Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht Beschluss, 08. Nov. 2011 - 5 K 113/11

ECLI:ECLI:DE:FGSH:2011:1108.5K113.11.0A
08.11.2011

Tenor

Der Finanzrechtsweg ist unzulässig.

Der Rechtsstreit wird an das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht verwiesen.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger begehrt zur Geltendmachung einer Schadensersatzklage Einsicht in seine Steuerakten für die Jahre 1995 bis 1997.

2

Mit Schreiben vom 17.06.2010 beantragte der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten Einsicht in die über ihn geführten Steuerakten. Die Ehefrau des Klägers erklärte ihre Einwilligung, soweit ihre Verhältnisse hierdurch betroffen sind. Zudem teilte der Kläger mit, dass sein Prozessbevollmächtigter beauftragt worden sei, für ihn eine Schadensersatzklage gegen das Land Schleswig-Holstein wegen einer verdeckten Gewinnausschüttung 1996 und der dadurch festgesetzten Steuern zu führen. Die aktuellen Vorgänge seien nicht betroffen.

3

Mit Bescheid vom 22.09.2010 lehnte der Beklagte den Antrag auf Akteneinsicht ab, da kein berechtigtes Interesse des Klägers gegeben sei.

4

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und machte geltend, der Beklagte habe § 5 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Schleswig-Holstein (IFG-SH) nicht beachtet. Danach habe die Behörde nach Wahl des Klägers Auskunft zu erteilen oder die Informationsträger zugängig zu machen. Nichts anderes folge aus § 27 LDSG sowie § 198 LVwG. Diese Verpflichtung gelte auch für den Beklagten als Landesbehörde. Die Abgabenordnung stünde dem nicht entgegen.

5

Mit Einspruchsentscheidung vom 28.04.2011 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Das IFG-SH sei nicht einschlägig, da durch dieses Gesetz nicht der Auskunftsanspruch für eigene Daten geregelt werde. Hinsichtlich der Begründung im Übrigen wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

6

Am 30. Mai 2011 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, das IFG-SH stelle eine lex specialis zur Abgabenordnung dar. Eine Subsidiarität des IFG-SH zu sonstigen Akteneinsichtsrechten bestünde nicht. Auch Art. 31 GG stünde nicht entgegen, weil es sich bei dem IFG-SH nicht um entgegenstehendes Landesrecht handele. Der Kläger verweist auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10.03.2008 1 BvR 2388/03, wonach der Bürger unter dem Gesichtspunkt des informationellen Selbstbestimmungsrechts das Recht habe, in Erfahrung zu bringen, welche Daten über ihn bei der Finanzverwaltung vorhanden seien. Das Schreiben eines Ministeriums könne kein Recht setzen und schon gar nicht Grundrechtspositionen beseitigen. Im Übrigen sei das Finanzamt in einem Zivilprozess ohnehin zum wahrheitsgemäßen und vollständigen Vortrag verpflichtet. Da es nicht Aufgabe der Finanzverwaltung sei, rechtswidrig zu handeln, könne schon denklogisch aus einer Akteneinsicht keine Gefährdung des sich an Gesetz und Recht orientierenden Verwaltungshandelns resultieren. Die Klage sei auch zulässig. Die vom Gericht beabsichtigte Verweisung an das Verwaltungsgericht begrüße er.

7

Der Kläger beantragt, dem Kläger Einsicht in die im Zusammenhang mit seiner Veranlagung für die Jahre 1995 bis 1997 bei dem beklagten Finanzamt geführten Verwaltungsakten zu gewähren.

8

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Der Beklagte wendet sich gegen eine Verweisung an das Verwaltungsgericht. Für das Begehren auf Einsicht in die bei einem Finanzamt geführten Akten sei grundsätzlich der Finanzrechtsweg gegeben, da es sich um eine Abgabenangelegenheit im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 FGO handele. Dies ergebe sich aus dem sachlichen Zusammenhang zwischen der Weitergabe der Daten und ihrer Erhebung aufgrund abgabenrechtlicher Vorschriften. Ob bei dieser Entscheidung Vorschriften aus anderen Rechtsgebieten gleichfalls zu berücksichtigen seien, sei ohne Belang.

10

Weiter trägt er vor, die Klage sei unzulässig, da dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Der Kläger habe die Akten im Verfahren 3 K 209/02 eingesehen oder die Möglichkeit hierzu gehabt. Die Klage sei auch unbegründet, weil das IFG-SH nicht anwendbar sei. Die AO gehe als das speziellere Gesetz vor. Im außergerichtlichen Besteuerungsverfahren habe der Steuerpflichtige keinen Anspruch auf Akteneinsicht, sondern lediglich das Recht auf eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen über den Antrag. Dieses Ermessen habe der Beklagte pflichtgemäß ausgeübt.

11

Die Beteiligten sind mit Verfügung vom 13. Oktober 2011 zur beabsichtigten Verweisung angehört worden.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte „Verfahren wegen Akteneinsicht“ Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

13

II. Der Finanzrechtsweg ist unzulässig.

14

Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO- ist der Finanzrechtsweg in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten gegeben, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Abgabenangelegenheiten in diesem Sinne sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 1 FGO). Die Abgabenordnung selbst enthält zwar - anders als andere Verfahrensordnungen - keine Regelung, nach der ein Anspruch auf Akteneinsicht besteht. Allerdings geht der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass dem während eines Verwaltungsverfahrens nachsuchenden Steuerpflichtigen oder sonstigen Vertreter ein Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Behörde zusteht (vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 2010, VII R 19/09, DStRE 2010, 618). Nach bestandskräftigem Abschluss des Verwaltungsverfahrens kann Akteneinsicht nicht mehr verlangt werden (Wünsch in Pahlke/Koenig, AO, 2. Auflage, § 91 Rz. 24).

15

Einen auf die AO gestützten Anspruch auf Akteneinsicht macht der Kläger jedoch mit seiner Klage nicht geltend. Er hat seinen Antrag auf Akteneinsicht vielmehr allein auf § 5 IFG-SH gestützt und keinen Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Behörde nach der AO geltend gemacht. Er begehrt nicht die Einsicht in Steuerakten des Beklagten, um seine Rechte in einem noch laufenden Verwaltungsverfahren wahrnehmen zu können. Die Steuerangelegenheiten des Klägers sind für die umstrittenen Zeiträume, für die diese Akten geführt wurden, in vollem Umfang und endgültig erledigt. Insbesondere das Steuerjahr 1996 ist rechtskräftig mit Urteil vom 07.12.2007 (3 K 209/02) entschieden. Der Kläger begehrt demnach keine Akteneinsicht, um die daraus gewonnenen Informationen in welcher Weise auch immer im Zusammenhang mit der Steuerfestsetzung oder Steuererhebung (Verwaltung der Abgaben) zu verwerten. Er will vielmehr aus einem anderen - vollends außersteuerlichen - Grunde im Klageweg die Akteneinsicht erzwingen und in alle über ihn beim Beklagten geführten Veranlagungsakten für die Jahre 1995 bis 1997 Einsicht nehmen. Den Anspruch auf die Einsichtnahme in die Steuerakten des Beklagten in dem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Steuerfestsetzungsverfahren begründet er damit, er wollte mit den gewonnenen Informationen Schadenersatzansprüche prüfen, um eventuell einen Amtshaftungsanspruch geltend zu machen und zu begründen, der vor einem ordentlichen Gericht geltend zu machen ist (Art. 34 Satz 3 GG). Das Begehren des Klägers auf Akteneinsicht betrifft damit keine mit der Verwaltung von Abgaben zusammen hängende Angelegenheit mehr (vgl. FG Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2005 1 K 250/05, EFG 2005, 1281; FG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22.06.2010 2 K 41/10, DStRE 2011, 185; Kühnen, EFG 2010, 2019).

16

Der Rechtsstreit betrifft auch keine Angelegenheit, die nach der Alternative des § 33 Abs. 2 FGO „sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden" zusammenhängt. Der Beklagte hat den erhobenen Anspruch gerade mit der Begründung abgelehnt, er ergebe sich nicht aus der AO. Der Kläger habe allenfalls einen Anspruch darauf, ermessensgerecht beschieden zu werden. Insoweit stützt sich die Finanzbehörde auf Regeln allgemein anerkannten und angewendeten Verwaltungsverfahrensrechts, das seine Grundlage nicht - jedenfalls nicht speziell - im Bereich der abgabenrechtlichen Vorschriften hat. Ein solcher geltend gemachter Anspruch auf Akteneinsicht kann sich in einem abgeschlossenen Verfahren gerade nicht aus der AO ergeben (Wünsch in Pahlke/Koenig, AO, 2. Auflage, § 91 Rz. 24). Auch der Kläger geht davon aus, dass er seinen Anspruch aus Anspruchsgrundlagen herzuleiten hat, die anderen Rechtsquellen als dem Abgabenrecht entspringen, nämlich primär dem IFG-SH, und im übrigen dem Verfassungsrecht (Art. 2 in Verbindung mit Art. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG) sowie dem Bundesdatenschutzrecht. Im Kern geht es daher um die Entscheidung von Rechtsfragen, deren Rechtsgrundlagen den Arbeitsgebieten der allgemeinen Verwaltungsgerichte zugewiesen sind (vgl. FG Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2005 1 K 250/05, EFG 2005, 1281; Seer in Tipke/Kruse, AO, § 91 Rz. 34).

17

Nach dem Regelungszweck der Rechtswegzuweisung in § 33 FGO kann der Finanzrechtsweg nur dann zugelassen sein, wenn Rechtsverhältnisse geklärt werden sollen und müssen, die ein konkretes (Steuer-) Schuldverhältnis im Anwendungsbereich des § 1 AO betreffen. Der Finanzrechtsweg steht dagegen nicht zur Verfügung, um losgelöst und unabhängig von einem Steuerschuldverhältnis den Inhalt von Rechtsverhältnissen klären zu lassen, die außersteuerlichen Charakter haben und deren Klärung nicht der Verwirklichung des Steuerrechtsschutzes dient. Dem steht § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG nicht entgegen, nach dem das Gericht des zulässigen Rechtswegs unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden hat. Denn diese Vorschrift betrifft allein die Klärung von (Vor-) Fragen aus rechtswegfremden Rechtsbereichen. Sie setzt voraus, dass für die (Haupt-) Problematik der - hier nicht gegebene - Rechtsweg zum angerufenen Gericht zulässig ist (FG Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2005 1 K 250/05, EFG 2005, 1281; vgl. auch FG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22.06.2010 2 K 41/10, DStRE 2011, 185; Seer in Tipke/Kruse, AO, § 91 Rz. 34; in diesem Sinne wohl auch Kühnen, EFG 2010, 2019).

18

Der vom Beklagten angeführte Beschluss des VG Hamburg vom 04.11.2010 11 K 2221/10 (juris) überzeugt den Senat aus den oben angeführten Gründen nicht und er steht im Übrigen im Gegensatz zum Beschluss des VG Hamburg vom 17.05.2010 7 K 429/09 (ZInsO 2010, 1097), wonach der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, wenn ein allgemeiner Auskunftsanspruch nach verwaltungsrechtlichen Vorschriften geltend gemacht wird. Bei differenzierender Betrachtungsweise ist bei einem abgeschlossenen Verwaltungsverfahren, wenn ein allgemeiner Auskunftsanspruch nach verwaltungsrechtlichen Vorschriften geltend gemacht wird, der Verwaltungsrechtsweg gegeben (so wohl auch Kühnen, EFG 2010, 2019; siehe auch Seer in Tipke/Kruse, AO, § 91 Rz. 34).

19

Der Rechtsstreit ist deshalb nach § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG an das sachlich und örtlich zuständige Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht in Schleswig zu verweisen, weil er eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art betrifft, die nicht durch Bundesgesetz oder Landesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

20

Der Senat hat gemäß § 17 a Abs. 4 Sätze 4 bis 6 GVG die Beschwerde gegen diesen Beschluss zum Bundesfinanzhof zugelassen, weil der Streitfall eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwirft. Es ist von prinzipieller Bedeutung und erscheint höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob eine Abgabenangelegenheit im Sinne der Rechtswegzuweisung noch vorliegt, wenn sich in abgeschlossenen Verfahren aufgrund der Entscheidung des Finanzgerichts aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr Folgerungen für die Besteuerung ergeben können, und ob die formal auf die AO gestützte Ablehnung einer Akteneinsicht auch dann den Rechtsweg zum Finanzgericht eröffnet, wenn im Kern kein Rechtsschutz in Abgabensachen begehrt wird und Rechtsfragen zu entscheiden sind, deren Grundlagen sich im allgemeinen Verwaltungsrecht finden.


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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 40


(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Stre

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 34


Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder g

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 17


(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht w

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 33


(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben 1. in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden,2. in öf

Informationsfreiheitsgesetz - IFG | § 5 Schutz personenbezogener Daten


(1) Zugang zu personenbezogenen Daten darf nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Besondere Kat

Abgabenordnung - AO 1977 | § 1 Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz gilt für alle Steuern einschließlich der Steuervergütungen, die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union geregelt sind, soweit sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Es ist nur vo

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Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 22. Juni 2010 - 2 K 41/10

bei uns veröffentlicht am 22.06.2010

Tenor Der Rechtsweg zu den Finanzgerichten ist unzulässig. Der Rechtsstreit wird an das Amtsgericht G verwiesen. Die Beschwerde wird zugelassen. Gründe I.) 1 Der Kläger begehrt zur Vorbereitung eines insolvenzrechtlichen Anfechtungsan
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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 25. Aug. 2014 - 16 E 1195/13

bei uns veröffentlicht am 25.08.2014

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 31. Oktober 2013 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die weitere Beschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen.

Bundesverwaltungsgericht Vorlagebeschluss, 15. Okt. 2012 - 7 B 4/12

bei uns veröffentlicht am 15.10.2012

Tenor Das Beschwerdeverfahren wird ausgesetzt. Dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes wird die Rechtsfr

Bundesverwaltungsgericht Vorlagebeschluss, 15. Okt. 2012 - 7 B 2/12

bei uns veröffentlicht am 15.10.2012

Tenor Das Beschwerdeverfahren wird ausgesetzt. Dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes wird die Rechtsfr

Bundesverwaltungsgericht Vorlagebeschluss, 15. Okt. 2012 - 7 B 3/12

bei uns veröffentlicht am 15.10.2012

Tenor Das Beschwerdeverfahren wird ausgesetzt. Dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes wird die Rechtsfr

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(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben

1.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden,
2.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die Vollziehung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind,
3.
in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Streitigkeiten über Angelegenheiten, die durch den Ersten Teil, den Zweiten und den Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des Steuerberatungsgesetzes geregelt werden,
4.
in anderen als den in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, soweit für diese durch Bundesgesetz oder Landesgesetz der Finanzrechtsweg eröffnet ist.

(2) Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung.

(1) Zugang zu personenbezogenen Daten darf nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung dürfen nur übermittelt werden, wenn der Dritte ausdrücklich eingewilligt hat.

(2) Das Informationsinteresse des Antragstellers überwiegt nicht bei Informationen aus Unterlagen, soweit sie mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis oder einem Mandat des Dritten in Zusammenhang stehen und bei Informationen, die einem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegen.

(3) Das Informationsinteresse des Antragstellers überwiegt das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs in der Regel dann, wenn sich die Angabe auf Name, Titel, akademischen Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und -telekommunikationsnummer beschränkt und der Dritte als Gutachter, Sachverständiger oder in vergleichbarer Weise eine Stellungnahme in einem Verfahren abgegeben hat.

(4) Name, Titel, akademischer Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und -telekommunikationsnummer von Bearbeitern sind vom Informationszugang nicht ausgeschlossen, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

Tenor

Der Rechtsweg zu den Finanzgerichten ist unzulässig.

Der Rechtsstreit wird an das Amtsgericht G verwiesen.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.)

1

Der Kläger begehrt zur Vorbereitung eines insolvenzrechtlichen Anfechtungsanspruchs Einsicht in die Vollstreckungsakte des Beklagten, hilfsweise Auskunft.

2

Der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts S. vom 23. April 2009 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der ... GmbH ernannt. Mit Schreiben vom 10. August 2009 beantragte er Einsicht in die Vollstreckungsakte des Beklagten. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 31. August 2009 ab.

3

Mit seinem hiergegen form- und fristgerecht "gemäß § 12 Abs. 2 IFG M-V" eingelegten "Widerspruch" vom 16. September 2009 machte der Kläger geltend, er habe aus § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen für das Land Mecklenburg-Vorpommern -IFG M-V- einen Anspruch auf Zugang zu den beim Beklagten vorhandenen Informationen der Insolvenzschuldnerin. Der Anspruch erstrecke sich nach § 2 IFG M-V auf jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung in Form von Schrift, Bild, Ton oder in sonstige Daten, mithin auch auf die Vollstreckungsakte. Ein Ablehnungsgrund gemäß § 5 IFG M-V sei nicht ersichtlich. Insoweit wies er zu näheren Begründung auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Juli 2008, 8 A 1548/0, ZIP 2008, 1542 hin.

4

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 06. Januar 2010 als unbegründet zurück. Hierzu führte er aus, § 7 und § 5 Nr. 4 IFG M-V in Verbindung mit § 30 der Abgabenordnung -AO- würden einen Anspruch aus dem IFG M-V einschränken und dem Insolvenzverwalter keine Akteneinsicht in Verfahrensakten zurückliegender und bereits bestandskräftig abgeschlossener Veranlagungszeiträume erlauben. Soweit er diese Vorgänge im Hinblick darauf prüfen wolle, ob Anfechtungsrechte nach §§ 129 ff. der Insolvenzordnung -InsO- in Betracht kämen, bestünde ein Auskunftsanspruch nur dann, wenn ein Anfechtungsgrund tatsächlich bestehe oder zumindest substantiiert vorgetragen werde (vgl. Finanzgericht -FG- Düsseldorf, Urteil vom 14. Mai 2008, 4 K 242/07, EFG 2009, 258).

5

Hiergegen wendet der Kläger sich mit seiner form- und fristgerecht erhobenen Klage vom 04. Februar 2010, mit der er beantragt,

6

den Beklagten unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 06. Januar 2010 zu verpflichten, ihm Akteneinsicht in die Vollstreckungsakte der ... GmbH, Steuernummer ... für das Jahr 2006 zu gewähren,

7

hilfsweise Auskunft über Zeitpunkt und Höhe der von der ... GmbH im Zeitraum vom 14. März 2006 bis zum 15. Juni 2006 an den Beklagten geleisteten Zahlungen zu erteilen.

8

Der Kläger stützt sein Begehren auf einen "allgemeinen Auskunfts- und Akteneinsichtsanspruch" und führt hierzu aus, er benötige die Einsicht/Auskunft, um seinen gesetzlichen Auftrag als Insolvenzverwalter erfüllen und einen Anfechtungsanspruch gegen den Beklagten geltend machen zu können. Ihm stünde gegen den Beklagten ein Anfechtungsrecht aus § 133 Abs. 1 InsO zu. Neben dem "allgemeinen" Auskunfts- und Akteneinsichtsanspruch habe er aber auch einen Anspruch auf Informationszugang nach § 1 IFG M-V.

9

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Ein Anspruch auf Einsicht in die Vollstreckungsakten folge weder aus dem IFG M-V noch aus einem anderen Rechtsgrund.

10

Der Berichterstatter hat die Beteiligten mit Schreiben vom 02. März 2010 unter Hinweis auf § 17a des Gerichtsverfassungsgesetzes -GVG- zur Frage der Rechtswegs angehört. Der Kläger hat mitgeteilt, dass das geltend gemachte Auskunftsbegehren der betragsmäßigen Bezifferung eines gegen den Beklagten geltend zu machenden Anfechtungsanspruchs diene und darauf hingewiesen, dass die Frage des Rechtswegs für ein solches Auskunftsbegehren nicht abschließend geklärt sei. Von einem möglichen Wahlrecht nach § 17a Abs. 2 Satz 2 GVG hat er ausdrücklich keinen Gebrauch gemacht. Der Beklagte sieht den Finanzrechtsweg als eröffnet an. Insoweit verweist er auf das Urteil des Finanzgerichts des Saarlands vom 17. Dezember 2009, 1 K 1598/08, EFG 2010, 616 und weitere Entscheidungen der Finanzgerichte.

II.)

11

Der von dem Kläger beschrittene Rechtsweg vor den Finanzgerichten ist unzulässig. Der Senat verweist den Rechtsstreit daher nach § 17a Abs. 2 Satz 1 und 2 GVG an das von ihm bestimmte Amtsgericht G., weil für den Rechtsstreit der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet und dort für die Klage das Amtsgericht G. zuständig ist.

12

1.) Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO- ist der Finanzrechtsweg in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten gegeben, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden.

13

Abgabenangelegenheiten in diesem Sinne sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten, vgl. § 33 Abs. 2 Satz 1 FGO.

14

Ausgehend von einem solchermaßen weiten Verständnis vom Begriff der Abgabenangelegenheiten werden vom Anwendungsbereich des § 33 Abs. 1 Nr. 1 auch Fälle erfasst, in denen der Insolvenzverwalter Einsicht in Steuerakten eines noch nicht abgeschlossenen Steuerverfahrens begehrt, um die Interessen des Gemeinschuldners in einem solchen Verfahren wahrnehmen zu können (vgl. Koch in Gräber, § 33 FGO Rn. 30 "Akteneinsicht"; Seer in Tipke/Kruse, § 33 FGO, Rn. 24 "Akteneinsicht/Auskunft"). Die Abgabenordnung selbst enthält zwar - anders als andere Verfahrensordnungen - keine Regelung, nach der ein Anspruch auf Akteneinsicht besteht. Allerdings geht der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass dem während eines Verwaltungsverfahrens nachsuchenden Steuerpflichtigen oder sonstigen Vertreter ein Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Behörde zusteht (vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 2010, VII R 19/09, DStRE 2010, 618).

15

Einen auf diese Grundlagen gestützten Anspruch auf Akteneinsicht macht der Kläger jedoch mit seiner Klage nicht geltend. Er begehrt nicht Einsicht in Steuer- oder Vollstreckungsakten des Antragsgegners, um die Rechte des Gemeinschuldners in einem noch laufenden Verwaltungs- oder noch laufenden Vollstreckungsverfahren wahrnehmen zu können, sondern will in die Vollstreckungsakten des Beklagten in einem bereits abgeschlossenen Vollstreckungsverfahren einsehen, um einen Anfechtungsanspruch nach der Insolvenzordnung beziffern zu können (vgl. dazu auch Bundesgerichtshof -BGH- Urteil vom 13. August 2009, IX ZR 58/06, WM 2009, 1942).

16

2.) Der Senat vermag sich der Ansicht des Finanzgerichts des Saarlands, auch für ein solches Akteneinsichtsbegehren sei der Finanzrechtsweg nach § 33 Abs. 2 Satz 1 FGO eröffnet (vgl. FG Saarland, Urteil vom 17. Dezember 2009, 1 K 1598/08, juris), nicht anzuschließen. Denn zum einen begehrt der Kläger Akteneinsicht in die Vollstreckungsakten aus außersteuerlichen Gründen, für die der Rechtsweg zu den Finanzgerichten nicht mehr eröffnet ist, weil ein solches Begehren keine mit der Verwaltung von Abgaben zusammenhängende Angelegenheit mehr ist (vgl. FG des Landes Brandenburg, Beschluss vom 20. April 2005, 1 K 250/05, EFG 2005, 1281).

17

Zum anderen findet ein solches Begehren seine Grundlage nicht mehr in den öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Abgabenrechts, sondern allein noch in den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nämlich der Insolvenzordnung und § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches, für die der Rechtsweg zu den Finanzgerichten nicht eröffnet ist.

18

Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich beim Fehlen einer ausdrücklichen Rechtswegzuweisung nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Es kommt darauf an, ob sich das Klagebegehren nach den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen bei objektiver Würdigung aus einem Sachverhalt herleitet, der nach bürgerlichem Recht zu beurteilen ist (vgl. Bundesgerichtshof -BGH- Urteil vom 07. Mai 1991, IX ZR 30/90, NJW 1991, 2147).

19

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 13. August 2009 (IX ZR 58/06, WM 2009, 1942) zwar keine Stellung dazu genommen, ob für den Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt zur Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen nach § 13 GVG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist. Diese Frage beantwortet sich jedoch aus den Gründen der vorgenannten Entscheidung. Denn Grundlage für ein solches - auch hier von dem Kläger geltend gemachtes - Begehren sind nach dieser Entscheidung § 242 BGB und die Grundsätze von Treu und Glauben (vgl. BGH-Urteil vom 13. August 2009, IX ZR 58/06, WM 2009, 1942).

20

Diese Grundsätze erstrecken sich zwar auch auf das öffentliche Recht und sind auch im Steuerrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz uneingeschränkt anwendbar, weil sie auf einem allgemeinen Rechtsgedanken beruhen und unmittelbar aus der Gerechtigkeitsidee ableitbar sind (vgl. Bundesfinanzhof - Urteil vom 23. Februar 2010, VII R 19/09, DStRE 2010, 618). Eine Verpflichtung, Leistungen so zu bewirken, wie Treu und Glauben es erfordern, gibt es jedoch nur im Rahmen bestehender Rechtsbeziehungen (vgl. BGH-Urteil vom 13. August 2009, IX ZR 58/06, WM 2009, 1942). Eine öffentlich-rechtliche Sonderbeziehung zwischen dem Kläger und dem Beklagten, aus der heraus er sein Akteneinsichts- und Auskunftsbegehren geltend macht, besteht hier jedoch nicht mehr, weil das Besteuerungsverfahren bereits abgeschlossen ist (vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 2010, VII R 19/09, DStRE 2010, 618).

21

Auf eine öffentlich-rechtliche Sonderverbindung zwischen ihm und dem Beklagten beruft sich der Kläger in diesem Klageverfahren auch nicht, soweit er sein Begehren auf einen "allgemeinen Auskunfts- und Akteneinsichtsanspruch" zu stützen sucht. Er beruft sich vielmehr auf eine bürgerlich-rechtliche Sonderbeziehung, wenn er in Anlehnung an die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze darauf abstellt, dass er aus § 133 Abs. 1 InsO dem Grunde nach zur Anfechtung der Zahlungen des Vollstreckungsschuldners an den Beklagten berechtigt sei (vgl. zu diesen Grundsätzen BGH-Urteil vom 13. August 2009, IX ZR 58/06, WM 2009, 1942).

22

Dass der insolvenzrechtliche Anfechtungsanspruch als bürgerliche Rechtsstreitigkeit nach § 13 GVG selbst dann vor die ordentlichen Gerichte gehört, wenn darüber gestritten wird, ob die öffentliche Hand durch eine öffentlich-rechtliche Rechtshandlung wegen öffentlich-rechtlicher Abgabenansprüche eine nach der Insolvenzordnung anfechtbare Befriedigung erlangt hat, ist indes hinlänglich geklärt (vgl. BGH-Urteil vom 07. Mai 1991, IX ZR 30/90, NJW 1991, 2147). Für ein aus einer bürgerlich-rechtlichen Sonderbeziehung hergeleitetes Akteneinsichts- und Auskunftsbegehren kann aber nichts anderes gelten. Denn auch ein solches Begehren leitet sich nach den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen aus einem Sachverhalt her, der - wie ausgeführt - nach bürgerlichem Recht zu beurteilen ist.

23

3.) Soweit der Kläger sein Begehren - neben dem "allgemeinen Auskunfts- und Akteneinsichtsanspruch" auch auf einen Anspruch auf Informationszugang aus § 1 Abs. 2 i. V. m. § 4 IFG M-V zu stützen sucht, kann dahinstehen, ob ein auf ein Landesgesetz gestützter Anspruch auf Einsicht in Steuerakten schon aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht bestehen kann (so wohl FG Münster, Urteil vom 05. November 2002, 1 K 7155/00, EFG 2003, 499; FG des Saarlandes, Urteil vom 17. Dezember 2009, 1 K 1598/08, EFG 2010, 616, juris; offengelassen BGH-Urteil vom 13. August 2009, IX ZR 58/06, ZIP 2009, 1823; Oberverwaltungsgericht -OVG- für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. August 2009, 8 E 1044/09, ZInsO 2009, 2401).

24

Hierüber hat der Senat jedoch nicht zu entscheiden. Denn für die Durchsetzung eines öffentlich-rechtlichen (vgl. Hamburgisches OVG, Beschluss vom 16. Februar 2009, 5 So 31/09, DVBl. 2009, 603; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. August 2009, 8 E 1044/09, ZInsO, 2009, 2401) Anspruchs auf Akteneinsicht und Auskunft aus § 1 Abs. 2 in Verbindung mit § 4 IFG M-V ist der Rechtsweg zu den Finanzgerichten jedenfalls dann nicht eröffnet, wenn Auskunft und Einsicht in die Verwaltungsakten nach Abschluss des Besteuerungsverfahrens aus außersteuerlichen Gründen geltend gemacht wird (entgegen FG Münster, Urteil vom 05. November 2002, 1 K 7155/00, EFG 2003, 499 zu § 4 IFG NRW).

25

Zum einen handelt es sich in einem solchen Fall - wie ausgeführt - nicht mehr um eine Abgabenangelegenheit im Sinne des § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO. Zum anderen folgt dies für das Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen für das Land Mecklenburg-Vorpommern aus § 12 IFG M-V. Auch wenn der Landesgesetzgeber dies hier nicht ausdrücklich ausgesprochen hat, folgt doch aus § 12 Abs. 2 IFG M-V hinlänglich, dass er Streitigkeiten über Ansprüche nach diesem Gesetz allein den Verwaltungsgerichten hat zuweisen wollen. Unter der Paragraphenüberschrift "Ablehnung des Antrags, Rechtsweg" bestimmt § 12 Abs. 2 IFG M-V, dass gegen die Ablehnung Widerspruch und Verpflichtungsklage zulässig sind. Ein Widerspruchsverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung ist danach auch dann durchzuführen, wenn die Entscheidung von einer obersten Landesbehörde getroffen worden ist. Diese Behörde erlässt den Widerspruchsbescheid gemäß § 73 der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. hierzu auch Hamburgisches OVG, Beschluss vom 16. Februar 2009, 5 So 31/09, NordÖR 2009, 258).

26

4.) Da der Rechtsweg zu den Finanzgerichten nach alledem unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eröffnet ist, war nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG auszusprechen, dass der beschrittene Rechtsweg unzulässig ist und der Rechtsstreit zu verweisen. Da der Kläger von seinem Wahlrecht nach § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG keinen Gebrauch gemacht hat, hat der Senat bestimmt, dass der Rechtsstreit an das für den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zuständige Amtsgericht G. verwiesen wird. Der Senat hält dies für sachgerecht, weil - wie auch der Vortrag der Beteiligten zur Sache zeigt - ihr Rechtsstreit im Kern auf die Frage hinauslaufen wird, ob dem Kläger ein Anfechtungsanspruch nach der Insolvenzordnung gegen den Beklagten zusteht. Für die Entscheidung über einen solchen Anspruch sind die ordentlichen Gerichte berufen.

27

Da der geltend gemachte Anspruch auf Akteneinsicht und Auskunft sich nach dem Vortrag des Klägers in seiner Klageschrift auf die Begleichung von Abgabenrückständen in Höhe von rund 14.000,00 € bezieht und das Interesse des Klägers an einem solchen Begehren regelmäßig nur mit einem Bruchteil eines möglichen Zahlungsanspruchs zu bemessen ist (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, Vor § 135 FGO Rn. 152), geht der Senat davon aus, dass der Streitwert nicht über 5.000,00 € liegt und für die Entscheidung über den Rechtsstreit nach § 23 Nr. 1 GVG noch das Amtsgericht zuständig ist.

28

4.) Der Senat hat die nach § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG in Verbindung mit § 128 Abs. 1 FGO statthafte Beschwerde gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 und 5 GVG zugelassen (vgl. dazu Seer in Tipke/Kruse, § 33 FGO Rn. 92), weil er den hier aufgeworfenen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung beimisst. Die Frage, ob für den Anspruch eines Insolvenzverwalters auf Auskunft und Einsicht in die (abgeschlossenen) Vollstreckungsakten des Finanzamts der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet ist, wenn die begehrte Akteneinsicht der Durchsetzung außersteuerlicher Ansprüche dienen soll, ist - soweit ersichtlich - höchstrichterlich noch nicht entschieden worden. Das FG des Saarlandes sieht den Rechtsweg zu den Finanzgerichten in solchen Fällen als eröffnet an und hat dies in seinem Urteil vom 17. Dezember 2009 ausdrücklich ausgesprochen (1 K 1598/08, EFG 2010, 616). Unausgesprochen hat in einem vergleichbaren Fall wohl auch das Finanzgericht Düsseldorf den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für zulässig erachtet (Urteil vom 14 Mai 2008, 4 K 242/07, EFG 2009, 258), obwohl in den Gründen seiner Entscheidung maßgeblich auf die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze zu einem solchen Auskunftsanspruch abgestellt wird.

(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben

1.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden,
2.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die Vollziehung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind,
3.
in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Streitigkeiten über Angelegenheiten, die durch den Ersten Teil, den Zweiten und den Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des Steuerberatungsgesetzes geregelt werden,
4.
in anderen als den in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, soweit für diese durch Bundesgesetz oder Landesgesetz der Finanzrechtsweg eröffnet ist.

(2) Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben

1.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden,
2.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die Vollziehung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind,
3.
in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Streitigkeiten über Angelegenheiten, die durch den Ersten Teil, den Zweiten und den Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des Steuerberatungsgesetzes geregelt werden,
4.
in anderen als den in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, soweit für diese durch Bundesgesetz oder Landesgesetz der Finanzrechtsweg eröffnet ist.

(2) Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung.

(1) Dieses Gesetz gilt für alle Steuern einschließlich der Steuervergütungen, die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union geregelt sind, soweit sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Es ist nur vorbehaltlich des Rechts der Europäischen Union anwendbar.

(2) Für die Realsteuern gelten, soweit ihre Verwaltung den Gemeinden übertragen worden ist, die folgenden Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend:

1.
die Vorschriften des Ersten, Zweiten, Vierten, Sechsten und Siebten Abschnitts des Ersten Teils (Anwendungsbereich; Steuerliche Begriffsbestimmungen; Datenverarbeitung und Steuergeheimnis; Betroffenenrechte; Datenschutzaufsicht, Gerichtlicher Rechtsschutz in datenschutzrechtlichen Angelegenheiten),
2.
die Vorschriften des Zweiten Teils(Steuerschuldrecht),
3.
die Vorschriften des Dritten Teils mit Ausnahme der §§ 82 bis 84(Allgemeine Verfahrensvorschriften),
4.
die Vorschriften des Vierten Teils(Durchführung der Besteuerung),
5.
die Vorschriften des Fünften Teils(Erhebungsverfahren),
6.
§ 249 Absatz 2 Satz 2,
7.
die §§ 351 und 361 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3,
8.
die Vorschriften des Achten Teils(Straf- und Bußgeldvorschriften, Straf- und Bußgeldverfahren).

(3) Auf steuerliche Nebenleistungen sind die Vorschriften dieses Gesetzes vorbehaltlich des Rechts der Europäischen Union sinngemäß anwendbar. Der Dritte bis Sechste Abschnitt des Vierten Teils gilt jedoch nur, soweit dies besonders bestimmt wird.

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.