Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 31. Mai 2016 - 4 U 31/16

bei uns veröffentlicht am31.05.2016

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 4, vom 04.02.2016 (Az.: 304 O 247/13) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das mit der Berufung angefochtene Urteil, soweit nicht bereits rechtskräftig entschieden, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf € 5.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten unter anderem die Beseitigung einer Betonstützmauer.

2

Die Parteien sind unmittelbare Grundstücksnachbarn. Der Kläger ist Eigentümer und Bewohner des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks … in Hamburg-Harburg/Eißendorf, belegen auf dem Flurstück 42... (vgl. Auszug aus der Liegenschaftskarte, Anlage K 1).

3

Die Beklagte erwarb im Jahr 2011 das hangabwärts südlich direkt angrenzende Flurstück 41... mit der Postanschrift … und begann in der Folgezeit, dieses mit einem Wohnhaus zu bebauen. Zusammen mit diesem Grundstück erwarb sie auch das Flurstück 42..., das als schmaler Streifen nordöstlich neben dem Grundstück des Klägers vom … zum Grundstück der Beklagten hangabwärts führt. An diesem Flurstück hat der Kläger auf der zu seinem Grundstück hin gelegenen Hälfte ein Wegerecht als Zuwegung zu seinem Haus; dieser Teil des Grundstücks ist durch einen Zaun abgegrenzt.

4

Im Baulastenverzeichnis des Bezirksamts Harburg, Gemarkung Eißendorf findet sich folgende Eintragung vom 26.09.1985 zu den hier streitgegenständlichen Flurstücken (vgl. Auszug aus dem Baulastenverzeichnis, Anlage K 11):

5

„Verpflichtung, für das Bauvorhaben auf dem Grundstück … (Flurstück 7...) den Bau und Betrieb von Schmutz- und Regenwassergrundleitungen sowie deren zugehörige Anlagen auf einer 3,0 m breiten Fläche – wie in der Flurkarte vom 7.11.84 in braun dargestellt – zu dulden, außerdem das Betreten des Grundstücks zur Durchführung der notwendigen Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten zu gestatten und die oben angeführte Fläche von jeglicher Bebauung freizuhalten.“

6

Flurstück 7... war (vor der Abtrennung des Flurstücks 42...) die alte Bezeichnung für das Grundstück des Klägers, das inzwischen die Nummer 42... trägt (vgl. Auszug aus der Flurkarte vom 07.11.1984, Anlage K 11). Die zugunsten des Grundstücks 7... bzw. heute 42... eingetragene Baulast betrifft eine etwa drei Meter breite und parallel zur Grundstücksgrenze verlaufende Fläche auf dem Grundstück der Beklagten mit der Flurnummer 41... (vgl. die jeweils dunkel markierte Fläche in Anlage K 11 und Anlage B 5).

7

Im Zusammenhang mit dem Bau ihres Wohnhauses nahm die Beklagte auf ihrem Grundstück 41... eine Aufschüttung vor und errichtete an der Grenze zum Grundstück des Klägers eine Stützmauer aus L-Betonsteinen. Die Stützmauer ist jedenfalls niedriger als zwei Meter und liegt etwa fünf Zentimeter von dem Grenzzaun des Klägers entfernt. Die der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 06.02.2013 für die Errichtung ihres Wohnhauses weist eine Stützmauer im Abstand von etwa einem Meter zum Grenzzaun des Klägers aus (vgl. Baugenehmigung vom 06.02.2013, Anlage K 14). Nach dem Aktenvermerk eines Mitarbeiters der Bauaufsichtsbehörde vom 01.07.2013 handelt es sich bei der Stützmauer um ein verfahrensfreies Vorhaben (vgl. Aktenvermerk des Herrn W... vom 01.07.2013, Anlage B 3).

8

Der Kläger hat behauptet, die Stützmauer sei mindestens 1,5 Meter hoch. Der klägerische Grenzzaun habe eine Höhe von 1,86 Meter und die Stützmauer der Beklagten verlaufe auf gleicher Höhe mit diesem.

9

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Errichtung des Zaunes sei rechtswidrig und beeinträchtige sein Eigentum im Sinne von § 1004 BGB. Ausweislich der Baugenehmigung der Beklagten vom 06.02.2013 sei zwischen der Stützmauer und dem klägerischen Grenzzaun ein Abstand von einem Meter einzuhalten gewesen. Zudem sei die Fläche gemäß der zugunsten des Klägers eingetragenen Baulast vom 26.09.1985 „von jeglicher Bebauung freizuhalten“ gewesen. Der klägerische Grenzzaun könne aufgrund des geringen Abstandes nun nicht mehr ohne Weiteres bearbeitet oder repariert werden. Reparaturarbeiten auf seiner Rückseite seien sogar völlig unmöglich. Zudem würden durch die Stützmauer vorhandene bzw. zukünftige Wasserentsorgungsrohrleitungen gestört und etwaig erforderlich werdende Arbeiten könnten nicht problemlos durchgeführt werden. Um an die vier Meter tief gelegenen und von oben zubetonierten Rohre zu gelangen, müsse die Stützmauer entfernt werden. Darüber hinaus sei langfristig eine Beschädigung der Rohre zu befürchten, da durch die Stützmauer zu viel Gewicht auf den Rohren laste.

10

Die Stützmauer sei zudem unter Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften erbaut worden. Bei der Mauer handele es sich um eine bauliche Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HBauO. Zur Errichtung einer baulichen Anlage bedürfe es grundsätzlich einer Baugenehmigung nach § 59 Abs. 1 HBauO, soweit nicht in §§ 60, 64 oder 66 HBauO etwas anderes geregelt sei. Zwar stelle die streitgegenständliche Stützmauer isoliert betrachtet wohl ein genehmigungsfreies Vorhaben nach § 60 HBauO in Verbindung mit 6.1 der Anlage 2 zur HBauO dar, da eine Höhe von zwei Metern nicht überschritten worden sei. Aufgrund der Errichtung der Stützmauer im räumlichen, zeitlichen und funktionellen Zusammenhang mit dem genehmigungspflichtigen Wohnhaus der Beklagten müsse jedoch das gesamte Vorhaben als genehmigungspflichtige Baumaßnahme qualifiziert werden, sodass sich die Genehmigungspflicht auch auf die eigentlich genehmigungsfreie Stützmauer erstrecke. Die Gesetzessystematik, die ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen Genehmigungspflichtigkeit nach § 59 HBauO und Genehmigungsfreiheit nach § 60 HBauO vorsehe, gebiete es, die Aufspaltung eines Gesamtvorhabens in genehmigungspflichtige und genehmigungsfreie Teile zu vermeiden.

11

Darüber hinaus seien beim Bau der Stützmauer die in § 6 HBauO für bauliche Anlagen vorgesehenen Abstandsflächen nicht eingehalten worden.

12

Der Kläger hat beantragt,

13

die Beklagte zu verurteilen, den von ihr auf dem Grundstück …, … Hamburg (Flurstück 41..., Gemarkung Eißendorf) unmittelbar angrenzend an das Grundstück des Klägers E… (Flurstück Nr. 42... in der Gemarkung Eißendorf) errichteten Betonzaun zu beseitigen, hilfsweise einen Grenzabstand von einem Meter einzuhalten.

14

Die Beklagte hat beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Die Beklagte hat behauptet, die Stützmauer sei – vom eigenen Grund aus gemessen – lediglich 1,0 Meter hoch.

17

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, sie habe die grenznahe Stützmauer errichten dürfen und eine Beeinträchtigung des Klägers nach § 1004 BGB sei nicht gegeben. Die ihr erteilte Baugenehmigung beziehe sich lediglich auf das eigentliche Bauvorhaben, also den Bau des Wohnhauses. Dessen Garten- oder Einfriedungsgestaltung sei hingegen gerade nicht Bestandteil der Genehmigung gewesen. Das Problem etwaig erforderlicher Reparaturarbeiten am klägerischen Grenzzaun werde durch das Hammerschlagsrecht aus § 74 HBauO geregelt. Die Baulast beziehe sich auf einen Bereich, der nicht für den Bau von Schmutz- und Regenwassergrundleitungen genutzt worden sei. Eine Beeinträchtigung etwaiger Unterhaltungs- bzw. Instandsetzungsarbeiten an entsprechenden Leitungen scheide daher bereits deshalb aus, weil sich in dem Bereich der Baulast gar keine Leitungen befänden. Die Stützmauer störe zudem in keiner Weise eventuell vorhandene bzw. zukünftige Wasserentsorgungsrohre. Etwaig erforderliche Arbeiten könnten problemlos durchgeführt werden.

18

Die Stützmauer sei auch im Einklang mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet worden. Es handele sich gemäß §§ 11, 60 HBauO in Verbindung mit 6.4 der Anlage 2 zur HBauO um ein verfahrensfreies Bauvorhaben, da die Stützmauer niedriger als 2,0 Meter sei. Zudem hätten Mitarbeiter der zuständigen Bauprüfabteilung der Beklagten bestätigt, dass der Bau der Stützmauer zulässig gewesen sei (vgl. Aktenvermerk des Herrn W... vom 01.07.2013, Anlage B 3). Auch eine Genehmigungspflicht nach § 61 HBauO liege nicht vor.

19

Das Landgericht hat beide Parteien persönlich nach § 141 ZPO angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2014 verwiesen (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2014, Bl. 83 ff. d.A.).

20

Das Landgericht hat die Klage in Bezug auf die Beseitigung der Betonstützmauer abgewiesen.

21

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Beseitigung oder Umsetzung der Stützmauer zu. Es liege weder ein Verstoß gegen die Abstandsvorschriften der Hamburgischen Bauordnung noch gegen die Regeln zur Genehmigungspflicht nach §§ 59 ff. HBauO vor und auch aus der zugunsten des Klägers eingetragenen Baulast ergebe sich kein solcher Anspruch.

22

Zwar seien die den Grenzabstand regelnden bauordnungsrechtlichen Vorschriften Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB und könnten dementsprechend auch mit dem quasinegatorischen Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB durchgesetzt werden. Irrelevant sei in diesem Zusammenhang, ob die Errichtung der Stützmauer genehmigungspflichtig oder genehmigungsfrei war. Auch genehmigungsfreie Vorhaben müssten nämlich im Einklang mit dem Bauordnungsrecht stehen, insbesondere vorgeschriebene Abstandsflächen einhalten. Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Abstandsregelungen liege jedoch nicht vor, da es sich um ein privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 6 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 HBauO handele. Die streitgegenständliche Stützmauer sei - unstreitig - jedenfalls nicht höher als zwei Meter und in Verbindung mit allen anderen privilegierten Anlagen nicht länger als 15 Meter.

23

In Bezug auf die Regeln zur Genehmigungspflicht nach §§ 59 ff. HBauO sei bereits sehr zweifelhaft, ob diese überhaupt drittschützend und somit Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB seien. Jedenfalls sei die Stützmauer aber nicht genehmigungspflichtig gewesen. Aus der Baugenehmigung, in der zwischen Stützmauer und klägerischem Grenzzaun ein Abstand von einem Meter skizziert sei, lasse sich eine Genehmigungspflicht nicht herleiten. Der genehmigte Inhalt erstrecke sich nur auf das eigentliche Bauvorhaben, nicht hingegen auf die Stützmauer als lediglich angedeuteten Teil. Eine Baugenehmigung solle außerdem gerade nicht dazu dienen, verfahrensfreie Vorhaben genehmigungspflichtig zu machen, dies würde dem Zweck einer „Genehmigung“ widersprechen. Gemäß § 60 HBauO in Verbindung mit Nr. 6.1 der Anlage 2 zur HBauO sei die Stützmauer ein solches verfahrensfreies Vorhaben, da sie - unstreitig - jedenfalls niedriger als zwei Meter sei. Auch aus dem vom Kläger zitierten Urteil des OVG Koblenz vom 13.04.2005 (Az.: 8 A 12135/04) ergebe sich nichts anderes. Zwar könne in bestimmten Fällen die Genehmigungspflicht eines Teils des Vorhabens auch die Genehmigungspflicht eines an sich verfahrensfreien Teils nach sich ziehen. Der hier vorliegende Fall sei mit dem vom OVG Koblenz entschiedenen Fall jedoch nicht vergleichbar. Das OVG Koblenz habe die Errichtung einer Stützmauer deshalb als genehmigungspflichtig angesehen, weil sie im engen Zusammenhang mit einer - nach rheinland-pfälzischem Landesrecht genehmigungspflichtigen - unselbstständigen Aufschüttung erfolgt sei. Die Unselbstständigkeit der Aufschüttung habe das OVG Koblenz dabei aufgrund ihres engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs zur Wohnhaus-Errichtung bejaht. Im vorliegenden Fall sei ein solch enger Zusammenhang mit der genehmigungspflichtigen Errichtung des Wohnhaus der Beklagten aber nicht gegeben. Auch seien keine anderen Gründe ersichtlich, die Errichtung der Stützmauer als ausnahmsweise genehmigungspflichtig anzusehen. Die Regeln über die Genehmigungsfreiheit sollten die Bauaufsichtsbehörden gerade entlasten, kleinere Vorhaben also ohne behördlichen Aufwand durchführbar sein.

24

Zivilrechtliche Unterlassungsansprüche könne der Kläger auch aus der zu seinen Gunsten eingetragenen Baulast nicht herleiten. Die Baulast sei ausschließlich öffentlich-rechtlicher Natur. Für das Privatrechtsverhältnis zwischen Kläger und Beklagter sei daher unerheblich, dass die streitgegenständliche Fläche laut Baulast von jeglicher Bebauung freizuhalten gewesen sei.

25

Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen den die Betonstützmauer betreffenden, klagabweisenden Teil des landgerichtlichen Urteils.

26

Der Kläger ist der Auffassung, das Landgericht habe zu Unrecht einen Verstoß gegen die Regeln zur Genehmigungspflicht nach §§ 59 ff. HBauO verneint. Der vorliegende Fall sei sehr wohl mit dem vom OVG Koblenz entschiedenen Fall vergleichbar, insbesondere sei der erforderliche Zusammenhang mit der genehmigungspflichtigen Wohnhaus-Errichtung gegeben. Bereits aus den mit Schriftsatz vom 15.11.2013 als Anlage K 13 vorgelegten Lichtbildern ergebe sich, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der Errichtung des Hauses, einer insoweit vorgenommenen Aufschüttung und der dann vorgenommenen Errichtung der Stützmauer bestanden habe. Mit Schriftsatz vom 05.03.2015 habe der Kläger dann ausdrücklich vorgetragen, dass die Mauer im räumlichen, zeitlichen und funktionellen Zusammenhang mit dem Bau des Hauses errichtet worden sei. Es sei auch unstreitig, dass Aufschüttung und Errichtung der Stützmauer im Zuge der Errichtung des Wohnhauses der Beklagten stattgefunden hätten, da die Beklagte dies nicht bestritten habe.

27

Aufgrund dieses engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs sowie der Erwähnung der Stützmauer in der Baugenehmigung handele es sich bei dem gesamten Vorhaben um eine einheitliche Anlage. Dies habe zur Folge, dass das gesamte Vorhaben als genehmigungspflichtig zu qualifizieren sei und sich die Genehmigungspflicht somit auch auf die eigentliche verfahrensfreie Errichtung der Stützmauer beziehe. Das vom Landgericht angeführte Argument der Entlastung der Bauaufsichtsbehörden durch die Regeln über die Genehmigungsfreiheit greife nicht, da nicht einmal die Beklagte behauptet habe, dass ein erheblicher gesonderter behördlicher Aufwand entstanden wäre.

28

Der Kläger beantragt,

29

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 04.02.2016 (Az.: 304 O 247/13) die Beklagte zu verurteilen, den von ihr auf dem Grundstück G…, (Flurstück 41..., Gemarkung Eißendorf) unmittelbar angrenzend an das Grundstück des Klägers E…, (Flurstück Nr. 42... in der Gemarkung Eißendorf) errichteten Betonzaun zu beseitigen, hilfsweise einen Grenzabstand von einem Meter einzuhalten.

30

Die Beklagte beantragt,

31

die Berufung zurückzuweisen.

32

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts hinsichtlich der Beseitigung der Betonstützmauer.

33

Ergänzend zum Parteivorbringen wird auf den Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

34

Die form- und fristgerecht eingelegte, mithin zulässige Berufung (§§ 517, 519, 520 ZPO) des Klägers ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1 Alt. 1, 546 ZPO), noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 Alt. 2 ZPO).

1.

35

Hinsichtlich der vom Kläger beantragten Beseitigung der Betonstützmauer hat das Landgericht die Klage - im Ergebnis - zu Recht abgewiesen. Das Berufungsvorbringen gibt dem Senat keinen Anlass, von dieser Entscheidung abzuweichen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Beseitigung der Betonstützmauer oder Einhaltung eines Grenzabstands von einem Meter. Ein solcher Anspruch folgt weder aus §§ 1004 Abs. 1 S. 1, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den Abstandsvorschriften der Hamburgischen Bauordnung (hierzu unter a)) oder ihren Regelungen zur Genehmigungspflicht von Bauvorhaben (hierzu unter b)), noch aus der zugunsten des Klägers eingetragenen Baulast (hierzu unter c)).

a)

36

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Beseitigung der Betonstützmauer oder Einhaltung eines Grenzabstands von einem Meter aus §§ 1004 Abs. 1 S. 1, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den Abstandsvorschriften der Hamburgischen Bauordnung. Zu Recht hat das Landgericht einen solchen Anspruch unter Hinweis auf die Einordnung der Stützmauer als privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 6 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 HBauO abgelehnt.

aa)

37

Der sogenannte quasinegatorische Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB steht dem Eigentümer eines Grundstückes gegen denjenigen zu, der ein seinen Schutz bezweckendes Gesetz objektiv verletzt (so erst kürzlich wieder OLG Frankfurt, Urteil vom 26.02.2013 - 25 U 162/12, juris Rz. 26 m.w.N.). Eine weitergehende Beeinträchtigung des Grundstücks ist nicht erforderlich. Die zu beseitigende Beeinträchtigung folgt vielmehr ohne Weiteres aus der nachbarschützenden Funktion der verletzten Norm, insbesondere setzt der Anspruch kein Verschulden des Störers voraus (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 26.02.2013 - 25 U 162/12, juris Rz. 28 m.w.N.).

38

Bauordnungsrechtliche Abstandsvorschriften sind Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB und können somit grundsätzlich auch mit dem quasinegatorischen Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB durchgesetzt werden (so die ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, Urteil vom 30.04.1976 - V ZR 188/74, juris Rz. 14 f.; BGH, Urteil vom 28.06.1985 - V ZR 43/84, juris Rz. 39; BGH, Urteil vom 11.10.1996 - V ZR 3/96, juris Rz. 21; erst kürzlich beispielsweise wieder OLG Frankfurt, Urteil vom 26.02.2013 – 25 U 162/12, juris Rz. 26 m.w.N.; außerdem Palandt-Bassenge, 75. Auflage 2016, § 1004 Rn. 11 Bamberger/Roth-Fritzsche, 3. Auflage 2012, § 1004 Rn. 43). Abstandsvorschriften dienen nämlich nicht nur den Belangen der Allgemeinheit, sondern sind auch dazu bestimmt, die Interessen des Nachbarn an ausreichender Belichtung und Belüftung des Grundstücks, am freien Ausblick, am Schutz vor Brandübertragung und an der Vermeidung von Lärmimmissionen zu wahren.

39

Allerdings dient eine öffentlich-rechtliche Bauvorschrift, auch wenn sie den Schutz des Nachbarn bezweckt, diesem Schutz nur unter dem Vorbehalt einer nach öffentlichem Recht wirksamen Befreiung. Greift eine solche Befreiung, so fehlt es an der entscheidenden Voraussetzung eines Beseitigungsanspruchs (vgl. BGH, Urteil vom 14.03.1975 - V ZR 150/73, juris Rz. 16; BGH, Urteil vom 30.04.1976 - V ZR 188/74, juris Rz. 15).

bb)

40

Unter diesen Voraussetzungen hat das Landgericht einen Anspruch auf Beseitigung der Stützmauer oder Einhaltung eines Grenzabstands von einem Meter zutreffend verneint. Aufgrund des Eingreifens einer Befreiung fehlt es bereits an einem Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Abstandsvorschriften.

41

Die maßgebliche Abstandsvorschrift ist im vorliegenden Fall § 6 HBauO. Diese Norm nennt in Absatz 7 eine Reihe von privilegierten Bauvorhaben, die von der Einhaltung der Abstandsvorgaben befreit sind. Privilegiert sind gemäß § 6 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 HBauO „in den Abstandsflächen eines Gebäudes sowie ohne eigene Abstandsflächen […], auch wenn sie nicht an die Grundstücksgrenze oder an das Gebäude angebaut werden, […] Stützmauern und Einfriedigungen in Gewerbe- und Industriegebieten, außerhalb dieser Baugebiete mit einer Höhe bis zu 2,0 m“.

42

Um eine solche privilegierte Stützmauer mit einer Höhe von maximal 2,0 Meter handelt es sich bei der streitgegenständlichen Betonstützmauer. Zwar ist die genaue Höhe der Stützmauer zwischen den Parteien streitig. Der Kläger behauptet, sie sei mindestens 1,5 Meter hoch und verlaufe auf gleicher Höhe mit dem klägerischen Grenzzaun, der selbst eine Höhe von 1,86 Meter habe. Die Beklagte behauptet, sie sei - vom eigenen Grund aus gemessen - lediglich 1,0 Meter hoch. Es ist jedoch unstreitig, dass die Stützmauer jedenfalls niedriger als zwei Meter ist.

43

Anders als das Landgericht meint, ist für die Einordnung als privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 6 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 HBauO dabei nicht erforderlich, dass die Stützmauer in Verbindung mit allen anderen privilegierten Anlagen auf dem Grundstück der Beklagten nicht länger als 15 Meter ist. Diese zusätzliche Voraussetzung ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 6 Abs. 7 S. 2 HBauO lediglich im Fall einer Privilegierung nach § 6 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 HBauO einzuhalten, nicht jedoch im Fall einer Privilegierung nach § 6 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 HBauO.

b)

44

Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Beseitigung der Betonstützmauer oder Einhaltung eines Grenzabstands von einem Meter aus §§ 1004 Abs. 1 S. 1, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den Regeln der Hamburgischen Bauordnung zur Genehmigungspflicht. Einen solchen Anspruch hat das Landgericht - jedenfalls im Ergebnis - ebenfalls zu Recht abgewiesen.

aa)

45

Zwar kommt im vorliegenden Fall - entgegen den Ausführungen des Landgerichts - durchaus ein Verstoß gegen die Regeln zur Genehmigungspflicht in §§ 59 ff. HBauO in Betracht, da auch verfahrensfreie Vorhaben, wenn sie Teil eines genehmigungspflichtigen Vorhabens sind, in dieses Genehmigungsverfahren einzubeziehen sein können.

(1)

46

Gemäß § 60 HBauO in Verbindung mit der Anlage 2 zu § 60 HBauO sind bestimmte Bauvorhaben verfahrensfrei, das heißt das bauaufsichtliche Genehmigungsverfahren entfällt und eine vorherige Baugenehmigung ist nicht erforderlich. Obwohl die entsprechenden Bauvorhaben somit einer präventiven Kontrolle durch die Bauaufsichtsbehörde entzogen sind, besteht jedoch gemäß § 59 Abs. 2 HBauO weiterhin die Verpflichtung zur Einhaltung aller materiell-rechtlichen Anforderungen des Baurechts.

47

Allerdings ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Genehmigungspflicht eines Teils des Bauvorhabens die Genehmigungspflicht eines an sich verfahrensfreien anderen Teils des Bauvorhabens nach sich ziehen kann. Handelt es sich bei einem Vorhaben um eine einheitliche Anlage, die aus genehmigungspflichtigen und genehmigungsfreien Einzelelementen besteht, soll das gesamte Vorhaben als genehmigungspflichtige Baumaßnahme zu qualifizieren sein, wobei sich die Genehmigungspflicht dann auch auf die an sich genehmigungsfreien Teile erstreckt (vgl. beispielsweise OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.04.2005 - 8 A 12135/04, juris Rz. 19 m.w.N.; BayVGH, Urteil vom 26.02.1993 - 2 B 90.1684, NVwZ-RR 1994, 246, 246 OVG Berlin, Beschluss vom 23.08.1988 - 2 S 7.88, juris grundsätzlich zustimmend erst kürzlich wieder OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.03.2016 - 7 A 1720/14, juris Rz. 51 f.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.10.2008 - 8 A 10597/08, juris Rz. 19; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.06.2015 - 1 A 10776/14, juris Rz. 30). Genehmigungspflichtigkeit und Genehmigungsfreiheit stünden zueinander in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis. Ziel der Freistellungsvorschrift sei es, bei Vorhaben von geringer bau- oder bodenrechtlicher Relevanz, aber eben auch nur bei ihnen, auf eine präventive Verwaltungskontrolle zu verzichten, um die Baubehörden zu entlasten und den Bauherren Kosten zu ersparen. Systematik und Zweck des Gesetzes schlössen es daher aus, bei einem Gesamtvorhaben, welches aus genehmigungspflichtigen und - isoliert betrachtet - genehmigungsfreien Teilen besteht, ein "Splitting" zwischen den Einzelteilen durchzuführen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.04.2005 - 8 A 12135/04, juris Rz. 19 m.w.N.).

(2)

48

Unter diesen Voraussetzungen dürfte im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen die Regeln zur Genehmigungspflicht in §§ 59 ff. HBauO zu bejahen sein.

(a)

49

Eine Baugenehmigung für die streitgegenständliche Betonstützmauer wurde der Beklagten bislang nicht erteilt. Die Baugenehmigung vom 06.02.2013 wurde der Beklagten ausschließlich für den "Neubau eines Einfamilienhauses" erteilt, nicht für die Stützmauer (vgl. Baugenehmigung vom 06.02.2013, Anlage K 14). In der Bauzeichnung, die der Baugenehmigung für die Errichtung des Wohnhauses zugrunde liegt, ist die Stützmauer lediglich andeutungsweise dargestellt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.04.2005 - 8 A 12135/04, juris Rz. 17). Der Aktenvermerk des Herrn W... vom 01.07.2013, in dem dieser die Verfahrensfreiheit der Stützmauer ausdrücklich bestätigt, zeigt, dass die Stützmauer auch nach Auffassung der Bauaufsichtsbehörde nicht von der Baugenehmigung erfasst war (vgl. Aktenvermerk vom 01.07.2013, Anlage B 3).

(b)

50

Zwar handelt es sich bei der streitgegenständlichen Betonstützmauer - isoliert betrachtet - um ein verfahrensfreies Vorhaben, da gemäß Nr. 6.1 der Anlage 2 zu § 60 HBauO „Mauern einschließlich Stützmauern und Einfriedungen mit einer Höhe bis zu 2,0 m, außer im Außenbereich“ keiner Baugenehmigung bedürfen, also verfahrensfrei errichtet werden können, und die Stützmauer im vorliegenden Fall jedenfalls niedriger als zwei Meter ist (hierzu bereits unter 1. a) bb)).

51

Die Beklagte hat die Betonstützmauer hier jedoch im Zusammenhang mit dem genehmigungspflichtigen Wohnhaus errichtet, sodass bei Übertragung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung das gesamte Vorhaben genehmigungspflichtig war, das heißt insbesondere auch die eigentlich genehmigungsfreie Stützmauer.

(aa)

52

Der Auffassung des Landgerichts, ein enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang mit dem genehmigungspflichtigen Wohnhaus sei im vorliegenden Fall nicht gegeben, folgt der Senat nicht.

53

Zu Recht hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung vom 08.04.2016 darauf hingewiesen, dass sich bereits aus den mit Schriftsatz vom 15.11.2013 als Anlage K 13 vorgelegten Lichtbildern ergebe, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der Errichtung des Hauses, einer insoweit vorgenommenen Aufschüttung und der dann vorgenommenen Errichtung der Stützmauer bestanden habe. Die Bilder zeigen deutlich, dass Aufschüttung und Errichtung der Stützmauer im Zuge des Neubaus des Wohnhauses der Beklagten erfolgten. Auf den Bildern ist insbesondere eindeutig erkennbar, dass sich das Wohnhaus zum Zeitpunkt der Errichtung der Stützmauer noch im Bau befand.

54

Darüber hinaus hat der Kläger mit Schriftsatz vom 05.03.2015 ausdrücklich vorgetragen, dass die Mauer im räumlichen, zeitlichen und funktionellen Zusammenhang mit dem Bau des Hauses errichtet worden sei. Dieser Vortrag ist von der Beklagten nicht bestritten worden und somit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen. Selbst wenn man den Vortrag des Klägers jedenfalls dahingehend, dass der Zusammenhang räumlich, zeitlich und funktionell gewesen sei, als bloße Rechtsansicht einordnen wollte, wäre im vorliegenden Fall allein aufgrund der vom Kläger vorgelegten Lichtbilder ein hinreichend enger räumlicher, zeitlicher und funktioneller Zusammenhang zwischen Stützmauer und Wohnhaus zu bejahen.

(bb)

55

Aufgrund des hinreichend engen Zusammenhangs mit der genehmigungspflichtigen Wohnhaus-Errichtung ist eine einheitliche Anlage im Sinne der oben erläuterten verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung gegeben, weshalb das gesamte Vorhaben als genehmigungspflichtig zu qualifizieren ist und sich die Genehmigungspflicht somit auch auf die eigentlich verfahrensfreie Errichtung der Stützmauer bezieht.

56

Für die Annahme einer solchen Genehmigungspflichtigkeit der Stützmauer im Einklang mit der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung spricht im Übrigen auch die Hamburgische Bauordnung selbst, da die Anlage 2 zu § 60 HBauO direkt zu Beginn folgenden Hinweis enthält:

57

„Sofern von dieser Anlage erfasste Vorhaben Teil eines Vorhabens sind, das in einem Verfahren nach § 61, § 62 oder § 64 zu prüfen ist, werden sie in das jeweilige Verfahren einbezogen.“

58

Dieser Hinweis wurde im Jahr 2010 eingefügt und soll ausweislich der entsprechenden Gesetzesbegründung klarstellen, dass die in der Anlage genannten und - für sich gesehen - verfahrensfreien Vorhaben immer dann in den Prüfumfang des Genehmigungsverfahrens einzubeziehen sind, wenn sie Teil eines genehmigungspflichtigen Vorhabens sind (vgl. Drucks. 19/4798 der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, S. 12).

bb)

59

Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob im vorliegenden Fall im Einklang mit der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ein Verstoß gegen die Regeln der Hamburgischen Bauordnung zur Genehmigungspflicht zu bejahen ist, da diese mangels drittschützender Wirkung jedenfalls keine Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind.

(1)

60

Voraussetzung für die Einordnung einer Rechtsnorm als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist nach ständiger Rechtsprechung, dass sie - sei es auch neben dem Schutz der Gesamtheit - dazu dienen soll, den einzelnen oder einzelne Personenbereiche gegen die Verletzung eines Rechtsguts zu schützen (vgl. beispielsweise BGH, Urteil vom 30.04.1976 - V ZR 188/74, juris Rz. 14; BGH, Urteil vom 24.04.1970 - V ZR 97/67, juris Rz. 10; BGH, Urteil vom 27.01.1954 - VI ZR 309/52, juris Rz. 8 vgl. auch BGH, Urteil vom 26.02.1993 - V ZR 74/92, juris Rz. 11). Der Individualschutz muss beabsichtigt, nicht nur objektiv bewirkt sein. Dabei braucht es sich nicht um den Hauptzweck des Gesetzes zu handeln. Vielmehr genügt es, wenn die Rechtsnorm neben dem primär verfolgten Ziel auch den Einzelnen schützen soll (BGH, Urteil vom 30.04.1976 - V ZR 188/74, juris Rz. 14). Es kommt nicht auf die Wirkung, sondern auf den Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder Personenkreisen gewollt oder doch mitgewollt hat (BGH, Urteil vom 27.01.1954 - VI ZR 309/52, juris Rz. 8 m.w.N. außerdem Palandt-Sprau, 75. Auflage 2016, § 823 Rn. 58 m.w.N.).

61

Nachbarschützende Bauvorschriften können Schutzgesetze in diesem Sinne sein, sodass ihre Verletzung einen quasinegatorischen verschuldensunabhängigen Beseitigungsanspruch des Nachbarn aus §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB begründen kann (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.1973 - V ZR 107/72, juris Rz. 16; BGH, Urteil vom 28.06.1985 - V ZR 43/84, juris Rz. 39). Dies gilt insbesondere auch für nachbarschützende bauordnungsrechtliche Vorschriften (vgl. nur Palandt-Sprau, 75. Auflage 2016, § 823 Rn. 73; Bamberger/Roth-Spindler, 3. Auflage 2012, § 823 Rn. 173; Erman-Schiemann, 12. Auflage 2008, § 823 Rn. 163; Dauner-Lieb/Langen-Katzenmeier, 2. Auflage 2012, § 823 Rn. 545).

62

Ob öffentlich-rechtliche Bauvorschriften den Schutz des Grundstücksnachbarn bezwecken, kann dabei jedoch nicht für die Gesamtheit der Bestimmungen eines Gesetzes und deshalb auch nicht für eine Bauordnung im Ganzen entschieden werden (vgl. BGH, Urteil vom 30.04.1976 - V ZR 188/74, juris Rz. 14; BGH, Urteil vom 14.03.1975 - V ZR 150/73, juris Rz. 17 m.w.N.). Erforderlich ist vielmehr eine umfassende Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs der jeweiligen Norm (Palandt-Sprau, 75. Auflage 2016, § 823 Rn. 58).

(2)

63

Unter diesen Voraussetzungen ist ein Anspruch auf Beseitigung der Stützmauer oder Einhaltung eines Grenzabstands von einem Meter im vorliegenden Fall zu verneinen. Die §§ 59 ff. HBauO sind nicht als nachbarschützenden Vorschriften einzuordnen und entfalten keine drittschützende Wirkung zugunsten des Klägers. Allein der Verstoß gegen formelle Verfahrensvorschriften des Bauordnungsrechts, also eine formelle Baurechtswidrigkeit des Bauvorhabens, rechtfertigt noch keinen Beseitigungsanspruch.

64

Die Vorschriften der Hamburgischen Bauordnung über die Genehmigungspflicht bzw. Genehmigungsfreiheit von Bauvorhaben dienen - anders als beispielweise die Abstandsvorschrift des § 6 HBauO (hierzu oben unter 1. a) aa)) - allein dem öffentlichen Interesse (so ausdrücklich beispielsweise LG Kiel, Urteil vom 10.01.2003 - 18 S 57/02, juris Rz. 27, allerdings für die Landesbauordnung Schleswig-Holsteins vgl. auch LG Köln, Urteil vom 20.01.2010 - 9 S 164/09, juris Rz. 8). Auch nach umfassender Würdigung ihres gesamten Regelungszusammenhangs sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit diesen Vorschriften einen individuellen Beseitigungsanspruch des Nachbarn schaffen wollte, wie er hier vom Kläger aufgrund der Verletzung der Vorschriften durch den Bau der Betonstützmauer geltend gemacht wird.

65

Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte mit dem Neuerlass der Hamburgischen Bauordnung im Jahre 2005 nämlich insbesondere eine Entlastung von Bauherren und Bauaufsichtsbehörden sowie eine Vereinfachung und weitere Beschleunigung bei der Realisierung von Bauvorhaben erreicht werden (vgl. Drucks. 18/2549 der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, S. 33). Hierzu wurden auch die verfahrensrechtlichen Vorschriften zur Genehmigungspflichtigkeit bzw. Genehmigungsfreiheit von Bauvorhaben in §§ 59 ff. HBauO neu gestaltet (vgl. Drucks. 18/2549 der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, S. 34 ff.). Bei dieser Neustrukturierung der Verfahrensvorschriften wurde eine Zunahme von Verstößen gegen nachbarschützende Bauvorschriften sogar ausdrücklich in Kauf genommen (vgl. Drucks. 18/2549 der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, S. 37 und 62).

66

Gegen eine Einordnung der §§ 59 ff. HBauO als nachbarschützende Vorschriften spricht zudem, dass ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 71 HBauO an dem Grundsatz festgehalten werden sollte, dass subjektive Nachbarrechte aufgrund „jahrzehntelanger hamburgischer Tradition“ im Bauordnungsrecht lediglich in beschränktem Umfang zur Verfügung stehen (vgl. Drucks. 18/2549 der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, S. 67).

67

Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der Beklagten, hätte sie für die Errichtung der Stützmauer eine Genehmigung beantragt, diese auch erteilt worden wäre. Ein Verstoß gegen Abstandsvorschriften liegt nämlich nicht vor. Auch aus dem Vermerk des Herrn W... vom 01.07.2013 geht eindeutig hervor, dass einer Genehmigung der Stützmauer rechtliche Hindernisse nicht entgegenstanden (vgl. Aktenvermerk des Herrn W... vom 01.07.2013, Anlage B 3).

c)

68

Einen Anspruch auf Beseitigung der Betonstützmauer oder Einhaltung eines Grenzabstands von einem Meter hat der Kläger gegen die Beklagte auch nicht aufgrund der zu seinen Gunsten eingetragenen Baulast. Zu Recht hat das Landgericht einen solchen Anspruch unter Hinweis auf die öffentlich-rechtliche Natur der Baulast abgelehnt.

aa)

69

Anders als Grunddienstbarkeiten gehören Baulasten als öffentlich-rechtliche Verpflichtungserklärungen dem öffentlichen Recht an. Mit Baulasten und ihnen angenäherten sonstigen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungserklärungen sollen einem Bauvorhaben entgegenstehende öffentlich-rechtliche Hindernisse beseitigt werden (hierzu ausführlich und mit weiteren Nachweisen Grziwotz/Lüke/Saller-Grziwotz, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Auflage 2013, 4. Teil Rn. 173).

70

Definiert werden Baulasten als vom Grundstückseigentümer gegenüber der Baurechtsbehörde übernommene öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zu einem bestimmten Tun, Dulden oder Unterlassen, das sich auf das eigene Grundstück bezieht und sich nicht schon aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergibt (vgl. Grziwotz/Lüke/Saller-Grziwotz, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Auflage 2013, 4. Teil Rn. 173). Im Hamburgischen Bauordnungsrecht folgt dies aus der Legaldefinition des Rechtsinstituts in § 79 Abs. 1 S. 1 HBauO:

71

„Durch Erklärung gegenüber der Bauaufsichtsbehörde können Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer sowie Erbbauberechtigte mit Zustimmung der Grundstückseigentümerin oder des Grundstückseigentümers öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zu einem ihre Grundstücke betreffenden Handeln, Dulden oder Unterlassen übernehmen, die sich nicht schon aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben (Baulasten).“

72

Die Wirkungen einer Baulast beschränken sich dabei auf das öffentliche Recht und liegen in der Schaffung von Verhältnissen, die zur Rechtmäßigkeit eines Bauvorhabens führen (Grziwotz/Lüke/Saller-Grziwotz, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Auflage 2013, 4. Teil Rn. 180).

73

Unmittelbare zivilrechtliche Wirkungen hat eine Baulast hingegen nicht (Grziwotz/Lüke/Saller-Grziwotz, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Auflage 2013, 4. Teil Rn. 181). Ihre Bestellung erfolgt, wie sich im Hamburgischen Bauordnungsrecht bereits aus dem Wortlaut von § 79 Abs. 1 S. 2 HBauO ergibt, gerade unbeschadet der Rechte Dritter. Aus einer Baulast ergibt sich insbesondere kein Nutzungsanspruch des Eigentümers des begünstigten Grundstücks und mit ihr korrespondiert auch keine Duldungspflicht des Eigentümers des dienenden Grundstücks gegenüber dem anderen Grundstückseigentümer (so die ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, Urteil vom 08.07.1983 - V ZR 204/82, juris Rz. 10 ff.; BGH, Urteil vom 19.04.1985 - V ZR 152/83, juris Rz. 20; OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.04.1989 - 9 U 252/88, juris Rz. 25; erst kürzlich wieder OLG Koblenz, Beschluss vom 22.03.2013 - 3 U 117/13, juris Rz. 27 f. außerdem Grziwotz/Lüke/Saller-Grziwotz, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Auflage 2013, 4. Teil Rn. 181). Etwas anderes gilt nur, wenn dem begünstigten Eigentümer ein eigenes Recht, beispielsweise durch Bestellung einer Grunddienstbarkeit, eingeräumt wurde (Grziwotz/Lüke/Saller-Grziwotz, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Auflage 2013, 4. Teil Rn. 181).

bb)

74

Unter diesen Voraussetzungen hat das Landgericht einen Anspruch auf Beseitigung der Stützmauer oder Einhaltung eines Grenzabstands von einem Meter zutreffend verneint. Zivilrechtliche Ansprüche kann der Kläger aus der zu seinen Gunsten eingetragenen öffentlich-rechtlichen Baulast nicht herleiten.

75

Die streitgegenständliche Baulast ist nach den obigen Ausführungen eine gegenüber der Baurechtsbehörde übernommene öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Freihaltung des in der Baulast eingezeichneten Bereichs des Grundstücks 41... von jeglicher Bebauung. An diese Baulast ist zwar auch die Beklagte als Rechtsnachfolgerin gemäß § 79 Abs. 1 S. 2 HBauO gebunden. Aus der Baulast folgen aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Natur aber gerade keine zivilrechtlichen Ansprüche des Klägers als jetzigem Eigentümer des begünstigten Grundstücks 42... Aus ihr ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung insbesondere kein Nutzungsanspruch des Klägers. Dies muss erst recht für den - vom Kläger hier geltend gemachten - Beseitigungsanspruch gelten.

76

Dass zwischen den Parteien über die Baulast hinaus eine privatrechtliche Verbindung besteht, aus der sich der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ergeben könnte, wie etwa eine Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB, wurde nicht vorgetragen.

77

Nach alledem kann dahinstehen, ob die Behauptung des Klägers der Wahrheit entspricht, dass durch die Stützmauer im Bereich der Baulast vorhandene bzw. zukünftige Wasserentsorgungsrohrleitungen gestört oder beschädigt werden.

2.

78

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

3.

79

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (vgl. § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

4.

80

Der Streitwert für die Berufungsinstanz ergibt sich aus dem Wert des vom Kläger mit seiner Berufung weiterverfolgten Klagantrags, wie er vom Landgericht zutreffend festgesetzt worden ist (vgl. Streitwertbeschluss des Landgerichts vom 19.05.2014, Bl. 65 d.A.).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 31. Mai 2016 - 4 U 31/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 31. Mai 2016 - 4 U 31/16

Referenzen - Gesetze

Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 31. Mai 2016 - 4 U 31/16 zitiert 13 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 517 Berufungsfrist


Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 141 Anordnung des persönlichen Erscheinens


(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1018 Gesetzlicher Inhalt der Grunddienstbarkeit


Ein Grundstück kann zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, dass dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf oder dass auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werde

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 31. Mai 2016 - 4 U 31/16 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 31. Mai 2016 - 4 U 31/16 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 10. März 2016 - 7 A 1720/14

bei uns veröffentlicht am 10.03.2016

Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 %

Landgericht Hamburg Urteil, 04. Feb. 2016 - 304 O 247/13

bei uns veröffentlicht am 04.02.2016

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, dafür Sorge zu tragen, dass die Bruch- und Standsicherheit der in der Skizze auf Seite 8 des Urteils als Baum Nr. 1 , Nr. 2 und Nr. 5 bezeichneten Waldkiefern durch geeignete Maßnahmen wiederhergestellt wird

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Juni 2015 - 1 A 10776/14

bei uns veröffentlicht am 18.06.2015

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung zitiert Tenor Die Berufung der Klägerin gegen den die Klage abweisenden Teil des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 9. Oktober 2012 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens einsch

Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 22. März 2013 - 3 U 117/13

bei uns veröffentlicht am 22.03.2013

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung wird zitiert Diese Entscheidung zitiert Tenor Der Senat erwägt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Mainz vom 20. Dezember 2012 dur

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Okt. 2008 - 8 A 10597/08

bei uns veröffentlicht am 22.10.2008

Unter Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 30. April 2008 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße wird der Bescheid des Beklagten vom 29. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Oktober 2

Referenzen

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, dafür Sorge zu tragen, dass die Bruch- und Standsicherheit der in der Skizze auf Seite 8 des Urteils als Baum Nr. 1 , Nr. 2 und Nr. 5 bezeichneten Waldkiefern durch geeignete Maßnahmen wiederhergestellt wird und dauerhaft erhalten bleibt.

2. Die Beklagte wird verurteilt, für die in der Skizze auf Seite 8 des Urteils als Baum Nr. 3 und Nr. 4 bezeichneten Waldkiefern bei der zuständigen Behörde eine Fällgenehmigung zu beantragen und diese Bäume nach Erteilung der entsprechenden Genehmigung fachmännisch zu fällen oder fällen zu lassen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 30 % und die Beklagte 70 %.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch hinsichtlich Ziffern 1 und 2 nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 € pro Baum, hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung von Seiten der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Klage betrifft einen Nachbarschaftsstreit. Mit umgekehrten Parteirollen hatten die Parteien beim Landgericht Hamburg bereits einen anderen Rechtsstreit geführt, in dem es um Beschädigungen von Pflanzen, das Betreten des Grundstücks der hiesigen Beklagten sowie Videokameras am Haus des hiesigen Klägers ging und der mittlerweile rechtskräftig entschieden ist (304 O 98/13).

2

Die Parteien sind unmittelbare Grundstücksnachbarn. Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks E. Weg ...b in H.-H./ E., belegen auf dem Flurstück.2.. (vgl. Auszug aus der Liegenschaftskarte, Anlage K1) und wohnt dort mit seiner Familie.

3

Die Beklagte erwarb im Jahr 2011 mit Übergabedatum 23.9.2011 das hangabwärts direkt angrenzende Flurstück.1.. mit der Postanschrift G. Straße ...a und begann in der Folgezeit, dies mit einem Wohnhaus zu bebauen. Zusammen mit diesem Grundstück erwarb sie auch das Flurstück.2.., das als schmaler Streifen nordöstlich neben dem Grundstück des Klägers vom E. Weg zum Grundstück der Beklagten abwärts führt. An diesem Flurstück hat der Kläger auf der zu seinem Grundstück hin gelegenen Hälfte ein Wegerecht als Zuwegung zu seinem Haus; dieser Teil des Grundstücks.2.. ist durch einen Zaun abgegrenzt.

4

Auf dem Grundstück.1.. hat die Beklagte eine Stützmauer aus L-Betonsteinen errichtet, die jedenfalls niedriger ist als 2 Meter. Der Abstand der Mauer zu einem Zaun, den der Kläger an der Grenze errichtet hat, beträgt etwa 5 Zentimeter. In der Baugenehmigung der Beklagten vom 6. Februar 2013 für die Errichtung ihres Hauses ist eine Stützmauer im Abstand von etwa einem Meter zum Grenzzaun des Klägers eingezeichnet (Anlage K14).

5

Im Baulastenverzeichnis des Bezirksamts Harburg, Gemarkung E. findet sich folgende Eintragung vom 26.9.1985:

6

„Verpflichtung, für das Bauvorhaben auf dem Grundstück E. Weg ... (Flurstück..3) den Bau und Betrieb von Schmutz und Regenwasserleitungen sowie deren zugehörige Anlagen auf einer 3,0 m breiten Fläche – wie in der Flurkarte vom 07.11.1984 in braun dargestellt – zu dulden, außerdem das Betreten des Grundstücks zur Durchführung der notwendigen Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten zu gestatten und die oben angeführte Fläche von jeglicher Bebauung freizuhalten“.

7

(Anlage K11)

8

Flurstück..3 war (vor der Abtrennung des Flurstücks.2..) die alte Bezeichnung für das Grundstück des Klägers, das inzwischen die Nr. .2.. trägt (vgl. die Flurkarte von 1984, Anlage K11). Die zugunsten des Grundstücks... bzw. .2.. eingetragene Baulast betrifft eine etwa drei Meter breite und parallel zur Grundstücksgrenze verlaufende Fläche auf dem Grundstück der Beklagten mit der Flurnummer.1.. (in den Anlagen K11 und B5 dunkel markiert).

9

Die zur Entwässerung des Klägergrundstücks notwendigen Leitungen sind streckenweise auf dem Grundstück der Beklagten verlegt. Beide Parteien haben Skizzen vorgelegt, nach denen die Leitungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt den östlichen Teil des Grundstücks.2.. in südlicher Richtung durchqueren und von dort in das angrenzende Grundstück Nr. .2.8 einmünden, wobei sich jedoch die Darstellungen darüber, auf welchem Wege die Leitungen vom Klägergrundstück in den östlichen Bereich des Beklagtengrundstücks gelangen, unterscheiden (Anlagen K23, B6). Während der Bauarbeiten auf dem Grundstück der Beklagten kam es zur Beschädigung einiger Rohrleitungen, die aber von der Beklagten wieder in Stand gesetzt wurden.

10

Auf den Grundstücken der Beklagten befinden sich in unmittelbarer Grenznähe zum Grundstück des Klägers mehrere alte Waldkiefern (Pinus sylvestris), die jeweils ca. 20 Meter hoch sind. Vier der hier streitgegenständlichen Bäume stehen östlich des Trennzauns auf dem Grundstück.2.., und zwar stehen zwei Kiefern neben der Garage des Klägers, eine gegenüber seiner Eingangstür und eine weitere in einiger Entfernung gegenüber einem Fenster seines Hauses. Eine weitere Waldkiefer steht auf dem Grundstück.1.. der Beklagten, und zwar im nordöstlichen Bereich in unmittelbarer Nähe zur Grundstücksgrenze zu dem Grundstück.2.. des Klägers.

11

In Zusammenhang mit Maßnahmen zur Sicherung gegen Wasserschäden wurde 2009 im Auftrage des Klägers eine Begutachtung der Standfestigkeit diverser Bäume, unter anderem der vier östlich stehenden Kiefern, vorgenommen. Der Privatgutachter G. kam nach einer Sichtprüfung in seinem Gutachten vom 13.5.2009 zu dem Schluss, dass drei Kiefern über 40 Jahre alt seien, einen Schädigungsgrad 20 – 50 % aufwiesen, dass sie durch die geplanten Ausschachtungsarbeiten geschädigt und in ihrer Verkehrssicherheit beeinträchtigt würden und empfahl die Fällung (Anlage K4, dort die Nrn. 4, 7 und 8) Mit Bescheid vom 24.6.2009 erteilte das Bezirksamt Hamburg-Harburg eine Ausnahmegenehmigung zur Fällung von zwei Waldkiefern sowie mit Bescheid vom 24.8.2012 die Genehmigung zur Fällung von vier Kiefern. Die Bescheide waren an den Kläger adressiert und setzten fälschlich voraus, dass die Bäume auf seinem Grundstück stünden (Anlage K6, K7).

12

Nach ihrem Grundstückserwerb bat der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 19.10.2012 unter Hinweis auf die erteilte Fällgenehmigung sowie den Verdacht der Instabilität um Mitteilung, ob sie mit der Fällung einverstanden sei (Anlage K8). Die Beklagte lehnte dies ab. Mit Anwaltsschreiben vom 6.11.2012 ließ der Kläger erklären, dass die Bäume aus Gründen der Verkehrssicherheit gefällt werden müssten (Anlage K9). Die Beklagte ließ die Bäume ihrerseits durch den Gartenbau-Ingenieur T. besichtigen, der in einem „Protokoll“ vom 16.1.2013 festhielt, die Kiefern seien derzeit vital, für eine unverzügliche Fällung bestehe kein Anlass (Blatt 144 d.A.). Im Frühjahr 2013 ließ die Beklagte auf dem Grundstück.2.. einen Baumpflegeschnitt durchführen, bei dem aufgrund der schrägen Stellung der Bäume nur die nach Osten weisende Seite beschnitten wurde, nicht jedoch die zum Klägergrundstück ausgerichtete Seite der Bäume.

13

Der Kläger behauptet, die Kiefern auf den Grundstücken der Beklagten seien nicht bruch- und standsicher und verlangt von ihr Maßnahmen zur Beseitigung der damit verbundenen Gefahren. Im Dezember 2012 seien große Äste mit einem Durchmesser von etwa 8 cm aus den Baumkronen auf seinen Hauseingangsweg gefallen. Dieses Ereignis zeige ebenso wie schon das Gutachten vom 13.5.2009 die Gefahr, die von den Bäumen für sein Grundstück und dessen Bewohner ausginge. Durch fortdauernde Baumaßnahmen auf dem Grundstück der Beklagten werde die Standsicherheit der Bäume außerdem weiter beeinträchtigt. Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte müsse ihrer Verkehrssicherungspflicht als Grundstückseigentümer durch Fällung der standunsicheren Bäume oder andere geeignete Maßnahmen nachkommen, da eine Gefahr für Leib und Leben von Menschen sowie für sein Eigentum bestünde.

14

Daneben fordert der Kläger von der Beklagten Auskunft über den Verlauf der Abwasserleitungen auf ihrem Grundstück. Er behauptet, dass auf dem Grundstück.1.. direkt hinter der Grundstücksgrenze im Bereich der Baulast ursprünglich ein Revisionsschacht angelegt gewesen sei. Von diesem Schacht sei die Abwasserleitung abgegangen und direkt südlich in Richtung des Grundstücks mit der Nummer.2.8 verlaufen. Dieser Revisionsschacht sei im Zuge der Bauarbeiten der Beklagten entfernt und die Leitung verlegt worden. Der nun bestehende Verlauf der Leitungen auf östlicher Seite des Beklagtengrundstücks entlang der Grundstücksgrenze in südliche Richtung auf das Grundstück Nummer.2.8 sei also erst durch die Beklagte im Rahmen der Gründungsarbeiten hergestellt worden. Nach wie vor seien aber auch heute noch Leitungen im Bereich der Baulast vorhanden, die dann in die unstreitig im östlichen Bereich verlaufenden Rohre übergingen. Eine fachgerechte Ausführung der Verlegungsarbeiten sei zweifelhaft. Das von der Beklagten beauftragte Unternehmen habe mehrfach rechtwinklige Leitungsverläufe eingebaut, die zu einem Rückstau führen könnten. Auch würden der Beklagten Leitungspläne vorliegen, die sie nicht an den Kläger herausgebe. Ein Auskunftsanspruch über den Verlauf der Regen- und Schmutzwasserrohre ergebe sich daraus, dass der Kläger durch die behauptete Verlegung der Leitungen befürchten müsse, dass eine Entwässerung seines Grundstücks in Zukunft nicht gewährleistet sei.

15

Darüber hinaus macht der Kläger geltend, dass die Stützmauer auf dem Beklagtengrundstück zu nah an das klägerische Grundstück gebaut worden sei. Aus der Baugenehmigung vom 6.2.2013 ergebe sich, dass die Beklagte einen Abstand von einem Meter zum Grenzzaun des Klägers einzuhalten habe. Bei der jetzigen Anordnung werde er durch den geringen Abstand daran gehindert, an seinem eigenen Grenzzaun Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten durchzuführen. Der Zaun sei somit von der Beklagten zu entfernen. Dies ergebe sich auch aus der eingetragenen Baulast vom 26. September 1985, die vorsehe, dass dieser Teil des Beklagtengrundstücks „von jeglicher Bebauung freizuhalten“ sei. Durch die Mauer würden vorhandene oder zukünftige Wasserentsorgungsleitungen im Bereich der Baulast gestört. Es sei ohne Entfernen der Mauer nicht möglich, an die ca. vier Meter tief verlegten Rohre zu gelangen.

16

In Bezug auf die Waldkiefern hat der Kläger zunächst allgemein die Verurteilung zu Maßnahmen zur Beseitigung der von den Bäumen ausgehenden Gefahren beantragt, diese Maßnahmen aber später präzisiert.

17

Der Kläger beantragt nunmehr,

18

1) die Beklagte zu verurteilen, an den im Ergänzungsgutachten des gerichtlichen Sachverständigen B. vom 31.8.2015 näher bezeichneten Bäumen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit dergestalt zu treffen, dass

19

a) am Baum 1 einen Kronenschnitt nach der ZTV-Baumpflege, zusätzliche Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege, Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung, Landschaftsbau eV (FLL) durchgeführt wird und gemäß den Baumkontrollrichtlinien, Richtlinien für Regelkontrollen zur Überprüfung der Verkehrssicherheit von Bäumen, FLL, Aufl. 2010 einmal jährlich eine fachlich qualifizierte Inaugenscheinnahme erfolgt;

20

b) am Baum 2 einen Kronenschnitt einen Kronenschnitt nach der ZTV-Baumpflege, zusätzliche Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege, Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung. Landschaftsbau eV (FLL) durchgeführt wird und gemäß den Baumkontrollrichtlinien, Richtlinien für Regelkontrollen zur Überprüfung der Verkehrssicherheit von Bäumen, FLL, Aufl. 2010 einmal jährlich eine fachlich qualifizierte Inaugenscheinnahme erfolgt;

21

c) der Baum 3 gefällt und das anfallende Totholz beseitigt wird;

22

d) der Baum 4 gefällt und das anfallende Totholz beseitigt wird;

23

e) am Baum 5 einen Kronenschnitt nach der ZTV-Baumpflege, zusätzliche Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege, Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung. Landschaftsbau eV (FLL) durchgeführt wird und gemäß den Baumkontrollrichtlinien, Richtlinien für Regelkontrollen zur Überprüfung der Verkehrssicherheit von Bäumen, FLL, Aufl. 2010 einmal jährlich eine fachlich qualifizierte Inaugenscheinnahme erfolgt;

24

2) die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über den geänderten Verlauf der Schmutz- und Regenwassergrundleitung auf dem Grundstück G. Straße ...a, (PLZ) H. (Grundbuch von E., Grundbuchblatt-Nr. .1..) Auskunft zu erteilen;

25

3) die Beklagte zu verurteilen, den von ihr auf dem Grundstück G. Straße ...a, (PLZ) H. (Flurstück.1.., Gemarkung E.) unmittelbar angrenzend an das Grundstück des Klägers E. Weg ...b, (PLZ) H. (Flurstück Nr. .2.. in der Gemarkung E.) errichteten Betonzaun zu beseitigen, hilfsweise einen Grenzabstand von einem Meter einzuhalten.

26

Die Beklagte beantragt,

27

die Klage abzuweisen.

28

Sie hält die Klage wegen doppelter Rechtshängigkeit für unzulässig. Das Verfahren 304 O 98/13 betreffe denselben Streitgegenstand, so dass die Klage schon wegen Vorgreiflichkeit jenes Verfahrens abzuweisen sei.

29

Hinsichtlich der Waldkiefern behauptet die Beklagte, dass sie bis zur Kenntnisnahme des vom Gericht in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens davon ausgegangen sei, dass die Kiefern vital seien und von ihnen keine Gefahren ausgingen. Die Vitalität der Bäume sei ihr auch von Fachleuten im Rahmen der Ausführung des Baumpflegeschnitts im Frühjahr 2013 bestätigt worden. Sofern die Bäume nicht standsicher seien, habe die Beklagte dies jedenfalls nicht erkennen können. Sie habe selbst die Standsicherheit überprüfen lassen und damals habe es keine Beanstandungen gegeben. Eine eingehendere Untersuchung der Bäume sei nur erforderlich gewesen, wenn besondere Umstände dazu Anlass gegeben hätten, was aber nicht der Fall gewesen sei. Das Abfallen gefährlicher Äste bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen; vielmehr sei es lediglich zu normalem Abwurf von Ästen gekommen, der hinzunehmen sei und keinesfalls erhöhte Sicherungspflichten auslösen würde. Jedenfalls sei eine Fällung der Bäume, wie vorprozessual vom Kläger verlangt, nicht erforderlich. Da sie sich mit Verkehrssicherungsmaßnahmen nicht in Verzug befunden habe, seien die Kosten insoweit jedenfalls dem Kläger aufzuerlegen.

30

Hinsichtlich der vom Grundstück des Klägers herrührenden Regen- und Schmutzwasserleitungen behauptet sie, dass diese sich nicht in dem von der Baulast vorgesehenen Bereich befunden hätten, wie auch auf den als Anlage B7 vorgelegten Fotos erkennbar sei. Auch ein Revisionsschacht sei dort nicht vorhanden gewesen. Es sei überhaupt nicht möglich, durch Nutzung nur des in der Baulast vorgesehenen Bereichs eine Entwässerung des Klägergrundstücks zu gewährleisten. Vielmehr habe sie während der Bauarbeiten wilde Leitungen im östlichen Bereich des Grundstücks gefunden, die auch heute noch dort verlaufen. Während der Bauarbeiten auf ihrem Grundstück habe sie nichts an dem Verlauf der Leitungen verändert. Im Bereich der Baulast würden sich keine Rohre befinden. Hinsichtlich der Auskunft über den Verlauf von Schmutz- und Regenwasserleitungen ist die Beklagte der Auffassung, dass schon nicht ersichtlich sei, woraus sich ein Anspruch des Klägers herleiten ließe. Ohnehin sei ihr eine Auskunftserteilung überhaupt nicht möglich, da sie selbst keine Kenntnis über den Verlauf von Leitungen habe.

31

Die Beklagte meint, dass sie die grenznahe Mauer habe bauen dürfen. Diese sei von ihrem eigenen Grund gemessen lediglich ca. 1 Meter hoch. Die Baugenehmigung beziehe sich nur auf das Haus als Bauvorhaben, über etwaige Einfriedungen oder die Gartengestaltung sage sie nichts aus. Es habe sich dabei um ein genehmigungsfreies Bauvorhaben gehandelt. Mitarbeiter der zuständigen Bauprüfabteilung hätten ihr außerdem bestätigt, dass der Mauerbau zulässig gewesen sei (Anlage B3). Auch aus der Baulast ergebe sich nicht, dass die Beklagte einen größeren Abstand zum klägerischen Grundstück einhalten müsste.

32

Das Gericht hat beide Parteien persönlich nach § 141 ZPO angehört, wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.6.2014 verwiesen. Zudem hat das Gericht ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen B. zum Gesundheitszustand der Waldkiefern eingeholt und dies von dem Sachverständigen mündlich erläutern lassen. Auf das schriftliche Gutachten vom 11.3.2015 (Bl. 165 d.A.) nebst Ergänzung vom 31.8.2015 (Bl. 233 d.A.) sowie die erläuternden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2015 wird Bezug genommen.

33

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

34

Die Klage ist zulässig. Ihr steht insbesondere nicht der Einwand der doppelten Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 2 ZPO) entgegen. Das Verfahren 304 O 98/13 betraf andere Ansprüche und stützte sich auf einen anderen Lebenssachverhalt.

35

In der Sache hat der Kläger mit der Klage nur teilweise Erfolg:

36

1. Waldkiefern

37

Der Klageantrag zu 1 ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Durchführung von Maßnahmen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit der Bäume aus § 1004 Abs. 1 BGB.

38

Der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung beeinträchtigt wird. Durch die Kiefern auf dem Grundstück der Beklagten wird das Eigentum des Klägers beeinträchtigt.

39

Von einer Beeinträchtigung ist immer dann auszugehen, wenn der Eigentümer in seinem umfassendem Herrschaftsrecht aus § 903 BGB eingeschränkt wird (Palandt/Bassenge, 74. Aufl. 2015, § 1004 Rn. 6). Ausreichend ist jeder dem Inhalt des Eigentumsrechts widersprechende tatsächliche Zustand oder Vorgang. Eine Eigentumsbeeinträchtigung kann sich grundsätzlich auch daraus ergeben, dass das Grundstück des Anspruchsgegners eine Beschaffenheit aufweist, die es nicht haben darf (Staudinger/ Gursky, 2013, § 1004 Rn. 17, 18).

40

So verhält es sich hier. Zur Überzeugung des Gerichts steht insbesondere aufgrund der schriftlichen Gutachten vom 11.3.2015 und 31.8.2015 sowie der Erläuterungen des Sachverständigen fest, dass von den fünf Bäumen auf dem Grundstück der Beklagten bereits jetzt aufgrund ihres Schädigungsgrades erhebliche Beeinträchtigungen für das Klägergrundstück ausgehen.

41

Der Sachverständige hat seine Feststellungen darauf gestützt, dass er bei einer ersten Ortsbesichtigung im Dezember 2014 zunächst die Bäume vom Boden aus in Augenschein genommen hat, insbesondere im Bereich der Baumkrone, des Starkast- und Stammbereiches sowie im Wurzelbereich. Darüber hinaus hat er im Rahmen der einfachen technischen Untersuchung der Stufe 1 (EfU 1) eine Klangprobe durchgeführt, um den Zustand des Holzkörpers zu überprüfen. Zusätzlich wurden während eines zweiten Ortstermins im Januar 2015 Bohrwiderstandsmessungen vorgenommen, um ein zutreffendes Ergebnis zu erzielen. In seinem Gutachten bewertet der Sachverständige die Sicherheit der Bäume sodann anhand der FLL-Schadstufenbestimmung auf einer Skala von 0 bis 4 sowie anhand des Fäulnisgrades des Stammfußes. Auch hat er die Totholzbildung untersucht.

42

Für die eindeutige Bezeichnung der einzelnen Bäume hat der Sachverständige Ziffern anhand einer Skizze verwendet, die nachstehend wiedergegeben wird:

Abbildung

43

Die von dem Sachverständigen gewählte Bezifferung wird im Folgenden beibehalten.

44

Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die biologische Vitalität der Bäume Nr. 1, Nr. 2 sowie Nr. 5 zwar noch als ausreichend zu qualifizieren sei. Aufgrund von bruchsicherheitsrelevanten Defekten ginge von ihnen jedoch schon jetzt eine potentielle Gefährdung aus. Die Kiefern Nr. 1 und Nr. 2 seien mäßig bis stark geschädigt (FLL-Schadstufe 1 bis 2). Trotz des noch ausreichenden Gesundheitszustands sei Totholzbildung feststellbar und es bestehe dementsprechend die Gefahr, dass Äste abbrechen könnten und dadurch Personen und umstehende Gebäude gefährdet würden. Die Fäuleentwicklung im Stammfuß habe bei beiden Bäumen noch kein verkehrsgefährdendes Maß erreicht, eine dahingehende Entwicklung sei aber möglich.

45

Auch der Gesundheitszustand der Kiefer Nr. 5, der sich auf dem Grundstück Nr. .1.. befindet, sei insgesamt noch ausreichend. Totholzbildung im verkehrsgefährdenden Maße sei jedoch auch hier zu finden. Ferner sei bei diesem Baum feststellbar, dass sich die Fäule im Stammbereich ausbreite. Durch die Bodenauffüllung, die in der näheren Umgebung dieser Kiefer existiere, sei eine Schädigung von Holz und Wurzeln zu befürchten, so dass sich die zum Zeitpunkt der Begutachtung noch vorhandene Bruchsicherheit innerhalb von Wochen oder Monaten kurzfristig ändern könne.

46

Dagegen weisen die Kiefern Nr. 3 und Nr. 4 nach Einschätzung des Sachverständigen gravierendere Schädigungen auf. Die Waldkiefer Nr. 3 sei insgesamt als nicht mehr ausreichend biologisch vital zu klassifizieren. Der Baum weise nur eine kleine Wipfelkrone auf. Auch in dieser sei es zu Totholzbildung gekommen. Die Fäuleentwicklung sei im Stammfuß weit fortgeschritten, was die Bruchsicherheit deutlich beeinträchtige. Der Baum Nr. 3 sei in die FLL-Schadstufe 3 (sehr stark geschädigt) einzuordnen und deshalb insgesamt nicht verkehrssicher.

47

Auch die Kiefer Nr. 4 weise einen mangelhaften Gesundheitszustand auf. Sie sei als sehr stark geschädigt bis absterbend (FLL-Schadstufe 4) zu bewerten. In der kleinen Wipfelkrone habe sich Totholz gebildet und der Baum neige sich stark. Er sei insgesamt absinkend und deshalb als standunsicher zu bewerten. Darüber hinaus sei die Fäuleentwicklung im Stammfuß bereits stark ausgeprägt, der Stamm lasse sich insgesamt als durchgefault beschreiben. Das Verhältnis der Restwandstärke zum Stammradius (t/r-Verhältnis) betrage nur noch 0,25-0,44. Ab einem t/R-Verhältnis von weniger als 0,30 bestehe nach anerkannten Standards aufgrund von Bruchgefahr Handlungsbedarf.

48

Das Sachverständigengutachten ist ausführlich und verständlich verfasst worden. Es bestehen weder methodische noch sonstige Anhaltspunkte für das Gericht, an der Einschätzung der Baumgesundheit durch den Sachverständigen Zweifel zu haben. Seine Arbeitsweise hat er detailliert beschrieben und die Kriterien, anhand derer er die biologische Bruch- und Standsicherheit der Bäume festmacht, sind plausibel und nachvollziehbar. Aufgrund des gründlichen Gutachtens geht das Gericht dementsprechend davon aus, dass die Kiefern Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 5 aufgrund von Totholzbildung verkehrsgefährdend und die Bäume Nr. 3 und Nr. 4 insgesamt als standunsicher einzustufen sind. Von allen Bäumen gehen also schon jetzt Gefahren für das Grundstück des Klägers aus.

49

Drohen von Bäumen auf dem Nachbargrundstück wie hier Schädigungen des Grundstücks des Anspruchsstellers, so kann der Eigentümer des gefährdeten Grundstücks mit dem negatorischen Abwehranspruch gegen den Nachbarn (Störer) vorgehen (Staudinger/ Gursky, 2013, § 1004 Rn. 54). Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob - wie vom Kläger behauptet - bereits aufgrund der Schädigungen der Bäume Äste abgefallen sind, oder ob der Astabfall bisher lediglich eine normale, natürliche Begleiterscheinung des Baumbestandes darstellte. Das Gefährdungspotential ist durch das Sachverständigengutachten hinreichend bewiesen.

50

Aufgrund der unmittelbaren Nähe aller Kiefern zum Flurstück.2.. würden Äste bzw. Bäume im Falle des Abbrechens oder Umstürzens auf dieses Grundstück fallen. Diese Gefährdung des Klägergrundstücks stellt eine Beeinträchtigung des Eigentums dar, deren Beseitigung er nach § 1004 Abs. 1 BGB verlangen kann.

51

Der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB richtet sich gegen die Beklagte, weil diese hinsichtlich der Bäume auf ihrem Grundstück eine Verkehrssicherungspflicht trifft. Der Eigentümer eines Grundstücks hat die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass von den auf seinem Grundstück befindlichen Bäumen keine Gefahren für die Rechtsgüter anderer ausgehen, wozu auch zählt, dass ein Umstürzen vom Bäumen aufgrund mangelnder Standsicherheit verhindert werden muss (BGH, Urteil vom 21.03.2003 – V ZR 319/02 BGH, Urteil vom 31.05.1988- VI ZR 275/87; BGH, Beschl. v. 27. 10. 1988, III ZR 23/88).

52

Eine Kenntnis des Störers von Handlungspflichten bzw. von entsprechenden Versäumnissen oder ein Verschulden ist nicht Voraussetzung des Beseitigungsanspruchs, die Vorschrift des § 1004 Abs. 1 BGB knüpft allein an die objektive Störung des Eigentums an. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der von der Beklagten eingeschaltete Gartenbau-Ingenieur T. ihr die Vitalität der Bäume bescheinigt hat oder ob ihr dies bei dem Pflegeschnitt im Frühjahr 2013 erneut bestätigt wurde. Der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorliegen einer Gefährdung war der Schluss der mündlichen Verhandlung.

53

Die Rechtsfolge des Anspruchs aus § 1004 BGB ist auf aktive Beseitigung der Beeinträchtigung gerichtet (Soergel/Münch, 13. Aufl. 2006, § 1004 Rn. 283). Davon ist alles umfasst, was zur Beendigung der fortdauernden Störung notwendig ist. Welche Maßnahmen konkret zur Beseitigung der Beeinträchtigung notwendig sind, hat der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten vom 31. August 2015 plausibel dargelegt. Hinsichtlich der Bäume Nr. 1, 2 und 5, die im Grundsatz standsicher sind und lediglich aufgrund der Totholzbildung in der Baumkrone Gefährdungspotential haben, sei ein Baumkronenschnitt die geeignete Maßnahme. Weiterhin sei es aufgrund der zu befürchtenden Veränderungen betreffend die Bruch- und Standsicherheit der Bäume angezeigt, diese jährlich nach anerkannten Regeln kontrollieren zu lassen. Bei den Bäumen Nr. 3 und 4 sei hingegen ein Baumkronenschnitt nicht ausreichend. Insbesondere der Baum Nr. 3 habe eine so kleine Krone, dass diese Maßnahme nicht zielführend sei. Diese Bäume müssen nach Einschätzung des Sachverständigen gefällt werden, da es keine geeigneten baumpflegerischen Maßnahmen gebe, durch die die Bäume unter Wiederherstellung der Sicherheit erhalten bleiben könnten.

54

Zwar darf der Schuldner grundsätzlich selbst entscheiden, auf welche Weise er die Beeinträchtigung beseitigt. Es ist dem Schuldner somit nur das Ziel, nicht jedoch der Weg dorthin vorzugeben. Hinsichtlich der Bäume Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 5 hat der Sachverständige zwar plausibel dargelegt, welche Maßnahmen geeignet erscheinen und deshalb aus seiner Sicht vorzunehmen sind. Insbesondere handelt es sich bei dem vorgeschlagenen Kronenschnitt und der jährlichen Überprüfung um schonende Mittel, die die Beklagte nicht übermäßig belasten. Sollte die Beklagte jedoch andere erfolgversprechende Möglichkeiten sehen, die Stand- und Bruchsicherheit der Bäume wieder herzustellen und auch zukünftig zu gewährleisten, so kann sie auch auf diese anderen Maßnahmen zurückgreifen.

55

In Ausnahmefällen kann von dem Grundsatz der freien Auswahl der Mittel durch den Störer jedoch abgewichen werden (Palandt/ Bassenge, 74. Aufl. 2015, § 1004 Rn. 51) Für das Fällen eines Baumes, wie es hier hinsichtlich der Kiefern mit den Nummern 3 und 4 zu erfolgen hat, ist eine Ausnahme zum Grundsatz der freien Mittelwahl durch den Schuldner in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 12. 12. 2003 - V ZR 98/03; LG Itzehoe, Urteil vom 09-02-1995 - 4 S 154/94). Konkrete Maßnahmen dürfen dem Anspruchsgegner auferlegt werden, wenn andere Beseitigungsmaßnahmen vernünftigerweise nicht in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 12. 12. 2003 - V ZR 98/03; BGH, Urteil vom 10. 6. 2005 - V ZR 251/04 LG Itzehoe, Urteil vom 9.2.1995 - 4 S 154/94). So verhält es sich hier mit der Fällung der Bäume Nr. 3 und Nr. 4.

56

Der bestehende Anspruch des Klägers auf Fällung wird allerdings gemäß § 1004 Abs. 2 BGB durch die Hamburger Baumschutzverordnung eingeschränkt, der beide Bäume unterfallen, weil nach den Feststellungen des Sachverständigen davon auszugehen ist, dass sie in 130 cm Höhe einen Stammdurchmesser von mehr als 25 cm haben dürften. Da gemäß § 2 i.V.m. § 4 der Baumschutzverordnung ist eine Genehmigung zum Fällen der Bäume erforderlich ist, kann der Beklagten eine Beseitigung der Bäume oder die Durchführung baumpflegerischer Maßnahmen nur unter dem Vorbehalt der Erteilung der entsprechenden behördlichen Genehmigung auferlegt werden (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.1992 – V ZR 82/91). Diesem Umstand war in der Urteilsformel Rechnung zu tragen. Da eine Sanierung der Bäume nicht möglich ist und die zuständige Behörde die Genehmigung am 24.6.2009 und 24.8.2012 bereits – wenn auch für das falsche Grundstück - erteilt hatte, steht zu erwarten, dass der Beklagten auf entsprechenden Antrag hin die notwendige Fällgenehmigung erteilt werden wird.

57

Darüber hinaus war auch die Verpflichtung der Beklagten, eine Fällgenehmigung zu erwirken, klarstellend in die Urteilsformel aufzunehmen. Beiden Parteien war bewusst, dass eine Fällung nur mit einer entsprechenden Ausnahmegenehmigung erfolgen dürfte. Die gebotene Auslegung des Klagantrags auf Fällung der Bäume ergibt deshalb, dass die Beantragung der Genehmigung als notwendige Vorbereitungshandlung für die begehrte Fällung konkludent von dem Klagantrag mit umfasst war. Der Ausspruch bezüglich der Verpflichtung zur Erwirkung einer Genehmigung geht hier deshalb nicht über das hinaus, was der Kläger beantragt hat (§ 308 ZPO).

58

2. Auskunft zu Entwässerungsleitungen

59

Mit dem Klagantrag zu 2 dringt der Kläger hingegen nicht durch. Er hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Auskunft über den Verlauf der Entwässerungsleitungen. Zwar ist der Klageantrag nach seinem Wortlaut auf die Auskunft gerichtet, in welcher Weise die Beklagte Leitungen verlegt hat. Er ist aber dahingehend auszulegen, dass der Kläger ganz allgemein Auskunft über den heutigen Verlauf der Rohre begehrt, unabhängig davon, ob diese von der Klägerin tatsächlich verlegt wurden oder nicht.

60

Ein solcher Anspruch könnte sich einzig aus § 242 BGB ergeben. Die erforderliche Sonderbeziehung zwischen Kläger und Beklagter wäre in dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis zu sehen (Palandt/Grüneberg, 74. Aufl. 2015, § 242 Rn. 5 MünchKomm BGB/ Schubert, 7. Aufl. 2015, § 242 Rn. 93 f.). Weiter erfordert eine Aufklärungspflicht nach § 242 BGB, dass der Auskunftsberechtigte über den Bestand und den Umfang seiner Rechte im Ungewissen ist, ohne dies verantworten zu müssen und dass der Auskunftspflichtige unschwer Auskunft erteilen kann.

61

Ein Recht auf Kenntnis von dem genauen Verlauf der Rohrleitungen, über das er im Ungewissen sein könnte, hat der Kläger jedoch nicht. Es ergibt sich nicht aus der zugunsten seines Grundstücks eingetragenen Baulast. Diese soll zwar die Entwässerung seines Grundstücks sicherstellen. Sie gibt ihm aber keinen Anspruch auf Auskunft über den Verlauf von Leitungen in diesem oder anderen Bereichen des dienenden Grundstücks. Ein Anspruch auf Auskunft besteht grundsätzlich nur, wenn der Auskunftsfordernde mit großer Wahrscheinlichkeit einen Leistungsanspruch gegen den Anspruchsgegner hat (Staudinger/Looschelders/Olzen, 2009, § 242 Rn. 601). Die Baulast begründet aber keinerlei Rechte und Pflichten im Verhältnis zwischen Kläger und Beklagter. Sie ist einzig dem öffentlichen Recht zuzuordnen und erzeugt ausschließlich eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Beklagten (Staudinger/Gursky, 2013, § 1004 Rn. 187; Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Aufl. 2013, 4. Teil Rn. 180 f.; BGH, Urteil vom 08-07-1983 - V ZR 204/82). Dass zwischen den Parteien darüber hinaus eine privatrechtliche Verbindung besteht, aus der sich ein Anspruch des Klägers auf Duldung der Rohre im Beklagtengrundstück ergeben würde, wie etwa eine Grunddienstbarkeit, wurde nicht vorgetragen.

62

Selbst wenn man einen Anspruch des Klägers auf Gewährleistung der Entwässerung gegenüber der Beklagten annehmen wollte, ist nicht ersichtlich, wieso der Kläger auf die Auskunft angewiesen sein sollte. Zwar ist durchaus nachvollziehbar, dass er ein Interesse an der funktionierenden Entwässerung seines Grundstücks hat. Nachdem die Grabungsarbeiten, die Wiederaufschüttung und die Errichtung des Wohnhauses auf dem Grundstück der Beklagten aber schon vor längerer Zeit abgeschlossen sind und nicht vorgetragen ist, dass es in diesem Punkt zu Problemen gekommen ist, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Entwässerung des Klägergrundstücks als solche nicht gewährleistet wäre. Es ist auch nicht erfindlich, welchen Nutzen der Kläger von der Kenntnis des genauen Rohrverlaufes hätte, denn eine Einwirkung von außen auf dem Grundstück der Beklagten wäre ihm ohnehin versagt.

63

Selbst eine Veränderung des Rohrverlaufs durch die Beklagte würde deshalb das Auskunftsverlangen nicht rechtfertigen. Die Beklagte hat jedoch bestritten, dass sie die Lage der Rohre verändert habe. Es seien auch nur Rohre außerhalb des Bereichs der Baulast gefunden worden, die anscheinend wild verlegt wurden. Der Kläger hat demgegenüber seine Behauptung, dass die Rohre ursprünglich im Bereich der Baulast gelegen hätten und von der Beklagten von dort entfernt worden seien, nicht belegt. Auf den als Anlage K15 bis K18 eingereichten Bildern des Klägers ist für das Gericht nicht erkennbar, in welchem Bereich sie aufgenommen wurden, oder dass es im Bereich der Baulast Rohre gab, die dort entfernt wurden. Die teilweise sichtbaren zerstörten Rohre (Anlagen K19, K 20, K 22) lassen sich keinem konkreten Fundort zuordnen. So liegt das zerstörte Rohr auf dem Foto Anlage K 22 zwar offensichtlich im Bereich der Baulast. Wo es ursprünglich verlegt war, ergibt sich aus dem Foto aber nicht. Im Übrigen hat die Beklagte selbst eingeräumt, dass im Zuge der Bauarbeiten versehentlich Rohre beschädigt wurden. Die Bilder widersprechen ihrem Vortrag somit nicht.

64

Jedenfalls wäre ein etwaiger Anspruch des Klägers durch Erfüllung nach § 362 BGB erloschen. Abgesehen von den oben bereits dargelegten Zweifeln an einem Auskunftsanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 242 BGB muss Berücksichtigung finden, dass es für die Beklagte, die das Grundstück erst vor einigen Jahren erworben hat, tatsächlich kaum möglich sein dürfte zu bekunden, wo genau Entwässerungsrohre verlegt sind. Die Beklagte hat jedoch Angaben dazu gemacht, wo Rohre im Zuge der Bauarbeiten gefunden wurden. In einer Skizze hat sie den nach ihrer Auffassung möglichen Verlauf der Leitungen dargestellt (Anlage B 6). Sie hat ferner dargelegt, dass es aufgrund des großflächigen Baugrubenaushubs schwerlich vorstellbar sei, dass sich noch an anderen Orten Leitungen befinden, da diese bei den Arbeiten am Grundstück hätten gefunden werden müssen. Sie hat somit hinreichend Informationen erteilt. Mehr kann von der Beklagten nicht verlangt werden.

65

3. Stützmauer

66

Der Klageantrag zu 3 ist ebenfalls unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Beseitigung oder Umsetzung der Stützmauer. Zwar könnte sich ein solcher grundsätzlich aus § 1004 Abs. 1 BGB ergeben, wenn die Beklagte bei der Errichtung des Zaunes gegen die Abstandsvorschriften der Hamburgischen Bauordnung verstoßen hätte. Denn bauordnungsrechtliche Vorschriften, die den Grenzabstand regeln, sind Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB und können dementsprechend auch mit dem quasinegatorischen Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB durchgesetzt werden (BGH, Urteil vom 11.10.1996 – V ZR 3/96; vgl. auch MünchKomm BGB/ Baldus, 6. Aufl. 2013, § 1004 Rn. 39). Ob das Verfahren genehmigungspflichtig oder genehmigungsfrei war, ist in diesem Zusammenhang auch zunächst nicht relevant. Genehmigungsfreie Vorhaben nach § 61 HmbBauO entbinden nämlich nur von der Pflicht, vor Baubeginn eine Genehmigung einzuholen. Die genehmigungsfreien Vorhaben müssen jedoch trotzdem im Einklang mit dem Bauordnungsrecht stehen. Dazu zählt auch, dass vorgeschriebene Abstandsflächen eingehalten werden. Hier liegt jedoch kein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Abstandsregelungen vor. Maßgeblich für die Beurteilung ist zunächst § 6 HmbBauO. Dieser privilegiert in Abs. 7 Nr. 3 Stützmauern, die nicht höher als zwei Meter und in Verbindung mit allen anderen privilegierten Anlagen nicht länger als 15 Meter sind. Um eine solche Stützmauer handelt es sich hier. Unabhängig von der genauen Höhe der Mauer, die zwischen den Parteien streitig, aber nach den eingereichten Bildern nicht höher als der vom Kläger selbst errichtete Zaun und jedenfalls geringer als zwei Meter ist, unterfällt sie der Privilegierung des § 6 Abs. 7 Nr. 2 HmbBauO.

67

Auch ein Verstoß gegen die Regeln zur Genehmigungspflicht nach §§ 59 ff HmbBauO besteht nicht. Es ist zunächst schon sehr zweifelhaft, ob die Regeln über die Baugenehmigung überhaupt drittschützend und somit Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind (vgl. auch LG Köln, Urteil vom 20.01.2010 – 9 S 164/10). Auf diese Frage kommt es jedoch nicht an, da die Stützmauer jedenfalls nicht genehmigungspflichtig war. Zunächst lässt sich aus der Baugenehmigung eine Genehmigungspflicht nicht herleiten. Zwar ist auf der Zeichnung zur Baugenehmigung eine Stützmauer skizziert, die einen Abstand von einem Meter zum Zaun des Klägers aufweist (Anlage K14). Jedoch erstreckt sich der genehmigte Inhalt nur auf das Haus als das eigentliche Bauvorhaben, nicht jedoch auf die Mauer als lediglich angedeuteten Teil (vgl. auch OVG Koblenz, Urteil vom 13. 4. 2005 - 8 A 12135/04). Außerdem soll eine Baugenehmigung gerade nicht dazu dienen, verfahrensfreie Vorhaben genehmigungspflichtig zu machen. Das würde dem Zweck einer „Genehmigung“ widersprechen. Die Errichtung der Stützmauer ist aber nicht genehmigungspflichtig, was sich aus § 60 HmbBauO i.V.m Nr. 6.1 der Anlage 2 zur HmbBauO ergibt. Demnach bedürfen Stützmauern bis zu einer Höhe von 2,0 Metern keiner Genehmigung und können somit verfahrensfrei errichtet werden. Zwar mag in bestimmten Fällen die Genehmigungspflicht eines Teils des Vorhabens auch die Genehmigungspflicht eines an sich verfahrensfreien Teils nach sich ziehen (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 13. 4. 2005 - 8 A 12135/04; OVG Münster, Beschluss vom 22.01.2001, 7 E 547/99). Soweit sich der Kläger aber auf diese Entscheidung des OVG Koblenz beruft, ist der hier vorliegende Fall nicht vergleichbar. Das OVG Koblenz hatte neben der Errichtung einer Stützmauer auch über eine Aufschüttung zu entscheiden, die nach rheinland-pfälzischem Landesrecht dann genehmigungspflichtig ist, wenn sie unselbstständig ist. Das OVG lehnte eine Unselbstständigkeit der Aufschüttung ab, da sie im engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung eines Einfamilienhauses stand. Die Stützmauer wurde dann als im engen Zusammenhang mit der Aufschüttung errichtet angesehen und deshalb als genehmigungspflichtig eingestuft. Ein derartig enger Zusammenhang mit der genehmigungspflichtigen Errichtung des Hauses ist hier aber nicht gegeben.

68

Die Regeln über die Genehmigungsfreiheit sollen die Bauaufsichtsbehörden gerade entlasten. Kleinere Vorhaben sollen ohne behördlichen Aufwand durchgeführt werden können. Es sind hier keine Gründe dafür ersichtlich, die Errichtung der Stützmauer als ausnahmsweise genehmigungspflichtig anzusehen. Ein Anspruch besteht demnach auch nicht wegen Verstoßes gegen die Genehmigungspflicht.

69

Auch aus der Baulast kann sich kein Unterlassungsanspruch ergeben. Wie oben bereits dargelegt, ist diese ausschließlich öffentlich-rechtlicher Natur. Es ist für das Privatrechtsverhältnis zwischen Kläger und Beklagter deshalb unerheblich, dass die Baulast vorschreibt, der entsprechende Bereich sei von jeglicher Bebauung freizuhalten. Zivilrechtliche Unterlassungsansprüche kann der Kläger aus der Baulast nicht herleiten (vgl. auch Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Aufl. 2013, 4. Teil Rn. 180 f.).

70

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Ob die Beklagte die Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks durch ihre Kiefern erkennen konnte, spielt im Rahmen der Kostenentscheidung keine Rolle. Die ZPO geht von einem reinen Erfolgsprinzip aus, für Billigkeitserwägungen bleibt abgesehen von den Ausnahmen der §§ 93, 93b ZPO kein Raum. Auch nach § 93 ZPO hätte die Beklagte der Kostenpflicht im Übrigen nur durch ein sofortiges Anerkenntnis entgehen können, das sie aber nicht erklärt hat.

71

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

72

Der am Tag vor der Verkündung eingereichte Schriftsatz der Beklagten vom 1.2.2016 gab keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und wurde bei der Entscheidung nicht berücksichtigt.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.

(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.

(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, dafür Sorge zu tragen, dass die Bruch- und Standsicherheit der in der Skizze auf Seite 8 des Urteils als Baum Nr. 1 , Nr. 2 und Nr. 5 bezeichneten Waldkiefern durch geeignete Maßnahmen wiederhergestellt wird und dauerhaft erhalten bleibt.

2. Die Beklagte wird verurteilt, für die in der Skizze auf Seite 8 des Urteils als Baum Nr. 3 und Nr. 4 bezeichneten Waldkiefern bei der zuständigen Behörde eine Fällgenehmigung zu beantragen und diese Bäume nach Erteilung der entsprechenden Genehmigung fachmännisch zu fällen oder fällen zu lassen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 30 % und die Beklagte 70 %.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch hinsichtlich Ziffern 1 und 2 nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 € pro Baum, hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung von Seiten der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Klage betrifft einen Nachbarschaftsstreit. Mit umgekehrten Parteirollen hatten die Parteien beim Landgericht Hamburg bereits einen anderen Rechtsstreit geführt, in dem es um Beschädigungen von Pflanzen, das Betreten des Grundstücks der hiesigen Beklagten sowie Videokameras am Haus des hiesigen Klägers ging und der mittlerweile rechtskräftig entschieden ist (304 O 98/13).

2

Die Parteien sind unmittelbare Grundstücksnachbarn. Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks E. Weg ...b in H.-H./ E., belegen auf dem Flurstück.2.. (vgl. Auszug aus der Liegenschaftskarte, Anlage K1) und wohnt dort mit seiner Familie.

3

Die Beklagte erwarb im Jahr 2011 mit Übergabedatum 23.9.2011 das hangabwärts direkt angrenzende Flurstück.1.. mit der Postanschrift G. Straße ...a und begann in der Folgezeit, dies mit einem Wohnhaus zu bebauen. Zusammen mit diesem Grundstück erwarb sie auch das Flurstück.2.., das als schmaler Streifen nordöstlich neben dem Grundstück des Klägers vom E. Weg zum Grundstück der Beklagten abwärts führt. An diesem Flurstück hat der Kläger auf der zu seinem Grundstück hin gelegenen Hälfte ein Wegerecht als Zuwegung zu seinem Haus; dieser Teil des Grundstücks.2.. ist durch einen Zaun abgegrenzt.

4

Auf dem Grundstück.1.. hat die Beklagte eine Stützmauer aus L-Betonsteinen errichtet, die jedenfalls niedriger ist als 2 Meter. Der Abstand der Mauer zu einem Zaun, den der Kläger an der Grenze errichtet hat, beträgt etwa 5 Zentimeter. In der Baugenehmigung der Beklagten vom 6. Februar 2013 für die Errichtung ihres Hauses ist eine Stützmauer im Abstand von etwa einem Meter zum Grenzzaun des Klägers eingezeichnet (Anlage K14).

5

Im Baulastenverzeichnis des Bezirksamts Harburg, Gemarkung E. findet sich folgende Eintragung vom 26.9.1985:

6

„Verpflichtung, für das Bauvorhaben auf dem Grundstück E. Weg ... (Flurstück..3) den Bau und Betrieb von Schmutz und Regenwasserleitungen sowie deren zugehörige Anlagen auf einer 3,0 m breiten Fläche – wie in der Flurkarte vom 07.11.1984 in braun dargestellt – zu dulden, außerdem das Betreten des Grundstücks zur Durchführung der notwendigen Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten zu gestatten und die oben angeführte Fläche von jeglicher Bebauung freizuhalten“.

7

(Anlage K11)

8

Flurstück..3 war (vor der Abtrennung des Flurstücks.2..) die alte Bezeichnung für das Grundstück des Klägers, das inzwischen die Nr. .2.. trägt (vgl. die Flurkarte von 1984, Anlage K11). Die zugunsten des Grundstücks... bzw. .2.. eingetragene Baulast betrifft eine etwa drei Meter breite und parallel zur Grundstücksgrenze verlaufende Fläche auf dem Grundstück der Beklagten mit der Flurnummer.1.. (in den Anlagen K11 und B5 dunkel markiert).

9

Die zur Entwässerung des Klägergrundstücks notwendigen Leitungen sind streckenweise auf dem Grundstück der Beklagten verlegt. Beide Parteien haben Skizzen vorgelegt, nach denen die Leitungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt den östlichen Teil des Grundstücks.2.. in südlicher Richtung durchqueren und von dort in das angrenzende Grundstück Nr. .2.8 einmünden, wobei sich jedoch die Darstellungen darüber, auf welchem Wege die Leitungen vom Klägergrundstück in den östlichen Bereich des Beklagtengrundstücks gelangen, unterscheiden (Anlagen K23, B6). Während der Bauarbeiten auf dem Grundstück der Beklagten kam es zur Beschädigung einiger Rohrleitungen, die aber von der Beklagten wieder in Stand gesetzt wurden.

10

Auf den Grundstücken der Beklagten befinden sich in unmittelbarer Grenznähe zum Grundstück des Klägers mehrere alte Waldkiefern (Pinus sylvestris), die jeweils ca. 20 Meter hoch sind. Vier der hier streitgegenständlichen Bäume stehen östlich des Trennzauns auf dem Grundstück.2.., und zwar stehen zwei Kiefern neben der Garage des Klägers, eine gegenüber seiner Eingangstür und eine weitere in einiger Entfernung gegenüber einem Fenster seines Hauses. Eine weitere Waldkiefer steht auf dem Grundstück.1.. der Beklagten, und zwar im nordöstlichen Bereich in unmittelbarer Nähe zur Grundstücksgrenze zu dem Grundstück.2.. des Klägers.

11

In Zusammenhang mit Maßnahmen zur Sicherung gegen Wasserschäden wurde 2009 im Auftrage des Klägers eine Begutachtung der Standfestigkeit diverser Bäume, unter anderem der vier östlich stehenden Kiefern, vorgenommen. Der Privatgutachter G. kam nach einer Sichtprüfung in seinem Gutachten vom 13.5.2009 zu dem Schluss, dass drei Kiefern über 40 Jahre alt seien, einen Schädigungsgrad 20 – 50 % aufwiesen, dass sie durch die geplanten Ausschachtungsarbeiten geschädigt und in ihrer Verkehrssicherheit beeinträchtigt würden und empfahl die Fällung (Anlage K4, dort die Nrn. 4, 7 und 8) Mit Bescheid vom 24.6.2009 erteilte das Bezirksamt Hamburg-Harburg eine Ausnahmegenehmigung zur Fällung von zwei Waldkiefern sowie mit Bescheid vom 24.8.2012 die Genehmigung zur Fällung von vier Kiefern. Die Bescheide waren an den Kläger adressiert und setzten fälschlich voraus, dass die Bäume auf seinem Grundstück stünden (Anlage K6, K7).

12

Nach ihrem Grundstückserwerb bat der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 19.10.2012 unter Hinweis auf die erteilte Fällgenehmigung sowie den Verdacht der Instabilität um Mitteilung, ob sie mit der Fällung einverstanden sei (Anlage K8). Die Beklagte lehnte dies ab. Mit Anwaltsschreiben vom 6.11.2012 ließ der Kläger erklären, dass die Bäume aus Gründen der Verkehrssicherheit gefällt werden müssten (Anlage K9). Die Beklagte ließ die Bäume ihrerseits durch den Gartenbau-Ingenieur T. besichtigen, der in einem „Protokoll“ vom 16.1.2013 festhielt, die Kiefern seien derzeit vital, für eine unverzügliche Fällung bestehe kein Anlass (Blatt 144 d.A.). Im Frühjahr 2013 ließ die Beklagte auf dem Grundstück.2.. einen Baumpflegeschnitt durchführen, bei dem aufgrund der schrägen Stellung der Bäume nur die nach Osten weisende Seite beschnitten wurde, nicht jedoch die zum Klägergrundstück ausgerichtete Seite der Bäume.

13

Der Kläger behauptet, die Kiefern auf den Grundstücken der Beklagten seien nicht bruch- und standsicher und verlangt von ihr Maßnahmen zur Beseitigung der damit verbundenen Gefahren. Im Dezember 2012 seien große Äste mit einem Durchmesser von etwa 8 cm aus den Baumkronen auf seinen Hauseingangsweg gefallen. Dieses Ereignis zeige ebenso wie schon das Gutachten vom 13.5.2009 die Gefahr, die von den Bäumen für sein Grundstück und dessen Bewohner ausginge. Durch fortdauernde Baumaßnahmen auf dem Grundstück der Beklagten werde die Standsicherheit der Bäume außerdem weiter beeinträchtigt. Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte müsse ihrer Verkehrssicherungspflicht als Grundstückseigentümer durch Fällung der standunsicheren Bäume oder andere geeignete Maßnahmen nachkommen, da eine Gefahr für Leib und Leben von Menschen sowie für sein Eigentum bestünde.

14

Daneben fordert der Kläger von der Beklagten Auskunft über den Verlauf der Abwasserleitungen auf ihrem Grundstück. Er behauptet, dass auf dem Grundstück.1.. direkt hinter der Grundstücksgrenze im Bereich der Baulast ursprünglich ein Revisionsschacht angelegt gewesen sei. Von diesem Schacht sei die Abwasserleitung abgegangen und direkt südlich in Richtung des Grundstücks mit der Nummer.2.8 verlaufen. Dieser Revisionsschacht sei im Zuge der Bauarbeiten der Beklagten entfernt und die Leitung verlegt worden. Der nun bestehende Verlauf der Leitungen auf östlicher Seite des Beklagtengrundstücks entlang der Grundstücksgrenze in südliche Richtung auf das Grundstück Nummer.2.8 sei also erst durch die Beklagte im Rahmen der Gründungsarbeiten hergestellt worden. Nach wie vor seien aber auch heute noch Leitungen im Bereich der Baulast vorhanden, die dann in die unstreitig im östlichen Bereich verlaufenden Rohre übergingen. Eine fachgerechte Ausführung der Verlegungsarbeiten sei zweifelhaft. Das von der Beklagten beauftragte Unternehmen habe mehrfach rechtwinklige Leitungsverläufe eingebaut, die zu einem Rückstau führen könnten. Auch würden der Beklagten Leitungspläne vorliegen, die sie nicht an den Kläger herausgebe. Ein Auskunftsanspruch über den Verlauf der Regen- und Schmutzwasserrohre ergebe sich daraus, dass der Kläger durch die behauptete Verlegung der Leitungen befürchten müsse, dass eine Entwässerung seines Grundstücks in Zukunft nicht gewährleistet sei.

15

Darüber hinaus macht der Kläger geltend, dass die Stützmauer auf dem Beklagtengrundstück zu nah an das klägerische Grundstück gebaut worden sei. Aus der Baugenehmigung vom 6.2.2013 ergebe sich, dass die Beklagte einen Abstand von einem Meter zum Grenzzaun des Klägers einzuhalten habe. Bei der jetzigen Anordnung werde er durch den geringen Abstand daran gehindert, an seinem eigenen Grenzzaun Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten durchzuführen. Der Zaun sei somit von der Beklagten zu entfernen. Dies ergebe sich auch aus der eingetragenen Baulast vom 26. September 1985, die vorsehe, dass dieser Teil des Beklagtengrundstücks „von jeglicher Bebauung freizuhalten“ sei. Durch die Mauer würden vorhandene oder zukünftige Wasserentsorgungsleitungen im Bereich der Baulast gestört. Es sei ohne Entfernen der Mauer nicht möglich, an die ca. vier Meter tief verlegten Rohre zu gelangen.

16

In Bezug auf die Waldkiefern hat der Kläger zunächst allgemein die Verurteilung zu Maßnahmen zur Beseitigung der von den Bäumen ausgehenden Gefahren beantragt, diese Maßnahmen aber später präzisiert.

17

Der Kläger beantragt nunmehr,

18

1) die Beklagte zu verurteilen, an den im Ergänzungsgutachten des gerichtlichen Sachverständigen B. vom 31.8.2015 näher bezeichneten Bäumen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit dergestalt zu treffen, dass

19

a) am Baum 1 einen Kronenschnitt nach der ZTV-Baumpflege, zusätzliche Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege, Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung, Landschaftsbau eV (FLL) durchgeführt wird und gemäß den Baumkontrollrichtlinien, Richtlinien für Regelkontrollen zur Überprüfung der Verkehrssicherheit von Bäumen, FLL, Aufl. 2010 einmal jährlich eine fachlich qualifizierte Inaugenscheinnahme erfolgt;

20

b) am Baum 2 einen Kronenschnitt einen Kronenschnitt nach der ZTV-Baumpflege, zusätzliche Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege, Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung. Landschaftsbau eV (FLL) durchgeführt wird und gemäß den Baumkontrollrichtlinien, Richtlinien für Regelkontrollen zur Überprüfung der Verkehrssicherheit von Bäumen, FLL, Aufl. 2010 einmal jährlich eine fachlich qualifizierte Inaugenscheinnahme erfolgt;

21

c) der Baum 3 gefällt und das anfallende Totholz beseitigt wird;

22

d) der Baum 4 gefällt und das anfallende Totholz beseitigt wird;

23

e) am Baum 5 einen Kronenschnitt nach der ZTV-Baumpflege, zusätzliche Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege, Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung. Landschaftsbau eV (FLL) durchgeführt wird und gemäß den Baumkontrollrichtlinien, Richtlinien für Regelkontrollen zur Überprüfung der Verkehrssicherheit von Bäumen, FLL, Aufl. 2010 einmal jährlich eine fachlich qualifizierte Inaugenscheinnahme erfolgt;

24

2) die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über den geänderten Verlauf der Schmutz- und Regenwassergrundleitung auf dem Grundstück G. Straße ...a, (PLZ) H. (Grundbuch von E., Grundbuchblatt-Nr. .1..) Auskunft zu erteilen;

25

3) die Beklagte zu verurteilen, den von ihr auf dem Grundstück G. Straße ...a, (PLZ) H. (Flurstück.1.., Gemarkung E.) unmittelbar angrenzend an das Grundstück des Klägers E. Weg ...b, (PLZ) H. (Flurstück Nr. .2.. in der Gemarkung E.) errichteten Betonzaun zu beseitigen, hilfsweise einen Grenzabstand von einem Meter einzuhalten.

26

Die Beklagte beantragt,

27

die Klage abzuweisen.

28

Sie hält die Klage wegen doppelter Rechtshängigkeit für unzulässig. Das Verfahren 304 O 98/13 betreffe denselben Streitgegenstand, so dass die Klage schon wegen Vorgreiflichkeit jenes Verfahrens abzuweisen sei.

29

Hinsichtlich der Waldkiefern behauptet die Beklagte, dass sie bis zur Kenntnisnahme des vom Gericht in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens davon ausgegangen sei, dass die Kiefern vital seien und von ihnen keine Gefahren ausgingen. Die Vitalität der Bäume sei ihr auch von Fachleuten im Rahmen der Ausführung des Baumpflegeschnitts im Frühjahr 2013 bestätigt worden. Sofern die Bäume nicht standsicher seien, habe die Beklagte dies jedenfalls nicht erkennen können. Sie habe selbst die Standsicherheit überprüfen lassen und damals habe es keine Beanstandungen gegeben. Eine eingehendere Untersuchung der Bäume sei nur erforderlich gewesen, wenn besondere Umstände dazu Anlass gegeben hätten, was aber nicht der Fall gewesen sei. Das Abfallen gefährlicher Äste bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen; vielmehr sei es lediglich zu normalem Abwurf von Ästen gekommen, der hinzunehmen sei und keinesfalls erhöhte Sicherungspflichten auslösen würde. Jedenfalls sei eine Fällung der Bäume, wie vorprozessual vom Kläger verlangt, nicht erforderlich. Da sie sich mit Verkehrssicherungsmaßnahmen nicht in Verzug befunden habe, seien die Kosten insoweit jedenfalls dem Kläger aufzuerlegen.

30

Hinsichtlich der vom Grundstück des Klägers herrührenden Regen- und Schmutzwasserleitungen behauptet sie, dass diese sich nicht in dem von der Baulast vorgesehenen Bereich befunden hätten, wie auch auf den als Anlage B7 vorgelegten Fotos erkennbar sei. Auch ein Revisionsschacht sei dort nicht vorhanden gewesen. Es sei überhaupt nicht möglich, durch Nutzung nur des in der Baulast vorgesehenen Bereichs eine Entwässerung des Klägergrundstücks zu gewährleisten. Vielmehr habe sie während der Bauarbeiten wilde Leitungen im östlichen Bereich des Grundstücks gefunden, die auch heute noch dort verlaufen. Während der Bauarbeiten auf ihrem Grundstück habe sie nichts an dem Verlauf der Leitungen verändert. Im Bereich der Baulast würden sich keine Rohre befinden. Hinsichtlich der Auskunft über den Verlauf von Schmutz- und Regenwasserleitungen ist die Beklagte der Auffassung, dass schon nicht ersichtlich sei, woraus sich ein Anspruch des Klägers herleiten ließe. Ohnehin sei ihr eine Auskunftserteilung überhaupt nicht möglich, da sie selbst keine Kenntnis über den Verlauf von Leitungen habe.

31

Die Beklagte meint, dass sie die grenznahe Mauer habe bauen dürfen. Diese sei von ihrem eigenen Grund gemessen lediglich ca. 1 Meter hoch. Die Baugenehmigung beziehe sich nur auf das Haus als Bauvorhaben, über etwaige Einfriedungen oder die Gartengestaltung sage sie nichts aus. Es habe sich dabei um ein genehmigungsfreies Bauvorhaben gehandelt. Mitarbeiter der zuständigen Bauprüfabteilung hätten ihr außerdem bestätigt, dass der Mauerbau zulässig gewesen sei (Anlage B3). Auch aus der Baulast ergebe sich nicht, dass die Beklagte einen größeren Abstand zum klägerischen Grundstück einhalten müsste.

32

Das Gericht hat beide Parteien persönlich nach § 141 ZPO angehört, wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.6.2014 verwiesen. Zudem hat das Gericht ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen B. zum Gesundheitszustand der Waldkiefern eingeholt und dies von dem Sachverständigen mündlich erläutern lassen. Auf das schriftliche Gutachten vom 11.3.2015 (Bl. 165 d.A.) nebst Ergänzung vom 31.8.2015 (Bl. 233 d.A.) sowie die erläuternden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2015 wird Bezug genommen.

33

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

34

Die Klage ist zulässig. Ihr steht insbesondere nicht der Einwand der doppelten Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 2 ZPO) entgegen. Das Verfahren 304 O 98/13 betraf andere Ansprüche und stützte sich auf einen anderen Lebenssachverhalt.

35

In der Sache hat der Kläger mit der Klage nur teilweise Erfolg:

36

1. Waldkiefern

37

Der Klageantrag zu 1 ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Durchführung von Maßnahmen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit der Bäume aus § 1004 Abs. 1 BGB.

38

Der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung beeinträchtigt wird. Durch die Kiefern auf dem Grundstück der Beklagten wird das Eigentum des Klägers beeinträchtigt.

39

Von einer Beeinträchtigung ist immer dann auszugehen, wenn der Eigentümer in seinem umfassendem Herrschaftsrecht aus § 903 BGB eingeschränkt wird (Palandt/Bassenge, 74. Aufl. 2015, § 1004 Rn. 6). Ausreichend ist jeder dem Inhalt des Eigentumsrechts widersprechende tatsächliche Zustand oder Vorgang. Eine Eigentumsbeeinträchtigung kann sich grundsätzlich auch daraus ergeben, dass das Grundstück des Anspruchsgegners eine Beschaffenheit aufweist, die es nicht haben darf (Staudinger/ Gursky, 2013, § 1004 Rn. 17, 18).

40

So verhält es sich hier. Zur Überzeugung des Gerichts steht insbesondere aufgrund der schriftlichen Gutachten vom 11.3.2015 und 31.8.2015 sowie der Erläuterungen des Sachverständigen fest, dass von den fünf Bäumen auf dem Grundstück der Beklagten bereits jetzt aufgrund ihres Schädigungsgrades erhebliche Beeinträchtigungen für das Klägergrundstück ausgehen.

41

Der Sachverständige hat seine Feststellungen darauf gestützt, dass er bei einer ersten Ortsbesichtigung im Dezember 2014 zunächst die Bäume vom Boden aus in Augenschein genommen hat, insbesondere im Bereich der Baumkrone, des Starkast- und Stammbereiches sowie im Wurzelbereich. Darüber hinaus hat er im Rahmen der einfachen technischen Untersuchung der Stufe 1 (EfU 1) eine Klangprobe durchgeführt, um den Zustand des Holzkörpers zu überprüfen. Zusätzlich wurden während eines zweiten Ortstermins im Januar 2015 Bohrwiderstandsmessungen vorgenommen, um ein zutreffendes Ergebnis zu erzielen. In seinem Gutachten bewertet der Sachverständige die Sicherheit der Bäume sodann anhand der FLL-Schadstufenbestimmung auf einer Skala von 0 bis 4 sowie anhand des Fäulnisgrades des Stammfußes. Auch hat er die Totholzbildung untersucht.

42

Für die eindeutige Bezeichnung der einzelnen Bäume hat der Sachverständige Ziffern anhand einer Skizze verwendet, die nachstehend wiedergegeben wird:

Abbildung

43

Die von dem Sachverständigen gewählte Bezifferung wird im Folgenden beibehalten.

44

Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die biologische Vitalität der Bäume Nr. 1, Nr. 2 sowie Nr. 5 zwar noch als ausreichend zu qualifizieren sei. Aufgrund von bruchsicherheitsrelevanten Defekten ginge von ihnen jedoch schon jetzt eine potentielle Gefährdung aus. Die Kiefern Nr. 1 und Nr. 2 seien mäßig bis stark geschädigt (FLL-Schadstufe 1 bis 2). Trotz des noch ausreichenden Gesundheitszustands sei Totholzbildung feststellbar und es bestehe dementsprechend die Gefahr, dass Äste abbrechen könnten und dadurch Personen und umstehende Gebäude gefährdet würden. Die Fäuleentwicklung im Stammfuß habe bei beiden Bäumen noch kein verkehrsgefährdendes Maß erreicht, eine dahingehende Entwicklung sei aber möglich.

45

Auch der Gesundheitszustand der Kiefer Nr. 5, der sich auf dem Grundstück Nr. .1.. befindet, sei insgesamt noch ausreichend. Totholzbildung im verkehrsgefährdenden Maße sei jedoch auch hier zu finden. Ferner sei bei diesem Baum feststellbar, dass sich die Fäule im Stammbereich ausbreite. Durch die Bodenauffüllung, die in der näheren Umgebung dieser Kiefer existiere, sei eine Schädigung von Holz und Wurzeln zu befürchten, so dass sich die zum Zeitpunkt der Begutachtung noch vorhandene Bruchsicherheit innerhalb von Wochen oder Monaten kurzfristig ändern könne.

46

Dagegen weisen die Kiefern Nr. 3 und Nr. 4 nach Einschätzung des Sachverständigen gravierendere Schädigungen auf. Die Waldkiefer Nr. 3 sei insgesamt als nicht mehr ausreichend biologisch vital zu klassifizieren. Der Baum weise nur eine kleine Wipfelkrone auf. Auch in dieser sei es zu Totholzbildung gekommen. Die Fäuleentwicklung sei im Stammfuß weit fortgeschritten, was die Bruchsicherheit deutlich beeinträchtige. Der Baum Nr. 3 sei in die FLL-Schadstufe 3 (sehr stark geschädigt) einzuordnen und deshalb insgesamt nicht verkehrssicher.

47

Auch die Kiefer Nr. 4 weise einen mangelhaften Gesundheitszustand auf. Sie sei als sehr stark geschädigt bis absterbend (FLL-Schadstufe 4) zu bewerten. In der kleinen Wipfelkrone habe sich Totholz gebildet und der Baum neige sich stark. Er sei insgesamt absinkend und deshalb als standunsicher zu bewerten. Darüber hinaus sei die Fäuleentwicklung im Stammfuß bereits stark ausgeprägt, der Stamm lasse sich insgesamt als durchgefault beschreiben. Das Verhältnis der Restwandstärke zum Stammradius (t/r-Verhältnis) betrage nur noch 0,25-0,44. Ab einem t/R-Verhältnis von weniger als 0,30 bestehe nach anerkannten Standards aufgrund von Bruchgefahr Handlungsbedarf.

48

Das Sachverständigengutachten ist ausführlich und verständlich verfasst worden. Es bestehen weder methodische noch sonstige Anhaltspunkte für das Gericht, an der Einschätzung der Baumgesundheit durch den Sachverständigen Zweifel zu haben. Seine Arbeitsweise hat er detailliert beschrieben und die Kriterien, anhand derer er die biologische Bruch- und Standsicherheit der Bäume festmacht, sind plausibel und nachvollziehbar. Aufgrund des gründlichen Gutachtens geht das Gericht dementsprechend davon aus, dass die Kiefern Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 5 aufgrund von Totholzbildung verkehrsgefährdend und die Bäume Nr. 3 und Nr. 4 insgesamt als standunsicher einzustufen sind. Von allen Bäumen gehen also schon jetzt Gefahren für das Grundstück des Klägers aus.

49

Drohen von Bäumen auf dem Nachbargrundstück wie hier Schädigungen des Grundstücks des Anspruchsstellers, so kann der Eigentümer des gefährdeten Grundstücks mit dem negatorischen Abwehranspruch gegen den Nachbarn (Störer) vorgehen (Staudinger/ Gursky, 2013, § 1004 Rn. 54). Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob - wie vom Kläger behauptet - bereits aufgrund der Schädigungen der Bäume Äste abgefallen sind, oder ob der Astabfall bisher lediglich eine normale, natürliche Begleiterscheinung des Baumbestandes darstellte. Das Gefährdungspotential ist durch das Sachverständigengutachten hinreichend bewiesen.

50

Aufgrund der unmittelbaren Nähe aller Kiefern zum Flurstück.2.. würden Äste bzw. Bäume im Falle des Abbrechens oder Umstürzens auf dieses Grundstück fallen. Diese Gefährdung des Klägergrundstücks stellt eine Beeinträchtigung des Eigentums dar, deren Beseitigung er nach § 1004 Abs. 1 BGB verlangen kann.

51

Der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB richtet sich gegen die Beklagte, weil diese hinsichtlich der Bäume auf ihrem Grundstück eine Verkehrssicherungspflicht trifft. Der Eigentümer eines Grundstücks hat die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass von den auf seinem Grundstück befindlichen Bäumen keine Gefahren für die Rechtsgüter anderer ausgehen, wozu auch zählt, dass ein Umstürzen vom Bäumen aufgrund mangelnder Standsicherheit verhindert werden muss (BGH, Urteil vom 21.03.2003 – V ZR 319/02 BGH, Urteil vom 31.05.1988- VI ZR 275/87; BGH, Beschl. v. 27. 10. 1988, III ZR 23/88).

52

Eine Kenntnis des Störers von Handlungspflichten bzw. von entsprechenden Versäumnissen oder ein Verschulden ist nicht Voraussetzung des Beseitigungsanspruchs, die Vorschrift des § 1004 Abs. 1 BGB knüpft allein an die objektive Störung des Eigentums an. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der von der Beklagten eingeschaltete Gartenbau-Ingenieur T. ihr die Vitalität der Bäume bescheinigt hat oder ob ihr dies bei dem Pflegeschnitt im Frühjahr 2013 erneut bestätigt wurde. Der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorliegen einer Gefährdung war der Schluss der mündlichen Verhandlung.

53

Die Rechtsfolge des Anspruchs aus § 1004 BGB ist auf aktive Beseitigung der Beeinträchtigung gerichtet (Soergel/Münch, 13. Aufl. 2006, § 1004 Rn. 283). Davon ist alles umfasst, was zur Beendigung der fortdauernden Störung notwendig ist. Welche Maßnahmen konkret zur Beseitigung der Beeinträchtigung notwendig sind, hat der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten vom 31. August 2015 plausibel dargelegt. Hinsichtlich der Bäume Nr. 1, 2 und 5, die im Grundsatz standsicher sind und lediglich aufgrund der Totholzbildung in der Baumkrone Gefährdungspotential haben, sei ein Baumkronenschnitt die geeignete Maßnahme. Weiterhin sei es aufgrund der zu befürchtenden Veränderungen betreffend die Bruch- und Standsicherheit der Bäume angezeigt, diese jährlich nach anerkannten Regeln kontrollieren zu lassen. Bei den Bäumen Nr. 3 und 4 sei hingegen ein Baumkronenschnitt nicht ausreichend. Insbesondere der Baum Nr. 3 habe eine so kleine Krone, dass diese Maßnahme nicht zielführend sei. Diese Bäume müssen nach Einschätzung des Sachverständigen gefällt werden, da es keine geeigneten baumpflegerischen Maßnahmen gebe, durch die die Bäume unter Wiederherstellung der Sicherheit erhalten bleiben könnten.

54

Zwar darf der Schuldner grundsätzlich selbst entscheiden, auf welche Weise er die Beeinträchtigung beseitigt. Es ist dem Schuldner somit nur das Ziel, nicht jedoch der Weg dorthin vorzugeben. Hinsichtlich der Bäume Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 5 hat der Sachverständige zwar plausibel dargelegt, welche Maßnahmen geeignet erscheinen und deshalb aus seiner Sicht vorzunehmen sind. Insbesondere handelt es sich bei dem vorgeschlagenen Kronenschnitt und der jährlichen Überprüfung um schonende Mittel, die die Beklagte nicht übermäßig belasten. Sollte die Beklagte jedoch andere erfolgversprechende Möglichkeiten sehen, die Stand- und Bruchsicherheit der Bäume wieder herzustellen und auch zukünftig zu gewährleisten, so kann sie auch auf diese anderen Maßnahmen zurückgreifen.

55

In Ausnahmefällen kann von dem Grundsatz der freien Auswahl der Mittel durch den Störer jedoch abgewichen werden (Palandt/ Bassenge, 74. Aufl. 2015, § 1004 Rn. 51) Für das Fällen eines Baumes, wie es hier hinsichtlich der Kiefern mit den Nummern 3 und 4 zu erfolgen hat, ist eine Ausnahme zum Grundsatz der freien Mittelwahl durch den Schuldner in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 12. 12. 2003 - V ZR 98/03; LG Itzehoe, Urteil vom 09-02-1995 - 4 S 154/94). Konkrete Maßnahmen dürfen dem Anspruchsgegner auferlegt werden, wenn andere Beseitigungsmaßnahmen vernünftigerweise nicht in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 12. 12. 2003 - V ZR 98/03; BGH, Urteil vom 10. 6. 2005 - V ZR 251/04 LG Itzehoe, Urteil vom 9.2.1995 - 4 S 154/94). So verhält es sich hier mit der Fällung der Bäume Nr. 3 und Nr. 4.

56

Der bestehende Anspruch des Klägers auf Fällung wird allerdings gemäß § 1004 Abs. 2 BGB durch die Hamburger Baumschutzverordnung eingeschränkt, der beide Bäume unterfallen, weil nach den Feststellungen des Sachverständigen davon auszugehen ist, dass sie in 130 cm Höhe einen Stammdurchmesser von mehr als 25 cm haben dürften. Da gemäß § 2 i.V.m. § 4 der Baumschutzverordnung ist eine Genehmigung zum Fällen der Bäume erforderlich ist, kann der Beklagten eine Beseitigung der Bäume oder die Durchführung baumpflegerischer Maßnahmen nur unter dem Vorbehalt der Erteilung der entsprechenden behördlichen Genehmigung auferlegt werden (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.1992 – V ZR 82/91). Diesem Umstand war in der Urteilsformel Rechnung zu tragen. Da eine Sanierung der Bäume nicht möglich ist und die zuständige Behörde die Genehmigung am 24.6.2009 und 24.8.2012 bereits – wenn auch für das falsche Grundstück - erteilt hatte, steht zu erwarten, dass der Beklagten auf entsprechenden Antrag hin die notwendige Fällgenehmigung erteilt werden wird.

57

Darüber hinaus war auch die Verpflichtung der Beklagten, eine Fällgenehmigung zu erwirken, klarstellend in die Urteilsformel aufzunehmen. Beiden Parteien war bewusst, dass eine Fällung nur mit einer entsprechenden Ausnahmegenehmigung erfolgen dürfte. Die gebotene Auslegung des Klagantrags auf Fällung der Bäume ergibt deshalb, dass die Beantragung der Genehmigung als notwendige Vorbereitungshandlung für die begehrte Fällung konkludent von dem Klagantrag mit umfasst war. Der Ausspruch bezüglich der Verpflichtung zur Erwirkung einer Genehmigung geht hier deshalb nicht über das hinaus, was der Kläger beantragt hat (§ 308 ZPO).

58

2. Auskunft zu Entwässerungsleitungen

59

Mit dem Klagantrag zu 2 dringt der Kläger hingegen nicht durch. Er hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Auskunft über den Verlauf der Entwässerungsleitungen. Zwar ist der Klageantrag nach seinem Wortlaut auf die Auskunft gerichtet, in welcher Weise die Beklagte Leitungen verlegt hat. Er ist aber dahingehend auszulegen, dass der Kläger ganz allgemein Auskunft über den heutigen Verlauf der Rohre begehrt, unabhängig davon, ob diese von der Klägerin tatsächlich verlegt wurden oder nicht.

60

Ein solcher Anspruch könnte sich einzig aus § 242 BGB ergeben. Die erforderliche Sonderbeziehung zwischen Kläger und Beklagter wäre in dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis zu sehen (Palandt/Grüneberg, 74. Aufl. 2015, § 242 Rn. 5 MünchKomm BGB/ Schubert, 7. Aufl. 2015, § 242 Rn. 93 f.). Weiter erfordert eine Aufklärungspflicht nach § 242 BGB, dass der Auskunftsberechtigte über den Bestand und den Umfang seiner Rechte im Ungewissen ist, ohne dies verantworten zu müssen und dass der Auskunftspflichtige unschwer Auskunft erteilen kann.

61

Ein Recht auf Kenntnis von dem genauen Verlauf der Rohrleitungen, über das er im Ungewissen sein könnte, hat der Kläger jedoch nicht. Es ergibt sich nicht aus der zugunsten seines Grundstücks eingetragenen Baulast. Diese soll zwar die Entwässerung seines Grundstücks sicherstellen. Sie gibt ihm aber keinen Anspruch auf Auskunft über den Verlauf von Leitungen in diesem oder anderen Bereichen des dienenden Grundstücks. Ein Anspruch auf Auskunft besteht grundsätzlich nur, wenn der Auskunftsfordernde mit großer Wahrscheinlichkeit einen Leistungsanspruch gegen den Anspruchsgegner hat (Staudinger/Looschelders/Olzen, 2009, § 242 Rn. 601). Die Baulast begründet aber keinerlei Rechte und Pflichten im Verhältnis zwischen Kläger und Beklagter. Sie ist einzig dem öffentlichen Recht zuzuordnen und erzeugt ausschließlich eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Beklagten (Staudinger/Gursky, 2013, § 1004 Rn. 187; Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Aufl. 2013, 4. Teil Rn. 180 f.; BGH, Urteil vom 08-07-1983 - V ZR 204/82). Dass zwischen den Parteien darüber hinaus eine privatrechtliche Verbindung besteht, aus der sich ein Anspruch des Klägers auf Duldung der Rohre im Beklagtengrundstück ergeben würde, wie etwa eine Grunddienstbarkeit, wurde nicht vorgetragen.

62

Selbst wenn man einen Anspruch des Klägers auf Gewährleistung der Entwässerung gegenüber der Beklagten annehmen wollte, ist nicht ersichtlich, wieso der Kläger auf die Auskunft angewiesen sein sollte. Zwar ist durchaus nachvollziehbar, dass er ein Interesse an der funktionierenden Entwässerung seines Grundstücks hat. Nachdem die Grabungsarbeiten, die Wiederaufschüttung und die Errichtung des Wohnhauses auf dem Grundstück der Beklagten aber schon vor längerer Zeit abgeschlossen sind und nicht vorgetragen ist, dass es in diesem Punkt zu Problemen gekommen ist, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Entwässerung des Klägergrundstücks als solche nicht gewährleistet wäre. Es ist auch nicht erfindlich, welchen Nutzen der Kläger von der Kenntnis des genauen Rohrverlaufes hätte, denn eine Einwirkung von außen auf dem Grundstück der Beklagten wäre ihm ohnehin versagt.

63

Selbst eine Veränderung des Rohrverlaufs durch die Beklagte würde deshalb das Auskunftsverlangen nicht rechtfertigen. Die Beklagte hat jedoch bestritten, dass sie die Lage der Rohre verändert habe. Es seien auch nur Rohre außerhalb des Bereichs der Baulast gefunden worden, die anscheinend wild verlegt wurden. Der Kläger hat demgegenüber seine Behauptung, dass die Rohre ursprünglich im Bereich der Baulast gelegen hätten und von der Beklagten von dort entfernt worden seien, nicht belegt. Auf den als Anlage K15 bis K18 eingereichten Bildern des Klägers ist für das Gericht nicht erkennbar, in welchem Bereich sie aufgenommen wurden, oder dass es im Bereich der Baulast Rohre gab, die dort entfernt wurden. Die teilweise sichtbaren zerstörten Rohre (Anlagen K19, K 20, K 22) lassen sich keinem konkreten Fundort zuordnen. So liegt das zerstörte Rohr auf dem Foto Anlage K 22 zwar offensichtlich im Bereich der Baulast. Wo es ursprünglich verlegt war, ergibt sich aus dem Foto aber nicht. Im Übrigen hat die Beklagte selbst eingeräumt, dass im Zuge der Bauarbeiten versehentlich Rohre beschädigt wurden. Die Bilder widersprechen ihrem Vortrag somit nicht.

64

Jedenfalls wäre ein etwaiger Anspruch des Klägers durch Erfüllung nach § 362 BGB erloschen. Abgesehen von den oben bereits dargelegten Zweifeln an einem Auskunftsanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 242 BGB muss Berücksichtigung finden, dass es für die Beklagte, die das Grundstück erst vor einigen Jahren erworben hat, tatsächlich kaum möglich sein dürfte zu bekunden, wo genau Entwässerungsrohre verlegt sind. Die Beklagte hat jedoch Angaben dazu gemacht, wo Rohre im Zuge der Bauarbeiten gefunden wurden. In einer Skizze hat sie den nach ihrer Auffassung möglichen Verlauf der Leitungen dargestellt (Anlage B 6). Sie hat ferner dargelegt, dass es aufgrund des großflächigen Baugrubenaushubs schwerlich vorstellbar sei, dass sich noch an anderen Orten Leitungen befinden, da diese bei den Arbeiten am Grundstück hätten gefunden werden müssen. Sie hat somit hinreichend Informationen erteilt. Mehr kann von der Beklagten nicht verlangt werden.

65

3. Stützmauer

66

Der Klageantrag zu 3 ist ebenfalls unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Beseitigung oder Umsetzung der Stützmauer. Zwar könnte sich ein solcher grundsätzlich aus § 1004 Abs. 1 BGB ergeben, wenn die Beklagte bei der Errichtung des Zaunes gegen die Abstandsvorschriften der Hamburgischen Bauordnung verstoßen hätte. Denn bauordnungsrechtliche Vorschriften, die den Grenzabstand regeln, sind Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB und können dementsprechend auch mit dem quasinegatorischen Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB durchgesetzt werden (BGH, Urteil vom 11.10.1996 – V ZR 3/96; vgl. auch MünchKomm BGB/ Baldus, 6. Aufl. 2013, § 1004 Rn. 39). Ob das Verfahren genehmigungspflichtig oder genehmigungsfrei war, ist in diesem Zusammenhang auch zunächst nicht relevant. Genehmigungsfreie Vorhaben nach § 61 HmbBauO entbinden nämlich nur von der Pflicht, vor Baubeginn eine Genehmigung einzuholen. Die genehmigungsfreien Vorhaben müssen jedoch trotzdem im Einklang mit dem Bauordnungsrecht stehen. Dazu zählt auch, dass vorgeschriebene Abstandsflächen eingehalten werden. Hier liegt jedoch kein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Abstandsregelungen vor. Maßgeblich für die Beurteilung ist zunächst § 6 HmbBauO. Dieser privilegiert in Abs. 7 Nr. 3 Stützmauern, die nicht höher als zwei Meter und in Verbindung mit allen anderen privilegierten Anlagen nicht länger als 15 Meter sind. Um eine solche Stützmauer handelt es sich hier. Unabhängig von der genauen Höhe der Mauer, die zwischen den Parteien streitig, aber nach den eingereichten Bildern nicht höher als der vom Kläger selbst errichtete Zaun und jedenfalls geringer als zwei Meter ist, unterfällt sie der Privilegierung des § 6 Abs. 7 Nr. 2 HmbBauO.

67

Auch ein Verstoß gegen die Regeln zur Genehmigungspflicht nach §§ 59 ff HmbBauO besteht nicht. Es ist zunächst schon sehr zweifelhaft, ob die Regeln über die Baugenehmigung überhaupt drittschützend und somit Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind (vgl. auch LG Köln, Urteil vom 20.01.2010 – 9 S 164/10). Auf diese Frage kommt es jedoch nicht an, da die Stützmauer jedenfalls nicht genehmigungspflichtig war. Zunächst lässt sich aus der Baugenehmigung eine Genehmigungspflicht nicht herleiten. Zwar ist auf der Zeichnung zur Baugenehmigung eine Stützmauer skizziert, die einen Abstand von einem Meter zum Zaun des Klägers aufweist (Anlage K14). Jedoch erstreckt sich der genehmigte Inhalt nur auf das Haus als das eigentliche Bauvorhaben, nicht jedoch auf die Mauer als lediglich angedeuteten Teil (vgl. auch OVG Koblenz, Urteil vom 13. 4. 2005 - 8 A 12135/04). Außerdem soll eine Baugenehmigung gerade nicht dazu dienen, verfahrensfreie Vorhaben genehmigungspflichtig zu machen. Das würde dem Zweck einer „Genehmigung“ widersprechen. Die Errichtung der Stützmauer ist aber nicht genehmigungspflichtig, was sich aus § 60 HmbBauO i.V.m Nr. 6.1 der Anlage 2 zur HmbBauO ergibt. Demnach bedürfen Stützmauern bis zu einer Höhe von 2,0 Metern keiner Genehmigung und können somit verfahrensfrei errichtet werden. Zwar mag in bestimmten Fällen die Genehmigungspflicht eines Teils des Vorhabens auch die Genehmigungspflicht eines an sich verfahrensfreien Teils nach sich ziehen (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 13. 4. 2005 - 8 A 12135/04; OVG Münster, Beschluss vom 22.01.2001, 7 E 547/99). Soweit sich der Kläger aber auf diese Entscheidung des OVG Koblenz beruft, ist der hier vorliegende Fall nicht vergleichbar. Das OVG Koblenz hatte neben der Errichtung einer Stützmauer auch über eine Aufschüttung zu entscheiden, die nach rheinland-pfälzischem Landesrecht dann genehmigungspflichtig ist, wenn sie unselbstständig ist. Das OVG lehnte eine Unselbstständigkeit der Aufschüttung ab, da sie im engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung eines Einfamilienhauses stand. Die Stützmauer wurde dann als im engen Zusammenhang mit der Aufschüttung errichtet angesehen und deshalb als genehmigungspflichtig eingestuft. Ein derartig enger Zusammenhang mit der genehmigungspflichtigen Errichtung des Hauses ist hier aber nicht gegeben.

68

Die Regeln über die Genehmigungsfreiheit sollen die Bauaufsichtsbehörden gerade entlasten. Kleinere Vorhaben sollen ohne behördlichen Aufwand durchgeführt werden können. Es sind hier keine Gründe dafür ersichtlich, die Errichtung der Stützmauer als ausnahmsweise genehmigungspflichtig anzusehen. Ein Anspruch besteht demnach auch nicht wegen Verstoßes gegen die Genehmigungspflicht.

69

Auch aus der Baulast kann sich kein Unterlassungsanspruch ergeben. Wie oben bereits dargelegt, ist diese ausschließlich öffentlich-rechtlicher Natur. Es ist für das Privatrechtsverhältnis zwischen Kläger und Beklagter deshalb unerheblich, dass die Baulast vorschreibt, der entsprechende Bereich sei von jeglicher Bebauung freizuhalten. Zivilrechtliche Unterlassungsansprüche kann der Kläger aus der Baulast nicht herleiten (vgl. auch Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Aufl. 2013, 4. Teil Rn. 180 f.).

70

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Ob die Beklagte die Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks durch ihre Kiefern erkennen konnte, spielt im Rahmen der Kostenentscheidung keine Rolle. Die ZPO geht von einem reinen Erfolgsprinzip aus, für Billigkeitserwägungen bleibt abgesehen von den Ausnahmen der §§ 93, 93b ZPO kein Raum. Auch nach § 93 ZPO hätte die Beklagte der Kostenpflicht im Übrigen nur durch ein sofortiges Anerkenntnis entgehen können, das sie aber nicht erklärt hat.

71

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

72

Der am Tag vor der Verkündung eingereichte Schriftsatz der Beklagten vom 1.2.2016 gab keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und wurde bei der Entscheidung nicht berücksichtigt.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62

Unter Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 30. April 2008 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße wird der Bescheid des Beklagten vom 29. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Oktober 2007 aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Das Verfahren betrifft die Frage der Baugenehmigungsfreiheit von drei Mobilfunkantennen.

2

Die Klägerin betreibt einen Mobilfunksendemast in A., dessen Erhöhung auf ca. 20 m mit Bescheid vom 20. Mai 1998 genehmigt wurde. An dem Mast waren vier Antennen (3 GSM Antennen, 1 Richtfunkantenne) angebracht.

3

Unter dem 22. Juni 2006 zeigte die Klägerin das Anbringen von drei zusätzlichen UMTS-Antennen zur Versorgung des D1-Mobilfunknetzes am oberen Mastende zum 30. Juli 2006 an. Zugleich erklärte sie, das Vorhaben für baugenehmigungsfrei zu halten.

4

Mit Bescheid vom 29. November 2006 forderte der Beklagte die Klägerin zur Einreichung eines Bauantrags auf. Der hiergegen gerichtete Widerspruch wurde mit der Begründung zurückgewiesen, die Anbringung von Antennen sei nur bis zu einer Gesamthöhe der Anlage von 10 m genehmigungsfrei.

5

Die Klägerin macht mit ihrer im Oktober 2007 erhobenen Klage geltend, das Anbringen der Antennen an dem vorhandenen und genehmigten Mast bedürfe nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 b LBauO keiner Baugenehmigung. Jede Änderung an einem solchen Mast sei genehmigungsfrei. Nur dieses Verständnis entspreche der angestrebten Verfahrensvereinfachung für Mobilfunkanlagen.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage unter Zulassung der Berufung abgewiesen: Die Aufforderung, einen Bauantrag zu stellen, sei rechtmäßig, denn das Anbringen der Antennen sei wegen der damit verbundenen bautechnischen Veränderung der über 10 m hohen Anlage genehmigungspflichtig. Maßgeblich für die Beurteilung der Genehmigungspflicht sei die Gesamtanlage, die wegen ihrer bautechnischen Veränderung von der Baubehörde nach den ihr zugewiesenen Vorschriften - hier insbesondere des Immissionsschutzrechts - zu prüfen sei. Für die äußere Veränderung bestehe im Unterschied zur Nutzungsänderung keine Befreiung von der Genehmigungspflicht nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 b LBauO.

7

Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, der unverändert bleibende, genehmigte Mast sei für die Frage der Genehmigungsfreiheit nicht von Relevanz; hinsichtlich des Höhenmaßes nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 b LBauO sei lediglich die Antenne selbst noch in den Blick zu nehmen. Andernfalls fehle es an jeder Begründung, weshalb für die Anbringung von Antennen auf einem Mast die Höhenbegrenzung gelten solle, während dies bei einer sonstigen baulichen Anlage (etwa einem Gebäude) nach einhelliger Rechtsprechung nicht der Fall sei. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der rheinland-pfälzische Gesetzgeber im Rahmen der Neufassung des § 62 Abs. 1 Nr. 4 b LBauO im Jahr 2005 die bautechnische, das äußere Erscheinungsbild betreffende Seite der baulichen Änderung nicht weiterhin als genehmigungsfrei angesehen habe. Es könne nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber (in Abweichung von der Musterbauordnung 2002) die Genehmigungsbedürftigkeit wegen der Veränderung der äußeren Gestalt als notwendig erachtet, die Nutzungsänderung aber aus Anlass entgegenstehender Rechtsprechung genehmigungsfrei gestellt habe. Das Ziel der Genehmigungsfreiheit liefe sogar ins Leere, weil das Anbringen einer weiteren Antenne regelmäßig das äußere Erscheinungsbild der Anlage verändere. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass die bauordnungsrechtliche Genehmigungsfreistellung ungeachtet der von der Mobilfunkanlage ausgehenden elektromagnetischen Strahlungen erfolgt sei und diese deshalb auch nicht umgekehrt deren Genehmigungsbedürftigkeit begründen könne.

8

Die Klägerin beantragt,

9

das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 30. April 2008 abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 29. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Oktober 2007 aufzuheben.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Berufung zurückzuweisen,

12

und bezieht sich auf das verwaltungsgerichtliche Urteil. Eine Genehmigungsfreiheit nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 b LBauO bestehe nur, wenn die hinzutretende Antenne einschließlich des Mastes insgesamt nicht eine Höhe von mehr als 10 m aufweise.

13

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hält das Anbringen der Antennen an dem genehmigten Mast ebenfalls für genehmigungsfrei. Ein Grundsatz, dass die Änderung einer genehmigungspflichtigen baulichen Anlage ihrerseits genehmigungspflichtig sei, könne den §§ 61 ff. LBauO nicht entnommen werden. Nach Zielsetzung und Systematik dieser Vorschriften löse allein die baurechtliche Relevanz des zur Änderung führenden Vorhabens eine präventive Verwaltungskontrolle aus. Ein Genehmigungsbedürfnis in einem Fall wie dem vorliegenden anzunehmen, laufe dem Willen des Gesetzgebers zuwider, für den anlässlich der Behandlung des Problems der „Nutzungsänderung“ keine Veranlassung bestanden habe, die Änderung des äußeren Erscheinungsbildes als weiterhin genehmigungsfrei hervorzuheben.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die vorgelegten Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der Anfechtungsklage stattgeben müssen. Die in dem Bescheid des Beklagten vom 29. November 2006 enthaltene Aufforderung, einen Bauantrag für das Anbringen dreier Antennen auf dem Mobilfunkmast in A. in einer Höhe von ca. 20 m zu stellen, ist rechtswidrig und verletzt dadurch die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Oktober 2007 ist daher aufzuheben.

16

Die Bauaufsichtsbehörde kann das Stellen eines Bauantrags nur verlangen (vgl. § 81 Satz 2 LBauO), wenn das Vorhaben im Sinne des § 61 LBauO baugenehmigungspflichtig ist. Vorliegend entfällt jedoch die Baugenehmigungspflicht. Das Anbringen dreier Antennen an einen genehmigten Mobilfunkmast, der seinerseits unverändert bleibt, in einer Höhe von ca. 20 m ist gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 4 b LBauO baugenehmigungsfrei.

17

Der Wortlaut dieser Vorschrift erweist sich für die Beurteilung des hier zu entscheidenden Sachverhalts zwar als offen. Danach ist u.a. „das Anbringen oder Ändern von Antennenanlagen, einschließlich der Masten bis zu 10 m Höhe …, sowie damit verbundene Nutzungsänderungen baulicher Anlagen“ baugenehmigungsfrei. Aus dieser Regelung kann nämlich allenfalls hergeleitet werden, dass eine Baugenehmigungspflicht jedenfalls dann entfällt, wenn weder die Gesamtantennenanlage noch der Mast allein eine Höhe von 10 m überschreiten. Der Beklagte und das Verwaltungsgericht verstehen diese Vorschrift jedoch darüber hinausgehend dahin, dass jede Änderung einer die gesetzliche Höhenbegrenzung überschreitenden Antennenanlage einer präventiven Baugenehmigung bedarf, weil insoweit die Gesamtanlage betroffen sei. Dem ist jedoch nicht zu folgen. Erwägungen der Gesetzessystematik und des Normzwecks sprechen vielmehr für ein Normverständnis, das die bloße Ergänzung der Antennenanlage um weitere Antennen bei einem die 10 m-Schranke übersteigenden und aus diesem Grund bereits genehmigten Mast als genehmigungsfrei im Sinne des § 61 Abs. 1 Nr. 4 b LBauO ansieht.

18

Im Unterschied zur Regelung über die grundsätzliche Genehmigungspflicht von Bauvorhaben nach § 61 LBauO, die allein an die Gesamtanlage anknüpft, unterscheidet die Vorschrift des § 62 LBauO über genehmigungsfreie Vorhaben zwischen solchen Tatbeständen, die eine Gesamtanlage betreffen (z.B. § 62 Abs. 1 Nr. 1 LBauO) und solchen, die Teile einer Gesamtanlage sein können (z.B. § 62 Abs. 1 Nr. 2 d LBauO zu Solaranlagen auf oder an Gebäuden, § 62 Abs. 1 Nr. 3 f LBauO zu Energieleitungen in Gebäuden). Dieses Vorverständnis der Systematik des Gesetzes erlaubt es, auch das Hinzufügen von Details einer - genehmigungspflichtigen - Gesamtanlage von einer Baugenehmigung frei zu stellen, ohne die damit zwingend verbundene Änderung der Gesamtanlage zum Anknüpfungspunkt einer Genehmigungspflicht zu machen.

19

Bei der Betrachtung der Gesetzessystematik kann nicht - wie es das Verwaltungsgericht getan hat - auf die Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 13. April 2005, DÖV 2005, 921 und juris, Rn. 19) zurückgegriffen werden, nach der ein Vorhaben insgesamt genehmigungspflichtig ist, wenn es aus einem genehmigungspflichtigen Teil und - bei isolierter Betrachtung - genehmigungsfreien Teilen besteht; diese betrifft einen mit dem vorliegenden nicht vergleichbaren Sachverhalt. Es kommt - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - bei der Frage der Genehmigungspflichtigkeit eines Bauvorhabens nach §§ 61, 62 LBauO auch nicht auf materielle Gesichtspunkte an. Unerheblich ist insoweit, ob (und welche) Auswirkungen von dem Vorhaben oder der geänderten Baulichkeit ausgehen können. Ebenfalls ohne Relevanz ist, ob das Vorhaben oder die geänderte bauliche Anlage anderen rechtlichen Anforderungen genügen muss (hier etwa nach der 26. BImSchV). Denn diese sind nach der Gesetzessystematik unabhängig von der Genehmigungsfreiheit eines Vorhabens zu beachten (vgl. § 62 Abs. 1, 1. Halbsatz, § 62 Abs. 3, § 65 Abs. 1 Satz 2 LBauO); Gegenstand der baurechtlichen Bewertung des Vorhabens ist dann allerdings die Gesamtanlage in ihrer geänderten Gestalt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4.2.2000, BauR 2000, 1041 und juris, Rn. 2). Die materiellen Gesichtspunkte können jedoch auch eine (rechtspolitisch zu diskutierende) Vorfrage bei der Entscheidung des Gesetzgebers über die Genehmigungsfreistellung von Vorhaben sein.

20

Der Normzweck schließlich gebietet eine Auslegung des § 62 Abs. 1 Nr. 4 b LBauO, nach der das Anbringen weiterer Antennen an einen - mit Blick auf seine Höhe bereits - genehmigten Mast keiner weiteren Baugenehmigung bedarf. Mit der Aufnahme von Antennen in die Genehmigungsfreistellungsregelung des (heutigen) § 62 Abs. 1 Nr. 4 b LBauO im Jahr 1982 verfolgte der Gesetzgeber in großem Umfang die Vereinfachung und Beschleunigung des Baugenehmigungsverfahrens (vgl. LT-Drs. 9/2141, S. 1 f.). Bis zu diesem Zeitpunkt bedurften lediglich allgemein Masten bis zu 10 m Höhe keiner präventiven Prüfung durch die Baubehörde (vgl. § 92 Abs. 1 Nr. 8 LBauO a.F., GVBl. 1974, 53, 82; § 93 Abs. 1 Nr. 13 LBauO a.F., GVBl. 1982, 264, 265). Damit ist eine in erster Linie auf die Masten der Antennenanlage bezogene Betrachtung belegt, nach der die Genehmigungsfrage mit Blick auf die Höhe des Mastes zu beantworten ist und - wenn dessen Genehmigung bereits vorliegt - eine weitere Präventiventscheidung für das bloße Anfügen einer (weiteren) Antenne in einer Höhe von mehr als 10 m entbehrlich ist. Diese Sicht findet ihre Bestätigung in dem Umstand, dass die Höhenbegrenzung in § 62 Abs. 1 Nr. 4 b LBauO allein statisch-konstruktiv motiviert war; die Sendeleistung der Antenne oder von ihr ausgehende elektromagnetische Wellen waren bei der Entscheidung des Gesetzgebers für die Genehmigungsfreiheit der Antennenanlagen ohne maßgebliche Relevanz (vgl. Jäde, in: Musterbauordnung MBO 2002, 2003, S. 199; Lechner, in: Simon, Bayerische Bauordnung, Art. 63 Rn. 259). Damit in Einklang zu bringen ist allein ein Verständnis, wonach die Ergänzung einer Antennenanlage um zusätzliche Antennen in einem Fall wie dem vorliegenden ein Genehmigungsbedürfnis nicht auslöst.

21

Ein solches ergibt sich - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - insbesondere nicht unter Berücksichtigung der Änderung der LBauO durch das Gesetz vom 12. Mai 2005 (GVBl. 2005, S. 154), die in § 62 Abs. 1 Nr. 4 b LBauO zusätzlich die mit der Änderung an Antennenanlagen verbundene Nutzungsänderungen baulicher Anlagen von der Pflicht zur Einholung einer Baugenehmigung befreit. Mit der Gesetzesänderung hat der Gesetzgeber lediglich auf die Rechtsprechung verschiedener Obergerichte reagieren wollen, die das Anbringen von - an sich genehmigungsfreien - Mobilfunkantennenanlagen an bestehenden Gebäuden als genehmigungspflichtige Nutzungsänderung gewertet haben, weil zu der bisherigen Nutzung des Gebäudes eine neue - gewerbliche - Nutzung hinzutritt (vgl. LT-Drs. 14/3834, S. 10). Der Gesetzgeber folgte dabei ausdrücklich weiterhin dem Grundverständnis, nach dem die Errichtung von Antennen (auch des Mobilfunks) bis zu 10 m Schafthöhe genehmigungsfrei ist. Anliegen der Gesetzesänderung war es ausdrücklich, eine „Klarstellung“ über die Genehmigungsfreiheit auch von Nutzungsänderungen vorzunehmen (vgl. LT-Drs., a.a.O.). Einen weiteren Regelungsbedarf hat der Gesetzgeber indes für sich nicht in Anspruch genommen (vgl. LT-Drs., a.a.O.). Angesichts dessen erweist es sich als unzulässig, aus der Regelung der Genehmigungsfreiheit auch für Änderungen der äußeren Gestalt von Antennenanlagen in der Musterbauordnung 2002 und den Bauordnungen anderer Bundesländer den Schluss zu ziehen, der rheinland-pfälzische Gesetzgeber habe mit dem Weglassen eines entsprechenden Tatbestands zum Ausdruck bringen wollen, insoweit bestehe ein Genehmigungsbedürfnis. Dem Gesetzgeber kann mit Blick auf die dargelegte gesetzliche Entwicklung seit dem Jahr 1982 ein solches Verständnis nicht unterstellt werden, abgesehen davon, dass es auch an keiner Stelle zum Ausdruck gekommen ist. Es hätte nämlich zur Folge, dass wegen der mit dem Anbringen weiterer Antennen regelmäßig verbundenen Änderung der äußeren Gestalt der Anlage der Genehmigungsfreistellungstatbestand weitgehend leer liefe. Dies aber würde in beachtlicher Weise der Absicht des Gesetzgebers zur Vereinfachung und Beschleunigung des Baugenehmigungsverfahrens widersprechen.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

23

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

24

Beschluss

25

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt (§ 52 GKG).

weitere Fundstellen einblendenweitere Fundstellen ...

Diese Entscheidung zitiert ausblendenDiese Entscheidung zitiert


Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den die Klage abweisenden Teil des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 9. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) hat die Klägerin zu tragen. Die übrigen Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent der jeweils festzusetzenden Kosten abwenden, wenn diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten ein bauaufsichtliches Einschreiten gegen eine Haustreppenanlage sowie Anschüttungen auf dem benachbarten Grundstück der Beigeladenen.

2

Sie ist Eigentümerin des 476 Quadratmeter großen und mit einem zweistöckigen Wohnhaus bebauten Grundstücks J...-Straße ... in K… (Gemarkung K…, Flur …, Parzelle Nr. …/..). Unmittelbar östlich davon befindet sich das Anwesen J...-Straße ... .. (Parzelle Nr. …./..), auf dem sich ursprünglich ebenfalls ein zweigeschossiges Gebäude befunden hat. Die Zugänge zu den jeweiligen Hauseingängen liegen entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze, die Abstände zu den Gebäuden betragen jeweils weniger als 2,50 m. Die Parzelle Nr. …./.. wird neben der J...Straße ...im Süden durch die in Nord-Süd-Richtung − und damit parallel zur Grenze des Flurstücks Nr. …/.. − verlaufende B...straße im Osten erschlossen.

3

Unter dem 16. Juni 2005 erteilte die Beklagte der Beigeladenen zu 1) eine Baugenehmigung zur Sanierung und Erweiterung des auf dem Flurstück Nr. …./.. stehenden Gebäudes, das zuvor als Bürogebäude genutzt worden war. Nach Abschluss der Bauarbeiten entstanden auf dem viergeschossig in Erscheinung tretenden Haus fünf Eigentumswohnungen. Jeweils eine Wohnung veräußerte die Beigeladene zu 1) an die Beigeladene zu 2) sowie an die Beigeladenen zu 3) und 4).

4

Mit Beginn der Bauphase kam es zwischen den Beteiligten zu Streitigkeiten über die Einhaltung des Grenzabstandes zum Grundstück der Klägerin, die unter anderem den rückwärtigen Anbau, einen in diesem Bereich angelegten Balkon (erstes Obergeschoss) und eine ebenerdige Terrasse sowie die über dem Altbestand errichteten Stockwerke zum Gegenstand hatten. Darüber hinaus beanstandete die Klägerin, dass der Treppenaufgang mit Anschüttungen und die zunächst errichtete Hauseingangstreppe nicht mit den Vorgaben des § 8 Landesbauordnung – LBauO – in Einklang stünden.

5

Nachdem das Verwaltungsgericht die Beklagte mit Urteil vom 9. Dezember 2008 (1 K 903/08.KO) dazu verpflichtet hatte, gegen die Hauseingangstreppe einzuschreiten, gestaltete die Beigeladene zu 1) im Verlauf des Jahres 2009 diesen Bereich um. Dabei schüttete sie das Gelände im Grenzbereich zwischen der J...-Straße ...und dem bestehenden seitlichen Hauseingang (sog. Rampe) – in nördlicher Richtung ansteigend – bis zu einer Höhe von ca. 1 m (einschließlich eines Pflasterbelages) und von dort in etwa gleicher Höhe bis zur nördlichen Grundstücksgrenze weiter an. Entlang der Grundstücksgrenze wurde die Aufschüttung mit ca. 0,13 m breiten L-Steinen eingefasst. Außerdem ließ die Beigeladene vor dem Eingang zwei ca. 1,50 m lange Treppenstufen errichten.

6

Unter dem 29. Oktober 2009 beantragte die Klägerin ein bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Umgestaltung des äußeren Hauseingangsbereichs, den die Beklagte mit Bescheid vom 3. November 2009 und − nach erneutem Antrag − mit Bescheiden vom 24. November 2009, 25. Januar 2010 ablehnte. Mit Schreiben vom 24. Februar 2010 wies die Klägerin unter Beifügung von Lichtbildern insbesondere auf Anschüttungen im rückwärtigen Grenzbereich hin und bat diesbezüglich ebenfalls um ein bauaufsichtliches Einschreiten. Mit Bescheid vom 1. März 2010 lehnte die Beklagte auch diesen Antrag ab.

7

Unter dem 16. April 2010 beantragte die Klägerin weiterhin, das Gesamtgebäude einschließlich des Anbaus und der Hauseingangsrampe mit Treppe und anschließender Terrasse, hilfsweise den neuerrichteten Anbau mit Rampe, Treppe und angrenzender Terrasse abzureißen und die Nutzung der Hauseingangsrampe mit Treppe und angrenzender Terrasse unter Anordnung der sofortigen Vollziehung zu untersagen. Am 18. Mai 2010 lehnte die Beklagte den Antrag wiederum ab.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2010 wies der Stadtrechtsausschuss der Beklagten die Widersprüche zurück.

9

Die Klägerin erhob daraufhin Klage. Mit Urteil vom 9. Oktober 2012 verpflichtete das Verwaltungsgericht die Beklagte zum bauaufsichtlichen Einschreiten gegen den Neubau (Erweiterungsbau) und wies die Klage im Übrigen ab.

10

Soweit sich die Klägerin gegen den Hauseingangsbereich (Treppe mit Rampe bzw. Anschüttung) und Anschüttungen vor dem Gebäude J...-Straße ... .. wendete, wurde zur Begründung darauf abgestellt, dass die angegriffenen Maßnahmen keine subjektive Rechtsverletzung beinhalteten und somit keinen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten nach § 81 Satz 1 LBauO begründeten. Ein Verstoß gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 8 LBauO sei nicht gegeben. Bei der von der Klägerin monierten Anschüttung über die gesamte Grundstückslänge handele es sich um eine Erhöhung des Geländeniveaus, die angesichts des geringen Umfangs keine negativen Folgen für die durch § 8 Abs. 8 Satz 1 und 2 LBauO geschützten nachbarlichen Belange der Klägerin − nämlich die Belichtung, Beleuchtung oder Belüftung ihres eigenen Grundstücks − haben könne. Ferner sei § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO, wonach vor die Wand tretende Gebäudeteile unter bestimmten Voraussetzungen bei der Bemessung der Tiefe der Abstandsfläche außer Betracht bleiben, nicht zu ihren Lasten missachtet worden. In den Anwendungsbereich dieser Norm falle lediglich die Treppe, nicht aber die gepflasterte Zuwegung. Es sei aber nichts dafür ersichtlich, dass die Treppe einen geringeren Abstand als 2 m zum Grundstück der Klägerin aufweise oder mehr als 1,50 m hervortrete. Schließlich habe die Beklagte in der Baugenehmigung keine Festlegung der Geländeoberfläche getroffen, sodass ein Verstoß gegen § 10 Abs. 1 LBauO, den die Klägerin annehme, ebenfalls ausscheide.

11

Die Klägerin und die Beklagte haben die Zulassung der Berufung gegen die sie ihrer Ansicht nach beschwerenden Teile des erstinstanzlichen Urteils beantragt.

12

Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 3. Juli 2013 insoweit abgetrennt, als sich die Klägerin gegen die bauliche Neugestaltung des Hauseingangsbereichs (Treppe mit Rampe bzw. Anschüttung) sowie die Anschüttungen vor dem Gebäude J...-Straße ... .. wendet, und ihre gegen diesen Teil des Urteils gerichtete Berufung mit Beschluss vom 11. Juli 2013 zugelassen.

13

Die Klägerin macht geltend, die einschlägigen Bestimmungen nach § 8 LBauO müssten auf die Gesamtkonstruktion des Hauseingangsbereichs angewendet werden, da die Treppe als solche eine funktionelle, bautechnisch unselbständige Einheit darstelle. Denn die Stufen könnten nur mittels eines Bauteils, bestehend aus der L-Stein-Mauer und einer Anschüttung mit Pflasterung, erreicht werden. Ohne die künstliche Erhöhung würden die Stufen „frei in der Luft schweben“. Eine andere Beurteilung würde demgegenüber dazu führen, dass durch eine Anschüttung die Abstandsflächen von Bauteilen, wie einer Treppe, nach Belieben veränderbar seien. Hätte man das Gelände nicht um mehr als 1 m aufgeschüttet, hätte man viel mehr Stufen errichten müssen, sodass die Abstandsflächen nicht hätten eingehalten werden können. Die Auffassung der Vorinstanz führe daher zu einer Umgehung des § 8 LBauO. Davon abgesehen sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts eine Verletzung des § 10 Abs. 1 LBauO gegeben. Eine Festsetzung der Geländeoberfläche, von der die Beigeladene zu 1) im Nachhinein zu ihren Lasten abgewichen sei, ergebe sich aus einer von der Bauaufsichtsbehörde geprüften Zeichnung des Architekten, zum anderen aus einer Stellungnahme eines Mitarbeiters der Beklagten vom 23. Juni 2008.

14

Die Klägerin beantragt,

15

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz von 9. Oktober 2012 die Beklagte zu verpflichten, den Gesamtabriss der Hauseingangstreppenanlage zu verfügen.

16

Die Beklagte und die Beigeladene zu 2) beantragen,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Sie treten den Ausführungen der Beklagten mit eigenen Darlegungen entgegen.

19

Die übrigen Beigeladenen stellen keinen Antrag und haben sich zum Verfahren nicht geäußert.

20

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen, den Verwaltungsvorgängen der Beklagten (21 Hefte Verwaltungs- und Widerspruchsakten) und den beigezogenen Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Koblenz (1 K 903/08.KO) sowie des Landgerichts Koblenz (16 O 276/10 = 1 U 755/11 des Oberlandesgerichts Koblenz), die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

22

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten der Beklagten gegen den neugestalteten Hauseingangsbereich (Treppenstufen, Anschüttungen mit Pflasterbelag und L-Steinen zwischen der J...-Straße und der Hauseingangstür) einschließlich der bis zur nördlichen Grundstücksgrenze verlaufenden rückwärtigen Anschüttungen mit den dort verlegten L-Steinen und wird deshalb durch die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten vom 3. November 2009, 24. November 2009, 25. Januar 2010, 1. März 2010 und 18. Mai 2010 – soweit die vorgenannten Verwaltungsakten den vorstehend umschriebenen Streitgegenstand zum Inhalt haben – in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2011 nicht in eigenen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

23

Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Verpflichtung der Beklagten gegenüber den Beigeladenen ist § 81 Satz 1 Landesbauordnung Rheinland-Pfalz – LBauO –, wonach die Bauaufsichtsbehörde gegen solche baulichen Anlagen einschreiten kann, die gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen. Dabei ist ein Einschreiten grundsätzlich in das pflichtgemäße Ermessen der Beklagten gestellt. Für die Bauaufsichtsbehörde besteht auf den Antrag eines Nachbarn grundsätzlich eine Pflicht zur Beseitigung des baurechtswidrigen Zustandes, wenn die Errichtung oder Nutzung der Anlage zu einer Verletzung nachbarschützender Vorschriften führt (vgl. OVG RP, Urteil vom 22. September 2000 – 1 A 10952/00.OVG –, juris). Eine solche Ermessensreduzierung tritt nur dann nicht ein, wenn eine Abweichung von der auch im Interesse des Nachbarn liegenden Vorschrift in Betracht kommt, übergeordnete, sich aus der Sache selbst ergebende öffentliche Interessen einem Einschreiten entgegenstehen oder sich die Abweichung von der nachbarschützenden Vorschrift im Bagatellbereich hält (vgl. OVG RP, Urteile vom 3. November 1966 – 1 A 54/65 −, BRS Bd. 17 Nr. 12, und vom 22. Oktober 1987 – 1 A 108/85 –; Beschluss vom 6. Juni 2011 – 8 A 10377/11.OVG –, ESOVGRP, st. Rspr.; zur Vereinbarkeit dieser Rechtsprechung mit Bundesrecht vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987 – 4 B 248/87 −; juris).

24

Nach diesen Maßstäben kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die Verletzung einer drittschützenden Vorschrift berufen.

25

Anders als die Klägerin meint, verstoßen die baulichen Anlagen (vgl. hierzu § 2 Abs. 1 LBauO) nicht gegen die bauordnungsrechtliche Vorschrift des § 8 LBauO. Nach dessen Absatz 1 Satz 1 sind vor Außenwänden oberirdischer Gebäude grundsätzlich Flächen von Gebäuden freizuhalten (Abstandsflächen). Absatz 6 Satz 3 der genannten Norm bestimmt, dass die Tiefe der Abstandsfläche mindestens 3 m betragen muss. Privilegiert in den Abstandsflächen zulässig sind gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO unter anderem Hauseingangstreppen, wenn sie nicht mehr als 1,50 m vortreten und von der gegenüberliegenden Grundstücksgrenze 2 m entfernt bleiben. Für bauliche Anlagen, andere Anlagen und Einrichtungen, von denen Wirkungen wie von oberirdischen Gebäuden ausgehen, gelten die Absätze 1 bis 7 gegenüber Gebäuden und Grundstücksgrenzen gemäß § 8 Abs. 8 Satz 1 LBauO entsprechend. Sie sind nach § 8 Abs. 8 Satz 2 LBauO ohne eigene Abstandsflächen oder mit einer geringeren Tiefe der Abstandsflächen und in den Abstandsflächen von Gebäuden zulässig, wenn die Beleuchtung mit Tageslicht nicht erheblich beeinträchtigt wird und der Brandschutz gewährleistet ist.

26

Danach muss zunächst die im vorderen Grundstücksbereich bis zum Eingang vorhandene sog. Hauseingangstreppenanlage zum Grundstück der Klägerin keine Abstandsfläche einhalten.

27

Maßstab für die rechtliche Beurteilung ist insoweit § 8 Abs. 8 LBauO. Da eine Treppenanlage im Einzelfall sowohl als Gebäudeteil im Sinne des § 8 Abs. 5 S. 2 LBauO als auch als sonstige bauliche Anlage im Sinne des § 8 Abs. 8 LBauO eingeordnet werden kann, ergibt sich die Notwendigkeit, eine Abgrenzung zwischen diesen beiden bauordnungsrechtlichen Kategorien vorzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Senats sind die nach den Absätzen 1 bis 7 des § 8 LBauO zu behandelnden Gebäudeteile und die gemäß § 8 Abs. 8 LBauO gesondert zu beurteilenden sonstigen baulichen Anlagen danach abzugrenzen, ob der Bauteil bzw. die bauliche Anlage, deren abstandsflächenrechtliche Behandlung im Streit steht, mit dem Gebäude verbunden und ihre Zweckbestimmung auf die Nutzung dieses Gebäudes ausgerichtet oder ob sie losgelöst von dem Gebäude – wenn auch in dessen Nähe – verwirklicht worden sind. Dabei kommt es auf die technische Art dieser Verbindung ebenso wenig an, wie darauf, ob ein solcher Bauteil bautechnisch zugleich mit der Errichtung des Gebäudes angebracht oder diesem erst später hinzugefügt wird. Entscheidend ist vielmehr, dass der Gebäudeteil, wie ihn der Landesgesetzgeber durch die Aufzählung unterschiedlicher beispielhaft erwähnter Bauteile in § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO umschreibend erläutert, für den verständigen Betrachter mit dem Gebäude eine Einheit bildet. (vgl. OVG RP, Urteil vom 1. August 1996 – 1 A 11289/95.OVG –; Beschluss vom 30. April 2013 – 1 A 10693/12.OVG –).

28

Vor diesem Hintergrund stellt die aus einer Aufschüttung, L-Steinen, Pflaster und Treppenstufen bestehende Konstruktion eine bauliche Anlage eigener Art, nämlich eine „Rampe mit Treppe“, dar. Diese bauliche Anlage kann ebenso wenig wie ein grenzständiges Gebäude abstandsrechtlich in ihre einzelne Bestandteile, etwa in eine nach § 8 Abs. 8 LBauO zu beurteilende Rampe und in eine dem § 8 Abs. 5 S. 2 LBauO unterfallende Treppe zerlegt werden, sondern muss in ihrer Gesamtheit beurteilt werden (vgl. hierzu auch OVG RP, Urteil vom 8. Dezember 2004 –8 A 11467/04.OVG –, ESOVGRP). Wie die Klägerin zu Recht bemerkt hat, wäre eine isolierte Betrachtung der ohne die Rampe „in der Luft hängenden“ Treppe unsinnig und willkürlich.

29

Diese Anlage eigener Art „Rampe mit Treppe“ erfüllt zwar hier auch den Zweck, den Zugang zu dem von der Straße aus gesehen höher gelegenen Hauseingang zu ermöglichen, kann aber aus der Sicht eines verständigen Betrachters nur als eine insgesamt dem Anwendungsbereich des § 8 Abs. 8 LBauO unterfallende Geländegestaltung in Form einer befestigten Zuwegung mit einer geringen Steigung verstanden werden. Die beiden Treppenstufen wären zwar − isoliert betrachtet − auch als Teil des Hauses denkbar, vorliegend fällt jedoch ins Gewicht, dass die „Rampe mit Treppe“ neben dem Gebäude der Beigeladenen das natürliche Gelände lediglich leicht erhöht und daher rechtlich nicht anders gewürdigt werden kann, als ein im ebenen Gelände von der Straße zum Hauseingang verlaufender Weg.

30

Aus der von der Klägerin angeführten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG RP, Urteil vom 13. April 2005 – 8 A 12135/04.OVG –, juris) ergibt sich keine abweichende Betrachtung. Darin wird zu der hier nicht relevanten Frage Stellung genommen, ob ein Vorhaben insgesamt baugenehmigungspflichtig ist, wenn es aus einem genehmigungspflichtigen Teil (Wohnhaus) und aus – bei isolierter Betrachtung – genehmigungsfreien Teilen (Stützmauer, Erdaufschüttung) besteht. Die Geländeauffüllung wurde vor diesem Hintergrund als „unselbständig“ und damit als baugenehmigungspflichtig bezeichnet. Darum geht es vorliegend indes nicht.

31

Dies vorausgeschickt gehen von der Treppenkonstruktion schon keine Wirkungen „wie von oberirdischen Gebäuden“ (§ 8 Abs. 8 Satz 1 LBauO) aus.

32

Wann von einer baulichen Anlage eine solche Wirkung ausgeht, ist mangels Regelung in § 8 Abs. 8 LBauO nach den konkreten Umständen des Einzelfalls und mit Blick auf die Schutzzwecke des Abstandsflächengebots zu ermitteln. Die Abstandsflächen sollen eine Brandübertragung verhindern, eine ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung in den Räumen der Gebäude und der Gebäude zueinander gewährleisten und nach dem überkommenen Verständnis der Abstandsvorschriften auch sozialen Zwecken, nämlich der Sicherung der „Privatheit“ und der Wahrung des Wohnfriedens, dienen. Zentraler Zweck ist es auch, unzumutbare Belästigungen zu verhüten und die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu verwirklichen (OVG RP, Urteil vom 19. Januar 2006 – 1 A 10845/05.OVG –, NVwZ-RR 2006, 768). Eine Einschränkung erfährt der Schutzzweck der Abstandsflächen allerdings im Fall von Anlagen nach § 8 Abs. 8 LBauO. Denn diesbezüglich regelt Satz 2 der vorgenannten Bestimmung, dass bei solchen Anlagen nur die Belichtung und Besonnung sowie der Brandschutz insoweit abstandsrechtlich eine Rolle spielen soll, nicht aber die Wahrung des Wohnfriedens (s. auch OVG RP, Urteil vom 21. September 2000 –1 A 10952/00.OVG –, NVwZ-RR 2001, 290).

33

Demzufolge kommt der Haustreppenanlage nach dem optischen Eindruck, wie er sich durch die in den Verwaltungs- und Gerichtsakten enthaltenen Lichtbildern darstellt, sowie der geringen Höhe, die sich – von der südlichen Grundstücksgrenze aus ansteigend – auf ca. 1 m beläuft (vgl. hierzu die Angaben des von der Klägerin beauftragten öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs S… vom 20. September 2013: Durchschnittshöhe 1 m; Ermittlungsbericht des Baukontrolleurs der Beklagten Lieder vom 6. November 2009: Höhe im Zugangsbereich zur Straße 0,18 m, Anstieg bis zur Gebäudeeingangstür bis zu einer Höhe von 0,90 m), keine gebäudegleiche Wirkung zu, die ein Bedürfnis nach Einhaltung von Abstandsflächen auslösen könnte.

34

Erst recht sind vor diesem Hintergrund die Anforderungen des § 8 Abs. 8 Satz 2 LBauO gewahrt. Denn weder wird durch die Treppenanlage die Beleuchtung mit Tageslicht erheblich beeinträchtigt, noch geht von ihr eine Brandübertragungsgefahr auf das sich im gegenüberliegenden Grundstücksbereich befindliche Wohngebäude der Klägerin aus.

35

Eine unzulässige Umgehung der abstandsflächenrechtlichen Bestimmungen des § 8 LBauO vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Beigeladene zu 1) hat durch die Vornahme der Umgestaltungsmaßnahme lediglich von den ihr durch § 8 Abs. 8 LBauO gesetzlich eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten in einer zulässigen Weise Gebrauch gemacht.

36

Eine andere Bewertung wäre im Übrigen auch dann nicht geboten, wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung für die grenzständige Mauer (L-Steine) sowie die Hauseingangstreppe eine isolierte Betrachtung vornehmen würde. Die L-Steine wären in diesem Fall schon gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 LBauO, wonach Einfriedungen und Stützmauern ohne eigene Abstandsflächen oder in den Abstandsflächen von Gebäuden bis zu 2 m Höhe zulässig sind, statthaft. Im Hinblick auf die nach dieser Maßgabe gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO zu beurteilende untere Hauseingangsstufe wäre allerdings der von dieser Vorschrift vorausgesetzte Mindestabstand zur Grundstücksgrenze der Klägerin von 2 m unterschritten, wenn man die Angaben des von ihr beauftragten Vermessungsingenieurs S… zugrunde legt, der davon ausgeht, dass der Abstand an den beiden äußeren Kanten der Eingangstreppe 1,94 und 1,97 m beträgt. Ob diese im September 2013 vorgenommene Vermessung angesichts des Umstandes, dass der Sachverständige Spelter zugunsten der Klägerin von einer nördlichen Grundstücksbreite des Grundstücks der Beigeladenen von 16,10 m anstatt von 16,24 m (Lage zum abgemarkten nordwestlichen Grenzpunkt) ausgegangen ist, zugrunde gelegt werden kann, lässt der Senat hier offen (vgl. hierzu das zwischen den Beteiligten ergangene Urteil vom 18. Juni 2015 – 1 A 10775/14.OVG). Denn angesichts der geringen Dimension der Treppenstufe (1,50 m Länge, ca. 0,40 m Breite und ca. 20 cm Höhe) würde sich die durchschnittliche Unterschreitung der Abstandsfläche um weniger als 0,05 m noch in einem Bagatellbereich bewegen und die Forderung nach einem Teilabriss gegen das sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergebende Schikaneverbot verstoßen.

37

Damit wird zugleich deutlich, dass die nördlich des Hauseingangs gelegenen Anschüttungen mit den hier verlegten L-Steinen im Grenzbereich zum Grundstück der Klägerin ungeachtet dessen, ob sie noch Teil einer einheitlichen Anlage „Rampe mit Treppe“ oder hiervon getrennt zu betrachten sind, die Vorgaben des § 8 LBauO einhalten.

38

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht darüber hinaus einen Verstoß gegen § 10 Abs. 1 LBauO verneint, demzufolge bei der Errichtung oder Änderung baulicher Anlagen verlangt werden kann, dass die Oberfläche des Grundstücks erhalten bleibt, um diese an die Höhe des Nachbargrundstücks anzugleichen. Zwar ist diese Vorschrift drittschützend, wenn durch die fehlerhafte Festsetzung einer Geländeoberfläche (vgl. § 2 Abs. 6 Satz 1 LBauO) eine Rechtsbeeinträchtigung des Nachbarn herbeigeführt wird, eine solche Festsetzung hat die Beklagte jedoch in der hier allein in Betracht kommenden Baugenehmigung vom 16. Juni 2005 nicht getroffen. Insbesondere ergeben sich aus der mit einem Grünstempel der Bauaufsichtsbehörde versehenen Zeichnung „Rückansicht West“ keine derartigen Schlussfolgerungen. Darin wurde von Seiten der Beklagten ausdrücklich klargestellt, dass sie den Bauschein im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 66 LBauO erteilt und bauordnungsrechtliche Vorschriften nicht geprüft hat. Auch mit ihrem Verweis auf die Stellungnahme des Mitarbeiters des Beklagten J… F… vom 23. Juni 2008 vermag die Klägerin nicht durchzudringen, da diese sich auf die bloße Wiedergabe von Sachverhaltsangaben und Rechtsansichten beschränkt.

39

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene zu 2) einen eigenen Antrag gestellt hat und somit ein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten der unterlegenen Klägerin aufzuerlegen.

40

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

41

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

42

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

43

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG. Dabei hat der Senat den sich aus Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (www.bverwg.de/information/streitwertkatalog) ergebenden und im erstinstanzlichen Verfahren zugrunde gelegten Wert von 7.500 Euro als Ausgangspunkt angesehen. Mit Blick auf den erfolgten Abtrennungsbeschluss wurde dieser Wert für das vorliegende Berufungsverfahren reduziert.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

weitere Fundstellen einblendenweitere Fundstellen ...

Diese Entscheidung wird zitiert ausblendenDiese Entscheidung wird zitiert


Diese Entscheidung zitiert ausblendenDiese Entscheidung zitiert


Tenor

Der Senat erwägt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Mainz vom 20. Dezember 2012 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Gründe

1

Der Senat hat die Sache beraten. Er erwägt die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung ist nicht geboten. Dem Beklagten wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 30. April 2013. Es wird zur Vermeidung weiterer Kosten angeregt, die Berufung zurückzunehmen. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 Kostenverzeichnis zum GKG). Die Gründe werden nachfolgend dargestellt:

I.

2

Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten die Zahlung einer Notwegerente für den Zeitraum von 2009 bis 2012 sowie die Feststellung einer Zahlungsverpflichtung des Beklagten für die Zukunft geltend.

3

Die Parteien sind Grundstücksnachbarn, die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks …[Z], der Beklagte ist Eigentümer des Grundstücks …[Z1] in …[Y]. Das Grundstück des Beklagten ist nur über das Grundstück der Klägerin erreichbar, und zwar über eine gepflasterte Hofeinfahrt. Im Grundbuch ist zugunsten der jeweiligen Eigentümer des Grundstücks …[Z] eine Baulast eingetragen.

4

Das Amtsgericht Mainz hat in dem Verfahren 81 C 107/11 mit rechtskräftigen Urteil vom 15.06.2011 (dort GA 53 ff.) festgestellt, dass dem Beklagten ein Geh- und Fahrrecht zur Erreichung seines Grundstücks …[Z1] zusteht.

5

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung einer Notwegerente in Anspruch.

6

Die Klägerin hat hierzu vorgetragen,

7

da aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Mainz vom 15.06.2011 feststehe, dass dem Beklagten ein Notwegerecht zustehe, könne sie eine Geldrente verlangen. Unerheblich sei, dass eine öffentlich-rechtliche Baulast im Grundbuch eingetragen sei. Die Höhe der Entschädigung, die sich an den Nachteilen des Verbindungsstücks orientiere, sei auf monatlich 75,00 € und jährlich 900,00 € festzusetzen. Ihr stehe ein Zahlungsanspruch ab 01.01.2009 sowie ein Feststellungsanspruch für die Zukunft zu. Der Beklagte sei auch verpflichtet, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen, da er mit der Zahlung der Notwegerente in Verzug sei.

8

Die Klägerin hat beantragt,

9

den Beklagten zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 3.600,00 € und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 159,99 € zu zahlen

10

sowie

11

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, an sie, die Klägerin, jährlich im Voraus, erstmals zum 01.01.2013 eine jährliche Geldrente in Höhe von 900,00 € zu zahlen.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Der Beklagte hat vorgetragen,

15

Grundlage für sein Geh- und Fahrrecht sei die Baulast. Infolgedessen sei ein Notwegerecht nicht erforderlich und dementsprechend kein Entgelt zu zahlen.

16

Das Landgericht hat den Beklagten nach Beweisaufnahme - Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) ...[A] - verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 596,78 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 74,08 € zu zahlen. Des Weiteren hat das Landgericht festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet sei, an die Klägerin im Voraus, erstmals zum 01.01.2013 eine Notwegerente in Höhe von 341,00 € zu zahlen. Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden.

17

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

18

Der Beklagte trägt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags nunmehr vor,

19

das Landgericht habe der Klage zu Unrecht teilweise entsprochen. Es habe seinen Vortrag stillschweigend übergangen, dass er ein vertragliches Recht habe, das Hinterliegergrundstück zu erreichen und zu verlassen. Beweisangebote seien übergangen worden.

20

Der Beklagte erstrebt unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Abweisung der Klage,

21

hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

22

Die Klägerin beantragt,

23

die Berufung gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen.

24

Die Klägerin trägt vor,

25

das Landgericht habe zu Recht der Klage in dem zugesprochenen Umfange entsprochen. Sie, die Klägerin, sei weder aus Vertrag noch aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften verpflichtet, dem Beklagten unentgeltlich die Überfahrt über ihr Grundstück zu gestatten. Eine Notwegerente stehe ihr zu, da das Amtsgericht in dem Verfahren 81 C 107/11 rechtskräftig ein Notwegerecht zugunsten des Beklagten festgestellt habe.

II.

26

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

27

Das Landgericht hat zu Recht der Klägerin eine Notwegrente gemäß § 917 Abs. 2 S. 1 BGB zugesprochen. Es steht aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Mainz - 81 C 107/11 - fest, dass dem Beklagten ein Notwegerecht an der auf dem Grundstück der Klägerin gelegenen Einfahrt zusteht (vgl. zum Notwegerecht und Anbindung an das Hausanwesen BGH, Urteil vom 12.12.2008 - V ZR 106/07 - NJW-RR 2009, 515 ff . = MDR 2009, 374 ff. ; OLG Koblenz, Beschluss vom 26.03.2009 - 2 U 715/08 - NJOZ 2010, 153 f; Urteil vom 11.07.1991 - 5 U 1808/90 - OLGZ 1992, 347 ff. = DWW 1992, 77 f..). Mit Recht führt das Landgericht aus, dass sich aus dem Umstand, dass im Grundbuch zugunsten des Eigentümers der …[Z] eine Baulast eingetragen ist, keine abweichende Beurteilung ergibt. Denn die Baulast verfolgt in erster Linie eine öffentlich-rechtliche Zielsetzung. Sie ermöglicht der Baubehörde bei der Erteilung von Genehmigungen, Ausnahmen von bauordnungsrechtlichen Vorschriften zu gestatten. Entgegen der Auffassung des Beklagten begründet die öffentlich-rechtliche Baulast kein privatrechtliches Nutzungsrecht des durch die Baulast Begünstigten (OLG Koblenz, Urteil vom 11.07.1991 - 5 U 1808/90 - OLGZ 1992, 347 ff. = DWW 1992, 77 f.).

28

Entgegen der Auffassung des Beklagten steht diesem kein vertragliches Recht zu, die Einfahrt der Klägerin unentgeltlich zu nutzen. Aus Ziffer IV 2. S. S. 3 des damaligen notariellen  Übergabevertrages, verhandelt vor Notar Dr. ...[B], Urkundenrolle Nr. …/1989 (GA 28, 30) zwischen dem Beklagten und seiner früheren Ehefrau, ...[C], lässt sich zwar entnehmen, dass der Beklagte seiner Ehefrau eine noch zu vermessende Teilfläche aus dem Grundstück …[Z1) übertragen hat und die bestehende Baulast der Übernehmerin bekannt und von ihr übernommen wird, hierdurch war die öffentliche Anbindung des Grundstücks des Beklagten an das Straßennetz wohl abgeschnitten. Diese Regelung entfaltet jedoch keine Bindungswirkung zum Nachteil der Klägerin. Der Beklagte kann aus der Baulast des Grundstücks der Klägerin keine privatrechtlichen Ansprüche gegen diese herleiten. Die Baulast stellt keinen Rechtsgrund für die unentgeltliche Inanspruchnahme einer Zufahrt zu einem Grundstück dar (BGH, Urteil vom 19.04.1985 - V ZR 152/83 - BGHZ 94, 160 ff. = NJW 1985, 1952 f. = MDR 1985, 832 = WM 1985, 893 f.).

29

Steht aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Amtsgerichts Mainz - 81 C 107/11 vom 15.06.2011 (dort GA 53 ff.) fest, dass dem Beklagten ein Notwegerecht in Form eines Geh- und Fahrrechts zur Erreichung seines Grundstücks …[Z1] in …[Y] zusteht, ist er gemäß § 917 Abs. 2 S. 2 BGB verpflichtet, der Klägerin eine Notwegerente zu zahlen.

30

Ungeachtet dessen wäre der Beklagte auch aufgrund der zu seinen Gunsten bestehenden Baulast verpflichtet, den Vermögensvorteil, den er durch die Möglichkeit der Zufahrt zu seinem Grundstück hat, der Klägerin aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 BGB (Eingriffskondiktion) zu ersetzen (vgl. BGH, Urteil vom 19.04.1985 - V ZR 153/83 - BGHZ 94, 160 ff. = NJW 1985, 1952 f. = WM 1985, 893 f. = MDR 1985, 832 f.).

31

Ausgehend von dem Bestehen einer Notwegerente stehen der Klägerin die vom Landgericht zugesprochenen Beträge zu. Der Feststellungsanspruch gemäß § 256 ZPO ist ebenfalls berechtigt. Hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Anspruchs werden von der Berufung keine gesonderten Angriffe geführt.

32

Die Berufung des Beklagten hat aus den dargelegten Gründen offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

33

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 3.176,78 € (596,78 € + 3.150,00 € x 80 % = 2.520,00 €, § 9 ZPO, vgl. Zöller/Herget, ZPO, 29. Auflage 2012, § 9 Rn. 1) festzusetzen.

Ein Grundstück kann zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, dass dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf oder dass auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen oder dass die Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstück dem anderen Grundstück gegenüber ergibt (Grunddienstbarkeit).

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.