Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 08. Okt. 2015 - 3 RBs 254/15
Tenor
Die Sache wird gem. § 80a Abs. 3 OWiG dem Senat für Bußgeldsachen in der Besetzung mit 3 Richtern übertragen (Entscheidung des Einzelrichters).
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass die Anordnung der Parallelvollstreckung des Fahrverbots mit dem in dem Verfahren des Amtsgerichts Kassel – 388 OWi 9873 Js 22233/14 – verhängten Fahrverbot entfällt.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Betroffene.
1
Gründe
2I.
3Der Landrat des Kreises N hat unter dem 17. September 2014 einen Bußgeldbescheid gegen den Betroffenen erlassen. Darin wird diesem vorgeworfen, am 7. Juli 2014 in F innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 48 km/h überschritten zu haben. Gegen den Betroffenen wurde eine Geldbuße in Höhe von 200,00 € sowie ein Fahrverbot von 1 Monat unter Zubilligung einer Abgabefrist von 4 Monaten festgesetzt.
4Gegen diesen Bußgeldbescheid hat der Verteidiger mit Telefax vom 24. September 2014 rechtzeitig Einspruch eingelegt.
5Bereits mit Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 10. September 2014 wurde gegen den Betroffenen wegen einer weiteren Geschwindigkeitsüberschreitung von 50 km/h eine Geldbuße i.H.v. 280,00 € sowie ein einmonatiges Fahrverbot unter Gewährung der 4-Monats-Frist verhängt. Der Beschluss des Amtsgerichts Kassel ist ausweislich der Gründe des angefochtenen Urteils seit dem 15. Januar 2014 (gemeint 15. Januar 2015) rechtskräftig.
6Nach Abgabe der Sache an das Amtsgericht hat der Betroffene den Einspruch im vorliegenden Verfahren auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
7Das Amtsgericht Lübbecke hat die Beschränkung des Einspruchs für wirksam gehalten und den Betroffenen am 16. März 2015 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße in Höhe von 200,00 € verurteilt und ihm – ohne Zubilligung der 4-Monatsfrist – für die Dauer von 1 Monat verboten, Kraftfahrzeuge aller Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Gleichzeitig hat es die Parallelvollstreckung mit dem in dem Verfahren Amtsgericht Kassel, Az.: 388 OWi – 9873 Js 22233/14 verhängten Fahrverbot angeordnet.
8Zur Begründung der Anordnung der Parallelvollstreckung hat das Amtsgericht ausgeführt:
9„Hinsichtlich des Fahrverbots war die Parallelvollstreckung mit dem in dem Verfahren Amtsgericht Kassel, Az. 388 OWi-9873 Js 22233/14 verhängten Fahrverbot anzuordnen. Das Gericht folgt der Argumentation von Gübner in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch f.d. straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Auflage 2015, RdNR. 1682-1686 m.w.N. Die Gegenansicht (vgl. aaO, RdNr. 1688-1692) führt zu einem Wertungswiderspruch und überzeugt nicht.“
10Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld Rechtsbeschwerde eingelegt.
11Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abzuändern, dass die Anordnung der Parallelvollstreckung des Fahrverbots mit dem in dem Verfahren des Amtsgerichts Kassel – 388 OWi 9873 Js 22233/14 – verhängten Fahrverbot entfällt.
12II.
13Die Rechtsbeschwerde wird zur Fortbildung des Rechts gemäß § 80a Abs. 3 OWiG dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen (Entscheidung des mitentscheidenden Einzelrichters des Senats).
14III.
15Die statthafte Rechtsbeschwerde begegnet hinsichtlich ihrer Zulässigkeitsvoraus-setzungen keinen Bedenken. Denn bei einer unzulässig angeordneten Rechtsfolge unterliegt die Rechtsbeschwerde keinen Zulässigkeitsbeschränkungen (vgl. KK-OWiG/Senge, 4. Auflage, § 97, Rdnr. 36a; Göhler-Seitz, OWiG, 16. Auflage, § 79, Rdnr. 18a). Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg, indem sie gemäß §§ 349 Abs. 4 StPO, 79 Abs. 3 S. 1 und Abs. 6 OWiG zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem im Tenor genannten Umfang führt. Denn das Amtsgericht Lübbecke war zur Entscheidung über die Anordnung der Parallelvollstreckung (noch) nicht befugt.
161) Die Rechtsbeschwerde ist rechtswirksam auf den Ausspruch über die Parallelvollstreckung beschränkt worden, so dass es einer Verwerfung der Rechtsbeschwerde im Übrigen nicht bedurfte. Zwar hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld beantragt, das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Lübbecke zurückzuverweisen. Mit diesem Antrag steht die Rechtsbeschwerdebegründung jedoch nicht im Einklang. Aus den Beanstandungen ergibt sich vielmehr, dass die Staatsanwaltschaft das Urteil lediglich insoweit für rechtsfehlerhaft hält, als dass das Amtsgericht die Parallelvollstreckung des Fahrverbots angeordnet hat. Somit widersprechen sich Rechtsbeschwerdeantrag und Rechtsbeschwerdebegründung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 468/14 – NStZ-RR 2015, 88 m.w.N.). Danach entnimmt der Senat dem Rechtsbeschwerdevorbringen der Staatsanwaltschaft in einer Gesamtschau – korrespondierend mit dem Antrag der Generalsstaatsanwaltschaft –, dass das Urteil allein im Hinblick auf die nach Auffassung der Staatsanwaltschaft rechtsfehlerhaft angeordnete Parallelvollstreckung des Fahrverbots angefochten werden soll.
172) Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das angegriffene Urteil leidet im tenorierten Umfang an einem Verfahrenshindernis. Denn das Amtsgericht war zur Entscheidung über die Anordnung der Parallelvollstreckung (noch) nicht berufen. Auch wenn dies von der Rechtsbeschwerde nicht gerügt worden ist, war dieser Umstand von Amts wegen zu beachten (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Auflage, § 338, Rdnr. 32).
18Bei der Frage, ob eine Parallelvollstreckung des Fahrverbots im vorliegenden Verfahren zulässig ist, handelt es sich der Sache nach um eine Entscheidung über die Vollstreckung gerichtlicher Bußgeldentscheidungen. Abgesehen davon, dass es daher zunächst einer rechtskräftigen Entscheidung über das angeordnete Fahrverbot bedurft hätte, richtet sich die Vollstreckung des Fahrverbots gemäß § 91 OWiG nach den dort genannten Vorschriften der StPO. Zuständig für die Entscheidung ist danach zunächst die Vollstreckungsbehörde. Dies ist hier gem. § 91 OWiG i.V.m. § 451 Satz 1 StPO die Staatsanwaltschaft, wobei sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Gericht des 1. Rechtszuges bestimmt (vgl. Göhler-Seitz, OWiG, 16. Auflage, § 91, Rdnr. 2 a.E.). Vollstreckungsbehörde im vorliegenden Verfahren wäre daher – nach Eintritt der Rechtskraft – die Staatsanwaltschaft Bielefeld.
19Mit der vom Amtsgericht bereits im Bußgeldverfahren erlassenen Anordnung der Parallelvollstreckung hat das Amtsgericht Lübbecke somit eine Entscheidung getroffen, für die es (noch) nicht zuständig war. Daran ändert auch nichts, dass die Staatsanwaltschaft Bielefeld im Vorfeld der Entscheidung angehört worden ist, zumal das im vorliegenden Verfahren angeordnete Fahrverbot auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Rechtskraft erwachsen war.
20Erst wenn der Betroffene gegen eine ablehnende Entscheidung der Staatsanwaltschaft gem. § 103 Abs. 1 Nr. 1 OWiG einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt hätte, wäre gemäß § 104 Abs. 1 Nr. 2 StGB das Gericht des 1. Rechtszuges, also das Amtsgericht Lübbecke, zuständig gewesen.
21Dem Erfolg der Rechtsbeschwerde steht auch nicht entgegen, dass ein Rechtsmittel gegen eine gerichtliche Entscheidung nach § 103 Abs. 1 Nr. 1 OWiG gemäß § 104 Abs. 2 OWiG nicht statthaft wäre. Denn das Amtsgericht Lübbecke hat vorliegend nicht als das nach § 104 Abs. 1 Nr. 2 OWiG zuständige Gericht, sondern als das nach § 68 OWiG zuständige Gericht entschieden.
223) Da aus den oben genannten Gründen weder das Amtsgericht Lübbecke noch der Senat für die Entscheidung über die Vollstreckung des Fahrverbots zuständig ist, war die angefochtene Anordnung der Parallelvollstreckung ohne Zurückverweisung entsprechend § 79 Abs. 6 OWiG ersatzlos aufzuheben.
234) Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt gem. § 46 Abs. 1 OWiG in entsprechender Anwendung des § 473 Abs. 1 StPO der Betroffene. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sowie die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen aus Gründen der sachlichen Gerechtigkeit der Staatskasse aufzuerlegen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Auflage, § 473, Rdnr. 17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4. September 1997 – 1 Ws 694/97 – NStZ-RR 1998, 159) kam nicht in Betracht, weil die fehlerhafte Entscheidung in erster Linie auf dem Antrag des Betroffenen beruhte.
24IV.
25Obwohl der Senat sich aus den o.g. Gründen mit der Frage der Zulässigkeit der Parallelvollstreckung in sogenannten „Mischfällen“ nicht zu befassen hatte und ein Rechtsmittel gegen eine gem. § 104 OWiG ergangene amtsgerichtliche Entscheidung zur Vollstreckung von Fahrverboten gem. § 104 Abs. 2 OWiG unanfechtbar wäre, geben die im vorliegenden Verfahren vertretenen Rechtsauffassungen sowie die Tatsache, dass dies Auswirkungen auf eine Strafbarkeit nach § 21 StVG haben kann, Anlass zu der Bemerkung, dass der Senat die Auffassung des Amtsgerichts nicht teilt. Nach Auffassung des Senats ist § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG auch auf die sogenannten Mischfälle anzuwenden, in denen ein Fahrverbot unter Gewährung der 4-Monatsfrist mit einem Fahrverbot ohne Vollstreckungsaufschub zusammentrifft, so dass die Fahrverbote in diesen Fällen nacheinander zu vollstrecken sind. Dabei hat sich der Senat von folgenden Gesichtspunkten leiten lassen:
261) Es ist allgemein anerkannt und entspricht herrschender Meinung, dass die jeweils ohne Gewährung der 4-Monatsfrist in verschiedenen Bußgeldbescheiden angeordneten Fahrverbote grundsätzlich nebeneinander vollstreckt werden können (vgl. Göhler-Seitz, OWiG, 16. Auflage, § 90, Rdnr. 31b m.w.N.; BHJJ/Burmann, 23. Auflage, § 25 StVG, Rdnr. 46 m.w.N.; BayObLG, Urteil vom 20. Juli 1993 – 2 St RR 81/93 – NZV 1993, 489; Senat, Beschluss vom 30. April 2015 – 3 RBs 116/15 - BeckRS 2015, 12204; Seutter, Die Parallelvollstreckung von Fahrverboten, DAR 2015, 428 m.w.N.; Krumm, Parallelvollstreckung von Fahrverboten: So geht’s!, ZfSch 2013, 368 m.w.N.). Dies gilt auch, wenn ein Fahrverbot nach § 25 StVG und ein Fahrverbot nach § 44 StGB vollstreckt werden. Das Bayerische Oberste Landesgericht begründete diese Auffassung in der o.g. Entscheidung noch vor Inkrafttreten des § 25 Abs. 2a StVG u.a. damit, dass Fahrverbote gegen einen Kraftfahrer ohne Führerschein bereits nach dem Gesetzeswortlaut je nach Eintritt der Rechtskraft gleichzeitig oder sich überschneidend wirksam werden können. Diese eindeutige Rechtslage könne sich nicht dadurch ändern, dass der Kraftfahrer einen Führerschein besitzt, der dann in amtliche Verwahrung gegeben wird. Diese Argumentation ist auch nach Inkrafttreten des § 25 Abs. 2a StVG schlüssig und nachvollziehbar. Zudem kann im Umkehrschluss aus § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG entnommen werden, dass die grundsätzliche Zulässigkeit der Parallelvollstreckung auch vom Gesetzgeber anerkannt ist. So heißt es schließlich auch in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 13/8655, S. 14) zu § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG:
27„Durch die Bestimmung des Satzes 2 wird Missbrauch ausgeschlossen, der darin bestehen könnte, dass ein Betroffener mehrere kurz hintereinander verhängte Fahrverbote zusammenlegt. Satz 2 bestimmt, dass in diesen Fällen in Abweichung von der sonst gültigen Regelung ausnahmsweise die Fahrverbotsfristen addiert werden.“
282) Ebenso entspricht es der herrschenden Auffassung, dass bereits aufgrund des Wortlauts des § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG in verschiedenen Bußgeldverfahren jeweils unter Bewilligung der 4-Monats-Frist des Satzes 1 verhängte Fahrverbote nacheinander zu vollstrecken sind (vgl. Krumm, Parallelvollstreckung von Fahrverboten: So geht’s!, ZfSch 2013, 368). Nach überwiegender Auffassung gilt dies auch bei gleichzeitig eintretender Rechtskraft (vgl. Seutter a.a.O.)
293) Umstritten ist hingegen, wie in den Fällen zu verfahren ist, in denen es um die Vollstreckung zweier Fahrverbote geht, von denen eines mit und eines ohne Gewährung der 4-Monatsfrist des § 25 Abs. 2a Satz 1 StVG vollstreckt wird (Für die Zulässigkeit einer Parallelvollstreckung auch in diesen Fällen: vgl. BHJJ/Burmann, StraßenverkehrsR, 23. Auflage, § 25 StVG, Rdnr. 46; Gübner in Burhoff, Handbuch f.d. straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 3. Auflage, Rdnr. 1104 f.; Seutter, Die Parallelvollstreckung von Fahrverboten, DAR 2015, 428; Krumm, Parallelvollstreckung von Fahrverboten: So geht’s!, ZfSch 2013, 368; AG Viechtach, Beschluss vom 22. Februar 2007 – 7 II OWi 289/07 – BeckRS 2007, 11975; AG Münster, Beschluss vom 4. April 2007 – 51 OWi 290/07 -, BeckRS 2007, 11947; AG Herford, Beschluss vom 15. Januar 2009 – 11a OWi 1693/07 – juris, AG Cottbus, Beschluss vom 14. Juli 2009 – 83 OWi 562/09 – juris; AG Bremen, Beschluss vom 20. August 2010 – 82 OWi 660 Js 71292/09 (4/10) – juris. Für die gegenteilige Auffassung, wonach die Fahrverbote in diesen Fällen nacheinander zu vollstrecken sind: vgl. Göhler-Seitz, OWiG, 16. Auflage, § 90, Rdnr. 31 b; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 25 StVG, Rdnr. 30; KK-OWiG/Mitsch, 4. Auflage, § 90, Rdnr. 47; AG Viechtach, Beschluss vom 4. März 2008 – 7 II OWi 307/08 – juris; AG Velbert, Beschluss vom 8. Januar 2009 – 20 OWi 12/08 – juris; AG Bielefeld, Beschluss vom 25. März 2011 – 10 OWi 468/11 – juris; AG Nördlingen, Beschluss vom 17. September 2012 – 1 OWi 608 Js 125792/11 – juris).
30a) Nach Auffassung des Senats ist eine Parallelvollstreckung in diesen sogenannten Mischfällen – ebenso wie bei der Vollstreckung zweier jeweils unter Billigung der 4-Monatsfrist verhängte Fahrverbote – bereits aufgrund des Wortlauts des § 25 Abs. 2a Satz 2 StPO unzulässig. Denn aus der Formulierung „weitere Fahrverbote“ in § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG ergibt sich keine Einschränkung dergestalt, dass damit nur weitere Fahrverbote im Sinne von Satz 1 (Fahrverbote unter Gewährung der 4‑Monats-Frist) gemeint sind. Zudem spricht auch die Gesetzesbegründung sowie die Entstehungsgeschichte zu § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG dafür, dass der Gesetzgeber in jedem Fall eine isolierte Vollstreckung von Fahrverboten mit 4-Monats-Frist beabsichtigt hatte.
31aa) Der Gesetzgeber hat die Einfügung des § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG (BT-Drs. 13/8655, S. 14) wie folgt begründet:
32„Durch die Bestimmung des Satzes 2 wird Missbrauch ausgeschlossen, der darin bestehen könnte, dass ein Betroffener mehrere kurz hintereinander verhängte Fahrverbote zusammenlegt. Satz 2 bestimmt, dass in diesen Fällen in Abweichung von der sonst gültigen Regelung ausnahmsweise die Fahrverbotsfristen addiert werden.“
33Es sollte demnach verhindert werden, dass ein Betroffener mehrere kurz hintereinander verhängte Fahrverbote nach eigener Disposition zusammenlegt. Für eine grundsätzliche Dispositionsbefugnis des Betroffenen ist es aber nicht erforderlich, dass 2 Fahrverbote unter Zubilligung der 4-Monatsfrist verhängt werden. Vielmehr reicht es aus, wenn eines von kurz hintereinander verhängten Fahrverboten unter Gewährung der 4-Monatsfrist des § 25 Abs. 2a Satz 1 StVG verhängt wird. Denn auch in diesem Fall würde es dem Betroffenen ansonsten freistehen, dass unter Gewährung der 4-Monatsfrist verhängte Fahrverbot mit dem weiteren Fahrverbot zusammenzulegen. Dies sollte nach der Gesetzesbegründung aber gerade verhindert werden.
34bb) Dass eine einschränkende Auslegung zu der grundsätzlich isolierten Voll-streckung eines nach § 25 Abs. 2a Satz 1 StVG unter der Zubilligung der 4‑Monatsfrist verhängten Fahrverbots vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt war, ergibt sich auch aus dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens.
35Die Bundesregierung hatte sich zuvor in ihrem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze ausdrücklich gegen einen Vorschlag des Bundesrates entschieden (vgl. BT-Drs 13/6914, S. 119), der zuvor in seiner Stellungnahme angeregt hatte, § 25 Abs. 5 StVG dahin zu ändern, dass mehrere Fahrverbote grundsätzlich nacheinander zu vollstrecken sind (vgl. BT-Drs 13/6914, S. 114). Die Bundesregierung hatte ihre ablehnende Entscheidung u.a. damit begründet, dass das Fahrverbot die Funktion einer Denkzettelmaßnahme habe. Mit der Verhängung des Fahrverbotes werde auch die Erwartung verknüpft, der Täter werde sich durch die vorübergehende Entfernung aus dem motorisierten Straßenverkehr auf seine Pflichten besinnen. Dazu bedürfe es einer Addition mehrerer Fahrverbotsfristen nicht (vgl. BT-Drs 13/6914, S. 119). Die Einführung einer 4-Monatsfrist war von Seiten der Bundesregierung demgegenüber nicht in den Blick genommen worden.
36Die Einfügung des § 25 Abs. 2a StVG in der heute geltenden Fassung beruht letztendlich auf einem Gesetzentwurf mehrerer Abgeordneter sowie der Fraktion der SPD. Dieser sah zur Entlastung der Rechtspflege vor, § 25 Abs. 2 StVG dahin zu ändern, dass grundsätzlich eine 4-Monats-Frist eingeräumt wird (BT-Drs 13/3691, S. 4). Dieser Gesetzentwurf konnte sich indes ebenso wie der o.g. Gesetzentwurf der Bundesregierung, in dem die Addition von Fahrverboten abgelehnt wurde, in dieser allgemeinen Form nicht durchsetzen. Aufgrund der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses wurde der o.g. Entwurf nur teilweise aufgegriffen, indem nach Absatz 2 ein Absatz 2a in der heute gültigen Fassung eingefügt wurde (BT-Drs 13/8655, S. 10). In der entsprechenden Begründung des Rechtsausschusses heißt es:
37„Der Rechtsausschuss hat einen Vorschlag des SPD-Entwurfs in modifizierter Form aufgegriffen, durch den die Justiz von Einsprüchen entlastet werden soll, die allein eingelegt werden, um die Wirksamkeit der Fahrverbote auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Der Rechtsausschuss hat den Vorschlag, wonach der Betroffene innerhalb von vier Monaten nach Rechtskraft des Bußgeldbescheides den Zeitpunkt des Fahrverbots generell selbst bestimmen kann, auf Fälle begrenzt, in denen in den zwei Jahren zuvor kein Fahrverbot gegen den Betroffenen verhängt wurde. Durch die Bestimmung des Satzes 2 wird Missbrauch ausgeschlossen, der darin bestehen könnte, dass ein Betroffener mehrere kurz hintereinander verhängte Fahrverbote zusammenlegt. Satz 2 bestimmt, dass in diesen Fällen in Abweichung von der sonst gültigen Regelung ausnahmsweise die Fahrverbotsfristen addiert werden.“
38Der Gang des Gesetzgebungsverfahrens zeigt, dass der Gesetzgeber weder eine grundsätzliche Addition von Fahrverboten noch eine grundsätzliche Zubilligung einer 4-Monatsfrist beabsichtigt hatte und zur Gewährung der 4-Monats-Frist nur unter den Bedingungen bereit war, dass
391. in den letzten 2 Jahren zuvor kein Fahrverbot verhängt wurde und
402. Missbrauch dahingehend ausgeschlossen werden sollte, dass der auf diese Weise begünstigte Betroffene keine 2 Fahrverbote zusammenlegen dürfe.
41Der Gesetzgeber hat sich in den Fällen, in denen er die Gewährung eines Voll-streckungsaufschubes für angezeigt hält, also letztlich bewusst für eine Addition von Fahrverbotsfristen entschieden. Wenn der Gesetzgeber demgegenüber in den Mischfällen eine Parallelvollstreckung hätte ermöglichen wollen, hätte es nahegelegen, § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG ausdrücklich auf die Fälle der Zubilligung der 4‑Monatsfrist zu beschränken, indem § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG beispielsweise wie folgt formuliert worden wäre: „Werden gegen den Betroffenen weitere Fahrverbote im Sinne des S. 1 rechtskräftig verhängt, so sind die Fahrverbotsfristen nacheinander in der Reihenfolge der Rechtskraft der Bußgeldentscheidungen zu berechnen“. Eine solche Formulierung hat der Gesetzgeber aber gerade nicht gewählt. Da zudem unterstellt werden kann, dass dem Gesetzgeber die o.g. Auffassung der Bundesregierung, die eine Addition von Fahrverbotsfristen grundsätzlich ablehnte, bei der Entschließung zur Einfügung des § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG bekannt gewesen ist, spricht auch dies dafür, dass eine einschränkende Fassung des § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG nicht beabsichtigt war.
42b) Angesichts des nach Auffassung des Senats eindeutigen Wortlauts vermögen die Argumente, die gegen die Anwendung des § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG in den sogenannten Mischfällen vorgebracht werden (vgl. Gübner in Burhoff, Handbuch f.d. straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 3. Auflage, Rdnr. 1104 f.; Seutter, Die Parallelvollstreckung von Fahrverboten, DAR 2015, 428; Krumm, Parallelvollstreckung von Fahrverboten: So geht’s!, ZfSch 2013, 368), im Ergebnis nicht zu überzeugen. Denn auch wenn die hierfür vorgebrachten Begründungen grundsätzlich überwiegend nachvollziehbar und plausibel sind, treffen diese Begründungen letztlich auch auf die Fälle zu, in denen gegen einen Betroffenen mehrere Fahrverbote unter Gewährung der 4-Monatsfrist des § 25 Abs. 2a Satz 1 StVG verhängt werden und bei denen die Anschlussvollstreckung unstreitig ist. So wird beispielsweise auch in diesen Fällen ein „Ersttäter“ durch die Addition der Fahrverbote vermeintlich schlechter gestellt als ein „Wiederholungstäter“, der durch geschickte Einlegung von Rechtsmitteln bzw. deren Rücknahme zu einer Parallelvollstreckung von Fahrverboten gelangen kann.
43Soweit für die Zulässigkeit der Parallelvollstreckung vereinzelt auch auf eine Entscheidung des Senats vom 27. Oktober 2009 (Az.: 3 Ss OWi 451/09, NZV 2010, 159) abstellt wird, wird darauf hingewiesen, dass der Senat an dieser Rechtsprechung nicht mehr festhält (vgl. Senat, Beschluss vom 30. April 2015 – 3 RBs 116/15, BeckRS 2015, 12204).
44Sollte der Gesetzgeber angesichts dieser vom Senat geäußerten Rechtsauffassung zu der Überzeugung gelangen, mit der Regelung in § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG über das von ihm verfolgte Ziel „hinausgeschossen“ zu sein, ist es ihm unbenommen, den Gesetzestext entsprechend anzupassen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 08. Okt. 2015 - 3 RBs 254/15
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(1) Die Bußgeldsenate der Oberlandesgerichte sind mit einem Richter besetzt, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(2) Die Bußgeldsenate der Oberlandesgerichte sind mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt in Verfahren über Rechtsbeschwerden in den in § 79 Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Fällen, wenn eine Geldbuße von mehr als fünftausend Euro oder eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art im Wert von mehr als fünftausend Euro festgesetzt oder beantragt worden ist. Der Wert einer Geldbuße und der Wert einer vermögensrechtlichen Nebenfolge werden gegebenenfalls zusammengerechnet.
(3) In den in Absatz 1 bezeichneten Fällen überträgt der Richter die Sache dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern, wenn es geboten ist, das Urteil oder den Beschluss nach § 72 zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nachzuprüfen. Dies gilt auch in Verfahren über eine zugelassene Rechtsbeschwerde, nicht aber in Verfahren über deren Zulassung.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kosten des Rechtsmittels sowie die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten hat die Staatskasse zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Ferner hat es Maßnahmen nach §§ 69, 69a StGB angeordnet. Die dagegen gerichtete, zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte und vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft , mit der sie die Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe erstrebt , hat keinen Erfolg.
I.
- 2
- Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
- 3
- 1. Der Angeklagte war als Taxifahrer in der Silvesternacht vom 31. Dezember 2012 auf den 1. Januar 2013 mit seinem Großraumtaxi auf dem Weg zu einer Kundin. Das Fahrzeug verfügte hinten über zwei Sitzreihen; der Zustieg erfolgte über Schiebetüren. Am Nachbarhaus der ihm telefonisch genannten Adresse wurde er von dem späteren Tatopfer M. und seinen beiden Begleitern angehalten, die mit einem Taxi zum Bahnhof fahren wollten. Der Angeklagte lehnte die Beförderung mit der Begründung ab, er könne sie wegen einer anderen Bestellung nicht mitnehmen. Währenddessen hatte M. die hintere rechte Schiebetür des Taxis geöffnet und war eingestiegen. Der Angeklagte forderte ihn auf, das Fahrzeug wieder zu verlassen. Während M. ausstieg, entspann sich ein Wortwechsel mit dem Angeklagten, da M. auf der Beförderung bestand. Unmittelbar nachdem M. das Taxi verlassen hatte und mit beiden Füßen auf der Straße stand, fuhr der Angeklagte mit seinem Taxi an. Die hintere rechte Schiebetür war zu diesem Zeitpunkt noch offen, was dem Angeklagten bewusst war. M. wollte nun den Angeklagten dazu bewegen, das Taxi anzuhalten. Er griff mit seiner linken Hand durch die geöffnete Schiebetür in das Fahrzeug und hielt sich im Inneren fest. Dann lief er neben dem Fahrzeug her, wobei er sich mit dem Oberkörper halb im Fahrzeug befand, rief einige Male „Stopp“ und versuchte, sich in das Fahrzeug hineinzuziehen,während der Angeklagte das Fahrzeug beschleunigte. Der Angeklagte hörte die Rufe und bemerkte , dass M. an der offenen Tür neben dem Fahrzeug herlief. Gleichwohl setzte er seinen Beschleunigungsvorgang fort. Dabei nahm er in Kauf, dass das Taxi M. touchieren könnte, dieser möglicherweise zu Fall kommen und sich dabei durch Prellungen oder Abschürfungen leicht verletzen könnte. Mit diesen möglichen Folgen hatte sich der Angeklagte abgefunden. Ihm war ferner bewusst, dass es auch zu einem schweren oder tödlichen Unfall kommen könnte, wenn das Fahrzeug die nebenherlaufende Person berühren sollte. Nach einigen Sekunden geriet M. ins Straucheln , löste seinen Griff im Inneren des Fahrzeugs und fiel hin, wobei er sich durch den Anstoß am Fahrzeug eine Verletzung am Oberarm und eine Schürf- wunde zuzog. Im Fallen verhakte sich seine Jacke in der Schiebetür, sodass er in eine horizontale Drehbewegung versetzt wurde, durch die sein Kopf unter das Fahrzeug geriet und vom rechten Hinterrad überrollt wurde. Er war sofort tot.
- 4
- 2. Das Landgericht hat angenommen, dass der Angeklagte eine Verletzung M. s durch eine Berührung mit seinem Fahrzeug billigend in Kauf genommen habe. Er habe damit den Tatbestand einer gefährlichen Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt. Den Tod des M. habe er fahrlässig verursacht, indem er – abgesehen von der vorangegangenen Körperverletzung – gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen habe , sein Fahrzeug so zu führen, dass andere Personen dabei nicht geschädigt werden (§ 1 Abs. 2 StVO). Der Kausalverlauf (Sturz des Opfers durch die Weiterfahrt trotz der dicht neben dem Fahrzeug laufenden Person) und die mögliche Folge des Todes lägen nicht außerhalb der Lebenserfahrung und seien für den Angeklagten vorhersehbar gewesen. Bei rechtmäßigem Handeln, wenn also der Angeklagte alsbald gebremst hätte, nachdem er bemerkt hatte, dass M. an der offenen Tür neben seinem Fahrzeug herlief, wäre der Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten.
- 5
- Das Landgericht hat nach Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände einen minder schweren Fall der Körperverletzung mit Todesfolge im Sinne von § 227 Abs. 2 StGB angenommen.
II.
- 6
- Die Revision der Staatsanwaltschaft ist rechtswirksam auf den Strafausspruch beschränkt.
- 7
- 1. Zwar hat die Staatsanwaltschaft eingangs ihrer Revisionsbegründung die (uneingeschränkte) Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen und die Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer zur erneuten Verhandlung und Entscheidung beantragt. Ferner hat sie zur Begründung der von ihr erhobenen Rüge der Verletzung materiellen Rechts ausgeführt, durch die nachfolgenden Einzelausführungen die allgemeine Sachrüge nicht beschränken zu wollen. Mit diesem den Schuld- und Strafausspruch umfassenden Revisionsantrag sowie dem Einleitungssatz der Begründung steht der übrige Inhalt der Revisionsrechtfertigung jedoch nicht in Einklang. Aus den einzelnen Beanstandungen sowie den zusammenfassenden Ausführungen am Schluss der Revisionsrechtfertigung ergibt sich vielmehr, dass die Revisionsführerin das Urteil nur deshalb für fehlerhaft hält, weil das Landgericht der Bemessung der Freiheitsstrafe zu Unrecht den Strafrahmen des minder schweren Falles nach § 227 Abs. 2 StGB zu Grunde gelegt und bei der Strafzumessung im engeren Sinne strafmildernde Umstände zu Unrecht berücksichtigt und strafschärfende Gesichtspunkte nicht erkennbar erwogen habe. Somit widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung. In einem solchen Fall ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln (BGH, Urteil vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. November 2003 – 1 StR 182/03, NStZ-RR 2004, 118; Urteil vom 12. April 1989 – 3 StR 453/88, NJW 1989, 2760, 2762; insoweit in BGHSt 36, 167 nicht abgedruckt; Urteil vom 17. Dezember 1998 – 4 StR 527/98; Beschluss vom 7. November 2002 – 5 StR 336/02, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 5; LR-StPO/Franke, 26. Aufl., § 344 Rn. 10).
- 8
- Danach entnimmt der Senat dem Revisionsvorbringen der Staatsanwaltschaft in einer Gesamtschau, dass der Schuldspruch nicht angegriffen werden soll. Es ist nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsrechtfertigung allein der Strafausspruch angefochten (vgl. auch Senatsurteil vom 25. April 2013 – 4 StR 296/12, Rn. 4, insoweit in StV 2013, 699 nicht abgedruckt). Der von der Staatsanwaltschaft geltend gemachte Erörterungsmangel, wonach das Landgericht das Ausmaß des Verschuldens nicht hinreichend berücksichtigt habe, rechtfertigt keine andere Beurteilung der Reichweite des Rechtsmittelangriffs. Die Beanstandung bezieht sich ersichtlich auf den Schuldumfang.
- 9
- 2. Die Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch ist im vorliegenden Fall auch rechtswirksam.
- 10
- Es liegen keine Umstände vor, aus denen sich ausnahmsweise eine untrennbare Verknüpfung der Erörterungen zur Schuld- und Straffrage ergibt. Soweit die Revision im Hinblick auf die von ihr beanstandete Annahme eines minder schweren Falles im Sinne von § 227 Abs. 2 StGB die Beweiswürdigung angreift , betrifft dies keine tatbestandsrelevanten Feststellungen.
III.
- 11
- Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
- 12
- Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten bei der Wahl des Strafrahmens und bei der Strafzumessung im engeren Sinne zeigt die Revision nicht auf. Das Landgericht hat die erforderliche Gesamtschau vorgenommen und dabei alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt. Es ist auch nicht zu besorgen , dass das Landgericht den Grad der Fahrlässigkeit und den Umfang des Vorsatzes unzutreffend bewertet hat. In Anbetracht der zahlreichen strafmildernden Umstände ist die Annahme eines minder schweren Falles im Sinne von § 227 Abs. 2 StGB aus Rechtsgründen ebenso wenig zu beanstanden wie die Höhe der verhängten Freiheitsstrafe.
- 13
- Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten hat die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revision der Staatsanwaltschaft nicht ergeben (§ 301 StPO).
Mutzbauer Bender
Für die Vollstreckung der gerichtlichen Bußgeldentscheidung gelten § 451 Abs. 1 und 2, die §§ 459 und 459g Abs. 1 sowie Abs. 2 in Verbindung mit § 459 der Strafprozeßordnung, im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende auch § 82 Abs. 1, § 83 Abs. 2 sowie die §§ 84 und 85 Abs. 5 des Jugendgerichtsgesetzes sinngemäß.
(1) Die Strafvollstreckung erfolgt durch die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde auf Grund einer von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erteilenden, mit der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit versehenen, beglaubigten Abschrift der Urteilsformel.
(2) Den Amtsanwälten steht die Strafvollstreckung nur insoweit zu, als die Landesjustizverwaltung sie ihnen übertragen hat.
(3) Die Staatsanwaltschaft, die Vollstreckungsbehörde ist, nimmt auch gegenüber der Strafvollstreckungskammer bei einem anderen Landgericht die staatsanwaltschaftlichen Aufgaben wahr. Sie kann ihre Aufgaben der für dieses Gericht zuständigen Staatsanwaltschaft übertragen, wenn dies im Interesse des Verurteilten geboten erscheint und die Staatsanwaltschaft am Ort der Strafvollstreckungskammer zustimmt.
(1) Über Einwendungen gegen
- 1.
die Zulässigkeit der Vollstreckung, - 2.
die von der Vollstreckungsbehörde nach den §§ 93, 99 Abs. 2 und § 102 Abs. 1 getroffenen Anordnungen, - 3.
die sonst bei der Vollstreckung eines Bußgeldbescheides getroffenen Maßnahmen
(2) Durch Einwendungen nach Absatz 1 wird die Vollstreckung nicht gehemmt. Das Gericht kann jedoch die Vollstreckung aussetzen.
(1) Wer eine auf Grund von Rechtsvorschriften oder nach anerkanntem Brauch öffentlich gezeigte Flagge eines ausländischen Staates oder wer ein Hoheitszeichen eines solchen Staates, das von einer anerkannten Vertretung dieses Staates öffentlich angebracht worden ist, entfernt, zerstört, beschädigt oder unkenntlich macht oder wer beschimpfenden Unfug daran verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ebenso wird bestraft, wer öffentlich die Flagge eines ausländischen Staates zerstört oder beschädigt und dadurch verunglimpft. Den in Satz 2 genannten Flaggen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(1) Über Einwendungen gegen
- 1.
die Zulässigkeit der Vollstreckung, - 2.
die von der Vollstreckungsbehörde nach den §§ 93, 99 Abs. 2 und § 102 Abs. 1 getroffenen Anordnungen, - 3.
die sonst bei der Vollstreckung eines Bußgeldbescheides getroffenen Maßnahmen
(2) Durch Einwendungen nach Absatz 1 wird die Vollstreckung nicht gehemmt. Das Gericht kann jedoch die Vollstreckung aussetzen.
(1) Die bei der Vollstreckung notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen werden erlassen
- 1.
von dem nach § 68 zuständigen Gericht, wenn ein Bußgeldbescheid zu vollstrecken ist, - 2.
von dem Gericht des ersten Rechtszuges, wenn eine gerichtliche Bußgeldentscheidung zu vollstrecken ist, - 3.
von dem Jugendrichter, dem die Vollstreckung einer gerichtlichen Bußgeldentscheidung obliegt, soweit nicht eine Entscheidung nach § 100 Abs. 1 Nr. 2 zu treffen ist, - 4.
von dem Gericht des ersten Rechtszuges im Strafverfahren, wenn eine Entscheidung nach § 102 Abs. 2 zu treffen ist.
(2) Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung. Vor der Entscheidung ist den Beteiligten Gelegenheit zu geben, Anträge zu stellen und zu begründen.
(3) Die sofortige Beschwerde ist zulässig gegen die
- 1.
Anordnung der Erzwingungshaft und die Verhängung des Jugendarrestes, - 2.
nachträgliche Entscheidung über die Einziehung (§ 100 Abs. 1 Nr. 2), - 3.
gerichtliche Entscheidung in den Fällen des § 103 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 2;
(1) Bei einem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid entscheidet das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Verwaltungsbehörde ihren Sitz hat. Der Richter beim Amtsgericht entscheidet allein.
(2) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende ist der Jugendrichter zuständig.
(3) Sind in dem Bezirk der Verwaltungsbehörde eines Landes mehrere Amtsgerichtsbezirke oder mehrere Teile solcher Bezirke vorhanden, so kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung die Zuständigkeit des Amtsgerichts abweichend von Absatz 1 danach bestimmen, in welchem Bezirk
- 1.
die Ordnungswidrigkeit oder eine der Ordnungswidrigkeiten begangen worden ist (Begehungsort) oder - 2.
der Betroffene seinen Wohnsitz hat (Wohnort),
(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn
- 1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist, - 2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist, - 3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war, - 4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder - 5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.
(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.
(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.
(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.
(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.
(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.
(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.
(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.
(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist
- 1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder - 2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.
(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.
(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.
(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.
(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Die bei der Vollstreckung notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen werden erlassen
- 1.
von dem nach § 68 zuständigen Gericht, wenn ein Bußgeldbescheid zu vollstrecken ist, - 2.
von dem Gericht des ersten Rechtszuges, wenn eine gerichtliche Bußgeldentscheidung zu vollstrecken ist, - 3.
von dem Jugendrichter, dem die Vollstreckung einer gerichtlichen Bußgeldentscheidung obliegt, soweit nicht eine Entscheidung nach § 100 Abs. 1 Nr. 2 zu treffen ist, - 4.
von dem Gericht des ersten Rechtszuges im Strafverfahren, wenn eine Entscheidung nach § 102 Abs. 2 zu treffen ist.
(2) Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung. Vor der Entscheidung ist den Beteiligten Gelegenheit zu geben, Anträge zu stellen und zu begründen.
(3) Die sofortige Beschwerde ist zulässig gegen die
- 1.
Anordnung der Erzwingungshaft und die Verhängung des Jugendarrestes, - 2.
nachträgliche Entscheidung über die Einziehung (§ 100 Abs. 1 Nr. 2), - 3.
gerichtliche Entscheidung in den Fällen des § 103 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 2;
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder - 2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer
- 1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht, - 2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder - 3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter
- 1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war, - 2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder - 3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.
(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.
(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.
(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.
(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.
(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.
(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.
(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.
(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.
Tenor
1. Die Sache wird dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
(Alleinentscheidung des mitentscheidenden Einzelrichters)
2. Die Sache wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt:
Kann bei zwei Ordnungswidrigkeiten, die in Tatmehrheit stehen, die jeweils mit einem Fahrverbot als Nebenfolge geahndet werden können und über die gleichzeitig zu urteilen ist, stets lediglich ein einheitliches Fahrverbot verhängt werden oder ist es möglich, hinsichtlich jeder Ordnungswidrigkeit gesondert ein Fahrverbot – mithin zwei Fahrverbote nebeneinander – zu verhängen?
1
Gründe:
2Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen zweifacher fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu zwei Geldbußen in Höhe von 160 € und 240 € verurteilt, zwei Mal ein Fahrverbot jeweils für die Dauer eines Monats verhängt und jeweils bestimmt, dass das Fahrverbot erst wirksam werde, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten nach Eintritt der Rechtskraft. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, die er vorrangig darauf stützt, dass die Ordnungswidrigkeiten verjährt seien.
3I.
4Nach den Feststellungen und Wertungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene am 24. April 2014 und am 13. Juni 2014 jeweils mit einem Pkw die Bundesautobahn A 2 an einer Stelle, an der die – durch mehrere Verkehrszeichen angeordnete – zulässige Höchstgeschwindigkeit 100 km/h betrug, mit einer höheren Geschwindigkeit, nämlich mindestens mit 160 km/h am 24. April 2014 und mit 150 km/h am 13. Juni 2014. Bei Einhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte er die für ihn geltende Höchstgeschwindigkeit erkennen sowie dementsprechend sein Fahrverhalten darauf einstellen können und müssen.
5II.
6(Alleinentscheidung des Einzelrichters)
7Der Einzelrichter überträgt die Sache nach § 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern, weil es aus den nachfolgend dargelegten Gründen geboten ist, das angefochtene Urteil zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nachzuprüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 1998 - 4 StR 166/98, BGHSt 44, 144 f.).
8III.
9Der Senat hat die Sache gemäß § 121 Abs. 2 GVG, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG dem Bundesgerichtshof vorzulegen, da er beabsichtigt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen und insofern von Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte abzuweichen.
101. Die Abweichung betrifft die (vom Bundesgerichtshof bisher nicht beantwortete) Rechtsfrage, ob bei mehreren Ordnungswidrigkeiten, die in Tatmehrheit stehen und über die gleichzeitig zu urteilen ist, stets nur ein einheitliches Fahrverbot angeordnet werden kann oder ob auch die Anordnung mehrerer Fahrverbote nebeneinander möglich ist. Soweit ersichtlich, ist bislang einhellige – weitgehend tragende – Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, dass innerhalb derselben Entscheidung auch dann nicht mehrfach auf ein Fahrverbot erkannt werden kann, wenn mehrere Verkehrsordnungswidrigkeiten geahndet werden, von denen jede bereits für sich allein die Anordnung eines Fahrverbots rechtfertigen würde (vgl. BayObLG, Beschluss vom 21. November 1995 - 1 ObOWi 595/95, juris Rn. 15 mwN; OLG Bamberg, Beschluss vom 16. September 2013 - 2 Ss OWi 743/13, juris Rn. 11; Brandenburgisches OLG, Beschlüsse vom 28. Mai 2002 - 2 Ss [OWi] 16 B/02, VRS 106, 212, 213; vom 5. März 2013 – [2 B] 53 Ss-OWi 74/13 [41/13], VRS 124, 346 f.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. November 1997 - 5 Ss [OWi] 281/97, NZV 1998, 298, 299; Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 6. September 2001 - 2 SsOWi 222/01, SchlHA 2002, 177; OLG Stuttgart, Beschluss vom 18. Dezember 1995 - 1 Ss 541/95, NZV 1996, 159, 160; zum Zusammentreffen von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten in demselben Verfahren OLG Celle, Urteil vom 13. Oktober 1992 - 1 Ss 266/92, NZV 1993, 157). Auch der Senat hat diese Ansicht vertreten (OLG Hamm, Beschluss vom 27. Oktober 2009 - 3 Ss OWi 451/09, NZV 2010, 159; s. zudem etwa OLG Hamm, Beschluss vom 21. September 2005 - 1 Ss OWi 402/05, NJW 2006, 245, 247).
112. Der Senat beabsichtigt, an dieser Rechtsauffassung nicht weiter festzuhalten.
12a) Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung dazu, ob bei der Verwirklichung mehrerer Ordnungswidrigkeiten durch verschiedene Handlungen als Rechtsfolge lediglich die Anordnung eines einheitlichen Fahrverbotes oder auch die Verhängung mehrerer Fahrverbote in Betracht kommt, besteht nicht. § 20 OWiG bestimmt für die Tatmehrheit bei Ordnungswidrigkeiten, dass jede Geldbuße gesondert festgesetzt wird, wenn mehrere Geldbußen verwirkt sind.
13b) Für die herrschende Meinung werden vor allem folgende Argumente herangezogen (vgl. bereits BayObLG, Beschluss vom 21. Mai 1976 - 1 Ob OWi 116/76, BayObLGSt 26 [1976], 58, 60; Widmaier, NJW 1971, 1158, 1159): Da bei mehreren zusammentreffenden Straftaten regelmäßig gemäß § 53 Abs. 4, § 52 Abs. 4 Satz 2 StGB nur einmal auf ein Fahrverbot erkannt werden dürfe, müsse dies ebenfalls für ein Fahrverbot als Nebenfolge von Ordnungswidrigkeiten gelten. Zudem sei bei der Prüfung, ob ein Fahrverbot zu verhängen sei, die einzelne Tat nicht isoliert zu betrachten. Schließlich liefen die Fahrverbote bei gleichzeitig eintretender Rechtskraft parallel, so dass ihnen keine eigenständige Bedeutung zukäme.
14c) Diese durchaus beachtlichen Gesichtspunkte rechtfertigen indes nach Beurteilung des Senats nicht, entgegen der gesetzlich vorgegebenen Systematik die Verhängung mehrerer Fahrverbote in derselben gerichtlichen Entscheidung stets auszuschließen (kritisch auch Karlsruher Kommentar/Mitsch, OWiG, 4. Aufl., § 20 Rn. 8).
15aa) Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, von der Einführung einer an die Bildung einer Gesamtstrafe angelehnten Gesamtgeldbuße abzusehen (vgl. BT-Drucks. V/1269 S. 54). Damit beruht die Ahndung von Rechtsverstößen bei Tatmehrheit im Strafrecht einerseits und im Ordnungswidrigkeitenrecht andererseits auf einer grundlegend anderen Konzeption.
16Diese unterschiedliche, vom Gesetzgeber getroffene Rechtsfolgenlösung entkräftet wesentlich das Argument, der Betroffene stünde bei der Begehung zweier Straftaten besser als bei der Begehung zweier Ordnungswidrigkeiten; denn eine unterschiedliche Behandlung hat der Gesetzgeber bewusst vorgenommen (s. OLG Hamm, Beschluss vom 27. Oktober 2009 - 3 Ss OWi 451/09, NZV 2010, 159, 160). So hat die abweichende Rechtsfolgenregelung bei Tatmehrheit etwa zur Folge, dass bei Straftaten die Gesamtstrafe die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen darf (§ 54 Abs. 2 Satz 1 StGB), während sich aus § 20 OWiG gerade ergibt, dass die einzelnen Geldbußen nebeneinander – ohne Absenkung ihrer Summe – bestehen („Kumulationsprinzip“).
17bb) Es erscheint in sich wenig schlüssig, einerseits hinsichtlich der Hauptrechtsfolge von einem „Kumulationsprinzip“, hinsichtlich einer Nebenfolge dagegen von einer einheitlichen Rechtsfolge auszugehen („Asperationsprinzip“). Während bei der Gesamtstrafe erst durch deren Bildung die Strafe maßgeblich festgesetzt wird, die den Täter für sein gesamtes strafbares Tun einheitlich trifft, und daher Nebenstrafen sowie Nebenfolgen neben der Gesamtstrafe jeweils nur einmal auszusprechen sind (vgl. etwa BGH, Urteil vom 30. September 1958 - 1 StR 310/58, BGHSt 12, 85, 87), fehlt es nach der gesetzgeberischen Konzeption des § 20 OWiG an einer einheitlich bewerteten Hauptrechtsfolge, an die eine einheitliche Nebenfolge anknüpfen könnte (s. im Gegensatz dazu für die Gesamtstrafe RG, Urteil vom 6. Februar 1903 - Rep. 314/03, RGSt 36, 88, 89).
18Damit ist letztlich ungewiss, was Bezugspunkt eines einheitlich verhängten Fahrverbotes sein soll: die beiden Geldbußen gemeinsam, jede einzelne Geldbuße für sich oder eine „fiktive“ Gesamtgeldbuße. Diese Frage wäre nicht allein für die Prüfung von Bedeutung, ob und gegebenenfalls von welcher Dauer ein Fahrverbot zu verhängen ist, sondern auch für die Frage einer etwaigen (Teil-) Rechtskraft. Wäre etwa bei zwei Ordnungswidrigkeiten an sich für jede der Taten ein Fahrverbot angezeigt, könnte indes nur ein einheitliches Fahrverbot verhängt werden, schiede eine Teilrechtskraft hinsichtlich des Fahrverbotes augenscheinlich aus, auch wenn ein Rechtsmittel lediglich eine der Taten beträfe oder das Rechtsbeschwerdegericht eine Entscheidung nur bezüglich einer Geldbuße aufhöbe. Eine vergleichbare vom Gesetzgeber als „mißlich“ eingeschätzte Verfahrenslage war unter anderem Grund dafür, keine Gesamtgeldbuße einzuführen (vgl. BT-Drucks. V/1269 S. 54, 53 unter Bezugnahme auf BT-Drucks. IV/650 S. 190).
19cc) Nach dem Wortlaut des § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG kann ein Fahrverbot verhängt werden, wenn „gegen den Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24, die er unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt“ wird. Dies deutet darauf hin, dass Bezugspunkt für ein Fahrverbot jeweils eine bestimmte Geldbuße ist und es – wegen der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine Gesamtgeldbuße – auch im Fall der Tatmehrheit bleibt. Die Verhängung eines einheitlichen Fahrverbotes für mehrere, durch verschiedene Geldbußen geahndete Taten steht mit dieser Gesetzessystematik nicht in Einklang.
20Augenscheinlich geht eine frühere Stellungnahme des Bundesrates zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze ebenfalls davon aus, dass mehrere Fahrverbote gleichzeitig angeordnet werden können (vgl. BT-Drucks. 13/6914 S. 104).
21dd) Dass sich ein einheitliches Fahrverbot nicht in die gesetzlichen Regelungen einfügt, zeigt sich zudem daran, dass ein solches – auch nach der bisherigen Rechtsprechung – lediglich dann auszusprechen ist, wenn ein Gericht gleichzeitig über verschiedene Ordnungswidrigkeiten entscheidet. In Fällen, in denen entweder die Verwaltungsbehörde(n) oder das Gericht in gesonderten Verfahren jeweils einzeln eine Geldbuße festsetzt sowie daneben ein Fahrverbot verhängt, kann ein einheitliches Fahrverbot nicht ausgesprochen werden (s. dazu etwa Sandherr, NZV 2010, 160 f.; Karlsruher Kommentar/Mitsch, OWiG, 4. Aufl., § 20 Rn. 8; Widmaier, NJW 1971, 1158, 1159; Hentschel, Trunkenheit, Fahrerlaubnisentziehung, Fahrverbot, 10. Aufl., Rn. 1023). Mithin hängt bei der bisherigen Rechtsprechung die mögliche Rechtsfolge von der – weitgehend zufälligen – Verfahrenslage ab und kann (oder muss sogar) unterschiedlich danach ausfallen, ob über mehrere Ordnungswidrigkeiten getrennt oder in einem Gerichtsverfahren gleichzeitig entschieden wird.
22Dieses Ergebnis verdeutlicht zum einen die Widersprüchlichkeit des bislang vertretenen Lösungsansatzes und widerspricht dem Grundansatz der Gesamtstrafenbildung, dass hierfür die materiell-rechtliche, nicht die verfahrensrechtliche Lage ausschlaggebend ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 1988 - 1 StR 83/88, BGHSt 35, 243, 245 mwN).
23Zum anderen ist es generellen Bedenken mit Blick auf den sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Grundsatz der Rechtsanwendungsgleichheit ausgesetzt, der regelmäßig eine Gleichheit in der Rechtsanwendung als einer Grundforderung des Rechtsstaates gebietet (vgl. allgemein dazu BVerfG, Beschluss vom 4. August 2004 - 1 BvR 1557/01, NVwZ 2005, 81, 82). Demgegenüber werden solche Betroffene, deren Ordnungswidrigkeiten in verschiedenen Verfahren geprüft werden, aufgrund der bisherigen Rechtsprechung grundlegend anders behandelt als Betroffene, über deren Ordnungswidrigkeiten im selben Gerichtsverfahren entschieden wird (s. zur Gleichbehandlung der Betroffenen und dem Gebot der Gerechtigkeit bei der Verhängung von Fahrverboten auch BGH, Beschluss vom 28. November 1991 - 4 StR 366/91, BGHSt 38, 125, 137). Es besteht, anders als bei Gesamtstrafen (§ 55 StGB, §§ 460, 462 StPO), auch keine Verfahrensregelung, die es ermöglichte, eine einheitliche Aburteilung herbeizuführen (s. Widmaier, NJW 1971, 1158, 1159; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, § 20 Rn. 5 [Stand: Mai 2006]). Selbst wenn der Betroffene gegen verschiedene Bußgeldbescheide jeweils Einspruch einlegte, hätte dies – insbesondere bei Taten in unterschiedlichen Bezirken (vgl. §§ 37, 68 OWiG, § 26 StVG) – regelmäßig nicht zur Folge, dass darüber in einem einheitlichen Gerichtsverfahren entschieden wird.
24ee) Im Übrigen ist die Intention des Gesetzgebers zu berücksichtigen, dass das Fahrverbot im (auf eine rasche Erledigung angelegten) Bußgeldverfahren in der Regel von einer Verwaltungsbehörde und grundsätzlich in einem summarischen Verfahren verhängt wird (s. BT-Drucks. V/1319 S. 90). Hiermit lässt sich ein einheitliches Fahrverbot nur schwerlich vereinbaren, zumal verfahrensrechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, wenn für die Ahndung der Ordnungswidrigkeiten verschiedene Verwaltungsbehörden zuständig sind (vgl. dazu BT-Drucks. V/1269 S. 54).
25ff) Die Verhängung mehrerer Fahrverbote wegen verschiedener Ordnungswidrigkeiten läuft nicht ohne Weiteres ins Leere. Zwar werden unterschiedliche Fahrverbote, deren Anordnung zum selben Zeitpunkt rechtskräftig wird, grundsätzlich nebeneinander – und nicht nacheinander – vollstreckt (vgl. Umkehrschluss zu § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages dazu, BT-Drucks. 13/8655 S. 14; OLG Hamm, Beschluss vom 27. Oktober 2009 - 3 Ss OWi 451/09, NZV 2010, 159, 160; zu einem – letztlich nicht umgesetzten – gegenteiligen Regelungsvorschlag des Bundesrates BT-Drucks. 13/6914 S. 104). Allerdings ist für das Tatgericht regelmäßig nicht abzusehen, ob mehrere gleichzeitig verhängte Fahrverbote zum selben Zeitpunkt in Rechtskraft erwachsen. So kommt in Betracht, dass der Betroffene (oder die Staatsanwaltschaft) lediglich wegen einer Tat Rechtsmittel einlegt, dass das Rechtsbeschwerdegericht die angefochtene Entscheidung nur hinsichtlich einer Tat aufhebt und das Rechtsmittel im Übrigen verwirft oder dass später eine (Teil-) Aufhebung im Wiederaufnahmeverfahren erfolgt (vgl. insoweit etwa BGH, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 4 StR 124/13, BGHSt 59, 56, 65). Wegen dieser Ungewissheit sowie der mit dem Fahrverbot verbundenen Denkzettel- und Besinnungsfunktion (vgl. BT-Drucks. V/1319 S. 90; BGH, Beschluss vom 11. September 1997 - 4 StR 638/96, BGHSt 43, 241, 246) kann es durchaus sinnvoll und geboten sein, mehrere Fahrverbote nebeneinander anzuordnen, damit im Falle der Teilrechtskraft jedenfalls ein Fahrverbot vollstreckt und seiner Funktion zeitnah gerecht werden kann.
26gg) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Übermaßverbot lassen die Anordnung eines einheitlichen Fahrverbotes ebenfalls nicht als unerlässlich erscheinen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann nämlich nicht nur bei Anordnung eines einheitlichen Fahrverbotes, sondern ebenso bei der Prüfung mehrerer Fahrverbote berücksichtigt werden; denn nach § 25 Abs. 1 StVG ist – sowohl von den Verwaltungsbehörden als auch von den Gerichten – jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob ein Fahrverbot anzuordnen ist (s. BGH, Beschluss vom 11. September 1997 - 4 StR 638/96, BGHSt 43, 241, 247; BVerfG, Beschluss vom 24. März 1996 - 2 BvR 616/91 u.a., NJW 1996, 1809, 1810). Dabei kann ohne Weiteres einzubeziehen sein, dass wegen verschiedener Ordnungswidrigkeiten mehrere Fahrverbote in Betracht kommen, und zu erwägen sein, ob nach den jeweiligen Umständen die Anordnung eines – gegebenenfalls erhöhten – Fahrverbotes ausreicht oder mehrere Fahrverbote nebeneinander anzuordnen sind (vgl. ähnlich zur Erörterungspflicht des Gesamtstrafenübels bei der Bildung mehrerer Gesamtstrafen BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 - 4 StR 408/14, juris Rn. 7 mwN; zur wiederholten Anordnung der Unterbringung BGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - 3 StR 216/05, BGHSt 50, 199 ff.; s. im Ansatz bereits OLG Hamm, Beschluss vom 27. Oktober 2009 - 3 Ss OWi 451/09, NZV 2010, 159, 160). In diesem Zusammenhang lässt sich zudem eine etwaige Überschreitung der für ein einzelnes Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG geltenden Höchstdauer von drei Monaten erwägen, die teilweise als Grund für ein einheitliches Fahrverbot herangezogen wird (s. etwa Widmaier, NJW 1971, 1158, 1159; Sandherr, NZV 2010, 160; zur Maßregelhöchstdauer bei einer Gesamtstrafe BGH, Urteil vom 26. August 1971 - 4 StR 296/71, BGHSt 24, 205 ff.). Eine solche Prüfung im Einzelfall dürfte dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eher gerecht werden als eine gesetzlich nicht begründete, richterrechtlich hergeleitete einheitliche Fahrverbotsentscheidung, die nur unter bestimmten Verfahrensvoraussetzungen greift.
27Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber jederzeit eine andere (in sich stimmige) Regelung treffen kann, falls nach seiner Auffassung entgegen dem § 20 OWiG zugrunde liegenden Kumulationsprinzip bei Tatmehrheit über die Nebenfolge von Fahrverboten einheitlich entschieden werden soll.
283. Die aufgeworfene Rechtsfrage ist für die Entscheidung des Senats nach dessen Bewertung erheblich (vgl. zur grundsätzlich maßgeblichen Auffassung des vorlegenden Gerichts BGH, Beschlüsse vom 5. Mai 1994 - VGS 1/93 u.a., BGHZ 126, 63, 71 f.; vom 22. August 1984 - 3 StR 290/84, NStZ 1985, 217, 218 mwN). Müsste der Senat der bisherigen Rechtsprechung folgen, müsste er das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch abändern und ein Fahrverbot fortfallen lassen. Ansonsten könnte er die Rechtsbeschwerde insgesamt als unbegründet verwerfen.
29a) Die Rechtsmittelbegründungsschrift ist dahin auszulegen, dass der Betroffene allgemein die Verletzung materiellen Rechts rügt. Da eine Beschränkung der Revision auf die Frage, ob Verfolgungsverjährung eingetreten ist, unzulässig ist, ergreift in solchen Fällen das Rechtsmittel auch die sachlich-rechtliche Grundlage, auf der die Verjährungsfrage zu entscheiden ist, so dass insoweit die allgemeine Sachrüge erhoben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 1983 - 1 StR 821/83, BGHSt 32, 209 f. mwN). Dies wird hier dadurch bestätigt, dass in der Rechtsbeschwerdebegründung über die Geltendmachung der Verjährung hinaus die Feststellungen zur „Fahreigenschaft“ sowie die Geschwindigkeitsmessung beanstandet werden.
30b) Die Verfahrensvoraussetzung wirksamer Bußgeldbescheide ist gegeben, ohne dass diese dazu unterschrieben sein müssten (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Februar 1997 - 5 StR 249/96, NJW 1997, 1380 f.; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 4. August 2009 - 1 SsBs 12/09, juris Rn. 4 f.). Da die – in Urschrift bei den Akten befindlichen – Bußgeldbescheide mit den (gedruckten) Namen der Sachbearbeiterinnen enden und diese auch im Briefkopf näher ausgewiesen sind, ergibt sich hier ohne Weiteres, dass die Bescheide auf Willensakten der benannten Sachbearbeiterinnen beruhen.
31Aus den im angefochtenen Urteil und in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft genannten Gründen ist § 110c OWiG mangels einer elektronischen Aktenführung vorliegend nicht anwendbar. Unabhängig davon eröffnet § 110c Abs. 1 Sätze 1 und 2 OWiG bereits nach dem Wortlaut („können“) lediglich zusätzlich die Möglichkeit, bestimmte Dokumente als elektronische Dokumente zu erstellen, ohne einen Erlass im herkömmlichen Wege auszuschließen (vgl. dazu BT-Drucks. 15/4067 S. 24, 31, 50).
32Die Bußgeldbescheide haben – entgegen der Ansicht des Rechtsbeschwerdeführers – die Verfolgungsverjährung jeweils gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG unterbrochen.
33c) Die Prüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat im Übrigen keine Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten ergeben, die – unabhängig von der vorgelegten Rechtsfrage – eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Folge hätte.
34Soweit nach der Auffassung des Senats bei der Verhängung zweier Fahrverbote das damit einhergehende Gesamtrechtsfolgenübel grundsätzlich zu erwägen ist (s.o.), führt dessen fehlende Erörterung angesichts des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe nicht zur Aufhebung des Urteils: Nachdem der Betroffene am 24. April 2014 die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mindestens 60 km/h überschritten hatte und ihm deswegen unter dem 4. Juni 2014 ein Anhörungsbogen übersandt worden war, überschritt er bereits am 13. Juni 2014 an derselben Stelle die zulässige Höchstgeschwindigkeit erneut deutlich. Daher liegt fern, dass die zweifache Anordnung eines Fahrverbots von jeweils einem Monat Dauer unverhältnismäßig ist. Die Höchstdauer eines Fahrverbotes von drei Monaten wird nicht erreicht. Die wiederholten deutlichen Geschwindigkeitsüberschreitungen in einem relativ kurzen Zeitraum deuten auf ein erhöhtes Ahndungsbedürfnis hin. Im Übrigen würden die beiden Fahrverbote bei der vom Senat beabsichtigten Verwerfungsentscheidung gleichzeitig rechtskräftig und folglich parallel vollstreckt, so dass eine besondere Belastung des Betroffenen durch die mehrfache Anordnung nicht ersichtlich ist.
35d) Die von der Generalstaatsanwaltschaft beantragte Verhängung eines einheitlichen Fahrverbotes von zwei Monaten kommt nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht in Betracht, da allein der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt hat und er durch die Abänderung – mit Blick auf die bereits dargelegte Vollstreckungslage – benachteiligt würde (vgl. BayObLG, Beschluss vom 21. November 1995 - 1 ObOWi 595/95, juris Rn. 13 f.).
(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.
(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.
(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.
(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.
(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.
(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.
(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.
(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.
(1) Wird jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt, so kann ihm das Gericht für die Dauer von einem Monat bis zu sechs Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Auch wenn die Straftat nicht bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde, kommt die Anordnung eines Fahrverbots namentlich in Betracht, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann. Ein Fahrverbot ist in der Regel anzuordnen, wenn in den Fällen einer Verurteilung nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, Abs. 3 oder § 316 die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 unterbleibt.
(2) Das Fahrverbot wird wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von einem Monat seit Eintritt der Rechtskraft. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. In anderen ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt.
(3) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tage an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.
(4) Werden gegen den Täter mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.
(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.
(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.
(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.
(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.
(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.
(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.
(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.
(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.
(1) Die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse, in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn des Vortrags des Berichterstatters, zulässig. Ist die Besetzung des Gerichts nach § 222a Absatz 1 Satz 2 schon vor Beginn der Hauptverhandlung mitgeteilt worden, so muss das Ablehnungsgesuch unverzüglich angebracht werden. Alle Ablehnungsgründe sind gleichzeitig vorzubringen.
(2) Im Übrigen darf ein Richter nur abgelehnt werden, wenn
Nach dem letzten Wort des Angeklagten ist die Ablehnung nicht mehr zulässig.(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.
(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.
(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.
(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.
(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.
(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.
(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.
(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.
Tenor
1. Die Sache wird dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
(Alleinentscheidung des mitentscheidenden Einzelrichters)
2. Die Sache wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt:
Kann bei zwei Ordnungswidrigkeiten, die in Tatmehrheit stehen, die jeweils mit einem Fahrverbot als Nebenfolge geahndet werden können und über die gleichzeitig zu urteilen ist, stets lediglich ein einheitliches Fahrverbot verhängt werden oder ist es möglich, hinsichtlich jeder Ordnungswidrigkeit gesondert ein Fahrverbot – mithin zwei Fahrverbote nebeneinander – zu verhängen?
1
Gründe:
2Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen zweifacher fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu zwei Geldbußen in Höhe von 160 € und 240 € verurteilt, zwei Mal ein Fahrverbot jeweils für die Dauer eines Monats verhängt und jeweils bestimmt, dass das Fahrverbot erst wirksam werde, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten nach Eintritt der Rechtskraft. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, die er vorrangig darauf stützt, dass die Ordnungswidrigkeiten verjährt seien.
3I.
4Nach den Feststellungen und Wertungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene am 24. April 2014 und am 13. Juni 2014 jeweils mit einem Pkw die Bundesautobahn A 2 an einer Stelle, an der die – durch mehrere Verkehrszeichen angeordnete – zulässige Höchstgeschwindigkeit 100 km/h betrug, mit einer höheren Geschwindigkeit, nämlich mindestens mit 160 km/h am 24. April 2014 und mit 150 km/h am 13. Juni 2014. Bei Einhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte er die für ihn geltende Höchstgeschwindigkeit erkennen sowie dementsprechend sein Fahrverhalten darauf einstellen können und müssen.
5II.
6(Alleinentscheidung des Einzelrichters)
7Der Einzelrichter überträgt die Sache nach § 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern, weil es aus den nachfolgend dargelegten Gründen geboten ist, das angefochtene Urteil zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nachzuprüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 1998 - 4 StR 166/98, BGHSt 44, 144 f.).
8III.
9Der Senat hat die Sache gemäß § 121 Abs. 2 GVG, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG dem Bundesgerichtshof vorzulegen, da er beabsichtigt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen und insofern von Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte abzuweichen.
101. Die Abweichung betrifft die (vom Bundesgerichtshof bisher nicht beantwortete) Rechtsfrage, ob bei mehreren Ordnungswidrigkeiten, die in Tatmehrheit stehen und über die gleichzeitig zu urteilen ist, stets nur ein einheitliches Fahrverbot angeordnet werden kann oder ob auch die Anordnung mehrerer Fahrverbote nebeneinander möglich ist. Soweit ersichtlich, ist bislang einhellige – weitgehend tragende – Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, dass innerhalb derselben Entscheidung auch dann nicht mehrfach auf ein Fahrverbot erkannt werden kann, wenn mehrere Verkehrsordnungswidrigkeiten geahndet werden, von denen jede bereits für sich allein die Anordnung eines Fahrverbots rechtfertigen würde (vgl. BayObLG, Beschluss vom 21. November 1995 - 1 ObOWi 595/95, juris Rn. 15 mwN; OLG Bamberg, Beschluss vom 16. September 2013 - 2 Ss OWi 743/13, juris Rn. 11; Brandenburgisches OLG, Beschlüsse vom 28. Mai 2002 - 2 Ss [OWi] 16 B/02, VRS 106, 212, 213; vom 5. März 2013 – [2 B] 53 Ss-OWi 74/13 [41/13], VRS 124, 346 f.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. November 1997 - 5 Ss [OWi] 281/97, NZV 1998, 298, 299; Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 6. September 2001 - 2 SsOWi 222/01, SchlHA 2002, 177; OLG Stuttgart, Beschluss vom 18. Dezember 1995 - 1 Ss 541/95, NZV 1996, 159, 160; zum Zusammentreffen von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten in demselben Verfahren OLG Celle, Urteil vom 13. Oktober 1992 - 1 Ss 266/92, NZV 1993, 157). Auch der Senat hat diese Ansicht vertreten (OLG Hamm, Beschluss vom 27. Oktober 2009 - 3 Ss OWi 451/09, NZV 2010, 159; s. zudem etwa OLG Hamm, Beschluss vom 21. September 2005 - 1 Ss OWi 402/05, NJW 2006, 245, 247).
112. Der Senat beabsichtigt, an dieser Rechtsauffassung nicht weiter festzuhalten.
12a) Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung dazu, ob bei der Verwirklichung mehrerer Ordnungswidrigkeiten durch verschiedene Handlungen als Rechtsfolge lediglich die Anordnung eines einheitlichen Fahrverbotes oder auch die Verhängung mehrerer Fahrverbote in Betracht kommt, besteht nicht. § 20 OWiG bestimmt für die Tatmehrheit bei Ordnungswidrigkeiten, dass jede Geldbuße gesondert festgesetzt wird, wenn mehrere Geldbußen verwirkt sind.
13b) Für die herrschende Meinung werden vor allem folgende Argumente herangezogen (vgl. bereits BayObLG, Beschluss vom 21. Mai 1976 - 1 Ob OWi 116/76, BayObLGSt 26 [1976], 58, 60; Widmaier, NJW 1971, 1158, 1159): Da bei mehreren zusammentreffenden Straftaten regelmäßig gemäß § 53 Abs. 4, § 52 Abs. 4 Satz 2 StGB nur einmal auf ein Fahrverbot erkannt werden dürfe, müsse dies ebenfalls für ein Fahrverbot als Nebenfolge von Ordnungswidrigkeiten gelten. Zudem sei bei der Prüfung, ob ein Fahrverbot zu verhängen sei, die einzelne Tat nicht isoliert zu betrachten. Schließlich liefen die Fahrverbote bei gleichzeitig eintretender Rechtskraft parallel, so dass ihnen keine eigenständige Bedeutung zukäme.
14c) Diese durchaus beachtlichen Gesichtspunkte rechtfertigen indes nach Beurteilung des Senats nicht, entgegen der gesetzlich vorgegebenen Systematik die Verhängung mehrerer Fahrverbote in derselben gerichtlichen Entscheidung stets auszuschließen (kritisch auch Karlsruher Kommentar/Mitsch, OWiG, 4. Aufl., § 20 Rn. 8).
15aa) Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, von der Einführung einer an die Bildung einer Gesamtstrafe angelehnten Gesamtgeldbuße abzusehen (vgl. BT-Drucks. V/1269 S. 54). Damit beruht die Ahndung von Rechtsverstößen bei Tatmehrheit im Strafrecht einerseits und im Ordnungswidrigkeitenrecht andererseits auf einer grundlegend anderen Konzeption.
16Diese unterschiedliche, vom Gesetzgeber getroffene Rechtsfolgenlösung entkräftet wesentlich das Argument, der Betroffene stünde bei der Begehung zweier Straftaten besser als bei der Begehung zweier Ordnungswidrigkeiten; denn eine unterschiedliche Behandlung hat der Gesetzgeber bewusst vorgenommen (s. OLG Hamm, Beschluss vom 27. Oktober 2009 - 3 Ss OWi 451/09, NZV 2010, 159, 160). So hat die abweichende Rechtsfolgenregelung bei Tatmehrheit etwa zur Folge, dass bei Straftaten die Gesamtstrafe die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen darf (§ 54 Abs. 2 Satz 1 StGB), während sich aus § 20 OWiG gerade ergibt, dass die einzelnen Geldbußen nebeneinander – ohne Absenkung ihrer Summe – bestehen („Kumulationsprinzip“).
17bb) Es erscheint in sich wenig schlüssig, einerseits hinsichtlich der Hauptrechtsfolge von einem „Kumulationsprinzip“, hinsichtlich einer Nebenfolge dagegen von einer einheitlichen Rechtsfolge auszugehen („Asperationsprinzip“). Während bei der Gesamtstrafe erst durch deren Bildung die Strafe maßgeblich festgesetzt wird, die den Täter für sein gesamtes strafbares Tun einheitlich trifft, und daher Nebenstrafen sowie Nebenfolgen neben der Gesamtstrafe jeweils nur einmal auszusprechen sind (vgl. etwa BGH, Urteil vom 30. September 1958 - 1 StR 310/58, BGHSt 12, 85, 87), fehlt es nach der gesetzgeberischen Konzeption des § 20 OWiG an einer einheitlich bewerteten Hauptrechtsfolge, an die eine einheitliche Nebenfolge anknüpfen könnte (s. im Gegensatz dazu für die Gesamtstrafe RG, Urteil vom 6. Februar 1903 - Rep. 314/03, RGSt 36, 88, 89).
18Damit ist letztlich ungewiss, was Bezugspunkt eines einheitlich verhängten Fahrverbotes sein soll: die beiden Geldbußen gemeinsam, jede einzelne Geldbuße für sich oder eine „fiktive“ Gesamtgeldbuße. Diese Frage wäre nicht allein für die Prüfung von Bedeutung, ob und gegebenenfalls von welcher Dauer ein Fahrverbot zu verhängen ist, sondern auch für die Frage einer etwaigen (Teil-) Rechtskraft. Wäre etwa bei zwei Ordnungswidrigkeiten an sich für jede der Taten ein Fahrverbot angezeigt, könnte indes nur ein einheitliches Fahrverbot verhängt werden, schiede eine Teilrechtskraft hinsichtlich des Fahrverbotes augenscheinlich aus, auch wenn ein Rechtsmittel lediglich eine der Taten beträfe oder das Rechtsbeschwerdegericht eine Entscheidung nur bezüglich einer Geldbuße aufhöbe. Eine vergleichbare vom Gesetzgeber als „mißlich“ eingeschätzte Verfahrenslage war unter anderem Grund dafür, keine Gesamtgeldbuße einzuführen (vgl. BT-Drucks. V/1269 S. 54, 53 unter Bezugnahme auf BT-Drucks. IV/650 S. 190).
19cc) Nach dem Wortlaut des § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG kann ein Fahrverbot verhängt werden, wenn „gegen den Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24, die er unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt“ wird. Dies deutet darauf hin, dass Bezugspunkt für ein Fahrverbot jeweils eine bestimmte Geldbuße ist und es – wegen der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine Gesamtgeldbuße – auch im Fall der Tatmehrheit bleibt. Die Verhängung eines einheitlichen Fahrverbotes für mehrere, durch verschiedene Geldbußen geahndete Taten steht mit dieser Gesetzessystematik nicht in Einklang.
20Augenscheinlich geht eine frühere Stellungnahme des Bundesrates zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze ebenfalls davon aus, dass mehrere Fahrverbote gleichzeitig angeordnet werden können (vgl. BT-Drucks. 13/6914 S. 104).
21dd) Dass sich ein einheitliches Fahrverbot nicht in die gesetzlichen Regelungen einfügt, zeigt sich zudem daran, dass ein solches – auch nach der bisherigen Rechtsprechung – lediglich dann auszusprechen ist, wenn ein Gericht gleichzeitig über verschiedene Ordnungswidrigkeiten entscheidet. In Fällen, in denen entweder die Verwaltungsbehörde(n) oder das Gericht in gesonderten Verfahren jeweils einzeln eine Geldbuße festsetzt sowie daneben ein Fahrverbot verhängt, kann ein einheitliches Fahrverbot nicht ausgesprochen werden (s. dazu etwa Sandherr, NZV 2010, 160 f.; Karlsruher Kommentar/Mitsch, OWiG, 4. Aufl., § 20 Rn. 8; Widmaier, NJW 1971, 1158, 1159; Hentschel, Trunkenheit, Fahrerlaubnisentziehung, Fahrverbot, 10. Aufl., Rn. 1023). Mithin hängt bei der bisherigen Rechtsprechung die mögliche Rechtsfolge von der – weitgehend zufälligen – Verfahrenslage ab und kann (oder muss sogar) unterschiedlich danach ausfallen, ob über mehrere Ordnungswidrigkeiten getrennt oder in einem Gerichtsverfahren gleichzeitig entschieden wird.
22Dieses Ergebnis verdeutlicht zum einen die Widersprüchlichkeit des bislang vertretenen Lösungsansatzes und widerspricht dem Grundansatz der Gesamtstrafenbildung, dass hierfür die materiell-rechtliche, nicht die verfahrensrechtliche Lage ausschlaggebend ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 1988 - 1 StR 83/88, BGHSt 35, 243, 245 mwN).
23Zum anderen ist es generellen Bedenken mit Blick auf den sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Grundsatz der Rechtsanwendungsgleichheit ausgesetzt, der regelmäßig eine Gleichheit in der Rechtsanwendung als einer Grundforderung des Rechtsstaates gebietet (vgl. allgemein dazu BVerfG, Beschluss vom 4. August 2004 - 1 BvR 1557/01, NVwZ 2005, 81, 82). Demgegenüber werden solche Betroffene, deren Ordnungswidrigkeiten in verschiedenen Verfahren geprüft werden, aufgrund der bisherigen Rechtsprechung grundlegend anders behandelt als Betroffene, über deren Ordnungswidrigkeiten im selben Gerichtsverfahren entschieden wird (s. zur Gleichbehandlung der Betroffenen und dem Gebot der Gerechtigkeit bei der Verhängung von Fahrverboten auch BGH, Beschluss vom 28. November 1991 - 4 StR 366/91, BGHSt 38, 125, 137). Es besteht, anders als bei Gesamtstrafen (§ 55 StGB, §§ 460, 462 StPO), auch keine Verfahrensregelung, die es ermöglichte, eine einheitliche Aburteilung herbeizuführen (s. Widmaier, NJW 1971, 1158, 1159; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, § 20 Rn. 5 [Stand: Mai 2006]). Selbst wenn der Betroffene gegen verschiedene Bußgeldbescheide jeweils Einspruch einlegte, hätte dies – insbesondere bei Taten in unterschiedlichen Bezirken (vgl. §§ 37, 68 OWiG, § 26 StVG) – regelmäßig nicht zur Folge, dass darüber in einem einheitlichen Gerichtsverfahren entschieden wird.
24ee) Im Übrigen ist die Intention des Gesetzgebers zu berücksichtigen, dass das Fahrverbot im (auf eine rasche Erledigung angelegten) Bußgeldverfahren in der Regel von einer Verwaltungsbehörde und grundsätzlich in einem summarischen Verfahren verhängt wird (s. BT-Drucks. V/1319 S. 90). Hiermit lässt sich ein einheitliches Fahrverbot nur schwerlich vereinbaren, zumal verfahrensrechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, wenn für die Ahndung der Ordnungswidrigkeiten verschiedene Verwaltungsbehörden zuständig sind (vgl. dazu BT-Drucks. V/1269 S. 54).
25ff) Die Verhängung mehrerer Fahrverbote wegen verschiedener Ordnungswidrigkeiten läuft nicht ohne Weiteres ins Leere. Zwar werden unterschiedliche Fahrverbote, deren Anordnung zum selben Zeitpunkt rechtskräftig wird, grundsätzlich nebeneinander – und nicht nacheinander – vollstreckt (vgl. Umkehrschluss zu § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages dazu, BT-Drucks. 13/8655 S. 14; OLG Hamm, Beschluss vom 27. Oktober 2009 - 3 Ss OWi 451/09, NZV 2010, 159, 160; zu einem – letztlich nicht umgesetzten – gegenteiligen Regelungsvorschlag des Bundesrates BT-Drucks. 13/6914 S. 104). Allerdings ist für das Tatgericht regelmäßig nicht abzusehen, ob mehrere gleichzeitig verhängte Fahrverbote zum selben Zeitpunkt in Rechtskraft erwachsen. So kommt in Betracht, dass der Betroffene (oder die Staatsanwaltschaft) lediglich wegen einer Tat Rechtsmittel einlegt, dass das Rechtsbeschwerdegericht die angefochtene Entscheidung nur hinsichtlich einer Tat aufhebt und das Rechtsmittel im Übrigen verwirft oder dass später eine (Teil-) Aufhebung im Wiederaufnahmeverfahren erfolgt (vgl. insoweit etwa BGH, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 4 StR 124/13, BGHSt 59, 56, 65). Wegen dieser Ungewissheit sowie der mit dem Fahrverbot verbundenen Denkzettel- und Besinnungsfunktion (vgl. BT-Drucks. V/1319 S. 90; BGH, Beschluss vom 11. September 1997 - 4 StR 638/96, BGHSt 43, 241, 246) kann es durchaus sinnvoll und geboten sein, mehrere Fahrverbote nebeneinander anzuordnen, damit im Falle der Teilrechtskraft jedenfalls ein Fahrverbot vollstreckt und seiner Funktion zeitnah gerecht werden kann.
26gg) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Übermaßverbot lassen die Anordnung eines einheitlichen Fahrverbotes ebenfalls nicht als unerlässlich erscheinen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann nämlich nicht nur bei Anordnung eines einheitlichen Fahrverbotes, sondern ebenso bei der Prüfung mehrerer Fahrverbote berücksichtigt werden; denn nach § 25 Abs. 1 StVG ist – sowohl von den Verwaltungsbehörden als auch von den Gerichten – jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob ein Fahrverbot anzuordnen ist (s. BGH, Beschluss vom 11. September 1997 - 4 StR 638/96, BGHSt 43, 241, 247; BVerfG, Beschluss vom 24. März 1996 - 2 BvR 616/91 u.a., NJW 1996, 1809, 1810). Dabei kann ohne Weiteres einzubeziehen sein, dass wegen verschiedener Ordnungswidrigkeiten mehrere Fahrverbote in Betracht kommen, und zu erwägen sein, ob nach den jeweiligen Umständen die Anordnung eines – gegebenenfalls erhöhten – Fahrverbotes ausreicht oder mehrere Fahrverbote nebeneinander anzuordnen sind (vgl. ähnlich zur Erörterungspflicht des Gesamtstrafenübels bei der Bildung mehrerer Gesamtstrafen BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 - 4 StR 408/14, juris Rn. 7 mwN; zur wiederholten Anordnung der Unterbringung BGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - 3 StR 216/05, BGHSt 50, 199 ff.; s. im Ansatz bereits OLG Hamm, Beschluss vom 27. Oktober 2009 - 3 Ss OWi 451/09, NZV 2010, 159, 160). In diesem Zusammenhang lässt sich zudem eine etwaige Überschreitung der für ein einzelnes Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG geltenden Höchstdauer von drei Monaten erwägen, die teilweise als Grund für ein einheitliches Fahrverbot herangezogen wird (s. etwa Widmaier, NJW 1971, 1158, 1159; Sandherr, NZV 2010, 160; zur Maßregelhöchstdauer bei einer Gesamtstrafe BGH, Urteil vom 26. August 1971 - 4 StR 296/71, BGHSt 24, 205 ff.). Eine solche Prüfung im Einzelfall dürfte dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eher gerecht werden als eine gesetzlich nicht begründete, richterrechtlich hergeleitete einheitliche Fahrverbotsentscheidung, die nur unter bestimmten Verfahrensvoraussetzungen greift.
27Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber jederzeit eine andere (in sich stimmige) Regelung treffen kann, falls nach seiner Auffassung entgegen dem § 20 OWiG zugrunde liegenden Kumulationsprinzip bei Tatmehrheit über die Nebenfolge von Fahrverboten einheitlich entschieden werden soll.
283. Die aufgeworfene Rechtsfrage ist für die Entscheidung des Senats nach dessen Bewertung erheblich (vgl. zur grundsätzlich maßgeblichen Auffassung des vorlegenden Gerichts BGH, Beschlüsse vom 5. Mai 1994 - VGS 1/93 u.a., BGHZ 126, 63, 71 f.; vom 22. August 1984 - 3 StR 290/84, NStZ 1985, 217, 218 mwN). Müsste der Senat der bisherigen Rechtsprechung folgen, müsste er das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch abändern und ein Fahrverbot fortfallen lassen. Ansonsten könnte er die Rechtsbeschwerde insgesamt als unbegründet verwerfen.
29a) Die Rechtsmittelbegründungsschrift ist dahin auszulegen, dass der Betroffene allgemein die Verletzung materiellen Rechts rügt. Da eine Beschränkung der Revision auf die Frage, ob Verfolgungsverjährung eingetreten ist, unzulässig ist, ergreift in solchen Fällen das Rechtsmittel auch die sachlich-rechtliche Grundlage, auf der die Verjährungsfrage zu entscheiden ist, so dass insoweit die allgemeine Sachrüge erhoben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 1983 - 1 StR 821/83, BGHSt 32, 209 f. mwN). Dies wird hier dadurch bestätigt, dass in der Rechtsbeschwerdebegründung über die Geltendmachung der Verjährung hinaus die Feststellungen zur „Fahreigenschaft“ sowie die Geschwindigkeitsmessung beanstandet werden.
30b) Die Verfahrensvoraussetzung wirksamer Bußgeldbescheide ist gegeben, ohne dass diese dazu unterschrieben sein müssten (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Februar 1997 - 5 StR 249/96, NJW 1997, 1380 f.; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 4. August 2009 - 1 SsBs 12/09, juris Rn. 4 f.). Da die – in Urschrift bei den Akten befindlichen – Bußgeldbescheide mit den (gedruckten) Namen der Sachbearbeiterinnen enden und diese auch im Briefkopf näher ausgewiesen sind, ergibt sich hier ohne Weiteres, dass die Bescheide auf Willensakten der benannten Sachbearbeiterinnen beruhen.
31Aus den im angefochtenen Urteil und in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft genannten Gründen ist § 110c OWiG mangels einer elektronischen Aktenführung vorliegend nicht anwendbar. Unabhängig davon eröffnet § 110c Abs. 1 Sätze 1 und 2 OWiG bereits nach dem Wortlaut („können“) lediglich zusätzlich die Möglichkeit, bestimmte Dokumente als elektronische Dokumente zu erstellen, ohne einen Erlass im herkömmlichen Wege auszuschließen (vgl. dazu BT-Drucks. 15/4067 S. 24, 31, 50).
32Die Bußgeldbescheide haben – entgegen der Ansicht des Rechtsbeschwerdeführers – die Verfolgungsverjährung jeweils gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG unterbrochen.
33c) Die Prüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat im Übrigen keine Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten ergeben, die – unabhängig von der vorgelegten Rechtsfrage – eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Folge hätte.
34Soweit nach der Auffassung des Senats bei der Verhängung zweier Fahrverbote das damit einhergehende Gesamtrechtsfolgenübel grundsätzlich zu erwägen ist (s.o.), führt dessen fehlende Erörterung angesichts des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe nicht zur Aufhebung des Urteils: Nachdem der Betroffene am 24. April 2014 die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mindestens 60 km/h überschritten hatte und ihm deswegen unter dem 4. Juni 2014 ein Anhörungsbogen übersandt worden war, überschritt er bereits am 13. Juni 2014 an derselben Stelle die zulässige Höchstgeschwindigkeit erneut deutlich. Daher liegt fern, dass die zweifache Anordnung eines Fahrverbots von jeweils einem Monat Dauer unverhältnismäßig ist. Die Höchstdauer eines Fahrverbotes von drei Monaten wird nicht erreicht. Die wiederholten deutlichen Geschwindigkeitsüberschreitungen in einem relativ kurzen Zeitraum deuten auf ein erhöhtes Ahndungsbedürfnis hin. Im Übrigen würden die beiden Fahrverbote bei der vom Senat beabsichtigten Verwerfungsentscheidung gleichzeitig rechtskräftig und folglich parallel vollstreckt, so dass eine besondere Belastung des Betroffenen durch die mehrfache Anordnung nicht ersichtlich ist.
35d) Die von der Generalstaatsanwaltschaft beantragte Verhängung eines einheitlichen Fahrverbotes von zwei Monaten kommt nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht in Betracht, da allein der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt hat und er durch die Abänderung – mit Blick auf die bereits dargelegte Vollstreckungslage – benachteiligt würde (vgl. BayObLG, Beschluss vom 21. November 1995 - 1 ObOWi 595/95, juris Rn. 13 f.).
(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.
(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.
(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.
(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.
(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.
(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.
(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.
(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.