Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 24. März 2015 - 1 L 313/11

bei uns veröffentlicht am24.03.2015

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 25. Oktober 2011 – 3 A 1225/09 – geändert und festgestellt, dass die Straßenbaubeitragsbescheide des Amtsvorstehers des Amtes Darß/Fischland vom 11. Dezember 2008, Az. B. 1522.05 lfd. Nr. 11 und Az. B. 1522.05 lfd. Nr. 12, nicht wirksam geworden sind und die Klägerin nicht verpflichtet ist, die aufgrund der Bescheide geltend gemachten Beiträge zu entrichten.

Der Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des Vollstreckungsgläubigers abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung der Klägerin zu Straßenbaubeiträgen.

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Mit Bescheiden vom 11. Dezember 2008 zog der Beklagte die Klägerin als Eigentümerin der Grundstücke G1 und G2 in der Gemarkung D., P. Straße in D., zu Straßenbaubeiträgen für Baumaßnahmen in der P. Straße in der Gemeinde D. heran, für das Grundstück G1 in Höhe von 17.086,03 EUR (Az. B. 1522.05 – lfd. Nr.: 11) und für das Flurstück G2 in Höhe von 5.390,00 EUR (Az. B. 1522.05 – lfd. Nr.: 12). Die Abrechnung erfolgte auf der Grundlage der Straßenbaubeitragssatzung der Gemeinde D. vom 30. April 2003. Für die weiteren Einzelheiten der Beitragsberechnung wird auf die Begründung der Beitragsbescheide verwiesen. In den angefochtenen Bescheiden heißt es, die Anlage sei im Jahre 2004 endgültig hergestellt worden. In beiden Bescheiden ist als Sachbearbeiterin Frau R. ausgewiesen. Auf beiden bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen Kopien der Bescheide ist jeweils handschriftlich unter dem Bescheiddatum vermerkt: „PA 12.12.08“. Die Bescheide sind im Adressfeld jeweils gerichtet an „Frau M. B., A. Weg, R.“.

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Jeweils mit Schreiben vom 30. Januar 2009 mahnte der Beklagte gegenüber „Frau M. B.“ die Zahlung der offenen Beitragsforderungen an. Am 16. Februar 2009 ging daraufhin beim Beklagten das Schreiben der Klägerin – „M. L.“ – vom 11. Februar 2009 ein. In der Betreffzeile wird Bezug genommen auf die zwei Mahnungen vom 30. Januar 2009 (HHST-NR.: 19/6320.3500/00008, HHST-Nr.: 19/6320.3500/00009). In dem Schreiben heißt es, die Mahnungen habe die Klägerin durch eine private Briefbeförderung zugestellt bekommen. Die Mahnungen seien für sie vollkommen unverständlich, da sie die den Mahnungen zugrunde liegenden Bescheide nicht bekommen habe. Sie bitte um die Übersendung der den Mahnungen zugrunde liegenden Bescheide, um gegebenenfalls rechtliche Schritte unternehmen zu können.

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Mit zwei Schreiben vom 23. Februar 2009 jeweils bezogen auf einen der beiden Ausgangsbescheide bestätigte der Beklagte gegenüber der Klägerin den Eingang ihres Schreibens vom 11. Februar 2009 und übersandte ihr jeweils „eine Kopie des Bescheides, der am 12.12.08 an sie versandt wurde“. Eine Rücksendung durch den Postzusteller habe man nicht erhalten, so dass davon ausgegangen werde, dass der Klägerin der Bescheid zugestellt worden sei.

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Am 23. März 2009 erhob die Klägerin Widerspruch gegen beide Beitragsbescheide vom 11. Dezember 2008, „jeweils zugestellt am 23.02.2009“. Im Widerspruchsverfahren machte sie im Wesentlichen geltend, dass Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die Festsetzungsfrist sei nur gewahrt, wenn der vor Ablauf der Frist zur Post gegebene Steuerbescheid den Empfänger nach Fristablauf tatsächlich zugehe. Schlage der Bekanntgabeversuch fehl und werde der Bescheid später – nach Ablauf der Festsetzungsfrist – bekannt gegeben, werde er erst mit dieser Bekanntgabe wirksam.

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Jeweils mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2009 wies der Beklagte die Widersprüche der Klägerin zurück und führte zur Begründung übereinstimmend im Wesentlichen aus: Der Widerspruch sei nicht innerhalb der Monatsfrist des § 70 VwGO erhoben und damit unzulässig. Der mit dem Widerspruch angegriffene Bescheid sei am 11. Dezember 2008 erstellt und laut schriftlichem Aufgabevermerk der Sachbearbeiterin am 12. Dezember 2008 der Post übergeben worden. Nach § 41 Abs. 2 VwVfG M-V gelte ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post im Inland übermittelt werde, mit dem dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Diese gesetzliche Bekanntgabevermutung greife nur dann nicht, wenn berechtigte Zweifel daran bestünden, dass im konkreten Fall die auf den Erfahrungen des täglichen Lebens beruhende Vermutung, dass eine gewöhnliche Postsendung den Empfänger binnen weniger Tage erreiche, zutreffe. Das schlichte Bestreiten des Betroffenen, der Verwaltungsakt sei ihm nicht zugegangen, reiche regelmäßig nicht aus, um die Zugangsvermutung zu entkräften. Die von der Klägerin vorgebrachte einfache Behauptung, den Bescheid nicht erhalten zu haben, reiche nicht aus, die Zugangsvermutung zu erschüttern. Deshalb müsse davon ausgegangen werden, dass der Bescheid der Klägerin am 15. Dezember 2008 zugegangen sei. Die Widerspruchsfrist sei am 15. Januar 2009 abgelaufen, ohne dass bis dahin Widerspruch erhoben worden sei. Beide Widerspruchsbescheide wurden dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin gemäß jeweiligem Empfangsbekenntnis am 26. August 2009 zugestellt.

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Am 23. September 2009 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Greifswald Klage erhoben.

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Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen,
ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Die Klage sei zulässig und begründet. Insbesondere sei jeweils innerhalb der Monatsfrist Widerspruch eingelegt worden, da die Bescheide der Klägerin erst mit Schreiben des Beklagten vom 23. Februar 2009 bekanntgegeben worden seien. Insoweit sei die Festsetzungsfrist abgelaufen. Die Beitragspflicht sei 2004 entstanden, da am 26. Januar 2004 die letzte Unternehmerrechnung bei dem Beklagten eingegangen sei, so dass die Frist am 31. Dezember 2008 geendet habe. Vorliegend gehe es um die Anwendung des § 122 Abs. 2 AO. Wenn die in Frage stehenden Bescheide überhaupt nicht zugegangen seien, bleibe der Klägerin nichts anderes übrig, als den Zugang zu bestreiten. Es sei jedoch insbesondere der Umstand zu beachten, dass sie mit ihrem Schreiben vom 11. Februar 2009 selbst den Anstoß für die Überprüfung des Vorgangs gegeben habe. Hierin liege ein substantiiertes Bestreiten der Klägerin. Sie habe darüber hinaus um Übersendung der Bescheide gebeten. Damit lägen ernstliche Zweifel hinsichtlich des Zugangs der Bescheide am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post vor. In der Akte sei offenbar lediglich ein Aufgabevermerk der Sachbearbeiterin vorhanden. Dieser Vermerk dokumentiere nur, dass die Sachbearbeiterin die Bescheide gefertigt und zum Versand bereitgelegt habe. Hinsichtlich der Postaufgabe sei anzunehmen, dass die Bescheide zunächst in den Räumlichkeiten des Beklagten verblieben, eingesammelt, zur Poststelle verbracht, dort frankiert und dem Beförderungsunternehmer übergeben worden seien. Der Aufgabevermerk der Sachbearbeiterin beweise lediglich, dass die Bescheide den Bereich des Bauamtes verlassen hätten. Es lägen somit viele Arbeitsschritte zwischen dem Aufgabevermerk und dem Verlassen der Amtsverwaltung vor, so dass es auch wahrscheinlich sei, dass die Bescheide untergegangen oder verloren gegangen seien. Was mit dem auf den Kopien der Bescheide aufgebrachten Vermerk „PA 12.12.2008“ gemeint sei, erschließe sich nicht ohne Weiteres. Sofern dieser Vermerk von der zuständigen Sachbearbeiterin gefertigt worden sei, werde der Vermerk so zu verstehen seien, dass die Sachbearbeiterin den Bescheid nicht selbst zur Post aufgegeben, sondern vielmehr der Poststelle des Amtes zur Versendung übergeben habe. Damit liege kein ausreichender Ab-Vermerk vor. Ein Postausgangsbuch führe der Beklagte offensichtlich nicht. Noch nicht einmal die Art der Versendung der Bescheide trage der Beklagte vor. Ob mit der Versendung von Beitragsbescheiden durch einen privaten Zustelldienst überhaupt eine Übermittlung der Bescheide „durch die Post“ im Sinne von § 122 Abs. 2 AO erfolgt wäre, sei bereits fraglich. Darüber hinaus sei auf den angefochtenen Bescheiden nicht der richtige Name der Klägerin vermerkt. Die Aussage des Beklagten, eine Rücksendung durch den Postzusteller sei nicht erfolgt, sei unerheblich. Nach alldem könne der Beklagte den Zugang der Bescheide nicht beweisen. Die Bescheide gelten gegenüber der Klägerin nicht als am 15. Dezember 2008 bekannt gegeben. Mangels Bekanntgabe habe die Widerspruchsfrist nicht zu laufen begonnen. Die Klägerin habe erst durch die Übersendung von Kopien Kenntnis von den Bescheiden erlangt. Es sei äußerst fraglich, ob mit der Übersendung der ursprünglichen Bescheide als Kopie überhaupt eine wirksame Bekanntgabe vorliege. Die Behörde habe insoweit keinen Bekanntgabewillen. Auch nicht wirksame Verwaltungsakte lösten als Äußerung einer mit staatlicher Autorität ausgestatteten Behörde Rechtswirkungen aus, so dass sie gleichwohl angefochten und aufgehoben werden könnten.

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Die Klägerin hat beantragt,

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die Straßenbaubeitragsbescheide des Beklagten vom 11.12.2008 – Az. B. 1522.05 lfd. Nr. 11 und Az. B. 1522.05 lfd. Nr. 12 – in Gestalt des jeweiligen Widerspruchsbescheides vom 19.08.2009 aufzuheben.

11

Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung hat er auf seine Ausführungen in den Widerspruchsbescheiden Bezug genommen.

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In der mündlichen Verhandlung am 23. September 2011 ist die Sachbearbeiterin Frau R. vom Verwaltungsgericht – informatorisch – befragt worden. Auf Nachfrage, was der Vermerk „PA 12.12.2008“ zu bedeuten habe, hat sie erklärt: „Ja, ich mache immer so einen Vermerk auf die Bescheide. PA heißt im Prinzip, ich habe den Bescheid gefertigt, habe ihn zur Unterschrift vorgelegt und dann gebe ich den Bescheid zur Poststelle in unserem Haus in die Kanzlei und da gehört es dann zum Tagesgeschäft, dass diese an dem gleichen Tag abgeschickt werden, PA heißt zur Poststelle am 12.12.2008“.

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Mit Urteil vom 25. Oktober 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

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Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei bereits mangels Durchführung eines ordnungsgemäßen Vorverfahrens unzulässig. Die Klägerin habe erst am 23. März 2009 Widerspruch eingelegt, also außerhalb der Monatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Widerspruchsfrist habe vorliegend gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 222 ZPO und §§ 187 ff. BGB am 16.Dezember 2008 zu laufen begonnen und mit Ablauf des 15. Januar 2009 geendet. Vorliegend stehe zur Überzeugung des Gerichts aufgrund des Vermerks „PA 12.12.2008“ auf den Bescheiden und den Ausführungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung fest, dass die Bescheide am 12. Dezember 2008 in den Postlauf gelangt seien, so dass die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 1. Halbsatz AO i. V. m. § 12 Abs. 1 KAG M-V eingreife. Die Sachbearbeiterin Frau R. habe in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie immer dann einen solchen Vermerk auf einen Bescheid mache, wenn sie diesen zur Poststelle des Amtes gebe, wo es zum Tagesgeschäft gehöre, dass die Bescheide am gleichen Tag abgeschickt und demnach zur „Post“ gegeben würden. Zweifel daran, dass dies im vorliegenden Fall anders gewesen sein könnte, bestünden nicht. Auch die Klägerin habe keine substantiierten Tatsachen vorgetragen, welche die Behauptung einer späteren Absendung schlüssig erscheinen ließen. Die Bescheide hätten folglich am 15. Dezember 2008 als bekannt gegeben gegolten. Das Vorbringen der Klägerin sei nicht geeignet, die Zugangsvermutung zu erschüttern. Ob der Zugang entgegen der Vermutung des § 122 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz AO nicht oder später eingetreten sei, sei grundsätzlich von Amts wegen zu ermitteln; Anlass gebe es hierzu jedoch nur, wenn der Empfänger den Nichtzugang bzw. den verspäteten Zugang behaupte. Dabei müsse der Adressat sein Vorbringen nach Lage des Einzelfalls derart substantiieren, dass zumindest ernsthafte Zweifel am Zugang bzw. dessen Zeitpunkt begründet würden. Das reine Behaupten eines unterbliebenen Zugangs reiche nicht aus, um Zweifel am Zugang zu wecken; erforderlich sei der substantiierte Vortrag eines atypischen Geschehensablaufs, sonst bleibe es bei der Fiktion. Vorliegend habe die Klägerin lediglich behauptet, die Bescheide nicht erhalten zu haben. Einen atypischen Geschehensablauf trage sie nicht vor. Die Bescheide wie auch die Mahnungen und weitere Schreiben des Beklagten wiesen als Anschrift immer den A. Weg in R. aus. Unter dieser Anschrift sei die Klägerin auch derzeit noch zu erreichen. Warum der Klägerin die Postsendung unter dieser Anschrift nicht zugegangen sein sollte, sei nicht nachvollziehbar. Etwas anderes ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung der im Jahr 2008/2009 erfolgten Nachnamensänderung der Klägerin von B. in L. Zum einen habe die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen, wann die Namensänderung konkret erfolgt sei. Zum anderen sei zu berücksichtigen, dass sowohl die angefochtenen Beitragsbescheide als auch die Mahnungen an „Frau M. B.“ unter der oben genannten Anschrift adressiert gewesen seien, wobei der Klägerin jedenfalls die – zeitlich späteren – Mahnungen unstreitig übermittelt worden seien. Die Nachnamensänderung habe demnach einer Zusendung der Bescheide nicht entgegen gestanden.

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Das Urteil ist der Klägerin am 02. November 2011 zugestellt worden. Mit am 28. November 2011 beim Verwaltungsgericht Greifswald eingegangenem Schriftsatz hat sie beantragt, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen. Mit am 23. Dezember 2011 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz hat sie ihren Zulassungsantrag begründet. Mit Beschluss vom 09. Juli 2012 hat der Senat die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen. Der Zulassungsbeschluss ist der Klägerin am 13. Juli 2012 zugestellt worden.

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Mit am 13. August 2012 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz hat sie die Berufung begründet und dazu im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt.

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Die Klägerin beantragt zuletzt,

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unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 25. Oktober 2011 – 3 A 1225/09 – festzustellen, dass die Straßenbaubeitragsbescheide des Amtsvorstehers des Amts Darß/Fischland vom 11. Dezember 2008, Az.: B. 1522.05 lfd Nr. 11 und Az.: B. 1522.05 lfd Nr. 12 nicht wirksam geworden sind und die Klägerin nicht verpflichtet ist, die aufgrund der Bescheide geltend gemachten Beiträge zu entrichten,

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hilfsweise,

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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 25. Oktober 2011 – 3 A 1225/09 – die Straßenbaubeitragesbescheide des Beklagten vom 11. Dezember 2008 Az.: B. 1522.05 lfd Nr. 11 und Az.: B. 1522.05 lfd Nr. 12 und die Widerspruchsbescheide vom 19. August 2009 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Der Beklagte trägt vor, er habe den Nachweis der Aufgabe der Bescheide zur Post am 12. Dezember 2008 geführt. Für den Zugang der Bescheide am 15. Dezember 2008 spreche folgerichtig die mit deren Aufgabe zur Post am 12. Dezember 2008 ausgelöste Fiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO i. V. m. § 12 Abs. 1 KAG M-V. Ebenso beanstandungsfrei habe das Verwaltungsgericht das schlichte Bestreiten der Klägerin, die Beitragsbescheide nicht erhalten zu haben, als nicht ausreichend erachtet, die Zugangsvermutung zu erschüttern.

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Mit gerichtlicher Verfügung vom 08. Januar 2015 ist der Beklagte um Stellungnahme gebeten worden, ob im Zeitpunkt der von ihm behaupteten Versendung der streitgegenständlichen Bescheide auf der Poststelle ein Postausgangsbuch geführt worden sei oder ob auf sonstige Weise der Nachweis geführt werden könne, dass der Bescheid die Poststelle verlassen habe. Ferner werde um Mitteilung gebeten, ob eine Anweisung oder Verwaltungsvorschrift für die Arbeit der Poststelle existiere; gegebenenfalls werde um deren Übersendung gebeten.

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Zur Erledigung dieser Verfügung hat der Beklagte im Wesentlichen vorgetragen: Zur Arbeit in der Poststelle/Sekretariat werde die Dienstanweisung Nr. 26 vom 30. Januar 2001 – Registrierung des Postein- und Ausganges im Amt Darß/Fischland – sowie die Dienstanweisung zur Änderung der Dienstanweisung Nr. 26 vom 23. Oktober 2007 übersandt; für die weiteren Einzelheiten wird auf die beigefügten Dienstanweisungen verwiesen. Die Postein- und -ausgangsbücher würden in der Poststelle/Sekretariat handschriftlich geführt. Leider seien die Postein- und Ausgangsbücher des streitgegenständlichen Zeitraumes bei der Beräumung des Archivs aufgrund der abgelaufenen Aufbewahrungsfrist vernichtet worden. Aus einer im Weiteren übersandten Aufstellung zu sämtlichen am 02. Dezember 2008 vom Beklagten erstellten Straßenbaubeitragsbescheiden in Bezug auf den beauftragten Zustelldienst, den Postausgang (PA), Widersprüche, Stundungsanträge und Bezahlungen, sei zu entnehmen, dass von 48 Bescheiden 15 mit dem privaten Zustelldienst R. und 33 mit der Deutschen Post versandt worden seien. Auch die an die Klägerin gerichteten Bescheide seien am 03. Dezember 2008 zum ersten Mal in den Postlauf gelangt, über die Firma R.. Aufgrund einer dem Katasterverzeichnis entnommenen falschen Anschrift (K. Straße, R.) seien die Bescheide als nicht zustellbar zurückgekommen und mit korrigierter Anschrift (A. Weg, R.) am 11. Dezember 2008 neu erstellt und am 12. Dezember 2008 erneut in den Postlauf gegeben worden. Diese Bescheide seien vom Zustelldienst nicht zurückgelangt, so dass seitens des Beklagten von einer erfolgreichen Zustellung ausgegangen werde.

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Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

29

Die Berufung der Klägerin ist zulässig (I.) und begründet (II.).

I.

30

Die Berufungsbegründungsfrist gemäß § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO ist gewahrt und das angefochtene Urteil in der Berufungsschrift hinreichend im Sinne von § 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO bezeichnet. Auch die Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO sind erfüllt. Die Begründung muss danach einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Die von der Klägerin übermittelte Berufungsbegründung genügt diesen Anforderungen, enthält insbesondere den erforderlichen Antrag. Zwar wiederholt sie im Wesentlichen – wortlautidentisch – ihr erstinstanzliches Vorbringen. Dies ist aber jedenfalls deshalb ausnahmsweise unschädlich, weil die Klägerin darin ausführlich die Frage der Aufgabe der Bescheide zur Post thematisiert und geltend gemacht hat, der Aufgabevermerk beweise lediglich, dass die Bescheide den Bereich des Bauamtes verlassen hätten, der Beklagte müsse aber den Beweis der Absendung erbringen. Da sich das Verwaltungsgericht hierzu nicht bzw. nur kursorisch und – wie noch zu zeigen sein wird – unzutreffend verhalten hat, ergibt sich aus der Wiederholung des umfänglichen erstinstanzlichen Vorbringens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Einzelnen hinreichend deutlich, weshalb das angefochtene Urteil nach der Auffassung der Berufungsführerin unrichtig ist und geändert werden muss (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 03.05.2011 – 1 L 59/10 –, NordÖR 2011, 493).

II.

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Die Berufung ist begründet. Die im Hauptantrag verfolgte Feststellungsklage der Klägerin ist zulässig (1.) und begründet (2.).

32

1. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung bei unverändertem Klagegrund von ihrem zunächst angekündigten Anfechtungsantrag im Hauptsantrag auf eine Feststellungsklage übergegangen ist, ist dies nach Maßgabe von § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO ohne Weiteres zulässig (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 91 Rn. 9). Dies gilt auch in Ansehung der daraus wegen des im Falle der Feststellungsklage geltenden Rechtsträgerprinzips resultierenden Änderung des Passivrubrums. Im Übrigen hat der Beklagte seine Zustimmung zu einer in der Antragsumstellung etwaig zu erblickenden Klageänderung erklärt (§ 91 Abs. 1 VwGO).

33

Die Feststellungsklage – und nicht eine Anfechtungsklage – ist in Ansehung des zentralen Vortrags der Klägerin, die Abgabenbescheide seien ihr nicht zugegangen bzw. nicht wirksam bekanntgegeben worden, statthaft. Soweit in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung angenommen wird, auch Nichtverwaltungsakte lösten als Äußerung einer mit staatlicher Autorität ausgestatteten Behörde scheinbar Rechtswirkungen aus und könnten deshalb aus praktischen Gründen gleichwohl angefochten und aufgehoben werden bzw. sei eine Anfechtungsklage statthaft (vgl. etwa FG Hamburg, Urt. v. 29.03.2007 – 1 K 258/06 – juris unter Bezugnahme auf BFH, Urt. v. 07.08.1985 – I R 309/82 –, BStBl II 1986, 42; ebenso Niedersächsisches FG, Urt. v. 23.02.2000 – 3 K 91/94 –, juris), folgt der Senat dem nicht.

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Vielmehr ist die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft bzw. zulässig. Durch Klage kann gemäß § 43 Abs. 1 VwGO die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Ebenso wie in dem Fall, dass der Kläger einen Bescheid für nichtig hält, gilt dies in gleicher Weise, soweit der Kläger einen Bescheid für nicht wirksam geworden hält. Wäre ein Abgabenbescheid gar nicht oder mit der Folge fehlerhaft bekanntgegeben worden, dass er nach § 124 Abs. 1 AO dem Adressaten gegenüber Wirksamkeit nicht erlangt hätte, handelte es sich um einen rechtlich nicht existent gewordenen Bescheid (Nichtakt), der in seiner rechtlichen Unwirksamkeit einem nichtigen Verwaltungsakt gleicht. Den Erfordernissen eines hinreichenden Rechtsschutzes entspricht es, auch mit Blick auf ihn die Feststellungsklage des § 43 Abs. 1 VwGO für statthaft zu halten. Die Frage der Wirksamkeit der Beitragsbescheide stellt namentlich ein Rechtsverhältnis dar, dessen Bestehen oder Nichtbestehen Gegenstand einer gerichtlichen Feststellung sein kann. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht. Rechtliche Beziehungen haben sich nur dann zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.01.1996 – 8 C 19.94 –, BVerwGE 100, 262 – zitiert nach juris). Mit einer solchen Feststellungsklage wird dann freilich nicht die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts – zweite Alternative des § 43 Abs. 1 VwGO –, sondern die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses – erste Alternative des § 43 Abs. 1 VwGO – begehrt, und zwar die Feststellung, dass der Verwaltungsakt nicht wirksam (geworden) ist und deshalb die mit ihm beabsichtigte Regelung nicht erreicht hat (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 21.11.1986 – 8 C 127.84 –, NVwZ 1987, 330; VGH München, Urt. v. 24.11.2011 – 20 B 11.1659 –, NVwZ-RR 2013, 169 – jeweils zitiert nach juris; OVG Bautzen, Urt. v. 09.09.2014 – 2 A 56/12 –, juris, Rn. 25, 21 f.; OVG Schleswig, Urt. v. 17.08.2005 – 2 LB 59/04 –, juris; wohl auch VGH Mannheim, Beschl. v. 07.12.1990 – 10 S 2466/90 – juris (LS); VG Cottbus, Beschl. v. 08.02.2007 – 6 L 152/06 –, juris). Die Feststellungsklage der Klägerin ist nach diesem Maßstab statthaft. Sie begehrt die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses in Gestalt der Feststellung, dass die Beitragsbescheide vom 11. Dezember 2008 nicht wirksam geworden sind und deshalb die mit ihnen beabsichtigte Regelung nicht erreicht bzw. die Klägerin durch sie nicht wirksam zur Beitragszahlung verpflichtet worden ist.

35

Das insoweit im Besonderen in den Blick zu nehmende Rechtsschutzinteresse (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.11.1986 – 8 C 127.84 –, NVwZ 1987, 330 – zitiert nach juris) der Klägerin ist jedenfalls mit Blick auf die an sie gerichteten Mahnungen ohne Weiteres zu bejahen, da diese offensichtlich von scheinbar rechtwirksam gewordenen Beitragsbescheiden ausgingen bzw. der Beklagte danach an letztere Rechtsfolgen knüpfen will.

36

Das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung liegt ebenfalls vor. Es ist nicht gleichbedeutend mit einem „rechtlichen Interesse“, sondern schließt darüber hinaus jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse, insbesondere auch wirtschaftlicher oder ideeller Art, ein. Daraus folgt indessen nicht, dass jeder in diesem Sinne Interessierte auch ohne eigene Rechtsbetroffenheit Feststellungsklage erheben kann. Auf diese Klage ist vielmehr die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO entsprechend anzuwenden. Klagen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses (§ 43 Abs. 1 1. Alt. VwGO) sind nur zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, in seinen Rechten verletzt zu sein, entweder weil er an dem festzustellenden Rechtsverhältnis selbst beteiligt ist oder weil von dem Rechtsverhältnis eigene Rechte abhängen. Diese Voraussetzungen liegen mit Blick auf die an die Frage der Wirksamkeit/Unwirksamkeit der Beitragsbescheide unmittelbar anknüpfenden belastenden oder eben nicht belastenden Folgen offensichtlich vor.

37

2. Die Feststellungsklage ist begründet. Die streitgegenständlichen Bescheide vom 11. Dezember 2008 für das Grundstück G1 in Höhe von 17.086,03 EUR (Az. B. 1522.05 – lfd. Nr.: 11) und für das Flurstück G2 in Höhe von 5.390,00 EUR (Az. B. 1522.05 – lfd. Nr.: 12) sind nicht wirksam geworden, die Klägerin ist nicht verpflichtet, die aufgrund der Bescheide geltend gemachten Beiträge zu entrichten.

38

Die Bescheide sind mangels Bekanntgabe gegenüber der Klägerin nicht wirksam geworden. Ein Verwaltungsakt wird gemäß § 124 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird.

39

Der Beklagte macht durchgängig geltend, die streitgegenständlichen Bescheide seien zum Zwecke der Bekanntgabe am 12. Dezember 2008 an die Klägerin versandt worden. Die Klägerin bestreitet indes den Zugang und damit die Bekanntgabe der streitgegenständlichen Bescheide. Ihr Zugang konnte durch das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach Ausschöpfung aller Beweismittel nicht festgestellt werden; der materiell beweispflichtige Beklagte konnte den Zugang nicht nachweisen. Dies geht nach Maßgabe des „Günstigkeitsprinzips“ zu seinen Lasten.

40

Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass für die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts § 130 BGB analog anzuwenden und darauf abzustellen ist, wann bei gewöhnlichem Verlauf und normaler Gestaltung der Verhältnisse des Empfängers mit der Kenntnisnahme durch ihn zu rechnen ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.02.1994 – 4 B 212/93 –, juris). Da die Behörde die Kenntnisnahme selbst nicht bewirken kann, reicht insoweit wie bei der zivilrechtlichen Willenserklärung die Möglichkeit der Kenntnisnahme aus. Zentrale Voraussetzung ist deshalb bei schriftlichen Verwaltungsakten ihr Zugang gemäß § 130 BGB. Ein Schriftstück ist bereits dann zugegangen, wenn es derart in den Machtbereich des Empfängers (Inhaltsadressaten) gelangt ist, dass dieser unter Ausschluss unbefugter Dritter von dem Schriftstück Kenntnis nehmen und diese Kenntnisnahme nach den allgemeinen Gepflogenheiten auch von ihm erwartet werden kann (vgl. BFH, Urt. v. 09.12.1999 – III R 37/97 –, juris; OVG Greifswald, Beschl. v. 14.05.2001 – 1 M 68/00 –, juris Rn. 43).

41

Die Klägerin bestreitet, dass ihr die angefochtenen Bescheide zugegangen bzw. in ihren Machtbereich gelangt sind. Tatsachen und insbesondere bestimmte Verhaltensweisen der Klägerin, aus denen (indiziell) zu schließen wäre, sie habe die Beitragsbescheide tatsächlich erhalten, konnte der Senat nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nicht feststellen. Umstände, aus denen auf eine Zugangsvereitelung und auf Verstöße gegen Mitwirkungspflichten der Empfängerin (etwa im Zusammenhang mit der Namensänderung der Klägerin) geschlossen werden könnte, sind substantiiert weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Widersprüchliches Verhalten der abgabepflichtigen Klägerin ist ebenso wenig feststellbar (vgl. zu diesen Kriterien VGH München, Urt. v. 24.11.2011 – 20 B 11.1659 –, NVwZ-RR 2013, 169 – zitiert nach juris). Sie hat sich im Gegenteil insbesondere in Ansehung ihres Schreibens vom 11. Februar 2009 „folgerichtig“ verhalten. Nach Lage der Dinge ist der tatsächliche Zugang der streitgegenständlichen Bescheide bei der Klägerin für den Senat nicht aufklärbar; nach Ausschöpfung aller Aufklärungsmöglichkeiten sind keine weiteren Beweismittel benannt oder ersichtlich, die den Zugang als aufklärbar erscheinen ließen. Der Beklagte ist mit Blick auf die ihn treffende materielle Beweislast nicht dazu in der Lage, den tatsächlichen Zugang zu beweisen. Dies geht nach Maßgabe des „Günstigkeitsprinzips“ zu seinen Lasten.

42

Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts liegen auch die Voraussetzungen für das Eingreifen der Zugangsfiktion nach § 122 Abs. 2 1. Halbsatz Nr. 1 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V nicht vor. Soweit das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, zu seiner Überzeugung stehe aufgrund des Vermerkes auf den Bescheiden „PA 12.12.2008“ und den Ausführungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung fest, dass die Bescheide am 12. Dezember 2008 in den Postlauf gelangt seien, so dass die Zugangsvermutung eingreife, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

43

Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt gemäß § 122 Abs. 2 1. Halbsatz Nr. 1 AO bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

44

Für das Eingreifen der Fiktion kommt es dabei grundsätzlich nicht darauf an, ob die Bescheide an die „Deutsche Post AG“ oder einem privaten Postdienstleister übergeben werden (vgl. BFH, Beschl. v. 18.04.2013 – X B 47/12 –, juris).

45

Die Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 1. Halbsatz Nr. 1 AO setzt nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung und der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hierzu voraus, dass die Aufgabe zur Post erfolgt ist bzw. feststeht, an welchem Tag die Aufgabe zur Post erfolgt ist. Die Vermutung des Zuganges knüpft also an das Datum der Aufgabe des Bescheides zur Post an, die Vermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO ist nicht anwendbar, wenn der Tag der Aufgabe des Verwaltungsakts nicht feststeht; dieses ergibt sich insbesondere nicht zwingend aus dem Bescheiddatum (vgl. BFH, Beschl. v. 06.07.2011 – III S 4/11 (PKH) –, BFH/NV 2011, 1717 – zitiert nach juris; Urt. v. 22.05.2002 – VIII R 53/00 –, juris; Urt. v. 03.05.2001 – III R 56/98 –, BFH/NV 2001, 1365, 1366 – zitiert nach juris). Insoweit ist die Behörde – materiell – beweispflichtig, dass der Abgabenbescheid ihren Bereich rechtzeitig bzw. zu dem von ihr behaupteten Datum verlassen hat (vgl. BFH, Urt. v. 28.09.2000 – III R 43/97 –, BFHE 193, 28, BStBl II 2001, 211 zitiert nach juris). Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Bescheid nach feststehender Aufgabe zur Post tatsächlich zugegangen ist. Nur in diesem Zusammenhang kann sich die weitere Frage stellen, ob insbesondere die Abgabenpflichtige den Zugang derart in Zweifel gezogen hat, dass die Nachweispflicht der Behörde gemäß § 122 Abs. 2 2. Halbsatz AO greift.

46

Diese Systematik hat das Verwaltungsgericht verkannt, wenn es ausführt, Zweifel daran, dass die Handhabung durch den Beklagten im vorliegenden Fall anders gewesen sein könnte als in der mündlichen Verhandlung geschildert, bestünden nicht, auch die Klägerin habe keine substantiierten Tatsachen vorgetragen, welche die Behauptung einer späteren Absendung schlüssig erscheinen ließen. Nicht die Klägerin muss entsprechend vortragen, vielmehr muss der Beklagte die Aufgabe zur Post bzw. das Aufgabedatum nachweisen.

47

Auch eine Behörde ist insoweit zu einer wirksamen Postausgangskontrolle verpflichtet (BFH, Beschl. v. 07.12.1982 – VIII R 77/79 –, BFHE 137, 221, BStBl II 1983, 229 – zitiert nach juris). Dafür reichen die einfache Zuleitung oder kommentarlose Übergabe des jeweiligen Schriftstücks an die amtsinterne Postausgangsstelle ebenso wenig aus wie ein bloßer Abgangsvermerk der Stelle, die das Schriftstück an diese Postausgangsstelle weiterleitet. Vielmehr ist regelmäßig ein Absendevermerk der Poststelle erforderlich. Liegt ein solcher Vermerk nicht vor, muss das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung beurteilen, ob es die rechtzeitige Absendung für nachgewiesen hält oder nicht (vgl. BFH, Beschl. v. 19.08.2002 – IX B 179/01 –, BFH/NV 2003, 138 – zitiert nach juris); die Regeln des Anscheinsbeweises sind insoweit nicht anwendbar (vgl. BFH, Urt. v. 28.09.2000 – III R 43/97 –, BFHE 193, 28, BStBl II 2001, 211; v. 16.01.2007 – IX R 41/05 –, BFH/NV 2007, 1508 – jeweils zitiert nach juris; vgl. zum Ganzen BFH, Beschl. v. 03.07.2009 – IX B 18/09 –, juris; Beschl. v. 06.07.2011 – III S 4/11 (PKH) –, BFH/NV 2011, 1717 – zitiert nach juris; vgl. auch zu § 41 Abs. 2 VwVfG und der Notwendigkeit eines ordnungsgemäßen Postaufgabevermerks auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 41 Rn. 43; OVG Greifswald, Beschl. v. 19.10.2011 – 2 L 101/09 –, juris, Rn. 9; OVG Bautzen, Beschl. v. 05.09.2014 – 3 A 722/12 –, juris: „… durch den zuständigen Behördenmitarbeiter zu dokumentierenden Zeitpunkt der Aufgabe zur Post …“; vgl. auch VG Düsseldorf, Urt. v. 19.03.3012 – 23 K 5262 –, juris, Rn. 23; zu § 37 Abs. 2 SGB X VG Trier, Urt. v. 14.04.2011 – 2 K 1082/10.TR –, juris; OVG Münster, Beschl. v. 07.03.3001 – 19 A 4216/99 –, NVwZ 2001, 1171 – zitiert nach juris).

48

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes steht die Aufgabe bzw. der Tag der Aufgabe der streitgegenständlichen Bescheide zur Post nicht fest (insoweit liegt der Fall insbesondere anders als im Verfahren Az. 1 O 46/06, Beschl. v. 11.04.2006); folglich greift die Fiktion des § 122 Abs. 2 1. Halbsatz Nr. 1 AO nicht ein.

49

Auf Nachfrage des Verwaltungsgerichts, was der Vermerk „PA 12.12.2008“ zu bedeuten habe, hat die zuständige Sachbearbeiterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärt: „Ja, ich mache immer so einen Vermerk auf die Bescheide. PA heißt im Prinzip ich hab den Bescheid gefertigt, hab ihn zur Unterschrift vorgelegt und dann gebe ich den Bescheid zur Poststelle in unserem Haus in die Kanzlei und da gehört es dann zum Tagesgeschäft, dass diese an dem gleichen Tag abgeschickt werden, PA heißt zur Poststelle am 12.12.2008“. Bei dem Vermerk „PA 12.12.2008“ handelt es sich hiervon ausgehend also um einen bloßen Abgangsvermerk der sachbearbeitenden Stelle beim Beklagten, die die Bescheide an die Postausgangsstelle weitergeleitet hat. Der anschließend regelmäßig erforderliche Absendevermerk der Postausgangsstelle fehlt hingegen. Der Erklärung der Sachbearbeiterin lässt sich auch nicht die Versicherung eines bestimmten Absendedatums entnehmen; sie teilt nur das Datum der Übergabe an die Poststelle mit.

50

Ein solcher Absendevermerk lässt sich auch nicht den beim Beklagten – nach Maßgabe einer Dienstanweisung vom 30. Oktober 2001 – geführten Postein- und -ausgangsbüchern entnehmen. Auf die gerichtliche Nachfrage, ob im Zeitpunkt der vom Beklagten behaupteten Versendung der streitgegenständlichen Bescheide auf der Poststelle ein Postausgangsbuch (vgl. dazu, ob und inwieweit der notwendige Nachweis mit einem Postausgangsbuch geführt werden kann, VGH München, Urt. v. 24.11.2011 – 20 B 11.1659 –, NVwZ-RR 2013, 169) geführt worden sei oder ob auf sonstige Weise der Nachweis geführt werden könne, dass die Bescheide die Poststelle verlassen haben, hat der Beklagte mitgeteilt, die Postein- und Ausgangsbücher würden in der Poststelle/Sekretariat handschriftlich geführt. Leider seien die Postein- und Ausgangsbücher des streitgegenständlichen Zeitraumes bei der Beräumung des Archivs aufgrund der abgelaufenen Aufbewahrungsfrist vernichtet worden. Damit hat sich der Beklagte der für an sich ohne Weiteres bestehenden Möglichkeit, die Absendung zu beweisen, selbst beraubt.

51

Der Vortrag, es gehöre in der Kanzlei zum Tagesgeschäft, dass die die dorthin gebrachten Bescheide am gleichen Tag abgeschickt werden, ist zu pauschal und unkonkret, um mit hinreichender Gewissheit annehmen zu können, die streitgegenständlichen Bescheide seien tatsächlich am 12. Dezember 2008 an den beauftragten Postdienstleister übergeben worden. Dazu ist anzumerken, dass insoweit z. B. offen geblieben ist, wie die Absendung am selben Tag bewerkstelligt wird, wenn die zu versendenden Bescheide erst am Ende des Arbeitstages („Dienstschluss“) auf der Kanzlei eingehen.

52

Im Hinblick auf die in Erledigung der erwähnten gerichtlichen Verfügung ferner übersandte – handschriftliche – Aufstellung zu sämtlichen am 02. Dezember 2008 vom Beklagten erstellten Straßenbaubeitragsbescheiden in Bezug auf den beauftragten Zustelldienst, den Postausgang (PA), Widersprüche, Stundungsanträge und Bezahlungen ist schon nicht ersichtlich, wann, von wem und zu welchem Zweck die Aufstellung gefertigt worden ist. Insbesondere sind die darin dokumentierten „Postausgangsdaten“ nicht nachvollziehbar. Gemeint sind hier offensichtlich wieder die Daten, unter denen die Bescheide an die Postausgangsstelle übergeben worden sind, also nicht etwa die tatsächlichen Absendedaten.

53

Zudem kann der Vortrag des Beklagten, auch die an die Klägerin gerichteten Bescheide seien am 03. Dezember 2008 zum ersten Mal in den Postlauf gelangt, aufgrund einer dem Katasterverzeichnis entnommenen falschen Anschrift seien die Bescheide als nicht zustellbar zurückgekommen und mit korrigierter Anschrift am 11. Dezember 2008 neu erstellt und am 12. Dezember 2008 erneut in den Postlauf gegeben worden, dahingehend bewertet werden, dass gerade in Ansehung dieser Bescheide nicht alles „normal“ gelaufen ist. Der Umstand für sich allein gesehen, dass es keinen Rücklauf seitens des beauftragten Postunternehmens gab, ist offensichtlich kein hinreichendes Indiz für eine erfolgte Absendung: Auch im Falle der unterbliebenen Absendung hätte es keinen Rücklauf geben können.

54

Weitere Beweismittel für eine Absendung sind vom Beklagten weder benannt worden noch wären solche ersichtlich. Schließlich handelte es sich bei der Beitragserhebung anlässlich der Ausbaumaßnahme nicht um ein Massenverfahren, das ggf. möglicherweise eine weniger strenge Betrachtung erforderte.

55

Nach Ausschöpfung aller Aufklärungsmöglichkeiten stehen demnach auch die Aufgabe der Bescheide zur Post und das behauptete Absendedatum nicht fest bzw. ist es dem insoweit materiell beweispflichtigen Beklagten nicht gelungen, den entsprechenden Beweis für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 122 Abs. 2 1. Halbsatz Nr. 1 AO bzw. der Zugangsvermutung zu erbringen. Auch dies wirkt sich unter Zugrundelegung des „Günstigkeitsprinzips“ zu Lasten des Beklagten aus.

56

Fehlt es damit bereits an den Voraussetzungen für das Eingreifen der Zugangsfiktion, kommt es auf die nachrangige Frage, ob eine Ausnahme von der Zugangsvermutung anzunehmen ist, weil es der Klägerin gelungen wäre, mit ihrem Vorbringen Zweifel an einem Zugang zu wecken, nicht mehr an.

57

Der nach alledem zugrunde zu legenden Bekanntgabemangel ist auch nicht durch den Erlass und die Zustellung der Widerspruchsbescheide vom 19. August 2009 geheilt worden, weil der Widerspruchsbescheid die Widersprüche der Klägerin ausschließlich als unzulässig zurückwies, sich daher nicht mit dem Inhalt der Beitragsbescheide befasst hat und jegliche inhaltliche Bezugnahme auf die nicht wirksam gewordene Beitragsfestsetzung, ggf. deren inhaltliche Wiederholung etc. vermissen lässt (vgl. VGH München, Urt. v. 24.11.2011 – 20 B 11.1659 –, NVwZ-RR 2013, 169 – zitiert nach juris; FG Hamburg, Urt. v. 29.03.2007 – 1 K 258/06 –, juris; BFH, Urt. v. vom 25.01.1994 – VIII R 45/92 –, BFHE 173, 213 – zitiert nach juris). Insoweit kann der erforderliche Bekanntgabewillen nicht festgestellt werden. Die Annahme eines solchen scheidet auch deshalb aus, weil der Beklagte ausweislich der Begründung der Beitragsbescheide (endgültige Herstellung der Anlage in 2004) und der Verwaltungsvorgänge (Eingang der letzten Unternehmerrechnung in 2004) offensichtlich selbst davon ausgegangen ist, eine Bekanntgabe im Zeitpunkt der Zustellung der Widerspruchsbescheide könne eine inzwischen eingetretene Festsetzungsverjährung nicht mehr beseitigen; folglich machte die Annahme eines Bekanntgabewillens gerade aus seiner Sicht keinen Sinn.

58

Eine Bekanntgabe der streitgegenständlichen Abgabenbescheide kann auch nicht in der Übersendung von Kopien der Bescheide an die Klägerin mit Schreiben des Beklagten vom 23. Februar 2009 erblickt werden (vgl. FG Hamburg, Urt. v. 29.03.2007 – 1 K 258/06 –, juris). Auch insoweit gilt, dass ein ohne Bekanntgabewillen zur Kenntnis gebrachter Verwaltungsakt keine Wirksamkeit erlangt (vgl. hierzu näher BVerwG, Urt. v. 18.04.1997 – 8 C 43.95 –, BVerwGE 104, 310; Urt. v. 25.04.2013 – 3 C 19.12 –, ZOV 2013, 128 – jeweils zitiert nach juris). Der Bekanntgabewille fehlt, wenn die Übersendung eines Schriftstücks nicht zu dem Zweck erfolgt, die an eine Bekanntgabe geknüpften Rechtsfolgen herbeizuführen, sondern nur der Information des Empfängers über den Inhalt eines bei den Akten befindlichen Schriftstücks dienen soll (vgl. BFH, Urt. v. 04.10.1989 – V R 39/84 – BFH/NV 1990, 409 – zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 25.04.2013 – 3 C 19.12 –, ZOV 2013, 128 – jeweils zitiert nach juris). Ob die nochmalige Bekanntgabe einer behördlichen Verfügung als anfechtbarer Verwaltungsakt oder nur als Übersendung einer Zweitschrift ohne selbständig anfechtbare Regelung zu beurteilen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. BFH, Beschl. v. 24.11.1999 – V B 137/99 –, BFH/NV 2000, 550 – zitiert nach juris; vgl. zum Ganzen FG Hamburg, Urt. v. 29.03.2007 – 1 K 258/06 –, juris).

59

Nach Maßgabe dieser Grundsätze handelt es sich bei den übersandten Bescheidkopien weder um gesondert anfechtbare Verwaltungsakte noch sollte mit ihnen eine Bekanntgabe der streitgegenständlichen Bescheide nachgeholt bzw. ein Bekanntgabemangel geheilt werden. Der Beklagte hat dies schon äußerlich dadurch dokumentiert, dass er die Ablichtungen der Klägerin mit dem Begleitschreiben vom 23. Februar 2009 ausdrücklich als "Kopie" übersandte. Er hat insbesondere das Datum der Bescheide nicht auf den Tag der nochmaligen Versendung geändert. Zudem hat er zum Ausdruck gebracht, er gehe davon aus, dass die Bescheide der Klägerin bereits zuvor „zugestellt“ worden seien. Auch inhaltlich hat der Beklagte durch sein weiteres Vorgehen im Verwaltungsverfahren unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Übersendung der Kopien nicht zur Auslösung der an eine Bekanntgabe geknüpften Rechtsfolgen diente. Insbesondere wollte er keine neue Rechtsbehelfsfrist in Gang setzen, wie sich aus der nachfolgenden Widerspruchszurückweisung ergibt. Wären die mit Schreiben vom 23. Februar 2009 übersandten Bescheidkopien mit Bekanntgabewillen erfolgt, wäre der jeweils am 23. März 2009 offensichtlich binnen Monatsfrist (§ 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO) erhobene Widerspruch fristgerecht eingegangen und die Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig hätte nicht erfolgen dürfen/können. Die Annahme eines solchen Bekanntgabewillens scheidet auch in diesem Zusammenhang deshalb aus, weil der Beklagte wie ausgeführt ersichtlich selbst davon ausgegangen ist, eine Bekanntgabe im Zeitpunkt der Übersendung der Bescheidkopien könne eine inzwischen eingetretene Festsetzungsverjährung nicht mehr beseitigen; folglich machte die Annahme eines Bekanntgabewillens wiederum schon aus seiner eigenen Sicht keinen Sinn.

60

Materiell-rechtliche Fragen, insbesondere ob tatsächlich Festsetzungsverjährung eingetreten ist, sind nicht zu erörtern.

61

Da die Klägerin bereits mit ihrem Hauptantrag voll obsiegt hat und keine wirksamen und damit aufhebbaren Bescheide existieren, bedarf es keiner Entscheidung des Senats über den gestellten Hilfsantrag.

III.

62

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

63

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1, § 167 Abs. 2 analog VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

64

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 222 Fristberechnung


(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

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Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes1.die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;2.der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert od

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(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden

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(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten kann ein elektronischer Verwaltungsakt dadurch bekannt gegeben werden, dass er vom Beteiligten oder von seinem Bevollmächtigten über öffentlich zugängliche Netze abgerufen wird. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Der Verwaltungsakt gilt am Tag nach dem Abruf als bekannt gegeben. Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Benachrichtigung über die Bereitstellung abgerufen, wird diese beendet. In diesem Fall ist die Bekanntgabe nicht bewirkt; die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozeßordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 24. Februar 2010 – 3 A 1156/08 – geändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldnerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des Vollstreckungsgläubigers abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Heranziehung der Klägerin zu Gebühren für den Bezug von Trinkwasser in den Monaten Januar, August, September und Oktober 2008 für die Verbrauchsstelle der Klägerin unter der Rubrumsanschrift.

2

Die Klägerin verbraucht nach eigenen Angaben aus dem Jahr 2008 jährlich etwa 300.000 m³ Trinkwasser. Im Jahr 2010 wurde im Zweckverbandsgebiet eine Wassermenge von 5.346.876 m³ gefördert, im Jahr 2008 von etwa 4,5 Mio. m³. Der Zweckverband Wasserversorgung (ZWAR) betreibt die öffentliche Einrichtung Wasserversorgung für ein Versorgungsgebiet von 974 km². Der Anschlussgrad im Bereich Wasserversorgung beträgt ca. 98 %. Auf Rügen werden 65.677 und auf Hiddensee 1.086 Einwohner versorgt (Stand 2009), während der Sommersaison mit Urlaubern die zwei- bis dreifache Einwohnerzahl. Die einzelnen Wasserversorgungsanlagen haben außerhalb der Saison eine Auslastung im Bereich zwischen 12 und 70 %, der Durchschnittswert liegt bei 40 %. Die durch den erhöhten Saisonbedarf verursachten Herstellungskosten verhalten sich dazu in etwa proportional, liegen also je nach Ortsnetz um ca. 30 % bis ca. 90 % höher, als wenn die tourismusbedingten Höchstlasten nicht zu leisten wären. Von der geförderten Trinkwassermenge sind auf die Saisonmonate Juni – September monatlich 549.997 m³ entfallen, auf die restlichen 8 Monate jeweils 393.360 m³. Der Zeitpunkt der Fertigstellung der zentralen Trinkwasserversorgungsanlage steht noch nicht fest. Das Wasserversorgungskonzept des Zweckverbandes vom 25. November 2010 umfasst nunmehr einen Zeitraum von 2010 bis 2040. Zum 31. Dezember 2007 lagen die um das von der Nordwasser GmbH i. L. übernommene Anlagevermögen bereinigten Anschaffungs- und Herstellungskosten der Anlage bei 64,5 Mio. Euro. Zu ihrer Finanzierung hatte der Zweckverband Kredite in Höhe von 36,66 Mio. Euro aufgenommen, die zum 31. Dezember 2007 noch in Höhe von ca. 25,5 Mio. Euro valutierten. Die Gesamtkreditbelastung des Zweckverbandes belief sich zum 31. Dezember 2009 auf ca. 71 Mio. Euro, wovon auf die Sparte Trinkwasser ca. 29,5 Mio. Euro entfielen. Das erwähnte Wasserversorgungskonzept sieht im Zeitraum von 2010 bis 2040 geschätzte Investitionen in Höhe von ca. 84. Mio. € (einschließlich Hiddensee) vor.

3

Mit Bescheid vom 07. Februar 2008 setze der Beklagte gegenüber der Klägerin für den Abrechnungszeitraum 01. bis 31. Januar 2008 und die von ihr verbrauchte Trinkwassermenge eine Gebühr von 49.429,16 Euro fest.

4

In Abweichung zu dem Bescheid vom 07. Februar 2008 erfolgte mit dem streitgegenständlichem Änderungsbescheid vom 04. März 2008 (Kundennummer: 120 196) für denselben Abrechnungszeitraum und Verbrauch die Festsetzung von Wassergebühren in Höhe von nunmehr 61.986,33 Euro. Dem Änderungsbescheid lag die zwischenzeitliche Veränderung des Satzungsrechts des Zweckverbandes betreffend die Refinanzierung der Kosten für die Herstellung der zentralen Anlage der Trinkwasserversorgung zugrunde:

5

Ursprünglich sah die Satzung des Zweckverbandes „Wasserversorgung “ über die Erhebung von Anschlussbeiträgen und Kostenerstattungen für die Wasserversorgung – Wasserversorgungsbeitragssatzung – vom 09. Oktober 2002 (nachfolgend: WBS 2002) i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 18. Juni 2004 in ihrem § 1 Abs. 2 Buchst. a) die Erhebung von Anschlussbeiträgen „zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung der öffentlichen Wasserversorgungsanlagen“ vor. Auf der Grundlage von Wasserversorgungsbeitragssatzungen wurden im Zeitraum von 1998 bis 2006 mit ca. 2.300 bis 2.500 Bescheiden Trinkwasseranschlussbeiträge im Umfang von 6.542.754,30 Euro erhoben, was ca. 6 bis 8 % des gesamten zu erhebenden Beitragsvolumens ausmachte. Die Klägerin selbst wurde vom Beklagten nie zu einem Anschlussbeitrag herangezogen.

6

Am 03. Mai 2006 fasste die Verbandsversammlung des Zweckverbandes den Beschluss, die Erhebung von Beiträgen für die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung für die „Altanschließergrundstücke“ „bis zur Klärung der Rechtslage“ auszusetzen. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2007 wandte sich der Zweckverband an das Innenministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Darin heißt es im Wesentlichen: Die Verbandsversammlung beabsichtige für die Trinkwasserversorgung ein reines Gebührenmodell einzuführen und bisher erhobene Beiträge in Höhe von ca. 5 Mio. Euro an die Grundstückseigentümer unverzinst zurückzuzahlen. Die Umstellung würde linear ansteigend bis zum Jahr 2012 unter gleichen Randbedingungen zu einer Erhöhung der Mengengebühr um ca. 0,50 € führen, also von bisher Brutto 1,41 € pro m³ auf rund 1,90 € pro m³. Man sehe sich als atypischen Fall. Insgesamt betrachtet habe der Zweckverband Anlagen der Wasserversorgung für rund 200.000 Einwohner vorzuhalten, die tatsächliche Einwohnerzahl betrage gut 70.000, d.h. außerhalb der Saison komme es teilweise nur zu einer Anlagenauslastung von unter 40 %. Die Vorteile der wasserseitigen Erschließung der Grundstücke könnten in der Regel nur die Grundstücke realisieren, die in den Ostseebädern und den „Ballungszentren“ A-Stadt und Sassnitz lägen und z.B. durch saisonale Vermietung an Touristen usw. auch wirtschaftlich genutzt würden. Üblicherweise befänden sich dort auch die kleinsten Grundstücke, so dass die ländlichen, historisch auch größeren Grundstücke die angeführten Vorteile mittragen müssten. Auf dieses Schreiben antwortete das Innenministerium M-V mit Erlass vom 24. Januar 2008 im Wesentlichen, es werde vor dem Hintergrund, dass nach wie vor unterschiedliche Auffassungen darüber bestünden, welche Bedeutung die Soll-Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V für die konkreten, bei den jeweiligen kommunalen Aufgabenträger durchaus unterschiedlich vorliegenden Fallkonstellationen habe, die unteren Rechtsaufsichtsbehörden darauf hinweisen, Beschlüsse oder Satzungen kommunaler Aufgabenträger wegen eines eventuellen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V bis auf Weiteres nicht zu beanstanden. Sollte der Zweckverband dabei für die aus Gleichbehandlungsgründen sinnvolle und wohl auch erforderliche Rückzahlung von Anschlussbeiträgen Kredite benötigen, werde das Innenministerium auch insoweit der bereits von der unteren Rechtsaufsichtsbehörde in Aussicht gestellten Kreditgenehmigung nicht entgegentreten.

7

Am 28. August 2008 beschloss die Verbandsversammlung die Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung zur Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung (Aufhebungssatzung), die am 03. September 2008 ausgefertigt wurde. Die Aufhebungssatzung enthält zwei Bestimmungen:

8

§ 1
Aufhebung

Die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002, in der Fassung der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004, wird ersatzlos aufgehoben.

§ 2
In-Kraft-Treten

Diese Satzung tritt rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft.

9

Dem Erlass der Aufhebungssatzung vorausgegangen war ein – von der Kommunalaufsicht wegen seiner Form als ungeeignet zur Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung bewerteter – einfacher Beschluss der Verbandsversammlung vom 27. Februar 2008 über die Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung. In der Beschlussvorlage dazu hieß es im Wesentlichen, § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V eröffne als "Soll-Regelung" bei Vorliegen einer atypischen Situation die Möglichkeit, auf eine Beitragserhebung zu verzichten und eine reine Gebührenfinanzierung zu installieren. Eine solche atypische Situation werde im Verbandsgebiet gesehen.

10

Unter dem 27. Januar 2008 hatte die Verbandsversammlung bereits zuvor die Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung über die Erhebung von Gebühren für die Wasserversorgung – Wasserversorgungsgebührensatzung (nachfolgend: WVGS 2008) – beschlossen, ausgefertigt am 20. März 2008. Auch diese Satzung trat gemäß ihrem § 10 rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft und ist Rechtsgrundlage des angefochtenen Änderungsbescheides.

11

§ 1 Abs. 1 Buchst. a) WVGS 2008 lautet im Wesentlichen wie folgt:

12

„Der … Zweckverband Wasserversorgung … erhebt nach Maßgabe dieser Satzung:
a) Gebühren für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Wasserversorgung zur Deckung der Kosten gemäß § 6 Abs. 2 … (KAG M-V) sowie zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung öffentlicher Wasserversorgungsanlagen …“

13

Den Zusatz „sowie zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung öffentlicher Wasserversorgungsanlagen“ enthielt die vorher geltende Wasserversorgungsgebührensatzung vom 03. November 2005 (WVGS 2005) nicht. Die Gebühren werden gemäß § 1 Abs. 2 WVGS 2008 als Grundgebühren (Buchst. a) und Zusatzgebühren (auch Mengen- oder Verbrauchsgebühren, Buchst. b) erhoben.

14

Die Zusatzgebühr beträgt gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 WVGS 2008 (einschließlich Umsatzsteuer in Höhe von 7 %) 1,77 Euro/m³ zugeführten Wassers. Demgegenüber regelte die Vorläuferbestimmung des § 3 Abs. 2 Satz 1 WVGS 2005 vom 03. November 2005 insoweit noch einen Gebührensatz von 1,41 Euro/m³. Die Grundgebühr gemäß § 3 Abs. 1 WVGS 2008 blieb gegenüber der Satzung von 2005 unverändert.

15

Die Wasserversorgungsgebührensatzung vom 20. März 2008 erfuhr mit der 1. Satzung zur Änderung der Satzung des ZWAR über die Erhebung von Gebühren sowie Kostenerstattungsansprüchen für die Wasserversorgung vom 03. September 2008, rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft getreten, Änderungen in einigen anderen Bestimmungen.

16

In der Zeit nach der Änderung des Satzungsrechts des Zweckverbandes wurden bis zum jetzigen Zeitpunkt von den vereinnahmten Anschlussbeiträgen 5.479.355,81 Euro zurückgezahlt oder gegen bestehende Forderungen des Zweckverbandes verrechnet, was nach Angaben des Beklagten einer Quote von 84 % entspricht. Während der bereits anhängigen Verwaltungsstreitverfahren hat die Landrätin des Landkreises Rügen als untere Rechtsaufsichtsbehörde unter dem 04. Juni 2009 dem Zweckverband auf Grundlage des Beschlusses der Verbandsversammlung vom 17. Dezember 2008 (Beschluss Nr.: 562-67-31/08) von dem unter Punkt 2.1 der Zusammenstellung zum Wirtschaftsplan für das Wirtschaftsjahr 2009 veranschlagten Gesamtbetrag der Kredite für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen den mit der Genehmigung vom 19. Januar 2009 ausgesetzten Teilbetrag in Höhe von 6 Mio. Euro genehmigt.

17

Den am 28. März 2008 beim Beklagten eingegangenen Widerspruch der Klägerin gegen den Änderungsbescheid vom 04. März 2008, der u. a. darauf verwies, dass der erhöhte Gebührensatz bei ihr – als Vielfaches der "Anschlussgebühren" – zu jährlichen Mehrkosten in der Größenordnung von 72.000,00 Euro führe, wies dieser mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2008 – zugestellt am 19. Juli 2008 – zurück.

18

Mit weiteren Bescheiden vom 03. September 2008, 15. Oktober 2008 und 12. November 2008 (jeweils Kundennummer: 120 196) zog der Beklagte die Klägerin zu Wassergebühren für die Zeiträume August, September und Oktober 2008 in Höhe von 52.776,99 Euro, 77.152,84 Euro und 48.279,41 Euro heran, wogegen diese jeweils am 30. September 2008, 03. November 2008 bzw. 04. Dezember 2008 Widerspruch einlegte. Mit Widerspruchsbescheiden vom 17. November 2008 (betreffend die Bescheide vom 03. September und 15. Oktober 2008) – zugestellt am 19. November 2008 – und 08. Dezember 2008 – zugestellt am 12. Dezember 2008 – wies der Beklagte die Rechtsbehelfe zurück.

19

Am 01. August 2008 hat die Klägerin gegen den Änderungsbescheid vom 04. März 2008 Klage beim Verwaltungsgericht Greifswald (Az. 3 A 1156/08) erhoben (vorläufiges Rechtsschutzverfahren: VG Az. 3 B 1161/08, OVG Az. 1 M 157/08), am 19. Dezember 2008 gegen die Gebührenbescheide vom 03. September 2008 und 15. Oktober 2008 jeweils zu den Az. 3 A 2078/08 und 3 A 2082/08 (vorläufiges Rechtsschutzverfahren: VG Az. 3 B 2079/08 , OVG Az. 1 M 19/09) und am 12. Januar 2009 gegen den Gebührenbescheid vom 12. November 2008 zum Az. 3 A 45/09 (vorläufiges Rechtsschutzverfahren: VG Az. 3 B 49/09); die Verfahren sind zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden (Az. 3 A 1156/08).

20

Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen vorgetragen,

21

ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Es fehle an einer wirksamen Rechtsgrundlage, die Gebührensatzung sei unwirksam. Die Einführung des sogenannten reinen Gebührenmodells verstoße gegen die Sollregelung in § 9 Abs. 1 KG M-V, da keine atypische Ausnahme gegeben sei, die ein Absehen von der grundsätzlich gebotenen Beitragserhebung rechtfertige. Die Satzung verstoße zudem gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung. Die Kalkulation der Gebührensätze sei methodisch fehlerhaft.

22

Die Klägerin hat beantragt,

23

den Bescheid des Beklagten vom 04.03.2008 – Kundennummer 120196 – in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 15.07.2008 insoweit aufzuheben, als die Festsetzung den Betrag von Euro 49.429,16 übersteigt, und dessen Bescheide vom 03.09.2008, vom 15.10.2008 sowie vom 12.11.2008 – Kundennummern 120196 – in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17.11.2008 bzw. 18.12.2008 insgesamt aufzuheben.

24

Der Beklagte hat beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Er hat im Wesentlichen vorgetragen,

27

die Gebührensatzung sei wirksam, die Umstellung des Finanzierungssystems auf das reine Gebührenmodell zulässig. Mit der Sollregelung des § 9 Abs. 1 KAG M-V sei der Spielraum der Aufgabenträger bei der Wahl des Refinanzierungssystems im Verhältnis zur früheren Rechtslage erweitert worden. Nach einschlägiger Kommentarliteratur bestehe sogar ein freies Wahlrecht zwischen einem Mischsystem aus Beitrags- und Gebührenerhebung und einem reinen Gebührenmodell. Die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Greifswald bestehende „Höchstkreditquote“ von etwa einem Drittel des beitragsfähigen Herstellungsaufwandes finde im Gesetz keine Grundlage. Die Auslegung des § 9 Abs. 1 KAG M-V habe sich nicht an § 44 Abs. 3 KV M-V zu orientieren. Das Vorliegen einer atypischen Ausnahme sei nach anderen Kriterien als dem einer bestimmten Kreditquote zu ermitteln. Eine atypische Ausnahme sei vorliegend gegeben, denn das Geschäftsgebiet des Zweckverbandes sei erheblich durch eine touristische Struktur mit hoher Auslastung zu den Saison- und äußerst niedriger Auslastung zu den übrigen Zeiten geprägt. Wegen der durch die notwendige Höherdimensionierung verbundenen Mehrkosten sei es gerechter, touristisch genutzte Grundstücke stärker an den Kosten zu beteiligen. Dies werde – wobei sich der Beklagte auf entsprechende Beispielsrechnungen in seinem Schriftsatz vom 05. November 2008 im Verfahren Az. 3 B 1161/08 bezieht – durch das reine Gebührenmodell erreicht. Im Übrigen wären Kreditkosten auch bei einer Beibehaltung des bisherigen Finanzierungsmodells entstanden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass Anschlussbeiträge wegen drohender Festsetzungsverjährung bis zum Ablauf des Jahres 2008 zu erheben gewesen wären. Zum einen hätte dies wegen zeitgleicher Beitragserhebung in anderen Bereichen eine erhebliche Belastung vieler Haushalte bedeutet. Zum anderen sei der mit einer Beitragserhebung verbundene Verwaltungsaufwand in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu leisten gewesen. Wegen der Akzeptanzprobleme in der Bevölkerung seien Beiträge immer erst im zeitlichen Zusammenhang mit Baumaßnahmen im Bereich der betroffenen Grundstücke erhoben worden. Vor diesem Hintergrund habe mit dem drohenden Ablauf der Verjährungsfrist eine „gröblich unangemessene Eilsituation“ bestanden, die zu einer erheblichen Fehleranfälligkeit bei der Beitragserhebung geführt hätte. Weiter sei zu berücksichtigen, dass im Land 80 von 89 Aufgabenträgern im Trinkwasserbereich keine Beiträge erheben würden.

28

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit dem angefochtenen Urteil vom 24. Februar 2010 – 3 A 1156/08 – stattgegeben und die angegriffenen Bescheide entsprechend dem Klageantrag aufgehoben. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die streitgegenständlichen Bescheide seien rechtswidrig, weil ihnen die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KG M-V erforderliche Rechtsgrundlage fehle. Die Wasserversorgungsgebührensatzung vom 20. März 2008 in der Fassung der 1. Änderung sei unwirksam. Sie leide zwar nicht an einem methodischen Fehler bei der Gebührenkalkulation. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Zweckverband die von ihm vereinnahmten Anschlussbeiträge im Rahmen der Kalkulation nicht Gebühren mindernd berücksichtigt habe. Jedoch verstoße die mit dem Erlass der Wasserversorgungsgebührensatzung bzw. mit deren § 1 Abs. 1 Buchst. a) verbundene Einführung des sogenannten reinen Gebührensystems gegen die Soll-Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V, die eine Beitragsfinanzierung vorsehe. Diese Vorschrift schließe die Einführung eines sogenannten „reinen Gebührenmodells“ nicht völlig aus, regele aber als Kollisionsnorm das Verhältnis zwischen beiden Finanzierungsmethoden. Mit ihr habe der Gesetzgeber eine Nachrangigkeit der Gebührenfinanzierung angeordnet. Ein einschränkungsloses Wahlrecht der Aufgabenträger, statt eines „Beitragsmodells“ ein „Gebührenmodell“ einzuführen, bestehe nicht. Eine vollständige oder überwiegende Gebührenfinanzierung sei auf so genannte atypische Fälle beschränkt. Hinsichtlich der Kriterien für das Vorliegen einer Ausnahme komme es maßgebend auf die systematischen Bezüge an, die die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V zu den allgemeinen Grundsätzen der gemeindlichen Einnahmebeschaffung und dabei insbesondere zu der Bestimmung des § 44 Abs. 3 Kommunalverfassung – KV M-V – aufweise. Die Gesetzesmaterialien seien für die Auslegung der Bestimmung demgegenüber unergiebig. Bei § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V handele es sich um die bereichsspezifische Ausprägung des in § 44 Abs. 3 KV M-V normierten allgemeinen Grundsatzes, dass eine Gemeinde Kredite nur aufnehmen dürfe, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich sei oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre. Danach sei die Kreditfinanzierung gegenüber allen anderen Finanzierungsformen subsidiär, sie solle möglichst vermieden, zumindest aber auf das unabdingbare Maß reduziert werden. Damit erkläre sich, warum die Beitragserhebung die regelmäßige Finanzierungsform für die in § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V genannten Maßnahmen darstelle. Die Finanzierung der Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten leitungsgebundener Anlagen durch Benutzungsgebühren erfordere in der Regel einen deutlich höheren Kreditbedarf als eine Beitragsfinanzierung. Das mit der Soll-Regelung verbundene Regelungsziel der Senkung des Fremdkapitalbedarfs gebe auch den Rahmen vor, in dem Ausnahmen zulässig seien. Es müsse ein innerer Zusammenhang zwischen Regel und Ausnahme vorhanden sein. Daraus folge, dass es für die Ausnahme nicht auf eine besondere Bebauungsstruktur im Gebiet des Aufgabenträgers ankommen könne. Eine am Regelungsziel des § 9 Abs. 1 S. 1 KAG M-V orientierte Ausnahme sei jedoch immer dann gegeben, wenn die Eigenkapitalausstattung für die betreffende Maßnahme – aus welchen Gründen auch immer – so gut sei, dass der Kreditbedarf des Aufgabenträgers bei einer überwiegenden Gebührenfinanzierung der Anlage ein Maß von etwa einem Drittel der Herstellungskosten nicht deutlich übersteige. In diesem Fall sei es nicht einsehbar, warum der Aufgabenträger daran gehindert sein sollte, die Refinanzierung der Anlage ganz oder überwiegend durch Benutzungsgebühren vorzunehmen. Bei der Bemessung der Quote lasse sich das Verwaltungsgericht davon leiten, dass § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V – ebenso wie strengere Regelung in § 8 Abs. 1 KAG M-V 1993 – den Aufgabenträger nicht dazu zwinge, bei der Erhebung von Anschlussbeiträgen einen Deckungsgrad von 100 % anzustreben; vielmehr sei ein niedrigerer Deckungsgrad zulässig. Dadurch werde die Flexibilität des Aufgabenträgers erhöht und insbesondere gewährleistet, dass er die Belastung der Beitragspflichtigen in einem gewissen Umfang abmildern könne. Allerdings stelle sich bei einem sinkenden Deckungsgrad ab einem bestimmten Punkt die Frage, ob die Beitragserhebung noch mit der Soll-Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V vereinbar sei. Die Refinanzierung des beitragsfähigen Aufwandes müsse in der Regel ganz oder zumindest zum überwiegenden Teil durch Beiträge erfolgen. Die Festlegung der insoweit tolerablen Quote von etwa 70 % Beitragsfinanzierung orientiere sich an der Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern, das in seinem Urteil vom 02. Juli 2004 – 4 K 38/02 – bei einem Aufgabenträger, der über die Erhebung von Anschlussbeiträgen einen Deckungsgrad von 70 % angestrebt habe, die Frage eines Verstoßes gegen die damals noch geltende Beitragserhebungspflicht nach § 8 Abs. 1 KAG M-V 1993 noch nicht einmal angesprochen habe. Daraus folge nach Auffassung der Kammer, dass ein angestrebter Deckungsgrad von 70 % voraussetzungslos zulässig sei, ohne dass es auf das Vorliegen atypischer Umstände ankomme. Nach diesen Kriterien liege eine atypische Ausnahme im Falle des ZWAR nicht vor, da die tolerable Quote einer Kreditfinanzierung vorliegend weit überschritten sei. Andere Umstände, die die Annahme einer atypischen Ausnahme erlaubten, seien ebenfalls nicht erkennbar. Die Auffassung des Beklagten, dass in Regionen mit einer ausgeprägten touristischen Struktur eine atypische Ausnahme vorliegen solle, klinge in den Gesetzgebungsmaterialien nicht einmal an. Hinzu komme, dass gerade in diesen Regionen die Einführung eines reinen Gebührensystems zu einer nicht gerechtfertigten Mehrbelastung der Eigentümer ganzjährig genutzter Grundstücke führe.

29

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Das Urteil ist dem Beklagten ausweislich Empfangsbekenntnisses am 12. März 2010 zugestellt worden. Er hat am 15. März 2010 beim Verwaltungsgericht Berufung gegen das Urteil eingelegt und diese mit am 06. April 2010 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz im Wesentlichen wie folgt begründet:

30

Die angefochtene Entscheidung begegne ernstlichen Richtigkeitszweifeln, die Frage des Systemwechsels sei von grundsätzlicher Bedeutung. Die Satzung wie auch die ihr zugrunde liegende Kalkulation seien entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts rechtmäßig. Auf die Entscheidung des Senats zum Az. 1 M 157/08 und den dortigen sowie anderweitigen Vortrag werde verwiesen. Die in ihr thematisierte Problematik der im Rahmen der Gebührenkalkulation nicht berücksichtigten Einnahmen aus Beiträgen sei obsolet. Die vereinnahmten Trinkwasserbeiträge würden laufend zurückgezahlt, was im Erlasswege geschehe. Der Zweckverband befinde sich auch in einer atypischen Situation im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V. Dabei sei, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe, der Inhalt der Gesetzesmaterialien ohne Belang. Unklar sei dann aber, weshalb das Verwaltungsgericht diese teilweise ausführlich thematisiere und letztlich doch zur Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V dort heranziehe, wo dies der Auffassung des Gerichts dienlich scheine. Einer solchen Auslegung bedürfe es nicht, weil der Regelungsgehalt einer Soll-Regelung geklärt sei. Ob eine atypische Ausnahme vorliege, die es rechtfertigen könne, von der Soll-Regelung abzuweichen, beurteile sich nach allgemeinen tatsächlichen Kriterien. Die Soll-Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V habe die Rechtslage öffnen und Spielräume geben wollen. Diese seien vom Zweckverband in nicht zu beanstandender Weise genutzt worden. Insbesondere von den Gerichten sei zu klären, ob Regionen mit einer ausgeprägten touristischen Struktur eine atypische Ausnahmesituation für sich in Anspruch nehmen dürften.

31

Mit am 14. Dezember 2010 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz hat der Beklagte ergänzend vorgetragen, es liege ein atypischer Fall vor, der den Zweckverband berechtige, auf ein reines Gebührenmodell zu wechseln. Für die Forderung des Verwaltungsgerichts, es müsse eine bestimmte Kreditquote eingehalten werden, würden weder § 44 Abs. 3 KV M-V noch der – gelockerte – § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V etwa hergeben. Im Hinblick auf die „zwingende“ Bestimmung des § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 müsse beachtet werden, dass sie von 90 % der betroffenen Körperschaften eben nicht als zwingend angesehen worden sei. Das Gebührensystem sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht ungerechter. Ein Beispiel für die bis zur Unzumutbarkeit reichenden Schwierigkeiten in der täglichen Anwendung des Rechts im Bereich der Beitragserhebung stelle die wohl richtige jüngere Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern zum Az. 4 K 12/07 dar. Es habe als gesichert gelten dürfen, dass der Grundsatz der Typengerechtigkeit auch bei der rechtlichen Beurteilung einer Tiefenbegrenzung Bedeutung gewinnen könne. Dies könne nach der genannten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht mehr angenommen werden. Auch habe es als gesichert gelten dürfen, dass eine satzungsmäßige Tiefenbegrenzung von 50 m aufgrund von Vorschriften im Brandschutzrecht, die von einer Ortsüblichkeit der Bebauung in dieser Tiefe ausgingen, nicht gesondert zu begründen sei. Die gewählte Tiefenbegrenzung müsse nun aber nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts in jedem Fall in Ausübung dargelegten Ermessens hergeleitet und erläutert sein. Anderenfalls fehle es an einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung und damit an einer methodisch korrekten Kalkulation. Keiner der in der Vergangenheit beschlossenen Wasserversorgungsbeitragssatzungen des Zweckverbandes habe eine dokumentierte Erfassung der ortsüblichen Bebauungstiefe zugrunde gelegen. Die jeweils gewählte Grenze von 50 m habe allein auf der sog. „Feuerwehrschlauch-Rechtsprechung“ beruht. Ein Systemwechsel liege nicht vor, weil es niemals eine rechtmäßige Trinkwasserbeitragserhebung gegeben habe.

32

Der Beklagte beantragt,

33

die Klage unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.

34

Die Klägerin beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Sie trägt vor,

37

die Berufung des Beklagten sei bereits gemäß § 124 a Abs. 3 Satz 5 VwGO unzulässig, da die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 124 a Abs. 3 Satz 2 VwGO nicht genüge. Insbesondere begründe der Beklagte die zwei geltend gemachten Berufungsgründe der „ernstlichen Richtigkeitszweifel“ und der grundsätzlichen Bedeutung der „Angelegenheit Systemwechsel“ nicht hinreichend. Die bloße Bezugnahme auf das Vorbringen erster Instanz und in diversen anderen Verfahren genüge nicht. Es fehle insgesamt an der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem angegriffenen Urteil. Mit Blick auf die zwischenzeitlichen Entscheidungen des Senats in parallelen Beschwerdeverfahren würden für Beschwerde- und Berufungsbegründung die gleichen Maßstäbe gelten. Die Berufung sei zumindest unbegründet. Die Unwirksamkeit der möglichen Rechtsgrundlagen ergebe sich neben den Erwägungen des Verwaltungsgerichts Greifswalds auch aus den Ausführungen des Senats in seinem Beschluss vom 25. Mai 2009 – 1 M 157/08 –. Unzutreffend sei die Auffassung des Beklagten, die in diesem Beschluss thematisierte Problematik der im Rahmen der Gebührenkalkulation nicht berücksichtigten Einnahmen aus Beiträgen sei obsolet, da die vereinnahmten Trinkwasserbeiträge laufend zurückgezahlt würden. Der Beklagte habe sein Satzungsrecht nicht angepasst; unabhängig davon trage er schon nicht vor, warum in seinem Verbandsgebiet eine atypische Situation vorliege. Der Beklagte behaupte lediglich, in seinem Verbandsgebiet herrsche eine touristische Struktur vor. Warum es sich bei dieser um eine „atypische“ handele und sie sich im Übrigen atypisch auf die Beitragserhebung auswirke, sei bisher auch nicht erläutert. Die Beitragserhebung im Abwasserbereich laufe problemlos, dort gebe es anscheinend keine atypische Situation. Selbst wenn die reine Gebührenfinanzierung – wie vorgetragen werde – abgabengerechter wäre, führte die bloße größere Abgabengerechtigkeit in einem Verbandsgebiet nicht zu einer atypischen Situation. Die reine Gebührenfinanzierung sei bei einer touristischen Struktur außerdem gerade nicht abgabengerechter, weil damit die Dauernutzer für die – aufgrund der Wochenend- und Feriennutzung – notwendigen Spitzenlastreserven anteilig durch den ganzjährigen Wasserverbrauch mehr zahlten als diejenigen, die für die „Spitzenlasten“ verantwortlich seien. Die vom Beklagten vorgelegten Unterlagen zur Tiefenbegrenzungsregelung der früheren Wasserversorgungsbeitragssatzung seien unzureichend. Bei ordnungsgemäßer Ermessensausübung wäre die Tiefenbegrenzung ebenfalls auf 50 m festgelegt worden, somit sei die Satzung nach den zwischenzeitlich durchgeführten Ermittlungen wirksam gewesen. Die Beitragsbescheide seien bestandskräftig und nicht aufgehoben worden. Auch deshalb sei die Systemumstellung rechtswidrig. Die Kalkulation der Gebühr sei nicht nachvollziehbar.

38

Auf eine vom Berichterstatter gegenüber dem Beklagten erlassene Verfügung gemäß § 87 b Abs. 2 VwGO hat der Beklagte in der ihm zum 07. März 2011 gesetzten Frist u. a. ergänzend vorgetragen: Bei den wesentlichen Ursachen der Gebührenerhöhung fielen Personalaufwand, sonstige betriebliche Aufwendungen sowie Steuern besonders ins Gewicht. Der Systemwechsel bzw. der Umstand, dass erst jetzt vollumfänglich Gebühren erhoben würden, schlage sich im ersten Jahr bei der Gebühr mit ca. 30 Cent, im zweiten Jahr mit noch ca. 19 Cent und ab dem dritten Jahr nur noch mit ca. 2 Cent nieder. Die Beitragsrückzahlung erfolge aus Kreditmitteln. Allerdings habe der Festlegung der Tiefenbegrenzung auf 50 m in den Satzungswerken des Zweckverbandes eine Ermittlung der örtlichen Verhältnisse/ortsüblichen Bebauungstiefe nebst entsprechender Dokumentation zur Untermauerung der Ermessensentscheidungen, wie sie nun das OVG Mecklenburg-Vorpommern im Sinne methodisch korrekten Kalkulationsvorgehens verlange, nie zu Grunde gelegen. Es habe eine gefestigte Einschätzung bei den zuständigen Sachbearbeitern bestanden. Danach entspreche diese Begrenzung der ortsüblichen Bebauung zumindest insoweit sicher, dass sich jedenfalls keine offenkundigen Unbilligkeiten häuften. Aufgrund dieser aus profunder persönlicher Ortskenntnis und punktuell in Ortsbegehungen gewonnenen Einschätzung seien Ermittlungen, die bislang nur bei Festlegung einer anderen als der 50-Meter-Begrenzung angezeigt erschienen, für entbehrlich gehalten worden. Gezielte bzw. methodische Erhebungen geschweige denn explizite Dokumentationen diesbezüglich, die das Verbandsgebiet insgesamt oder auch nur ermessensrichtig ausgewählte Repräsentativbereiche zum Gegenstand hätten, würden erst jetzt, im Nachgang zur OVG-Rechtsprechung, durchgeführt und sollten noch im März 2011 abgeschlossen werden.

39

Zwischenzeitlich sind zwischen den Beteiligten weitere Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anhängig gewesen, in denen die Klägerin erstinstanzlich obsiegt hat; die Beschwerden des Beklagten, die im Wesentlichen wortlautidentisch mit seiner Berufungsbegründung gemäß Schriftsatz vom 31. März 2010 gewesen sind, hat der Senat mit Beschlüssen vom 24. November 2010 mangels Erfüllung des Darlegungserfordernisses als unzulässig verworfen (Az. 3 B 406/10 und 1 M 145/10, 3 B 542/10 und 1 M 150/10; 3 B 811/10 und 1 M 213/10; 3 B 912/10 und 1 M 214/10; 3 B 1003/10 und 1 M 229/10), ebenso die Beschwerde in einem Parallelverfahren (Beschluss v. 23.11.2010 – 1 M 125/10 –).

40

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, ferner auf die gerichtlichen Verfahrensakten Az. 1 L 125/10 samt Beiakten, 1 M 157/08, 1 M 19/09, 1 M 145/10, 1 M 150/10, 1 M 213/10, 1 M 214/10 und 1 M 229/10, die sämtlich zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

41

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg; sie ist zulässig (I.) und begründet (II.).

42

I. Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht eingelegte Berufung des Beklagten ist entgegen der Auffassung der Klägerin zulässig.

43

1. Die nach Zustellung des Urteils am 12. März 2010 in der Frist des § 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO am 15. März 2010 beim Verwaltungsgericht eingelegte Berufung bezeichnet zunächst das angefochtene Urteil hinreichend im Sinne von § 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist es erforderlich, dass Gewissheit über die Identität des angefochtenen Urteils besteht. Eine vollständige Bezeichnung des angefochtenen Urteils erfordert grundsätzlich die Angabe der Beteiligten, des Verwaltungsgerichts, des Aktenzeichens und des Verkündungsdatums (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 124a VwGO Rn. 34, 170 ff.; BGH, Beschl. v. 21.03.1991 – IX ZB 6/91 –, NJW 1991, 2081 – zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 02.11.2004 – 1 B 144/04 –, Buchholz 310 § 82 VwGO Nr. 21 – zitiert nach juris). Die Berufungsschrift des Beklagten benennt zwar das Aktenzeichen des angefochtenen Urteils nicht. Vorliegend ist das Urteil jedoch aufgrund sonstiger, innerhalb der Rechtsmittelfrist des § 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO erkennbarer Umstände derart individualisierbar, dass seine Identität für den Rechtsmittelgegner und das angerufene Gericht zweifelsfrei feststeht (vgl. BGH, Urt. v. 27.06.1984 – VIII ZR 213/83 –, VersR 1984, 870 –; Beschl. v. 12.04.1989 – IVb ZB 23/89 –, NJW-RR 1989, 958 – jeweils zitiert nach juris). Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hatte am 15. März 2010 zunächst um 11.26 Uhr sein Empfangsbekenntnis, das Urteil vom 24. Februar 2010 – 3 A 1156/08 – am 12. März 2010 erhalten zu haben, per Telefax übermittelt. Die Berufungsschrift ging am selben Tag um 17.16 Uhr auf demselben Weg beim Verwaltungsgericht ein. Insbesondere mit Blick auf die in der Berufungsschrift enthaltene Angabe des Zustellungsdatums war eine hinreichende Verknüpfung zum Empfangsbekenntnis hergestellt, das das Aktenzeichen des Urteils benannte. Auf dieser Basis hat das Verwaltungsgericht eine entsprechende Zuordnung der Berufung vorgenommen, ebenso das Berufungsgericht im Rahmen der Eingangsverfügung. Die am 06. April 2010 schließlich in der Frist des § 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO eingegangene Berufungsbegründung spricht entsprechend von der „hier angefochtenen Entscheidung zum Az. 3 A 1156/08“.

44

2. Dieser am 06. April 2010 in der Frist des § 124a Abs. 3 Satz 1, 2 VwGO beim Oberverwaltungsgericht eingereichte Schriftsatz des Beklagten vom 31. März 2010 zur Begründung der Berufung genügt entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin auch noch den Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO, wonach die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten muss sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).

45

Dem Antragserfordernis und dem Formerfordernis einer gesonderten Berufungsbegründung wird nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig entsprochen, wenn in dem einzureichenden Schriftsatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, dass, in welchem Umfang und weshalb der Berufungsführer die zugelassene Berufung durchführen will (stRspr des BVerwG; vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 02.06.2005 – 10 B 4.05 –, juris; Beschl. v. 16.12.2004 – 1 B 59.04 –, juris Rn. 2; Beschl. v. 07.03.2003 – 2 B 32.02 –, juris Rn. 4; Beschl. v. 08.03.2004 – 4 C 6.03 –, Buchholz 310 § 124 a VwGO Nr. 26; jeweils zitiert nach juris). Der Wortlaut des 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO, die nach seiner Entstehungsgeschichte gewollte Anlehnung an die im verwaltungsprozessualen Revisionsrecht und im Zivilprozess für die Berufungsbegründung geltenden Anforderungen sowie der Zweck der Bestimmung, mit der Berufungsbegründungspflicht die Berufungsgerichte zu entlasten und dadurch das Berufungsverfahren zu straffen und zu beschleunigen, lassen erkennen, dass die Berufungsbegründung dabei substantiiert und konkret auf den zu entscheidenden Fall bezogen sein muss (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.12.2004 – 2 B 51.04 –, juris). Sie hat in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Einzelnen auszuführen, weshalb das angefochtene Urteil nach der Auffassung des Berufungsführers unrichtig ist und geändert werden muss (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.07.2008 – 10 B 3.08 –, juris). Welche Mindestanforderungen in Anwendung dieser Grundsätze jeweils an die Berufungsbegründung zu stellen sind, hängt wesentlich von den Umständen des konkreten Einzelfalles ab (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.04.2001 – 1 C 33.00 –, BVerwGE 114, 155 – zitiert nach juris; vgl. zum Ganzen auch BVerwG, Beschl. v. 02.06.2005 – 10 B 4.05 –, juris). Grundsätzlich kann es zur Erfüllung des Begründungserfordernisses aus § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO nicht ausreichen, dass der Berufungskläger in der Berufungsbegründung erklärt, er halte an seiner erstinstanzlich bereits dargelegten Rechtsauffassung fest und wünsche eine Überprüfung durch das Oberverwaltungsgericht, er nehme insoweit – konkludent – Bezug auf den erstinstanzlichen Vortrag (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.03.2005 – 5 B 58.04 –, juris). Soweit das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Beschl. v. 30.01.2009 – 5 B 44.08 –, Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 39; Beschl. v. 02.07.2008 – 10 B 3.08 –; Urt. v. 08.03.2004 – 4 C 6.03 –, Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 26 = NVwZ-RR 2004, 541 – jeweils zitiert nach juris) eine Bezugnahme auf das Zulassungsvorbringen im Begründungsschriftsatz für zulässig hält, betrifft dies nur die Bezugnahme auf das Zulassungsvorbringen, also auf die Begründung im Antragsverfahren auf Zulassung der Berufung, nicht hingegen auf die Begründung im erstinstanzlichen Klageverfahren. Insoweit gilt mithin, dass die pauschale Bezugnahme auf einen gegenüber der Vorinstanz eingenommenen Rechtsstandpunkt grundsätzlich nicht ausreichend sein kann.

46

Die Berufungsbegründung des Beklagten in dessen Schriftsatz vom 31. März 2010 erfüllt noch die nach Maßgabe dieses Maßstabes von § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO gestellten Anforderungen, obwohl der Senat seine Beschwerden in parallel gelagerten Beschwerdeverfahren insbesondere zwischen den Beteiligten, deren Begründungen im Wesentlichen wortlautidentisch mit dieser Berufungsbegründung gewesen sind, jeweils mit Beschlüssen vom 24. November 2010 mangels Erfüllung des Darlegungserfordernisses gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO als unzulässig verworfen hat.

47

Zunächst ist prinzipiell zu berücksichtigen, dass mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG Zulässigkeitsvoraussetzungen für ein nach der Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht überspannt werden und dieses nicht leer laufen lassen dürfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.09.2009 – 1 BvR 814/09 –, NJW 2009, 3642; Beschl. v. 08.12.2009 – 2 BvR 758/07 –, NVwZ 2010, 634, 640). Dies gilt umso mehr in Verfahren, in denen der Rechtsmittelführer wegen der Verneinung von Zulässigkeitsvoraussetzungen einen endgültigen Rechtsverlust erleiden würde, also insbesondere mit Blick auf § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO. Die Prozesssituation stellt sich – hier – im Berufungsverfahren damit grundlegend anders dar als im Beschwerdeverfahren, in denen der Rechtsmittelführer bei Verneinung der dort geltenden Darlegungsanforderungen grundsätzlich – obsiegt er später im Hauptsacheverfahren – „nur“ zeitlich vorübergehend, für die Dauer des Hauptsacheverfahrens eine Rechtsbeeinträchtigung, aber keinen endgültigen Rechtsverlust hinnehmen müsste.

48

Die entscheidungstragenden Erwägungen aus den Senatsbeschlüssen in den erwähnten Beschwerdeverfahren können vorliegend zudem schon deshalb nicht „eins zu eins“ übernommen werden, weil die für das Erfordernis der Begründung des jeweiligen Rechtsmittels geltenden gesetzlichen Anforderungen in § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO einerseits und § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO andererseits vom Gesetzgeber grundlegend unterschiedlich formuliert worden sind: Während § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO die Darlegung der Gründe, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und ausdrücklich die Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung verlangt, fordert § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO „nur“, dass die Gründe der Anfechtung – die „Berufungsgründe“ – im Einzelnen anzuführen sind. Gerade der Verzicht auf das Erfordernis der Auseinandersetzung gibt schon nach dem Wortlaut des Gesetzes einen deutlichen Hinweis darauf, dass die Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO gegenüber denen des § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO weniger streng sind.

49

Zudem sind vorliegend besondere Umstände des konkreten Einzelfalles zu beachten, die die an die Berufungsbegründung des Beklagten zu stellenden Mindestanforderungen herabsenken. Insbesondere unter Berücksichtigung seines Vorbringens in den in gleicher Angelegenheit bzw. hinsichtlich der gleichen Rechtsfragen schon im Vorfeld der Berufung geführten vorläufigen Rechtsschutz- bzw. Beschwerdeverfahren (Az. 1 M 157/08, 1 M 19/09) – auf die sich der Beklagte teilweise ausdrücklich, wenn auch pauschal, bezieht – ergibt sich hinreichend, dass der Beklagte – nach wie vor – für das Berufungsgericht erkennbar auf dem Rechtsstandpunkt steht, aus § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V folge ebenso wie aus § 44 Abs. 3 KV M-V entgegen der vom Verwaltungsgericht auch in dem angefochtenen Urteil geäußerten Rechtsauffassung keine Beitragserhebungspflicht in dem Sinne, dass diese eine Gebührenfinanzierung ausschließen würde; jedenfalls würden sich aus den von ihm angeführten Umständen hinreichend Gründe ergeben, die eine atypische Situation, wie sie das Verwaltungsgericht als erforderlich für die Normierung eines reinen Gebührensystems verlange, begründeten. Hieran knüpft die Berufungsbegründung ersichtlich an und macht damit unter Berücksichtigung der vorweggeschickten grundsätzlichen Erwägungen zu den verfassungsrechtlichen Maßgaben für das Rechtsmittelrecht und den Unterschieden in den Begründungsanforderungen der verschiedenen Rechtsmittel nach der VwGO gerade noch hinreichend deutlich, dass der Beklagte das stattgebende Urteil mit der Berufung insgesamt angreifen will und weshalb er abweichend vom Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig hält. Insbesondere den Ausführungen zur – nach Auffassung des Beklagten – Unbeachtlichkeit der Entstehungsgeschichte kann noch entnommen werden, dass auch die von ihm ins Feld geführten Aspekte der touristischen Struktur entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts eine atypische Situation begründen können sollen, die das Gebührenfinanzierungssystem des ZWAR rechtfertigten. Ferner hat er vorgetragen, „das Problem (solle) im Bereich der Kommunalabgaben verbleiben, wo es systematisch hingehöre, und nicht über die sonst zu erhebende Umlage in das die (auch die nicht bevorteilte) Allgemeinheit betreffende Steuerrecht verlagert werden“. Damit vertritt der Beklagte noch erkennbar auch den Standpunkt, dass systematisch das allgemeine Kommunalverfassungsrecht nicht die Auslegung des spezielleren Kommunalabgabenrechts determinieren könne. Ferner kann sein Vortrag dahin verstanden werden, dass zwar Abgaben nach dem Kommunalabgabengesetz erhoben werden müssen und nicht in eine Steuerfinanzierung ausgewichen werden dürfe, innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens aber keine Beitragserhebungspflicht bestehe. Eine darüber hinausgehende substantiierte Auseinandersetzung mit den Gründen des verwaltungsgerichtlichen Urteils verlangt § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO – anders als § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO – hingegen nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.06.2005 – 10 B 4.05 –, juris; vgl. allerdings auch BVerwG, Beschl. v. 02.07.2008 – 10 B 3.08 –, juris; Beschl. v. 03.03.2005 – 5 B 58.04 –, juris). Der Berufungsführer genügt grundsätzlich seiner gesetzlichen Begründungspflicht, wenn er in der Berufungsbegründung an seiner in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht insoweit hinreichend konkret erläuterten Auffassung festhält, der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig, und dadurch zum Ausdruck bringt, dass er von den gegenteiligen Erwägungen des angefochtenen Urteils nicht überzeugt ist. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO verlangt demgegenüber nicht, dass der Berufungsführer hierzu auf die Begründungserwägungen des angefochtenen Urteils im Einzelnen eingeht. Würde dies gefordert, lehnte sich der Senat zu eng an die Rechtsprechung zur Berufungsbegründung im Zivilprozess und zur Revisionsbegründung im Verwaltungsprozess an und berücksichtigte dabei zu wenig die Unterschiede zwischen diesen Verfahren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.06.2005 – 10 B 4.05 –, juris).

50

Ebenso wenig musste der Beklagte sich in seiner Berufungsbegründung näher dazu verhalten, dass der Senat in seinem Beschluss vom 25. Mai 2009 – 1 M 157/08 – entscheidungstragend angenommen hatte, die Wasserversorgungsgebührensatzung vom 20. März 2008 sei wegen einer methodisch fehlerhaften Kalkulation unwirksam. Das Verwaltungsgericht ist – anders als etwa in seinem Beschluss vom 08. Juni 2010, Az. 3 B 406/10 (1 M 145/10), weil darin lediglich auf die S. 10 ff. des Entscheidungsumdrucks des vorliegend angefochtenen Urteils verwiesen wird – der entsprechenden Rechtsauffassung des Senats entgegen getreten. Da dies für den Beklagten günstig war, bestand unabhängig von der Frage der Richtigkeit der entsprechenden verwaltungsgerichtlichen Ausführungen für ihn keine Veranlassung, hierzu in der Berufungsbegründung näher vorzutragen.

51

II. Die Berufung des Beklagten ist auch begründet. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 24. Februar 2010 ist zu ändern und die Klage abzuweisen.

52

Die zulässige Klage der Klägerin ist unbegründet; die angefochtenen Gebührenbescheide sind – soweit angefochten – rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

53

Den Bescheiden liegt mit der Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung- über die Erhebung von Gebühren für die Wasserversorgung (Wasserversorgungsgebührensatzung – WVGS 2008) vom 20. März 2008 in der Fassung der 1. Änderung vom 03. September 2008 die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V erforderliche wirksame Rechtsgrundlage zugrunde. Das in § 1 Abs. 1 Buchst. a) WVGS 2008 grundsätzlich und in weiteren Satzungsbestimmungen näher ausgeformte System der Finanzierung zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung der öffentlichen Wasserversorgungsanlagen (sog. reines Gebührenfinanzierungssystem) ist rechtmäßig. Es steht entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts und der Klägerin nicht im Gegensatz zu § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V, wonach „zur Deckung des Aufwandes für die Anschaffung und Herstellung der notwendigen öffentlichen Einrichtungen zur leitungsgebundenen Versorgung mit Wasser oder Wärme oder zur leitungsgebundenen Abwasserentsorgung Anschlussbeiträge erhoben werden sollen“.

54

§ 1 Abs. 1 Buchst. a) WVGS 2008 bestimmt für eine solche öffentliche Wasserversorgungseinrichtung, dass der Zweckverband Wasserversorgung nach Maßgabe dieser Satzung Gebühren für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Wasserversorgung zur Deckung der Kosten gemäß § 6 Abs. 2 KAG M-V sowie zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung öffentlicher Wasserversorgungsanlagen erhebt. Diese satzungsrechtlich vorgeschriebene Refinanzierung des Herstellungsaufwandes für die vom Zweckverband betriebene öffentliche Wasserversorgungsanlage steht sowohl mit § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V (1.) als auch mit sonstigem höherrangigen Recht (2.) in Einklang.

55

1. § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V begründet keine Beitragserhebungspflicht in dem Sinne, dass eine teilweise oder vollständige Gebührenfinanzierung des Herstellungsaufwandes für alle Träger von Wasserversorgungseinrichtungen im Land Mecklenburg-Vorpommern grundsätzlich ausgeschlossen wäre. Die Bestimmung ist vielmehr dahingehend zu verstehen, dass sie jedenfalls dann, wenn ein Versorgungsträger erstmalig (gewissermaßen in der „Stunde Null“) in rechtswirksamer Weise die Entscheidung über die Art und Weise der Refinanzierung des Herstellungsaufwandes für seine Einrichtung zu treffen hat bzw. sie – wie regelmäßig anzunehmen ist – in der Vergangenheit bereits getroffen hat, dessen grundsätzliches Wahlrecht hinsichtlich der Finanzierungsart, das schon nach altem Recht nach Maßgabe des Kommunalabgabengesetzes vom 01. Juni 1993 (KAG 1993) bestand, nicht – rückwirkend – einschränkt. Ihr unmittelbares Regelungsziel besteht darin, (nur) in den Fällen, in denen sich ein Versorgungsträger in der Vergangenheit bereits rechtswirksam für eine Beitragsfinanzierung entschieden hat, zukunftsgerichtet die Möglichkeit, von diesem Refinanzierungssystem zu Gunsten eines anderen Systems wieder abzurücken, zwar nicht vollständig, aber doch weitgehend nach Maßgabe einer Soll-Bestimmung in der Regel auszuschließen bzw. einzuschränken. Sie hat also gerade den „echten“ Systemwechsel im Blick, der dadurch zu charakterisieren ist, dass ein Versorgungsträger ein bestehendes System rechtswirksamer bzw. rechtmäßiger Beitragsfinanzierung seines Herstellungsaufwandes durch eine Gebühren- oder anderweitige Finanzierung (privatrechtliche Entgelte) ablösen will. Eine Beitragserhebungspflicht begründet § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V nach Maßgabe einer Soll-Bestimmung in allen Fällen, in denen eine wirksame Beitragssatzung und damit eine wirksame Rechtsgrundlage für eine Beitragserhebung existiert. Daraus folgt im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats insbesondere die Verpflichtung, einen wirksam entstandenen Beitragsanspruch vollständig auszuschöpfen, etwa auch Beiträge nachzuerheben (vgl. Urt. v. 15.12.2009 – 1 L 323/06 –, juris).

56

a) Einen zentralen Schlüssel und damit Zugang zum Verständnis des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V bieten die Regelungen und das Normgefüge des Kommunalabgabengesetzes 1993 – hier insbesondere des § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993. Diesen kann eine Beitragserhebungspflicht in dem vom Verwaltungsgericht angenommenen umfassenden Sinne, derzufolge Beiträge grundsätzlich in jedem Fall ausnahmslos – also nicht nur in der vorstehend skizzierten Situation – vorrangig gegenüber Gebühren zu erheben sind, nach Überzeugung des Senats nicht entnommen werden. Vielmehr ließen die Bestimmungen des KAG 1993 dem Einrichtungsträger grundsätzlich eine Wahlfreiheit hinsichtlich der Art der Finanzierung des Herstellungsaufwandes.

57

Eine reine Gebührenfinanzierung verstieß unter der Geltung des KAG 1993 nicht gegen dessen § 8 Abs. 1 KAG 1993. Beiträge zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, den Aus- und Umbau, die Verbesserung, Erweiterung und Erneuerung der notwendigen öffentlichen Einrichtungen und Anlagen sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 nach festen Verteilungsmaßstäben von denjenigen Grundstückseigentümern, zur Nutzung von Grundstücken dinglich Berechtigten und Gewerbebetreibenden zu erheben, denen hierdurch Vorteile erwachsen. Die Beiträge sind nach Vorteilen zu bemessen (Satz 2).

58

Diese Vorschrift hat keine Pflicht der abgabenberechtigten Körperschaft angeordnet, den Aufwand für Herstellung, Aus- und Umbau der öffentlichen Einrichtung speziell durch Beiträge zu decken. Ihr ist kein Vorrang der Beitragserhebung im Verhältnis zu einer Refinanzierung des Herstellungsaufwandes durch die Erhebung von Gebühren zu entnehmen (so auch Aussprung, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: August 2010, § 9 Anm. 2.1, S. 8 und Aussprung, Wichtige Änderungen des Kommunalabgabenrechts Mecklenburg-Vorpommern durch das Erste Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes, NordÖR 2005, 245; vgl. auch Sauthoff, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2009, § 8 Rn. 1611 einerseits, Rn. 1614 am Ende andererseits).

59

Bereits der Wortlaut der Vorschrift spricht nicht zwingend für eine Beitragserhebungspflicht, die ein Refinanzierungssystem auf der Grundlage einer reinen Gebührenerhebung ausschließen würde. Er lässt für sich betrachtet im Gegenteil eher als die Festlegung einer Beitragserhebungspflicht ein Normverständnis zu, wonach sich die durch das Wort „sind“ geregelte Anordnung sprachlich auf die Art der Verteilungsmaßstäbe und den Kreis der Beitragspflichtigen bezieht und die Rechtsfolge von § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 damit ihrer Zielrichtung nach der des Satzes 2 dieser Regelung entspricht. Danach sind Beiträge nach Vorteilen zu bemessen. Die Beitragserhebungspflicht stünde demgemäß nicht auf der Rechtsfolgenseite, sondern erwiese sich als tatbestandliche Voraussetzung und wäre inhaltlich also wie folgt zu verstehen: Wenn Beiträge zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung … erhoben werden, dann sind sie (zwingend im Sinne einer Muss-Vorschrift) nach festen Verteilungsmaßstäben von denjenigen Grundstückseigentümern, zur Nutzung von Grundstücken dinglich Berechtigten und Gewerbetreibenden zu erheben, denen hierdurch Vorteile erwachsen. Mit diesem nach dem Wortlaut der Bestimmung deutlich näher liegenden Normverständnis ist ohne weiteres ersichtlich keine Beitragserhebungspflicht für Herstellungskosten insbesondere der leitungsgebundenen Einrichtungen der Wasserversorgung geregelt, erst recht kein Vorrang der Beitrags- gegenüber der Gebührenerhebung. Eine solche Interpretation der Bestimmung steht im Einklang mit der zu dem wortidentischen § 8 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein vertretenen herrschenden Rechtsauffassung. Auch dort wird der Gesetzeswortlaut so verstanden, dass für den Fall der Beitragserhebung Beiträge nach festen Verteilungsmaßstäben zu erheben sind, ohne dass hieraus eine Beitragserhebungspflicht hergeleitet werden könnte (vgl. Habermann, in: KAG S-H, Kommentar, Stand: November 2010, § 8, Rn. 12).

60

Gegen die Herleitung einer Beitragserhebungspflicht bereits aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 KAG 1993 spricht auch die dessen Satzstruktur ähnliche Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993. Danach „sind“ Benutzungsgebühren zu erheben, „wenn eine Einrichtung oder Anlage überwiegend der Inanspruchnahme einzelner Personen oder Personengruppen dient, sofern nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird“. Dieser Bestimmung ist im Sinne einer Definition der Benutzungsgebühr (s. dazu Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: August 2010, § 6, Anm. 2) zu entnehmen, dass die Gebühr im Falle der Inanspruchnahme einer Einrichtung oder Anlage durch einzelne Personen oder Personengruppen erhoben wird. Sie regelt hingegen nicht, dass für Einrichtungen oder Anlagen, die überwiegend der Inanspruchnahme durch Personen dienen, Gebühren erhoben werden müssen. Wollte man die Regelung in diesem Sinne als Muss-Vorschrift verstehen und entnähme man auch dem vergleichbar strukturierten § 8 Abs. 1 KAG eine Pflicht zur Erhebung von Beiträgen, so bestünde für dieselbe Anlage oder Einrichtung zugleich sowohl eine Gebühren- als auch eine Beitragserhebungspflicht. Denn nach beiden Bestimmungen kann ohne weiteres ausgehend von den jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen die Refinanzierung der Herstellungskosten der öffentlichen Einrichtung der leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung in die jeweils geregelte Abgabenform einbezogen werden. Ein solches Ergebnis kann nicht gewollt sein. Die Festlegung einer auf die Erhebung bestimmter Abgaben gerichteten Pflicht des Einrichtungsträgers hätte daher eine dahingehend eindeutige und klare Bestimmung erfordert. Dies gilt umso mehr, als allgemein anerkannt ist, dass dem Ortsgesetzgeber bzw. Zweckverband bei abgabenrechtlichen Regelungen ein weitgehender Gestaltungsspielraum zusteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.02.2006 – 8 BN 3.05 –, SächsVBl. 2006, 163 – zitiert nach juris; Urt. v. 16.09.1981 – 8 C 48.81 –, DVBl. 1982, 76 – zitiert nach juris).

61

Auch die Entstehungsgeschichte des § 8 Abs. 1 KAG 1993 erlaubt nicht den Schluss auf eine Verpflichtung des Abgabenberechtigten zur Erhebung von Beiträgen. In der Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung zu dieser Bestimmung (LT-Drs. 1/2558) heißt es zwar, dass Beiträge zu erheben seien sowohl für die Herstellung, den Aus- und Umbau sowie für die Verbesserung, Erweiterung und Erneuerung von Straßen als auch für Maßnahmen der Abwasserbeseitigung (S. 25). An anderer Stelle der Begründung (a.a.O., S. 26) heißt es dann aber, dass öffentliche Einrichtungen und Anlagen (z.B. Abwasserbeseitigung, Wasserversorgung) Gegenstand der Maßnahmen seien, die eine Beitragspflicht auslösen „können“. Der bei Siemers (a.a.O., § 6, Anm. 5.4.2.2) wiedergegebenen Stellungnahme des Innenministeriums (Ausschussdrucksache 1/34) kann entnommen werden, dass es mit der Schaffung von § 8 Abs. 1 KAG 1993 (vgl. § 8 Abs. 1 KAG 1991 „können“) darum ging zu verhindern, dass den Kommunen auch bei Straßenbaubeiträgen (Ausbaubeiträgen) ein Wahlrecht zustehen würde, wenn das Gesetz den Begriff „können“ enthielte. Bei Straßenbaubeiträgen würde eine Gebührenerhebung ausscheiden und daher bestand die Befürchtung, dass bei einem Verzicht auf die Erhebung von Beiträgen überhaupt keine Refinanzierung durch spezielle Entgelte stattfinden könnte. Es sollte für die Refinanzierung von Straßenausbaumaßnahmen der gleiche rechtliche Zustand geschaffen werden wie er nach den Bestimmungen des Baugesetzbuches für Erschließungsbeiträge bestehe, wonach die Gemeinden zur Erhebung verpflichtet seien. Dass der Gesetzgeber allgemein das Verhältnis von Gebühren- und Beitragserhebung hatte regeln wollen, ist damit an keiner Stelle des Gesetzgebungsverfahrens festzumachen. Vielmehr drängt sich die Annahme auf, dass allein verhindert werden sollte, durch eine Erhebungsfreistellung bei Straßenausbaumaßnahmen Finanzierungsausfälle zu verursachen.

62

Ebenfalls gegen eine aus § 8 Abs. 1 KAG 1993 folgende Pflicht zur Erhebung von Beiträgen spricht, dass es den kommunalen Einrichtungsträgern freistand, anstelle von öffentlich-rechtlichen Beiträgen oder Gebühren privatrechtliche Entgelte zu erheben. Diese nunmehr ausdrücklich auch für das Verhältnis zu Beiträgen in § 1 Abs. 3 KAG M-V geregelte Refinanzierungsalternative hat ebenso unter Geltung des Kommunalabgabengesetzes vor der Novellierung im Jahre 2005 bestanden (vgl. Siemers, a.a.O., § 6, Anm. 4.7; vgl. auch Brüning, Kombination und Surrogation öffentlich-rechtlicher Abgaben und privatrechtlicher Entgelte in der kommunalen Ent- und Versorgungswirtschaft, KStZ 2004, 181 ff.). Zwar ist in § 6 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz KAG 1993 ausdrücklich nur die Erhebung von Benutzungsgebühren unter den Vorbehalt gestellt worden, dass nicht ein privatrechtliches Entgelt erhoben wird. Dieser Vorbehalt galt jedoch auch für das Verhältnis zur Beitragserhebung. In der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 3 KAG M-V heißt es, dass diese Vorschrift Zweifel (vgl. dazu OVG Lüneburg, Urt. v. 25.06.1997 – 9 K 5855/95 –, NVwZ 1999, 566) daran ausräumen sollte, dass – wie im Übrigen für den überwiegenden Teil der Wasserversorgungseinrichtungen und verschiedene kommunale Abwasserentsorgungseinrichtungen tatsächlich bereits gehandhabt (s. dazu die Anlage zu dem Bericht der Landesregierung zur Erhebung von Anschlussbeiträgen gemäß §§ 7 und 9 KAG M-V für die zentrale Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, LT-Drs. 5/1652) – auch anstelle von Beiträgen privatrechtliche Entgelte erhoben werden konnten. Dies steht im Einklang mit der der Kommune grundsätzlich zustehenden Formenwahlfreiheit hinsichtlich der Regelung der Benutzungsverhältnisse ihrer öffentlichen Einrichtungen. Diese Wahlfreiheit ermöglicht eine privatrechtliche Ausgestaltung, etwa auch eine privatrechtliche Entgeltregelung, immer dann, wenn diese nicht durch kommunalrechtliche Vorschriften ausdrücklich ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.04.2005 – 8 CN 1.04 –, juris, Rn. 27). Solche Ausschlussvorschriften sah das Kommunalabgabengesetz vor der Novellierung im Jahr 2005 ebenso wenig vor wie in der nunmehr geltenden Fassung.

63

Den Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 und des § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 kann letztlich entnommen werden, dass der Gesetzgeber diejenigen zur Deckung des Aufwandes für eine öffentliche Einrichtung heranziehen wollte, denen aus ihr bzw. ihrer Inanspruchnahme ein – unterschiedlich definierter – Vorteil erwächst. Nach seinen finanzpolitischen Vorstellungen soll der Sonderaufwand für die kommunalen öffentlichen Versorgungseinrichtungen, die dem Vorteil oder den Bedürfnissen einzelner oder bestimmter Gruppen dienen, also billigerweise nicht aus allgemeinen Finanzmitteln, letztlich dem Steueraufkommen, gedeckt werden, sondern von denen aufgebracht werden, denen nach dem Veranlassungs- oder Vorteilsprinzip dieser besondere Aufwand speziell zuzurechnen ist (vgl. Siemers, a. a. O., § 6 Anm. 4.1). Diese Zweckbestimmung der Vorschriften des KAG 1993 fand ihre Entsprechung in den kommunalverfassungsrechtlichen Bestimmungen des § 44 Abs. 1 und 2 KV M-V. Werden nicht zulässigerweise privatrechtliche Entgelte erhoben, haben die Kommunen/Zweckverbände keine Wahlmöglichkeit, die öffentlichen Einrichtungen der Wasserversorgung entweder aus allgemeinen Finanzmitteln/Steuern oder aus Abgaben zu finanzieren. In diesem Sinne kann man von einer Abgabenerhebungspflicht sprechen (vgl. VGH München, Urt. v. 15.04.1999 – 23 B 97.1108 –, juris Rn. 27 f. zu Art. 8 Abs. 2 Bay KAG; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 06.06.2007 – 9 A 77.05 –, LKV 2008, 377 – zitiert nach juris, Rn. 35). Eine Pflicht zur Beitragserhebung, die die Gebührenerhebung ausgeschlossen hat, bestand jedoch nicht (vgl. im Ergebnis wohl ebenso Siemers, a. a. O., § 6 Anm. 5.4.2.1 und 5.4.2.2; Aussprung, in: KAG M-V, Stand: August 2010, § 9 Anm. 2.1). Vielmehr dienen beide Abgabenarten demselben Ziel, Aufwendungen des Einrichtungsträgers für spezielle Leistungen sachgerecht zu finanzieren (vgl. VGH München, Urt. v. 15.04.1999 – 23 B 97.1108 –, a. a. O.).

64

Schließlich steht der dargestellten Interpretation des Normgefüges des KAG 1993 allgemein und von § 8 Abs. 1 KAG 1993 im Besonderen auch nicht § 44 KV M-V i. V. m. § 161 Abs. 1 KV M-V entgegen. Nach § 44 Abs. 1 KV M-V erhebt die Gemeinde Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften. Sie hat die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Erträge und Einzahlungen, soweit vertretbar und geboten aus Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen und im Übrigen aus Steuern zu beschaffen, soweit die sonstigen Erträge und Einzahlungen nicht ausreichen (Absatz 2). Nach § 44 Abs. 3 KV M-V darf die Gemeinde Kredite für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre. Dieser Bestimmung kann entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nichts Entscheidendes für einen Vorrang der Beitrags- gegenüber der Gebührenfinanzierung entnommen werden.

65

§ 44 Abs. 1 und Abs. 2 KV M-V enthalten für die Abgabenerhebung einen Verweis auf die gesetzlichen Vorschriften und damit auf das Kommunalabgabengesetz. Der Begriff „geboten“ in Absatz 2 Nr. 1 spricht die für Entgelte, u. a. Gebühren und Beiträge bestehenden Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes an (Schröder, in: Schröder u. a.: Kommunalverfassungsrecht M-V, Stand: Dezember 2010, § 44, Rn. 6.2). § 44 KV M-V selbst enthält sich jeder näheren Regelung zur Frage der Abgabenfinanzierung kommunaler öffentlicher Einrichtungen. Damit ist hinsichtlich der Art und Weise der Refinanzierung des Aufwandes für kommunale Einrichtungen bei richtigem Verständnis des Regelungszusammenhangs das Kommunalabgabengesetz gegenüber § 44 KV M-V das speziellere Gesetz und liegt die Annahme fern, das Verhältnis von Gebühren- und Beitragsfinanzierung im Sinne eines Vorranges einer der Finanzierungsformen gegenüber der anderen wäre bereits durch § 44 Abs. 3 KV M-V vorgegeben bzw. das Normverständnis von § 8 Abs. 1 KAG 1993 wäre von dieser allgemeinen Bestimmung vorgezeichnet. Es spricht nichts dafür, dass für die grundlegende und spezielle Frage des Finanzierungssystems von kommunalen Einrichtungen als einzige abgabenrechtliche Fragestellung und systematisch gegenläufig zu der in § 44 Abs. 1 KV M-V enthaltenen Verweisung auf die (speziellen) gesetzlichen Vorschriften bereits an dieser Stelle das entscheidende Kriterium im Sinne eines Vorrangs der Beitragserhebung festgelegt werden sollte.

66

Dagegen spricht vielmehr, dass das Kommunalabgabengesetz den rechtlichen Rahmen der Gebühren- und Beitragserhebung in detaillierter Form regelt und es unverständlich wäre, wenn der Gesetzgeber das Verhältnis von Gebühren- und Beitragserhebung im Sinne eines Vorranges der einen Finanzierungsform gegenüber der anderen nicht in demselben Spezialgesetz löste, vielmehr hier den Gesichtspunkt des Kreditbedarfs gar nicht anspricht, sondern einer allgemeinen Regelung der Kommunalverfassung überließe, obwohl diese für die fragliche Materie ihrerseits ausdrücklich auf andere „gesetzliche Vorschriften“ verweist. Folglich kann man § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 nicht als „bereichsspezifische Ausprägung des in § 44 Abs. 3 KV M-V normierten Grundsatzes“ entsprechend der vom Verwaltungsgericht zu § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V vertretenen Rechtsauffassung betrachten.

67

Im Übrigen sind die Voraussetzungen des § 44 Abs. 3 KV M-V und die sich aus § 8 KAG 1993 für die Frage der Finanzierungsmöglichkeit der Herstellungskosten der öffentlichen Einrichtung der leitungsgebundenen Wasser- und Abwasserversorgung ergebenden Konsequenzen genauer in den Blick zu nehmen: § 44 Abs. 3 KV M-V erlaubt die Kreditaufnahme insbesondere, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich wäre. § 8 Abs. 7 Satz 1 KAG 1993 sah vor, dass die sachliche Beitragspflicht abgesehen von Sonderfällen mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung oder Anlage entsteht. Nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG 1993 entsteht die sachliche Beitragspflicht im Falle der Erhebung eines Anschlussbeitrages, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der Satzung. § 8 Abs. 7 Satz 3 KAG 1993 regelte schließlich, dass die Satzung einen späteren Zeitpunkt bestimmen kann. Die Beitragserhebung sah mithin im Grundsatz vor, dass überhaupt erst einmal eine Einrichtung geschaffen worden sein musste, an die ein Grundstück angeschlossen werden konnte. Die Investitionen für die Herstellung müssen also schon – im Wesentlichen – getätigt sein, bevor eine Beitragserhebung erfolgen darf. Der Zeitpunkt einer möglichen Beitragserhebung verschiebt sich auf der Zeitachse noch weiter nach hinten, wenn es zunächst – wie es in der Vergangenheit häufig der Fall gewesen ist – an einer wirksamen Satzung fehlt, und nochmals weiter, wenn der Ortsgesetzgeber von der Möglichkeit der Bestimmung eines späteren Zeitpunkts Gebrauch macht. Eine Finanzierung dieses Herstellungsaufwandes aus Beiträgen ist also in derartigen Fällen – zunächst – nicht möglich im Sinne von § 44 Abs. 3 KV M-V, folglich eine Kreditfinanzierung ohne weiteres erlaubt, obwohl die grundsätzliche Möglichkeit der Abgabenfinanzierung durch Beitragserhebung besteht. Wenn aber auch im Falle der Beitragserhebung im erheblichen Umfang eine Kreditfinanzierung notwendig oder jedenfalls rechtlich möglich wird, besteht im Prinzip kein Unterschied zur Refinanzierung durch Gebührenerhebung. Kann hinsichtlich der Notwendigkeit der Kreditaufnahme kein prinzipieller Unterschied zwischen der endgültigen Finanzierung durch Beiträge oder Gebühren festgestellt werden, lässt sich aus § 44 Abs. 3 KV M-V diesbezüglich nichts für ein Vorrang/Nachrang-Verhältnis entnehmen. § 44 Abs. 3 KV M-V und erst recht den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes lässt sich auch nichts dazu entnehmen, dass eine – theoretisch – geringere oder schneller zurückzuführende Kreditbelastung überhaupt Regelungsgegenstand oder gar ein Kriterium wäre, bestimmte abgabenrechtliche Refinanzierungsmöglichkeiten, die jeweils zu einer vollständigen Refinanzierung der öffentlichen Einrichtung führen, zu bevorzugen (vgl. schon Senatsbeschl. v. 25.05.2009 – 1 M 157/08 –, a.a.O.).

68

§ 44 KV M-V und insbesondere dessen Absatz 3 verfolgen zudem das Ziel, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kommunen zu gewährleisten. Kann und wird eine Investition entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen letztlich endgültig aus Abgaben finanziert, ist es aus dem Blickwinkel der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Kommunen bzw. des § 44 Abs. 3 KV M-V aber grundsätzlich ohne Belang, wie eine erforderliche Zwischen- oder Überbrückungsfinanzierung ausgestaltet ist. Belange der Abgabenschuldner sind im Rahmen des § 44 Abs. 3 KV M-V nicht von Bedeutung. Demnach wird insoweit auch das Ermessen des Ortsgesetzgebers nicht eingeschränkt, ob er Beiträge und/oder Gebühren erhebt.

69

Ist nach alledem nach den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes 1993 eine Wahlfreiheit zwischen der Gebühren- und Beitragserhebung anzunehmen, so steht damit die bisherige Rechtsprechung des Senates und der Verwaltungsgerichte im Einklang, wonach seit jeher eine gemischte Beitrags- und Gebührenfinanzierung mit einem nur teilweisen Deckungsgrad der Beitragserhebung für zulässig, weil vom ortsgesetzgeberischen Ermessen gedeckt gehalten worden ist (vgl. nur Urt. v. 02.06.2004 – 4 K 38/02 –, DVBl. 2005, 64; Urt. v. 15.11.2000 – 4 K 8/99 –, juris, Rn. 66; Urt. v. 25.02.1998 – 4 K 8/97 –, NordÖR 1998, 256). Die innere Rechtfertigung für die Zulässigkeit eines nur teilweisen Deckungsgrades kann nur in der bestehenden Wahlfreiheit zwischen der Refinanzierung durch Gebühren oder durch Beiträge liegen. Mit einer Beitragserhebungspflicht wäre eine gemischte Finanzierung des Herstellungsaufwandes in Form einer nur teilweisen Deckung des Aufwandes durch Beiträge nicht vereinbar.

70

Die Wahlmöglichkeit, – abgesehen von der Erhebung privatrechtlicher Entgelte – entweder nur Beiträge oder nur Gebühren oder Gebühren und Beiträge zu erheben, begegnet grundsätzlich auch unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bedenken: Es macht unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit keinen erheblichen Unterschied, wenn der Investitionsaufwand über Beiträge oder über Benutzungsgebühren finanziert wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.02.2006 – 8 BN 3.05 –, SächsVBl. 2006, 163 – zitiert nach juris).

71

b) Regelte demgemäß das Kommunalabgabengesetz von 1993 keine Beitragserhebungspflicht in dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Sinne, dass Beiträge vorrangig gegenüber Gebühren zu erheben gewesen wären, sondern bestand danach vielmehr grundsätzlich eine Wahlfreiheit der Einrichtungs- und Versorgungsträger hinsichtlich der Art der Finanzierung des Herstellungsaufwandes, kann dies nicht ohne Bedeutung für das Verständnis der Neufassung, die Frage einer Beitragserhebungspflicht nach dessen Bestimmungen und die Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V bleiben.

72

Der Gesetzgeber fand im Jahr 2005 entstehungsgeschichtlich betrachtet eine Situation vor, in der sich auf der Grundlage des vorhergehenden KAG 1993 bereits alle Träger von Trinkwasserversorgungseinrichtungen (oder Abwasserentsorgungseinrichtungen) im Rahmen ihrer Wahlfreiheit nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen für ein bestimmtes Refinanzierungssystem entschieden hatten bzw. entschieden haben mussten. Der Gesetzgeber stand gerade nicht – mehr – vor der Notwendigkeit, erstmalig solche Refinanzierungsmöglichkeiten zu eröffnen bzw. erstmalig im Sinne einer „Geburtsstunde“ hierfür gesetzliche Vorgaben zu regeln. Danach liegt es auf der Hand, dass eine gesetzliche Neuregelung im Bereich der Refinanzierung der leitungsgebundenen Einrichtungen zukunftsorientiert war bzw. nur zukunftsorientiert sein konnte. Nach Überzeugung des Senats verbietet sich die Annahme, der Gesetzgeber des Jahres 2005 habe die über viele Jahre auf der Grundlage der bisherigen gesetzlichen Regelungen gewachsenen Refinanzierungsstrukturen im Lande einer grundsätzlichen Revision unterziehen, die von zahlreichen Versorgungsträgern insbesondere im Trinkwasserbereich (vgl. zur geringen Zahl der Versorgungsträger, die jemals Anschlussbeiträge im Bereich der Trinkwasserversorgung erhoben haben, den Bericht der Landesregierung zur Erhebung von Anschlussbeiträgen gemäß §§ 7 und 9 KAG M-V für die zentrale Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, LT-Drs. 5/1652, S. 2 ff. sowie die entsprechende Anlage) gewählte Refinanzierungsform – mit unabsehbaren bzw. gesetzlich nicht aufgefangenen Folgen – „über den Haufen werfen“ bzw. zahlreiche Versorgungsträger wieder in „die Stunde Null“ zurückversetzen wollen. Hierfür bestand keinerlei Notwendigkeit oder Anlass; im Gegenteil erschiene die Annahme eines entsprechenden gesetzgeberischen Willens – auch unter dem Blickwinkel der Rechtssicherheit – abwegig.

73

Dies bestätigt auch die Bestimmung des § 22 Abs. 2 KAG M-V, deren Satz 1 bestimmt, dass Satzungen, die aufgrund des Kommunalabgabengesetzes vom 1. Juni 1993, geändert durch Art. 27 des Gesetzes vom 22. November 2001 gültig erlassen worden sind, weiterhin in Kraft bleiben. Dies gilt folglich auch für das in ihnen geregelte Finanzierungssystem. § 22 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V regelt darüber hinaus (nur), dass die betreffenden Satzungen bis zum 1. Januar 2007 dem geänderten Recht anzupassen sind. Von der „Anpassung“ einer bestehenden Satzung könnte aber im Wortsinne keine Rede mehr sein, wollte man annehmen, diejenigen Versorgungsträger, die sich unter der Geltung des KAG 1993 für eine (reine) Gebührenfinanzierung ihres Herstellungsaufwandes für ihre öffentlichen Wasserversorgungseinrichtungen entschieden hatten, wären bis zu dem genannten Datum etwa mit Blick auf § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V verpflichtet, ein System der Beitragsfinanzierung – erstmalig – zu installieren. Dabei handelte es sich nicht um eine „Anpassung“ einer bestehenden Satzung, sondern um eine in ihrem Kern bzw. hinsichtlich der Grundentscheidung für eine bestimmte Finanzierungsform „andere“ bzw. gänzlich „neue“ Satzung.

74

Schließlich kann davon ausgegangen werden, dass dem Gesetzgeber die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit des Landes, die ohne weiteres seit jeher eine Finanzierung des Herstellungsaufwandes gleichzeitig sowohl über Beiträge als auch Gebühren zuließ (vgl. etwa OVG Greifswald, Urt. v. 02.06.2004 – 4 K 38/02 –, juris; Beschl. v. 05.02.2004 – 1 M 256/03 –, juris; OVG Greifswald, Urt. v. 25.02.1998 – 4 K 8/97, - K 18/97 -, NordÖR 1998, 256 – zitiert nach juris; vgl. auch Beschl. v. 15.07.2003 – 1 M 60/03 –, juris; Urt. v. 15.11.2000 – 4 K 8/99 –, juris), bekannt war (vgl. auch die Hinweise von Aussprung im Rahmen der öffentlichen Anhörung, LT-Drs. 4/1576, S. 69), und nichts dafür ersichtlich ist, dass er dieser Rechtsprechung ein Ende bereiten wollte. Für eine Widersprüche vermeidende Auslegung der Neuregelung des KAG M-V bleibt damit nur das vorstehende Verständnis, dass es bei der grundsätzlichen Wahlfreiheit bleiben sollte.

75

c) Damit ergibt sich zwanglos und naheliegend, dass die Neuregelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V bzw. die in ihr enthaltene „Soll-Bestimmung“ die auf der Basis des KAG 1993 geschaffenen Finanzierungsstrukturen unberührt lassen sollte und wollte. Unter Zugrundelegung dieses Normverständnisses verbleibt folgender Regelungs- und Anwendungsbereich der Norm:

76

§ 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V ist dahingehend zu verstehen, dass damit nicht die Situation der „Stunde Null“, also des Moments der erstmaligen rechtswirksamen Entscheidung eines Entsorgungsträgers für ein bestimmtes Refinanzierungssystem, erfasst werden soll oder der Gesetzgeber die in dieser Situation grundsätzlich bestehende Wahlfreiheit des Ortsgesetzgebers bzw. des Norm setzenden Organs einengen wollte. Ihr unmittelbares Regelungsziel besteht vielmehr darin, (nur) in den Fällen, in denen sich ein Versorgungsträger in der Vergangenheit bereits rechtswirksam für eine Beitragsfinanzierung entschieden hatte, zukunftsgerichtet die Möglichkeit, von diesem Refinanzierungsmodell zu Gunsten eines anderen Systems wieder abzurücken, zwar nicht vollständig, aber doch weitgehend nach Maßgabe einer Soll-Bestimmung in der Regel auszuschließen bzw. weitgehend einzuschränken. Sie regelt gerade den Fall des „echten“ Systemwechsels, der dadurch charakterisiert ist, dass ein Versorgungsträger ein bestehendes System rechtswirksamer bzw. rechtmäßiger Beitragsfinanzierung seines Herstellungsaufwandes durch eine Gebührenfinanzierung oder anderweitige Finanzierungsform (privatrechtliche Entgelte) ablösen will.

77

Nicht erfasst ist demgegenüber der Fall, in dem es einem Versorgungsträger nicht gelungen ist, überhaupt eine rechtswirksame Refinanzierung zu schaffen, er sich also nach wie vor oder wiederum in dem Sinne in der Situation der „Stunde Null“ findet, als er erstmals eine rechtswirksame Entscheidung darüber zu treffen hat, wie er grundsätzlich die in seiner Trägerschaft befindliche Anlage refinanzieren will.

78

In dieses Bild fügt sich ebenfalls zwanglos die Senatsrechtsprechung (vgl. Urt. v. 15.12.2009 – 1 L 323/06 –, juris) zur Nacherhebungspflicht im Falle einer rechtswirksam bestehenden Beitragssatzung ein, wonach das Recht und die Verpflichtung der beitragserhebenden Körperschaft besteht, eine Nacherhebung in dem Sinne vorzunehmen, dass ein wirksam entstandener Anschlussbeitragsanspruch voll ausgeschöpft wird.

79

d) Ebenso können, wie die Ausführungen zur Rechtslage nach dem KAG 1993 gezeigt haben, die Regelungen bzw. das Normgefüge des KAG M-V im Übrigen ohne weiteres und in sich stimmig dahingehend ausgelegt werden, dass Gebührenerhebung und Beitragserhebung im Falle der – aus welchen Gründen auch immer – erstmalig zu treffenden Entscheidung für das Finanzierungssystem grundsätzlich „gleichberechtigt“ als Refinanzierungsinstrumente neben einander stehen und es der allgemein anerkannten weitgehenden Gestaltungsfreiheit des normsetzungsbefugten Aufgabenträgers bei abgabenrechtlichen Regelungen des Satzungsrechts unterliegt, welches Instrument er zur Finanzierung des Investitions- bzw. Herstellungsaufwandes einer konkreten Versorgungseinrichtung wählt; aus § 44 Abs. 3 KV M-V folgt nichts Abweichendes, die vorstehenden Erwägungen gelten mit Blick auf die Regelungen des § 9 KAG M-V entsprechend.

80

Nach wie vor enthält das Kommunalabgabengesetz M-V keine Bestimmung, die ausdrücklich ein Vorrang/Nachrang-Verhältnis von Gebühren und Beiträgen zueinander für den Fall vorsehen würde, dass beide Abgabenformen tatbestandlich gleichermaßen als Finanzierungsinstrument in Betracht kommen.

81

Auch § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V sieht weiterhin vor, dass „Benutzungsgebühren zu erheben sind“. Nach wie vor enthält § 6 KAG M-V Bestimmungen (vgl. Abs. 2d, Abs. 3), die ausdrücklich die Wasserversorgungseinrichtungen zum Gegenstand haben, ohne eine ausdrückliche Einschränkung dahingehend vorzunehmen, dass ihre Herstellungskosten grundsätzlich nicht durch Gebühren finanziert werden dürften. Im Gegenteil werden in § 6 Abs. 2a Satz 4 und Abs. 2b Satz 1 KAG M-V nunmehr Herstellungswerte und Herstellungskosten sogar ausdrücklich erwähnt, ohne dass der Gesetzgeber klarstellend eine Einschränkung geregelt hätte, die die Finanzierung des Herstellungsaufwandes aus Benutzungsgebühren in irgendeiner Form einschränken würde.

82

Kommt damit tatbestandlich eine Finanzierung sowohl über Gebühren als auch Beiträge in Betracht, verhielte es sich nunmehr sogar so, dass § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V als Muss-Vorschrift „stärker“ formuliert ist als die Soll-Bestimmung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V.

83

Beide Regelungen können – wie § 6 Abs. 1 Satz 1 und § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 – als „Muss-Vorschriften“ in einem weiteren Sinne dergestalt begriffen werden, dass auch der Gesetzgeber des KAG M-V diejenigen zur Deckung des Aufwandes für eine öffentliche Einrichtung heranziehen will, denen aus ihr bzw. ihrer Inanspruchnahme ein – unterschiedlich definierter – Vorteil erwächst. Der Sonderaufwand für die kommunalen öffentlichen Versorgungseinrichtungen, die dem Vorteil oder den Bedürfnissen einzelner oder bestimmter Gruppen dienen, darf billigerweise nicht aus allgemeinen Finanzmitteln, letztlich also aus dem Steueraufkommen gedeckt werden, sondern muss von denen aufgebracht werden, denen nach dem Veranlassungs- oder Vorteilsprinzip dieser besondere Aufwand speziell zuzurechnen ist. Daraus folgt, dass nach wie vor keine Wahlmöglichkeit dahingehend besteht, die öffentlichen Einrichtungen etwa der Wasserversorgung aus allgemeinen Finanzmittel/Steuern oder aus Abgaben (alternativ: privatrechtlichen Entgelten, vgl. § 1 Abs. 3 KAG M-V) zu finanzieren: Die Refinanzierungmuss vielmehr über die Erhebung von Abgaben (oder privatrechtliche Entgelte) erfolgen. Dass es unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit – Art. 3 Abs. 1 GG – keinen erheblichen Unterschied macht, wenn der Investitionsaufwand über Beiträge oder über Benutzungsgebühren finanziert wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.02.2006 – 8 BN 3.05 –, SächsVBl. 2006, 163 – zitiert nach juris), wurde bereits erläutert, ebenso, dass sich diese Betrachtungsweise nahtlos in das Bild einer weitgehenden Gestaltungsfreiheit des Ortsgesetzgebers/normsetzungsbefugten Zweckverbandes bei abgabenrechtlichen Regelungen des Satzungsrechts einfügt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.02.2006 – 8 BN 3.05 –, a. a. O.; Urt. v. 16.09.1981 – 8 C 48.81 –, DVBl. 1982, 76 – zitiert nach juris; vgl. auch OVG Greifswald, Urt. v. 25.02.1998 – 4 K 8/97, - K 18/97 -, NordÖR 1998, 256 – zitiert nach juris; OVG Greifswald, Beschl. v. 21.03.2007 – 1 L 282/05 –).

84

Dagegen, dass der Gesetzgeber mit dem Kommunalabgabengesetz 2005 erstmalig eine Beitragserhebungspflicht im Sinne der angefochtenen Entscheidung normieren wollte, spricht zudem ganz maßgeblich die Bestimmung des § 1 Abs. 3 KAG M-V. Nach § 1 Abs. 3 KAG M-V bleibt die Befugnis der in den Absätzen 1 und 2 genannten kommunalen Körperschaften, für ihre öffentlichen Einrichtungen Benutzungs- oder Entgeltregelungen in privatrechtlicher Form zu treffen, unberührt. Die Bestimmung fand – wie ausgeführt – zuvor nur eine teilweise Entsprechung in § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 („soweit nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird“). Nach Maßgabe der Begründung des insoweit unverändert Gesetz gewordenen Gesetzentwurfs der Landesregierung hat der Gesetzgeber klargestellt, dass es den kommunalen Körperschaften grundsätzlich freigestellt sei, ob sie die Benutzung und die Entgelte ihrer öffentlichen Einrichtungen durch Satzung (öffentlich-rechtlich) oder privatrechtlich regeln. Der Gesetzgeber hat darauf reagiert, dass Zweifel daran geäußert worden seien (siehe dazu oben), ob das auch im Verhältnis zu den Anschlussbeiträgen gelte, weil in § 8 KAG 1993 eine mit § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 vergleichbare Regelung gefehlt habe. Mit der Neuregelung in § 1 Abs. 3 KAG M-V, die damit alle hierfür in Frage kommenden Entgeltabgaben (Benutzungsgebühren, Anschlussbeiträge, Erstattungen für Haus- und Grundstücksanschlüsse) erfasse, würden diese Zweifel ausgeräumt (vgl. Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes, LT-Drs. 4/1307, S. 24, zu Nr. 2b - § 1 Abs. 3). Wenn der Gesetzgeber den kommunalen Körperschaften damit aber ausdrücklich auch für die Erhebung von Anschlussbeiträgen die freie Wahl überlässt, sich anstelle einer Abgaben- bzw. Beitragsfinanzierung ihrer Einrichtungen für ein privatrechtliches Entgelt- bzw. Finanzierungssystem zu entscheiden, wäre es unverständlich, wenn im Rahmen der Finanzierungsoptionen nach dem KAG M-V demgegenüber eine grundsätzlich freie Wahl im hier entwickelten Sinne zwischen Gebühren- und/oder Beitragsfinanzierung ausgeschlossen sein sollte.

85

Gegenteiliges folgt im Übrigen auch nicht aus der von der Klägerin in Bezug genommenen Rechtsprechung des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts (Urt. v. 31.05.2005 – 4 KO 1499/04 –, LKV 2006, 178). Diese bezieht sich zum einen auf das dortige Landesrecht. Zum anderen betrifft sie die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen, die gerade nicht durch eine Gebührenfinanzierung ersetzt werden kann, und damit einen anderen Sachverhalt.

86

e) Das hier zugrunde gelegte Normverständnis insbesondere des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V steht auch zwanglos in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung beider Verwaltungsgerichte – auch des Verwaltungsgerichts Greifswald, wie in der angefochtenen Entscheidung noch einmal betont – und des Oberverwaltungsgerichts (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 21.03.2007 – 1 L 282/05 –; Urt. v. 02.06.2004 – 4 K 38/02 –, DVBl. 2005, 64; Urt. v. 25.02.1998 – 4 K 8/97, 4 K 18/97 –, NordÖR 1998, 256 – zitiert nach juris), nach der seit jeher eine gemischte Refinanzierung leitungsgebundener Einrichtungen aus Beiträgen und Gebühren zulässig sein sollte und das ortsgesetzgeberische Ermessen u. a. eine gerichtlich nur beschränkt überprüfbare Entscheidung der Frage beinhaltet, „welcher Kostendeckungsgrad … durch das Erheben der Gebühren angestrebt wird, welcher Eigenanteil übernommen werden soll… bzw. wie im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen die Aufteilung zwischen Beiträgen und Gebühren erfolgen soll“ (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 25.02.1998 – 4 K 8/97, 4 K 18/97 –, a.a.O.).

87

f) Demgegenüber vermag die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zum Vorrang der Beitragsfinanzierung nach näheren Maßgaben nicht zu überzeugen: Soweit sich diese Auffassung auf ein bestimmtes Verständnis des § 44 Abs. 3 KV M-V im Verhältnis zu § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V bezieht, kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.

88

Die Zweckbestimmung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V soll im Übrigen unter systematischem Rückgriff auf § 44 Abs. 3 KAG M-V nach Auffassung des Verwaltungsgerichts darin bestehen, dass das Gesetz mit dieser Regelung eine Kreditfinanzierung der Herstellungskosten insbesondere der Trinkwasserversorgungsanlagen ausschließen oder doch wenigstens auf das unabdingbare Maß reduzieren wolle, die Refinanzierung des beitragsfähigen Aufwandes für die in § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V genannten Maßnahmen in der Regel ganz oder zumindest zum überwiegenden Teil durch eine Beitragserhebung erfolgen müsse. Das anknüpfend an diese Zweckbestimmung vom Verwaltungsgericht entwickelte System von erforderlichem Deckungsgrad durch Beitragsfinanzierung, Regel und zulässiger bzw. unzulässiger Ausnahme überzeugt auch abgesehen von der Frage der zulässigen Anknüpfung an § 44 Abs. 3 KV M-V nicht.

89

Das Verwaltungsgericht begründet nicht, warum es § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V als „bereichspezifische Ausprägung“ des § 44 Abs. 3 KV M-V von seinem Standpunkt aus grundsätzlich überhaupt erlauben sollte, die Trinkwasserversorgungsanlagen auch nur anteilig über Gebühren zu refinanzieren, da dies in jedem Fall nach Maßgabe seiner Argumentation gegenüber einer Beitragserhebung einen höheren Kreditbedarf auslösen würde. Im Verständnis einer Sollvorschrift im verwaltungsrechtlichen Sinne (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2010 – 4 C 8.10 –, juris; Urt. v. 26.03.2009 – 2 C 46.08 –, juris; Urt. v. 02.07.1992 – 5 C 39.90 –, BVerwGE 90, 275 – zitiert nach juris; Beschl. v. 03.12.2009 – 9 B 79.09 –, juris; Urt. v. 22.11.2005 – 1 C 18.04 –, BVerwGE 124, 326 – zitiert nach juris; Urt. v. 16.12.2010 – 4 C 8.10 –, juris) „muss“ aber der Einrichtungsträger im Regelfall zur Refinanzierung Beiträge erheben. Gerade der vom Verwaltungsgericht herangezogene § 44 Abs. 3 KV M-V böte jedenfalls keine argumentativen Anhaltspunkte dafür, dass „ein wenig“ Gebührenfinanzierung bzw. „ein wenig mehr“ Kreditbedarf mit der gesetzlichen Regel bzw. regelmäßigen Finanzierungsform der Beitragserhebung vereinbar wäre oder dieser entspräche.

90

Mit Blick auf den Charakter des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V als Soll-Vorschrift bleibt in den Ausführungen des Verwaltungsgerichts regelungssystematisch unklar, warum eine Refinanzierung über Gebühren im Umfang von etwa 30 % der Herstellungskosten bzw. eine Kostendeckung von nur etwa 70 % der Herstellungskosten „voraussetzungslos“ zulässig bzw. nicht als Ausnahme von der Regel des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V zu qualifizieren wäre, die das Vorliegen atypischer Umstände erforderte. Soweit das Verwaltungsgericht dazu auf das Urteil des OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 02. Juni 2004 – 4 K 38/02 – (DVBl. 2005, 64) verweist, ersetzt dies keine Begründung aus dem Gesetz. Dies gilt umso mehr, als der Senat – woran festzuhalten ist – bereits in seinem zwischen den Beteiligten ergangenen Beschluss vom 25. Mai 2009 – 1 M 157/08 – (NordÖR 2010, 299) dazu folgendes ausgeführt hat:

91

„Hierzu ist zunächst zu bemerken, dass die - wesentlich mit entscheidungstragenden - Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts den Eindruck erwecken, das OVG Mecklenburg-Vorpommern habe in seinem Urteil vom 02. Juni 2004 - 4 K 38/02 - (a.a.O.) im Kontext des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG (M-V) eine Mindestgrenze für die Deckung des Herstellungsaufwandes durch Beiträge dergestalt festgelegt, dass ein Deckungsgrad von 70 % oder mehr angestrebt werde bzw. anzustreben sei und jedenfalls ein solcher Deckungsgrad "voraussetzungslos" zulässig sei. Derartige Aussagen, die diese und die daran anknüpfenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts stützen könnten, lassen sich diesem in Bezug genommenen Urteil jedoch nicht entnehmen. Zwar ist in dem Urteil der Gesichtspunkt des Deckungsgrades angesprochen, dies jedoch in einem anderen Zusammenhang: In dem dortigen Verfahren ging es ausschließlich um die Frage, ob die sich aus einem Schreibfehler in der Kalkulation ergebende geringfügige Verschiebung des tatsächlichen Deckungsgrades durch Beiträge (71,24 %) gegenüber dem beschlossen Deckungsgrad von 70,01 % unter verschiedenen rechtlichen Blickwinkeln einen beachtlichen Mangel der angegriffenen Satzung begründet habe (dort verneint). Mit dem erforderlichen Maß der beitragsfinanzierten Deckung befasst sich das Urteil demgegenüber nicht; es enthält - mangels diesbezüglicher Rügen - keine näheren Erwägungen hierzu. Allenfalls kann man der Entscheidung entnehmen, dass das Oberverwaltungsgericht den beschlossenen bzw. tatsächlichen Deckungsgrad nicht in einer Weise für offensichtlich problematisch erachtet hat, die eine nähere Auseinandersetzung erfordert hätte.

92

Die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte "kritische Grenze" einer Kreditquote von etwa 1/3 bzw. 30 % findet demzufolge in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern keine Rechtfertigung. Das Verwaltungsgericht nennt auch keine rechtliche Grundlage, die - zumal nach dem Prüfungsmaßstab des summarischen Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes - eine solche Grenzziehung erlaubte; insoweit wäre im Hinblick auf die Annahme einer solchen "Kreditquote" der Rahmen einer zulässigen richterlichen Rechtsauslegung bzw. Rechtsfortbildung zu bedenken. …“

93

Ebenfalls lässt das Verwaltungsgericht offen, was im Falle eines gebührenfinanzierten Anteils an den Herstellungskosten von 49 % bis 31 % gelten soll. Lediglich eine „vollständige oder überwiegende Gebührenfinanzierung“ von Maßnahmen im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V soll nach seinen Ausführungen nämlich auf atypische Fälle beschränkt bleiben, wobei von „überwiegender“ Gebührenfinanzierung wohl begrifflich erst bei einem Prozentsatz von 51 % und mehr ausgegangen werden könnte.

94

Auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts dazu, wann eine Ausnahme von der Sollvorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V zulässig sei, erscheint nicht schlüssig: Eine an deren Regelungsziel orientierte Ausnahme sei danach immer dann gegeben, wenn die Eigenkapitalausstattung für die betreffende Maßnahme – aus welchen Gründen auch immer – so gut sei, dass der Kreditbedarf des Aufgabenträgers bei einer überwiegenden Gebührenfinanzierung der Anlage ein Maß von etwa einem Drittel der Herstellungskosten nicht deutlich übersteige. In diesem Fall sei es „nicht einsehbar“, warum der Aufgabenträger daran gehindert sein solle, die Refinanzierung der Anlage ganz oder überwiegend durch Benutzungsgebühren vorzunehmen. Die Einhaltung des gesetzgeberischen Regelungsziels sei bei Zulassung dieser Ausnahme gewährleistet. Für die Bemessung der Quote sei maßgeblich, dass § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V den Aufgabenträger nicht dazu zwinge, bei der Erhebung von Anschlussbeiträgen einen Deckungsgrad von 100 Prozent anzustreben; vielmehr sei ein Deckungsgrad von nur 70 % nach der bereits benannten Rechtsprechung des OVG M-V „voraussetzungslos“ zulässig. Damit werde akzeptiert, dass die Refinanzierung von 30 % der Herstellungskosten der Anlage durch Gebühren erfolge und insoweit ein Kreditbedarf des Aufgabenträgers bestehen könne, wobei diese Quote nicht als feste Grenze sondern als Richtwert zu verstehen sei.

95

Da diese Argumentation wiederum an die vorstehend schon erörterte Entscheidung des OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 02. Juni 2004 – 4 K 38/02 – (a. a. O.) anknüpft bzw. auf dieser beruht, kann zunächst auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Darüber hinaus stellte der vom Verwaltungsgericht angenommene Sachverhalt einen Regelfall und nicht einen atypischen Fall dar, da dieser vom Sinn und Zweck des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V im Sinne der vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Zweckbestimmung erfasst wäre und in wesentlichen Grundzügen mit den zu regelnden Fällen übereinstimmte. Dieser Zweckbestimmung wird das Verwaltungsgericht mit der von ihm für zulässig erachteten Ausnahme nicht durch die bloße Aussage gerecht, „es sei nicht einsehbar“, warum in dem von ihm gebildeten Fall eine Kreditfinanzierung unzulässig sein sollte. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit es sich bei der vom Verwaltungsgericht erörterten Sachverhaltskonstellation um einen für den Normgeber unvorhersehbaren Ausnahmefall handeln könnte. Die Grenzziehungen, die das Verwaltungsgericht hinsichtlich erforderlichem Deckungsgrad und zulässiger Finanzierungsquote vornimmt, hätte der Gesetzgeber ohne weiteres im Kommunalabgabengesetz entsprechend regeln können, wenn er es denn gewollt hätte. Im Übrigen ist der vom Verwaltungsgericht entwickelte Fall schwer vorstellbar: An welches – zweckfreie – Eigenkapital zu denken wäre, bleibt hinsichtlich seiner Quelle unklar. Gleiches gilt für den Zusammenhang zwischen Eigenkapitalausstattung und Kreditbedarf für die Herstellungskosten, wenn doch nach den gesetzlichen Bestimmungen die Herstellungskosten von den Bevorteilten zu tragen und nicht, auch nicht teilweise, aus irgendwelchem Eigenkapital zu finanzieren sind (aus welchen Gründen auch immer solches ohne Zweckbindung vorhanden sein sollte). Eigenkapital aus Beiträgen kann nicht gemeint sein, da dann die eingesetzten Beiträge wiederum ihrerseits mit Krediten ersetzt werden müssten. Außerdem hieße das, dass erst Beiträge in der vom Verwaltungsgericht für erforderlich erachteten Höhe eingenommen worden sein müssten, bevor eine Gebührenerhebung zulässig würde. Es geht aber bei der Frage des zulässigen Finanzierungssystems gerade darum, ob die Refinanzierung von Anfang an auch aus Gebühren erfolgen kann. Auch Zuschüsse können nicht gemeint sein. Diese sind im Falle des § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V nicht dazu da, Gebühren oder Beiträge vorzufinanzieren, sondern vermindern neben diesen den Kreditbedarf. Anderenfalls müssten die Zuschüsse ihrerseits durch Kredite zeitweise substituiert werden, was wiederum nicht mit der Zweckbestimmung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts vereinbar wäre. Zuschüsse im Sinne von § 9 Abs. 2 S. 5, 6 KAG M-V können ebenfalls nicht gemeint sein, da sie per definitionem zweckgebunden sind.

96

g) § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V steht mit seinem vorstehend erläuterten Regelungsgehalt der vorliegend zu überprüfenden Entscheidung des Zweckverbandes Wasserversorgung, gemäß § 1 Abs. 1 Buchst a) WVGS 2008 – nach Maßgabe näherer Ausformung in der Satzung – eine reine Gebührenfinanzierung umzusetzen, nicht entgegen. Der Zweckverband befand sich zum Zeitpunkt der Entscheidung für dieses Finanzierungssystem in einer Situation, in der er sich auf die grundsätzliche Wahlfreiheit hinsichtlich der Art der Finanzierung seines Herstellungsaufwandes für die öffentliche Einrichtung der Wasserversorgung berufen konnte bzw. kann. Denn der Zweckverband verfügt weder aktuell über eine rechtwirksame Beitragssatzung, noch konnte er sich in der Vergangenheit auf eine solche stützen; auf das Vorliegen atypischer Umstände, die ein Abweichen von § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V rechtfertigen könnten, kommt es folglich nicht an.

97

Die Satzung des Zweckverbandes „Wasserversorgung “ über die Erhebung von Anschlussbeiträgen und Kostenerstattungen für die Wasserversorgung – Wasserversorgungsbeitragssatzung – vom 09. Oktober 2002 (nachfolgend: WBS 2002) i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 18. Juni 2004, die in ihrem § 1 Abs. 2 Buchst. a) die Erhebung von Anschlussbeiträgen „zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung der öffentlichen Wasserversorgungsanlagen“ vorgeschrieben hat, ist – unabhängig von der Frage ihrer in zeitlicher Hinsicht nur teilweisen Aufhebung gemäß Aufhebungssatzung vom 03. September 2008 – unwirksam gewesen (vgl. dazu, dass im Übrigen alle früheren Wasserversorgungsbeitragssatzungen unwirksam gewesen sind, weil bei der Kalkulation der Beitragssätze entgegen § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG 1993 sog. Altanlagenbuchwerte aufwandserhöhend berücksichtigt worden sind, bereits den zwischen den Beteiligten ergangenen Beschl. des VG Greifswald v. 27.10.2008 – 3 B 1161/08 –, Der Überblick 2009, S. 40, 46, unter Hinweis auf sein Urt. v. 31.08.2005 – 3 A 3684/04 und entsprechend den Senatsbeschl. v. 03.03.2005 – 1 L 56/04 –, der die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 ebenfalls als erste wirksame Satzung betrachtet hat). Die in § 3 Abs. 4 Buchst d) WBS 2002 geregelte Tiefenbegrenzungsregelung hat sich zwischenzeitlich als unwirksam erwiesen, was für entsprechende Vorläuferbestimmungen in gleicher Weise anzunehmen ist. Nach dieser Bestimmung gilt als beitragsfähige Grundstücksfläche bei Grundstücken, die (in Bezug auf ihre Tiefe) teils dem Innenbereich und im Übrigen dem Außenbereich zuzuordnen sind, oder bei denen (hinsichtlich ihrer Tiefe) fraglich sein kann, ob sie insgesamt dem Innenbereich zugeordnet werden können, die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen; bei Grundstücken, die nicht an eine Straße angrenzen oder nur durch einen zum Grundstück gehörenden Weg (oder durch Wegerecht über dritte Grundstücke) mit einer Straße verbunden sind (Hinterliegergrundstücke), die Fläche zwischen der der Straße abgewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen.

98

Diese sogenannte qualifizierte Tiefenbegrenzungsregelung genügt nicht den Anforderungen, die an eine solche Regelung nach Maßgabe höherrangigen Rechts und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern zu stellen sind. Danach gilt:

99

Eine Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht grundsätzlich zulässig. Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Die damit verbundene und im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen allgemein als zulässig angesehene Pauschalierung wirkt sich in Einzelfällen mehr oder weniger zu Lasten einzelner Beitragspflichtiger aus. Eine Tiefenbegrenzung findet gerade im Anschlussbeitragsrecht ihre Rechtfertigung darin, dass im Rahmen der Beitragskalkulation die Ermittlung der Gesamtbeitragsfläche erforderlich ist, die auf metrische Festlegungen angewiesen ist. Dadurch gewinnt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität und -vereinfachung besondere Bedeutung. Ohne Tiefenbegrenzung müsste gegebenenfalls eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegender unbeplanten Grundstücke trotz verbleibender Unsicherheiten in der Abgrenzung des Innenbereichs angestellt werden. Die Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität stehen im Spannungsfeld mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V). Danach sind die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen. Die Vorteile bestehen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, für die die Beiträge erhoben werden. Da eine exakte Bemessung der Vorteile in der Praxis mit einem nicht akzeptablen Aufwand verbunden wäre, sind Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe anerkannt, insbesondere ist es zulässig, Vorteile nach einem – wie in § 3 Abs. 2 WBS 2002 geregelten – kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu bemessen. Nach diesem Maßstab ist die Größe der bevorteilten Fläche des Grundstückes ein wesentlicher Faktor zur Errechnung des auf das Grundstück entfallenden Beitrages. Je größer die Fläche des Grundstückes bzw. bei Grundstücken im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich der im Innenbereich liegende (bebaubare) Teil des Grundstückes ist, desto größer ist im Prinzip der zu leistende Beitrag. Dieser Zusammenhang ist bei der Normierung einer Tiefenbegrenzung zu beachten. Denn läge bei exakter Betrachtung des einzelnen Grundstückes die Grenze des baurechtlichen Innenbereiches (§ 34 Abs. 1 BauGB) vor (straßenseits) der Tiefenbegrenzungslinie, so würde der Eigentümer des Grundstückes – aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität grundsätzlich zulässigerweise – höher belastet als es ohne eine Tiefenbegrenzungsregelung der Fall wäre. Gleichermaßen würde derjenige Grundstückseigentümer, dessen Grundstück ohne die Vermutung der Tiefenbegrenzung erst jenseits der Tiefenlinie in den Außenbereich überginge, besser gestellt als ohne Geltung der Tiefenbegrenzungslinie. Die Bestimmung einer Tiefenbegrenzungslinie hat sich daher zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt – wenn eine solche ermittelbar ist – die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar. Der Senat hat daher in seiner bisherigen Rechtsprechung durchweg darauf abgestellt, ob sich die gewählte Tiefenlinie als ortsangemessen darstellt bzw. den örtlichen Verhältnissen entspricht. Dies stimmt mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts im Erschließungsbeitragsrecht an die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung überein. Danach muss die gewählte Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren. Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu. Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln. Die Ergebnisse dieser Ermittlung sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden. Das Gericht hat die Ermessensausübung durch den Satzungsgeber nur auf deren Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen zu überprüfen, darf jedoch keine eigene Entscheidung an die Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung setzen (vgl. zum Ganzen OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 – m. w. N.).

100

Der Zweckverband hat nach seinen eigenen Ausführungen, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat, die Anforderungen an eine solche sorgfältige, methodenrichtige Ermittlung der örtlichen Verhältnisse im Verbandsgebiet in der Vergangenheit nicht erfüllt. Der Beklagte hat hierzu ausgeführt, der Festlegung der Tiefenbegrenzung in den Satzungswerken des Zweckverbandes habe jedenfalls die vom Oberverwaltungsgericht im Sinne methodisch korrekten Kalkulationsvorgehens verlangte Ermittlung der örtlichen Verhältnisse/ortsüblichen Bebauungstiefe nebst entsprechender Dokumentation zur Untermauerung der Ermessensentscheidungen auch zur Tiefenbegrenzung von 50 m zu keiner Zeit zu Grunde gelegen. Gezielte bzw. methodische Erhebungen geschweige denn explizite Dokumentationen diesbezüglich, die das Verbandsgebiet insgesamt oder auch nur ermessensrichtig ausgewählte Repräsentativ-Bereiche zum Gegenstand hätten, würden erst jetzt, im Nachgang zum Urteil des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 14. September 2010 – 4 K 12/07 –, durchgeführt.

101

Damit fehlt es vorliegend an der für die ordnungsgemäße Ausübung des normgeberischen Ermessens vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung erforderlichen sorgfältigen und willkürfreien Ermittlung der örtlichen Verhältnisse in allen Bereichen des Verbandsgebiets. Die Tiefenbegrenzungsregelung in § 3 Abs. 4 Buchst d) WBS 2002 ist nach dem Vorbringen der Beklagten ausschließlich gestützt auf die sog. „Feuerwehrschlauch-Rechtsprechung“ insbesondere des Verwaltungsgerichts Greifswald und die „profunde persönliche Ortskenntnis“ der Behördenmitarbeiter. Die Festsetzung der Tiefenbegrenzung ist damit offensichtlich willkürlich erfolgt und unwirksam. Diese Unwirksamkeit zieht die Unwirksamkeit der Gesamtsatzung nach sich, weil es dann an einer Maßstabsregelung für Übergangsgrundstücke fehlt und entgegen dem Grundsatz der konkreten Vollständigkeit gleichheitswidrig nicht alle Beitragsfälle von der Satzung erfasst würden. Ebenso ist die Festlegung des Beitragssatzes ermessensfehlerhaft, da auf eine nach willkürlichen Kriterien erstellte Kalkulation gestützt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beklagte – unsubstantiiert – vorgetragen hat, nunmehr durchgeführte Untersuchungen würden die Tiefenbegrenzung vom 50 m stützen. Selbst wenn dies so wäre, würden sich die Grundlagen für eine Ermessensentscheidung über eine Tiefenbegrenzung inhaltlich in einer Weise verändert haben, die der Schlussfolgerung entgegenstünde, der Fehler sei unbeachtlich, weil mit Sicherheit davon ausgegangen werden könne, die Verbandsversammlung hätte auch auf der veränderten Basis die gleiche Regelung getroffen. Dies gilt umso mehr, als der Verbandsversammlung auf der Grundlage ordnungsgemäß ermittelter ortsüblicher Verhältnisse wiederum Ermessen eingeräumt ist.

102

Dem in diesem Zusammenhang lediglich im Schriftsatz vom 21. März 2011 gestellten Antrag der Klägerin auf „Akteneinsicht in sämtliche Verwaltungsvorgänge im Original zum Erlass aller Wasserversorgungsbeitragssatzungen im Verbandsgebiet nach der Wende, insbesondere für die Satzung vom 09.10.2002“ konnte der Senat schon deshalb nicht nachkommen, weil er solche Akten nicht beigezogen bzw. vorliegen hat. Es bestand im Übrigen auch keine Veranlassung, von Amts wegen im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes etwa die Vorlage weiterer Vorgänge zu fordern, da nach dem Vorbringen des Beklagten, der der prozessualen Wahrheitspflicht unterliegt, entsprechende Verwaltungsunterlagen zur Festlegung der Tiefenbegrenzung gerade nicht existieren (vgl. dazu, dass im Übrigen alle vorhergegangenen Wasserversorgungsbeitragssatzungen auch unwirksam gewesen sind, weil bei der Kalkulation der Beitragssätze entgegen § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG 1993 sog. Altanlagenbuchwerte aufwandserhöhend berücksichtigt worden sind, den zwischen den Beteiligten ergangenen Beschl. des VG Greifswald v. 27.10.2008 – 3 B 1161/08 –, Der Überblick 2009, S. 40, 46, und im Ergebnis entsprechend den Senatsbeschl. v. 03.03.2005 – 1 L 56/04 –, der die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 ebenfalls als erste wirksame Satzung betrachtet hat). Insbesondere mit Blick auf ggf. drohende strafrechtliche Konsequenzen hat das Gericht keine Veranlassung, an der Richtigkeit des Vortrags des Beklagten zu zweifeln, zumal dieser im Bereich der Schmutzwasserbeiträge durchaus negative Konsequenzen für ihn zeitigen kann.

103

2. Die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Buchst a) WVGS 2008 erweist sich auch nicht aus anderen Gründen wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht als unwirksam, weil sie eine ausschließliche Gebührenfinanzierung des Herstellungsaufwandes regelt.

104

a) Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass aufgrund der zwischenzeitlichen Erkenntnisse zur satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzungsregelung die maßgeblichen Erwägungen im Beschluss des Senats vom 25. Mai 2009 – 1 M 157/08 – nicht mehr tragfähig sind. Sie beruhten wesentlich auf der Annahme, dass eine wirksame und nicht rückwirkend aufgehobene Beitragssatzung eine Pflicht zum Behaltenmüssen der vereinnahmten Anschlussbeiträge begründet habe und deren Nichtberücksichtigung im Rahmen der Gebührenkalkulation deshalb fehlerhaft sei. Fehlte jedoch von Anfang an eine wirksame Beitragssatzung, entfällt zugleich die entsprechende Beitragserhebungs- und Behaltenspflicht. Eine Auseinandersetzung mit den ablehnenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu dem vom Senat eingenommenen Rechtsstandpunkt erübrigt sich damit. Aufgrund der bestandskräftigen Beitragsbescheide kann nur noch von einem „Behalten dürfen“ die Rede sein. Hat aber der Normgeber wie im vorliegenden Fall dann einen „Systemwechsel“ bzw. eine zukünftig reine Gebührenfinanzierung beschlossen und in seiner Gebührenkalkulation bzw. Gebührensatzung die vereinnahmten Beiträge nicht mehr gebührenmindernd berücksichtigt, ist eine Ermessensreduktion dahingehend eingetreten, dass die vereinnahmten Beiträge – mit welcher rechtlichen Konstruktion auch immer – zurückzuzahlen sind.

105

b) Die Wahlfreiheit des Zweckverbandes war auch nicht durch das Kommunalabgabengesetz M-V im Übrigen oder sonstiges höherrangiges Recht beschränkt.

106

Haben Nutzer bereits durch Beiträge zur Finanzierung des Aufwandes einer öffentlichen Einrichtung beigetragen, verstößt die undifferenzierte Erhebung von Gebühren von diesen Nutzern ohne Berücksichtigung ihrer geleisteten Beiträge im Verhältnis zu den übrigen Nutzern gegen das Verbot einer Doppelbelastung (vgl. hierzu ausführlich OVG Greifswald, Beschl. v. 25. Mai 2009 – 1 M 157/08 –; Urt. v. 15.12.2009 – 1 L 323/06 –, juris), den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit sowie den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Denn erstere haben im Unterschied zu den übrigen Nutzern mit ihrer auf den Aufwand der Einrichtung bezogenen Leistung wirtschaftlich gesehen Anteile an den Anschaffungs- und Herstellungskosten der Anlage erbracht. Zahlt der Einrichtungsträger im Fall einer Umstellung auf eine reine Gebührenfinanzierung die von den Nutzern geleisteten Beiträge nicht zurück, muss er diesen Grundsätzen auf andere Weise (Regelung unterschiedlicher <„gespaltener“> Gebührensätze, Ausgleich durch eine Billigkeitsregelung im Rahmen des Heranziehungsverfahrens ) Rechnung tragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1981 – 8 C 48.81 –, DVBl. 1982, 76; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. 06.06.2007 – 9 A 77.05 –, LKV 2008, 377 – zitiert nach juris).

107

Da der Beklagte eine Rückzahlung vereinnahmter Beiträge im Erlasswege schon weitgehend vorgenommen hat und auch laufend weiter durchführt, sind unter diesem Blickwinkel keine rechtlichen Bedenken gegen die Systemumstellung gegeben. Soweit die Klägerin die Rechtmäßigkeit des Rückzahlungsverfahrens in Frage stellt bzw. auf die Bestandskraft der Beitragsbescheide verweist, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass sie insoweit in eigenen Rechten verletzt sein könnte. Weil sie selbst in der Vergangenheit nicht Adressatin eines Beitragsbescheides geworden ist, scheidet für sie die Annahme einer Doppelbelastung aus.

108

Da der Anteil der vom Beklagten in der Vergangenheit bereits erhobenen Beiträge – ob aus billigenswerten Gründen kann dahingestellt bleiben – im Verhältnis zum voraussichtlichen Gesamtbeitragsvolumen vergleichsweise gering war (6 - 8 %), stellt sich die Systemumstellung im Sinne der erstmaligen Einführung einer Aufwandsfinanzierung ausschließlich über Gebühren gemäß § 1 Abs. 1 Buchst. a) WVGS 2008 auch im Übrigen als zulässig dar.

109

Dabei erscheint dem Senat folgende Klarstellung geboten: Wenn eine Beitragserhebung schon – bis zu welcher Grenze kann vorliegend offen blieben und wird im Übrigen von den Umständen des Einzelfalles abhängen – erheblich fortgeschritten oder gar nahezu abgeschlossen wäre, würde sich eine Systemumstellung demgegenüber als offensichtlich fehlerhafte bzw. willkürliche Ausübung des ortsgesetzgeberischen Ermessens und eine Überschreitung der Grenzen der für das Normsetzungsorgan geltenden Gestaltungsfreiheit im Abgabenrecht darstellen, selbst wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt herausgestellt haben sollte, dass die bisher als Rechtsgrundlage angesehene Beitragssatzung rechtswidrig und unwirksam war. Es wären kaum vernünftige, sachlich einleuchtende Gründe denkbar, die es rechtfertigen könnten, eine bereits in erheblichem Umfang oder weitgehend erfolgte und gelungene Refinanzierung des Herstellungsaufwandes wieder rückgängig zu machen, um eine nochmalige bzw. wiederholte Finanzierung auf anderem Wege vorzunehmen. Dagegen spricht zudem allein schon der erhebliche Verwaltungsaufwand, der dadurch ohne jede Rechtfertigung produziert würde. Die Vereinbarkeit einer solchen Vorgehensweise mit den Grundsätzen einer geordneten Haushaltswirtschaft erschiene ebenfalls kaum vorstellbar, die dadurch bedingte Gebührenerhöhung für die Gebührenschuldner voraussichtlich unzumutbar. Ein Aufgabenträger wäre in dieser Situation gehalten, eine neue Beitragssatzung zu erlassen, die Rechtsgrundlage für die bereits durchgeführte und zukünftig abzuschließende Beitragserhebung werden würde. Der Zweckverband Wasserversorgung stand demgegenüber jedoch faktisch erst „am Anfang“ der Umsetzung seines ursprünglichen Finanzierungssystems, das sich zwischenzeitlich als rechtswidrig herausgestellt hat.

110

Die systemumstellungsbedingte Erhöhung der Zusatzgebühr bewegt sich noch im Rahmen der im Lande Mecklenburg-Vorpommern üblichen Höhe von Trinkwasserverbrauchsgebühren (vgl. den statistischen Bericht des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern „Wasser- und Abwasserentgelte für die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in Mecklenburg-Vorpommern 2010“ vom 21.01.2011 unter www.statistik-mv.de), so dass der Senat auch unter dem Blickwinkel der Zumutbarkeit der Umstellung für die Gebührenschuldner keine durchgreifenden Bedenken gegen die Ermessensentscheidung zur Einführung des reinen Gebührensystems hat. Für die von der Klägerin in der Zukunft befürchteten weiteren umstellungsbedingten erheblichen Gebührensteigerungen gibt es keine substantiellen Anhaltspunkte. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte schon in seinem Schreiben an das Innenministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 19. Dezember 2007 eine Erhöhung der Mengengebühr ansteigend bis zum Jahr 2012 um insgesamt ca. 0,50 Euro prognostiziert hatte und damit immer noch in dem genannten Rahmen läge. Die erhebliche zusätzliche Gebührenbelastung für die Klägerin ist letztlich angesichts ihres enormen Wasserverbrauchs vorteilsgerecht. Die Angriffe der Klägerin gegen die Gebührenkalkulation schließlich sind unsubstantiiert geblieben.

111

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

112

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

113

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.

(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten kann ein elektronischer Verwaltungsakt dadurch bekannt gegeben werden, dass er vom Beteiligten oder von seinem Bevollmächtigten über öffentlich zugängliche Netze abgerufen wird. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Der Verwaltungsakt gilt am Tag nach dem Abruf als bekannt gegeben. Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Benachrichtigung über die Bereitstellung abgerufen, wird diese beendet. In diesem Fall ist die Bekanntgabe nicht bewirkt; die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

Tenor

Der Antrag Zulassung der Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin – 3. Kammer – vom 26. Mai 2009 wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren 1.130,- Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Kläger hat sich in erster Instanz erfolgreich gegen den Widerruf einer ihm gewährten Zuwendung und gegen die Rückforderung des Subventionsbetrages gewandt.

2

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 26. Mai 2009 stattgegeben. Die Klage sei – so das Verwaltungsgericht – zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben worden. Der Widerrufsbescheid vom 29. April 2008, mit dem ein Zuschuss als Anteilsfinanzierung zur Projektförderung gemäß Bescheid vom 07. November 2006 widerrufen worden war, sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Eine Ermessensausübung lasse der Widerrufsbescheid nicht erkennen. Dies sei fehlerhaft; die Entscheidung habe auch nicht nachträglich um Ermessenserwägungen ergänzt werden können.

3

Der dagegen fristgerecht gestellte Antrag des Beklagten Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der einzig geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung liegt nicht vor.

4

Ein den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützter Zulassungsantrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Die Begründung des Zulassungsantrags muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb sich diese aus der Sicht des Zulassungsantragstellers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Zulassungsantragsteller muss sich insofern an der Begründungsstruktur des angefochtenen Urteils orientieren. Geht er eine Erwägung nicht ein, kann das Oberverwaltungsgericht diese nicht von sich aus in Zweifel ziehen. Diese Anforderungen an die Begründung eines Zulassungsantrags sind für den Zulassungsantragsteller auch zumutbar. Mit Blick den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Zulassungsantragsteller rechtskundig vertreten sind (vgl. Beschluss des Senats vom 21. Juni 2011 - 2 L 94/11 - m.w.N.).

5

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens nicht abschließend übersehen lassen, die Begründung des Zulassungsantrags aber die Einsicht vermittelt, der beabsichtigten Berufung seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen. Die Zulassung ist dagegen zu versagen, wenn sich die vom Zulassungsantragsteller geäußerten Zweifel ohne Weiteres ausräumen lassen (Beschluss des Senats vom 21. Juni 2011 - 2 L 94/11 - m.w.N.).

6

Daran gemessen hat der Zulassungsantrag keinen Erfolg.

7

Soweit der Beklagte sich gegen die Ausführung des Verwaltungsgerichts wendet, der Beklagtenvertreter habe in der mündlichen Verhandlung den „inkriminierenden“ Vorwurf gegenüber dem Kläger erhoben, er habe falsche Angaben zur Bekanntgabe des streitbefangenen Bescheides gemacht, kommt es hierauf schon nicht an. Denn im Ergebnis zutreffend hat das Verwaltungsgericht in seiner Urteilsbegründung (S. 5 unten des Urteilsabdrucks) lediglich geschlussfolgert, dass der Kläger den Zugang nach der gesetzlichen Fiktion des § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG M-V bestritten habe. In welcher Intensität dies im Rahmen der mündlichen Verhandlung geschehen ist, war für das Verwaltungsgericht ausweislich der Entscheidungsgründe unerheblich. Es hat lediglich zunächst festgestellt, dass der Kläger überhaupt den Zugang des Bescheides entsprechend der gesetzlichen Fiktion bestritten und den Zugang am 5. Mai 2008 behauptet hat. Dass aber im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Fragen des Bescheidsdatums, des Postausgangs beim Beklagten sowie des Zugangs beim Kläger angesprochen worden sind und die daraus folgenden rechtlichen Konsequenzen für den Ablauf der Klagefrist angesprochen worden sind, lässt sich dem Protokoll über die mündliche Verhandlung unzweifelhaft entnehmen.

8

Soweit sich der Beklagte im Weiteren dagegen wendet, dass der Einzelrichter einen unzutreffenden Maßstab hinsichtlich der Intensität des Bestreitens des Klägers angewandt habe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Das Verwaltungsgericht hat zunächst in den Entscheidungsgründen zutreffend dargestellt, dass in Literatur und Rechtsprechung umstritten ist, ob ein einfaches oder ein qualifiziertes Bestreiten des Zugangs gemäß der im § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG M-V genannten Frist erforderlich ist. Es hat im Folgenden dann nicht etwa – wie der Beklagte meint – einen sonstigen, dritten Maßstab angewandt, sondern den Meinungsstreit vielmehr deshalb unentschieden gelassen und lassen können, weil die Würdigung der Einzelfallumstände nach Auffassung des Einzelrichters eben den höheren Anforderungen eines atypischen Geschehensablaufs Genüge taten. Unabhängig davon, dass ein qualifiziertes Bestreiten nach Auffassung des erkennenden Senats im Einzelfall auch schon dann angenommen werden kann, wenn nicht nur abstrakt ein späterer Zugang als der der Drei-Tages-Fiktion nach § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG M-V, sondern ein konkreter Tag des tatsächlichen Zugangs behauptet wird, hat hier das erstinstanzliche Gericht – quasi von Amts wegen – die kalendarischen Besonderheiten Ende April/Anfang Mai (der 1. Mai fiel einen Donnerstag) und gerichtsbekannte Postübermittlungsverzögerungen aufgrund von Feiertagen mit in die Einzelfallwürdigung einfließen lassen. Diese Erwägungen beruhen nach den Ausführungen des Einzelrichters darauf, dass verlängerte Postlaufzeiten bei sog. Brückentagen gerichtsbekannt seien. Diese Feststellungen im Einzelfall werden vom Beklagten nicht substantiiert in Frage gestellt. Es wird weder vorgetragen noch liegt es sonst der Hand, dass diese Annahmen des Gerichts die Grenze einer objektiv willkürfreien, die Natur- und Denkgesetze sowie allgemeiner Erfahrungssätze beachtende Würdigung überschritten hätten (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 158.94 -, zitiert nach Juris Rn. 27 f.; Beschl. des Senats vom 01. April 2009 - 2 L 211/08 -). Dagegen kehrt die Annahme des Beklagten, der Kläger hätte zusätzlich zu dem vom Verwaltungsgericht für ausreichend Gehaltenen substantiiert darlegen müssen, welche technischen oder organisatorischen Vorkehrungen er selbst getroffen hatte, um die Kenntnisnahme von Postsendungen auch an sogenannten Brückentagen zu ermöglichen, die aus der Zweifelsregelung des § 41 Abs. 2 Satz 4 VwVfG M-V ersichtliche Darlegungs- und Beweislastverteilung, die die Behörde trifft, um. Auch die Frage, ob die Deutsche Post regelmäßig Zustellungsfristen von „E + 1“ erklärt, kommt es hier nicht an. Es geht nicht um die Frage der Wiedereinsetzung und insofern des unverschuldeten Vertrauens regelmäßige Postlaufzeiten, sondern darum, dass das Verwaltungsgericht hier gerade eine von der gesetzlichen Fristenfiktion abweichende Unregelmäßigkeit im Geschehensablauf rechtsfehlerfrei in dem Sinne für möglich halten durfte, dass Zweifel im Sinne von § 41 Abs. 2 Satz 4 VwVfG M-V begründet waren.

9

Schließlich sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass im Übrigen auch Zweifel bestehen könnten, ob der „Ab-Vermerk“ des Beklagten, tatsächlich auch die Aufgabe zur Post i.S.d. § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG M-V also die Übergabe an einen Briefzustelldienst, beinhaltet.

10

Der Beklagte dringt auch im Weiteren mit seinen Einwänden gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, ein Ermessensnichtgebrauch habe zur Fehlerhaftigkeit der Widerrufsentscheidung geführt, nicht durch.

11

Die Bezugnahme des Beklagten die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum sog. intendierten Ermessen genügt nicht, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen. In der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungspraxis ist allgemein anerkannt, dass aus den haushaltsrechtlichen Gründsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beim Widerruf einer Subventionsbewilligung wegen Zweckverfehlung diese ermessenslenkende Bedeutung hat. Im Regelfall ist nur die Entscheidung für den Widerruf ermessensfehlerfrei; es bedarf nicht der Niederlegung selbstverständlicher Ermessenserwägungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16. Juni 1997 – 3 C 22.96 –, zit. nach Juris Rn. 14; BVerwG, Beschl. v. 3. März 2011 – 3 C 19.10 –, zit. nach Juris Rn. 30; Beschl. des erkennenden Senats v. 20. Februar 2002 – 2 L 212/00 –, zit. nach Juris Rn. 33; OVG Magdeburg, Urt. v. 9. November 2006 – 1 L 497/05 –, zit. nach Juris Rn. 35). Insofern hat das Verwaltungsgericht ( S. 8 oben des Entscheidungsabdrucks) zutreffend erkannt, dass der subventionierte Zweck erreicht wurde, weil die geförderten Veranstaltungen durchgeführt worden sind (vom Verwaltungsgericht als „Zweckverfehlung im engeren Sinne“ verneint). Auch im Zulassungsverfahren wendet sich der Beklagte nicht gegen die vom Verwaltungsgericht getroffene Feststellung, dass die Veranstaltungen im Rahmen des geförderten Projekts „Gesundes Essen für Kinder in Kita und Schule unter besonderer Berücksichtigung von heimischen Agrarprodukten“ durchgeführt worden sind. Im Weiteren erkennt der Beklagte zutreffend, dass eine Ermessensausübung und die Begründung der Ermessensentscheidung zum Widerruf nur für den Fall der Verfehlung des mit der Gewährung der Zuwendung verfolgten Zwecks verzichtet werden kann. Die nicht rechtzeitige, oder den Anforderungen nicht entsprechende Vorlage eines Verwendungsnachweises stellt hingegen nicht den Subventionszweck dar. Die vom Ergebnis her argumentierende gegenteilige Auffassung des Beklagten, auch in dem Fall eines nicht, nicht rechtzeitig oder nicht den Anforderungen der AnBest-P entsprechenden Verwendungsnachweises sei die Ausübung von Ermessen bzw. eine entsprechende Begründung im Widerrufsbescheid entbehrlich, weil die Behörde dieser Basis nicht nachprüfen könne, ob der Subventionszweck erreicht worden ist, wird schon nicht in einer dem Darlegungsgebot erforderlichen Weise überhaupt begründet. Im Übrigen übersieht der Beklagte insoweit, dass es in diesen Fällen bei der grundsätzlich ihm nach den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 49, 39 VwVfG M-V und des § 114 Satz 1 VwGO obliegenden Begründungspflicht seiner Widerrufsentscheidung bleibt.

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

13

Die Streitwertfestsetzung beruht den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.

14

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten können elektronische Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze bereitgestellt werden. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsaktes an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Behörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt abgerufen hat. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben. Die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(2b) In Angelegenheiten nach dem Abschnitt 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt abweichend von Absatz 2a für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten § 9 des Onlinezugangsgesetzes.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. In der Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Wohngeldleistungen durch den Beklagten. Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde.

2

Am 30. März 2009 beantragte die Klägerin die Gewährung von Wohngeldleistungen. Als Anschrift der Wohnung gab sie A. an. Bei der Anschrift handelt es sich um den Campingplatz der Eltern der Klägerin, der Firma B.-GmbH. Des Weiteren legte die Klägerin einen Mietvertrag mit Datum vom 28. Juni 2008 für den Dauerstellplatz eines Caravan zum Preise von 600 € jährlich zuzüglich Müllpauschale und Stromkosten vor. Im Antragsformular ist erkennbar, dass sich die Klägerin in der Ausbildung befindet. Diesbezüglich ist aus den beigefügten Unterlagen der Klägerin zu entnehmen, dass sie in der Zeit vom 1. August 2005 bis 30. Juni 2008 eine Ausbildung zur Frisörin absolvierte und am 1. Juli 2008 eine Ausbildung zur Kosmetikerin bei Frau C. in D. begann. Das Ausbildungsverhältnis endet voraussichtlich am 30. Juni 2010. Des Weiteren legte die Klägerin eine Lohnabrechnung für März 2009 vor, aus der monatliche Nettobezüge von 262,26 € erkennbar sind.

3

Einer Gesprächsnotiz des Beklagten vom 30. März 2009 ist zu entnehmen, die Klägerin habe mitgeteilt, sie lebe seit vier Jahren in einem Wohnwagen auf dem Stellplatz der Firma der Eltern. Arbeitslosengeld II sei ihr abgelehnt worden, weil sie bereits eine Ausbildung abgeschlossen habe. Mit dem Kindergeld finanzierten die Eltern ihren PKW. Sie fahre täglich nach E. zur Arbeit. Der Klägerin sei erklärt worden, dass sie ein „Plausi-Schreiben“ erhalte, da ihr Einkommen lediglich die Treibstoffkosten abdecke, nicht den Lebensunterhalt.

4

Mit Bescheid vom 31. März 2009 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, ein Wohnwagen sei kein Wohnraum nach § 2 Wohngeldgesetz. Außerdem seien die Angaben der Klägerin zu ihrem Einkommen nicht plausibel. So stünden ihr nach Abzug der Miete von monatlich 58,33 € und der monatlichen Fahrtkosten nach E. und zurück von ihrem eigenen Einkommen keine Mittel mehr zur Sicherstellung ihres Lebensunterhaltes zur Verfügung.

5

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Eingang vom 13. Oktober 2009 Widerspruch ein. Zur Begründung trägt sie vor, der Bescheid sei ihr erstmals am 18. September 2009 bekanntgeworden. Der Briefumschlag sei mit dem Briefstempel vom 17. September 2009 abgestellt worden.

6

Mit erneutem Antrag, eingegangen am 28. Dezember 2009, beantragte die Klägerin nochmals die Gewährung von Wohngeld für den von ihr genutzten Wohnwagen unter der Anschrift des Campingplatzes in A. Als monatliche Miete gab sie nunmehr einen Betrag von 175 € an. Ihr monatliches Nettoeinkommen beträgt nach Vorlage einer Lohnabrechnung für November 2009 netto 341,95 €.

7

Nach Ermittlungen der Beklagten war die Klägerin im Zeitraum 20. Juni 2008 bis 1. Mai 2009 unter der Anschrift A., Rheinland-Pfalz, vom 1. Mai 2009 bis zum 26. August 2009 unter der Anschrift F., Rheinland-Pfalz, vom 26. August 2009 bis 1. Dezember 2009 unter der Anschrift D, Rheinland-Pfalz und ab dem 1. Dezember 2009 unter der Anschrift A., Rheinland-Pfalz, gemeldet.

8

Mit Bescheid vom 17. Mai 2010 lehnte der Beklagte auch diesen Antrag ab und teilte zur Begründung mit, der Wohnwagen sei grundsätzlich kein Wohnraum. Ungeachtet dessen sei das Entgelt für die Benutzung des Grundstücks (Stellplatzgebühr) ohnehin nicht wohngeldfähig.

9

Mit Eingang vom 14. Juni 2006 legte die Klägerin auch gegen diesen Bescheid Widerspruch ein.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2010 wies der Kreisrechtsausschuss bei der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich die Widersprüche der Klägerin zurück. Zur Begründung führte der Ausschuss im Wesentlichen an, der Widerspruch vom 13. Oktober 2009 sei unzulässig. Der Beklagte habe den Bescheid am 31. März 2009 abgeschickt. Ein solcher Bescheid gelte am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Die Bekanntgabe sei demnach auf den 03. April 2009 gefallen. An diesem Datum bestünden keine vernünftigen Zweifel. Das Bestreiten der Klägerin erschüttere diese Feststellungen nicht, vielmehr habe diese nicht glaubhaft gemacht, dass Zweifel am Bekanntgabezeitpunkt bestünden. Der am 13. Oktober 2009 eingelegte Widerspruch sei daher verfristet. Der gegen den Bescheid vom 17. Mai 2010 eingelegte Widerspruch vom 14. Juni 2010 sei zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Bewilligung von Wohngeld für die Nutzung eines Wohnwagens. Nach § 2 Wohngeldgesetz verstehe der Gesetzgeber unter Wohnraum, Wohnräume, die vom Verfügungsberechtigten zum Wohnen bestimmt und hierfür nach ihrer baulichen Anlage und Ausstattung tatsächlich geeignet seien. Den zur Durchführung des Wohngeldgesetzes erlassenen allgemeinen Verwaltungsvorschriften 2009 sei unter § 2 Abs. 4 zu entnehmen, dass Notunterkünfte aller Art wie Schlafstellen, Sammellager, Schulen, Turnhallen, Wohnwagen und Zelte sowie Geschäfts- und sonstige Räume grundsätzlich kein Wohnraum seien. Wohnwagen seien zur Fortbewegung bestimmt, sie dienten dem Ortswechsel und könnten deshalb grundsätzlich nicht als Wohnraum angesehen werden. Auch zahle die Klägerin für ihr eigenes Fahrzeug keine Miete. Das Entgelt für die Benutzung eines Grundstücks falle nicht unter den Begriff der Belastung im Sinne des Wohngeldgesetzes. Allerdings könne Wohngeld bei Wohnwagen mit festem Standort bewilligt werden, wenn nicht jederzeit mit dem Fahrzeug ein Ortswechsel möglich sei. Es müsse sich jedoch um ein ortsfest installiertes ausreichend bemessenes, winterfestes Fahrzeug handeln, dass mit sanitären und notwendigen Versorgungseinrichtungen versehen sei, als einzige Dauerunterkunft zur Verfügung stehe und auch tatsächlich bewohnt werde. Wie sich aus dem Verwaltungsvorgang der Klägerin ergebe, habe sich diese allein in der Zeit seit der erstmaligen Antragstellung vom 3. März 2009 dreimal polizeilich umgemeldet. Weiter habe sie angegeben, bereits vor ihrer ersten Antragstellung beim Beklagten in G. auf dem Caravanplatz H. gelebt zu haben. Es sei daher anzunehmen, dass ihr Wohnwagen, der als einziges Fahrzeug auf sie zugelassen sei, mobil und nicht ortsfest installiert sei. Sie benutze diesen zur Fortbewegung. Der Wohnwagen sei daher nicht als wohngeldfähiger Wohnraum anzusehen. Im Übrigen seien die Angaben der Klägerin zu ihrer Einkommenssituation nicht plausibel. Es sei anzunehmen, dass anderweitige Einkünfte vorhanden seien, die nicht bei der Antragsstellung angegeben worden seien. Mit dem von ihr angegebenen Einkommen sei es nicht möglich, alle anfallenden monatlichen Kosten sowie ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts betreffe einen Tatbestand des SGB II, der für die Beurteilung der Voraussetzungen einer Förderung nach dem Wohngeldgesetz keine Bindungswirkung entfalte.

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Nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 26. August 2010 hat die Klägerin am 27. September 2010 die vorliegende Klage erhoben. Sie trägt vor, den Bescheid vom 31. März 2009 nicht erhalten zu haben. Die Nichtzustellung sei durch die Klägerin nicht beweisbar. Vielmehr müsse der Beklagte nachweisen, dass die Klägerin etwas erhalten habe. Des Weiteren ist sie der Auffassung, dass ein Vergleich z.B. mit dem Baurecht zeige, dass ein Wohnwagen mehr sei, als eine „mobile Notunterkunft“. So könne auch ein Wohnwagen genehmigungspflichtig sein. Des Weiteren sei es nicht unüblich, dass Wohnwagen zur ständigen Wohnung genutzt würden. Die Bundesagentur für Arbeit in Saarbrücken habe behördlicherseits den Wohnwagen als Wohnung/Wohnstätte anerkannt, wie in ihrem Bescheid vom 5. September 2006 erkennbar sei. Des Weiteren habe das Bundessozialgericht in der Entscheidung vom 17. Juni 2010 entschieden, dass ein Bezieher von Arbeitslosengeld II, der keine Wohnung habe und stattdessen in einem Wohnmobil lebe, Unterhaltskosten für das Wohnmobil in dem für Wohnzwecke notwendigen Umfang als Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 SGB II beanspruchen könne. Dass ein Wohnwagen per se förderungsfähig sei, dürfe sich aus den vorgenommenen Vergleichen und vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes gleichgelagerter Sachverhalte ergeben. Hätte die Klägerin identisch hohe Kosten für ein Ein-Zimmer-Appartment, stünde ihr Wohngeld zu. Auch der Vorwurf der Mobilität könne nicht greifen. Im Hinblick auf die Einkommenssituation der Klägerin trägt diese vor, man werfe ihr vor, sie sei zu arm. Sie habe weder Einkünfte noch sonst etwas verschwiegen, um sich Wohngeld zu erschleichen. Es dürfte klar sein, dass ihr die Eltern, Freunde und sonstige Verwandte zur Seite gestanden hätten, und hier und da etwas finanzielle Unterstützung geboten hätten. Anders hätte sie ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten können.

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Die Klägerin beantragt,

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den Beklagten unter Aufhebung seiner Bescheide vom 31. März 2009 und 17. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses bei der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich vom 20. August 2010 zu verpflichten, der Klägerin antragsgemäß Wohngeld zu bewilligen.

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Der Beklagte begehrt erkennbar,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung bezieht er sich zur Vermeidung von Wiederholungen voll inhaltlich auf die angefochtenen Bescheide sowie den angefochtenen Widerspruchsbescheid.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen der Beteiligten sowie die vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsvorgänge verwiesen, die insgesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist insgesamt zulässig. Entgegen der Auffassung im Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses bei der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich vom 20. August 2010 ist im vorliegenden Verfahren nicht davon auszugehen, dass der Widerspruch der Klägerin vom 13. Oktober 2009 gegen den Bescheid des Beklagten vom 31. März 2009 verfristet eingelegt wurde. Gemäß § 37 Abs. 2 SGB X gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post im Inland übermittelt wird, zwar mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Jedoch enthält der hier maßgebliche Bescheid des Beklagten vom 31. März 2009 (vgl. Bl. f. der Verwaltungsakte) keinerlei Angaben dazu, wann dieser Bescheid zur Post gegeben wurde. Enthält eine Akte keinen Vermerk und liegt insoweit auch keine Glaubhaftmachung im Hinblick auf den Postabvermerk seitens der Beklagten vor, so tritt die Zugangsfiktion grundsätzlich nicht ein (vgl. Engelmann in von Wulffen, SGB-X Komm., 7. Aufl. 2010, Rdnr. 12 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). In diesen Fällen muss der Beklagte den Zugang nachweisen (Engelmann in von Wulffen a.a.0.). Da somit die Zugangsfiktion nicht eingreift und der Beklagte den Zugang des Bescheides auch nicht nachgewiesen hat, ist daher nicht davon auszugehen, dass der am 13. Oktober 2009 eingegangene Widerspruch als verfristet im Sinne des § 70 Abs. 1 VwGO zu werten ist.

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In der Sache führt die Klage nicht zum Erfolg.

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Die Bescheide des Beklagten vom 31. März 2009 sowie vom 18. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses bei der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich vom 20. August 2010 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Diese hat keinen Anspruch auf Bewilligung des von ihr beantragten Wohngeldes für die Nutzung ihres Wohnwagens.

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Gemäß § 1 Wohngeldgesetz – WoGG – wird Wohngeld zur wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens als Miet- oder Lastenzuschuss zu den Aufwendungen für den Wohnraum geleistet. Gemäß § 2 WoGG sind Wohnraum Räume, die vom Verfügungsberechtigten zum Wohnen bestimmt und hierfür nach ihrer baulichen Anlage und Ausstattung tatsächlich geeignet sind.

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Ungeachtet der weiteren Prüfung, ob auch die weiteren Voraussetzungen für die Bewilligung von Wohngeld vorliegen, ist die Kammer bereits der Auffassung, dass der hier im Streit stehende Wohnwagen nicht als Wohnraum im Sinne des § 2 WoGG anzusehen ist. Insoweit mag es dahinstehen, ob dieser Wohnwagen im Hinblick auf seine bauliche Anlage oder Ausstattung tatsächlich zum Wohnen geeignet ist, denn von der ursprünglichen Zweckbestimmung her ist ein Wohnwagen zumindest nicht zum dauerhaften Wohnen gedacht (vgl. insoweit Hinrichs in Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht 2010, S. 649 bis 651 m.w.N.). Jedoch kann eine solche Zweckbestimmung geändert werden, sodass bei einem Wohnwagen mit einem festen Standort, der ortsfest installiert ist, unabhängig von der sonstigen rechtlichen Einordnung und bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen, die Wohnraumeigenschaft nicht abgesprochen werden kann(vgl. Hinrichs a.a.0. m.w.N.). Der diesbezügliche Nachweis obliegt dabei der Klägerin. Einen solchen Nachweis hat diese jedoch bislang nicht erbracht. Vielmehr ist aus der Tatsache, dass die Klägerin sich seit der erstmaligen Antragstellung am 30. März 2009 dreimal polizeilich umgemeldet hat der Schuss zu ziehen, dass der von ihr genutzte Wohnwagen eben nicht ortsfest installiert ist. Fehlt es somit bereits an dem erforderlichen Wohnraum im Sinne des § 2 WoGG, so hat die Klägerin bereits aus diesem Grund keinen Anspruch auf Bewilligung der von ihr begehrten Wohngeldleistung.

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Die seitens der Klägerin zitierte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 17. Juni 2010, wonach auch ein Wohnmobil Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II sein kann, kann hier zu keiner Änderung der Auffassung führen. Wie der Beklagte im Widerspruchsbescheid bereits zutreffend ausgeführt hat, entfaltet diese Entscheidung keine Bindungswirkung. Sie betrifft auch keinen vergleichbaren Sachverhalt. Während Zweck des Wohngeldes die wirtschaftliche Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens (§ 1 Abs. 1 WoGG) ist, ist es Aufgabe und Ziel der Grundsicherung für Arbeitssuchende entsprechend § 1 SGB II die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen zu stärken und dazu beizutragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Von daher liegt hier kein vergleichbarer Regelungsgehalt der beiden gesetzlichen Grundlagen vor.

24

Die Klage war daher, unabhängig von der Frage, ob die Klägerin im Hinblick auf ihre Einkommenssituation ausreichende Angaben gemacht hat – insoweit ist die vom Klägerbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 18. April 2011 vorgelegte, nicht unterschriebene Bescheinigung einer I. vom 12. Mai 2009 (die im Übrigen nicht in der Verwaltungsakte vorhanden ist) nicht als ausreichend anzusehen - , abzuweisen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

26

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

27

Die Kammer sieht keine Veranlassung, die Berufung zuzulassen, da Gründe der in § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.