Oberlandesgericht München Endurteil, 23. Nov. 2016 - 15 U 3222/15

bei uns veröffentlicht am23.11.2016

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 30.07.2015, Az. 4 O 14128/14, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Urteilsformel in Ziffern I und II wie folgt neu gefasst wird:

I. Die Beklagten werden wie Gesamtschuldner verurteilt, die Kläger (Steuer-Nr. „.150) von folgenden Nachforderungen der Finanzverwaltung (Finanzamt M.) in Höhe von 158.699,05 € (157.146,55 € Schuldbeträge und 1.552,50 € Säumniszuschläge), aufgeführt in der Mahnung vom 07.01.2014, freizustellen:

- Einkommensteuer 2004: 30.019,00 € Schuldbetrag und 300,00 € Säumniszuschlag;

- Einkommensteuer 2004 Verspätungszuschlag: 600,00 € Schuldbetrag;

- Einkommensteuer 2004 Einkommensteuerzinsen: 900,00 € Schuldbetrag;

- Einkommensteuer 2006: 24.709,00 € Schuldbetrag und 247,00 € Säumniszuschlag;

- Einkommensteuer 4. VJ 2007: 29.450,00 € Schuldbetrag und 294,50 € Säumniszuschlag;

- Einkommensteuer 2007: 46.204,00 € Schuldbetrag und 462,00 € Säumniszuschlag;

- Einkommensteuer 2007 Einkommensteuerzinsen: 231,00 € Schuldbetrag;

- Einkommensteuer 2008: 17.172,00 € Schuldbetrag und 171,50 € Säumniszuschlag;

- Solidaritätszuschlag ESt. 2004: 1.600,22 € Schuldbetrag und 16,00 € Säumniszuschlag;

- Solidaritätszuschlag ESt. 2006: 1.257,42 € Schuldbetrag und 12,50 € Säumniszuschlag;

- Solidaritätszuschlag 4. VJ 2007: 1.487,98 € Schuldbetrag und 14,50 € Säumniszuschlag;

- Solidaritätszuschlag ESt. 2007: 2.571,47 € Schuldbetrag und 25,50 € Säumniszuschlag;

- Solidaritätszuschlag ESt. 2008: 944,46 € Schuldbetrag und 9,00 € Säumniszuschlag.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten wie Gesamtschuldner den Klägern sämtliche über diese 158.699,05 € hinausgehenden Schäden zu ersetzen haben, die aus der unterbliebenen Anpassung der Einkommensteuerbescheide 2004 (Kläger zu 1 und Klägerin zu 2) und der Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2008 (Kläger zu 1 und Klägerin zu 2 zusammen veranlagt) wegen des geänderten Grundlagenbescheids vom 06.05.2011 entstanden sind oder noch entstehen.

2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, soweit es aufrecht erhalten bleibt. Die Beklagten können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 200.000,00 €, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 183.699,05 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über Schadensersatz aus Steuerberaterhaftung.

Die Kläger waren Gesellschafter der A. V. GmbH (im Folgenden: GmbH) und der S./N. A. V. Besitz GbR (im Folgenden: GbR), die unter anderem Räume an die GmbH vermietete. Die Beklagte zu 1 war für die Kläger als Steuerberaterin tätig, wobei der jetzt ausgeschiedene Beklagte zu 2 sachbearbeitend zuständig war.

Der Gewerbebetrieb der GmbH wurde im Jahr 2003 aufgegeben. Im Jahr 2004 wurde die Immobilie der GbR veräußert. Mit Grundlagenbescheid vom 17.03.2006 (Anl. K 1) wies das Finanzamt M. V die Einkünfte aus dem Verkauf gemäß § 23 EStG beiden Klägern in Höhe von jeweils 244.786,68 € als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu.

Die Beklagte zu 1 erwirkte einen Änderungsbescheid vom 06.05.2011 (Anl. K 2), mit dem die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften für beide Kläger jeweils auf 0,00 € festgesetzt wurden.

Den Änderungsbescheid vom 06.05.2011 setzte das Finanzamt hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide für die Kläger nicht um. Die Frist von zwei Jahren zur Anpassung (vgl. Anl. K 43) gemäß § 171 Abs. 10 AO lief ab. Ein Antrag auf Änderung der betroffenen Einkommensteuerbescheide gemäß § 171 Abs. 3 AO wurde nicht gestellt.

Gemäß Mahnung des Finanzamts vom 07.01.2014 (Anl. K 31) sollen die Kläger für die Jahre 2004 bis 2008 Steuern und Säumniszuschläge von 158.699,05 € bezahlen. Die Beklagte zu 1 beantragte im Auftrag der Kläger den Erlass der Steuernachzahlungen, was das Finanzamt ablehnte. Eine Entscheidung über den hiergegen eingelegten Einspruch hat das Finanzamt zunächst zurückgestellt, die Zahlungen ausgesetzt.

Die Kläger haben ein umfassendes Mandat der Beklagten zu 1 behauptet. Diese habe ihre Pflichten dadurch verletzt, dass sie die Kläger nicht hinwies auf den drohenden Rechtsverlust im Hinblick auf § 171 Abs. 10 AO und die Möglichkeit der Hemmung der dort geregelten Frist durch einen Antrag gemäß § 171 Abs. 3 AO.

Im ersten Rechtszug haben die Kläger beantragt,

I. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Kläger von sämtlichen Nachforderungen der Finanzverwaltung bezüglich der Einkommensteuerveranlagung 2004 bis 2008 einschließlich Solidaritätszuschlag, Zinsen und Versäumniszuschlägen infolge unterbliebener Anpassung an den zu Gunsten der Kläger geänderten Grundlagenbescheid vom 06.05.2011 freizuhalten.

Hilfsweise:

Die Beklagten werden verurteilt, gesamtschuldnerisch an die Kläger 158.699,05 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch den Klägern sämtliche Schäden und Vermögensnachteile zu ersetzen haben, die aus der unterbliebenen Anpassung der Einkommensteuerbescheide 2004 (Kläger zu 1) und Klägerin zu 2)) und der Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2008 (Kläger zu 1) und zu 2) zusammenveranlagt) wegen des geänderten Grundlagenbescheids vom 06.05.2011 entstanden sind oder noch entstehen.

Mit Endurteil vom 30.07.2015 hat das Landgericht München I nach dem Hauptantrag zu I und dem Antrag zu II erkannt.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 30.07.2015 wird Bezug genommen.

Im Berufungsverfahren unstreitig fertigten der Kläger zu 1 und ab dem Veranlagungszeitraum 2005 (gemeinsame Veranlagung) auch die Klägerin zu 2 ihre persönlichen Einkommensteuererklärungen ohne Zuhilfenahme der Beklagten selbst. Die Beklagten erhielten damals keine Kopien dieser Einkommensteuererklärungen.

Die Beklagten und Berufungskläger bringen im Berufungsverfahren vor:

Ein unbeschränktes Mandat in allen steuerlichen Belangen der Kläger sowie der Gesellschaften der Kläger liege schon deshalb nicht vor, weil der Kläger zu 1 und ab VZ 2005 auch die Klägerin zu 2 ihre persönlichen Einkommensteuererklärungen ohne Zuhilfenahme der Beklagten selbst fertigten.

Auch die Richtigkeit der daraufhin erfolgten Steuerveranlagungen hätten die Kläger selbst geprüft. Geprüft hätten die Beklagten in den Einkommensteuerbescheiden nur die Berücksichtigung des Verlustvortrags aus 2004.

Damit hätten die beiden Kläger selbst die grundsätzliche und generelle Verantwortung für die Richtigkeit der streitgegenständlichen Steuerveranlagungen gehabt, während die Beklagten sich nur auf Anforderung durch die Kläger in deren persönliche Steuerangelegenheiten einschalteten.

Ein auf Änderung der Einkommensteuerbescheide gerichtetes Mandat liege nicht vor.

Hinsichtlich des streitgegenständlichen Sachverhalts sei der eingeschränkte Auftrag nur auf folgende Maßnahmen gerichtet gewesen: Führung des Einspruchsverfahrens gegen den Grundlagenbescheid Anlage K 1, und vorläufiger Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung der in den persönlichen Einkommensteuerbescheiden festgesetzten Steuern.

Fehlerhaft habe das Erstgericht aus verschiedenen Einzeltätigkeiten der Beklagten Rückschlüsse darauf gezogen, dass sich den Beklagten eine bestimmte Interessenlage der Kläger „aufgedrängt“ habe. Aus einem Gemisch von Einzeltätigkeiten des Beraters und Interessen des Mandanten ließen sich aber keine Hinweispflichten eines Beraters herleiten. Dafür müsse dessen Aufgabenbereich exakt analysiert werden, der allein maßgeblich für den Umfang der Pflichten sei (BGH, Urt. v. 26.01.1995 - IX ZR 10/94, NJW 1995, 958).

Das Schreiben vom 28.02.2008 (Anl. KK 39) beziehe sich lediglich auf das Dokument „Fortschreibung Verlustvortrag“, das den Auftragsschreiben Anl. KK 12, KK 20, KK 26 und KK 29 als Anlage beigefügt sei, und aus dem die rechnerische Entwicklung des Verlustvortrags ersichtlich sei. Allein dies sei Aufgabe der Beklagten gewesen: Dem Finanzamt zu verdeutlichen und zu überprüfen, in welcher Höhe in den einzelnen Jahren noch ein Verlustvortrag zwecks Aussetzung der Vollziehung des jeweiligen Einkommensteuerbescheids vorhanden war.

Das Schreiben vom 04.09.2006 (Anl. KK 8a) habe mit der Vollziehungsaussetzung nichts zu tun. Es betreffe ersichtlich nur die Klägerin zu 2 und nur die Veranlagungszeiträume 2003 und 2004, während im Übrigen auf das für die Zukunft bedeutsame Einspruchsverfahren gegen den Grundlagenbescheid Anlage K 1 Bezug genommen werde.

Der den Beklagten erteilte Auftrag sei beschränkt gewesen auf folgende Einzeltätigkeiten:

- Erstellung der jährlichen Steuererklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der GbR bis zu deren Auflösung im Jahr 2004 nebst Führung des Einspruchsverfahrens gegen den fehlerhaften Grundlagenbescheid Anlage K 1;

- Durchführung eines Einspruchsverfahrens wegen der aus der Liquidation der GmbH resultierenden steuerlichen Verluste der beiden Kläger und Überprüfung der rechnerisch korrekten Verrechnung der hieraus resultierenden Verlustvorträge in den Einkommensteuerveranlagungen der beiden Kläger;

- Erwirkung der Vollziehungsaussetzung des fehlerhaften Grundlagenbescheids Anlage K 1 und der aus diesem resultierenden Zahlungsverpflichtungen der beiden Kläger;

- Erstellung der Steuererklärungen der Klägerin zu 2 für die Kalenderjahre 1988 bis 2004.

Demgemäß habe keine Pflicht der Beklagten bestanden, die persönlichen Steuerfestsetzungen der Kläger zu überwachen im Hinblick auf eine Umsetzung des geänderten Grundlagenbescheids Anlage K 2 in den persönlichen Einkommensteuerveranlagungen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Erstgericht, das eine solche Überwachungspflicht ebenfalls nicht annahm, gleichwohl eine Warnpflicht im Hinblick auf die zweijährige Frist des § 171 Abs. 10 AO postulierte. Dies widerspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der auf eine außerhalb des Beraterauftrags liegende Fehlentscheidung des Mandanten nur dann hinzuweisen ist, wenn diese für einen durchschnittlichen Berater auf den ersten Blick ersichtlich ist oder er auf Grund seines persönlichen Wissens die Sach- und Rechtslage positiv kennt (BGH, Urt. v. 26.01.1995 - IX ZR 10/94, NJW 1995, 958, Ls. 2).

Ein solches auf den ersten Blick ersichtliches Risiko habe hier nicht vorgelegen. Die Anpassung des Folgebescheids sei gemäß §§ 175 Abs. 1 Nr. 1, 182 Abs. 1 AO allein Aufgabe des Wohnsitzfinanzamts. Eine Pflicht des Steuerpflichtigen zur Veranlassung oder Mitwirkung, etwa durch Antragstellung, bestehe nicht. Das Risiko eines formal pflichtwidrigen Handelns der Finanzämter sei zwar nicht auszuschließen, aber keine offen zutage liegende Gefahr.

Für eine Belehrungs- und Hinweispflicht der Beklagten fehle es an einem Anlass. Ein solcher hätte nur bei einer realen Gefahr bestanden, dass das Wohnsitzfinanzamt seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.

Auch für die Veranlagung der Klägerin zu 2 für 2004 (Seite 13 unten des angefochtenen Urteils) habe eine Hinweispflicht der Beklagten nicht bestanden. Es fehle bereits an einer Begründung des Erstgerichts hierzu. Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung für 2004 zu Gunsten der Klägerin zu 2 habe nicht gestellt werden können, weil das zu versteuernde Einkommen gemäß Steuerbescheid Anlage K 5 negativ war. Eine Hinweispflicht habe auch deshalb nicht bestanden, weil bei Ergehen des geänderten Grundlagenbescheids vom 06.05.2011 (Anl. K 2) das Mandat der Beklagten für die persönlichen Einkommensteuerveranlagungen der Klägerin zu 2 längst beendet war.

Die Kläger treffe ein Mitverschulden an der fehlenden Umsetzung des Grundlagenbescheids im Folgebescheid. Sie hätten Veranlassung gehabt, bei den Beklagten nachzufragen.

Ein Mitverschulden der Kläger liege auch darin, dass diese sich nicht um eine Stundung bemüht hätten.

Der von den Klägern behauptete Schaden habe sich bislang nicht realisiert. Der gestellte Erlassantrag sei nicht aussichtslos. Die seinerzeit gewährte Vollziehungsaussetzung (Anl. K 22) habe nicht beendet werden dürfen vor Bekanntgabe eines geänderten Folgebescheids, der den geänderten Grundlagenbescheid Anlage K 2 umsetzt.

Im Berufungsverfahren beantragen die Beklagten und Berufungskläger:

I.

Das Urteil des Landgerichts München I vom 30.07.2015 - Aktenzeichen 4 O 14128/14 -wird aufgehoben.

II.

Die Klage wird - auch hinsichtlich der neuformulierten Anträge der Kläger - abgewiesen.

Die Kläger und Berufungsbeklagten beantragen,

  • 1.Die Berufung wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  • 2.Das Endurteil des Landgerichts München I vom 30.07.15 wird wie folgt aufrechterhalten:

I. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Kläger (Steuer-Nr. …150) von Nachforderungen der Finanzverwaltung (Finanzamt M.) gegenüber den Klägern bezüglich der Einkommensteuerveranlagung 2004 bis 2008 einschließlich Solidaritätszuschlag, Zinsen, Verspätungszahlungen und Säumniszuschlägen in Höhe von € 158.699,05 gem. Mahnschreiben des Finanzamts vom 07.01.14 (Anlage K 31) gemäß nachfolgender Aufstellung

… (auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 29.07.2016, Bl. 230 d. A.) infolge unterbliebener Anpassung an den zu Gunsten der Kläger geänderten Grundlagenbescheid vom 06.05.11 freizustellen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch den Klägern sämtliche über € 158.699,05 hinausgehenden Schäden und Vermögensnachteile zu ersetzen haben, die aus der unterbliebenen Anpassung der Einkommensteuerbescheide 2004 (Kläger zu 1 und Klägerin zu 2) und der Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2008 (Kläger zu 1 und Klägerin zu 2 zusammen veranlagt) wegen des geänderten Grundlagenbescheids vom 06.05.11 entstanden sind oder noch entstehen.

Die Kläger bringen vor:

Die Beklagten hätten die Verantwortlichkeit für die bestmögliche Berücksichtigung der Verlustvorträge in der Einkommensteuererklärung übernommen. Sie seien daher mit der Übersendung des geänderten Grundlagenbescheids im Jahr 2011 zu einem Hinweis auf die Zwei-Jahres-Frist gemäß § 171 Abs. 10 AO oder zu verjährungshemmenden Maßnahmen gemäß § 171 Abs. 3 AO verpflichtet gewesen.

Aus dem konkreten Auftrag und dem Gang der Entwicklung ergebe sich, dass die Beklagten in einem vieljährigen Zeitraum die Aufgabe übernommen hätten, für die bestmögliche Berücksichtigung der Veräußerungsverluste in den Einkommensteuerbescheiden der Kläger und für die Reduzierung des Immobiliengewinns im Jahr 2004 auf null zu sorgen.

Die konkrete Beauftragung der Beklagten ergebe sich aus dem Sachzusammenhang einer einheitlichen Beauftragung und eines einheitlichen Tätigwerdens selbst und aus der Verzahnung des geschäftlichen und privaten Bereichs.

Die Beklagten hätten in der Korrespondenz mit Kläger und Finanzamt (so etwa Anl. KK 8A, K 54, KK 39 und K 29) die Verantwortung für die Umsetzung der vollen Veräußerungsverluste in den Einkommensteuererklärungen der Kläger ausdrücklich bestätigt, was bei den Klägern auch ein entsprechendes Vertrauen begründet habe.

Die persönlichen Einkommensteuerbescheide der Kläger seien - auch nach dem Veranlagungszeitraum 2004 - von den Beklagten geprüft worden, wie sich insbesondere an deren Prüfstempeln auf den Anlagen K 4 bis K 17 zeige.

Die Kläger hätten die Beklagten generell mit der Verteidigung gegen die zu hohe Einkommensteuerfestsetzung beauftragt, nicht mit Einzelmaßnahmen (Einspruch, AdV etc.), die ihnen nicht bekannt gewesen seien.

Die Regelungen in § 171 Abs. 10 und Abs. 3 AO seien Vorschriften, die einem durchschnittlichen Berater auf den ersten Blick ersichtlich und offenkundig sind, weil sie als allgemeines Basis- und Fachwissen zum Grundwerkzeug eines jeden steuerlichen Beraters gehörten.

Die Steuerbeträge, die das Finanzamt bei den Klägern anfordere, würden sich einschließlich Zinsbeträgen und Säumniszuschlägen auf eine Summe von 203.464,48 € belaufen. Wegen der Zusammensetzung dieses Betrags und weiterer Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Schriftsatz der Kläger vom 10.06.2016 (Bl. 207/209 d. A.), ferner auf die Schriftsätze der Kläger vom 07.07.2016 (Bl. 218/222 d. A.) und vom 29.07.2016 (Bl. 229/235 d. A.).

Die Kläger vertiefen zudem ihre rechtlichen Ausführungen weiter.

Die Beklagten und Berufungskläger meinen, für einen Versäumniszuschlag gemäß § 152 AO in Höhe von 600,00 € und eine Einkommensteuervorauszahlung für das vierte Quartal 2007 in Höhe von 29.450,00 € seien die Beklagten nicht verantwortlich. Gleiches gelte für Säumniszuschläge; jedenfalls aber gelte insoweit § 254 BGB.

Aus den Verwaltungsakten Anl. KK 24 und KK 31 sei für jeden Normalbürger offenkundig, dass die Aussetzung der Vollziehung keinen Verzicht des Staates auf Zahlung der durch Steuerbescheid festgesetzten Steuern beinhalte, sondern nur eine vorläufige Suspendierung der Zahlungspflicht (unter ausdrücklichem Hinweis auf den Zinsanspruch des Fiskus). Der Kläger zu 1, der ein kaufmännisches Unternehmen führte, der Volljurist mit Zulassung als Rechtsanwalt ist und dem wie der Klägerin zu 2 die Zweistufigkeit des steuerlichen Veranlagungsverfahrens bekannt war (Anl. KK 3, KK 8), habe bei seiner Anhörung in der Berufungsverhandlung nicht überzeugt.

Mit Verfügung vom 27.01.2016 (Bl. 124/127 d. A.) ist den Klägern und Berufungsbeklagten eine Frist zur Berufungserwiderung bis spätestens 01.03.2016 gesetzt worden.

Das Berufungsgericht hat mit Verfügung vom 27.01.2016 (Bl. 124/127 d. A.), in der Sitzung vom 18.05.2016 (Prot. Bl. 203/206 d. A.) und mit Hinweisbeschluss vom 08.07.2016 (Bl. 223/228 d. A.) Hinweise erteilt.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 01.10.2015 (Bl. 114/122 d. A.), vom 27.04.2016 (Bl. 191/198 d. A.), vom 22.06.2016 (Bl. 210/217 d. A.), vom 28.07.2016 (Bl. 236/239 d. A.) und vom 06.10.2016 (Bl. 240/242 d. A.) sowie der Kläger vom 22.03.2016 (Bl. 140/190 d. A.), vom 11.05.2016 (Bl. 199/202 d. A.), vom 10.06.2016 (Bl. 207/209 d. A.), vom 07.07.2016 (Bl. 218/222 d. A.), vom 29.07.2016 (Bl. 229/235 d. A.) und vom 12.10.2016 (Bl. 243/245 d. A.) verwiesen.

Ergänzend wird Bezug genommen auf das Protokoll der Sitzung vom 18.05.2016 (Bl. 203/206 d. A.), in welcher der Kläger zu 1 persönlich angehört worden ist, und auf das Protokoll der Sitzung vom 19.10.2016 (Bl. 246/248 d. A.).

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten war als unbegründet zurückzuweisen, wobei die Urteilsformel der angefochtenen Entscheidung auf die im Berufungsverfahren umformulierten Klageanträge neu zu fassen war.

1. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO).

Die Berufung der Beklagten richtet sich ohne weiteres gegen den angepassten Klageantrag der Kläger (BGH, Urt. v. 12.01.2006 - VII ZR 73/04, NJW-RR 2006, 669, Rn. 10). Der Umformulierung des Klageantrags im Berufungsverfahren steht weder § 533 ZPO entgegen noch § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Die Voraussetzungen einer Klageänderung im Berufungsverfahren gemäß § 533 ZPO sind nicht zu prüfen, wenn die Änderung des Antrags gemäß § 264 Nr. 3 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen ist (BGH, Urt. v. 22.04.2010 - IX ZR 160/09, NJW-RR 2010, 1286, Rn. 6; BGH, Urt. v. 19.03.2004 - V ZR 104/03, BGHZ 158, 295 = NJW 2004, 2152). Das ist beim Übergang vom Feststellungsantrag zum Leistungsantrag grundsätzlich der Fall (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 263 Rn. 8, § 264 Rn. 5). In Nr. II des angefochtenen Urteils ist ein umfassender Feststellungsausspruch enthalten, von dem die Kläger im Rahmen von § 264 Nr. 3 ZPO zum Leistungsantrag übergehen können. Im Fall des § 264 Nr. 3 ZPO ist auch die Einlegung einer Anschlussberufung entbehrlich, wenn mit dem nunmehr geltend gemachten Antrag nicht mehr verlangt wird als bereits erstinstanzlich zuerkannt, wenn also das Begehren des in erster Instanz erfolgreichen Klägers nicht über eine Abwehr der Berufung hinausgeht (BGH, Urt. v. 07.05.2015 - VII ZR 145/12, NJW 2015, 2812, Rn. 29; BGH, Urt. v. 12.01.2006 - VII ZR 73/04, NJW-RR 2006, 669, Rn. 9, 10). Bereits im ersten Rechtszug sind die Beklagten zur Freistellung in einer Gesamthöhe von 158.699,05 € verurteilt worden, wie die Auslegung des angefochtenen Urteils anhand seiner Gründe (dort Seite 14) ergibt. Der umformulierte Antrag der Kläger im Berufungsverfahren geht darüber nicht hinaus, sondern nimmt lediglich die gebotene Individualisierung der einzelnen Forderungen vor, von denen die Kläger freigestellt werden sollen.

2. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Die Prüfung der Berufung durch den Senat zeigt weder auf, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO beruht, noch dass die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen würden (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Beklagten zu Recht zur Freistellung von Nachforderungen der Finanzverwaltung verurteilt, wenngleich mit einer für einen Leistungsausspruch zu unbestimmten Urteilsformel, die auf den neu formulierten Klageantrag im Berufungsverfahren neu zu fassen war. Zu Recht hat das Landgericht auch die Ersatzpflicht der Beklagten für weitere Schäden der Kläger festgestellt.

Denn die Kläger können von der Beklagten zu 1 aus dem Steuerberatervertrag dieser Parteien den mit der Klage geltend gemachten Schadensersatz gemäß §§ 280 Abs. 1, 249 BGB verlangen. Die gleiche Verpflichtung trifft den Beklagten zu 2 als ausgeschiedenen Partner gemäß §§ 8 Abs. 1 und 2, 10 Abs. 2 PartGG, § 160 HGB.

2.1. Die Erteilung eines umfassenden Mandats an die Beklagte zu 1 hat das Landgericht offen gelassen (Seite 8 Mitte des angefochtenen Urteils). Auch im Berufungsverfahren bedarf diese Frage keiner Entscheidung. Jedenfalls war die Beklagte zu 1 beauftragt, das Einspruchsverfahren gegen den Grundlagenbescheid vom 17.03.2006 durchzuführen mit dem Ziel, die Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns zu erreichen.

Diese Feststellung des Landgerichts (Seite 8 unten des angefochtenen Urteils) wird mit der Berufung nicht in Frage gestellt und ist im Berufungsverfahren zu Grunde zu legen, nachdem auch der Senat keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der diesbezüglichen Feststellungen sieht (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

2.2. Aus dem Auftrag, das Einspruchsverfahren gegen den Grundlagenbescheid vom 17.03.2006 durchzuführen mit dem Ziel, die Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns zu erreichen, ergab sich unter anderem die Pflicht der Beklagten zu 1, die Kläger sinngemäß wie folgt zu belehren: Ein geänderter Feststellungsbescheid führt nicht aus sich heraus zu geringeren Steuerzahlungen, sondern bedarf noch der Umsetzung in die jeweiligen Einkommensteuerbescheide. Die Kläger können hierzu selbst oder über die Beklagte einen Antrag stellen; man hat aber auch zwei Jahre Zeit um abzuwarten, ob das Finanzamt von sich aus tätig wird.

2.2.1. Im Rahmen seines Auftrags hat der Steuerberater seinen Mandanten, von dessen Belehrungsbedürftigkeit er grundsätzlich auszugehen hat, umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten (BGH, Urt. v. 18.12.1997 - IX ZR 153/96, WM 1998, 301, 302; BGH, Urt. v. 23.01.2003 - IX ZR 180/01, WM 2003, 936, 937).

Insbesondere muss der Steuerberater seinen Auftraggeber möglichst vor Schaden bewahren; deshalb muss er den nach den Umständen sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzeigen und sachgerechte Vorschläge zu dessen Verwirklichung unterbreiten (BGH, Urt. v. 11.05.1995 - IX ZR 140/94, BGHZ 129, 386, 396 = NJW 1995, 2108; BGH, Urt. v. 18.12.1997 -IX ZR 153/96, WM 1998, 301, 302; Gräfe in Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 5. Aufl. 2014, Rn. 229). Dabei hat der Berater grundsätzlich von der Belehrungsbedürftigkeit seines Mandanten in steuerlichen Fragen auszugehen. Deshalb muss er auch ungefragt Hinweise geben (BGH, Urt. v. 04.03.1987 - IVa ZR 222/85, NJW-RR 1987, 1375).

2.2.2. Ziel der Kläger war es, keine Steuern auf den Veräußerungsgewinn bezahlen zu müssen. Mit dem geänderten Grundlagenbescheid vom 06.05.2011 war dieses Ziel noch nicht erreicht. Der Bescheid über die gesonderte Feststellung gemäß § 180 AO führt nicht bereits mit seinem Erlass zu einer Verringerung der jeweils festgesetzten jährlichen Einkommensteuer, sondern bedarf der Umsetzung durch Änderung der jeweiligen Einkommensteuerbescheide gemäß §§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 182 Abs. 1 AO. Eine solche Änderung ist gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 AO nur innerhalb der Festsetzungsfrist möglich. Die Festsetzungsfrist beginnt grundsätzlich mit Ablauf des jeweiligen Veranlagungszeitraums (§ 170 Abs. 1 AO) und beträgt vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO); sie endet aber nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids (§ 171 Abs. 10 AO). Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird jedoch auch dann hinausgeschoben, wenn der Steuerpflichtige gemäß § 171 Abs. 3 AO vor Ablauf dieser Frist einen Änderungsantrag gestellt hat.

2.2.3. Anders als die Beklagten meinen gab es vorliegend nicht nur einen Weg zum Erreichen des klägerischen Ziels, der in der gemäß § 175 AO von Amts wegen vorzunehmenden Umsetzung des Grundlagenbescheids im Folgebescheid bestanden hätte.

Für die Frage, welche steuerliche Beratung die Beklagte zu 1 den Klägern schuldete, ist auf die Situation der steuerpflichtigen Kläger abzustellen. Für diese gab es zwei Wege, zu einer Umsetzung des geänderten Grundlagenbescheids in den Einkommensteuerfestsetzungen zu gelangen: Die Kläger konnten entweder selbst einen Änderungsantrag im Sinn des § 171 Abs. 3 AO stellen, oder abwarten, bis das Finanzamt von Amts wegen die gebotene Änderung vornimmt.

Das Abwarten einer Änderung durch das Finanzamt hätte den Vorteil gehabt, Zeit- und möglichen Kostenaufwand einer eigenen Antragstellung zu vermeiden. Es wäre aber mit dem Risiko verbunden gewesen, dass das Finanzamt - trotz seiner Verpflichtung zu rechtmäßigem Handeln und Anpassung der Steuerfestsetzungen an den Grundlagenbescheid - eine Änderung der Einkommensteuerbescheide nicht innerhalb der Festsetzungsfrist vornimmt, etwa weil dies übersehen wurde.

Der sicherste Weg in dieser Situation wäre es gewesen, vorsorglich einen Änderungsantrag zu stellen, obwohl das Finanzamt auch ohne einen solchen Antrag zur Umsetzung des geänderten Grundlagenbescheids verpflichtet war. Damit wäre der Gefahr eines Rechtsverlust durch Festsetzungsverjährung zuverlässig vorgebeugt worden (§ 171 Abs. 3 AO). Zur Vermeidung unnötigen Aufwands hätte mit einem Antrag noch zugewartet werden können, bis sich abzeichnet, dass das Finanzamt nicht von sich aus innerhalb der Frist tätig wird, denn der Antrag konnte bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist gestellt werden.

2.2.4. In diesem Sinn hätte die Beklagte zu 1 die Kläger belehren müssen im Rahmen ihrer Verpflichtung, den nach den Umständen sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzuzeigen und sachgerechte Vorschläge zu dessen Verwirklichung zu unterbreiten. Diese Belehrung wäre jederzeit - bis kurz vor Ablauf der Festsetzungsverjährung - möglich gewesen, wurde jedoch von den Beklagten unterlassen.

Der Pflicht zu einer solchen Belehrung steht nicht entgegen, dass der Auftrag an die Beklagte zu 1 sich zunächst (primär) auf das Einspruchsverfahren gegen den ursprünglichen Grundlagenbescheid vom 17.03.2006 bezog, und die Kläger ihre Einkommensteuererklärungen selbst anfertigten. Das Anliegen der Kläger, das Einspruchsverfahren gegen den Grundlagenbescheid vom 17.03.2006 durchzuführen mit dem Ziel, die Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns zu erreichen, musste die Beklagte zu 1 so verstehen (§§ 133, 157 BGB), dass es den Klägern nicht nur um die Änderung der gesonderten Feststellung ging, sondern - in erster Linie - darum, tatsächlich keine Steuern auf den Veräußerungsgewinn bezahlen zu müssen. An diesem klar erkennbaren Ziel musste die Beklagte zu 1 ihre Beratung ausrichten. Sie durfte sich nicht darauf beschränken, im Weg des Einspruchs gegen den Grundlagenbescheid vorzugehen, mit dessen Änderung das eigentliche Ziel der Kläger noch nicht erreicht war, sondern musste die Kläger durch sachgerechte Beratung in die Lage versetzen, ihr steuerliches Ziel zu verwirklichen.

Auch wenn die Kläger die grundsätzliche Zweistufigkeit des Festsetzungsverfahrens (Grundlagenbescheid und Folgebescheide) gekannt haben mögen, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass ihnen auch die Existenz und die Dauer einer Festsetzungsfrist bekannt waren, und dass sie die Abhängigkeit der Umsetzung von der Festsetzungsfrist kannten, also wussten, dass ihnen nach Fristablauf ein Rechtsverlust droht. Gleiches gilt für eine Kenntnis der Kläger von der Möglichkeit, durch einen eigenen Antrag beim Finanzamt den Fristablauf zu hindern. Für eine insoweit fehlende Belehrungsbedürftigkeit der Kläger wären die Beklagten darlegungs- und beweispflichtig.

2.3. Die Pflichtverletzung der Beklagten zu 1 war für den eingetretenen Nachteil kausal.

2.3.1. Zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden muss eine ursächliche Verknüpfung in dem Sinne bestehen, dass das dem Berater vorgeworfene Handeln oder Unterlassen nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfällt (BGH, Urt. v. 25.09.2014 - IX ZR 199/13, NJW 2015, 770, Rn. 23). Die Pflichtverletzung, die in einer Unterlassung besteht, ist dann kausal, wenn die gebotene Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass die eingetretene Schadensfolge entfiele (BGH, Urt. v. 25.09.2014 - IX ZR 199/13, NJW 2015, 770, Rn. 23; Greger in Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 19 Rn. 15).

Als Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs muss der Mandant die Kausalität und den Schadenseintritt mit dem Beweismaß des § 287 ZPO beweisen (BGH, Urt. v. 27.01.2000 - IX ZR 45/98, NJW 2000, 1572, 1573, Rn. 31 bei Juris; Gräfe in Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 5. Aufl. 2014, Rn. 625).

2.3.2. Bei pflichtgemäßer Beratung durch die Beklagte zu 1 hätten die Kläger spätestens rechtzeitig vor Ablauf der Festsetzungsfrist einen Antrag im Sinn von § 171 Abs. 1 AO gestellt oder stellen lassen (§ 287 ZPO).

Allein diese Entscheidung hätte bei zutreffender rechtlicher Beratung vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus nach der Lebenserfahrung nahe gelegen, sodass den Klägern die Vermutung beratungsgemäßen Verhaltens zu Gute kommt (BGH, Beschluss vom 15.05.2014 - IX ZR 267/12, NJW 2014, 2795, m.w.N.). Den sich daraus ergebenden Anscheinsbeweis haben die Beklagten nicht erschüttert.

Die Kläger hätten, wenn sie über den möglichen Rechtsverlust durch Fristablauf beraten worden wären, keinen Anlass gehabt, von einem einfachen Antrag beim Finanzamt abzusehen, mit dem sie sich eine für sie günstige Änderung der Steuerfestsetzung in sechsstelliger Höhe sichern konnten.

2.3.3. Das rechtmäßig handelnde Finanzamt hätte sodann die auf Grund des geänderten Grundlagenbescheids vom 06.05.2011 gebotenen Änderungen der Steuerfestsetzungen vorgenommen und geänderte Steuerbescheide erlassen, mit denen der Veräußerungsgewinn der Kläger nicht mehr besteuert worden wäre (§ 287 ZPO).

Auch Säumniszuschläge und Einkommensteuerzinsen wären dann nicht festgesetzt worden, da diese vom rückständigen Steuerbetrag abhängig sind (§§ 240, 238 AO) und daher bei Festsetzung einer Steuer von null nicht angefallen wären. Der Verspätungszuschlag gemäß § 152 AO knüpft zwar an die nicht fristgemäße Abgabe einer Steuererklärung an, setzt aber ebenfalls die Festsetzung einer Steuer voraus (§ 152 Abs. 2 Satz 1 AO), wäre also auch entfallen.

2.4. Der eingetretene Nachteil ist den Beklagten zurechenbar.

2.4.1. Der Zurechnungszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung der Beklagten und dem eingetretenen Nachteil wird nicht dadurch unterbrochen, dass das Finanzamt entgegen seiner Verpflichtung aus §§ 175, 182 Abs. 1 AO untätig blieb.

Zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden muss ein adäquater Zusammenhang in dem Sinn bestehen, dass das Verhalten die objektive Möglichkeit eines Nachteils der eingetretenen Art generell in nicht unerheblicher Weise erhöht hat, also im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung des Erfolgs geeignet war (BGH, Urt. v. 23.10.1951 - I ZR 31/51, BGHZ 3, 261; G. Fischer in Fischer u.a., Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2015, § 5 Rn. 43, 149).

Auch der Fehler einer Behörde ist regelmäßig als adäquat kausale Folge des Fehlers eines rechtlichen Beraters anzusehen. Einem fehlerhaft handelnden Rechtsanwalt sind gerichtliche Fehlentscheidungen in der Regel zuzurechnen (BGH, Urt. v. 13.03.2003 - IX ZR 181/99, MDR 2003, 742 = NJW-RR 2003, 850; BGH, Urt. v. 18.12.2008 - IX ZR 179/07, NJW 2009, 987; G. Fischer in Fischer u.a., Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2015, § 5 Rn. 54 ff.; Gehrlein, Anwalts- und Steuerberaterhaftung, 1. Aufl. 2010, S. 65 f.). Die Zurechnung wird nur unterbrochen, wenn der Schadensbeitrag des Gerichts denjenigen des Anwalts soweit überwiegt, dass dieser daneben ganz zurücktritt (BGH, Urt. v. 13.03.2003 - IX ZR 181/99, MDR 2003, 742 = NJW-RR 2003, 850; G. Fischer in Fischer u.a., Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2015, § 5 Rn. 58). Nichts anderes kann für Fehler des Finanzamts gelten, da der rechtliche Berater auch behördlichen Fehlern entgegenwirken muss (vgl. Vill in Fischer u.a., Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2015, § 2 Rn. 130).

Von einem gänzlichen Zurücktreten des Fehlers der Beklagten zu 1 kann hier nicht gesprochen werden: Ein Antrag auf Änderung der Steuerbescheide hätte das Finanzamt mit ganz erheblicher Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) noch innerhalb der ursprünglichen Festsetzungsfrist auf das behördliche Versäumnis aufmerksam gemacht, jedenfalls aber gemäß § 171 Abs. 3 AO dafür gesorgt, dass die Festsetzungsverjährung nicht abläuft und eine Änderung der Steuerbescheide möglich bleibt. Zwar wiegt die Unterlassung des Finanzamts, das seiner gesetzlichen Pflicht aus §§ 175, 182 Abs. 1 AO nicht nachgekommen ist, durchaus schwer. Doch zeigt nicht zuletzt die Wertung des § 839 Abs. 1 Satz 3 BGB, dass auch in solchen Fällen, solange kein Vorsatz vorliegt, die Haftung eines weiteren Schadensverursachers - hier des Steuerberaters - nicht ausgeschlossen sein soll.

Das Argument der Beklagten, die Untätigkeit des Finanzamts sei vorliegend nicht vorhersehbar gewesen, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs dient die fristhemmende Antragsmöglichkeit gemäß § 171 Abs. 3 AO gerade dazu, den Steuerpflichtigen davor zu schützen, dass die Finanzverwaltung ausnahmsweise doch untätig bleibt, und soll sicherstellen, dass der Erfolg eines einmal gestellten Antrags nicht von der Arbeitsweise und -geschwindigkeit der Behörde abhängt (BFH, Urt. v. 27.11.2013 - II R 57/11, BFHE 243, 313 = BStBl II 2016, 506 = DStR 2014, 474). Die Beklagten können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, diejenige Untätigkeit des Finanzamts sei nicht vorhersehbar gewesen, vor der die außer Acht gelassene Beratungspflicht nach ihrem Schutzzweck die Kläger gerade schützen sollte. Ob das Untätigbleiben des Finanzamts hier konkret vorhersehbar war (dazu Schriftsatz der Kläger vom 22.03.2016, Bl. 140/190 d. A., dort S. 48 ff.), kann deshalb dahinstehen.

2.4.2. Was die Säumniszuschläge und Einkommensteuerzinsen sowie den Verspätungszuschlag angeht, ist der Zurechnungszusammenhang nicht durch eigenen Willensentschluss oder Verhalten der Kläger unterbrochen.

Ein eigener selbstständiger Willensakt des Geschädigten oder ein Verhalten Dritter schließt es nicht aus, demjenigen die Schadensfolge zuzurechnen, der die Kausalkette in Gang gesetzt hat. Wurde die Handlung des Mandanten durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert oder bestand für sie ein rechtfertigender Anlass, so bleibt der Zurechnungszusammenhang grundsätzlich bestehen. Er wird nur dann unterbrochen, wenn der Geschädigte selbst oder ein Dritter in gänzlich ungewöhnlicher und unsachgemäßer Weise in den Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden erst endgültig herbeiführt (BGH, Urt. v. 28.06.1990 - IX ZR 209/89, NJW-RR 1990, 1241, 1244, Rn. 44 bei Juris; BGH, Urt. v. 03.12.1992 - IX ZR 61/92, NJW 1993, 1139, 1141, Rn. 28 bei Juris; G. Fischer in Fischer u.a., Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2015, § 5 Rn. 46 ff.; Gehrlein, Anwalts- und Steuerberaterhaftung, 1. Aufl. 2010, S. 63; Grüneberg in Palandt, BGB, 75. Aufl., Rn. 41 ff. vor § 249).

Für die zuletzt genannte Ausnahme sind hier keine Anhaltspunkte ersichtlich. Ein gänzlich unsachgemäßes Betreiben des Besteuerungsverfahrens durch die Kläger kann nicht unterstellt werden.

2.5. Den Klägern ist aus der Pflichtverletzung der mit dem Freistellungsantrag geltend gemachte Schaden entstanden.

Ausgangspunkt der Schadensberechnung ist die Differenzhypothese. Ob und inwieweit ein nach §§ 249 ff. BGB zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich regelmäßig nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre. Erforderlich ist ein Gesamtvermögensvergleich, der alle von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen finanziellen Positionen umfasst. Dieser erfordert hierbei nicht lediglich eine Berücksichtigung von Einzelpositionen, sondern eine Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage (BGH, Urt. v. 18.02.2016 - IX ZR 191/13, ZIP 2016, 1541, Rn. 9 m.w.N.).

Tatsächlich sind die Kläger den vom Freistellungsantrag umfassten Nachforderungen des Finanzamts ausgesetzt, die in dessen Mahnung vom 07.01.2014 (Anl. K 31) bezeichnet sind. Dies gilt auch für den Einkommensteuer-Schuldbetrag von 29.450,00 € („4. Vj. 07“). Dieser Betrag und der Betrag von 46.204,00 € („2007“) ergeben zusammen die verbleibende Steuer von 75.654,00 €, wie im Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 13.05.2009 (Anl. K 10) genannt.

Die Aussetzung der Vollziehung, die nur vorläufiger Natur ist (vgl. Rätke in Klein, AO, 13. Aufl., § 361 Rn. 3), ändert am Bestehen der Steuerforderungen nichts. Die Steuernachforderungen beruhen unstreitig darauf, dass der Veräußerungsgewinn der Kläger - entgegen dem geänderten Grundlagenbescheid vom 06.05.2011 - der Besteuerung unterworfen worden ist. Die Beklagten haben die Kläger durch Freistellung von diesen Verpflichtungen so zu stellen, wie sie ohne das schädigende Ereignis stehen würden (§ 249 BGB).

Einem Anspruch der Kläger auf Schadensersatz steht es nicht entgegen, dass ein Einspruchsverfahren gegen die Ablehnung des Erlasses der Steuernachzahlungen noch anhängig ist. Ein Schaden auf Grund falscher steuerlicher Beratung entsteht grundsätzlich bereits mit dem Erlass des belastenden Steuerbescheids. Der bereits eingetretene Schaden ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung auch nicht weggefallen. Die Kläger sind derzeit den Steuerforderungen des Finanzamts ausgesetzt, sodass die Beklagten sie im Rahmen der geschuldeten Naturalrestitution (§ 249 BGB) hiervon zu befreien haben. Ob die Steuerforderungen unabhängig davon in Zukunft möglicherweise wegfallen, ist als im Zeitpunkt des Verhandlungsschlusses ungewisse zukünftige Entwicklung bei der Schadensermittlung gemäß § 287 ZPO nicht maßgeblich. Von einem wahrscheinlichen Erfolg des Antrags auf Erlass kann aus den im angefochtenen Urteil dargestellten Gründen (dort S. 15 f.), denen sich der Senat anschließt, nicht ausgegangen werden.

Vorteile bzw. Ersparnisse der Kläger durch die fehlerhafte Beratung sind nicht erkennbar. Das Gericht legt als erheblich wahrscheinlich im Sinn von § 287 ZPO zu Grunde, dass die Kläger, die ihre Einkommensteuererklärungen selbst anfertigten, den Antrag auf Änderung der Einkommensteuerbescheide entweder selbst beim Finanzamt gestellt hätten, oder dass die Beklagten den einfachen Antrag ohne gesonderte Berechnung als Teil des übernommenen Auftrags eingereicht hätten.

2.6. Der Anspruch ist nicht durch ein Mitverschulden der Kläger im Sinn von § 254 BGB vermindert oder ausgeschlossen.

2.6.1. Die Beklagten argumentieren, die Kläger, die ihre Einkommensteuererklärungen selbst erledigten, hätten bei den Beklagten nachfragen müssen, was es mit der - ausstehenden -Umsetzung des Grundlagenbescheids im Folgebescheid auf sich hat.

Für die Anrechnung eines Mitverschuldens ist in Verfahren wegen Fehlberatung regelmäßig kein Raum. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann dem Auftraggeber nicht als mitwirkendes Verschulden vorgeworfen werden, er hätte das, worüber ihn sein Berater hätte aufklären sollen, bei entsprechenden Bemühungen auch ohne fremde Hilfe erkennen können (BGH, Urt. v. 18.12.2008 - IX ZR 12/05, NJW 2009, 1141, Rn. 21; Gehrlein, Anwalts- und Steuerberaterhaftung, 1. Aufl. 2010, S. 95 f.).

Entscheidend ist deshalb nicht, dass „den Klägern die Zweistufigkeit des steuerlichen Veranlagungsverfahrens bekannt“ war, wie die Beklagten vortragen, sondern dass die Kläger nicht wussten, dass nach Ablauf einer bestimmten Frist der Grundlagenbescheid nicht mehr in der Steuerfestsetzung umgesetzt werden konnte. Sie hatten gar keinen Anlass, sich Sorgen über die Umsetzung zu machen, der möglicherweise eine ausnahmsweise Obliegenheit zu Nachfragen bei den Beklagten hätte auslösen können.

2.6.2. Die Kläger müssen sich auch hinsichtlich der Säumniszuschläge kein Mitverschulden anrechnen lassen.

Die Beklagten sind für die Umstände beweispflichtig, aus denen sich ein Mitverschulden der Kläger ergeben soll. Sie bringen vor, ein Mitverschulden der Kläger liege darin, dass diese sich nicht ernsthaft um eine Stundung der nachzuzahlenden Steuern bemüht hätten.

Die Kläger bringen vor, für eine Stundung habe weder eine rechtliche noch eine tatsächliche Möglichkeit bestanden.

Das Finanzamt teilte den Klägern durch Schreiben vom 24.04.2014 (Anl. K 36) mit, dass eine Stundung allenfalls aus wirtschaftlichen Gründen in Betracht komme, wobei neben der Stundungsbedürftigkeit unter anderem Voraussetzung wäre, dass der Steueranspruch durch eine Stundung nicht gefährdet wird.

Die beweispflichtigen Beklagten haben nicht dargelegt, welche konkreten Bemühungen die Kläger gleichwohl hätten unternehmen sollen, um eine Stundung zu erreichen, dass den Klägern dann eine Stundung zu gewähren gewesen wäre und welche Säumniszuschläge dann nicht angefallen wären.

2.7. Neben dem Befreiungsanspruch umfasst der Schadensersatzanspruch der Kläger auch, dass die Beklagten den Klägern sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen haben, die aus der unterbliebenen Anpassung der Einkommensteuerbescheide 2004 (Kläger zu 1 und Klägerin zu 2) und der Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2008 (Kläger zu 1 und Klägerin zu 2 zusammen veranlagt) wegen des geänderten Grundlagenbescheids vom 06.05.2011 entstanden sind oder noch entstehen.

Dies war auf den Feststellungsantrag der Kläger festzustellen.

Der Feststellungsantrag ist zulässig. Bei der Feststellungsklage muss das Recht oder das Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden soll, so genau beschrieben werden, dass über dessen Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft des Urteils keinerlei Ungewissheit herrschen kann (Becker-Eberhard in MüKo, ZPO, 5. Aufl., § 253 Rn. 154). So muss etwa eine Klage auf Feststellung der Gewährleistungspflicht die Mängel im Einzelnen so genau bezeichnen, dass kein Zweifel darüber entstehen kann, für welche Mängel die Gewährleistungspflicht besteht (BGH, Urt. v. 06.12.2001 - VII ZR 440/00, NJW 2002, 681). Bei einer Feststellungsklage wegen Pflichtverletzung eines rechtlichen Beraters muss sich aus dem Antrag ergeben, dass sich die Feststellung auf den Schaden bezieht, der infolge der Pflichtverletzung eingetreten ist. Wie konkret dies im Antrag zu formulieren ist (vgl. BGH, Urt. v. 21.02.1991 - III ZR 204/89, VersR 1991, 788), braucht vorliegend nicht im Einzelnen entschieden zu werden. Der Feststellungsantrag der Kläger, dessen Formulierung der Senat in der Urteilsformel weitgehend übernommen hat, bezieht sich auf sämtliche (weitere) Schäden, die aus der unterbliebenen Anpassung der Einkommensteuerbescheide entstanden sind oder entstehen werden. Gerade diese unterbliebene Anpassung soll nach dem klägerischen Vortrag Folge der Pflichtverletzung sein, die den Beklagten vorgeworfen wird. Der Senat hält es in diesem Fall für (noch) ausreichend, wenn die Formulierung des Feststellungsantrags an eine derartige erste Folge der vorgeworfenen Pflichtverletzung anknüpft, während die eigentliche Pflichtverletzung lediglich im Sachvortrag der Klagepartei (und zur Auslegung des Urteils in dessen Gründen) im Einzelnen beschrieben wird (vgl. Senatsurt. v. 12.10.2016 - 15 U 4192/15, dort unter

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 108 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Es handelt sich um die Entscheidung eines Einzelfalls. Das Erfordernis, die Kläger hier über die Antragsmöglichkeit gemäß § 171 Abs. 3 AO zu belehren, ergibt sich aus dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt des der Beklagten zu 1 konkret erteilten Auftrags.

Die Festsetzung des Berufungsstreitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 39 Abs. 1, 40, 43 Abs. 1, 47, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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Oberlandesgericht München Endurteil, 23. Nov. 2016 - 15 U 3222/15 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

Oberlandesgericht München Endurteil, 23. Nov. 2016 - 15 U 3222/15 zitiert 11 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2014 - IX ZR 267/12

bei uns veröffentlicht am 15.05.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR267/12 vom 15. Mai 2014 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 Bb; ZPO § 287 In Fällen der Rechts- und Steuerberaterhaftung bestimmen sich Bewe

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Sept. 2014 - IX ZR 199/13

bei uns veröffentlicht am 25.09.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR199/13 Verkündet am: 25. September 2014 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 675, 665

Bundesgerichtshof Urteil, 19. März 2004 - V ZR 104/03

bei uns veröffentlicht am 19.03.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 104/03 Verkündet am: 19. März 2004 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2001 - VII ZR 440/00

bei uns veröffentlicht am 06.12.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 440/00 Verkündet am: 6. Dezember 2001 Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ZP

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Jan. 2000 - IX ZR 45/98

bei uns veröffentlicht am 27.01.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 45/98 Verkündet am: 27. Januar 2000 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ---

Bundesgerichtshof Urteil, 13. März 2003 - IX ZR 181/99

bei uns veröffentlicht am 13.03.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 181/99 Verkündet am: 13. März 2003 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein EheG a.F. §§ 15a, 17 Abs. 2 (EGBGB n.

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Dez. 2008 - IX ZR 12/05

bei uns veröffentlicht am 18.12.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 12/05 Verkündet am: 18. Dezember 2008 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 675 Telefoni

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Dez. 2008 - IX ZR 179/07

bei uns veröffentlicht am 18.12.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 179/07 Verkündet am: 18. Dezember 2008 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 249 Bb, 675

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Feb. 2016 - IX ZR 191/13

bei uns veröffentlicht am 18.02.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 191/13 Verkündet am: 18. Februar 2016 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Mai 2015 - VII ZR 145/12

bei uns veröffentlicht am 07.05.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR145/12 Verkündet am: 7. Mai 2015 Boppel, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesfinanzhof Urteil, 27. Nov. 2013 - II R 57/11

bei uns veröffentlicht am 27.11.2013

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, war zu 45,5 % an der A-AG beteiligt, die ihrerseits eine Beteiligung von 50 % an der R-AG hielt

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(1)1Private Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nummer 2) sind

1.
Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.2Gebäude und Außenanlagen sind einzubeziehen, soweit sie innerhalb dieses Zeitraums errichtet, ausgebaut oder erweitert werden; dies gilt entsprechend für Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, sowie für Eigentumswohnungen und im Teileigentum stehende Räume.3Ausgenommen sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden;
2.
Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.2Ausgenommen sind Veräußerungen von Gegenständen des täglichen Gebrauchs.3Bei Anschaffung und Veräußerung mehrerer gleichartiger Fremdwährungsbeträge ist zu unterstellen, dass die zuerst angeschafften Beträge zuerst veräußert wurden.4Bei Wirtschaftsgütern im Sinne von Satz 1, aus deren Nutzung als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden, erhöht sich der Zeitraum auf zehn Jahre;
3.
Veräußerungsgeschäfte, bei denen die Veräußerung der Wirtschaftsgüter früher erfolgt als der Erwerb.
2Als Anschaffung gilt auch die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen durch Entnahme oder Betriebsaufgabe.3Bei unentgeltlichem Erwerb ist dem Einzelrechtsnachfolger für Zwecke dieser Vorschrift die Anschaffung oder die Überführung des Wirtschaftsguts in das Privatvermögen durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen.4Die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft gilt als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter.5Als Veräußerung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 gilt auch
1.
die Einlage eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen, wenn die Veräußerung aus dem Betriebsvermögen innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren seit Anschaffung des Wirtschaftsguts erfolgt, und
2.
die verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft.

(2) Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften der in Absatz 1 bezeichneten Art sind den Einkünften aus anderen Einkunftsarten zuzurechnen, soweit sie zu diesen gehören.

(3)1Gewinn oder Verlust aus Veräußerungsgeschäften nach Absatz 1 ist der Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits.2In den Fällen des Absatzes 1 Satz 5 Nummer 1 tritt an die Stelle des Veräußerungspreises der für den Zeitpunkt der Einlage nach § 6 Absatz 1 Nummer 5 angesetzte Wert, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 5 Nummer 2 der gemeine Wert.3In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 tritt an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 oder § 16 Absatz 3 angesetzte Wert.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindern sich um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7 abgezogen worden sind.5Gewinne bleiben steuerfrei, wenn der aus den privaten Veräußerungsgeschäften erzielte Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger als 600 Euro betragen hat.6In den Fällen des Absatzes 1 Satz 5 Nummer 1 sind Gewinne oder Verluste für das Kalenderjahr, in dem der Preis für die Veräußerung aus dem Betriebsvermögen zugeflossen ist, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 5 Nummer 2 für das Kalenderjahr der verdeckten Einlage anzusetzen.7Verluste dürfen nur bis zur Höhe des Gewinns, den der Steuerpflichtige im gleichen Kalenderjahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hat, ausgeglichen werden; sie dürfen nicht nach § 10d abgezogen werden.8Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus privaten Veräußerungsgeschäften nach Absatz 1 erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, kann ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist abzusehen, wenn der Erklärungspflichtige glaubhaft macht, dass die Verspätung entschuldbar ist; das Verschulden eines Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Erklärungspflichtigen zuzurechnen.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist ein Verspätungszuschlag festzusetzen, wenn eine Steuererklärung, die sich auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt bezieht,

1.
nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs oder nicht binnen 14 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt,
2.
in den Fällen des § 149 Absatz 2 Satz 2 nicht binnen 19 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs oder nicht binnen 19 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt oder
3.
in den Fällen des § 149 Absatz 4 nicht bis zu dem in der Anordnung bestimmten Zeitpunkt
abgegeben wurde.

(3) Absatz 2 gilt nicht,

1.
wenn die Finanzbehörde die Frist für die Abgabe der Steuererklärung nach § 109 verlängert hat oder diese Frist rückwirkend verlängert,
2.
wenn die Steuer auf null Euro oder auf einen negativen Betrag festgesetzt wird,
3.
wenn die festgesetzte Steuer die Summe der festgesetzten Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge nicht übersteigt oder
4.
bei jährlich abzugebenden Lohnsteueranmeldungen, bei Anmeldungen von Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen nach § 48 Absatz 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung sowie bei jährlich abzugebenden Versicherungsteuer- und Feuerschutzsteueranmeldungen.

(4) Sind mehrere Personen zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, kann die Finanzbehörde nach ihrem Ermessen entscheiden, ob sie den Verspätungszuschlag gegen eine der erklärungspflichtigen Personen, gegen mehrere der erklärungspflichtigen Personen oder gegen alle erklärungspflichtigen Personen festsetzt. Wird der Verspätungszuschlag gegen mehrere oder gegen alle erklärungspflichtigen Personen festgesetzt, sind diese Personen Gesamtschuldner des Verspätungszuschlags. In Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a ist der Verspätungszuschlag vorrangig gegen die nach § 181 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 erklärungspflichtigen Personen festzusetzen.

(5) Der Verspätungszuschlag beträgt vorbehaltlich des Satzes 2, der Absätze 8 und 13 Satz 2 für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 Prozent der festgesetzten Steuer, mindestens jedoch 10 Euro für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung. Für Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen, beträgt der Verspätungszuschlag für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 Prozent der um die festgesetzten Vorauszahlungen und die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge verminderten festgesetzten Steuer, mindestens jedoch 25 Euro für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung. Wurde ein Erklärungspflichtiger von der Finanzbehörde erstmals nach Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist zur Abgabe einer Steuererklärung innerhalb einer dort bezeichneten Frist aufgefordert und konnte er bis zum Zugang dieser Aufforderung davon ausgehen, keine Steuererklärung abgeben zu müssen, so ist der Verspätungszuschlag nur für die Monate zu berechnen, die nach dem Ablauf der in der Aufforderung bezeichneten Erklärungsfrist begonnen haben.

(6) Für Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, für Erklärungen zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und für Zerlegungserklärungen gelten vorbehaltlich des Absatzes 7 die Absätze 1 bis 3 und Absatz 4 Satz 1 und 2 entsprechend. Der Verspätungszuschlag beträgt für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 25 Euro.

(7) Für Erklärungen zu gesondert festzustellenden einkommensteuerpflichtigen oder körperschaftsteuerpflichtigen Einkünften beträgt der Verspätungszuschlag für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,0625 Prozent der positiven Summe der festgestellten Einkünfte, mindestens jedoch 25 Euro für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung.

(8) Absatz 5 gilt nicht für

1.
vierteljährlich oder monatlich abzugebende Steueranmeldungen,
2.
nach § 41a Absatz 2 Satz 2 zweiter Halbsatz des Einkommensteuergesetzes jährlich abzugebende Lohnsteueranmeldungen,
3.
nach § 8 Absatz 2 Satz 3 des Versicherungsteuergesetzes jährlich abzugebende Versicherungsteueranmeldungen,
4.
nach § 8 Absatz 2 Satz 3 des Feuerschutzsteuergesetzes jährlich abzugebende Feuerschutzsteueranmeldungen und
5.
Anmeldungen der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung nach § 48 Absatz 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung.
In diesen Fällen sind bei der Bemessung des Verspätungszuschlags die Dauer und Häufigkeit der Fristüberschreitung sowie die Höhe der Steuer zu berücksichtigen.

(9) Bei Nichtabgabe der Steuererklärung ist der Verspätungszuschlag für einen Zeitraum bis zum Ablauf desjenigen Tages zu berechnen, an dem die erstmalige Festsetzung der Steuer wirksam wird. Gleiches gilt für die Nichtabgabe der Erklärung zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags, der Zerlegungserklärung oder der Erklärung zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen.

(10) Der Verspätungszuschlag ist auf volle Euro abzurunden und darf höchstens 25 000 Euro betragen.

(11) Die Festsetzung des Verspätungszuschlags soll mit dem Steuerbescheid, dem Gewerbesteuermessbescheid oder dem Zerlegungsbescheid verbunden werden; in den Fällen des Absatzes 4 kann sie mit dem Feststellungsbescheid verbunden werden. In den Fällen des Absatzes 2 kann die Festsetzung des Verspätungszuschlags ausschließlich automationsgestützt erfolgen.

(12) Wird die Festsetzung der Steuer oder des Gewerbesteuermessbetrags oder der Zerlegungsbescheid oder die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen aufgehoben, so ist auch die Festsetzung eines Verspätungszuschlags aufzuheben. Wird die Festsetzung der Steuer, die Anrechnung von Vorauszahlungen oder Steuerabzugsbeträgen auf die festgesetzte Steuer oder in den Fällen des Absatzes 7 die gesonderte Feststellung einkommensteuerpflichtiger oder körperschaftsteuerpflichtiger Einkünfte geändert, zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt, so ist ein festgesetzter Verspätungszuschlag entsprechend zu ermäßigen oder zu erhöhen, soweit nicht auch nach der Änderung oder Berichtigung die Mindestbeträge anzusetzen sind. Ein Verlustrücktrag nach § 10d Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes oder ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder Absatz 2 sind hierbei nicht zu berücksichtigen.

(13) Die Absätze 2, 4 Satz 2, Absatz 5 Satz 2 sowie Absatz 8 gelten vorbehaltlich des Satzes 2 nicht für Steuererklärungen, die gegenüber den Hauptzollämtern abzugeben sind. Für die Bemessung des Verspätungszuschlags zu Steuererklärungen zur Luftverkehrsteuer gilt Absatz 8 Satz 2 entsprechend.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 104/03 Verkündet am:
19. März 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 264 Nr. 2 und 3; 529 Abs. 1 Nr. 1; 531 Abs. 2 Satz 1; 533

a) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung außer den von dem erstinstanzlichen
Gericht als wahr oder unwahr festgestellten Tatsachen solche Tatsachen zugrunde zu legen, die auch
das erstinstanzliche Gericht seiner Entscheidung ohne Prüfung der Wahrheit zugrunde gelegt hat, weil
sie offenkundig oder gerichtsbekannt, ausdrücklich zugestanden oder unstreitig waren, oder weil sie sich
aus gesetzlichen Vermutungen oder Beweis- und Auslegungsregeln ergeben haben.

b) Konkrete Anhaltpunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen des erstinstanzlichen
Gerichts begründen, können sich auch aus neuen Angriffs- und Verteidigungsmitteln ergeben
, wenn diese in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen sind (Ergänzung zu Senat, Urt. v. 12. März
2004, V ZR 257/03).

c) § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO gestattet neues, d.h. in erster Instanz noch nicht geltend gemachtes
Vorbringen zu tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkten, die von dem Standpunkt des Berufungsgerichts
aus betrachtet entscheidungserheblich sind, von dem erstinstanzlichen Gericht jedoch erkennbar
übersehen oder für unerheblich gehalten wurden und aus einem von diesem mit zu verantwortenden
Grund in erster Instanz nicht geltend gemacht worden sind (im Anschluß an BGH, Urt. v. 19. Februar
2004, III ZR 147/03).

d) § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO betrifft insbesondere den Fall, daß nach § 139 ZPO gebotene Hinweise
des erstinstanzlichen Gerichts unterblieben sind, die zu entsprechendem Vorbringen in erster Instanz Anlaß
gegeben hätten (im Anschluß an BGH, Urt. v. 19. Februar 2004, III ZR 147/03).

e) § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO schließt die Berücksichtigung solcher tatsächlichen Umstände, die in
erster Instanz nicht vorgebracht wurden, obwohl sie und ihre Bedeutung für den Ausgang des Rechtsstreits
der Partei bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem erstinstanzlichen Gericht bekannt
waren oder hätten bekannt sein müssen, in der Berufungsinstanz aus.

f) Änderungen des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 und 3 ZPO sind auch in der Berufungsinstanz nicht als
Klageänderung anzusehen; § 533 ZPO findet auf sie keine Anwendung.

g) Das Berufungsgericht darf seiner rechtlichen Beurteilung eines nach § 264 Nr. 2 und 3 ZPO geänderten
Klageantrags nicht nur die von dem erstinstanzlichen Gericht zu dem ursprünglichen Klageantrag festgestellten
Tatsachen zugrunde legen, sondern auf den gesamten erstinstanzlichen Prozeßstoff zurückgreifen
; kommt es dabei aus der allein maßgeblichen Sicht des Berufungsgerichts auf Tatsachen an, die
in dem erstinstanzlichen Urteil trotz entsprechenden Parteivortrags nicht festgestellt worden sind, bestehen
Zweifel im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, die das Berufungsgericht zu eigenen Feststellungen
berechtigt und verpflichtet.
BGH, Urt. v. 19. März 2004 - V ZR 104/03 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. März 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 13. März 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit Vertrag vom 14. Juni 1990 gestattete die Gemeinde G. G. dem Kläger die Nutzung eines in ihrem Besitz befindlichen Hotelgrundstücks, das im Jahr 1950 in Volkseigentum übergeführt und der Gemeinde im Jahr 1989 von dem damaligen Rechtsträger, dem Amt für nationale Sicherheit, überlassen worden war. Mit notariellem Vertrag vom 24. September 1990 verkaufte die Gemeinde das Grundstück an den Kläger. Zu dessen Eintragung in das Grundbuch kam es in der Folgezeit nicht.
Bis zum Jahr 1994 ließen der Kläger und die von ihm gegründete „S. und K. GmbH“ Renovierungsarbeiten an dem Hotelgrundstück durchführen, die nach Art und Umfang zwischen den Parteien streitig sind.
Seit 1992 verlangte die Beklagte unter Hinweis auf ihren Eigentumserwerb nach Art. 21, 22 des Einigungsvertrags die Herausgabe des Grundstücks. Dem kam der Kläger im Februar 1995 im Hinblick auf ein von der Beklagten erwirktes Räumungsurteil nach.
Wegen der von dem Kläger mit 338.600 DM bezifferten renovierungsbedingten Aufwendungen erließ das Amtsgericht Potsdam am 11. März 1996 einen Vollstreckungsbescheid gegen die Beklagte. Diese legte hiergegen am 19. März 1996 Einspruch ein. Im Juni 1997 trat die „S. und K. GmbH“ sämtliche Ansprüche gegen die Beklagte an den Kläger ab.
Erstinstanzlich hat der damalige Prozeßbevollmächtigte des Klägers vorgetragen , der Kläger habe am 30. März 1997 sämtliche Forderungen aus der Klage an ihn abgetreten. Gleichwohl hat das Landgericht über die von dem Kläger behaupteten Renovierungsarbeiten, die hierdurch bedingte Wertsteigerung des Grundstücks und – wegen einer von der Beklagten erklärten Hilfsaufrechnung – über die Höhe des monatlichen Nutzungsentgelts Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen und Einholung von Sachverständigengutachten. Mit Schreiben vom 19. Juni 2001 hat die Sparkasse Mittleres Erzgebirge eine mit „Abtretungserklärung“ überschriebene schriftliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Prozeßbevollmächtigten vom 30. März 1997 mit der Bitte um rechtliche Prüfung zu den Gerichtsakten gereicht. Hiervon sind die Prozeßbeteiligten nicht unterrichtet worden. Ausweislich der Sitzungsnieder-
schrift vom 5. April 2002 hat das Landgericht „mit Rücksicht auf die Zitatstelle in Thomas/Putzo, § 265 Rdn. 13, die verlesen wurde, auf eine etwaige Notwendigkeit der Umstellung des Klageantrages mit Rücksicht auf die Abtretung der Ansprüche des Klägers an Rechtsanwalt H. hingewiesen. Daraufhin hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers erklärt, das Gericht möge über diese Frage entscheiden. Das Landgericht hat sodann den Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil der Kläger wegen der erfolgten Abtretung nicht mehr aktivlegitimiert sei.
Mit seiner Berufung hat der Kläger beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils den Vollstreckungsbescheid aufrechtzuerhalten, hilfsweise mit der Maßgabe, daß Zahlung an Rechtsanwalt H. zu leisten ist. Zur Begründung hat er unter anderem ausgeführt, die Abtretungserklärung vom 30. März 1997 beziehe sich nicht auf die streitgegenständliche Forderung, sondern auf die Summe, welche die Beklagte nach einer etwaigen Verurteilung an den Kläger zahlen werde. Hierüber habe bei Abschluß der Vereinbarung Einvernehmen zwischen den Beteiligten bestanden. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die von dem Senat zugelassene Revision des Klägers, mit der er die im Berufungsverfahren gestellten Anträge weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, der Kläger sei wegen der von dem Landgericht festgestellten Abtretung nicht mehr Inhaber eines eventuellen Verwendungsersatzanspruchs gegen die Beklagte. Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der von dem Landgericht getroffenen Feststellungen, die eine erneute Feststellung gebieten könnten, bestünden nicht. Die erstmals in der Berufungsinstanz aufgestellten Behauptungen des Klägers zu dem Inhalt der am 30. März 1997 geschlossenen Abtretungsvereinbarung seien nicht zu berücksichtigen. Der in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellte Antrag auf Zahlung an den Abtretungsempfänger sei unzulässig, weil das Landgericht keine Feststellungen zu den Voraussetzungen des geltend gemachten Verwendungsersatzanspruchs getroffen habe.
Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand.

II.


Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, daß die Klage mit dem Hauptantrag unbegründet ist (1.). Soweit es die Zulässigkeit des Hilfsantrags verneint hat, kann ihm dagegen nicht gefolgt werden (2.).
1. Mit seinem Hauptantrag macht der Kläger einen eigenen Verwendungsersatzanspruch gegen die Beklagte geltend. Insoweit kann dahinstehen, ob und inwieweit die Voraussetzungen der §§ 994, 996 BGB erfüllt sind; der
Anspruch scheitert nämlich bereits an der fehlenden Sachlegitimation des Klägers. Das Landgericht hat in seinem Urteil festgestellt, daß der Kläger den Klageanspruch nach Eintritt der Rechtshängigkeit an seinen erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten abgetreten hat (a). An diese Feststellung war das Berufungsgericht nach der gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO anwendbaren Vorschrift des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in der Fassung des Zivilprozeßreformgesetzes vom 27. Juli 2001 gebunden, weil keine Anhaltspunkte für Zweifel an ihrer Richtigkeit oder Vollständigkeit bestanden (b). Auf der Grundlage dieser gemäß § 559 Abs. 2 ZPO auch in der Revisionsinstanz verbindlichen Feststellung ist es dem Kläger verwehrt, Leistung an sich selbst zu verlangen (c).

a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die von dem Eingangsgericht festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen.
aa) Die damit angeordnete Bindungswirkung der erstinstanzlichen Feststellungen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs des ZPO-RG, BT-Drs. 14/4722, S. 100) erstreckt sich auch auf sogenannte Rechtstatsachen. Den tatsächlichen Umständen (§ 138 Abs. 1 ZPO) stehen nämlich Tatsachen in ihrer juristischen Einkleidung gleich, wenn dies durch einen einfachen Rechtsbegriff geschieht, der jedem Teilnehmer des Rechtsverkehrs geläufig ist (Senat , BGHZ 135, 92, 95; Senat, Urt. v. 2. Juni 1995, V ZR 304/93, WM 1995, 1589, 1590; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 138 Rdn. 2). Hierher gehört der den Abschluß eines Abtretungsvertrags gemäß § 398 BGB umschreibende Begriff der Abtretung jedenfalls dann, wenn er, wie hier, von einem Rechtsanwalt verwendet wird (Senat, Urt. v. 2. Februar 1990, V ZR 245/88, BGHR ZPO § 288 Abs. 1 Rechtsbegriff 3).

bb) Festgestellt sind nicht nur solche Tatsachen, hinsichtlich derer das erstinstanzliche Gericht aufgrund einer freien Beweiswürdigung gemäß § 286 Abs. 1 ZPO die Entscheidung getroffen hat, daß sie wahr oder nicht wahr sind. Eine derartige Beschränkung des tatsächlichen Prüfungsumfangs des Berufungsgerichts wäre nicht sachgerecht, weil das erstinstanzliche Urteil regelmäßig auch auf nicht beweisbedürftigen, insbesondere unstreitigen Tatsachen beruht. Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung deshalb auch solche Tatsachen zugrunde zu legen, die auch das erstinstanzliche Gericht seiner Entscheidung ohne Prüfung der Wahrheit zugrunde gelegt hat, sei es, weil sie offenkundig oder gerichtsbekannt (§ 291 ZPO), ausdrücklich zugestanden (§ 288 ZPO) oder – wie die von dem Kläger behauptete Abtretung - unstreitig (§ 138 Abs. 3 ZPO) waren, oder weil sie sich aus gesetzlichen Vermutungen oder Beweis- und Auslegungsregeln ergeben haben (MünchKomm -ZPO/Rimmelspacher, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 529 Rdn. 5). Dies entspricht dem allgemeinen Verständnis des in § 559 Abs. 2 ZPO verwendeten Begriffs der von dem Revisionsgericht zugrunde zu legenden Feststellungen (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 8; Musielak/Ball, aaO, § 559 Rdn. 20; Zöller/Gummer, aaO, § 559 Rdn. 11; für § 561 Abs. 2 ZPO a.F.: Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 561 Rdn. 31), die wegen der in § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorgesehenen Bezugnahme in dem Berufungsurteil auch die von dem erstinstanzlichen Gericht fehlerfrei getroffenen Tatsachenfeststellungen umfassen.

b) Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der von dem Landgericht festgestellten Abtretung des Klageanspruchs, die gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO erneute Feststellungen des Berufungsgerichts zu diesem Punkt
erforderlich gemacht hätten, lagen entgegen der Auffassung der Revision nicht vor. aa) Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem erstinstanzlichen Gericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (BT-Drs. 14/4722, S. 100; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann, NJW 2003, 169, 171). Dies gilt insbesondere dann, wenn es Beweise fehlerhaft erhoben oder gewürdigt (Senat, Urt. v. 12. März 2004, V ZR 257/03, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, Umdruck S. 6) oder wenn es Tatsachenvortrag der Parteien übergangen oder von den Parteien nicht vorgetragene Tatsachen verwertet hat (Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 5). Einen derartigen Verfahrensfehler stellt es nicht dar, daß das Landgericht den Inhalt der schriftlichen Abtretungserklärung vom 30. März 1997 unberücksichtigt gelassen und seine Entscheidung allein auf die mit Schriftsatz des Klägers vom 21. Januar 1998 behauptete Abtretung gestützt hat. Da die von der Sparkasse Mittleres Erzgebirge zu den Gerichtsakten gereichte Vertragsurkunde erstinstanzlich von keiner der Parteien in Bezug genommen worden war, handelte es sich nicht um Parteivortrag, den das Landgericht seiner Entscheidung hätte zugrunde legen dürfen. Hieraus folgt zugleich, daß die mit der Berufung erhobene Rüge, das erstinstanzliche Urteil beruhe auf der von den Parteien nicht vorgetragenen Abtretungserklärung, sachlich unzutreffend ist. Sie wird von der Revision auch nicht aufrecht erhalten.
bb) Zweifelhaft können die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts auch durch neue Angriffs- und Verteidigungsmittel werden, soweit sie in der Berufungsinstanz gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen sind, weil ihre Geltendmachung in erster Instanz we-
gen eines von dem Gericht zu vertretenden Umstands (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO) oder sonst ohne Verschulden der Partei (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO) unterblieben ist (BT-Drs. 14/4722, S. 101; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 19; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Schnauder, JuS 2002, 162; Crückeberg, MDR 2003, 10). Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf den von dem Kläger erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragenen Inhalt der schriftlichen Abtretungserklärung vom 30. März 1997 ebensowenig erfüllt wie im Hinblick auf die von ihm im Widerspruch zu seinem erstinstanzlichen Vorbringen aufgestellte Behauptung, eine Abtretung der Klageforderung hätten die Beteiligten nicht gewollt.
(1) § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO gestattet neues, d. h. in erster Instanz noch nicht geltend gemachtes (Grunsky, NJW 2002, 800; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1903) Vorbringen zu tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkten , die von dem Standpunkt des Berufungsgerichts aus betrachtet entscheidungserheblich sind, von dem Eingangsgericht jedoch erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten wurden (BT-Drs. 14/4722, S. 101; MünchKomm -ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 531 Rdn. 20; Musielak/Ball, aaO, § 531 Rdn. 17) und aus einem von diesem mit zu verantwortenden Grund in erster Instanz nicht geltend gemacht worden ist (BGH, Urt. v. 19. Februar 2004, III ZR 147/03, Umdruck S. 8). Dieser Fall liegt hier nicht vor, weil das Berufungsgericht seine Entscheidung über den ursprünglichen (Haupt-)Antrag ebenso wie das Landgericht auf die von dem Kläger in erster Instanz behauptete Abtretung der Klageforderung gestützt hat. Neues Vorbringen zu diesem bereits dem erstinstanzlichen Urteil zugrunde liegenden Gesichtspunkt war dem Kläger daher verwehrt.
(2) § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO betrifft insbesondere den Fall, daß nach § 139 ZPO gebotene Hinweise des Eingangsgerichts unterblieben sind, die zu entsprechendem Vorbringen in erster Instanz Anlaß gegeben hätten (BT-Drs. 14/4722, S. 101; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 531 Rdn. 23; Musielak/Ball, aaO, § 531 Rdn. 18). Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landgericht die ihm obliegende Hinweispflicht jedoch nicht verletzt. Zwar konnte der Kläger aus dem Umstand, daß das Landgericht trotz der bereits vorgetragenen Abtretung Beweis zu den Voraussetzungen des geltend gemachten Verwendungsersatzanspruchs erhoben hat, schließen, daß es auf diesen Gesichtspunkt für die gerichtliche Entscheidung nicht ankommen werde. Er hatte daher zunächst keinen konkreten Anlaß, zu der Frage der Abtretung weiter vorzutragen oder sein Vorbringen in dem Sinn richtig zu stellen , daß tatsächlich keine Abtretung vereinbart worden sei. Dies änderte sich jedoch, nachdem das Landgericht auf die Bedeutung der Abtretung für die Fassung des Klageantrags hingewiesen hatte. Im Hinblick auf die in der mündlichen Verhandlung verlesene Kommentarstelle mußte dem anwaltlich vertretenen Kläger bewußt gewesen sein, daß seine auf Zahlung an sich selbst gerichtete Klage wegen der von ihm vorgetragenen Abtretung des Klageanspruchs keinen Erfolg haben konnte, wenn das Landgericht mit der ganz überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur eine Umstellung des Klageantrags auf Zahlung an den Abtretungsempfänger für erforderlich hielt. Selbst wenn der Kläger, wie von der Revision behauptet, davon ausgegangen sein sollte, das Landgericht habe in dieser Frage noch keine abschließende Position eingenommen, hätte er jedenfalls mit der Möglichkeit einer Klageabweisung rechnen müssen. Damit wäre es aus Sicht des Klägers nicht nur geboten gewesen , den Klageantrag – wie in der Berufungsinstanz geschehen – zumindest hilfsweise auf Zahlung an den Abtretungsempfänger umzustellen. Darüber
hinaus hätte auch Anlaß bestanden, im Rahmen des ursprünglichen Klageantrags zu der Frage der Abtretung ergänzend Stellung zu nehmen. Daß dies dem Kläger in erster Instanz, sei es auch nach Einräumung einer von ihm zu beantragenden Schriftsatzfrist (vgl. BGH, Urt. v. 25. Juni 2002, X ZR 83/00, NJW 2002, 3317, 3320), nicht möglich gewesen wäre, wird von der Revision nicht geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich. Von sich aus mußte das Landgericht jedenfalls nicht auf einen weiteren Sachvortrag des Klägers hinwirken, da dessen Prozeßbevollmächtigter ausdrücklich um eine gerichtliche Entscheidung gebeten hatte und keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme bestanden, sein Vortrag zu der erfolgten Abtretung könne ergänzungs- oder korrekturbedürftig sein.
(3) Hat der Kläger damit diejenigen tatsächlichen Umstände, die nach seiner Auffassung der Annahme einer Abtretung der Klageforderung entgegenstehen , in erster Instanz nicht vorgebracht, obwohl ihm diese Umstände und deren Bedeutung für den Ausgang des Rechtsstreits bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, beruht die unterlassene Geltendmachung auf Nachlässigkeit; das schließt eine Berücksichtigung dieser Umstände in der Berufungsinstanz gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO aus (vgl. BT-Drs. 14/4722, S. 101; Musielak /Ball, aaO, § 531 Rdn. 19; Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 531 Rdn. 18 f.; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1904). Das Berufungsgericht mußte deshalb der unter Beweis gestellten Behauptung des Klägers, er und sein erstinstanzlicher Prozeßbevollmächtigter hätten keine Abtretung der Klageforderung vereinbaren wollen, ebensowenig nachgehen wie der Frage, ob die schriftliche Abtretungsvereinbarung vom 30. März 1997 nur die von dem Kläger aufgrund eines obsiegenden Urteils erlangten Geldmittel erfaßt.


c) Auf der Grundlage der von dem Landgericht fehlerfrei festgestellten Abtretung hat das Berufungsgericht einen in der Person des Klägers bestehenden Verwendungsersatzanspruch zu Recht verneint. Zwar hat die nach Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgte Abtretung des Klageanspruchs keinen Einfluß auf dessen prozessuale Geltendmachung (§ 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Der Rechtsvorgänger behält daher weiter seine Prozeßführungsbefugnis und darf den Rechtsstreit als Partei im eigenen Namen weiterführen (Prozeßstandschaft ). Aufgrund der veränderten materiellen Rechtslage muß der Kläger jedoch grundsätzlich Leistung an seinen Rechtsnachfolger verlangen. Weigert er sich, wie hier, so muß die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation abgewiesen werden. Diese Grundsätze, die der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 26, 31, 37; BGH, Urt. v. 28. September 1982, VI ZR 221/80, WM 1982, 1313; Urt. v. 12. März 1986, VIII ZR 64/85, NJW 1986, 3206, 3207; Urt. v. 20. November 1996, XII ZR 70/95, NJW 1997, 735, 736) und der überwiegenden Auffassung in der Literatur (MünchKomm-ZPO/Lüke, 2. Aufl., § 265 Rdn. 83; Zöller/Greger, aaO, § 265 Rdn. 6a; Musielak/Foerste, aaO, § 265 Rdn. 10; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 265 Rdn. 17; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 265 Rdn. 13; a.A. die sogenannte Irrelevanztheorie: Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl., § 102 IV 2, S. 585; Jauernig, Zivilprozeßrecht, 28. Aufl., § 87 III 3, S. 354) entsprechen , stellt auch die Revision nicht in Frage.
Auch war der Kläger nicht etwa deshalb zur Einziehung der abgetretenen Forderung im eigenen Namen befugt, weil ihm der Abtretungsempfänger eine Einziehungsermächtigung erteilt hätte (vgl. BGHZ 26, 31, 37; BGH, Urt. v. 28. September 1982, aaO). Eine entsprechende Behauptung hat der Kläger in
erster Instanz nicht aufgestellt. Sie läßt sich auch seinem Vorbringen in der Berufungsinstanz, soweit es überhaupt zu berücksichtigen ist, nicht entnehmen. Wäre die Klageforderung, wie nunmehr von dem Kläger vorgetragen, nicht abgetreten worden, hätte keinerlei Anlaß zu der Erteilung einer Einziehungsermächtigung bestanden.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, der erstmals in zweiter Instanz gestellte Hilfsantrag, mit dem der Kläger einen Verwendungsersatzanspruch seines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten geltend macht, sei unzulässig, weil er entgegen § 533 Nr. 2 ZPO nicht auf Tatsachen gestützt werden könne, die der Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen waren. Eine mit der Berufung vorgenommene Umstellung des Klageantrags auf Leistung an den Abtretungsempfänger stellt nämlich unabhängig davon, ob sie unbedingt erfolgt oder, wie hier, von dem Mißerfolg des auf Leistung an den Kläger selbst gerichteten Hauptantrags abhängig ist, keine § 533 ZPO unterfallende Klageänderung dar.

a) § 533 ZPO knüpft in seinem Einleitungssatz an den allgemeinen Begriff der Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO an (Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 533 Rdn. 3). Danach ist eine objektive Klageänderung gegeben, wenn sich der Streitgegenstand verändert, insbesondere, wenn bei gleich bleibendem oder geändertem Klagegrund ein anderer Klageantrag gestellt wird (Zöller /Greger, aaO, § 263 Rdn. 2; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, § 263 Rdn. 1 f.). Wie eine Klageänderung zu behandeln ist der Fall einer nachträglichen (Eventual -)Klagenhäufung, auf den § 263 ZPO entsprechend anwendbar ist (BGH, Urt. v. 29. April 1981, VIII ZR 157/80, WM 1981, 423, 427; Urt. v. 10. Januar 1985, III ZR 93/83, NJW 1985, 1841, 1842; Urt. v. 26. Mai 1986, II ZR 237/85,
NJW-RR 1987, 58; MünchKomm-ZPO/Lüke, aaO, § 263 Rdn. 21; Zöller /Greger, aaO, § 263 Rdn. 2; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, aaO, § 263 Rdn. 4) und der deshalb auch von § 533 ZPO erfaßt wird (MünchKommZPO /Rimmelspacher, aaO, § 533 Rdn. 10; Musielak/Ball, aaO, § 533 Rdn. 6).

b) Handelt es sich allerdings um eine Antragsänderung, die, wie die Umstellung des Klageantrags auf Leistung an den Abtretungsempfänger, den Bestimmungen des § 264 Nr. 2 oder 3 ZPO unterfällt (für eine Anwendung von § 264 Nr. 2 ZPO: BGH, Urt. v. 3. Juni 1987, IVb ZR 68/86, FamRZ 1987, 926, 928; Urt. v. 21. Dezember 1989, VII ZR 84/89, NJW-RR 1990, 505; Musielak /Foerste, aaO, § 265 Rdn. 10; Zöller/Greger, aaO, § 264 Rdn. 3b; für eine Anwendung von § 264 Nr. 3 ZPO: Stein/Jonas/Schumann, aaO, § 265 Rdn. 42; MünchKomm-ZPO/Lüke, aaO, § 265 Rdn. 87; Rosenberg/Schwab/Gottwald, aaO, § 101 I 3), ist sie kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht als eine Klageänderung anzusehen. Auf eine solche Modifizierung des Klageantrags finden daher diejenigen Vorschriften, die die Zulässigkeit einer Klageänderung regeln, keine Anwendung (MünchKomm-ZPO/Lüke, aaO, § 264 Rdn. 4). Dies gilt nicht nur für § 263 ZPO (Stein/Jonas/Schumann, aaO, § 264 Rdn. 1; MünchKomm-ZPO/Lüke, aaO, § 264 Rdn. 4), sondern auch für § 533 ZPO (a.A. Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 533 Rdn. 3, die jedenfalls § 533 Nr. 2 ZPO anwenden wollen), weil § 264 ZPO gemäß § 525 Satz 1 ZPO auch auf das Berufungsverfahren anzuwenden ist.

c) Die unbeschränkte Zulässigkeit einer Modifizierung des Klageantrags gem. § 264 Nr. 2 oder 3 ZPO auch in der Berufungsinstanz entspricht dem Zweck der Vorschrift, der die prozeßökonomische und endgültige Erledigung des Streitstoffs zwischen den Parteien fördern soll (MünchKomm-ZPO/Lüke,
aaO, § 264 Rdn. 1). Kann das Berufungsgericht auf der Grundlage des bereits in erster Instanz angefallenen Prozeßstoffs eine abschließende Entscheidung über den modifizierten Klageantrag treffen, widerspräche es den Grundsätzen der Prozeßwirtschaftlichkeit, würde man die Parteien, gestützt auf § 533 ZPO, auf einen neuen Rechtsstreit verweisen, in dem das erstinstanzliche Verfahren wiederholt werden müßte und das Berufungsgericht erneut mit der Sache befaßt werden könnte. Nach früherem Recht (§ 523 ZPO a. F. in Verbindung mit § 264 ZPO) war eine derart unökonomische Verfahrensgestaltung ausgeschlossen , weil § 264 ZPO in der Berufungsinstanz Anwendung fand (BGHZ 85, 140, 143; BGH, Urt. v. 21. Dezember 1989, VII ZR 84/89, NJW-RR 1990, 505; MünchKomm-ZPO/Lüke, aaO, § 264 Rdn. 5) und in den von der Vorschrift geregelten Fällen eine Antragsänderung unabhängig von dem Vorliegen weiterer Voraussetzungen ermöglichte. Für das reformierte Berufungsverfahren etwas anderes anzunehmen, hätte im Vergleich zu dem früheren Recht eine verstärkte Belastung der Gerichte und eine verzögerte Erledigung der Streitsachen zur Folge. Damit würde das Ziel der Zivilprozeßreform, die Effizienz innerhalb der Ziviljustiz zu steigern (BT-Drs. 14/4722, S. 1), offensichtlich verfehlt.

d) § 533 ZPO steht einer Anwendung des § 264 ZPO auf das Berufungsverfahren nicht entgegen (§ 525 Satz 1 Halbs. 2 ZPO).
aa) Mit den in § 533 Nr. 1 ZPO bestimmten Merkmalen der Einwilligung des Gegners oder der Sachdienlichkeit wollte der Gesetzgeber die bereits nach bisherigem Recht (§ 523 ZPO a. F. in Verbindung mit § 263 ZPO) geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen einer zweitinstanzlichen Klageänderung übernehmen (BT-Drs. 14/4722, S. 102). Auf das Vorliegen dieser Vorausset-
zungen kam es jedoch auch bislang nicht an, wenn es sich um eine Antragsänderung gemäß § 264 Nr. 2 oder 3 ZPO handelte (§ 523 ZPO a. F. in Verbindung mit § 264 ZPO). Daß der Gesetzgeber hieran etwas ändern wollte, läßt sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen. Die Annahme, derartige Modifizierungen des Klageantrags sollten nach neuem Recht nur noch unter den in § 533 Nr. 1 ZPO geregelten Voraussetzungen zulässig sein, ist auch deshalb fernliegend, weil diese Antragsänderungen in aller Regel als sachdienlich anzusehen sind (vgl. MünchKomm-ZPO/Lüke, aaO, § 264 Rdn. 2), § 533 Nr. 1 ZPO insoweit also ohnehin keine zulässigkeitsbeschränkende Wirkung haben könnte.
bb) Sinn und Zweck des § 533 Nr. 2 ZPO gebieten es ebenfalls nicht, Antragsänderungen gemäß § 264 Nr. 2 und 3 ZPO in der Berufungsinstanz als Klageänderungen anzusehen.
(1) § 533 Nr. 2 ZPO bringt die geänderte Funktion des Berufungsverfahrens zum Ausdruck, die keine vollständige zweite Tatsacheninstanz mehr eröffnet , sondern in erster Linie der Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung dient (BT-Drs. 14/4722, S. 64, 102). Für diesen Berufungszweck ist es unerheblich, ob das erstinstanzliche Gericht subjektiv fehlerhaft gehandelt und entschieden hat, was nicht der Fall ist, wenn seine Entscheidung gemessen an dem in erster Instanz gestellten Klageantrag - wie hier - zutreffend ist. Maßgeblich ist vielmehr, ob das erstinstanzliche Urteil objektiv fehlerhaft ist, was nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts zu beurteilen ist (MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 513 Rdn. 7; Rimmelspacher , NJW 2002, 1897). Damit kann sich die Korrekturbedürftigkeit des mit der Berufung angefochtenen Urteils auch aus einer im Berufungsverfahren
erfolgten Modifizierung des Klageantrags ergeben, wenn, wie im vorliegenden Fall, mit der Umstellung des Klageantrags einer Veränderung der materiellen Rechtslage Rechnung getragen wird, an deren sachgerechter Beurteilung das erstinstanzliche Gericht wegen des in erster Instanz gestellten Klageantrags gehindert war.
(2) Ausweislich der Gesetzesbegründung will § 533 Nr. 2 ZPO verhindern , daß im Wege der Klageänderung unzulässiger neuer Tatsachenstoff in das Berufungsverfahren eingeführt wird (BT-Drs. 14/4722, S. 102). In den Fällen des § 264 Nr. 2 und 3 ZPO ist das aber schon deswegen nicht zu befürchten , weil die Vorschrift insoweit voraussetzt, daß der - bereits in erster Instanz dargelegte - Klagegrund unverändert bleibt. Sollen zu dessen Ergänzung neue Tatsachen vorgetragen werden, ist dies nur in den durch § 531 Abs. 2 ZPO gezogenen Grenzen zulässig. Damit ist sichergestellt, daß der von dem Berufungsgericht zu beurteilende Prozeßstoff im wesentlichen mit demjenigen der ersten Instanz übereinstimmt.
(3) Schließlich soll durch die Regelung des § 533 Nr. 2 ZPO vermieden werden, daß das Berufungsgericht eine Klageänderung bei Vorliegen der in § 533 Nr. 1 ZPO bestimmten Voraussetzungen zwar zulassen müßte, an einer der materiellen Rechtslage entsprechenden Entscheidung über die geänderte Klage aber gehindert sein könnte, weil es gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO seiner Verhandlung und Entscheidung nur die von dem erstinstanzlichen Gericht zu der ursprünglichen Klage festgestellten Tatsachen zugrunde legen darf (BTDrs. 14/4722, S. 102). Diese Gefahr, die den Gesetzgeber zu einer über die frühere Rechtslage hinausgehenden Beschränkung der Zulässigkeit zweitinstanzlicher Klageänderungen bewogen hat, besteht bei einer Antragsänderung
gemäß § 264 Nr. 2 und 3 ZPO nicht. Vielmehr kann das Berufungsgericht bei der Beurteilung des modifizierten Klageantrags auf den gesamten in erster Instanz angefallenen Prozeßstoff zurückgreifen.
(a) Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 12. März 2004 (V ZR 257/03) ausgeführt hat, gelangt mit einem zulässigen Rechtsmittel grundsätzlich der gesamte aus den Akten ersichtliche Prozeßstoff der ersten Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz (Umdruck S. 14). Im Gegensatz zum Revisionsrecht (§ 559 Abs. 1 ZPO) enthalten die gesetzlichen Vorschriften über das Berufungsverfahren keine das berücksichtigungsfähige Parteivorbringen beschränkende Bestimmung. Eine Verengung des zweitinstanzlichen Prozeßstoffs auf das aus dem erstinstanzlichen Urteil ersichtliche Parteivorbringen ergibt sich auch nicht aus § 314 ZPO, weil dem Urteilstatbestand im Hinblick auf schriftsätzlich angekündigtes Parteivorbringen keine negative Beweiskraft zukommt (Umdruck S. 17 f. m.w.N.). Unabhängig hiervon kann der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils den der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Prozeßstoff auch deshalb nicht begrenzen, weil das Berufungsverfahren nicht nur, wie das Revisionsverfahren, der Rechtsfehlerkontrolle, sondern gemäß § 513 Abs. 1 Alt. 2 ZPO auch der Kontrolle und Korrektur fehlerhafter Tatsachenfeststellungen dient (BT-Drucks. 14/4722, S. 64; Hannich /Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 1, 7, 12 f.). Dies setzt voraus, daß das Berufungsgericht schriftsätzlich angekündigtes entscheidungserhebliches Parteivorbringen berücksichtigen darf, das von dem erstinstanzlichen Gericht für unerheblich erachtet oder übersehen worden ist und das deshalb im Urteilstatbestand keine Erwähnung gefunden hat (Barth, NJW 2002, 1702, 1703). Die in § 513 Abs. 1 Alt. 2 ZPO zum Ausdruck kommende Funktion der Berufung würde eine den berücksichtigungsfähigen Prozeßstoff begrenzende Wirkung des
erstinstanzlichen Urteils also selbst dann ausschließen, wenn man im übrigen mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (zuletzt BGH, Urt. v. 16. Mai 1990, IV ZR 64/89, NJW-RR 1990, 1269) und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 13. April 1989, 1 B 21/89, juris) an der negativen Beweiskraft des Urteilstatbestands ohne Einschränkungen festhielte. Die Beantwortung dieser Rechtsfrage ist deshalb für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits im Ergebnis ohne Bedeutung, so daß es weder einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen (§ 132 GVG) noch an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 2 RsprEinhG) bedarf (vgl. BGH, Beschl. v. 15. Februar 2000, XI ZR 10/98, NJW 2000, 1185 zu § 132 GVG; GmS-OGB, BGHZ 88, 353, 357 zu § 2 RsprEinhG).
(b) Bei der Entscheidung über den modifizierten Klageantrag ist das Berufungsgericht nicht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 ZPO an die von dem erstinstanzlichen Gericht zu dem ursprünglichen Klageantrag getroffenen Feststellungen gebunden. Kommt es aus der allein maßgeblichen Sicht des Berufungsgerichts (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 35; Ball, ZGS 2002, 146, 149) für die Beurteilung des modifizierten Klageantrags auf Tatsachen an, die in dem erstinstanzlichen Urteil trotz entsprechenden Parteivortrags nicht festgestellt worden sind, dann bestehen Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, die das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO zu eigenen Feststellungen berechtigen und verpflichten.

III.


Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob und inwieweit die Voraussetzungen eines von dem Kläger an seinen erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten abgetretenen Verwendungsersatzanspruchs gemäß §§ 994, 996 BGB erfüllt sind und in welchem Umfang ein solcher Anspruch gegebenenfalls durch die von der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung erloschen ist. Durch die Zurückverweisung der Sache (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO) erhält das Berufungsgericht Gelegenheit, die erforderlichen Fest-
stellungen nachzuholen. Dabei kann es die Ergebnisse der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme verwerten, soweit nicht deren Wiederholung nach den von der Rechtsprechung zu §§ 398, 402 ZPO entwickelten Grundsätzen geboten ist (vgl. Senat, Urt. v. 12. März 2004, V ZR 257/03, Umdruck S. 10 m.w.N.).
Wenzel Tropf Lemke Gaier Schmidt-Räntsch

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

29
Lediglich wenn in der Berufungsinstanz gemäß § 264 Nr. 3 ZPO ohne Änderung des Klagegrundes statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer späteren Veränderung ein anderer Gegenstand gefordert und mit dem nunmehr geltend gemachten Antrag nicht mehr verlangt wird als bereits erstinstanzlich zuerkannt, ist die Einlegung einer Anschlussberufung entbehrlich (BGH, Urteil vom 12. Januar 2006 - VII ZR 73/04, BauR 2006, 717, 718; Urteil vom 18. Februar 2011 - V ZR 197/10, WuM 2011, 310 Rn. 10 ff.). Das Begehren des in erster Instanz erfolgreichen Klägers geht in diesem Fall nicht über eine Abwehr der Berufung hinaus.

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Für Verbindlichkeiten der Partnerschaft haften den Gläubigern neben dem Vermögen der Partnerschaft die Partner als Gesamtschuldner. Die §§ 129 und 130 des Handelsgesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden.

(2) Waren nur einzelne Partner mit der Bearbeitung eines Auftrags befaßt, so haften nur sie gemäß Absatz 1 für berufliche Fehler neben der Partnerschaft; ausgenommen sind Bearbeitungsbeiträge von untergeordneter Bedeutung.

(3) Durch Gesetz kann für einzelne Berufe eine Beschränkung der Haftung für Ansprüche aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung auf einen bestimmten Höchstbetrag zugelassen werden, wenn zugleich eine Pflicht zum Abschluß einer Berufshaftpflichtversicherung der Partner oder der Partnerschaft begründet wird.

(4) Für Verbindlichkeiten der Partnerschaft aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung haftet den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen, wenn die Partnerschaft eine zu diesem Zweck durch Gesetz vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung unterhält. Für die Berufshaftpflichtversicherung gelten § 113 Absatz 3 und die §§ 114 bis 124 des Versicherungsvertragsgesetzes entsprechend. Der Name der Partnerschaft muss den Zusatz „mit beschränkter Berufshaftung“ oder die Abkürzung „mbB“ oder eine andere allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung enthalten; anstelle der Namenszusätze nach § 2 Absatz 1 Satz 1 kann der Name der Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung den Zusatz „Part“ oder „PartG“ enthalten.

(1) Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so haftet er für ihre bis dahin begründeten Verbindlichkeiten, wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig und daraus Ansprüche gegen ihn in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art festgestellt sind oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird; bei öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten genügt der Erlass eines Verwaltungsakts. Die Frist beginnt mit dem Ende des Tages, an dem das Ausscheiden in das Handelsregister des für den Sitz der Gesellschaft zuständigen Gerichts eingetragen wird. Die für die Verjährung geltenden §§ 204, 206, 210, 211 und 212 Abs. 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches sind entsprechend anzuwenden.

(2) Einer Feststellung in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art bedarf es nicht, soweit der Gesellschafter den Anspruch schriftlich anerkannt hat.

(3) Wird ein Gesellschafter Kommanditist, so sind für die Begrenzung seiner Haftung für die im Zeitpunkt der Eintragung der Änderung in das Handelsregister begründeten Verbindlichkeiten die Absätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden. Dies gilt auch, wenn er in der Gesellschaft oder einem ihr als Gesellschafter angehörenden Unternehmen geschäftsführend tätig wird. Seine Haftung als Kommanditist bleibt unberührt.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Gesondert festgestellt werden insbesondere:

1.
die Einheitswerte und die Grundsteuerwerte nach Maßgabe des Bewertungsgesetzes,
2.
a)
die einkommensteuerpflichtigen und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind,
b)
in anderen als den in Buchstabe a genannten Fällen die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder einer freiberuflichen Tätigkeit, wenn nach den Verhältnissen zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt nicht auch für die Steuern vom Einkommen zuständig ist,
3.
der Wert der vermögensteuerpflichtigen Wirtschaftsgüter (§§ 114 bis 117 a des Bewertungsgesetzes) und der Wert der Schulden und sonstigen Abzüge (§ 118 des Bewertungsgesetzes), wenn die Wirtschaftsgüter, Schulden und sonstigen Abzüge mehreren Personen zuzurechnen sind und die Feststellungen für die Besteuerung von Bedeutung sind.
Wenn sich in den Fällen von Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b die für die örtliche Zuständigkeit maßgeblichen Verhältnisse nach Schluss des Gewinnermittlungszeitraums geändert haben, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit auch für Feststellungszeiträume, die vor der Änderung der maßgeblichen Verhältnisse liegen, nach § 18 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 in Verbindung mit § 26.

(1a) Einzelne, im Rahmen einer Außenprüfung für den Prüfungszeitraum ermittelte und abgrenzbare Besteuerungsgrundlagen können gesondert festgestellt werden (Teilabschlussbescheid), solange noch kein Prüfungsbericht nach § 202 Absatz 1 ergangen ist. Auf Antrag des Steuerpflichtigen soll ein Teilabschlussbescheid ergehen, wenn daran ein erhebliches Interesse besteht und dies vom Steuerpflichtigen glaubhaft gemacht wird.

(2) Zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsanwendung bei gleichen Sachverhalten und zur Erleichterung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass in anderen als den in Absatz 1 genannten Fällen Besteuerungsgrundlagen gesondert und für mehrere Personen einheitlich festgestellt werden. Dabei können insbesondere geregelt werden

1.
der Gegenstand und der Umfang der gesonderten Feststellung,
2.
die Voraussetzungen für das Feststellungsverfahren,
3.
die örtliche Zuständigkeit der Finanzbehörden,
4.
die Bestimmung der am Feststellungsverfahren beteiligten Personen (Verfahrensbeteiligte) und der Umfang ihrer steuerlichen Pflichten und Rechte einschließlich der Vertretung Beteiligter durch andere Beteiligte,
5.
die Bekanntgabe von Verwaltungsakten an die Verfahrensbeteiligten und Empfangsbevollmächtigte,
6.
die Zulässigkeit, der Umfang und die Durchführung von Außenprüfungen zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen.
Durch Rechtsverordnung kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass Besteuerungsgrundlagen, die sich erst später auswirken, zur Sicherung der späteren zutreffenden Besteuerung gesondert und für mehrere Personen einheitlich festgestellt werden; Satz 2 gilt entsprechend. Die Rechtsverordnungen bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie Einfuhr- und Ausfuhrabgaben und Verbrauchsteuern, mit Ausnahme der Biersteuer, betreffen.

(3) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a gilt nicht, wenn

1.
nur eine der an den Einkünften beteiligten Personen mit ihren Einkünften im Geltungsbereich dieses Gesetzes einkommensteuerpflichtig oder körperschaftsteuerpflichtig ist oder
2.
es sich um einen Fall von geringer Bedeutung handelt, insbesondere weil die Höhe des festgestellten Betrags und die Aufteilung feststehen; dies gilt sinngemäß auch für die Fälle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b und Nummer 3.
Das nach § 18 Absatz 1 Nummer 4 zuständige Finanzamt kann durch Bescheid feststellen, dass eine gesonderte Feststellung nicht durchzuführen ist. Der Bescheid gilt als Steuerbescheid.

(4) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a gilt ferner nicht für Arbeitsgemeinschaften, deren alleiniger Zweck in der Erfüllung eines einzigen Werkvertrages oder Werklieferungsvertrages besteht.

(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 sowie die Absätze 2 und 3 sind entsprechend anzuwenden, soweit

1.
die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage ausgenommenen Einkünfte bei der Festsetzung der Steuern der beteiligten Personen von Bedeutung sind oder
2.
Steuerabzugsbeträge und Körperschaftsteuer auf die festgesetzte Steuer anzurechnen sind.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

23
a) Verletzt der Steuerberater eine Vertragspflicht, so kann der Mandant Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verlangen (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden muss also eine ursächliche Verknüpfung in dem Sinne bestehen, dass das dem Berater vorgeworfene Handeln oder Unterlassen nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfällt (G. Fischer in Zugehör/G. Fischer /Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, aaO Rn. 1097). Wird dem Berater ein Unterlassen vorgeworfen, ist folglich zu prüfen, ob der Erfolg auch dann eingetreten wäre, wenn die unterbliebene Handlung vorgenommen worden wäre. Im hier gegebenen Fall eines Verstoßes gegen die aus § 665 Satz 2 BGB folgende Pflicht zur Rücksprache mit dem Mandanten setzt eine Schadensersatzpflicht daher voraus, dass der Mandant eine andere Weisung erteilt hätte (Staudinger /Martinek, BGB (2006) § 665 Rn. 27). Damit ist ein hypothetischer Kausalverlauf zu prüfen. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht des Klägers und Revisionsbeklagten geht es insoweit jedoch nicht um die Fragen des rechtmäßigen Alternativverhaltens und der hypothetischen Kausalität, sondern allein um die Anspruchsvoraussetzung der Kausalität der unterlassenen Nachfrage für den entstandenen Schaden (vgl. G. Fischer , aaO Rn. 1098; BGH, Urteil vom 16. Juni 1988 - IX ZR 69/87, WM 1988, 1454, 1156 f zur Notarhaftung; vom 2. Juli 1992 - IX ZR 256/91, WM 1992, 2020, 2022 zur Anwaltshaftung).

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 45/98 Verkündet am:
27. Januar 2000
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
------------------------------------
Zur Unzulässigkeit eines Grundurteils über einen Klageanspruch, der aus einem
Zahlungs- und unbezifferten Feststellungsantrag besteht.
Zur haftungsausfüllenden Kausalität, wenn der Rechtsanwalt nicht rechtzeitig für
seinen Mandanten Klage gegen eine Ä nderungskündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz
erhoben hat.
BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 45/98 - KG Berlin
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die
Richter Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Zugehör und Dr. Ganter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Grundurteil des 4. Zivilsenats des Kammergerichts vom 5. Dezember 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger verlangt vom beklagten Rechtsanwalt Schadensersatz wegen Verletzung einer Vertragspflicht anläßlich der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger hatte bei der R. AG (künftig: Arbeitgeberin), bei der er seit September 1976 beschäftigt ist, als Fleischaufhauer im Akkord einen monatlichen Bruttolohn von zuletzt etwa 7.000 DM. Anfang Mai 1994 erklärte die Ar-
beitgeberin dem Kläger unter Hinweis auf Fehlzeiten, sie beabsichtige, ihm im Wege einer Ä nderungskündigung einen geringer entlohnten Arbeitsplatz als Entvlieser anzubieten. In einem Schriftstück, das das Datum des 2. Mai 1994 trägt, nach Behauptung des Klägers aber erst nach Ausspruch der Ä nderungskündigung von ihm unterzeichnet wurde, erklärte der Kläger gegenüber seiner Arbeitgeberin:
"Ich nehme den mir neu angebotenen Arbeitsplatz ab 1.1.1995 (Entvlieserei ) unter Vorbehalt an." Mitte Mai 1994 suchte der Kläger den Beklagten auf, um sich wegen der drohenden Ä nderungskündigung beraten zu lassen.
Am 17. Mai 1994 schrieb der Beklagte der Arbeitgeberin des Klägers u.a. folgendes:
"Unser Mandant teilt uns mit, daß Sie eine Ä nderungskündigung aussprechen wollen, da die krankheitsbedingten Fehlzeiten unseres Mandanten dies rechtfertigen würden. Mit dieser Ä nderungskündigung ist unser Mandant nicht einverstanden und wir werden wegen der Ä nderungskündung gegebenenfalls Klage vor dem Arbeitsgericht Berlin erheben."
Am 25. Mai 1994 kündigte die Arbeitgeberin - nach Anhörung des Betriebsrats - das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger als Fleischaufhauer "aus personenbedingten Gründen" zum 31. Dezember 1994 und bot ihm ab 1995 einen Arbeitsvertrag als Entvlieser an. Der Beklagte erhielt dieses Kündigungsschreiben auf seine Bitte vom 26. Mai 1994 vom Kläger am folgenden Tage.
Im November 1994 erhob der Beklagte im Namen des Klägers vor dem Arbeitsgericht Klage gegen seine Arbeitgeberin mit dem Antrag auf Feststellung , daß das Arbeitsverhältnis als Fleischaufhauer nicht aufgelöst worden ist. Durch rechtskräftiges Urteil des Arbeitsgerichts vom 29. März 1995 wurde die Klage abgewiesen, weil der Kläger sein Klagerecht zu spät ausgeübt und deswegen verwirkt habe.
Der Kläger hat vom Beklagten Ersatz des Lohnunterschieds zwischen seiner früheren Tätigkeit als Fleischaufhauer und seiner jetzigen Arbeit als Entvlieser verlangt. Das Landgericht hat zunächst durch Versäumnisurteil den Beklagten verurteilt, an den Kläger 26.000 DM nebst Zinsen zu zahlen; außerdem wurde festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen ab 1. August 1995 entstehenden Schaden aus der verspäteten Klageerhebung vor dem Arbeitsgericht zu ersetzen. Nach rechtzeitigem Einspruch hat das Landgericht - ohne Bezugnahme auf sein Versäumnisurteil - den Beklagten verurteilt, an den Kläger 36.431,52 DM nebst Zinsen zu zahlen, und zwar wegen monatlichen Lohnausfalls von 2.279,22 DM in der Zeit von Januar 1995 bis einschließlich April 1996; außerdem hat das Landgericht festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen ab 1. Mai 1996 entstehenden Schaden aus der verspäteten Klageerhebung vor dem Arbeitsgericht zu ersetzen. Im Berufungsverfahren hat der Kläger Ersatz eines monatlichen Lohnausfalls von 1.673,19 DM für die Zeit von Mai 1996 bis einschließlich Oktober 1997 in Höhe von insgesamt 28.444,23 DM - "mithin insgesamt 64.875,75 DM" - geltend gemacht ; außerdem hat er beantragt festzustellen, daß der Beklagte zum Ersatz seines ab 1. November 1997 entstehenden Schadens infolge der verspäteten Klageerhebung vor dem Arbeitsgericht verpflichtet ist. Das Berufungsgericht hat durch "Grundurteil" die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, "soweit
sie sich gegen die Verurteilung dem Grunde nach richtet", und den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit der Revision verfolgt der Beklagte weiter die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache (§§ 564, 565 Abs. 1 ZPO).

I.


Die vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfende Frage, ob das Berufungsgericht ein Grundurteil gemäß § 304 ZPO erlassen durfte (vgl. BGH, Urt. v. 14. Oktober 1993 - III ZR 157/92, NJW-RR 1994, 319), ist im vorliegenden Fall zu verneinen.
1. Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht durch sein "Grundurteil" nicht über den Feststellungsantrag entscheiden durfte (§ 304 Abs. 1 ZPO).

a) Das Berufungsurteil erstreckt sich auch auf diesen Antrag. Im Tenor und in den Gründen der Entscheidung wird "der Klageanspruch", dessen Teil auch das Feststellungsbegehren ist, umfassend dem Grunde nach für ge-
rechtfertigt erklärt. In den Entscheidungsgründen wird zwischen dem Zahlungsund Feststellungsantrag nicht unterschieden. Am Schluß der Entscheidungsgründe heißt es, "der Schadensersatzanspruch des Klägers" sei "deshalb dem Grunde nach gerechtfertigt".

b) Nach § 304 Abs. 1 ZPO kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden , wenn ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig und lediglich der Streit über den Anspruchsgrund entscheidungsreif ist. Eine entsprechende Trennung in Grund- und Betragsverfahren setzt einen Anspruch voraus, der auf Zahlung von Geld oder die Leistung vertretbarer, der Höhe nach summenmäßig bestimmter Sachen gerichtet ist (BGH, Urteil vom 19. Februar 1991 - X ZR 90/89, NJW 1991, 1896; v. 14. Oktober 1993, aaO).
Deswegen scheidet ein Grundurteil über einen unbezifferten Feststellungsantrag wesensgemäß aus (BGH, Urt. v. 7. November 1991 - III ZR 118/90, WM 1992, 432; v. 14. Oktober 1993, aaO). Ausnahmsweise kann ein Grundurteil über eine Feststellungsklage ergehen, wenn damit ein bestimmter Betrag in der Weise geltend gemacht wird, daß die Klage auch zu einem Ausspruch über die Höhe des Anspruchs führen soll (BGH, Urt. v. 9. Juni 1994 - IX ZR 125/93, WM 1994, 2113, 2114). Diese Voraussetzung erfüllt der Feststellungsantrag des Klägers entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht. Zwar bezieht sich das gesamte Klagebegehren auf einen einheitlichen Anspruch auf Ersatz eines Verdienstausfalls infolge Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages. Selbst wenn die Feststellungsklage eine nach Grund und Betrag streitige Verpflichtung zum Gegenstand haben sollte, so soll der Antrag festzustellen, daß der Beklagte zum Ersatz des seit November 1997 entstandenen und noch entstehenden Schadens aus dem behaupteten Vertragsver-
stoß verpflichtet ist, aber nicht zu einem Ausspruch über die Höhe eines solchen Anspruchs führen (vgl. auch BGH, Urt. v. 19. Februar 1991, aaO). Dementsprechend fehlt eine Bezifferung im Feststellungsausspruch des Berufungsgerichts.
2. Das angefochtene Urteil kann nicht, soweit über den Feststellungsantrag entschieden worden ist, als Teilendurteil (§ 301 ZPO) aufrechterhalten werden.

a) Das Berufungsgericht wollte darüber nicht abschließend entscheiden. Dies ergibt sich daraus, daß es nach Tenor und Gründen seines Urteils nur die "Verurteilung dem Grunde nach" durch das Landgericht bestätigen wollte.

b) Außerdem müßte in einem solchen Feststellungsurteil wegen der Rechtskraftwirkung entschieden werden, ob der Kläger seinen Schaden im Sinne des § 254 BGB mitverschuldet hat und deshalb zumindest einen Schadensteil selbst tragen muß (BGH, Urt. v. 25. November 1977 - I ZR 30/76, NJW 1978, 544; v. 17. Oktober 1991 - IX ZR 255/90, NJW 1992, 307, 309, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 115, 382). Der Beklagte hat dem Kläger vorgeworfen , er habe zu der schadensursächlichen verspäteten Klageerhebung im Arbeitsgerichtsprozeß beigetragen, weil er nicht rechtzeitig die Deckungszusage seines Rechtsschutzversicherers eingeholt habe, und seine Pflicht zur Schadensminderung verletzt, indem er sich nicht um einen anderen Arbeitsplatz als Fleischaufhauer im Akkord bemüht habe. Diese Einwände hat das Berufungsgericht in seinem Urteil nicht erörtert; bezüglich des letzten Einwands hat es sich eine Prüfung vorbehalten in seinem Beschluß, der gleichzeitig mit dem Berufungsurteil verkündet worden ist.

3. Das Grundurteil des Berufungsgerichts kann nicht allein bezüglich des Zahlungsanspruchs bestehenbleiben.
Das Berufungsgericht hat, wie die Revision zu Recht rügt, nicht die erforderliche Feststellung getroffen, daß der Kläger einen mit diesem Anspruch geltend gemachten Schaden ab Januar 1995 mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe erlitten hat (vgl. BGHZ 53, 17, 23). Ein solcher Schaden kann entfallen, wenn die - vom Berufungsgericht nicht geprüfte - Behauptung des Beklagten richtig ist, der Kläger sei einer Akkordtätigkeit als Fleischaufhauer dauerhaft nicht gewachsen gewesen, wie sich aus seinen Fehlzeiten vor der Ä nderungskündigung ergebe. Außerdem hat das Berufungsgericht nicht erörtert , ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sich die Mitverschuldenseinwände des Beklagten auf den Schadensersatzanspruch auswirken; insoweit darf die Entscheidung nur dann dem Betragsverfahren vorbehalten werden, wenn bereits endgültig feststeht, daß ein Mitverschulden nicht zu einer Beseitigung des Anspruchs führt (BGHZ 110, 323, 332).

II.


Das Landgericht, dem sich das Berufungsgericht insoweit angeschlossen hat, hat im Ergebnis ohne Rechtsverstoß angenommen, der Beklagte habe seine Vertragspflicht schuldhaft verletzt, weil er nicht rechtzeitig gegen die Ä nderungskündigung Klage nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) erhoben habe. Dagegen wendet sich die Revision nicht.

III.


Mit Erfolg rügt die Revision jedoch, daß die Feststellung des Berufungsgerichts , einer rechtzeitig erhobenen Kündigungsschutzklage des Klägers wäre stattgegeben worden, in wesentlichen Punkten rechtsfehlerhaft ist.
1. Die mit dem Datum des 2. Mai 1994 versehene Erklärung des Klägers gegenüber seiner Arbeitgeberin, er nehme den neuen Arbeitsplatz unter Vorbehalt an, hätte dem Erfolg einer solchen Klage nicht entgegen gestanden. Nach rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Feststellung hat der Kläger diese Urkunde erst nach der Ä nderungskündigung unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung am 27. Mai 1994 unterzeichnet (vgl. § 4 KSchG). Dies wird von der Revision nicht beanstandet.
2. Zur haftungsausfüllenden Kausalität hat das Berufungsgericht weiterhin ausgeführt:
Die Kündigungsschutzklage hätte Erfolg gehabt, weil die Ä nderungskündigung nicht sozial gerechtfertigt gewesen sei.
Ob eine negative Gesundheitsprognose aufgrund der Fehlzeiten des Klägers in den Jahren vor der Kündigung gerechtfertigt sei, erscheine zweifelhaft. Zwar lägen für das Jahr 1989 59 Fehltage, für 1990 33 Fehltage, für 1991 53 Fehltage und für 1992 52 Fehltage vor. Hinsichtlich des Jahres 1993, in dem der Kläger insgesamt 70 Tage gefehlt habe, sei zu berücksichtigen, daß davon 42 Tage auf eine unfallbedingte Fehlzeit entfallen seien, die für eine
Gesundheitsprognose ungeeignet sei. Ob aufgrund der verbleibenden Fehlzeiten in den Jahren 1989 bis 1992 und im Jahre 1994 eine negative Gesundheitsprognose bestehe, könne letztlich offen bleiben, da die weiteren Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung nicht vorlägen.
Der Beklagte, der die soziale Berechtigung der Kündigung darzulegen und zu beweisen habe, habe nicht dargetan, daß für den Arbeitgeber des Klägers durch die für die Zukunft zu erwartenden Fehlzeiten eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen eintreten würde. Für Betriebsablaufstörungen habe der Beklagte nur auf allgemeine Feststellungen der Arbeitgeberin verwiesen, nach denen die übrigen Arbeitskollegen aufgrund der häufigen unplanbaren Ausfälle kostenintensive Mehrarbeit miterledigen müßten, die Bereitschaft zu Mehrarbeiten begrenzt und die Produktivität in diesen Stunden weit geringer seien. Es fehlten konkrete Angaben zur Arbeitsorganisation bei krankheitsbedingten Ausfällen. Es könne auch nicht festgestellt werden, daß die Kündigung aufgrund einer wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers infolge außergewöhnlich hoher Lohnfortzahlungskosten gerechtfertigt gewesen wäre.
Außerdem sei die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt gewesen, weil die abschließende Interessenabwägung zugunsten des Klägers hätte ausfallen müssen. Der Kläger habe seine Erkrankungen gegenüber seinem Arbeitgeber auf die klimatischen Verhältnisse im Kühlhaus zurückgeführt, so daß diese betriebliche Ursachen hätten. Ferner sei zu berücksichtigen, daß der Kläger bereits seit 1976 bei der R. AG beschäftigt sei, zwei Kinder habe und bis auf die dargelegten Fehlzeiten keinen Anlaß zu Beanstandungen gegeben habe. Mit Rücksicht auf diese Umstände sei es der Arbeitgeberin zuzumuten, den Kläger
auch weiterhin als Fleischaufhauer mit dem entsprechenden Lohn zu beschäftigen.
3. Diese Erwägungen sind teilweise rechtsfehlerhaft, weil das Berufungsgericht entscheidungserhebliches Vorbringen des Beklagten außer acht gelassen hat (§ 287 ZPO).
Für den haftungsausfüllenden Ursachenzusammenhang zwischen der anwaltlichen Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO festzustellen, was geschehen wäre, wenn der Rechtsanwalt sich vertragsgerecht verhalten hätte, und wie die Vermögenslage des Mandanten dann wäre. Dieser trägt insoweit die Beweislast, die durch den Beweis des ersten Anscheins und die - gegenüber § 286 ZPO - geringeren Anforderungen des § 287 ZPO an die Darlegungslast und an das Beweismaß erleichtert wird (BGHZ 123, 311, 315 ff; 126, 217, 222 ff; BGH, Urt. v. 5. November 1992 - IX ZR 12/92, NJW 1993, 734). Einen erstattungsfähigen Schaden hat der Mandant in der Regel dann erlitten, wenn er einen Prozeß verloren hat, den er bei sachgemäßer anwaltlicher Vertretung gewonnen hätte. Für diese hypothetische Beurteilung ist maßgeblich, wie der Vorprozeß nach Auffassung des Gerichts, das mit dem Regreßanspruch befaßt ist, richtigerweise hätte entschieden werden müssen. Dabei ist auszugehen von dem Sachverhalt , der dem Gericht des Vorprozesses unterbreitet und von diesem aufgeklärt worden wäre. Die Beweislastregeln des Vorverfahrens gelten grundsätzlich auch für den Regreßprozeß (BGHZ 133, 110, 111 ff m.w.N.). Dies bedeutet im vorliegenden Rechtsstreit, daß der Beklagte, der sich zur Abwehr des Regreßanspruchs auf die Rechtswirksamkeit der Ä nderungskündigung beruft, die Darlegungs- und Beweislast zu tragen hat, die der Arbeitgeberin des Klägers in
einem - rechtzeitig angestrengten - Kündigungsschutzprozeß oblegen hätte. Der Kläger hat die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die er in einem solchen Prozeß darzulegen und zu beweisen gehabt hätte, auch im Regreßprozeß gegen den Beklagten.

a) Das Berufungsgericht ist zu Recht von den Grundsätzen ausgegangen , die das Bundesarbeitsgericht für die Prüfung der sozialen Rechtfertigung einer ordentlichen Kündigung wegen Krankheit gemäß § 1 Abs. 2 KSchG aufgestellt hat (NZA 1989, 923; 1990, 307; NJW 1990, 2338, 2339 und 2341, 2342 f, NZA 1993, 497, 498). Danach ist diese Prüfung in drei Stufen vorzunehmen. Zunächst ist eine negative Gesundheitsprognose erforderlich; bei Zugang der Kündigung müssen objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang begründen. Sind danach weitere krankheitsbedingte Fehlzeiten zu besorgen, so ist zu prüfen, ob sie die betrieblichen Interessen erheblich beeinträchtigen. Ist das der Fall, so ist im Rahmen der Interessenabwägung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu untersuchen, ob die Beeinträchtigungen aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls vom Arbeitgeber noch hinzunehmen sind oder ein solches Ausmaß erreicht haben, daß sie ihm nicht mehr zuzumuten sind. Diese Grundsätze gelten entsprechend für die Prüfung der sozialen Rechtfertigung einer Ä nderungskündigung (§ 2 KSchG).

b) aa) Da das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob bei Zugang der Ä nderungskündigung im Mai 1994 eine negative Gesundheitsprognose die Besorgnis weiterer Erkrankungen des Klägers im bisherigen Umfang begründete, ist im Revisionsverfahren zugunsten des Beklagten von einer solchen Prognose auszugehen.

bb) In diesem Zusammenhang ist für das weitere Berufungsverfahren auf folgendes hinzuweisen:
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (NZA 1989, 923, 1990, 307) können häufige Kurzerkrankungen eine negative Gesundheitsprognose begründen; dann darf sich der Arbeitgeber zunächst darauf beschränken , die entsprechende Indizwirkung der krankheitsbedingten Fehlzeiten darzulegen. Dies hat der Beklagte getan. Insoweit weist die Revision zu Recht darauf hin, daß nach dem Vorbringen des Beklagten - über die vom Berufungsgericht berücksichtigten Fehlzeiten hinaus - 1994 bis zur Ä nderungskündigung 22 Krankheitstage angefallen sind. Für 1993 sind die Fehlzeiten, die nicht unfallbedingt waren, ins Verhältnis zu setzen zu der jährlichen Arbeitszeit abzüglich der 42 unfallbedingten Fehltage.
Der Kläger als Arbeitnehmer hat dann gemäß § 138 Abs. 2 ZPO darzutun , warum mit seiner baldigen Genesung zu rechnen sei; kennt er seinen Gesundheitszustand nicht sicher, so genügt er seiner prozessualen Mitwirkungspflicht , wenn er die Behauptung des Arbeitgebers bestreitet und seinen Arzt oder die Krankenkasse von der Schweigepflicht entbindet (BAG aaO). Der Kläger hat diese Darlegungslast erkannt, aber bisher nicht erfüllt.
Sollte der Kläger dies nachholen, so dürfte es - wie im Regelfall - erforderlich sein, auf einen entsprechenden Beweisantritt des insoweit beweispflichtigen Beklagten (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG) den behandelnden Arzt als sachverständigen Zeugen zu vernehmen (§§ 373 ff, 377 Abs. 3, 414 ZPO) oder - gemäß dem Beweisantritt des Beklagten oder von Amts wegen (§ 144
ZPO) - ein Gutachten eines Arbeitsmediziners (§§ 402 ff ZPO) einzuholen (vgl. BAG NZA 1990, 307, 308; NJW 1990, 2341, 2343). In diesem Zusammenhang wird auch zu berücksichtigen sein, daß der Beklagte behauptet hat, der Kläger sei dauerhaft einer Akkordtätigkeit als Fleischaufhauer gesundheitlich nicht gewachsen (vgl. dazu BAG NJW 1990, 2953, 2954; NZA 1993, 497, 498 f).

c) aa) Die Frage, ob die negative Gesundheitsprognose zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führt, hat das Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerfrei verneint, als eine solche Beeinträchtigung sich aus einer schwerwiegenden Störung des Betriebsablaufs ergeben kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine solche Störung im Produktionsprozeß nur dann als Kündigungsgrund geeignet, wenn sie nicht durch Überbrückungsmaßnahmen, etwa durch die Einstellung einer Ersatzkraft oder den Einsatz eines Arbeitnehmers aus einer Personalreserve, vermieden werden kann (BAG NZA 1989, 923). Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsverstoß festgestellt, daß der darlegungs- und beweispflichtige Beklagte (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG) dazu keine substantiierten Angaben gemacht hat. Insoweit beanstandet die Revision das Berufungsurteil nicht.
bb) Sie rügt jedoch mit Erfolg die tatrichterliche Feststellung, das Betriebsinteresse sei auch insoweit nicht beeinträchtigt, als keine erhebliche wirtschaftliche Belastung der Arbeitgeberin vorliege. Insoweit hat das Berufungsgericht die Behauptung des Beklagten außer acht gelassen, der Kläger sei gesundheitlich außerstande, als Fleischaufhauer im Akkord zu arbeiten. Sollte dieses - vom Kläger bestrittene - Vorbringen richtig sein, so hätte eine erhebliche betriebliche Beeinträchtigung vorgelegen (BAG NZA 1987, 555, 556; NJW 1990, 2953, 2954; NZA 1993, 497, 499).


d) Da das Berufungsgericht nicht geklärt hat, ob der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Ä nderungskündigung eine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung als Fleischaufhauer im Akkord nicht erbringen konnte und infolgedessen eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Betriebsinteresses wegen einer erheblichen wirtschaftlichen Belastung der Arbeitgeberin gegeben war, beanstandet die Revision auch zu Recht, daß die tatrichterliche Interessenabwägung unvollständig und deswegen rechtsfehlerhaft ist.
3. Eine neue Entscheidung im Berufungsverfahren wird das Versäumnisurteil des Landgerichts zumindest insoweit zu berücksichtigen haben, als der Feststellungsausspruch durch die Streitentscheidung des Landgerichts und den Berufungsantrag des Klägers teilweise gegenstandslos geworden ist.
Paulusch Kirchhof Fischer
Zugehör Ganter

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR267/12
vom
15. Mai 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
In Fällen der Rechts- und Steuerberaterhaftung bestimmen sich Beweiserleichterungen
für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden
nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises (Bestätigung von BGHZ 123, 311).
BGH, Beschluss vom 15. Mai 2014 - IX ZR 267/12 - OLG Karlsruhe
LG Offenburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Pape, Grupp und die
Richterin Möhring
am 15. Mai 2014

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 4. Oktober 2012, berichtigt durch Beschluss vom 17. Januar 2013, wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Der Streitwert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 185.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch in derSache keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
2
1. Unter welchen Voraussetzungen in Fällen der Rechtsberaterhaftung für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden zugunsten des Mandanten Beweiserleichterungen in Betracht kommen, lässt sich der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entnehmen, die bereits durch das Grundsatzurteil vom 30. September 1993 (IX ZR 73/93, BGHZ 123, 311) begründet worden ist. Es handelt sich um einen Anwendungsfall des Anscheinsbeweises. Vorausgesetzt ist demnach ein Sachverhalt, der nach der Lebenserfahrung aufgrund objektiv deutlich für eine bestimmte Reaktion sprechender Umstände einer typisierenden Betrachtungsweise zugänglich ist. Dies ist anzunehmen, wenn bei zutreffender rechtlicher Beratung vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus allein eine Entscheidung nahe gelegen hätte (BGH, Urteil vom 30. September 1993, aaO S. 314 ff; vom 30. März 2000 - IX ZR 53/99, WM 2000, 1351, 1352; vom 20. März 2008 - IX ZR 104/05, WM 2008, 1042 Rn. 12; vom 5. Februar 2009 - IX ZR 6/06, WM 2009, 715 Rn. 8 ff; st.Rspr.).
3
Demgegenüber vermag auf anderem Gebiet ergangene Rechtsprechung zum aufklärungsrichtigen Verhalten weder Klärungs- noch Rechtsfortbildungsbedarf zu begründen. Dies gilt auch für die neueren Entscheidungen zur Anlageberatungshaftung (BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159; vom 26. Februar 2013 - XI ZR 318/10, BKR 2013, 212; vgl. auch Schwab, NJW 2012, 3274). Danach besteht zu Lasten des Anlageberaters eine zur Beweislastumkehr führende widerlegbare tatsächliche Vermutung, dass der Schaden bei pflichtgemäßer Aufklärung nicht eingetreten wäre. Sie wird mit dem besonderen Schutzzweck der Aufklärungspflicht gerechtfertigt und greift auch dann ein, wenn der pflichtgemäß aufgeklärte Anleger verschiedene Handlungsalternativen gehabt hätte (BGH, Urteil vom 8. Mai 2012, aaO Rn. 28 ff; vom 26. Februar 2013, aaO Rn. 19 f). Auf Umstände, die nach der Lebenserfahrung typischerweise die Annahme eines bestimmten Geschehensablaufs rechtfertigen , ist diese Rechtsprechung wegen ihrer Begründung aus dem Schutzzweck der verletzten Pflicht nicht angewiesen.

4
Mit dem Ansatz einer widerlegbaren tatsächlichen Vermutung hat sich der Senat schon in seinem Grundsatzurteil vom 30. September 1993 (aaO S. 313 ff) auseinandergesetzt und entschieden, dass nur die Grundsätze des Anscheinsbeweises zu einer angemessenen Risikoverteilung zwischen rechtlichem Berater und Mandanten führen. Daran wird festgehalten.
5
2. Die von der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten Gehörsverstöße hat der Senat geprüft. Sie liegen nicht vor. Auch die dem Berufungsgericht vorgeworfene Willkür ist nicht anzunehmen. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Kayser Gehrlein Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Offenburg, Entscheidung vom 17.06.2011 - 3 O 240/08 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 04.10.2012 - 4 U 177/11 -

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.

(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.

(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.

(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.

(1) Die Zinsen betragen für jeden Monat einhalb Prozent. Sie sind von dem Tag an, an dem der Zinslauf beginnt, nur für volle Monate zu zahlen; angefangene Monate bleiben außer Ansatz. Erlischt der zu verzinsende Anspruch durch Aufrechnung, gilt der Tag, an dem die Schuld des Aufrechnenden fällig wird, als Tag der Zahlung.

(1a) In den Fällen des § 233a betragen die Zinsen abweichend von Absatz 1 Satz 1 ab dem 1. Januar 2019 0,15 Prozent für jeden Monat, das heißt 1,8 Prozent für jedes Jahr.

(1b) Sind für einen Zinslauf unterschiedliche Zinssätze maßgeblich, ist der Zinslauf in Teilverzinsungszeiträume aufzuteilen. Die Zinsen für die Teilverzinsungszeiträume sind jeweils tageweise zu berechnen. Hierbei wird jeder Kalendermonat unabhängig von der tatsächlichen Anzahl der Kalendertage mit 30 Zinstagen und jedes Kalenderjahr mit 360 Tagen gerechnet.

(1c) Die Angemessenheit des Zinssatzes nach Absatz 1a ist unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wenigstens alle zwei Jahre zu evaluieren. Die erste Evaluierung erfolgt spätestens zum 1. Januar 2024.

(2) Für die Berechnung der Zinsen wird der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag abgerundet.

(1) Gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, kann ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist abzusehen, wenn der Erklärungspflichtige glaubhaft macht, dass die Verspätung entschuldbar ist; das Verschulden eines Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Erklärungspflichtigen zuzurechnen.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist ein Verspätungszuschlag festzusetzen, wenn eine Steuererklärung, die sich auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt bezieht,

1.
nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs oder nicht binnen 14 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt,
2.
in den Fällen des § 149 Absatz 2 Satz 2 nicht binnen 19 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs oder nicht binnen 19 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt oder
3.
in den Fällen des § 149 Absatz 4 nicht bis zu dem in der Anordnung bestimmten Zeitpunkt
abgegeben wurde.

(3) Absatz 2 gilt nicht,

1.
wenn die Finanzbehörde die Frist für die Abgabe der Steuererklärung nach § 109 verlängert hat oder diese Frist rückwirkend verlängert,
2.
wenn die Steuer auf null Euro oder auf einen negativen Betrag festgesetzt wird,
3.
wenn die festgesetzte Steuer die Summe der festgesetzten Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge nicht übersteigt oder
4.
bei jährlich abzugebenden Lohnsteueranmeldungen, bei Anmeldungen von Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen nach § 48 Absatz 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung sowie bei jährlich abzugebenden Versicherungsteuer- und Feuerschutzsteueranmeldungen.

(4) Sind mehrere Personen zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, kann die Finanzbehörde nach ihrem Ermessen entscheiden, ob sie den Verspätungszuschlag gegen eine der erklärungspflichtigen Personen, gegen mehrere der erklärungspflichtigen Personen oder gegen alle erklärungspflichtigen Personen festsetzt. Wird der Verspätungszuschlag gegen mehrere oder gegen alle erklärungspflichtigen Personen festgesetzt, sind diese Personen Gesamtschuldner des Verspätungszuschlags. In Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a ist der Verspätungszuschlag vorrangig gegen die nach § 181 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 erklärungspflichtigen Personen festzusetzen.

(5) Der Verspätungszuschlag beträgt vorbehaltlich des Satzes 2, der Absätze 8 und 13 Satz 2 für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 Prozent der festgesetzten Steuer, mindestens jedoch 10 Euro für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung. Für Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen, beträgt der Verspätungszuschlag für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 Prozent der um die festgesetzten Vorauszahlungen und die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge verminderten festgesetzten Steuer, mindestens jedoch 25 Euro für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung. Wurde ein Erklärungspflichtiger von der Finanzbehörde erstmals nach Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist zur Abgabe einer Steuererklärung innerhalb einer dort bezeichneten Frist aufgefordert und konnte er bis zum Zugang dieser Aufforderung davon ausgehen, keine Steuererklärung abgeben zu müssen, so ist der Verspätungszuschlag nur für die Monate zu berechnen, die nach dem Ablauf der in der Aufforderung bezeichneten Erklärungsfrist begonnen haben.

(6) Für Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, für Erklärungen zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und für Zerlegungserklärungen gelten vorbehaltlich des Absatzes 7 die Absätze 1 bis 3 und Absatz 4 Satz 1 und 2 entsprechend. Der Verspätungszuschlag beträgt für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 25 Euro.

(7) Für Erklärungen zu gesondert festzustellenden einkommensteuerpflichtigen oder körperschaftsteuerpflichtigen Einkünften beträgt der Verspätungszuschlag für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,0625 Prozent der positiven Summe der festgestellten Einkünfte, mindestens jedoch 25 Euro für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung.

(8) Absatz 5 gilt nicht für

1.
vierteljährlich oder monatlich abzugebende Steueranmeldungen,
2.
nach § 41a Absatz 2 Satz 2 zweiter Halbsatz des Einkommensteuergesetzes jährlich abzugebende Lohnsteueranmeldungen,
3.
nach § 8 Absatz 2 Satz 3 des Versicherungsteuergesetzes jährlich abzugebende Versicherungsteueranmeldungen,
4.
nach § 8 Absatz 2 Satz 3 des Feuerschutzsteuergesetzes jährlich abzugebende Feuerschutzsteueranmeldungen und
5.
Anmeldungen der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung nach § 48 Absatz 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung.
In diesen Fällen sind bei der Bemessung des Verspätungszuschlags die Dauer und Häufigkeit der Fristüberschreitung sowie die Höhe der Steuer zu berücksichtigen.

(9) Bei Nichtabgabe der Steuererklärung ist der Verspätungszuschlag für einen Zeitraum bis zum Ablauf desjenigen Tages zu berechnen, an dem die erstmalige Festsetzung der Steuer wirksam wird. Gleiches gilt für die Nichtabgabe der Erklärung zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags, der Zerlegungserklärung oder der Erklärung zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen.

(10) Der Verspätungszuschlag ist auf volle Euro abzurunden und darf höchstens 25 000 Euro betragen.

(11) Die Festsetzung des Verspätungszuschlags soll mit dem Steuerbescheid, dem Gewerbesteuermessbescheid oder dem Zerlegungsbescheid verbunden werden; in den Fällen des Absatzes 4 kann sie mit dem Feststellungsbescheid verbunden werden. In den Fällen des Absatzes 2 kann die Festsetzung des Verspätungszuschlags ausschließlich automationsgestützt erfolgen.

(12) Wird die Festsetzung der Steuer oder des Gewerbesteuermessbetrags oder der Zerlegungsbescheid oder die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen aufgehoben, so ist auch die Festsetzung eines Verspätungszuschlags aufzuheben. Wird die Festsetzung der Steuer, die Anrechnung von Vorauszahlungen oder Steuerabzugsbeträgen auf die festgesetzte Steuer oder in den Fällen des Absatzes 7 die gesonderte Feststellung einkommensteuerpflichtiger oder körperschaftsteuerpflichtiger Einkünfte geändert, zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt, so ist ein festgesetzter Verspätungszuschlag entsprechend zu ermäßigen oder zu erhöhen, soweit nicht auch nach der Änderung oder Berichtigung die Mindestbeträge anzusetzen sind. Ein Verlustrücktrag nach § 10d Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes oder ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder Absatz 2 sind hierbei nicht zu berücksichtigen.

(13) Die Absätze 2, 4 Satz 2, Absatz 5 Satz 2 sowie Absatz 8 gelten vorbehaltlich des Satzes 2 nicht für Steuererklärungen, die gegenüber den Hauptzollämtern abzugeben sind. Für die Bemessung des Verspätungszuschlags zu Steuererklärungen zur Luftverkehrsteuer gilt Absatz 8 Satz 2 entsprechend.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Feststellungsbescheide sind, auch wenn sie noch nicht unanfechtbar sind, für andere Feststellungsbescheide, für Steuermessbescheide, für Steuerbescheide und für Steueranmeldungen (Folgebescheide) bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind. Dies gilt entsprechend bei Feststellungen nach § 180 Absatz 5 Nummer 2 für Verwaltungsakte, die die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen. Wird ein Feststellungsbescheid nach § 180 Absatz 5 Nummer 2 erlassen, aufgehoben oder geändert, ist ein Verwaltungsakt, für den dieser Feststellungsbescheid Bindungswirkung entfaltet, in entsprechender Anwendung des § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zu korrigieren.

(2) Ein Feststellungsbescheid über einen Einheitswert oder einen Grundsteuerwert nach § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 wirkt auch gegenüber dem Rechtsnachfolger, auf den der Gegenstand der Feststellung nach dem Feststellungszeitpunkt mit steuerlicher Wirkung übergeht. Tritt die Rechtsnachfolge jedoch ein, bevor der Feststellungsbescheid ergangen ist, so wirkt er gegen den Rechtsnachfolger nur dann, wenn er ihm bekannt gegeben wird. Die Sätze 1 und 2 gelten für gesonderte sowie gesonderte und einheitliche Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die sich erst später auswirken, nach der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung entsprechend.

(3) Erfolgt eine gesonderte Feststellung gegenüber mehreren Beteiligten nach § 179 Absatz 2 Satz 2 einheitlich und ist ein Beteiligter im Feststellungsbescheid unrichtig bezeichnet worden, weil Rechtsnachfolge eingetreten ist, kann dies durch besonderen Bescheid gegenüber dem Rechtsnachfolger berichtigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 181/99
Verkündet am:
13. März 2003
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
EheG a.F. §§ 15a, 17 Abs. 2 (EGBGB n.F. Art. 13 Abs. 3 S. 2; BGB n.F. § 1310);
Eine vor einem nicht gemäß § 15a Abs. 1 EheG ermächtigten Geistlichen in
Deutschland geschlossene Ehe kann zivilrechtlich nicht allein durch ein Zusammenleben
der Verheirateten als Ehegatten geheilt werden.
BGB §§ 675, 276 Hb, 1310 Abs. 1 (EheG a.F. § 11 Abs. 1)
Den Grundsatz, daß Ehen in Deutschland regelmäßig nur unter Mitwirkung eines
Standesbeamten wirksam geschlossen werden können, muß jeder Rechtsanwalt
beachten, der einen Mandanten in einer eherechtlichen Auseinandersetzung berät.
BGB §§ 675, 249 Bb, 254 Da, 839 Abs. 2 Satz 1 G
Betreibt ein Rechtsanwalt eine Ehescheidungsklage für einen Mandanten, obwohl
dieser erkennbar keine wirksame Ehe geschlossen hatte, so wird die Haftung des
Anwalts für die Schäden, die dem Mandanten aus der Scheidung erwachsen, regelmäßig
nicht allein dadurch ausgeschlossen, daß auch das Familiengericht das Vorliegen
einer Nichtehe hätte erkennen und deswegen die Scheidungsklage hätte abweisen
müssen.
BGH, Urteil vom 13. März 2003 - IX ZR 181/99 - OLG München
LG Kempten
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Raebel, Dr. Bergmann und

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision des Beklagten - das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 18. März 1999 zu III und IV des Ausspruchs teilweise aufgehoben, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Unter weitergehender Abänderung des Urteils der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 3. März 1997 wird der Beklagte zusätzlich zum Ausspruch unter II des Berufungsurteils verurteilt, an den Kläger 97.759,01 DM) nebst 4 % Zinsen von 54.974,10 DM) seit 17. September 1996 und von weiteren 42.784,91 "! $#% DM) seit 9. Juni 1998 zu zahlen.
Soweit der Kläger Erstattung eines künftigen Unterhaltsschadens ab 1. Februar 1999 verlangt (Klageantrag zu II, 2. Absatz im Tatbestand des Berufungsurteils), wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz aufgrund des Vorwurfs fehlerhafter anwaltlicher Beratung.
Der Kläger, damals griechischer Staatsangehöriger, ging 1962 vor einem griechisch-orthodoxen Geistlichen in H. die Ehe mit einer Griechin ein. Die Ermächtigung dieses Geistlichen gemäß § 15a EheG a.F. zeigte die griechische Regierung dem deutschen Auswärtigen Amt erst im Jahre 1964 an. 1989 trennte sich der Kläger, inzwischen Arzt und nur deutscher Staatsangehöriger , von der Frau. Er beauftragte den jetzt verklagten Rechtsanwalt mit der Interessenwahrnehmung ihr gegenüber. Der Beklagte erwirkte für den Kläger in Deutschland am 30. Juni 1992 ein Scheidungsurteil, mit dem zugleich der Versorgungsausgleich angeordnet wurde; im selben Termin vereinbarten die Geschiedenen Unterhaltszahlungen des Klägers an die Frau, die unterdessen neben der griechischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
Später wurde erkannt, daß die Eheschließung im Jahre 1962 nicht mit § 15a EheG a.F. im Einklang stand. Der Kläger ist der Ansicht, daß er bei richtiger Beratung durch den Beklagten seiner Schein-Ehefrau nichts hätte zahlen müssen. Nach Abweisung seiner Schadensersatzklage durch das Landgericht hat er vor dem Berufungsgericht Ersatz aller von ihm geleisteten und künftig zu leistenden Unterhaltszahlungen, des erbrachten Zugewinnausgleichs sowie aller vergangenen und künftigen Leistungen auf den Versorgungsausgleich verlangt. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten - nur - dazu verurteilt, dem Kläger den aus dem Versorgungsausgleich entstandenen und weiterhin ent-
stehenden Schaden zu ersetzen; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Dagegen haben beide Parteien Revision eingelegt; diejenige des Klägers hat der Senat insoweit nicht angenommen, als jener Ersatz des Zugewinnausgleichs verlangte.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers führt im Umfang ihrer Annahme zur Verurteilung des Beklagten hinsichtlich aller getätigten Unterhaltszahlungen sowie der erbrachten und künftig zu erbringenden Versorgungsausgleichsleistungen; soweit der Kläger Erstattung des Unterhaltsschadens für die Zukunft verlangt, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Revision des Beklagten ist dagegen unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat gemeint, die Ehe des Klägers sei wegen fehlender Ermächtigung des griechisch-orthodoxen Geistlichen gemäß § 15a EheG a.F. nach deutschem Recht unwirksam. Eine Heilung dieser "hinkenden Ehe" entsprechend § 17 Abs. 2 EheG a.F. sei nicht möglich. Deshalb habe der Beklagte keinen Scheidungsantrag in Deutschland einreichen dürfen. Sein gegenteiliges , vertragswidriges Vorgehen habe zum Versorgungsausgleich zu Lasten des Klägers geführt, der anderenfalls nicht angeordnet worden wäre.
Dagegen bestehe für den vom Kläger geleisteten Unterhalt kein Ersatzanspruch. Der Kläger habe den Unterhalt trotz fehlender Bedürftigkeit seiner Ehefrau freiwillig bezahlt. Er habe gewußt, daß er seiner Ehefrau auch nach griechischem Recht keinen Unterhalt schulde.
Dies hält der Revision des Klägers nicht in allen Punkten stand.

II.


Die zwischen dem Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau geschlossene Ehe war nach deutschem Recht unwirksam. Dies ist aufgrund der vor dem 1. September 1986 geltenden Vorschriften zu beurteilen, weil die Eheschließung vor diesem Tag stattgefunden hat (Art. 220 Abs. 1 EGBGB). Gemäß Art. 13 Abs. 3 EGBGB a.F. (Abs. 3 Satz 1 n.F.) richtet sich die Form einer Ehe, die im Inland geschlossen wird, grundsätzlich allein nach den deutschen Gesetzen. Danach konnten die Parteien hier eine wirksame Ehe nur vor dem Standesbeamten schließen (§ 11 EheG a.F. = § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F.), sofern nicht die Ausnahme des § 15a EheG a.F. (jetzt Art. 13 Abs. 3 Satz 2 EGBGB n.F.) eingriff.
Die Trauung des Klägers am 18. August 1962 in H. vor dem griechisch -orthodoxen Geistlichen entsprach nicht den Voraussetzungen des § 15a EheG a.F., weil es zum Zeitpunkt der Eheschließung an einer ordnungsgemäßen Ermächtigung des Priesters fehlte. Die diesem später erteilte Ermächtigung wirkte nicht zurück. Damit handelt es sich nach deutschem Recht um eine Nichtehe (vgl. BGHZ 43, 213, 222 ff).

Der Fehler der Eheschließung ist auch nicht als geheilt anzusehen. Zur Beurteilung dieser Frage kommt es im vorliegenden Zusammenhang auf den Rechtszustand zur Zeit des Mandats des Beklagten an (vgl. BGHZ 79, 223, 228 ff; Zugehör/Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung Rn. 1103 m.w.N.). Infolgedessen ist die durch Art. 226 Abs. 3 EGBGB auch für die Heilungsmöglichkeit nach § 1310 Abs. 3 BGB n.F. angeordnete Rückwirkung hier bedeutungslos. Vor dem 1. Juli 1998 war die Heilung einer solchen Nichtehe von Rechts wegen nicht möglich. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, daß ein vom Kläger eingeleiteter Prozeß auf Feststellung der Ehenichtigkeit (dazu s.u. III 1) so lange gedauert hätte, daß sich die spätere Gesetzesänderung noch darauf hätte auswirken können (vgl. dazu im übrigen unten 4 b).
Zwar war die vor dem griechisch-orthodoxen Geistlichen geschlossene Ehe des Klägers nach griechischem Recht wirksam, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Es fehlt jedoch eine gesetzliche Regelung, die eine solche "hinkende Auslandsehe" in Deutschland zivilrechtlich wirksam werden läßt. Eine solche Norm kann weder im Wege der Auslegung noch im Wege der Lückenergänzung gefunden werden.
1. § 15a EheG a.F. regelte nur die Voraussetzungen, unter denen eine Ehe auch ohne Mitwirkung eines Standesbeamten geschlossen werden konnte. Die Norm enthielt keine Vorschrift, derzufolge eine unter Verstoß gegen die dort geregelten Voraussetzungen geschlossene Ehe geheilt werden könnte. Insbesondere sah sie keine Heilung vor, wenn die Person, welche die Trauung vornahm, nicht ordnungsgemäß ermächtigt war.
2. Auch § 11 Abs. 2 EheG a.F. (§ 1310 Abs. 2 BGB n.F.) führt nicht dazu , daß die Ehe des Klägers als gültig anzusehen wäre. Nach dieser Vorschrift ist eine Ehe voll gültig, die vor einem Schein-Standesbeamten geschlossen wurde, sofern dieser die Ehe in das Familienbuch eingetragen hat. Eine direkte Anwendung kommt hier nicht in Betracht, weil eine gesetzgeberische Anordnung fehlt, daß diese Norm auch auf Eheschließungen nach § 15a EheG a.F. anzuwenden sei. Ob eine entsprechende Anwendung möglich ist, kann offenbleiben. Es ist bereits zweifelhaft, ob ein nicht formell ermächtigter griechischorthodoxer Geistlicher als ein Schein-Standesbeamter anzusehen ist. Denn die vor ihm die Ehe Schließenden halten ihn gar nicht für einen Standesbeamten, sondern glauben unabhängig davon an dessen Befugnis, in Deutschland Ehen zu schließen. Jedenfalls ist die Ehe des Klägers hier nicht in das Familienbuch eingetragen worden. Die erst 1995 vollzogene Eintragung in ein standesamtliches Register in Griechenland ist hinsichtlich der heilenden Wirkung nicht mit dem deutschen Familienbuch gleichzusetzen; nach griechischem Recht war die Eheschließung ohnehin wirksam. Es ist auch nichts zur Bedeutung dieses Registers dargetan. In ein deutsches Register wurde die Ehe gerade nicht eingetragen.
3. § 17 Abs. 2 EheG a.F. ermöglicht eine Heilung dieser Ehe ebenfalls nicht. Danach war zwar eine Ehe - obwohl die sie begründende Eheschließung nicht in der durch § 13 EheG vorgesehenen Form stattgefunden hatte - als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre als Ehegatten miteinander gelebt hatten, es sei denn, daß eine Nichtigkeitsklage erhoben war. Diese Vorschrift galt aber ausdrücklich nur für die Heilung von Formmängeln im Sinne des § 13 EheG a.F. (vgl. Staudinger /Strätz, BGB 13. Bearb. § 1310 Rn. 11), dessen erster Absatz als Form der
Eheschließung bestimmte, daß die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen (nunmehr § 1311 BGB n.F.). Um diese Form der Erklärungen der Verlobten geht es hier nicht. Eine Ehe, die gar nicht vor einem Standesbeamten geschlossen wird, verstößt nicht - nur - gegen die Formvorschriften des § 13 EheG a.F., sondern gegen den Grundsatz der obligatorischen Zivilehe. Dieser war in § 11 EheG a.F. (jetzt § 1310 Abs. 1 BGB n.F.) geregelt, auf den § 17 EheG a.F. gerade nicht Bezug nahm.
Eine entsprechende Anwendung des § 17 Abs. 2 EheG a.F. auf eine gegen § 15a EheG a.F. verstoßende Ehe scheitert jedenfalls daran, daß damit die engen Voraussetzungen umgangen würden, die § 11 Abs. 2 EheG a.F. (siehe oben 2.) für eine Wirksamkeit gerade einer vor einem NichtStandesbeamten geschlossene Ehe vorsah. § 17 Abs. 2 EheG a.F. baut auf der Voraussetzung auf, daß die Eheleute wenigstens vor dem als allein befugt angesehenen Standesbeamten gehandelt haben. Damit fehlt es für eine entsprechende Anwendung auf den Fall einer Eheschließung vor einer nicht ordnungsgemäß ermächtigten Person an der Vergleichbarkeit der Interessenlagen. § 17 Abs. 2 EheG war nicht für den Fall gedacht, daß die Eheschließung den Grundsatz der obligatorischen Zivilehe verletzt. Folgerichtig nahm § 15a EheG a.F. den § 17 EheG a.F. auch ausdrücklich von der Anwendung aus.
Im übrigen ließe sich eine Analogie zu § 17 Abs. 2 EheG a.F. - einer Norm des Sachrechts - nicht ohne weiteres auf "hinkende" Ehen beschränken, sondern müßte alle in Deutschland nicht standesamtlich geschlossenen Ehen in Betracht ziehen. Dies würde zu einer weitgehenden Auflösung des staatli-
chen Eheschließungsrechts führen und damit gegen einen wesentlichen Grundsatz des deutschen Eherechts verstoßen.
4. Allein das etwa 26 Jahre dauernde Zusammenleben des Klägers mit seiner Schein-Ehefrau - beide haben eine gemeinsame, inzwischen erwachsene Tochter - reicht nicht aus, um den Mangel der Eheschließung auszugleichen.

a) § 11 EheG a.F. lag - ebenso wie Art. 13 Abs. 3 EGBGB a.F. - die Entscheidung des Gesetzgebers zugrunde, eine im Inland geschlossene Ehe nur dann als wirksam anzusehen, wenn sie vor dem Standesbeamten geschlossen wurde. Dieser Gleichlauf von Inlandstrauung und Inlandsform (so jetzt auch § 1310 Abs. 1 BGB n.F.) beruht auf einer für den Richter bindenden Wertentscheidung des Gesetzgebers. Danach soll bei einer Inlandstrauung dem Grundsatz der obligatorischen Zivilehe eine größere Bedeutung eingeräumt werden als dem gemeinsamen Ehewillen. Die Mitwirkung des Standesbeamten wurde als das entscheidende Merkmal angesehen, um die Ehe von einem Tatbestand abgrenzen zu können, der keine Eheschließung darstellt (vgl. Begründung zum EheG 1938, Deutsche Justiz 1938, S. 1102, 1104). Eine Heilung der Nichtehe war danach bewußt nicht vorgesehen.
Diese - in das Ehegesetz von 1946 unverändert übernommene - Regelung ist nicht spezifisch nationalsozialistisch geprägt (so auch Hepting IPRax 1994, 355, 359). Zwar hob die Begründung zum Ehegesetz 1938 darauf ab, daß die Mitwirkung des Staates bei der Eheschließung es bewirke, "die Eheschließung wegen ihrer über das Individualinteresse der Ehegatten weit hinausreichenden Bedeutung für die Volksgemeinschaft aus dem Kreis der rein
privatrechtlichen Verträge herauszuheben" (Begründung aaO S. 1102). Hiervon hängt aber der Gedanke einer obligatorischen Zivilehe nicht entscheidend ab. Dies zeigt sich bereits an den in der Sache übereinstimmenden Vorläuferbestimmungen in §§ 1317 Abs. 1, 1319 BGB in der Fassung von 1896 und in § 41 PStG von 1875 (vgl. Hepting aaO S. 358 f; Staudinger/Strätz, aaO § 1310 Rn. 1).

b) Diese gesetzgeberische Wertung besteht fort. Das Gesetz zur Neuregelung des internationalen Privatrechts vom 25. Juli 1986 (BGBl I 1142) hat in Art. 13 Abs. 3 Satz 1 EGBGB den Grundsatz des Gleichlaufs von Inlandstrauung und Inlandsform bestätigt. Satz 2 dieser Vorschrift übernahm bewußt nur die begrenzte Ausnahmeregelung des § 15a EheG (amtliche Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts, BT-Drucks. 10/504 S. 53). Weitere Ausnahmen wurden in Kenntnis der möglichen Folgen für Nichtehen und insbesondere unter ausdrücklicher Erwähnung "hinkender" Ehen von Griechen (amtliche Begründung, aaO) ausgeschlossen; hierfür wurde die in Art. 13 Abs. 3 Satz 2 EGBGB übernommene Regelung des § 15a EheG a.F. als hinreichende Auflockerung angesehen.
Endlich hat das Gesetz zur Neuordnung des Eheschließungsrechts vom 4. Mai 1998 (BGBl I S. 833) die Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten der obligatorischen Zivilehe mit der Gestaltung des § 1310 BGB n.F. erneut bestätigt. Nach Absatz 3 dieser Vorschrift kann eine ohne Mitwirkung eines Standesbeamten eingegangene Ehe auch dann als geschlossen gelten, wenn ein Standesbeamter wenigstens die Ehe in das Heirats- oder Familienbuch oder im Zusammenhang mit der Beurkundung der Geburt eines gemeinsamen Kindes
der Ehegatten in das Geburtenbuch eingetragen oder den Ehegatten eine in Rechtsvorschriften vorgesehene Bescheinigung betreffend eine Erklärung über die Wirksamkeit der Ehe erteilt hat. Das bloße, mehrjährige Zusammenleben der Ehegatten ist zwar zusätzliche Voraussetzung, genügt aber allein nicht. Bei der Fassung dieser Vorschrift wurden gerade auch die Fälle "hinkender" Ehen bedacht (amtliche Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Eheschließungsrechts, BT-Drucks. 13/4898 S. 17). Wegen der durch Art. 226 Abs. 3 EGBGB angeordneten Rückwirkung dieser Vorschrift wurde § 1310 Abs. 3 BGB n.F. als ausreichende Heilungsvorschrift für bereits zuvor fehlerhaft geschlossene Ehen angesehen. Demnach hat der Gesetzgeber die Frage, ob und unter welchen Umständen Nichtehen geheilt werden können, gesehen und entschieden. Liegen die Voraussetzungen des § 1310 Abs. 3 BGB n.F. - wie hier - nicht vor, so sind die Interessen der Ehegatten an einer Heilung durch bloßen Zeitablauf gegenüber den Interessen des Staates am Grundsatz der obligatorischen Zivilehe nachrangig. Ohne die qualifizierte Mitwirkung eines Standesbeamten kommt eine Heilung nicht in Betracht. Das bloße Zusammenleben als Ehegatten genügt dazu weiterhin nicht.

c) Eine Heilung unwirksamer Ehen allein durch bloßes Zusammenleben ist auch bisher nicht in Urteilen oberster Bundesgerichte angenommen worden. Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 5. April 1978 - IV ZR 71/77, FamRZ 1983, 450, 451) und das Bundessozialgericht (NJW 1979, 1792) sind zwar von einer Heilung formnichtiger Ehen ausgegangen, die unter Mitwirkung beider Eheleute wenigstens in ein deutsches standesamtliches Heiratsregister eingetragen worden waren. Daran fehlt es aber hier gerade.
5. Aus Art. 6 Abs. 1 GG läßt sich keine allgemeine Heilung der Nichtehe herleiten. Die gesetzgeberische Wertung, Inlandsehen nur in der Inlandsform zuzulassen und bei Abweichungen eine Heilung nicht ohne Beteiligung einer zuständigen deutschen Stelle vorzusehen, hält einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand. Der grundgesetzlich garantierte Schutz der Ehe fordert nicht die - wenigstens teilweise - Anerkennung von Nichtehen für die Zwecke des Versorgungsausgleichs oder des nachehelichen Unterhalts. Eine solche Anerkennung würde notwendigerweise zu Lasten eines der (Nicht-)Ehegatten gehen. Das Interesse des einen Ehegatten am (Nicht-)Bestand der Scheinehe verdient nicht allgemein weniger Schutz als das Vertrauen des anderen Ehegatten auf den Bestand seiner vermeintlichen Ehe.
Zwar steht auch eine "hinkende" Ehe grundsätzlich unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG (BVerfGE 62, 323, 331). Eine nicht den Regeln der bürgerlich -rechtlichen Ehe entsprechende Lebensgemeinschaft kann aber nur dann der Ehe gleichgestellt werden, wenn anderenfalls die Form der Eheschließung zum Selbstzweck würde (BVerfG NJW 1993, 3316, 3317). Die Mitwirkung des Standesbeamten hat den Zweck, die im Hinblick auf die Bedeutung der Ehe erforderliche Mitwirkung des Staates an der Eheschließung sicherzustellen. Diese Mitwirkung ist vor allem für die Prüfung der Ehevoraussetzungen und -hindernisse von Bedeutung. Sie soll auch die Offenkundigkeit der Eheschließung und damit die Klarheit der Rechtsverhältnisse gewährleisten. Diesem Ordnungselement kommt entscheidende Bedeutung zu. Deshalb hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Form einer Eheschließung (vgl. BVerfGE 29, 166, 176 f). Ebenso steht dem Gesetzgeber aus verfassungsrechtlicher Sicht die Regelung frei, unter welchen Voraussetzungen die Heilung einer unter Verletzung des Prinzips der obligatorischen
Zivilehe geschlossenen, "hinkenden" Ehe möglich ist. Läßt er dazu - wie jetzt in § 1310 Abs. 3 BGB - nur die Mitwirkung eines Standesbeamten ausreichen, handelt es sich insoweit nicht nur um eine Formalie (so aber OLG Köln IPRax 1994, 371, 372). Vielmehr schafft erst diese Mitwirkung ein schutzwürdiges Vertrauen in die Bestandskraft der Ehe. Eine solche Heilungsmöglichkeit ist als abschließend gedacht (Wagenitz/Bornhofen, Handbuch des Eheschließungsrechts 2. Teil 4. Abschnitt Rn. 39 ff, insbesondere Rn. 45).
Dem steht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Wirkung der "hinkenden" Ehe im Sozialrecht (BVerfGE 62, 323 ff) nicht entgegen. Deren Begründung stützt sich maßgeblich auf den sozialrechtlichen Aspekt der Hinterbliebenenversorgung (aaO S. 332 f); dies führt letztlich zu einem besonderen Ehebegriff des Sozialrechts (Staudinger/von Bar/Mankowski, BGB 13. Bearbeitung Art. 13 EGBGB Rn. 532 ff m.w.N.). Der vom Bundesverfassungsgericht entschiedene Fall betrifft das Verhältnis der Ehegatten oder eines überlebenden Ehegatten zu Dritten, insbesondere staatlichen Organen. Eine entsprechende Auslegung des Ehebegriffs familienrechtlicher Normen, die auch eine "hinkende" Ehe einschlösse, wird dadurch nicht vorgegeben. Was für den Schutzbereich der staatlichen Sozialversicherung gilt, läßt sich nicht ohne weiteres auf den zivilrechtlichen Ausgleich zwischen Schein-Ehegatten übertragen. Diese befinden sich potentiell jeweils in der gleichen Ausgangslage : So wie jeder der Schein-Ehegatten im Einzelfall ein Interesse daran haben kann, daß die nicht bestehende Ehe als wirksam angesehen wird, kann er in anderen Zusammenhängen ein Interesse daran haben, daß die Verbindung als Nichtehe behandelt wird.
6. Endlich steht hier nicht schon aufgrund des rechtskräftigen Schei- dungsurteils aus dem Jahre 1992 fest, daß die Eheschließung des Klägers als wirksam zu behandeln sei. Denn im Scheidungsprozeß ist das Bestehen einer wirksamen Ehe nur eine Vorfrage, die nicht von der materiellen Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO) des Scheidungsurteils erfaßt wird (vgl. MünchKommBGB /Müller-Gindullis, 3. Aufl. § 11 EheG Rn. 19; Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht 3. Aufl. § 1564 Rn. 23; LG Bonn IPRax 1985, 353 mit zust. Anm. von Henrich).

III.


1. Aufgrund der zuvor dargestellten Rechtslage (s.o. II) hätte der Beklagte bei seiner Beauftragung im Mai 1991 dem Kläger raten müssen, jedenfalls vorrangig auf Feststellung des Nichtbestehens einer Ehe gemäß § 638 ZPO a.F. (§ 632 ZPO n.F.) - statt auf deren Scheidung - zu klagen, weil dies die für den Kläger günstigste Lösung war. Sie hätte - anders als eine Ehenichtigkeitsklage (§ 26 EheG a.F., § 1318 BGB n.F.) - zur Folge gehabt, daß zwischen dem Kläger und der ihm angetrauten Frau nach deutschem Recht keinerlei familienrechtliche Bindungen bestanden hätten. Rechtlich und wirtschaftlich hätte dies dem Kläger persönlich erhebliche Vorteile, aber keine wesentlichen Nachteile gebracht. Er wollte, soweit dargetan, als selbständig tätiger Arzt nicht seinerseits vermögensrechtliche Ansprüche gegen seine Schein-Ehefrau erheben. Statt dessen mußte er besorgen, daß diese im Falle einer Ehescheidung bestrebt sein würde, vermögensrechtliche Folgen aus der vermeintlichen Ehe zu ziehen, zumal sie schon 60 Jahre alt, nicht mehr berufstätig und körperbehindert war.


a) Der Kläger hatte nach den Feststellungen des Landgerichts allerdings das Ziel, "möglichst bald aus der Ehe loszukommen". Dieses Ziel war jedoch, anders als das Landgericht gemeint hat, mit der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Ehe nicht wesentlich langwieriger zu erreichen als mit einer Ehescheidungsklage.
Eine solche Klage bot objektiv keine zuverlässige Aussicht auf eine erhebliche Abkürzung der eherechtlichen Auseinandersetzung. Denn bei der Feststellungsklage waren weder Trennungsfristen (§ 1565 Abs. 2 BGB) noch Folgesachen im Verbund mit einer Ehescheidung (§§ 628, 629 ZPO) zu beachten. Zwar hätte im Rahmen einer Feststellungsklage berücksichtigt werden müssen, daß ein solches Verfahren wegen rechtlicher Zweifel an einer Heilung der formfehlerhaften Eheschließung (s.o. II) bis in die dritte Instanz betrieben werden würde. Eine vergleichbare Verzögerung war aber auch im Falle einer Ehescheidung nicht auszuschließen. Abgesehen davon, daß das Familiengericht möglicherweise die Unwirksamkeit der Ehe erkennen könnte, lag eine Verzögerung aus tatsächlichen Gründen nahe, falls die Parteien des Scheidungsrechtsstreits sich nicht über alle Folgesachen einigen würden. Bei dem Kläger als freiberuflich Tätigem konnte eine Aufklärung der wirtschaftlich erheblichen Tatsachen erfahrungsgemäß eine längere Zeit dauern. Der spätere, mehrjährige Prozeß des Klägers mit seiner geschiedenen Frau über den Zugewinnausgleich bestätigt eine solche Erfahrung.

b) Daß die vor dem griechisch-orthodoxen Geistlichen abgeschlossene Ehe nach griechischem Recht voll wirksam war und hieran möglicherweise auch ein in Deutschland zu erwirkender gerichtlicher Ausspruch auf Nichtigkeit
der Ehe nichts geändert hätte, stand dem Vorschlag einer solchen Feststellungsklage nicht entgegen. Soweit es um die eherechtliche Bindung ging, brauchte der Kläger, der inzwischen nur noch deutscher Staatsangehöriger war, die Rechtslage in Griechenland nicht besonders zu berücksichtigen. Vermögensrechtliche Folgen einer nach griechischem Recht fortwirkenden Ehe hätte er in Deutschland aufgrund des vorausgehenden Feststellungsurteils nach Maßgabe des Art. 3 Nr. 1 Halbs. 2 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 des deutschgriechischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrages vom 4. November 1961 (BGBl 1963 II, S. 110) oder - insbesondere für Unterhalt - gemäß Art. 27 Abs. 1 Nr. 3 und 4 EuGVÜ grundsätzlich abwehren können. Dafür, daß ihn mögliche Folgen in Griechenland beeinflußt hätten, ist nichts dargetan. Einer zusätzlichen Ehescheidungsklage in Griechenland bedurfte es aus seiner Sicht nicht.
2. Der objektiv fehlerhafte Rat des Beklagten, eine Ehescheidungsklage zu erheben, beruhte auf Fahrlässigkeit. Unstreitig wußte er, daß der Kläger im Jahre 1962 in Deutschland - nur - vor einem Geistlichen geheiratet hatte. Er hat selbst mit Schreiben vom 23. Mai 1991 bei der Stadtverwaltung H. angefragt , ob die kirchlich geschlossene Ehe im Personenstandsregister des Standesamtes H. eingetragen war (Anlage K 1 zum Schriftsatz des Klägers vom 12. Oktober 1998, S. 3 f). Ferner wurde in der vom Beklagten eingereichten Scheidungsklage der Antrag wie folgt gefaßt: "Die am 18.08.62 vor dem Pfarramt der griechisch-orthodoxen Kirche in H. geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden".
Den in Deutschland geltenden Grundsatz der obligatorischen Zivilehe (§ 11 Abs. 1 EheG a.F., § 1310 Abs. 1 BGB n.F.) muß jeder Rechtsanwalt be-
achten, der einen Mandanten bei einer eherechtlichen Auseinandersetzung berät. Eine erkannte Abweichung davon muß ihm Anlaß zur Nachprüfung geben , ob die Ehe wirksam zustande gekommen ist. Hierbei hätte der Beklagte auf § 15a EheG a.F. (nunmehr § 1310 Abs. 3 BGB) stoßen und erwägen müssen , ob die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift erfüllt waren. Der Kurzkommentar von Palandt/Diederichsen (BGB 50. Aufl./1991, § 15a EheG Rn. 4) enthielt dazu den Hinweis, daß nur diejenigen griechisch-orthodoxen Geistlichen in Deutschland zur Eheschließung ermächtigt seien, die in der Verbalnote der griechischen Regierung benannt seien; insoweit wurde auf den Abdruck dieser Verbalnote (vom 15. Juni 1964) in der Zeitschrift "Das Standesamt" 1965, Seite 15 hingewiesen. Dieser Veröffentlichungszeitpunkt lag erheblich später als die hier fragliche Eheschließung. Ferner wurde in der Kommentarstelle auf die Entscheidung BGHZ 43, 222 dafür verwiesen, daß eine spätere Ermächtigung keine rückwirkende Kraft habe.
Eine fahrlässige Vertragsverletzung vermag der Beklagte nicht durch die Behauptung in Frage zu stellen, er habe den Kläger darauf hingewiesen, daß er - Beklagter - das griechische Recht nicht kenne. Denn im vorliegenden Zusammenhang geht es allein um die Anwendung deutschen Rechts.
3. Da der Beklagte jedenfalls vorrangig den Rat schuldete, eine Feststellungsklage auf Nichtbestehen der Ehe zu erheben, spricht die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens (vgl. hierzu BGHZ 123, 311, 315 ff; weitere Nachweise bei Zugehör/Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung Rn. 1049 bis 1052) dafür, daß der Kläger einem solchen Rat gefolgt wäre. Es ist nichts dargetan , was diese auf der eindeutigen Interessenlage des Klägers (s.o. 1) beruhende Vermutung erschüttern könnte.

4. Der von der Vertragsverletzung des Beklagten ausgehende Zurechnungszusammenhang ist - auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 12. August 2002 (NJW 2002, 2937) - nicht dadurch unterbrochen worden, daß das angerufene Familiengericht die Unwirksamkeit der Eheschließung ebenfalls übersehen hat. Denn der im Interesse des Klägers tätige Beklagte hatte vor allen anderen die Aufgabe, die seinem Mandanten günstigste Klage zu erheben. Mit der Wahl der Klageart übte er den entscheidenden Einfluß auf die weitere rechtliche Gestaltung aus, weil der deutsche Zivilprozeß der Parteiherrschaft unterliegt.
Zwar hätte das Familiengericht die ihm vorgegebene Ehescheidungsklage abweisen müssen, weil eine gar nicht bestehende Ehe nicht geschieden werden kann. Dieser mitwirkende Fehler des Gerichts verdrängt aber nicht denjenigen des Beklagten. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln haben bei mitwirkender Schadensverursachung zum Schutz des Geschädigten die mehreren Schädiger gemeinsam den angerichteten Schaden zu ersetzen (s.u. V 4 c). Der Umstand, daß der daraus üblicherweise folgende Innenausgleich (§§ 426, 254 BGB) hier durch das Spruchrichterprivileg des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB gestört wird, kann nicht dazu führen, daß die durch zwei nebeneinander handelnde Organe der Rechtspflege geschädigte Partei regelmäßig keinen Ersatz ihres Schadens erlangen könnte.
Etwas anderes ist nach allgemeinen zivilrechtlichen Abwägungsgrundsätzen allenfalls anzunehmen, falls der Schadensbeitrag des Gerichts denjenigen des anwaltlichen Parteivertreters so weit überwiegt, daß dieser daneben ganz zurücktritt. Das traf hier nicht zu. Aufgrund der zu § 254 BGB entwickelten
Regeln ist - wie zum Beispiel auch bei der Abwägung von Schadensbeiträgen mehrerer Rechtsanwälte untereinander - darauf abzustellen, ob die Verhaltensweise eines Beteiligten den Eintritt des Schadens in wesentlich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat als das Verhalten des anderen (BGH, Urt. v. 12. Juli 1988 - VI ZR 283/87, VersR 1988, 1238, 1239). Im vorliegenden Falle verantwortete zwar der Familienrichter allein das Ehescheidungsurteil mit der Anordnung des Versorgungsausgleichs. Keinesfalls in geringerem Maße hat zu dem vom Kläger erlittenen Schaden aber der vom Beklagten vertragswidrig fehlgestaltete Prozeß beigetragen, der erst die Gefahrenlage schuf, in welcher sich der Fehler des Gerichts auswirken konnte. Gericht und Beklagten traf zudem derselbe Vorwurf einfacher Fahrlässigkeit.
Im übrigen wäre mit einer Abweisung der Scheidungsklage allein eine Belastung des Klägers mit Getrenntlebensunterhalt (§ 1361 BGB) nicht zu vermeiden gewesen. Zur Begründung der nachehelichen Unterhaltsverpflichtung hat der Beklagte durch seine Mitwirkung beim Vergleichsabschluß beigetragen (s.u. V 4).
Darüber hinaus hat der Beklagte auch nach dem Scheidungsurteil vertragswidrig Maßnahmen unterlassen, die den Schadenseintritt - einschließlich der Übertragung von Versorgungsanwartschaften - hätten verhindern können. Er hätte die Scheidungsklage noch innerhalb der Rechtsmittelfrist wirksam zurücknehmen können. Statt dessen hat er dabei mitgewirkt, daß im Termin vom 30. Juni 1992 vor dem Familiengericht hinsichtlich des Scheidungsausspruchs auf Rechtsmittel verzichtet wurde.
Ferner hätte der Beklagte - für den Kläger - auch nach Rechtskraft des Ehescheidungsurteils das Nichtbestehen der Ehe im Wege der Feststellungsklage weiter geltend machen können. Denn wird eine Nichtehe versehentlich geschieden, so wird damit weder festgestellt, daß die Ehe vorher bestanden hat, noch kommt dem Ausspruch anderweit rechtserzeugende Kraft zu (s.o. II 5; ferner Henrich in Anm. FamRZ 1987, 950; a.M. - ohne Begründung - von Schwind RabelsZ Bd. 38 [1974], 523, 529). Sogar für den Fall eines Eheaufhebungsgrundes im Sinne von §§ 28, 29 EheG a.F. (§§ 1313 ff BGB n.F.) hatte ein Scheidungsurteil nicht die Wirkung, daß sich der geschiedene Ehegatte nicht nachträglich auf das sich aus § 37 Abs. 2 EheG a.F. ergebende, für den Aufhebungsgrund spezifische Ausschlußrecht hätte berufen dürfen (BGHZ 133, 227, 233 f). Für den Fall einer von Anfang an nicht bestehenden Ehe gilt das erst recht.
5. Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten sind nicht verjährt.
Zwar ist die dreijährige Verjährungsfrist des § 51 BRAO a.F. (§ 51b BRAO n.F.) abgelaufen. Denn ein Schaden des Klägers trat - erst - mit der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 1992 und dem an diesem Tage abgeschlossenen Vergleich ein. Die dreijährige Verjährungsfrist lief folglich am 30. Juni 1995 ab, während die hier vorliegende Klage erst am 11. November 1996 eingereicht und am 27. November 1996 zugestellt wurde.
Jedoch hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, daß sich der Beklagte auf den Ablauf dieser Verjährungsfrist nach den Grundsätzen der Sekundärverjährung (BGHZ 94, 380, 384 ff; Zugehör, Handbuch der Anwaltshaf-
tung Rn. 1252 ff m.w.N.) nicht berufen kann. Denn der Beklagte hatte Anlaß, noch vor Beendigung seines Mandats den Kläger auf den vorangegangenen Beratungsfehler hinzuweisen. Spätestens als er während des Zugewinnausgleichsverfahrens im Jahre 1994 die Fehlerhaftigkeit der Eheschließung erkannte , hätte der Beklagte darauf hinweisen müssen, daß seine eigene Haftung wegen des Betreibens der Ehescheidungsklage und des Abschlusses des Unterhaltsvergleichs vom 30. Juni 1992 in Betracht kam. Da er dies schuldhaft unterlassen hat, schloß sich eine zweite Verjährungsfrist an, die bis zum 30. Juni 1998 lief. Innerhalb dieser Frist ist auch der Schriftsatz des Klägers vom 4. Juni 1998 zugestellt worden, mit dem der erhöhte Anspruch auf Ersatz eines Unterhaltsschadens angekündigt wurde.

IV.


Hätte der Beklagte den Kläger richtig beraten (s.o. III 1), so wäre zu dessen Lasten kein Versorgungsausgleich durchgeführt worden (§ 249 BGB). Dieser knüpft nach §§ 1587 ff BGB an eine Ehescheidung an, zu der es im Falle des Nichtbestehens einer Ehe von Rechts wegen nicht kommen kann. Das griechische Recht kennt, soweit dargetan, einen Versorgungsausgleich insgesamt nicht.
Sogar für den Fall, daß in Griechenland die Ehefrau eine Ehescheidung erwirkt hätte, wäre ein Versorgungsausgleich in Deutschland trotz Art. 17 Abs. 3 EGBGB (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 30. September 1992 - XII ZB 100/89, NJW 1992, 3293, 3294 f) nicht durchzuführen gewesen. Denn auch diese Vorschrift setzt voraus, daß eine Ehe bestanden hat.

Dies ist insoweit wiederum nach deutschem Recht zu beurteilen. Die Vorfrage, ob eine Ehe besteht, ist im Rahmen des Art. 17 Abs. 3 EGBGB nach herrschender Ansicht gemäß dem Recht des Urteilsstaates anzuknüpfen (Soergel/Schurig, BGB 12. Aufl. Art. 17 EGBGB Rn. 9; Staudinger/ von Bar/Mankowski, aaO Art. 17 EGBGB Rn. 73 und 292 m.w.N.). Jene Kollisionsnorm setzt eine wirksam zustande gekommene Ehe voraus. Aber auch eine unselbständige Anknüpfung gemäß dem Scheidungsstatut (vgl. Johannsen /Henrich aaO Art. 17 EGBGB Rn. 53 ff) würde hier zu keinem anderen Ergebnis führen, weil ein Versorgungsausgleich nur auf der Grundlage deutschen Rechts hätte durchgeführt werden können (vgl. Art. 14 Abs. 1 EGBGB).
Dementsprechend beruht diese Rechtsfolge allein auf der fehlerhaften Beratung durch den Beklagten. Er hat daran nach der gerichtlichen Anordnung des Versorgungsausgleichs insbesondere noch durch die Erklärung des Rechtsmittelverzichts mitgewirkt (s.o. III 4).

V.


Wegen seiner Unterhaltsverpflichtung aufgrund des Vergleichs vom 30. Juni 1992 kann der Kläger im Wege des Schadensersatzes vom Beklagten Zahlung - in Höhe von insgesamt 191.200 DM (97.759,01 & - wegen derjeni- gen Raten verlangen, die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (Januar 1999) an die Ehefrau geleistet worden sind. Es handelt sich um monatlich 2.560 DM für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis
31. Januar 1997 und monatlich 2.100 DM seither. Wegen der späteren Raten bedarf es hingegen ergänzender Feststellung (s.u. 5).
1. Auch in bezug auf die Ehefolgesache Unterhalt bestand zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis. Durch seine fehlerhafte Beratung (s.o. III 1) hat der Beklagte seine Vertragspflichten insoweit schuldhaft verletzt.

a) Nach deutschem Recht war der Kläger aufgrund der nicht bestehenden Ehe nicht unterhaltspflichtig, weil die §§ 1569 ff BGB eine wirksame Ehe voraussetzen. Zwar hätte die Schein-Ehefrau des Klägers möglicherweise für ihre Mitwirkung bei Aufbau und Betrieb seiner Arztpraxis Ausgleichsansprüche auf gesellschafts- oder bereicherungsrechtlicher Grundlage oder in entsprechender Anwendung der §§ 611, 612 BGB geltend machen können. Darum geht es hier aber nicht. Denn als der Unterhaltsvergleich abgeschlossen wurde , arbeitete die Schein-Ehefrau nicht mehr in der Praxis des Klägers. Zu fortlaufendem Unterhalt für die Zukunft wäre der Kläger keinesfalls verpflichtet gewesen. Hiernach kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, daß auch für Rechtsgrund und Umfang solcher Ausgleichsansprüche im einzelnen im vorliegenden Rechtsstreit nichts Konkretes vorgetragen worden ist.

b) Nach griechischem Recht bestand ein Anspruch der Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt aufgrund des Vortrags der Parteien ebenfalls nicht. Dies ist aus Rechtsgründen nicht angreifbar. Nach den insoweit nicht angefochtenen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. V. B. in seinem Gutachten vom 13. Mai 1998 sehen die Art. 1442 und 1443 des griechischen Zivilgesetzbuchs einen Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau nur vor, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht durch eigene Einkünfte oder Vermögen
sicher stellen kann. Um den eigenen Unterhalt zu decken, ist grundsätzlich auch der Stamm des Vermögens zu verwerten, soweit dies nicht unwirtschaftlich oder im Einzelfall unbillig ist (Hohloch, Internationales Scheidungs- u. Scheidungsfolgenrecht 1998, Griechenland, 2 B Rn. 148; Stamatiadis, Die Ehescheidung im deutsch-griechischen Rechtsverkehr, 1994, S. 70). Nach dem Vortrag des Klägers verfügt die Ehefrau über ausreichendes Vermögen in Griechenland. Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten.
Demzufolge hätte der Beklagte dem Kläger abraten müssen, Unterhaltsverpflichtungen im Vergleichswege einzugehen.
2. Die Vertragsverletzung des Beklagten war ursächlich dafür, daß den Kläger eine Unterhaltspflicht gegenüber seiner Schein-Ehefrau trifft.
Hätte der Beklagte den Kläger pflichtgemäß darauf hingewiesen, daß die Ehe nach deutschem Recht nicht bestand und daher auch keine nachehelichen Unterhaltsansprüche begründete, besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß der Kläger sich im eigenen Interesse beratungsgerecht verhalten und keine Unterhaltsverpflichtung übernommen hätte.
3. Die Begründung, mit welcher das Berufungsgericht die Ursächlichkeit des Beratungsfehlers für den eingetretenen Schaden verneint oder ein überwiegendes Mitverschulden des Klägers angenommen hat, hält den Angriffen der Revision nicht stand.

a) Das Berufungsgericht stellt nicht in bestimmter, nachvollziehbarer Weise fest, daß der Kläger bei Abschluß des Unterhaltsvergleichs gewußt
hätte, der geschiedenen Ehefrau nach deutschem Recht keinen Unterhalt zu schulden. Derartiges hat auch keine Partei dargetan. Der Kläger kannte seinerzeit die Unwirksamkeit der Ehe aufgrund des Beratungsfehlers des Beklagten nicht. Ging er von einer wirksamen Eheschließung aus, so hätte eine Unterhaltspflicht seinerseits angesichts der verhältnismäßig langen Dauer der vermeintlichen Ehe und des Alters der Frau (§§ 1571, 1572 BGB) allenfalls im Hinblick auf § 1577 BGB entfallen können, also solange und soweit sich die Ehefrau aus ihren Einkünften und ihrem Vermögen selbst hätte unterhalten können.
Hierfür fehlt es an hinreichenden Feststellungen des Berufungsgerichts und auch an entsprechendem Vortrag des Beklagten. Angesichts der Einkommensverhältnisse in Deutschland - die Ehefrau bezog hier aufgrund der Angaben im Scheidungsantrag des Klägers nur eine Berufsunfähigkeitsrente von monatlich 444 DM - lag die Annahme fern, daß sie ohne Unterhaltszahlungen des Klägers imstande sein würde, ein den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechendes (vgl. § 1578 BGB) Leben zu führen. Zwar hat der Kläger während des Ehescheidungsverfahrens durch Schreiben vom 12. April 1992 den Beklagten auf angeblichen Grundbesitz der Ehefrau in Griechenland hingewiesen und hinzugefügt: "Sie ist finanziell unabhängig - Millionärin -." Soweit die Frau danach eine Wohnung und eine Villa besitzen sollte, ergab sich daraus allein nach deutschem Recht aber schon kein unmittelbarer Bezug zur Unterhaltspflicht. Denn gemäß § 1577 Abs. 3 BGB braucht der Unterhaltsberechtigte den Stamm des Vermögens nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Dies ließ sich nicht zuverlässig beurteilen, zumal der Kläger selbst in Deutschland unstreitig Eigentümer eines Hausgrundstücks war.

Darüber hinaus sollte die Ehefrau aufgrund des bezeichneten Schreibens etwa ein Jahr zuvor einen Betrag von etwas mehr als 143.000 DM von einem gemeinsamen Sparbuch abgehoben sowie eine kleine Wohnung verkauft haben. Auch daraus ließen sich zuverlässige Rückschlüsse im Hinblick auf einen Unterhaltsanspruch gemäß deutschem Recht erfahrungsgemäß nicht ziehen. Dies gilt erst recht, wenn auf der anderen Seite die Einkommensverhältnisse eines selbständig berufstätigen Arztes zu bestimmen sind. Der Beklagte hat selbst darauf verwiesen, daß das Einkommen des Klägers seinerzeit weitaus höher gewesen sein müsse als angegeben (S. 3 seines Schriftsatzes v. 27. Januar 1999 = Bl. 312 GA).
Eine positive Kenntnis des Klägers vom komplexen Zusammenhang einer Unterhaltsverpflichtung läßt sich daraus schon aus Rechtsgründen nicht ableiten. Es kommt somit nicht mehr entscheidend darauf an, daß auch die Einschätzung des Wertes von vorhandenem Grundvermögen durch die Parteien erfahrungsgemäß oft zweckbestimmt und unsicher ist.

b) Ob der Kläger wußte, daß er nach griechischem Recht keinen Unterhalt schuldete, ist - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - unerheblich. Der Beklagte hatte den Kläger über die Rechtslage nach deutschem Recht zu unterrichten. Dieses wäre nicht nur für den Fall des Nichtbestehens der Ehe, sondern sogar im Falle ihrer Wirksamkeit gemäß Art. 18 Abs. 5 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgeblich gewesen (s.o. 1 c). Eine etwaige Kenntnis des Klägers von der Rechtslage in anderen Rechtsordnungen ist demgegenüber bedeutungslos.
4. An der Begründung der Unterhaltspflicht des Klägers hat der Beklagte auch durch den Abschluß des Vergleichs selbst mitgewirkt (s.o. III 4). Seine Schadensersatzpflicht ist nicht dadurch entfallen, daß der Kläger - vertreten durch einen anderen Rechtsanwalt - aufgrund eines am 12. Dezember 1995 geschlossenen Vergleichs seine Unterhaltspflicht gegenüber der geschiedenen Ehefrau bestätigt hat.

a) Dieser Vergleich wurde im Rahmen eines von der geschiedenen Ehefrau eingeleiteten Prozesses auf Zahlung von Zugewinnausgleich abgeschlossen. Im Verlaufe dieses Rechtsstreits trug der Beklagte - für den Kläger - erstmals Bedenken gegen die nur vor einem Geistlichen geschlossene Ehe vor. Nachdem daraufhin das Familiengericht die Klage abgewiesen hatte, verurteilte das im Wege der Berufung angerufene Oberlandesgericht den jetzigen Kläger, der geschiedenen Ehefrau Auskunft über seine den Zugewinnausgleich betreffenden Vermögensverhältnisse zu gewähren. Es nahm hierbei an, daß die Unwirksamkeit der Ehe in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 2 EheG geheilt sei. Der Kläger legte dagegen die zugelassene Revision ein, beendete das Mandat mit dem Beklagten und beauftragte einen anderen Rechtsanwalt , ihn - den Kläger - in einem gleichzeitig von der geschiedenen Ehefrau geführten Arrestverfahren zu vertreten. Diese hatte aufgrund eines von ihr erwirkten dinglichen Arrests unter anderem die Honoraransprüche des Klägers pfänden lassen. In diesem Verfahren einigte sich der Kläger, vertreten durch den neuen Rechtsanwalt, durch Vergleich vom 12. Dezember 1995 mit der geschiedenen Ehefrau darüber, alle gegenseitigen Ansprüche zu erledigen. Neben einer Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Zugewinnausgleich enthielt der Vergleich unter Nr. 4 die Bestimmung:
"Die Parteien sind sich weiterhin darüber einig, daß die Vereinbarung vom 30. Juni 1992 ... ohne Einschränkung aufrechterhalten bleibt. Herr Dr. A. verzichtet darauf, eventuelle Einwendungen dem Grunde nach gegen die genannte Vereinbarung vorzubringen. Er verzichtet dem Grunde nach auch auf etwaige Einwendungen gegen die im Verbundurteil des Amtsgerichts K. vom 30. Juni 1992 ... getroffene Regelung hinsichtlich des Versorgungsausgleichs".

b) Durch diese vertragliche Unterhaltsbestätigung ist der Zurechnungszusammenhang zwischen der fehlerhaften Beratung des Beklagten und der Unterhaltspflicht des Klägers sogar dann nicht unterbrochen worden, wenn auch dem inzwischen für den Kläger tätigen Rechtsanwalt eine schuldhafte Pflichtverletzung zur Last fiele.
Ein eigener selbständiger Willensakt des Geschädigten schließt es grundsätzlich nicht aus, demjenigen die Schadensfolge zuzurechnen, der die schädigende Kausalkette in Gang gesetzt hat. Bestand für die mitwirkende Handlung des Mandanten aufgrund des haftungsbegründenden Ereignisses ein rechtfertigender Anlaß, so bleibt der Zurechnungszusammenhang zu einem früheren, schädigenden Verhalten des Rechtsanwalts bestehen. Ein solcher rechtfertigender Anlaß liegt bereits vor, wenn der Mandant eine Entschließung trifft, die nicht als ungewöhnlich oder gänzlich unangemessen zu bewerten ist (Senatsurt. v. 15. April 1999 - IX ZR 328/97, NJW 1999, 2183, 2187; Zugehör /Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung Rn. 1065 m.w.N.). Die Beendigung einer rechtlichen Auseinandersetzung durch Vergleich ist regelmäßig als vernünftige Reaktion in dem bezeichneten Sinne anzusehen (Senatsurt. v. 11. Fe-
bruar 1999 - IX ZR 14/98, NJW 1999, 1391, 1392). Hat der Rechtsanwalt sei- nen Mandanten durch einen Beratungsfehler in eine ungünstige Situation gegenüber dessen Vertragspartner gebracht, ist es nach der Lebenserfahrung nicht ungewöhnlich, daß dieser daraus Vorteile zu ziehen sucht; entschließt sich der Mandant in einer solchen Lage, dem Begehren des Vertragsgegners nachzugeben und es nicht auf einen Prozeß ankommen zu lassen, handelt es sich im allgemeinen um einen normalen Geschehensablauf, der die Zurechung bestehen läßt (BGH, Urt. v. 11. März 1980 - VI ZR 91/79, VersR 1980, 649, 650).
Davon ist auch im vorliegenden Falle auszugehen. Durch den Beratungsfehler des Beklagten war der Kläger bereits titulierten Unterhaltsansprüchen der geschiedenen Ehefrau ausgesetzt. Der Beklagte hat bis zur Beendigung seines Mandats nichts unternommen, um diese Unterhaltsverpflichtung zu beseitigen. Zwar hatte er zwischenzeitlich im Zugewinnausgleichsverfahren auf die Fehlerhaftigkeit der Eheschließung hingewiesen. Er hat den Kläger aber nicht darüber belehrt, daß weiterhin noch eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Ehe zulässig war (s.o. III 4). Ferner hat er den Kläger, soweit dargetan, nicht darauf hingewiesen, daß die vergleichsweise übernommenen Unterhaltsfolgen möglicherweise auf prozessualem Wege zu beseitigen wären, weil die im Vergleich vorausgesetzte Wirksamkeit der Eheschließung nicht vorlag (§ 779 Abs. 1 BGB).
Demgegenüber war der Kläger inzwischen von seiner Schein-Ehefrau mit einer Klage auf Leistung zusätzlichen, erheblichen Zugewinnausgleichs und mit Vollstreckungsmaßnahmen überzogen worden. Wenn er sich in dieser prozessualen Situation - ohne umfassende vorangegangene Beratung durch
den Beklagten - zu einer einvernehmlichen Gesamtlösung mit seiner Schein- Ehefrau entschloß, war dies noch durch den vorangegangenen Beratungsfehler des Beklagten mit herausgefordert. Zwar hat er hierbei im Wege gegenseitigen Nachgebens (§ 779 BGB) durch seine ausdrückliche Bestätigung der Unterhaltspflicht auch die Möglichkeit einer späteren prozessualen Abhilfe beseitigt. Da er auf diese Möglichkeit zuvor aber nicht hingewiesen wurde, war eine entsprechende Bestätigung im Verhältnis zum Beklagten nicht völlig unsachgemäß. Zudem ist nichts dafür dargetan, daß der Kläger - hätte er diesen zweiten Vergleich nicht abgeschlossen - infolge sachgerechter Beratung durch Dritte zu erfolgreichen Abwehrmaßnahmen gegen den früheren Unterhaltstitel veranlaßt worden wäre.

c) Allerdings hat auch der neue Rechtsanwalt, der kurz vor Abschluß des Vergleichs die Beratung des Klägers übernommen hatte, diesen nicht auf die zuvor aufgezeigten rechtlichen Abwehrmöglichkeiten hingewiesen. Sogar wenn darin ebenfalls eine schuldhafte Vertragsverletzung gegenüber dem Kläger läge, würde dies den Beklagten im Verhältnis zum Kläger nicht entlasten. Denn im Zivilrecht gelten grundsätzlich alle Schadensursachen als gleichwertig (§§ 421, 830, 840 BGB). Greifen weitere Personen in ein schadensträchtiges Geschehen ein, so entlasten sie damit regelmäßig nicht den Erstschädiger, sondern begründen - zum Schutz des Geschädigten - allenfalls eine eigene, zusätzliche Haftung. Das Verhalten Dritter beseitigt allgemein die Schadenszurechnung im Verhältnis zu früheren Verursachern nur, sofern es als gänzlich ungewöhnliche Beeinflussung des Geschehensablaufs zu werten ist (vgl. MünchKomm-BGB/Grunsky, 3. Aufl. vor § 249 Rn. 57 ff; Staudinger/ Schiemann, BGB 13. Bearb. § 249 Rn. 64 ff; Erman/Kuckuk, BGB 10. Aufl. vor § 249 Rn. 68 ff). Dementsprechend wird der von einer früheren Vertragsverlet-
zung eines Rechtsanwalts ausgehende Zurechnungszusammenhang grund- sätzlich nicht dadurch unterbrochen, daß nach dem pflichtwidrig handelnden Anwalt eine andere rechtskundige Person mit der Angelegenheit befaßt worden ist und noch in der Lage gewesen wäre, den Schadenseintritt zu verhindern, wenn sie die ihr obliegende Sorgfaltspflicht beachtet hätte (Senatsurt. v. 18. März 1993 - IX ZR 120/92, NJW 1993, 1779, 1780 f; Zugehör/Fischer, aaO Rn. 1067 ff m.w.N.).
Davon ist auch hier auszugehen: Der Verursachungsbeitrag und ein mögliches Verschulden des zweiten Rechtsanwalts wiegen keinesfalls schwerer als die von dem langjährig beratend tätigen Beklagten verschuldete Schadensursache. In derartigen Fällen steht es dem Erstschädiger frei, den Mitschädiger als Gesamtschuldner nach Maßgabe der §§ 426, 254 BGB auf anteiligen Schadensausgleich im Innenverhältnis in Anspruch zu nehmen. Hierbei mag auch berücksichtigt werden, inwieweit ohne die in dem Vergleich vom 12. Dezember 1995 bestätigte Unterhaltspflicht deren Verringerung oder Wegfall hätte erreicht werden können. Dagegen ist dem Kläger im Außenverhältnis gegenüber dem Beklagten nach dem Sach- und Streitstand im vorliegenden Rechtsstreit auch im Hinblick auf die Schadensminderungsobliegenheit gemäß § 254 Abs. 2 BGB kein mitwirkendes Verschulden seines zweiten Rechtsanwalts zuzurechnen (§ 278 BGB). Eine solche Einwendung steht zur Darlegungslast des Schädigers, hier also des Beklagten. Dieser hat nichts dazu vorgetragen, ob ohne den bestätigenden Vergleich vom 12. Dezember 1995 die Unterhaltspflicht des Klägers beseitigt worden wäre. Ferner hat er nicht dargetan, daß der neue Rechtsanwalt etwa schon mit der Verfolgung von Regreßansprüchen gegen den Beklagten betraut gewesen und in diesem Umfang zum Erfüllungsgehilfen des Klägers geworden wäre.

5. Allerdings ist die Klage derzeit insoweit unbegründet, als der Kläger Erstattung von Unterhalt für die Zeit nach der letzten mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts verlangt.
Insoweit steht dem Kläger gegen den Beklagten grundsätzlich ein Freistellungsanspruch bezüglich der Unterhaltspflicht zu. In einen Zahlungsanspruch wandelt sich dieses Forderungsrecht erst um, wenn der Kläger seinerseits die Unterhaltszahlungen an seine Schein-Ehefrau erbringt. Hierbei handelt es sich um ein ungewisses zukünftiges Ereignis, dessen jeweiliger Eintritt im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung durch das Berufungsgericht nicht zuverlässig zu beurteilen war. Dementsprechend standen die Voraussetzungen des Zahlungsanspruchs noch nicht fest. Soweit dieser sich auf die Zukunft erstreckte, war er unbegründet. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage von derjenigen hinsichtlich des Versorgungsausgleichs, weil die auf die Altersversorgung gerichteten Anwartschaften dem Kläger schon endgültig aberkannt worden sind.
Eine Klage auf zukünftige Leistung vermochte der Kläger auch nicht auf die §§ 257, 258 oder § 259 ZPO zu stützen.

a) § 257 ZPO ist nicht erfüllt. Zwar war die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seiner Schein-Ehefrau kalendermäßig festgelegt. Dies trifft aber nicht zugleich für den Schadensersatzanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten zu. Dessen Umwandlung aus einem bloßen Freistellungsanspruch hing vielmehr von der vorangegangenen Leistung des Klägers an seine Schein-Ehefrau ab.


b) Ferner macht der Kläger nicht wiederkehrende Leistungen im Sinne von § 258 ZPO geltend. Diese beruhen auf einseitigen Verpflichtungen, die sich in ihrer Gesamtheit als Folge ein- und desselben Rechtsverhältnisses ergeben , so daß die einzelne Leistung nur noch vom Zeitablauf abhängt (vgl. BGH, Urt. v. 10. Juli 1986 - IX ZR 138/85, NJW 1986, 3142; v. 20. Juni 1996 - III ZR 116/94, MDR 1996, 1232). Die letztgenannte Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, weil die Umwandlung des Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch zusätzlich durch die tatsächliche Zahlung des Klägers bedingt ist.

c) Endlich scheidet § 259 ZPO als Grundlage für eine Klage auf künftige Leistung aus. Diese Vorschrift greift nicht ein, wenn der eingeklagte Anspruch erst künftig entsteht; dieser muß vielmehr in vollem Umfang seine Grundlage in einem Rechtsverhältnis finden, dessen rechtserzeugende Tatsachen schon eingetreten sind. Die Möglichkeit, daß künftig ein solches Rechtsverhältnis entsteht , reicht grundsätzlich nicht aus (vgl. BGH, Urt. v. 13. März 2001 - VI ZR 290/00 zu § 256 Abs. 1 ZPO). Zwar genügt es, wenn sich der eingeklagte Anspruch aus einem schon bestehenden Rechtsverhältnis allein aufgrund des eigenen Verhaltens des Beklagten entwickelt (BGH, Urt. v. 14. Dezember 1998 - II ZR 330/97, NJW 1999, 954, 955 zu § 283 BGB a.F.). Darum geht es hier nicht.
Zwar kann das Rechtsverhältnis bedingt sein (BGHZ 43, 28, 31) und insbesondere auch unter der Bedingung künftiger Zahlung stehen (vgl. BGHZ 147, 225, 231). Einen bedingten Antrag hat der Kläger hier aber nicht gestellt. Seinem unbedingten Zahlungsbegehren kann nicht entsprochen werden.

d) Allerdings hätte der Kläger gemäß § 139 Abs. 1 ZPO a.F. auf den Fehler seines Antrags hingewiesen werden müssen. Um ihm die Gelegenheit zur Anpassung des Antrags zu geben, ist der Rechtsstreit in diesem Umfang an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Kreft Kirchhof Raebel ' ( Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 179/07
Verkündet am:
18. Dezember 2008
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 249 Bb, 675
Unterlässt es der Berufungsanwalt, auf ein die Rechtsauffassung seines
Mandanten stützendes Urteil des Bundesgerichtshofs hinzuweisen, und verliert
der Mandant deshalb den Prozess, wird der Zurechnungszusammenhang
zwischen dem Anwaltsfehler und dem dadurch entstandenen Schaden
nicht deshalb unterbrochen, weil auch das Gericht die Entscheidung des
Bundesgerichtshofs übersehen hat.
BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 179/07 - LG Darmstadt
AG Rüsselsheim
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Dezember 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die
Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter
Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 26. September 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Klägerin Die verlangt Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung eines Anwaltsvertrages. Die Klägerin, Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses , nahm die Mieter einer ihrer Wohnungen auf Zahlung von Nebenkosten für die Jahre 1998 bis 2000 in Anspruch. Streitig war u.a., ob die Mieter zur anteiligen Zahlung von Versicherung und Grundsteuer verpflichtet waren. Vor dem Amtsgericht vertrat die Klägerin sich selbst. Das Amtsgericht gab ihrer Klage in den genannten Punkten mit der Begründung statt, die Mieter hätten durch jahrelanges widerspruchsloses Zahlen der Umlage einer entsprechenden Ände- rung des schriftlichen Vertrages zustimmt. Nachdem die Mieter Berufung eingelegt hatten, beauftragte die Klägerin die beklagte Anwaltssozietät mit ihrer Vertretung. Durch Urteil vom 11. Februar 2003 wies das Berufungsgericht die Klage in den fraglichen Punkten ab, weil vorbehaltslose Zahlungen von Mietern, die auch auf Rechtsirrtum beruhen könnten, nicht zu einer Vertragsänderung führten.
2
Die Beklagte nahm die Klägerin sodann auf Zahlung von Anwaltshonorar in Anspruch. Die Klage wurde in zwei Instanzen mit der Begründung abgewiesen , die Beklagte habe die Klägerin unzureichend vertreten, insbesondere vor dem Berufungsgericht nicht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. Mai 2000 (XII ZR 35/00, NJW-RR 2000, 1463) über den stillschweigenden Abschluss einer Vereinbarung über zu tragende Nebenkosten durch jahrelange Übung hingewiesen.
3
vorliegenden Im Rechtsstreit verlangt die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 3.647,53 € (1.969,56 € entgangene Nebenkosten sowie Gerichtsund Anwaltskosten). In den Vorinstanzen ist ihre Klage erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der für die beklagte Sozietät handelnde Rechtsanwalt M. (fortan auch: die Beklagte) habe die ihm aufgrund des Anwaltsvertrages obliegenden Pflichten verletzt, indem er im Prozess der Klägerin gegen ihre Mieter weder in der schriftlichen Berufungserwiderung noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur stillschweigenden Vereinbarung über die Umlegbarkeit von Nebenkosten hingewiesen habe. Zu dem Hinweis sei er verpflichtet gewesen, um entweder das Gericht von der Richtigkeit der Rechtsauffassung der Klägerin zu überzeugen oder es dazu zu bringen, die Revision zuzulassen. Weil das Berufungsgericht die Entscheidung vom 29. Mai 2000 jedoch ebenfalls übersehen habe, bestehe kein Zurechnungszusammenhang zwischen dem Fehler und dem eingetretenen Schaden, der in der Aberkennung des Anspruchs auf Nebenkosten und der Verpflichtung zur Zahlung der anteiligen Gerichts - und Anwaltskosten bestehe.

II.


6
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
7
1. Die Beklagte hat die ihr aufgrund des Anwaltsvertrages obliegenden Pflichten verletzt.
8
a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der mit der Prozessführung betraute Rechtsanwalt seinem Mandanten gegenüber verpflichtet , dafür einzutreten, dass die zugunsten des Mandanten sprechenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte so umfassend wie möglich ermittelt und bei der Entscheidung des Gerichts berücksichtigt werden (BGH, Urt. v. 24. März 1988 - IX ZR 114/87, NJW 1988, 3013, 3016; v. 4. Juni 1996 - IX ZR 51/95, NJW 1996, 2648, 2650; v. 24. Mai 2007 - IX ZR 142/05, WM 2007, 1425, 1426 f Rn. 14; Beschl. v. 19. Juni 2008 - IX ZR 111/05, ZMR 2008, 602; Zugehör NJW 2003, 3225, 3226 unter 2a). Zwar weist die Zivilprozessordnung die Entscheidung und damit die rechtliche Beurteilung des Streitfalles dem Gericht zu; dieses trägt für sein Urteil die volle Verantwortung. Es widerspräche jedoch der rechtlichen und tatsächlichen Stellung der Prozessbevollmächtigten in den Tatsacheninstanzen, würde man ihre Aufgabe allein in der Beibringung des Tatsachenmaterials sehen. Der Möglichkeit, auf die rechtliche Beurteilung des Gerichts Einfluss zu nehmen, entspricht im Verhältnis zum Mandanten die Pflicht, diese Möglichkeit zu nutzen (BGH, Urt. v. 4. Juni 1996, aaO). Mit Rücksicht auf das auch bei Richtern nur unvollkommene menschliche Erkenntnisvermögen und die niemals auszuschließende Möglichkeit eines Irrtums ist es Pflicht des Rechtsanwalts, nach Kräften dem Aufkommen von Irrtümern und Versehen des Gerichts entgegenzuwirken (BGHZ 174, 205, 210 Rn. 15; BGH, Urt. v. 25. Juni 1974 - VI ZR 18/73, NJW 1974, 1865, 1866). Dies entspricht auch dem Selbstverständnis der Anwaltschaft (§ 1 Abs. 3 BORA).
9
b) Diese Pflicht hat die Beklagte verletzt, indem sie weder in der schriftlichen Berufungserwiderung noch in der mündlichen Verhandlung noch in einem auf ihren Antrag nachzulassenden Schriftsatz auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. Mai 2000 (XII ZR 35/00, NJW-RR 2000, 1463) zur konkludenten Vereinbarung über die Umlegung von Nebenkosten durch jahrelange Übung hingewiesen hat.
10
aa) Im Ausgangsprozess hatte die Klägerin von ihren Mietern die Zahlung anteiliger Versicherungskosten und anteiliger Grundsteuer verlangt. Im schriftlichen Mietvertrag war nicht vorgesehen, dass diese Kosten auf die Mieter umgelegt wurden. Die Klage konnte deshalb nicht auf den schriftlichen Vertrag gestützt werden, sondern nur darauf, dass der Vertrag nachträglich konkludent - durch vorbehaltsloses Zahlen der Umlage seit dem Jahre 1988 - geändert worden war. In dem zitierten Beschluss vom 29. Mai 2000 hatte der für das gewerbliche Mietrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs eine Vertragsänderung durch jahrelange Übung für möglich gehalten. Ein entsprechendes Urteil des für das Recht der Wohnungsmiete zuständigen VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs erging kurz nach Abschluss des Ausgangsprozesses, nämlich am 7. April 2004 (VIII ZR 146/03, NJW-RR 2004, 877).
11
bb) Die Beklagte hätte in der Berufungserwiderung auf den genannten Beschluss vom 29. Mai 2000 hinweisen müssen. Der Senat hat bereits entschieden , dass der Rechtsanwalt, der die Vertretung der beklagten Partei in einem Zivilprozess übernimmt, zu prüfen hat, ob die gegnerische Klage eventuell schon an der fehlenden Schlüssigkeit scheitert. Sind bei verkehrsüblicher Sorgfalt solche Mängel erkennbar, so hat der Prozessbevollmächtigte sie grundsätzlich im Rechtsstreit geltend zu machen (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007, aaO). Übernimmt der Anwalt die Vertretung eines Berufungsbeklagten, hat er ebenso zu prüfen, ob die mit der Berufung verfolgte Rechtsverteidigung schon aus Rechtsgründen aussichtslos ist (oder umgekehrt ohne weiteres Erfolg hat, so dass eine Klagerücknahme angezeigt ist). Der Hinweis auf eine die Rechtsauffassung der Klägerin stützende Entscheidung des Bundesgerichtshofs war geeignet, der gegnerischen Berufung den Boden zu entziehen. Die Mieter hätten durch sie veranlasst werden können, ihre Berufung zurückzunehmen. Das Gericht hätte sich ihr anschließen können. Hätte es abweichen wollen, hätte es zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO) die Revision zulassen müssen; hätte es die Entscheidung deshalb, weil der vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall das gewerbliche Mietrecht und nicht das Wohnraummietrecht betraf, für nicht einschlägig gehalten, wäre der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung erfüllt gewesen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Eine unterbliebene Zulassung hätte wegen des Entzugs des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 GG) und wegen Verletzung des Rechts auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG; vgl. BVerfG, Beschl. v. 4. November 2008 - 1 BvR 2587/06 Rn. 16) mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden können.
12
Ein mit verkehrsüblicher Sorgfalt arbeitender Anwalt hätte die fragliche Entscheidung im Zuge der Bearbeitung des Mandats auch ohne sonderliche Mühe auffinden und verarbeiten können. Sie war in dem Zeitpunkt, als die Beklagte die Vertretung der Klägerin übernahm, bereits in mehreren juristischen Zeitschriften veröffentlicht worden (NJW-RR 2000, 1463; NZM 2000, 961; Grundeigentum 2000, 1614) und wurde zudem in einem gängigen Kommentar zum BGB nachgewiesen (Palandt/Weidenkaff, BGB 63. Aufl. § 535 Rn. 87).
13
Unabhängig cc) von den an eine sorgfältige Berufungserwiderung zu stellenden Anforderungen war die Beklagte außerdem verpflichtet, auf den Hinweis des Berufungsgerichts im Ausgangsprozess zu reagieren und dabei die der Rechtsauffassung des Gerichts entgegenstehende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu zitieren. In der mündlichen Verhandlung über die Berufung der Mieter wies das Berufungsgericht darauf hin, dass seiner Ansicht nach eine stillschweigende Abänderung der im schriftlichen Mietvertrag getroffenen Vereinbarungen über die Nebenkosten nicht in Betracht komme. Es bezog sich dabei auf eine „herrschende Meinung“ und zitierte zwei landgerichtliche Urteile aus den Jahren 1982 und 1989 sowie eine Kommentierung aus dem Jahre 1979 (Sternel, Mietrecht 2. Aufl. 1979 II 72; LG Darmstadt WuM 1989, 582; LG Wuppertal WuM 1982 Heft 11). Bei ordnungsgemäßer Vorbereitung der mündlichen Verhandlung wäre die Beklagte in der Lage gewesen, auf anderslautende jüngere Rechtsprechung und Literatur hinzuweisen. Konnte sie dies nicht, hätte sie Schriftsatznachlass beantragen, sich in das Problem einarbeiten (vgl. BGH, Urt. v. 22. September 2005 - IX ZR 23/04, WM 2005, 2197, 2198 m.w.N.) und im nachgelassenen Schriftsatz auf den aktuellen Meinungsstand sowie insbesondere die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. Mai 2000 hinweisen können. Gemäß § 139 Abs. 5 ZPO soll das Gericht dann, wenn einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich ist, eine Frist bestimmen, in der die Partei die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann. Einen Antrag auf Schriftsatznachlass hat die Beklagte jedoch nicht gestellt.
14
dd) Entgegen der Ansicht der Beklagten entfielen die genannten Pflichten nicht deshalb, weil das Gericht seinerseits zur umfassenden rechtlichen Prüfung des Falles unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur verpflichtet war. Schon nach der Zivilprozessordnung ist Aufgabe des Anwalts nicht nur die Beibringung der Tatsachengrundlage für die vom Richter zu treffende Entscheidung. Das zeigt etwa die Vorschrift des § 137 Abs. 2 ZPO, die gemäß § 525 ZPO auch im Berufungsrechtszug gilt. Nach § 137 Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO haben die Vorträge der Parteien das Streitverhältnis auch in rechtlicher Beziehung zu umfassen. Der in diesem Zusammenhang oft zitierte Satz "iura novit curia" betrifft das Verhältnis der juristisch nicht gebildeten Naturalpartei zum Gericht (vgl. Medicus AnwBl. 2004, 257, 260). Der Anwalt hat dagegen - ebenso wie der Richter - die Befähigung zum Richteramt oder eine gleichwertige Qualifikation (§ 4 Abs. 1 BRAO). Der Anwaltszwang (§ 78 ZPO), der die Prozessparteien mit zusätzlichen Kosten belastet und ihren Zugang zu den staatlichen Gerichten einschränkt, wäre nicht zu erklären, wenn Aufgabe des Anwalts allein die Beibringung des Tatsachenmaterials wäre und nicht auch die rechtliche Durchdringung des Falles. Vor allem aber richten sich die Pflichten des Anwalts nicht nur nach der Zivilprozessordnung, sondern auch und sogar in erster Linie nach dem zwischen ihm und dem Mandanten geschlossenen Vertrag. Ein Vertrag über die Vertretung in einem Berufungsverfahren umfasst das nach der Zivilprozessordnung für die Wahrung der Rechte des Mandanten notwendige Minimum, also insbesondere die Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung und die Antragstellung, erschöpft sich hierin jedoch nicht. Nach der Verkehrsauffassung (§§ 133, 157 BGB) kann der Mandant, der einen Anwalt mit der Wahrnehmung seiner Rechte im Berufungsverfahren beauftragt hat, mehr als nur die schlichte Antragstellung verlangen. Der Mandant erwartet und darf erwarten, dass der Anwalt auch die rechtlichen Grundlagen des Falles durchdenkt. Dass jahrelange vorbehaltslose Zahlungen als konkludente Abänderung eines schriftlichen Mietvertrages verstanden werden konnten, war andererseits nicht so selbstverständlich, dass ein Hinweis aus diesem Grund hätte unterbleiben können (vgl. etwa die kritische Kommentierung von SchmidtFutterer /Langenberg, Mietrecht 8. Aufl. § 556 BGB Rn. 60). Dies galt umso mehr, nachdem das Gericht des Ausgangsprozesses in der mündlichen Verhandlung hatte erkennen lassen, dass es neuere Rechtsprechung und Literatur nicht berücksichtigt hatte.
15
2. Durch die genannten Fehler der Beklagten ist der Klägerin der geltend gemachte Schaden - der Verlust des Anspruchs auf die Nebenkosten sowie die anteiligen Kosten des Erstprozesses - entstanden.
16
a) Um die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung eines Rechtsanwalts für den geltend gemachten Schaden festzustellen, ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten genommen hätten. Ist im Haftpflichtprozess die Frage, ob dem Mandanten durch eine schuldhafte Pflichtverletzung des Rechtsanwalts ein Schaden entstanden ist, vom Ausgang eines anderen Verfahrens abhängig, muss das Regressgericht selbst prüfen, wie jenes Verfahren richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre (BGHZ 133, 110, 111; 145, 256, 261; 163, 223, 227; 174, 205, 209 Rn. 9; Fahrendorf in Rinsche/Fahrendorf /Terbille, Anwaltshaftung 7. Aufl. Rn. 801; Fischer in Zugehör/Fischer/Sieg/ Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 1062 ff). Welche rechtliche Beurteilung das mit dem Vorprozess befasste Gericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hätte, ist ohne Belang. Vielmehr ist die Sicht des Regressgerichts maßgeblich. Dies gilt selbst dann, wenn feststeht, welchen Ausgang das frühere Verfahren bei pflichtgemäßem Verhalten des Anwalts genommen hätte (BGHZ 174, 205, 209 Rn. 9).
17
b) Die Klägerin hatte gegen ihre Mieter Anspruch auf Zahlung anteiliger Versicherungskosten und anteiliger Grundsteuer. Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Umlegung einzelner sonstiger Betriebskosten auch aufgrund jahrelanger Zahlung durch stillschweigende Vereinbarung erfolgen (BGH, Urt. v. 7. April 2004 - VIII ZR 146/03, NJW-RR 2004, 877). Die Mieter der Klägerin hatten seit dem Jahre 1988 anteilige Versicherungskosten und anteilige Grundsteuer gezahlt. Der Anspruch wurde jedoch aberkannt, weil das seinerzeit zur Entscheidung berufene Gericht den bereits mehrfach zitierten Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 29. Mai 2000 (aaO) übersehen hatte. Hätte die Beklagte auf den Beschluss hingewiesen, hätte das nicht geschehen dürfen. Das Gericht hätte sich mit ihm auseinandersetzen müssen. Es hätte entweder die Berufung der Mieter zurückweisen oder aber die Abweisung der Klage mit der Zulassung der Revision verbinden müssen; die Revision der Kläger hätte Erfolg haben müssen.
18
Entgegen c) der Ansicht der Beklagten ist eine Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Gericht "eigenverantwortlich" und "autonom" entschieden hat. Von einem fehlenden Kausalzusammenhang könnte man ausgehen, wenn das Gericht den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 29. Mai 2000 (aaO) gesehen, aber bewusst unberücksichtigt gelassen hätte oder bewusst von ihm abgewichen wäre (BGHZ 174, 205, 211 f Rn. 19 ff). Das hat die Beklagte in den Tatsacheninstanzen jedoch nicht behauptet. Die Revisionserwiderung selbst spricht von einer "auf unzureichender Rechtsrecherche zurückgehenden Entschließung des Berufungsgerichts" im Ausgangsverfahren.
19
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Zurechnungszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden nicht durch den in der unzulänglichen rechtlichen Aufarbeitung des Ausgangsprozesses liegenden gerichtlichen Fehler unterbrochen worden.
20
a) Beruht ein Schaden haftungsrechtlich auf mehreren Ursachen, die von verschiedenen Personen gesetzt worden sind, so haften diese grundsätzlich als Gesamtschuldner. Zivilrechtlich wird in diesen Fällen nicht danach unterschieden , ob einzelne Ursachen wesentlicher sind als andere. Das gilt grundsätzlich auch, wenn eine Ursache für sich allein den Schaden nicht herbeigeführt hat, es dazu vielmehr des Hinzutretens weiterer Ursachen im Sinne einer kumulativen Gesamtkausalität bedurfte. Demgemäß ist der Schaden ebenfalls zu ersetzen, der letztlich erst durch das Eingreifen eines Dritten, hier des Gerichts des Vorprozesses , eintritt (vgl. BGHZ 174, 205, 209 Rn. 11 m.w.N.).

21
Die Zurechenbarkeit fehlt in derartigen Fällen dann, wenn das Eingreifen des Dritten den Geschehensablauf so verändert, dass der Schaden bei wertender Betrachtung in keinem inneren Zusammenhang zu der vom Rechtsanwalt zu vertretenden Vertragsverletzung steht. Der Zurechnungszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Anwalts und dem eingetretenen Schaden kann insbesondere dann unterbrochen sein, wenn dem Gericht des Vorprozesses ein Fehler unterläuft. Das Gericht ist für die Beachtung der ihm im öffentlichen Interesse obliegenden Verpflichtung, nach den Regeln der Verfahrensvorschriften möglichst zu einer richtigen Entscheidung zu gelangen, unabhängig von der Leistung des Anwalts verantwortlich. Der gerichtliche Aufgabenbereich der Rechtsfindung muss in die im Rahmen der Zurechnung gebotene wertende Betrachtungsweise einbezogen werden (BGHZ 174, 205, 210 Rn. 12 f). Auf der anderen Seite ist der Anwalt allerdings verpflichtet, seinen Mandanten vor Fehlentscheidungen der Gerichte zu bewahren. Soweit sich deshalb in der gerichtlichen Fehlentscheidung das allgemeine Prozessrisiko verwirklicht, das darin liegt, dass das Gericht bei ordnungsgemäßem Vorgehen trotz des Anwaltsfehlers richtig hätte entscheiden können und müssen, ist dem Anwalt der Urteilsschaden haftungsrechtlich zuzurechnen (BGHZ 174, 205, 210 Rn. 15; Fahrendorf , aaO Rn. 795; Fischer, aaO Rn. 1024, 1029).
22
b) Im vorliegenden Fall haben die Fehler der Beklagten die Rechtsfindung nicht erschwert. Das Gericht war eigenständig zur Prüfung der Sach- und Rechtslage verpflichtet. Es hätte bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt selbst den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 29. Mai 2000 (aaO) finden und sich mit ihm auseinandersetzen müssen. Der Schadensbeitrag des Gerichts überwiegt denjenigen der Beklagten jedoch nicht so weit, dass letzterer dahinter ganz zurücktritt. Dem Gericht ist ein ähnlicher Fehler unterlaufen wie der Be- klagten. Das Gericht hat auch nicht unter völlig ungewöhnlicher, sachwidriger und daher grober, schlechthin unvertretbarer Verletzung seiner besonderen Pflichten eine Schadensursache gesetzt, welche die vorangegangene anwaltliche Pflichtverletzung mit Rücksicht auf Art, Gewicht und wechselseitige Abhängigkeit der Schadensbeiträge so sehr in den Hintergrund rückt, dass bei wertender Betrachtung gleichsam nur der Gerichtsfehler als einzige, endgültige Schadensursache erscheint und der Anwaltsfehler nach dem Schutzzweck der verletzten Vertragspflicht keine ins Gewicht fallende Bedeutung gegenüber der vom Gericht zu verantwortenden Schadensursache hat (vgl. BGHZ 174, 205, 211 Rn. 18). Die Pflicht des Anwalts zur Rechtsprüfung und zu Rechtsausführungen im Prozess dient auch und gerade dazu, den Mandanten vor Fehlentscheidungen infolge nachlässiger Arbeit des zur Entscheidung berufenen Richters zu bewahren; genau dieses Risiko hat sich verwirklicht. Die Frage, ob ein Anwalt Vorsorge dagegen treffen muss, dass ein Gericht zur Begründung seiner Entscheidung nur 15 bis 20 Jahre alte Rechtsprechung und Literatur heranzieht , stellt sich hier nicht. Es geht nicht darum, welche Entscheidungsgrundlagen das Gericht verwandt hat, sondern darum, dass es eine einschlägige höchstrichterliche Entscheidung aus neuerer Zeit übersehen hat. Spätestens nachdem das Gericht den Hinweis erteilt hatte, aus dem sich ergab, dass die von ihm herangezogene Rechtsprechung und Literatur deutlich veraltet war, hätte die Beklagte eingreifen müssen.

III.


23
Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da bisher keine Feststellungen zur Schadenshöhe getroffen worden sind, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Ganter Gehrlein Vill
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
AG Rüsselsheim, Entscheidung vom 01.09.2006 - 3 C 441/06 (31) -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 26.09.2007 - 21 S 214/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 181/99
Verkündet am:
13. März 2003
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
EheG a.F. §§ 15a, 17 Abs. 2 (EGBGB n.F. Art. 13 Abs. 3 S. 2; BGB n.F. § 1310);
Eine vor einem nicht gemäß § 15a Abs. 1 EheG ermächtigten Geistlichen in
Deutschland geschlossene Ehe kann zivilrechtlich nicht allein durch ein Zusammenleben
der Verheirateten als Ehegatten geheilt werden.
BGB §§ 675, 276 Hb, 1310 Abs. 1 (EheG a.F. § 11 Abs. 1)
Den Grundsatz, daß Ehen in Deutschland regelmäßig nur unter Mitwirkung eines
Standesbeamten wirksam geschlossen werden können, muß jeder Rechtsanwalt
beachten, der einen Mandanten in einer eherechtlichen Auseinandersetzung berät.
BGB §§ 675, 249 Bb, 254 Da, 839 Abs. 2 Satz 1 G
Betreibt ein Rechtsanwalt eine Ehescheidungsklage für einen Mandanten, obwohl
dieser erkennbar keine wirksame Ehe geschlossen hatte, so wird die Haftung des
Anwalts für die Schäden, die dem Mandanten aus der Scheidung erwachsen, regelmäßig
nicht allein dadurch ausgeschlossen, daß auch das Familiengericht das Vorliegen
einer Nichtehe hätte erkennen und deswegen die Scheidungsklage hätte abweisen
müssen.
BGH, Urteil vom 13. März 2003 - IX ZR 181/99 - OLG München
LG Kempten
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Raebel, Dr. Bergmann und

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision des Beklagten - das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 18. März 1999 zu III und IV des Ausspruchs teilweise aufgehoben, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Unter weitergehender Abänderung des Urteils der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 3. März 1997 wird der Beklagte zusätzlich zum Ausspruch unter II des Berufungsurteils verurteilt, an den Kläger 97.759,01 DM) nebst 4 % Zinsen von 54.974,10 DM) seit 17. September 1996 und von weiteren 42.784,91 "! $#% DM) seit 9. Juni 1998 zu zahlen.
Soweit der Kläger Erstattung eines künftigen Unterhaltsschadens ab 1. Februar 1999 verlangt (Klageantrag zu II, 2. Absatz im Tatbestand des Berufungsurteils), wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz aufgrund des Vorwurfs fehlerhafter anwaltlicher Beratung.
Der Kläger, damals griechischer Staatsangehöriger, ging 1962 vor einem griechisch-orthodoxen Geistlichen in H. die Ehe mit einer Griechin ein. Die Ermächtigung dieses Geistlichen gemäß § 15a EheG a.F. zeigte die griechische Regierung dem deutschen Auswärtigen Amt erst im Jahre 1964 an. 1989 trennte sich der Kläger, inzwischen Arzt und nur deutscher Staatsangehöriger , von der Frau. Er beauftragte den jetzt verklagten Rechtsanwalt mit der Interessenwahrnehmung ihr gegenüber. Der Beklagte erwirkte für den Kläger in Deutschland am 30. Juni 1992 ein Scheidungsurteil, mit dem zugleich der Versorgungsausgleich angeordnet wurde; im selben Termin vereinbarten die Geschiedenen Unterhaltszahlungen des Klägers an die Frau, die unterdessen neben der griechischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
Später wurde erkannt, daß die Eheschließung im Jahre 1962 nicht mit § 15a EheG a.F. im Einklang stand. Der Kläger ist der Ansicht, daß er bei richtiger Beratung durch den Beklagten seiner Schein-Ehefrau nichts hätte zahlen müssen. Nach Abweisung seiner Schadensersatzklage durch das Landgericht hat er vor dem Berufungsgericht Ersatz aller von ihm geleisteten und künftig zu leistenden Unterhaltszahlungen, des erbrachten Zugewinnausgleichs sowie aller vergangenen und künftigen Leistungen auf den Versorgungsausgleich verlangt. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten - nur - dazu verurteilt, dem Kläger den aus dem Versorgungsausgleich entstandenen und weiterhin ent-
stehenden Schaden zu ersetzen; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Dagegen haben beide Parteien Revision eingelegt; diejenige des Klägers hat der Senat insoweit nicht angenommen, als jener Ersatz des Zugewinnausgleichs verlangte.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers führt im Umfang ihrer Annahme zur Verurteilung des Beklagten hinsichtlich aller getätigten Unterhaltszahlungen sowie der erbrachten und künftig zu erbringenden Versorgungsausgleichsleistungen; soweit der Kläger Erstattung des Unterhaltsschadens für die Zukunft verlangt, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Revision des Beklagten ist dagegen unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat gemeint, die Ehe des Klägers sei wegen fehlender Ermächtigung des griechisch-orthodoxen Geistlichen gemäß § 15a EheG a.F. nach deutschem Recht unwirksam. Eine Heilung dieser "hinkenden Ehe" entsprechend § 17 Abs. 2 EheG a.F. sei nicht möglich. Deshalb habe der Beklagte keinen Scheidungsantrag in Deutschland einreichen dürfen. Sein gegenteiliges , vertragswidriges Vorgehen habe zum Versorgungsausgleich zu Lasten des Klägers geführt, der anderenfalls nicht angeordnet worden wäre.
Dagegen bestehe für den vom Kläger geleisteten Unterhalt kein Ersatzanspruch. Der Kläger habe den Unterhalt trotz fehlender Bedürftigkeit seiner Ehefrau freiwillig bezahlt. Er habe gewußt, daß er seiner Ehefrau auch nach griechischem Recht keinen Unterhalt schulde.
Dies hält der Revision des Klägers nicht in allen Punkten stand.

II.


Die zwischen dem Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau geschlossene Ehe war nach deutschem Recht unwirksam. Dies ist aufgrund der vor dem 1. September 1986 geltenden Vorschriften zu beurteilen, weil die Eheschließung vor diesem Tag stattgefunden hat (Art. 220 Abs. 1 EGBGB). Gemäß Art. 13 Abs. 3 EGBGB a.F. (Abs. 3 Satz 1 n.F.) richtet sich die Form einer Ehe, die im Inland geschlossen wird, grundsätzlich allein nach den deutschen Gesetzen. Danach konnten die Parteien hier eine wirksame Ehe nur vor dem Standesbeamten schließen (§ 11 EheG a.F. = § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F.), sofern nicht die Ausnahme des § 15a EheG a.F. (jetzt Art. 13 Abs. 3 Satz 2 EGBGB n.F.) eingriff.
Die Trauung des Klägers am 18. August 1962 in H. vor dem griechisch -orthodoxen Geistlichen entsprach nicht den Voraussetzungen des § 15a EheG a.F., weil es zum Zeitpunkt der Eheschließung an einer ordnungsgemäßen Ermächtigung des Priesters fehlte. Die diesem später erteilte Ermächtigung wirkte nicht zurück. Damit handelt es sich nach deutschem Recht um eine Nichtehe (vgl. BGHZ 43, 213, 222 ff).

Der Fehler der Eheschließung ist auch nicht als geheilt anzusehen. Zur Beurteilung dieser Frage kommt es im vorliegenden Zusammenhang auf den Rechtszustand zur Zeit des Mandats des Beklagten an (vgl. BGHZ 79, 223, 228 ff; Zugehör/Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung Rn. 1103 m.w.N.). Infolgedessen ist die durch Art. 226 Abs. 3 EGBGB auch für die Heilungsmöglichkeit nach § 1310 Abs. 3 BGB n.F. angeordnete Rückwirkung hier bedeutungslos. Vor dem 1. Juli 1998 war die Heilung einer solchen Nichtehe von Rechts wegen nicht möglich. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, daß ein vom Kläger eingeleiteter Prozeß auf Feststellung der Ehenichtigkeit (dazu s.u. III 1) so lange gedauert hätte, daß sich die spätere Gesetzesänderung noch darauf hätte auswirken können (vgl. dazu im übrigen unten 4 b).
Zwar war die vor dem griechisch-orthodoxen Geistlichen geschlossene Ehe des Klägers nach griechischem Recht wirksam, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Es fehlt jedoch eine gesetzliche Regelung, die eine solche "hinkende Auslandsehe" in Deutschland zivilrechtlich wirksam werden läßt. Eine solche Norm kann weder im Wege der Auslegung noch im Wege der Lückenergänzung gefunden werden.
1. § 15a EheG a.F. regelte nur die Voraussetzungen, unter denen eine Ehe auch ohne Mitwirkung eines Standesbeamten geschlossen werden konnte. Die Norm enthielt keine Vorschrift, derzufolge eine unter Verstoß gegen die dort geregelten Voraussetzungen geschlossene Ehe geheilt werden könnte. Insbesondere sah sie keine Heilung vor, wenn die Person, welche die Trauung vornahm, nicht ordnungsgemäß ermächtigt war.
2. Auch § 11 Abs. 2 EheG a.F. (§ 1310 Abs. 2 BGB n.F.) führt nicht dazu , daß die Ehe des Klägers als gültig anzusehen wäre. Nach dieser Vorschrift ist eine Ehe voll gültig, die vor einem Schein-Standesbeamten geschlossen wurde, sofern dieser die Ehe in das Familienbuch eingetragen hat. Eine direkte Anwendung kommt hier nicht in Betracht, weil eine gesetzgeberische Anordnung fehlt, daß diese Norm auch auf Eheschließungen nach § 15a EheG a.F. anzuwenden sei. Ob eine entsprechende Anwendung möglich ist, kann offenbleiben. Es ist bereits zweifelhaft, ob ein nicht formell ermächtigter griechischorthodoxer Geistlicher als ein Schein-Standesbeamter anzusehen ist. Denn die vor ihm die Ehe Schließenden halten ihn gar nicht für einen Standesbeamten, sondern glauben unabhängig davon an dessen Befugnis, in Deutschland Ehen zu schließen. Jedenfalls ist die Ehe des Klägers hier nicht in das Familienbuch eingetragen worden. Die erst 1995 vollzogene Eintragung in ein standesamtliches Register in Griechenland ist hinsichtlich der heilenden Wirkung nicht mit dem deutschen Familienbuch gleichzusetzen; nach griechischem Recht war die Eheschließung ohnehin wirksam. Es ist auch nichts zur Bedeutung dieses Registers dargetan. In ein deutsches Register wurde die Ehe gerade nicht eingetragen.
3. § 17 Abs. 2 EheG a.F. ermöglicht eine Heilung dieser Ehe ebenfalls nicht. Danach war zwar eine Ehe - obwohl die sie begründende Eheschließung nicht in der durch § 13 EheG vorgesehenen Form stattgefunden hatte - als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre als Ehegatten miteinander gelebt hatten, es sei denn, daß eine Nichtigkeitsklage erhoben war. Diese Vorschrift galt aber ausdrücklich nur für die Heilung von Formmängeln im Sinne des § 13 EheG a.F. (vgl. Staudinger /Strätz, BGB 13. Bearb. § 1310 Rn. 11), dessen erster Absatz als Form der
Eheschließung bestimmte, daß die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen (nunmehr § 1311 BGB n.F.). Um diese Form der Erklärungen der Verlobten geht es hier nicht. Eine Ehe, die gar nicht vor einem Standesbeamten geschlossen wird, verstößt nicht - nur - gegen die Formvorschriften des § 13 EheG a.F., sondern gegen den Grundsatz der obligatorischen Zivilehe. Dieser war in § 11 EheG a.F. (jetzt § 1310 Abs. 1 BGB n.F.) geregelt, auf den § 17 EheG a.F. gerade nicht Bezug nahm.
Eine entsprechende Anwendung des § 17 Abs. 2 EheG a.F. auf eine gegen § 15a EheG a.F. verstoßende Ehe scheitert jedenfalls daran, daß damit die engen Voraussetzungen umgangen würden, die § 11 Abs. 2 EheG a.F. (siehe oben 2.) für eine Wirksamkeit gerade einer vor einem NichtStandesbeamten geschlossene Ehe vorsah. § 17 Abs. 2 EheG a.F. baut auf der Voraussetzung auf, daß die Eheleute wenigstens vor dem als allein befugt angesehenen Standesbeamten gehandelt haben. Damit fehlt es für eine entsprechende Anwendung auf den Fall einer Eheschließung vor einer nicht ordnungsgemäß ermächtigten Person an der Vergleichbarkeit der Interessenlagen. § 17 Abs. 2 EheG war nicht für den Fall gedacht, daß die Eheschließung den Grundsatz der obligatorischen Zivilehe verletzt. Folgerichtig nahm § 15a EheG a.F. den § 17 EheG a.F. auch ausdrücklich von der Anwendung aus.
Im übrigen ließe sich eine Analogie zu § 17 Abs. 2 EheG a.F. - einer Norm des Sachrechts - nicht ohne weiteres auf "hinkende" Ehen beschränken, sondern müßte alle in Deutschland nicht standesamtlich geschlossenen Ehen in Betracht ziehen. Dies würde zu einer weitgehenden Auflösung des staatli-
chen Eheschließungsrechts führen und damit gegen einen wesentlichen Grundsatz des deutschen Eherechts verstoßen.
4. Allein das etwa 26 Jahre dauernde Zusammenleben des Klägers mit seiner Schein-Ehefrau - beide haben eine gemeinsame, inzwischen erwachsene Tochter - reicht nicht aus, um den Mangel der Eheschließung auszugleichen.

a) § 11 EheG a.F. lag - ebenso wie Art. 13 Abs. 3 EGBGB a.F. - die Entscheidung des Gesetzgebers zugrunde, eine im Inland geschlossene Ehe nur dann als wirksam anzusehen, wenn sie vor dem Standesbeamten geschlossen wurde. Dieser Gleichlauf von Inlandstrauung und Inlandsform (so jetzt auch § 1310 Abs. 1 BGB n.F.) beruht auf einer für den Richter bindenden Wertentscheidung des Gesetzgebers. Danach soll bei einer Inlandstrauung dem Grundsatz der obligatorischen Zivilehe eine größere Bedeutung eingeräumt werden als dem gemeinsamen Ehewillen. Die Mitwirkung des Standesbeamten wurde als das entscheidende Merkmal angesehen, um die Ehe von einem Tatbestand abgrenzen zu können, der keine Eheschließung darstellt (vgl. Begründung zum EheG 1938, Deutsche Justiz 1938, S. 1102, 1104). Eine Heilung der Nichtehe war danach bewußt nicht vorgesehen.
Diese - in das Ehegesetz von 1946 unverändert übernommene - Regelung ist nicht spezifisch nationalsozialistisch geprägt (so auch Hepting IPRax 1994, 355, 359). Zwar hob die Begründung zum Ehegesetz 1938 darauf ab, daß die Mitwirkung des Staates bei der Eheschließung es bewirke, "die Eheschließung wegen ihrer über das Individualinteresse der Ehegatten weit hinausreichenden Bedeutung für die Volksgemeinschaft aus dem Kreis der rein
privatrechtlichen Verträge herauszuheben" (Begründung aaO S. 1102). Hiervon hängt aber der Gedanke einer obligatorischen Zivilehe nicht entscheidend ab. Dies zeigt sich bereits an den in der Sache übereinstimmenden Vorläuferbestimmungen in §§ 1317 Abs. 1, 1319 BGB in der Fassung von 1896 und in § 41 PStG von 1875 (vgl. Hepting aaO S. 358 f; Staudinger/Strätz, aaO § 1310 Rn. 1).

b) Diese gesetzgeberische Wertung besteht fort. Das Gesetz zur Neuregelung des internationalen Privatrechts vom 25. Juli 1986 (BGBl I 1142) hat in Art. 13 Abs. 3 Satz 1 EGBGB den Grundsatz des Gleichlaufs von Inlandstrauung und Inlandsform bestätigt. Satz 2 dieser Vorschrift übernahm bewußt nur die begrenzte Ausnahmeregelung des § 15a EheG (amtliche Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts, BT-Drucks. 10/504 S. 53). Weitere Ausnahmen wurden in Kenntnis der möglichen Folgen für Nichtehen und insbesondere unter ausdrücklicher Erwähnung "hinkender" Ehen von Griechen (amtliche Begründung, aaO) ausgeschlossen; hierfür wurde die in Art. 13 Abs. 3 Satz 2 EGBGB übernommene Regelung des § 15a EheG a.F. als hinreichende Auflockerung angesehen.
Endlich hat das Gesetz zur Neuordnung des Eheschließungsrechts vom 4. Mai 1998 (BGBl I S. 833) die Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten der obligatorischen Zivilehe mit der Gestaltung des § 1310 BGB n.F. erneut bestätigt. Nach Absatz 3 dieser Vorschrift kann eine ohne Mitwirkung eines Standesbeamten eingegangene Ehe auch dann als geschlossen gelten, wenn ein Standesbeamter wenigstens die Ehe in das Heirats- oder Familienbuch oder im Zusammenhang mit der Beurkundung der Geburt eines gemeinsamen Kindes
der Ehegatten in das Geburtenbuch eingetragen oder den Ehegatten eine in Rechtsvorschriften vorgesehene Bescheinigung betreffend eine Erklärung über die Wirksamkeit der Ehe erteilt hat. Das bloße, mehrjährige Zusammenleben der Ehegatten ist zwar zusätzliche Voraussetzung, genügt aber allein nicht. Bei der Fassung dieser Vorschrift wurden gerade auch die Fälle "hinkender" Ehen bedacht (amtliche Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Eheschließungsrechts, BT-Drucks. 13/4898 S. 17). Wegen der durch Art. 226 Abs. 3 EGBGB angeordneten Rückwirkung dieser Vorschrift wurde § 1310 Abs. 3 BGB n.F. als ausreichende Heilungsvorschrift für bereits zuvor fehlerhaft geschlossene Ehen angesehen. Demnach hat der Gesetzgeber die Frage, ob und unter welchen Umständen Nichtehen geheilt werden können, gesehen und entschieden. Liegen die Voraussetzungen des § 1310 Abs. 3 BGB n.F. - wie hier - nicht vor, so sind die Interessen der Ehegatten an einer Heilung durch bloßen Zeitablauf gegenüber den Interessen des Staates am Grundsatz der obligatorischen Zivilehe nachrangig. Ohne die qualifizierte Mitwirkung eines Standesbeamten kommt eine Heilung nicht in Betracht. Das bloße Zusammenleben als Ehegatten genügt dazu weiterhin nicht.

c) Eine Heilung unwirksamer Ehen allein durch bloßes Zusammenleben ist auch bisher nicht in Urteilen oberster Bundesgerichte angenommen worden. Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 5. April 1978 - IV ZR 71/77, FamRZ 1983, 450, 451) und das Bundessozialgericht (NJW 1979, 1792) sind zwar von einer Heilung formnichtiger Ehen ausgegangen, die unter Mitwirkung beider Eheleute wenigstens in ein deutsches standesamtliches Heiratsregister eingetragen worden waren. Daran fehlt es aber hier gerade.
5. Aus Art. 6 Abs. 1 GG läßt sich keine allgemeine Heilung der Nichtehe herleiten. Die gesetzgeberische Wertung, Inlandsehen nur in der Inlandsform zuzulassen und bei Abweichungen eine Heilung nicht ohne Beteiligung einer zuständigen deutschen Stelle vorzusehen, hält einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand. Der grundgesetzlich garantierte Schutz der Ehe fordert nicht die - wenigstens teilweise - Anerkennung von Nichtehen für die Zwecke des Versorgungsausgleichs oder des nachehelichen Unterhalts. Eine solche Anerkennung würde notwendigerweise zu Lasten eines der (Nicht-)Ehegatten gehen. Das Interesse des einen Ehegatten am (Nicht-)Bestand der Scheinehe verdient nicht allgemein weniger Schutz als das Vertrauen des anderen Ehegatten auf den Bestand seiner vermeintlichen Ehe.
Zwar steht auch eine "hinkende" Ehe grundsätzlich unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG (BVerfGE 62, 323, 331). Eine nicht den Regeln der bürgerlich -rechtlichen Ehe entsprechende Lebensgemeinschaft kann aber nur dann der Ehe gleichgestellt werden, wenn anderenfalls die Form der Eheschließung zum Selbstzweck würde (BVerfG NJW 1993, 3316, 3317). Die Mitwirkung des Standesbeamten hat den Zweck, die im Hinblick auf die Bedeutung der Ehe erforderliche Mitwirkung des Staates an der Eheschließung sicherzustellen. Diese Mitwirkung ist vor allem für die Prüfung der Ehevoraussetzungen und -hindernisse von Bedeutung. Sie soll auch die Offenkundigkeit der Eheschließung und damit die Klarheit der Rechtsverhältnisse gewährleisten. Diesem Ordnungselement kommt entscheidende Bedeutung zu. Deshalb hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Form einer Eheschließung (vgl. BVerfGE 29, 166, 176 f). Ebenso steht dem Gesetzgeber aus verfassungsrechtlicher Sicht die Regelung frei, unter welchen Voraussetzungen die Heilung einer unter Verletzung des Prinzips der obligatorischen
Zivilehe geschlossenen, "hinkenden" Ehe möglich ist. Läßt er dazu - wie jetzt in § 1310 Abs. 3 BGB - nur die Mitwirkung eines Standesbeamten ausreichen, handelt es sich insoweit nicht nur um eine Formalie (so aber OLG Köln IPRax 1994, 371, 372). Vielmehr schafft erst diese Mitwirkung ein schutzwürdiges Vertrauen in die Bestandskraft der Ehe. Eine solche Heilungsmöglichkeit ist als abschließend gedacht (Wagenitz/Bornhofen, Handbuch des Eheschließungsrechts 2. Teil 4. Abschnitt Rn. 39 ff, insbesondere Rn. 45).
Dem steht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Wirkung der "hinkenden" Ehe im Sozialrecht (BVerfGE 62, 323 ff) nicht entgegen. Deren Begründung stützt sich maßgeblich auf den sozialrechtlichen Aspekt der Hinterbliebenenversorgung (aaO S. 332 f); dies führt letztlich zu einem besonderen Ehebegriff des Sozialrechts (Staudinger/von Bar/Mankowski, BGB 13. Bearbeitung Art. 13 EGBGB Rn. 532 ff m.w.N.). Der vom Bundesverfassungsgericht entschiedene Fall betrifft das Verhältnis der Ehegatten oder eines überlebenden Ehegatten zu Dritten, insbesondere staatlichen Organen. Eine entsprechende Auslegung des Ehebegriffs familienrechtlicher Normen, die auch eine "hinkende" Ehe einschlösse, wird dadurch nicht vorgegeben. Was für den Schutzbereich der staatlichen Sozialversicherung gilt, läßt sich nicht ohne weiteres auf den zivilrechtlichen Ausgleich zwischen Schein-Ehegatten übertragen. Diese befinden sich potentiell jeweils in der gleichen Ausgangslage : So wie jeder der Schein-Ehegatten im Einzelfall ein Interesse daran haben kann, daß die nicht bestehende Ehe als wirksam angesehen wird, kann er in anderen Zusammenhängen ein Interesse daran haben, daß die Verbindung als Nichtehe behandelt wird.
6. Endlich steht hier nicht schon aufgrund des rechtskräftigen Schei- dungsurteils aus dem Jahre 1992 fest, daß die Eheschließung des Klägers als wirksam zu behandeln sei. Denn im Scheidungsprozeß ist das Bestehen einer wirksamen Ehe nur eine Vorfrage, die nicht von der materiellen Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO) des Scheidungsurteils erfaßt wird (vgl. MünchKommBGB /Müller-Gindullis, 3. Aufl. § 11 EheG Rn. 19; Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht 3. Aufl. § 1564 Rn. 23; LG Bonn IPRax 1985, 353 mit zust. Anm. von Henrich).

III.


1. Aufgrund der zuvor dargestellten Rechtslage (s.o. II) hätte der Beklagte bei seiner Beauftragung im Mai 1991 dem Kläger raten müssen, jedenfalls vorrangig auf Feststellung des Nichtbestehens einer Ehe gemäß § 638 ZPO a.F. (§ 632 ZPO n.F.) - statt auf deren Scheidung - zu klagen, weil dies die für den Kläger günstigste Lösung war. Sie hätte - anders als eine Ehenichtigkeitsklage (§ 26 EheG a.F., § 1318 BGB n.F.) - zur Folge gehabt, daß zwischen dem Kläger und der ihm angetrauten Frau nach deutschem Recht keinerlei familienrechtliche Bindungen bestanden hätten. Rechtlich und wirtschaftlich hätte dies dem Kläger persönlich erhebliche Vorteile, aber keine wesentlichen Nachteile gebracht. Er wollte, soweit dargetan, als selbständig tätiger Arzt nicht seinerseits vermögensrechtliche Ansprüche gegen seine Schein-Ehefrau erheben. Statt dessen mußte er besorgen, daß diese im Falle einer Ehescheidung bestrebt sein würde, vermögensrechtliche Folgen aus der vermeintlichen Ehe zu ziehen, zumal sie schon 60 Jahre alt, nicht mehr berufstätig und körperbehindert war.


a) Der Kläger hatte nach den Feststellungen des Landgerichts allerdings das Ziel, "möglichst bald aus der Ehe loszukommen". Dieses Ziel war jedoch, anders als das Landgericht gemeint hat, mit der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Ehe nicht wesentlich langwieriger zu erreichen als mit einer Ehescheidungsklage.
Eine solche Klage bot objektiv keine zuverlässige Aussicht auf eine erhebliche Abkürzung der eherechtlichen Auseinandersetzung. Denn bei der Feststellungsklage waren weder Trennungsfristen (§ 1565 Abs. 2 BGB) noch Folgesachen im Verbund mit einer Ehescheidung (§§ 628, 629 ZPO) zu beachten. Zwar hätte im Rahmen einer Feststellungsklage berücksichtigt werden müssen, daß ein solches Verfahren wegen rechtlicher Zweifel an einer Heilung der formfehlerhaften Eheschließung (s.o. II) bis in die dritte Instanz betrieben werden würde. Eine vergleichbare Verzögerung war aber auch im Falle einer Ehescheidung nicht auszuschließen. Abgesehen davon, daß das Familiengericht möglicherweise die Unwirksamkeit der Ehe erkennen könnte, lag eine Verzögerung aus tatsächlichen Gründen nahe, falls die Parteien des Scheidungsrechtsstreits sich nicht über alle Folgesachen einigen würden. Bei dem Kläger als freiberuflich Tätigem konnte eine Aufklärung der wirtschaftlich erheblichen Tatsachen erfahrungsgemäß eine längere Zeit dauern. Der spätere, mehrjährige Prozeß des Klägers mit seiner geschiedenen Frau über den Zugewinnausgleich bestätigt eine solche Erfahrung.

b) Daß die vor dem griechisch-orthodoxen Geistlichen abgeschlossene Ehe nach griechischem Recht voll wirksam war und hieran möglicherweise auch ein in Deutschland zu erwirkender gerichtlicher Ausspruch auf Nichtigkeit
der Ehe nichts geändert hätte, stand dem Vorschlag einer solchen Feststellungsklage nicht entgegen. Soweit es um die eherechtliche Bindung ging, brauchte der Kläger, der inzwischen nur noch deutscher Staatsangehöriger war, die Rechtslage in Griechenland nicht besonders zu berücksichtigen. Vermögensrechtliche Folgen einer nach griechischem Recht fortwirkenden Ehe hätte er in Deutschland aufgrund des vorausgehenden Feststellungsurteils nach Maßgabe des Art. 3 Nr. 1 Halbs. 2 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 des deutschgriechischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrages vom 4. November 1961 (BGBl 1963 II, S. 110) oder - insbesondere für Unterhalt - gemäß Art. 27 Abs. 1 Nr. 3 und 4 EuGVÜ grundsätzlich abwehren können. Dafür, daß ihn mögliche Folgen in Griechenland beeinflußt hätten, ist nichts dargetan. Einer zusätzlichen Ehescheidungsklage in Griechenland bedurfte es aus seiner Sicht nicht.
2. Der objektiv fehlerhafte Rat des Beklagten, eine Ehescheidungsklage zu erheben, beruhte auf Fahrlässigkeit. Unstreitig wußte er, daß der Kläger im Jahre 1962 in Deutschland - nur - vor einem Geistlichen geheiratet hatte. Er hat selbst mit Schreiben vom 23. Mai 1991 bei der Stadtverwaltung H. angefragt , ob die kirchlich geschlossene Ehe im Personenstandsregister des Standesamtes H. eingetragen war (Anlage K 1 zum Schriftsatz des Klägers vom 12. Oktober 1998, S. 3 f). Ferner wurde in der vom Beklagten eingereichten Scheidungsklage der Antrag wie folgt gefaßt: "Die am 18.08.62 vor dem Pfarramt der griechisch-orthodoxen Kirche in H. geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden".
Den in Deutschland geltenden Grundsatz der obligatorischen Zivilehe (§ 11 Abs. 1 EheG a.F., § 1310 Abs. 1 BGB n.F.) muß jeder Rechtsanwalt be-
achten, der einen Mandanten bei einer eherechtlichen Auseinandersetzung berät. Eine erkannte Abweichung davon muß ihm Anlaß zur Nachprüfung geben , ob die Ehe wirksam zustande gekommen ist. Hierbei hätte der Beklagte auf § 15a EheG a.F. (nunmehr § 1310 Abs. 3 BGB) stoßen und erwägen müssen , ob die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift erfüllt waren. Der Kurzkommentar von Palandt/Diederichsen (BGB 50. Aufl./1991, § 15a EheG Rn. 4) enthielt dazu den Hinweis, daß nur diejenigen griechisch-orthodoxen Geistlichen in Deutschland zur Eheschließung ermächtigt seien, die in der Verbalnote der griechischen Regierung benannt seien; insoweit wurde auf den Abdruck dieser Verbalnote (vom 15. Juni 1964) in der Zeitschrift "Das Standesamt" 1965, Seite 15 hingewiesen. Dieser Veröffentlichungszeitpunkt lag erheblich später als die hier fragliche Eheschließung. Ferner wurde in der Kommentarstelle auf die Entscheidung BGHZ 43, 222 dafür verwiesen, daß eine spätere Ermächtigung keine rückwirkende Kraft habe.
Eine fahrlässige Vertragsverletzung vermag der Beklagte nicht durch die Behauptung in Frage zu stellen, er habe den Kläger darauf hingewiesen, daß er - Beklagter - das griechische Recht nicht kenne. Denn im vorliegenden Zusammenhang geht es allein um die Anwendung deutschen Rechts.
3. Da der Beklagte jedenfalls vorrangig den Rat schuldete, eine Feststellungsklage auf Nichtbestehen der Ehe zu erheben, spricht die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens (vgl. hierzu BGHZ 123, 311, 315 ff; weitere Nachweise bei Zugehör/Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung Rn. 1049 bis 1052) dafür, daß der Kläger einem solchen Rat gefolgt wäre. Es ist nichts dargetan , was diese auf der eindeutigen Interessenlage des Klägers (s.o. 1) beruhende Vermutung erschüttern könnte.

4. Der von der Vertragsverletzung des Beklagten ausgehende Zurechnungszusammenhang ist - auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 12. August 2002 (NJW 2002, 2937) - nicht dadurch unterbrochen worden, daß das angerufene Familiengericht die Unwirksamkeit der Eheschließung ebenfalls übersehen hat. Denn der im Interesse des Klägers tätige Beklagte hatte vor allen anderen die Aufgabe, die seinem Mandanten günstigste Klage zu erheben. Mit der Wahl der Klageart übte er den entscheidenden Einfluß auf die weitere rechtliche Gestaltung aus, weil der deutsche Zivilprozeß der Parteiherrschaft unterliegt.
Zwar hätte das Familiengericht die ihm vorgegebene Ehescheidungsklage abweisen müssen, weil eine gar nicht bestehende Ehe nicht geschieden werden kann. Dieser mitwirkende Fehler des Gerichts verdrängt aber nicht denjenigen des Beklagten. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln haben bei mitwirkender Schadensverursachung zum Schutz des Geschädigten die mehreren Schädiger gemeinsam den angerichteten Schaden zu ersetzen (s.u. V 4 c). Der Umstand, daß der daraus üblicherweise folgende Innenausgleich (§§ 426, 254 BGB) hier durch das Spruchrichterprivileg des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB gestört wird, kann nicht dazu führen, daß die durch zwei nebeneinander handelnde Organe der Rechtspflege geschädigte Partei regelmäßig keinen Ersatz ihres Schadens erlangen könnte.
Etwas anderes ist nach allgemeinen zivilrechtlichen Abwägungsgrundsätzen allenfalls anzunehmen, falls der Schadensbeitrag des Gerichts denjenigen des anwaltlichen Parteivertreters so weit überwiegt, daß dieser daneben ganz zurücktritt. Das traf hier nicht zu. Aufgrund der zu § 254 BGB entwickelten
Regeln ist - wie zum Beispiel auch bei der Abwägung von Schadensbeiträgen mehrerer Rechtsanwälte untereinander - darauf abzustellen, ob die Verhaltensweise eines Beteiligten den Eintritt des Schadens in wesentlich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat als das Verhalten des anderen (BGH, Urt. v. 12. Juli 1988 - VI ZR 283/87, VersR 1988, 1238, 1239). Im vorliegenden Falle verantwortete zwar der Familienrichter allein das Ehescheidungsurteil mit der Anordnung des Versorgungsausgleichs. Keinesfalls in geringerem Maße hat zu dem vom Kläger erlittenen Schaden aber der vom Beklagten vertragswidrig fehlgestaltete Prozeß beigetragen, der erst die Gefahrenlage schuf, in welcher sich der Fehler des Gerichts auswirken konnte. Gericht und Beklagten traf zudem derselbe Vorwurf einfacher Fahrlässigkeit.
Im übrigen wäre mit einer Abweisung der Scheidungsklage allein eine Belastung des Klägers mit Getrenntlebensunterhalt (§ 1361 BGB) nicht zu vermeiden gewesen. Zur Begründung der nachehelichen Unterhaltsverpflichtung hat der Beklagte durch seine Mitwirkung beim Vergleichsabschluß beigetragen (s.u. V 4).
Darüber hinaus hat der Beklagte auch nach dem Scheidungsurteil vertragswidrig Maßnahmen unterlassen, die den Schadenseintritt - einschließlich der Übertragung von Versorgungsanwartschaften - hätten verhindern können. Er hätte die Scheidungsklage noch innerhalb der Rechtsmittelfrist wirksam zurücknehmen können. Statt dessen hat er dabei mitgewirkt, daß im Termin vom 30. Juni 1992 vor dem Familiengericht hinsichtlich des Scheidungsausspruchs auf Rechtsmittel verzichtet wurde.
Ferner hätte der Beklagte - für den Kläger - auch nach Rechtskraft des Ehescheidungsurteils das Nichtbestehen der Ehe im Wege der Feststellungsklage weiter geltend machen können. Denn wird eine Nichtehe versehentlich geschieden, so wird damit weder festgestellt, daß die Ehe vorher bestanden hat, noch kommt dem Ausspruch anderweit rechtserzeugende Kraft zu (s.o. II 5; ferner Henrich in Anm. FamRZ 1987, 950; a.M. - ohne Begründung - von Schwind RabelsZ Bd. 38 [1974], 523, 529). Sogar für den Fall eines Eheaufhebungsgrundes im Sinne von §§ 28, 29 EheG a.F. (§§ 1313 ff BGB n.F.) hatte ein Scheidungsurteil nicht die Wirkung, daß sich der geschiedene Ehegatte nicht nachträglich auf das sich aus § 37 Abs. 2 EheG a.F. ergebende, für den Aufhebungsgrund spezifische Ausschlußrecht hätte berufen dürfen (BGHZ 133, 227, 233 f). Für den Fall einer von Anfang an nicht bestehenden Ehe gilt das erst recht.
5. Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten sind nicht verjährt.
Zwar ist die dreijährige Verjährungsfrist des § 51 BRAO a.F. (§ 51b BRAO n.F.) abgelaufen. Denn ein Schaden des Klägers trat - erst - mit der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 1992 und dem an diesem Tage abgeschlossenen Vergleich ein. Die dreijährige Verjährungsfrist lief folglich am 30. Juni 1995 ab, während die hier vorliegende Klage erst am 11. November 1996 eingereicht und am 27. November 1996 zugestellt wurde.
Jedoch hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, daß sich der Beklagte auf den Ablauf dieser Verjährungsfrist nach den Grundsätzen der Sekundärverjährung (BGHZ 94, 380, 384 ff; Zugehör, Handbuch der Anwaltshaf-
tung Rn. 1252 ff m.w.N.) nicht berufen kann. Denn der Beklagte hatte Anlaß, noch vor Beendigung seines Mandats den Kläger auf den vorangegangenen Beratungsfehler hinzuweisen. Spätestens als er während des Zugewinnausgleichsverfahrens im Jahre 1994 die Fehlerhaftigkeit der Eheschließung erkannte , hätte der Beklagte darauf hinweisen müssen, daß seine eigene Haftung wegen des Betreibens der Ehescheidungsklage und des Abschlusses des Unterhaltsvergleichs vom 30. Juni 1992 in Betracht kam. Da er dies schuldhaft unterlassen hat, schloß sich eine zweite Verjährungsfrist an, die bis zum 30. Juni 1998 lief. Innerhalb dieser Frist ist auch der Schriftsatz des Klägers vom 4. Juni 1998 zugestellt worden, mit dem der erhöhte Anspruch auf Ersatz eines Unterhaltsschadens angekündigt wurde.

IV.


Hätte der Beklagte den Kläger richtig beraten (s.o. III 1), so wäre zu dessen Lasten kein Versorgungsausgleich durchgeführt worden (§ 249 BGB). Dieser knüpft nach §§ 1587 ff BGB an eine Ehescheidung an, zu der es im Falle des Nichtbestehens einer Ehe von Rechts wegen nicht kommen kann. Das griechische Recht kennt, soweit dargetan, einen Versorgungsausgleich insgesamt nicht.
Sogar für den Fall, daß in Griechenland die Ehefrau eine Ehescheidung erwirkt hätte, wäre ein Versorgungsausgleich in Deutschland trotz Art. 17 Abs. 3 EGBGB (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 30. September 1992 - XII ZB 100/89, NJW 1992, 3293, 3294 f) nicht durchzuführen gewesen. Denn auch diese Vorschrift setzt voraus, daß eine Ehe bestanden hat.

Dies ist insoweit wiederum nach deutschem Recht zu beurteilen. Die Vorfrage, ob eine Ehe besteht, ist im Rahmen des Art. 17 Abs. 3 EGBGB nach herrschender Ansicht gemäß dem Recht des Urteilsstaates anzuknüpfen (Soergel/Schurig, BGB 12. Aufl. Art. 17 EGBGB Rn. 9; Staudinger/ von Bar/Mankowski, aaO Art. 17 EGBGB Rn. 73 und 292 m.w.N.). Jene Kollisionsnorm setzt eine wirksam zustande gekommene Ehe voraus. Aber auch eine unselbständige Anknüpfung gemäß dem Scheidungsstatut (vgl. Johannsen /Henrich aaO Art. 17 EGBGB Rn. 53 ff) würde hier zu keinem anderen Ergebnis führen, weil ein Versorgungsausgleich nur auf der Grundlage deutschen Rechts hätte durchgeführt werden können (vgl. Art. 14 Abs. 1 EGBGB).
Dementsprechend beruht diese Rechtsfolge allein auf der fehlerhaften Beratung durch den Beklagten. Er hat daran nach der gerichtlichen Anordnung des Versorgungsausgleichs insbesondere noch durch die Erklärung des Rechtsmittelverzichts mitgewirkt (s.o. III 4).

V.


Wegen seiner Unterhaltsverpflichtung aufgrund des Vergleichs vom 30. Juni 1992 kann der Kläger im Wege des Schadensersatzes vom Beklagten Zahlung - in Höhe von insgesamt 191.200 DM (97.759,01 & - wegen derjeni- gen Raten verlangen, die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (Januar 1999) an die Ehefrau geleistet worden sind. Es handelt sich um monatlich 2.560 DM für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis
31. Januar 1997 und monatlich 2.100 DM seither. Wegen der späteren Raten bedarf es hingegen ergänzender Feststellung (s.u. 5).
1. Auch in bezug auf die Ehefolgesache Unterhalt bestand zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis. Durch seine fehlerhafte Beratung (s.o. III 1) hat der Beklagte seine Vertragspflichten insoweit schuldhaft verletzt.

a) Nach deutschem Recht war der Kläger aufgrund der nicht bestehenden Ehe nicht unterhaltspflichtig, weil die §§ 1569 ff BGB eine wirksame Ehe voraussetzen. Zwar hätte die Schein-Ehefrau des Klägers möglicherweise für ihre Mitwirkung bei Aufbau und Betrieb seiner Arztpraxis Ausgleichsansprüche auf gesellschafts- oder bereicherungsrechtlicher Grundlage oder in entsprechender Anwendung der §§ 611, 612 BGB geltend machen können. Darum geht es hier aber nicht. Denn als der Unterhaltsvergleich abgeschlossen wurde , arbeitete die Schein-Ehefrau nicht mehr in der Praxis des Klägers. Zu fortlaufendem Unterhalt für die Zukunft wäre der Kläger keinesfalls verpflichtet gewesen. Hiernach kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, daß auch für Rechtsgrund und Umfang solcher Ausgleichsansprüche im einzelnen im vorliegenden Rechtsstreit nichts Konkretes vorgetragen worden ist.

b) Nach griechischem Recht bestand ein Anspruch der Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt aufgrund des Vortrags der Parteien ebenfalls nicht. Dies ist aus Rechtsgründen nicht angreifbar. Nach den insoweit nicht angefochtenen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. V. B. in seinem Gutachten vom 13. Mai 1998 sehen die Art. 1442 und 1443 des griechischen Zivilgesetzbuchs einen Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau nur vor, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht durch eigene Einkünfte oder Vermögen
sicher stellen kann. Um den eigenen Unterhalt zu decken, ist grundsätzlich auch der Stamm des Vermögens zu verwerten, soweit dies nicht unwirtschaftlich oder im Einzelfall unbillig ist (Hohloch, Internationales Scheidungs- u. Scheidungsfolgenrecht 1998, Griechenland, 2 B Rn. 148; Stamatiadis, Die Ehescheidung im deutsch-griechischen Rechtsverkehr, 1994, S. 70). Nach dem Vortrag des Klägers verfügt die Ehefrau über ausreichendes Vermögen in Griechenland. Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten.
Demzufolge hätte der Beklagte dem Kläger abraten müssen, Unterhaltsverpflichtungen im Vergleichswege einzugehen.
2. Die Vertragsverletzung des Beklagten war ursächlich dafür, daß den Kläger eine Unterhaltspflicht gegenüber seiner Schein-Ehefrau trifft.
Hätte der Beklagte den Kläger pflichtgemäß darauf hingewiesen, daß die Ehe nach deutschem Recht nicht bestand und daher auch keine nachehelichen Unterhaltsansprüche begründete, besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß der Kläger sich im eigenen Interesse beratungsgerecht verhalten und keine Unterhaltsverpflichtung übernommen hätte.
3. Die Begründung, mit welcher das Berufungsgericht die Ursächlichkeit des Beratungsfehlers für den eingetretenen Schaden verneint oder ein überwiegendes Mitverschulden des Klägers angenommen hat, hält den Angriffen der Revision nicht stand.

a) Das Berufungsgericht stellt nicht in bestimmter, nachvollziehbarer Weise fest, daß der Kläger bei Abschluß des Unterhaltsvergleichs gewußt
hätte, der geschiedenen Ehefrau nach deutschem Recht keinen Unterhalt zu schulden. Derartiges hat auch keine Partei dargetan. Der Kläger kannte seinerzeit die Unwirksamkeit der Ehe aufgrund des Beratungsfehlers des Beklagten nicht. Ging er von einer wirksamen Eheschließung aus, so hätte eine Unterhaltspflicht seinerseits angesichts der verhältnismäßig langen Dauer der vermeintlichen Ehe und des Alters der Frau (§§ 1571, 1572 BGB) allenfalls im Hinblick auf § 1577 BGB entfallen können, also solange und soweit sich die Ehefrau aus ihren Einkünften und ihrem Vermögen selbst hätte unterhalten können.
Hierfür fehlt es an hinreichenden Feststellungen des Berufungsgerichts und auch an entsprechendem Vortrag des Beklagten. Angesichts der Einkommensverhältnisse in Deutschland - die Ehefrau bezog hier aufgrund der Angaben im Scheidungsantrag des Klägers nur eine Berufsunfähigkeitsrente von monatlich 444 DM - lag die Annahme fern, daß sie ohne Unterhaltszahlungen des Klägers imstande sein würde, ein den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechendes (vgl. § 1578 BGB) Leben zu führen. Zwar hat der Kläger während des Ehescheidungsverfahrens durch Schreiben vom 12. April 1992 den Beklagten auf angeblichen Grundbesitz der Ehefrau in Griechenland hingewiesen und hinzugefügt: "Sie ist finanziell unabhängig - Millionärin -." Soweit die Frau danach eine Wohnung und eine Villa besitzen sollte, ergab sich daraus allein nach deutschem Recht aber schon kein unmittelbarer Bezug zur Unterhaltspflicht. Denn gemäß § 1577 Abs. 3 BGB braucht der Unterhaltsberechtigte den Stamm des Vermögens nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Dies ließ sich nicht zuverlässig beurteilen, zumal der Kläger selbst in Deutschland unstreitig Eigentümer eines Hausgrundstücks war.

Darüber hinaus sollte die Ehefrau aufgrund des bezeichneten Schreibens etwa ein Jahr zuvor einen Betrag von etwas mehr als 143.000 DM von einem gemeinsamen Sparbuch abgehoben sowie eine kleine Wohnung verkauft haben. Auch daraus ließen sich zuverlässige Rückschlüsse im Hinblick auf einen Unterhaltsanspruch gemäß deutschem Recht erfahrungsgemäß nicht ziehen. Dies gilt erst recht, wenn auf der anderen Seite die Einkommensverhältnisse eines selbständig berufstätigen Arztes zu bestimmen sind. Der Beklagte hat selbst darauf verwiesen, daß das Einkommen des Klägers seinerzeit weitaus höher gewesen sein müsse als angegeben (S. 3 seines Schriftsatzes v. 27. Januar 1999 = Bl. 312 GA).
Eine positive Kenntnis des Klägers vom komplexen Zusammenhang einer Unterhaltsverpflichtung läßt sich daraus schon aus Rechtsgründen nicht ableiten. Es kommt somit nicht mehr entscheidend darauf an, daß auch die Einschätzung des Wertes von vorhandenem Grundvermögen durch die Parteien erfahrungsgemäß oft zweckbestimmt und unsicher ist.

b) Ob der Kläger wußte, daß er nach griechischem Recht keinen Unterhalt schuldete, ist - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - unerheblich. Der Beklagte hatte den Kläger über die Rechtslage nach deutschem Recht zu unterrichten. Dieses wäre nicht nur für den Fall des Nichtbestehens der Ehe, sondern sogar im Falle ihrer Wirksamkeit gemäß Art. 18 Abs. 5 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgeblich gewesen (s.o. 1 c). Eine etwaige Kenntnis des Klägers von der Rechtslage in anderen Rechtsordnungen ist demgegenüber bedeutungslos.
4. An der Begründung der Unterhaltspflicht des Klägers hat der Beklagte auch durch den Abschluß des Vergleichs selbst mitgewirkt (s.o. III 4). Seine Schadensersatzpflicht ist nicht dadurch entfallen, daß der Kläger - vertreten durch einen anderen Rechtsanwalt - aufgrund eines am 12. Dezember 1995 geschlossenen Vergleichs seine Unterhaltspflicht gegenüber der geschiedenen Ehefrau bestätigt hat.

a) Dieser Vergleich wurde im Rahmen eines von der geschiedenen Ehefrau eingeleiteten Prozesses auf Zahlung von Zugewinnausgleich abgeschlossen. Im Verlaufe dieses Rechtsstreits trug der Beklagte - für den Kläger - erstmals Bedenken gegen die nur vor einem Geistlichen geschlossene Ehe vor. Nachdem daraufhin das Familiengericht die Klage abgewiesen hatte, verurteilte das im Wege der Berufung angerufene Oberlandesgericht den jetzigen Kläger, der geschiedenen Ehefrau Auskunft über seine den Zugewinnausgleich betreffenden Vermögensverhältnisse zu gewähren. Es nahm hierbei an, daß die Unwirksamkeit der Ehe in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 2 EheG geheilt sei. Der Kläger legte dagegen die zugelassene Revision ein, beendete das Mandat mit dem Beklagten und beauftragte einen anderen Rechtsanwalt , ihn - den Kläger - in einem gleichzeitig von der geschiedenen Ehefrau geführten Arrestverfahren zu vertreten. Diese hatte aufgrund eines von ihr erwirkten dinglichen Arrests unter anderem die Honoraransprüche des Klägers pfänden lassen. In diesem Verfahren einigte sich der Kläger, vertreten durch den neuen Rechtsanwalt, durch Vergleich vom 12. Dezember 1995 mit der geschiedenen Ehefrau darüber, alle gegenseitigen Ansprüche zu erledigen. Neben einer Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Zugewinnausgleich enthielt der Vergleich unter Nr. 4 die Bestimmung:
"Die Parteien sind sich weiterhin darüber einig, daß die Vereinbarung vom 30. Juni 1992 ... ohne Einschränkung aufrechterhalten bleibt. Herr Dr. A. verzichtet darauf, eventuelle Einwendungen dem Grunde nach gegen die genannte Vereinbarung vorzubringen. Er verzichtet dem Grunde nach auch auf etwaige Einwendungen gegen die im Verbundurteil des Amtsgerichts K. vom 30. Juni 1992 ... getroffene Regelung hinsichtlich des Versorgungsausgleichs".

b) Durch diese vertragliche Unterhaltsbestätigung ist der Zurechnungszusammenhang zwischen der fehlerhaften Beratung des Beklagten und der Unterhaltspflicht des Klägers sogar dann nicht unterbrochen worden, wenn auch dem inzwischen für den Kläger tätigen Rechtsanwalt eine schuldhafte Pflichtverletzung zur Last fiele.
Ein eigener selbständiger Willensakt des Geschädigten schließt es grundsätzlich nicht aus, demjenigen die Schadensfolge zuzurechnen, der die schädigende Kausalkette in Gang gesetzt hat. Bestand für die mitwirkende Handlung des Mandanten aufgrund des haftungsbegründenden Ereignisses ein rechtfertigender Anlaß, so bleibt der Zurechnungszusammenhang zu einem früheren, schädigenden Verhalten des Rechtsanwalts bestehen. Ein solcher rechtfertigender Anlaß liegt bereits vor, wenn der Mandant eine Entschließung trifft, die nicht als ungewöhnlich oder gänzlich unangemessen zu bewerten ist (Senatsurt. v. 15. April 1999 - IX ZR 328/97, NJW 1999, 2183, 2187; Zugehör /Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung Rn. 1065 m.w.N.). Die Beendigung einer rechtlichen Auseinandersetzung durch Vergleich ist regelmäßig als vernünftige Reaktion in dem bezeichneten Sinne anzusehen (Senatsurt. v. 11. Fe-
bruar 1999 - IX ZR 14/98, NJW 1999, 1391, 1392). Hat der Rechtsanwalt sei- nen Mandanten durch einen Beratungsfehler in eine ungünstige Situation gegenüber dessen Vertragspartner gebracht, ist es nach der Lebenserfahrung nicht ungewöhnlich, daß dieser daraus Vorteile zu ziehen sucht; entschließt sich der Mandant in einer solchen Lage, dem Begehren des Vertragsgegners nachzugeben und es nicht auf einen Prozeß ankommen zu lassen, handelt es sich im allgemeinen um einen normalen Geschehensablauf, der die Zurechung bestehen läßt (BGH, Urt. v. 11. März 1980 - VI ZR 91/79, VersR 1980, 649, 650).
Davon ist auch im vorliegenden Falle auszugehen. Durch den Beratungsfehler des Beklagten war der Kläger bereits titulierten Unterhaltsansprüchen der geschiedenen Ehefrau ausgesetzt. Der Beklagte hat bis zur Beendigung seines Mandats nichts unternommen, um diese Unterhaltsverpflichtung zu beseitigen. Zwar hatte er zwischenzeitlich im Zugewinnausgleichsverfahren auf die Fehlerhaftigkeit der Eheschließung hingewiesen. Er hat den Kläger aber nicht darüber belehrt, daß weiterhin noch eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Ehe zulässig war (s.o. III 4). Ferner hat er den Kläger, soweit dargetan, nicht darauf hingewiesen, daß die vergleichsweise übernommenen Unterhaltsfolgen möglicherweise auf prozessualem Wege zu beseitigen wären, weil die im Vergleich vorausgesetzte Wirksamkeit der Eheschließung nicht vorlag (§ 779 Abs. 1 BGB).
Demgegenüber war der Kläger inzwischen von seiner Schein-Ehefrau mit einer Klage auf Leistung zusätzlichen, erheblichen Zugewinnausgleichs und mit Vollstreckungsmaßnahmen überzogen worden. Wenn er sich in dieser prozessualen Situation - ohne umfassende vorangegangene Beratung durch
den Beklagten - zu einer einvernehmlichen Gesamtlösung mit seiner Schein- Ehefrau entschloß, war dies noch durch den vorangegangenen Beratungsfehler des Beklagten mit herausgefordert. Zwar hat er hierbei im Wege gegenseitigen Nachgebens (§ 779 BGB) durch seine ausdrückliche Bestätigung der Unterhaltspflicht auch die Möglichkeit einer späteren prozessualen Abhilfe beseitigt. Da er auf diese Möglichkeit zuvor aber nicht hingewiesen wurde, war eine entsprechende Bestätigung im Verhältnis zum Beklagten nicht völlig unsachgemäß. Zudem ist nichts dafür dargetan, daß der Kläger - hätte er diesen zweiten Vergleich nicht abgeschlossen - infolge sachgerechter Beratung durch Dritte zu erfolgreichen Abwehrmaßnahmen gegen den früheren Unterhaltstitel veranlaßt worden wäre.

c) Allerdings hat auch der neue Rechtsanwalt, der kurz vor Abschluß des Vergleichs die Beratung des Klägers übernommen hatte, diesen nicht auf die zuvor aufgezeigten rechtlichen Abwehrmöglichkeiten hingewiesen. Sogar wenn darin ebenfalls eine schuldhafte Vertragsverletzung gegenüber dem Kläger läge, würde dies den Beklagten im Verhältnis zum Kläger nicht entlasten. Denn im Zivilrecht gelten grundsätzlich alle Schadensursachen als gleichwertig (§§ 421, 830, 840 BGB). Greifen weitere Personen in ein schadensträchtiges Geschehen ein, so entlasten sie damit regelmäßig nicht den Erstschädiger, sondern begründen - zum Schutz des Geschädigten - allenfalls eine eigene, zusätzliche Haftung. Das Verhalten Dritter beseitigt allgemein die Schadenszurechnung im Verhältnis zu früheren Verursachern nur, sofern es als gänzlich ungewöhnliche Beeinflussung des Geschehensablaufs zu werten ist (vgl. MünchKomm-BGB/Grunsky, 3. Aufl. vor § 249 Rn. 57 ff; Staudinger/ Schiemann, BGB 13. Bearb. § 249 Rn. 64 ff; Erman/Kuckuk, BGB 10. Aufl. vor § 249 Rn. 68 ff). Dementsprechend wird der von einer früheren Vertragsverlet-
zung eines Rechtsanwalts ausgehende Zurechnungszusammenhang grund- sätzlich nicht dadurch unterbrochen, daß nach dem pflichtwidrig handelnden Anwalt eine andere rechtskundige Person mit der Angelegenheit befaßt worden ist und noch in der Lage gewesen wäre, den Schadenseintritt zu verhindern, wenn sie die ihr obliegende Sorgfaltspflicht beachtet hätte (Senatsurt. v. 18. März 1993 - IX ZR 120/92, NJW 1993, 1779, 1780 f; Zugehör/Fischer, aaO Rn. 1067 ff m.w.N.).
Davon ist auch hier auszugehen: Der Verursachungsbeitrag und ein mögliches Verschulden des zweiten Rechtsanwalts wiegen keinesfalls schwerer als die von dem langjährig beratend tätigen Beklagten verschuldete Schadensursache. In derartigen Fällen steht es dem Erstschädiger frei, den Mitschädiger als Gesamtschuldner nach Maßgabe der §§ 426, 254 BGB auf anteiligen Schadensausgleich im Innenverhältnis in Anspruch zu nehmen. Hierbei mag auch berücksichtigt werden, inwieweit ohne die in dem Vergleich vom 12. Dezember 1995 bestätigte Unterhaltspflicht deren Verringerung oder Wegfall hätte erreicht werden können. Dagegen ist dem Kläger im Außenverhältnis gegenüber dem Beklagten nach dem Sach- und Streitstand im vorliegenden Rechtsstreit auch im Hinblick auf die Schadensminderungsobliegenheit gemäß § 254 Abs. 2 BGB kein mitwirkendes Verschulden seines zweiten Rechtsanwalts zuzurechnen (§ 278 BGB). Eine solche Einwendung steht zur Darlegungslast des Schädigers, hier also des Beklagten. Dieser hat nichts dazu vorgetragen, ob ohne den bestätigenden Vergleich vom 12. Dezember 1995 die Unterhaltspflicht des Klägers beseitigt worden wäre. Ferner hat er nicht dargetan, daß der neue Rechtsanwalt etwa schon mit der Verfolgung von Regreßansprüchen gegen den Beklagten betraut gewesen und in diesem Umfang zum Erfüllungsgehilfen des Klägers geworden wäre.

5. Allerdings ist die Klage derzeit insoweit unbegründet, als der Kläger Erstattung von Unterhalt für die Zeit nach der letzten mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts verlangt.
Insoweit steht dem Kläger gegen den Beklagten grundsätzlich ein Freistellungsanspruch bezüglich der Unterhaltspflicht zu. In einen Zahlungsanspruch wandelt sich dieses Forderungsrecht erst um, wenn der Kläger seinerseits die Unterhaltszahlungen an seine Schein-Ehefrau erbringt. Hierbei handelt es sich um ein ungewisses zukünftiges Ereignis, dessen jeweiliger Eintritt im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung durch das Berufungsgericht nicht zuverlässig zu beurteilen war. Dementsprechend standen die Voraussetzungen des Zahlungsanspruchs noch nicht fest. Soweit dieser sich auf die Zukunft erstreckte, war er unbegründet. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage von derjenigen hinsichtlich des Versorgungsausgleichs, weil die auf die Altersversorgung gerichteten Anwartschaften dem Kläger schon endgültig aberkannt worden sind.
Eine Klage auf zukünftige Leistung vermochte der Kläger auch nicht auf die §§ 257, 258 oder § 259 ZPO zu stützen.

a) § 257 ZPO ist nicht erfüllt. Zwar war die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seiner Schein-Ehefrau kalendermäßig festgelegt. Dies trifft aber nicht zugleich für den Schadensersatzanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten zu. Dessen Umwandlung aus einem bloßen Freistellungsanspruch hing vielmehr von der vorangegangenen Leistung des Klägers an seine Schein-Ehefrau ab.


b) Ferner macht der Kläger nicht wiederkehrende Leistungen im Sinne von § 258 ZPO geltend. Diese beruhen auf einseitigen Verpflichtungen, die sich in ihrer Gesamtheit als Folge ein- und desselben Rechtsverhältnisses ergeben , so daß die einzelne Leistung nur noch vom Zeitablauf abhängt (vgl. BGH, Urt. v. 10. Juli 1986 - IX ZR 138/85, NJW 1986, 3142; v. 20. Juni 1996 - III ZR 116/94, MDR 1996, 1232). Die letztgenannte Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, weil die Umwandlung des Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch zusätzlich durch die tatsächliche Zahlung des Klägers bedingt ist.

c) Endlich scheidet § 259 ZPO als Grundlage für eine Klage auf künftige Leistung aus. Diese Vorschrift greift nicht ein, wenn der eingeklagte Anspruch erst künftig entsteht; dieser muß vielmehr in vollem Umfang seine Grundlage in einem Rechtsverhältnis finden, dessen rechtserzeugende Tatsachen schon eingetreten sind. Die Möglichkeit, daß künftig ein solches Rechtsverhältnis entsteht , reicht grundsätzlich nicht aus (vgl. BGH, Urt. v. 13. März 2001 - VI ZR 290/00 zu § 256 Abs. 1 ZPO). Zwar genügt es, wenn sich der eingeklagte Anspruch aus einem schon bestehenden Rechtsverhältnis allein aufgrund des eigenen Verhaltens des Beklagten entwickelt (BGH, Urt. v. 14. Dezember 1998 - II ZR 330/97, NJW 1999, 954, 955 zu § 283 BGB a.F.). Darum geht es hier nicht.
Zwar kann das Rechtsverhältnis bedingt sein (BGHZ 43, 28, 31) und insbesondere auch unter der Bedingung künftiger Zahlung stehen (vgl. BGHZ 147, 225, 231). Einen bedingten Antrag hat der Kläger hier aber nicht gestellt. Seinem unbedingten Zahlungsbegehren kann nicht entsprochen werden.

d) Allerdings hätte der Kläger gemäß § 139 Abs. 1 ZPO a.F. auf den Fehler seines Antrags hingewiesen werden müssen. Um ihm die Gelegenheit zur Anpassung des Antrags zu geben, ist der Rechtsstreit in diesem Umfang an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Kreft Kirchhof Raebel ' ( Bergmann

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Feststellungsbescheide sind, auch wenn sie noch nicht unanfechtbar sind, für andere Feststellungsbescheide, für Steuermessbescheide, für Steuerbescheide und für Steueranmeldungen (Folgebescheide) bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind. Dies gilt entsprechend bei Feststellungen nach § 180 Absatz 5 Nummer 2 für Verwaltungsakte, die die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen. Wird ein Feststellungsbescheid nach § 180 Absatz 5 Nummer 2 erlassen, aufgehoben oder geändert, ist ein Verwaltungsakt, für den dieser Feststellungsbescheid Bindungswirkung entfaltet, in entsprechender Anwendung des § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zu korrigieren.

(2) Ein Feststellungsbescheid über einen Einheitswert oder einen Grundsteuerwert nach § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 wirkt auch gegenüber dem Rechtsnachfolger, auf den der Gegenstand der Feststellung nach dem Feststellungszeitpunkt mit steuerlicher Wirkung übergeht. Tritt die Rechtsnachfolge jedoch ein, bevor der Feststellungsbescheid ergangen ist, so wirkt er gegen den Rechtsnachfolger nur dann, wenn er ihm bekannt gegeben wird. Die Sätze 1 und 2 gelten für gesonderte sowie gesonderte und einheitliche Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die sich erst später auswirken, nach der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung entsprechend.

(3) Erfolgt eine gesonderte Feststellung gegenüber mehreren Beteiligten nach § 179 Absatz 2 Satz 2 einheitlich und ist ein Beteiligter im Feststellungsbescheid unrichtig bezeichnet worden, weil Rechtsnachfolge eingetreten ist, kann dies durch besonderen Bescheid gegenüber dem Rechtsnachfolger berichtigt werden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, war zu 45,5 % an der A-AG beteiligt, die ihrerseits eine Beteiligung von 50 % an der R-AG hielt.

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte gegen die Klägerin Vermögensteuer auf den 1. Januar 1990 fest und berücksichtigte dabei gemäß der im Jahr 1991 eingereichten Erklärung auch den Wert der Anteile der Klägerin an der A-AG. Der zuletzt ergangene Vermögensteuerbescheid vom 15. Dezember 1998 wurde bestandskräftig.

3

Aufgrund einer Klage der R-AG stellte das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 7. Dezember 1999  6 K 8485/93 BA den gemeinen Wert ihrer Anteile auf den 31. Dezember 1989 auf 509 DM je 100 DM des Grundkapitals fest. Im Hinblick darauf erließ das FA am 15. Mai 2000 einen geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des gemeinen Werts der Anteile an der A-AG auf den 31. Dezember 1989 und minderte den Wert dieser Anteile entsprechend. Der Feststellungsbescheid wurde an die A-AG als Empfangsbevollmächtigte u.a. für die Klägerin bekannt gegeben. Die Folgeanpassung des Vermögensteuerbescheids auf den 1. Januar 1990 für die Klägerin unterblieb jedoch.

4

Mit Bescheid vom 27. März 2006 änderte das FA den Einheitswert des Betriebsvermögens für die R-AG auf den 1. Januar 1990. Den Antrag der R-AG, auch die Anteilsbewertung zum 31. Dezember 1989 zu ändern, lehnte das FA ab. Die gegen die Ablehnung zunächst erhobene Klage nahm die R-AG zurück. Das FG stellte das Verfahren mit Beschluss vom 24. September 2010 ein.

5

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 11. Januar 2008 beim FA, im Vermögensteuerbescheid auf den 1. Januar 1990 die Änderungen aus dem gegenüber der R-AG ergangenen Urteil des FG vom 7. Dezember 1999  6 K 8485/93 BA umzusetzen. Das FA lehnte den Antrag mit Bescheid vom 9. Juli 2008 ab, weil Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

6

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 171 Abs. 3 i.V.m. Abs. 10 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) sowie Verstöße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes --GG--).

7

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 9. Juli 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. August 2008 zu verpflichten, den Vermögensteuerbescheid auf den 1. Januar 1990 vom 15. Dezember 1998 dahingehend zu ändern, dass die Vermögensteuer unter Auswertung des geänderten Feststellungsbescheids über den gemeinen Wert der Anteile an der A-AG auf den 31. Dezember 1989 vom 15. Mai 2000 neu festgesetzt wird.

8

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die von der Klägerin begehrte Änderung des Vermögensteuerbescheids auf den 1. Januar 1990 wegen der eingetretenen Festsetzungsverjährung nicht mehr zulässig ist.

10

1. Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Die reguläre Frist von vier Jahren zur Festsetzung der Vermögensteuer auf den 1. Januar 1990, die im Streitfall mit der Abgabe der Vermögensteuererklärung in 1991 begonnen hatte, war im Mai 2000, als der geänderte Feststellungsbescheid über die Anteilsbewertung der A-AG erging, bereits abgelaufen (§§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO).

11

2. Aufgrund des geänderten Feststellungsbescheids vom 15. Mai 2000 über die Anteilsbewertung der A-AG auf den 31. Dezember 1989 war der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Vermögensteuer der Klägerin bis Mai 2002 gehemmt.

12

a) Ist für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid bindend (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids (§ 171 Abs. 10 Satz 1 AO). Die Vorschrift bewirkt eine Ablaufhemmung für die Folgesteuer, soweit und solange in offener Feststellungsfrist ein Grundlagenbescheid, der für die Festsetzung der Folgesteuer bindend ist, noch zulässig ergehen kann (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Januar 2005 X R 14/04, BFHE 208, 410, BStBl II 2005, 242).

13

Ist ein Grundlagenbescheid ergangen, gewährt § 171 Abs. 10 Satz 1 AO immer nur eine maximale Auswertungsfrist von zwei Jahren, die mit der Bekanntgabe des Grundlagenbescheids (§ 122 AO) an den Adressaten beginnt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 208, 410, BStBl II 2005, 242). Diese Frist wurde im Jahressteuergesetz 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I 1996, 2049, BStBl I 1996, 1523) neu geregelt; die ursprünglich geltende Frist von einem Jahr wurde auf zwei Jahre verlängert (vgl. Cöster in Pahlke/Koenig/Cöster, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 171 Rz 154). Innerhalb der Zwei-Jahres-Frist hat das FA von Amts wegen den Steuerbescheid an den Grundlagenbescheid anzupassen (vgl. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO).

14

b) Ein Grundlagenbescheid in diesem Sinne ist auch der Bescheid über die gesonderte Feststellung des Werts der nicht notierten Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Verhältnis zur Vermögensteuerfestsetzung des Anteilseigners (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 1993 II R 15/91, BFH/NV 1994, 1). Der Feststellungsbescheid war allen am Verfahren Beteiligten bekanntzugeben (§ 5 Abs. 2 Satz 1 der Anteilsbewertungsverordnung --AntBewV-- vom 19. Januar 1977, BGBl I 1977, 171, BStBl I 1977, 37, aufgehoben mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997, BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928). Beteiligte waren die Kapitalgesellschaft, deren Anteile zu bewerten waren, die Anteilseigner, die Antrag auf Feststellung des gemeinen Werts gestellt hatten und die Anteilseigner, die dem Betriebsfinanzamt von der Kapitalgesellschaft namhaft gemacht wurden (§ 5 Abs. 1 AntBewV). War der Feststellungsbescheid mehreren Beteiligten bekanntzugeben, die keinen Empfangsbevollmächtigten i.S. des § 183 Abs. 1 AO bestellt hatten, so galt die Kapitalgesellschaft als Empfangsbevollmächtigte (§ 5 Abs. 3 AntBewV); in diesem Fall begann die Zwei-Jahres-Frist mit der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids an die Kapitalgesellschaft zu laufen.

15

c) Im Streitfall änderte das FA die gesonderte und einheitliche Feststellung des gemeinen Werts der Anteile an der A-AG auf den 31. Dezember 1989 mit Bescheid vom 15. Mai 2000 und gab diesen an die A-AG als Empfangsbevollmächtigte u.a. mit Wirkung für und gegen die Klägerin bekannt, mit der Folge, dass wegen der Bindungswirkung der Feststellung die Vermögensteuerfestsetzung gegenüber der Klägerin auf den 1. Januar 1990 innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Bescheids an die A-AG anzupassen gewesen wäre. Die mit der Änderung der Anteilsbewertung verbundene Ablaufhemmung für die Vermögensteuerfestsetzung der Klägerin endete im Mai 2002, ohne dass eine Änderung der Vermögensteuerfestsetzung erfolgt ist.

16

3. Der Ablauf der Zwei-Jahres-Frist des § 171 Abs. 10 Satz 1 AO im Mai 2002 wurde nicht durch einen rechtzeitig gestellten Antrag der Klägerin auf Änderung der Vermögensteuerfestsetzung gehemmt.

17

a) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 AO gestellt, so läuft gemäß § 171 Abs. 3 AO die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist. Die Regelung dient dem Schutz des Steuerpflichtigen. Sie stellt sicher, dass der Erfolg eines einmal gestellten Antrags nicht von der Arbeitsweise und -geschwindigkeit der Behörde abhängt; eine antragsgemäße Entscheidung soll nach dem Willen des Gesetzgebers nicht allein daran scheitern, dass die Behörde die Prüfung des Antrags nicht innerhalb der nach anderen Vorschriften zu bestimmenden Festsetzungsfrist abschließt (vgl. BFH-Urteile vom 24. Mai 2006 I R 9/05, BFH/NV 2006, 2019, und I R 93/05, BFHE 214, 7, BStBl II 2007, 76).

18

b) Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO setzt einen Antrag des von der Steuerfestsetzung betroffenen Steuerpflichtigen voraus. Auch wenn § 171 Abs. 3 AO nicht ausdrücklich bestimmt, welche Person den Antrag stellen kann, ist aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift deutlich zu entnehmen, dass Antragsteller nur der Steuerpflichtige sein kann. Dieser kann, wenn ein Steuerbescheid noch nicht erlassen wurde, eine gegen ihn gerichtete Steuerfestsetzung beantragen oder bei einem bereits ergangenen Steuerbescheid als Inhaltsadressat beantragen, dass die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder berichtigt werden soll. Stellt der Steuerpflichtige einen Antrag, tritt eine Ablaufhemmung zu seinen Gunsten ein (Kruse in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 171 AO Rz 18; Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 171 AO Rz 41; Cöster, a.a.O., § 171 AO Rz 40; Rüsken in Klein/Rüsken, AO, 11. Aufl., § 171 Rz 19). Eine Ablaufhemmung i.S. des § 171 Abs. 3 AO wird auch dadurch ausgelöst, dass ein Dritter als Bevollmächtigter (§ 80 AO) oder als gesetzlicher Vertreter einen wirksamen Antrag für den Steuerpflichtigen stellt.

19

c) Im Falle der Änderung eines Grundlagenbescheids wird der Ablauf der Zwei-Jahres-Frist (§ 171 Abs. 10 Satz 1 AO) für die Anpassung des Folgebescheids nach § 171 Abs. 3 AO nur gehemmt, wenn der von dem Folgebescheid betroffene Steuerpflichtige selbst die Änderung des Folgebescheids vor Ablauf der Frist beantragt. Aus dem Antrag muss auch hinreichend konkret hervorgehen, inwieweit der Steuerpflichtige die Änderung des Folgebescheids begehrt (vgl. BFH-Urteil vom 14. Januar 1998 X R 84/95, BFHE 185, 111, BStBl II 1999, 203, zu § 171 Abs. 3 AO a.F.; Banniza, a.a.O., § 171 AO Rz 39; Kruse, a.a.O., § 171 AO Rz 8; Paetsch in Beermann/Gosch, AO § 171 Rz 36). Ein im Verfahren über einen Grundlagenbescheid gestellter Antrag auf Änderung der gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen kann daher nicht dahin ausgelegt werden, dass damit zugleich die Änderung sämtlicher Folgebescheide zugunsten der jeweiligen Steuerpflichtigen beantragt wird.

20

Demgemäß hemmt die Anfechtung der Anteilsbewertung durch eine Kapitalgesellschaft nicht nach § 171 Abs. 3 AO den Ablauf der Festsetzungsfrist für die Vermögensteuer eines Anteilseigners. Dies gilt unabhängig davon, ob der Anteilseigner unmittelbar oder über weitere Gesellschaften an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Die Kapitalgesellschaft handelt bei der Anfechtung des Feststellungsbescheids über die Anteilsbewertung, wenn sich nicht aus ihren Erklärungen oder den äußeren Umständen etwas anderes ergibt, in ihrem eigenen Interesse und nicht zugleich nach § 80 AO als Bevollmächtigte aller Anteilseigner, bei deren Vermögensteuerfestsetzungen sich der Wert der Anteile unmittelbar oder mittelbar auswirken kann. Eine gesetzliche Prozessstandschaft der Kapitalgesellschaft zur Anfechtung bzw. zur Beantragung einer Änderung der gegenüber Anteilseignern ergangenen Vermögensteuerfestsetzungen sehen die Vorschriften der AO und der FGO nicht vor. Aus diesem Grund kann offen bleiben, ob die Anfechtung eines Bescheids mit Einspruch und Klage überhaupt als ein inzident auf die Änderung anderer Bescheide gerichteter Antrag außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens i.S. von § 171 Abs. 3 AO ausgelegt werden kann.

21

d) Die im Mai 2002 endende Zwei-Jahres-Frist für die Anpassung der Vermögensteuerfestsetzung auf den 1. Januar 1990 an die geänderte Anteilsbewertung der A-AG wurde vor ihrem Ablauf nicht durch einen Antrag der Klägerin gehemmt. Die Klägerin hat erstmals im Januar 2008 und damit erst nach dem Ablauf der Frist beim FA die Änderung der Vermögensteuerfestsetzung beantragt. Der verspätete Antrag hat keine Ablaufhemmung zur Folge.

22

Der im Einspruchs- und Klageverfahren von der R-AG gestellte Antrag auf Änderung der Anteilsbewertung auf den 31. Dezember 1989 ist kein Antrag der Klägerin und betrifft auch nicht die Festsetzung der Vermögensteuer auf den 1. Januar 1990. Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) gibt es zudem keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass die R-AG stellvertretend für die Klägerin beantragt hat, den Vermögensteuerbescheid zu ändern.

23

4. Eine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist für die Vermögensteuer ist auch nicht dadurch eingetreten, dass die R-AG nach der Änderung des Bescheids über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1990 vom 27. März 2006 eine Änderung des Bescheids über die Anteilsbewertung zum 31. Dezember 1989 beantragt hat.

24

Der Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens war bis zur Neufassung des § 11 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) durch das Steueränderungsgesetz 1992 (StÄndG 1992) vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) und das Zinsabschlaggesetz vom 9. November 1992 (BGBl I 1992, 1853, BStBl I 1992, 682) kein Grundlagenbescheid für die Anteilsbewertung (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 1995 II R 21/93, BFH/NV 1996, 593). § 11 Abs. 2 BewG i.d.F. des StÄndG 1992 war erstmals für die Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften auf den 31. Dezember 1992 anzuwenden (§ 124 Abs. 2 BewG i.d.F. des StÄndG 1992).

25

Der gegenüber der R-AG ergangene Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1990 vom 27. März 2006 war danach kein Grundlagenbescheid für die Anteilsbewertung zum 31. Dezember 1989. Er konnte weder zu einer Änderung der Anteilsbewertung der R-AG nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO noch zu einer Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO für die Anteilsbewertung der R-AG führen. Mangels eines Grundlagenbescheids ergeben sich auch keine Auswirkungen auf den Ablauf der Festsetzungsfrist für die Vermögensteuer der Klägerin.

26

5. Es ist mit Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar, dass die Änderung eines (Folge-)Bescheids nach Eintritt der Festsetzungsverjährung unzulässig ist, wenn die Finanzbehörde ihrer Anpassungspflicht aus § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht rechtzeitig nachgekommen ist und der Steuerpflichtige seinerseits keinen rechtzeitigen Antrag i.S. des § 171 Abs. 3 AO gestellt hat. Bei der Ausgestaltung von Verwaltungsverfahren kommt dem Gesetzgeber eine weite Gestaltungsfreiheit zu, insbesondere der Vorrang, zwischen den Erfordernissen der Rechtssicherheit und der Herstellung der Gerechtigkeit im Einzelfall abzuwägen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 1982  2 BvL 26/81, BVerfGE 60, 253, 268). Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes begegnet die in § 171 Abs. 3 AO eröffnete Möglichkeit, den Ablauf der Festsetzungsfrist nur mit einem vor Ablauf gestellten Antrag zu hemmen, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BFH-Urteil vom 24. Januar 2008 VII R 3/07, BFHE 220, 214, BStBl II 2008, 462).

27

6. Das FA ist nicht nach Treu und Glauben verpflichtet, die Vermögensteuerfestsetzung gegenüber der Klägerin trotz Eintritts der Festsetzungsverjährung abzuändern. Die bloße Untätigkeit des FA nach Ergehen eines Grundlagenbescheids kann eine entsprechende Verpflichtung nicht begründen. Die Verjährungsvorschriften dienen der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden, und zwar in gleicher Weise im Interesse der Steuerpflichtigen als auch im Interesse der Allgemeinheit an einem geordneten Arbeitsablauf bei der Finanzverwaltung. Dieser wäre gestört, wenn Steuerbescheide, die sich nachträglich als unrichtig erweisen, ohne zeitliche Begrenzung zugunsten oder zulasten des Steuerpflichtigen geändert werden müssten (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 1999 III R 57/98, BFHE 191, 198, BStBl II 2000, 330).

9
1. Ausgangspunkt der Schadensberechnung ist die Differenzhypothese. Ob und inwieweit ein nach §§ 249 ff BGB zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich regelmäßig nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre (BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 42; vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12, WM 2013, 1323 Rn. 20; vom 5. Februar 2015 - IX ZR 167/13, WM 2015, 790 Rn. 7; vom 10. Dezember 2015 - IX ZR 56/15, z.V.b. Rn. 12). Erforderlich ist ein Gesamtvermögensvergleich , der alle von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen finanziellen Positionen umfasst (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 1997 - IX ZR 286/96, WM 1998, 142 f; vom 20. Januar 2005 - IX ZR 416/00, WM 2005, 999, 1000; vom 7. Februar 2008 - IX ZR 149/04, WM 2008, 946 Rn. 24; vom 5. Februar 2015, aaO). Dieser erfordert hierbei nicht lediglich eine Berücksichtigung von Einzelpositionen, sondern eine Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 2008, aaO; vom 5. Februar 2015, aaO; vom 10. Dezember 2015, aaO).

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

21
5. Entgegen der Ansicht des Revisionsbeklagten ist für die Anrechnung eines Mitverschuldens kein Raum. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann dem Auftraggeber nicht als mitwirkendes Verschulden vorgeworfen werden, er hätte das, worüber ihn sein Berater hätte aufklären sollen , bei entsprechenden Bemühungen auch ohne fremde Hilfe erkennen können (BGH, Urt. v. 19. Dezember 1991 - IX ZR 41/91, NJW 1992, 820; v. 24. Juni 1993 - IX ZR 216/92, NJW 1993, 2747, 2750; v. 18. Dezember 1997 - IX ZR 153/96, WM 1998, 301, 304; v. 9. Dezember 1999 - IX ZR 129/99, NJW 2000, 1263, 1265; v. 6. Februar 2003 - IX ZR 77/02, WM 2003, 1138, 1141; v. 20. März 2008 - IX ZR 238/06, WM 2008, 950, 952 Rn. 17; Zugehör, aaO Rn. 1235).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 440/00 Verkündet am:
6. Dezember 2001
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Ein Feststellungsantrag, mit dem eine Gewährleistungspflicht festgestellt werden
soll, hat die Mängel im einzelnen so genau zu bezeichnen, daß kein Zweifel darüber
entstehen kann, für welche Mängel die Gewährleistungspflicht besteht.
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - VII ZR 440/00 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Oktober 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz von Nachbesserungskosten unter Nr. 2 Abs. 2 des Tenors festgestellt hat (Feststellungsantrag zu 2). Insoweit wird die Klage ebenfalls abgewiesen. Die Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges sowie die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 1 OH 11/96 LG Düsseldorf tragen die Beklagte zu 76 % und die Kläger zu 24 %. Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Beklagte 59 % und die Kläger 41 %.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte errichtete für die Kläger eine Wohnanlage. Die Kläger machen Gewährleistungsansprüche geltend. Sie haben ein selbständiges Beweisverfahren gegen die Beklagte durchgeführt. Auf der Grundlage der Feststellungen des mit der Begutachtung beauftragten Sachverständigen haben sie Zahlung von 64.282,78 DM verlangt. Weiterhin haben sie beantragt festzustellen , daß die Beklagte verpflichtet ist, der Wohnungseigentümergemeinschaft allen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr aus den im selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängeln der Wohnanlage entstanden ist und künftig entsteht (Feststellungsantrag zu 1). Darüber hinaus haben sie beantragt festzustellen, daß die Beklagte die gleiche Verpflichtung für jene gerügten Baumängel treffe, die mangels der benötigten Auszüge aus der Statik sowie der Bewehrungszeichnungen sowie des Wärmeschutznachweises bzw. der Baubeschreibung betreffend Beweisfrage 11, 16 und 18 des Beweissicherungsgutachtens , deren Herausgabe der Beklagten durch Beschluß des Landgerichts Düsseldorf vom 28. Mai 1997 im Verfahren 1 OH 11/96 auferlegt worden sei, nicht hätten festgestellt werden können (Feststellungsantrag zu 2). Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten ist der zu zahlende Betrag auf 53.963,90 DM reduziert worden. Die Berufung gegen das Feststellungsurteil ist mit der Maßgabe erfolglos geblieben , daß die Ersatzpflicht nicht für Schäden, sondern für alle weiteren Nachbesserungskosten festgestellt worden ist. Der Senat hat die Revision der Beklagten hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 2 angenommen. Die Beklagte begehrt Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat im Umfang der Annahme Erfolg. Der Feststellungsantrag zu 2 ist unzulässig. Die Klage ist daher insoweit abzuweisen.

I.

Das Berufungsgericht begründet sein Urteil zum Feststellungsantrag wie folgt: Der Feststellungsantrag sei gemäû § 256 ZPO zulässig und begründet, soweit er sich auf die Kosten der Nachbesserung beziehe. Soweit der Feststellungsantrag auf Ersatz der Kosten für die Baumängel gemäû Beweisfragen 11, 16, 18 des Gutachtens im selbständigen Beweisverfahren gerichtet sei, könne von dem erforderlichen Feststellungsinteresse ausgegangen werden. Der Antrag sei auch begründet, da den Klägern ein Vorschuûanspruch zustehe. Eine Feststellungsklage neben einem Vorschuûanspruch sei zulässig.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung im wesentlichen Punkt nicht stand. 1. Eine Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht des Unternehmers für weitere Nachbesserungskosten kann neben einer Vorschuûklage erhoben werden. Das hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden (BGH, Urteil vom 20. Februar 1986 - VII ZR 318/84 = BauR 1986, 345). Die Angriffe der Revision geben keinen Anlaû, davon abzuweichen. Das Feststellungsinteresse des Bestellers muû sich nicht in der Unterbrechung der Verjährung erschöpfen, sondern kann vor allem darin bestehen, eine rechtskräftige Entscheidung über das Bestehen der Ersatzpflicht für weitere Aufwendungen zu erhalten.
2. Auch bestehen entgegen der Auffassung der Revision keine Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage, soweit der Klageantrag und seine Begründung teilweise auf Unterlagen aus dem selbständigen Beweisverfahren Bezug nehmen. Die Akten des selbständigen Beweisverfahrens sind beigezogen worden und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Es reichte aus, auf die dem Gericht und den Parteien vorliegenden Unterlagen Bezug zu nehmen, § 137 Abs. 3 ZPO. 3. Der Feststellungsantrag zu 2 ist jedoch unzulässig, weil selbst unter Berücksichtigung der Unterlagen aus dem selbständigen Beweisverfahren nicht erkennbar ist, welche Mängel er zum Gegenstand hat. Er genügt deshalb nicht den Anforderungen, die an einen bestimmten Antrag im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu stellen sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 1983 - VIII ZR 231/81 = NJW 1983, 2247, 2250; BGH, Urteil vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 289/99 = NJW 2001, 445).
a) Ein Feststellungsantrag, mit dem eine Gewährleistungspflicht festgestellt werden soll, hat die Mängel im einzelnen so genau zu bezeichnen, daû kein Zweifel darüber entstehen kann, für welche Mängel die Gewährleistungspflicht besteht. Die Bezeichnung zur Konkretisierung des Streitgegenstandes kann auch im Sachvortrag erfolgen (BGH, Urteil vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 289/99 aaO).
b) Diese Voraussetzungen erfüllt der Feststellungsantrag zu 2 nicht. Die Kläger haben nicht dargelegt, welche Mängel Gegenstand des Antrags sind. aa) Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens die Beweisfragen 11, 16 und 18 betreffende Mängel bejaht und festgestellt, daû die Beklagte die weiteren Nachbesserungskosten zu tragen
hat (Feststellungsantrag zu 1). Dem Feststellungsantrag zu 2 liegt die Auffassung der Kläger zugrunde, das Gutachten habe die unter den Beweisfragen 11, 16 und 18 gerügten Mängel nicht vollständig erfaût. Von den nicht erfaûten Mängeln sei wegen einer Beweisvereitelung durch die Beklagte auszugehen. Deshalb könne auch insoweit die Ersatzpflicht festgestellt werden. bb) Es fehlt jegliche konkrete Darlegung, inwieweit das Gutachten und damit auch der Feststellungsantrag zu 1 die gerügten Mängel nicht vollständig erfaût haben. Diese läût sich weder aus der Klageschrift noch aus den weiteren Schriftsätzen und auch nicht aus dem in Bezug genommenen Gutachten oder den anderen Unterlagen aus dem selbständigen Beweisverfahren mit der notwendigen Eindeutigkeit entnehmen.

III.

Der Feststellungsantrag zu 2 ist abzuweisen. Die Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung auf die Bedenken hinsichtlich der Präzisierung der Mängel hingewiesen. Eines gerichtlichen Hinweises bedurfte es nicht mehr.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Ullmann Thode Kuffer Kniffka Bauner

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.