Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 25. Aug. 2014 - 16 E 1195/13
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 31. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die weitere Beschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Der Kläger, Betreiber einer Schankwirtschaft, begehrt die Berichtigung bzw. Löschung von Aufzeichnungen in einem Vermerk vom 9. Januar 2006, der sich in einem Verwaltungsvorgang des Finanzamtes C. befinden soll und im Hinblick auf eine steuerliche Betriebsprüfung im Mai 2006 erstellt wurde. Von dem Vermerk will der Kläger anlässlich finanzgerichtlicher Verfahren Kenntnis erlangt haben, die jeweils für die Jahre 2004 bis 2008 einerseits die von ihm zu entrichtende Einkommenssteuer und andererseits die Gewerbe- und Umsatzsteuer sowie die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen betrafen bzw. noch betreffen. Erstere sind seit April 2014 rechtskräftig abgeschlossen, während das weitere Verfahren beim Bundesfinanzhof anhängig ist. Das Finanzamt lehnte das Begehren des Klägers, das unter anderem auf die Löschung bestimmter Angaben über Ermittlungen der Steuerfahndung in den Jahren 1988, 2002 und 2005 gerichtet ist, im Juli 2013 ab.
4Mit seiner am 12. August 2013 beim Verwaltungsgericht Minden eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, das er in erster Linie auf § 19 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen – DSG NRW) und im Übrigen auf Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes stützt. Nach Anhörung der Beteiligten hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Finanzgericht Münster verwiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
5II.
6Die nach § 17a Abs. 4 Satz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) in Verbindung mit den §§ 146, 147 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.
7Das Verwaltungsgericht hat den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten zu Recht gemäß § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das im Finanzrechtsweg sachlich und örtlich zuständige Finanzgericht Münster verwiesen.
8Dass das geltend gemachte Berichtigungs- und Löschungsbegehren eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art betrifft, für die im Ausgangspunkt der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO eröffnet ist, ist unstreitig und bedarf keiner weiteren Begründung. Fraglich ist vielmehr allein, ob die Streitigkeit nach § 33 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu den Finanzgerichten abgedrängt wird (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO). Dies ist zu bejahen, da es sich ausschließlich um eine Streitigkeit über Abgabenangelegenheiten im Sinne von § 33 Abs. 2 FGO handelt.
9Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO ist der Finanzrechtsweg gegeben in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind nach § 33 Abs. 2 FGO - soweit hier von Bedeutung - "alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten". Damit wird der Begriff der Abgabenangelegenheit maßgeblich vom Anwendungsbereich der abgabenrechtlichen Vorschriften bestimmt.
10Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2012- 7 B 2.12 -, juris, Rn. 13.
11Die abgabenrechtlichen Vorschriften sind in erster Linie bei Streitigkeiten über Steuern (§ 3 der Abgabenordnung - AO) heranzuziehen, wozu die Durchführung der Besteuerung, das Erhebungsverfahren und die Vollstreckung zählen. Darüber hinaus finden sie auf Angelegenheiten Anwendung, die mit einem konkreten Steuerrechtsverhältnis in Zusammenhang stehen.
12Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2012- 7 B 2.12 -, juris, Rn. 13; Schleswig-Holsteinisches FG, Beschluss vom 8. November 2011- 5 K 113/11 -, juris, Rn. 17.
13Fehlt es an diesem Bezug, kann der erforderliche rechtswegbestimmende Zusammenhang weder allein damit begründet werden, dass die Steuerakten Vorgänge wiedergeben, über die in Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften entschieden worden ist, noch damit, dass bei der Entscheidung über das streitgegenständliche Begehren gegebenenfalls auch diese Vorschriften zu beachten sind.
14Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2012- 7 B 2.12 -, juris, Rn. 14 und 17 mit weiteren Nachweisen.
15Dies zugrunde gelegt ist die Berichtigung und Löschung von personenbezogenen Daten aus Steuerakten eine Abgabenangelegenheit im Sinne von § 33 Abs. 2 FGO, wenn über sie auf der Grundlage steuerverfahrensrechtlicher Regelungen zu entscheiden ist oder wenn die begehrte Änderung des Akteninhalts im Steuerrechtsverhältnis wurzelt und insoweit mit der Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften im Zusammenhang stehen. Ersteres ist nicht der Fall, da der primär auf § 19 Abs. 3 DSG NRW und im Übrigen auf Verfassungsrecht gestützte Anspruch auf Datenberichtigung und –löschung als eigenständiger und bereichsübergreifender Anspruch und damit gerade nicht als steuerverfahrensrechtlicher Anspruch ausgestaltet ist. Das Verwaltungsgericht hat jedoch im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der geltend gemachte Anspruch im Steuerrechtsverhältnis des Klägers verankert ist und mit der Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften im Sinne von § 33 Abs. 2 FGO in Zusammenhang steht.
16Der erforderliche Bezug zu einem konkreten Steuerschuldverhältnis ist gegeben. Denn das Begehren des Klägers bezieht sich auf den Inhalt eines Verwaltungsvorgangs einer Finanzbehörde, der Unterlagen enthalten soll, die in finanzgerichtlichen Verfahren beigezogen wurden. Diese Verfahren betreffen die Erhebung von Steuern für die Jahre 2004 bis 2008 gegenüber dem Kläger selbst bzw. gegenüber der von ihm betriebenen Schankwirtschaft.
17Die mit der Klage begehrte Entscheidung darüber, ob die Steuerakte in dem vom Kläger geltend gemachten Sinne zu bereinigen ist, steht auch im Zusammenhang mit der Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften. Das folgt zunächst aus der Pflicht der Finanzbehörde, die vollständigen Verwaltungsvorgänge bis zum rechtskräftigen Abschluss des finanzgerichtlichen Rechtsstreits aufzubewahren. Diese Pflicht ergibt sich aus § 71 Abs. 2 i. V. m. § 86 Abs. 1 FGO.
18Vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 26. März 1998- 10 K 3328/94 AO -, juris, Rn. 42.
19Aber auch nach vollständigem Abschluss der Steuererhebung und nach der Durchsetzung der Steuerforderungen können bei der Entscheidung über die Bereinigung von Steuerakten abgabenrechtliche Vorschriften zur Anwendung kommen, wie etwa § 88a AO, der die Sammlung nach § 30 AO geschützter Daten für die Zwecke künftiger Verfahren ermöglicht und einer Berichtigung oder Löschung personenbezogener Daten entgegenstehen kann.
20Anders als der Kläger annimmt, führt die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Eröffnung des Rechtswegs zu den Verwaltungsgerichten für Ansprüche eines Insolvenzverwalters auf Informationszugang bzw. Akteneinsicht, die dieser auf das Informationsfreiheitsgesetz stützt,
21vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2012- 7 B 2.12 - juris; zustimmend unter Aufgabe seiner zuvor abweichenden Rechtsprechung: BFH, Beschluss vom 8. Januar 2013 - VII ER-S 1/12 -, juris; ähnlich ferner BSG, Beschluss vom 4. April 2012- B 12 SF 1/10 R -, juris, Rn. 10,
22zu keiner anderen Einschätzung. Zunächst ist festzustellen, dass die vom Kläger begehrte Veränderung des Inhalts einer Steuerakte bereits aufgrund des hiermit verbundenen Eingriffs in abgabenrechtlich relevante Unterlagen nicht mit einer Auskunft über den Akteninhalt oder mit einer Akteneinsicht vergleichbar ist. Darüber hinaus macht der Kläger als unmittelbar am steuerlichen Verwaltungsverfahren Beteiligter im Sinne der §§ 78, 359 AO die Bereinigung einer Steuerakte geltend, die Unterlagen zur Erhebung und Festsetzung von Steuern in einem bzw. mehreren konkreten Verwaltungsverfahren enthält. Es geht damit um ein dem Steuerrechtsverhältnis zuzurechnendes Annexverfahren.
23Vgl. zu § 51 Abs. 1 Nr. 7 Sozialgerichtsgesetz mit ähnlicher Tendenz: Bayerisches LSG, Urteil vom 31. März 2011 - L 15 SB 80/60 -, juris, Rn. 18.
24Dadurch unterscheidet sich das Begehren des Klägers deutlich von der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Konstellation. Dort begehrte ein Dritter, der gerade nicht an dem in den betreffenden Akten erfassten Steuerschuldverhältnis beteiligt war, unter Berufung allein auf das Informationsfreiheitsgesetz Auskünfte, ohne dass diese in Zusammenhang mit der Steuererhebung oder der Durchsetzung von Steuerforderungen in einem laufenden Verwaltungs- bzw. Vollstreckungsverfahren des insolventen Steuerschuldners standen.
25Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2012- 7 B 2.12 -, juris, Rn.16; vglbar ferner BSG, Beschluss vom 4. April 2012 - B 12 SF 1/10 R -, juris, Rn. 21; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. März 2012 - OVG 12 L 67.11 -, juris, Rn. 4; VG Aachen, Urteil vom 12. Februar 2014- 8 K 2198/12 -, juris, Rn. 42.
26Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Eine Kostenentscheidung ist vorliegend nicht entbehrlich, weil die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu den Verfahrenskosten gehören, über die gemäß § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG im Rahmen der Endentscheidung zu befinden ist. Die Anfechtung der Entscheidung über den Rechtsweg löst vielmehr ein selbstständiges Rechtsmittelverfahren aus, in dem nach den allgemeinen Vorschriften über die Kosten zu befinden ist.
27Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. September 2012- 7 B 5.12 -, juris, Rn. 7.
28Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr (Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) nicht.
29Die Voraussetzungen für die Zulassung der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (§ 17a Abs. 4 Satz 5 GVG) liegen nicht vor, da der Senat nicht von der Entscheidung eines obersten Bundesgerichts abweicht und die Frage, ob der Anspruch eines Steuerschuldners auf Berichtigung bzw. Löschung von Daten in der ihn betreffenden Steuerakte vor den Verwaltungsgerichten verfolgt werden kann, auf der Grundlage der gesetzlichen Regelung unter Anwendung der allgemeinen Auslegungsgrundsätze sowie der vorhandenen Rechtsprechung eindeutig in dem obigen Sinne zu beantworten ist.
30Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 25. Aug. 2014 - 16 E 1195/13
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 25. Aug. 2014 - 16 E 1195/13
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenOberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 25. Aug. 2014 - 16 E 1195/13 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.
(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.
(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.
(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.
(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.
(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.
(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.
(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.
(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.
(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.
(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben
- 1.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden, - 2.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die Vollziehung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind, - 3.
in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Streitigkeiten über Angelegenheiten, die durch den Ersten Teil, den Zweiten und den Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des Steuerberatungsgesetzes geregelt werden, - 4.
in anderen als den in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, soweit für diese durch Bundesgesetz oder Landesgesetz der Finanzrechtsweg eröffnet ist.
(2) Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.
(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung.
(1) Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.
(2) Realsteuern sind die Grundsteuer und die Gewerbesteuer.
(3) Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind Steuern im Sinne dieses Gesetzes. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1, L 287, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.
(4) Steuerliche Nebenleistungen sind
- 1.
Verzögerungsgelder nach § 146 Absatz 2c, - 2.
Verspätungszuschläge nach § 152, - 3.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 und 4a, - 3a.
Mitwirkungsverzögerungsgelder nach § 200a Absatz 2 und Zuschläge zum Mitwirkungsverzögerungsgeld nach § 200a Absatz 3, - 4.
Zinsen nach den §§ 233 bis 237 sowie Zinsen nach den Steuergesetzen, auf die die §§ 238 und 239 anzuwenden sind, sowie Zinsen, die über die §§ 233 bis 237 und die Steuergesetze hinaus nach dem Recht der Europäischen Union auf zu erstattende Steuern zu leisten sind, - 5.
Säumniszuschläge nach § 240, - 6.
Zwangsgelder nach § 329, - 7.
Kosten nach den §§ 89, 89a Absatz 7 sowie den §§ 178 und 337 bis 345, - 8.
Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union, - 9.
Verspätungsgelder nach § 22a Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes und - 10.
Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes.
(5) Das Aufkommen der Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union steht dem Bund zu. Das Aufkommen der übrigen Zinsen steht den jeweils steuerberechtigten Körperschaften zu. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89 steht jeweils der Körperschaft zu, deren Behörde für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89a Absatz 7 steht dem Bund und dem jeweils betroffenen Land je zur Hälfte zu. Das Aufkommen der Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes steht dem Bund zu. Die übrigen steuerlichen Nebenleistungen fließen den verwaltenden Körperschaften zu.
Tenor
Der Finanzrechtsweg ist unzulässig.
Der Rechtsstreit wird an das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht verwiesen.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
- 1
I. Der Kläger begehrt zur Geltendmachung einer Schadensersatzklage Einsicht in seine Steuerakten für die Jahre 1995 bis 1997.
- 2
Mit Schreiben vom 17.06.2010 beantragte der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten Einsicht in die über ihn geführten Steuerakten. Die Ehefrau des Klägers erklärte ihre Einwilligung, soweit ihre Verhältnisse hierdurch betroffen sind. Zudem teilte der Kläger mit, dass sein Prozessbevollmächtigter beauftragt worden sei, für ihn eine Schadensersatzklage gegen das Land Schleswig-Holstein wegen einer verdeckten Gewinnausschüttung 1996 und der dadurch festgesetzten Steuern zu führen. Die aktuellen Vorgänge seien nicht betroffen.
- 3
Mit Bescheid vom 22.09.2010 lehnte der Beklagte den Antrag auf Akteneinsicht ab, da kein berechtigtes Interesse des Klägers gegeben sei.
- 4
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und machte geltend, der Beklagte habe § 5 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Schleswig-Holstein (IFG-SH) nicht beachtet. Danach habe die Behörde nach Wahl des Klägers Auskunft zu erteilen oder die Informationsträger zugängig zu machen. Nichts anderes folge aus § 27 LDSG sowie § 198 LVwG. Diese Verpflichtung gelte auch für den Beklagten als Landesbehörde. Die Abgabenordnung stünde dem nicht entgegen.
- 5
Mit Einspruchsentscheidung vom 28.04.2011 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Das IFG-SH sei nicht einschlägig, da durch dieses Gesetz nicht der Auskunftsanspruch für eigene Daten geregelt werde. Hinsichtlich der Begründung im Übrigen wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
- 6
Am 30. Mai 2011 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, das IFG-SH stelle eine lex specialis zur Abgabenordnung dar. Eine Subsidiarität des IFG-SH zu sonstigen Akteneinsichtsrechten bestünde nicht. Auch Art. 31 GG stünde nicht entgegen, weil es sich bei dem IFG-SH nicht um entgegenstehendes Landesrecht handele. Der Kläger verweist auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10.03.2008 1 BvR 2388/03, wonach der Bürger unter dem Gesichtspunkt des informationellen Selbstbestimmungsrechts das Recht habe, in Erfahrung zu bringen, welche Daten über ihn bei der Finanzverwaltung vorhanden seien. Das Schreiben eines Ministeriums könne kein Recht setzen und schon gar nicht Grundrechtspositionen beseitigen. Im Übrigen sei das Finanzamt in einem Zivilprozess ohnehin zum wahrheitsgemäßen und vollständigen Vortrag verpflichtet. Da es nicht Aufgabe der Finanzverwaltung sei, rechtswidrig zu handeln, könne schon denklogisch aus einer Akteneinsicht keine Gefährdung des sich an Gesetz und Recht orientierenden Verwaltungshandelns resultieren. Die Klage sei auch zulässig. Die vom Gericht beabsichtigte Verweisung an das Verwaltungsgericht begrüße er.
- 7
Der Kläger beantragt, dem Kläger Einsicht in die im Zusammenhang mit seiner Veranlagung für die Jahre 1995 bis 1997 bei dem beklagten Finanzamt geführten Verwaltungsakten zu gewähren.
- 8
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
- 9
Der Beklagte wendet sich gegen eine Verweisung an das Verwaltungsgericht. Für das Begehren auf Einsicht in die bei einem Finanzamt geführten Akten sei grundsätzlich der Finanzrechtsweg gegeben, da es sich um eine Abgabenangelegenheit im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 FGO handele. Dies ergebe sich aus dem sachlichen Zusammenhang zwischen der Weitergabe der Daten und ihrer Erhebung aufgrund abgabenrechtlicher Vorschriften. Ob bei dieser Entscheidung Vorschriften aus anderen Rechtsgebieten gleichfalls zu berücksichtigen seien, sei ohne Belang.
- 10
Weiter trägt er vor, die Klage sei unzulässig, da dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Der Kläger habe die Akten im Verfahren 3 K 209/02 eingesehen oder die Möglichkeit hierzu gehabt. Die Klage sei auch unbegründet, weil das IFG-SH nicht anwendbar sei. Die AO gehe als das speziellere Gesetz vor. Im außergerichtlichen Besteuerungsverfahren habe der Steuerpflichtige keinen Anspruch auf Akteneinsicht, sondern lediglich das Recht auf eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen über den Antrag. Dieses Ermessen habe der Beklagte pflichtgemäß ausgeübt.
- 11
Die Beteiligten sind mit Verfügung vom 13. Oktober 2011 zur beabsichtigten Verweisung angehört worden.
- 12
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte „Verfahren wegen Akteneinsicht“ Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 13
II. Der Finanzrechtsweg ist unzulässig.
- 14
Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO- ist der Finanzrechtsweg in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten gegeben, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Abgabenangelegenheiten in diesem Sinne sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 1 FGO). Die Abgabenordnung selbst enthält zwar - anders als andere Verfahrensordnungen - keine Regelung, nach der ein Anspruch auf Akteneinsicht besteht. Allerdings geht der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass dem während eines Verwaltungsverfahrens nachsuchenden Steuerpflichtigen oder sonstigen Vertreter ein Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Behörde zusteht (vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 2010, VII R 19/09, DStRE 2010, 618). Nach bestandskräftigem Abschluss des Verwaltungsverfahrens kann Akteneinsicht nicht mehr verlangt werden (Wünsch in Pahlke/Koenig, AO, 2. Auflage, § 91 Rz. 24).
- 15
Einen auf die AO gestützten Anspruch auf Akteneinsicht macht der Kläger jedoch mit seiner Klage nicht geltend. Er hat seinen Antrag auf Akteneinsicht vielmehr allein auf § 5 IFG-SH gestützt und keinen Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Behörde nach der AO geltend gemacht. Er begehrt nicht die Einsicht in Steuerakten des Beklagten, um seine Rechte in einem noch laufenden Verwaltungsverfahren wahrnehmen zu können. Die Steuerangelegenheiten des Klägers sind für die umstrittenen Zeiträume, für die diese Akten geführt wurden, in vollem Umfang und endgültig erledigt. Insbesondere das Steuerjahr 1996 ist rechtskräftig mit Urteil vom 07.12.2007 (3 K 209/02) entschieden. Der Kläger begehrt demnach keine Akteneinsicht, um die daraus gewonnenen Informationen in welcher Weise auch immer im Zusammenhang mit der Steuerfestsetzung oder Steuererhebung (Verwaltung der Abgaben) zu verwerten. Er will vielmehr aus einem anderen - vollends außersteuerlichen - Grunde im Klageweg die Akteneinsicht erzwingen und in alle über ihn beim Beklagten geführten Veranlagungsakten für die Jahre 1995 bis 1997 Einsicht nehmen. Den Anspruch auf die Einsichtnahme in die Steuerakten des Beklagten in dem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Steuerfestsetzungsverfahren begründet er damit, er wollte mit den gewonnenen Informationen Schadenersatzansprüche prüfen, um eventuell einen Amtshaftungsanspruch geltend zu machen und zu begründen, der vor einem ordentlichen Gericht geltend zu machen ist (Art. 34 Satz 3 GG). Das Begehren des Klägers auf Akteneinsicht betrifft damit keine mit der Verwaltung von Abgaben zusammen hängende Angelegenheit mehr (vgl. FG Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2005 1 K 250/05, EFG 2005, 1281; FG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22.06.2010 2 K 41/10, DStRE 2011, 185; Kühnen, EFG 2010, 2019).
- 16
Der Rechtsstreit betrifft auch keine Angelegenheit, die nach der Alternative des § 33 Abs. 2 FGO „sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden" zusammenhängt. Der Beklagte hat den erhobenen Anspruch gerade mit der Begründung abgelehnt, er ergebe sich nicht aus der AO. Der Kläger habe allenfalls einen Anspruch darauf, ermessensgerecht beschieden zu werden. Insoweit stützt sich die Finanzbehörde auf Regeln allgemein anerkannten und angewendeten Verwaltungsverfahrensrechts, das seine Grundlage nicht - jedenfalls nicht speziell - im Bereich der abgabenrechtlichen Vorschriften hat. Ein solcher geltend gemachter Anspruch auf Akteneinsicht kann sich in einem abgeschlossenen Verfahren gerade nicht aus der AO ergeben (Wünsch in Pahlke/Koenig, AO, 2. Auflage, § 91 Rz. 24). Auch der Kläger geht davon aus, dass er seinen Anspruch aus Anspruchsgrundlagen herzuleiten hat, die anderen Rechtsquellen als dem Abgabenrecht entspringen, nämlich primär dem IFG-SH, und im übrigen dem Verfassungsrecht (Art. 2 in Verbindung mit Art. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG) sowie dem Bundesdatenschutzrecht. Im Kern geht es daher um die Entscheidung von Rechtsfragen, deren Rechtsgrundlagen den Arbeitsgebieten der allgemeinen Verwaltungsgerichte zugewiesen sind (vgl. FG Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2005 1 K 250/05, EFG 2005, 1281; Seer in Tipke/Kruse, AO, § 91 Rz. 34).
- 17
Nach dem Regelungszweck der Rechtswegzuweisung in § 33 FGO kann der Finanzrechtsweg nur dann zugelassen sein, wenn Rechtsverhältnisse geklärt werden sollen und müssen, die ein konkretes (Steuer-) Schuldverhältnis im Anwendungsbereich des § 1 AO betreffen. Der Finanzrechtsweg steht dagegen nicht zur Verfügung, um losgelöst und unabhängig von einem Steuerschuldverhältnis den Inhalt von Rechtsverhältnissen klären zu lassen, die außersteuerlichen Charakter haben und deren Klärung nicht der Verwirklichung des Steuerrechtsschutzes dient. Dem steht § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG nicht entgegen, nach dem das Gericht des zulässigen Rechtswegs unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden hat. Denn diese Vorschrift betrifft allein die Klärung von (Vor-) Fragen aus rechtswegfremden Rechtsbereichen. Sie setzt voraus, dass für die (Haupt-) Problematik der - hier nicht gegebene - Rechtsweg zum angerufenen Gericht zulässig ist (FG Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2005 1 K 250/05, EFG 2005, 1281; vgl. auch FG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22.06.2010 2 K 41/10, DStRE 2011, 185; Seer in Tipke/Kruse, AO, § 91 Rz. 34; in diesem Sinne wohl auch Kühnen, EFG 2010, 2019).
- 18
Der vom Beklagten angeführte Beschluss des VG Hamburg vom 04.11.2010 11 K 2221/10 (juris) überzeugt den Senat aus den oben angeführten Gründen nicht und er steht im Übrigen im Gegensatz zum Beschluss des VG Hamburg vom 17.05.2010 7 K 429/09 (ZInsO 2010, 1097), wonach der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, wenn ein allgemeiner Auskunftsanspruch nach verwaltungsrechtlichen Vorschriften geltend gemacht wird. Bei differenzierender Betrachtungsweise ist bei einem abgeschlossenen Verwaltungsverfahren, wenn ein allgemeiner Auskunftsanspruch nach verwaltungsrechtlichen Vorschriften geltend gemacht wird, der Verwaltungsrechtsweg gegeben (so wohl auch Kühnen, EFG 2010, 2019; siehe auch Seer in Tipke/Kruse, AO, § 91 Rz. 34).
- 19
Der Rechtsstreit ist deshalb nach § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG an das sachlich und örtlich zuständige Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht in Schleswig zu verweisen, weil er eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art betrifft, die nicht durch Bundesgesetz oder Landesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
- 20
Der Senat hat gemäß § 17 a Abs. 4 Sätze 4 bis 6 GVG die Beschwerde gegen diesen Beschluss zum Bundesfinanzhof zugelassen, weil der Streitfall eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwirft. Es ist von prinzipieller Bedeutung und erscheint höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob eine Abgabenangelegenheit im Sinne der Rechtswegzuweisung noch vorliegt, wenn sich in abgeschlossenen Verfahren aufgrund der Entscheidung des Finanzgerichts aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr Folgerungen für die Besteuerung ergeben können, und ob die formal auf die AO gestützte Ablehnung einer Akteneinsicht auch dann den Rechtsweg zum Finanzgericht eröffnet, wenn im Kern kein Rechtsschutz in Abgabensachen begehrt wird und Rechtsfragen zu entscheiden sind, deren Grundlagen sich im allgemeinen Verwaltungsrecht finden.
(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben
- 1.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden, - 2.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die Vollziehung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind, - 3.
in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Streitigkeiten über Angelegenheiten, die durch den Ersten Teil, den Zweiten und den Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des Steuerberatungsgesetzes geregelt werden, - 4.
in anderen als den in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, soweit für diese durch Bundesgesetz oder Landesgesetz der Finanzrechtsweg eröffnet ist.
(2) Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.
(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung.
(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden und Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet, soweit nicht durch das Steuergeheimnis (§ 30 der Abgabenordnung) geschützte Verhältnisse Dritter unbefugt offenbart werden.
(2) Wenn das Bekanntwerden von Urkunden, elektronischer Dokumente oder Akten oder von Auskünften dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge aus anderen Gründen als nach Absatz 1 nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheimgehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung elektronischer Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern. Satz 1 gilt in den Fällen des § 88 Absatz 3 Satz 3 und Absatz 5 Satz 4 sowie des § 156 Absatz 2 Satz 3 der Abgabenordnung entsprechend.
(3) Auf Antrag eines Beteiligten stellt der Bundesfinanzhof in den Fällen der Absätze 1 und 2 ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung elektronischer Dokumente oder die Verweigerung der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Auf Aufforderung des Bundesfinanzhofs hat die oberste Aufsichtsbehörde die verweigerten Dokumente oder Akten vorzulegen oder zu übermitteln oder ihm die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige oberste Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes einer Übergabe oder Übermittlung der Dokumente oder der Akten an den Bundesfinanzhof entgegenstehen, wird die Vorlage nach Satz 3 dadurch bewirkt, dass die Dokumente oder Akten dem Bundesfinanzhof in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 3 vorgelegten oder übermittelten Dokumente oder Akten und für die gemäß Satz 6 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 78 nicht. Die Mitglieder des Bundesfinanzhofs sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Dokumente oder Akten und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes.
Soweit es zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Steuern erforderlich ist, dürfen die Finanzbehörden nach § 30 geschützte Daten auch für Zwecke künftiger Verfahren im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a und b, insbesondere zur Gewinnung von Vergleichswerten, in Dateisystemen verarbeiten. Eine Verarbeitung ist nur für Verfahren im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a und b zulässig.
(1) Amtsträger haben das Steuergeheimnis zu wahren.
(2) Ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis, wenn er
- 1.
personenbezogene Daten eines anderen, die ihm - a)
in einem Verwaltungsverfahren, einem Rechnungsprüfungsverfahren oder einem gerichtlichen Verfahren in Steuersachen, - b)
in einem Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat oder einem Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit, - c)
im Rahmen einer Weiterverarbeitung nach § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 4, 5 oder 6 oder aus anderem dienstlichen Anlass, insbesondere durch Mitteilung einer Finanzbehörde oder durch die gesetzlich vorgeschriebene Vorlage eines Steuerbescheids oder einer Bescheinigung über die bei der Besteuerung getroffenen Feststellungen,
- 2.
ein fremdes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in einem der in Nummer 1 genannten Verfahren bekannt geworden ist,
- 3.
geschützte Daten im automatisierten Verfahren unbefugt abruft, wenn sie für eines der in Nummer 1 genannten Verfahren in einem automationsgestützten Dateisystem gespeichert sind.
(3) Den Amtsträgern stehen gleich
- 1.
die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 des Strafgesetzbuchs), - 1a.
die in § 193 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Personen, - 2.
amtlich zugezogene Sachverständige, - 3.
die Träger von Ämtern der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind.
(4) Die Offenbarung oder Verwertung geschützter Daten ist zulässig, soweit
- 1.
sie der Durchführung eines Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nr. 1 Buchstaben a und b dient, - 1a.
sie einer Verarbeitung durch Finanzbehörden nach Maßgabe des § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 oder 6 dient, - 1b.
sie der Durchführung eines Bußgeldverfahrens nach Artikel 83 der Verordnung (EU) 2016/679 im Anwendungsbereich dieses Gesetzes dient, - 2.
sie durch Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist, - 2a.
sie durch Recht der Europäischen Union vorgeschrieben oder zugelassen ist, - 2b.
sie der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Statistischen Bundesamtes oder für die Erfüllung von Bundesgesetzen durch die Statistischen Landesämter dient, - 2c.
sie der Gesetzesfolgenabschätzung dient und die Voraussetzungen für eine Weiterverarbeitung nach § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 vorliegen, - 2d.
sie der Sicherung, Nutzung und wissenschaftlichen Verwertung von Archivgut der Finanzbehörden durch das Bundesarchiv nach Maßgabe des Bundesarchivgesetzes oder durch das zuständige Landes- oder Kommunalarchiv nach Maßgabe des einschlägigen Landesgesetzes oder der einschlägigen kommunalen Satzung dient, sofern die Beachtung der Vorgaben der §§ 6 und 10 bis 14 des Bundesarchivgesetzes im Landesrecht oder in der kommunalen Satzung sichergestellt ist, - 3.
die betroffene Person zustimmt, - 4.
sie der Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer Tat dient, die keine Steuerstraftat ist, und die Kenntnisse - a)
in einem Verfahren wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit erlangt worden sind; dies gilt jedoch nicht für solche Tatsachen, die der Steuerpflichtige in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens offenbart hat oder die bereits vor Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens im Besteuerungsverfahren bekannt geworden sind, oder - b)
ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung oder unter Verzicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht erlangt worden sind,
- 5.
für sie ein zwingendes öffentliches Interesse besteht; ein zwingendes öffentliches Interesse ist namentlich gegeben, wenn - a)
die Offenbarung erforderlich ist zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die Verteidigung oder die nationale Sicherheit oder zur Verhütung oder Verfolgung von Verbrechen und vorsätzlichen schweren Vergehen gegen Leib und Leben oder gegen den Staat und seine Einrichtungen, - b)
Wirtschaftsstraftaten verfolgt werden oder verfolgt werden sollen, die nach ihrer Begehungsweise oder wegen des Umfangs des durch sie verursachten Schadens geeignet sind, die wirtschaftliche Ordnung erheblich zu stören oder das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Redlichkeit des geschäftlichen Verkehrs oder auf die ordnungsgemäße Arbeit der Behörden und der öffentlichen Einrichtungen erheblich zu erschüttern, oder - c)
die Offenbarung erforderlich ist zur Richtigstellung in der Öffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen, die geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern; die Entscheidung trifft die zuständige oberste Finanzbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen; vor der Richtigstellung soll der Steuerpflichtige gehört werden.
(5) Vorsätzlich falsche Angaben der betroffenen Person dürfen den Strafverfolgungsbehörden gegenüber offenbart werden.
(6) Der Abruf geschützter Daten, die für eines der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Verfahren in einem automationsgestützten Dateisystem gespeichert sind, ist nur zulässig, soweit er der Durchführung eines Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 Buchstabe a und b oder der zulässigen Übermittlung geschützter Daten durch eine Finanzbehörde an die betroffene Person oder Dritte dient. Zur Wahrung des Steuergeheimnisses kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, welche technischen und organisatorischen Maßnahmen gegen den unbefugten Abruf von Daten zu treffen sind. Insbesondere kann es nähere Regelungen treffen über die Art der Daten, deren Abruf zulässig ist, sowie über den Kreis der Amtsträger, die zum Abruf solcher Daten berechtigt sind. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie die Kraftfahrzeugsteuer, die Luftverkehrsteuer, die Versicherungsteuer sowie Einfuhr- und Ausfuhrabgaben und Verbrauchsteuern, mit Ausnahme der Biersteuer, betrifft.
(7) Werden dem Steuergeheimnis unterliegende Daten durch einen Amtsträger oder diesem nach Absatz 3 gleichgestellte Personen nach Maßgabe des § 87a Absatz 4 oder 7 über De-Mail-Dienste im Sinne des § 1 des De-Mail-Gesetzes versendet, liegt keine unbefugte Offenbarung, Verwertung und kein unbefugter Abruf von dem Steuergeheimnis unterliegenden Daten vor, wenn beim Versenden eine kurzzeitige automatisierte Entschlüsselung durch den akkreditierten Diensteanbieter zum Zweck der Überprüfung auf Schadsoftware und zum Zweck der Weiterleitung an den Adressaten der De-Mail-Nachricht stattfindet.
(8) Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das den Abgleich geschützter Daten innerhalb einer Finanzbehörde oder zwischen verschiedenen Finanzbehörden ermöglicht, ist zulässig, soweit die Weiterverarbeitung oder Offenbarung dieser Daten zulässig und dieses Verfahren unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person und der Aufgaben der beteiligten Finanzbehörden angemessen ist.
(9) Die Finanzbehörden dürfen sich bei der Verarbeitung geschützter Daten nur dann eines Auftragsverarbeiters im Sinne von Artikel 4 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2016/679 bedienen, wenn diese Daten ausschließlich durch Personen verarbeitet werden, die zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichtet sind.
(10) Die Offenbarung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 durch Finanzbehörden an öffentliche oder nicht-öffentliche Stellen ist zulässig, wenn die Voraussetzungen der Absätze 4 oder 5 und ein Ausnahmetatbestand nach Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/679 oder nach § 31c vorliegen.
(11) Wurden geschützte Daten
nach den Absätzen 4 oder 5 offenbart, darf der Empfänger diese Daten nur zu dem Zweck speichern, verändern, nutzen oder übermitteln, zu dem sie ihm offenbart worden sind. Die Pflicht eines Amtsträgers oder einer ihm nach Absatz 3 gleichgestellten Person, dem oder der die geschützten Daten durch die Offenbarung bekannt geworden sind, zur Wahrung des Steuergeheimnisses bleibt unberührt.Tenor
-
Die weitere Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2010 wird zurückgewiesen.
-
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
- 1
-
I. Streitig ist der Rechtsweg für die Klage eines Insolvenzverwalters gegen eine Krankenkasse (Einzugsstelle), welche seinen Antrag nach § 1 Abs 1 S 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG; vom 5.9.2005, BGBl I 2722) auf Auskunft über die vom Insolvenzschuldner an die Beklagte abgeführten Sozialversicherungsbeiträge und auf Überlassung einer Kontoübersicht, aus der die jeweilige Zahlung und das entsprechende Datum ersichtlich sind, ablehnte.
- 2
-
Der Kläger hat nach erfolglosem Widerspruch entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung Klage vor dem SG Heilbronn erhoben und gleichzeitig die Verweisung des Rechtsstreits an das VG Stuttgart beantragt. Mit Beschluss vom 15.3.2010 hat das SG den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das VG Stuttgart verwiesen. Die Beschwerde der Beklagten hat das LSG mit Beschluss vom 12.11.2010 zurückgewiesen, da für die Entscheidung über den geltend gemachten Auskunftsanspruch nach dem IFG die Verwaltungsgerichte zuständig seien. Es handele sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Das IFG enthalte keine Zuweisung an eine andere Gerichtsbarkeit. Eine Zuweisung an die Sozialgerichtsbarkeit ergebe sich weder aus § 51 Abs 1 Nr 2 SGG noch aus Nr 5 dieser Norm. Das dem Streit zugrundeliegende Rechtsverhältnis sei keine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), weil der geltend gemachte Auskunftsanspruch weder im SGB V geregelt sei, noch im Rahmen eines Krankenversicherungsverhältnisses erhobene Daten betreffe. Der Streit gehöre auch nicht zu den sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung. Er stehe nicht im engen sachlichen Zusammenhang mit einem Sozialverwaltungsverfahren. Der Anspruch nach dem IFG sei voraussetzungslos und stehe jedermann, also auch nicht an einem Verfahren beteiligten Dritten, zu und könne außerhalb laufender Verfahren geltend gemacht werden. Es werde auch nicht um Beiträge zur Sozialversicherung gestritten. Gegenstand des Streits sei vielmehr ein gegenüber der Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB eigenständiger, speziell geregelter Auskunftsanspruch, über den ein selbstständiges, im IFG geregeltes Verwaltungsverfahren zu führen sei, für das ausschließlich auf die VwGO Bezug genommen werde. Der Verweisung stehe auch nicht entgegen, dass das SG über den Anspruch unter allen rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden habe, da es für das geltend gemachte Informationsbegehren keine der Sozialgerichtsbarkeit zugeordnete Grundlage - insbesondere nicht aus § 83, § 25 SGB X oder aus dem aus allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen hergeleiteten verfahrensunabhängigen Akteneinsichtsrecht - gebe.
- 3
-
Mit der weiteren Beschwerde rügt die Beklagte sinngemäß eine Verletzung des § 17a Abs 2 S 1 GVG, wonach eine Verweisung nur dann statthaft sei, wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, dh für den Klageanspruch mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, ausgeschlossen sei. Vorliegend sei das Begehren auf Einsicht in das bei der Beklagten über den Insolvenzschuldner geführte Beitragskonto gerichtet, also auf Akteneinsicht iS des § 25 SGB X. Hierfür sei der Rechtsweg zu den SGen gegeben, die dann gleichzeitig über das rechtswegfremde Auskunftsersuchen nach IFG mitzuentscheiden hätten. Ergänzend nimmt sie Bezug auf die Gründe des Beschlusses des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.4.2010 - L 16 B 9/09 SV.
- 4
-
Die Beklagte beantragt,
die Beschlüsse des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. März 2010 und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Rechtsweg zum Sozialgericht Heilbronn zulässig ist.
- 5
-
Der Kläger stellt keinen Antrag. Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und macht sich dessen Begründung zu eigen. Er hebt hervor, keinen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X geltend zu machen. Er begehre einzig Auskunft darüber, welche Zahlungen in einem gewissen Zeitraum an die Beklagte erbracht wurden. Zudem scheide § 25 SGB X als Anspruchsgrundlage im vorliegenden Fall von vornherein aus, da danach der Anspruch auf Akteneinsicht auf ein anhängiges Verwaltungsverfahren beschränkt sei und nicht selbstständig im Klageverfahren geltend gemacht werden könne.
- 6
-
II. Die weitere Beschwerde der Beklagten, über die der Senat ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter entscheiden konnte (§ 12 Abs 1 S 2, § 153 Abs 1, § 165 SGG), ist nach § 177 und § 202 SGG iVm § 17a Abs 4 S 4 GVG statthaft, weil das LSG den Rechtsbehelf zugelassen hat und die Entscheidung für das BSG bindend ist(§ 202 SGG iVm § 17a Abs 4 S 6 GVG). Sie ist auch fristgerecht erhoben worden, weil sie in entsprechender Anwendung des § 173 SGG sowohl beim LSG als auch beim BSG eingelegt werden konnte(BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 24; BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 51 RdNr 61)und beim BSG innerhalb der Monatsfrist eingegangen ist.
- 7
-
In der Sache erweist sich die weitere Beschwerde der Beklagten als unbegründet. Nach § 202 SGG iVm § 17a Abs 2 S 1 GVG spricht das Gericht, wenn der zu ihm beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, dies aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Eine Verweisung des Rechtsstreits ist jedoch nur dann geboten und zulässig, wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, dh für den Klageanspruch mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, unzulässig ist (BVerwG vom 15.12.1992 - 5 B 144/91 - FEVS 44, 53 = MDR 1993, 800 mwN). Anderenfalls entscheidet das angegangene Gericht des zulässigen Rechtsweges nach § 17 Abs 2 S 1 GVG den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden - also auch für ihn rechtswegfremden - rechtlichen Gesichtspunkten.
- 8
-
Vorliegend hat das LSG zu Recht die Beschwerde gegen den Beschluss des SG, mit dem dieses den Rechtsstreit an das VG Stuttgart verwiesen hat, zurückgewiesen. Für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch (hierzu 1.) ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet (§ 40 Abs 1 S 1 VwGO), denn der Rechtsstreit ist öffentlich-rechtlicher Natur und nichtverfassungsrechtlicher Art (hierzu 2.); er ist auch nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen, insbesondere fällt er nicht nach § 51 SGG in den Zuständigkeitsbereich der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit(hierzu 3.). Soweit wegen des Sitzes der Beklagten im dortigen Gerichtsbezirk das VG Hamburg örtlich zuständig sein dürfte (§ 52 Nr 2 S 1 VwGO) und nicht das VG Stuttgart, an welches das SG den Rechtsstreit hinsichtlich des Rechtsweges zutreffend verwiesen hat, wäre eine ggf notwendige Korrektur durch (weitere) Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit dem VG Stuttgart vorbehalten (vgl BAGE 70, 374 = AP Nr 39 zu § 36 ZPO; BAG AP Nr 23 zu § 17a GVG = NJW 1996, 742).
- 9
-
1. Die Zulässigkeit des Rechtsweges richtet sich nach dem Streitgegenstand. Dieser wird durch den geltend gemachten prozessualen Anspruch, dh durch den Klageantrag und den Klagegrund im Sinne eines bestimmten Sachverhalts bestimmt (stRspr zB BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 26 mwN; vgl auch BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 17 mwN).
- 10
-
Der Streitgegenstand ist vorliegend der vom Kläger erhobene Anspruch auf Auskunftserteilung über vom Insolvenzschuldner an die Beklagte auf das Beitragskonto zur Betriebsnummer 62008309 in der Zeit vom 1.7.2007 bis 14.4.2008 bzw danach entrichtete Zahlungen. Hierfür beruft sich der Kläger in ausdrücklicher Abgrenzung gegenüber dem Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X ausschließlich auf § 1 Abs 1 S 1 IFG, wodurch er den geltend gemachten Anspruch weiter konkretisiert(anders im Beschluss des BFH vom 10.2.2011 - VII B 183/10 - ZIP 2011, 883, in dem der Insolvenzverwalter - für die Rechtswegzuordnung aus Sicht des BFH offenbar entscheidend - allgemeine Einsicht in die beim Finanzamt über den Schuldner geführten Vollstreckungsakten begehrt hat). Andere, unbestritten dem sozialgerichtlichen Rechtsweg zugewiesene "Informations"-Rechte, insbesondere aus § 25 und § 83 SGB X oder § 14, § 15 SGB I, stehen einer Verweisung des Rechtsstreits auch mit Rücksicht auf § 17 Abs 2 S 1 GVG nicht entgegen. Insofern kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten, nicht darauf an, ob die Voraussetzungen der genannten Vorschriften (im Ergebnis) "offensichtlich" nicht gegeben sind. Der im Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.4.2010 - L 16 B 9/09 SV -, auf den die Beklagte ihre Ansicht stützt, wiedergegebenen Rechtsprechung zu § 17 Abs 2 S 1 GVG ist ein solches Erfordernis nicht zu entnehmen. Denn diese Rechtsprechung betrifft nur die Vermeidung aufdrängender Rechtswegmanipulationen, weshalb offensichtlich von vornherein nicht gegebene Anspruchsgrundlagen, auf die sich ein Kläger beruft und für die der beschrittene Rechtsweg zulässig wäre, einer Verweisung nicht entgegenstehen sollen (BGH Urteil vom 5.7.1990 - III ZR 166/89 - MDR 1991, 227; BVerwG Beschluss vom 15.12.1992 - 5 B 144/91 - FEVS 44, 53 = MDR 1993, 800 mwN). Vorliegend ist jedoch darüber zu befinden, ob eine vom Kläger ausdrücklich nicht herangezogene Anspruchsgrundlage des eingeschlagenen Rechtsweges der Verweisung entgegensteht, die vom Streitgegenstand umfasst und deshalb durch das angegangene Gericht zu prüfen ist. Um insoweit unzulässige Rechtswegverschiebungen auszuschließen genügt es schon, wenn die mit einer alternativen Anspruchsgrundlage verbundene Rechtsfolge inhaltlich nicht dem mit der Klage geltend gemachten Begehren entspricht. So verhält es sich hier.
- 11
-
Vorliegend geht nämlich der mit der Klage geltend gemachte Auskunftsanspruch über den sozialrechtlichen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X hinaus. Zwar ist die Verweigerung der Akteneinsicht, wenn sie - was hier allenfalls in Frage kommt - außerhalb eines konkreten Verwaltungsverfahrens beantragt wird, auch isoliert mit der Klage anfechtbar (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 3 S 9 f mwN), jedoch ist der Anspruch - entgegen dem auf eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung gerichteten Klagebegehren - auf eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen beschränkt (vgl BSG SozR 3-1300 § 25 Nr 3 S 13; noch offengelassen BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 3 S 8; vgl Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Stand der Einzelkommentierung 7/2010, K § 25 RdNr 9a; Krasney in Kasseler Komm, Stand der Einzelkommentierung 12/2003, § 25 SGB X RdNr 5; Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 29 RdNr 18, 38). Darüber hinaus begehrt der Kläger nicht die Einsicht in Unterlagen oder Dateien der Beklagten, sondern Auskunft über die in einem bestimmten Zeitraum tatsächlich vom Insolvenzschuldner geleisteten Zahlungen. Dies setzt eine Auswertung der Akten bzw des elektronisch geführten Beitragskontos durch die Beklagte voraus, die vom Recht auf Akteneinsicht nicht umfasst ist (vgl BSG SozR 3-1300 § 25 Nr 3 S 11).
- 12
-
Auch der Auskunftsanspruch nach § 83 SGB X entspricht nicht dem vom Kläger verfolgten Klageziel. § 83 SGB X dient unter bereichsspezifischer Übertragung der datenschutzrechtlichen Auskunftsrechte des § 19 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) dazu, die Rechte der Betroffenen in den Sozialleistungsbereichen zu verstärken, insbesondere durch erweiterte Auskunftsrechte; so soll der Betroffene sich die Kenntnis von der Verarbeitung seiner Sozialdaten verschaffen können, etwa um die Zulässigkeit der Verarbeitung und Richtigkeit der Daten überprüfen zu können (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung von Vorschriften des Sozialgesetzbuchs über den Schutz der Sozialdaten sowie zur Änderung anderer Vorschriften, BT-Drucks 12/5187 S 1 unter B. I. S 27 unter A. I. 3. und S 42 zu § 83). Voraussetzung des § 83 SGB X ist demzufolge, dass der Betroffene(§ 67 Abs 1 S 1 SGB X) Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten verlangt (vgl BSGE 107, 86 = SozR 4-1300 § 83 Nr 1, RdNr 25). Als Rechtsfolge ist dem Betroffenen Auskunft ua über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten zu erteilen. Das Begehren des Klägers ist jedoch nicht auf Auskünfte über die zu seiner (eigenen) Person gespeicherten Daten, sondern über Sozialdaten des Insolvenzschuldners gerichtet.
- 13
-
Auch die Beratungs- und Auskunftsansprüche nach § 14 und § 15 SGB I entsprechen nicht dem vom Kläger verfolgten Klageziel und Anspruch, denn die Beratungspflicht der Sozialleistungsträger erstreckt sich grundsätzlich nur auf die Gewährleistung der sozialen Rechte nach dem SGB(BSG SozR 4-1200 § 14 Nr 1 = SozR 4-1200 § 46 Nr 1). Die Auskunftspflicht - wie auch die Beratungspflicht - bezieht sich jedoch nicht auf Angelegenheiten, die keine sozialen Angelegenheiten nach dem SGB darstellen (BSGE 59, 76 = SozR 1300 § 67 Nr 2). Dies gilt insbesondere auch für Auskünfte an Dritte, die zur Durchsetzung anderer als der sozialen Rechte nach dem SGB dienen, wie sie auch hier vom Kläger beansprucht werden.
- 14
-
2. Für den Rechtsstreit, dessen Streitgegenstand somit allein ein Auskunftsanspruch nach § 1 Abs 1 S 1 IFG bildet, ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
- 15
-
Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus § 9 IFG, obwohl die amtliche Überschrift anderes nahelegt. Denn der insoweit allenfalls einschlägige § 9 Abs 4 IFG enthält - jedenfalls in Abgrenzung zu den besonderen Verwaltungsgerichten(diese übersieht Rossi, IFG, § 9 RdNr 23) - keine Rechtswegzuweisung zugunsten der (allgemeinen) Verwaltungsgerichte (vgl Schoch, IFG, § 9 RdNr 62, 66 ff mwN; aA ohne Gründe Mecklenburg/Pöppelmann, IFG, § 9 RdNr 14). Der Inhalt der Norm beschränkt sich vielmehr auf die Festschreibung eines Rechtsschutzes durch Benennung bestimmter Rechtsbehelfe und eine Sonderregelung zum Widerspruchsverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der VwGO. Auch wenn die ausdrückliche Erwähnung der VwGO in § 9 Abs 4 S 2 IFG und in der Entwurfsbegründung hierzu(Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum IFG, BT-Drucks 15/4493 S 16 zu § 9 Abs 4) in Zusammenschau mit dem Fehlen einer entsprechenden Sonderregelung zu § 78 SGG den Schluss nahelegt, der Gesetzgeber habe - in erster Linie - an Rechtsschutz durch die (allgemeinen) Verwaltungsgerichte gedacht, hat dieses - anders als zB in § 6 Abs 1 Umweltinformationsgesetz - keinen hinreichend deutlichen Niederschlag im Wortlaut der Norm gefunden.
- 16
-
Der Verwaltungsrechtsweg ist hier gleichwohl nach § 40 Abs 1 S 1 VwGO eröffnet. Nach dieser Vorschrift ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist.
- 17
-
Das mit dem Auskunftsersuchen des Klägers zwischen den Beteiligten begründete Rechtsverhältnis, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird, ist öffentlich-rechtlicher Natur (zur Abgrenzung zwischen öffentlich- oder bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten vgl GmSOGB BGHZ 102, 280 = SozR 1500 § 51 Nr 47 S 82 ff mwN). Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Kläger zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des (Beitrags-)Schuldners bestellt worden ist, über dessen Zahlungen an die Beklagte er Auskünfte begehrt. Gleichzeitig ist unerheblich, ob die Beklagte möglicherweise Gläubigerin in diesem Insolvenzverfahren ist. Denn weder Grund noch Gegenstand des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs liegen im Insolvenzrecht, sondern in dem durch den Antrag des Klägers begründeten verwaltungsrechtlichen Verfahrensverhältnis. In diesem stehen sich die Beklagte und der Kläger in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung gegenüber und bedient sich die Beklagte als Trägerin hoheitlicher Gewalt der besonderen, ihr durch das IFG zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts. Die Streitigkeit ist nichtverfassungsrechtlicher Art, weil sie nicht auf Grund verfassungs- oder einfachgesetzlicher Rechtsvorschriften in die Kompetenz der Verfassungsgerichte fällt und auch die Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlicher Normen nicht den eigentlichen Kern des Rechtsstreits bildet bzw das streitige Rechtsverhältnis nicht entscheidend vom Verfassungsrecht geformt wird (vgl BVerwGE 50, 124, 130; 80, 355, 357).
- 18
-
3. Der allein über einen Auskunftsanspruch nach § 1 Abs 1 S 1 IFG geführte Rechtsstreit ist nicht iS des § 40 Abs 1 S 1 Halbs 2 VwGO durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen. Insbesondere besteht keine Sonderzuweisung gemäß § 51 SGG zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, da die Voraussetzungen hierfür nach § 51 Abs 1 Nr 2 oder Nr 5 SGG, die insoweit allein in Betracht kommen, nicht gegeben sind.
- 19
-
Eine Zuständigkeit der SGe ergibt sich nicht aus § 51 Abs 1 Nr 2 SGG. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ua über öffentlich-rechtliche und iVm § 51 Abs 2 S 1 SGG auch privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der GKV, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen sind. Der umfassende Wortlaut, der alle die GKV betreffenden Angelegenheiten erfasst, seien sie privat- oder öffentlich-rechtlicher Art, weist Rechtsstreitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Rechts- und Pflichtenkreis der Krankenkassen, der unmittelbar ihre öffentlichen Aufgaben betrifft, den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu (zB BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 14 ff mwN). Der geltend gemachte Auskunftsanspruch betrifft auch keine Angelegenheit des Sozialversicherungsrechts iS von § 51 Abs 1 Nr 5 SGG, der als Auffangregelung öffentlich-rechtliche Streitigkeiten des Sozialversicherungsrechts erfasst, die nicht den einzelnen Versicherungszweigen zugeordnet werden können(Regierungsentwurf zum 6. SGGÄndG, BT-Drucks 14/5943 S 23 zu Nr 22).
- 20
-
Um eine solche Streitigkeit iS der vorgenannten Normen handelt es sich hier nicht, weil insbesondere kein Anspruch nach §§ 28a ff SGB IV umstritten ist, der die Beklagte als Einzugsstelle in ihrem besonderen sozialrechtsspezifischen Pflichtenkreis gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter betrifft. Allein die Tatsache, dass Adressat des geltend gemachten Auskunftsanspruchs eine Krankenkasse - hier die Beklagte in ihrer Funktion als Einzugsstelle iS von § 28h SGB IV - ist und Sachverhalte im Zusammenhang mit der Erhebung von Beiträgen auf Grundlage von Normen des Sozialversicherungsrechts den inhaltlichen Gegenstand des Auskunftsanspruchs bilden, genügt hierfür nicht. Vielmehr kommt es vorrangig darauf an, ob die Vorschriften, die zur Klärung der streitigen Rechtsfragen heranzuziehen und auszulegen sind, zumindest im Grundsatz im SGB geregelt sind (so für die Pflegeversicherung vgl BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 25 S 62, 64; BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 2 RdNr 8). Dies ist bei dem vorliegend allein streitgegenständlichen Auskunftsanspruch nach dem IFG gerade nicht der Fall; denn Anspruchsgrundlage, Anspruchsberechtigung, sachlicher Anwendungsbereich, Ausnahme- und Beschränkungstatbestände dieses Anspruchs sowie das diesbezügliche Verfahren sind umfassend und speziell in diesem Gesetz geregelt (vgl Schoch, IFG, Einl RdNr 127 f), nicht aber im SGB IV. Zudem ergibt sich aus § 1 Abs 3 IFG, wonach Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme des § 29 VwVfG und § 25 SGB X dem Anspruch nach dem IFG vorgehen, dass der IFG-Anspruch ein aliud gegenüber den bereichsspezifischen Informationszugangsrechten darstellt und in seinen Voraussetzungen unabhängig von diesen Rechten besteht. Die Klärung der streitigen Rechtsfragen wird daher anhand von Vorschriften zu erfolgen haben, die gerade nicht dem materiellen oder formellen Sozialrecht angehören.
- 21
-
Es ist auch keine andere Begründung für einen spezifischen Bezug des geltend gemachten Auskunftsanspruchs zum sozialrechtlich begründeten Rechts- und Pflichtenkreis der Krankenkassen zu erkennen. Der Auskunftsanspruch trifft nach § 1 Abs 1 IFG unabhängig vom jeweiligen Zuständigkeits- bzw Tätigkeitsbereich oder den ihrer Errichtung zugrundeliegenden Vorschriften alle Behörden, Organe und Einrichtungen des Bundes, letztere, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen(§ 1 Abs 1 S 2 IFG). Anknüpfungspunkt für den vom Kläger geltend gemachten Auskunftsanspruch ist auch im Falle der Beklagten nur deren Eigenschaft als Teil der Bundesverwaltung (§ 4 Abs 1 SGB V, § 29 SGB IV iVm Art 86, 87 Abs 2 GG; zum Begriff Behörden des Bundes vgl allg Schoch, IFG, § 1 RdNr 77 ff), nicht jedoch ihr im Sozialversicherungsrecht begründeter Status als Leistungsträger der GKV (§ 12 iVm § 21 Abs 2 SGB I) oder ihr Aufgabenkreis nach §§ 28h ff SGB IV. Ein Bezug zum Sozialversicherungsrecht fehlt auch dem Gegenstand des Auskunftsanspruchs, der primär auf Zugang (eines Dritten) zu amtlichen Informationen gerichtet ist (§ 1 Abs 1 S 1 IFG), also zu einer amtlichen Zwecken dienenden Aufzeichnung (§ 2 Nr 1 IFG). Das Rechtsgebiet, aus dem die Information, die Grundlage oder der Zweck ihrer Aufzeichnung oder die im Zusammenhang mit ihr verfolgte Verwaltungsaufgabe entstammen, ist für den Auskunftsanspruch grundsätzlich unbeachtlich, denn der bloß äußere Zusammenhang der vorliegend begehrten Informationen mit den (Beitrags-)Zahlungspflichten des Insolvenzschuldners nach § 28e SGB IV ist kein gesetzlicher Anknüpfungspunkt für den geltend gemachten Anspruch nach dem IFG. Ebenso muss für die Frage der Rechtswegzuordnung unbeachtlich bleiben, ob dem Anspruch nach dem IFG möglicherweise sozialrechtliche Hindernisse - zB des Sozialdatenschutzes oder aus §§ 28a ff SGB IV - entgegenstehen(zur Unbeachtlichkeit von Verteidigungsvorbringen insoweit allg BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 17).
- 22
-
4. Die Kostenentscheidung (zu deren Notwendigkeit vgl BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 15 und 27; BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3; BVerwGE 103, 26, 32; BGH, NJW 1993, 2541) beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO (entsprechende Anwendung).
- 23
-
5. Für die Festsetzung eines Streitwerts nach § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 S 1 GKG bestand keine Veranlassung, weil sich die Gerichtsgebühr nicht nach einem Streitwert richtet; für Beschwerden der vorliegenden Art (Verfahren über nicht besonders aufgeführte Beschwerden, die nicht nach anderen Vorschriften gebührenfrei sind) wird nach Nr 7504 der Anlage 1 zum GKG vielmehr eine Festgebühr von 50 Euro erhoben, wenn die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird (ebenso BSG SozR 4-1780 § 40 Nr 1 RdNr 13 mwN).
Beteiligte sind
- 1.
Antragsteller und Antragsgegner, - 2.
diejenigen, an die die Finanzbehörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat, - 3.
diejenigen, mit denen die Finanzbehörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat.
Beteiligte am Verfahren sind:
- 1.
wer den Einspruch eingelegt hat (Einspruchsführer), - 2.
wer zum Verfahren hinzugezogen worden ist.
Tenor
-
Die weitere Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2010 wird zurückgewiesen.
-
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
- 1
-
I. Streitig ist der Rechtsweg für die Klage eines Insolvenzverwalters gegen eine Krankenkasse (Einzugsstelle), welche seinen Antrag nach § 1 Abs 1 S 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG; vom 5.9.2005, BGBl I 2722) auf Auskunft über die vom Insolvenzschuldner an die Beklagte abgeführten Sozialversicherungsbeiträge und auf Überlassung einer Kontoübersicht, aus der die jeweilige Zahlung und das entsprechende Datum ersichtlich sind, ablehnte.
- 2
-
Der Kläger hat nach erfolglosem Widerspruch entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung Klage vor dem SG Heilbronn erhoben und gleichzeitig die Verweisung des Rechtsstreits an das VG Stuttgart beantragt. Mit Beschluss vom 15.3.2010 hat das SG den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das VG Stuttgart verwiesen. Die Beschwerde der Beklagten hat das LSG mit Beschluss vom 12.11.2010 zurückgewiesen, da für die Entscheidung über den geltend gemachten Auskunftsanspruch nach dem IFG die Verwaltungsgerichte zuständig seien. Es handele sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Das IFG enthalte keine Zuweisung an eine andere Gerichtsbarkeit. Eine Zuweisung an die Sozialgerichtsbarkeit ergebe sich weder aus § 51 Abs 1 Nr 2 SGG noch aus Nr 5 dieser Norm. Das dem Streit zugrundeliegende Rechtsverhältnis sei keine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), weil der geltend gemachte Auskunftsanspruch weder im SGB V geregelt sei, noch im Rahmen eines Krankenversicherungsverhältnisses erhobene Daten betreffe. Der Streit gehöre auch nicht zu den sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung. Er stehe nicht im engen sachlichen Zusammenhang mit einem Sozialverwaltungsverfahren. Der Anspruch nach dem IFG sei voraussetzungslos und stehe jedermann, also auch nicht an einem Verfahren beteiligten Dritten, zu und könne außerhalb laufender Verfahren geltend gemacht werden. Es werde auch nicht um Beiträge zur Sozialversicherung gestritten. Gegenstand des Streits sei vielmehr ein gegenüber der Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB eigenständiger, speziell geregelter Auskunftsanspruch, über den ein selbstständiges, im IFG geregeltes Verwaltungsverfahren zu führen sei, für das ausschließlich auf die VwGO Bezug genommen werde. Der Verweisung stehe auch nicht entgegen, dass das SG über den Anspruch unter allen rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden habe, da es für das geltend gemachte Informationsbegehren keine der Sozialgerichtsbarkeit zugeordnete Grundlage - insbesondere nicht aus § 83, § 25 SGB X oder aus dem aus allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen hergeleiteten verfahrensunabhängigen Akteneinsichtsrecht - gebe.
- 3
-
Mit der weiteren Beschwerde rügt die Beklagte sinngemäß eine Verletzung des § 17a Abs 2 S 1 GVG, wonach eine Verweisung nur dann statthaft sei, wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, dh für den Klageanspruch mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, ausgeschlossen sei. Vorliegend sei das Begehren auf Einsicht in das bei der Beklagten über den Insolvenzschuldner geführte Beitragskonto gerichtet, also auf Akteneinsicht iS des § 25 SGB X. Hierfür sei der Rechtsweg zu den SGen gegeben, die dann gleichzeitig über das rechtswegfremde Auskunftsersuchen nach IFG mitzuentscheiden hätten. Ergänzend nimmt sie Bezug auf die Gründe des Beschlusses des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.4.2010 - L 16 B 9/09 SV.
- 4
-
Die Beklagte beantragt,
die Beschlüsse des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. März 2010 und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Rechtsweg zum Sozialgericht Heilbronn zulässig ist.
- 5
-
Der Kläger stellt keinen Antrag. Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und macht sich dessen Begründung zu eigen. Er hebt hervor, keinen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X geltend zu machen. Er begehre einzig Auskunft darüber, welche Zahlungen in einem gewissen Zeitraum an die Beklagte erbracht wurden. Zudem scheide § 25 SGB X als Anspruchsgrundlage im vorliegenden Fall von vornherein aus, da danach der Anspruch auf Akteneinsicht auf ein anhängiges Verwaltungsverfahren beschränkt sei und nicht selbstständig im Klageverfahren geltend gemacht werden könne.
- 6
-
II. Die weitere Beschwerde der Beklagten, über die der Senat ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter entscheiden konnte (§ 12 Abs 1 S 2, § 153 Abs 1, § 165 SGG), ist nach § 177 und § 202 SGG iVm § 17a Abs 4 S 4 GVG statthaft, weil das LSG den Rechtsbehelf zugelassen hat und die Entscheidung für das BSG bindend ist(§ 202 SGG iVm § 17a Abs 4 S 6 GVG). Sie ist auch fristgerecht erhoben worden, weil sie in entsprechender Anwendung des § 173 SGG sowohl beim LSG als auch beim BSG eingelegt werden konnte(BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 24; BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 51 RdNr 61)und beim BSG innerhalb der Monatsfrist eingegangen ist.
- 7
-
In der Sache erweist sich die weitere Beschwerde der Beklagten als unbegründet. Nach § 202 SGG iVm § 17a Abs 2 S 1 GVG spricht das Gericht, wenn der zu ihm beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, dies aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Eine Verweisung des Rechtsstreits ist jedoch nur dann geboten und zulässig, wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, dh für den Klageanspruch mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, unzulässig ist (BVerwG vom 15.12.1992 - 5 B 144/91 - FEVS 44, 53 = MDR 1993, 800 mwN). Anderenfalls entscheidet das angegangene Gericht des zulässigen Rechtsweges nach § 17 Abs 2 S 1 GVG den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden - also auch für ihn rechtswegfremden - rechtlichen Gesichtspunkten.
- 8
-
Vorliegend hat das LSG zu Recht die Beschwerde gegen den Beschluss des SG, mit dem dieses den Rechtsstreit an das VG Stuttgart verwiesen hat, zurückgewiesen. Für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch (hierzu 1.) ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet (§ 40 Abs 1 S 1 VwGO), denn der Rechtsstreit ist öffentlich-rechtlicher Natur und nichtverfassungsrechtlicher Art (hierzu 2.); er ist auch nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen, insbesondere fällt er nicht nach § 51 SGG in den Zuständigkeitsbereich der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit(hierzu 3.). Soweit wegen des Sitzes der Beklagten im dortigen Gerichtsbezirk das VG Hamburg örtlich zuständig sein dürfte (§ 52 Nr 2 S 1 VwGO) und nicht das VG Stuttgart, an welches das SG den Rechtsstreit hinsichtlich des Rechtsweges zutreffend verwiesen hat, wäre eine ggf notwendige Korrektur durch (weitere) Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit dem VG Stuttgart vorbehalten (vgl BAGE 70, 374 = AP Nr 39 zu § 36 ZPO; BAG AP Nr 23 zu § 17a GVG = NJW 1996, 742).
- 9
-
1. Die Zulässigkeit des Rechtsweges richtet sich nach dem Streitgegenstand. Dieser wird durch den geltend gemachten prozessualen Anspruch, dh durch den Klageantrag und den Klagegrund im Sinne eines bestimmten Sachverhalts bestimmt (stRspr zB BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 26 mwN; vgl auch BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 17 mwN).
- 10
-
Der Streitgegenstand ist vorliegend der vom Kläger erhobene Anspruch auf Auskunftserteilung über vom Insolvenzschuldner an die Beklagte auf das Beitragskonto zur Betriebsnummer 62008309 in der Zeit vom 1.7.2007 bis 14.4.2008 bzw danach entrichtete Zahlungen. Hierfür beruft sich der Kläger in ausdrücklicher Abgrenzung gegenüber dem Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X ausschließlich auf § 1 Abs 1 S 1 IFG, wodurch er den geltend gemachten Anspruch weiter konkretisiert(anders im Beschluss des BFH vom 10.2.2011 - VII B 183/10 - ZIP 2011, 883, in dem der Insolvenzverwalter - für die Rechtswegzuordnung aus Sicht des BFH offenbar entscheidend - allgemeine Einsicht in die beim Finanzamt über den Schuldner geführten Vollstreckungsakten begehrt hat). Andere, unbestritten dem sozialgerichtlichen Rechtsweg zugewiesene "Informations"-Rechte, insbesondere aus § 25 und § 83 SGB X oder § 14, § 15 SGB I, stehen einer Verweisung des Rechtsstreits auch mit Rücksicht auf § 17 Abs 2 S 1 GVG nicht entgegen. Insofern kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten, nicht darauf an, ob die Voraussetzungen der genannten Vorschriften (im Ergebnis) "offensichtlich" nicht gegeben sind. Der im Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.4.2010 - L 16 B 9/09 SV -, auf den die Beklagte ihre Ansicht stützt, wiedergegebenen Rechtsprechung zu § 17 Abs 2 S 1 GVG ist ein solches Erfordernis nicht zu entnehmen. Denn diese Rechtsprechung betrifft nur die Vermeidung aufdrängender Rechtswegmanipulationen, weshalb offensichtlich von vornherein nicht gegebene Anspruchsgrundlagen, auf die sich ein Kläger beruft und für die der beschrittene Rechtsweg zulässig wäre, einer Verweisung nicht entgegenstehen sollen (BGH Urteil vom 5.7.1990 - III ZR 166/89 - MDR 1991, 227; BVerwG Beschluss vom 15.12.1992 - 5 B 144/91 - FEVS 44, 53 = MDR 1993, 800 mwN). Vorliegend ist jedoch darüber zu befinden, ob eine vom Kläger ausdrücklich nicht herangezogene Anspruchsgrundlage des eingeschlagenen Rechtsweges der Verweisung entgegensteht, die vom Streitgegenstand umfasst und deshalb durch das angegangene Gericht zu prüfen ist. Um insoweit unzulässige Rechtswegverschiebungen auszuschließen genügt es schon, wenn die mit einer alternativen Anspruchsgrundlage verbundene Rechtsfolge inhaltlich nicht dem mit der Klage geltend gemachten Begehren entspricht. So verhält es sich hier.
- 11
-
Vorliegend geht nämlich der mit der Klage geltend gemachte Auskunftsanspruch über den sozialrechtlichen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X hinaus. Zwar ist die Verweigerung der Akteneinsicht, wenn sie - was hier allenfalls in Frage kommt - außerhalb eines konkreten Verwaltungsverfahrens beantragt wird, auch isoliert mit der Klage anfechtbar (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 3 S 9 f mwN), jedoch ist der Anspruch - entgegen dem auf eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung gerichteten Klagebegehren - auf eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen beschränkt (vgl BSG SozR 3-1300 § 25 Nr 3 S 13; noch offengelassen BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 3 S 8; vgl Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Stand der Einzelkommentierung 7/2010, K § 25 RdNr 9a; Krasney in Kasseler Komm, Stand der Einzelkommentierung 12/2003, § 25 SGB X RdNr 5; Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 29 RdNr 18, 38). Darüber hinaus begehrt der Kläger nicht die Einsicht in Unterlagen oder Dateien der Beklagten, sondern Auskunft über die in einem bestimmten Zeitraum tatsächlich vom Insolvenzschuldner geleisteten Zahlungen. Dies setzt eine Auswertung der Akten bzw des elektronisch geführten Beitragskontos durch die Beklagte voraus, die vom Recht auf Akteneinsicht nicht umfasst ist (vgl BSG SozR 3-1300 § 25 Nr 3 S 11).
- 12
-
Auch der Auskunftsanspruch nach § 83 SGB X entspricht nicht dem vom Kläger verfolgten Klageziel. § 83 SGB X dient unter bereichsspezifischer Übertragung der datenschutzrechtlichen Auskunftsrechte des § 19 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) dazu, die Rechte der Betroffenen in den Sozialleistungsbereichen zu verstärken, insbesondere durch erweiterte Auskunftsrechte; so soll der Betroffene sich die Kenntnis von der Verarbeitung seiner Sozialdaten verschaffen können, etwa um die Zulässigkeit der Verarbeitung und Richtigkeit der Daten überprüfen zu können (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung von Vorschriften des Sozialgesetzbuchs über den Schutz der Sozialdaten sowie zur Änderung anderer Vorschriften, BT-Drucks 12/5187 S 1 unter B. I. S 27 unter A. I. 3. und S 42 zu § 83). Voraussetzung des § 83 SGB X ist demzufolge, dass der Betroffene(§ 67 Abs 1 S 1 SGB X) Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten verlangt (vgl BSGE 107, 86 = SozR 4-1300 § 83 Nr 1, RdNr 25). Als Rechtsfolge ist dem Betroffenen Auskunft ua über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten zu erteilen. Das Begehren des Klägers ist jedoch nicht auf Auskünfte über die zu seiner (eigenen) Person gespeicherten Daten, sondern über Sozialdaten des Insolvenzschuldners gerichtet.
- 13
-
Auch die Beratungs- und Auskunftsansprüche nach § 14 und § 15 SGB I entsprechen nicht dem vom Kläger verfolgten Klageziel und Anspruch, denn die Beratungspflicht der Sozialleistungsträger erstreckt sich grundsätzlich nur auf die Gewährleistung der sozialen Rechte nach dem SGB(BSG SozR 4-1200 § 14 Nr 1 = SozR 4-1200 § 46 Nr 1). Die Auskunftspflicht - wie auch die Beratungspflicht - bezieht sich jedoch nicht auf Angelegenheiten, die keine sozialen Angelegenheiten nach dem SGB darstellen (BSGE 59, 76 = SozR 1300 § 67 Nr 2). Dies gilt insbesondere auch für Auskünfte an Dritte, die zur Durchsetzung anderer als der sozialen Rechte nach dem SGB dienen, wie sie auch hier vom Kläger beansprucht werden.
- 14
-
2. Für den Rechtsstreit, dessen Streitgegenstand somit allein ein Auskunftsanspruch nach § 1 Abs 1 S 1 IFG bildet, ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
- 15
-
Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus § 9 IFG, obwohl die amtliche Überschrift anderes nahelegt. Denn der insoweit allenfalls einschlägige § 9 Abs 4 IFG enthält - jedenfalls in Abgrenzung zu den besonderen Verwaltungsgerichten(diese übersieht Rossi, IFG, § 9 RdNr 23) - keine Rechtswegzuweisung zugunsten der (allgemeinen) Verwaltungsgerichte (vgl Schoch, IFG, § 9 RdNr 62, 66 ff mwN; aA ohne Gründe Mecklenburg/Pöppelmann, IFG, § 9 RdNr 14). Der Inhalt der Norm beschränkt sich vielmehr auf die Festschreibung eines Rechtsschutzes durch Benennung bestimmter Rechtsbehelfe und eine Sonderregelung zum Widerspruchsverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der VwGO. Auch wenn die ausdrückliche Erwähnung der VwGO in § 9 Abs 4 S 2 IFG und in der Entwurfsbegründung hierzu(Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum IFG, BT-Drucks 15/4493 S 16 zu § 9 Abs 4) in Zusammenschau mit dem Fehlen einer entsprechenden Sonderregelung zu § 78 SGG den Schluss nahelegt, der Gesetzgeber habe - in erster Linie - an Rechtsschutz durch die (allgemeinen) Verwaltungsgerichte gedacht, hat dieses - anders als zB in § 6 Abs 1 Umweltinformationsgesetz - keinen hinreichend deutlichen Niederschlag im Wortlaut der Norm gefunden.
- 16
-
Der Verwaltungsrechtsweg ist hier gleichwohl nach § 40 Abs 1 S 1 VwGO eröffnet. Nach dieser Vorschrift ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist.
- 17
-
Das mit dem Auskunftsersuchen des Klägers zwischen den Beteiligten begründete Rechtsverhältnis, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird, ist öffentlich-rechtlicher Natur (zur Abgrenzung zwischen öffentlich- oder bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten vgl GmSOGB BGHZ 102, 280 = SozR 1500 § 51 Nr 47 S 82 ff mwN). Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Kläger zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des (Beitrags-)Schuldners bestellt worden ist, über dessen Zahlungen an die Beklagte er Auskünfte begehrt. Gleichzeitig ist unerheblich, ob die Beklagte möglicherweise Gläubigerin in diesem Insolvenzverfahren ist. Denn weder Grund noch Gegenstand des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs liegen im Insolvenzrecht, sondern in dem durch den Antrag des Klägers begründeten verwaltungsrechtlichen Verfahrensverhältnis. In diesem stehen sich die Beklagte und der Kläger in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung gegenüber und bedient sich die Beklagte als Trägerin hoheitlicher Gewalt der besonderen, ihr durch das IFG zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts. Die Streitigkeit ist nichtverfassungsrechtlicher Art, weil sie nicht auf Grund verfassungs- oder einfachgesetzlicher Rechtsvorschriften in die Kompetenz der Verfassungsgerichte fällt und auch die Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlicher Normen nicht den eigentlichen Kern des Rechtsstreits bildet bzw das streitige Rechtsverhältnis nicht entscheidend vom Verfassungsrecht geformt wird (vgl BVerwGE 50, 124, 130; 80, 355, 357).
- 18
-
3. Der allein über einen Auskunftsanspruch nach § 1 Abs 1 S 1 IFG geführte Rechtsstreit ist nicht iS des § 40 Abs 1 S 1 Halbs 2 VwGO durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen. Insbesondere besteht keine Sonderzuweisung gemäß § 51 SGG zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, da die Voraussetzungen hierfür nach § 51 Abs 1 Nr 2 oder Nr 5 SGG, die insoweit allein in Betracht kommen, nicht gegeben sind.
- 19
-
Eine Zuständigkeit der SGe ergibt sich nicht aus § 51 Abs 1 Nr 2 SGG. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ua über öffentlich-rechtliche und iVm § 51 Abs 2 S 1 SGG auch privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der GKV, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen sind. Der umfassende Wortlaut, der alle die GKV betreffenden Angelegenheiten erfasst, seien sie privat- oder öffentlich-rechtlicher Art, weist Rechtsstreitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Rechts- und Pflichtenkreis der Krankenkassen, der unmittelbar ihre öffentlichen Aufgaben betrifft, den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu (zB BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 14 ff mwN). Der geltend gemachte Auskunftsanspruch betrifft auch keine Angelegenheit des Sozialversicherungsrechts iS von § 51 Abs 1 Nr 5 SGG, der als Auffangregelung öffentlich-rechtliche Streitigkeiten des Sozialversicherungsrechts erfasst, die nicht den einzelnen Versicherungszweigen zugeordnet werden können(Regierungsentwurf zum 6. SGGÄndG, BT-Drucks 14/5943 S 23 zu Nr 22).
- 20
-
Um eine solche Streitigkeit iS der vorgenannten Normen handelt es sich hier nicht, weil insbesondere kein Anspruch nach §§ 28a ff SGB IV umstritten ist, der die Beklagte als Einzugsstelle in ihrem besonderen sozialrechtsspezifischen Pflichtenkreis gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter betrifft. Allein die Tatsache, dass Adressat des geltend gemachten Auskunftsanspruchs eine Krankenkasse - hier die Beklagte in ihrer Funktion als Einzugsstelle iS von § 28h SGB IV - ist und Sachverhalte im Zusammenhang mit der Erhebung von Beiträgen auf Grundlage von Normen des Sozialversicherungsrechts den inhaltlichen Gegenstand des Auskunftsanspruchs bilden, genügt hierfür nicht. Vielmehr kommt es vorrangig darauf an, ob die Vorschriften, die zur Klärung der streitigen Rechtsfragen heranzuziehen und auszulegen sind, zumindest im Grundsatz im SGB geregelt sind (so für die Pflegeversicherung vgl BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 25 S 62, 64; BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 2 RdNr 8). Dies ist bei dem vorliegend allein streitgegenständlichen Auskunftsanspruch nach dem IFG gerade nicht der Fall; denn Anspruchsgrundlage, Anspruchsberechtigung, sachlicher Anwendungsbereich, Ausnahme- und Beschränkungstatbestände dieses Anspruchs sowie das diesbezügliche Verfahren sind umfassend und speziell in diesem Gesetz geregelt (vgl Schoch, IFG, Einl RdNr 127 f), nicht aber im SGB IV. Zudem ergibt sich aus § 1 Abs 3 IFG, wonach Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme des § 29 VwVfG und § 25 SGB X dem Anspruch nach dem IFG vorgehen, dass der IFG-Anspruch ein aliud gegenüber den bereichsspezifischen Informationszugangsrechten darstellt und in seinen Voraussetzungen unabhängig von diesen Rechten besteht. Die Klärung der streitigen Rechtsfragen wird daher anhand von Vorschriften zu erfolgen haben, die gerade nicht dem materiellen oder formellen Sozialrecht angehören.
- 21
-
Es ist auch keine andere Begründung für einen spezifischen Bezug des geltend gemachten Auskunftsanspruchs zum sozialrechtlich begründeten Rechts- und Pflichtenkreis der Krankenkassen zu erkennen. Der Auskunftsanspruch trifft nach § 1 Abs 1 IFG unabhängig vom jeweiligen Zuständigkeits- bzw Tätigkeitsbereich oder den ihrer Errichtung zugrundeliegenden Vorschriften alle Behörden, Organe und Einrichtungen des Bundes, letztere, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen(§ 1 Abs 1 S 2 IFG). Anknüpfungspunkt für den vom Kläger geltend gemachten Auskunftsanspruch ist auch im Falle der Beklagten nur deren Eigenschaft als Teil der Bundesverwaltung (§ 4 Abs 1 SGB V, § 29 SGB IV iVm Art 86, 87 Abs 2 GG; zum Begriff Behörden des Bundes vgl allg Schoch, IFG, § 1 RdNr 77 ff), nicht jedoch ihr im Sozialversicherungsrecht begründeter Status als Leistungsträger der GKV (§ 12 iVm § 21 Abs 2 SGB I) oder ihr Aufgabenkreis nach §§ 28h ff SGB IV. Ein Bezug zum Sozialversicherungsrecht fehlt auch dem Gegenstand des Auskunftsanspruchs, der primär auf Zugang (eines Dritten) zu amtlichen Informationen gerichtet ist (§ 1 Abs 1 S 1 IFG), also zu einer amtlichen Zwecken dienenden Aufzeichnung (§ 2 Nr 1 IFG). Das Rechtsgebiet, aus dem die Information, die Grundlage oder der Zweck ihrer Aufzeichnung oder die im Zusammenhang mit ihr verfolgte Verwaltungsaufgabe entstammen, ist für den Auskunftsanspruch grundsätzlich unbeachtlich, denn der bloß äußere Zusammenhang der vorliegend begehrten Informationen mit den (Beitrags-)Zahlungspflichten des Insolvenzschuldners nach § 28e SGB IV ist kein gesetzlicher Anknüpfungspunkt für den geltend gemachten Anspruch nach dem IFG. Ebenso muss für die Frage der Rechtswegzuordnung unbeachtlich bleiben, ob dem Anspruch nach dem IFG möglicherweise sozialrechtliche Hindernisse - zB des Sozialdatenschutzes oder aus §§ 28a ff SGB IV - entgegenstehen(zur Unbeachtlichkeit von Verteidigungsvorbringen insoweit allg BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 17).
- 22
-
4. Die Kostenentscheidung (zu deren Notwendigkeit vgl BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 15 und 27; BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3; BVerwGE 103, 26, 32; BGH, NJW 1993, 2541) beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO (entsprechende Anwendung).
- 23
-
5. Für die Festsetzung eines Streitwerts nach § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 S 1 GKG bestand keine Veranlassung, weil sich die Gerichtsgebühr nicht nach einem Streitwert richtet; für Beschwerden der vorliegenden Art (Verfahren über nicht besonders aufgeführte Beschwerden, die nicht nach anderen Vorschriften gebührenfrei sind) wird nach Nr 7504 der Anlage 1 zum GKG vielmehr eine Festgebühr von 50 Euro erhoben, wenn die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird (ebenso BSG SozR 4-1780 § 40 Nr 1 RdNr 13 mwN).
Tenor
Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird das beklagte Land verpflichtet, schriftlich Auskunft zu den folgenden Fragen zu erteilen:
a) Wann wurden die ersten Zahlungsrückstände gegenüber der Schuldnerin durch Androhung von Zwangsvollstreckungs-maßnahmen geltend gemacht?
b) Seit wann hat der Beklagte für Zahlungsrückstände der Schuldnerin tatsächlich Vollstreckungsaufträge an die zuständigen Vollstreckungsbehörden/-organe erteilt?
c) Welche Zahlungen hat der Beklagte von der Schuldnerin seit der ersten Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erhalten?
d) Welche Zahlungen das Finanzamt seit dem 25. März 2011 (drei Monate vor Insolvenzantragstellung am 25. Juni 2011) von der Schuldnerin erhalten hat, durch Überlassung einer schriftlichen, geordneten Aufstellung, die das Datum des Zahlungseingangs und die Höhe des Zahlungseingangs bezeichnet, ggf. durch Herausgabe von Jahreskontoauszügen zu Einkommen-, Umsatz- und Lohnsteuer für das Jahr 2011,
e) welche der unter d) benannten Zahlungen das Finanzamt zur Abwendung von durch das Finanzamt angedrohten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erhalten hat, durch Überlassung einer schriftlichen geordneten Aufstellung, die das Datum des Zahlungseingangs und die Höhe des Zahlungseingangs bezeichnet, ggf. durch Herausgabe von Jahreskontoauszügen zu Einkommen-, Umsatz- und Lohnsteuer für das Jahr 2011,
f) zu welchem Zeitpunkt und wodurch das Finanzamt von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldnerunternehmens und vom Insolvenzantrag Kenntnis erlangt hat.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger begehrt eine Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (IFG NRW).
3Er ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Frau C. G. aus I. -I1. . Mit Schreiben vom 19. August 2012 wandte er sich an das Finanzamt E. und beantragte die Erteilung einer Auskunft darüber,
4a) wann das Finanzamt gegenüber der Schuldnerin G. die ersten Zahlungsrückstände durch Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geltend gemacht hat,
5b) seit wann das Finanzamt für Zahlungsrückstände der Schuldnerin tatsächlich Vollstreckungsaufträge an die zuständigen Vollstreckungsbehörden erteilt hat,
6c) welche Zahlungen das Finanzamt seit der ersten Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erhalten hat, durch Überlassung einer schriftlichen geordneten Aufstellung, die das Datum des Zahlungseingangs und die Höhe des Zahlungseingangs bezeichnet, ggf. durch Herausgabe von Jahreskontoauszügen zur Einkommen-, Umsatz- und Lohnsteuer für das Jahr 2011,
7d) welche Zahlungen das Finanzamt seit dem 25. März 2011 (drei Monate vor Insolvenzantragstellung am 25. Juni 2011) von der Schuldnerin erhalten hat, durch Überlassung einer schriftlichen, geordneten Aufstellung, die das Datum des Zahlungseingangs und die Höhe des Zahlungseingangs bezeichnet, ggf. durch Herausgabe von Jahreskontoauszügen zu Einkommen-, Umsatz- und Lohnsteuer für das Jahr 2011,
8e) welche der unter d) benannten Zahlungen das Finanzamt zur Abwendung von durch das Finanzamt angedrohten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erhalten hat, durch Überlassung einer schriftlichen geordneten Aufstellung, die das Datum des Zahlungseingangs und die Höhe des Zahlungseingangs bezeichnet, ggf. durch Herausgabe von Jahreskontoauszügen zu Einkommen-, Umsatz- und Lohnsteuer für das Jahr 2011,
9f) zu welchem Zeitpunkt und wodurch das Finanzamt von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldnerunternehmens und vom Insolvenzantrag Kenntnis erlangt hat.
10Mit Antwortschreiben vom 13. August 2012 bat das Finanzamt E. unter Hinweis auf § 5 Abs. 4 IFG NRW um die glaubhafte Darlegung, dass die erforderlichen Informationen vom Kläger auf andere Art und Weise nicht hätten beschafft werden können.
11Mit Antwortschreiben vom 21. August 2012 teilte der Kläger mit, eine andere Möglichkeit der Informationsbeschaffung sei nicht gegeben. Bei der Schuldnerin habe man ein vollständiges Belegwesen nicht vorfinden können, insbesondere nicht über Zahlungen an das Finanzamt aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den angefragten Zeiträumen durch die Schuldnerin selbst oder durch Drittschuldner. Die Schuldnerin habe zunächst auf ihre Steuerberaterin verwiesen, die jedoch erklärt habe, dass die laufenden Geschäftsvorfälle nur noch bis zum 30. April 2012 verbucht worden seien. Hieraus hätten sich keine weiteren Erkenntnisse ergeben. Über Belege habe auch die Steuerberaterin entgegen der Darstellung der Schuldnerin nicht verfügt. Als möglicher Drittschuldner sei nur der Auftraggeber O. N. GmbH bekannt, der jedoch auf zahlreiche Aufforderungen, dem Kläger eine Aufstellung über die im Wege der Pfändung abgeflossenen Zahlungen vorzulegen, nicht reagiert habe.
12Mit Bescheid vom 5. September 2012 lehnte das Finanzamt E. den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung führte es aus, die erbetenen Informationen beträfen nicht das Besteuerungsverfahren, sodass der Kläger nicht in Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Insolvenzschuldnerin gemäß § 34 Abgabenordnung (AO) handele. Einer Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz stehe daher das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO entgegen. Auch das Bundesverwaltungsgericht habe im Beschluss vom 14. Mai 2012 ‑ 7 B 53.11 ‑ dargelegt, dass ein auf das Besteuerungsverfahren bezogener Informationsanspruch geltend gemacht werden müsse. Anderenfalls sei der Insolvenzverwalter im Interesse der gesamten Gläubiger tätig, zu deren Gunsten Zahlungen des Insolvenzschuldners im Wege der Anfechtung zur Insolvenzmasse gezogen werden sollten. Das Auskunftsersuchen lasse zweifelsfrei erkennen, dass nur Auskünfte zu einer möglichen Anfechtung gegeben werden sollten. Hierzu sei das Finanzamt nicht verpflichtet.
13Mit Schreiben vom 29. Oktober 2012 bat das Finanzamt E. unter Bezugnahme auf den vom Kläger gestellten Antrag vom 9. August 2012 um Übersendung einer Zustimmungserklärung der Insolvenzschuldnerin zur Auskunftserteilung gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO. Es verwies darauf, dass im Rahmen der gewünschten Auskunftserteilung auch Rechte Dritter im Sinne des § 9 IFG NRW betroffen sein könnten. In einem solchen Fall könne die Auskunftserteilung auch bei Vorlage einer Zustimmungserklärung der Insolvenzschuldnerin ggf. erst erfolgen, wenn das Finanzamt die Zustimmung des Dritten eingeholt habe.
14Am 14. September 2012 hat der Kläger Klage erhoben.
15Er trägt vor, er sei Insolvenzverwalter in dem am 25. Oktober 2011 vor dem Amtsgericht B. eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Einzelunternehmerin C. G. . Das Insolvenzverfahren sei aufgrund eines Fremdantrags der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn-See vom 25. Juni 2011 sowie des am 19. Oktober 2011 bei Gericht eingegangenen Eigenantrages der Schuldnerin eröffnet worden. Das Finanzamt E. sei das für die Schuldnerin zuständige Finanzamt. Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei diese unter der Steuernummer dort zur Lohn-, Einkommen- und Umsatzsteuer veranlagt worden. Der Kläger mache im Rahmen der Abwicklung des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Finanzamt unter anderem Auskunfts- und Anfechtungsansprüche aufgrund umfangreicher, gegenüber der Schuldnerin vor der Insolvenzeröffnung ausgebrachter Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geltend. Die erwünschten Auskünfte seien vom Kläger nicht auf andere Weise zu beschaffen gewesen. Hierzu wiederholt der Kläger seinen Vortrag aus dem Schreiben vom 21. August 2012. Er führt weiter aus, soweit sich das Finanzamt auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Mai 2005 berufe, beruhe dies offensichtlich auf einem Missverständnis der Entscheidung. Dort werde ausgeführt, dass der Insolvenzverwalter im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger tätig sei, zu deren Gunsten Zahlungen des Insolvenzschuldners im Wege der Anfechtung zur Insolvenzmasse gezogen werden sollten. Dabei handele es sich um ein eigenständiges Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten. Dem Kläger gegenüber als Partei kraft Amtes könnten im Übrigen unter keinem Gesichtspunkt Auskünfte unter Berufung auf das Steuergeheimnis vorenthalten werden, da der Kläger hier allein verfügungsberechtigt sei.
16Ausnahmetatbestände seien weder auf der Grundlage des IFG NRW noch des § 30 AO einschlägig. Der Beklagte könne sich insbesondere nicht auf das Steuergeheimnis berufen, da mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Kläger an die Stelle der Schuldnerin getreten sei. Dem Kläger gegenüber könnten durch die Bekanntgabe von bis dahin ihm unbekannten Verhältnissen im steuerlichen Bereich keine Pflichten im Sinne des § 30 AO verletzt werden. Im eröffneten Insolvenzverfahren seien sämtliche Informationen, über die der Beklagte hinsichtlich der steuerlichen Verhältnisse der Schuldnerin verfüge, massebezogen, sodass ein berechtigtes Interesse des Klägers bestehe, diese Informationen vom Beklagten zu erhalten. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch keine Zustimmung der Schuldnerin mehr zur Durchsetzung des Auskunftsanspruchs erforderlich. Der Beklagte versuche vergeblich, die Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen mit formalen Einwänden zu vereiteln. Dem Beklagten sei insbesondere bekannt, dass der Kläger aufgrund des desolaten Beleg- und Rechnungswesens der Schuldnerin auf andere Weise als durch die begehrte Auskunft nicht in der Lage sei, im Interesse der Gläubiger insolvenzrechtliche Anfechtungsansprüche aus zahlreichen Transaktionen durchzusetzen, die im Rahmen der vom Beklagten durchgeführten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgt seien. Die Einwände seien nicht nur rechtlich unerheblich, sondern letztlich als gezielt mutwillig anzusehen, sodass der Beklagte hiermit nicht durchdringen könne.
17Der Kläger beantragt,
18das beklagte Land zu verurteilen, ihm Auskunft über die in Bezug auf die Insolvenzschuldnerin C. G. gespeicherten und in sonstiger Weise vorhandenen Informationen durch Herausgabe von Jahreskontenauszügen (Speicherkontenauszügen) zu allen Steuerarten (Einkommen-, Umsatz- und Lohnsteuer) für die Veranlagungszeiträume 2010 und 2011 zu erteilen,
19außerdem den Beklagten zu verpflichten, ergänzend schriftlich Auskunft zu den folgenden Fragen zu erteilen:
20a) Wann wurden die ersten Zahlungsrückstände gegenüber der Schuldnerin durch Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geltend gemacht?
21b) Seit wann hat der Beklagte für Zahlungsrückstände der Schuldnerin tatsächlich Vollstreckungsaufträge an die zuständigen Vollstreckungsbehörden/-organe erteilt?
22c) Welche Zahlungen hat der Beklagte von der Schuldnerin seit der ersten Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erhalten?
23d) Welche Zahlungen hat der Beklagte von der Schuldnerin seit dem 25. März 2011 (drei Monate vor Insolvenzantragstellung 25. Juni 2011) erhalten?
24e) Welche unter d) benannten Zahlungen hat der Beklagte zur Abwendung von durch ihn angedrohten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erhalten?
25f) Zu welchem Zeitpunkt und wodurch hat der Beklagte Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und vom Insolvenzantrag erlangt?
26Das beklagte Land beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Es trägt vor.
29Die Klage sei nicht begründet. Hinsichtlich des Antrags, Auskunft bzgl. der in der Klage aufgeführten Fragen a) bis f) zu erteilen, komme § 4 Abs. 1 IFG NRW als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift könne sich der Anspruch lediglich auf den Zugang zu den bei den öffentlichen Stellen vorhandenen Informationen richten. Diese Begrenzung auf vorhandene Informationen stelle sicher, dass die Behörde nicht verpflichtet sei, die vom Antragsteller begehrten Informationen überhaupt erst noch zu (be)schaffen. Die öffentliche Stelle sei nicht verpflichtet, "im Auftrag" eines Antragstellers Informationen erst noch zu schaffen, beispielsweise vorhandene Informationen erst noch auszuwerten und die Ergebnisse der Auswertung dann als neu geschaffene Informationen zugänglich zu machen (Frantzen/Seidel, IFG NRW, § 4 Rn. 396). Das Finanzamt treffe daher keine Pflicht nach § 4 Abs. 1 IFG NRW, die benannten Fragen zu beantworten.
30Neben den Ausnahmetatbeständen des IFG NRW stehe auch § 30 AO dem Auskunftsbegehren entgegen. Die Vorschrift sei auch nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Mai 2012 ‑ 7 B 53.11 ‑ im Rahmen der Prüfung des § 4 Abs. 1 IFG NRW anwendbar. Das Bundesverwaltungsgericht habe mit diesem Beschluss lediglich entschieden, dass ein gegenüber dem Finanzamt geltend gemachter Informationsanspruch, der anschließend einen Anfechtungsanspruch durchsetzen wolle, grundsätzlich nicht nach § 4 Abs. 2 IFG NRW ausgeschlossen sei. Es habe sich nicht mit der Frage befasst, ob bzw. inwieweit § 30 AO auf der Ebene der Ausschlusstatbestände Anwendung finde.
31Die Anwendung des § 30 AO werde auch nicht durch die Ausschlusstatbestände des IFG NRW ausgeschlossen. Entgegen der Entscheidung des OVG NRW vom 15. Juni 2011 ‑ 8 A 1150/10 ‑ sei § 30 AO nicht im Rahmen des § 9 IFG NRW zu prüfen. § 30 AO sehe vielmehr als bundesrechtliche Regelung im Sinne des § 31 Grundgesetz (GG) den Regelungen der §§ 6 ff. IFG NRW, hier insbesondere der Regelung des § 9 IFG NRW vor.
32Nach § 30 Abs. 1 AO verletze ein Amtsträger das Steuergeheimnis, wenn er Verhältnisse eines anderen, die ihm in einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen bekannt gegeben worden seien, unbefugt offenbare. Die vom Kläger begehrten Informationen beträfen Verhältnisse der Insolvenzschuldnerin, die dem Steuergeheimnis unterlägen. Für die Offenbarung der Verhältnisse der Insolvenzschuldnerin durch das Finanzamt bedürfe es daher einer entsprechenden Befugnis im Sinne des § 30 Abs. 4 bis 6 AO. Die Offenbarungsgründe seien in dieser Vorschrift abschließend geregelt. Die vom OVG NRW im genannten Urteil vom 15. Juni 2012 zu § 30 AO vorgenommene Abwägung, ob die dem Steuergeheimnis unterliegenden Verhältnisse gegenüber dem Insolvenzverwalter "geheimhaltungsbedürftig" seien, reichten für eine Offenbarungsbefugnis nicht aus.
33Zu einer Offenbarung an den Insolvenzverwalter wäre das Finanzamt nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO nur befugt, wenn die Offenbarung zur Durchführung eines Verwaltungsverfahren in Steuersachen erforderlich wäre und der Insolvenzverwalter als steuerlicher Vermögensverwalter im Sinne des § 34 Abs. 3 AO zur Erfüllung steuerlicher Pflichten handeln würde (vgl. Bundesfinanzhof, Bundessteuerblatt 2000, 431). Einen solchen, auf ein laufendes Steuerverfahren bezogenen Anspruch mache der Kläger mit seinem Auskunftsbegehren nicht geltend. Nach der oben genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Mai 2012 handele ein Insolvenzverwalter gerade nicht in seiner Eigenschaft als steuerlicher Vertreter bzw. Vermögensverwalter im Sinne von § 34 Abs. 3 AO, sondern als Insolvenzverwalter mit der Aufgabe, die Insolvenzmasse zu Gunsten der Gesamtheit der Gläubiger zu erhalten oder anzureichern, wenn er einen Auskunftsanspruch nach § 4 Abs. 1 IFG NRW insbesondere zur Vorbereitung eines Anfechtungsprozesses geltend mache.
34Eine Offenbarung komme nur mit Zustimmung des Betroffenen nach § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO in Betracht.
35Die Auskunftspflicht der Insolvenzschuldnerin nach §§ 97, 101 InsO gegenüber dem Insolvenzverwalter könne die ausdrückliche Zustimmung des Insolvenzschuldners im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO nicht ersetzen. Die Vorschrift des § 97 InsO betreffe das (Innen-)Verhältnis zwischen Insolvenzverwalter und Insolvenzschuldnerin und nicht die Frage, ob die Finanzverwaltung Verhältnisse des Insolvenzschuldners im Sinne des § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO offenbaren dürfe. Die das Insolvenzverfahren betreffenden Verhältnisse im Hinblick auf die Insolvenzmasse seien nicht mit den im Besteuerungsverfahren bekannt gewordenen Verhältnissen deckungsgleich. Die Grundlagen der Einkommensbesteuerung seien alle in § 2 Einkommensteuergesetz (EStG) und die damit in Zusammenhang stehenden Werbungskosten und Sonderausgaben, ggf. im Rahmen einer Zusammenveranlagung von Ehegatten. Der Finanzverwaltung könne nicht die Aufgabe ‑ und damit das Risiko ‑ auferlegt werden, zu beurteilen, ob bzw. inwieweit die gewünschten Auskünfte ggf. insolvenzfreies Vermögen beträfen. Offenbare ein Amtsträger Verhältnisse eines Steuerpflichtigen, obwohl er hierzu nicht befugt sei, mache er sich nach § 355 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar.
36Gegen die im genannten Urteil des OVG NRW vom 15. Juni 2011 dargestellte Rechtsauffassung, wonach sich aufgrund der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen und aufgrund des Anspruchs des Insolvenzverwalters gegen den Insolvenzschuldner § 97 InsO eine Offenbarungsbefugnis der Finanzverwaltung gegenüber dem Insolvenzverwalter ergebe, bestünden Bedenken. Die Finanzverwaltung dürfe eine gerichtliche Entscheidung ‑ über den entschiedenen Einzelfall hinaus ‑ dann unbeachtet lassen, wenn sie eine solche Rechtspraxis ausdrücklich nicht begründen wolle, da Bedenken gegen die Anwendung bestünden. Ziel sei es, den Gerichten Gelegenheit zu geben, ihre Rechtsauffassung in einem anderen geeigneten Verfahren zu überprüfen. Die Frage, ob bei Anträgen von Insolvenzverwaltern nach dem IFG NRW im Rahmen der Informationszugangsgewährung durch die Finanzverwaltung im Sinne des § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO die Zustimmung des Insolvenzschuldners erforderlich sei, sei höchstrichterlich noch nicht geklärt.
37Soweit ‑ über die Verhältnisse der Insolvenzschuldnerin hinaus ‑ durch das Begehren Auskünfte über Verhältnisse von dritten natürlichen oder juristischen Personen verlangt würden, stehe ebenfalls der Schutzbereich des § 30 AO entgegen (z. B. die Offenlegung von Drittschuldnern, zusammenveranlagten Ehegatten). Vorliegend seien von dem Auskunftsbegehren auch Verhältnisse Dritter betroffen. Nähere Ausführungen könnten jedoch im Hinblick auf die Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses hierzu nicht erfolgen. Der Antrag auf Informationszugang sei daher abzulehnen, weil die Voraussetzungen des § 30 AO erfüllt seien und diese der begehrten Auskunftserteilung entgegenstünden.
38Das beklagte Land teilte mit Schriftsatz vom 22. Januar 2013 mit, dass der Kläger die erforderliche Zustimmungserklärung der Insolvenzschuldnerin zur Auskunftserteilung nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO beigebracht habe. Daraufhin seien dem Kläger mit Schreiben vom 21. Januar 2013 Auszüge der Steuerkonten für die Jahre 2010 und 2011 übersandt worden.
39Insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.
40Das beklagte Land trägt in der mündlichen Verhandlung vor, nunmehr stehe dem seitens des Klägers vorgebrachten Anspruch entgegen, dass es sich bei der Beantwortung der gestellten Fragen nicht um die Herausgabe vorhandener Informationen handele. Diese müssten vielmehr eigens zusammengestellt werden. Außerdem verursache die Beantwortung einen nicht unerheblichen Arbeitsaufwand. Würde man davon abgesehen unterstellen, dass eine solche wie die hier gestellte Anfrage auch nur in jedem zweiten Insolvenzfall gestellt würde, wäre der Arbeitsaufwand ausgesprochen belastend.
41Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach‑ und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
42Entscheidungsgründe:
43Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, nämlich hinsichtlich der begehrten und erteilten Auskunft über die in Bezug auf die Insolvenzschuldnerin C. G. gespeicherten und in sonstiger Weise vorhandenen Informationen in Gestalt der Herausgabe von Jahreskontenauszügen (Speicherkontenauszügen) zu allen Steuerarten (Einkommen-, Umsatz- und Lohnsteuer) für die Veranlagungszeiträume 2010 und 2011, wird das Verfahren eingestellt.
44Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist für den geltend gemachten Anspruch der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Bei einer Klage auf Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) handelt es sich auch dann um eine nicht einer anderen Gerichtsbarkeit zugewiesene öffentlich-rechtliche Streitigkeit i. S. d. § 40 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), wenn die Finanzverwaltung beteiligt ist,
45vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 15. Oktober 2012 – 7 B 2/12 – (Vorlage an den Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes), Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. Januar 2013, ‑ VII ER-S 1/12 – (Anschluss an die Auffassung des BVerwG).
46Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid des Finanzamts E. vom 5. September 2012 ist rechtswidrig und wird, soweit er nicht durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen erledigt ist, aufgehoben. Der Kläger hat Anspruch auf den begehrten Informationszugang (Fragen a) bis f) im Klageantrag).
47Nachdem die Insolvenzschuldnerin am 25. August 2011 eine Erklärung abgegeben hat, mit der sie der alle zur Verschwiegenheit Verpflichteten u. a. gegenüber dem Insolvenzverwalter von ihren Verschwiegenheitspflichten entbunden hat und das Finanzamt E. deshalb den Kläger teilweise klaglos gestellt hat, ist zwischen den Beteiligten nicht mehr im Streit, ob dem begehrten Informationszugang das Steuergeheimnis entgegensteht, sondern ob der Informationszugang aus anderen Gründen abzulehnen ist.
48Dies ist nicht der Fall.
49Der Anspruch des Klägers auf Beantwortung der gestellten Fragen ergibt sich aus § 4 Abs. 1 IFG NRW, wonach jede natürliche Person nach Maßgabe des IFG NRW gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen hat.
50Beim Finanzamt E. handelt es sich um eine auskunftspflichtige Stelle i. S. d. § 2 Abs. 1 IFG NRW, da es eine Behörde des Landes Nordrhein-Westfalen ist. Die begehrten Informationen sind beim Finanzamt E. auch i. S. d. §§ 3, 4 Abs. 1 IFG NRW vorhanden.
51"Vorhanden" sind solche Informationen, die Bestandteil der Verwaltungsunterlagen sind. Die Behörde ist allerdings nicht verpflichtet, die dem Auskunftsbegehren entsprechenden Informationen "im Auftrag" eines Antragstellers erst zu schaffen, um dann Zugang zu ihnen zu gewähren,
52vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 1. Juli 2011 – 6 A 1492/10 ‑.
53Mit der o. g. Entscheidung hat das OVG NRW einen Anspruch eines angestellten Lehrers, dessen Übernahme in das Beamtenverhältnis abgelehnt worden war, darauf verneint, von der Behörde Auskunft über Auswirkungen eines Wechsels in das Beamtenverhältnis (u. a. Besoldungsdienstalter, Besoldungsgruppe und Zulagen) zu erhalten. In den Gründen der Entscheidung wird ausgeführt, die nachgefragten Angaben über die finanziellen Auswirkungen eines Wechsels in das Beamtenverhältnis seien keine vorhandenen Informationen, da sie nicht in der Personalakte des Klägers enthalten seien, sondern erst durch eine Auswertung der darin enthaltenen Daten unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsvorschriften durch die Behörde ermittelt werden könnten.
54Um eine solche Situation geht es aber nicht, wenn die begehrten Informationen aus den der informationspflichtigen Stelle in ihren Akten vorliegenden Daten lediglich zusammengestellt werden müssen. Dafür ist weder eine schöpferische Aufarbeitung nötig, die einen zusätzlichen, eigenen Denkvorgang mit dem Erfolg eines über den reinen Dateninhalt hinausgehenden Erkenntnisgewinns erfordert, noch müssen weitere Daten von einer außerhalb der Behörde gelegenen Stelle oder eine Datenrekonstruktion (etwa nach einer Löschung) erfolgen. Bezieht sich die Fragestellung auf eine bestimmte Zeitspanne, so wird keine neue Information dadurch geschaffen, dass die informationspflichtige Stelle die auf die betreffende Zeitspanne bezogenen vorliegenden Informationen in die nötige Ordnung bringt. Der Gesetzgeber mutet den informationspflichtigen Stellen diesbezüglich wie auch im Zusammenhang mit etwaigen Schwärzungen oder Ausheftungen durchaus einen gewissen Arbeitsaufwand, insbesondere eine Durchsicht der Akten und das Festhalten der Ergebnisse, zu
55VG Düsseldorf, Urteil vom 14. Februar 2012 – 26 K 1653/11 –, MedR 2012, 409, GesR 2012, 490, VG Münster, Urteil vom 13. September 2013 ‑ 1 K 3312/12 ‑, vgl. auch VG Köln, Urteil vom 23. Januar 2014 ‑ 13 K 3710/12 ‑.
56Nach diesem Maßstab sind die begehrten Antworten auf alle Fragen des Klägers beim Finanzamt „vorhanden“ i. S. d. § 4 IFG NRW. Sie sind aus den Akten des Finanzamts ersichtlich. Es befindet sich zwar kein Aktenblatt in den Akten, auf dem sich die Antworten auf die Fragen a) – e) bereits zusammengefasst befinden. Zur Beantwortung ist aber auch keine Aufarbeitung im Sinne einer eigenen Geistesleistung erforderlich. Das Finanzamt muss die Akten lediglich sichten und die Daten in eine Antwort auf die Fragen übertragen. Mit anderen Worten: Die Aufgabe besteht darin, die Aktenteile durchzusehen, die die durch die Fragen erfasste Zeitspanne betreffen, und die entsprechenden Antworten aufzuschreiben bzw. aus den Akten abzuschreiben.
57Abgesehen davon stellen die begehrten Antworten ein Minus gegenüber dem dar, was der Kläger auch hätte beantragen können, nämlich die komplette Übergabe sämtlicher Akten. Auch dann hätte das Finanzamt die Akten schon darauf durchsehen müssen, ob personenbezogene Daten Dritter (außer der Insolvenzschuldnerin) vorhanden und etwa zu schwärzen oder auszusondern sind.
58Der Beantwortung der Fragen steht auch nicht § 5 Abs. 4 IFG NRW entgegen, wonach der Informationszugang abgelehnt werden kann, wenn sich der Antragsteller die Information in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. Im Hinblick auf das Schreiben des Finanzamts E. vom 13. August 2012 besteht Anlass zu der Feststellung, dass allgemein zugängliche Quellen i. S. d. Vorschrift solche i. S. v. Art. 5 Abs. 2 Grundgesetz (GG) sind, nämlich solche, die technisch geeignet und dazu bestimmt sind, der Allgemeinheit, d. h. einem nicht bestimmbaren Personenkreis Informationen zu verschaffen, also Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Internetseiten, behördliche Publikationen,
59OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 ‑ 8 A 1150/10 ‑, Jastrow/Schlatmann, IFG, zu § 9 Abs. 3 IFG (des Bundes), Rdnr. 25, Schoch, IFG, § 9 IFG, Rndr. 42.
60Es bedarf keiner weiteren Vertiefung, dass der Kläger die Antworten auf die gestellten Fragen nicht in derartigen Quellen finden wird.
61Die mit dem Klageantrag gestellten Fragen a) bis f) sind hinreichend bestimmt. Dies gilt auch für die Frage e), die dahin geht,
62"…welche der unter d) benannten Zahlungen das Finanzamt zur Abwendung von durch das Finanzamt angedrohten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erhalten hat, durch Überlassung einer schriftlichen geordneten Aufstellung, die das Datum des Zahlungseingangs und die Höhe des Zahlungseingangs bezeichnet, ggf. durch Herausgabe von Jahreskontoauszügen zu Einkommen-, Umsatz- und Lohnsteuer für das Jahr 2011."
63Zwar klingt in dieser Formulierung ein Gesichtspunkt an, der sich in der Motivation der Insolvenzschuldnerin für Zahlungen bewegt ("zur Abwendung von … angedrohten Zwangsvollstreckungsmaßnehmen"). Die Frage lässt sich aber ohne Weiteres auf ihren objektiven Kern reduzieren. Dieser erschöpft sich darin, dass einerseits Einzelheiten über Zwangsvollstreckungsandrohungen und andererseits über damit in zeitlichem Zusammenhang stehende Zahlungen erfragt werden. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem konkretisierenden zweiten Frageteil, wonach die Antwort erteilt werden soll "durch Überlassung einer schriftlichen geordneten Aufstellung" usw. Mehr als dieses Handeln ist nicht erforderlich. Auch wenn man sich die Wendung "zur Abwendung von …" wegdenkt, bleibt es bei der selben begehrten Handlung, nämlich der Überlassung einer genauen Aufstellung.
64Weitere dem Informationszugang entgegen stehende Gründe sind weder vorgebracht worden noch ersichtlich.
65Die Kostenentscheidung richtet sich hinsichtlich des durch das Urteil entschiedenen Klageteils nach § 154 Abs. 1 VwGO. Hinsichtlich des durch übereinstimmende Erledigungserklärungen erledigten Teils ergeht die Kostenentscheidung gemäß § 161 VwGO. Es entspricht insoweit billigem Ermessen, diese Kosten ebenfalls dem beklagten Land aufzuerlegen. Denn die Klage wäre auch erfolgreich gewesen, wenn die Insolvenzschuldnerin die Zustimmungserklärung vom 25. August 2011 nicht abgegeben hätte. Die Frage, ob einem Insolvenzverwalter nach dem IFG NRW Zugang zu Informationen zur Ermittlung bzw. Ausforschung eines möglichen Anfechtungsrechts zu gewähren ist, ist in der Rechtsprechung geklärt:
66Ein Insolvenzverwalter kann nach § 4 Abs. 1 IFG NRW von der Finanzverwaltung für eine Insolvenzanfechtung relevante Auskünfte verlangen. Der Informationszugangsanspruch wird nicht gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW durch die Vorschriften der Abgabenordnung zum Akteneinsichtsrecht der am steuerlichen Verwaltungsverfahren Beteiligten ausgeschlossen. Das Steuergeheimnis nach § 30 AO stellt keine "besondere Rechtsvorschrift" i. S. v. § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW dar. § 30 AO steht einer Preisgabe steuerlicher Informationen über die Insolvenzschuldnerin an den Insolvenzverwalter nicht entgegen. Die aus §§ 2, 4 IFG NRW folgende informationsfreiheitsrechtliche Pflichtenstellung der Finanzverwaltung bleibt auch bestehen, wenn die Finanzämter im Einzelfall zugleich als Insolvenzgläubiger am Insolvenzverfahren teilnehmen. Die Gläubigerinteressen der Finanzverwaltung befreien sie nicht von ihren besonderen öffentlich-rechtlichen Informationspflichten als auskunftspflichtige Stelle. Das IFG NRW nimmt vielmehr in Kauf, dass der Informationszugang eine etwaige Insolvenzanfechtung mit der Folge von Rückzahlungsansprüchen zu Lasten der Finanzverwaltung im Insolvenzverfahren erleichtert,
67BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 ‑ 7 B 53/11 ‑, ZIP 2012, 1258, ZInsO 2012, 1268, DVBl 2012, 970, NVwZ 2012, 824, NWVBl 2012, 419, OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 – 8 A 1150/10 –, ZIP 2011, 1426, ZInsO 2011, 1553, DVBl 2011, 1162, ZD 2011, 141, NZI 2011, 915, NWVBl 2012, 26, Beschluss vom 28. Juli 2008 – 8 A 1548/07 –, VG Berlin, Urteil vom 30. August 2012 ‑ 2 K 147.11 ‑; vgl. ebenso zu parallel gelagerten Informationsbegehren an Sozialversicherungsträger, Krankenkassen und ein Hauptzollamt (als vollstreckende Finanzbehörde): BVerwG, Beschluss vom 9. November 2010 – 7 B 43/10 ‑, vorgehend ebenso OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. April 2010 – 10 A 10091/10.OVG, Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 16. April 2012 ‑ 5 Bf 241/10.Z ‑, VG Gelsenkirchen, Urteil vom 16. September 2010 ‑ 17 K 5018/09 ‑, VG Stuttgart, Urteil vom 18. August 2009 ‑ 8 K 1011/09 ‑, VG Berlin, Urteil vom 16. November 2012 – 2 K 248.12 ‑, VG Freiburg, Urteil vom 21. September 2011 – 1 K 734/10 ‑.
68Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Nach Eintritt der Rechtskraft des Verweisungsbeschlusses wird der Rechtsstreit mit Eingang der Akten bei dem im Beschluß bezeichneten Gericht anhängig. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben bestehen.
(2) Wird ein Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen, so werden die Kosten im Verfahren vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
(3) Absatz 2 Satz 2 gilt nicht in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.
(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.
(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.
(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.
(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.