Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 23. Okt. 2013 - 1 M 163/13

bei uns veröffentlicht am23.10.2013

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald – 3 B 382/13 – vom 01. Juli 2013 teilweise geändert.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 16. Dezember 2008 gegen den Beitragsbescheid des Antragsgegners Nr. ... vom 17. November 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 12. Oktober 2009 und 13. Juni 2013 wird insoweit angeordnet, als in dem Beitragsbescheid ein Anschlussbeitrag Trinkwasser für das Grundstück Flurstück .../... festgesetzt worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner jeweils zur Hälfte.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 102,42 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung der Antragstellerin zu Anschlussbeiträgen Trinkwasser.

2

Die Antragstellerin war eigenen Angaben zufolge bis Dezember 2010 Eigentümerin des Grundstücks Flurstück .../... (240 m²) und bis November 2012 Eigentümerin des Grundstücks .../..., Flur ..., Gemarkung .... Die Grundstücke liegen im Ortsteil A-Stadt, gehören zum Ferienpark ..., sind jeweils mit einem Ferienhaus bebaut und tatsächlich an die öffentliche Trinkwasserversorgungsanlage des Antragsgegners angeschlossen. Die Wasserversorgung der im Ferienpark ... liegenden Grundstücke erfolgt nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts über ein der Betreibergesellschaft des Ferienparks gehörendes internes Wasserleitungsnetz, das über zahlreiche im Privateigentum stehende Grundstücke verläuft und die einzelnen Grundstücke an die Wasserversorgung anschließt. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts befindet sich der zur Verfügung stehende öffentliche Anschluss in der öffentlichen Straße „A-Stadt“ in Höhe des Grundstücks Flurstück .../..., Flur .... Er besteht aus einem Abzweig von der dort liegenden Hauptleitung mit Absperrhahn und Wassermesseinrichtung. Gesicherte Leitungsrechte bestehen für die Grundstücke der Antragstellerin nicht.

3

Gegen den Bescheid vom 17. November 2008 i. d. F. des Änderungsbescheides vom 12. Oktober 2009, mit dem der Antragsgegner für die Grundstücke einen Beitrag für die Herstellung der öffentlichen Wasserversorgung in Höhe von insgesamt 437,33 Euro festgesetzt hatte, hat die Antragstellerin am 16. Dezember 2008 Widerspruch eingelegt und mit Datum vom 23. Mai 2013 einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt, nachdem der Antragsgegner bereits im Mai 2011 eine Aussetzung der Vollziehung abgelehnt und das Amt Neustrelitz-Land die zwangsweise Beitreibung der Beitragsforderung angekündigt hatte. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 13. Juni 2013 hat der Antragsgegner die Beiträge für die einzelnen Grundstücke gesondert ausgewiesen (195,04 Euro für das Grundstück Flurstück .../... sowie 214,63 Euro für das Grundstück Flurstück .../...) und den Beitrag auf insgesamt 409,67 Euro festgesetzt.

4

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid i. d. F. der Änderungsbescheide mit Beschluss vom 01. Juli 2013 abgelehnt. Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides über Anschlussbeiträge Trinkwasser vom 17. November 2008 i. d. F. der Änderungsbescheide vom 12. Oktober 2009 und 13. Juni 2013. Die Heranziehung von sog. Hinterliegergrundstücken, die über keinen eigenen Hausanschluss und keine dingliche Sicherung der Leitungsrechte verfügten, sei möglich. Der Beitragsbescheid habe durch Rechtsänderungen eine taugliche Rechtsgrundlage erhalten; eine Heilung sei eingetreten. Im Anschlussbeitragsrecht könne die Satzung der Vorteilslage nachfolgen. Die Satzungsanwendung sei nicht zu beanstanden. Grundsätzlich entstehe die sachliche Beitragspflicht gemäß § 5 Abs. 1 der am 10. August 2011 beschlossenen, am 17. August 2011 ausgefertigten und nach ihrem § 24 Satz 1 rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Satzung des Wasserzweckverbandes ... über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentlicher Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung – WAgS) i. d. F. der Fünften Änderungsatzung vom 07. Dezember 2011 erst mit der betriebsfertigen Herstellung der öffentlichen Wasserversorgungsanlage vor dem Grundstück und mit dem betriebsfertigen Hausanschluss. Nach § 5 Abs. 2 WAgS unterlägen aber auch sog. Hinterliegergrundstücke der Beitragspflicht, die über keinen betriebsfertigen Hausanschluss verfügten, die jedoch über Vorderliegergrundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage tatsächlich angeschlossen seien. Die streitigen Grundstücke seien seit „DDR-Zeiten“ über Vorderliegergrundstücke tatsächlich angeschlossen. Unter Hinweis auf das Urteil des OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 24. März 2004 – 1 L 58/02 – hat das Verwaltungsgericht weiter ausgeführt, dass die sachliche Beitragspflicht daneben auch die rechtliche Anschlussmöglichkeit nach Maßgabe des Ortrechts voraussetze. Dies sei bei Hinterliegergrundstücken dann der Fall, wenn die Satzung bei Vorliegen der satzungsmäßigen Voraussetzungen auch für sie ein Anschlussrecht gewähre. § 3 Abs. 1 der Satzung des Wasserzweckverbandes... über die öffentliche Wasserversorgung der Grundstücke (Wasseranschlusssatzung – WAS) vom 27. November 2007 i. d. F. der Zweiten Änderungsatzung vom 17. Februar 2011, rückwirkend in Kraft getreten zum 01. Januar 2008, gewähre ein Recht auf Anschluss nach Maßgabe der Satzung, nach § 3 Abs. 2 Satz 1 WAS regelmäßig bei eigenem Hausanschluss. Nach § 13 Abs. 4 WAS könne der Verband ausnahmsweise mehrere Grundstücke an einem gemeinsamen Hausanschluss zulassen. Voraussetzung sei, dass die beteiligten Grundstückseigentümer die Verlegung, Unterhaltung und Benutzung der vom Hausanschluss weiterführenden Trinkwasserleitung (Kundenanlage § 15) auf dem jeweils fremden Grundstück durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit gesichert hätten. Nach § 13 Abs. 5 WAS könne der Verband abweichend von Absatz 4 auch dann gemeinsame Hausanschlüsse zulassen, wenn für Hinterliegergrundstücke keine Grunddienstbarkeit gesichert sei, diese Grundstücke aber an die öffentliche Wasserversorgungsanlage tatsächlich angeschlossen seien und ein Notleitungsrecht entsprechend § 917 BGB bestehe. Eine Anschlussgenehmigung des Antragsgegners liege mit dem Zugang des angefochtenen Bescheides in schlüssiger Form vor. Hierzu verweist das Verwaltungsgericht auf das Urteil des OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 24. März 2004 – 1 L 58/02 –. Es bestehe auch ein Notleitungsrecht. Stünden Vorder- und Hinterliegergrundstück – wie vorliegend – nicht im selben Eigentum, sei jedoch das Hinterliegergrundstück – wie hier – bereits tatsächlich an die öffentliche Trinkwasserversorgungsanlage angeschlossen, so sei die vorteilsrelevante Inanspruchnahme der Anlage regelmäßig auch auf Dauer gesichert. Nach der Rechtsprechung (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 20.07 2009 - 4 L 66/09 -, zit. n. juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 02.03 2004 - 15 A 1151/02 -, zit. n. juris; Urt. v. 20.03 2007 - 15 A 4728/04 -, zit. n. juris; BayVGH, Urt. v. 30.06 1989 - 23 B 87.03548 -, zit. n. juris) sei die auf Dauer gesicherte Möglichkeit der Inanspruchnahme bei einem mit dem Einverständnis des Eigentümers des Grundstücks, durch das die Leitung verlegt werde, tatsächlich hergestellten Anschluss für ein auf Trinkwasser angewiesenes Grundstück regelmäßig schon deshalb zu bejahen, weil in diesem Fall ein Notleitungsrecht entsprechend § 917 Abs. 1 BGB bestehe. Bei einem tatsächlich hergestellten Anschluss müssten also, um das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht trotzdem zu hindern, besondere Umstände vorliegen, die es als ernstlich möglich erscheinen lassen, dass das Grundstück wegen eines vom Eigentümer des Vorderliegergrundstücks erhobenen Beseitigungsverlangens die Verbindung zur öffentlichen Wasserversorgungsanlage verlieren und sein Eigentümer diese nicht mehr in Anspruch nehmen könnte. Für eine solche Annahme lägen nach der gebotenen summarischen Prüfung keine Umstände vor. Es sei davon auszugehen, dass der bereits zu „DDR-Zeiten“ hergestellte Anschluss der streitigen Grundstücke an die Wasserversorgungseinrichtung bereits seit dieser Zeit auch dauerhaft rechtlich gesichert gewesen sei.

5

Gegen die ihrer Bevollmächtigten am 11. Juli 2013 zugestellte Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat die Antragstellerin mit am selben Tage beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 25. Juli 2013 Beschwerde eingelegt, und die Beschwerde mit am selben Tage beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schreiben vom 12. August 2013 (Montag) begründet.

6

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen.

II.

7

Die gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat nur in dem sich aus dem Tenor der Entscheidung ergebenden Umfang Erfolg (1.); im Übrigen ist sie unbegründet (2.).

8

1. Die von der Beschwerdeführerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, erfordern die Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts und Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den streitigen Beitragsbescheid nur insoweit, als das Grundstück Flurstück.../... betroffen ist. Bezüglich dieses Grundstücks bestehen nach dem Beschwerdevorbringen an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Antragsgegners vom 17. November 2008 i. d. F. der Änderungsbescheide vom 12. Oktober 2009 und vom 13. Juni 2013 nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung ernstliche Zweifel. Die Beschwerdebegründung hat einen von Antragsgegnerseite nicht bestrittenen Sachverhalt vorgetragen, der die persönliche Beitragspflicht der Antragstellerin zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht für das Grundstück Flurstück .../... ausschließt und deshalb insoweit zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Beitragsbescheides führt.

9

Die Antragstellerin führt in ihrer Beschwerdebegründung erstmals konkret aus, dass sie nur bis Dezember 2010 Eigentümerin des Grundstücks Flurstück .../... war und die erst zum Dezember 2011 entstandene Beitragspflicht für sog. Hinterliegergrundstücke den Ausgangsbescheid vom 17. November 2008 nicht mehr habe heilen können. Im erstinstanzlichen Verfahren hatte die Antragstellerin lediglich ausgeführt, dass sie Eigentümerin der Grundstücke „war“, ohne näher zu erläutern, zu welchem Zeitpunkt der Eigentumswechsel stattgefunden hatte und welchen Einfluss er auf die Rechtmäßigkeit des Bescheides haben sollte. Der nunmehr vorgetragene Sachverhalt führt dazu, dass hinsichtlich des Grundstücks Flurstück .../... in der Person der Antragstellerin die gemäß § 4 Abs. 1 WAgS erforderliche Eigentümerposition für die persönliche Beitragspflicht zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht nicht (mehr) gegeben war, und der angegriffene Bescheid sich deshalb insoweit als rechtswidrig erweist, weil ohne Bestehen einer sachlichen Beitragspflicht auch eine persönliche Beitragspflicht nicht entstehen kann (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 21.08.2013 - 1 L 86/13 -; Aussprung, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: April 2013, § 7 Anm. 12.7).

10

Gemäß § 9 Abs. 3 KAG M-V entsteht die sachliche Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung. Die erste wirksame Satzung, die die zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht gemäß § 9 Abs. 3 KAG M-V in Bezug auf das Grundstück Flurstück.../... notwendige rechtliche Anschlussmöglichkeit nach Maßgabe des Ortsrechts (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 24.03.2004, a. a. O.) hat entstehen lassen, war die Wasseranschlusssatzung – WAS – vom 27. November 2007 i. d. F. der Zweiten Änderungsatzung vom 17. Februar 2011, die mit ihrem § 13 Abs. 5 auch dann gemeinsame Hausanschlüsse zugelassen hat, wenn für Hinterliegergrundstücke keine Grunddienstbarkeit gesichert ist, diese Grundstücke aber an die öffentliche Wasserversorgungsanlage tatsächlich angeschlossen sind und ein Notleitungsrecht entsprechend § 917 BGB besteht. Daran anknüpfend bestimmt die Wasserabgabensatzung – WAgS – 17. August 2011 i. d. F. der Fünften Änderungsatzung vom 07. Dezember 2011 in § 5 Abs. 2, dass auch sog. Hinterliegergrundstücke der Beitragspflicht unterliegen, die über keinen betriebsfertigen Hausanschluss verfügen, die jedoch über Vorderliegergrundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage tatsächlich angeschlossen sind. Die ersten wirksamen Satzungen, die die sachliche Beitragspflicht in Bezug auf das Grundstück Flurstück .../... haben entstehen lassen, waren die oben genannten Regelungen und nicht die ursprünglichen Fassungen der Satzungen aus dem Jahr 2007 (vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschlüsse vom 01.10.2013, a. a. O.). Erst mit der fünften Änderungssatzung vom 07. Dezember 2011, in Kraft getreten nach ihrem Artikel 3 am Tage nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung am 17. Dezember 2011, also am 18. Dezember 2011, war die sachliche Beitragspflicht für das Grundstück .../... entstanden. Zu diesem Zeitpunkt war die Antragstellerin aber nicht mehr Eigentümerin dieses Grundstücks und damit auch nicht persönlich beitragspflichtig gemäß § 4 Abs. 1 WAgS.

11

Die gegen diese Rechtsfolge vom Antragsgegner im Beschwerdeverfahren vorgetragene Argumentation greift nicht. Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass die rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft gesetzte Wasserabgabensatzung vom 17. August 2011 wegen ihrer vollständigen Rückwirkung auch Anknüpfungspunkt für die Vierte Änderungssatzung vom 17. Februar 2011 sein könne, die mit der Einfügung eines neuen § 5 Abs. 2 in die Wasserabgabensatzung vom 27. November 2007 erstmals die sachliche Beitragspflicht der Hinterliegergrundstücke normiert hatte. Dies gelte hier jedenfalls deshalb, weil im vorliegenden Fall die Ausgangssatzung von 2007 lediglich deshalb neu rückwirkend bekannt gemacht worden sei, um mögliche Unwirksamkeitsgründe zu heilen. In diesem Fall fänden die zeitlich nach der zu dem Inkrafttreten der Heilungssatzung bekannt gemachten Änderungssatzungen ihren Anknüpfungspunkt in dieser rückwirkend in Kraft gesetzten Heilungssatzung. Damit habe der streitbefangene Beitragstatbestand bezüglich der Hinterliegergrundstücke bereits zum 01. Januar 2008 bestanden.

12

Diese Rechtsauffassung des Antragsgegners teilt der Senat nicht. Die Rechtslage stellt sich nach Auffassung des Senats vielmehr wie folgt dar: Mit der rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Wasserabgabensatzung vom 17. August 2011 war nach dem Grundsatz vom Vorrang der lex posterior (lex posterior derogat legi priori), wonach das durch denselben Normgeber geschaffene neue Recht das gleichrangige alte Recht verdrängt, gleichzeitig die Vorgängersatzung vom 27. November 2007 in der Fassung außer Kraft getreten, die sie durch die Vierte Änderungssatzung vom 17. Februar 2011 erhalten hatte, auch wenn dies die Satzung vom 17. August 2011 nicht ausdrücklich bestimmte. Die Vierte Änderungssatzung vom 17. Februar 2011, deren Regelungsgehalt sich darauf beschränkt, aber auch darin erschöpft hatte, den Inhalt der Wasserabgabensatzung vom 27. November 2007 zu ändern, konnte nach dem rückwirkenden Außerkrafttreten der Wasserabgabensatzung 2007 i. d. F. der Vierten Änderungssatzung vom 17. Februar 2011 nicht wieder aufleben, um die neue Wasserabgabensatzung bereits zeitgleich mit deren rückwirkenden Inkrafttreten zu ändern. Hierzu bedurfte es vielmehr der Fünften Änderungssatzung vom 07. Dezember 2011, die die Beitragspflicht für Hinterliegergrundstücke mit Wirkung zum 18. Dezember 2011 in die Wasserabgabensatzung vom 17. August 2011 eingeführt hat. Hiervon ist offensichtlich auch der Antragsgegner selbst ausgegangen, weil es anderenfalls der Fünften Änderungssatzung insoweit nicht bedurft hätte.

13

Die sachliche Beitragspflicht für den Anschluss von sog. Hinterliegergrundstücken konnte im Geltungsbereich der Wasserabgabensatzung des Wasserzweckverbandes ... erst mit dem Inkrafttreten der Fünften Änderungssatzung am 18. Dezember 2011 entstehen. Zu diesem Zeitpunkt war die Antragstellerin nicht mehr Eigentümerin des Grundstücks Flurstück .../... und konnte deshalb auch nicht als persönlich Beitragspflichtige gemäß § 4 Abs. 1 WAgS in Anspruch genommen werden. Der angegriffene Bescheid vom 17. November 2008 i. d. F. der Änderungsbescheide vom 12. Oktober 2009 und 13. Juni 2013 ist deshalb insoweit rechtswidrig.

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Die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die teilweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Beitragsbescheid des Antragsgegners nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO liegen ebenfalls vor. Der Antragsgegner hatte den Antrag der Antragstellerin vom 16. Juli 2009 auf Aussetzung der Vollziehung des Bescheides bereits am 09. Mai 2011 abgelehnt.

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2. Anders liegt der Fall bei dem Grundstück Flurstück .../.... Dieses stand nach den Angaben der Antragstellerin bis November 2012 und damit auch zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht im Dezember 2011 in ihrem Eigentum. Das Verwaltungsgericht hat hinsichtlich dieses Grundstücks zu Recht festgestellt, dass an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Antragsgegners vom 17. November 2008 i. d. F. des Änderungsbescheides v. 12. Oktober 2009 nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel bestehen. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, auf die der Senat gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verweist, entsprechen der Rechtsprechung des Senats zur Frage der notwendigen rechtlichen Anschlussmöglichkeit nach Maßgabe des Ortsrechts für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht wie für die Anschlussgenehmigung des Verbandes in schlüssiger Form durch den Zugang des Beitragsbescheides (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 24.03.2004 - 1 L 58/02 -, zit. n. juris) und begegnen auch ansonsten keinen rechtlichen Bedenken.

16

Die Beschwerdebegründung der Antragstellerin lässt hinsichtlich des Grundstücks Flurstück .../... keine andere Entscheidung zu.

17

Die Beschwerde führt aus, der Antragsgegner habe in den Jahren 2011 bzw. 2012 mit § 13 Abs. 5 WAS i. V. m. § 5 Abs. 2 WAgS einen Beitragstatbestand eingeführt, der in der ersten wirksamen Beitragssatzung vom 27. November 2007 nicht enthalten gewesen sei. Neue Beitragstatbestände könnten nicht mit Rückwirkung eingeführt werden. Der Grundsatz, wonach im Anschlussbeitragsrecht die Satzung der Vorteilslage nachfolgen könne, gelte in Bezug auf bereits bestehende Vorteilslagen nur für die erste wirksame Satzung, mit der der Ortsgesetzgeber festlege, welche bestehenden Vorteilslagen er der Beitragspflicht unterwerfen wolle. Diese Ausführungen tragen die Beschwerde nicht.

18

Wie bereits oben ausgeführt, war die erste wirksame Satzung, die die sachliche Beitragspflicht gemäß § 9 Abs. 3 KAG M-V in Bezug auf das Grundstück Flurstück.../... hat entstehen lassen, die Wasserabgabensatzung – WagS – i. d. F. der Fünften Änderungsatzung vom 07. Dezember 2011, die in § 5 Abs. 2 bestimmte, dass auch sog. Hinterliegergrundstücke der Beitragspflicht unterliegen, die über keinen betriebsfertigen Hausanschluss verfügen, die jedoch über Vorderliegergrundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage tatsächlich angeschlossen sind.

19

Mit dieser Satzungsregelung hat der Antragsgegner lediglich eine bereits vorher bestehende tatsächliche Vorteilslage durch Ortsrecht rechtlich gesichert und der Beitragspflicht unterworfen. Hierin liegt kein „rückwirkender“ Eingriff in einen der Vergangenheit angehörenden („abgeschlossenen“) Tatbestand, vielmehr werden lediglich für die Zukunft neue abgabenrechtliche Folgerungen an die andauernde Vorteilslage geknüpft. Auch liegt in der dargestellten Satzungsregelung kein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Einer grundsätzlich zulässigen sogenannten "unechten Rückwirkung" in einen noch nicht abgeschlossenen Tatbestand, wie sie hier vorliegt, könnten nur ausnahmsweise Gründe des Vertrauensschutzes entgegen gehalten werden, denn für den Bereich des Abgabenrechts gilt, dass die bloße Erwartung, das geltende Recht werde unverändert fortbestehen, grundsätzlich nicht geschützt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.07.2008 - 9 B 22/08 -, zit. n. juris). Solche Ausnahmegründe sind hier nicht ersichtlich. Unabhängig davon, dass der Antragsgegner bereits aus § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V gehalten war, die hier vorgefundene tatsächliche Vorteilslage rechtlich zu sichern und dementsprechend Anschlussbeiträge zu erheben, konnte die Antragstellerin auch nicht darauf vertrauen, auf Dauer die tatsächliche Vorteilslage als Eigentümerin eines Hinterliegergrundstücks nutzen zu können, ohne dafür Beiträge entrichten zu müssen.

20

Der Hinweis, die Satzungsbestimmungen für einen aus der „Vor-der-Wende-Zeit“ stammenden Sachverhalt, der seit den 1990iger Jahren durchgängig fortgesetzt worden sei, seien erst 2011 und 2012 geschaffen worden, weshalb sie, die Antragstellerin gegen eine mögliche Beitragsforderung des Antragsgegners Verjährung einwende, ist bereits deshalb unbeachtlich, weil ohne rechtswirksame Satzung noch keine sachliche Beitragspflicht entstehen und daher auch keine Festsetzungsverjährung eintreten kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.07.2008 a. a. O.). Diese maßgeblichen Satzungsregelungen waren jedoch erst – wie oben dargestellt – 2011 geschaffen worden.

21

Zur Problematik der Verjährung/Verwirkung von Beitragsansprüchen im Zusammenhang mit der sog. Altanschließerproblematik hat der Senat – auch mit Blick auf die von der Antragstellerin genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 05. März 2013 – 1 BvR 2457/08 – seiner ständigen Rechtsprechung folgend zuletzt in dem Beschluss vom 16. September 2013 – 1 L 240/11 – ausgeführt:

22

„Insoweit sei darauf hingewiesen, dass das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern bereits mit Beschluss vom 21. April 1999 – 1 M 12/99 – (juris) die Gleichheitswidrigkeit einer Nichtheranziehung von Altanschließern festgestellt und anschließend in ständiger Rechtsprechung diesen Rechtsstandpunkt immer wieder bekräftigt hat (vgl. z.B. OVG M-V, Urt. v. 13.11.2001 – 4 K 16/00 –, KStZ 2002, 132 = NVwZ-​RR 2002, 687 = NordÖR 2002, 138 = DVBl. 2002, 644 = DÖV 2002, 626 = Überblick 2002, 83; Urt. v. 02.06.2004 – 4 K 38/02 –, DVBl. 2005, 64 = LKV 2005, 75 = BauR 2005, 147; Beschl. v. 12.05.2005 – 1 L 477/04 –; Beschl. v. 11.08.2004 – 1 M 181/04 –; Beschl. v. 18.10.2005 – 1 L 197/05 –, NordÖR 2006, 160; Urt. v. 13.12.2011 – 1 L 192/08 –, juris; Urt. v. 10.10.2012 – 1 L 27/09 –, juris). Hinsichtlich des mit der Beitragserhebung abgegoltenen Vorteils wurde danach allen Grundstückseigentümern mit den jeweiligen öffentlichen Einrichtungen von den kommunalen Einrichtungsträgern wie dem Zweckverband erstmalig unter dem grundlegend neuen Rechtsregime nach der Wiedervereinigung der rechtlich gesicherte Vorteil geboten, ihr Schmutzwasser mittels einer öffentlichen Einrichtung entsorgen zu können. In die Beitragskalkulation zur Abgeltung dieses Vorteils können zudem nur sog. „Nachwendeinvestitionen“ einfließen. Entscheidend ist auf diese rechtliche Absicherung des Vorteils abzustellen, die erstmals nach Inkrafttreten insbesondere des KAG M-​V – und nach Erlass einer wirksamen Beitragssatzung – eintreten kann. Kein taugliches Kriterium zur Differenzierung des Vorteils sind die tatsächlichen Verhältnisse, d. h. ob rein faktisch zuvor das Abwasser in der einen oder anderen Weise hat abgeleitet werden können. Daher kommt es z. B. nicht darauf an, ob zu DDR-​Zeiten Schmutzwasserkanäle – von wem auch immer – erstellt worden sind. Ebenfalls ist unerheblich, ob die betreffenden Grundstückseigentümer über eine wie auch immer geartete private Kläranlage oder Sammelgrube verfügt haben (vgl. zum Ganzen bereits OVG M-V, Urt. v. 13.11.2001 – 4 K 16/00 –, NVwZ-​RR 2002, 687 – zitiert nach juris). Da nach dieser Rechtsprechung der rechtlich gesicherte Vorteil der Möglichkeit, Schmutzwasser mittels einer öffentlichen Einrichtung entsorgen zu können, erst mit dem Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern entstanden ist, kommt es – unabhängig von einem insoweit auch fehlenden (fristgemäßen) Vortrag der Klägerin – in Ansehung der sog. Altanschließerproblematik auch nicht entscheidungserheblich auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05. März 2013 – 1 BvR 2457/08 – und den darin entwickelten Gesichtspunkt der „Verflüchtigung“ der Legitimation zur Erhebung von Beiträgen an. Der wie vorstehend rechtlich zu definierende Vorteil kann sich nicht bereits im Moment seiner Entstehung wieder „verflüchtigt“ haben (vgl. Beschl. des Senats v. 10.06.2013 – 1 L 139/10 –).“

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Diese zur Schmutzwasserbeseitigung entwickelten Aussagen gelten auch für die Erhebung von Trinkwasseranschlussbeiträgen. Im Übrigen hat der Antragsgegner mit dem angefochtenen Beitragsbescheid auch keinen aus der „Vor-der-Wende-Zeit“ stammenden Sachverhalt abgerechnet, sondern ausschließlich nach dem 03. Oktober 1990 durchgeführte Investitionen in die Trinkwasserversorgungsanlage, worauf im Bescheid auch ausdrücklich hingewiesen wird.

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Wie oben dargestellt ist die Beitragspflicht der angeschlossenen Hinterliegergrundstücke mit § 5 Abs. 2 der Wasserabgabensatzung – WagS – i. d. F. der Fünften Änderungsatzung vom 07. Dezember 2011 begründet worden. Die Satzung ist nach ihrem Artikel 3 am Tage nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung am 17. Dezember 2011, also am 18. Dezember 2011 in Kraft getreten. Zu diesem Zeitpunkt war die Antragstellerin ihren eigenen Angaben zufolge noch Eigentümerin des Grundstücks Flurstück .../....

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Wenn die Antragstellerin anführt, die stillschweigende Genehmigung der gemeinsamen Nutzung eines Hausanschlusses setze zumindest die Kenntnis voraus, wer welchen Anschluss mit wem gemeinsam nutze, so geht dieser Einwand bereits deshalb fehl, weil diese Kenntnis bei dem Antragsgegner zum Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides vorlag. Der Antragsgegner wusste, dass es einen Anschluss mit Absperrhahn und Wassermesseinrichtung gibt, an dem das gesamte interne Wasserleitungsnetz des Ferienparks und damit alle dort gelegenen Grundstücke angeschlossen sind; er wusste bei Erlass des angefochtenen Bescheides also auch, dass das Grundstück Flurstück .../... der Antragstellerin über diesen Anschluss an die Wasserversorgungsanlage angeschlossen war.

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Auch der Hinweis, der Antragsgegner habe die mit einem Hausanschluss einhergehende Versorgungsbeziehung zu allen Eigentümern von Ferienhausgrundstücken im Ferienpark mehrfach ausdrücklich abgelehnt, weshalb für eine stillschweigende Genehmigung einer gemeinsamen Versorgungsbeziehung durch den Erlass des angefochtenen Bescheides kein Raum sei, geht fehl. Bei der Genehmigung nach § 13 Abs. 5 WAS geht es um die Zulassung eines gemeinsamen Hausanschlusses für mehrere Grundstücke, was regelmäßig das Vorhandensein eines privaten Leitungsnetzes in den betreffenden Grundstücken voraussetzt. Dass der Antragsgegner es im vorliegenden Fall abgelehnt hat, dieses private Leitungsnetz zu übernehmen, ist für die Frage der Zulassung eines gemeinsamen Anschlusses nach § 13 Abs. 5 WAS ohne Bedeutung. Umgekehrt hätte es bei einer Übernahme des Leitungsnetzes durch den Verband und Schaffung der sonstigen Voraussetzungen für die Hausanschlüsse der einzelnen an das Leitungsnetz angeschlossenen Grundstücke keiner Genehmigung nach § 13 Abs. 5 WAS bedurft, weil das Leitungsnetz in diesem Fall Teil der öffentlichen Wasserversorgungsanlage mit jeweils einzelnen Hausanschlüssen für jedes Grundstück geworden wäre.

27

Auch verhelfen die Einwendungen der Antragstellerin gegen das Vorliegen eines Notleitungsrechts für ihr Grundstück der Beschwerde nicht zum Erfolg. Wenn die Beschwerde darauf verweist, dass die Gestattung für den Verlauf der Versorgungsleitungen nicht der Antragstellerin, sondern der früheren Betreibergesellschaft, der die Leitungen gehörten, gewährt werde, so ist dies für die Frage des Notleitungsrechts entsprechend § 917 BGB zunächst ohne rechtliche Bedeutung, weil ein solches Notleitungsrecht nur die Rechtsbeziehungen der beteiligten Grundstückseigentümer des Vorderliegergrundstücks und des Hinterliegergrundstücks regelt und nicht die Rechtsbeziehungen des Eigentümers des Hinterliegergrundstücks mit dem Eigentümer einer durch das Vordergrundstück laufenden Wasserleitung, der nicht auch Eigentümer des Vorderliegergrundstücks ist, was nach § 95 BGB grundsätzlich möglich ist (vgl. Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 95 Rdnr. 6), weil Versorgungsleitungen nicht wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks i. S. v. § 94 BGB sind. Ob und unter welchen Voraussetzungen ein solches Auseinanderfallen von Grundeigentum und Leitungseigentum auch bei zu „DDR-Zeiten“ verlegten Leitungen möglich ist, kann im Rahmen der summarischen Prüfung dahinstehen. Mangels anderweitiger Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass sowohl die Grundstücke als auch das darin befindliche Wasserleitungsnetz im Bereich des Ferienparks ... bis Oktober 1990 in Volkseigentum standen und nach der Privatisierung das Leitungsnetz wie auch die Grundstücke zunächst in das Privateigentum der früheren Betreibergesellschaft gefallen waren. Es kann weiter davon ausgegangen werden, dass Grundstücke wie Wasserleitungen später in das Eigentum der heutigen Betreibergesellschaft, der Antragstellerin, übergegangen sind, soweit sie nicht zwischenzeitlich an Dritte veräußert worden waren. Der Vortrag der Beschwerde, wonach die Antragstellerin 2001 einen Liefervertrag mit dem Antragsgegner zur Lieferung von Trinkwasser für die Grundstücke im Ferienpark geschlossen habe, spricht jedenfalls für diese Annahme. Eines Notleitungsrechts entsprechend § 917 BGB bedürfte es deshalb in Bezug auf das Grundstück Flurstück.../... der Antragstellerin überhaupt nur dann, wenn die private Wasserleitung zwischen dem Anschluss an die öffentliche Versorgungseinrichtung und dem Grundstück der Antragstellerin an irgendeiner Stelle über ein nicht im Eigentum der Antragstellerin stehendes Grundstück verlaufen sollte. Sollte dies der Fall sein, gilt Folgendes: Unmittelbar an die Grundstücke der Antragstellerin angrenzende Grundstücke haben ein Notleitungsrecht, welches nicht nur das Recht umfasst, auf dem belasteten Grundstück Leitungen zu verlegen, sondern im Einvernehmen mit dem Eigentümer des belasteten Grundstücks auch dadurch ausgeübt werden kann, dass bereits vorhandene Leitungen des Grundstückseigentümers genutzt und dafür entsprechende Beträge für deren Unterhaltung entrichtet werden. Insoweit gilt bei einem Notleitungsrecht nichts anderes als bei einem Notwegerecht nach § 917 BGB. Auch hier kann der Inhaber des Wegerechts einen bereits auf dem belasteten Grundstück an entsprechender Stelle vorhandenen Weg im Einvernehmen mit dem Eigentümer des belasteten Grundstücks mitbenutzen und hat dafür die Unterhaltungskosten des Weges anteilig zu tragen (Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 917 Rdnr. 9). Entsprechendes gilt für den Fall, dass zwischen den Grundstücken der Antragstellerin und dem Hausanschluss weitere Grundstücke liegen, die im Eigentum Dritter stehen.

28

Auch sind die Satzungsbestimmungen über das Notleitungsrecht entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht wegen Unbestimmtheit unwirksam. Die Satzung knüpft in ihrem § 13 Abs. 5 WAS die mögliche Zulassung eines Anschlusses an die Wasserversorgung von Hinterliegergrundstücken lediglich an ein vorhandenes Notleitungsrecht entsprechend § 917 BGB an, um die notwendige Sicherung des Anschlusses zu gewährleisten. Dies reicht aus beitragsrechtlicher Sicht aus. Die konkrete Ausgestaltung des Notleitungsrechts ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von § 917 BGB; dazu bedarf es keiner weiteren Regelungen in der Satzung. Die von der Beschwerde diesbezüglich beispielhaft beschriebene Problematik einer Auswahl zwischen mehreren für ein Notleitungsrecht in Betracht kommenden Grundstücken muss – abgesehen davon, dass sie im vorliegenden Fall gar nicht vorliegt – von der Satzung nicht geregelt werden; für die Satzungsregelung reicht es aus, dass ein Notleitungsrecht nach § 917 BGB analog besteht, welches den rechtlichen Vorteil sichert. Worin im Übrigen eine verbotene Eigenmacht liegen soll, wenn – wie vorliegend – die Antragstellerin selbst oder andere Grundstückseigentümer die bereits bei dem Erwerb der Grundstücke vorhandenen Wasserleitungen nutzen, erschließt sich dem Senat nicht, zumal die Antragstellerin selbst auf der Grundlage einer Liefervereinbarung mit dem Antragsgegner die Versorgung ihrer eigenen sowie auch der sonstigen im Ferienpark ... gelegenen Grundstücke unter Nutzung des vorhandenen privaten Wasserleitungsnetzes übernommen hat.

29

Schließlich führen auch die Ausführungen der Antragstellerin zur Beitragskalkulation nicht zum Erfolg der Beschwerde. Die Begründung entspricht insoweit nicht dem Darlegungserfordernis. Inwieweit der Umstand, dass der Antragsgegner im Ferienpark ... und in anderen vergleichbaren Ferienanlagen von der Antragstellerin für satzungsmäßig notwendig erachtete Bestandteile der öffentlichen Einrichtung wie Hausanschlüsse und Messeinrichtungen für die einzelnen in den Ferienanlagen befindlichen Grundstücke nicht angelegt hat, Zweifel an der Beitragskalkulation begründen soll, ist nicht erkennbar.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 VwGO.

31

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 47 i. V. m. § 52 Abs. 3, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

32

Hinweis:

33

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 23. Okt. 2013 - 1 M 163/13

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 06. August 2008 – 3 A 192/08 – wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig.

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(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 06. August 2008 – 3 A 192/08 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger, Eigentümer des 473 qm großen Grundstücks Flurstück …/…, Flur …, Gemarkung …., wendet sich gegen die Erhebung von Schmutz- und Niederschlagswasserbeiträgen.

2

Der Beklagte zog den Kläger mit Bescheiden vom 6. Juni 2007 zu einem Anschlussbeitrag für die Schmutzwasserbeseitigungsanlage in Höhe von 210,49 € (S 170317/016017) sowie zu einem Beitrag für die Niederschlagswasserbeseitigung (N 1170317/016422) in Höhe von 90,82 € heran. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 11. Januar 2008 (Eingangsstempel auf dem als Anlage zur Klageerhebung übersandten Bescheidexemplar: 14. Januar 2008) zurück.

3

Der Kläger erhob am 14. Februar 2008 Klage vor dem Verwaltungsgericht Greifswald (3 A 192/08). Das Verwaltungsgericht wies diese Klage mit Urteil vom 6. August 2008 – zugestellt am 14. August 2008 – ab und ließ zugleich die Berufung zu. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Bescheide hätten eine ausreichende Grundlage in der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserentsorgung – Schmutzwasser und Niederschlagswasser – der Universitäts- und Hansestadt Greifswald (Beitragssatzung – BS) vom 6. Januar 2004 i.d.F. der 3. Änderungssatzung vom 10. Oktober 2007. Diese Satzung sei wirksam, insbesondere seien die Beitragssätze nicht zu beanstanden. Dies gelte auch für den verhältnismäßig niedrigen Deckungsgrad von 22,94 % bzw. 28,71 % der beitragsfähigen Herstellungskosten. Dass der jeweils offene Differenzbetrag über die Gebühren finanziert werden solle, verstoße nicht gegen die „Soll-Regelung“ des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG MV. Die Flächenseite der Kalkulation sei nicht zu beanstanden. Die Grundstücksflächen sogenannter altangeschlossener Grundstücke dürften entgegen der Auffassung des Klägers berücksichtigt werden. Dies entspreche der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte im Lande. Wollte man die Erhebung eines Herstellungsbeitrages auf die Eigentümer oder dinglich Berechtigten derjenigen Grundstücke beschränken, bei denen die Anschlussmöglichkeit erst nach dem Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes geschaffen wurde, hieße dies, die erheblichen Kosten im Wesentlichen vornehmlich auf den verhältnismäßig kleinen Kreis der Eigentümer von Grundstücken in den seit 1990 neu geschaffenen Eigenheim- oder Gewerbegebieten zu verteilen. Das wäre mit dem dem Beitragsrecht immanenten Solidarprinzip nicht zu vereinbaren. Die dagegen erhobenen, das Argument der rechtlichen Absicherung der Abwasserentsorgung sowie eine frühere Zahlung von Anschlussgebühren oder ähnlichen Leistungsäquivalenten bzw. Eigenleistungen betreffenden Einwände des Klägers könnten demgegenüber nicht überzeugen. Der abgestufte Vollgeschossmaßstab sei nicht zu beanstanden, ebenso wenig die Erhebung von Herstellungs- anstelle von Erneuerungsbeiträgen. Auch dass der Beklagte seit geraumer Zeit Abwassergebühren erhebe, stehe der Geltendmachung eines Herstellungsbeitrages nicht entgegen. Der Beitragsanspruch sei auch nicht wegen Festsetzungsverjährung erloschen. Verwirkung sei nicht eingetreten, Erlassgründe lägen nicht vor.

4

Am 15. September 2008 (Montag) hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Berufung eingelegt und am 14. Oktober 2008 bei dem Oberverwaltungsgericht unter Stellung eines Berufungsantrages beantragt, die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 14. November 2008 zu verlängern. Nach gewährter Fristverlängerung hat er seine Berufung mit an diesem Tag bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

5

Er macht geltend, dass bereits vor der Wende eine rechtlich gesicherte Einleitungsmöglichkeit bestanden habe; § 4 Abs. 2 WassG i.V.m. den Abwassereinleitungsbedingungen v. 22. Dezember 1987 habe die rechtlich gesicherte Möglichkeit begründet, Abwässer einzuleiten. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, nach der Wende seien tatsächlich neue Anlagen errichtet worden, sei unrichtig. Der flächenmäßig überwiegende Teil der Abwasserbeseitigungsanlage habe – anders als die Auffangeinrichtungen oder die Abwasserbehandlungsanlagen, für die das gelten möge – nicht saniert werden müssen und sei alt. Es entspreche nicht dem Rechtsstaatsprinzip und dem Vertrauensschutz, Grundstückseigentümern, die schon seit Jahrzehnten an das Abwassernetz angeschlossen seien, Anschlussbeiträge für eine neue Anlage aufzuerlegen. Der Gesetzgeber habe die nicht gerechtfertigte Gleichbehandlung alt- und neuangeschlossener Grundstücke erkannt und deshalb § 242 Abs. 9 BauGB geschaffen. Dass der Landesgesetzgeber eine solche Regelung unterlassen habe, sei bedenklich. Gegen den in der Satzung festgelegten Deckungsgrad von weniger als 30% wende er sich nicht.

6

Der Kläger beantragt,

7

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 06. August 2008 die Beitragsbescheide des Beklagten vom 06. Juni 2007 – S 1170317/016017 und N 1170317/016422 – in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2008 aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,

9

die Berufung zurückzuweisen.

10

Er vertritt den Standpunkt, die Gleichbehandlung von Alt- und Neuanschließern sei rechtlich geboten. Alle Greifswalder Grundeigentümer profitierten in gleichem Umfang von der neu hergestellten Abwasserbeseitigungsanlage. Auch wenn die zu DDR Zeiten errichtete Abwasserbeseitigungsanlage funktionsfähig gewesen sei, so hätten die technischen Einrichtungen mit ihrer allein mechanischen Klärung der Abwässer heutigen Reinigungsstandards nicht genügt. Die Millioneninvestitionen der A-Stadt seien daher großteils in das neue Klärwerk geflossen, um die gesetzlichen Reinigungsstandards erstmals zu gewährleisten. Auch für die vorhandenen Kanäle seien Verbindlichkeiten der Nordwasser i.L. zu übernehmen gewesen. Die von Klägerseite kritisierte obergerichtliche Rechtsprechung zur Heranziehung von Altanschließern sei schließlich vom Gesetzgeber bewusst nicht korrigiert worden.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakte A und B) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

13

Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers gegen die Bescheide des Beklagten vom 6. Juni 2007 zutreffend für zulässig, aber unbegründet erachtet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

14

Der Kläger ist der Ansicht des Verwaltungsgerichts, die den Bescheiden zugrundeliegende Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserentsorgung – Schmutzwasser und Niederschlagswasser – der Universitäts- und Hansestadt Greifswald vom 6. Januar 2004 i.d.F. der 3. Änderungssatzung vom 10. Oktober 2007 sei wirksam, im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten. Insbesondere hat er sich ausdrücklich nicht gegen den von dem Verwaltungsgericht angesprochenen, dem Beitragssatz für die öffentliche Schmutzwasseranlage nach § 6 Abs. 1 BS zugrundeliegenden „verhältnismäßig niedrigen“ Deckungsgrad der Refinanzierung des Herstellungsaufwandes durch Beiträge gewendet. Der Senat sieht mangels einschlägigen Berufungsvortrages keine Veranlassung, die Bemessung des Beitragssatzes aus diesem Grunde einer weiteren Prüfung zu unterziehen oder gar zu beanstanden (vgl. zur Frage der Beitragserhebungspflicht das Urteil des Senates v. 03.05.2011 - 1 L 59/10 -, NordÖR 2011, 493ff.).

15

Soweit sich der Kläger mit seiner Berufung allein gegen seine Heranziehung zu Schmutzwasser- und Niederschlagswasserbeiträgen als Eigentümer eines sogenannten „altangeschlossenen Grundstückes“ wendet, führt sein Vorbringen nicht zum Erfolg. Der Kläger benennt keine Gesichtspunkte, die nicht schon Gegenstand der zu dieser Fragestellung ergangenen Senatsrechtsprechung, an der festgehalten wird, gewesen wären.

16

Mit der Problematik der sog. "altangeschlossenen" Grundstücke haben sich die für das Abgabenrecht zuständigen Senate des Oberverwaltungsgerichts in der Vergangenheit mehrfach auseinandergesetzt. Der Senat hat in früheren Beschlüssen (vgl. nur Beschl. v. 06.02.2007 - 1 L 295/05 -, NordÖR 2007, 433 [Leitsatz], juris, Rn. 7 ff.; Beschl. vom 18.10.2005 - 1 L 197/05 -, NordÖR 2006, 160) unter Fortführung der bisherigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts (vgl. nur Urt. v. 13.11.2001 - 4 K 16/00 -, NVwZ-RR 2002, 687 ff. m.w.N.) bekräftigt, dass von den Eigentümern altangeschlossener Grundstücke ein Herstellungsbeitrag erhoben werden kann und die Bestimmung unterschiedlicher Beitragssätze für sog. „altangeschlossene“ und sog. „neuangeschlossene“ Grundstücke im Grundsatz willkürlich ist. In diesem Zusammenhang hat er u.a. ausgeführt (vgl. Beschl. v. 18.10.2005, a.a.O.):

17

„Die beitragsrechtliche Frage, wie mit den Kosten einer bereits zu DDR-Zeiten entstandenen Schmutzwasserbeseitigungsanlage umzugehen ist, ist zwar auch mehr als ein Jahrzehnt nach In-Kraft-Treten der Kommunalabgabengesetze der neuen Länder nach wie vor in der Diskussion (siehe z.B. Hentschke, LKV 2004, 447; Aussprung, LKV 2005, 202). Die genannte Frage ist jetzt durch den Landesgesetzgeber inzident entschieden: Er hat sich - in Kenntnis der oben genannten Diskussion - nicht zu einer ausdrücklichen Änderung des Kommunalabgabengesetzes im Hinblick auf die Altanschließerproblematik entschlossen. Dies ergibt sich mittelbar auch aus den Stellungnahmen des Abgeordneten M… bei der Schlussabstimmung über das KAG M-V 2005 im Landtagsprotokoll 4/53 vom 9. März 2005, S. 2984 und der Abgeordneten S…, a.a.O., S. 2987. Auf der Grundlage der weiter geltenden Gesetzeslage ist die folgende zwischenzeitig gefestigte Rechtsprechung des OVG Greifswald entstanden, die nach wie vor aktuell ist:

18

Die Verwendung unterschiedlicher Beitragssätze für altangeschlossene bzw. neu anschließbare Grundstücke ist im Grundsatz willkürlich und somit mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Da die Abgaben erhebenden Behörden nach der Wende neue öffentliche Einrichtungen geschaffen haben, darf und muss ein Herstellungsbeitrag erhoben werden. Der Begriff der öffentlichen Einrichtung ist rechtlich (d.h. im beitragsrechtlichen Sinne), nicht aber tatsächlich zu verstehen. Es ist daher rechtlich geboten, auch so genannte „altangeschlossene“ Grundstücke mit Herstellungsbeiträgen zu belasten.

19

Im Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 K 34/02 - (NJ 2004 S. 573 = LKV 2005 S. 76 = Überblick 2004 S. 623 = NordÖR 2004 S. 417 = BauR 2005 S. 150) hat das OVG Greifswald entschieden, dass die an einen Mischwasserkanal altangeschlossenen Grundstückseigentümer im konkreten Fall ohne sachlichen Grund bevorteilt werden; sie hätten nur einen Beitrag nach dem Beitragssatz I zu entrichten und könnten dafür sowohl Schmutz- als auch Niederschlagswasser entsorgen. Schlechtergestellt würden demgegenüber die Fälle der Neuanschlüsse an einen Niederschlagswasserkanal. (Nur) hier entstehe zusätzlich auch ein Beitrag nach dem Beitragssatz II.

20

Ein Herstellungsbeitrag ist auch dann zu erheben, wenn der Betreiber der Abwasserbeseitigung eine Altanlage "übernommen" hat. Die Sanierung alter (zu DDR-Zeiten errichteter) Schmutzwasserkanäle bewirkt keine Verbesserung im beitragsrechtlichen Sinne; sie ist lediglich ein unselbstständiger Kostenfaktor, der in die Beitragskalkulation einfließt und über den Herstellungsbeitrag bzw. über Kanalbenutzungsgebühren abgegolten wird (OVG Greifswald, Beschluss vom 21. April 1999 - 1 M 12/99 -, LKV 2000, 161 = NordÖR 1999, 302).

21

Die geltende Rechtslage, wonach auch die so genannten "altangeschlossenen" Grundstücke zu (Herstellungs-)Beiträgen heranzuziehen sind, erscheint keineswegs unbillig. Hier tut sich keine sog. "Gerechtigkeitslücke" auf. Beitragsfähig sind nämlich nur solche Kosten, die nach der Wende entstanden sind. Damit geht der Einwand, der in zahlreichen Prozessen erhoben worden ist, die Anlage sei bereits zu DDR-Zeiten "schon einmal bezahlt worden", ins Leere. Die heute erhobenen Beiträge betreffen lediglich "Nachwendeinvestitionen" in die öffentliche Einrichtung. Dieser Gesichtspunkt geht in der (fach-)öffentlichen Diskussion zumeist unter. Er ist aber bei den Beratungen über das Kommunalabgabengesetz 2005 durchaus im Landtag auch in dieser zutreffenden Art und Weise erörtert worden (siehe den Redebeitrag der Abgeordneten S…, Landtagsprotokoll 4/53 vom 9. März 2005, S. 2987).“

22

An all dem ist festzuhalten. Der Kläger ist insbesondere nochmals auf den zuletzt angesprochenen Aspekt hinzuweisen, wonach auch die Eigentümer von bereits vor dem Beitritt an eine Abwasseranlage angeschlossenen Grundstücken durch die nunmehrige Erhebung von Herstellungsbeiträgen – neben der Deckung von übernommenen Verbindlichkeiten – allein für die Refinanzierung von Investitionen herangezogen werden, die die Stadt nach dem Zeitpunkt des Beitritts getätigt hat („Nachwendeinvestitionen“). Es wäre nicht einzusehen – darauf hat das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen –, warum mit diesen Kosten allein der Kreis der Eigentümer von Grundstücken in den seit 1990 neu geschaffenen Eigenheim- oder Gewerbegebieten belastet werden sollte. Die Vorteile der Millioneninvestitionen in zeitgemäße technische Anlagen wie Klärwerke kommen den „alt-angeschlossenen“ Grundstücken in gleichem Maße zugute wie denjenigen, die erst nach dem Beitritt an die Anlage angeschlossen worden sind. Soweit es des Weiteren um die Finanzierung von übernommenen Verbindlichkeiten geht, die der Beklagte angesprochen hat, so ist darauf hinzuweisen, dass dafür der Kläger als Eigentümer eines bereits zu früherer Zeit angeschlossenen Grundstückes keine Entgelte gezahlt hat und auch insoweit kein Grund ersichtlich ist, mit dieser Aufwandsposition allein „neuangeschlossene“ Grundstücke zu belasten.

23

Auch der Hinweis des Klägers auf § 242 Abs. 9 BauGB führt nicht weiter. Auch dazu hat der Senat bereits entschieden, dass diese Bestimmung im vorliegenden Zusammenhang nicht maßgeblich sein kann, weil sie ausschließlich die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die Herstellung vor allem von Straßen regelt, um die es aber hier nicht geht (vgl. Beschl. v. 06.02.2007, a.a.O.). Auch der Vorstellung des Klägers, der Landesgesetzgeber hätte für die Erhebung von Kanalanschlussbeiträgen eine entsprechende Regelung treffen müssen, ist nicht zu folgen. Abgesehen davon, dass der Kläger nicht aufzeigt und auch nicht ersichtlich ist, woraus sich eine Verpflichtung des Gesetzgebers zu einer solchen Bestimmung ergeben sollte, lässt sein Einwand auch die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Erschließungsbeiträgen nach den §§ 127 ff. BauGB und den Kanalanschlussbeiträgen außer acht. Erschließungsanlagen nach § 127 Abs. 2 BauGB (zumeist öffentliche Straßen und Plätze) sind einzelne technische Einrichtungen mit bis zu ihrer endgültigen Herstellung von der Errichtung weiterer technischer Anlagen unabhängiger überschaubarer Bauzeit, die naturgemäß in dem Zeitraum vor der Wende ihren Abschluss finden konnten. In diesem Falle sollen die Anliegergrundstücke nicht mit hohen Erschließungsbeiträgen, sondern wegen des dann höheren Gemeindeanteils nur mit niedrigeren Straßenbaubeiträgen belastet und insoweit privilegiert werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2007 – 9 C 5.06 –, juris, Rn. 27). Eine völlige Freistellung von Beiträgen ist demzufolge nicht geregelt. Bei der Abwasserbeseitigungseinrichtung handelt es sich um eine aus verschiedenen einzelnen technischen Bestandteilen (Leitungsnetz, Klärwerke etc.) bestehende Gesamtanlage im rechtlichen Sinne, deren (erstmalige) Herstellung sich über Jahrzehnte erstrecken kann und deren Fertigstellungszeitpunkt als kommunale Anlage im Sinne des neuen Rechts nicht vor dem Zeitpunkt des Beitrittes liegen konnte. Infolgedessen waren Abwasserbeseitigungseinrichtungen vor dem Zeitpunkt des Beitritts noch nicht „bereits hergestellt“. Selbst wenn man das im Einzelfall aber annehmen wollte, müssten nach dem § 242 Abs. 9 BauGB zugrundeliegenden Gedanken (keine gänzliche Freistellung von Beiträgen) auch nunmehr Erneuerungsbeiträge für die umfangreichen Anlagenmodernisierungen erhoben werden. Weil jedoch ohnehin nur „Nachwendeinvestitionen“ als dem Betreiber der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage entstandener Aufwand umgelegt werden dürfen, wäre der danach zu erhebende Beitrag auch nicht geringer als der Beitrag für die Herstellung der Anlage (vgl. Aussprung, a.a.O., 203).

24

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

25

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

26

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine Revisionszulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegen.

Tenor

Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 569,13 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Mit Urteil vom 10. Oktober 2012, den Klägerbevollmächtigten zugestellt am 05. November 2012, hat der Senat über die Streitsache Az. 1 L 27/09 entschieden und dabei die Revision nicht zugelassen. Hiergegen hat sich die am 05. Dezember 2012 eingelegte Beschwerde der Kläger gewandt. Noch vor Begründung der Beschwerde und Entscheidung über eine Abhilfe durch den Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 1 VwGO haben die Kläger die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision mit Schriftsatz vom 07. Januar 2013 zurückgenommen.

II.

2

Nach Zurücknahme der Beschwerde war das Verfahren in analoger Anwendung des § 140 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und § 92 Abs. 3 VwGO mit der Kostenfolge der §§ 155 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO einzustellen.

3

Die Entscheidung über die Rücknahmefolgen obliegt dem Oberverwaltungsgericht, weil das Beschwerdeverfahren bis zum Abschluss des Abhilfeverfahrens nach § 133 Abs. 5 Satz 1 VwGO bei ihm anhängig geblieben ist (vgl. VGH München, Beschl. v. 02.08.2012 – 4 B 11.1215 –, juris; OVG Münster, Beschl. v. 14.04.2010 – 17 A 2509/03 –, juris; OVG Bautzen, Beschl. v. 21.02.2011 – 2 A 365/09 –, SächsVBl. 2011, 140 – zitiert nach juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 31.08.2007 – 5 LC 44/06 –, juris; vgl. auch OVG Greifswald, Beschl. v. 22.01.2009 – 4 K 23/06 –).

4

Die Entscheidung trifft der Senat als Kollegium in analoger Anwendung von § 141 Satz 2 VwGO; § 87a VwGO findet insoweit wegen der systematischen Zuordnung der Nichtzulassungsbeschwerde zum Revisionsverfahren keine Anwendung (vgl. VGH München, Beschl. v. 02.08.2012 – 4 B 11.1215 –, a. a. O.; OVG Münster, Beschl. v. 14.04.2010 – 17 A 2509/03 –, a. a. O.; OVG Bautzen, Beschl. v. 21.02.2011 – 2 A 365/09 –, a. a. O.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 31.08.2007 – 5 LC 44/06 –, a. a. O.; vgl. auch OVG Greifswald, Beschl. v. 22.01.2009 – 4 K 23/06 –; Ortloff/Riese, in: Schoch/Schmidt-​Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Januar 2012, § 87a Rn. 30).

5

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 3 GKG.

6

Hinweis:

7

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar. Mit ihm wird das Urteil des Senats vom 10. Oktober 2012 rechtskräftig.

Tenor

1. Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 775) ist mit Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes) unvereinbar. Ersetzt der Gesetzgeber Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes nicht bis zum 1. April 2014 durch eine verfassungsgemäße Neuregelung, tritt Nichtigkeit der Vorschrift ein.

2. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2008 - 20 ZB 08.903 - und das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Februar 2008 - M 10 K 06.2850 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird aufgehoben und die Sache an ihn zurückverwiesen.

3. ...

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes (BayKAG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) mit den in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Verfassungsgrundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbar ist.

I.

2

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs setzt das Entstehen einer Beitragspflicht für den Anschluss an leitungsgebundene Einrichtungen neben dem Erschlossensein des Grundstücks durch eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung (sogenannte Vorteilslage) zwingend das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus (vgl. BayVGH, Urteil vom 14. April 2011 - 20 BV 11.133 -, BayVBl 2012, S. 45 <46>; Urteil vom 29. April 2010 - 20 BV 09.2010 -, BayVBl 2011, S. 240; Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, juris). Eine wirksame Satzung ist somit Beitragsentstehungsvoraussetzung. Die Satzung muss nach Art. 5 Abs. 8 BayKAG nicht bereits im Zeitpunkt des Entstehens der Vorteilslage in Kraft sein. Es genügt vielmehr, wenn sie nach deren Entstehung in Kraft tritt.

3

2. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung führt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b BayKAG in Verbindung mit § 47 der Abgabenordnung (AO) zum Erlöschen der Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis. Die Festsetzungsfrist, nach deren Ablauf der Erlass eines Beitragsbescheids unzulässig ist, beträgt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 AO einheitlich vier Jahre.

4

3. Durch das am 31. Dezember 1992 verkündete Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) wurde der Beginn der Festsetzungsfrist mit Wirkung zum 1. Januar 1993 neu geregelt. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc BayKAG erhielt folgende Fassung:

5

Art. 13

Anwendung von Vorschriften der Abgabenordnung (AO 1977)

(1) Soweit gesetzlich nicht anders bestimmt, sind in ihrer jeweils geltenden Fassung vorbehaltlich Absatz 6 folgende Bestimmungen der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden:

(…)

4. aus dem Vierten Teil - Durchführung der Besteuerung -

(…)

b) über das Festsetzungs- und Feststellungsverfahren:

(…)

cc) § 170 Abs. 1 mit der Maßgabe,

- dass die Festsetzungsfrist dann, wenn die Forderung im Zeitpunkt des Entstehens aus tatsächlichen Gründen noch nicht berechnet werden kann, erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Berechnung möglich ist und

- dass im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die gültige Satzung bekanntgemacht worden ist, (…).

6

Die in Bezug genommene Vorschrift des § 170 Abs. 1 AO lautet:

7

Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

8

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 1 BayKAG entspricht der bis dahin geltenden Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG vom 26. März 1974 (GVBl S. 109, ber. 252) in der Fassung vom 4. Februar 1977 (GVBl S. 82). Mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 wurde Spiegelstrich 2 neu in die gesetzliche Regelung eingefügt.

9

4. Der Gesetzgeber beabsichtigte hiermit ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs eine gesetzliche Klarstellung (LTDrucks 12/8082, S. 13). Bisher sei es in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs umstritten gewesen, ob in den Fällen, in denen eine nichtige Satzung rückwirkend durch eine gültige Satzung ersetzt werde, die Festsetzungsfrist mit dem Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens der Satzung (so BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60) oder erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginne, in dem die rückwirkende Satzung bekanntgemacht worden sei (so BayVGH 23. Senat, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Mit der Einfügung einer weiteren Maßgabe in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG werde die den Bedürfnissen der Praxis entgegen kommende Auffassung des 23. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gesetzlich klargestellt. Nach der gegenteiligen Ansicht könne nämlich eine rückwirkend entstandene Forderung gleichzeitig festsetzungsverjährt sein, wenn sich die Rückwirkungsfrist über die Verjährungsfrist hinaus erstrecke.

II.

10

1. Der Beschwerdeführer war von 1992 bis 1996 Eigentümer eines bereits an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossenen bebauten Grundstücks. Bei einer Ortsbesichtigung im Jahr 1992 stellte die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die Gemeinde, in der das Grundstück gelegen ist (im Folgenden: Beklagte), fest, dass das Dachgeschoss des Gebäudes ausgebaut worden war.

11

Mit Bescheid vom 5. April 2004 zog sie den Beschwerdeführer erstmals auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 5. Mai 2000 zu einem Kanalherstellungsbeitrag in Höhe von 1.197,32 € heran. Der Herstellungsbeitrag wurde gemäß § 5 Abs. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzung nach der Grundstücks- und Geschossfläche berechnet. Die Satzung war zur Heilung einer als nichtig beurteilten Vorgängersatzung rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft gesetzt worden.

12

Während des Widerspruchsverfahrens erwies sich auch die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 als unwirksam. Die Beklagte erließ daraufhin die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. April 2005 und setzte sie rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft. Diese Satzung wurde am 26. April 2005 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht.

13

2. Die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid und den Widerspruchsbescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Zwar seien die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000, auf die der Bescheid gestützt worden sei, sowie auch sämtliche Vorgängersatzungen aus den Jahren 1995, 1992, 1987, 1980, 1973 und 1960 in den Beitragsteilen nichtig gewesen. Eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid sei aber mit der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 geschaffen worden. Auf der Grundlage dieser Satzung sei die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung erstmals am 1. April 1995 entstanden. Der Beschwerdeführer sei als zu diesem Zeitpunkt ins Grundbuch eingetragener Grundstückseigentümer Beitragsschuldner. Eine Verjährung der Beitragsforderung sei nicht eingetreten, da nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginne, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden sei.

14

Der Beschwerdeführer könne hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, diese Regelung verstoße gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und müsse daher, insbesondere im Fall eines zwischenzeitlichen Eigentümerwechsels, abweichend von ihrem Wortlaut einschränkend ausgelegt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bestünden gegen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Ersichtliches Ziel des Gesetzgebers sei es gewesen, die Gemeinden im Falle nichtigen Satzungsrechts vor Beitragsausfällen infolge Verjährungseintritts zu bewahren. Im Übrigen sei keiner der jetzigen oder ehemaligen Grundstückseigentümer in seiner Erwartung geschützt, von der Nichtigkeit früheren Satzungsrechts profitieren zu können; denn ein abgeschlossener Beitragstatbestand liege nicht vor. Welchen der Eigentümer die Beitragspflicht treffe, hänge von der Bestimmung des Zeitpunkts der Rückwirkung ab. Sei dieser - wie im vorliegenden Fall - ohne Verstoß gegen das Willkürverbot gewählt, bestehe kein Grund für eine rechtliche Beanstandung.

15

3. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Beitragsanspruch zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids nicht verjährt gewesen sei. Die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber habe hiermit eine Regelung getroffen, die der bis dahin ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entsprochen habe (Hinweis auf BayVGH, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Die Norm enthalte nach Inhalt, Zweck und Ausmaß eine klare Aussage über den Lauf der Festsetzungsfrist, gegen die durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestünden. Eine unzulässige echte Rückwirkung liege schon deshalb nicht vor, weil kein abgeschlossener Beitragstatbestand gegeben sei. Denn bei leitungsgebundenen Einrichtungen setze die Entstehung einer Beitragspflicht nach ständiger Rechtsprechung das Vorhandensein einer gültigen Abgabensatzung voraus. Eine wirksame Abgabensatzung habe erstmals im Jahr 2005 vorgelegen. Soweit der Beschwerdeführer geltend mache, die rückwirkende Inkraftsetzung einer Abgabensatzung müsse wenigstens zeitlich auf die einschlägigen Verjährungsvorschriften beschränkt werden, lasse er außer Acht, dass nur eine bereits entstandene Beitragsforderung verjähren könne. Bei fehlgeschlagenem Satzungsrecht müsse ein bisher nicht veranlagter Beitragspflichtiger damit rechnen, zu einem späteren Zeitpunkt herangezogen zu werden. Er könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.

III.

16

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG.

17

1. Die in den angegriffenen Entscheidungen vorgenommene uneingeschränkte Anwendung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG auf rückwirkend in Kraft gesetzte Satzungen verstoße wegen der damit verbundenen echten Rückwirkung gegen die aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit. Es sei geboten, die Rückwirkung einer Satzung durch Festsetzungsfristen zu begrenzen. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung dürfe nicht beliebig hinausgeschoben werden. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei im Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens einer Satzung entweder nicht anzuwenden oder verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Verjährung rückwirkend zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung beginne.

18

2. Die Ausgangsgerichte hätten Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil sie ihm nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt hätten. Er habe mit der verwaltungsgerichtlichen Klage geltend gemacht, dass der Beitragsanspruch wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung erloschen sei. Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte beginne die Festsetzungsfrist nur zu laufen, wenn eine wirksame Beitragssatzung vorliege. Die Beklagte und die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen hätten sich darauf berufen, dass sämtliche Satzungen, die der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 vorausgingen, nichtig gewesen seien, was durch diverse Entscheidungen der Verwaltungsgerichte bereits geklärt worden sei. Er habe deshalb die Vorlage dieser Entscheidungen außergerichtlich und schließlich auch vor dem Verwaltungsgericht begehrt. Die maßgeblichen Entscheidungen seien ihm jedoch nicht vollständig zugänglich gemacht worden. Ihm sei es deshalb nicht möglich gewesen, zur Frage der Nichtigkeit sämtlicher Satzungen ausreichend Stellung zu nehmen.

IV.

19

Die Beklagte, die Bayerische Staatsregierung und der Deutsche Städte- und Gemeindebund haben ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen.

20

1. Die Beklagte ist der Auffassung, die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig. Der Beschwerdeführer habe eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht hinreichend dargelegt. Darüber hinaus sei der Rechtsweg nicht erschöpft, weil der Beschwerdeführer keine Anhörungsrüge erhoben habe.

21

Die Verfassungsbeschwerde sei im Übrigen nicht begründet. Der Beschwerdeführer könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn ein Vertrauen darauf, dass eine als nichtig erkannte Regelung aufrechterhalten bleibe und nicht durch eine neue, rückwirkende Satzung ersetzt werde, sei nicht schützenswert. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer sein Grundstück veräußert habe, bedeute nicht, dass dadurch ein für seine Beitragspflicht maßgeblicher Tatbestand abgeschlossen sei und er in der Folge nicht mehr zur Beitragszahlung herangezogen werden dürfe. Er habe vielmehr den für die Entstehung der Beitragspflicht maßgeblichen Vorteil der Möglichkeit der Anschlussnahme entgegengenommen und mit dem Grundstücksverkauf nicht verloren. Dieser Vorteil habe den Wert seines Grundstücks erhöht mit der Folge, dass er für das Grundstück einen höheren Kaufpreis habe erzielen können.

22

2. Die Bayerische Staatsregierung hält Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG für verfassungsgemäß. Die Ersetzung einer als nichtig erkannten durch eine wirksame Beitragssatzung stelle keinen Fall einer echten, sondern allenfalls einer unechten Rückwirkung dar. Es sei kein abgeschlossener Lebenssachverhalt gegeben, in den nachträglich eingegriffen worden sei. Denn die Beitragsentstehung setze das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus. Ohne diese sei eine Berechnung des Beitrags in Ermangelung eines Beitragsmaßstabs nicht möglich.

23

Das Vertrauen des Beschwerdeführers wäre selbst bei Annahme einer echten Rückwirkung nicht schutzwürdig, weil er damit habe rechnen müssen, dass eine vorhandene, aber als nichtig erkannte Satzung durch eine gültige Satzung ersetzt werde, mit der die von Anfang an von der Gemeinde angestrebte Beitragspflicht herbeigeführt werde. Es seien keine Umstände erkennbar, die ein Vertrauen darauf rechtfertigten, dass die Gemeinde es bei einer nichtigen Beitragssatzung belassen und auf eine Beitragserhebung verzichten würde.

24

Eine zeitliche Beschränkung der Rückwirkung auf die Festsetzungsfristen sei aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht geboten. Der bayerische Gesetzgeber habe mit Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG eine Lösung gewählt, die sowohl die Gemeinden vor Beitragsausfällen aufgrund des Eintritts der Festsetzungsverjährung bewahre als auch dem Vorteilsgedanken Rechnung trage. Die Gemeinden würden nach Erlass der gültigen Satzung erstmals in die Lage versetzt, Beiträge nach den Maßstäben dieser gültigen Satzung korrekt festzusetzen und die öffentliche Einrichtung auf der Grundlage rechtsstaatlicher Regelungen zu refinanzieren. Bei Abwägung des öffentlichen Interesses mit den privaten Interessen der betroffenen Beitragspflichtigen überwiege das öffentliche Interesse. Ein Grundstückseigentümer müsse damit rechnen, zu einem Beitrag herangezogen zu werden. Sein Vertrauen darauf, dass eine nichtige Satzung nicht durch eine gültige Satzung ersetzt werde, sei nicht schutzwürdig. Verjährungsvorschriften dienten der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Im vorliegenden Fall liege kein Vorgang vor, auf dessen Abschluss der Bürger sich einstellen und auf dessen Ende er vertrauen könne. Da dem Beitragspflichtigen kein schützenswertes Vertrauen zur Seite stehe, komme dem öffentlichen Interesse an der Beitragserhebung das entscheidende Gewicht zu.

25

3. Das Bundesverwaltungsgericht teilt mit, es sei mit der Frage nach dem Lauf der Festsetzungsfrist bei der rückwirkenden "Reparatur" nichtiger Abgabennormen bisher nur am Rande befasst gewesen. Nach seiner gefestigten Rechtsprechung sei es allerdings mit dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar, kommunale Anschluss- und Erschließungsbeitragssatzungen rückwirkend in Kraft zu setzen, um früher erlassene, auf eine nichtige Vorgängersatzung gestützte Beitragsbescheide zu heilen (Hinweis auf BVerwGE 50, 2 <7 f.>; 67, 129 <130 ff.>; BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 1996 - BVerwG 8 B 13.96 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 36, S. 3 <4>). Werde eine ungültige durch eine gültige Satzung ersetzt, liege darin keine echte Rückwirkung, da eine Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der rechtswirksamen Beitragssatzung entstehen könne und diese Satzung somit nicht in einen bereits abgeschlossenen Tatbestand eingreife (Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 1986 - BVerwG 8 B 123.84 -, NVwZ 1986, S. 483 <484>).

26

Die Festsetzungsverjährung sei im Abgabenrecht der Länder geregelt (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1977 - BVerwG IV C 84-92.74 -, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 20, S. 20<25> sowie NJW 1977, S. 1740 <1741>). Die Anknüpfung der Verjährung an die rückwirkende Entstehung der Beitragspflicht stehe mit Bundesrecht in Einklang. Die Frage der bundesrechtlichen Unbedenklichkeit einer Anknüpfung an die Verkündung der neuen Satzung sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht weiter problematisiert worden.

27

Gegen die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG getroffene Regelung bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das rückwirkende Inkrafttreten der neuen Satzung habe zwar zur Folge, dass bereits zu einem zurückliegenden Zeitpunkt (frühestens zum Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens) die Beitragsvoraussetzungen erfüllt sein könnten. Es sei aber kein verfassungsrechtlicher Grundsatz ersichtlich, der dazu zwinge, die Festsetzungsverjährung in Rückwirkungsfällen an das Entstehen der Beitragsforderung anzuknüpfen. Da die Behörde erst mit der Verkündung der neuen Satzung in den Stand versetzt werde, einen rechtlich tragfähigen Beitragsbescheid zu erlassen, beziehungsweise erst mit der Verkündung ein auf die frühere nichtige Satzung gestützter Beitragsbescheid geheilt werde, sprächen Sachgründe für den im Bayerischen Kommunalabgabengesetz gewählten zeitlichen Anknüpfungspunkt der Festsetzungsverjährung. Die Regelung verstoße daher nicht gegen das Willkürverbot.

28

Mit den aus dem Rechtsstaatsprinzip ableitbaren Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit dürfte die Regelung gleichfalls in Einklang stehen. Das Institut der Festsetzungsverjährung diene dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit (Hinweis auf BFH, Urteil vom 15. Juni 1988 - I R 68/86 -, BFH/NV 1990, S. 128). Die Anknüpfung des Verjährungsbeginns an die Verkündung der neuen Satzung führe zwar dazu, dass ein sehr langer Zeitraum zwischen dem die Beitragsforderung begründenden Sachverhalt und dem Ablauf der Verjährungsfrist liegen könne. Es sei aber zu bedenken, dass die mit der Festsetzungsverjährung verfolgten Ziele in einem Spannungsverhältnis zu dem Belang materieller Gerechtigkeit und dem fiskalischen Interesse an der Durchsetzung des Abgabenanspruchs stünden. Für die Aufgabe, zwischen den Polen in diesem Spannungsverhältnis einen verhältnismäßigen Ausgleich zu schaffen, sei dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Gehe man mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass der Beitragspflichtige sich gegenüber dem rückwirkenden Inkraftsetzen einer neuen Beitragssatzung nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, und berücksichtige man zusätzlich die besondere Fehleranfälligkeit kommunaler Beitragssatzungen und das daraus resultierende gesteigerte Interesse an einer effektiven Nutzbarkeit der Heilungsmöglichkeiten, dürfte sich die Verjährungsregelung des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes innerhalb dieses Gestaltungsspielraums halten.

29

4. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund weist darauf hin, dass der rückwirkende Erlass einer Satzung, welche die "Reparatur" einer unwirksamen Satzung bezwecke, eine Ausnahme darstelle und im vorliegenden Fall verwaltungspraktische Gründe gehabt habe. Die auf der Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 erlassenen Bescheide wären sonst im Fall eines Eigentümerwechsels bei einem Teil der früheren Eigentümer bestandskräftig geworden und hätten bei nicht bestandskräftigen Bescheiden aufgehoben und gegenüber dem neuen Eigentümer neu erlassen werden müssen. Dadurch wäre es zu Ungleichbehandlungen gekommen. Der rückwirkende Erlass einer Satzung sei in der Praxis auch dann erforderlich, wenn andernfalls die Einbringung von Forderungen, zum Beispiel wegen Insolvenz oder Zwangsversteigerungsverfahren, gefährdet wäre. Eine Rückwirkung erstrecke sich üblicherweise nicht auf einen Zeitraum von zehn Jahren. Dieser lange Zeitraum ergebe sich im vorliegenden Fall daraus, dass die Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 den in der Vorgängersatzung normierten Rückwirkungszeitpunkt beibehalten habe, was einen atypischen, sozusagen "verdoppelten" Rückwirkungszeitraum zur Folge gehabt habe.

B.

30

Die mit der Verfassungsbeschwerde vorgebrachten Rügen sind nur teilweise zulässig.

I.

31

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines grundrechtsgleichen Rechts auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, da sie nicht hinreichend begründet wurde (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Der Beschwerdeführer hat insoweit die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht substantiiert dargelegt (vgl. BVerfGE 7, 95 <99>; 60, 313 <318>; 86, 133 <147>).

II.

32

Soweit die Verfassungsbeschwerde einen Verstoß gegen die aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes betrifft, ist sie zulässig.

33

Der Beschwerdeführer war - trotz Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG - nicht gehalten, zur Erschöpfung des Rechtswegs gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG eine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO zu erheben. Wird im fachgerichtlichen Rechtsmittelverfahren die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht und bestätigt das Rechtsmittelgericht die angefochtene Entscheidung, so muss die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts - sofern kein eigenständiger neuer Gehörsverstoß durch das Rechtsmittelgericht geltend gemacht wird - nicht mit der Anhörungsrüge angegriffen werden, um dem Erfordernis der Rechtswegerschöpfung des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zu genügen (vgl. BVerfGE 107, 395 <410 f.>).

C.

34

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet. Die mittelbar angegriffene Regelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBl S. 775) sowie die hierauf beruhenden, unmittelbar angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen verstoßen gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit.

I.

35

1. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verletzt im vorliegenden Fall nicht die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Zulässigkeit rückwirkender Gesetze.

36

Der rechtsstaatliche Vertrauensschutz begrenzt die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die in einen in der Vergangenheit begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt eingreifen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86 f.>; 101, 239 <263>; 126, 369 <393>).

37

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG selbst entfaltet dem Beschwerdeführer gegenüber keine Rückwirkung. Die Vorschrift regelt den Beginn der Verjährungsfrist für die Festsetzung von Beiträgen, die auf Abgabensatzungen gestützt sind, welche eine frühere unwirksame Satzung wirksam heilen. Bei ihrem Inkrafttreten zum 1. Januar 1993 lag eine solche wirksam heilende Satzung im Fall des Beschwerdeführers noch nicht vor und wurde auch später nicht rückwirkend zum oder vor dem 1. Januar 1993 in Kraft gesetzt, so dass die Verjährungsfrist unabhängig von der Neuregelung noch nicht zu laufen begonnen hatte. Solange der Lauf der Verjährungsfrist mangels gültiger Satzung nicht begonnen hat, betrifft die gesetzliche Neuregelung des Beginns der Verjährung mit der Wirkung einer Verjährungsverlängerung jedoch noch nicht einmal einen in der Vergangenheit begonnenen und nicht abgeschlossenen Sachverhalt.

38

Die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung bereits bestehende Vorteilslage begründet für den Beschwerdeführer ebenfalls keinen bereits begonnenen Sachverhalt, in den die Neuregelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG im Wege einer Rückwirkung eingegriffen hätte. Denn die Neuregelung beschränkt sich auf das Hinausschieben des Beginns der Verjährung. Eine solche konnte ohne wirksame Satzung aber nicht zu laufen beginnen.

39

2. Sollte der Beschwerdeführer mit Rücksicht auf die unwirksame Satzung auf den Schein eines Verjährungslaufs vertraut haben, so kann dahinstehen, ob und in welchem Zusammenhang das Vertrauen in den scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verfassungsrechtlichen Schutz verdient. Nach den Feststellungen der Ausgangsgerichte hätte die Festsetzungsfrist selbst bei Wirksamkeit der unwirksamen Satzung frühestens mit Ablauf des Jahres 1992 begonnen. Das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes wurde aber bereits am 31. Dezember 1992 und damit sogar noch vor dem scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verkündet.

II.

40

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verstößt jedoch gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gebot der Rechtssicherheit als wesentlichem Bestandteil des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips (vgl. BVerfGE 30, 392 <403>; 43, 242 <286>; 60, 253 <267>). Er erlaubt, Beiträge zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage festzusetzen. Der Gesetzgeber hat damit den Ausgleich zwischen der Erwartung der Beitragspflichtigen auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung und dem berechtigten öffentlichen Interesse an einem finanziellen Beitrag für die Erlangung individueller Vorteile aus dem Anschluss an die Entwässerungsanlage verfehlt und in verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbarer Weise einseitig zu Lasten der Beitragsschuldner entschieden.

41

1. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug (vgl. BVerfGE 60, 253 <267 f.>; 63, 343 <357>; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, DStR 2012, S. 2322 <2325>). Die Bürgerinnen und Bürger sollen die ihnen gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>; 63, 215 <223>). Dabei knüpft der Grundsatz des Vertrauensschutzes an ihr berechtigtes Vertrauen in bestimmte Regelungen an. Er besagt, dass sie sich auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen in gewissem Umfang verlassen dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet darüber hinaus aber unter bestimmten Umständen Rechtssicherheit auch dann, wenn keine Regelungen bestehen, die Anlass zu spezifischem Vertrauen geben, oder wenn Umstände einem solchen Vertrauen sogar entgegenstehen. Es schützt in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Als Elemente des Rechtsstaatsprinzips sind Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eng miteinander verbunden, da sie gleichermaßen die Verlässlichkeit der Rechtsordnung gewährleisten.

42

2. Für die Auferlegung einer Beitragspflicht zum Vorteilsausgleich in Anknüpfung an zurückliegende Tatbestände ist die Regelung einer Verjährung als abschließende Zeitgrenze, bis zu der Beiträge geltend gemacht werden können, verfassungsrechtlich geboten. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann.

43

a) Ausdruck der Gewährleistung von Rechtssicherheit sind auch Verjährungsregelungen. Sie sollen sicherstellen, dass Einzelne nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr mit Forderungen überzogen werden. Die Verjährung von Geldleistungsansprüchen der öffentlichen Hand soll einen gerechten Ausgleich zwischen dem berechtigten Anliegen der Allgemeinheit an der umfassenden und vollständigen Realisierung dieser Ansprüche auf der einen Seite und dem schutzwürdigen Interesse der Bürgerinnen und Bürger auf der anderen Seite bewirken, irgendwann nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen zu müssen und entsprechend disponieren zu können. Während das staatliche Interesse an der vollständigen Durchsetzung von Geldleistungspflichten vornehmlich von den Grundsätzen der richtigen Rechtsanwendung und der materiellen Gerechtigkeit (Belastungsgleichheit) sowie von fiskalischen Erwägungen getragen wird, steht dem auf Seiten der Bürger das Prinzip der Rechtssicherheit gegenüber.

44

Dabei ist es den Verjährungsregelungen eigen, dass sie ohne individuell nachweisbares oder typischerweise vermutetes, insbesondere ohne betätigtes Vertrauen greifen. Sie schöpfen ihre Berechtigung und ihre Notwendigkeit vielmehr aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit, demzufolge Einzelne auch gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen hat.

45

b) Auch für die Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, ist der Gesetzgeber verpflichtet, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt - unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens - in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist (vgl. BVerfGE 49, 343 <352 f.>; 93, 319 <344>). Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Zwar können dabei die Vorteile auch in der Zukunft weiter fortwirken und tragen nicht zuletzt deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit nach Anschluss an die entsprechende Einrichtung. Jedoch verliert der Zeitpunkt des Anschlusses, zu dem der Vorteil, um dessen einmalige Abgeltung es geht, dem Beitragspflichtigen zugewendet wurde, deshalb nicht völlig an Bedeutung. Der Bürger würde sonst hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss. Dies ist ihm im Lauf der Zeit immer weniger zumutbar. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.

46

c) Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt.

47

3. Der Gesetzgeber hat in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den erforderlichen Ausgleich zwischen Rechtssicherheit auf der einen Seite und Rechtsrichtigkeit und Fiskalinteresse auf der anderen Seite verfehlt. Dadurch, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den Verjährungsbeginn bei der Heilung ungültiger Abgabensatzungen ohne zeitliche Obergrenze auf den Ablauf des Kalenderjahres festlegt, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden ist, löst der Gesetzgeber den Interessenkonflikt einseitig zu Lasten des Bürgers. Zwar schließt er damit die Verjährung von Beitragsansprüchen nicht völlig aus. Indem er den Verjährungsbeginn jedoch ohne zeitliche Obergrenze nach hinten verschiebt, lässt er die berechtigte Erwartung des Bürgers darauf, geraume Zeit nach Entstehen der Vorteilslage nicht mehr mit der Festsetzung des Beitrags rechnen zu müssen, gänzlich unberücksichtigt. Die Verjährung kann so unter Umständen erst Jahrzehnte nach dem Eintritt einer beitragspflichtigen Vorteilslage beginnen.

48

Der Beitragspflicht können die Bürgerinnen und Bürger im Regelfall nicht durch den Einwand der Verwirkung entgehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. August 2011 - BVerwG 3 B 36.11 -, BeckRS 2011, 53777; Beschluss vom 12. Januar 2004 - BVerwG 3 B 101.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 314) und des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH, Urteil vom 8. Oktober 1986 - II R 167/84 -, BFHE 147, 409 <412>) erfordert Verwirkung nicht nur, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts längere Zeit verstrichen ist. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen. Diese Voraussetzung dürfte selbst in den Fällen der Beitragserhebung nach scheinbarem Ablauf der Festsetzungsfrist regelmäßig nicht erfüllt sein.

D.

I.

49

Die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift führt in der Regel zu ihrer Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 2 BVerfGG). Hier kommt zunächst jedoch nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht, da dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (vgl. BVerfGE 130, 240 <260 f.>; stRspr).

50

Es bleibt ihm überlassen, wie er eine bestimmbare zeitliche Obergrenze für die Inanspruchnahme der Beitragsschuldner gewährleistet, die nach Maßgabe der Grundsätze dieses Beschlusses der Rechtssicherheit genügt. So könnte er etwa eine Verjährungshöchstfrist vorsehen, wonach der Beitragsanspruch nach Ablauf einer auf den Eintritt der Vorteilslage bezogenen, für den Beitragsschuldner konkret bestimmbaren Frist verjährt. Er könnte auch das Entstehen der Beitragspflicht an die Verwirklichung der Vorteilslage anknüpfen oder den Satzungsgeber verpflichten, die zur Heilung des Rechtsmangels erlassene wirksame Satzung rückwirkend auf den Zeitpunkt des vorgesehenen Inkrafttretens der ursprünglichen nichtigen Satzung in Kraft zu setzen, sofern der Lauf der Festsetzungsverjährung damit beginnt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Mai 1999 - 15 A 2880/96 -, NVwZ-RR 2000, S. 535 <536 f.>). Er kann dies mit einer Verlängerung der Festsetzungsfrist, Regelungen der Verjährungshemmung oder der Ermächtigung zur Erhebung von Vorauszahlungen auch in Fällen unwirksamer Satzungen verbinden (zur derzeitigen Rechtslage gemäß Art. 5 Abs. 5 BayKAG vgl. BayVGH, Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, BayVBl 1985, S. 211; Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 128 ).

II.

51

Der angegriffene Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen. Die Unvereinbarkeitserklärung führt dazu, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG von Gerichten und Verwaltungsbehörden nicht mehr angewendet werden darf (vgl. BVerfGE 111, 115 <146>). Laufende Gerichts- und Verwaltungsverfahren, in denen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG entscheidungserheblich ist, bleiben bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens aber bis zum 1. April 2014, ausgesetzt oder sind auszusetzen.

52

Die Aussetzung gibt dem Gesetzgeber Gelegenheit zu einer verfassungsgemäßen Neuregelung. Verzichtet er auf eine Sonderregelung des Beginns der Festsetzungsfrist, tritt zum 1. April 2014 Nichtigkeit ein. Dann wäre es Aufgabe der Verwaltungsgerichte, das Landesrecht entsprechend verfassungskonform auszulegen (vgl. etwa für den Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens heilender Satzungen BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60).

III.

53

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.

(2) Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes.

(1) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.

(2) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.