Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 24. Juli 2006 - 3 Ws 213/06

bei uns veröffentlicht am24.07.2006

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - M. vom 16. Mai 2006 aufgehoben.

2. Die Vollstreckung der restlichen Jugendstrafe aus dem Urteil des Landgerichts - Jugendkammer - Z. vom 24. Mai 2000 wird nach Verbüßung von mehr als zwei Dritteln der Strafe zur Bewährung ausgesetzt.

Der Verurteilte ist am 01. August 2006 zu entlassen.

3. Die Bewährungszeit wird auf drei Jahre festgesetzt.

4. Der Verurteilte wird für die Dauer der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt.

5. Dem Verurteilten werden folgende Weisungen erteilt:

a) Er hat seine Wohnung in Y. beizubehalten.

b) Er hat sich unverzüglich um den Abschluss des Arbeitsvertrages mit der Firma C. zu bemühen, die Arbeitsstelle anzutreten und den Vertragsabschluss sowie den Antritt der Arbeitsstelle dem Landgericht Strafvollstreckungskammer -M. sowie dem Bewährungshelfer mitzuteilen.

c) Er hat sich im Falle der Arbeitslosigkeit unverzüglich - unter Benachrichtigung des Bewährungshelfers - bei der Bundesagentur für Arbeit als Arbeit suchend zu melden, sich ernsthaft um ein festes Arbeitsverhältnis zu bemühen und dieses ggf. beizubehalten.

d) Er hat jeden Wechsel des Wohnsitzes und jeden Wechsel der Arbeitsstelle unverzüglich dem Landgericht -Strafvollstreckungskammer -M. sowie dem Bewährungshelfer anzuzeigen.

6. Die Belehrung über die Dauer und das Wesen der Strafaussetzung zur Bewährung wird der Justizvollzugsanstalt X. übertragen.

7. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

 
I.
Der zur Tatzeit (08.07.1999) 18 Jahre und zehn Monate alte und nun vor Vollendung des 26. Lebensjahres stehende S. wurde vom Landgericht Jugendgericht -Z. am 24.05.2000 wegen versuchter sexueller Nötigung und wegen Mordes zu der Jugendstrafe von neun Jahren verurteilt; das Urteil ist seit dem 01.06.2000 rechtskräftig. In dieser Sache befindet er sich seit dem 15.07.1999 ununterbrochen in Haft, zunächst in Untersuchungshaft und seit Rechtskraft des Urteils in Strafhaft. Auf Grund Beschlusses des Amtsgerichts -Vollstreckungsleiter -X. vom 10.09.2004 wird die Jugendstrafe seitdem nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene vollzogen (§ 92 Abs. 2 Satz 3 JGG); die Vollstreckung wurde am 23.09.2004 gem. § 85 Abs. 6 JGG an die Staatsanwaltschaft Z. abgegeben, mit der Folge, dass die Strafvollstreckungskammer nach § 462 a Abs. 1 StPO für die Entscheidung über die Aussetzung der Restjugendstrafe sachlich zuständig wurde. Zwei Drittel der Strafe waren am 12.07.2005 verbüßt; Strafende ist für den 12.07.2008 notiert.
Durch Beschluss vom 13.07.2005 hatte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts M. eine vorzeitige bedingte Entlassung des Verurteilten wegen eines in seiner Person verbleibenden Risikos abgelehnt. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten verwarf der Senat mit Beschluss vom 04.10.2005 als unbegründet. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten, auch zum Vollzugsverlauf verweist der Senat auf die Darstellung in den Gründen jener Entscheidungen.
Der Verurteilte beantragte mit Verteidigerschriftsatz vom 16.01.2006 erneut, ihn vorzeitig bedingt zu entlassen. Die Staatsanwaltschaft Z. als zuständige Vollstreckungsbehörde tritt bei positivem Ergänzungsgutachten einer Reststrafaussetzung nicht entgegen. Der psychiatrische Sachverständige Prof. Dr. F. legte im Anschluss an sein Gutachten vom 24.05.2005 nach am 10.04.2006 durchgeführter Exploration des Verurteilten sein -von der Strafvollstreckungskammer mit Verfügung vom 06.02.2006 in Auftrag gegebenes weiteres psychiatrisches Gutachten vom 27.04.2006 vor. Eine ihre Stellungnahme vom 19.01.2005 fortschreibende Äußerung der Justizvollzugsanstalt X. zum weiteren Vollzugsverlauf erhob die Strafvollstreckungskammer nicht. Den Verurteilten hörte sie im Beisein seines Verteidigers am 16.05.2006 an; von einer mündlichen Anhörung des Sachverständigen sah die Kammer - entgegen dem von dem Verurteilten mit Verteidigerschriftsatz vom 10.04.2006 gestellten Antrag - ab.
Mit Beschluss vom 16.05.2006 lehnte die Strafvollstreckungskammer wiederum eine vorzeitige bedingte Entlassung des Verurteilten ab. Dagegen hat der Verurteilte mit Verteidigerschriftsatz vom 22.05.2006 form- und fristgerecht sofortige Beschwerde erhoben und näher begründet. Mit Verteidigerschriftsatz vom 13.07.2006 hat er ergänzend die Bescheinigung der Justizvollzugsanstalt X. -Sozialtherapeutischen Abteilung - vom 27.05.2004 über die Teilnahme am Behandlungsprogramm für Sexualdelinquenten in der Zeit vom März 2003 bis Mai 2004, das Zeugnis der IHK R. vom 26.06.2002 über das Bestehen der Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf "Teilezurichter", deren Zeugnis vom 01.07.2004 über das Bestehen der Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf "Industriemechaniker" sowie die Anmeldebestätigung vom 01.06.2005 bzgl. der Wohnung in Y. vorgelegt; den diesbezüglichen Mietvertrag reichte er mit Verteidigerschriftsatz vom 17.07.2006 nach ebenso eine Bestätigung der Fa. C. vom 12.05.2006 über die Arbeitsplatzzusage.
Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe beantragt mit Schrift vom 09.06.2006, das Rechtsmittel als unbegründet zu verwerfen.
Die Justizvollzugsanstalt X. hat - auf Anforderung des Senats -in Fortschreibung ihrer Stellungnahme vom 19.01.2005 unter dem 19.07.2006 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben, zu der der Senat den Verfahrensbeteiligten rechtliches Gehör gewährt hat (BVerfG NJW 1964, 293).
II.
Das zulässige Rechtsmittel des Verurteilten hat Erfolg.
Die formellen und materiellen Voraussetzungen der §§ 57 Abs. 1 StGB, 88 Abs. 1 JGG, unter denen die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe, hier der Jugendstrafe von 9 Jahren, zur Bewährung aussetzbar ist, liegen nun nach Verbüßung von mehr als zwei Dritteln vorliegend gar 7/9 - der Strafe vor. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des - bei Tatbegehung noch heranwachsenden und nun erwachsenen -Verurteilten, seines Vorlebens, der Umstände seiner Tat, seines Verhaltens und seiner Entwicklung im Vollzug, seiner Lebensverhältnisse und der Wirkungen, die von der Aussetzung der Reststrafe für ihn zu erwarten sind, ist es jetzt - auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit und ohne Vernachlässigung des Ausmaßes der Schuld, die der Verurteilte auf sich geladen hat verantwortbar, die Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe von noch etwa zwei Jahren zur Bewährung auszusetzen.
Die Verantwortungsklausel der §§ 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB, 88 Abs. 1 JGG fordert die Wahrscheinlichkeit des Erfolges der Aussetzung der Vollstreckung, wobei die Kriterien des "Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit" und des "Gewichts des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsgutes" dem Wahrscheinlichkeitsurteil Grenzen setzen; außerdem ist vorliegend, da sich der Verurteilte bis 10.09.2004 im Jugendstrafvollzug befand, der diesen beherrschende Erziehungsgedanke zu beachten. In diesem Rahmen setzt das mit der Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung verbundene "Erprobungswagnis" keine Gewissheit künftiger Straffreiheit voraus (vgl. schon OLG Karlsruhe StV 1993, 260; Senat StV 2002, 322; BVerfG B. v. 05.10.2004 -2 BvR 558/04 -); dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit ist jedoch in angemessener Weise Rechnung zu tragen. Erforderlich ist, dass eindeutig festzustellende positive Umstände die Erwartung i. S. einer wirklichen nahe liegenden Chance rechtfertigen, dass der Verurteilte im Falle seiner Freilassung nicht mehr straffällig wird. Dies entspricht ebenso der ständigen Rechtsprechung des Senats wie die Einschränkung, dass nicht aufklärbare Zweifel, ob solche Umstände in zureichendem Maße vorliegen, zu Lasten des Verurteilten gehen (vgl. Senat a.a.O.; vgl. auch Senat B. v. 16.02.2004 -3 Ws 252/03 -). Bezüglich möglicher Straftaten ist zwar ein Restrisiko einzugehen, zumal ein solches jeder vorausschauenden Beurteilung der weiteren Lebensführung, insbesondere einer Gefahrenprognose zwangsläufig immanent ist; ob dieses Restrisiko vertretbar oder unvertretbar ist, ist durch eine Gesamtabwägung aller entscheidungserheblicher Umstände zu ermitteln. Dabei kommt - wie schon eingangs betont - dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit besonderes Gewicht zu; je höherwertige Rechtsgüter in Gefahr kommen können, umso geringer muss das Risiko eines Rückfalls sein; dies gilt vor allem, wenn - wie hier - der Verurteilung ein Verbrechen gegen das Leben zugrunde liegt. Dies bedeutet indes nicht, dass in diesen Fällen eine vorzeitige Entlassung grundsätzlich ausgeschlossen ist (BVerfG NJW 1998, 2202); es wäre mit Art. 2 Abs. 2 GG nicht vereinbar, im Anwendungsbereich des § 57 Abs. 1 StGB die Aussetzung der Restfreiheitsstrafe im Allgemeinen allein aus Gründen der Schwere der Schuld des Verurteilten, der Generalprävention und der Verteidigung der Rechtsordnung zu versagen (BVerfG NJW 1994, 378; Senat B. v. 04.10.2005 -3 Ws 376/05 -). Bei solchen und sonstigen besonders gefährlichen Taten ist vielmehr eine erhöhte Wahrscheinlichkeit künftiger straffreier Führung zu verlangen (BVerfG NJW 2000, 502, 503). Da es sich vorliegend bei der Anlasstat um Mord handelt, ist auch das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit hoch zu veranschlagen (BVerfG NJW 1998, 2202, 2203). Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Verurteilte ein neues schweres Verbrechen begehen werde, so kommt eine Strafaussetzung nicht in Betracht; umgekehrt schließt die Verantwortungsklausel der §§ 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB, 88 Abs. 1 JGG es auch hier mit ein, dass ein vertretbares Restrisiko eingegangen wird (BVerfG NJW 1998, 2202, 2203; 1986, 767, 769); wäre ein völliger Risikoausschluss vorausgesetzt, liefe die Bestimmung des § 57 Abs. 1 StGB leer (vgl. etwa OLG Karlsruhe StV 2000, 156, 157). Nicht zuletzt zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Rechtsbrechern hat sich daher das Gericht dem Gebot bestmöglicher Sachaufklärung (BVerfGE 70, 297,309 = NJW 1986, 767, 768; NJW 2000, 502, 503) genügend - ein möglichst umfassendes Bild über den Verurteilten zu verschaffen und zwar bei Straftaten der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StPO bezeichneten Art - wie vorliegend - durch Einholung eines prognostischen Sachverständigengutachtens (§ 454 Abs. 2 StPO). Selbst bei derartigen Gewaltdelikten ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zugleich - auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (BVerfG NJW 1986, 767, 769) - zu berücksichtigen, dass mit zunehmender Dauer des Freiheitsentzuges der Anspruch des Verurteilten auf Achtung seiner Menschenwürde und seiner persönlichen Freiheit zunehmendes Gewicht gewinnt (BVerfG NJW 1998, 2202); deshalb gewinnen für die Prognoseentscheidung i. d. R. die Umstände, die - wie das Verhalten im Vollzug sowie die augenblicklichen und künftig zu erwartenden Lebensverhältnisse des Verurteilten -Erkenntnisse über das Erreichen des Vollzugsziels (§ 2 StVollzG) und damit wichtige Informationen für die Kriminalprognose vermitteln, gegenüber den Umständen der Straftat des Verurteilten mit zunehmender Dauer des Freiheitsentzugs ebenfalls zunehmende Bedeutung (BVerfG NStZ 2000, 109, 110 = NJW 2000, 502, 504); insbesondere sind die Erfahrungen, die die Vollzugsanstalt, aber auch der Verurteilte selbst aus ihm gewährten Vollzugslockerungen gewonnen haben, für die Gefahren- bzw. Kriminal- und Sozialprognose von entscheidungserheblichem Gewicht (vgl. BVerfG NJW 2000, 501, 502).
10 
Unter Anlegung dieses Maßstabes hat der Senat bei der vorausschauenden Beurteilung im Wesentlichen folgende Gesichtspunkte erwogen und als bestimmend erachtet:
11 
Der Verurteilte, der ein noch junger Erwachsener ist, befindet sich erstmals im Strafvollzug, der nun über mehr als sieben Jahre andauert; er ist - bis zur Begehung der verfahrensgegenständlichen Tat strafrechtlich nicht in Erscheinung getretener - sog. "Erstverbüßer", bei denen i. d. R. anzunehmen ist, dass sie vom erlittenen Strafvollzug nachhaltig beeindruckt sind (vgl. etwa Senat B. v. 20.05.2005 -3 Ws 143/05 -; Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 57 Rdnr. 14 m.N.). Der Zwei-Drittel-Termin (§ 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB), zu dem der Rest einer Freiheitsstrafe bei Erfüllung der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen auszusetzen ist (Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 57 Rdnr. 20 m. N.), liegt bereits mehr als ein Jahr zurück; in diesem Zeitraum wurde der Verurteilte der weiteren Einwirkung des Strafvollzugs unterzogen.
12 
Die in der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt X. vom 19.01.2005 mitgeteilte vollzugliche Entwicklung des Verurteilten ließ - für sich allein genommen - dessen bedingte Entlassung bereits zum Zwei-Drittel-Zeitpunkt vertretbar erscheinen. Auch der - vom Senat nach § 454 Abs. 1 Satz 2 StPO angeforderte -aktualisierte, das zwischenzeitliche Verhalten und die weitere Entwicklung des Verurteilten im Vollzug darstellende Bericht der Justizvollzugsanstalt X. vom 19.07.2006, deren Einholung die Strafvollstreckungskammer verfahrensfehlerhaft unterlassen hatte (vgl. hierzu Senat B. v. 07.11.2005 -3 Ws 458/05 -; OLG Düsseldorf NStE Nr. 19 zu § 454 StPO), trägt die Einschätzung, dass die vorzeitige bedingte Entlassung des Verurteilten, gemessen an diesen Gesichtspunkten, verantwortbar ist:
13 
Der Verurteilte hatte seit Juni 2000 bis Oktober 2004 in der Sozialtherapeutischen Abteilung der Justizvollzugsanstalt X. an wöchentlich stattfindenden psychotherapeutischen Einzelgesprächen teilgenommen, die für ihn eine wichtige, zur Persönlichkeitsreifung beitragende Rolle spielten (vgl. hierzu näher das im Auftrag des Justizministeriums Baden-Württemberg im Hinblick auf die Gewährung von Vollzugslockerungen erstattete befürwortende nervenärztliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B. vom 03.06.2004). Außerdem unterzog sich der Verurteilte dem von der Vollzugsanstalt in der Zeit vom März 2003 bis Mai 2004 durchgeführten Behandlungsprogramm für Sexualstraftäter, wobei zwar sein Erkenntniszuwachs durch letztere Gruppenbehandlung eher mittelmäßig erschien, er sich aber in der Auseinandersetzung mit seiner Tat insgesamt offen und reflektiert zeigte und sich ein schlüssiges Konzept zur Rückfallvermeidung erarbeiten konnte. Der Verurteilte erlernte während des Vollzuges zwei Berufe; die jeweiligen Abschlussprüfungen bestand er mit der Note "befriedigend". Er hat nach Einschätzung der Justizvollzugsanstalt in seiner Persönlichkeit eine Nachreifung erfahren, die ihn erkennbar erwachsener, kritikfähiger und nachdenklicher wirken lässt. Seit Sommer 2004 erhielt er häufig Gelegenheit, sich in der Wahrnehmung von Vollzugslockerungen, die ihm in der Gestalt von Ausgängen und mehrtägigem Urlaub gewährt wurden, zu bewähren; die dadurch gewonnene "kontrollierte" Freiheit hat er in keinem Fall missbraucht, insbesondere nicht durch die Begehung von Straftaten; die Erprobung verlief jeweils beanstandungsfrei. Gleiches gilt für den offenen Vollzug, in dem er seit Februar 2005 im Freigängerheim in M. untergebracht ist und aus dem er regelmäßig Wochenendurlaub erhält. Seitdem ist er bei der Fa. K. in M. beschäftigt; seine Arbeitsleistung und sein Sozialverhalten werden als mittlerweile sehr zufrieden stellend bewertet. Der noch im geschlossenen Vollzug festgestellte unerlaubte Besitz von 0,9 g Marihuana, weswegen der Verurteilte vom Amtsgericht X. am 20.06.2002 zu der Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je EUR 5 verurteilt worden ist, fällt demgegenüber nicht mehr maßgeblich zu Lasten des Verurteilten ins Gewicht, zumal er sich von der Gruppe Mitgefangener in X., die Cannabis konsumierten, in der Folgezeit distanzierte, Urinproben bis dato negativ ausfielen und keine sonstigen Anhaltspunkte für andauernden Drogenkonsum ersichtlich sind.
14 
Die Entlassungssituation des Verurteilten erscheint gesichert und nicht ungünstig. Er verfügt seit Januar 2006 über eine eigene, von seiner Schwester übernommene Mietwohnung in Y., die er bereits zuvor während seines jeweiligen Hafturlaubs nutzte. Er hat nach seiner Entlassung eine Arbeitsstelle als Hausmeister bei der Fa. C. in Festanstellung in Aussicht, wenn auch nicht in einem seiner während des Vollzugs erlernten Berufe. Das Verhältnis zur Mutter und zur -zwischenzeitlich in die USA verzogenen Schwester wird als herzlich, die Haltung gegenüber der Mutter zugleich als distanzierter und kritischer geschildert.
15 
Hinzu kommt:
16 
Der psychiatrische Sachverständige Prof. Dr. F. konnte ausweislich seines ersten -kriminalprognostischen Gutachtens vom 24.05.2005 im psychischen Befund, im Umgang des Verurteilten mit der weniger durch persönlichkeitseigene, als durch situative Faktoren bestimmten Tat, in dessen sexuellen Fantasien und in der Reifeentwicklung keine konkreten Kriterien erkennen bzw. solche benennen, auf Grund derer zu befürchten wäre, dass der Verurteilte nach einer Entlassung erneute gravierende Straftaten begehen würde. In Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Prof. Dr. B. sieht Prof. Dr. F. wegen der wenig kritischen Haltung des Verurteilten zu einem möglichen Drogenkonsum allenfalls ein geringes, derzeit auch nur abstraktes Risiko hinsichtlich etwaiger Betäubungsmitteldelikte.
17 
Der in der Folgezeit in der Person des Verurteilten neu hervorgetretene Gesichtspunkt, der zu der eine vorzeitige Entlassung ablehnenden Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 13.07.2005 und der des Senats vom 04.10.2005 führte, war Gegenstand der von der Strafvollstreckungskammer im Zuge der neuerlichen Prüfung der Entlassungsreife des Verurteilten am 06.02.2006 in Auftrag gegebenen wiederholten Begutachtung des Verurteilten durch den Sachverständigen Prof. Dr. F. In seinem Prognosegutachten vom 27.04.2006 führt der Sachverständige nach nochmaliger eingehender Exploration des Verurteilten nachvollziehbar aus, dass - entgegen der Bedenken der Strafvollstreckungskammer, der Generalstaatsanwaltschaft und des Senats insbesondere die gehemmte Orgasmusfähigkeit des Verurteilten keinesfalls einen Risikofaktor für eine etwaige künftige Sexual- oder sonstige Delinquenz des Verurteilten darstellt. Zusammenfassend gelangt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass aus psychiatrischer Sicht nach dem zwischenzeitlichen Zeitablauf weiterhin von einer günstigen Prognose insofern auszugehen ist, als sich nach wie vor, insbesondere aus der Freizeitgestaltung, der Beziehungssituation, den von dem Verurteilten berichteten sexuellen Erlebnissen und dem psychischen Befund keine konkreten Kriterien benennen lassen, auf Grund derer zu befürchten wäre, dass der Verurteilte bei einer bedingten Entlassung erneute gravierende Straftaten begehen würde.
18 
Entgegen der Auffassung der Strafvollstreckungskammer liegen der Wertung des Sachverständigen durchaus eindeutig festgestellte positive Umstände und zwar in ausreichendem Maße zugrunde, die die günstige Prognose i. S. d. §§ 88 Abs. 1 JGG, 57 Abs. 1 StGB tragen, vor allem die Annahme, dass bei dem Verurteilten keine Gefahr mehr besteht, dass dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht (454 Abs. 2 Satz 2 StPO). Der Sachverständige schließt aus seiner Sicht nicht lediglich eine negative Prognose aus, bejaht vielmehr eine positive Prognose. Auch der Senat kann bei der ihm als ureigene Aufgabe selbständig obliegenden prognostischen Beurteilung (vgl. BVerfG NJW 1986, 767, 768) der von der Justizvollzugsanstalt mitgeteilten sowie der von dem Sachverständigen festgestellten und bewerteten Umstände heute -mehr als 7 Jahre nach Beginn der Freiheitsentziehung - in der Person des Verurteilten eine Rückfallgefahr ohne unvertretbares Restrisiko ausschließen . Mit den Ausführungen des Sachverständigen ist vor dem Hintergrund der vom Äußeren her unveränderten konkreten Lebenssituation des Verurteilten im Freigängerheim und an seiner Arbeitsstelle in Anbetracht des regelmäßigen und unauffälligen Verhaltens des Verurteilten während der Absolvierung der Vollzugslockerungen, vor allem im offenen Vollzug, der regelmäßigen Arbeitstätigkeit und der stets negativen Urinkontrollen eine weitere Reifung und Stabilisierung in der Persönlichkeit des Verurteilten zu konstatieren. Dies erhellt schließlich aus einer vergleichenden Betrachtung der zur Tatzeit (08.07.1999) gegebenen Reifeverzögerung des Verurteilten. Insoweit musste die erkennende Jugendkammer des Landgerichts Stuttgart in ihrem Urteil vom 24.05.2000 noch feststellen:
19 
"Der Angeklagte war bei Tatbegehung 18 Jahre und zehn Monate alt, also Heranwachsender im Sinne des § 1 JGG. Er war im Zeitpunkt der Tatbegehung gerade dabei, den Hauptschulabschluss abzulegen. Seine schulische Entwicklung ist daher deutlich verzögert. Dem Angeklagten war es auch nicht gelungen, eine realitätsbezogene Zukunftsperspektive zu entwickeln. Seine bis zur Tatzeit bestehende Lebensführung ist durch Leistungsverweigerung, Ausweichverhalten, Drogengenuss sowie Ablenkung durch Spiele und Modellbau gekennzeichnet. Sie trägt daher Züge unausgereift jugendlichen Verhaltens. Der Angeklagte hatte sich im Tatzeitpunkt vom Elternhaus noch nicht gelöst. Er war materiell von seinen Eltern abhängig. Dass er familiären Konflikten und den sich aus der Adoleszenz ergebenden Problemen seit Jahren ausgewichen ist und sich von den Familienmitgliedern weitgehend zurückgezogen hat, ist Ausdruck einer Verdrängung der Konflikte und nicht des Versuches, diese zu lösen. Es kommt hinzu, dass es dem Angeklagten bisher nicht gelungen ist, seine sexuellen Wünsche und Bedürfnisse in seine Persönlichkeit zu integrieren."
20 
Die damalige Reifeverzögerung in der Person des Verurteilten ist mithin nun nicht nur "nicht mehr nachweisbar", sie erscheint vielmehr aufgearbeitet. Diesem Umstand misst der Senat - entgegen der Einschätzung der Strafvollstreckungskammer und der Generalstaatsanwaltschaft - besondere Bedeutung und Gewicht für die zu stellende Kriminalprognose bei und zwar in positivem Sinne (vgl. wegen der gebotenen vergleichenden Betrachtungsweise zur Begründung einer überzeugenden Prognose: BVerfG NJW 2000, 502, 504). Denn die Anlasstat des Verurteilten vom 08.07.1999 wurde weniger durch dauerhaft in dessen Persönlichkeit verankerte psychische Faktoren/Strukturanteile, insbesondere nicht durch eine sexuelle Fixierung etwa im Sinne einer Perversion ausgelöst, sondern durch in der Reifeentwicklung begründete Defizite; in der Tat kamen vorwiegend situative Faktoren zum Ausdruck; sie war Gipfelpunkt einer Störung der Persönlichkeitsreifung des heranwachsenden, noch einem Jugendlichen gleichstehenden Verurteilten. Die Täter-Opfer-Konstellation war hier entwicklungsspezifisch im Rahmen einer Reifungskrise ein- und dem jugendlichen Alter des Verurteilten zuzuordnen (vgl. die Gründe des Urteils der erkennenden Jugendkammer; vgl. auch das im Erkenntnisverfahren erstattete Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B. vom 30.12.1999; im Vollstreckungsverfahren erstattetes Gutachten desselben vom 03.06.2004; Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. F. vom 24.05.2005).
21 
Vorhanden sind allerdings noch eine leichte Unsicherheit des Verurteilten in der Aufnahme von Beziehungen und eine - zu erhöhtem Nikotinkonsum führende -Belastungsanfälligkeit bei Mehrfachbelastung; diese Defizite erachtet der Senat mit dem Sachverständigen aber bei der gebotenen Gesamtwürdigung nicht als geeignet ist, den Bestand der dem Verurteilten gestellten günstigen Kriminal- und Sozialprognose zu gefährden, zumal sich die Zukunftsplanungen des Verurteilten, insbesondere was die bereits innegehabte Wohnung und die in Aussicht stehende Arbeitsstelle angeht, als adäquat und realistisch erweisen. Hinzu kommt, dass der Verurteilte in finanzieller Hinsicht schuldenfrei ist. Die Wiedereingliederung des Verurteilten in ein normalisiertes Leben erscheint gewährleistet.
22 
Die Voraussetzungen einer Reststrafenaussetzung zur Bewährung sind nach alledem - auch in Anbetracht der nach §§ 56 c, 56 d StGB zur Unterstützung eines beanstandungsfreien Bewährungsverlaufs getroffenen flankierenden Maßnahmen - nun zu bejahen.
III.
23 
Einer mündlichen Anhörung des Sachverständigen, die nach der Bestimmung des § 454 Abs. 2 Satz 3 StPO grundsätzlich geboten ist , bedurfte es hier vor der Entscheidung des Senats nicht.
24 
Zum Einen ist der Anspruch des Verurteilten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gewahrt (vgl. etwa OLG Stuttgart Die Justiz 2003, 88). Der Verurteilte und sein Verteidiger hatten von dem Inhalt der Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. F. Kenntnis genommen und Gelegenheit, hierzu, insbesondere bei der am 16.05.2006 in Anwesenheit des Verteidigers von der Strafvollstreckungskammer durchgeführten mündlichen Anhörung des Verurteilten Stellung zu nehmen. Zum Anderen hegt der Senat keine Zweifel hinsichtlich der Sach- und Fachkunde des Sachverständigen, der Zuverlässigkeit der von ihm gewonnenen Erkenntnisse über die Persönlichkeitsstruktur des Verurteilten und dessen Entwicklung im Vollzug und der von dem Sachverständigen - vom Senat ebenfalls selbständig zu beurteilenden -gezogenen Schlussfolgerungen. Bezüglich der der gestellten Kriminal- und Sozialprognose zugrunde liegenden Tatsachen und deren sachverständiger Bewertung besteht kein weiterer Aufklärungsbedarf, zumal Einwendungen gegen diese seitens des Verurteilten und seines Verteidigers nicht erhoben werden.
25 
Die Generalstaatsanwaltschaft ihrerseits, die gegen das Absehen von der mündlichen Anhörung des Sachverständigen als solches nichts erinnert, stellt mit ihrem Verwerfungsantrag vom 09.06.2006 ebenfalls die Richtigkeit der dem Gutachten zugrunde liegenden Tatsachen und der von dem Sachverständigen gewonnenen Erkenntnisse über die Persönlichkeitsstruktur sowie die Reifeentwicklung des Verurteilten nicht in Frage; sie wertet diese Umstände lediglich in ihrem Zusammenwirken als nicht genügend für die Stellung einer günstigen Kriminalprognose, ohne aber weitere Aufklärungsmöglichkeiten bezüglich der Ausführungen des Sachverständigen durch dessen mündliche Anhörung aufzuzeigen. Sind aber die prognostisch relevanten Tatsachen und Umstände - wie vorliegend -vollständig ermittelt, obliegt es nunmehr dem Gericht, im Zuge der ihm vorbehaltenen normativen Gesamtwürdigung zu beurteilen, ob sie nach den Bestimmungen der §§ 57 Abs. 1 StGB, 88 Abs. 1 JGG ausreichend sind, die Aussetzung der Vollstreckung des Restes der (Jugend-) Strafe unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantworten zu können.
IV.
26 
Der Senat hebt nach alledem auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten die angefochtene Entscheidung der Strafvollstreckungskammer auf und ordnet die vorzeitige bedingte Entlassung des Verurteilten an.
27 
Der Senat setzt den Entlassungstag auf den 01.08.2006 fest, damit die Entlassung des Verurteilten mit der gebotenen Sorgfalt vorbereitet werden kann.
28 
Der Verurteilte wird auch seitens des Senats darauf hingewiesen, dass er, wenn er während der Bewährungszeit - wider Erwarten -Straftaten begeht, sich der Aufsicht des Bewährungshelfers entzieht oder den erteilten Weisungen in zurechenbarer Weise nicht Folge leistet, mithin das mit vorliegender Entscheidung des Senats in ihn gesetzte Vertrauen enttäuscht, mit dem Widerruf der Strafaussetzung zu rechnen hat.
V.
29 
Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.

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Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Vollzugsziel). Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 85 Abgabe und Übergang der Vollstreckung


(1) Ist Jugendarrest zu vollstrecken, so gibt der zunächst zuständige Jugendrichter die Vollstreckung an den Jugendrichter ab, der nach § 90 Abs. 2 Satz 2 als Vollzugsleiter zuständig ist. (2) Ist Jugendstrafe zu vollstrecken, so geht nach der Au

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 92 Rechtsbehelfe im Vollzug


(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Jugendarrestes, der Jugendstrafe und der Maßregeln der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt (§ 61 Nr. 1 und 2 des Strafge

Strafprozeßordnung - StPO | § 66 Eidesleistung bei Hör- oder Sprachbehinderung


(1) Eine hör- oder sprachbehinderte Person leistet den Eid nach ihrer Wahl mittels Nachsprechens der Eidesformel, mittels Abschreibens und Unterschreibens der Eidesformel oder mit Hilfe einer die Verständigung ermöglichenden Person, die vom Gericht h

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 24. Juli 2006 - 3 Ws 213/06 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 24. Juli 2006 - 3 Ws 213/06 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 16. Feb. 2004 - 3 Ws 252/03

bei uns veröffentlicht am 16.02.2004

Tenor Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - M. vom 09. Oktober 2003 wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen. Gründe   1  I. B. K. wurde durch Urteil de
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 24. Juli 2006 - 3 Ws 213/06.

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2018 - StB 33/17

bei uns veröffentlicht am 11.01.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS StB 33/17 vom 11. Januar 2018 in dem Strafvollstreckungsverfahren gegen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung u.a. hier: sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen di

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 11. Apr. 2016 - 11 S 393/16

bei uns veröffentlicht am 11.04.2016

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Februar 2016 - 6 K 5836/15 - wird zurückgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert für das Beschwerdeverfah

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(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Jugendarrestes, der Jugendstrafe und der Maßregeln der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt (§ 61 Nr. 1 und 2 des Strafgesetzbuches) oder in der Sicherungsverwahrung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Für die Überprüfung von Vollzugsmaßnahmen gelten die §§ 109 und 111 bis 120 Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes sowie § 67 Absatz 1, 2 und 5 und § 67a Absatz 1 entsprechend; das Landesrecht kann vorsehen, dass der Antrag erst nach einem Verfahren zur gütlichen Streitbeilegung gestellt werden kann.

(2) Über den Antrag entscheidet die Jugendkammer, in deren Bezirk die beteiligte Vollzugsbehörde ihren Sitz hat. Die Jugendkammer ist auch für Entscheidungen nach § 119a des Strafvollzugsgesetzes zuständig. Unterhält ein Land eine Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe auf dem Gebiet eines anderen Landes, können die beteiligten Länder vereinbaren, dass die Jugendkammer bei dem Landgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die für die Einrichtung zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat.

(3) Die Jugendkammer entscheidet durch Beschluss. Sie bestimmt nach Ermessen, ob eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird. Auf Antrag des Jugendlichen ist dieser vor einer Entscheidung persönlich anzuhören. Hierüber ist der Jugendliche zu belehren. Wird eine mündliche Verhandlung nicht durchgeführt, findet die Anhörung in der Regel in der Vollzugseinrichtung statt.

(4) Die Jugendkammer ist außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 mit einem Richter besetzt. Ein Richter auf Probe darf dies nur sein, wenn ihm bereits über einen Zeitraum von einem Jahr Rechtsprechungsaufgaben in Strafverfahren übertragen worden sind. Weist die Sache besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art auf oder kommt ihr grundsätzliche Bedeutung zu, legt der Richter die Sache der Jugendkammer zur Entscheidung über eine Übernahme vor. Liegt eine der Voraussetzungen für eine Übernahme vor, übernimmt die Jugendkammer den Antrag. Sie entscheidet hierüber durch Beschluss. Eine Rückübertragung ist ausgeschlossen.

(5) Für die Kosten des Verfahrens gilt § 121 des Strafvollzugsgesetzes mit der Maßgabe, dass entsprechend § 74 davon abgesehen werden kann, dem Jugendlichen Kosten und Auslagen aufzuerlegen.

(6) Wird eine Jugendstrafe gemäß § 89b Abs. 1 nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene vollzogen oder hat der Jugendliche im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet, sind die Absätze 1 bis 5 nicht anzuwenden. Für die Überprüfung von Vollzugsmaßnahmen gelten die Vorschriften der §§ 109 bis 121 des Strafvollzugsgesetzes.

(1) Ist Jugendarrest zu vollstrecken, so gibt der zunächst zuständige Jugendrichter die Vollstreckung an den Jugendrichter ab, der nach § 90 Abs. 2 Satz 2 als Vollzugsleiter zuständig ist.

(2) Ist Jugendstrafe zu vollstrecken, so geht nach der Aufnahme des Verurteilten in die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe die Vollstreckung auf den Jugendrichter des Amtsgerichts über, in dessen Bezirk die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe liegt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß die Vollstreckung auf den Jugendrichter eines anderen Amtsgerichts übergeht, wenn dies aus verkehrsmäßigen Gründen günstiger erscheint. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(3) Unterhält ein Land eine Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe auf dem Gebiet eines anderen Landes, so können die beteiligten Länder vereinbaren, daß der Jugendrichter eines Amtsgerichts des Landes, das die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe unterhält, zuständig sein soll. Wird eine solche Vereinbarung getroffen, so geht die Vollstreckung auf den Jugendrichter des Amtsgerichts über, in dessen Bezirk die für die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Die Regierung des Landes, das die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe unterhält, wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß der Jugendrichter eines anderen Amtsgerichts zuständig wird, wenn dies aus verkehrsmäßigen Gründen günstiger erscheint. Die Landesregierung kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(4) Absatz 2 gilt entsprechend bei der Vollstreckung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 61 Nr. 1 oder 2 des Strafgesetzbuches.

(5) Aus wichtigen Gründen kann der Vollstreckungsleiter die Vollstreckung widerruflich an einen sonst nicht oder nicht mehr zuständigen Jugendrichter abgeben.

(6) Hat der Verurteilte das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet, so kann der nach den Absätzen 2 bis 4 zuständige Vollstreckungsleiter die Vollstreckung einer nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene vollzogenen Jugendstrafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung an die nach den allgemeinen Vorschriften zuständige Vollstreckungsbehörde abgeben, wenn der Straf- oder Maßregelvollzug voraussichtlich noch länger dauern wird und die besonderen Grundgedanken des Jugendstrafrechts unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Verurteilten für die weiteren Entscheidungen nicht mehr maßgebend sind; die Abgabe ist bindend. Mit der Abgabe sind die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Strafvollstreckung anzuwenden.

(7) Für die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft im Vollstreckungsverfahren gilt § 451 Abs. 3 der Strafprozeßordnung entsprechend.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - M. vom 09. Oktober 2003 wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen.

Gründe

 
I. B. K. wurde durch Urteil des Landgerichts D. vom 16.06.1995 wegen besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Überlassen einer Schusswaffe an einen Nichtberechtigten, wegen unerlaubten Erwerbs einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung (Tatzeitraum Februar 1991) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Der Verurteilte befindet sich in dieser Sache seit dem 07.02.1994 in Haft, zunächst in Untersuchungshaft und seit dem 26.10.1995 in Strafhaft. Die Hälfte der Strafe war am 06.05.2001 vollstreckt. Zwei-Drittel-Termin war der 06.10.2003, Strafende ist für den 06.08.2008 notiert.
Mit Beschluss vom 27.09.2001 hatte die Strafvollstreckungskammer eine bedingte Entlassung des Verurteilten schon nach Verbüßung der Hälfte der Gesamtfreiheitsstrafe abgelehnt. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde des Verurteilten war ohne Erfolg geblieben.
Mit Beschluss vom 09.10.2003 hat es die Strafvollstreckungskammer abgelehnt, nach Verbüßung von zwei Dritteln der Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren und sechs Monaten die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe von damals noch vier Jahren und zehn Monaten zur Bewährung auszusetzen. Dagegen hat der Verurteilte mit Schreiben vom 15.10.2003 sowie mit Verteidigerschriftsatz vom 20.10.2003 form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er - unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung - seine bedingte Entlassung, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an die Strafvollstreckungskammer zu neuer Entscheidung erstrebt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Schrift vom 09.12.2003 auf Verwerfung des Rechtsmittels als unbegründet angetragen. Sie hält den Inhalt der fraglichen TÜ-Protokolle im vorliegenden Vollstreckungsverfahren - siehe dazu nachstehend II. - für verwertbar. Der Verurteilte ist mit Schreiben vom 28.12.2003 und mit Verteidigerschriftsatz vom 29.12.2003 entgegengetreten.
II. Das Rechtsmittel des Verurteilten hat keinen Erfolg.
Nach § 57 Abs. 1 StGB setzt das Gericht die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe nach Verbüßung von (mehr als) zwei Dritteln der verhängten Strafe zur Bewährung aus, wenn dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann. Bei der Entscheidung sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Taten, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten des Verurteilten im Vollzug, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
Die Verantwortungsklausel des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB fordert als Voraussetzung für eine vorzeitige bedingte Entlassung die Wahrscheinlichkeit des Erfolges der Aussetzung der Vollstreckung, wobei insbesondere die Kriterien des „Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit“ und des „Gewichts des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsgutes“ dem Wahrscheinlichkeitsurteil Grenzen setzen (Senat StV 2002, 322; BGH NStZ-RR 2003, 200 = StraFo 2003, 255 = StV 2003, 678 = BGHR StGB § 57 Abs. 1 Erprobung 2). Bei Straftaten der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB bezeichneten Art, die mit einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren geahndet wurden - wie vorliegend -, sind die zu stellenden Anforderungen dahin verschärft, dass - was zu gegebener Zeit gutachterlich zu klären ist (§ 454 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO) - das Fortbestehen der durch die Tat zu Tage getretenen Gefährlichkeit des Verurteilten auszuschließen ist. In diesem Rahmen setzt das mit der Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung verbundene „Erprobungswagnis“ keine Gewissheit künftiger Straffreiheit voraus; es genügt, wenn - eindeutig festzustellende - positive Umstände die Erwartung im Sinne einer wirklichen Chance rechtfertigen, dass der Verurteilte im Falle seiner Freilassung nicht mehr straffällig, sondern die Bewährungszeit durchstehen werde. Dies entspricht ebenso der ständigen Rechtsprechung des Senats, wie die Einschränkung, dass nicht aufklärbare Unsicherheiten und Zweifel, ob solche Umstände in zureichendem Maße vorliegen, zu Lasten des Verurteilten gehen (vgl. letzthin Senat B. v. 07.01.2004 - 3 Ws 276/03 -). Bezüglich möglicher Straftaten ist zwar ein Restrisiko einzugehen; ob dieses vertretbar ist, ist durch eine Gesamtabwägung aller entscheidungserheblicher Umstände zu ermitteln. Dabei kommt - wie schon eingangs betont - dem Sicherheitsanliegen der Allgemeinheit aber besonderes Gewicht zu (BVerfG NJW 1998, 2202); je höherwertige Rechtsgüter in Gefahr kommen können, um so geringer muss das Risiko eines Rückfall sein. Auch insoweit gehen verbleibende Zweifel an einer hinreichend günstigen Sozial- und Kriminalprognose zu Lasten des Verurteilten.
Dies bedeutet, dass je nach Schwere der Straftaten, die vom Verurteilten nach Erlangung der Freiheit im Falle eines Bewährungsbruches zu erwarten stünden (vgl. § 57 Abs. 1 Satz 2 StGB), unterschiedliche Anforderungen an das Maß der Wahrscheinlichkeit für ein künftiges strafloses Leben des Verurteilten zu stellen sind. Das Gewicht der bei einem Rückfall drohenden Rechtsgutverletzung wird im Regelfall wiederum nach Art und Schwere der Straftaten zu beurteilen sein, die der Verurteilte bereits begangen hat (BGH a.a.O.).
10 
Kommt mithin bei der demnach gebotenen Abwägung aller entscheidungserheblichen Umstände dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit und dem Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsgutes insbesondere dann besondere Bedeutung bei, wenn der Verurteilung - wie vorliegend - ein Verbrechen gegen das Leben oder die körperliche Integrität oder eine andere besonders gefährliche Straftat zugrunde lag, ist aber auch zu beachten, dass mit zunehmender Dauer des Freiheitsentzuges der Anspruch des Verurteilten auf Achtung seiner Menschenwürde und seiner freien Persönlichkeit zunehmendes Gewicht auch für die Anforderungen gewinnt, die an die für die Prognoseentscheidung im Rahmen des § 57 Abs. 1 StGB notwendige Sachverhaltsaufklärung zu stellen sind (Senat StV 2002, 322; BVerfG NJW 2000, 501; dass. NJW 2000, 502).
11 
Bei Anlegung dieses Maßstabes ist es derzeit nicht verantwortbar, den Verurteilten vorzeitig bedingt aus der Strafhaft zu entlassen.
12 
Die Straftaten des Verurteilten (Tatzeit: Februar 1991) resultierten aus seiner tiefen Verstrickung in das „Rotlichtmilieu“ - seit dem Jahre 1987 -. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 14.11.2001 - 3 Ws 192/01 - betont hat, war der Verurteilte die treibende Kraft der verfahrensgegenständlichen Brandlegung in der „A.-Bar“, die er mit hoher krimineller Energie plante und durchführte, wobei er den Mitverurteilten E., eine labile Persönlichkeit mit mangelndem Selbstwertgefühl, zur Vollstreckung skrupellos in seine Tat einband; die schwerwiegende Tat hatte, abgesehen von dem hohen Fahrnisschaden, den Erstickungstod eines Gastes der Bar zur Folge. Die weitere Tat, nämlich die nach Einbruch in die Wohnung eines Freiers an dem daraus Flüchtenden auf offener Straße verübte gefährliche Körperverletzung war ebenfalls von nicht zu unterschätzender krimineller Intensität geprägt.
13 
Damit konzentriert sich die von § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB geforderte Prognose auf die Frage, ob mit erhöhter Wahrscheinlichkeit (vgl. zu diesem Grad: BVerfG NJW 2000, 502, 503; BGH a.a.O.) zu erwarten steht, dass die Wirkungen des nun zehn Jahre andauernden (Straf-) Vollzugs den Verurteilten, der mittlerweile das 39. Lebensjahr vollendet hat, von einer Rückkehr in das „Rotlichtmilieu“, und insbesondere von weiteren, gar einschlägigen Straftaten abhalten werden und welche Delikte zu erwarten stünden, falls der Verurteilte rückfällig würde. Demgegenüber kann sich der Verurteilte nicht - wie aber mit Verteidigerschriftsatz vom 20.10.2003 vorgetragen - mit Erfolg darauf berufen, dass eine Rückkehr in das alte Milieu - was freilich zutreffend ist - straffrei wäre, hat sich doch gerade in seinem Fall dieses Umfeld als kriminogen erwiesen, und ebenso wenig auf das am 01.01.2002 in Kraft getretene Prostitutionsgesetz (vgl. hierzu BGH NJW 2004, 81) noch darauf, dass er nach den Taten vom Februar 1991 bis zu seiner Festnahme im Februar 1994 „trotz einer damaligen extrem verwurzelten Zugehörigkeit zum einschlägigen negativen Rotlichtmilieu“ (vgl. Schreiben des Verurteilten vom 28.12.2003) keinerlei weitere Straftaten begangen habe.
14 
Derzeit lässt sich ein einschlägiger Rückfall des Verurteilten nicht mit der gebotenen Sicherheit ausschließen, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit künftiger straffreier Führung des Verurteilten nicht bejahen.
15 
Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat bereits nach Lage der Akten, auch ohne Einholung eines - von dem Verurteilten hilfsweise begehrten - kriminalprognostischen Gutachtens (§ 454 Abs. 2 StPO). Ein solches wäre nur dann einzuholen, wenn das Gericht erwägt, die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Das Sachverständigengutachten soll es dem Gericht ermöglichen, einen eine vorzeitige Entlassung u. U. rechtfertigenden Persönlichkeitswandel des Verurteilten und die von dem Verurteilten ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit im Falle einer beabsichtigten Strafaussetzung zur Bewährung zuverlässiger einschätzen zu können (vgl. hierzu die Gesetzesmaterialien BT-Dr. 13/8586 S. 10). Wenn im Einzelfall wegen besonderer Umstände, etwa in der Persönlichkeit des Verurteilten - wie hier - eine Aussetzung der Reststrafe offensichtlich nicht verantwortet werden kann und das Gericht deshalb zu Recht die Strafaussetzung nicht in Betracht zieht, ist eine Beurteilung durch eine Sachverständigenanhörung nicht erforderlich (BGH NJW 2000, 1663 m.w.N. = NStZ 2000, 279; vgl. auch OLG Karlsruhe Die Justiz 1999, 346; OLG Hamburg NJW 2000, 2758; OLG Köln StraFo 2001, 34; Senat B. v. 12.03.2002 - 3 Ws 11/02 - m.w.N.). Gleiches gilt, wenn dem Gericht ebenso wie dem Sachverständigen wichtige Entscheidungskriterien für die Beantwortung der Frage fehlen, in welchem Umfang der Verurteilte an der Erreichung des Vollzugsziels mitarbeitet und dieses bereits verwirklicht worden ist, bzw. ob der Verurteilte mit seinem Verhalten im Vollzug dieses konterkariert, d.h. hintertreibt, mithin die Stellung einer positiven Kriminal- und Sozialprognose hinsichtlich der künftigen Lebensführung des Verurteilten in Freiheit mangels genügender Beurteilungsgrundlagen nicht hinreichend fundiert werden kann. So liegt der Fall hier.
16 
Insoweit hat der Senat im Wesentlichen bedacht:
17 
Zwar verbüßt der Verurteilte erstmals eine Freiheitsstrafe; bei einem derartigen Täter ist im Allgemeinen anzunehmen, dass die erkannte Strafe nach Verbüßung von zwei Dritteln derselben ihre spezialpräventiven Wirkungen entfaltet hat und es verantwortbar ist, den Strafrest nach § 57 Abs. 1 StGB auszusetzen, sofern seine Führung im Vollzug keinen Anlass zu gewichtigen Beanstandungen gegeben hat (vgl. BGH a.a.O.). Der Senat übersieht auch nicht, dass der Verurteilte nur unwesentlich vorbestraft war, im Vollzug in den Jahren 1996 und 1997 den Hauptschulabschluss erlangte, PC-Kurse besuchte, eine Schreinerlehre im Juli 2001 erfolgreich beendete, im Juni 2002 das Abitur mit guten Ergebnissen bestand, seine Ausführungen zur Prüfung in Pfungstadt am 28.05.2002, 17.06.2002 und 18.06.2002 nicht missbrauchte, sodann ein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität Hagen aufnahm und parallel hierzu im Rahmen seiner Arbeitseinteilung in der Schreinerei regelmäßige und gute Leistungen erbringt.
18 
Soweit es die Persönlichkeit des Verurteilten und seine Entwicklung während des Strafvollzuges im Übrigen angeht, imponieren demgegenüber allerdings folgende Vorgänge:
19 
Zum 04.08.1998 musste der Verurteilte von der Justizvollzugsanstalt F., in der er die Realschule besuchte, aus disziplinarischen Gründen wegen unerlaubten Besitzes eines Mobiltelefons in die Justizvollzugsanstalt M. zurückverlegt werden.
20 
Im Mai und Juni 2002 hatte der Verurteilte unter Verstoß gegen die Bestimmung des § 32 StVollzG mit Hilfe eines in die Justizvollzugsanstalt M. - wenn auch, soweit bekannt, nicht von ihm - eingeschmuggelten Mobiltelefons, das auch andere Gefangene nutzten, eine Vielzahl von Telefonaten aus der Anstalt heraus geführt, u.a. mit seiner Bekannten C. W. in R.. Diese hatte in der Justizvollzugsanstalt S. bis zu ihrer Entlassung im April 2002 eine mehrjährige Freiheitsstrafe wegen räuberischer Erpressung verbüßt; zwischen ihr und dem Verurteilten bestand in jener Zeit reger Briefverkehr. Weitere Kontaktperson war die Verlobte des Verurteilten, Dipl. Psych. und Dipl. Sozialarbeiterin X. in F., soweit deren an den Senat gerichtetem Schreiben vom 20.12.2003 entnommen werden kann. Bekannt wurden die Telefonate des Verurteilten im Zuge einer im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Mannheim gegen T. nach §§ 100 a, 100 b StPO rechtmäßig richterlich angeordneten Telefonüberwachung. Der Verurteilte hat u.a. mit an den Landesbeauftragten für Datenschutz gerichtetem Schreiben vom 10.10.2003, das er der Staatsanwaltschaft Mannheim übermittelte, eingeräumt, das fragliche „Handy“ für private Telefonate mitbenutzt zu haben. Dass er mit C. W. telefoniert hatte, erhellt aus der Beschwerdeschrift des Verurteilten vom 15.10.2003.
21 
Außerdem ergab sich auf Grund der Telefonate der Verdacht, dass der Verurteilte mit Hilfe von C. W. das Einschmuggeln eines Mobiltelefons in die Justizvollzugsanstalt M. organisierte. Die daraufhin getätigten Ermittlungen führten dazu, dass am 21.06.2002 im Zuge einer am Haupttor der Justizvollzugsanstalt durchgeführten Personen- bzw. Zugangskontrolle bei Rechtsanwalt Y, der u.a. den Verurteilten vertrat, in dessen Unterhose ein Mobiltelefon und in dessen Aktenkoffer weiteres Zubehör sichergestellt werden konnte. Ob das Mobiltelefon für den Verurteilten bestimmt war, steht nicht fest. Gegen Y. und C. W. wurden - zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsene - Bußgeldbescheide erlassen, gegen Y. wurde darüber hinaus ein - zwischenzeitlich ebenfalls rechtskräftig abgeschlossenes - standesrechtliches Verfahren durchgeführt. Gegen den Verurteilten wurden besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet, die im Verlaufe des Jahres 2003 reduziert und mit Verfügung der Anstalt vom 28.08.2003 gänzlich aufgehoben wurden (vgl. hierzu Senat B. v. 16.12.2003 - 3 Ws 194/03 -).
22 
Einer Verwertung vorstehender Erkenntnisse steht die Bestimmung des § 100 b Abs. 5 StPO zweifelsfrei nicht entgegen. Vielmehr ist die mittelbare Verwertung der aus der Telefonüberwachung gewonnenen Zufallserkenntnisse in der Weise statthaft, dass diese zur Grundlage weiterer Ermittlungen gegen den Verurteilten gemacht werden bzw. wurden, deren Ergebnisse ihrerseits keinem Verwertungsverbot unterliegen (BGH St 26, 298, 303; St 32, 10, 15; vgl. auch BGH St 14, 358, 365; St 31, 304, 308; Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. § 100 a Rdnr. 20; § 100 b Rdnr. 7).
23 
Da die angefallenen Zufallserkenntnisse gegen den Verurteilten aber nicht den Verdacht einer Katalogtat nach § 100 a StPO begründen, sieht der Senat davon ab, den Inhalt der abgehörten Telefonate und der darüber gefertigten TÜ-Protokolle als solchen im vorliegenden Vollstreckungsverfahren zu verwerten und zwar in Anbetracht des - unbeschadet der von der Generalstaatsanwaltschaft vorgetragenen beachtlichen Argumente für eine Verwertbarkeit - verbleibenden verfassungsrechtlichen Risikos. Der Senat folgt damit nicht der Handhabung durch die Strafvollstreckungskammer, die auf Grund des Inhaltes der TÜ-Protokolle zu der Überzeugung gelangte, dass der Verurteilte „seine Ausbildung und sein Studium als Alibi benutze, um eine Strafaussetzung zur Bewährung zu erreichen“, in Wirklichkeit aber für diesen Fall „seine Rückkehr ins alte Milieu mit der Beteiligung an S-Clubs und Förderung der Prostitutionsausübung“ vorbereite (BAS. 36). Auf die mit Verfügung vom 12.12.2003 gehaltene Anfrage des Senats hat der Verurteilte nämlich mit Schreiben vom 28.12.2003 sowie mit Verteidigerschriftsatz vom 29.12.2003 den bereits mit Verteidigerschriftsatz vom 01.10.2003 erhobenen Widerspruch gegen die Verwertung der TÜ-Protokolle aufrechterhalten. Zwar bestimmt § 100 b Abs. 5 StPO (lediglich), dass durch richterlich angeordnete TK-Überwachungsmaßnahmen erlangte personenbezogene Informationen in anderen Strafverfahren zu Beweiszwecken verwendet dürfen, soweit sich bei Gelegenheit der Auswertung Erkenntnisse ergeben, die zur Aufklärung einer der in § 100 a StPO bezeichneten Straftaten benötigt werden. Hierum geht es vorliegend aber nicht. Allerdings liegt es nicht fern, dass die Verwertung des Inhaltes der TÜ-Protokolle, wenn sie auch gegen den Verurteilten keinen Verdacht auf eine Katalogtat oder deren Vorbereitung ergeben haben, gleichwohl zur Versagung seiner bedingten Entlassung aus der Strafhaft führt, der ein sanktionsähnlicher Charakter beigemessen werden könnte. Es ist nicht auszuschließen, dass sich aus diesen Protokollen, die auch Gegenstand der mündlichen Anhörung des Verurteilten durch die Strafvollstreckungskammer am 25.09.2003 waren, zu denen er jedoch inhaltlich nicht Stellung nehmen wollte, fundierte Erkenntnisse über die Lebenseinstellung des Verurteilten und dessen Zukunftsplanung gewinnen ließen.
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Wohl reicht allein der Widerspruch des Verurteilten gegen die Verwertung der TÜ-Protokolle nicht aus, eine günstige Prognose i. S. d. § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB zu verneinen. Die Haltung des Verurteilten erschwert aber die Stellung einer hinreichend zuverlässigen Sozial- und Kriminalprognose (vgl. ähnlich im - hier nicht gegebenen - Fall fortdauernder Leugnung der Anlasstat durch einen Verurteilten: Senat B. v. 19.12. 2000 - 3 Ws 273/00 -; BVerfG NJW 1998, 2202; OLG Frankfurt NStZ-RR 2000, 251). In Anbetracht des in dem gravierenden Verstoß gegen § 32 StVollzG liegenden Versagens des Verurteilten im Vollzug, soweit dieser Verstoß und seine Folgen verwertbar feststehen, fehlt es wegen der mangelnden Öffnung des Verurteilten im Übrigen an einer ausreichenden Beurteilungsgrundlage, um mit der gebotenen Sicherheit prognostizieren zu können, dass sich der Verurteilte im Falle seiner Freilassung nicht in das Rotlichtmilieu zurückbewegt, sich jedenfalls rechtstreu verhalten wird. Die bloße Äußerung des Verurteilten, nach seiner Entlassung mit seiner Verlobten zusammenziehen, heiraten, eine Familie mit Kindern gründen, das Studium mit finanzieller Unterstützung seiner Mutter fortsetzen und sich während der vorlesungsfreien Zeit handwerklich betätigen zu wollen, trägt eine verantwortbare Entlassung des Verurteilten nicht. Es liegt in der Dispositionsfreiheit des Verurteilten (vgl. zum nemo-tenetur-Prinzip: Meyer-Goßner a.a.O. Einl. Rdnr. 29a m.w.N.), durch seine Mitwirkung an der Aufklärung der fraglichen Vorgänge im Vollzug die bestehenden Zweifel an der günstigen Sozial- und Kriminalprognose, insbesondere an seinem Persönlichkeitswandel auszuräumen; nur so werden auch dem Gericht und dem Sachverständigen - lückenlos - die Anknüpfungstatsachen für eine kriminalprognostische Beurteilung vermittelt werden können.
25 
Darauf, dass der Verurteilte wegen seines Vollzugsverhaltens in der Zeit nach den Verfehlungen vom Mai/Juni 2002 Vollzugslockerungen nicht gewährt werden konnten, kommt es nach alledem nicht mehr entscheidend an. Freilich erweitert sich die Basis der Anknüpfungstatsachen für die der erkennenden Strafvollstreckungskammer letztlich vorbehaltene - zu gegebener Zeit erneut zu treffende - prognostische Beurteilung, wenn der Verurteilte im Rahmen eines Lockerungsprogramms erprobt worden ist. Die Chancen, dass Sachverständiger und das Gericht, das über die Aussetzung zu entscheiden hat, zu einer zutreffenden Kriminal- und Sozialprognose gelangen werden, werden durch die vorherige Gewährung von Lockerungen und die hierdurch gewonnenen Erfahrungen verbessert (vgl. Senat StV 2002, 322; OLG Karlsruhe NStZ-RR 1997, 323, 324; BVerfG NJW 2000, 501; dass. NJW 2000, 502). Die Versagung von Lockerungen entbehrte bislang - soweit im vorliegenden Verfahren feststellbar - in Anbetracht des in der Person des Verurteilten und seinem Vollzugsverhalten zutage getretenen Missbrauchsrisikos nicht einer tragfähigen Grundlage. Das Risiko des Missbrauchs von Lockerungen wird ebenfalls besser einschätzbar mittels sachverständiger Hilfe, die allerdings - wie ausgeführt - der Mitwirkung des Verurteilten bedarf. Auf dieser Grundlage wird die Vollzugsbehörde zu gegebener Zeit erneut über die Gewährung möglicher Lockerungen zu befinden haben. Ohne eine Vorbewährung des Verurteilten in „kontrollierter Freiheit“ dessen Entlassungsreife zu unterstellen, geht nicht an.
26 
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird durch vorliegende Entscheidung nicht tangiert.
27 
Abschließend sei klargestellt, dass sich die Versagung der bedingten Entlassung des Verurteilten vorliegend nicht auf Gesichtspunkte der Schuldschwere, der Generalprävention und der Verteidigung der Rechtsordnung, d.h. auf eine Häufung von schuldbezogenen und generalpräventiven Argumenten gründet, die die Entscheidung nicht tragen könnten (BVerfG NJW 1994, 378 = NStZ 1994, 53). Die Aussetzung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe wird nicht aus Gründen der erheblichen Schuld des Verurteilten und/oder der besonderen Gefährlichkeit der von ihm begangenen Delikte im Allgemeinen, sondern ausschließlich aus spezialpräventiven Gründen abgelehnt, zumal noch nicht hinreichend beurteilt werden kann, dass keine Gefahr mehr besteht, dass dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht.
28 
Der Senat hat nach alledem das Rechtsmittel des Verurteilten mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO als unbegründet verworfen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Eine hör- oder sprachbehinderte Person leistet den Eid nach ihrer Wahl mittels Nachsprechens der Eidesformel, mittels Abschreibens und Unterschreibens der Eidesformel oder mit Hilfe einer die Verständigung ermöglichenden Person, die vom Gericht hinzuzuziehen ist. Das Gericht hat die geeigneten technischen Hilfsmittel bereitzustellen. Die hör- oder sprachbehinderte Person ist auf ihr Wahlrecht hinzuweisen.

(2) Das Gericht kann eine schriftliche Eidesleistung verlangen oder die Hinzuziehung einer die Verständigung ermöglichenden Person anordnen, wenn die hör- oder sprachbehinderte Person von ihrem Wahlrecht nach Absatz 1 keinen Gebrauch gemacht hat oder eine Eidesleistung in der nach Absatz 1 gewählten Form nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist.

(3) Die §§ 64 und 65 gelten entsprechend.

(1) Die Entscheidung, ob die Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll (§§ 57 bis 58 des Strafgesetzbuches) sowie die Entscheidung, daß vor Ablauf einer bestimmten Frist ein solcher Antrag des Verurteilten unzulässig ist, trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft, der Verurteilte und die Vollzugsanstalt sind zu hören. Der Verurteilte ist mündlich zu hören. Von der mündlichen Anhörung des Verurteilten kann abgesehen werden, wenn

1.
die Staatsanwaltschaft und die Vollzugsanstalt die Aussetzung einer zeitigen Freiheitsstrafe befürworten und das Gericht die Aussetzung beabsichtigt,
2.
der Verurteilte die Aussetzung beantragt hat, zur Zeit der Antragstellung
a)
bei zeitiger Freiheitsstrafe noch nicht die Hälfte oder weniger als zwei Monate,
b)
bei lebenslanger Freiheitsstrafe weniger als dreizehn Jahre
der Strafe verbüßt hat und das Gericht den Antrag wegen verfrühter Antragstellung ablehnt oder
3.
der Antrag des Verurteilten unzulässig ist (§ 57 Abs. 7, § 57a Abs. 4 des Strafgesetzbuches).
Das Gericht entscheidet zugleich, ob eine Anrechnung nach § 43 Abs. 10 Nr. 3 des Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen wird.

(2) Das Gericht holt das Gutachten eines Sachverständigen über den Verurteilten ein, wenn es erwägt, die Vollstreckung des Restes

1.
der lebenslangen Freiheitsstrafe auszusetzen oder
2.
einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art auszusetzen und nicht auszuschließen ist, daß Gründe der öffentlichen Sicherheit einer vorzeitigen Entlassung des Verurteilten entgegenstehen.
Das Gutachten hat sich namentlich zu der Frage zu äußern, ob bei dem Verurteilten keine Gefahr mehr besteht, daß dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht. Der Sachverständige ist mündlich zu hören, wobei der Staatsanwaltschaft, dem Verurteilten, seinem Verteidiger und der Vollzugsanstalt Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben ist. Das Gericht kann von der mündlichen Anhörung des Sachverständigen absehen, wenn der Verurteilte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft darauf verzichten.

(3) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist sofortige Beschwerde zulässig. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(4) Im Übrigen sind § 246a Absatz 2, § 268a Absatz 3, die §§ 268d, 453, 453a Absatz 1 und 3 sowie die §§ 453b und 453c entsprechend anzuwenden. Die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes wird mündlich erteilt; die Belehrung kann auch der Vollzugsanstalt übertragen werden. Die Belehrung soll unmittelbar vor der Entlassung erteilt werden.

Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Vollzugsziel). Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Die Entscheidung, ob die Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll (§§ 57 bis 58 des Strafgesetzbuches) sowie die Entscheidung, daß vor Ablauf einer bestimmten Frist ein solcher Antrag des Verurteilten unzulässig ist, trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft, der Verurteilte und die Vollzugsanstalt sind zu hören. Der Verurteilte ist mündlich zu hören. Von der mündlichen Anhörung des Verurteilten kann abgesehen werden, wenn

1.
die Staatsanwaltschaft und die Vollzugsanstalt die Aussetzung einer zeitigen Freiheitsstrafe befürworten und das Gericht die Aussetzung beabsichtigt,
2.
der Verurteilte die Aussetzung beantragt hat, zur Zeit der Antragstellung
a)
bei zeitiger Freiheitsstrafe noch nicht die Hälfte oder weniger als zwei Monate,
b)
bei lebenslanger Freiheitsstrafe weniger als dreizehn Jahre
der Strafe verbüßt hat und das Gericht den Antrag wegen verfrühter Antragstellung ablehnt oder
3.
der Antrag des Verurteilten unzulässig ist (§ 57 Abs. 7, § 57a Abs. 4 des Strafgesetzbuches).
Das Gericht entscheidet zugleich, ob eine Anrechnung nach § 43 Abs. 10 Nr. 3 des Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen wird.

(2) Das Gericht holt das Gutachten eines Sachverständigen über den Verurteilten ein, wenn es erwägt, die Vollstreckung des Restes

1.
der lebenslangen Freiheitsstrafe auszusetzen oder
2.
einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art auszusetzen und nicht auszuschließen ist, daß Gründe der öffentlichen Sicherheit einer vorzeitigen Entlassung des Verurteilten entgegenstehen.
Das Gutachten hat sich namentlich zu der Frage zu äußern, ob bei dem Verurteilten keine Gefahr mehr besteht, daß dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht. Der Sachverständige ist mündlich zu hören, wobei der Staatsanwaltschaft, dem Verurteilten, seinem Verteidiger und der Vollzugsanstalt Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben ist. Das Gericht kann von der mündlichen Anhörung des Sachverständigen absehen, wenn der Verurteilte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft darauf verzichten.

(3) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist sofortige Beschwerde zulässig. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(4) Im Übrigen sind § 246a Absatz 2, § 268a Absatz 3, die §§ 268d, 453, 453a Absatz 1 und 3 sowie die §§ 453b und 453c entsprechend anzuwenden. Die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes wird mündlich erteilt; die Belehrung kann auch der Vollzugsanstalt übertragen werden. Die Belehrung soll unmittelbar vor der Entlassung erteilt werden.

(1) Der Vollstreckungsleiter kann die Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe zur Bewährung aussetzen, wenn der Verurteilte einen Teil der Strafe verbüßt hat und dies im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen, auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit, verantwortet werden kann.

(2) Vor Verbüßung von sechs Monaten darf die Aussetzung der Vollstreckung des Restes nur aus besonders wichtigen Gründen angeordnet werden. Sie ist bei einer Jugendstrafe von mehr als einem Jahr nur zulässig, wenn der Verurteilte mindestens ein Drittel der Strafe verbüßt hat.

(3) Der Vollstreckungsleiter soll in den Fällen der Absätze 1 und 2 seine Entscheidung so frühzeitig treffen, daß die erforderlichen Maßnahmen zur Vorbereitung des Verurteilten auf sein Leben nach der Entlassung durchgeführt werden können. Er kann seine Entscheidung bis zur Entlassung des Verurteilten wieder aufheben, wenn die Aussetzung aufgrund neu eingetretener oder bekanntgewordener Tatsachen im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen, auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit, nicht mehr verantwortet werden kann.

(4) Der Vollstreckungsleiter entscheidet nach Anhören des Staatsanwalts und des Vollzugsleiters. Dem Verurteilten ist Gelegenheit zur mündlichen Äußerung zu geben.

(5) Der Vollstreckungsleiter kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(6) Ordnet der Vollstreckungsleiter die Aussetzung der Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe an, so gelten § 22 Abs. 1, 2 Satz 1 und 2 sowie die §§ 23 bis 26a sinngemäß. An die Stelle des erkennenden Richters tritt der Vollstreckungsleiter. Auf das Verfahren und die Anfechtung von Entscheidungen sind die §§ 58, 59 Abs. 2 bis 4 und § 60 entsprechend anzuwenden. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Dieses Gesetz gilt, wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist.

(2) Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.

(3) Ist zweifelhaft, ob der Beschuldigte zur Zeit der Tat das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, sind die für Jugendliche geltenden Verfahrensvorschriften anzuwenden.

(1) Die Entscheidung, ob die Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll (§§ 57 bis 58 des Strafgesetzbuches) sowie die Entscheidung, daß vor Ablauf einer bestimmten Frist ein solcher Antrag des Verurteilten unzulässig ist, trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft, der Verurteilte und die Vollzugsanstalt sind zu hören. Der Verurteilte ist mündlich zu hören. Von der mündlichen Anhörung des Verurteilten kann abgesehen werden, wenn

1.
die Staatsanwaltschaft und die Vollzugsanstalt die Aussetzung einer zeitigen Freiheitsstrafe befürworten und das Gericht die Aussetzung beabsichtigt,
2.
der Verurteilte die Aussetzung beantragt hat, zur Zeit der Antragstellung
a)
bei zeitiger Freiheitsstrafe noch nicht die Hälfte oder weniger als zwei Monate,
b)
bei lebenslanger Freiheitsstrafe weniger als dreizehn Jahre
der Strafe verbüßt hat und das Gericht den Antrag wegen verfrühter Antragstellung ablehnt oder
3.
der Antrag des Verurteilten unzulässig ist (§ 57 Abs. 7, § 57a Abs. 4 des Strafgesetzbuches).
Das Gericht entscheidet zugleich, ob eine Anrechnung nach § 43 Abs. 10 Nr. 3 des Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen wird.

(2) Das Gericht holt das Gutachten eines Sachverständigen über den Verurteilten ein, wenn es erwägt, die Vollstreckung des Restes

1.
der lebenslangen Freiheitsstrafe auszusetzen oder
2.
einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art auszusetzen und nicht auszuschließen ist, daß Gründe der öffentlichen Sicherheit einer vorzeitigen Entlassung des Verurteilten entgegenstehen.
Das Gutachten hat sich namentlich zu der Frage zu äußern, ob bei dem Verurteilten keine Gefahr mehr besteht, daß dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht. Der Sachverständige ist mündlich zu hören, wobei der Staatsanwaltschaft, dem Verurteilten, seinem Verteidiger und der Vollzugsanstalt Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben ist. Das Gericht kann von der mündlichen Anhörung des Sachverständigen absehen, wenn der Verurteilte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft darauf verzichten.

(3) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist sofortige Beschwerde zulässig. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(4) Im Übrigen sind § 246a Absatz 2, § 268a Absatz 3, die §§ 268d, 453, 453a Absatz 1 und 3 sowie die §§ 453b und 453c entsprechend anzuwenden. Die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes wird mündlich erteilt; die Belehrung kann auch der Vollzugsanstalt übertragen werden. Die Belehrung soll unmittelbar vor der Entlassung erteilt werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.