezeiten (wie auch sonst bei öffentlichen Ausschreibungen) wesensfremd.

128

III. Die Kostenentscheidung beruht in dem den Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1) stattgebenden Teil auf § 154 Abs. 1 VwGO, im Übrigen auf § 154 Abs. 2 VwGO (jeweils in Verbindung mit § 159 VwGO, § 100 Abs. 1 Zivilprozessordnung). In dem die Beschwerde zurückweisenden Teil ist eine Kostentragungspflicht der Beigeladenen zu 3) nicht gegeben, weil diese weder das Rechtsmittel eingelegt noch im Beschwerdeverfahren Anträge gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Soweit mit dieser Entscheidung der Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 5. März 2014 hinsichtlich der Beigeladenen zu 3) abgeändert wird, hat diese als insofern unterliegende Beteiligte ihre außergerichtlichen Kosten aus Gründen der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO) selbst zu tragen.

129

IV. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 3714) in Verbindung mit Ziffer 37.4 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169; vgl. im Hinblick auf das hier allein in Streit stehende Mitbewerberverhältnis auch OVG RP, Beschluss vom 23. Juli 2013 - 2 A 11197/12.OVG -, NVwZ-RR 2013, 862).

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Entscheidungsgründe:

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(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.


Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 wird aufgehoben.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte und die Beigeladenen je zu 1/3. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und die Beigeladenen jeweils selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte und die Beigeladenen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Veranstalterin des privaten Fernsehvollprogramms Sat.1. Sie ist gem. § 26 Abs. 5 des Rundfunkstaatsvertrags vom 31. August 1991 in der seit 1. September 2008 geltenden Fassung – RStV – verpflichtet, in ihrem Programm Sendezeiten für unabhängige Dritte in Form eines sog. Fensterprogramms einzuräumen. Mit ihrer Klage begehrt sie die Aufhebung der Entscheidung der beklagten Landesmedienanstalt vom 17. April 2012, mit der den Beigeladenen zu 1) und 2) die Zulassung als Veranstalter von Fensterprogrammen in ihrem Hauptprogramm erteilt wird, während die Zulassungsanträge anderer Mitbewerber gleichzeitig abgelehnt wurden.

2

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

3

Die Beklagte schrieb im Staatsanzeiger vom 4. Juli 2011 Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm der Klägerin aus, und zwar für vier nach Uhrzeit und Sendedauer festgelegte Zeitfenster für Fernsehprogramme (sog. Sendezeitschienen), wobei die Bewerbungen für jeweils zwei Sendezeitschienen gemeinsam abzugeben waren. Erlaubnisbeginn soll laut Ausschreibung der 1. Juni 2013 sein. Bis zum Ablauf der Ausschreibungsfrist am 15. August 2011 gingen sechs Bewerbungen ein, darunter die der beiden Beigeladenen, die auch in der Vergangenheit einschließlich des derzeit noch laufenden Zulassungszeitraums die Fensterprogramme bei Sat.1 veranstaltet haben. Eine weitere Bewerbung ging erst nach Ablauf der Frist ein und blieb unberücksichtigt. Für die 1. und 2. Sendezeitschiene bewarben sich insgesamt drei Veranstalter von Fernsehprogrammen, darunter auch die Beigeladene zu 1), für die 3. und 4. Sendezeitschiene gab es fünf Bewerber, darunter die Beigeladene zu 2). Dabei bewarben sich zwei Bewerber – die Klägerinnen der gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 404/12.NW bzw. und 5 K 452/12.NW – jeweils auf beide Sendezeitschienen-Kombinationen.

4

Die eingegangenen Bewerbungsunterlagen wurden mit Schreiben vom 23. und 26. August 2011 der Klägerin übersandt und gleichzeitig auch der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK – mit dem Zusatz, vorbehaltlich der Beratung in den Gremien der LMK werde von der Zulassungsfähigkeit aller sechs Bewerber im Hinblick auf die Vorschriften in § 31 Abs. 3, § 28 RStV ausgegangen.

5

In der Folgezeit kam zunächst wegen divergierender Terminsvorschläge kein Termin zur Erörterung zwischen der Klägerin und der Beklagten mit dem Ziel der einvernehmlichen Auswahl der Drittsendezeitanbieter zustande. Mit Schreiben vom 26. September 2011, in dem sie sich auch auf ein Schreiben der Klägerin vom 23. September und die „dort eingebrachten Terminvorschläge“ bezog, führte der stellvertretende Direktor der Beklagten aus, der straffe Zeitplan sei, soweit möglich, auch den Interessen und Bedürfnissen der Klägerin angepasst worden. Eine weitere Verzögerung sei nicht hinnehmbar. Da die Klägerin keinen der von ihm vorgeschlagenen Termine realisiere, stelle er fest, dass ein einvernehmliches Auswahlverfahren in der ersten Runde nicht zustande gekommen sei. Da insgesamt mehr als drei Bewerbungen für die Drittsendezeit vorlägen, habe nunmehr der Hauptprogrammveranstalter das Recht, der Landesmedienanstalt einen Dreiervorschlag zu unterbreiten. Dafür werde eine Frist bis 10. Oktober 2011 gesetzt. Sollte bis dahin kein Dreiervorschlag eingehen, gelte das als Verzicht auf diese Möglichkeit. Es heißt dann weiter: „Unterstellt, dass die LMK diesen Dreiervorschlag um bis zu zwei Positionen zu ergänzen hätte, wird vom Rundfunkstaatsvertrag ein erneuter Versuch der einvernehmlichen Auswahl eröffnet. Hier greife ich gerne Ihren ersten Terminvorschlag auf…“. Die Klägerin rügte mit Schreiben vom 7. Oktober 2011 ausdrücklich den bisherigen Verfahrensablauf, in dem ihr schon zum zweiten Mal eine Erörterung verweigert werde, regte an, doch noch ein Erörterungsgespräch zur einvernehmlichen Auswahl zu führen, und benannte dazu ihre Vorstellungen, machte jedoch angesichts der Fristsetzung auch einen Dreiervorschlag, in dem sie - ohne Differenzierung nach Sendezeitschienen - insgesamt drei Bewerberinnen benannte, darunter jedoch nicht die Beigeladenen zu 1) und 2).

6

Am 10. Oktober 2011 fand eine Sitzung des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten statt, in der u.a. die Empfehlung an die Versammlung beschlossen wurde, fünf der insgesamt sieben eingegangenen Bewerbungen für zulassungsfähig zu erklären.

7

Mit ebenfalls vom 10. Oktober 2011 datierendem Schreiben teilte der stellvertretende Direktor der Beklagten der Klägerin mit, ihrem rechtzeitig eingegangen Dreiervorschlag füge die LMK noch die Beigeladenen zu 2) und 3) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV aus Gründen der Vielfalt hinzu. Damit bestehe eine Auswahlmöglichkeit aus der gesamten Bewerberschar, die eine zulassungsfähige Bewerbung vorgelegt habe.

8

Ein Gespräch zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beklagten am 14. Oktober 2011 führte nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl; insbesondere bestanden unvereinbare Vorstellungen hinsichtlich der 1. und 2. Sendezeitschiene.

9

Aufgrund der Empfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten beschloss deren Versammlung am 17. Oktober 2011, für die 1. und 2. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1) mit ihren Formaten „Weck up“ und „Planetopia“ und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Formate „News und Stories“ bzw. „Spiegel TV Reportage“ und „Focus TV Reportage“ der Beigeladenen zu 2) auszuwählen. Ziffer IV des Beschlusses lautet: „Die Auswahl steht unter dem Vorbehalt der Herstellung des Benehmens mit der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK)“. Ziffer V lautet: „Die ausgewählten Bewerber und die Sat.1 SatellitenFernsehen GmbH sind gehalten, eine Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV abzuschließen“.

10

Die Beklagte unterrichtete die Klägerin und die Beigeladenen mit Schreiben vom 18. Oktober 2011 von dem Beschluss, der außerdem der KEK zur Herstellung des Benehmens übermittelt wurde. Die KEK teilte zunächst mit Schreiben vom 9. November 2011 mit, wegen verschiedener klärungsbedürftiger Fragen sei sie noch nicht zu einer abschließenden Bewertung gekommen. Genannt wurden u.a. die Themenkomplexe „Vorab-Ausschluss der N 24 Media GmbH von der eigentlichen Abwägungsentscheidung“ und die „seit 1998 fortwährende Lizenzierung“ der Beigeladenen zu 1) und 2) als Drittfensterveranstalter bei Sat.1. In ihrer Sitzung am 5. Dezember 2011 setzte sich die Versammlung der Beklagten inhaltlich mit den Bedenken der KEK auseinander. Nachdem in der Sitzung der KEK am 13. Dezember 2011 der stellvertretende Direktor der Beklagten zu den Bedenken Stellung genommen hatte, beschloss die KEK, dass gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 1. und 2. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1) und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 2) auszuwählen, keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden.

11

Einem Beschlussvorschlag des Direktors der Beklagten vom 15. Dezember 2011 folgend stellte anschließend deren Hauptausschuss im Umlaufverfahren fest, dass das Benehmen mit der KEK hergestellt sei, dass der entsprechende Vorbehalt in Ziffer IV des Beschlusses der Versammlung vom 17. Oktober 2001 entfalle (Ziffer II) und dass an die Beigeladenen zu 1) und 2) Zulassungen erteilt würden „nach Maßgabe der Vorbehalte unter Ziffer IV“. Ziffer IV lautet: „Die Zulassungen stehen unter dem Vorbehalt des Benehmens mit der KEK. Sie stehen weiterhin unter dem Vorbehalt einer Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV. Für diese Vereinbarung wird den Beteiligten eine Frist gesetzt bis …26. Januar 2012…. Ist bis zu diesem Zeitpunkt eine Vereinbarung nicht zustande gekommen, so legen die Parteien innerhalb der gleichen Frist ihre Kalkulationen für eine „ausreichende Finanzierung“ der zu lizenzierenden Programme der LMK vor“.

12

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 setzte die Beklagte u.a. die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens von dem „weiteren Beschluss der LMK“, der beigefügt war, in Kenntnis und wies darauf hin, dass es sich nicht um einen Zulassungsbescheid, sondern um dessen Vorbereitung handle.

13

Die Klägerin erhob gegen den „Beschluss vom 19. Dezember 2011“ am 13. Februar 2012 Klage (AZ. 5 K 148/12.NW) und stellte gleichzeitig einen vorläufigen Rechtsschutzantrag, der mit Beschluss des erkennenden Gerichts vom 4. April 2012 abgelehnt wurde (AZ. 5 L 147/12.NW). Die Klage wurde zurückgenommen.

14

Eine Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 2) und der Klägerin lag am 17. Januar 2012 vor. Die Beigeladene zu 1) lehnte hingegen ein Vereinbarungsangebot der Klägerin, das gegenüber der derzeit noch geltenden Vereinbarung u.a. deutlich geringere Finanzierungsbeträge enthält, als nicht angemessen ab.

15

In der 24. Sitzung der Versammlung der Beklagten am 13. Februar 2012 wurde zunächst die Entscheidung des Hauptausschusses vom Dezember 2011 bestätigt. Weiter stellte die Versammlung hinsichtlich der beabsichtigten Zulassung der Beigeladenen zu 1) für die 1. und 2. Sendezeitschiene fest, dass das von der Klägerin übermittelte Vertragsangebot nicht die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 31 Abs. 5, Abs. 6 RStV erfülle, und beschloss, dass der Vorbehalt der Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV entfalle und die LMK vorläufig die Zulassung auf der Grundlage der früheren Vereinbarung der Parteien vom 30. August 2007/26. September 2007 erteile. Eine abweichende Vereinbarung, die die gesetzliche Voraussetzung ebenfalls erfülle, bleibe möglich, sie ersetze dann die erstgenannte Vereinbarung. Die Ziffern 2.2, 6.1, 6.2, 6.4, 6.5 und 8 der genannten Vereinbarung von 2007 seien Bestandteil der Zulassung; der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK bleibe aufrechterhalten. Für die Zulassung der Beigeladenen zu 2) auf die 3. und 4. Sendezeitschiene entfalle der Vorbehalt der Vereinbarung und bleibe der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK aufrechterhalten. Die Zulassungen würden erteilt für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis zum 31. Mai 2018. Nach der Herstellung des Benehmens mit der KEK solle die zusammenfassende Beschlussfassung über die das Verfahren beendenden Bescheide im Hauptausschuss erfolgen.

16

Die KEK teilte der Beklagten mit Schreiben vom 23. März 2012 unter Beifügung ihrer entsprechenden Beschlüsse vom 13. März 2012 mit, es bestünden rundfunkrechtliche Bedenken gegen die vorgesehene Entscheidung, der Beigeladenen zu 1) die Zulassung vorläufig auf der Grundlage der Vereinbarung von 2007 zu erteilen. Keine Bedenken bestünden gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 2) zuzulassen.

17

In ihrer 25. Sitzung am 16. April 2012 beschloss die Versammlung der Beklagten schließlich die Zulassung der Beigeladenen zu 1) und 2), die entsprechende Beschränkung der Zulassung des Hauptprogrammveranstalters und die Ablehnung der Zulassungsanträge der weiteren Mitbewerber, außerdem die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

18

Diese Beschlüsse wurden im Wortlaut Gegenstand des von der Beklagten am 17. April 2012 erlassenen, vorliegend angefochtenen Bescheides, der im Wesentlichen folgenden Inhalt hat:

19

In Abschnitt A wird der Beigeladenen zu 1) die Zulassung zur Veranstaltung und Verbreitung von zwei überregionalen Fernsehfensterprogrammen im Hauptprogramm der Klägerin auf der 1. und 2. Sendezeitschiene erteilt (Ziff. 1 - 4). Gem. Ziff. 5 wird bis zum Abschluss einer Vereinbarung mit der Beigeladenen zu 1) gemäß § 31 Abs. 5 RStV die in der vergangenen Lizenzperiode abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet; deren Ziff. 2.2, 6.1, 6.2 6.4 6.5 und 8 blieben bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung Bestandteil der Zulassung.

20

Abschnitt B enthält die Zulassung der Beigeladenen zu 2) für die 3. und 4. Sendezeitschiene mit entsprechenden Maßgaben.

21

Abschnitt C betrifft die Befristung und Änderung der an die Beigeladene zu 1) erteilten Zulassung entsprechend A und B. Dort heißt es unter Ziffer 4: „Bis zum Abschluss einer Vereinbarung über die Ausstrahlung der Fensterprogramme auf der ersten und zweiten Sendezeitschiene zwischen Sat.1 und dem unabhängigen Drittanbieter … wird für die Zeit ab dem 1. Juni 2013 die in der vergangenen Lizenzperiode von den Beteiligten abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet...“.

22

In Abschnitt D werden die Anträge der konkurrierenden Bewerber auf alle Sendezeitschienen abgelehnt. Abschnitt E enthält die Anordnung des Sofortvollzugs.

23

Zur Begründung legte die Beklagte – nach Schilderung des Verfahrensganges – zunächst unter II. im Einzelnen dar, warum die ausgewählten Bewerber die Anforderungen des Rundfunkstaatsvertrags nach Überzeugung ihrer Versammlung in einem Maße erfüllten, das von keinem anderen Bewerber und auch von keiner anderen Kombination von Bewerbern erreicht werde. Außerdem enthält der Bescheid Ausführungen dazu, dass bei der Mitbewerberin N 24 Media GmbH wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit ihrer 100%igen Tochterfirma von Sat.1 die Vermutung ihrer redaktionellen Unabhängigkeit deutlich weniger als bei allen anderen Bewerbern gegeben sei. Es bestehe eine große Nähe von N 24 zum Hauptveranstalter (S. 9 des Bescheides), die zu einer Nichtberücksichtigung führen müsse. Aufgrund der „eingeschränkten/geringeren redaktionellen Unabhängigkeit“ sei ihr Vielfaltsbeitrag deutlich verringert und damit „nachrangig zu den Mitbewerbern“ (S. 12 des Bescheides).

24

Beim inhaltlichen Vergleich der verbleibenden Bewerber in den Sendezeitschienen stellten die ausgewählten Angebote insbesondere in ihrer Gesamtheit die maximal erreichbare Vielfaltserhöhung dar. Dass die derzeitigen Erlaubnisinhaber erneut berücksichtigt worden seien, sei nicht fehlerhaft, denn der Vielfaltsbegriff sei inhaltsbezogen, nicht unternehmensbezogen zu verstehen. Auch nicht relevant sei, dass die Beigeladene zu 2) auch bei RTL lizenziert sei. Zwar verlange die Drittsendezeitrichtlinie eine Abstimmung der beteiligten Landesmedienanstalten bei mehrfacher Lizenzierung. Wegen der unterschiedlichen Zeitpunkte der Zulassung gebe es hier aber keine Parallelität, so dass die Vorschrift keine Anwendung finde. Insbesondere der Kulturbeitrag der Sendung „News and Stories“ der Beigeladenen zu 2) sei sehr hoch und möglicherweise im deutschen Fernsehen einzigartig. Einen vergleichbaren Solitär stelle das Wissenschaftsmagazin „Planetopia“ der Beigeladenen zu 1) dar.

25

Im Weiteren wird näher begründet, warum der Beigeladenen zu 1) auch ohne eine aktuelle Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 und 6 RStV eine Erlaubnis erteilt werden könne. Der gewählte Weg einer Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung sei gegenüber dem in der Drittsendezeitrichtlinie vorgesehenen Verfahren zur Lizenzentziehung als milderes Mittel anzusehen.

26

Nach Zustellung dieser Entscheidung hat die Klägerin am 8. Mai 2012 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor:

27

Der von der Beklagten erlassene Gesamtbescheid sei unteilbar, werde deshalb im Ganzen angefochten. Das Gericht habe daraufhin auch das gesamte Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen. Die mit dem Bescheid vom 17. April 2012 getroffenen Auswahl-, Zulassungs- und Teillizenzentzugsentscheidungen beruhten auf mehreren offensichtlichen Verfahrensmängeln. Der rechtswidrige Bescheid verletze sie, die Klägerin, in ihren subjektiv öffentlichen Rechten. Diese folgten schon aus den einfach-rechtlichen Verfahrensvorschriften, insbesondere in § 31 Abs. 4 RStV, die anerkanntermaßen dem Schutz der Interessen des Hauptprogrammveranstalters dienten. Darüber hinaus sei sie in ihren Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verletzt.

28

Das gesamte Drittsendezeit-Auswahlverfahren in § 31 Abs. 4 RStV gehe vom Grundsatz einer einvernehmlichen Regelung zwischen der zuständigen Landesmedienanstalt und dem Hauptprogrammveranstalter aus. Dies ergebe sich klar aus der Amtlichen Begründung zum dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Die berechtigten Interessen des Hauptprogrammveranstalters müssten angemessen berücksichtigt werden. Dies sei im vorliegenden Verfahren an mehreren Stellen nicht geschehen. Zunächst seien auf der ersten Erörterungsstufe gemäß § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV die Ausschreibungsmodalitäten nicht einvernehmlich mit der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin festgelegt worden. Es habe nicht einmal eine ordnungsgemäße ergebnisoffene Erörterung dieser Modalitäten zwischen Beklagter und Klägerin gegeben. Zwar habe am 10. Juni 2011 ein Gespräch stattgefunden, in dem die Klägerin sich für eine Bündelung der Drittsendezeiten am Montagabend und die Ausschreibung von vier, hilfsweise drei unabhängigen Sendezeitschienen ausgesprochen habe. Zuvor habe es im Mai 2011 nur ein informelles Gespräch zwischen der Klägerin und ihrem früheren Geschäftsführer und Vertretern der Beklagten gegeben, in dem es entgegen der Darstellung in der Beschlussvorlage der Beklagten vom 7. Juni 2011 aber keine einvernehmliche Festlegung der Sendezeitschienen gegeben habe. Offenbar sei die Beklagte bereits vor den Gesprächen mit der Klägerin auf die Ausschreibungsmodalitäten, wie sie anschließend beschlossen worden seien, festgelegt gewesen, was sich insbesondere aus Aktenvermerken über Gespräche mit Vertretern der Beigeladenen zu 1) entnehmen lasse, die diese Modalitäten stark befürwortet hätten.

29

Die abweichenden Vorstellungen der Klägerin, geäußert im Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 und nochmals niedergelegt in einem Schreiben vom 14. Juni 2011, seien unberücksichtigt geblieben. Die Versammlung der Beklagten habe am 20. Juni 2011 die Ausschreibung anders beschlossen. Es spreche viel dafür, dass die zuständige Versammlung über die anders lautenden Vorstellungen der Klägerin gar nicht informiert worden sei, nachdem die Beschlussvorlage für die Sitzung am 20. Juni 2011 vom 7. Juni 2011 datiere und sich auch sonst aus den Akten nichts dafür ergebe, dass die Versammlung über die Vorschläge und Argumente der Klägerin aus dem Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 und dem Schreiben vom 14. Juni 2011 in Kenntnis gesetzt worden sei. Dies mache schon die Ausschreibung selbst rechtswidrig.

30

Der Klägerin sei auch eine Erörterung der eingegangenen Anträge nach Ausschreibung gemäß § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV verweigert worden. Die Beklagte habe insoweit unzulässig Zeitdruck ausgeübt. Die Klägerin habe erst zum 1. September 2011 alle Bewerberunterlagen vorliegen gehabt, die danach hätten geprüft werden müssen. Außerdem habe eine Stellungnahme dazu innerhalb der Fachabteilungen der Klägerin abgestimmt werden müssen. Die Zeitvorgabe der Beklagten hierfür bis spätestens 5. Oktober 2011 sei daher nicht realisierbar gewesen. Auf ihre alternativen Terminsvorschläge sei jedoch die Beklagte nicht eingegangen, sondern habe das Verfahren trotz Protests der Klägerin auf der nächsten Stufe (Dreiervorschlag) weitergeführt. Angesichts des Zulassungsbeginns für die Fensterveranstalter ab 1. Juni 2013 sei die von der Beklagten geltend gemachte Eilbedürftigkeit nicht vorhanden gewesen, zumal der früheste angebotene Alternativtermin am 14. Oktober 2011 nur neun Tage nach dem letzten von der Beklagten vorgeschlagenen Termin und noch vor dem Termin der Versammlung der Beklagten vom 17. Oktober 2011 gelegen habe. Den Vorwurf, sie, die Klägerin, wolle das Verfahren in die Länge ziehen, weise sie nachdrücklich zurück. Es habe keinen legitimen Grund für die Beklagte gegeben, die Erörterung der Anträge i.S.d. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV als gescheitert zu betrachten. Der Gesprächstermin zwischen Vertretern der Klägerin und Ministerpräsident Beck am 20. September 2011 sei hierfür ohne Bedeutung.

31

Verfahrensfehlerhaft sei auch, dass dem (unter Vorbehalt abgegebenen) Dreiervorschlag der Klägerin zwei weitere Vorschläge hinzugefügt worden seien, ohne dass dem ein Beschluss seitens der Beklagten zugrunde gelegen habe. Ein Beschluss des Rechts- und Zulassungsausschusses vom 10. Oktober 2011 empfehle der Versammlung nur, fünf der insgesamt sieben Bewerbungen als zulassungsfähig zu erklären. Das sei keine Entscheidung über die Hinzufügung zweier Vorschläge. Nur die Versammlung hätte auch feststellen können, dass eine einvernehmliche Einigung – nach dem Erörterungsgespräch über den Fünfervorschlag am 14. Oktober 2011 – nicht zustande gekommen sei, sie habe darüber jedoch nicht entschieden. Die Ergänzung des Dreiervorschlags der Klägerin sei vom stellvertretenden Direktor der Beklagten in dem Erörterungsgespräch vom 14. Oktober 2012 auch zu Unrecht damit begründet worden, dass der größtmögliche Vielfaltsbeitrag zu erreichen sei. Bei einer einvernehmlichen Entscheidung hätte jedoch genügt, dass überhaupt ein Vielfaltsbeitrag erreicht werde.

32

Sollte der Dreiervorschlag jeweils für die gebündelten Sendezeitschienen isoliert zu betrachten sein, so hätte ein Dreiervorschlag also lediglich für die 3. und 4. Sendezeitschiene abgegeben werden dürfen, da es für die 1. und 2. Sendezeitschiene nur drei zulassungsfähige Bewerber gegeben habe. Gleichzeitig wäre aber auch lediglich auf der dritten und vierten Sendezeitschiene eine Zufügung zweier weiterer Bewerber möglich gewesen. Darin lägen Verfahrensfehler, die auch nicht unbeachtlich seien. Es könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass es zwischen der Klägerin und der Beklagten auf der dritten und vierten Sendezeitschiene zu einer einvernehmlichen Regelung gekommen wäre, wenn nur diese zur Disposition gestanden hätte. Da dafür eine Erörterung notwendig gewesen wäre, deren Ergebnis nicht antizipiert werden könne, bestehe nicht die nach § 46 VwVfG erforderliche Alternativlosigkeit.

33

Weitere gesetzlich vorgesehene Verfahrensabläufe seien missachtet worden: Das Erörterungsgespräch über die Ausschreibungsmodalitäten habe bereits stattgefunden, bevor die KEK nach § 26 Abs. 5 RStV die relevanten Zuschaueranteile der Klägerin festgestellt gehabt habe und feststand, dass eine Pflicht zur Einräumung von Drittsendezeiten bestand. Die KEK habe dies erst am 14. Juni 2011 beschlossen. Außerdem hätte die Beklagte die Klägerin nicht zur Abgabe eines Dreiervorschlages auffordern dürfen, bevor eine Entscheidung über die Zulassungsfähigkeit der einzelnen Anträge getroffen wurde. Darüber sei jedoch erst mit Beschluss vom 10. Oktober 2011 in der 25. Sitzung des Rechts- und Zulassungsausschusses befunden worden.

34

Darüber hinaus sei es verfahrensfehlerhaft, dass die Beklagte sowohl die Auswahl- als auch die Zulassungsentscheidung getroffen habe, ohne zuvor das Benehmen mit der KEK hergestellt zu haben. Das Gesetz lege hier eine klare Reihenfolge fest. Dies habe die Beklagte umgangen, indem sie die Beschlüsse bereits vorab gefasst habe und sie nur mit dem Vorbehalt der Benehmensherstellung versehen habe. Sie hätte höchstens eine Auswahlempfehlung treffen dürfen, ohne sich bereits festzulegen. Danach habe sich die Beklagte mit den geäußerten Bedenken und abweichenden Bewertungen der KEK ernsthaft und ergebnisoffen nicht mehr befasst. Dass sie die später geäußerten Bedenken der KEK zur Kenntnis genommen habe, reiche für eine ordnungsgemäße Benehmensherstellung nicht. Das gelte zunächst für die ursprünglichen Bedenken der KEK bezüglich der angeblichen Abhängigkeit der N24 Media GmbH im Verhältnis zur Klägerin. Die Auswahlentscheidung hätte auch nicht durch Beschluss des Hauptausschusses der Beklagten, noch dazu im Umlaufverfahren, getroffen werden dürfen, denn die nach der Geschäftsordnung der Versammlung notwendige Eilbedürftigkeit habe nicht vorgelegen.

35

Auch mit den rundfunkrechtlichen Bedenken der KEK gegenüber der Zulassung der Beigeladenen zu 1) auf der Grundlage der Fortschreibung der bisherigen vertraglichen Vereinbarungen mit der Klägerin habe die Versammlung sich nicht mehr auseinandergesetzt. Sie habe sich insoweit selbst unter faktischen Vollzugszwang gesetzt, indem sie ohne Not mit Pressemitteilung vom 13. Februar 2012 öffentlich verkündet habe, wie sie hinsichtlich des Angebots der Klägerin vorgehen wolle.

36

Die genannten Verfahrensfehler seien jeder für sich, jedenfalls aber in ihrer Gesamtheit auch nicht nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Es handele sich bereits um absolute Verfahrensfehler, weil damit gegen Verfahrensrechte der Klägerin verstoßen worden sei, die ihr eine eigene, unabhängig vom materiellen Recht durchsetzbare Rechtsposition gewähren wollten. Dies gelte im besonderen Maße für die Erörterungspflichten mit dem Hauptprogrammveranstalter, die ein klassisches, eigene Rechtspositionen begründendes Mitwirkungsrecht darstellten. Im Übrigen hätte bei Einhaltung aller genannten Vorschriften jeweils die Entscheidung anders ausfallen können, so dass auch eine Unbeachtlichkeit i.S.v. § 46 VwVfG ausscheide.

37

Unter Verstoß gegen den in § 30 VwVfG normierten Geheimhaltungsgrundsatz habe die Beklagte auch in dem als Gesamtbescheid an alle Beteiligten abgefassten Zulassungsbescheid vom 17. April 2012 geheimhaltungsbedürftige Tatsachen offengelegt, die nur im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) relevant seien.

38

Erhebliche formelle Zweifel bestünden schließlich auch daran, ob die Beklagte für eine Fortschreibung der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) – abgesehen von deren materieller Rechtswidrigkeit – überhaupt (allein) zuständig gewesen sei. Wenn nämlich gemäß Ziffer 6.3 der Drittsendezeitenrichtlinie unter Umständen ein Lizenzentzug gemäß § 26 Abs. 5 RStV in Betracht gekommen wäre und dies nur nach Feststellung durch die KEK hätte geschehen dürfen (§ 26 Abs. 5 Satz 3 RStV), hätte die KEK auch eingeschaltet werden müssen, wenn die Beklagte ein angeblich milderes Mittel als Sanktion habe anwenden wollen.

39

Zudem habe die Beklagte die Frage, ob die Klägerin der Beigeladenen zu 1) eine ausreichende Finanzierung nach § 31 Abs. 5 RStV angeboten habe, entgegen § 24 VwVfG nicht genügend aufgeklärt, insbesondere die Heranziehung von Sachverständigen unterlassen. Die Klägerin habe eine aktuelle Kalkulation der Beigeladenen zu 1) trotz ihrer entsprechenden Bitte mit Schreiben vom 28. Oktober 2011 übrigens nie erhalten. Es werde bezweifelt, dass der Beklagten eine solche Kalkulation vorgelegen habe.

40

Die Auswahl-, Zulassungs- und Teillizenzentzugsentscheidungen der Beklagten seien darüber hinaus auch offensichtlich materiell rechtswidrig. Da es nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen sei, habe die Landesmedienanstalt bei der Auswahl einen engeren Einschätzungs- und Bewertungsspielraum im Hinblick auf die zu bewertende Vielfaltssteigerung gehabt, und auch die Anforderungen an die Begründung der Auswahl seien höher. Die maßgebenden Entscheidungen im Verlauf des Verfahrens seien teilweise aufgrund unvollständigen bzw. unrichtigen Sachverhalts getroffen worden, weil die Versammlung der Beklagten über die maßgebenden Vorgänge nicht ausreichend unterrichtet gewesen sei. Das gelte für die Sendezeitschienenfestlegung, die Grundlage der Ausschreibung und dann auch der Auswahl gewesen sei. Die Koppelung von jeweils zwei Sendezeitschienen sei ermessensfehlerhaft im Interesse der später ausgewählten Bewerber, insbesondere der Beigeladenen zu 1) geschehen, da die Einnahmen aus zwei Formaten gesichert werden sollten, wie der Beklagte im Schreiben vom 27. März 2012 im Verfahren 5 L 147/12.NW ausgeführt habe. Dafür spreche auch deutlich der Aktenvermerk auf Blatt 1 der Verwaltungsakte. Sachfremde Erwägungen seien auch angestellt worden, soweit die angeblich zu große Nähe von N 24 zur Klägerin zur Nichtberücksichtigung der N 24 Media GmbH im Rahmen der Auswahlentscheidung geführt habe. Nach Feststellung der Zulassungsfähigkeit der N 24 Media GmbH i.S.d. § 31 Abs. 3 Satz 2 RStV sei die Erwägung, die redaktionelle Unabhängigkeit sei nicht gewährleistet, sachfremd gewesen.

41

Schließlich bestünden vielfältige rechtliche Bedenken gegen die Erteilung einer Zulassungserlaubnis an die Beigeladene zu 1), ohne dass es zwischen der Klägerin und ihr zu einer Vereinbarung gekommen sei. Der von der Beklagten vorgenommenen „Vertragsfortschreibung“ fehle es insbesondere an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Nach § 31 Abs. 6 RStV sei eine Vereinbarung zwingend erforderlich, die hier aber unstreitig nicht zustande gekommen sei. Die vorgenommene hoheitliche Substituierung von Verträgen könne nicht auf Ziffer 6.3 der Drittsendezeitenrichtlinie i.V.m. § 26 Abs. 5 RStV und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gestützt werden. Die Drittsendezeitenrichtlinie sei keine ausreichende Gesetzesgrundlage i.S.d. Art. 20 Abs. 3 GG. Der entscheidende Fehler liege aber bereits darin, dass die getroffene Regelung weder erforderlich noch das mildeste Mittel im Vergleich zum angeblich sonst drohenden Lizenzentzug gegenüber der Klägerin sei. Gegenwärtig verstoße die Klägerin nicht gegen ihre Verpflichtung aus § 26 Abs. 5 RStV, so dass Sanktionen überhaupt nicht in Betracht kämen. Außerdem nehme die Beklagte der Klägerin durch die Fortschreibung der momentan gültigen Vereinbarung die Möglichkeit zu einer frei ausgehandelten einvernehmlichen Vereinbarung. Richtig wäre es gewesen, die Frage der Gesetzeskonformität des Angebots der Klägerin durch einen unabhängigen Gutachter aufzuklären, wie dies auch die KEK in ihrer Stellungnahme vom 13. /21. März 2012, KEK 600-3, für notwendig gehalten habe.

42

Die Klägerin sei zur Vorlage eines Vertragsangebots nach § 31 Abs. 5 RStV an die Beigeladene zu 1) gar nicht verpflichtet gewesen, weil das Drittsendezeitenvergabeverfahren zuvor bereits in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig gewesen sei.

43

Schließlich habe sie aber ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes Vertragsangebot vorgelegt, insbesondere auch mit einer ausreichenden Finanzierung, die sich an marktüblichen Preisstrukturen und der finanziellen Ausstattung vergleichbarer Formate des Hauptveranstalters orientiert habe. Die angebotenen Minutenpreise hätten immer noch deutlich über den vergleichbaren Formaten der Klägerin selbst gelegen. Die Beklagte führe für ihre Ansicht, dass das Finanzierungsangebot unzureichend sei, unzulässige Vergleichsmaßstäbe an. Auch bestünden Zweifel, ob die zugrunde gelegten Zahlen zutreffend seien. Die anderen Vertragsregelungen des Angebots seien entgegen der Auffassung der Beklagten ebenfalls nicht rechtsfehlerhaft. Dies gelte insbesondere auch für die Kündigungsregelung in Ziffer 9.1, die auf dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 2. April 2012 (Az. 5 L147/12.NW) aufbaue.

44

Das zur Frage der Zulässigkeit der Vertragsfortschreibung durch die Beigeladene zu 1) vorgelegte Parteigutachten des Prof. Dr. Hassemer verfolge offenbar primär einen rechtsphilosophischen Ansatz. Bei der Bewertung der Rechtmäßigkeit eines belastenden Verwaltungsaktes gehe es aber um die Gesetzesbindung der Verwaltung und den Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes. Dies gelte in besonderem Maß für den Zentralbereich des Rundfunkrechts (Art. 5 GG). Der belastende Verwaltungsakt „Vertragsfortschreibung“ zu Lasten der Klägerin könne nicht deshalb als Begünstigung ihr gegenüber gewertet werden, weil von der härteren Sanktion Lizenzentzug abgesehen werde. Aus einer Belastung werde keine Begünstigung, nur deshalb weil es gegebenenfalls noch einschneidendere Maßnahmen geben könnte. § 31 Abs. 4 RStV könne nicht als Ermächtigung für die Vertragsfortschreibung ausgelegt werden. Es gehe hier nicht um einen nur feststellenden Verwaltungsakt, sondern um regelnde Gebote. Eine Auslegung, die einen Grundrechtsverstoß (Unverhältnismäßigkeit) gegen einen Eingriff in die Vertragsautonomie austausche, sei ihrerseits nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Soweit sich die Beigeladene zu 1) darauf berufe, dass anderswo eine angemessene Finanzierung des Fensterprogrammveranstalters im Zulassungsbescheid festgesetzt worden sei, sei in dem herangezogenen Beispielsfall eine gutachterliche Empfehlung eingeholt worden, der dann gefolgt worden sei.

45

Das von der Beklagten dargelegte „Gut-Böse-Szenario“ sei verfehlt. Der Klägerin gehe es keineswegs darum, ein seit langem funktionierendes System zugunsten ihrer eigenen publizistischen Interessen und Renditeoptimierung zu sprengen oder zu behindern, sondern sie habe sich erlaubt, Rechtsschutz gegen einen sie belastenden Bescheid zu suchen. Da das Verfahren zur Auswahl und Zulassung von Drittfensterprogrammen gleich auf mehreren Ebenen auf Einvernehmlichkeit ausgerichtet sei, seien publizistische oder ökonomische Aspekte des Hauptprogrammveranstalters Teil seiner verfassungsrechtlich geschützten Rechte.

46

Die Umstände des vorgesehenen Wechsels des Veranstalters für das Programm Sat.1 von der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz zur Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein – MA HSH - und die insoweit mit Bescheid vom 11. Juni 2012 der umgesetzte Zulassungsentscheidung der MA HSH würden keineswegs verschwiegen, seien hier jedoch nicht streitgegenständlich. Die Beantragung einer Neuzulassung seitens der mit der Klägerin nicht identischen Firma ProSiebenSat1 Deutschland GmbH und die mögliche Rückgabe der Rundfunklizenz durch die Klägerin stellten freie unternehmerische Entscheidungen dar, die vom Rundfunk- und Verfassungsrecht respektiert und geschützt würden. Dadurch entstehe auch keine Gefahr für die Meinungsvielfalt, weil die gesetzlichen Regelungen selbstverständlich auch für den neuen Veranstalter bestünden. Das Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Klage bleibe davon unberührt.

47

Die Klägerin beantragt,

48

den Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aufzuheben,

49

hilfsweise,

50

Beweis zu erheben zur Tatsache, dass sich die Versammlung in ihrer Sitzung vom 20. Juni 2011 mit den Vorschlägen und Argumenten der Klägerin, betreffend die auszuschreibenden Sendezeitschienen, aus dem Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 bzw. dem klägerischen Schreiben vom 14. Juni 2011 nicht auseinandergesetzt hat bzw. mangels ausreichender Sachkenntnis nicht auseinandersetzen konnte, durch Vernehmung der in dieser Sitzung vom 20. Juni 2011 anwesenden Mitglieder der Versammlung.

51

Die Beklagte beantragt,

52

die Klage abzuweisen.

53

Sie weist zunächst auf die Bedeutung der Konzentrationsregulierung im Privatfernsehen hin, der durch das System der rundfunkrechtlichen Konzentrationsbegrenzung mit den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrages Rechnung getragen werde. Durch die von der klägerischen Konzernholding beabsichtigte unzulässige Lizenzverlagerung würde das seit rund 15 Jahren funktionierende System in Frage gestellt. Die Beklagte werde sich daher auch gegen die Zulassungsentscheidung der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein vom 11. Juli 2012 anderweitig rechtlich zur Wehr setzen.

54

Die Versuche der Klägerin, die Konzentrationsregulierung der Länder zu unterlaufen, bedürften der gerichtlichen Begrenzung. Im Mittelpunkt der vorliegenden Auseinandersetzung stehe die Frage, ob ein Hauptprogrammveranstalter die kompensatorische Vielfaltsentscheidung der plural zusammengesetzten Versammlung der Beklagten durch Verweigerung eines angemessenen Vertragsangebots an den ausgewählten Drittsendezeitveranstalter leer laufen lassen und sich so über einen längeren Zeitraum den konzentrationsrechtlichen Verpflichtungen entziehen könne. Die übrigen mit der Klagebegründung angesprochenen tatsächlichen und rechtlichen Fragen träten hinter diese Fragestellung zurück. Es bestehe das verfassungsrechtliche Gebot, Tendenzen zur Konzentration zur Sicherstellung eines funktionierenden Meinungsmarktes rechtzeitig und so wirksam wie möglich entgegenzutreten. Zur Sicherung der Meinungsvielfalt bestehe nicht nur ein abstrakter Handlungsauftrag, sondern eine konkret formulierte grundrechtliche Schutzpflicht. Das einfache Gesetz und die Rechtsanwendung müssten sich an dieser Zielvorgabe messen lassen. Der gesetzliche Normalfall des § 31 Abs. 5 und 6 RStV sei vorliegend nicht eingetreten. Für den Fall, dass wie hier der Hauptprogrammveranstalter dem nach Vielfaltskriterien ausgewählten Fensterprogrammveranstalter kein angemessenes Vertragsangebot vorlege, enthalte der Rundfunkstaatsvertrag selbst keine Regelungen. Nur Ziffer 6.3 der Drittsendezeitenrichtlinie sehe vor, dass das Scheitern nach § 31 Nr. 1 RStV der KEK mitgeteilt werde und das weitere Verfahren nach § 26 Abs. 4 oder Abs. 5 RStV durchgeführt werde. Danach stünde als einzige Handlungsmöglichkeit der Widerruf der der Klägerin erteilten Zulassung offen. Konsequenzen eines solchen Widerrufsverfahrens würden jedoch dem verfassungsrechtlichen Ziel, möglichst hohe Meinungsvielfalt sicherzustellen, zuwiderlaufen. Aus diesem Grund sei das in Ziffer 6.3 DSZR angelegte Rechtsverständnis mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Da sich der Widerruf aus verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Gründen nicht sofort vollziehen lasse und außerdem die Zulassung der Klägerin noch bis ins Jahr 2020 bestehe, trage sie allenfalls das Risiko eines Verwaltungsrechtsstreits über den Widerruf. Boykottiere aber der Hauptprogrammveranstalter den Abschluss eines Vertrages zu angemessenen Bedingungen, so liege ein vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelter Zustand vor, der mit der verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Sicherung von Meinungsvielfalt kollidiere. Zur Auffüllung dieser Regelungslücke ermächtige der in § 31 Abs. 5 RStV angelegte Kontrahierungszwang nach Feststellung eines unangemessenen Vertragsangebots dazu, vorübergehend angemessene Vertragsbedingungen aufzuerlegen bzw. wie im vorliegenden Fall fortzuschreiben. Dies sei auch keine einmalige Vorgehensweise. Im Jahr 2009 habe es in Baden-Württemberg eine fast identische Regulierungssituation gegeben, in der schließlich auch die Bedingungen für die Finanzierung eines Fensterprogramms endgültig festgesetzt worden seien. Die KEK habe dies nicht beanstandet. Auch im vorliegenden Fall dürfe die Beklagte aus der allgemeinen Ermächtigung in § 2 Satz 2 i.V.m. § 42 Nr. 7 LMG Rheinland-Pfalz, § 38 Abs. 2 Satz 1 RStV alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, um staatsvertragliche Regelungsziele zu erfüllen. Deshalb sei das vorläufige Fortgelten der Altvereinbarung anzuordnen gewesen. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen wäre möglicherweise dann geboten gewesen, wenn es sich um eine endgültige Festlegung der Vertragsbedingungen hätte handeln sollen. Diese sei jedoch hier nicht erfolgt.

55

Außerdem hätten die Klägerin und die Beigeladene zu 1) bereits über 15 Jahre unbeanstandet Vertragsbeziehungen praktiziert. Um den Verhandlungsdruck für die Klägerin aufrechtzuerhalten, werde die Beklagte die Fortgeltung der Altvereinbarung in Teil A5 Satz 2 des Bescheids vom 17. April 2012 zunächst auf ein Jahr befristen. Die Klägerin und die Beigeladene könnten dann zur Beilegung ihres Streits einen unabhängigen Sachverständigen beauftragen. Mit der angekündigten Befristung würden Zweifel an der Vertragsfortschreibung als mildestem Mittel entfallen. Sollten sich die Klägerin und die Beigeladene künftig nicht über angemessene Vertragsbedingungen einigen, so werde hierüber in einem Rechtsstreit entschieden werden müssen, in dem das Gericht dann ein Sachverständigengutachten einholen müsse.

56

Im Übrigen sei der Zulassungsbescheid insgesamt formell und materiell rechtmäßig. Das Verfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Eine Auswahlentscheidung nach § 31 Abs. 4 RStV sei auch nicht-konsensual möglich. Eine dialogische Auseinandersetzung mit der Klägerin habe mehrfach stattgefunden, eine einvernehmliche Abstimmung sei nicht erforderlich. Am 10. Juni 2011 seien mit der Klägerin die möglichen Sendezeitschienen ausführlich erörtert worden. Die Beklagte sei nicht vorab darauf festgelegt gewesen, dass alles beim Alten bleiben solle. Das könne aus dem Gespräch der Beklagten mit Vertretern der Beigeladenen zu 1) vom 23. Februar 2011 nicht hergeleitet werden. Solche Gespräche mit potentiellen Interessenten seien zulässig und üblich. Hier gebe es einen ausführlichen Vermerk über das betreffende Gespräch und so sei eine umfassende Transparenz hergestellt. Arbeitsgrundlage sei stets gewesen, dass Ausschreibung und Auswahl offen und ohne Vorfestlegung erfolgen sollten. Die frühzeitige Ausschreibung sei notwendig gewesen, um das Verfahren sachgerecht und ohne zeitliche Zumutung für die Gerichte und andere Beteiligten durchführen zu können. Daher seien später auch die drei Terminvorschläge zur Erörterung der zugelassenen Bewerber angemessen gewesen.

57

Die Hinzufügung von zwei Bewerbern zum Dreiervorschlag der Beigeladenen zu 1) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 Halbs. 1 RStV sei unter Einbindung der Versammlung durch den stellvertretenden Direktor geschehen und durch die Versammlung am 17. Oktober 2011 bestätigt worden. Die Versammlung sei nicht notwendig mit der Vorbereitungsmaßnahme „Aufforderung zur Abgabe eines Dreiervorschlags“ zu befassen gewesen.

58

Die KEK sei rechtmäßig beteiligt worden. Man habe zunächst ausdrücklich der Auswahlentscheidung einen Vorbehalt beigefügt. Die Bedenken der KEK seien in den folgenden Sitzungen des Rechts- und Zulassungsausschusses und der Versammlung am 5. Dezember ausführlich erörtert worden, der stellvertretende Direktor der Beklagten habe auf der Sitzung der KEK vom 13. Dezember 2011 zu den Bedenken Stellung genommen. Diese Stellungnahme sei am 5. Dezember 2011 vorbereitet worden. Die KEK habe dann an ihren ursprünglich geäußerten Bedenken nicht mehr festgehalten. Der Rechts- und Zulassungsausschuss und die Versammlung hätten sich am 16. April 2012 eingehend mit den Bedenken der KEK zur vorläufigen Fortschreibung einer Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV auseinandergesetzt.

59

Auch materiell sei die Entscheidung rechtmäßig. Die Sendezeitschienen seien in zulässiger Weise festgelegt worden. Die Beklagte handle nicht im rheinland-pfälzischen Interesse, sondern im Interesse des Vielfaltsanspruchs der bundesweiten Medienordnung. Der Firmensitz der Beigeladenen zu 1) in Mainz habe keine Rolle gespielt. Bezüglich der N 24 Media GmbH seien keine sachfremden Erwägungen angestellt worden. Die bejahte Zulassungsfähigkeit schließe es nicht aus, im Rahmen der programmlichen Vielfaltsentscheidung nach § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV wirtschaftliche oder publizistische Verbindungen zu dem Hauptprogrammveranstalter zu berücksichtigen. Die Versammlung habe in ihrer Sitzung vom 17. Oktober 2011 den zu erwartenden Vielfaltsbeitrag dieser Bewerberin als gering eingeschätzt. Dies sei auf der Grundlage des Sachverhalts erfolgt, dass eine 100prozentige Tochter der Bewerberin an die Klägerin 14,6 % von deren Programmstunden zuliefere. Dieser Sachverhalt relativiere das Maß der redaktionellen Unabhängigkeit im Vergleich zu anderen Bewerbern. Er berge die Gefahr einer wirtschaftlichen Abhängigkeit. Es bestehe zudem die Gefahr eines programmlichen Wohlverhaltens des Fensterprogramm-Veranstalters im Verhältnis zum Hauptprogrammveranstalter. Dies dürfe unter Vielfaltsgesichtspunkten auch dann berücksichtigt werden, wenn die aufgezeigten wirtschaftlichen und redaktionellen Beziehungen nicht die Qualität einer konzentrationsrechtlichen Abhängigkeit erreichten.

60

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

61

die Klage abzuweisen.

62

Sie verweist zur Begründung auf ihr Vorbringen im Eilverfahren 5 L 415/12.NW, in dem sie im Wesentlichen Folgendes ausgeführt hat:

63

Die Klägerin wolle mit allen Mitteln die Auswahl- und Zulassungsentscheidungen der Beklagten torpedieren. Ihre mangelnde Rechtstreue sei auch daran zu ersehen, dass sie sich durch die vorgesehene Rückgabe ihrer noch bis 2020 laufenden nationalen Zulassung bei der rheinland-pfälzischen Medienanstalt auch den Verpflichtungen gegenüber einer Schwestergesellschaft der Beigeladenen zu 1) entziehen wolle, die Zulassungen nach § 25 RStV für das werktägliche Regionalprogramm für Hessen und Rheinland-Pfalz im Programm der Klägerin besitze.

64

Die streitgegenständliche Zulassungsentscheidung vom 17. April 2012 sei rechtmäßig. Der Rundfunkstaatsvertrag sehe die Möglichkeit vor, auch ohne das Einverständnis des Hauptprogrammveranstalters aus Vielfaltsgesichtspunkten einen diesem nicht genehmen Drittfensterveranstalter auszuwählen. Die Versammlung der Beklagten habe hier das Letztentscheidungsrecht. Dem Hauptprogrammveranstalter stehe kein Vetorecht zu. Es gebe angesichts der letzten 15 Jahre auch keinen Grund zu der Annahme, das Programm der Beigeladenen zu 1) entspreche nicht der „Programmfarbe“ der Klägerin.

65

Das wegen der Drittsendezeiten durchgeführte Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren sei in verfahrens- und materiell-rechtlicher Hinsicht fehlerfrei. Etwaige doch eingetretene Verfahrensfehler seien entweder durch die Zulassungsentscheidung vom 17. April 2012 gemäß § 45 VwVfG geheilt worden oder nach § 46 VwVfG unbeachtlich.

66

Dass die Beklagte vor der Ausschreibung Gespräche mit der Beigeladenen zu 1) geführt habe, habe nicht zu einem Verfahrensfehler geführt. Insofern sei der Aktenvermerk vom 24. Februar 2011 missverständlich und unvollständig. Zwar hätten ihre Vertreter dafür geworben, die Ausschreibung möge wieder mit zwei gekoppelten Sendezeitschienen stattfinden. Eine Zusage habe es jedoch nicht gegeben, ein Konsens sei nicht hergestellt worden.

67

Das Ausschreibungsverfahren sei mit Vertretern der Klägerin am 10. Juni 2011 und zuvor schon 10. Mai 2011 erörtert worden, weshalb auch die dritte Sendezeitschiene zeitlich verlegt worden sei. Allerdings sei die Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen nicht allen Wünschen der Klägerin hinsichtlich der Gruppierung von Drittsendezeiten nachgekommen, worauf diese auch keinen Anspruch habe. Die Vergabe von zweimal zwei Sendezeiten führe zur wirtschaftlichen Stärkung der auswählten Bewerber, diene deren Unabhängigkeit und im Ergebnis auch der journalistischen Qualität und damit der Vielfalt. Ein vermeintlicher Mangel im Ausschreibungsverfahren wäre auch unbeachtlich, da im Ergebnis die Formate der beiden Beigeladenen wegen ihrer bekannten vielfaltssichernden Qualität ausgewählt worden seien.

68

Auch das weitere Verfahren sei nicht zu beanstanden. Ein Erörterungsgespräch nach Feststellung der zulassungsfähigen Anträge sei an Zeitproblemen der Klägerin gescheitert, obwohl sie genügend Zeit zur Prüfung der zulassungsfähigen Anträge gehabt habe. Auf einen späteren Termin habe sich die Beklagte nicht mehr einlassen müssen. Zudem habe die Klägerin am 20. September 2011 noch einen Gesprächstermin mit Ministerpräsident Beck gehabt. Sie habe also das Verfahren verschleppen und wohl auch politischen Einfluss auf die Beklagte nehmen wollen. Schließlich habe am 14. Oktober 2011 ein umfassendes Erörterungsgespräch der Klägerin mit dem stellvertretenden Direktor der Beklagten im Ergebnis zu keiner einvernehmlichen Auswahl geführt.

69

Zuständigkeitsvorschriften im Hinblick auf Rechte der Versammlung seien nicht verletzt worden. Auch die KEK sei ordnungsgemäß eingebunden worden. Die Vorbehalte dafür seien nicht zu beanstanden. Die Versammlung habe sich mit den Bedenken der KEK auch befasst, wobei die KEK sich zur Frage der Fortschreibung der Finanzierungsvereinbarung nicht hätte äußern dürfen.

70

Sollten doch Verfahrensfehler festzustellen sein, so hätten diese sich nicht ausgewirkt, denn die getroffene Auswahl- und Zulassungsentscheidung sei alternativlos und wäre unverändert ausgefallen, wenn das Verfahren in anderer Weise verlaufen wäre. Außerdem habe sich die Beklagte aufgrund der umfangreichen Einwendungen der Klägerin und der abgelehnten Mitbewerber in den vorhergegangenen Eilverfahren inzwischen mit allen Fragen umfangreich auseinandergesetzt. Damit sei die Klägerin umfassend gehört worden und etwaige Verfahrensfehler seien so gem. § 45 Abs. 2 VwVfG geheilt.

71

Die Beklagte sei nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet gewesen, die Finanzierungsvereinbarung zwischen der Klägerin und ihr, der Beigeladenen zu 1) fortzuschreiben, nachdem die Klägerin Verhandlungen darüber rechtswidrig boykottiert und im Januar 2012 nur „Dumping-Preise“ angeboten habe, die um rund 35 % unter den bisher vereinbarten Preisen gelegen hätten und in keiner Weise auskömmlich und angemessen seien, und dies, obwohl die bisherigen Finanzierungsvereinbarungen zwischen den Beteiligten in den vergangenen 15 Jahren einvernehmlich geschlossen worden seien. Auch andere angebotene Vertragsklauseln (etwa zu Ablieferungsfristen, Werbeunterbrechungen, Kündigungsrechten) seien staatsvertragswidrig und inakzeptabel gewesen. Zu weiteren Verhandlungen sei die Klägerin laut Aussagen maßgebender Führungspersonen Anfang April 2012 unter Hinweis auf die anstehende Rückgabe der Lizenz nicht bereit gewesen.

72

Angesichts der absehbaren Verzögerungen durch einen Rechtsstreit gegen den - nach Ziffer 6.3. der Drittsendezeitenrichtlinie i.V. m. § 26 Abs. 4 oder 5 RStV bei Nichtzustandekommen einer angemessenen Vereinbarung vorgesehenen - Widerruf der Sendelizenz des Hauptveranstalters bleibe zur effektiven Vielfaltssicherung und Durchsetzung einer sofortigen ausreichenden Finanzierung des Drittfensters letztlich aus verfassungsrechtlichen Gründen nur der von der Beklagten gewählte Weg. Dies bestätige auch ein beigefügtes Rechtsgutachten von Professor Dr. Hassemer.

73

Die Beigeladene zu 2) beantragt ebenfalls,

74

die Klage abzuweisen.

75

Auch sie verweist auf ihre Stellungnahme im Verfahren 5 L 415/11.NW, wo sie insbesondere ausführt, die Rechtsschutzbegehren der Klägerin richteten sich inhaltlich allein gegen die Auswahl der Beigeladenen zu 1); die Vergabe der Lizenz an sie, die Beigeladene zu 2), werde nicht angegriffen. Mit ihr habe die Klägerin auch schnell eine Einigung über die Konditionen des neuen Fensterprogrammes ab 1. Juni 2013 erzielt. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die Entscheidungen vom 17. April 2012 durchaus teilbar. Der gesamte Verlauf der Auseinandersetzung zeige, dass es sich bei der Vergabe der Sendezeiten offenbar um zwei begünstigende und somit auch voneinander abtrennbare Verwaltungsakte handele, die lediglich in einem Bescheid zusammengefasst worden seien. Diese könnten, neben den weiteren Entscheidungen in Abschnitt C und D, jeweils als besondere Streitgegenstände bestehen.

76

Aber auch wenn man den Verwaltungsakt als einheitlich zu betrachten hätte, sei er formell und materiell rechtmäßig.

77

Wie schon im Verfahren 5 L 147/12.NW geltend gemacht worden sei, müsse die Drittsendezeitvergabe nicht einvernehmlich stattfinden. Gem. §§ 30, 31 RStV seien die Bewerber auszuwählen, deren Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt erwarten lasse. Dafür habe die Beklagte einen breiten Ermessensspielraum. Vor der Ausschreibung habe es eine ausreichende Erörterung der Sendezeitschienen zwischen Klägerin und Beklagter gegeben. Nach Eingang der Bewerbungen habe die Klägerin genügend Zeit zur Prüfung gehabt, um einen der Terminsvorschläge der Beklagten anzunehmen. Abgesehen davon wäre es nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen, weil sich die Klägerin eindeutig für andere Kandidaten als die Beigeladenen ausgesprochen habe. So sei es auch beim Erörterungsgespräch vom 14. Oktober 2011 nicht zu einer Einigung gekommen. Dieses Gespräch habe einen etwaigen vorherigen Verfahrensfehler zudem gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt. Um absolute Verfahrensfehler handele es sich nicht.

78

Die Hinzufügung zweier weiterer Bewerber sei nicht fehlerhaft geschehen. Eines ausdrücklichen Beschlusses der Versammlung bedürfe es dafür nicht; ein etwaiger Verstoß gegen die Satzung der Beklagten verletze keine eigenen Rechte der Klägerin. Die Benehmensherstellung mit der KEK sei ordnungsgemäß gewesen; am Ende des Verfahrens habe die KEK gegen die Auswahl beider Beigeladenen keine Bedenken mehr gehabt. Die von der KEK am 13. März 2012 wegen der Fortschreibung der Finanzierungsvereinbarung geäußerten „rundfunkrechtlichen Bedenken bezögen sich alleine auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1), was erneut für die Teilbarkeit des Verfahrens spreche.

79

Die Auswahlentscheidung als solche sei vor dem allein entscheidenden Kriterium des besten Vielfaltsbeitrags nicht angreifbar. Sie könne daher die Klägerin nicht ihren Rechten verletzen, auch wenn dieser die Auswahl nicht genehm sei.

80

Auch nach etwaiger Erteilung der beantragten neuen Zulassung für die ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH bei der MA HSH werde die getroffene Auswahlentscheidung weiterhin Gültigkeit haben. Die Zulassungen der Drittsendezeitveranstalter würden dadurch nicht zum Erlöschen gebracht. In seiner beigefügten Stellungnahme teile der ehemalige Bundesverfassungsrichter Prof. Grimm diese Auffassung.

81

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren, in den vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 L 147/12.NW und 5 L 415/12.NW und in den gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 404/12.NW und 5 K 452/12.NW, außerdem auf den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten und der KEK. Alle genannten Unterlagen sind Gegenstand der Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

82

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012, den die Klägerin wegen des einheitlich durchgeführten Verfahrens und der darin enthaltenen, zum Teil unmittelbar voneinander abhängigen Ent-scheidungen insgesamt anzufechten befugt ist, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

83

Rechtsverletzungen zu Lasten der Klägerin sind bei rechtlicher Prüfung des nach den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags mehrstufigen Verfahrens der Zulassung von unabhängigen Dritten zur Veranstaltung von Sendezeiten im Programm eines privaten Hauptprogrammveranstalters zwar nicht schon auf der Stufe der Ausschreibung geschehen (1), die auf der zweiten Stufe erfolgte Auswahlentscheidung ist jedoch in mehrfacher Hinsicht zu Lasten der Klägerin rechtsfehlerhaft (2). Schließlich lagen zusätzlich erforderliche rechtliche Voraussetzungen für die Erteilung der Zulassung an die Beigeladene zu 1) nicht vor (3).

84

1. Die im Staatsanzeiger von Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 2011 veröffentlichte Ausschreibung der Drittsendezeiten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Weder wurden durch das Verfahren bis zum Beschluss der Versammlung der Beklagten über die Ausschreibung vom 20. Juni 2011 Beteiligungsrechte der Klägerin verletzt (a) noch verstößt der Beschluss inhaltlich gegen Rechtsvorschriften (b).

85

Nachdem mit Beschluss der KEK vom 14. Juni 2011 festgestellt worden war, dass die Klägerin mit dem von ihr veranstalteten Fernsehvollprogramm Sat.1 im Durchschnitt eines Jahres erneut einen Zuschaueranteil von 10 Prozent (hier: 10,1 Prozent) erreicht habe, war die Klägerin gem. § 26 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 30 Nr. 1 RStV zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe der Vorschriften in § 31 RStV - zur Sicherung der Vielfalt im privaten Fernsehen – verpflichtet. Gemäß § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV hatte daher die Beklagte als zuständige Landesmedienanstalt nach Erörterung mit der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin das Fensterprogramm - hier im Umfang von 180 Minuten wöchentlich - zur Erteilung einer Zulassung auszuschreiben.

86

a) Die der Klägerin nach dem Rundfunkstaatsvertrag zustehenden Beteiligungsrechte im Vorfeld der Ausschreibung wurden hier nicht verletzt. Gem. § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV hat vor der Ausschreibung eine Erörterung zwischen Landesmedienanstalt und dem Hauptprogrammveranstalter stattzufinden. Ergänzend hierzu bestimmt Ziffer 5.1. Satz 4 der Richtlinie der Landesmedienanstalten über die Sendezeiten für unabhängige Dritte nach § 31 RStV – Drittsendezeitenrichtlinie – (im Folgenden: DSZR), dass bei der Erörterung vor der Ausschreibung insbesondere festzulegen sei, ob das Fensterprogramm insgesamt oder getrennt für mehrere einzelne Sendeplätze ausgeschrieben werden solle und zu welchen Sendezeiten es voraussichtlich stattfinden solle. Diese Formulierung ist zwar geeignet, den Eindruck zu erwecken, als müsse die Festlegung schon im Vorfeld und einvernehmlich geschehen. Das ginge aber über die im Rundfunkstaatsvertrag hier lediglich statuierte Erörterungspflicht hinaus. Anders als auf der nächsten Stufe, im Auswahlverfahren in § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV, ist auf der Stufe der Ausschreibung von einer angestrebten einvernehmlichen Festlegung nicht die Rede, so dass diese - wegen des Vorrangs der gesetzlichen Regelung vor der lediglich konkretisierenden Richtlinie – auch nicht verlangt werden kann. Das Erörterungsrecht ist jedoch auch kein bloß formales Anhörungsrecht, weil mit der Verteilung der Sendezeiten auf sog. Sendezeitschienen schon eine gewisse Vorfestlegung in der Programmgestaltung verbunden ist, wobei der Hauptprogrammveranstalter im Hinblick auf die Einpassung in sein Hauptprogramm, die voraussichtlich zu erreichenden Zuschaueranteile am jeweiligen Sendeplatz und die u.a. damit zu erwartenden Werbeeinnahmen berechtigte eigene Interessen haben kann. Die Erörterung soll daher der Information über die gegenseitigen Vorstellungen und dem Austausch der Argumente dienen, bevor das zuständige Organ der Landesmedienanstalt die Entscheidung über die Ausschreibungsmodalitäten, die in ihrem pflichtgemäßen Ermessen steht, trifft.

87

Eine solche Erörterung hat jedoch unstreitig stattgefunden. Zunächst gab es zwischen Vertretern der Klägerin und der Beklagten am 10. Mai 2011 ein informelles Gespräch statt. Das förmliche und ausdrücklich als solches bezeichnete Erörterungsgespräch wurde dann am 10. Juni 2011 geführt. Dessen Inhalt wurde in einem Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 14. Juni 2011 nochmals zusammengefasst. Demnach sprachen sich die Vertreter der Klägerin für eine andere Aufteilung der Sendeplätze für Drittsendezeiten als bisher aus, nämlich für eine Bündelung aller Drittsendezeiten auf den Montagabend und die separate Ausschreibung von vier, hilfsweise drei Sendezeitschienen.

88

Da das Erörterungsgespräch selbst nicht mit der Versammlung geführt werden muss und kann, muss die Versammlung zwar – damit dem Sinn und Zweck der Erörterung entsprochen wird - über den wesentlichen Inhalt des Erörterungsgesprächs informiert werden. Es gibt jedoch keinen Grund zu der von der Klägerin geäußerten Annahme, dass dies hier nicht geschehen wäre. Dass die in der Verwaltungsakte zu findende Beschlussvorlage des Direktors der Beklagten noch vom 7. Juni 2011 datiert, ist insofern nicht aussagekräftig. Sie beruht offenbar auf einer Empfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses vom 6. Juni 2011, in der, wie aus der Anlage ersichtlich, die Sendezeitschienen und auch deren Bündelung in der Weise vorgeschlagen wurden, wie sie dann später Gegenstand der Ausschreibung wurden. Im Sachverhaltsteil dieser Vorlage wird am Ende erwähnt, dass ein „erstes Vorgespräch“ mit der Hauptprogrammveranstalterin bereits stattgefunden habe; dabei hätten sich die Beteiligten für die in der Ausschreibung aufgeführten Sendezeitschienen ausgesprochen. - Die Klägerin bestreitet, dass dies am 10. Mai 2011 der Fall gewesen sei. - Weiter heißt es aber auch: „Ein weiteres Erörterungsgespräch ist für den 31. Mai 2011 vorgesehen“. Damit war die Notwendigkeit einer – ggf. auch mündlich möglichen - Aktualisierung der in der Vorlage vermittelten Informationen aufgrund des eigentlichen Erörterungsgesprächs aber vorgezeichnet. Der stellvertretende Direktor der Beklagten hat auch in der mündlichen Verhandlung des Gerichts ausdrücklich versichert, dass die Versammlung zur Sitzung am 20. Juni 2011 in aktualisierter Form unterrichtet worden sei. Es besteht für das Gericht kein Grund zu der Annahme, dass der Versammlung absichtlich Informationen vorenthalten worden sein könnten. Auch Zeitgründe sprechen nicht gegen eine Aktualisierung, denn das Schreiben der Klägerin vom 14. Juni 2011 über das Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 ging am 15. Juni 2011 und damit noch 5 Tage vor der Versammlungssitzung bei der Beklagten ein. Die Versammlung hat sich mit der Frage der Sendezeitenschienenbündelung auch befasst und darüber ausdrücklich beschlossen.

89

Dem Hilfsbeweisantrag der Klägerin, alle am 20. Juni 2011 beteiligten Versammlungsmitglieder zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass sich die Versammlung nicht mit den Vorschlägen und Argumenten der Klägerin, betreffend die auszuschreibenden Sendezeitschienen, aus dem Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 bzw. dem klägerischen Schreiben vom 14. Juni 2011 auseinandergesetzt habe bzw. mangels ausreichender Sachkenntnis nicht habe auseinandersetzen konnte, war nicht nachzugehen. In der gestellten Form war der Antrag als sog. Ausforschungsantrag unzulässig, weil er keine konkreten Tatsachen benennt, die die eine oder andere Art der Befassung mit Argumenten als „Auseinandersetzung“ kennzeichnen könnten. In dieser Form ist die Beweisfrage einer Beweiserhebung nicht zugänglich. Das gilt entsprechend auch für die zum Beweisthema gemachte Frage, ob die Versammlung sich „mangels ausreichender Sachkenntnis“ nicht mit den Argumenten habe befassen können. Auch hier fehlt es an einer konkreten Tatsachenbezeichnung. Eine Zeugenvernehmung hätte der Klägerin erst Anhaltspunkte für ihre Annahme verschaffen sollen, dass die Versammlung nicht über ihre abweichenden Vorstellungen in Kenntnis gesetzt worden sei. Das ist jedoch gerade das Kennzeichen unzulässiger Ausforschungsanträge.

90

b) Soweit die Klägerin geltend macht, die Beklagte hätte hinsichtlich der in der Ausschreibung festgelegten sog. Sendezeitschienen, also der zeitlichen Aufteilung der insgesamt zur Verfügung stehenden Drittsendezeiten auf einzelne Programmplätze, ihre Vorstellungen und Wünsche aus sachfremden Gründen nicht genügend berücksichtigt und damit ihre Rechte verletzt, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Sachfremde Motive dafür, dass die Versammlung die Modalitäten der Ausschreibung in der Sitzung vom 20. Juni 2011 abweichend von den Vorstellungen der Klägerin beschloss und festlegte, dass (lediglich) eine weitere Sendezeitschiene von Sonntag auf Montag verlegt werde und dass Bewerbungen nur jeweils gemeinsam für die 1. und 2. Sendezeitschiene und für die 3. und 4. Sendezeitschiene abzugeben seien, lassen sich nicht feststellen. Für den Verdacht der Klägerin, die Beklagte sei von Anfang an – möglicherweise aus standortpolitischen Gründen - schon zugunsten der Beigeladenen zu 1) als in Mainz ansässiger Bewerberin voreingenommen gewesen, könnten zwar einige Umstände sprechen, etwa der Aktenvermerk über das auf Initiative der Beigeladenen zu 1) von ihr bereits im Februar 2011 mit Vertretern der Beklagten geführte Gespräch, in dem die Frage, wann und wie die Drittsendezeiten für die kommende Lizenzperiode ausgeschrieben würden, Gegenstand war (vgl. Aktenvermerk Bl. 1 der Verwaltungsakte). Auch soll der frühere – verstorbene – Direktor der Beklagten gegenüber einer anderen Bewerberin – der Klägerin im Verfahren 5 K 452/12.NW – im Frühjahr 2011 geäußert haben, es solle „alles beim Alten“ bleiben. Schließlich entspricht die beschlossene Art und Weise der Ausschreibung im Ergebnis auch den Vorstellungen der Beigeladenen zu 1), die ihr Interesse an einer Fortsetzung ihrer Zulassung in dieser Weise schon früh in dem bereits erwähnten Gespräch mit Vertretern der Beklagten am 24. Februar 2011 kundgetan hatte (Vermerk Bl. 1 der Verwaltungsakten der Beklagten). Dem Verdacht der Voreingenommenheit tritt aber nicht nur die Beklagte selbst entschieden entgegen. Er lässt sich objektiv nicht untermauern. Selbst wenn etwa der frühere Direktor der Beklagten persönlich zur erneuten Auswahl der Beigeladenen zu 1) geneigt hätte, würde das nicht den Schluss auf eine gleichartige Motivation der Mehrheit der Mitglieder der Versammlung vom 20. Juni 2011 für ihre Entscheidung über die konkreten Ausschreibungsmodalitäten erlauben.

91

Es ist zudem für das Gericht aus den Äußerungen der Klägerin im Rahmen der Erörterung vor der Ausschreibung auch nicht ersichtlich geworden, dass sie mit ihren Gestaltungswünschen die wiederholte Auswahl der Beigeladenen als Drittsendezeitveranstalterin hätte verhindern wollen und dass ihr aus diesem Grunde das Bündeln oder Nichtbündeln der Sendezeitschienen besonders wichtig gewesen wäre. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus dem Schreiben vom 14. Juni 2011, in dem das Ergebnis des Erörterungsgespräches vom gleichen Tag nochmals aus Sicht der Klägerin wiedergegeben und insbesondere der Wunsch nach Zusammenfassung aller Sendezeitschienen auf den Montagabend hervorgehoben wurde. Es dürfte deshalb auch keinen Grund für die Vertreter der Beklagten gegeben haben, dies vor und in der Sitzung der Versammlung vom 20. Juni 2011 besonders zu problematisieren.

92

c) Inhaltlich verstößt die Entscheidung für eine Koppelung je zweier Sendezeitschienen auch sonst nicht gegen Rechtsvorschriften. Insbesondere führt dies nicht zu ungleichen Chancen für die Bewerber oder zu unsachgemäßen Resultaten unter dem Aspekt der angestrebten Vielfalt. Dass auf diese Weise maximal zwei Bewerber zum Zuge kommen konnten, denen je zwei Sendezeitschienen für ihre Programmbeiträge zur Verfügung standen, ermöglichte zweifellos auch eine wirtschaftlichere Planung für den jeweiligen Fensterprogrammveranstalter, und davon mag die Beigeladene zu 1), deren Tätigkeit sich, soweit ersichtlich, bisher auf die Produktion der Fensterprogramme bei Sat.1 beschränkt, möglicherweise am meisten profitieren. Dieser Effekt kommt aber grundsätzlich jedem ausgewählten Bewerber zugute. Die Zusammenfassung von Sendezeitschienen beschränkt auch nicht von vornherein die angestrebte Vielfalt, weil leistungsfähige Bewerber auch verschiedene Programminhalte anbieten können. Im Übrigen hätte auch die von der Klägerin gewünschte separate Ausschreibung am Ende nicht automatisch zur Auswahl von vier verschiedenen Drittsendezeitveranstaltern führen müssen. Sofern sich Bewerber jeweils auf mehrere Schienen bewarben, wäre auch dann die Auswahl desselben Bewerbers für mehrere Sendezeitschienen möglich gewesen.

93

2. Im nachfolgenden Abschnitt zwischen Eingang der Bewerbungen und der eigentlichen Auswahlentscheidung hat das Verfahren jedoch in mindestens dreifacher Hinsicht einen rechtswidrigen Verlauf genommen. Hier wurden in zweifacher Weise wesentliche Beteiligungs- und Verfahrensrechte der Klägerin aus § 31 Abs. 4 Sätze 2 bis 5 RStV verletzt, nämlich deren Recht auf Erörterung mit dem Ziel einer einvernehmlichen Auswahl gem. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV (a), deren Recht auf ein ordnungsgemäßes Auswahlverfahren im Zusammenhang mit der Abgabe eines Dreiervorschlags nach § 31 Abs. 4 Sätze 4 und 5 RStV (b). Weitere Verfahrensfehler sind denkbar, können aber dahinstehen (c). Schließlich verletzt die Auswahlentscheidung jedoch auch das Recht der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin auf ermessensfehlerfreie, am Maßstab der größtmöglichen Vielfalt ausgerichtete Auswahlentscheidung nach § 31 Abs. 4 Sätze 6 und 7 RStV (d).

94

Nach § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV überprüft die zuständige Landesmedienanstalt die eingehenden Anträge auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen dieses Staatsvertrages sowie der sonstigen landesrechtlichen Bestimmungen und teilt dem Hauptprogrammveranstalter die zulassungsfähigen Anträge mit. Sie erörtert mit dem Hauptprogrammveranstalter die Anträge mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen (Satz 3). Kommt eine Einigung nicht zustande und liegen der zuständigen Landesmedienanstalt mehr als drei zulassungsfähige Anträge vor, unterbreitet der Hauptprogrammveranstalter der zuständigen Landesmedienanstalt einen Dreiervorschlag (Satz 4). Die zuständige Landesmedienanstalt kann unter Vielfaltsgesichtspunkten bis zu zwei weitere Vorschläge hinzufügen, die sie erneut mit dem Hauptprogrammveranstalter mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen, erörtert (Satz 5). Kommt eine Einigung nicht zustande, wählt sie aus den Vorschlägen denjenigen Bewerber aus, dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptprogrammveranstalters erwarten lässt und erteilt ihm die Zulassung (Satz 6). Bei drei oder weniger Anträgen trifft die zuständige Landesmedienanstalt die Entscheidung unmittelbar (Satz 7).

95

Diese Regelungen sind primär darauf ausgerichtet, dass die Auswahl der Dritt-sendezeitanbieter möglichst einvernehmlich zwischen Landesmedienanstalt und Hauptprogrammveranstalter vor sich geht. Dem sollen insbesondere die Erörterungspflichten dienen, die auf mehreren Stufen des Verfahrens vorgesehen sind. Dabei ist wesentliches Auswahlkriterium, dass der Bewerber einen zusätzlichen Beitrag zur Vielfalt im Hauptprogramm leistet. Kommt es zu einer einvernehmlichen Auswahl, ist nicht erforderlich, dass der Bewerber mit dem größten Vielfaltsbeitrag zum Zuge kommt. Erst wenn sich Landesmedienanstalt und Hauptprogrammveranstalter nach der Erörterung auf der ersten Stufe (noch) nicht auf einen Drittsendezeitveranstalter für die ausgeschriebene Sendezeit einigen, wird das Verfahren zur Auswahl gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV fortgesetzt.

96

Diesem konsensualen Regulierungssystem des Rundfunkstaatsvertrags (so bezeichnet vom OVG Rheinland-Pfalz im Beschluss vom 6. November 2003, 2 B 11374/03.OVG, ESOVG RP) liegt die Annahme zugrunde, dass bei einer einvernehmlichen Auswahl zwei hohe, jeweils im Verfassungsrecht wurzelnde Rechtsgüter in Einklang gebracht werden können, nämlich einerseits die aus der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Rundfunkfreiheit folgende Aufgabe des Gesetzgebers, freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk zu gewährleisten. Dazu bedarf es nach dem sog. Dritten Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 16. Juni 1981, BVerfGE 57, 295-335, - hier zitiert nach juris -) einer positiven Ordnung, welche sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet und dass auf diese Weise umfassende Informationen geboten werden (BVerfG, a.a.O, Rdnr. 88). Dazu gehöre – und das liege in der Verantwortung des Gesetzgebers –, dass ein Gesamtangebot bestehe, in dem die für die freiheitliche Demokratie konstitutive Meinungsvielfalt zur Darstellung gelange (BVerfG, a.a.O., Rdnr. 94).

97

Dem steht das ebenfalls in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, aber auch in Art. 14 GG gründende Recht des Hauptprogrammveranstalters auf Auswahl, Inhalt und Gestaltung seines Fernsehprogramms gegenüber (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 17. Juli 2003, 6 B 2458/03 - juris - Rdnr. 68 unter Hinweis auf BVerfGE 90, 60 ff.). Anders formuliert geht es darum, eine Auswahlentscheidung zu treffen, bei der die rundfunkbehördliche Aufgabe der Pluralitätssicherung und das Interesse des Hauptprogrammveranstalters an der Wahrung seiner programmlichen Identität jeweils bestmöglich zur Geltung kommen. Aus der gesetzlichen Regelungsabsicht, dem bundesweit zugelassenen Hauptprogrammveranstalter für sein verfassungsrechtlich abgestütztes Bestreben, von Eingriffen in seine Sendezeit tunlichst verschont zu werden, durch Einräumung eines Mitentscheidungsrechts bei der Auswahl der Fensterprogrammanbieter eine Kompensation zu gewähren (so OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. November 2003, a.a.O.), folgt klar, dass es sich hier um ein essentielles Mitwirkungsrecht des Hauptprogrammveranstalters handelt.

98

a) Im vorliegenden Auswahlverfahren fand jedoch eine Erörterung auf der ersten Stufe - nach Eingang aller Bewerbungen und Mitteilung der zulassungsfähigen Anträge an den Hauptprogrammveranstalter gem. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV -überhaupt nicht statt, weil die Beklagte die zeitlichen Schwierigkeiten der Klägerin mit den vorgeschlagenen Terminen als Verzögerungstaktik wertete und auf ihre alternativen Vorschläge nicht mehr einging. Dieses Verhalten der Beklagten widersprach klar dem Rundfunkstaatsvertrag, der weder eine Frist für die notwendige Erörterung setzt noch Ausnahmen von der Erörterungspflicht vorsieht. Solche Ausnahmen könnten daher nach Auffassung der Kammer allenfalls in Betracht kommen, wenn das Verfahren sonst in einer Weise blockiert zu werden drohte, die eine rechtzeitige Zulassungsentscheidung vor Beginn des Zulassungszeitraums nicht mehr erlauben würde. Solche Umstände lagen jedoch am 26. September 2011 nicht vor, als der stellvertretende Direktor der Beklagten der Klägerin gegenüber „feststellte“, eine einvernehmliche Auswahl sei auf der ersten Stufe nicht zustande gekommen. Zu diesem Zeitpunkt lagen der Klägerin die umfangreichen Bewerbungsunterlagen der sechs von der Beklagten vorläufig als zulassungsfähig angesehenen Bewerber erst knapp einen Monat vor. Sie hatte auch gegenüber der Beklagten bereits erläutert, warum die vorgeschlagenen Termine für sie nicht einzuhalten seien, und alternative Terminsvorschläge für den 14. Oktober bzw. für Anfang November 2011 unterbreitet. Da der letzte von der Beklagten von Anfang an vorgeschlagene Termin der 5. Oktober 2011 gewesen war, hatte die Beklagte daher wegen einer Verzögerung um neun Tage bis höchstens einen Monat keinen Grund zu der Annahme, die Klägerin wolle unter Vorwänden das Verfahren verzögern und verschleppen. Sie war folglich auch nicht berechtigt, ohne irgendein zeitliches Entgegenkommen ihrerseits einseitig so frühzeitig das Scheitern einer einvernehmlichen Auswahl zu konstatieren. Die Klägerin widersprach dieser Verfahrensweise daher auch im Antwortschreiben vom 7. Oktober 2011 und formulierte den von ihr bis spätestens zum 10. Oktober 2011 verlangten Dreiervorschlag ausdrücklich unter Vorbehalt.

99

Diese Verkürzung des Verfahrens durch die Beklagte, die der Klägerin die Möglichkeit nahm, ihre Argumente für von ihr bevorzugte Bewerber darzulegen und zu versuchen, mit der Beklagten zunächst aus dem gesamten Bewerberfeld zu einer gemeinsam getragenen Lösung zu kommen, ist angesichts der verfassungsrechtlichen Verankerung des Beteiligungs- bzw. Mitentscheidungsrechts des Hauptprogrammveranstalters an der Auswahl der Drittsendezeitveranstalter in ihrer Tragweite mit einer unterlassenen Anhörung gem. § 28 VwVfG nicht vergleichbar. Sie war daher auch nicht wie ein solcher Anhörungsfehler ohne Weiteres nach § 45 VwVfG heilbar. Die Erörterung mit dem Ziel der einvernehmlichen Auswahl hätte nur auf derselben Verfahrensstufe nachgeholt werden können. Dies ist nicht geschehen. Das Erörterungsgespräch am 14. Oktober 2011 konnte keine heilenden Auswirkungen mehr auf die unterbliebene Erörterung gem. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV haben, denn es fand - nach Abgabe eines Dreiervorschlags seitens der Klägerin und dessen Ergänzung durch zwei weitere von der Beklagten benannte Bewerber - bereits auf der nächsten Verfahrensstufe statt, die gem. § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV eine neue, weitere Erörterungspflicht auslöste.

100

Ist somit die Auswahlentscheidung wegen Verletzung wesentlicher Mitwirkungsrechte der Klägerin rechtswidrig zustande gekommen, führt schon dies zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Zulassungsbescheids.

101

b) Auch die nächste Verfahrensstufe, eingeleitet durch Abgabe eines Dreiervorschlags gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV durch die Klägerin und dessen Ergänzung durch die Beklagte gem. § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV, verlief – unter Verletzung von Beteiligungsrechten der Klägerin - nicht staatsvertragskonform und stellt einen weiteren Grund für die Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidung dar, diesmal allerdings nur bezogen auf die Zulassung zu Gunsten der Beigeladenen zu 2) für die 3./4. Sendezeitschiene.

102

Die Beklagte hätte die Klägerin nicht zur Abgabe eines einheitlichen Dreiervorschlags für beide jeweils zusammengefassten Sendezeitschienen auffordern dürfen, sondern diese Aufforderung auf die 3. und 4. Sendezeitschiene beschränken müssen, weil sich nur auf diese Sendezeitkombination mehr als drei zulassungsfähige Antragsteller beworben hatten. Die Vorschriften in § 31 Abs. 4 RStV über die Auswahl unter mehreren Bewerbern beziehen sich nämlich ersichtlich auf das Modell eines einheitlichen Vergabeverfahrens, in dem sich alle Interessenten grundsätzlich auf die zur Verfügung stehende Drittsendezeit insgesamt bewerben. Das zeigt deutlich die Formulierung in § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV, wonach die zuständige Landesmedienanstalt „das Fensterprogramm“ zur Erteilung „einer Zulassung“ ausschreibt und – nach Satz 6 – bei nicht einvernehmlicher Einigung und Ergänzung des Dreiervorschlags aus den Vorschlägen „denjenigen Bewerber“ auswählt, „dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt …. erwarten lässt, und erteilt ihm die Zulassung“. Eine Aufspaltung der Drittsendezeiten hatten die gesetzgebenden Länder bei der Abfassung dieser Vorschriften nicht im Blick; diese Möglichkeit erwähnt erst die DSZR in ihrer Ziffer 5.1. Die Aufteilung der Drittsendezeit auf mehrere Sendeplätze oder Sendezeitschienen widerspricht den Vorschriften des RStV allerdings auch nicht. Es ist lediglich erforderlich, die Vorschriften jeweils auf diejenigen konkret zur Bewerbung ausgeschriebenen Sendezeitschienen zu beziehen, hinsichtlich derer eine Bewerberkonkurrenz auftritt oder auftreten kann und hinsichtlich derer eine separate Zulassung erteilt werden soll, weil nach den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags aus einem Dreiervorschlag – ggf. nach Ergänzung gem. § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV - nur ein einziger Bewerber übrig bleiben soll, dem dann auch die einzige zur Verfügung stehende Zulassung erteilt werden kann.

103

Nach diesem Verständnis gab es vorliegend inhaltlich zwei parallele, auf zusammengefasster Ausschreibung beruhende Bewerbungsverfahren. Konkurrenzsituationen gab es hier nämlich in beiden Teil-Verfahren: Für die 1. und 2. Sendezeitschiene hatten sich drei Interessenten, darunter die Beigeladene zu 1) beworben, für die 3. und 4. Sendezeitschiene waren fünf Interessenten vorhanden. Beide Kombinationen waren daher jede für sich nach den Regeln in § 31 Abs. 4 Sätze 4-7 RStV zu behandeln (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2010 – 10 ME 439/08 –, juris, in der nur eine von zwei ausgeschriebenen Sendezeitschienen streitgegenständlich war). Nach der hier geübten fehlerhaften Handhabung wären aber am Ende – auf der Grundlage eines einzigen, noch ergänzten Dreiervorschlags – z w e i Bewerber auszuwählen gewesen, die beide eine eigene Zulassung erhalten sollten.

104

Der Fehler wirkte sich allerdings nur auf die Auswahl der Beigeladenen zu 2) aus. Bei rechtmäßiger – nämlich getrennter – Verfahrensweise hätte die Beklagte nämlich für die Kombination aus 1. und 2. Sendezeitschiene gem. § 31 Abs. 4 Satz 7 RStV unmittelbar einen Bewerber auswählen können, da hier nur drei zulassungsfähige Bewerber vorhanden waren. Für die zweite Sendezeitschienen-Kombination war jedoch die Abgabe eines Dreiervorschlags, und zwar alleine bezogen auf den hierfür vorhandenen Bewerberkreis, gem. § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV erforderlich. Hier hatten sich insgesamt fünf Bewerber rechtzeitig beworben, die im Schreiben des Direktors der Beklagten an die Klägerin vom 23./26. August 2011 zunächst auch unter Vorbehalt sämtlich als zulassungsfähig bezeichnet worden waren. Erst später, nämlich in ihrer ersten Sitzung nach Eingang der Bewerbungen am 17. Oktober 2010, erklärte die Versammlung der Beklagten nur vier dieser Bewerber für zulassungsfähig.

105

Das fehlerhafte Verfahren zur Abgabe eines Dreiervorschlags, das durch die entsprechende Aufforderung im Schreiben der Beklagten vom 26. September 2011 eingeleitet wurde, verletzte hinsichtlich der zweiten Sendezeitschienenkombination die Beteiligungsrechte der Klägerin erneut. Sie musste davon ausgehen, dass sie insgesamt nur drei Bewerber für beide Sendezeitschienenkombinationen benennen konnte, und dass auch die Beigeladene zu 1) zum maßgeblichen Bewerberkreis gehöre. Damit wurde sie für die zweite Sendezeitschienenkombination in ihrer Auswahlmöglichkeit unzulässig beschränkt.

106

Dieser Fehler wirkte sich auf die Rechtmäßigkeit der Zulassungsentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 2) im Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aus. Aus 46 VwVfG lässt sich insoweit nichts zugunsten der Beklagten herleiten. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Ein Einfluss des fehlerhaften Verfahrens auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung kann hier aber keineswegs ausgeschlossen werden. Es ist vielmehr offen, welche drei der zunächst fünf als zulassungsfähig bezeichneten Bewerber die Klägerin benannt hätte, wäre das Dreiervorschlagsverfahren staatsvertragskonform abgelaufen und hätte sie sich daher nicht gleichzeitig um den aus ihrer Sicht geeigneten Bewerber für die 1. und 2. Sendezeitschiene Gedanken machen müssen. Offen ist auch, ob die Beklagte dann überhaupt von ihrem Ergänzungsrecht Gebrauch gemacht hätte. Möglicherweise wäre es bei einer so veränderten Ausgangslage zumindest für die zweite Schienen-Kombination sogar nachträglich noch zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen, die auch nicht zwangsläufig auf die Beigeladene zu 2) hätte hinauslaufen müssen. Für das weitere Verfahren hätte auch dies einen erheblichen Unterschied gemacht. Die Klägerin hätte insoweit keinen Anlass zur Klageerhebung gehabt und es wäre eventuell auch nicht in gleichem Umfang zu Konkurrentenklagen gekommen.

107

Welcher alternative Geschehensablauf der wahrscheinlichste ist, ist im Rahmen von § 46 VwVfG nicht erheblich; es genügt für dessen Unanwendbarkeit, dass überhaupt alternative Ablaufmöglichkeiten bestehen.

108

c) Ob die Klägerin zu Recht weitere formelle Fehler im Auswahlverfahren rügt, kann dahinstehen. Das gilt zum einen für die Frage, ob der stellvertretende Direktor der Beklagten die Ergänzung des Dreiervorschlages intern allein entscheiden konnte. Darauf kommt es angesichts des anderweit fehlerhaften Dreiervorschlagsverfahrens nicht an.

109

Schwerer wiegt der Einwand, die Versammlung habe sich nicht mit den Bedenken der KEK auseinandergesetzt, die diese mit Schreiben vom 27. Oktober und 9. November 2011 geäußert habe (u.a. zum Vorab-Ausschluss der N 24 Media GmbH und zur mehrfachen Zulassung der am 17. Oktober 2011 ausgewählten Bewerber). Auch hier verdichtet sich der Eindruck, dass die Beklagte zu eilig vorging und daher die Verfahrensabläufe nicht jederzeit mit dem Rundfunkstaatsvertrag konform waren. Nach § 36 Abs. 5 Satz 2 RStV ist bei Auswahl und Zulassung der Veranstalter nach Satz 1 – das sind Regionalfensterveranstalter und Fensterprogrammveranstalter nach § 31 Abs. 4 RStV – vom zuständigen Organ der Landesmedienanstalt z u v o r (Hervorhebung durch das Gericht) das Benehmen mit der KEK herzustellen. Dies war bei der von der Versammlung der Beklagten am 17. Oktober 2011 unter dem Vorbehalt der Benehmensherstellung beschlossenen Bewerberauswahl noch nicht der Fall. Deshalb wertet die Kammer als eigentliche Auswahlentscheidung auch erst den Umlaufbeschluss des Haupt- und Zulassungsausschusses der Klägerin vom 19. Dezember 2011, der durch die Versammlung am 13. Februar 2012 nochmals bestätigt wurde. Dafür spricht auch, dass die Klägerin erst im Anschluss daran durch Schreiben vom 9. Dezember 2011 zum Abschluss einer Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV mit den ausgewählten Bewerbern, den Beigeladenen zu 1) und 2) aufgefordert wurde. Erst damit war also das Auswahlverfahren als zweite Stufe des Zulassungsverfahrens abgeschlossen.

110

Alle Verfahrensfehler, die auf dieser Stufe geschehen sind, waren danach keiner Heilung mehr zugänglich. Auch wenn gem. § 44 a VwGO Rechtsschutz nur gegen die am Ende schriftlich zu erlassende Zulassungsentscheidung zu erlangen ist (vgl. dazu im Einzelnen den Beschluss der Kammer vom 4. April 2012 im zwischen denselben Beteiligten geführten vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 L 147/12.NW), sind die einzelnen Verfahrensstufen selbständig zu beurteilen, weil sie aufeinander aufbauen. Die Zulassungsentscheidung kann nur rechtmäßig sein, wenn die zugelassenen Bewerber zuvor auch rechtmäßig ausgewählt worden waren. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach der Sach- und Rechtslage am Ende des Auswahlverfahrens.

111

d) Schließlich leidet die Auswahlentscheidung auch an einem materiell-rechtlichen Mangel, der zusätzlich zur Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidungen führt. Die Versammlung der Beklagten hat nämlich die Auswahl unter allen zur Verfügung stehenden Bewerbern nicht in rechtlich einwandfreier Weise getroffen. Es steht ihr zwar als pluralistisch zusammengesetztem Gremium ein Beurteilungsspielraum zu, der gerichtlich nicht überprüfbar ist. Der Entscheidung darf aber kein unzutreffender oder unvollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegen, die gesetzlichen Beurteilungsmaßstäbe dürfen nicht falsch angewendet werden und es dürfen keine sachfremden Erwägungen leitend gewesen sein (dazu allgemein OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2003, a.a.O, Rdnr. 31 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung).

112

Da vorliegend die Entscheidung nicht im Einvernehmen mit der Klägerin zustande gekommen ist, musste sich die Versammlung ausschließlich am Maßstab des § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV orientieren, durfte also nur diejenigen beiden Bewerber auf den jeweiligen Sendezeitschienen-Kombinationen auswählen, die nach ihren Bewerbungsunterlagen und -angaben oder auf sonstiger objektiv-sachlicher Grundlage erwarten ließen, dass ihre angebotenen Programmformate von allen Bewerberangeboten den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Hauptprogramm leisten würden. Diese Auswahl lässt sich rechtmäßig nur treffen, wenn an alle Bewerbungen objektiv die gleichen Auswahlkriterien angelegt werden. Das erfordert insbesondere, dass solche Kriterien überhaupt definiert werden und dass die Mitglieder der Versammlung ihre Auswahlentscheidung nach bestem Wissen an diesen Kriterien orientiert treffen. Außerdem sind hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der Gründe für die getroffene Entscheidung strengere Anforderungen an deren Begründung zu stellen.

113

Hier hat die Versammlung der Beklagten die Auswahlentscheidung nicht nach für alle Bewerber gleichen, rechtlich einwandfreien Kriterien getroffen. Sie hat vielmehr gegenüber der – von der Klägerin in ihrem Dreiervorschlag mitbenannten – Bewerberin N 24 Media GmbH – selbst Klägerin im Verfahren 5 K 452/12.NW – Gründe angeführt, die vor dem Hintergrund der rundfunkrechtlichen Regelungen nicht sachgerecht sind. Obwohl die Beklagte deren Zulassungsfähigkeit nach den Kriterien des § 31 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV bejaht hatte – und zwar unter Verweis auf eine entsprechende Prüfung der KEK im Jahre 2010 (vgl. die Schreiben der Beklagten an die Klägerin und die KEK vom 26. August 2011) – schied sie diese Bewerberin bei der Beurteilung des Vielfaltsbeitrags schon vorweg aus dem in Betracht kommenden Bewerberkreis aus, weil erhebliche Zweifel an ihrer redaktionellen Unabhängigkeit in Bezug auf die Fensterprogramme bestünden, und zwar wegen „zu großer Nähe“ zur Klägerin, der die Tochtergesellschaft der N 24 Media GmbH schon in großem Umfang Auftragsproduktionen für das Hauptprogramm zuliefere. Ein solches zusätzliches Auswahlkriterium findet jedoch in Rundfunkstaatsvertrag und Drittsendezeitenrichtlinie keine Stütze. Im Einzelnen ist dies im Urteil der Kammer vom gleichen Tage im Verfahren 5 K 452/12.NW ausgeführt, das auch gegenüber den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ergangen ist, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen Urteilsgründe Bezug genommen wird.

114

Dieser Fehler macht die Auswahlentscheidung im Hinblick auf beide Sendezeitschienen-Kombinationen zusätzlich rechtswidrig, weil sich die Bewerbung der N 24 Media GmbH auf alle vier Sendezeitschienen bezog, und verletzt auch die Klägerin in ihren Rechten, denn sie muss nur einen mit ihr nicht ausgewählten Drittsendezeitveranstalter akzeptieren, der rechtmäßig ausgewählt worden ist.

115

3) Unabhängig von den bisher dargelegten Mängeln des Auswahlverfahrens, die zur Folge haben, dass auf die Anfechtungsklage der Klägerin hin der Zulassungsbescheid aufzuheben und das Auswahlverfahren mit allen zulassungsfähigen Bewerbern nochmals durchzuführen ist, hätte speziell die Zulassung der Beigeladenen zu 1) auch deswegen nicht erfolgen dürfen, weil es an der nach § 31 Abs. 5 RStV erforderlichen Vereinbarung über eine angemessene Finanzierung ihres Drittsendeprogrammes fehlte.

116

Dabei kann dahinstehen, ob aufgrund der rechtswidrig zustande gekommenen Auswahlentscheidung die Klägerin schon gar nicht verpflichtet war, auf der nächsten Stufe in Verhandlungen mit den ausgewählten Bewerbern einzutreten, und dies nur rechtlich noch nicht geltend machen konnte (vgl. dazu den oben genannten Beschluss vom 4. April 2012, a.a.O.), oder ob dennoch die Pflicht zur weiteren Mitwirkung gem. § 31 Abs. 5 RStV – unter dem Vorbehalt späterer rechtlicher Nachprüfung – bestand. Jedenfalls war die Beklagte nicht berechtigt, die bis zur gesetzten Frist mangels Einigung über die Finanzierung und wegen unterschiedlicher Rechtsauffassungen über weitere von der Klägerin formulierte Vertragsklauseln nicht zustande gekommene Vereinbarung der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1) im Zulassungsbescheid durch eine – nachträglich bis Ende Mai 2013 befristete – „Fortschreibung“ der bisherigen Vereinbarung zu ersetzen und damit diese gem. § 31 Abs. 5 und 6 RStV für die Zulassung notwendige Voraussetzung erst selbst zu schaffen. Das Gericht teilt hier in den wesentlichen Punkten die von der KEK in ihrem Beschluss vom 13./21. März 2012 – KEK 660-3 – eingehend dargelegte Rechtsaufassung, dass eine solche einseitige hoheitliche Fortschreibung der für die aktuelle Zulassungsperiode geschlossenen privatrechtlichen Vereinbarung zwischen Hauptprogrammveranstalter und ausgewähltem Drittsendezeitveran-stalter nicht zulässig ist.

117

Der Kammer kommt es unter den hier gegebenen Umständen nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Fortschreibung unter dem Aspekt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüber der Klägerin ein milderes Mittel ist, als wenn nach Ziffer 6.3. DSZR verfahren und gem. § 26 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 5 RStV der Widerruf der der Klägerin erteilten Lizenz in die Wege geleitet worden wäre. Ebenso kann die Frage dahinstehen, ob ein Widerruf überhaupt für sofort vollziehbar erklärt werden könnte oder diese Sanktion sonst nur ein „stumpfes Schwert“ wäre.

118

Wesentlich ist vielmehr zum einen, dass es zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) streitig und bisher durch die Beklagte nicht genügend aufgeklärt ist, ob das von der Klägerin vorgelegten Vereinbarungsangebot tatsächlich nicht zu angemessenen Bedingungen im Sinne von § 31 Abs. 5 RStV erfolgt ist. Davon hängen aber die weiteren Konsequenzen entscheidend ab. Denn Ziffer 6.2 DSZR erklärt ein Finanzierung für in der Regel ausreichend, wenn sie sich an den durchschnittlichen Programmkosten des Hauptveranstalters für vergleichbare Sendeplätze orientiert. Vorliegend hatte die Klägerin bereits nach der vorläufigen Auswahlentscheidung im Oktober erste Kontakte mit der Beigeladenen zu 1) aufgenommen, vergeblich um eine aktuelle Kalkulation gebeten und daraufhin auf der Basis von ihr als vergleichbar angesehener eigener Programmformate mit gewissen Zuschlägen eine Finanzierung angeboten, deren Sätze allerdings gegenüber den früheren Vereinbarungen erheblich niedriger waren. Daneben bot sie zusätzliche Leistungen, z.B. in Form der Übernahme bestimmter Kosten an (vgl. dazu Ziffer 2.2.6. des Beschlusses der KEK vom 13./21. März 2012) an, deren Wert bei einer Gesamtbeurteilung mit einbezogen werden müsste.

119

Die Beklagte hätte daher zunächst, anstatt innerhalb eines knappen Monats nach Ablauf der den Beteiligten für den Abschluss einer Vereinbarung gesetzten Frist schon unmittelbar die Entscheidung für den ungewöhnlichen Weg der hoheitlichen Fortschreibung zu treffen, die Angemessenheit der angebotenen Finanzierungsbedingungen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens prüfen lassen müssen. Dessen Ergebnis hätte dann ggf. die Beteiligten veranlasst, die Vereinbarung anzupassen, oder jedenfalls geklärt, welcher der beiden in Ziffer 6.3 DSZR aufgezeigten Wege zu gehen gewesen wäre: Ein angemessenes Angebot müsste die Beigeladene zu 1) annehmen; im Weigerungsfalle wäre mit den verbliebenen Bewerbern erneut in das Auswahlverfahren einzutreten (Ziffer 6.3 Satz 1 DSZR). Andernfalls, wenn der Hauptveranstalter die nach § 26 Abs. 5 Sätze 1 und 2 RStV zur Einräumung von Drittsendezeit erforderlichen Maßnahmen nicht träfe, müsste die zuständige Medienanstalt – nach entsprechender Feststellung durch die KEK – dessen Zulassung unmittelbar aufgrund der zwingenden Vorschrift in § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV widerrufen.

120

Die KEK weist in ihrem Beschluss vom 13./21. März 2012, in dem sie ihre „rundfunkrechtlichen Bedenken“ gegen die Fortschreibung der Vereinbarung ausführlich darlegt, zu Recht darauf hin, dass die Regelungen von Drittsendezeitenrichtlinie und Rundfunkstaatsvertrag hier ohne Weiteres miteinander vereinbar sind und klare Vorgaben enthalten, die auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen. Sie sieht deshalb keine anderweitig auszufüllende Regelungslücke oder Auslegungsmöglichkeit, die den Weg für die gewählte Fortschreibung eröffnen würde. Dem schließt sich die Kammer in vollem Umfang an. Auch sie sieht in § 31 Abs. 5 und Abs. 6 RStV eindeutig keine Ermächtigung zu einem hoheitlichen Eingriff in die Privatautonomie der Rundfunkveranstalter. Dafür gibt es weder dem Wortlaut noch der Systematik nach einen Anknüpfungspunkt. Die Aufnahme wesentlicher Vereinbarungsinhalte in die Zulassung gem. § 31 Abs. 6 RStV setzt vielmehr gerade eine vorher privatautonom getroffene Vereinbarung der künftigen Vertragspartner gerade voraus (zur Wechselbezüglichkeit der privatrechtlichen Vereinbarung und der entsprechenden Zulassungsbedingungen vgl. auch den Beschluss der Kammer vom 4. April 2012 im Verfahren 5 L 147/12.NW).

121

Auch räumt § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV als zwingende Vorschrift der Landesmedienanstalt kein Ermessen zur Anwendung eines alternativen – möglicherweise milderen, vielleicht aber auch nur andersartigen, aber ähnlich einschneidenden – Mittels ein (vgl. dazu auch Ziffer 2.3.8 des genannten Beschlusses der KEK ).

122

Die Fortschreibung wird, weil es für sie keine Rechtsgrundlage gibt, schließlich auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Beigeladene zu 1) und mit ihr die Beklagte nicht nur die angebotenen niedrigeren Finanzierungskosten für unzumutbar halten, sondern auch andere Vertragsklauseln beanstanden. Ob diese Klauseln - insgesamt oder nur teilweise – mit den rundfunkrechtlichen Regelungen vereinbar oder als unzulässig zu qualifizieren sind, weil sie zu einer unangemessenen Einschränkung der Beigeladenen zu 1) als Drittsendezeitveranstalterin führen würden (hierzu im Einzelnen Ziffern bis 2.5 des Beschlusses der KEK vom 13./21. März 2012), hätte ebenfalls in der notwendigen weiteren Verhandlungsphase geklärt werden können. Der Kammer erscheint im Übrigen zumindest die Kündigungsklausel, die auf den Ausgang dieses Klageverfahrens abstellt, im Hinblick auf die schon erwähnten Ausführungen in ihrem Beschluss vom 4. April 2012 (a.a.O) nicht offensichtlich rechtswidrig.

123

Da der Klage nach alledem stattzugeben war, haben die Beklagte gem. § 154 Abs. 1 VwGO und die Beigeladenen zu 1) und 2), die ebenfalls Klageabweisungsanträge gestellt haben, gem. § 154 Abs. 3 VwGO die Kosten des Verfahrens zu gleichen Teilen zu tragen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

124

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gem. §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

125

Beschluss

126

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 200.000 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.


Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 wird aufgehoben.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte und die Beigeladenen je zu 1/3. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und die Beigeladenen jeweils selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte und die Beigeladenen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Veranstalterin des privaten Fernsehvollprogramms Sat.1. Sie ist gem. § 26 Abs. 5 des Rundfunkstaatsvertrags vom 31. August 1991 in der seit 1. September 2008 geltenden Fassung – RStV – verpflichtet, in ihrem Programm Sendezeiten für unabhängige Dritte in Form eines sog. Fensterprogramms einzuräumen. Mit ihrer Klage begehrt sie die Aufhebung der Entscheidung der beklagten Landesmedienanstalt vom 17. April 2012, mit der den Beigeladenen zu 1) und 2) die Zulassung als Veranstalter von Fensterprogrammen in ihrem Hauptprogramm erteilt wird, während die Zulassungsanträge anderer Mitbewerber gleichzeitig abgelehnt wurden.

2

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

3

Die Beklagte schrieb im Staatsanzeiger vom 4. Juli 2011 Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm der Klägerin aus, und zwar für vier nach Uhrzeit und Sendedauer festgelegte Zeitfenster für Fernsehprogramme (sog. Sendezeitschienen), wobei die Bewerbungen für jeweils zwei Sendezeitschienen gemeinsam abzugeben waren. Erlaubnisbeginn soll laut Ausschreibung der 1. Juni 2013 sein. Bis zum Ablauf der Ausschreibungsfrist am 15. August 2011 gingen sechs Bewerbungen ein, darunter die der beiden Beigeladenen, die auch in der Vergangenheit einschließlich des derzeit noch laufenden Zulassungszeitraums die Fensterprogramme bei Sat.1 veranstaltet haben. Eine weitere Bewerbung ging erst nach Ablauf der Frist ein und blieb unberücksichtigt. Für die 1. und 2. Sendezeitschiene bewarben sich insgesamt drei Veranstalter von Fernsehprogrammen, darunter auch die Beigeladene zu 1), für die 3. und 4. Sendezeitschiene gab es fünf Bewerber, darunter die Beigeladene zu 2). Dabei bewarben sich zwei Bewerber – die Klägerinnen der gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 404/12.NW bzw. und 5 K 452/12.NW – jeweils auf beide Sendezeitschienen-Kombinationen.

4

Die eingegangenen Bewerbungsunterlagen wurden mit Schreiben vom 23. und 26. August 2011 der Klägerin übersandt und gleichzeitig auch der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK – mit dem Zusatz, vorbehaltlich der Beratung in den Gremien der LMK werde von der Zulassungsfähigkeit aller sechs Bewerber im Hinblick auf die Vorschriften in § 31 Abs. 3, § 28 RStV ausgegangen.

5

In der Folgezeit kam zunächst wegen divergierender Terminsvorschläge kein Termin zur Erörterung zwischen der Klägerin und der Beklagten mit dem Ziel der einvernehmlichen Auswahl der Drittsendezeitanbieter zustande. Mit Schreiben vom 26. September 2011, in dem sie sich auch auf ein Schreiben der Klägerin vom 23. September und die „dort eingebrachten Terminvorschläge“ bezog, führte der stellvertretende Direktor der Beklagten aus, der straffe Zeitplan sei, soweit möglich, auch den Interessen und Bedürfnissen der Klägerin angepasst worden. Eine weitere Verzögerung sei nicht hinnehmbar. Da die Klägerin keinen der von ihm vorgeschlagenen Termine realisiere, stelle er fest, dass ein einvernehmliches Auswahlverfahren in der ersten Runde nicht zustande gekommen sei. Da insgesamt mehr als drei Bewerbungen für die Drittsendezeit vorlägen, habe nunmehr der Hauptprogrammveranstalter das Recht, der Landesmedienanstalt einen Dreiervorschlag zu unterbreiten. Dafür werde eine Frist bis 10. Oktober 2011 gesetzt. Sollte bis dahin kein Dreiervorschlag eingehen, gelte das als Verzicht auf diese Möglichkeit. Es heißt dann weiter: „Unterstellt, dass die LMK diesen Dreiervorschlag um bis zu zwei Positionen zu ergänzen hätte, wird vom Rundfunkstaatsvertrag ein erneuter Versuch der einvernehmlichen Auswahl eröffnet. Hier greife ich gerne Ihren ersten Terminvorschlag auf…“. Die Klägerin rügte mit Schreiben vom 7. Oktober 2011 ausdrücklich den bisherigen Verfahrensablauf, in dem ihr schon zum zweiten Mal eine Erörterung verweigert werde, regte an, doch noch ein Erörterungsgespräch zur einvernehmlichen Auswahl zu führen, und benannte dazu ihre Vorstellungen, machte jedoch angesichts der Fristsetzung auch einen Dreiervorschlag, in dem sie - ohne Differenzierung nach Sendezeitschienen - insgesamt drei Bewerberinnen benannte, darunter jedoch nicht die Beigeladenen zu 1) und 2).

6

Am 10. Oktober 2011 fand eine Sitzung des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten statt, in der u.a. die Empfehlung an die Versammlung beschlossen wurde, fünf der insgesamt sieben eingegangenen Bewerbungen für zulassungsfähig zu erklären.

7

Mit ebenfalls vom 10. Oktober 2011 datierendem Schreiben teilte der stellvertretende Direktor der Beklagten der Klägerin mit, ihrem rechtzeitig eingegangen Dreiervorschlag füge die LMK noch die Beigeladenen zu 2) und 3) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV aus Gründen der Vielfalt hinzu. Damit bestehe eine Auswahlmöglichkeit aus der gesamten Bewerberschar, die eine zulassungsfähige Bewerbung vorgelegt habe.

8

Ein Gespräch zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beklagten am 14. Oktober 2011 führte nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl; insbesondere bestanden unvereinbare Vorstellungen hinsichtlich der 1. und 2. Sendezeitschiene.

9

Aufgrund der Empfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses der Beklagten beschloss deren Versammlung am 17. Oktober 2011, für die 1. und 2. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1) mit ihren Formaten „Weck up“ und „Planetopia“ und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Formate „News und Stories“ bzw. „Spiegel TV Reportage“ und „Focus TV Reportage“ der Beigeladenen zu 2) auszuwählen. Ziffer IV des Beschlusses lautet: „Die Auswahl steht unter dem Vorbehalt der Herstellung des Benehmens mit der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK)“. Ziffer V lautet: „Die ausgewählten Bewerber und die Sat.1 SatellitenFernsehen GmbH sind gehalten, eine Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV abzuschließen“.

10

Die Beklagte unterrichtete die Klägerin und die Beigeladenen mit Schreiben vom 18. Oktober 2011 von dem Beschluss, der außerdem der KEK zur Herstellung des Benehmens übermittelt wurde. Die KEK teilte zunächst mit Schreiben vom 9. November 2011 mit, wegen verschiedener klärungsbedürftiger Fragen sei sie noch nicht zu einer abschließenden Bewertung gekommen. Genannt wurden u.a. die Themenkomplexe „Vorab-Ausschluss der N 24 Media GmbH von der eigentlichen Abwägungsentscheidung“ und die „seit 1998 fortwährende Lizenzierung“ der Beigeladenen zu 1) und 2) als Drittfensterveranstalter bei Sat.1. In ihrer Sitzung am 5. Dezember 2011 setzte sich die Versammlung der Beklagten inhaltlich mit den Bedenken der KEK auseinander. Nachdem in der Sitzung der KEK am 13. Dezember 2011 der stellvertretende Direktor der Beklagten zu den Bedenken Stellung genommen hatte, beschloss die KEK, dass gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 1. und 2. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 1) und für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 2) auszuwählen, keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden.

11

Einem Beschlussvorschlag des Direktors der Beklagten vom 15. Dezember 2011 folgend stellte anschließend deren Hauptausschuss im Umlaufverfahren fest, dass das Benehmen mit der KEK hergestellt sei, dass der entsprechende Vorbehalt in Ziffer IV des Beschlusses der Versammlung vom 17. Oktober 2001 entfalle (Ziffer II) und dass an die Beigeladenen zu 1) und 2) Zulassungen erteilt würden „nach Maßgabe der Vorbehalte unter Ziffer IV“. Ziffer IV lautet: „Die Zulassungen stehen unter dem Vorbehalt des Benehmens mit der KEK. Sie stehen weiterhin unter dem Vorbehalt einer Vereinbarung gem. § 31 Abs. 5 RStV. Für diese Vereinbarung wird den Beteiligten eine Frist gesetzt bis …26. Januar 2012…. Ist bis zu diesem Zeitpunkt eine Vereinbarung nicht zustande gekommen, so legen die Parteien innerhalb der gleichen Frist ihre Kalkulationen für eine „ausreichende Finanzierung“ der zu lizenzierenden Programme der LMK vor“.

12

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 setzte die Beklagte u.a. die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens von dem „weiteren Beschluss der LMK“, der beigefügt war, in Kenntnis und wies darauf hin, dass es sich nicht um einen Zulassungsbescheid, sondern um dessen Vorbereitung handle.

13

Die Klägerin erhob gegen den „Beschluss vom 19. Dezember 2011“ am 13. Februar 2012 Klage (AZ. 5 K 148/12.NW) und stellte gleichzeitig einen vorläufigen Rechtsschutzantrag, der mit Beschluss des erkennenden Gerichts vom 4. April 2012 abgelehnt wurde (AZ. 5 L 147/12.NW). Die Klage wurde zurückgenommen.

14

Eine Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 2) und der Klägerin lag am 17. Januar 2012 vor. Die Beigeladene zu 1) lehnte hingegen ein Vereinbarungsangebot der Klägerin, das gegenüber der derzeit noch geltenden Vereinbarung u.a. deutlich geringere Finanzierungsbeträge enthält, als nicht angemessen ab.

15

In der 24. Sitzung der Versammlung der Beklagten am 13. Februar 2012 wurde zunächst die Entscheidung des Hauptausschusses vom Dezember 2011 bestätigt. Weiter stellte die Versammlung hinsichtlich der beabsichtigten Zulassung der Beigeladenen zu 1) für die 1. und 2. Sendezeitschiene fest, dass das von der Klägerin übermittelte Vertragsangebot nicht die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 31 Abs. 5, Abs. 6 RStV erfülle, und beschloss, dass der Vorbehalt der Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV entfalle und die LMK vorläufig die Zulassung auf der Grundlage der früheren Vereinbarung der Parteien vom 30. August 2007/26. September 2007 erteile. Eine abweichende Vereinbarung, die die gesetzliche Voraussetzung ebenfalls erfülle, bleibe möglich, sie ersetze dann die erstgenannte Vereinbarung. Die Ziffern 2.2, 6.1, 6.2, 6.4, 6.5 und 8 der genannten Vereinbarung von 2007 seien Bestandteil der Zulassung; der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK bleibe aufrechterhalten. Für die Zulassung der Beigeladenen zu 2) auf die 3. und 4. Sendezeitschiene entfalle der Vorbehalt der Vereinbarung und bleibe der Vorbehalt des Benehmens mit der KEK aufrechterhalten. Die Zulassungen würden erteilt für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis zum 31. Mai 2018. Nach der Herstellung des Benehmens mit der KEK solle die zusammenfassende Beschlussfassung über die das Verfahren beendenden Bescheide im Hauptausschuss erfolgen.

16

Die KEK teilte der Beklagten mit Schreiben vom 23. März 2012 unter Beifügung ihrer entsprechenden Beschlüsse vom 13. März 2012 mit, es bestünden rundfunkrechtliche Bedenken gegen die vorgesehene Entscheidung, der Beigeladenen zu 1) die Zulassung vorläufig auf der Grundlage der Vereinbarung von 2007 zu erteilen. Keine Bedenken bestünden gegen die vorgesehene Entscheidung, für die 3. und 4. Sendezeitschiene die Beigeladene zu 2) zuzulassen.

17

In ihrer 25. Sitzung am 16. April 2012 beschloss die Versammlung der Beklagten schließlich die Zulassung der Beigeladenen zu 1) und 2), die entsprechende Beschränkung der Zulassung des Hauptprogrammveranstalters und die Ablehnung der Zulassungsanträge der weiteren Mitbewerber, außerdem die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

18

Diese Beschlüsse wurden im Wortlaut Gegenstand des von der Beklagten am 17. April 2012 erlassenen, vorliegend angefochtenen Bescheides, der im Wesentlichen folgenden Inhalt hat:

19

In Abschnitt A wird der Beigeladenen zu 1) die Zulassung zur Veranstaltung und Verbreitung von zwei überregionalen Fernsehfensterprogrammen im Hauptprogramm der Klägerin auf der 1. und 2. Sendezeitschiene erteilt (Ziff. 1 - 4). Gem. Ziff. 5 wird bis zum Abschluss einer Vereinbarung mit der Beigeladenen zu 1) gemäß § 31 Abs. 5 RStV die in der vergangenen Lizenzperiode abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet; deren Ziff. 2.2, 6.1, 6.2 6.4 6.5 und 8 blieben bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung Bestandteil der Zulassung.

20

Abschnitt B enthält die Zulassung der Beigeladenen zu 2) für die 3. und 4. Sendezeitschiene mit entsprechenden Maßgaben.

21

Abschnitt C betrifft die Befristung und Änderung der an die Beigeladene zu 1) erteilten Zulassung entsprechend A und B. Dort heißt es unter Ziffer 4: „Bis zum Abschluss einer Vereinbarung über die Ausstrahlung der Fensterprogramme auf der ersten und zweiten Sendezeitschiene zwischen Sat.1 und dem unabhängigen Drittanbieter … wird für die Zeit ab dem 1. Juni 2013 die in der vergangenen Lizenzperiode von den Beteiligten abgeschlossene Vereinbarung als weiterhin gültig erachtet...“.

22

In Abschnitt D werden die Anträge der konkurrierenden Bewerber auf alle Sendezeitschienen abgelehnt. Abschnitt E enthält die Anordnung des Sofortvollzugs.

23

Zur Begründung legte die Beklagte – nach Schilderung des Verfahrensganges – zunächst unter II. im Einzelnen dar, warum die ausgewählten Bewerber die Anforderungen des Rundfunkstaatsvertrags nach Überzeugung ihrer Versammlung in einem Maße erfüllten, das von keinem anderen Bewerber und auch von keiner anderen Kombination von Bewerbern erreicht werde. Außerdem enthält der Bescheid Ausführungen dazu, dass bei der Mitbewerberin N 24 Media GmbH wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit ihrer 100%igen Tochterfirma von Sat.1 die Vermutung ihrer redaktionellen Unabhängigkeit deutlich weniger als bei allen anderen Bewerbern gegeben sei. Es bestehe eine große Nähe von N 24 zum Hauptveranstalter (S. 9 des Bescheides), die zu einer Nichtberücksichtigung führen müsse. Aufgrund der „eingeschränkten/geringeren redaktionellen Unabhängigkeit“ sei ihr Vielfaltsbeitrag deutlich verringert und damit „nachrangig zu den Mitbewerbern“ (S. 12 des Bescheides).

24

Beim inhaltlichen Vergleich der verbleibenden Bewerber in den Sendezeitschienen stellten die ausgewählten Angebote insbesondere in ihrer Gesamtheit die maximal erreichbare Vielfaltserhöhung dar. Dass die derzeitigen Erlaubnisinhaber erneut berücksichtigt worden seien, sei nicht fehlerhaft, denn der Vielfaltsbegriff sei inhaltsbezogen, nicht unternehmensbezogen zu verstehen. Auch nicht relevant sei, dass die Beigeladene zu 2) auch bei RTL lizenziert sei. Zwar verlange die Drittsendezeitrichtlinie eine Abstimmung der beteiligten Landesmedienanstalten bei mehrfacher Lizenzierung. Wegen der unterschiedlichen Zeitpunkte der Zulassung gebe es hier aber keine Parallelität, so dass die Vorschrift keine Anwendung finde. Insbesondere der Kulturbeitrag der Sendung „News and Stories“ der Beigeladenen zu 2) sei sehr hoch und möglicherweise im deutschen Fernsehen einzigartig. Einen vergleichbaren Solitär stelle das Wissenschaftsmagazin „Planetopia“ der Beigeladenen zu 1) dar.

25

Im Weiteren wird näher begründet, warum der Beigeladenen zu 1) auch ohne eine aktuelle Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 und 6 RStV eine Erlaubnis erteilt werden könne. Der gewählte Weg einer Fortschreibung der bisherigen Vereinbarung sei gegenüber dem in der Drittsendezeitrichtlinie vorgesehenen Verfahren zur Lizenzentziehung als milderes Mittel anzusehen.

26

Nach Zustellung dieser Entscheidung hat die Klägerin am 8. Mai 2012 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor:

27

Der von der Beklagten erlassene Gesamtbescheid sei unteilbar, werde deshalb im Ganzen angefochten. Das Gericht habe daraufhin auch das gesamte Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen. Die mit dem Bescheid vom 17. April 2012 getroffenen Auswahl-, Zulassungs- und Teillizenzentzugsentscheidungen beruhten auf mehreren offensichtlichen Verfahrensmängeln. Der rechtswidrige Bescheid verletze sie, die Klägerin, in ihren subjektiv öffentlichen Rechten. Diese folgten schon aus den einfach-rechtlichen Verfahrensvorschriften, insbesondere in § 31 Abs. 4 RStV, die anerkanntermaßen dem Schutz der Interessen des Hauptprogrammveranstalters dienten. Darüber hinaus sei sie in ihren Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verletzt.

28

Das gesamte Drittsendezeit-Auswahlverfahren in § 31 Abs. 4 RStV gehe vom Grundsatz einer einvernehmlichen Regelung zwischen der zuständigen Landesmedienanstalt und dem Hauptprogrammveranstalter aus. Dies ergebe sich klar aus der Amtlichen Begründung zum dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Die berechtigten Interessen des Hauptprogrammveranstalters müssten angemessen berücksichtigt werden. Dies sei im vorliegenden Verfahren an mehreren Stellen nicht geschehen. Zunächst seien auf der ersten Erörterungsstufe gemäß § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV die Ausschreibungsmodalitäten nicht einvernehmlich mit der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin festgelegt worden. Es habe nicht einmal eine ordnungsgemäße ergebnisoffene Erörterung dieser Modalitäten zwischen Beklagter und Klägerin gegeben. Zwar habe am 10. Juni 2011 ein Gespräch stattgefunden, in dem die Klägerin sich für eine Bündelung der Drittsendezeiten am Montagabend und die Ausschreibung von vier, hilfsweise drei unabhängigen Sendezeitschienen ausgesprochen habe. Zuvor habe es im Mai 2011 nur ein informelles Gespräch zwischen der Klägerin und ihrem früheren Geschäftsführer und Vertretern der Beklagten gegeben, in dem es entgegen der Darstellung in der Beschlussvorlage der Beklagten vom 7. Juni 2011 aber keine einvernehmliche Festlegung der Sendezeitschienen gegeben habe. Offenbar sei die Beklagte bereits vor den Gesprächen mit der Klägerin auf die Ausschreibungsmodalitäten, wie sie anschließend beschlossen worden seien, festgelegt gewesen, was sich insbesondere aus Aktenvermerken über Gespräche mit Vertretern der Beigeladenen zu 1) entnehmen lasse, die diese Modalitäten stark befürwortet hätten.

29

Die abweichenden Vorstellungen der Klägerin, geäußert im Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 und nochmals niedergelegt in einem Schreiben vom 14. Juni 2011, seien unberücksichtigt geblieben. Die Versammlung der Beklagten habe am 20. Juni 2011 die Ausschreibung anders beschlossen. Es spreche viel dafür, dass die zuständige Versammlung über die anders lautenden Vorstellungen der Klägerin gar nicht informiert worden sei, nachdem die Beschlussvorlage für die Sitzung am 20. Juni 2011 vom 7. Juni 2011 datiere und sich auch sonst aus den Akten nichts dafür ergebe, dass die Versammlung über die Vorschläge und Argumente der Klägerin aus dem Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 und dem Schreiben vom 14. Juni 2011 in Kenntnis gesetzt worden sei. Dies mache schon die Ausschreibung selbst rechtswidrig.

30

Der Klägerin sei auch eine Erörterung der eingegangenen Anträge nach Ausschreibung gemäß § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV verweigert worden. Die Beklagte habe insoweit unzulässig Zeitdruck ausgeübt. Die Klägerin habe erst zum 1. September 2011 alle Bewerberunterlagen vorliegen gehabt, die danach hätten geprüft werden müssen. Außerdem habe eine Stellungnahme dazu innerhalb der Fachabteilungen der Klägerin abgestimmt werden müssen. Die Zeitvorgabe der Beklagten hierfür bis spätestens 5. Oktober 2011 sei daher nicht realisierbar gewesen. Auf ihre alternativen Terminsvorschläge sei jedoch die Beklagte nicht eingegangen, sondern habe das Verfahren trotz Protests der Klägerin auf der nächsten Stufe (Dreiervorschlag) weitergeführt. Angesichts des Zulassungsbeginns für die Fensterveranstalter ab 1. Juni 2013 sei die von der Beklagten geltend gemachte Eilbedürftigkeit nicht vorhanden gewesen, zumal der früheste angebotene Alternativtermin am 14. Oktober 2011 nur neun Tage nach dem letzten von der Beklagten vorgeschlagenen Termin und noch vor dem Termin der Versammlung der Beklagten vom 17. Oktober 2011 gelegen habe. Den Vorwurf, sie, die Klägerin, wolle das Verfahren in die Länge ziehen, weise sie nachdrücklich zurück. Es habe keinen legitimen Grund für die Beklagte gegeben, die Erörterung der Anträge i.S.d. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV als gescheitert zu betrachten. Der Gesprächstermin zwischen Vertretern der Klägerin und Ministerpräsident Beck am 20. September 2011 sei hierfür ohne Bedeutung.

31

Verfahrensfehlerhaft sei auch, dass dem (unter Vorbehalt abgegebenen) Dreiervorschlag der Klägerin zwei weitere Vorschläge hinzugefügt worden seien, ohne dass dem ein Beschluss seitens der Beklagten zugrunde gelegen habe. Ein Beschluss des Rechts- und Zulassungsausschusses vom 10. Oktober 2011 empfehle der Versammlung nur, fünf der insgesamt sieben Bewerbungen als zulassungsfähig zu erklären. Das sei keine Entscheidung über die Hinzufügung zweier Vorschläge. Nur die Versammlung hätte auch feststellen können, dass eine einvernehmliche Einigung – nach dem Erörterungsgespräch über den Fünfervorschlag am 14. Oktober 2011 – nicht zustande gekommen sei, sie habe darüber jedoch nicht entschieden. Die Ergänzung des Dreiervorschlags der Klägerin sei vom stellvertretenden Direktor der Beklagten in dem Erörterungsgespräch vom 14. Oktober 2012 auch zu Unrecht damit begründet worden, dass der größtmögliche Vielfaltsbeitrag zu erreichen sei. Bei einer einvernehmlichen Entscheidung hätte jedoch genügt, dass überhaupt ein Vielfaltsbeitrag erreicht werde.

32

Sollte der Dreiervorschlag jeweils für die gebündelten Sendezeitschienen isoliert zu betrachten sein, so hätte ein Dreiervorschlag also lediglich für die 3. und 4. Sendezeitschiene abgegeben werden dürfen, da es für die 1. und 2. Sendezeitschiene nur drei zulassungsfähige Bewerber gegeben habe. Gleichzeitig wäre aber auch lediglich auf der dritten und vierten Sendezeitschiene eine Zufügung zweier weiterer Bewerber möglich gewesen. Darin lägen Verfahrensfehler, die auch nicht unbeachtlich seien. Es könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass es zwischen der Klägerin und der Beklagten auf der dritten und vierten Sendezeitschiene zu einer einvernehmlichen Regelung gekommen wäre, wenn nur diese zur Disposition gestanden hätte. Da dafür eine Erörterung notwendig gewesen wäre, deren Ergebnis nicht antizipiert werden könne, bestehe nicht die nach § 46 VwVfG erforderliche Alternativlosigkeit.

33

Weitere gesetzlich vorgesehene Verfahrensabläufe seien missachtet worden: Das Erörterungsgespräch über die Ausschreibungsmodalitäten habe bereits stattgefunden, bevor die KEK nach § 26 Abs. 5 RStV die relevanten Zuschaueranteile der Klägerin festgestellt gehabt habe und feststand, dass eine Pflicht zur Einräumung von Drittsendezeiten bestand. Die KEK habe dies erst am 14. Juni 2011 beschlossen. Außerdem hätte die Beklagte die Klägerin nicht zur Abgabe eines Dreiervorschlages auffordern dürfen, bevor eine Entscheidung über die Zulassungsfähigkeit der einzelnen Anträge getroffen wurde. Darüber sei jedoch erst mit Beschluss vom 10. Oktober 2011 in der 25. Sitzung des Rechts- und Zulassungsausschusses befunden worden.

34

Darüber hinaus sei es verfahrensfehlerhaft, dass die Beklagte sowohl die Auswahl- als auch die Zulassungsentscheidung getroffen habe, ohne zuvor das Benehmen mit der KEK hergestellt zu haben. Das Gesetz lege hier eine klare Reihenfolge fest. Dies habe die Beklagte umgangen, indem sie die Beschlüsse bereits vorab gefasst habe und sie nur mit dem Vorbehalt der Benehmensherstellung versehen habe. Sie hätte höchstens eine Auswahlempfehlung treffen dürfen, ohne sich bereits festzulegen. Danach habe sich die Beklagte mit den geäußerten Bedenken und abweichenden Bewertungen der KEK ernsthaft und ergebnisoffen nicht mehr befasst. Dass sie die später geäußerten Bedenken der KEK zur Kenntnis genommen habe, reiche für eine ordnungsgemäße Benehmensherstellung nicht. Das gelte zunächst für die ursprünglichen Bedenken der KEK bezüglich der angeblichen Abhängigkeit der N24 Media GmbH im Verhältnis zur Klägerin. Die Auswahlentscheidung hätte auch nicht durch Beschluss des Hauptausschusses der Beklagten, noch dazu im Umlaufverfahren, getroffen werden dürfen, denn die nach der Geschäftsordnung der Versammlung notwendige Eilbedürftigkeit habe nicht vorgelegen.

35

Auch mit den rundfunkrechtlichen Bedenken der KEK gegenüber der Zulassung der Beigeladenen zu 1) auf der Grundlage der Fortschreibung der bisherigen vertraglichen Vereinbarungen mit der Klägerin habe die Versammlung sich nicht mehr auseinandergesetzt. Sie habe sich insoweit selbst unter faktischen Vollzugszwang gesetzt, indem sie ohne Not mit Pressemitteilung vom 13. Februar 2012 öffentlich verkündet habe, wie sie hinsichtlich des Angebots der Klägerin vorgehen wolle.

36

Die genannten Verfahrensfehler seien jeder für sich, jedenfalls aber in ihrer Gesamtheit auch nicht nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Es handele sich bereits um absolute Verfahrensfehler, weil damit gegen Verfahrensrechte der Klägerin verstoßen worden sei, die ihr eine eigene, unabhängig vom materiellen Recht durchsetzbare Rechtsposition gewähren wollten. Dies gelte im besonderen Maße für die Erörterungspflichten mit dem Hauptprogrammveranstalter, die ein klassisches, eigene Rechtspositionen begründendes Mitwirkungsrecht darstellten. Im Übrigen hätte bei Einhaltung aller genannten Vorschriften jeweils die Entscheidung anders ausfallen können, so dass auch eine Unbeachtlichkeit i.S.v. § 46 VwVfG ausscheide.

37

Unter Verstoß gegen den in § 30 VwVfG normierten Geheimhaltungsgrundsatz habe die Beklagte auch in dem als Gesamtbescheid an alle Beteiligten abgefassten Zulassungsbescheid vom 17. April 2012 geheimhaltungsbedürftige Tatsachen offengelegt, die nur im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) relevant seien.

38

Erhebliche formelle Zweifel bestünden schließlich auch daran, ob die Beklagte für eine Fortschreibung der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) – abgesehen von deren materieller Rechtswidrigkeit – überhaupt (allein) zuständig gewesen sei. Wenn nämlich gemäß Ziffer 6.3 der Drittsendezeitenrichtlinie unter Umständen ein Lizenzentzug gemäß § 26 Abs. 5 RStV in Betracht gekommen wäre und dies nur nach Feststellung durch die KEK hätte geschehen dürfen (§ 26 Abs. 5 Satz 3 RStV), hätte die KEK auch eingeschaltet werden müssen, wenn die Beklagte ein angeblich milderes Mittel als Sanktion habe anwenden wollen.

39

Zudem habe die Beklagte die Frage, ob die Klägerin der Beigeladenen zu 1) eine ausreichende Finanzierung nach § 31 Abs. 5 RStV angeboten habe, entgegen § 24 VwVfG nicht genügend aufgeklärt, insbesondere die Heranziehung von Sachverständigen unterlassen. Die Klägerin habe eine aktuelle Kalkulation der Beigeladenen zu 1) trotz ihrer entsprechenden Bitte mit Schreiben vom 28. Oktober 2011 übrigens nie erhalten. Es werde bezweifelt, dass der Beklagten eine solche Kalkulation vorgelegen habe.

40

Die Auswahl-, Zulassungs- und Teillizenzentzugsentscheidungen der Beklagten seien darüber hinaus auch offensichtlich materiell rechtswidrig. Da es nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen sei, habe die Landesmedienanstalt bei der Auswahl einen engeren Einschätzungs- und Bewertungsspielraum im Hinblick auf die zu bewertende Vielfaltssteigerung gehabt, und auch die Anforderungen an die Begründung der Auswahl seien höher. Die maßgebenden Entscheidungen im Verlauf des Verfahrens seien teilweise aufgrund unvollständigen bzw. unrichtigen Sachverhalts getroffen worden, weil die Versammlung der Beklagten über die maßgebenden Vorgänge nicht ausreichend unterrichtet gewesen sei. Das gelte für die Sendezeitschienenfestlegung, die Grundlage der Ausschreibung und dann auch der Auswahl gewesen sei. Die Koppelung von jeweils zwei Sendezeitschienen sei ermessensfehlerhaft im Interesse der später ausgewählten Bewerber, insbesondere der Beigeladenen zu 1) geschehen, da die Einnahmen aus zwei Formaten gesichert werden sollten, wie der Beklagte im Schreiben vom 27. März 2012 im Verfahren 5 L 147/12.NW ausgeführt habe. Dafür spreche auch deutlich der Aktenvermerk auf Blatt 1 der Verwaltungsakte. Sachfremde Erwägungen seien auch angestellt worden, soweit die angeblich zu große Nähe von N 24 zur Klägerin zur Nichtberücksichtigung der N 24 Media GmbH im Rahmen der Auswahlentscheidung geführt habe. Nach Feststellung der Zulassungsfähigkeit der N 24 Media GmbH i.S.d. § 31 Abs. 3 Satz 2 RStV sei die Erwägung, die redaktionelle Unabhängigkeit sei nicht gewährleistet, sachfremd gewesen.

41

Schließlich bestünden vielfältige rechtliche Bedenken gegen die Erteilung einer Zulassungserlaubnis an die Beigeladene zu 1), ohne dass es zwischen der Klägerin und ihr zu einer Vereinbarung gekommen sei. Der von der Beklagten vorgenommenen „Vertragsfortschreibung“ fehle es insbesondere an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Nach § 31 Abs. 6 RStV sei eine Vereinbarung zwingend erforderlich, die hier aber unstreitig nicht zustande gekommen sei. Die vorgenommene hoheitliche Substituierung von Verträgen könne nicht auf Ziffer 6.3 der Drittsendezeitenrichtlinie i.V.m. § 26 Abs. 5 RStV und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gestützt werden. Die Drittsendezeitenrichtlinie sei keine ausreichende Gesetzesgrundlage i.S.d. Art. 20 Abs. 3 GG. Der entscheidende Fehler liege aber bereits darin, dass die getroffene Regelung weder erforderlich noch das mildeste Mittel im Vergleich zum angeblich sonst drohenden Lizenzentzug gegenüber der Klägerin sei. Gegenwärtig verstoße die Klägerin nicht gegen ihre Verpflichtung aus § 26 Abs. 5 RStV, so dass Sanktionen überhaupt nicht in Betracht kämen. Außerdem nehme die Beklagte der Klägerin durch die Fortschreibung der momentan gültigen Vereinbarung die Möglichkeit zu einer frei ausgehandelten einvernehmlichen Vereinbarung. Richtig wäre es gewesen, die Frage der Gesetzeskonformität des Angebots der Klägerin durch einen unabhängigen Gutachter aufzuklären, wie dies auch die KEK in ihrer Stellungnahme vom 13. /21. März 2012, KEK 600-3, für notwendig gehalten habe.

42

Die Klägerin sei zur Vorlage eines Vertragsangebots nach § 31 Abs. 5 RStV an die Beigeladene zu 1) gar nicht verpflichtet gewesen, weil das Drittsendezeitenvergabeverfahren zuvor bereits in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig gewesen sei.

43

Schließlich habe sie aber ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes Vertragsangebot vorgelegt, insbesondere auch mit einer ausreichenden Finanzierung, die sich an marktüblichen Preisstrukturen und der finanziellen Ausstattung vergleichbarer Formate des Hauptveranstalters orientiert habe. Die angebotenen Minutenpreise hätten immer noch deutlich über den vergleichbaren Formaten der Klägerin selbst gelegen. Die Beklagte führe für ihre Ansicht, dass das Finanzierungsangebot unzureichend sei, unzulässige Vergleichsmaßstäbe an. Auch bestünden Zweifel, ob die zugrunde gelegten Zahlen zutreffend seien. Die anderen Vertragsregelungen des Angebots seien entgegen der Auffassung der Beklagten ebenfalls nicht rechtsfehlerhaft. Dies gelte insbesondere auch für die Kündigungsregelung in Ziffer 9.1, die auf dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 2. April 2012 (Az. 5 L147/12.NW) aufbaue.

44

Das zur Frage der Zulässigkeit der Vertragsfortschreibung durch die Beigeladene zu 1) vorgelegte Parteigutachten des Prof. Dr. Hassemer verfolge offenbar primär einen rechtsphilosophischen Ansatz. Bei der Bewertung der Rechtmäßigkeit eines belastenden Verwaltungsaktes gehe es aber um die Gesetzesbindung der Verwaltung und den Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes. Dies gelte in besonderem Maß für den Zentralbereich des Rundfunkrechts (Art. 5 GG). Der belastende Verwaltungsakt „Vertragsfortschreibung“ zu Lasten der Klägerin könne nicht deshalb als Begünstigung ihr gegenüber gewertet werden, weil von der härteren Sanktion Lizenzentzug abgesehen werde. Aus einer Belastung werde keine Begünstigung, nur deshalb weil es gegebenenfalls noch einschneidendere Maßnahmen geben könnte. § 31 Abs. 4 RStV könne nicht als Ermächtigung für die Vertragsfortschreibung ausgelegt werden. Es gehe hier nicht um einen nur feststellenden Verwaltungsakt, sondern um regelnde Gebote. Eine Auslegung, die einen Grundrechtsverstoß (Unverhältnismäßigkeit) gegen einen Eingriff in die Vertragsautonomie austausche, sei ihrerseits nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Soweit sich die Beigeladene zu 1) darauf berufe, dass anderswo eine angemessene Finanzierung des Fensterprogrammveranstalters im Zulassungsbescheid festgesetzt worden sei, sei in dem herangezogenen Beispielsfall eine gutachterliche Empfehlung eingeholt worden, der dann gefolgt worden sei.

45

Das von der Beklagten dargelegte „Gut-Böse-Szenario“ sei verfehlt. Der Klägerin gehe es keineswegs darum, ein seit langem funktionierendes System zugunsten ihrer eigenen publizistischen Interessen und Renditeoptimierung zu sprengen oder zu behindern, sondern sie habe sich erlaubt, Rechtsschutz gegen einen sie belastenden Bescheid zu suchen. Da das Verfahren zur Auswahl und Zulassung von Drittfensterprogrammen gleich auf mehreren Ebenen auf Einvernehmlichkeit ausgerichtet sei, seien publizistische oder ökonomische Aspekte des Hauptprogrammveranstalters Teil seiner verfassungsrechtlich geschützten Rechte.

46

Die Umstände des vorgesehenen Wechsels des Veranstalters für das Programm Sat.1 von der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz zur Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein – MA HSH - und die insoweit mit Bescheid vom 11. Juni 2012 der umgesetzte Zulassungsentscheidung der MA HSH würden keineswegs verschwiegen, seien hier jedoch nicht streitgegenständlich. Die Beantragung einer Neuzulassung seitens der mit der Klägerin nicht identischen Firma ProSiebenSat1 Deutschland GmbH und die mögliche Rückgabe der Rundfunklizenz durch die Klägerin stellten freie unternehmerische Entscheidungen dar, die vom Rundfunk- und Verfassungsrecht respektiert und geschützt würden. Dadurch entstehe auch keine Gefahr für die Meinungsvielfalt, weil die gesetzlichen Regelungen selbstverständlich auch für den neuen Veranstalter bestünden. Das Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Klage bleibe davon unberührt.

47

Die Klägerin beantragt,

48

den Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aufzuheben,

49

hilfsweise,

50

Beweis zu erheben zur Tatsache, dass sich die Versammlung in ihrer Sitzung vom 20. Juni 2011 mit den Vorschlägen und Argumenten der Klägerin, betreffend die auszuschreibenden Sendezeitschienen, aus dem Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 bzw. dem klägerischen Schreiben vom 14. Juni 2011 nicht auseinandergesetzt hat bzw. mangels ausreichender Sachkenntnis nicht auseinandersetzen konnte, durch Vernehmung der in dieser Sitzung vom 20. Juni 2011 anwesenden Mitglieder der Versammlung.

51

Die Beklagte beantragt,

52

die Klage abzuweisen.

53

Sie weist zunächst auf die Bedeutung der Konzentrationsregulierung im Privatfernsehen hin, der durch das System der rundfunkrechtlichen Konzentrationsbegrenzung mit den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrages Rechnung getragen werde. Durch die von der klägerischen Konzernholding beabsichtigte unzulässige Lizenzverlagerung würde das seit rund 15 Jahren funktionierende System in Frage gestellt. Die Beklagte werde sich daher auch gegen die Zulassungsentscheidung der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein vom 11. Juli 2012 anderweitig rechtlich zur Wehr setzen.

54

Die Versuche der Klägerin, die Konzentrationsregulierung der Länder zu unterlaufen, bedürften der gerichtlichen Begrenzung. Im Mittelpunkt der vorliegenden Auseinandersetzung stehe die Frage, ob ein Hauptprogrammveranstalter die kompensatorische Vielfaltsentscheidung der plural zusammengesetzten Versammlung der Beklagten durch Verweigerung eines angemessenen Vertragsangebots an den ausgewählten Drittsendezeitveranstalter leer laufen lassen und sich so über einen längeren Zeitraum den konzentrationsrechtlichen Verpflichtungen entziehen könne. Die übrigen mit der Klagebegründung angesprochenen tatsächlichen und rechtlichen Fragen träten hinter diese Fragestellung zurück. Es bestehe das verfassungsrechtliche Gebot, Tendenzen zur Konzentration zur Sicherstellung eines funktionierenden Meinungsmarktes rechtzeitig und so wirksam wie möglich entgegenzutreten. Zur Sicherung der Meinungsvielfalt bestehe nicht nur ein abstrakter Handlungsauftrag, sondern eine konkret formulierte grundrechtliche Schutzpflicht. Das einfache Gesetz und die Rechtsanwendung müssten sich an dieser Zielvorgabe messen lassen. Der gesetzliche Normalfall des § 31 Abs. 5 und 6 RStV sei vorliegend nicht eingetreten. Für den Fall, dass wie hier der Hauptprogrammveranstalter dem nach Vielfaltskriterien ausgewählten Fensterprogrammveranstalter kein angemessenes Vertragsangebot vorlege, enthalte der Rundfunkstaatsvertrag selbst keine Regelungen. Nur Ziffer 6.3 der Drittsendezeitenrichtlinie sehe vor, dass das Scheitern nach § 31 Nr. 1 RStV der KEK mitgeteilt werde und das weitere Verfahren nach § 26 Abs. 4 oder Abs. 5 RStV durchgeführt werde. Danach stünde als einzige Handlungsmöglichkeit der Widerruf der der Klägerin erteilten Zulassung offen. Konsequenzen eines solchen Widerrufsverfahrens würden jedoch dem verfassungsrechtlichen Ziel, möglichst hohe Meinungsvielfalt sicherzustellen, zuwiderlaufen. Aus diesem Grund sei das in Ziffer 6.3 DSZR angelegte Rechtsverständnis mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Da sich der Widerruf aus verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Gründen nicht sofort vollziehen lasse und außerdem die Zulassung der Klägerin noch bis ins Jahr 2020 bestehe, trage sie allenfalls das Risiko eines Verwaltungsrechtsstreits über den Widerruf. Boykottiere aber der Hauptprogrammveranstalter den Abschluss eines Vertrages zu angemessenen Bedingungen, so liege ein vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelter Zustand vor, der mit der verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Sicherung von Meinungsvielfalt kollidiere. Zur Auffüllung dieser Regelungslücke ermächtige der in § 31 Abs. 5 RStV angelegte Kontrahierungszwang nach Feststellung eines unangemessenen Vertragsangebots dazu, vorübergehend angemessene Vertragsbedingungen aufzuerlegen bzw. wie im vorliegenden Fall fortzuschreiben. Dies sei auch keine einmalige Vorgehensweise. Im Jahr 2009 habe es in Baden-Württemberg eine fast identische Regulierungssituation gegeben, in der schließlich auch die Bedingungen für die Finanzierung eines Fensterprogramms endgültig festgesetzt worden seien. Die KEK habe dies nicht beanstandet. Auch im vorliegenden Fall dürfe die Beklagte aus der allgemeinen Ermächtigung in § 2 Satz 2 i.V.m. § 42 Nr. 7 LMG Rheinland-Pfalz, § 38 Abs. 2 Satz 1 RStV alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, um staatsvertragliche Regelungsziele zu erfüllen. Deshalb sei das vorläufige Fortgelten der Altvereinbarung anzuordnen gewesen. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen wäre möglicherweise dann geboten gewesen, wenn es sich um eine endgültige Festlegung der Vertragsbedingungen hätte handeln sollen. Diese sei jedoch hier nicht erfolgt.

55

Außerdem hätten die Klägerin und die Beigeladene zu 1) bereits über 15 Jahre unbeanstandet Vertragsbeziehungen praktiziert. Um den Verhandlungsdruck für die Klägerin aufrechtzuerhalten, werde die Beklagte die Fortgeltung der Altvereinbarung in Teil A5 Satz 2 des Bescheids vom 17. April 2012 zunächst auf ein Jahr befristen. Die Klägerin und die Beigeladene könnten dann zur Beilegung ihres Streits einen unabhängigen Sachverständigen beauftragen. Mit der angekündigten Befristung würden Zweifel an der Vertragsfortschreibung als mildestem Mittel entfallen. Sollten sich die Klägerin und die Beigeladene künftig nicht über angemessene Vertragsbedingungen einigen, so werde hierüber in einem Rechtsstreit entschieden werden müssen, in dem das Gericht dann ein Sachverständigengutachten einholen müsse.

56

Im Übrigen sei der Zulassungsbescheid insgesamt formell und materiell rechtmäßig. Das Verfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Eine Auswahlentscheidung nach § 31 Abs. 4 RStV sei auch nicht-konsensual möglich. Eine dialogische Auseinandersetzung mit der Klägerin habe mehrfach stattgefunden, eine einvernehmliche Abstimmung sei nicht erforderlich. Am 10. Juni 2011 seien mit der Klägerin die möglichen Sendezeitschienen ausführlich erörtert worden. Die Beklagte sei nicht vorab darauf festgelegt gewesen, dass alles beim Alten bleiben solle. Das könne aus dem Gespräch der Beklagten mit Vertretern der Beigeladenen zu 1) vom 23. Februar 2011 nicht hergeleitet werden. Solche Gespräche mit potentiellen Interessenten seien zulässig und üblich. Hier gebe es einen ausführlichen Vermerk über das betreffende Gespräch und so sei eine umfassende Transparenz hergestellt. Arbeitsgrundlage sei stets gewesen, dass Ausschreibung und Auswahl offen und ohne Vorfestlegung erfolgen sollten. Die frühzeitige Ausschreibung sei notwendig gewesen, um das Verfahren sachgerecht und ohne zeitliche Zumutung für die Gerichte und andere Beteiligten durchführen zu können. Daher seien später auch die drei Terminvorschläge zur Erörterung der zugelassenen Bewerber angemessen gewesen.

57

Die Hinzufügung von zwei Bewerbern zum Dreiervorschlag der Beigeladenen zu 1) gemäß § 31 Abs. 4 Satz 5 Halbs. 1 RStV sei unter Einbindung der Versammlung durch den stellvertretenden Direktor geschehen und durch die Versammlung am 17. Oktober 2011 bestätigt worden. Die Versammlung sei nicht notwendig mit der Vorbereitungsmaßnahme „Aufforderung zur Abgabe eines Dreiervorschlags“ zu befassen gewesen.

58

Die KEK sei rechtmäßig beteiligt worden. Man habe zunächst ausdrücklich der Auswahlentscheidung einen Vorbehalt beigefügt. Die Bedenken der KEK seien in den folgenden Sitzungen des Rechts- und Zulassungsausschusses und der Versammlung am 5. Dezember ausführlich erörtert worden, der stellvertretende Direktor der Beklagten habe auf der Sitzung der KEK vom 13. Dezember 2011 zu den Bedenken Stellung genommen. Diese Stellungnahme sei am 5. Dezember 2011 vorbereitet worden. Die KEK habe dann an ihren ursprünglich geäußerten Bedenken nicht mehr festgehalten. Der Rechts- und Zulassungsausschuss und die Versammlung hätten sich am 16. April 2012 eingehend mit den Bedenken der KEK zur vorläufigen Fortschreibung einer Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV auseinandergesetzt.

59

Auch materiell sei die Entscheidung rechtmäßig. Die Sendezeitschienen seien in zulässiger Weise festgelegt worden. Die Beklagte handle nicht im rheinland-pfälzischen Interesse, sondern im Interesse des Vielfaltsanspruchs der bundesweiten Medienordnung. Der Firmensitz der Beigeladenen zu 1) in Mainz habe keine Rolle gespielt. Bezüglich der N 24 Media GmbH seien keine sachfremden Erwägungen angestellt worden. Die bejahte Zulassungsfähigkeit schließe es nicht aus, im Rahmen der programmlichen Vielfaltsentscheidung nach § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV wirtschaftliche oder publizistische Verbindungen zu dem Hauptprogrammveranstalter zu berücksichtigen. Die Versammlung habe in ihrer Sitzung vom 17. Oktober 2011 den zu erwartenden Vielfaltsbeitrag dieser Bewerberin als gering eingeschätzt. Dies sei auf der Grundlage des Sachverhalts erfolgt, dass eine 100prozentige Tochter der Bewerberin an die Klägerin 14,6 % von deren Programmstunden zuliefere. Dieser Sachverhalt relativiere das Maß der redaktionellen Unabhängigkeit im Vergleich zu anderen Bewerbern. Er berge die Gefahr einer wirtschaftlichen Abhängigkeit. Es bestehe zudem die Gefahr eines programmlichen Wohlverhaltens des Fensterprogramm-Veranstalters im Verhältnis zum Hauptprogrammveranstalter. Dies dürfe unter Vielfaltsgesichtspunkten auch dann berücksichtigt werden, wenn die aufgezeigten wirtschaftlichen und redaktionellen Beziehungen nicht die Qualität einer konzentrationsrechtlichen Abhängigkeit erreichten.

60

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

61

die Klage abzuweisen.

62

Sie verweist zur Begründung auf ihr Vorbringen im Eilverfahren 5 L 415/12.NW, in dem sie im Wesentlichen Folgendes ausgeführt hat:

63

Die Klägerin wolle mit allen Mitteln die Auswahl- und Zulassungsentscheidungen der Beklagten torpedieren. Ihre mangelnde Rechtstreue sei auch daran zu ersehen, dass sie sich durch die vorgesehene Rückgabe ihrer noch bis 2020 laufenden nationalen Zulassung bei der rheinland-pfälzischen Medienanstalt auch den Verpflichtungen gegenüber einer Schwestergesellschaft der Beigeladenen zu 1) entziehen wolle, die Zulassungen nach § 25 RStV für das werktägliche Regionalprogramm für Hessen und Rheinland-Pfalz im Programm der Klägerin besitze.

64

Die streitgegenständliche Zulassungsentscheidung vom 17. April 2012 sei rechtmäßig. Der Rundfunkstaatsvertrag sehe die Möglichkeit vor, auch ohne das Einverständnis des Hauptprogrammveranstalters aus Vielfaltsgesichtspunkten einen diesem nicht genehmen Drittfensterveranstalter auszuwählen. Die Versammlung der Beklagten habe hier das Letztentscheidungsrecht. Dem Hauptprogrammveranstalter stehe kein Vetorecht zu. Es gebe angesichts der letzten 15 Jahre auch keinen Grund zu der Annahme, das Programm der Beigeladenen zu 1) entspreche nicht der „Programmfarbe“ der Klägerin.

65

Das wegen der Drittsendezeiten durchgeführte Ausschreibungs-, Auswahl- und Zulassungsverfahren sei in verfahrens- und materiell-rechtlicher Hinsicht fehlerfrei. Etwaige doch eingetretene Verfahrensfehler seien entweder durch die Zulassungsentscheidung vom 17. April 2012 gemäß § 45 VwVfG geheilt worden oder nach § 46 VwVfG unbeachtlich.

66

Dass die Beklagte vor der Ausschreibung Gespräche mit der Beigeladenen zu 1) geführt habe, habe nicht zu einem Verfahrensfehler geführt. Insofern sei der Aktenvermerk vom 24. Februar 2011 missverständlich und unvollständig. Zwar hätten ihre Vertreter dafür geworben, die Ausschreibung möge wieder mit zwei gekoppelten Sendezeitschienen stattfinden. Eine Zusage habe es jedoch nicht gegeben, ein Konsens sei nicht hergestellt worden.

67

Das Ausschreibungsverfahren sei mit Vertretern der Klägerin am 10. Juni 2011 und zuvor schon 10. Mai 2011 erörtert worden, weshalb auch die dritte Sendezeitschiene zeitlich verlegt worden sei. Allerdings sei die Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen nicht allen Wünschen der Klägerin hinsichtlich der Gruppierung von Drittsendezeiten nachgekommen, worauf diese auch keinen Anspruch habe. Die Vergabe von zweimal zwei Sendezeiten führe zur wirtschaftlichen Stärkung der auswählten Bewerber, diene deren Unabhängigkeit und im Ergebnis auch der journalistischen Qualität und damit der Vielfalt. Ein vermeintlicher Mangel im Ausschreibungsverfahren wäre auch unbeachtlich, da im Ergebnis die Formate der beiden Beigeladenen wegen ihrer bekannten vielfaltssichernden Qualität ausgewählt worden seien.

68

Auch das weitere Verfahren sei nicht zu beanstanden. Ein Erörterungsgespräch nach Feststellung der zulassungsfähigen Anträge sei an Zeitproblemen der Klägerin gescheitert, obwohl sie genügend Zeit zur Prüfung der zulassungsfähigen Anträge gehabt habe. Auf einen späteren Termin habe sich die Beklagte nicht mehr einlassen müssen. Zudem habe die Klägerin am 20. September 2011 noch einen Gesprächstermin mit Ministerpräsident Beck gehabt. Sie habe also das Verfahren verschleppen und wohl auch politischen Einfluss auf die Beklagte nehmen wollen. Schließlich habe am 14. Oktober 2011 ein umfassendes Erörterungsgespräch der Klägerin mit dem stellvertretenden Direktor der Beklagten im Ergebnis zu keiner einvernehmlichen Auswahl geführt.

69

Zuständigkeitsvorschriften im Hinblick auf Rechte der Versammlung seien nicht verletzt worden. Auch die KEK sei ordnungsgemäß eingebunden worden. Die Vorbehalte dafür seien nicht zu beanstanden. Die Versammlung habe sich mit den Bedenken der KEK auch befasst, wobei die KEK sich zur Frage der Fortschreibung der Finanzierungsvereinbarung nicht hätte äußern dürfen.

70

Sollten doch Verfahrensfehler festzustellen sein, so hätten diese sich nicht ausgewirkt, denn die getroffene Auswahl- und Zulassungsentscheidung sei alternativlos und wäre unverändert ausgefallen, wenn das Verfahren in anderer Weise verlaufen wäre. Außerdem habe sich die Beklagte aufgrund der umfangreichen Einwendungen der Klägerin und der abgelehnten Mitbewerber in den vorhergegangenen Eilverfahren inzwischen mit allen Fragen umfangreich auseinandergesetzt. Damit sei die Klägerin umfassend gehört worden und etwaige Verfahrensfehler seien so gem. § 45 Abs. 2 VwVfG geheilt.

71

Die Beklagte sei nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet gewesen, die Finanzierungsvereinbarung zwischen der Klägerin und ihr, der Beigeladenen zu 1) fortzuschreiben, nachdem die Klägerin Verhandlungen darüber rechtswidrig boykottiert und im Januar 2012 nur „Dumping-Preise“ angeboten habe, die um rund 35 % unter den bisher vereinbarten Preisen gelegen hätten und in keiner Weise auskömmlich und angemessen seien, und dies, obwohl die bisherigen Finanzierungsvereinbarungen zwischen den Beteiligten in den vergangenen 15 Jahren einvernehmlich geschlossen worden seien. Auch andere angebotene Vertragsklauseln (etwa zu Ablieferungsfristen, Werbeunterbrechungen, Kündigungsrechten) seien staatsvertragswidrig und inakzeptabel gewesen. Zu weiteren Verhandlungen sei die Klägerin laut Aussagen maßgebender Führungspersonen Anfang April 2012 unter Hinweis auf die anstehende Rückgabe der Lizenz nicht bereit gewesen.

72

Angesichts der absehbaren Verzögerungen durch einen Rechtsstreit gegen den - nach Ziffer 6.3. der Drittsendezeitenrichtlinie i.V. m. § 26 Abs. 4 oder 5 RStV bei Nichtzustandekommen einer angemessenen Vereinbarung vorgesehenen - Widerruf der Sendelizenz des Hauptveranstalters bleibe zur effektiven Vielfaltssicherung und Durchsetzung einer sofortigen ausreichenden Finanzierung des Drittfensters letztlich aus verfassungsrechtlichen Gründen nur der von der Beklagten gewählte Weg. Dies bestätige auch ein beigefügtes Rechtsgutachten von Professor Dr. Hassemer.

73

Die Beigeladene zu 2) beantragt ebenfalls,

74

die Klage abzuweisen.

75

Auch sie verweist auf ihre Stellungnahme im Verfahren 5 L 415/11.NW, wo sie insbesondere ausführt, die Rechtsschutzbegehren der Klägerin richteten sich inhaltlich allein gegen die Auswahl der Beigeladenen zu 1); die Vergabe der Lizenz an sie, die Beigeladene zu 2), werde nicht angegriffen. Mit ihr habe die Klägerin auch schnell eine Einigung über die Konditionen des neuen Fensterprogrammes ab 1. Juni 2013 erzielt. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die Entscheidungen vom 17. April 2012 durchaus teilbar. Der gesamte Verlauf der Auseinandersetzung zeige, dass es sich bei der Vergabe der Sendezeiten offenbar um zwei begünstigende und somit auch voneinander abtrennbare Verwaltungsakte handele, die lediglich in einem Bescheid zusammengefasst worden seien. Diese könnten, neben den weiteren Entscheidungen in Abschnitt C und D, jeweils als besondere Streitgegenstände bestehen.

76

Aber auch wenn man den Verwaltungsakt als einheitlich zu betrachten hätte, sei er formell und materiell rechtmäßig.

77

Wie schon im Verfahren 5 L 147/12.NW geltend gemacht worden sei, müsse die Drittsendezeitvergabe nicht einvernehmlich stattfinden. Gem. §§ 30, 31 RStV seien die Bewerber auszuwählen, deren Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt erwarten lasse. Dafür habe die Beklagte einen breiten Ermessensspielraum. Vor der Ausschreibung habe es eine ausreichende Erörterung der Sendezeitschienen zwischen Klägerin und Beklagter gegeben. Nach Eingang der Bewerbungen habe die Klägerin genügend Zeit zur Prüfung gehabt, um einen der Terminsvorschläge der Beklagten anzunehmen. Abgesehen davon wäre es nicht zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen, weil sich die Klägerin eindeutig für andere Kandidaten als die Beigeladenen ausgesprochen habe. So sei es auch beim Erörterungsgespräch vom 14. Oktober 2011 nicht zu einer Einigung gekommen. Dieses Gespräch habe einen etwaigen vorherigen Verfahrensfehler zudem gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt. Um absolute Verfahrensfehler handele es sich nicht.

78

Die Hinzufügung zweier weiterer Bewerber sei nicht fehlerhaft geschehen. Eines ausdrücklichen Beschlusses der Versammlung bedürfe es dafür nicht; ein etwaiger Verstoß gegen die Satzung der Beklagten verletze keine eigenen Rechte der Klägerin. Die Benehmensherstellung mit der KEK sei ordnungsgemäß gewesen; am Ende des Verfahrens habe die KEK gegen die Auswahl beider Beigeladenen keine Bedenken mehr gehabt. Die von der KEK am 13. März 2012 wegen der Fortschreibung der Finanzierungsvereinbarung geäußerten „rundfunkrechtlichen Bedenken bezögen sich alleine auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1), was erneut für die Teilbarkeit des Verfahrens spreche.

79

Die Auswahlentscheidung als solche sei vor dem allein entscheidenden Kriterium des besten Vielfaltsbeitrags nicht angreifbar. Sie könne daher die Klägerin nicht ihren Rechten verletzen, auch wenn dieser die Auswahl nicht genehm sei.

80

Auch nach etwaiger Erteilung der beantragten neuen Zulassung für die ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH bei der MA HSH werde die getroffene Auswahlentscheidung weiterhin Gültigkeit haben. Die Zulassungen der Drittsendezeitveranstalter würden dadurch nicht zum Erlöschen gebracht. In seiner beigefügten Stellungnahme teile der ehemalige Bundesverfassungsrichter Prof. Grimm diese Auffassung.

81

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren, in den vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 L 147/12.NW und 5 L 415/12.NW und in den gleichzeitig verhandelten Verfahren 5 K 404/12.NW und 5 K 452/12.NW, außerdem auf den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten und der KEK. Alle genannten Unterlagen sind Gegenstand der Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

82

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012, den die Klägerin wegen des einheitlich durchgeführten Verfahrens und der darin enthaltenen, zum Teil unmittelbar voneinander abhängigen Ent-scheidungen insgesamt anzufechten befugt ist, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

83

Rechtsverletzungen zu Lasten der Klägerin sind bei rechtlicher Prüfung des nach den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags mehrstufigen Verfahrens der Zulassung von unabhängigen Dritten zur Veranstaltung von Sendezeiten im Programm eines privaten Hauptprogrammveranstalters zwar nicht schon auf der Stufe der Ausschreibung geschehen (1), die auf der zweiten Stufe erfolgte Auswahlentscheidung ist jedoch in mehrfacher Hinsicht zu Lasten der Klägerin rechtsfehlerhaft (2). Schließlich lagen zusätzlich erforderliche rechtliche Voraussetzungen für die Erteilung der Zulassung an die Beigeladene zu 1) nicht vor (3).

84

1. Die im Staatsanzeiger von Rheinland-Pfalz vom 4. Juli 2011 veröffentlichte Ausschreibung der Drittsendezeiten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Weder wurden durch das Verfahren bis zum Beschluss der Versammlung der Beklagten über die Ausschreibung vom 20. Juni 2011 Beteiligungsrechte der Klägerin verletzt (a) noch verstößt der Beschluss inhaltlich gegen Rechtsvorschriften (b).

85

Nachdem mit Beschluss der KEK vom 14. Juni 2011 festgestellt worden war, dass die Klägerin mit dem von ihr veranstalteten Fernsehvollprogramm Sat.1 im Durchschnitt eines Jahres erneut einen Zuschaueranteil von 10 Prozent (hier: 10,1 Prozent) erreicht habe, war die Klägerin gem. § 26 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 30 Nr. 1 RStV zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe der Vorschriften in § 31 RStV - zur Sicherung der Vielfalt im privaten Fernsehen – verpflichtet. Gemäß § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV hatte daher die Beklagte als zuständige Landesmedienanstalt nach Erörterung mit der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin das Fensterprogramm - hier im Umfang von 180 Minuten wöchentlich - zur Erteilung einer Zulassung auszuschreiben.

86

a) Die der Klägerin nach dem Rundfunkstaatsvertrag zustehenden Beteiligungsrechte im Vorfeld der Ausschreibung wurden hier nicht verletzt. Gem. § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV hat vor der Ausschreibung eine Erörterung zwischen Landesmedienanstalt und dem Hauptprogrammveranstalter stattzufinden. Ergänzend hierzu bestimmt Ziffer 5.1. Satz 4 der Richtlinie der Landesmedienanstalten über die Sendezeiten für unabhängige Dritte nach § 31 RStV – Drittsendezeitenrichtlinie – (im Folgenden: DSZR), dass bei der Erörterung vor der Ausschreibung insbesondere festzulegen sei, ob das Fensterprogramm insgesamt oder getrennt für mehrere einzelne Sendeplätze ausgeschrieben werden solle und zu welchen Sendezeiten es voraussichtlich stattfinden solle. Diese Formulierung ist zwar geeignet, den Eindruck zu erwecken, als müsse die Festlegung schon im Vorfeld und einvernehmlich geschehen. Das ginge aber über die im Rundfunkstaatsvertrag hier lediglich statuierte Erörterungspflicht hinaus. Anders als auf der nächsten Stufe, im Auswahlverfahren in § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV, ist auf der Stufe der Ausschreibung von einer angestrebten einvernehmlichen Festlegung nicht die Rede, so dass diese - wegen des Vorrangs der gesetzlichen Regelung vor der lediglich konkretisierenden Richtlinie – auch nicht verlangt werden kann. Das Erörterungsrecht ist jedoch auch kein bloß formales Anhörungsrecht, weil mit der Verteilung der Sendezeiten auf sog. Sendezeitschienen schon eine gewisse Vorfestlegung in der Programmgestaltung verbunden ist, wobei der Hauptprogrammveranstalter im Hinblick auf die Einpassung in sein Hauptprogramm, die voraussichtlich zu erreichenden Zuschaueranteile am jeweiligen Sendeplatz und die u.a. damit zu erwartenden Werbeeinnahmen berechtigte eigene Interessen haben kann. Die Erörterung soll daher der Information über die gegenseitigen Vorstellungen und dem Austausch der Argumente dienen, bevor das zuständige Organ der Landesmedienanstalt die Entscheidung über die Ausschreibungsmodalitäten, die in ihrem pflichtgemäßen Ermessen steht, trifft.

87

Eine solche Erörterung hat jedoch unstreitig stattgefunden. Zunächst gab es zwischen Vertretern der Klägerin und der Beklagten am 10. Mai 2011 ein informelles Gespräch statt. Das förmliche und ausdrücklich als solches bezeichnete Erörterungsgespräch wurde dann am 10. Juni 2011 geführt. Dessen Inhalt wurde in einem Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 14. Juni 2011 nochmals zusammengefasst. Demnach sprachen sich die Vertreter der Klägerin für eine andere Aufteilung der Sendeplätze für Drittsendezeiten als bisher aus, nämlich für eine Bündelung aller Drittsendezeiten auf den Montagabend und die separate Ausschreibung von vier, hilfsweise drei Sendezeitschienen.

88

Da das Erörterungsgespräch selbst nicht mit der Versammlung geführt werden muss und kann, muss die Versammlung zwar – damit dem Sinn und Zweck der Erörterung entsprochen wird - über den wesentlichen Inhalt des Erörterungsgesprächs informiert werden. Es gibt jedoch keinen Grund zu der von der Klägerin geäußerten Annahme, dass dies hier nicht geschehen wäre. Dass die in der Verwaltungsakte zu findende Beschlussvorlage des Direktors der Beklagten noch vom 7. Juni 2011 datiert, ist insofern nicht aussagekräftig. Sie beruht offenbar auf einer Empfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses vom 6. Juni 2011, in der, wie aus der Anlage ersichtlich, die Sendezeitschienen und auch deren Bündelung in der Weise vorgeschlagen wurden, wie sie dann später Gegenstand der Ausschreibung wurden. Im Sachverhaltsteil dieser Vorlage wird am Ende erwähnt, dass ein „erstes Vorgespräch“ mit der Hauptprogrammveranstalterin bereits stattgefunden habe; dabei hätten sich die Beteiligten für die in der Ausschreibung aufgeführten Sendezeitschienen ausgesprochen. - Die Klägerin bestreitet, dass dies am 10. Mai 2011 der Fall gewesen sei. - Weiter heißt es aber auch: „Ein weiteres Erörterungsgespräch ist für den 31. Mai 2011 vorgesehen“. Damit war die Notwendigkeit einer – ggf. auch mündlich möglichen - Aktualisierung der in der Vorlage vermittelten Informationen aufgrund des eigentlichen Erörterungsgesprächs aber vorgezeichnet. Der stellvertretende Direktor der Beklagten hat auch in der mündlichen Verhandlung des Gerichts ausdrücklich versichert, dass die Versammlung zur Sitzung am 20. Juni 2011 in aktualisierter Form unterrichtet worden sei. Es besteht für das Gericht kein Grund zu der Annahme, dass der Versammlung absichtlich Informationen vorenthalten worden sein könnten. Auch Zeitgründe sprechen nicht gegen eine Aktualisierung, denn das Schreiben der Klägerin vom 14. Juni 2011 über das Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 ging am 15. Juni 2011 und damit noch 5 Tage vor der Versammlungssitzung bei der Beklagten ein. Die Versammlung hat sich mit der Frage der Sendezeitenschienenbündelung auch befasst und darüber ausdrücklich beschlossen.

89

Dem Hilfsbeweisantrag der Klägerin, alle am 20. Juni 2011 beteiligten Versammlungsmitglieder zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass sich die Versammlung nicht mit den Vorschlägen und Argumenten der Klägerin, betreffend die auszuschreibenden Sendezeitschienen, aus dem Erörterungsgespräch vom 10. Juni 2011 bzw. dem klägerischen Schreiben vom 14. Juni 2011 auseinandergesetzt habe bzw. mangels ausreichender Sachkenntnis nicht habe auseinandersetzen konnte, war nicht nachzugehen. In der gestellten Form war der Antrag als sog. Ausforschungsantrag unzulässig, weil er keine konkreten Tatsachen benennt, die die eine oder andere Art der Befassung mit Argumenten als „Auseinandersetzung“ kennzeichnen könnten. In dieser Form ist die Beweisfrage einer Beweiserhebung nicht zugänglich. Das gilt entsprechend auch für die zum Beweisthema gemachte Frage, ob die Versammlung sich „mangels ausreichender Sachkenntnis“ nicht mit den Argumenten habe befassen können. Auch hier fehlt es an einer konkreten Tatsachenbezeichnung. Eine Zeugenvernehmung hätte der Klägerin erst Anhaltspunkte für ihre Annahme verschaffen sollen, dass die Versammlung nicht über ihre abweichenden Vorstellungen in Kenntnis gesetzt worden sei. Das ist jedoch gerade das Kennzeichen unzulässiger Ausforschungsanträge.

90

b) Soweit die Klägerin geltend macht, die Beklagte hätte hinsichtlich der in der Ausschreibung festgelegten sog. Sendezeitschienen, also der zeitlichen Aufteilung der insgesamt zur Verfügung stehenden Drittsendezeiten auf einzelne Programmplätze, ihre Vorstellungen und Wünsche aus sachfremden Gründen nicht genügend berücksichtigt und damit ihre Rechte verletzt, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Sachfremde Motive dafür, dass die Versammlung die Modalitäten der Ausschreibung in der Sitzung vom 20. Juni 2011 abweichend von den Vorstellungen der Klägerin beschloss und festlegte, dass (lediglich) eine weitere Sendezeitschiene von Sonntag auf Montag verlegt werde und dass Bewerbungen nur jeweils gemeinsam für die 1. und 2. Sendezeitschiene und für die 3. und 4. Sendezeitschiene abzugeben seien, lassen sich nicht feststellen. Für den Verdacht der Klägerin, die Beklagte sei von Anfang an – möglicherweise aus standortpolitischen Gründen - schon zugunsten der Beigeladenen zu 1) als in Mainz ansässiger Bewerberin voreingenommen gewesen, könnten zwar einige Umstände sprechen, etwa der Aktenvermerk über das auf Initiative der Beigeladenen zu 1) von ihr bereits im Februar 2011 mit Vertretern der Beklagten geführte Gespräch, in dem die Frage, wann und wie die Drittsendezeiten für die kommende Lizenzperiode ausgeschrieben würden, Gegenstand war (vgl. Aktenvermerk Bl. 1 der Verwaltungsakte). Auch soll der frühere – verstorbene – Direktor der Beklagten gegenüber einer anderen Bewerberin – der Klägerin im Verfahren 5 K 452/12.NW – im Frühjahr 2011 geäußert haben, es solle „alles beim Alten“ bleiben. Schließlich entspricht die beschlossene Art und Weise der Ausschreibung im Ergebnis auch den Vorstellungen der Beigeladenen zu 1), die ihr Interesse an einer Fortsetzung ihrer Zulassung in dieser Weise schon früh in dem bereits erwähnten Gespräch mit Vertretern der Beklagten am 24. Februar 2011 kundgetan hatte (Vermerk Bl. 1 der Verwaltungsakten der Beklagten). Dem Verdacht der Voreingenommenheit tritt aber nicht nur die Beklagte selbst entschieden entgegen. Er lässt sich objektiv nicht untermauern. Selbst wenn etwa der frühere Direktor der Beklagten persönlich zur erneuten Auswahl der Beigeladenen zu 1) geneigt hätte, würde das nicht den Schluss auf eine gleichartige Motivation der Mehrheit der Mitglieder der Versammlung vom 20. Juni 2011 für ihre Entscheidung über die konkreten Ausschreibungsmodalitäten erlauben.

91

Es ist zudem für das Gericht aus den Äußerungen der Klägerin im Rahmen der Erörterung vor der Ausschreibung auch nicht ersichtlich geworden, dass sie mit ihren Gestaltungswünschen die wiederholte Auswahl der Beigeladenen als Drittsendezeitveranstalterin hätte verhindern wollen und dass ihr aus diesem Grunde das Bündeln oder Nichtbündeln der Sendezeitschienen besonders wichtig gewesen wäre. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus dem Schreiben vom 14. Juni 2011, in dem das Ergebnis des Erörterungsgespräches vom gleichen Tag nochmals aus Sicht der Klägerin wiedergegeben und insbesondere der Wunsch nach Zusammenfassung aller Sendezeitschienen auf den Montagabend hervorgehoben wurde. Es dürfte deshalb auch keinen Grund für die Vertreter der Beklagten gegeben haben, dies vor und in der Sitzung der Versammlung vom 20. Juni 2011 besonders zu problematisieren.

92

c) Inhaltlich verstößt die Entscheidung für eine Koppelung je zweier Sendezeitschienen auch sonst nicht gegen Rechtsvorschriften. Insbesondere führt dies nicht zu ungleichen Chancen für die Bewerber oder zu unsachgemäßen Resultaten unter dem Aspekt der angestrebten Vielfalt. Dass auf diese Weise maximal zwei Bewerber zum Zuge kommen konnten, denen je zwei Sendezeitschienen für ihre Programmbeiträge zur Verfügung standen, ermöglichte zweifellos auch eine wirtschaftlichere Planung für den jeweiligen Fensterprogrammveranstalter, und davon mag die Beigeladene zu 1), deren Tätigkeit sich, soweit ersichtlich, bisher auf die Produktion der Fensterprogramme bei Sat.1 beschränkt, möglicherweise am meisten profitieren. Dieser Effekt kommt aber grundsätzlich jedem ausgewählten Bewerber zugute. Die Zusammenfassung von Sendezeitschienen beschränkt auch nicht von vornherein die angestrebte Vielfalt, weil leistungsfähige Bewerber auch verschiedene Programminhalte anbieten können. Im Übrigen hätte auch die von der Klägerin gewünschte separate Ausschreibung am Ende nicht automatisch zur Auswahl von vier verschiedenen Drittsendezeitveranstaltern führen müssen. Sofern sich Bewerber jeweils auf mehrere Schienen bewarben, wäre auch dann die Auswahl desselben Bewerbers für mehrere Sendezeitschienen möglich gewesen.

93

2. Im nachfolgenden Abschnitt zwischen Eingang der Bewerbungen und der eigentlichen Auswahlentscheidung hat das Verfahren jedoch in mindestens dreifacher Hinsicht einen rechtswidrigen Verlauf genommen. Hier wurden in zweifacher Weise wesentliche Beteiligungs- und Verfahrensrechte der Klägerin aus § 31 Abs. 4 Sätze 2 bis 5 RStV verletzt, nämlich deren Recht auf Erörterung mit dem Ziel einer einvernehmlichen Auswahl gem. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV (a), deren Recht auf ein ordnungsgemäßes Auswahlverfahren im Zusammenhang mit der Abgabe eines Dreiervorschlags nach § 31 Abs. 4 Sätze 4 und 5 RStV (b). Weitere Verfahrensfehler sind denkbar, können aber dahinstehen (c). Schließlich verletzt die Auswahlentscheidung jedoch auch das Recht der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin auf ermessensfehlerfreie, am Maßstab der größtmöglichen Vielfalt ausgerichtete Auswahlentscheidung nach § 31 Abs. 4 Sätze 6 und 7 RStV (d).

94

Nach § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV überprüft die zuständige Landesmedienanstalt die eingehenden Anträge auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen dieses Staatsvertrages sowie der sonstigen landesrechtlichen Bestimmungen und teilt dem Hauptprogrammveranstalter die zulassungsfähigen Anträge mit. Sie erörtert mit dem Hauptprogrammveranstalter die Anträge mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen (Satz 3). Kommt eine Einigung nicht zustande und liegen der zuständigen Landesmedienanstalt mehr als drei zulassungsfähige Anträge vor, unterbreitet der Hauptprogrammveranstalter der zuständigen Landesmedienanstalt einen Dreiervorschlag (Satz 4). Die zuständige Landesmedienanstalt kann unter Vielfaltsgesichtspunkten bis zu zwei weitere Vorschläge hinzufügen, die sie erneut mit dem Hauptprogrammveranstalter mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen, erörtert (Satz 5). Kommt eine Einigung nicht zustande, wählt sie aus den Vorschlägen denjenigen Bewerber aus, dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Programm des Hauptprogrammveranstalters erwarten lässt und erteilt ihm die Zulassung (Satz 6). Bei drei oder weniger Anträgen trifft die zuständige Landesmedienanstalt die Entscheidung unmittelbar (Satz 7).

95

Diese Regelungen sind primär darauf ausgerichtet, dass die Auswahl der Dritt-sendezeitanbieter möglichst einvernehmlich zwischen Landesmedienanstalt und Hauptprogrammveranstalter vor sich geht. Dem sollen insbesondere die Erörterungspflichten dienen, die auf mehreren Stufen des Verfahrens vorgesehen sind. Dabei ist wesentliches Auswahlkriterium, dass der Bewerber einen zusätzlichen Beitrag zur Vielfalt im Hauptprogramm leistet. Kommt es zu einer einvernehmlichen Auswahl, ist nicht erforderlich, dass der Bewerber mit dem größten Vielfaltsbeitrag zum Zuge kommt. Erst wenn sich Landesmedienanstalt und Hauptprogrammveranstalter nach der Erörterung auf der ersten Stufe (noch) nicht auf einen Drittsendezeitveranstalter für die ausgeschriebene Sendezeit einigen, wird das Verfahren zur Auswahl gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV fortgesetzt.

96

Diesem konsensualen Regulierungssystem des Rundfunkstaatsvertrags (so bezeichnet vom OVG Rheinland-Pfalz im Beschluss vom 6. November 2003, 2 B 11374/03.OVG, ESOVG RP) liegt die Annahme zugrunde, dass bei einer einvernehmlichen Auswahl zwei hohe, jeweils im Verfassungsrecht wurzelnde Rechtsgüter in Einklang gebracht werden können, nämlich einerseits die aus der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Rundfunkfreiheit folgende Aufgabe des Gesetzgebers, freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk zu gewährleisten. Dazu bedarf es nach dem sog. Dritten Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 16. Juni 1981, BVerfGE 57, 295-335, - hier zitiert nach juris -) einer positiven Ordnung, welche sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet und dass auf diese Weise umfassende Informationen geboten werden (BVerfG, a.a.O, Rdnr. 88). Dazu gehöre – und das liege in der Verantwortung des Gesetzgebers –, dass ein Gesamtangebot bestehe, in dem die für die freiheitliche Demokratie konstitutive Meinungsvielfalt zur Darstellung gelange (BVerfG, a.a.O., Rdnr. 94).

97

Dem steht das ebenfalls in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, aber auch in Art. 14 GG gründende Recht des Hauptprogrammveranstalters auf Auswahl, Inhalt und Gestaltung seines Fernsehprogramms gegenüber (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 17. Juli 2003, 6 B 2458/03 - juris - Rdnr. 68 unter Hinweis auf BVerfGE 90, 60 ff.). Anders formuliert geht es darum, eine Auswahlentscheidung zu treffen, bei der die rundfunkbehördliche Aufgabe der Pluralitätssicherung und das Interesse des Hauptprogrammveranstalters an der Wahrung seiner programmlichen Identität jeweils bestmöglich zur Geltung kommen. Aus der gesetzlichen Regelungsabsicht, dem bundesweit zugelassenen Hauptprogrammveranstalter für sein verfassungsrechtlich abgestütztes Bestreben, von Eingriffen in seine Sendezeit tunlichst verschont zu werden, durch Einräumung eines Mitentscheidungsrechts bei der Auswahl der Fensterprogrammanbieter eine Kompensation zu gewähren (so OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. November 2003, a.a.O.), folgt klar, dass es sich hier um ein essentielles Mitwirkungsrecht des Hauptprogrammveranstalters handelt.

98

a) Im vorliegenden Auswahlverfahren fand jedoch eine Erörterung auf der ersten Stufe - nach Eingang aller Bewerbungen und Mitteilung der zulassungsfähigen Anträge an den Hauptprogrammveranstalter gem. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV -überhaupt nicht statt, weil die Beklagte die zeitlichen Schwierigkeiten der Klägerin mit den vorgeschlagenen Terminen als Verzögerungstaktik wertete und auf ihre alternativen Vorschläge nicht mehr einging. Dieses Verhalten der Beklagten widersprach klar dem Rundfunkstaatsvertrag, der weder eine Frist für die notwendige Erörterung setzt noch Ausnahmen von der Erörterungspflicht vorsieht. Solche Ausnahmen könnten daher nach Auffassung der Kammer allenfalls in Betracht kommen, wenn das Verfahren sonst in einer Weise blockiert zu werden drohte, die eine rechtzeitige Zulassungsentscheidung vor Beginn des Zulassungszeitraums nicht mehr erlauben würde. Solche Umstände lagen jedoch am 26. September 2011 nicht vor, als der stellvertretende Direktor der Beklagten der Klägerin gegenüber „feststellte“, eine einvernehmliche Auswahl sei auf der ersten Stufe nicht zustande gekommen. Zu diesem Zeitpunkt lagen der Klägerin die umfangreichen Bewerbungsunterlagen der sechs von der Beklagten vorläufig als zulassungsfähig angesehenen Bewerber erst knapp einen Monat vor. Sie hatte auch gegenüber der Beklagten bereits erläutert, warum die vorgeschlagenen Termine für sie nicht einzuhalten seien, und alternative Terminsvorschläge für den 14. Oktober bzw. für Anfang November 2011 unterbreitet. Da der letzte von der Beklagten von Anfang an vorgeschlagene Termin der 5. Oktober 2011 gewesen war, hatte die Beklagte daher wegen einer Verzögerung um neun Tage bis höchstens einen Monat keinen Grund zu der Annahme, die Klägerin wolle unter Vorwänden das Verfahren verzögern und verschleppen. Sie war folglich auch nicht berechtigt, ohne irgendein zeitliches Entgegenkommen ihrerseits einseitig so frühzeitig das Scheitern einer einvernehmlichen Auswahl zu konstatieren. Die Klägerin widersprach dieser Verfahrensweise daher auch im Antwortschreiben vom 7. Oktober 2011 und formulierte den von ihr bis spätestens zum 10. Oktober 2011 verlangten Dreiervorschlag ausdrücklich unter Vorbehalt.

99

Diese Verkürzung des Verfahrens durch die Beklagte, die der Klägerin die Möglichkeit nahm, ihre Argumente für von ihr bevorzugte Bewerber darzulegen und zu versuchen, mit der Beklagten zunächst aus dem gesamten Bewerberfeld zu einer gemeinsam getragenen Lösung zu kommen, ist angesichts der verfassungsrechtlichen Verankerung des Beteiligungs- bzw. Mitentscheidungsrechts des Hauptprogrammveranstalters an der Auswahl der Drittsendezeitveranstalter in ihrer Tragweite mit einer unterlassenen Anhörung gem. § 28 VwVfG nicht vergleichbar. Sie war daher auch nicht wie ein solcher Anhörungsfehler ohne Weiteres nach § 45 VwVfG heilbar. Die Erörterung mit dem Ziel der einvernehmlichen Auswahl hätte nur auf derselben Verfahrensstufe nachgeholt werden können. Dies ist nicht geschehen. Das Erörterungsgespräch am 14. Oktober 2011 konnte keine heilenden Auswirkungen mehr auf die unterbliebene Erörterung gem. § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV haben, denn es fand - nach Abgabe eines Dreiervorschlags seitens der Klägerin und dessen Ergänzung durch zwei weitere von der Beklagten benannte Bewerber - bereits auf der nächsten Verfahrensstufe statt, die gem. § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV eine neue, weitere Erörterungspflicht auslöste.

100

Ist somit die Auswahlentscheidung wegen Verletzung wesentlicher Mitwirkungsrechte der Klägerin rechtswidrig zustande gekommen, führt schon dies zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Zulassungsbescheids.

101

b) Auch die nächste Verfahrensstufe, eingeleitet durch Abgabe eines Dreiervorschlags gem. § 31 Abs. 4 Satz 4 RStV durch die Klägerin und dessen Ergänzung durch die Beklagte gem. § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV, verlief – unter Verletzung von Beteiligungsrechten der Klägerin - nicht staatsvertragskonform und stellt einen weiteren Grund für die Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidung dar, diesmal allerdings nur bezogen auf die Zulassung zu Gunsten der Beigeladenen zu 2) für die 3./4. Sendezeitschiene.

102

Die Beklagte hätte die Klägerin nicht zur Abgabe eines einheitlichen Dreiervorschlags für beide jeweils zusammengefassten Sendezeitschienen auffordern dürfen, sondern diese Aufforderung auf die 3. und 4. Sendezeitschiene beschränken müssen, weil sich nur auf diese Sendezeitkombination mehr als drei zulassungsfähige Antragsteller beworben hatten. Die Vorschriften in § 31 Abs. 4 RStV über die Auswahl unter mehreren Bewerbern beziehen sich nämlich ersichtlich auf das Modell eines einheitlichen Vergabeverfahrens, in dem sich alle Interessenten grundsätzlich auf die zur Verfügung stehende Drittsendezeit insgesamt bewerben. Das zeigt deutlich die Formulierung in § 31 Abs. 4 Satz 1 RStV, wonach die zuständige Landesmedienanstalt „das Fensterprogramm“ zur Erteilung „einer Zulassung“ ausschreibt und – nach Satz 6 – bei nicht einvernehmlicher Einigung und Ergänzung des Dreiervorschlags aus den Vorschlägen „denjenigen Bewerber“ auswählt, „dessen Programm den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt …. erwarten lässt, und erteilt ihm die Zulassung“. Eine Aufspaltung der Drittsendezeiten hatten die gesetzgebenden Länder bei der Abfassung dieser Vorschriften nicht im Blick; diese Möglichkeit erwähnt erst die DSZR in ihrer Ziffer 5.1. Die Aufteilung der Drittsendezeit auf mehrere Sendeplätze oder Sendezeitschienen widerspricht den Vorschriften des RStV allerdings auch nicht. Es ist lediglich erforderlich, die Vorschriften jeweils auf diejenigen konkret zur Bewerbung ausgeschriebenen Sendezeitschienen zu beziehen, hinsichtlich derer eine Bewerberkonkurrenz auftritt oder auftreten kann und hinsichtlich derer eine separate Zulassung erteilt werden soll, weil nach den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags aus einem Dreiervorschlag – ggf. nach Ergänzung gem. § 31 Abs. 4 Satz 6 RStV - nur ein einziger Bewerber übrig bleiben soll, dem dann auch die einzige zur Verfügung stehende Zulassung erteilt werden kann.

103

Nach diesem Verständnis gab es vorliegend inhaltlich zwei parallele, auf zusammengefasster Ausschreibung beruhende Bewerbungsverfahren. Konkurrenzsituationen gab es hier nämlich in beiden Teil-Verfahren: Für die 1. und 2. Sendezeitschiene hatten sich drei Interessenten, darunter die Beigeladene zu 1) beworben, für die 3. und 4. Sendezeitschiene waren fünf Interessenten vorhanden. Beide Kombinationen waren daher jede für sich nach den Regeln in § 31 Abs. 4 Sätze 4-7 RStV zu behandeln (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2010 – 10 ME 439/08 –, juris, in der nur eine von zwei ausgeschriebenen Sendezeitschienen streitgegenständlich war). Nach der hier geübten fehlerhaften Handhabung wären aber am Ende – auf der Grundlage eines einzigen, noch ergänzten Dreiervorschlags – z w e i Bewerber auszuwählen gewesen, die beide eine eigene Zulassung erhalten sollten.

104

Der Fehler wirkte sich allerdings nur auf die Auswahl der Beigeladenen zu 2) aus. Bei rechtmäßiger – nämlich getrennter – Verfahrensweise hätte die Beklagte nämlich für die Kombination aus 1. und 2. Sendezeitschiene gem. § 31 Abs. 4 Satz 7 RStV unmittelbar einen Bewerber auswählen können, da hier nur drei zulassungsfähige Bewerber vorhanden waren. Für die zweite Sendezeitschienen-Kombination war jedoch die Abgabe eines Dreiervorschlags, und zwar alleine bezogen auf den hierfür vorhandenen Bewerberkreis, gem. § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV erforderlich. Hier hatten sich insgesamt fünf Bewerber rechtzeitig beworben, die im Schreiben des Direktors der Beklagten an die Klägerin vom 23./26. August 2011 zunächst auch unter Vorbehalt sämtlich als zulassungsfähig bezeichnet worden waren. Erst später, nämlich in ihrer ersten Sitzung nach Eingang der Bewerbungen am 17. Oktober 2010, erklärte die Versammlung der Beklagten nur vier dieser Bewerber für zulassungsfähig.

105

Das fehlerhafte Verfahren zur Abgabe eines Dreiervorschlags, das durch die entsprechende Aufforderung im Schreiben der Beklagten vom 26. September 2011 eingeleitet wurde, verletzte hinsichtlich der zweiten Sendezeitschienenkombination die Beteiligungsrechte der Klägerin erneut. Sie musste davon ausgehen, dass sie insgesamt nur drei Bewerber für beide Sendezeitschienenkombinationen benennen konnte, und dass auch die Beigeladene zu 1) zum maßgeblichen Bewerberkreis gehöre. Damit wurde sie für die zweite Sendezeitschienenkombination in ihrer Auswahlmöglichkeit unzulässig beschränkt.

106

Dieser Fehler wirkte sich auf die Rechtmäßigkeit der Zulassungsentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 2) im Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 aus. Aus 46 VwVfG lässt sich insoweit nichts zugunsten der Beklagten herleiten. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Ein Einfluss des fehlerhaften Verfahrens auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung kann hier aber keineswegs ausgeschlossen werden. Es ist vielmehr offen, welche drei der zunächst fünf als zulassungsfähig bezeichneten Bewerber die Klägerin benannt hätte, wäre das Dreiervorschlagsverfahren staatsvertragskonform abgelaufen und hätte sie sich daher nicht gleichzeitig um den aus ihrer Sicht geeigneten Bewerber für die 1. und 2. Sendezeitschiene Gedanken machen müssen. Offen ist auch, ob die Beklagte dann überhaupt von ihrem Ergänzungsrecht Gebrauch gemacht hätte. Möglicherweise wäre es bei einer so veränderten Ausgangslage zumindest für die zweite Schienen-Kombination sogar nachträglich noch zu einer einvernehmlichen Auswahl gekommen, die auch nicht zwangsläufig auf die Beigeladene zu 2) hätte hinauslaufen müssen. Für das weitere Verfahren hätte auch dies einen erheblichen Unterschied gemacht. Die Klägerin hätte insoweit keinen Anlass zur Klageerhebung gehabt und es wäre eventuell auch nicht in gleichem Umfang zu Konkurrentenklagen gekommen.

107

Welcher alternative Geschehensablauf der wahrscheinlichste ist, ist im Rahmen von § 46 VwVfG nicht erheblich; es genügt für dessen Unanwendbarkeit, dass überhaupt alternative Ablaufmöglichkeiten bestehen.

108

c) Ob die Klägerin zu Recht weitere formelle Fehler im Auswahlverfahren rügt, kann dahinstehen. Das gilt zum einen für die Frage, ob der stellvertretende Direktor der Beklagten die Ergänzung des Dreiervorschlages intern allein entscheiden konnte. Darauf kommt es angesichts des anderweit fehlerhaften Dreiervorschlagsverfahrens nicht an.

109

Schwerer wiegt der Einwand, die Versammlung habe sich nicht mit den Bedenken der KEK auseinandergesetzt, die diese mit Schreiben vom 27. Oktober und 9. November 2011 geäußert habe (u.a. zum Vorab-Ausschluss der N 24 Media GmbH und zur mehrfachen Zulassung der am 17. Oktober 2011 ausgewählten Bewerber). Auch hier verdichtet sich der Eindruck, dass die Beklagte zu eilig vorging und daher die Verfahrensabläufe nicht jederzeit mit dem Rundfunkstaatsvertrag konform waren. Nach § 36 Abs. 5 Satz 2 RStV ist bei Auswahl und Zulassung der Veranstalter nach Satz 1 – das sind Regionalfensterveranstalter und Fensterprogrammveranstalter nach § 31 Abs. 4 RStV – vom zuständigen Organ der Landesmedienanstalt z u v o r (Hervorhebung durch das Gericht) das Benehmen mit der KEK herzustellen. Dies war bei der von der Versammlung der Beklagten am 17. Oktober 2011 unter dem Vorbehalt der Benehmensherstellung beschlossenen Bewerberauswahl noch nicht der Fall. Deshalb wertet die Kammer als eigentliche Auswahlentscheidung auch erst den Umlaufbeschluss des Haupt- und Zulassungsausschusses der Klägerin vom 19. Dezember 2011, der durch die Versammlung am 13. Februar 2012 nochmals bestätigt wurde. Dafür spricht auch, dass die Klägerin erst im Anschluss daran durch Schreiben vom 9. Dezember 2011 zum Abschluss einer Vereinbarung nach § 31 Abs. 5 RStV mit den ausgewählten Bewerbern, den Beigeladenen zu 1) und 2) aufgefordert wurde. Erst damit war also das Auswahlverfahren als zweite Stufe des Zulassungsverfahrens abgeschlossen.

110

Alle Verfahrensfehler, die auf dieser Stufe geschehen sind, waren danach keiner Heilung mehr zugänglich. Auch wenn gem. § 44 a VwGO Rechtsschutz nur gegen die am Ende schriftlich zu erlassende Zulassungsentscheidung zu erlangen ist (vgl. dazu im Einzelnen den Beschluss der Kammer vom 4. April 2012 im zwischen denselben Beteiligten geführten vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 L 147/12.NW), sind die einzelnen Verfahrensstufen selbständig zu beurteilen, weil sie aufeinander aufbauen. Die Zulassungsentscheidung kann nur rechtmäßig sein, wenn die zugelassenen Bewerber zuvor auch rechtmäßig ausgewählt worden waren. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach der Sach- und Rechtslage am Ende des Auswahlverfahrens.

111

d) Schließlich leidet die Auswahlentscheidung auch an einem materiell-rechtlichen Mangel, der zusätzlich zur Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidungen führt. Die Versammlung der Beklagten hat nämlich die Auswahl unter allen zur Verfügung stehenden Bewerbern nicht in rechtlich einwandfreier Weise getroffen. Es steht ihr zwar als pluralistisch zusammengesetztem Gremium ein Beurteilungsspielraum zu, der gerichtlich nicht überprüfbar ist. Der Entscheidung darf aber kein unzutreffender oder unvollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegen, die gesetzlichen Beurteilungsmaßstäbe dürfen nicht falsch angewendet werden und es dürfen keine sachfremden Erwägungen leitend gewesen sein (dazu allgemein OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2003, a.a.O, Rdnr. 31 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung).

112

Da vorliegend die Entscheidung nicht im Einvernehmen mit der Klägerin zustande gekommen ist, musste sich die Versammlung ausschließlich am Maßstab des § 31 Abs. 4 Satz 5 RStV orientieren, durfte also nur diejenigen beiden Bewerber auf den jeweiligen Sendezeitschienen-Kombinationen auswählen, die nach ihren Bewerbungsunterlagen und -angaben oder auf sonstiger objektiv-sachlicher Grundlage erwarten ließen, dass ihre angebotenen Programmformate von allen Bewerberangeboten den größtmöglichen Beitrag zur Vielfalt im Hauptprogramm leisten würden. Diese Auswahl lässt sich rechtmäßig nur treffen, wenn an alle Bewerbungen objektiv die gleichen Auswahlkriterien angelegt werden. Das erfordert insbesondere, dass solche Kriterien überhaupt definiert werden und dass die Mitglieder der Versammlung ihre Auswahlentscheidung nach bestem Wissen an diesen Kriterien orientiert treffen. Außerdem sind hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der Gründe für die getroffene Entscheidung strengere Anforderungen an deren Begründung zu stellen.

113

Hier hat die Versammlung der Beklagten die Auswahlentscheidung nicht nach für alle Bewerber gleichen, rechtlich einwandfreien Kriterien getroffen. Sie hat vielmehr gegenüber der – von der Klägerin in ihrem Dreiervorschlag mitbenannten – Bewerberin N 24 Media GmbH – selbst Klägerin im Verfahren 5 K 452/12.NW – Gründe angeführt, die vor dem Hintergrund der rundfunkrechtlichen Regelungen nicht sachgerecht sind. Obwohl die Beklagte deren Zulassungsfähigkeit nach den Kriterien des § 31 Abs. 3 i.V.m. § 28 RStV bejaht hatte – und zwar unter Verweis auf eine entsprechende Prüfung der KEK im Jahre 2010 (vgl. die Schreiben der Beklagten an die Klägerin und die KEK vom 26. August 2011) – schied sie diese Bewerberin bei der Beurteilung des Vielfaltsbeitrags schon vorweg aus dem in Betracht kommenden Bewerberkreis aus, weil erhebliche Zweifel an ihrer redaktionellen Unabhängigkeit in Bezug auf die Fensterprogramme bestünden, und zwar wegen „zu großer Nähe“ zur Klägerin, der die Tochtergesellschaft der N 24 Media GmbH schon in großem Umfang Auftragsproduktionen für das Hauptprogramm zuliefere. Ein solches zusätzliches Auswahlkriterium findet jedoch in Rundfunkstaatsvertrag und Drittsendezeitenrichtlinie keine Stütze. Im Einzelnen ist dies im Urteil der Kammer vom gleichen Tage im Verfahren 5 K 452/12.NW ausgeführt, das auch gegenüber den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ergangen ist, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen Urteilsgründe Bezug genommen wird.

114

Dieser Fehler macht die Auswahlentscheidung im Hinblick auf beide Sendezeitschienen-Kombinationen zusätzlich rechtswidrig, weil sich die Bewerbung der N 24 Media GmbH auf alle vier Sendezeitschienen bezog, und verletzt auch die Klägerin in ihren Rechten, denn sie muss nur einen mit ihr nicht ausgewählten Drittsendezeitveranstalter akzeptieren, der rechtmäßig ausgewählt worden ist.

115

3) Unabhängig von den bisher dargelegten Mängeln des Auswahlverfahrens, die zur Folge haben, dass auf die Anfechtungsklage der Klägerin hin der Zulassungsbescheid aufzuheben und das Auswahlverfahren mit allen zulassungsfähigen Bewerbern nochmals durchzuführen ist, hätte speziell die Zulassung der Beigeladenen zu 1) auch deswegen nicht erfolgen dürfen, weil es an der nach § 31 Abs. 5 RStV erforderlichen Vereinbarung über eine angemessene Finanzierung ihres Drittsendeprogrammes fehlte.

116

Dabei kann dahinstehen, ob aufgrund der rechtswidrig zustande gekommenen Auswahlentscheidung die Klägerin schon gar nicht verpflichtet war, auf der nächsten Stufe in Verhandlungen mit den ausgewählten Bewerbern einzutreten, und dies nur rechtlich noch nicht geltend machen konnte (vgl. dazu den oben genannten Beschluss vom 4. April 2012, a.a.O.), oder ob dennoch die Pflicht zur weiteren Mitwirkung gem. § 31 Abs. 5 RStV – unter dem Vorbehalt späterer rechtlicher Nachprüfung – bestand. Jedenfalls war die Beklagte nicht berechtigt, die bis zur gesetzten Frist mangels Einigung über die Finanzierung und wegen unterschiedlicher Rechtsauffassungen über weitere von der Klägerin formulierte Vertragsklauseln nicht zustande gekommene Vereinbarung der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1) im Zulassungsbescheid durch eine – nachträglich bis Ende Mai 2013 befristete – „Fortschreibung“ der bisherigen Vereinbarung zu ersetzen und damit diese gem. § 31 Abs. 5 und 6 RStV für die Zulassung notwendige Voraussetzung erst selbst zu schaffen. Das Gericht teilt hier in den wesentlichen Punkten die von der KEK in ihrem Beschluss vom 13./21. März 2012 – KEK 660-3 – eingehend dargelegte Rechtsaufassung, dass eine solche einseitige hoheitliche Fortschreibung der für die aktuelle Zulassungsperiode geschlossenen privatrechtlichen Vereinbarung zwischen Hauptprogrammveranstalter und ausgewähltem Drittsendezeitveran-stalter nicht zulässig ist.

117

Der Kammer kommt es unter den hier gegebenen Umständen nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Fortschreibung unter dem Aspekt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüber der Klägerin ein milderes Mittel ist, als wenn nach Ziffer 6.3. DSZR verfahren und gem. § 26 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 5 RStV der Widerruf der der Klägerin erteilten Lizenz in die Wege geleitet worden wäre. Ebenso kann die Frage dahinstehen, ob ein Widerruf überhaupt für sofort vollziehbar erklärt werden könnte oder diese Sanktion sonst nur ein „stumpfes Schwert“ wäre.

118

Wesentlich ist vielmehr zum einen, dass es zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) streitig und bisher durch die Beklagte nicht genügend aufgeklärt ist, ob das von der Klägerin vorgelegten Vereinbarungsangebot tatsächlich nicht zu angemessenen Bedingungen im Sinne von § 31 Abs. 5 RStV erfolgt ist. Davon hängen aber die weiteren Konsequenzen entscheidend ab. Denn Ziffer 6.2 DSZR erklärt ein Finanzierung für in der Regel ausreichend, wenn sie sich an den durchschnittlichen Programmkosten des Hauptveranstalters für vergleichbare Sendeplätze orientiert. Vorliegend hatte die Klägerin bereits nach der vorläufigen Auswahlentscheidung im Oktober erste Kontakte mit der Beigeladenen zu 1) aufgenommen, vergeblich um eine aktuelle Kalkulation gebeten und daraufhin auf der Basis von ihr als vergleichbar angesehener eigener Programmformate mit gewissen Zuschlägen eine Finanzierung angeboten, deren Sätze allerdings gegenüber den früheren Vereinbarungen erheblich niedriger waren. Daneben bot sie zusätzliche Leistungen, z.B. in Form der Übernahme bestimmter Kosten an (vgl. dazu Ziffer 2.2.6. des Beschlusses der KEK vom 13./21. März 2012) an, deren Wert bei einer Gesamtbeurteilung mit einbezogen werden müsste.

119

Die Beklagte hätte daher zunächst, anstatt innerhalb eines knappen Monats nach Ablauf der den Beteiligten für den Abschluss einer Vereinbarung gesetzten Frist schon unmittelbar die Entscheidung für den ungewöhnlichen Weg der hoheitlichen Fortschreibung zu treffen, die Angemessenheit der angebotenen Finanzierungsbedingungen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens prüfen lassen müssen. Dessen Ergebnis hätte dann ggf. die Beteiligten veranlasst, die Vereinbarung anzupassen, oder jedenfalls geklärt, welcher der beiden in Ziffer 6.3 DSZR aufgezeigten Wege zu gehen gewesen wäre: Ein angemessenes Angebot müsste die Beigeladene zu 1) annehmen; im Weigerungsfalle wäre mit den verbliebenen Bewerbern erneut in das Auswahlverfahren einzutreten (Ziffer 6.3 Satz 1 DSZR). Andernfalls, wenn der Hauptveranstalter die nach § 26 Abs. 5 Sätze 1 und 2 RStV zur Einräumung von Drittsendezeit erforderlichen Maßnahmen nicht träfe, müsste die zuständige Medienanstalt – nach entsprechender Feststellung durch die KEK – dessen Zulassung unmittelbar aufgrund der zwingenden Vorschrift in § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV widerrufen.

120

Die KEK weist in ihrem Beschluss vom 13./21. März 2012, in dem sie ihre „rundfunkrechtlichen Bedenken“ gegen die Fortschreibung der Vereinbarung ausführlich darlegt, zu Recht darauf hin, dass die Regelungen von Drittsendezeitenrichtlinie und Rundfunkstaatsvertrag hier ohne Weiteres miteinander vereinbar sind und klare Vorgaben enthalten, die auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen. Sie sieht deshalb keine anderweitig auszufüllende Regelungslücke oder Auslegungsmöglichkeit, die den Weg für die gewählte Fortschreibung eröffnen würde. Dem schließt sich die Kammer in vollem Umfang an. Auch sie sieht in § 31 Abs. 5 und Abs. 6 RStV eindeutig keine Ermächtigung zu einem hoheitlichen Eingriff in die Privatautonomie der Rundfunkveranstalter. Dafür gibt es weder dem Wortlaut noch der Systematik nach einen Anknüpfungspunkt. Die Aufnahme wesentlicher Vereinbarungsinhalte in die Zulassung gem. § 31 Abs. 6 RStV setzt vielmehr gerade eine vorher privatautonom getroffene Vereinbarung der künftigen Vertragspartner gerade voraus (zur Wechselbezüglichkeit der privatrechtlichen Vereinbarung und der entsprechenden Zulassungsbedingungen vgl. auch den Beschluss der Kammer vom 4. April 2012 im Verfahren 5 L 147/12.NW).

121

Auch räumt § 26 Abs. 5 Satz 3 RStV als zwingende Vorschrift der Landesmedienanstalt kein Ermessen zur Anwendung eines alternativen – möglicherweise milderen, vielleicht aber auch nur andersartigen, aber ähnlich einschneidenden – Mittels ein (vgl. dazu auch Ziffer 2.3.8 des genannten Beschlusses der KEK ).

122

Die Fortschreibung wird, weil es für sie keine Rechtsgrundlage gibt, schließlich auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Beigeladene zu 1) und mit ihr die Beklagte nicht nur die angebotenen niedrigeren Finanzierungskosten für unzumutbar halten, sondern auch andere Vertragsklauseln beanstanden. Ob diese Klauseln - insgesamt oder nur teilweise – mit den rundfunkrechtlichen Regelungen vereinbar oder als unzulässig zu qualifizieren sind, weil sie zu einer unangemessenen Einschränkung der Beigeladenen zu 1) als Drittsendezeitveranstalterin führen würden (hierzu im Einzelnen Ziffern bis 2.5 des Beschlusses der KEK vom 13./21. März 2012), hätte ebenfalls in der notwendigen weiteren Verhandlungsphase geklärt werden können. Der Kammer erscheint im Übrigen zumindest die Kündigungsklausel, die auf den Ausgang dieses Klageverfahrens abstellt, im Hinblick auf die schon erwähnten Ausführungen in ihrem Beschluss vom 4. April 2012 (a.a.O) nicht offensichtlich rechtswidrig.

123

Da der Klage nach alledem stattzugeben war, haben die Beklagte gem. § 154 Abs. 1 VwGO und die Beigeladenen zu 1) und 2), die ebenfalls Klageabweisungsanträge gestellt haben, gem. § 154 Abs. 3 VwGO die Kosten des Verfahrens zu gleichen Teilen zu tragen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

124

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gem. §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.

125

Beschluss

126

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 200.000 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.