Oberlandesgericht Köln Urteil, 21. Jan. 2014 - 1 RVs 263/13

ECLI:ECLI:DE:OLGK:2014:0121.1RVS263.13.00
bei uns veröffentlicht am21.01.2014

Tenor

  • I. Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben. Davon ausgenommen sind die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen - Inhalt und Versendung der Schreiben an die Zeugen Dr. Q und X durch die Angeklagte -, die aufrechterhalten bleiben. Insoweit wird die weitergehende Revision verworfen.

  • II. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bonn zurückverwiesen.


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Oberlandesgericht Köln Urteil, 21. Jan. 2014 - 1 RVs 263/13 zitiert 12 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafgesetzbuch - StGB | § 17 Verbotsirrtum


Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

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(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

5 StR 152/13

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 4. September 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Bestechlichkeit u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. September
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dölp,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Dr. Berger,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt I.
als Verteidiger für den Angeklagten G. ,
Rechtsanwalt V.
als Verteidiger für den Angeklagten K. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 24. August 2012 in den Fällen 3 sowie 5 bis 8 der Anklage mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten G. vom Vorwurf der Bestechung in Tateinheit mit Anstiftung zur Verletzung von Dienstgeheimnissen (Fall 7 der Anklage) und des Verrats von Geschäftsgeheimnissen in fünf Fällen (Fälle 1, 3 bis 6 der Anklage) freigesprochen. Den Angeklagten K. hat es vom Vorwurf der Bestechlichkeit in Tateinheit mit Verletzung von Dienstgeheimnissen (Fall 7 der Anklage), der Verletzung von Dienstgeheimnissen (Fall 8 der Anklage) und der Beihilfe zum Verrat von Geschäftsgeheimnissen in fünf Fällen (Fälle 1, 3 bis 6 der Anklage) freigesprochen. Mit ihren auf die Fälle 3 sowie 5 bis 8 der Anklage beschränkten Revisionen beanstandet die Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge die Beweiswürdigung und die rechtliche Würdigung des Landgerichts. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben Erfolg.
2
1. Die zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage legte dem Angeklagten K. zur Last, im Zeitraum vom 1. April 2005 bis zum 31. Januar 2007 in sieben Fällen vertrauliche Informationen aus dem Lenkungsausschuss der B. (B. ) – unter anderem zu Schätzkosten und Kostenrahmen – dem Angeklagten G. mitgeteilt zu haben, die dieser anschließend an Verantwortliche der M. GmbH (M. GmbH) und der L. GmbH weitergeleitet habe, um ihnen einen Wissensvorsprung vor Mitbewerbern in Bezug auf eine bevorstehende öffentliche Ausschreibung zu verschaffen. Rechtlich bewertet wurde dies bis zur Bestellung des Angeklagten K. zum InterimsGeschäftsführer der B. am 6. April 2006 als Verrat von Geschäftsgeheimnissen in fünf Fällen gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG (Angeklagter G. ; Fälle 1, 3 bis 6) bzw. Beihilfe hierzu (Angeklagter K. ). Nach diesem Zeitpunkt sei der Angeklagte K. als Amtsträger zu qualifizieren, so dass er sich der Verletzung von Dienstgeheimnissen gemäß § 353b Abs. 1 Nr. 1 StGB in zwei Fällen (Fälle 7 und 8), in einem Fall in Tateinheit mit Bestechlichkeit (§ 332 Abs. 1 StGB; Fall 7) strafbar gemacht habe, der Angeklagte G. der Bestechung (§ 334 Abs. 1 StGB) in Tateinheit mit Anstiftung zur Verletzung von Dienstgeheimnissen (§ 353b Abs. 1 Nr. 1, § 26 StGB).
3
2. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
4
a) Die B. , eine Anstalt öffentlichen Rechts, plante ab 2004, die Müllverbrennungsanlage in R. (MVA R. ) zu sanieren. Ende 2004/Anfang 2005 wurde intern beschlossen, ein Sanierungskonzept zu erstellen, um eine Grundlage für eine spätere Entscheidung zu dessen Umsetzung zu schaffen. Zur Planung des Projekts gründete die B. einen Lenkungsausschuss , der die Steuerung der Planungsphase übernehmen sollte. Diesem Ausschuss gehörten 18 Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter aus dem kaufmännischen und technischen Bereich der B. sowie zwölf weitere externe Personen an, die in technischer, betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht beraten sollten. Der Angeklagte K. , der seit August 2003 für die B. aufgrund eines Beratervertrages als externer Berater bei der Umsetzung des Abfallwirtschaftsplanes tätig war, gehörte dem Lenkungsausschuss seit dessen Gründung an. Hierzu vereinbarte die B. mit dem Angeklagten am 1. Januar 2005 einen weiteren Beratervertrag, in dem wie schon zuvor eine Vertraulichkeitsklausel aufgenommen war. Am 6. April 2006 wurde der Angeklagte zum Interims-Geschäftsführer der B. bestellt und schließlich am 1. Februar 2007 zum Finanzvorstand der B. berufen.
5
b) Der Angeklagte G. , der den Angeklagten K. seit 2003/2004 persönlich kannte, war als selbständiger Agent für Firmen im Bereich Energie- und Umwelttechnik tätig. Er unterstützte privatwirtschaftliche Unternehmen als Industrievertreter und -berater, insbesondere bei der Akquirierung von Aufträgen, die in beschränkten Ausschreibungsverfahren vergeben wurden. Bei Auftragsvergabe beriet und begleitete er die Unternehmen bis zur Abnahme des Projekts durch den Auftraggeber.
6
c) Im Rahmen der von der B. geplanten Sanierung der MVA R. schloss der Angeklagte G. bereits am 23. April/12. Mai 2004 mit der Firma M. GmbH eine Vereinbarung, wonach er für die Sammlung und Weitergabe von projektbezogenen Informationen im Falle der Auftragsvergabe 1 % der Nettoprojektsumme erhalten solle. Eine entsprechende Provisionsvereinbarung traf er am 20. Februar/8. März 2005 auch mit der L. GmbH, die sich als Subunternehmerin für verschiedene Anlagebauer für das Bauteil Rauchgasreinigung an der Ausschreibung beteiligen wollte.
7
d) Der Angeklagte G. übersandte dem Angeklagten K. eine von ihm unter dem Datum 15. Mai 2004 unterzeichnete Vereinbarung, wonach er bei erfolgreicher Auftragsvermittlung/Beratung hinsichtlich des Projekts MVA R. einen Anteil von 50 % zuzüglich Umsatzsteuer von seiner möglichen Provisionsforderung gegen die M. GmbH an K.
abtrete. Eine Kopie der in Bezug genommenen Provisionsvereinbarung vom 23. April/12. Mai 2004 war der Abtretungsvereinbarung beigefügt.
8
Ferner übermittelte der Angeklagte G. dem Angeklagten K. eine weitere von ihm unterschriebene, undatierte Vereinbarung, die die Abtretung von 50 % seiner Provisionsansprüche an K. gegenüber der L. GmbH bei erfolgreicher Auftragsvermittlung zum Inhalt hatte. In einem Begleitschreiben – dem die Provisionsvereinbarung vom 20. Februar/8. März 2005 beigefügt war – wurde ausgeführt: „Habe bewusst, aus bekannten Gründen, in der Abtretungsvereinbarung kein Datum einge- tragen“.
9
e) Der Lenkungsausschuss der B. beschloss am 22. November 2005 die Modernisierung der Kessel 5 bis 8 der MVA R. bei ei- nem Investitionsvolumen von etwa 139 Mio. € (plus/minus 15 %) durchzufüh- ren; der Aufsichtsrat der B. stimmte am 21. Dezember 2005 der Entscheidung zu. Die öffentliche Ausschreibung erfolgte schließlich am 21. Dezember 2006. Es bewarben sich sechs Unternehmen, unter anderem die M. GmbH sowie die L. GmbH als Subunternehmerin dreier Firmen für das Bauteil Rauchgasreinigung. Die B. forderte vier der Unternehmen zur Angebotsabgabe auf. Die M. GmbH teilte mit Schreiben vom 7. Mai 2007 mit, dass sie kein Angebot abgeben wolle, so dass der Auftrag anderweitig – an ein später ebenfalls vom Angeklagten G. beratenes Unternehmen – vergeben wurde. Ob die L. GmbH als Subunternehmerin das Gewerk Rauchgasreinigung erstellt hat, wird im Urteil nicht erörtert.
10
3. Das Landgericht hat die Angeklagten aus tatsächlichen und „eng damit zusammenhängenden“ rechtlichen Gründen freigesprochen.
11
a) Die Wirtschaftsstrafkammer hat zwar die in der Anklage geschilderten äußeren Abläufe zur Sanierung der MVA R. und zu den Handlungen des Angeklagten G. als weitgehend bestätigt angesehen. Sie hat sich aber nicht zu überzeugen vermocht, dass es „in bestimmbaren Fällen zur Weitergabe bestimmter Informationen“ (UA S. 10) durch den Angeklagten K. an den Angeklagten G. kam. Das Landgericht referiert hierbei die die Angeklagten belastenden Umstände und stellt diese den entlastenden Umständen – so z. B., dass die Informationen „keineswegs von so besonderer Qualität und Aktualität“ (UA S. 24), sondern teilweise veraltet und fehlerhaft gewesen seien, als dass sie vom Angeklagten K. stammen könnten – gegenüber.
12
b) Des Weiteren hält das Landgericht es sogar für erwiesen, dass die Angeklagten eine Unrechtsvereinbarung im Sinne der §§ 332, 334 StGB nicht geschlossen haben. Zwar sprächen die von dem Angeklagten G. an den Angeklagten K. übermittelten Abtretungsvereinbarungen – dieletzterer jedoch nicht unterschrieben habe – und die engen Kommunikationsbeziehungen für eine solche Unrechtsvereinbarung. Maßgeblich sei jedoch, dass eine Einflussnahme des Angeklagten K. „in irgendeiner Art und Weise für die Vergabe des Auftrags an die M. GmbH oder mittelbar an die L. GmbH“ (UA S. 28/29) ebenso wenig festzustellen gewesen sei wie – im Hinblick auf dessen auskömmliche Vermögenslage – ein persönliches eigenes Interesse an einer Beteiligung an etwaigen Provisionszahlungen.
13
c) Schließlich sieht die Wirtschaftsstrafkammer durch die Handlungen der Angeklagten einen Verrat von Geschäftsgeheimnissen (§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG) – und wohl auch eine Verletzung von Dienstgeheimnissen (§ 353b Abs. 1 Nr. 1 StGB) – nicht als tatbestandlich verwirklicht an, weil die von dem Angeklagten G. an seine Auftraggeber weitergegebenen Informationen keine Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthielten. Denn es habe, mit Ausnahme der B. -internen Schätzpreise, insoweit bereits an einem Geheimhaltungswillen der Verantwortlichen der B. – ungeachtet etwaiger sachlicher Mängel – gefehlt. Hinsichtlich der Schätzpreise/Kostenrahmen erweise sich die Kenntnis der Anbieter von deren Höhe als „völlig ungeeig- net, um die B. als Ausschreibende wirtschaftlich zu schädigen oder zu ge- fährden“, denn ein „wirtschaftlicher Nachteil wäre allenfalls dann denkbar, wenn ein Anbieter aufgrund der Kenntnis eines Schätzpreises in der Lage wäre, ein weniger günstiges Angebot abzugeben, als er es ohne Kenntnis des Betrages würde, so dass der B. als Ausschreibender letztlich (möglicherweise ) ein weniger wirtschaftliches Angebot gemacht wird als in Un- kenntnis der Schätzsumme“ (UA S. 36). Da dieser Anbieter mit dem Wettbe- werb seiner Konkurrenten zu rechnen hat, müsste er bei seiner Angebotsabgabe jedoch zudem Kenntnis aller konkurrierenden Angebote haben, um sicher den Zuschlag zu bekommen.
14
4. Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Überprüfung schon deswegen nicht stand, weil es nicht den Anforderungen entspricht, die gemäß § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO an ein freisprechendes Urteil zu stellen sind.
15
a) Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen – worauf die Wirtschaftsstrafkammer in erster Linie abstellt – muss die Begründung des Urteils so abgefasst sein, dass das Revisionsgericht überprüfen kann, ob dem Tatgericht bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Deshalb hat das Tatgericht in der Regel nach dem Tatvorwurf und der Einlassung des Angeklagten diejenigen Tatsachen zum objektiven Tatgeschehen festzustellen , die es für erwiesen hält, bevor es in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite nicht getroffen werden konnten.
16
b) In den Urteilsgründen fehlt es an einer ausreichenden Darlegung der Einlassungen der Angeklagten. Ausführungen dazu, ob überhaupt und gegebenenfalls wie sich der Angeklagte G. eingelassen hat, enthält das Urteil nicht. Das Verteidigungsvorbringen des Angeklagten K. , der sich ausweislich des Urteils zur Sache eingelassen hat (UA S. 29), ist lediglich punktuell und verstreut wiedergegeben; eine geschlossene Darstellung fehlt.
17
Zwar ist die Wiedergabe der Einlassung eines Angeklagten kein Selbstzweck (vgl. BGH, Urteile vom 23. Januar 1997 – 4 StR 526/96, NStZ-RR 1997, 172; und vom 10. August 2011 – 1 StR 114/11, NStZ 2012, 110); jedoch muss das Urteil den Aussageinhalt so darlegen, dass eine revisionsrechtliche Prüfung dahin erfolgen kann, ob das Tatgericht den Anklagevorwurf zu Recht für nicht nachweisbar erachtet hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 – 1 StR 320/12, NJW 2013, 1688). Insbesondere ist es unerlässlich , das Verteidigungsvorbringen eines Angeklagten zu einer zentralen Beweisfrage im Einzelnen darzustellen und sich mit diesem im Rahmen der Beweiswürdigung auseinanderzusetzen. Daran fehlt es vorliegend; die Beweiswürdigung ist daher insgesamt bezüglich beider Angeklagten lückenhaft.
18
Dies gilt vor allem für die Würdigung der beiden Abtretungserklärungen und der beigefügten Provisionsvereinbarungen des Angeklagten G. , die bei einer nach Begleitumständen in den Urteilsgründen nicht näher dargestellten Durchsuchung der Wohnräume des Angeklagten K. aufgefunden wurden. Ohne dass es auf eine beiderseitige Unterzeichnung etwa entscheidend ankäme, drängen die, zumal bei einer Ablage im Wohnbereich des Angeklagten K. , ohne vorangegangene Absprachen zwischen den Beteiligten inhaltlich schwer erklärbaren Abtretungserklärungen für sich vor dem Hintergrund der weiteren Kontakte der Angeklagten und ihrer damaligen Betätigungsfelder einen Rückschluss auf ein Angebot G. s an K. auf, ihm für nutzbar zu machende B. -interne Informationen einen Anteil an seinem Gewinn zukommen zu lassen. Welche Einlassungen die Angeklagten zu diesem schwerwiegenden Indiz in der Hauptverhandlung und etwa zuvor abgegeben haben, ist für die Beurteilung der Frage unerlässlich , ob eine abweichende harmlose Erklärung überhaupt zu finden ist.
19
Zudem stellt das Landgericht zahlreiche Kontakte zwischen den Angeklagten fest, die zeitlich teilweise mit den Sitzungen des Lenkungsausschusses und mit der anschließenden Weitergabe von Informationen durch den Angeklagten G. an seine Auftraggeber korrespondierten. Welchen Gesprächsinhalt die zahlreichen Kontakte zwischen den Angeklagten nach deren Einlassungen zum Gegenstand hatten, lässt das Landgericht ebenfalls unerörtert. Es fehlt auch jede Auseinandersetzung mit der Motivationslage des Angeklagten K. , weiterhin den Kontakt mit dem Angeklagten G. aufrechtzuerhalten, obwohl – wovon die Wirtschaftsstrafkammer ausgehen musste – er von diesem zwei finanzielle Angebote zur Zusammenarbeit erhalten hat, die seiner Stellung als Mitglied im Lenkungsausschuss der B. , ab Übernahme einer Vorstandsposition als Amtsträger, im Sinne einer Unrechtsvereinbarung entgegenstehen.
20
5. Die Wertung des Landgerichts, dass die Schätzkosten und der Kostenrahmen des Sanierungsvorhabens (Fälle 3, 5, 6 und 8 der Anklage) keine Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse im Sinne des § 17 Abs. 2 UWG – und offenbar auch keine Dienstgeheimnisse im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB – darstellen würden, begegnet rechtlichen Bedenken.
21
Im Ausgangspunkt zutreffend geht die Wirtschaftsstrafkammer davon aus, dass unter den Begriff des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses (§ 17 Abs. 2 UWG) nur solche betriebsbezogene Tatsachen fallen, die nach dem erkennbaren Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden sollen, die ferner nur einem begrenzten Personenkreis bekannt und damit nicht offenkundig sind und hinsichtlich derer der Betriebsinhaber deshalb ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse hat, weil die Aufdeckung der Tatsache geeignet wäre, dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen (vgl. BGH, Urteile vom 10. Mai 1995 – 1 StR 764/94, BGHSt 41, 140, 142 zu § 17 UWG aF, und vom 27. April 2006 – I ZR 126/03, NJW 2006, 3424). Die Bewertung , dass das Bekanntwerden der Schätzkosten und des Kostenrahmens ungeeignet sei, den Betriebsinhaber wirtschaftlich zu schädigen oder zu gefährden, ist nicht tragfähig.
22
Für den Ausschreibenden sind die Geheimhaltung seiner internen Kalkulationsgrundlagen und deren Ergebnis grundsätzlich entscheidend für einen offenen Wettbewerb der sich nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten orientierenden Anbieter. Das Bekanntwerden eines Kostenrahmens führt dazu, dass die Anbieter sich bereits im öffentlichen Ausschreibungsverfahren bei ihrer Angebotsabgabe an dem Höchstpreis ausrichten und diesen ausschöpfen können. Auch wenn – wie das Landgericht meint – der Anbieter, der den Kostenrahmen des Ausschreibenden kennt, sich bei Abgabe eines sich dem Höchstpreis annähernden Angebots nicht sicher sein kann, den Zuschlag vor einem preisgünstigeren Wettbewerber zu erhalten, so besteht für den Ausschreibenden die Gefahr, dass der von ihm erwünschte Wettbewerb eingeschränkt und durch etwaige Preisabsprachen der Wettbewerber unterlaufen wird. Insofern wären auch die Aussagen der Zeugen aus dem verantwortlichen Geschäftsbereich der B. zu hinterfragen gewesen, dass die Veröffentlichung des internen Schätzpreises allein deswegen unterblie- ben sei, weil solche Angaben „erfahrungsgemäß zu lästigen Nachfragen führe , was genau in der Summe enthalten sei“ (UA S. 37).
23
Schließlich kann die Bewertung des Landgerichts nicht nachvollzogen werden, dass die Höhe des Kostenrahmens deshalb als nicht geheimhaltungsbedürftig anzusehen ist, weil der „nackte Betrag von 139 Millionen Eu- ro“ – entsprechend einer Zeugenaussage – ohne Angabe eines Sicherheits- zuschlags von 15 % und der Mitteilung, ob es sich um einen Brutto- oder Nettobetrag handeln würde, zumindest irreführend sei, wenn nicht gar eine Fehlinformation darstelle. Aus den Sachverhaltsfeststellungen ist zum Teil ersichtlich, dass diese Zusatzangaben den Anbietern vom Angeklagten G. mitgeteilt wurden.
24
6. Die Sache bedarf daher – soweit das Urteil von der Staatsanwaltschaft angefochten ist – insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. Im Rahmen der Kognitionspflicht (§ 264 StPO) wird das neue Tatgericht hinsichtlich der Tatvorwürfe 3, 5 und 6 bei entsprechenden Feststellungen gehalten sein, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 299 Abs. 1 und 2 StGB zu prüfen (vgl. BGH, Urteile vom 9. August 2006 – 1 StR 50/06, NJW 2006, 3290, 3298; vom 15. Mai 1997 – 1 StR 233/96, BGHSt 43, 96, 105 f.; vom 10. Juli 1957 – 4 StR 5/57, BGHSt 10, 358, 365 ff.; und vom 13. Mai 1952 – 1 StR 670/51, BGHSt 2, 396, 403 f.).
25
Der Senat weist allerdings darauf hin, dass das angefochtene Urteil stark darauf hindeutet, dass das Gewicht eines etwaigen Geheimnisverrats jedenfalls nicht beträchtlich wäre; zudem mag der Nachweis der Zurückführung auf die Kontakte zwischen den Angeklagten angesichts weiterer B. - naher Kontakte des Angeklagten G. schwierig sein. So erscheint keineswegs undenkbar, dass sich zwar korruptive Kontakte zwischen den Angeklagten nachweisen lassen, gleichwohl allenfalls eine Strafbarkeit nach §§ 331, 333 bzw. § 299 StGB, wenn diese nicht nachweislich auf Dienstpflichtverletzungen des Angeklagten K. zielten.
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Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 394/07
vom
3. April 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Volksverhetzung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
21. Februar 2008 in der Sitzung am 3. April 2008, an denen teilgenommen haben
:
Richter am Bundesgerichtshof
Becker
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 21. Februar 2008 -
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor in der Verhandlung vom 21. Februar 2008,
Justizangestellte in der Sitzung vom 3. April 2008
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 7. März 2007 in den Fällen II. 3., 4., 6., 7. und 8. der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts machte sich der Angeklagte , der seit seinem 14. Lebensjahr in politisch rechtsgerichteten Organisationen und Parteien aktiv und seit dem Jahre 1998 Mitglied des Bundesvorstands der NPD ist, im Jahre 1993 mit dem Handel von CDs unter dem Namen "P. Liste" selbstständig. Seit dem Jahre 1996 bestritt er seinen Lebensunterhalt ausschließlich mit dieser Tätigkeit. Im Januar 1998 brachte er sein Unternehmen in die der NPD nahestehende "D. Verlags Gesellschaft mbH" ein. Dort war er zunächst als Produktionsleiter angestellt und für alle Artikel verantwortlich, die der Verlag vertrieb; seit dem Jahre 2004 ist er einer von zwei Geschäftsführern. Der Angeklagte hatte bei der Auswahl der CDs freie Hand und trug die Verantwortung für die rechtliche Seite der Produktionen. Dabei war ihm klar, dass sich die von dem Verlag unter seiner Leitung vertriebenen Liedtexte teilweise am Rande der Legalität bewegten. Anlässlich einer Durchsuchung der Räumlichkeiten der "D. Verlags Gesellschaft mbH" im März 2003 wurden insgesamt 250 verschiedene CDs sichergestellt; ihr Inhalt wurde in der Folgezeit überprüft.
2
Hinsichtlich acht dieser CDs hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Sie hat dem Angeklagten vorgeworfen, er habe sich der Volksverhetzung in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Gewaltdarstellung, des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, der Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen sowie des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen schuldig gemacht.
3
Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen. Es hat dies damit begründet, dass teilweise schon die Voraussetzungen des objektiven Tatbestands der jeweils in Betracht kommenden Strafvorschriften nicht gegeben seien ; teilweise hat es angenommen, der Angeklagte habe nicht vorsätzlich gehandelt bzw. sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden.
4
Hiergegen richtet sich die mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision der Staatsanwaltschaft. Das vom Generalbundesanwalt - mit Ausnahme des Falles II. 5. der Urteilsgründe - vertretene Rechtsmittel hat einen Teilerfolg.
5
II. Die Revision ist nicht begründet, soweit sie sich gegen den Freispruch des Angeklagten in den Fällen II. 1., 2. und 5. der Urteilsgründe wendet.
6
1. Im Fall II. 1. der Urteilsgründe hat das Landgericht ohne Rechtsfehler den objektiven Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und d StGB) verneint; denn der Text des Liedes "Geh uns aus dem Weg" auf der CD "Eiserne Jugend" der Gruppe "Foierstoss" wendet sich nicht gegen ein Angriffsobjekt im Sinne der genannten Vorschrift.
7
Die Norm setzt voraus, dass sich der Inhalt einer Schrift, der nach § 11 Abs. 3 StGB CDs gleich stehen, gegen einen Teil der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe richtet. Unter einem - im vorliegenden Fall allein in Betracht kommenden - Teil der Bevölkerung ist eine von der übrigen Bevölkerung auf Grund gemeinsamer äußerer oder innerer Merkmale politischer, nationaler, ethnischer, rassischer, religiöser, weltanschaulicher, sozialer, wirtschaftlicher, beruflicher oder sonstiger Art unterscheidbare Gruppe von Personen zu verstehen, die zahlenmäßig von einiger Erheblichkeit und somit individuell nicht mehr unterscheidbar sind (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 130 Rdn. 4). Dass es sich bei den mit den Bezeichnungen "Linke und Antifa-Brut" sowie "Rote Flut" angesprochenen Personenkreisen nicht um abgrenzbare Bevölkerungsgruppen in diesem Sinne handelt , hat das Landgericht mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Interpretation des Liedtextes dargelegt.
8
a) Die Auslegung des Inhalts einer Schrift im Sinne des § 130 Abs. 2 Nr. 1 StGB hat sich wegen des Charakters der Vorschrift als Verbreitungsdelikt an seinem objektiven Sinngehalt, Zweck und Erklärungswert zu orientieren, wie sie von einem verständigen, unvoreingenommenen Durchschnittsleser oder -hörer aufgefasst werden. Ob die Schrift die inhaltlichen Anforderungen des objektiven Tatbestands erfüllt, muss sich demnach in erster Linie aus ihr selbst ergeben. Umstände, die in der Schrift selbst keinen Niederschlag gefunden haben, bleiben grundsätzlich außer Betracht. Insbesondere subjektive Zielsetzungen, Mo- tive, Absichten, Vorstellungen oder Neigungen des Täters müssen zumindest "zwischen den Zeilen" erkennbar sein (vgl. Miebach/Schäfer in MünchKomm StGB § 130 Rdn. 57). Lässt eine Äußerung mehrere Deutungen zu, von denen nur eine strafbar ist, so darf die zur Bestrafung führende Interpretation nur zugrunde gelegt werden, wenn die anderen Deutungsmöglichkeiten, insbesondere solche, die mit der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) vereinbar wären, mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen werden können (vgl. BVerfG NJW 1994, 2943).
9
b) Bei einer diesen Maßstäben entsprechenden Auslegung des Inhalts der CD ergibt sich, dass kein ausreichend eingrenzbarer Bevölkerungsteil angegriffen wird.
10
Zwar kann grundsätzlich auch eine politische Gruppierung taugliches Ziel eines Angriffs im Sinne des § 130 Abs. 2 StGB sein (vgl. von Bubnoff in LK 11. Aufl. § 130 Rdn. 9). Bei nicht näher spezifizierten Sammelbegriffen wie "Rote" oder "Linke" ist der bezeichnete Personenkreis jedoch so groß und unüberschaubar und umfasst derart zahlreiche, sich teilweise deutlich unterscheidende politische Richtungen und Einstellungen, dass seine Abgrenzung auf Grund bestimmter Merkmale von der Gesamtbevölkerung nicht möglich ist (vgl. BGHR StGB § 130 Nr. 1 Bevölkerungsteil 1).
11
Ähnliches gilt im Ergebnis für die Bezeichnung "Antifa-Brut". Der Begriff "Antifa" bezeichnet nach allgemeinem Verständnis je nach Zusammenhang linke , linksradikale und/oder autonome Gruppierungen oder Organisationen, die sich das Ziel gesetzt haben, Nationalismus oder Rassismus zu bekämpfen. Dabei handelt es sich allerdings nicht um ein auch nur annähernd homogenes Gebilde. Vielmehr ist die Ablehnung von Faschismus, Rassismus und Nationalismus häufig nur der kleinste gemeinsame Nenner, der zwischen den unter- schiedlichen Gruppierungen konsensfähig ist. Treffen sich indes ansonsten politisch -ideologisch ganz unterschiedlich geprägte Personengruppen lediglich in einem gemeinsamen Ziel, so reicht allein dies grundsätzlich nicht aus, um sie als abgrenzbaren Teil der Bevölkerung im Sinne des § 130 Abs. 1 und 2 StGB ansehen zu können; denn die Personenmehrheit ist in diesen Fällen nicht in einem Maße durch gemeinsame individuelle Merkmale geprägt, das sie nach außen als Einheit erscheinen lässt und eine hinreichend sichere Unterscheidung von der übrigen Bevölkerung ermöglicht.
12
Die besonderen Umstände des vorliegenden Falles führen nicht zu einem abweichenden Ergebnis; denn auch dem Kontext, etwa dem Inhalt der übrigen Lieder der CD, sind bei sachgerechter Interpretation keine Gesichtspunkte zu entnehmen, die zu einer hinreichenden Eingrenzbarkeit des angegriffenen Personenkreises führen könnten.
13
2. Auch im Fall II. 2. der Urteilsgründe ist der Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und d StGB) in Tateinheit mit Gewaltdarstellung (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 und 4 StGB) bezüglich der Texte der Lieder auf der CD "Spirit of 88/White Power Skinheads" der Band "Spreegeschwader" im Ergebnis nicht zu beanstanden.
14
a) Hinsichtlich des Liedes "Ignoranten" liegen - entgegen der Ansicht des Landgerichts, das zur Begründung des Freispruchs auf einen Tatbestandsbzw. unvermeidbaren Verbotsirrtum des Angeklagten abgestellt hat - bereits die Voraussetzungen des objektiven Tatbestands der Norm nicht vor; denn es fehlt an der in allen Alternativen der Vorschrift vorausgesetzten besonderen Intensität des Angriffs.
15
aa) Mit dem Text des genannten Liedes wird zunächst nicht zum Hass gegen einen Teil der Bevölkerung oder eine im Gesetz näher bezeichnete Gruppe von Personen aufgestachelt. Hierunter ist ein Verhalten zu verstehen, das auf die Gefühle oder den Intellekt eines anderen einwirkt und objektiv geeignet sowie subjektiv bestimmt ist, eine emotional gesteigerte, über die bloße Ablehnung oder Verachtung hinausgehende, feindselige Haltung gegen den betreffenden Bevölkerungsteil oder die betreffende Gruppe zu erzeugen oder zu verstärken (vgl. BGHSt 40, 97, 102; 46, 212, 217). Der Liedtext enthält zwar abfällige Äußerungen über Türken, Albaner und Russen, denen vor allem die Beherrschung der Schulen und die Begehung bestimmter Arten von Straftaten vorgeworfen wird. Wenn auch Hetze, die sich gegen Ausländer richtet, bei entsprechendem Gewicht regelmäßig tatbestandsrelevant sein kann (vgl. Miebach /Schäfer, aaO § 130 Rdn. 32), so ist hier jedoch die erforderliche besonders intensive Form der Einwirkung (vgl. BGHSt 21, 371, 372) auch unter Beachtung des zu berücksichtigenden Kontextes nicht gegeben.
16
bb) Daneben wird auch nicht zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen die genannten Angriffsobjekte aufgefordert. Dies setzt ein über das bloße Befürworten hinausgehendes, ausdrückliches oder konkludentes Einwirken auf andere mit dem Ziel voraus, in ihnen den Entschluss zu diskriminierenden Handlungen hervorzurufen, die den elementaren Geboten der Menschlichkeit widersprechen (vgl. Lenckner/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 130 Rdn. 5 b; von Bubnoff, aaO § 130 Rdn. 19). Hierunter fallen etwa Gewalttätigkeiten im Sinne des § 125 StGB, Freiheitsberaubungen, gewaltsame Vertreibungen, Pogrome, die Veranstaltung von Hetzjagden gegen Ausländer und sonstige im Widerspruch zu elementaren Geboten der Menschlichkeit stehende Behandlungen aller Art (vgl. Miebach/Schäfer, aaO § 130 Rdn. 35). Ein derartiger Appellcharakter ist dem Text des genannten Liedes nicht zu entnehmen.
17
cc) Schließlich wird auch nicht die Menschenwürde anderer dadurch angegriffen , dass eines der genannten Angriffsobjekte beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet wird. Beschimpfen ist eine nach Inhalt oder Form besonders verletzende Äußerung der Missachtung (vgl. BGHSt 46, 212, 216). Unter Verächtlichmachen ist jede auch bloß wertende Äußerung zu verstehen , durch die jemand als der Achtung der Staatsbürger unwert oder unwürdig hingestellt wird (vgl. BGHSt 3, 346, 348). Verleumden erfordert das wider besseres Wissen aufgestellte oder verbreitete Behaupten einer Tatsache, die geeignet ist, die betroffene Gruppe in ihrer Geltung und in ihrem Ansehen herabzuwürdigen (vgl. Fischer, aaO § 130 Rdn. 11). Ein Angriff gegen die Menschenwürde anderer, der sich durch eine dieser Handlungen ergeben muss, setzt voraus, dass sich die feindselige Handlung nicht nur gegen einzelne Persönlichkeitsrechte wie etwa die Ehre richtet, sondern den Menschen im Kern seiner Persönlichkeit trifft, indem er unter Missachtung des Gleichheitssatzes als minderwertig dargestellt und ihm das Lebensrecht in der Gemeinschaft bestritten wird (vgl. BVerfG NJW 2001, 61, 63). Ein noch weiter gehender Angriff etwa auf das biologische Lebensrecht an sich ist nicht erforderlich (vgl. BayObLG NStZ 1994, 588, 589). Auch insoweit kommen grundsätzlich entsprechend intensive ausländerfeindliche Parolen in Betracht (vgl. die Beispiele bei Miebach/Schäfer, aaO § 130 Rdn. 44 m. w. N.).
18
Derart besonders qualifizierte Beeinträchtigungen, die durch ein gesteigertes Maß an Gehässigkeit und Rohheit gekennzeichnet sein müssen, und durch die die Angehörigen des betreffenden Bevölkerungsteils oder der betreffenden Gruppe in ihren grundlegenden Lebensrechten als gleichwertige Persönlichkeiten in der Gemeinschaft verletzt werden und der unverzichtbare Bereich ihres Persönlichkeitskerns sozial abgewertet wird (vgl. BGHSt 36, 83, 90), liegen hier indes nicht vor. Der Gehalt des Textes zielt vielmehr in erster Linie auf das Anprangern eines von den Interpreten postulierten Unverständnisses gegenüber dem vermeintlich legitimen Anliegen ausländerfeindlicher Bevölkerungskreise und eine - wenn auch durchaus massive - Kundgabe der Missbilligung bestimmter behaupteter Zustände.
19
b) Bezüglich des Liedes "Mörder in der Nacht" hat das Landgericht die Verwirklichung des objektiven Tatbestands von § 131 StGB ohne Rechtsfehler verneint, da dem Text keine eindeutig gewaltverherrlichende Aussage zu entnehmen ist.
20
3. Der Freispruch des Angeklagten im Fall II. 5. der Urteilsgründe vom Vorwurf der Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen (§ 166 Abs. 1 und 2 StGB) ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
21
Das Landgericht hat den objektiven Tatbestand des § 166 StGB rechtsfehlerfrei mit der Begründung verneint, es fehle an einer ausreichenden Tathandlung , weil dem Angeklagten nicht nachzuweisen gewesen sei, dass er die CD "Der Untermensch" der Gruppe "Camulos" - deren Texte in mehreren Liedern allerdings die inhaltlichen Voraussetzungen des § 166 StGB erfüllen - tatsächlich verbreitet, das heißt, sie ihrer Substanz nach einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht (vgl. BGH NJW 1999, 1979, 1980 zu § 184 StGB m. w. N.) habe. Das Landgericht hat lediglich festgestellt, dass im Lager des Verlags eine CD aufbewahrt wurde. Das bloße Vorrätighalten einer Schrift ist gemäß § 166 StGB indes ebenso wenig mit Strafe bedroht wie der Versuch des Verbreitens (§ 166 Abs. 1 und 2, § 23 Abs. 2, § 12 Abs. 1 und 2 StGB).
22
Soweit das Landgericht im Übrigen in Bezug auf eine mögliche Strafbarkeit wegen Volksverhetzung den Vorsatz des Angeklagten nicht festzustellen vermocht hat, begegnet dies aus den vom Generalbundesanwalt in seiner An- tragsschrift zutreffend dargelegten Gründen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
23
III. Demgegenüber hält das Urteil sachlichrechtlicher Prüfung in den Fällen II. 3., 4., 6., 7. und 8. der Urteilsgründe nicht stand.
24
1. Bei dem Freispruch des Angeklagten im Fall II. 3. der Urteilsgründe vom Vorwurf der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und d StGB) im Zusammenhang mit dem Text des Liedes "Rote raus" auf der CD "Herz des Reiches" der Gruppe "Panzerfaust" hat das Landgericht weder den objektiven noch den subjektiven Tatbestand der Vorschrift mit einer rechtlich tragfähigen Begründung ausgeschlossen.
25
a) Entgegen der Meinung der Strafkammer wird mit dem in dem Lied verwendeten Ausdruck "Kommunisten" ein Teil der Bevölkerung im Sinne des Tatbestandes der Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 1 und 2 StGB bezeichnet. Im Gegensatz zu der "Antifa"-Bewegung, in der weltanschaulich unterschiedlich geprägte Gruppierungen lediglich durch ein gemeinsames Ziel vereint sind, verbindet Kommunisten - bei durchaus unterschiedlicher Ausrichtung in Einzelfragen - eine gemeinsame weltanschauliche, politisch-ideologische Grundüberzeugung. Diese gibt der Personenmehrheit ein insgesamt gemeinschaftliches Gepräge, das sie - trotz im Randbereich vorhandener Berührungspunkte und Überschneidungen mit sonstigen, insbesondere politisch linksgerichteten Gruppierungen - in ausreichender Weise von der übrigen Bevölkerung unterscheidbar macht.
26
b) Der Text des Liedes enthält einen Angriff gegen die Menschenwürde anderer, der darin liegt, dass die Kommunisten als Teil der Bevölkerung böswillig verächtlich gemacht werden. In ihm heißt es auszugsweise: "Blöder als die Polizei erlaubt/ Dreckiger als das dreckigste Schwein/ Du stinkst mehr als ein Hundehaufen/ Dein Gehirn ist erbsenklein/ Du bist ein Kommunist und deine Ideen gehören auf den Mist/ Nie wieder werdet ihr unser Volk zerspalten/ Unser Heimat vergewaltigen". Der Refrain lautet: "Rote raus, Rote raus, Rote raus/ Das ist unsre Heimat, hier sind wir zu haus/ Rote raus, Rote raus, Rote raus/ Ihr lächerlichen Kasper, wir lachen euch bloß aus". Bei sachgerechter Auslegung werden hierdurch in eindeutiger Weise Kommunisten nicht nur in einzelnen Persönlichkeitsrechten wie ihrer Ehre getroffen, sondern darüber hinausgehend in besonders gehässiger und roher Weise sozial abgewertet und im Kern ihrer Persönlichkeit verletzt.
27
c) Soweit das Landgericht ausgeführt hat, eine Strafbarkeit des Angeklagten scheide daneben jedenfalls aus subjektiven Gründen aus, da ihm "als Laien" kein Vorsatz nachgewiesen werden könne, wenn selbst die Strafkammer den Text für rechtlich noch vertretbar erachte, hat es die Voraussetzungen vorsätzlichen Handelns verkannt.
28
aa) Das Landgericht hätte, wollte es den Vorsatz des Angeklagten verneinen , aufgrund der Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen darlegen müssen, was der Angeklagte im Einzelnen nicht in sein Wissen und Wollen aufgenommen hat. Da im Rahmen des § 130 StGB bedingter Vorsatz ausreicht, kommt es darauf an, ob der Täter das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und damit in der Weise einverstanden ist, dass er die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf nimmt (vgl. Fischer, aaO § 15 Rdn. 9 ff.).
29
bb) Dem Landgericht oblag es deshalb, unter Anlegung dieser Maßstäbe zu prüfen, ob der Angeklagte zumindest bedingt vorsätzlich davon ausging, dass in dem betreffenden Lied Kommunisten als Teil der Bevölkerung böswillig verächtlich gemacht werden. Hierfür reichte allein der Hinweis darauf nicht aus, dass die Strafkammer selbst die Verwirklichung des objektiven Tatbestands der Norm verneint hat. Vielmehr musste sie die maßgebende Vorstellung des Täters zum Zeitpunkt der Begehung der Tat feststellen und würdigen. Dabei war darauf Bedacht zu nehmen, dass der Vorsatz auf der Wissensseite als intellektuelles Element erfordert, dass der Täter sich zurzeit der Handlung des Vorliegens aller Umstände des äußeren Tatbestands bewusst ist.
30
Namentlich bei normativ geprägten Tatbestandsmerkmalen braucht der Täter im Übrigen nicht die aus den Gesetzesbegriffen folgende rechtliche Wertung nachzuvollziehen; insofern genügt die Parallelwertung in der Laiensphäre, die voraussetzt, dass der Täter die Tatsachen kennt, die dem normativen Begriff zugrunde liegen, und auf der Grundlage dieses Wissens den sozialen Sinngehalt des Tatbestandsmerkmals richtig begreift (vgl. Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl. § 15 Rdn. 9, 14).
31
2. Im Fall II. 4. der Urteilsgründe hat das Landgericht zum Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a Abs. 1 Nr. 2 StGB) festgestellt, dass der Angeklagte in den Räumen der "D. Verlags Gesellschaft mbH" zu Verkaufszwecken die CD "Stimme des Volkes 26.03.1999" lagerte. Diese enthielt die Aufnahme einer aus Liedern und Textbeiträgen bestehenden Sendung von "Radio Germania", einem politisch rechtsgerichteten Sender. In zwei Liedern wird unter Anknüpfung an den Sprachgebrauch des Dritten Reiches die Parole der Hitlerjugend "Blut und Ehre" gebraucht. Dem Angeklagten war im Jahre 1999 in einem Gespräch von dem Verantwortlichen des Senders mitgeteilt worden, dass alle Sendungen anwaltlich begutachtet und für unbedenklich gehalten worden seien. Daneben wird von dem Sprecher zu Beginn der Sendung darauf hingewiesen, dass die Sendung "wie immer auch dieses Mal von unseren Rechtsanwälten als strafrecht- lich nicht relevant und ohne Verstöße gegen die Jugendschutzordnung gewertet worden" sei.
32
a) Die Strafkammer hat im Ergebnis rechtsfehlerfrei angenommen, dass der objektive Tatbestand des § 86 a Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt ist; denn der Angeklagte hielt mit der beschriebenen CD einen Gegenstand zum Zwecke der Verbreitung vorrätig, der ein Kennzeichen einer nationalsozialistischen Organisation im Sinne von § 86 a Abs. 2 Satz 1, § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB enthielt.
33
b) Zur Begründung des Freispruchs hat das Landgericht darauf abgestellt , dem Angeklagten könne nicht nachgewiesen werden, er habe gewusst, dass die Verwendung des Begriffspaares "Blut und Ehre" zweifelsfrei auf die Parole der Hitlerjugend hinweise; es fehle somit an der subjektiven Tatseite. Gehe man stattdessen von einem Verbotsirrtum aus, sei dieser unvermeidbar gewesen. Diese Ausführungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
34
aa) Zwar können Fehlvorstellungen oder -bewertungen über normative Tatbestandsmerkmale je nach dem Stand der (Un-)Kenntnis des Täters zu einem den Vorsatz und damit die Strafbarkeit ausschließenden Tatbestandsirrtum (§§ 15, 16 StGB) oder zu einem vermeidbaren oder unvermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 StGB) führen, wobei die sachgerechte Einordnung derartiger Irrtümer unter Rückgriff auf wertende Kriterien und differenzierte Betrachtungen vorzunehmen ist (vgl. BGH NStZ 2006, 214, 217). Insoweit kann das Vertrauen des Täters in juristische Auskünfte sowohl im Rahmen des Tatbestandsvorsatzes Bedeutung erlangen als auch sich im Bereich der Schuld auf die Strafbarkeit auswirken (vgl. Kirch-Heim/Samson, wistra 2008, 81). Durch die vom Landgericht getroffenen Feststellungen wird indes weder tragfähig belegt, dass der An- geklagte ohne Vorsatz handelte, noch dass ihm bei Begehung der Tat die Einsicht fehlte, Unrecht zu tun.
35
bb) Weder die pauschale Auskunft des für den Radiosender Verantwortlichen über eine anwaltliche Begutachtung noch der ebenso substanzlose Hinweis des Sprechers zu Beginn der Sendung enthält einen irgendwie näher fassbaren konkreten Hinweis auf eine Strafnorm oder gar ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal. Die Feststellungen lassen deshalb nicht erkennen, wieso der Angeklagte allein aufgrund dieser Auskünfte nicht zumindest im Sinne bedingten Vorsatzes wusste und wollte, dass in den betreffenden Liedern mit der Losung "Blut und Ehre" die Parole der Hitlerjugend wiedergegeben wurde. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte aufgrund seines politischen Werdegangs und seiner über viele Jahre ausgeübten beruflichen Tätigkeit mit dem Vokabular politisch rechtsgerichteter Kreise in hohem Maße vertraut war.
36
cc) Auch ein Verbotsirrtum des Angeklagten ist nicht ausreichend belegt. Wenn der Täter einen in seiner Bedeutung zutreffend erkannten Umstand rechtlich unrichtig subsumiert, kann seine Fehlvorstellung zwar als sog. Subsumtionsirrtum im Rahmen der Schuld Bedeutung gewinnen (vgl. Lackner/Kühl, aaO § 15 Rdn. 14). Hierzu lassen die Urteilsgründe jedoch jegliche näheren Ausführungen vermissen. Der - rechtsfehlerhaften - Annahme eines Tatbestandsirrtums wird vielmehr ohne nähere Begründung diejenige eines Verbotsirrtums "nachgeschoben". Da der Täter bereits dann ausreichende Unrechtseinsicht hat, wenn er bei Begehung der Tat mit der Möglichkeit rechnet, Unrecht zu tun, und dies billigend in Kauf nimmt (vgl. BGHSt 4, 1, 4; 27, 196, 202; BGH NStZ 1996, 236, 237; 338), hier dem Angeklagten aber bewusst war, dass er sich in einem rechtlichen Grenzbereich bewegte, liegt es zumindest nicht nahe, dass er aufgrund der pauschalen Hinweise über das Unrecht seines Tuns irrte.
37
dd) Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht weiter angenommen, ein etwaiger Verbotsirrtum sei unvermeidbar gewesen; hierfür bilden die getroffenen Feststellungen keine ausreichende Grundlage.
38
Die Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums setzt voraus, dass der Täter alle seine geistigen Erkenntniskräfte eingesetzt und etwa aufkommende Zweifel durch Nachdenken oder erforderlichenfalls durch Einholung verlässlichen und sachkundigen Rechtsrats beseitigt hat (vgl. BGHSt 21, 18, 20). Dabei müssen sowohl die Auskunftsperson als auch die Auskunft aus der Sicht des Täters verlässlich sein; die Auskunft selbst muss zudem einen unrechtsverneinenden Inhalt haben. Eine Auskunft ist in diesem Sinne nur dann verlässlich, wenn sie objektiv, sorgfältig, verantwortungsbewusst und insbesondere nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage erteilt worden ist (vgl. Vogel in LK 12. Aufl. § 17 Rdn. 78, 85). Bei der Auskunftsperson ist dies der Fall, wenn sie die Gewähr für eine diesen Anforderungen entsprechende Auskunftserteilung bietet (vgl. BGHSt 40, 257, 264).
39
Hinzu kommt, dass der Täter nicht vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm günstigen Standpunkts vertrauen und seine Augen nicht vor gegenteiligen Ansichten und Entscheidungen verschließen darf. Maßgebend sind die jeweils konkreten Umstände, insbesondere seine Verhältnisse und Persönlichkeit; daher sind zum Beispiel sein Bildungsstand, seine Erfahrung und seine berufliche Stellung zu berücksichtigen (vgl. Fischer, aaO § 17 Rdn. 8).
40
Das Vertrauen auf eingeholten rechtsanwaltlichen Rat vermag somit nicht in jedem Fall einen unvermeidbaren Verbotsirrtum des Täters zu begründen. Wendet sich dieser an einen auf dem betreffenden Rechtsgebiet versierten Anwalt, so hat er damit zwar vielfach das zunächst Gebotene getan (vgl. BGHR StGB § 17 Vermeidbarkeit 3). Jedoch ist weiter erforderlich, dass der Täter auf die Richtigkeit der Auskunft nach den für ihn erkennbaren Umständen vertrauen darf. Dies ist nicht der Fall, wenn die Unerlaubtheit des Tuns für ihn bei auch nur mäßiger Anspannung von Verstand und Gewissen leicht erkennbar ist oder er nicht mehr als eine Hoffnung haben kann, das ihm bekannte Strafgesetz greife hier noch nicht ein. Daher darf der Täter sich auf die Auffassung eines Rechtsanwalts etwa nicht allein deswegen verlassen, weil sie seinem Vorhaben günstig ist (vgl. BGH, Beschl. vom 12. Juni 1985 - 3 StR 82/85). Eher zur Absicherung als zur Klärung bestellte Gefälligkeitsgutachten scheiden als Grundlage unvermeidbarer Verbotsirrtümer aus (vgl. Fischer, aaO § 17 Rdn. 9 a). Auskünfte , die erkennbar vordergründig und mangelhaft sind oder nach dem Willen des Anfragenden lediglich eine "Feigenblattfunktion" (vgl. Cramer/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 17 Rdn. 18) erfüllen sollen, können den Täter ebenfalls nicht entlasten (vgl. BGH NStZ 2000, 307, 309). Insbesondere bei komplexen Sachverhalten und erkennbar schwierigen Rechtsfragen ist regelmäßig ein detailliertes, schriftliches Gutachten erforderlich, um einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen (vgl. Kirch-Heim/Samson, aaO 81, 85).
41
Vor diesem Hintergrund genügen die getroffenen Feststellungen nicht ansatzweise, um die Unvermeidbarkeit eines etwaigen Verbotsirrtums zu belegen. Dem Angeklagten oblag bereits aufgrund seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit als der für das Verlagsprogramm verantwortlichen Person eine besondere Erkundigungs- und Prüfungspflicht, an die strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. BGHSt 37, 55, 66). Dies gilt erst recht im Hinblick auf die sonstigen besonderen Umstände des vorliegenden Falles. So war dem selbst mit den einschlägigen Rechtsfragen vertrauten Angeklagten bewusst, dass er sich in einem rechtlichen Grenzbereich bewegte und die Gefahr der Erfüllung von Straftatbeständen aufgrund des Inhalts der von der "D. Verlags Gesellschaft mbH" angebotenen und vertriebenen CDs nahe lag.
42
Der Angeklagte durfte sich somit allein auf die pauschale mündliche Auskunft eines Dritten über eine anwaltliche Begutachtung ebenso wenig verlassen wie auf die Aussage des Sprechers zu Beginn der Sendung. Beide Hinweise boten keinerlei Gewähr für eine hinreichende inhaltliche Verlässlichkeit; denn sie ließen weder einen Schluss auf den Umfang noch auf die Sorgfältigkeit der rechtlichen Überprüfung zu. Die Auskunft hätte sich zudem inhaltlich darauf richten müssen, dass das beabsichtigte Handeln kein Unrecht ist (vgl. Vogel, aaO § 17 Rdn. 19). Hinsichtlich der Aussage durch den Verantwortlichen des Senders verhalten sich die Urteilsgründe indes noch nicht einmal dazu, ob sich die anwaltliche Begutachtung auf alle oder nur auf einzelne nach dem Strafgesetzbuch in Betracht kommenden Strafvorschriften bezog und auch etwa die einschlägigen Normen des Jugendschutzgesetzes (vgl. §§ 15, 27 JuSchG) umfasste.
43
3. Der Freispruch des Angeklagten im Fall II. 6. der Urteilsgründe vom Vorwurf der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und d StGB) bezüglich des Liedes "Stinkendes Leben" auf der CD "Das rechte Wort" der Gruppe "Patriot 19/8 & Sleipnir" kann ebenfalls keinen Bestand haben.
44
a) Die in dem Lied angesprochene Gruppe der "Punker" stellt einen Teil der Bevölkerung im Sinne der genannten Vorschrift dar (vgl. Lenckner/Sternberg-Lieben, aaO § 130 Rdn. 4; Miebach/Schäfer, aaO § 130 Rdn. 25). Punker sind aufgrund einer etwa in ihrem Lebensstil und äußeren Erscheinungsbild zu Tage tretenden weltanschaulichen Überzeugung, die trotz unterschiedlicher Präferenzen im Einzelnen nach außen genügende Gemeinsamkeiten erkennen lässt, als Personenmehrheit von der übrigen Bevölkerung in ausreichendem Maße abgrenzbar.
45
b) Entgegen der Auffassung der Strafkammer wird in dem genannten Lied die Menschenwürde der Punker dadurch angegriffen, dass sie beschimpft und böswillig verächtlich gemacht werden. Mit dem Text der Kehrreime "Du bist ein Punk, du bist so krank/ bist so abnorm und nie in Form/ benimmst dich wie das letzte Schwein/ Gefällt es dir, Abschaum zu sein?" und "Die Zeit ist reif für Deutschlands Segen/ Die Zukunft liegt in unserer Hand/ Wir werden sie von den Straßen fegen/ Und frei und sauber sei das Land" sowie weiteren ähnlichen Passagen wird die Missachtung von Punkern in besonders gravierender Form zum Ausdruck gebracht; diese werden im Kern ihrer Persönlichkeit getroffen und verletzt. Soweit die Strafkammer in diesem Zusammenhang gemeint hat, nur eine Beeinträchtigung der Ehre feststellen zu können, und zur Begründung ausgeführt hat, die Bezeichnung "Schwein" sei im heutigen Sprachgebrauch üblich und werde teilweise auch in populären Liedern wie "Männer sind Schweine" der Gruppe "Die Ärzte" gebraucht, hat sie in besonderer Weise die sich bei verständiger Würdigung aufdrängende Bedeutung des hier relevanten Textes verkannt. In diesem geht es im Gegensatz zu dem von der Strafkammer als Vergleich bemühten Lied nicht um eine satirische Überspitzung bestimmter menschlicher Verhaltensweisen und Eigenschaften; vielmehr wird in eindeutiger Weise das Recht von Punkern auf Anerkennung als Persönlichkeiten in der Gemeinschaft besonders gehässig und roh verletzt und der unverzichtbare Bereich ihres Persönlichkeitskerns sozial abgewertet.
46
c) Mit dem Inhalt des letzten Kehrreims wird daneben auch zu Gewaltund Willkürmaßnahmen gegen Punker aufgefordert, da zumindest konkludent auf andere mit dem Ziel eingewirkt wird, in ihnen den Entschluss zu Gewalttätigkeiten und ähnlichen Handlungen hervorzurufen. Diesem appellativen Charakter des Textes steht nicht entgegen, dass vordergründig die Formulierung "Wir werden sie von der Straße fegen" benutzt wird. Bei sachgerechter Bewertung ergibt sich, dass die Zielrichtung der Aussage nicht dahin geht, eigene Handlungen oder Absichten der Interpreten darzustellen; vielmehr ist die eigentliche Intention erkennbar darauf gerichtet, andere zu animieren, Gewalt- oder Willkürmaßnahmen zu verüben bzw. sich solchen anzuschließen.
47
d) Soweit die Strafkammer daneben unter Hinweis auf eine Unbedenklichkeitserklärung des Rechtsanwalts N. , deren näherer Inhalt in den Feststellungen nicht mitgeteilt wird, den Vorsatz des Angeklagten verneint hat, hält dies aus den dargelegten Gründen rechtlicher Prüfung nicht stand. Der Schluss des Landgerichts von dieser nicht näher spezifizierten Auskunft darauf, dass der Angeklagte sich in einer Fehlvorstellung über bestimmte Merkmale des gesetzlichen Tatbestands befand, entbehrt auch hier einer tragfähigen Grundlage.
48
e) Aus denselben Gründen ist die den Ausführungen über einen Tatbestandsirrtum ohne weitere Begründung folgende Annahme eines Verbotsirrtums rechtsfehlerhaft. Die Strafkammer hat auch in diesem Fall nicht dargelegt, über welches normative Tatbestandsmerkmal sich der Angeklagte in einer Weise im Irrtum befunden haben soll, die seine Unrechtseinsicht ausschloss.
49
f) Schließlich reichen die Ausführungen des Landgerichts nicht aus, um die Unvermeidbarkeit eines etwaigen Verbotsirrtums zu begründen. Allein das Vertrauen in eine inhaltlich nicht näher konkretisierte anwaltliche Auskunft kann bei sachgerechter Bewertung der sonstigen Umstände des vorliegenden Falles bei Anwendung der dargelegten Maßstäbe nicht zu der Annahme führen, der Angeklagte habe seine eventuelle Fehlvorstellung nicht durch die genügende Anspannung seines Gewissens vermeiden können.
50
4. Der Freispruch im Fall II. 7. der Urteilsgründe vom Vorwurf der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und d StGB) im Zusammenhang mit dem Text des Liedes "Bunthaarige Schweine" auf der CD "Totgesagte leben länger" der Gruppe "Doitsche Patrioten" begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
51
a) Der Text des Liedes richtet sich wie im Fall zuvor bei verständiger Auslegung gegen Punker und damit gegen einen genügend abgrenzbaren Teil der Bevölkerung. Dem steht nicht entgegen, dass die Punker hier nicht ausdrücklich als solche bezeichnet sind; denn eine derartige namentliche Benennung ist jedenfalls dann entbehrlich, wenn sich aus dem Inhalt der Schrift ausreichend deutlich ergibt, welcher bestimmte Bevölkerungsteil Ziel des Angriffs ist. Dies ist hier der Fall. In dem Text des Liedes werden mehrere typische Äußerlichkeiten und Verhaltensweisen genannt, die Punkern zuzuordnen sind und deren Erscheinungsbild bestimmen. Dies lässt den zweifelsfreien Schluss darauf zu, dass hier die betreffende Personenmehrheit als Angriffsobjekt umschrieben ist.
52
b) Mit Formulierungen wie "Hallo du kleines Arschgesicht/ Ich find dich einfach widerlich/ Wie oft willst du denn noch erwachen/ Bestell dir lieber gleich nen Sarg", "Bunthaarige Schweine/ Dreckig eklig und verkeimt/ Ziehst du hier nicht gleich Leine/ Nutz ich die Gunst der Zeit" oder "Vielleicht hast du es nicht ganz geschnallt/ Verpiss dich bevor es knallt" wird sowohl die Menschenwürde der Punker dadurch angegriffen, dass sie böswillig verächtlich gemacht werden, als auch zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie aufgefordert.
53
c) Soweit die Strafkammer den Vorsatz des Angeklagten verneint hat, weil er gewusst habe, dass zu der CD ein Gutachten der Rechtsanwältin P. existiere, das zu dem Ergebnis gekommen sei, die Texte seien strafrechtlich unbedenklich, hält dies aus den bereits ausgeführten Gründen rechtlicher Überprüfung nicht stand. Auch in diesem Fall wird der Inhalt des Gutachtens in den Urteilsgründen nicht mitgeteilt; danach kannte der Angeklagte nur dessen pauschales Ergebnis. Somit wird die Folgerung der Strafkammer, er habe sich über einzelne Tatbestandsmerkmale im Irrtum befunden, von den Feststellungen nicht getragen.
54
d) Entsprechendes gilt für die Annahme eines unvermeidbaren Verbotsirrtums. Dessen Voraussetzungen sind den Feststellungen nicht zu entnehmen. Auch insoweit gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Darüber hinaus wäre hier in die rechtliche Bewertung die Kenntnis des Angeklagten davon einzubeziehen gewesen, dass in zumindest einem früheren Fall (Fall II. 2. der Urteilsgründe ) trotz eines Gutachtens von Rechtsanwältin P. , welches zu dem Ergebnis gekommen war, die auf der CD befindlichen und von ihr geprüften Texte seien erlaubt, die CD im Nachhinein bezüglich dreier Lieder durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert wurde, was zu einer Neuauflage führte, in der die beanstandeten Lieder durch andere ersetzt wurden. Der Angeklagte hatte somit begründeten Anlass, an der Verlässlichkeit der Auskunft zu zweifeln und durfte auch aus diesem Grunde nicht ohne Weiteres auf das pauschale Ergebnis der entsprechenden Begutachtung vertrauen.
55
5. Soweit die Strafkammer im Fall II. 8. der Urteilsgründe den Angeklagten vom Vorwurf des Verbreitens von Propagandamaterial verfassungswidriger Organisationen (§ 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB) freigesprochen hat, hält das Urteil revisionsrechtlicher Prüfung schließlich ebenfalls nicht stand.
56
a) Das Landgericht hat zunächst den objektiven Tatbestand der Vorschrift mit rechtsfehlerfreien Erwägungen bejaht. Dabei hat es zutreffend ausgeführt , den Texten der Lieder "Doitschland" und "Unter dem Krakenkreuz" sei bei einer Auslegung aus verständiger Sicht zu entnehmen, dass der Ausdruck "Krakenkreuz" als Synonym für "Hakenkreuz" gebraucht und damit eindeutig an nationalsozialistische Zielsetzungen angeknüpft werde.
57
b) Das Landgericht hat jedoch die - bereits als solche nicht nahe liegende - Einlassung des Angeklagten, der angegeben hat, er habe die CD als "reine Spaß-CD" bewertet, mit der ein besonderer Typ Skinheads satirisch habe dargestellt werden sollen, für nicht widerlegt angesehen und deshalb den Vorsatz des Angeklagten verneint. Die dem zugrunde liegende Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite geht von einem unzutreffenden Verständnis der Liedtexte aus und erweist sich als lücken- und damit sachlichrechtlich fehlerhaft.
58
aa) Die Interpretation des Textes der einzelnen Lieder durch das Landgericht begegnet durchgreifenden Bedenken, soweit es verschiedene Passagen als geeignet angesehen hat, Zweifel aufkommen zu lassen, ob mit den Liedtexten politische Ziele verfolgt werden sollten. Hierfür hat es etwa die Textstelle "Doitschland ich lieb dich so/ das ist keine Banane und keine Schokolade/ ich vermisse meine Heimat und das finde ich sehr schade" benannt. Insoweit hätte sich die Strafkammer jedenfalls mit der nahe liegenden Möglichkeit auseinandersetzen müssen, dass die Begriffe "Banane" und "Schokolade" in der rechtsextremen Szene als Synonyme für Menschen mit dunkler Hautfarbe und südländischer Herkunft gebraucht werden. In diesem Zusammenhang wäre zu würdigen gewesen, dass der Angeklagte mit der politisch rechtsgerichteten Terminologie in besonderer Weise vertraut war, was nahe legt, dass ihm der Gehalt der dargestellten Textpassage in Form einer rassistischen Ausrichtung der Texte ohne Weiteres klar war.
59
bb) Das Landgericht hat sich daneben nicht erkennbar damit auseinandergesetzt , dass - für den Angeklagten nach den Umständen ebenfalls augen- fällig - durch das Propagieren des "Marschierens unter dem Krakenkreuz" zur Machtübernahme als Entsprechung zum Marschieren der vormaligen NSDAP unter dem Hakenkreuz mit dem Ziel der Machtergreifung in besonderer Weise an die nationalsozialistische Terminologie und Ideologie angeknüpft wird. Den Urteilsgründen ist kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass der Angeklagte den objektiven Bedeutungsgehalt dieser eindeutigen Passage nicht erkannte und damit nicht einverstanden war. Becker Miebach von Lienen Hubert Schäfer

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

5 StR 308/03

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 4. Dezember 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 2. und 4. Dezember 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Richterin am Landgericht
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
in der Sitzung vom 4. Dezember 2003 für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 29. Januar 2003 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Betruges in 351 Fällen aus Rechtsgründen freigesprochen. Die vom Generalbundes- anwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg , so daß es auf die Verfahrensrüge nicht mehr ankommt.

I.


1. Dem Angeklagten wird mit der Anklage vorgeworfen, als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der ZRD – Z H - D GmbH durch die Zusendung von Scheinrechnungen, bei denen es sich in Wahrheit um Angebote zur Eintragung in eine angeblich von ihm geführte Datenbank handelte, 351 Geschädigte über eine gegenüber dem Angeklagten bestehende Zahlungspflicht getäuscht und zur Zahlung von Beträgen zwischen 387,64 DM und 1.143,96 DM veranlaßt zu haben.
2. Nach den Feststellungen gründete der Angeklagte im Januar 1999 die ZRD Z R -D GmbH. Alleiniger Gesellschafter und
Geschäftsführer war der Angeklagte. Offizieller Firmenzweck sollten unter anderem Einrichtung, Betrieb und Pflege von Datenbanken sowie Abruf- und Abfragesystemen sein. Danach hatte der Angeklagte den Plan, ein Faxabrufsystem zu installieren, mit dem er bundesweit Unternehmen aller Art die Möglichkeit bieten wollte, unternehmenseigene Daten und Informationen zu speichern, die über eine von ihm zu benennende Servicenummer von den Kunden der Unternehmen jederzeit per Fax hätten abgerufen werden können.
Um Kunden zu werben, entwickelte der Angeklagte nach bereits vorhandenen Mustern anderer Anbieter ein „Angebotsschreiben“, das nach seiner Gestaltung auf den ersten Blick einer amtlichen Rechnung glich. So wies es typische Rechnungsmerkmale auf, wie das Fehlen von individueller Anrede und Grußformel, die Aufschlüsselung des zu zahlenden Betrages nach Netto- und Bruttosumme sowie die Beifügung eines ausgefüllten Überweisungsträgers. Überdies fehlte auf der Vorderseite des Schreibens eine nähere Darstellung der angebotenen Leistung; diese ergab sich erst aus den auf der Rückseite enthaltenen Eintragungsbedingungen, die in kleiner Schrift und mit hellgrauer Farbe gedruckt waren. Allerdings befand sich auf dem Schreiben mehrfach der Wortteil „Offerte“. Auch wurde darauf hingewiesen, daß die Zahlung mittels des beigefügten Überweisungsträgers „bei Annahme“ zu erfolgen habe und daß die auf der Rückseite befindlichen Rechtshinweise und Eintragungsbedingungen „vor Annahme“ zu beachten seien.
Der Angeklagte veränderte das Schreiben mehrfach, unter anderem auf Verlangen des Handelsregisters, um dem Anschein entgegenzuwirken, das Schreiben sei die Rechnung einer öffentlichen Stelle. So wurde die Firma von „Z H -D “ über „ZRD R “ schließlich in „ZRD Z R -D “ geändert. Auch wurde der für amtliche Rechnungen übliche Begriff „Kassenzeichen“ durch „ZRD-Offertennummer“ ersetzt und später auf die Festsetzung einer für Rechnungen typischen Zahlungsfrist von sieben Tagen verzichtet.
Von Januar 1999 bis Januar 2000 versandte der Angeklagte seine Formulare an 12.290 neu gegründete oder umbenannte Unternehmen, deren Adressen er dem Bundesanzeiger oder sonstigen Veröffentlichungen über neue Registereintragungen entnommen hatte. Zur Einrichtung einer entsprechenden Datenbank kam es nicht, weil keines der angeschriebenen Unternehmen den Versuch unternahm, mit dem Angeklagten Kontakt aufzunehmen. Allerdings zahlten insgesamt 351 Empfänger mittels des vorgefertigten Überweisungsträgers. Diese hielten aber das Schreiben für eine amtliche Rechnung und wollten mit der geleisteten Zahlung die noch ausstehende Rechnung für die kurz zuvor erfolgte Registereintragung begleichen. Insgesamt gingen 433.198,43 DM auf den Konten des Angeklagten ein.
Die technischen Voraussetzungen, um bei etwaigen Angebotsannahmen das Faxabrufsystem kurzfristig betreiben zu können, bestanden.
3. Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Betruges freigesprochen, weil es an einer Täuschung im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB fehle. Zwar könne die Versendung von rechnungsähnlichen Offerten im Einzelfall durchaus zur Annahme einer Täuschungshandlung führen, wenn bei Gestaltung der Formularschreiben typische Rechnungsmerkmale verwendet würden. Jedoch würde sich aus den Hinweisen, die sich auf der Vorderseite der hier verwendeten Formulare befänden, der Angebotscharakter der Schreiben „eindeutig“ ergeben und „kein Zweifel“ daran bestehen, daß es sich nicht um eine amtliche Rechnung handele. Schließlich spreche gegen eine Täuschung auch der Umstand, daß sich das Vertragsangebot ausschließlich an Vollkaufleute, also überwiegend im geschäftlichen Verkehr erfahrene Adressaten, gerichtet habe und es nur bei einem außerordentlich geringen Teil der Empfänger (knapp 3 %) zu einem Irrtum gekommen sei. Es sei nicht Aufgabe des § 263 StGB, sorglose Menschen vor ihrer eigenen Sorglosigkeit zu schützen.
Darüber hinaus hat der Tatrichter die Einlassung des Angeklagten nicht zu widerlegen vermocht, er habe nicht damit gerechnet, daß seine Schreiben als amtliche Rechnung mißverstanden werden könnten. Der Angeklagte möge vielleicht gehofft haben, daß einige Adressaten einem Irrtum erlägen, der Angeklagte habe aber nicht zielgerichtet die Irrtumserregung angestrebt.

II.


Das Urteil hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Das Landgericht ist zutreffend von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgegangen, wonach derjenige, der Angebotsschreiben übersendet, in denen durch die Verwendung typischer Rechnungsmerkmale der Eindruck einer Zahlungspflicht erweckt wird, eine Täuschung im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB begehen kann (vgl. BGHSt 47, 1; Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 263 Rdn. 16). Jedoch ist die Beweiswürdigung in verschiedener Hinsicht fehlerhaft.
Allerdings muß das Revisionsgericht grundsätzlich hinnehmen, wenn der Tatrichter einen Angeklagten freispricht, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters ; die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob diesem Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlichrechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze und gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; BGH NStZ 2002, 48; BGH NStZ-RR 2000, 171; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33 m.w.N.).
Hier erweist sich die Beweiswürdigung des Landgerichts als widersprüchlich und lückenhaft. Freilich können und müssen die Gründe auch eines freisprechenden Urteils nicht jeden irgendwie beweiserheblichen Um-
stand ausdrücklich würdigen. Das Maß der gebotenen Darlegung hängt von der jeweiligen Beweislage und insoweit von den Umständen des Einzelfalles ab; dieser kann so beschaffen sein, daß sich die Erörterung bestimmter einzelner Beweisumstände erübrigt. Insbesondere wenn das Tatgericht auf Freispruch erkennt, obwohl – wie hier – nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten ein ganz erheblicher Tatverdacht besteht, muß es allerdings in seiner Beweiswürdigung und deren Darlegung die ersichtlich möglicherweise wesentlichen gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und Erwägungen einbeziehen (BGH wistra 2002, 260, 261; BGH NStZ-RR 2000, 171) und in einer Gesamtwürdigung betrachten (BGH NJW 2002, 2188, 2189; 2002, 1811, 1812; BGH NStZ 2002, 48). Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.

a) Die Feststellungen zum Angebotsschreiben widersprechen sich. Der Tatrichter hat einerseits ausgeführt, daß das „Angebotsschreiben ... nach seiner Gestaltung auf den ersten Blick einer amtlichen Rechnung gleicht“ (UA S. 4). Diese Wertung ist nach den im Urteil mitgeteilten Rechnungsmerkmalen (u.a. Bezeichnung der Firma als „Z H - D , Angabe einer Zahlungsfrist, vorgefertigter Zahlschein, Verwendung der Begriffe Kassenzeichen und ZRD-Kostengegenstand, Fehlen von individueller Anrede und Grußformel) nicht nur möglich, sondern naheliegend. Hiermit ist nicht ohne weiteres die Wertung vereinbar, die Formulare seien „von der Gestaltung her der Rechnung einer Gerichtskasse (nur) bei oberflächlicher Betrachtung durchaus ähnlich“ und es fände sich „auf dem Formular eine Vielzahl deutlicher Hinweise, die keinen Zweifel daran lassen, daß es sich eben nicht um eine amtliche Rechnung“ (UA S. 11) handele.
Das Landgericht hat bei seiner Wertung den Hinweisen auf den Angebotscharakter , deren Bedeutung sich erst aus den auf der Rückseite befindlichen Rechtshinweisen und Eintragungsbedingungen ergibt, das entscheidende Gewicht beigemessen. Es hätte sich aber damit auseinandersetzen müssen, daß die äußerliche Gestaltung der Formulare auch auf deren Inhalt
zurückwirken kann (vgl. Anm. Geisler in NStZ 2002, 86, 87 f. und Anm. Loos in JR 2002, 77, 78, jew. zu BGHSt 47, 1). Wie sich aus dem in den Urteilsgründen wiedergegebenen Formular ergibt, sind die auf der Rückseite befindlichen Angaben in winziger Schrift ohne jeden Absatz und ohne jede Hervorhebung mit hellgrauer Farbe gedruckt. Unter Berücksichtigung auch dieses Umstandes hätte sich dann möglicherweise ergeben, daß der Angeklagte mit dem Gesamterklärungswert des Formulars bei den Empfängern den Eindruck vermitteln wollte, daß eine Zahlung für eine bereits erfolgte Leistung eingefordert werde.

b) Insbesondere schöpfen die Darlegungen, mit denen die Einlassung des Angeklagten als nicht zu widerlegen angesehen wird, den Sachverhalt nicht aus. Es wird in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich erörtert, daß der Angeklagte zwar insgesamt 433.198,43 DM erhalten, aber keinerlei Geschäftstätigkeit entfaltet hat. Mit dieser Passivität auf dem vermeintlichen Geschäftsfeld hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen, weil sie nahe legt, daß ein solcher Geschehensablauf auch den Absichten des Angeklagten entsprochen hat. Dies gilt umso mehr, als die angebotene Leistung erst auf der Rückseite – mit winziger Schrift und hellgrauer Farbe gedruckt – beschrieben wird. Wenn es dem Angeklagten darum gegangen wäre , Kunden zu gewinnen, hätte es nahegelegen, daß er die von ihm angebotene Leistung optisch deutlich vorangestellt hätte. Dabei hätte auch die in den Urteilsgründen mitgeteilte schwere Erreichbarkeit des Angeklagten (Briefkastenfirma) Berücksichtigung finden müssen.
2. Die Erwägung des Landgerichts, die Angebotsschreiben seien nicht zur Täuschung geeignet gewesen, weil für deren Empfänger „bei Anwendung (nur) durchschnittlicher Sorgfalt ohne weiteres erkennbar (sei), daß es sich jedenfalls nicht um eine amtliche Rechnung handelt“, und von den „im geschäftlichen Verkehr erfahrene(n) Adressaten“ erwartet werden könne und müsse, „daß sie im Zweifel auch die Rückseite des Schreibens lesen und
spätestens dadurch den Angebotscharakter erkennen“ (UA S. 14), vermag ebenfalls nicht zu überzeugen.
Leichtgläubigkeit oder Erkennbarkeit der Täuschung bei hinreichend sorgfältiger Prüfung schließen die Schutzbedürftigkeit des potentiellen Opfers und damit gegebenenfalls eine Täuschung nicht aus (vgl. BGHSt 34, 199, 201; BGH NStZ 2003, 313, 314). Eine Täuschung kann auch konkludent erfolgen , nämlich durch irreführendes Verhalten. Eine Täuschungshandlung kann somit auch gegeben sein, wenn sich der Täter hierzu – isoliert betrachtet – wahrer Tatsachenbehauptungen bedient. In solchen Fällen wird ein Verhalten dann zur tatbestandlichen Täuschung, wenn der Täter die Eignung der – inhaltlich richtigen – Erklärung, einen Irrtum hervorzurufen, planmäßig einsetzt und damit unter dem Anschein „äußerlich verkehrsgerechten Verhaltens" gezielt die Schädigung des Adressaten verfolgt, wenn also die Irrtumserregung nicht die bloße Folge, sondern der Zweck der Handlung ist (vgl. BGHSt 47, 1; BGH wistra 2001, 386).
In diesem Zusammenhang hätte die Strafkammer nicht lediglich auf eine Geschäftserfahrung der Empfänger abstellen dürfen. Sie hätte sich auch damit auseinandersetzen müssen, daß die Schreiben speziell auf die Empfänger ausgerichtet waren. Die Schreiben wurden nicht wahllos an einen zufällig ausgewählten Adressatenkreis versendet. Vielmehr wurden sie gezielt an einen Personenkreis gerichtet, für den unmittelbar zuvor eine Eintragung im Handelsregister erfolgt war und der deshalb mit einer Kostenforderung rechnen mußte. Ein auf Unaufmerksamkeit beruhender Routineirrtum lag bei derartigen Empfängern nahe. Ihre Geschäftserfahrung ändert hieran ersichtlich nichts, zumal die Erledigung des Schreibens durch Büropersonal zu erwarten war (vgl. OLG Frankfurt a.M. NJW 2003, 3215). Der Beschluß des Senats vom 27. Februar 1979 – 5 StR 805/78 – (veröffentlicht in NStZ 1997, 186) darf ohnehin nicht dahin mißverstanden werden, daß eine vorsätzliche Täuschung von Kaufleuten in Fällen vergleichbarer Art regelmäßig zu verneinen wäre.

III.


Der neue Tatrichter wird gegebenenfalls auch zu prüfen haben, ob die einzelnen dem Angeklagten vorgeworfenen Betrugsfälle konkurrenzrechtlich jeweils eigenständige Taten darstellen oder aber als Teil eines Organisationsdelikts zu bewerten sind (vgl. BGHR StGB § 263 Täterschaft 1; BGH NStZ 1996, 296; BGH, Beschl. v. 26. August 2003 – 5 StR 145/03 Umdruck S. 15 f.). Letzteres hätte zur Folge, daß auch diejenigen Fälle, in denen die Adressaten keine Zahlung geleistet haben, – als unselbständige Versuchsfälle – von der Anklage mitumfaßt wären und der Kognitionspflicht unterlägen.
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Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts St. Ingbert vom 31. Juli 2012 – 3 C 32/12 (12) – die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin unterhält ein Branchenverzeichnis im Internet, das über die Seite www.....eu abrufbar ist. Sie macht gegen den Beklagten, der eine Praxis für Physiotherapie in ... betreibt, Ansprüche aus einem Brancheneintrag geltend.

Die Klägerin übersandte dem Beklagten unaufgefordert ein Formular, das mit „Brancheneintragungsantrag Ort ...“ überschrieben ist. Wegen des weiteren Inhalts wird auf Bl. 10 d.A. Bezug genommen. Eine Mitarbeiterin des Beklagten füllte das Formular aus und sandte es an die Klägerin zurück. Die Klägerin trug den Beklagten in das Verzeichnis ein und stellte ihm dafür 1.082,90 EUR inkl. MwSt. in Rechnung. Der Beklagte hat darauf hin die Anfechtung erklärt.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Ersatz dieses Betrages nebst Verzugszinsen und Erstattung von Mahnauslagen.

Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten, es sei kein wirksamer Vertrag zustande gekommen. Er sei durch die Gestaltung des Antragsformulars getäuscht worden, weshalb er zur Anfechtung berechtigt gewesen sei.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die konkrete Gestaltung des verwendeten Formulars sei nicht zu beanstanden. Insbesondere sei deutlich erkennbar gewesen, dass es sich um ein entgeltliches Angebot handele.

Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte die Abweisung der Klage weiter. Er vertieft hierzu seinen erstinstanzlichen Vortrag. Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Werklohn gemäß § 631 Abs. 1 BGB zu, da die von der Klägerin verwendete formularmäßige Entgeltabrede wegen ihres überraschenden Charakters nicht Vertragsbestandteil geworden ist (§ 305 c Abs. 1 BGB).

1. Nach § 305 c Abs. 1 BGB, der gemäß § 310 BGB auch gegenüber Unternehmern Anwendung findet, werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Überraschenden Inhalt hat eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (BGH, st. Rspr., vgl. nur Urteil vom 26.07.2012 – VII ZR 262/11, MDR 2012, 1147 m.w.N.). Generell kommt es dabei nicht auf den Kenntnisstand des einzelnen Vertragspartners, sondern auf die Erkenntnismöglichkeiten des für derartige Verträge in Betracht kommenden Personenkreises an (BGH aaO m.w.N.). Auch der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel und ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle können die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen (BGH aaO m.w.N.). Das ist hier der Fall. Auch ein gewerblicher Vertragspartner wie der Beklagte braucht mit einer Entgeltabrede dieser Art nicht zu rechnen.

2. Es ist gerichtsbekannt, dass Eintragungen in Branchenverzeichnisse im Internet in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten werden (vgl. hierzu auch LG Rostock, Urteil vom 28.05.2008 – 1 S 174/07, NJW-RR 2008, 1450; LG Flensburg, Urteil vom 08.02.2011 – 1 S 71/10, juris; LG Bochum, Urteil vom 15.11.2011 – 11 S 100/11, juris). Wird aber eine Leistung in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten, so wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß § 305 c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil (BGH, Urteil vom 26.07.2012 – VII ZR 262/11, MDR 2012, 1147). Um eine solche Entgeltklausel handelt es sich hier.

3. Die Bezeichnung des Formulars als „Brancheneintragungsantrag Ort: ...“ macht nicht hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages handelt (vgl. BGH aaO). Auch im Übrigen fehlt ein hinreichend deutlicher Hinweis auf die Vergütungspflicht.

a) Die Preisangabe für den Interneteintrag („Preis in Euro: 910 p.a.“) ist in der rechten oberen Ecke des Formulars zwischen dem Datum, dem Aktenzeichen der Klägerin und deren Adressdaten, mithin an einem völlig ungewöhnlichen Ort versteckt und drucktechnisch völlig unauffällig (vgl. hierzu LG Flensburg aaO; LG Offenburg, Urteil vom 15.05.2012 – 1 S 151/11, jeweils zu weitgehend identischen Formularen).

b) Der Hinweis auf die Vergütungspflicht im fettgedruckten und umrandeten mittigen Textfeld geht im ihn umgebenden Fließtext unter (vgl. LG Flensburg aaO; LG Offenburg aaO). Hinzu kommt, dass die Klägerin die Wahrnehmung der Preisangabe noch dadurch erschwert, dass sie für die Bezeichnung der Währung das Wort „Euro“ und nicht das wegen seiner Blickfangwirkung auffälligere Währungssymbol „EUR“ verwendet und die Währungsangabe vor die Zahl gesetzt hat („Euro 910“) (LG Flensburg aaO).

c) Der unterhalb des umrandeten Textfeldes eingefügte Hinweis „In den jährlichen Eintragungskosten ist die Überprüfung der Daten bereits enthalten“ enthält lediglich eine indirekte, dabei noch verklausulierte Information des Kunden über die Entgeltlichkeit der Leistung (vgl. LG Flensburg aaO; LG Offenburg aaO).

d) Auch durch die übrige Gestaltung des Formulars wird die Aufmerksamkeit des Adressaten in erster Linie auf das Überprüfen und Ausfüllen des bereits vorformulierten Eintragungstextes gelenkt. Das Formular erweckt so den falschen Eindruck, als solle der Adressat lediglich die Richtigkeit der angegebenen Daten bestätigen und diese vervollständigen (vgl. LG Flensburg aaO). Dass das Formular demgegenüber auf den Abschluss eines Vertrages mit einer Mindestlaufzeit von 2 Jahren für eine kostenpflichtige Eintragung in ein Internet-Branchenverzeichnis gerichtet ist, kann der Adressat erst durch eine äußerst sorgfältige Lektüre des nachfolgenden Textfeldes erkennen (vgl. LG Flensburg aaO). Eine solche Kenntnisnahme ist aber von einem durchschnittlich aufmerksamen gewerblichen Adressaten nicht zu erwarten (vgl. BGH aaO).

4. Ist die Klausel über die Vergütungspflicht nicht Vertragsbestandteil geworden, so bleibt der Vertrag grundsätzlich nach § 306 Abs. 1 BGB im Übrigen wirksam und sein Inhalt richtet sich gemäß § 306 Abs. 2 BGB nach den gesetzlichen Vorschriften (BGH aaO). Der Klauselverwender kann seinen Werklohnanspruch in einem Fall wie dem vorliegenden aber nicht auf § 632 Abs. 1 BGB stützen, da die Herstellung des Werks – wie gezeigt – den Umständen nach nicht nur gegen eine Vergütung zu erwarten war (BGH aaO).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache erlangt keine grundsätzliche über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Tenor

Die Berufung der Klägerin wird auf ihre Kosten nach einem Streitwert von 2.165,80 € zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der nach dem Urteil vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten eine Jahresvergütung von 1.082, 90 Euro für die Veröffentlichung der Firma des Beklagten im Internetverzeichnis www.XXX.eu. Der Beklagte möchte mit der Widerklage feststellen lassen, dass er nicht verpflichtet ist, für ein zweites Eintragungsjahr zu bezahlen.

2

Die Klägerin bietet Selbstständigen und Gewerbetreibenden an, deren Firma und Unternehmensdaten in einem Internetverzeichnis zu veröffentlichen. Sie übersendet potenziellen Kunden - so auch dem Beklagten - per Post ein Angebot mit einem Vorschlag für einen Brancheneintragungsantrag mit einer Vertragslaufzeit von 2 Jahren.

3

Das an den Beklagten übersandte Antragsformular vom 02.03.2009 (Blatt 13 der Akte) ist wie folgt gestaltet:

Abbildung
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4

Der Beklagte unterschrieb das Formular und faxte es an die Klägerin zurück. Die Klägerin überreichte dem Beklagten am 25.03.2009 eine Eintragsbestätigung und verlangte sodann für das erste Eintragungsjahr eine Bruttovergütung von 1.082,90 Euro. Nachdem sie den Beklagten mehrfach erfolglos zur Zahlung aufgefordert hatte, focht der Beklagte mit Schreiben vom 04.08.2009 den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an und machte des Weiteren geltend, der Vertrag sei nach §§ 305 ff. BGB unwirksam.

5

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe den Beklagten weder über die Entgeltlichkeit ihrer Leistung arglistig getäuscht noch seien ihre Vertragsbedingungen intransparent. In dem einseitigen Vertragstext sei die Entgeltlichkeit der Leistung ausdrücklich an mehreren Stellen, insbesondere aber in dem eingerahmten Textfeld erwähnt.

6

Die Klägerin hat beantragt,

7

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.082,90 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.06.2009, vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 5,00 Euro und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 130,50 Euro zu zahlen.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen

10

und widerklagend beantragt,

11

festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, an die Klägerin für ein zweites Eintragungsjahr weitere 1.082,90 Euro zu zahlen.

12

Die Klägerin hat beantragt,

13

die Widerklage abzuweisen.

14

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Vertrag sei unwirksam, weshalb die mit dem Leistungsantrag geltend gemachte Zahlungspflicht für das erste Jahr nicht bestehe und auf die Widerklage die fehlende Zahlungspflicht für das zweite Vertragsjahr festzustellen sei.

15

Das Antragsformular sei darauf angelegt, die Kunden über die Entgeltlichkeit der Leistung zu täuschen. Außerdem seien die Vertragsbedingungen nicht transparent, das gelte insbesondere für die Preisangabe. Der Preis sei völlig unscheinbar in einem kleingedruckten Fließtext in einer unüblichen Schreibweise aufgenommen worden. Eine zusätzliche Unübersichtlichkeit ergebe sich durch den Zeilenumbruch zwischen dem Wort Euro und der Zahl 910. Der Vertrag sei darüber hinaus sittenwidrig, weil die Jahresvergütung von fast 1.100,00 Euro außer Verhältnis zur Leistung der Klägerin stehe.

16

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und dem Widerklageantrag entsprochen. Es hat die Auffassung vertreten, der Vertrag sei nach § 142 BGB nichtig, weil die Klägerin den Beklagten vorsätzlich über die Entgeltlichkeit der Leistung getäuscht habe. Die Gestaltung des von ihr verwendeten Formulars sei darauf gerichtet gewesen, potenzielle Kunden darüber zu täuschen, dass sie mit ihrer Unterschrift eine Entgeltvereinbarung träfen. Die Klägerin habe durch eine Vielzahl gestalterischer Maßnahmen die Entgeltlichkeit des Vertrages zu verschleiern versucht. Die Überschrift,,Eintragsangsantrag" lasse bei dem Kunden nicht die Erwartung entstehen, einen entgeltlichen Vertrag abzuschließen. Den größten Raum des Formulars nehme der Inhalt des Brancheneintrages ein. Bei einem durchschnittlich aufmerksamen Kunden entstehe der Eindruck, er solle nur die Richtigkeit der Daten des Brancheneintrages überprüfen und bestätigen. Der Kunde habe nicht die Erwartung, eine entgeltliche Leistung zu vereinbaren, weil der angebotenen Bracheneintrag in einer Vielzahl von Fällen kostenlos im Internet angeboten werde. Die entscheidende Mitteilung, dass die Klägerin für diesen Eintrag eine Vergütung verlange, sei so im Text versteckt, dass sie möglichst wenig auffalle. Die Klägerin setze darauf, dass die Preisangabe von potenziellen Kunden überlesen werde. Der Preis sei auf dem Formular zwar mehrfach angegeben worden. Das erste Mal erscheine die Preisangabe aber oben rechts unter dem Datum und dem Geschäftszeichen, also an einer Stelle, an der sie ein Kunde nicht erwarte. Zusätzlich habe die Klägerin auf das ins Auge springende Eurozeichen und auf die Kommastellen verzichtet. Eine zweite Erwähnung findet der Preis in dem schwarz umrandeten Kasten. Dort befinde sich die Preisangabe jedoch mittig in einem Fließtext, wobei die Zahl und Währungsangabe durch einen Zeilenumbruch unterbrochen worden seien. Der unterhalb des Kastens befindliche Hinweis auf die jährlichen Eintragungskosten sei an einer Stelle des Formulars, an der ein Kunde wesentliche Vertragsbestandteile nicht mehr erwarte. Der Beklagte hätte die Entgeltlichkeit bei sorgfältigem Lesen des Vertragstextes zwar erkennen können. Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sei aber trotz des fahrlässigen Überlesens möglich, wenn der Anfechtungsgegner unredlich gehandelt habe. Das sei hier der Fall, weil die Klägerin in dem Vertragstext die Hauptleistungspflicht nicht deutlich hervorgehoben habe, sondern die Gestaltung des Formulars darauf angelegt gewesen sei, dass die Entgeltlichkeit von dem potenziellen Kunden überlesen werde.

17

Jedenfalls sei der Vertrag nach § 305c Abs. 1 BGB unwirksam, weil die Entgeltklausel im Text so versteckt gewesen sei, dass der durchschnittliche Leser sie übersehen könne. Aufgrund der konkreten Einfügung der Entgeltvereinbarung in das Gesamtbild des Formulars handele es sich um eine ungewöhnliche und überraschende Bestimmung. An die Sorgfaltspflichten des Beklagten beim Lesen des Angebots seien keine allzu strengen Anforderungen zu stellen, weil er sich nicht bewusst in Vertragsverhandlungen eingelassen habe, zwischen den Parteien keine Geschäftsbeziehung bestanden hätten und ihm das Formular unaufgefordert zugesandt worden sei.

18

Die Klägerin könne an Stelle der unwirksamen vertraglichen Vergütung auch nicht die übliche Vergütung nach § 632 BGB verlangen. Eine Vergütung gelte nur dann als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach gegen eine Vergütung zu erwarten sei. Dies sei hier nicht der Fall, weil auf dem Markt für Internetverzeichnisse zahlreiche Anbieter den Gewerbetreibenden einen kostenlosen Eintrag anböten.

19

Die Berufungsklägerin beantragt,

20

unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Flensburg vom 29.07.2010, 63 C 9/10, werden die Beklagten verurteilt, an die Klägerin 1.082,90 Euro nebst Zinsen die heraus in Höhe von 8 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.06.2009, vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 5,00 Euro und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 130,50 Euro zu zahlen,
die Widerklage abzuweisen.

21

Der Berufungsbeklagte beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

II.

23

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

24

Das Amtsgericht hat zu Recht darauf erkannt, dass die Klägerin aus dem schriftlichen Vertrag vom 02.03.2009 keine Vergütungsansprüche gegen den Beklagten herleiten kann. Die Vereinbarung eines jährlichen Entgelts von 910,00 € in dem unter dem 04.03.2009 unterzeichneten Formular, das als allgemeine Geschäftsbedingung einer Inhaltskontrolle nach §§ 305 Abs. 1, 310 Abs. 1 BGB unterliegt, ist unwirksam. Sie stellt einen Verstoß gegen das Transparenzgebot und gemäß § 305 c Abs. 1 BGB eine ungewöhnliche Bestimmung dar, mit der der Vertragspartner des Verwenders nicht rechnen musste.

25

1. Die Klausel, dass die Daten zum Preis von jährlich 910,00 € im Internet-Verzeichnis veröffentlicht werden, ist objektiv ungewöhnlich, weil Grundeinträge im Internet, die sich auf die Kontaktdaten des Unternehmens beschränken und denen daher keine besondere Werbewirksamkeit zukommt, weitgehend unentgeltlich angeboten werden (AG Stuttgart, Urteil vom 19.05.2003, 8 C 576/03, zitiert Juris; Lapp/Salamon, in Juris PK-BGB, 5. Auflage 2010 § 305 c BGB Rdnr. 37; LG Düsseldorf, Urteil vom 23.10.2008, 19 S 29/08, zitiert Juris Rdnr. 14 ff).

26

2. Die Entgeltklausel ist auch überraschend. Zwar ist im gewerblichen Verkehr im Allgemeinen von einer Entgeltlichkeit von Leistungen auszugehen. Hier brauchte der Beklagte mit der Entgeltklausel aber nicht zu rechnen, weil Brancheneinträge in der Regel unentgeltlich sind und der Preis von 910,00 € zwischen anderen Angaben und Regelungen im Vertragstext so versteckt eingefügt worden ist, dass er - wie vom Verwender offenkundig beabsichtigt - übersehen werden sollte.

27

Die Entgeltklausel erfüllt nicht die Mindestanforderungen, die an die Klarheit und Deutlichkeit von Preisangaben zu stellen sind. Als Maßstab einer deutlichen Kennzeichnung des Preises kann § 1 Abs. 6 Satz 2 Preisangabenverordnung (PAngV) herangezogen werden. Danach müssen Entgeltklauseln den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen. Preise müssen dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar sein. Das von der Klägerin verwendete Formular genügt diesem Maßstab nicht. Die Klägerin zielt mit der Gestaltung ihres Formulars bewusst darauf ab, dass ihre Preisangabe von den Interessenten übersehen wird. Das ergibt sich schon aus der Vielzahl der vorgelegten Urteile, die sich mit der Wirksamkeit von Preisabreden aufgrund von gleich oder ähnlich gestalteten Formularen zu befassen hatten. Wäre es der Klägerin darum gegangen, möglichen Fehlvorstellungen potentieller Interessenten über die Entgeltlichkeit der angebotenen Leistung - gerade wegen der Bedenken gegen die Wirksamkeit der von ihr verwendeten Entgeltklausel - zu begegnen, hätte sie den Vertragspreis gleichrangig neben den Angaben zu dem Inhalt des Brancheneintrages angegeben. Es gehört zu den Obliegenheiten des Verwenders, die Rechte und Pflichten des Vertragspartners durch eine transparente und geeignete Vorformulierung der Vertragsbedingungen durchschaubar, richtig, bestimmt und möglichst klar darzustellen (LG Düsseldorf, Urteil vom 23.10.2008, 19 S 29/08, unter Hinweis auf LG Saarbrücken, NJW-RR 2002, 915, zit. Juris Rn. 9).

28

Stattdessen erweckt das Formular den irreführenden Eindruck, als solle der Adressat nur die Richtigkeit der angegebenen Daten bestätigen. Die Aufmerksamkeit des Adressaten wird in erster Linie auf das Überprüfen und Ausfüllen des bereits vorformulierten Eintragungstextes gelenkt. Die Bezeichnung des Formulars als "Brancheneintragungsantrag Ort: "F.", "Eintragungsantrag" oder "Brancheneintrag premium" zwingt nicht zur Annahme eines entgeltlichen Leistungsversprechens. Dass das Formular auf Abschluss eines Vertrages mit einer Mindestlaufzeit von 2 Jahren für eine kostenpflichtige Eintragung in ein Branchenverzeichnis einer Internetdatenbank gerichtet ist, kann der Adressat erst durch eine äußerst sorgfältige Lektüre des nachfolgenden Textfeldes erkennen.

29

Die Abrede über die Vergütung, deren Höhe und die Laufzeitregelung sind auch dort unauffällig in das Gesamtbild des Antragsformulars eingefügt. Der Hinweis auf das Entgelt befindet sich zwar in dem fettgedruckten Fließtext, der mit einem schwarzen Rahmen versehen worden ist. Im Vergleich zur gestalterischen Hervorhebung des Gesamttextes verlieren sich aber die Wörter "zum Preis von jährlich Euro" und die Zahl "910", die die Informationen zu dem Preis kommunizieren sollen, innerhalb des Textflusses. Die Wahrnehmung der Preisangabe hat die Klägerin erschwert, indem sie für die Bezeichnung der Währung das Wort Euro und nicht das wegen seiner Blickfangwirkung auffälligere Währungssymbol "€" verwendet. Die Währungsangabe steht darüber hinaus vor der Zahl, beide Angaben sind zusätzlich durch einen Zeilenumbruch von einander getrennt.

30

Die Einleitung des Textes "Prüfen Sie bitte die Angaben auf ihre Richtigkeit", lenkt die Aufmerksamkeit des Anwenders auf die darüber befindlichen Angaben zum Inhalt des Brancheneintrages und nicht auf die später folgende Entgeltvereinbarung, die für den Kunden von zentraler Bedeutung ist. Außerdem verleitet die Einleitung zur Annahme, dass im nachfolgenden Text keine weiteren relevanten Informationen enthalten seien und sich die zu kontrollierenden Angaben oberhalb des Textfeldes befänden.

31

Die weiteren Hinweise auf die Entgeltlichkeit der Leistung befinden sich an Stellen des Vertragsformulars, wo im geschäftlichen Schriftverkehr üblicherweise keine Hinweise auf Preise enthalten sind, ein Kunde Preisangaben nicht erwartet und sie deswegen auch von einem durchschnittlich aufmerksamen Leser leicht übersehen werden. Das gilt zum einen für die Angabe oben rechts "Preis in Euro: 910 p. a.", die zwischen einem Aktenzeichen in der darüber liegenden Zeile "Unser Zeichen xxx" und einem weiteren Aktenzeichen in der darunter liegenden Zeile "xxx/xxx - xxx" eingefügt worden ist. Der unterhalb des eingerahmten Textfeldes eingefügte Hinweis "In den jährlichen Eintragungskosten ist die Überprüfung der Daten bereits enthalten"" führt nur zu einer indirekten Information des Kunden über die Entgeltlichkeit der Leistung.

II.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

33

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

III.

34

Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO.

35

Die Zulassung ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten, weil die von den Parteien für die Untermauerung ihres Standpunktes zitierten Entscheidungen der Instanzgerichte die Wirksamkeit der von der Klägerin verwendeten Entgeltklausel im Zusammenhang mit der Gestaltung des Formulars gegensätzlich beurteilen.