Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 26. Okt. 2016 - VI-3 Kart 18/15 (V)
Tenor
Die Beschwerde der Betroffenen vom 26.02.2015 gegen den Beschluss der Beschlusskammer 7 der Bundesnetzagentur vom 19.12.2014, Az.: BK7-14-020, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur trägt die Betroffene. Die weitere Beteiligte trägt ihre Kosten selbst.
Der Beschwerdewert wird auf 250.000 Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
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G r ü n d e :
A.
2Die Betroffene, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in …, ist Verteilernetzbetreiberin. Ihr Netzbetrieb umfasst das Abwasser-, Trinkwasser- und Gasnetz. Das Gasleitungsnetz der Betroffenen wies zum … eine Gesamtlänge von … und eine versorgte Fläche von … auf. Im Gasnetz der Betroffenen liegen … Ausspeisepunkte bzw. Zählpunkte. Die im Jahr 2014 durch Weiterverteilung und Letztverbraucher entnommene Jahresarbeit in Kilowattstunden (kWh) betrug …. Vorgelagerte Netzbetreiber sind die …. Marktgebietsverantwortliche ist die …. Zur Planung der Erdgaseinkäufe errechnet die Betroffene die Prognose zum Erdgasverbrauch der Haushaltskunden und der gewerblichen Kunden in ihrem Gasnetz mithilfe eines Standardlastprofilverfahrens (SLP-Verfahren), wobei sie das synthetische SLP-Verfahren anwendet. Für die Ermittlung der Standardlastprofile des Ausspeisegebiets … kommt die Prognosetemperatur der Wetterstation … zur Anwendung.
3Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Betroffene gegen die Festlegung „GaBI Gas 2.0“, mit der erstmals verbindlich vorgegeben wird, dass Differenzen auf den Netzkonten tagesscharf abgerechnet werden sollen. Bislang erfolgte eine monatsgenaue Betrachtung.
4Unter- und Überspeisungen der Gasnetze werden durch den Einsatz von Regelenergie ausgeglichen und die Differenz im Wege der Mehr- und Mindermengenabrechnung zwischen Lieferanten (Netznutzer) und Verteilernetzbetreibern ermittelt. Anhand der Netzkonten (erstmals eingeführt mit GaBi Gas 1.0 (2008)) werden im Gasbereich alle Ein- und Ausspeisungen eines Netzgebietes erfasst. Die Bilanzierung aller Ein- und Ausspeisungen im Marktgebiet und deren Zuordnung zu den Transportkunden erfolgt durch Bilanzkreise auf der Basis eines Tagesregimes. Die bilanzierten Ausspeisungen („Allokationen“) werden daher täglich angepasst.
5Ein Teil der Letztverbraucher wird durch die sogenannte registrierende Leistungsmessung (RLM) erfasst, bei der der Verbrauch stündlich gemessen wird (Jahresverbrauch über 1,5 GWh oder Leistung über 500 kW, § 24 Abs. 1 GasNZV).
6Bei nicht registrierend gemessenen Letztverbrauchern wird der Verbrauch aus Kostengründen anhand eines Standardlastprofils (SLP) geschätzt. Das Standardlastprofil bildet den Gasverbrauch eines typischen Verbrauchers über das Jahr ab, unterschieden nach mindestens drei Gruppen (§ 24 Abs. 3 GasNZV, Gewerbebetriebe, Kochgas- und Heizgaskunden). Das Standardlastprofil erstellt der Verteilnetzbetreiber.
7Für das Standardlastprofil werden zwei Verfahren eingesetzt. Das synthetische Standardlastprofil summiert die durch Profile ermittelten Einzelwerte jedes Kunden auf und berechnet so die Gesamtlast der Kundengruppen. Anhand von Funktionskoeffizienten, Kundenwert und einer Prognosetemperatur für den Folgetag wird die bilanzkreisrelevante Ausspeisemenge berechnet. Der Kundenwert ist ein Skalierungsfaktor, der das Normverhalten des Standardlastprofils an das individuelle Verbrauchsverhalten des einzelnen SLP-Ausspeisepunkts anpasst, wobei auch die Jahresverbrauchsprognose berücksichtigt wird. Weitere Korrekturfaktoren dürfen nur nach Abstimmung mit der Bundesnetzagentur verwandt werden (Leitfaden Standardlastprofilverfahren, S. 40). Aus Gründen der Transparenz dürfen beim synthetischen Lastprofilverfahren außerhalb der mathematischen Formeln keine individuellen Korrekturfaktoren verwandt werden. Die TU München entwickelte hierfür Standardlastprofile auf Basis einer Sigmoidfunktion, wobei die Eingabedaten Verbrauchertyp, Jahresverbrauch und klimatischer Standort als wesentliche Einflussfaktoren berücksichtigt werden (Statusbericht zum Standardlastprofilverfahren Gas, beauftragt vom BDEW, November 2014, S. 7, „Statusbericht SLP“, Anlage BG 2, überarbeitet 2015, Anlage BG 3). Die weit überwiegende Zahl der Gasnetzbetreiber greift auf diese Modelle zurück (88,6 % der Ausspeisenetzbetreiber, Statusbericht SLP, S. 9).
8Das analytische Standardlastprofil-Verfahren geht vom Gesamtverbrauch aus, ermittelt die Restlast und verteilt diese anschließend auf alle Verbraucher ohne RLM. Anstelle einer Temperaturprognose erfolgt eine Mengenprognose auf der Basis des Verbrauchs am Vorvortag („D-2“). Eine Prognosetemperatur muss nicht mit einbezogen werden. Verteilernetzbetreiber müssen die SLP-Allokationen bereits am Vortag („D-1“) des Liefertages („D“) durchführen. Bei dem analytischen SLP-Verfahren wird derzeit zur Bestimmung des Gesamtlastgangs auf die Restlast des Vortages der Allokation („D-2“), also zwei Tage vor dem Liefertag, zurückgegriffen. Wird das Netzkonto, wie bisher, über einen Monat betrachtet, gleichen sich etwaige Prognoseschwankungen bis auf den 2-Tages-Versatz weitgehend aus. Der Restlastgang wird mit einem Zerlegungsfaktor auf die einzelnen Kundengruppenlastgänge aufgeschlüsselt und dann werden die Kundengruppenlastgänge auf die einzelnen Transportkunden mithilfe von Gewichtungsfaktoren aufgeteilt. Um die Abweichungen durch den Zeitversatz zu minimieren, können Verteilernetzbetreiber im analytischen Verfahren Optimierungsfaktoren anwenden. Dies ist der Bundesnetzagentur mitzuteilen und auf der Internetseite zu veröffentlichen (Leitfaden Standardlastprofilverfahren, S. 48, Statusbericht SLP, Anlage BG2, S. 7; Leitfaden 2016, S. 52, 64).
9Bislang wurden Differenzen der Netzkonten monatlich abgerechnet. Eine Abrechnung im Netzkonto eines Verteilernetzbetreibers erfolgte, wenn im Verhältnis des Netzkontosaldos zur Summe der Ausspeiseallokationen der SLP-Ausspeisepunkte eine Überschreitung eines positiven Schwellenwertes von über 10 % ermittelt wurde (also nur bei Unterspeisung). Der Marktgebietsverantwortliche meldete der Bundesnetzagentur, wenn das Verhältnis des monatlichen Netzkontosaldos zur Summe der Monatsausspeiseallokationen der SLP-Ausspeisepunkte einen Schwellenwert von 5 % über- bzw. unterschritt. Netzbetreiber mit einer Abweichung in ihrem Netzkonto von mehr als +/- 50 % wurden auf der Internetseite des Marktgebietsverantwortlichen veröffentlicht (§ 51 Kooperationsvereinbarung (KoV) 7).
10Mit der streitgegenständlichen Festlegung vom 19.12.2014 hat die Bundesnetzagentur Vorgaben zur Gasbilanzierung gemacht. Sie setzt die Verordnung (EU) Nr. 312/2014 vom 26.03.2014, ABl. L 91, 15, zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen um. Die Behörde hatte am 03.04.2014 ein Festlegungsverfahren eingeleitet, in dessen Verlauf die Betroffene Stellung genommen hatte. Zahlreiche Stellungnahmen wendeten sich gegen die tägliche Abrechnung der Netzkonten.
11Die Festlegung hält das System der Tagesbilanzierung bei (Tenorziffer 1, 8 a)), wobei die Bilanzkreise auf Stundenbasis erfasst werden („untertägige Verpflichtung“, Tenorziffer 4). Durch die untertägige Verpflichtung soll ein positiver Effekt auf die Systemstabilität erzielt und die Anzahl von Regelenergieeinsätzen reduziert werden. Bei einem Tagesbilanzierungsregime ohne Anreize für die Netznutzer, ihr Transportverhalten innerhalb des Gastages anzupassen, seien Netznutzer nicht gehindert, ihren gesamten Gasbedarf möglichst spät, innerhalb weniger Stunden zum Ende eines Gastages, in das System einzuspeisen. Dies könne zu erheblichen Überschüssen in den Netzen gegen Ende des Gastages und zu Unterspeisungen zu Beginn des nächsten Gastages führen (Begründung, S. 59). Für die stündlichen Abweichungen ist bei der RLM ein Flexibilitätskostenbeitrag bei Überschreiten einer Toleranzgrenze zu zahlen, wenn dem Marktgebietsverantwortlichen an einem Gastag durch den Einsatz von Regelenergie Kosten entstanden sind ((Tenorziffer 4 c), vorher „Strukturierungsbeitrag“ nach „GABi Gas 2008“). Für die SLP-Messstellen sollen die Netzbetreiber unter Mitwirkung der Marktgebietsverantwortlichen einen Anreizmechanismus vorschlagen (Tenorziffer 8, Festlegung Begründung S. 118 ff.). Dieser soll eine tagesscharfe Erfassung der Differenzmengen vorgeben, wobei zum Monatsende abgerechnet werden kann (Tenorziffer 8 a) a. E. und e)). Die Bestimmung der konkreten Schwellenwerte bleibt den Netzbetreibern unter Mitwirkung der Marktgegebenheiten im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung überlassen. Die Prognosegüte soll hierbei nach einer einheitlichen Systematik vorgegeben und Grenzwerte festgelegt werden (Tenorziffer 8 b) und c)). Das System soll zum 01.10.2016 umgesetzt werden (Tenorziffer 8 d)). Verteilernetzbetreiber, die im SLP-System überdurchschnittliche Abweichungen verursachen oder den Prozessen der Datenübermittlung in quantitativer oder qualitativer Hinsicht nicht ausreichend nachkommen, sollen auf einer Transparenzliste im Internet veröffentlicht werden (Tenorziffer f)). Tenorziffer 11 der streitgegenständlichen Festlegung bestimmt, dass Marktgebietsverantwortliche, Fernleitungsnetzbetreiber und Verteilernetzbetreiber verpflichtet sind, die festgelegten Regelungen mit Wirkung zum 01.10.2015 anzuwenden und soweit erforderlich in die betroffenen abgeschlossenen sowie in neu abzuschließende Verträge aufzunehmen.
12Inzwischen wurde der durch die Festlegung vorgegebene Rahmen für die Ausgestaltung des SLP-Verfahrens durch eine Kooperationsvereinbarung wie folgt konkretisiert (Vorschlag Verbände vom 28.10.2015, Entwurf Kooperationsvereinbarung IX vom 30.06.2016, § 50, vgl. auch Schreiben der Verbändevereinigung VKU, BDEW und GEODE vom 26.05.2016, Bl. 361 GA):
13- 14
Bei einer Unterallokation rechnet der Marktgebietsverantwortliche ab, wenn der Wert um 35 % und mehr abweicht, sofern 6 Karenztage im Monat überschritten sind.
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Bei einer Unterallokation von 0 bis 35 % erfolgen weder Abrechnungen noch Auszahlungen.
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Bei Überallokationen und einer Abweichung von 0 bis 3 % erfolgt eine Auszahlung des Marktgebietsverantwortlichen an den Netzbetreiber.
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Bei Überallokationen von mehr als 3 % erfolgt weder eine Abrechnung noch eine Auszahlung.
Die Betroffene hat zunächst vorgetragen, dass je nach Betrachtungsweise durch die Festlegung für sie Zahlungen und Zinsverluste von bis zu … jährlich an den Marktgebietsverantwortlichen anfielen. Die Bundesnetzagentur hat indes unwidersprochen nach Bekanntwerden der Schwellenwerte aus der Kooperationsvereinbarung 2016 erklärt, dass das Netzkonto der Betroffenen unter Berücksichtigung dieser Schwellenwerte im Zeitraum Oktober 2012 bis September 2015 nicht abgerechnet worden, sondern ihr Ausschüttungen zugute gekommen wären.
19Die Betroffene wendet sich gegen Regelungen in Tenorziffer 8 und 11, soweit diese die Umsetzung von Tenorziffer 8 verlangt, und meint, die tägliche Netzkontenabrechnung stelle eine rechtsfehlerhafte Umsetzung höherrangiger europarechtlicher und nationaler Vorgaben dar.
20Der Netzkodex Gasbilanzierung ermächtige die Bundesnetzagentur nicht zur Einführung der in Tenor Ziffer 8 lit. a) bis e) vorgesehenen täglichen Netzkontenabrechnung. Die nationale Regulierungsbehörde sei nach Art. 39 Abs. 4 i.V.m. Art. 11 Abs. 4 Netzkodex Gasbilanzierung verpflichtet, im Rahmen der Entwicklung eines neuen Anreizmechanismus zur Verbesserung der Prognosequalität der SLP-Verfahren und damit der Allokationsgüte den Nachweis zu erbringen, dass die Umstellung von einer bisherigen monatlichen Netzkontenabrechnung auf eine tägliche Netzkontenabrechnung für die Netzintegrität und -stabilität, etwa als Anreiz für die Vermeidung von Fehlallokationen und die damit einhergehende Reduzierung des Einsatzes von Regelenergie, erforderlich sei. Diesen Nachweis habe die Bundesnetzagentur nicht erbracht. Die Umstellung auf das tägliche Netzkontenabrechnungssystem sei als Anreiz zur Vermeidung von Fehlmengen durch genauere Prognosewerte vielmehr ungeeignet. Die Bundesnetzagentur lasse außer Acht, dass die meisten Einflussfaktoren, auf denen die Prognose beruhe, von den Verteilernetzbetreibern nicht beeinflussbar seien. Dennoch sollten diese für Fehler – etwa bei der Temperaturprognose oder im Falle eines geänderten Abnahmeverhaltens des Letztverbrauchers – nach dem Willen der Bundesnetzagentur in die Verantwortung genommen werden, obwohl die Bundesnetzagentur selbst einräume, dass die Abweichungen der Prognose von den tatsächlichen Verbrauchswerten bei Standardlastprofilverfahren systemimmanent unvermeidlich seien – unabhängig vom gewählten Zeithorizont der Bewertung. Daraus folge, dass eine Verbesserung der Prognosequalität und – in der Folge – der Allokationsgüte mit der Einführung der täglichen Netzkontenabrechnung anstelle der monatlichen Netzkontenabrechnung nicht zu erreichen sei. Anreizwirkungen würden daher mit der Umstellung nicht erzielt. Die Umstellung führe lediglich dazu, dass es den Verteilernetzbetreibern – ohne die Glättung der täglichen Abweichungen im Rahmen der Monatsabrechnung - künftig nicht mehr möglich sein werde, ihre Netzkonten ausgeglichen zu halten. Vorauszahlungen auf die endgültige Mehr- / Mindermengenabrechnung könnten dann von den Verteilernetzbetreibern nicht mehr vermieden werden. Der von den Verteilernetzbetreibern nicht beeinflussbare Temperaturversatz würde sie bei einer täglichen Netzkontenabrechnung besonders in der Übergangsjahreszeit (Frühjahr, Herbst) mit teils extremen Temperaturschwankungen und Temperaturstürzen zu permanenten Vorauszahlungen auf die endgültige Mehr- / Mindermengenabrechnung zwingen, da sich das tatsächliche Verbrauchsverhalten der Kunden in diesen Fällen ganz anders darstelle als das auf der Grundlage der SLP-Verfahren prognostizierte Verbrauchsverhalten. Bereits Temperaturprognosefehler des Wetterdienstleisters der Betroffenen von -2 °C bis -3 °C hätten eine Abweichung von bis zu 25 % der von der Betroffenen allokierten Menge von der tatsächlich verbrauchten Menge zur Folge. Temperatureinbrüche und -umschwünge, die eine Differenz von bis zu 6 °C zwischen prognostiziertem und tatsächlichem Wert ausmachten, hätten massiv zugenommen. Die auf unbeständiges Wetter zurückzuführenden Temperatur- und Verbrauchsschwankungen würden von den Tagesmitteltemperaturen auf der Grundlage der bestehenden Temperaturprofile nicht hinreichend genau abgebildet, so dass es zu Abweichungen des prognostizierten Bedarfs und der auf der Basis dieser Prognose allokierten Menge von der tatsächlich verbrauchten Menge von bis zu 50 % kommen könne (vgl. die Abbildung S. 49 der Beschwerdebegründung, Bl. 65 GA). Das Verbesserungspotential der Betroffenen sei insoweit ausgeschöpft, den Wetterdienst habe sie sorgfältig ausgewählt. Verbesserungen seien nur mit aktualisierten und modifizierten Vorgaben zu erreichen, wie sie im gemeinsamen Leitfaden des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW), des VKU sowie des GEODE zur Verbesserung der SLP-Verfahren im Gas vorgeschlagen würden.
21Hinzu komme, dass der Ansatz der Bundesnetzagentur in Tenorziffer 8 lit. c) S. 2, die unterschiedliche Schwellenwerte für Unter- und Überspeisungen vorgebe, zu einer Asymmetrie im Abrechnungssystem führe. Während sich die Bundesnetzagentur in der Festlegung für Unterspeisungen auf einen Schwellenwert von 15 % festlege, nenne sie keinen Schwellenwert, bei dessen Überschreiten Überspeisungen Zahlungspflichten der Marktgebietsverantwortlichen gegenüber Verteilernetzbetreibern auslösten. Durch die Formulierung, dass „Fehlmengen bislang (…) sehr stark von Unterspeisungen dominiert sind“ und das künftige „Anreizsystem auch darauf ausgerichtet sein muss“, komme vielmehr der Wille der Bundesnetzagentur zum Ausdruck, dass der Schwellenwert bei Überspeisungen deutlich höher ausfallen solle als bei Unterspeisungen. Unterstellt, dass die Vorauszahlungen im Rahmen der endgültigen Mehr- / Mindermengenabrechnung vollständig oder überwiegend durch den Marktgebietsverantwortlichen ausgeglichen würden, führe die Pflicht zur Vorfinanzierung zu einer Bindung von Kapital und der dauerhafte Liquiditätsverlust auch zu Zinsnachteilen.
22Mit Einführung des neuen Systems der täglichen Netzkontenabrechnung missachte die Bundesnetzagentur zudem die bewährten nationalen Bilanzierungspraktiken und verletze hierdurch den Netzkodex Gasbilanzierung (vgl. Ziffer 11 der Präambel) sowie zugleich Art. 288 Abs. 2 AEUV. Denn die Bundesnetzagentur habe nicht berücksichtigt, dass das System der monatlichen Netzkontenabrechnung in beiden SLP-Verfahren zielgenaue Prognosen auswerfe und sich damit als tauglich erwiesen habe. Weitere Verbesserungen der Prognosegüte seien in beiden SLP-Verfahren nur mit aktualisierten und modifizierten Vorgaben zu erreichen. Gerade in der Übergangsjahreszeit seien die derzeitigen Lastprofile nicht geeignet, täglich passende Allokationswerte auszugeben. Trotz niedriger monatlicher Abweichungen träten bei allen Verteilernetzbetreibern erhebliche Abweichungen auf Tagesbasis auf. Es bedürfe daher der Glättungseffekte der monatlichen Netzkontenabrechnung. Bereits im Rahmen der Festlegung GaBi Gas 2008 habe die Bundesnetzagentur eine tägliche Netzkontenabrechnung angedacht, diese jedoch zu Gunsten der monatlichen Netzkontenabrechnung wieder verworfen und sich dabei ausdrücklich auf die Sachgerechtigkeit der Glättungseffekte berufen. Auch in der Begründung der angegriffenen Festlegung führe die Bundesnetzagentur aus, dass die derzeit bestehende monatliche Netzkontenabrechnung nach der GaBi Gas 1.0 ein „sachgerechtes und praktikables“ Anreizinstrument zur Verbesserung der SLP-Prognosegüte sei und sich in der Vergangenheit bewährt habe.
23Die Regelung in Tenorziffer 8 leiste entgegen den Vorgaben in Ziffer 2 der Präambel und Art. 11 Abs. 1 des Netzkodex Gasbilanzierung keinen Beitrag zum Entstehen bzw. zur Verbesserung der Liquidität auf dem Gasmarkt.
24Hiermit sei zunächst die Liquidität in den Gasnetzen – Sicherstellung ausreichend freier Kapazitäten – gemeint. Diese lasse sich nur durch eine Verbesserung der Prognose- und Allokationsgüte erreichen. Die ausgeprägte Volatilität in der täglichen Netzkontenabrechnung führe tendenziell zu einer Zunahme von Fehlallokationen und trage damit nicht zum Entstehen von bzw. zur Verbesserung der Liquidität auf dem Markt bei.
25Daneben schreibe der Netzkodex Gasbilanzierung auch einen wirtschaftlich effizienten Netzbetrieb und das Ziel einer Verbesserung der unionsweiten Netzinfrastruktur vor. Diese Ziele seien aber nur dann erreichbar, wenn den Netzbetreibern noch finanzielle Mittel in ausreichendem Maße zur Verfügung stünden (Liquidität im weiteren Sinne). Aufgrund der bereits absehbaren und nicht zu vermeidenden Abweichungen der allokierten von den tatsächlich verbrauchten Mengen, die der Systemwechsel von der monatlichen Netzkontenabrechnung zur täglichen Netzkontenabrechnung mit sich brächte, hätten die Verteilernetzbetreiber, wie ihre Berechnungen zeigten, erhebliche einseitige Liquiditätsabflüsse zu befürchten. Die Pflicht zur Vorfinanzierung binde Kapital und der dauerhafte Liquiditätsverlust führe zu Zinsnachteilen.
26Die streitgegenständliche Festlegung verletze auch Ziffer 4 der Präambel des Netzkodex Gasbilanzierung, in dem festgelegt sei, dass marktbasierte Bilanzierungsregeln finanzielle Anreize dafür vorsehen müssten, dass Verteilernetzbetreiber wie die Betroffene ihre Netzkonten ausgeglichen hielten. Durch die Asymmetrie in der vorläufigen Abrechnung, den Wegfall der statistischen Glättung im Monatssystem und der deutlich höheren Volatilität der täglichen Abweichungen würden häufigere Vorauszahlungen der Betroffenen und anderer Verteilernetzbetreiber auf die Mehr- / Mindermengenabrechnung nicht mehr durch Ausschüttungen der Marktgebietsverantwortlichen an die Verteilernetzbetreiber kompensiert. Die zu erwartende finanzielle Einbahnstraße in der vorläufigen Netzkontenabrechnung stelle faktisch eine Pönale für die Verteilernetzbetreiber dar.
27Wie die Tabelle 6 Seite 66 der Beschwerdebegründung zeige (Bl. 84 GA), habe bei ihr an … Tagen im Kalenderjahr 2015 eine Überspeisung vorgelegen, während es lediglich an … Tagen zu einer Unterspeisung gekommen sei. Die pauschale Annahme der Bundesnetzagentur, das Anreizsystem sei auf eine Vermeidung von Unterspeisungen auszurichten, treffe für die Betroffene nicht zu.
28Die geplante tägliche Netzkontenabrechnung verletzte auch den europarechtlichen Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit, indem gemäß Tenorziffer 8 lit. c) für Über- und Unterspeisungen jeweils unterschiedliche Schwellenwerte zu bestimmen seien. Anders als im derzeitigen Abrechnungssystem, bei dem ein einheitlicher Schwellenwert von 10 % vorgegeben sei, behandle die streitgegenständliche Festlegung Verteilernetzbetreiber und Marktgebietsverantwortliche ungleich.
29Zudem würden Verteilernetzbetreiber auch untereinander ungleich behandelt, da unberücksichtigt bleibe, dass nicht alle Verteilernetzbetreiber dieselbe Netzgröße oder dieselbe Kundenstruktur aufwiesen. Ein Schwellenwert, der für einen größeren Verteilernetzbetreiber in einem einzuhaltenden Rahmen liege, könne für einen kleineren Verteilernetzbetreiber mit einer inhomogenen und überwiegend gewerblichen Kundenstruktur kaum bis gar nicht einzuhalten sein.
30Die Regelungen in Tenorziffern 8 lit. a) bis e) der streitgegenständlichen Festlegung verletzten auch den europarechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der in Art. 39 Abs. 4 i.V.m. Art. 11 Abs. 4 lit. e) Netzkodex Gasbilanzierung durch die Vorgabe der „Erforderlichkeit“ umgesetzt worden sei. Die Umstellung des Netzkontenabrechnungssystems von der monatlichen auf die tägliche Netzkontenabrechnung sei nicht geeignet, die Prognosegüte zu verbessern. Dies sei vielmehr nur mit aktualisierten und modifizierten Vorgaben sowohl für die analytische wie auch für das synthetische SLP-Verfahren zu erreichen. Damit könne die Umstellung der Netzkontenabrechnung erst recht nicht das mildeste Mittel zur Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Netze durch die Vermeidung von Fehlmengen und die Reduzierung von Regelenergie sein. Die Pflicht der Verteilernetzbetreiber zu permanenten Vorauszahlungen führe zu einem Verlust von Liquidität, die ständige Bereithaltung von Mitteln für die tägliche Netzkontenabrechnung binde Kapital der Betroffenen.
31Die tägliche Netzkontenabrechnung verletze sie schließlich in ihrem Grundrecht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (nachfolgend: EU-Grundrechtecharta). Die Mitgliedsstaaten seien gemäß Art. 51 Abs. 1 S. 1 der EU-Grundrechtecharta bei der Durchführung des Rechts der Union, wie hier bei der Umsetzung einer Verordnung wie des Netzkodex Gasbilanzierung - an die Unionsgrundrechte gebunden. Verstießen nationale Rechtsvorschriften oder Vollzugsakte im Rahmen der Durchführung bzw. Umsetzung von Unionsrecht gegen Grundrechte der EU-Grundrechtecharta, seien sie absolut unanwendbar und daher sofort aufzuheben.
32Die Betroffene sei als juristische Person in privater Rechtsform, auch wenn sie staatlich beherrscht werde, Grundrechtsträgerin. Der Schutzbereich von Art. 16 EU-Grundrechtecharta sei eröffnet, da die Betroffene ihre Leistungen entgeltlich zur Verfügung stelle und damit eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübe. Die tägliche Netzkontenabrechnung stelle auch einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 16 der EU-Grundrechtecharta dar, da sie für die Betroffene zu einem Liquiditätsverlust, Liquiditätsengpässen und Zinsnachteilen führe. Schließlich würden umfangreiche und kostenintensive Anpassungen in den IT Systemen nötig.
33Der Eingriff in den Schutzbereich sei auch rechtswidrig. Die unternehmerische Freiheit unterliege dem Vorbehalt des Art. 52 Abs. 1 der EU-Grundrechtecharta. Danach müsse jede Einschränkung der Ausübung der in der EU-Grundrechtecharta anerkannten Rechte und Pflichten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Als legitime Einschränkungen gälten dem Gemeinwohl dienende Zielsetzungen sowie der Schutz der Rechte anderer. Des Weiteren müsse der Eingriff verhältnismäßig sein. Diese Voraussetzungen für die Rechtfertigung eines Eingriffs seien vorliegend nicht erfüllt. Wie bereits ausgeführt, bestehe für den Wechsel des monatlichen Netzkontenabrechnungssystems in das tägliche Netzkontenabrechnungssystem keine gesetzliche Grundlage. Auch habe die Bundesnetzagentur in der Begründung der Festlegung nicht dargelegt, warum die Umstellung zur Erreichung des Ziels, Anreize für eine bessere Prognosegüte zu schaffen, geeignet, erforderlich und das mildeste Mittel sein solle, um einen Anreiz für eine bessere Prognose und die Vermeidung von Fehlmengen zu schaffen. Das Gegenteil sei der Fall, da der pönale Charakter der Maßnahme im Vordergrund stehe.
34Des weiteren sei sie in ihren Rechten aus Art. 17 Abs. 1 der EU Grundrechtecharta verletzt. Erfasst sei von Art. 17 EU-Grundrechtecharta jedes vermögenswerte Recht sowie das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Eine vollständige Eigentumsentziehung sei im Hinblick auf die Liquiditätsabflüsse zu bejahen, wenn diese nicht kompensiert werden. Hinsichtlich der Bindung von Mitteln, die anderweitige Verfügungen wie etwa Investitionen verhindere, liege zumindest eine de-facto-Enteignung vor. Zudem stellten die notwendige kostenintensive Anpassung ihrer IT-Systeme sowie die steigenden Anforderungen an das Liquiditätsmanagement eine Einschränkung der Nutzung des Eigentums dar. Indem sie einseitige Liquiditätsabflüsse zulasten der Verteilernetzbetreiber vorsehe, verletze die Bundesnetzagentur schließlich ihre Schutz- und Achtungspflichten. Der Eingriff sei auch rechtswidrig. Das Eigentumsrecht unterliege ebenfalls dem Vorbehalt des Art. 52 Abs. 1 der EU-Grundrechtecharta, dessen Voraussetzungen, wie bereits ausgeführt, nicht erfüllt seien.
35Die tägliche Netzkontenabrechnung verletzte schließlich auch den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz nach Art. 20 der EU-Grundrechtecharta. Wie bereits ausgeführt würden Verteilernetzbetreiber und Marktgebietsverantwortliche sowie auch Verteilernetzbetreiber untereinander anders als im bisherigen Abrechnungssystem ungleich behandelt.
36Die Ungleichbehandlung sei auch nicht objektiv gerechtfertigt. Die tägliche Netzkontenabrechnung setze im Vergleich zum bestehenden System keinen Anreiz zu einer Verbesserung der Prognose- und damit Allokationsgüte. Vielmehr laufe sie auf eine einseitige Pönale für die Verteilernetzbetreiber hinaus.
37Die Regelungen in Tenorziffer 8 lit. a) bis e) missachteten zudem fundamentale Grundsätze des Anreizsystems. Das Anreizsystem sei so auszugestalten, dass es die Versorgungssicherheit und die Preisgünstigkeit fördere. Diese Zielsetzung greife auch der Netzkodex Gasbilanzierung in Ziffer 1 der Präambel auf. Indem die Umstellung von der monatlichen auf die tägliche Netzkontenabrechnung keinen Beitrag zur Netzstabilität und Netzintegrität durch eine Verbesserung der Prognosegüte leiste, trage sie zum Ziel der Versorgungssicherheit nichts bei. Ebenso wenig komme es zu einer Reduzierung von Fehlmengen und damit möglicherweise zu einer preisgünstigeren Energieversorgung der Verbraucher. Im Bereich der Entgelt- bzw. Anreizregulierung erfordere das Setzen von Anreizen von Unternehmen zwingend, dass sie einen Handlungsspielraum haben, der es ihnen erlaube, den Anreizen entsprechend zu reagieren. Da die Betroffene weder die Güte der Temperaturprognose noch temperaturbedingte oder nachfragebedingte Abweichungen im Verhalten des Letztverbrauchers beeinflussen könne, seien ihr keine Handlungsspielräume eröffnet. Das Verbesserungspotential sei ausgeschöpft.
38Die streitgegenständliche Festlegung leide schließlich an einem unheilbaren Verfahrensmangel, da sie nicht den Begründungsanforderungen des Art. 41 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und den Vorgaben des § 1 Abs. 3 EnWG genüge. Nach dem Gedanken des effet utile und der europarechtlichen Rechtsschutzgarantien müssten die Gerichte die Erforderlichkeit der Umstellung des Systems der Netzkontenabrechnung für die Setzung von weiteren Anreizen zur Vermeidung von Fehlallokationen gemäß Tenorziffer 8 ohne jede Einschränkung und ohne jede Zubilligung von Spielräumen überprüfen können. Die streitgegenständliche Festlegung weise nicht die Erforderlichkeit des Wechsels von der monatlichen auf die tägliche Netzkontenabrechnung nach, genüge damit nicht den Begründungsanforderungen und unterliege der Aufhebung. Da das höherrangige EU-Recht die Heilungsklauseln einschränke, griffen auch die Regelungen des § 45 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 VwVfG nicht.
39Die vollständige Auslagerung der Ausgestaltung der streitgegenständlichen Festlegung hinsichtlich der Bestimmung der zulässigen Schwellenwerte in die KoV stelle eine sowohl nach § 24 VwVfG als auch nach Art. 20 Abs. 3 GG rechtswidrige Verletzung der Amtsermittlungspflicht dar. Die Behörde sei nach alledem zur Ermittlung und Feststellung des für ihre Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts – hier des Netzkodex Gasbilanzierung - von Amts wegen verpflichtet und trage hierfür allein die Verantwortung. Sie dürfe nicht - wie hier im Hinblick auf die Bestimmung der Schwellenwerte für zulässige Abweichungen - wesentliche Entscheidungen vollständig den Betroffenen überlassen. Die Angaben der Betroffenen seien vielmehr stets inhaltlich auf ihre Plausibilität zu prüfen. Unterbleibe diese Prüfung gänzlich oder weit gehend, sei eine fehlerhafte Aufklärung des Sachverhalts zu bejahen und die Entscheidung materiell rechtswidrig. So liege der Fall hier, da die Betroffenen autonom entscheiden sollten, welche Schwellenwerte geeignet seien.
40Außerdem lasse sie das Gebot der rechtsstaatlichen Klarheit und Bestimmtheit in rechtswidriger Weise außer Acht, § 37 VwVfG. Die Überantwortung der Grenzwertbestimmung an die genannten Beteiligten genüge nicht diesen Bestimmtheitsanforderungen. Es sei völlig unklar, in welchem Verfahren und nach welchen Kriterien die Festsetzung der Grenzwerte erfolgen solle. Es sei nicht einmal hinreichend klar, ob alle Verteilernetzbetreiber an einem Verfahren beteiligt werden oder ob aus Gründen der Verfahrensökonomie nur die Verteilernetzbetreiber, deren Gebiete eine bestimmte Größe aufwiesen, Berücksichtigung finden sollten.
41Die Regelungen zu der Veröffentlichung in einer Transparenzliste gemäß Tenorziffer 8 lit. f) der streitgegenständlichen Festlegung verletze den Grundsatz des Schutzes von Betriebs und Geschäftsgeheimnissen gemäß Ziffer 7 der Präambel. Im Rahmen der Veröffentlichung der Namen der Verteilernetzbetreiber im Zusammenhang mit der Nichteinhaltung eines bestimmten Schwellenwertes würden derartige Geheimnisse verletzt. Denn hierdurch hätten sowohl andere Verteilernetzbetreiber als auch sonstige Nutzer, insbesondere Medienvertreter, die Möglichkeit, Einblicke in das Marktverhalten der Betroffenen (Prognosegenauigkeit, Allokationsgüte) zu gewinnen, die sie anderenfalls nicht bekommen würden. Aus der Abweichung von dem festzulegenden Schwellenwert und der Veröffentlichung der betroffenen Verteilernetzbetreiber könnten z.B. Rückschlüsse auf das Ein- und Ausspeiseverhalten gezogen werden.
42Es fehle auch hinsichtlich der Regelung zur Transparenzliste an einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage. Die in der Begründung der Festlegung genannte Ermächtigungsgrundlage des § 50 Abs. 5 S. 1 und Abs. 1 GasNZV i.V.m. § 29 Abs. 1 EnWG rechtfertige die Veröffentlichung sensibler Daten in einer Transparenzliste nicht. Die Veröffentlichung der Fehlallokation durch die Verteilernetzbetreiber in einer Transparenzliste sei weder für den Wettbewerb im Gashandel noch für die Belieferung von Kunden erforderlich. Insbesondere sei dies auch nicht der von der Bundesnetzagentur verfolgte Zweck. Es handele sich vielmehr um eine weitere Pönale, die einzig und allein den Effekt habe, Verteilernetzbetreiber für Fehlallokationen, die sie nicht vermeiden könnten, zu bestrafen und öffentlich an den Pranger zu stellen.
43Durch die Veröffentlichung der Verteilernetzbetreiber in der Transparenzliste werde außerdem gegen den Geheimhaltungsgrundsatz aus § 30 VwVfG verstoßen, da Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht unbefugt offenbart werden dürften. Die Norm fände nach Abschluss des Verfahrens entsprechende Anwendung. Die Veröffentlichung der Unternehmensnamen im Zusammenhang mit der Nichteinhaltung eines bestimmten Schwellenwertes in der Transparenzliste sei unbefugt. Sie stimme der Veröffentlichung auch nicht zu.
44Im Übrigen hätte auch im Falle des Vorliegens einer gestattenden Rechtsvorschrift eine Abwägung der kollidierenden Interessen stattfinden müssen. Eine solche Abwägung sei nicht erfolgt.
45Durch die Transparenzliste sei sie auch in ihrem Grundrecht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 der EU-Grundrechtecharta verletzt. Durch die Veröffentlichung würden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verletzt, die ebenfalls dem Schutz des Art. 16 der EU-Grundrechtecharta unterfielen. Der Eingriff sei auch rechtswidrig. Für die unter Tenorziffer 8 lit. f) der streitgegenständlichen Festlegung geregelte Transparenzliste bestehe keine gesetzliche Grundlage. Das Ziel des Netzkodex, die Netzstabilität und Netzintegrität zu sichern, werde durch die Transparenzliste nicht erreicht oder gefördert. Die Bundesnetzagentur habe auch nicht dargelegt, warum aus ihrer Sicht eine Veröffentlichung erforderlich und das mildeste Mittel sein solle.
46Die Regelung in Tenorziffer 8 lit. f) verstoße außerdem gegen den europarechtlichen Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit. Wie bereits ausgeführt könne ein Grenzwert, der für einen größeren Verteilernetzbetreiber in einem problemlos einzuhaltenden Rahmen liege, für einen kleineren Verteilernetzbetreiber kaum bis gar nicht einzuhalten sein.
47Aus den vorgenannten Gründen verstoße die Festlegung des Schwellenwertes auch gegen den Grundsatz auf Gleichheit nach Art. 20 der EU-Grundrechtecharta, wonach wesentlich Ungleiches nicht gleich behandelt werden dürfe. Objektive Gründe für die Gleichbehandlung lägen nicht vor.
48Schließlich verletze die Veröffentlichung der Verteilernetzbetreiber in der Transparenzliste die Betroffene auch aufgrund von rechtswidrigen Anprangerungseffekten in ihrem europarechtlich garantierten Schutz auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 der EU-Grundrechtecharta. Aufgrund der Unvermeidbarkeit von Abweichungen im volatileren System der täglichen Netzkontenabrechnung ohne die statistischen Glättungseffekte der monatlichen Netzkontenabrechnung müsse die Betroffene – wie praktisch alle Verteilernetzbetreiber – in Zukunft häufiger mit Unterspeisungen und daher mit Negativ-Berichterstattung in der Presse und den damit einhergehenden Reputationsrisiken rechnen, ohne diesen Konsequenzen infolge der Fehleranfälligkeit der Prognoseverfahren entgegentreten zu können. Je öfter die Nennung eines Verteilernetzbetreibers in diesem Zusammenhang erfolge, desto größer falle folglich die Benachteiligung im Rahmen des Konzessionswettbewerbs aus. Dadurch werde die Möglichkeit einer objektiven und diskriminierungsfreien Entscheidung bei der Konzessionsvergabe konterkariert. Der Eingriff sei auch nicht gerechtfertigt da er, wie bereits ausgeführt, weder dem Gemeinwohl oder dem Schutz der Rechte und Freiheiten anderer diene noch verhältnismäßig sei.
49Die Regelung in Tenorziffer 8 lit. f) verstoße auch gegen fundamentale Verfahrensgrundsätze. Sie stelle eine nach § 24 VwVfG rechtswidrige Verletzung des Amtsermittlungs- bzw. Untersuchungsgrundsatzes dar, da die Bundesnetzagentur, wie bereits ausgeführt, die Festlegung des Schwellenwertes für die Veröffentlichung in der Transparenzliste vollständig aus der Hand gebe.
50Die Regelung in Tenorziffer 8 lit. f) verstoße darüber hinaus gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des § 37 VwVfG. Es sei völlig unklar, in welchem Verfahren und nach welchen Kriterien die Festsetzung des Schwellenwertes erfolgen solle. Ebenso wenig mache die Bundesnetzagentur Vorgaben, an denen sich die Beteiligten bei der Bestimmung des Schwellenwertes, auch hinsichtlich des zeitlichen Rahmens, orientieren könnten. Es hätte klarer Vorgaben bedurft, wie die Geeignetheit des zu bestimmenden Schwellenwertes festgestellt bzw. näher ausgestaltet werden solle. Gleiches gelte für die Aufführung von Verteilernetzbetreibern in der Transparenzliste, die „nach den einschlägigen Prozessen der Datenübermittlung in qualitativer oder quantitativer Hinsicht nicht nachkommen“. Auch hier gebe es keine Anhaltspunkte dafür, wann dieser Verpflichtung nicht entsprochen werde. Die getroffene Regelung sei mithin nicht klar und verständlich.
51Die Bundesnetzagentur verstoße im Hinblick auf ihre Begründung zu der Einführung der Transparenzliste der Marktgebietsverantwortlichen gegen Art. 41 Abs. 2 Unterabschnitt 3 der Grundrechtecharta. Sie erfülle mit ihrer halbseitigen Ausführung nicht die inhaltlichen Anforderungen an eine von den betroffenen Verteilernetzbetreibern nachvollziehbare, gerichtlich überprüfbare Begründung.
52Aufgrund des Anwendungsvorrangs des Netzkodex Gasbilanzierung nach Art. 288 Abs. 2 AEUV sei im Kollisionsfall jede entgegenstehende Bestimmung mitgliedschaftlichen Rechts unanwendbar, Einzelakte seien unwirksam und dürften nicht vollzogen (Antrag zu Ziffer II.) werden. Da die streitgegenständliche Festlegung weder mit dem Netzkodex Gasbilanzierung und Art. 288 Abs. 2 AEUV noch mit dem europarechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip und dem europarechtlichen Diskriminierungsverbot vereinbar sei, verletzte sie primäres und sekundäres Recht der Union und sei nicht vollziehbar.
53Ferner beruhe ihr Feststellungsantrag darauf, dass selbst bestandskräftige oder sofort vollziehbare Verwaltungsakte des nationalen deutschen Rechts nicht erzwingbar seien, wenn sie – wie hier die streitgegenständliche Festlegung in Tenorziffer 8 – EU-Grundrechte verletzten.
54Sollte der Senat die Tenorziffer 8 der streitgegenständlichen Festlegung mit dem EU-Recht für vereinbar halten, sei er zur Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens (Antrag zu Ziffer III.1) nach Art. 267 Abs. 1 und 2 AEUV zur Klärung der Frage, ob Tenorziffer 8 der streitgegenständlichen Festlegung mit dem Netzkodex Gasbilanzierung und Art. 288 Abs. 2 AEUV sowie mit dem europarechtlichen Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit und dem europarechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip vereinbar sei, vorzulegen. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise bestehende Vorlagepflicht lägen vor. Der EuGH gehe bereits dann von einer Vorlageverpflichtung auch der unteren Instanzen aus, wenn es um die Gültigkeit nationaler Maßnahmen gehe, die zur Durchführung bzw. Umsetzung einer Verordnung im Rahmen eines einheitlichen unionsrechtlichen Systems zur besseren wirtschaftlichen Koordinierung und Harmonisierung innerhalb der EU ergingen. So liege der Fall hier. Der Netzkodex Gasbilanzierung diene nach Ziffer 1 der Präambel der Vollendung eines vollvernetzten Energiebinnenmarktes, der zur nachhaltigen Energieversorgung für die Wirtschaft der Europäischen Union beitrage. Der EuGH habe zudem die alleinige Entscheidungskompetenz, wenn es um die Frage der Vereinbarkeit eines Exekutivaktes einer mitgliedsstaatlichen Behörde mit dem europarechtlichen Prinzip der Diskriminierungsfreiheit und dem europarechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Art. 5 Abs. 4 EU gehe und das nationale Gericht zu dem Ergebnis komme, dass der nationale Exekutivakt zur Durchführung einer EU-Verordnung mit diesen höherrangigen europarechtlichen Vorgaben des Primärrechts vereinbar sei. Die Frage der Vereinbarkeit sei auch entscheidungserheblich.
55Sollte der Senat im Hinblick auf die Grundrechte der EU-Grundrechtecharta der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur fehlenden Grundrechtsberechtigung juristischer Personen des öffentlichen Rechts und juristischer Personen des Privatrechts mit Beteiligung der öffentlichen Hand im Bereich der Grundrechte des Grundgesetzes folgen wollen, werde hilfsweise mit dem Antrag zu III.2 beantragt, das vorliegende Verfahren auszusetzen und die Frage der Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen des privaten Rechts mit gänzlicher, überwiegender oder teilweiser Beteiligung der öffentlichen Hand, im Hinblick auf die hier einschlägigen aufgeführten Grundrechte der EU-Grundrechtecharta im Wege der Vorabentscheidung nach Art. 267 Abs. 1 und Abs. 2 A EUV vorzulegen. Die Wahrung der Rechtseinheit innerhalb der EU und die letztverbindliche Entscheidungs- und Auslegungskompetenz hinsichtlich der Anwendbarkeit der Grundrechte der EU-Grundrechtecharta, die Teil des Primärrechts der EU seien, obliege dem EuGH. Die Vorlagefrage sei auch entscheidungserheblich.
56Bezüglich der Frage der Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen des privaten Rechts mit gänzlicher, überwiegender oder teilweiser Beteiligung der öffentlichen Hand bestehe für den Fall, dass der Senat die Grundrechtsfähigkeit verneinen solle, eine Vorlagepflicht schon aus dem Grunde, weil der Senat in diesem Fall von der – allerdings bislang nicht ausdrücklich entschiedenen, sondern nur im Rahmen eines obiter dictum geäußerten – gegenteiligen Auffassung des EuGH abweichen würde. Die Vorlagefrage sei auch entscheidungserheblich.
57Die Betroffene beantragt,
58- 59
I. die Festlegung der Bundesnetzagentur zur Bilanzierung Gas (Umsetzung Netzkodex Gasbilanzierung, GABi Gas 2.0), Beschluss vom 19.12.2014, Az.: BK7-14-020, in Tenorziffer 8 vollständig und in Tenorziffer 11 insoweit aufzuheben, als sie die Betroffene verpflichtet, Tenorziffer 8 dieser Festlegung anzuwenden und – soweit erforderlich – in die betroffenen abgeschlossenen sowie in neu abzuschließende Verträge aufzunehmen;
- 61
II. festzustellen, dass Tenorziffer 8 und Tenorziffer 11 (im Umfang der vorstehenden Ziffer I.) der Festlegung der Bundesnetzagentur zur Bilanzierung Gas (Umsetzung Netzkodex Gasbilanzierung, GABi Gas 2.0), Beschluss vom 19.12.2014, Az.: BK7-14-020, nicht vollziehbar sind;
- 63
III. hilfsweise zu Ziffer I:
- 65
1. Für den Fall, dass das angerufene Gericht Tenorziffer 8 und Tenorziffer 11 (im Umfang des Antrags zu Ziffer I.) der Festlegung der Bundesnetzagentur zur Bilanzierung Gas (Umsetzung Netzkodex Gasbilanzierung, GABi Gas 2.0), Beschluss vom 19.12.2014, Az.: BK7-14-020, für mit der Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26.03.2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen und Art. 288 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union vereinbar hält, das vorliegende Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung nach Art. 267 Abs. 1 und Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorzulegen:
- Stehen die Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26.03.2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen und Art. 288 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union einer nationalen Regelung entgegen, die im Rahmen der Umsetzung der Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26.03.2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen von der nationalen Regulierungsbehörde erlassen wurde und als Anreizmechanismus für die Bereitstellung einer genauen Prognose bei SLP-Entnahmestellen vorsieht, dass Ausschüttungen der Marktgebietsverantwortlichen an die Gas-Verteilernetzbetreiber und Zahlungen der Gas-Verteilernetzbetreiber an die Marktgebietsverantwortlichen bei gegenüber den prognostizierten und allokierten Mengen eines Tages auftretenden höheren oder niedrigeren Ausspeisungen erfolgen, wenn diese nationale Regelung unter anderem folgende Vorgaben macht,
67Die Bestimmung der Differenzmengen für SLP-Entnahmestellen ist auf der Basis einer Gegenüberstellung der prognostizierten Tagesmengen mit den vorläufig ermittelten Ausspeisungen im Rahmen einer Kontensystematik (Netzkonten) vorzunehmen. Die Kontensystematik enthält sämtliche Ein- und Ausspeisungen eines Gas-Verteilernetzbetreibers, die zur Ermittlung der vorläufigen täglichen Ausspeisung von SLP-Entnahmestellen notwendig sind. Die Anreizwirkung ist durch eine vorläufige Abrechnung der durch die Gegenüberstellung festgestellten Tagesdifferenzmenge(n) auf die Mehr- und Mindermengenabrechnung der SLP-Entnahmestellen eines Gas-Verteilernetzbetreibers sicherzustellen;
68Die bezogen auf die prognostizierten und ausgespeisten Mengen täglich ermittelte Prognosegüte der Standardlastprofile ist anhand der Höhe und der Richtung der aufgetretenen Abweichung zu bewerten. Für die Bewertung der Höhe der täglich aufgetretenen Prognoseabweichung ist für die Über- und Unterspeisung jeweils ein Grenzwert in Bezug auf die Abweichung der prognostizierten Menge zu bestimmen;
69Die Zahlungen der Marktgebietsverantwortlichen an die Gas-Verteilernetzbetreiber bei Überspeisungen sind einseitig zu begrenzen;
70und damit von einem bewährten mitgliedstaatlichen Anreizsystem abweicht, in dem die Anreizwirkung durch eine vorläufige Abrechnung der durch die Gegenüberstellung festgestellten monatlichen Differenzmenge(n) auf die Mehr- und Mindermengenabrechnung der SLP-Entnahmestellen eines Gas-Verteilernetzbetreibers sichergestellt wird und in dem ferner für die Bewertung der Höhe der täglich aufgetretenen Prognoseabweichung für die Über- und Unterspeisung ein einheitlicher Grenzwert in Bezug auf die Abweichung der prognostizierten Menge bestimmt ist, sofern durch die Umstellung des Anreizmechanismus von einer monatlichen auf eine tägliche vorläufige Netzkontenabrechnung eine Verbesserung der Prognosegüte nicht zu erzielen ist?
71- Stehen die Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26.03.2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen und Art. 288 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union einer nationalen Regelung entgegen, die im Rahmen der Durchführung bzw. Umsetzung der Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26.03.2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen von der nationalen Regulierungsbehörde erlassen wurde und vorsieht, dass Gas-Verteilernetzbetreiber, die bei Anwendung eines Anreizmechanismus für SLP-Entnahmestellen eine überdurchschnittliche Abweichung von einem festgestellten Schwellenwert aufweisen, vom jeweiligen Marktgebietsverantwortlichen in einer Transparenzliste im Internet zu veröffentlichen sind?
72- Stehen die Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26.03.2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen und Art. 288 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union einer nationalen Regelung entgegen, die im Rahmen der Durchführung bzw. Umsetzung der Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26.03.2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen von der nationalen Regulierungsbehörde erlassen wurde und vorsieht, dass sämtliche Gas-Verteilernetzbetreiber, die der Datenübermittlung bezüglich der Ein- und Ausspeisungen eines Gas-Verteilernetzbetreibers, die im Rahmen einer Kontensystematik (Netzkonten) täglich erfasst werden, in qualitativer oder quantitativer Hinsicht nicht ordnungsgemäß nachkommen, auf einer Transparenzliste des jeweiligen Marktgebietsverantwortlichen im Internet aufzuführen sind?
73- 74
2. Für den Fall, dass das angerufene Gericht die Grundrechtsberechtigung der Betroffenen im Hinblick auf die Grundrechte der unternehmerischen Freiheit gemäß Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, des Eigentumsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Gleichheit vor dem Gesetz gemäß Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Rahmen der Durchführung bzw. Umsetzung der Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26.03.2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen durch die Beschwerdegegnerin verneinen sollte und/oder Tenorziffer 8 und Tenorziffer 11 im Umfang des Antrags zu Ziffer I. der Festlegung der Beschwerdegegnerin zur Bilanzierung Gas (Umsetzung Netzkodex Gasbilanzierung, GABi Gas 2.0), Beschluss vom 19.12.2014, Az.: BK7-14-020 für mit den Grundrechten der unternehmerischen Freiheit gemäß Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, des Eigentumsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Gleichheit vor dem Gesetz gemäß Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vereinbar hält, wird beantragt, das vorliegende Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung nach Art. 267 Abs. 1 und Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorzulegen:
- Können sich juristische Personen des nationalen privaten Rechts eines Mitgliedstaates, an denen die öffentliche Hand ganz, überwiegend oder teilweise beteiligt ist, auf die Grundrechte der unternehmerischen Freiheit gemäß Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, des Eigentumsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Gleichheit vor dem Gesetz gemäß Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union berufen, wenn die nationale Regulierungsbehörde eines Mitgliedstaates im Rahmen der Durchführung bzw. Umsetzung einer Verordnung der Europäischen Union gemäß Art. 288 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union einen Exekutivakt erlässt, der gegenüber diesen juristischen Personen des privaten Rechts eines Mitgliedstaates in ihre Grundrechte aus Art. 16, Art. 17 Abs. 1 und Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union eingreift?
76- Stehen die Grundrechte der unternehmerischen Freiheit gemäß Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, des Eigentumsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Gleichheit vor dem Gesetz gemäß Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union einer nationalen Regelung entgegen, die im Rahmen der Durchführung bzw. Umsetzung der Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26.03.2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen von der nationalen Regulierungsbehörde gegenüber juristischen Personen des privaten Rechts eines Mitgliedstaates erlassen wurde und als Anreizmechanismus für die Bereitstellung einer genauen Prognose bei SLP-Entnahmestellen vorsieht, dass Ausschüttungen der Marktgebietsverantwortlichen an die Gas-Verteilernetzbetreiber und Zahlungen der Gas-Verteilernetzbetreiber an die Marktgebietsverantwortlichen bei gegenüber den prognostizierten und allokierten Mengen eines Tages auftretenden höheren oder niedrigeren Ausspeisungen erfolgen, wenn diese nationale Regelung unter anderem folgende Vorgaben macht,
77Die Bestimmung der Differenzmengen für SLP-Entnahmestellen ist auf der Basis einer Gegenüberstellung der prognostizierten Tagesmengen mit den vorläufig ermittelten Ausspeisungen im Rahmen einer Kontensystematik (Netzkonten) vorzunehmen. Die Kontensystematik enthält sämtliche Ein- und Ausspeisungen eines Gas-Verteilernetzbetreibers, die zur Ermittlung der vorläufigen täglichen Ausspeisung von SLP-Entnahmestellen notwendig sind. Die Anreizwirkung ist durch eine vorläufige Abrechnung der durch die Gegenüberstellung festgestellten Tagesdifferenzmenge(n) auf die Mehr- und Mindermengenabrechnung der SLP-Entnahmestellen eines Gas-Verteilernetzbetreibers sicherzustellen;
78Die bezogen auf die prognostizierten und ausgespeisten Mengen täglich ermittelte Prognosegüte der Standardlastprofile ist anhand der Höhe und der Richtung der aufgetretenen Abweichung zu bewerten. Für die Bewertung der Höhe der täglich aufgetretenen Prognoseabweichung ist für die Über- und Unterspeisung jeweils ein Grenzwert in Bezug auf die Abweichung der prognostizierten Menge zu bestimmen;
79Die Zahlungen der Marktgebietsverantwortlichen an die Gas-Verteilernetzbetreiber bei Überspeisungen sind einseitig zu begrenzen;
80und damit von einem bewährten mitgliedstaatlichen Anreizsystem abweicht, in dem die Anreizwirkung durch eine vorläufige Abrechnung der durch die Gegenüberstellung festgestellten monatlichen Differenzmenge(n) auf die Mehr- und Mindermengenabrechnung der SLP-Entnahmestellen eines Gas-Verteilernetzbetreibers sichergestellt wird, und in dem ferner für die Bewertung der Höhe der täglich aufgetretenen Prognoseabweichung für die Über- und Unterspeisung ein einheitlicher Grenzwert in Bezug auf die Abweichung der prognostizierten Menge bestimmt ist, sofern durch die Umstellung des Anreizmechanismus von einer monatlichen auf eine tägliche vorläufige Netzkontenabrechnung eine Verbesserung der Prognosegüte nicht zu erzielen ist?
81- Stehen die Grundrechte der unternehmerischen Freiheit gemäß Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Gleichheit vor dem Gesetz gemäß Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union einer nationalen Regelung entgegen, die im Rahmen der Durchführung bzw. Umsetzung der Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26.03.2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen von der nationalen Regulierungsbehörde gegenüber juristischen Personen des privaten Rechts eines Mitgliedstaates erlassen wurde und vorsieht, dass Gas-Verteilernetzbetreiber, die bei Anwendung eines Anreizmechanismus für SLP-Entnahmestellen eine überdurchschnittliche Abweichung von einem festgestellten Schwellenwert aufweisen, vom jeweiligen Marktgebietsverantwortlichen in einer Transparenzliste im Internet zu veröffentlichen sind?
82- Stehen die Grundrechte der unternehmerischen Freiheit gemäß Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Gleichheit vor dem Gesetz gemäß Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union einer nationalen Regelung entgegen, die im Rahmen der Durchführung bzw. Umsetzung der Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26.03.2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen von der nationalen Regulierungsbehörde gegenüber juristischen Personen des privaten Rechts eines Mitgliedstaates erlassen wurde und vorsieht, dass sämtliche Gas-Verteilernetzbetreiber, die der Datenübermittlung bezüglich der Ein- und Ausspeisungen eines Gas-Verteilernetzbetreibers, die im Rahmen einer Kontensystematik (Netzkonten) täglich erfasst werden, in qualitativer oder quantitativer Hinsicht nicht ordnungsgemäß nachkommen, auf einer Transparenzliste des jeweiligen Marktgebietsverantwortlichen im Internet aufzuführen sind?
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IV. H i l f s w e i s e zu Ziffer I., II. und III:
Für den Fall einer ungünstigen Entscheidung die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zuzulassen.
86Die Bundesnetzagentur beantragt,
87die Beschwerde zurückzuweisen.
88Die Bundesnetzagentur ist der Ansicht, sie könne als nationale Regulierungsbehörde nach Art. 39 Abs. 4 i. V. m. Art. 11 Netzkodex nicht nur zur Unterbreitung eines Vorschlags auffordern, sondern auch Vorgaben machen. Art. 11 Abs. 1 Netzkodex erlaube der Bundesnetzagentur, Anreize zur Liquiditätsverbesserung auf dem Gasgroßhandelsmarkt zu setzen. Sie könne daher entweder selbst einen solchen Mechanismus erarbeiten oder diesen durch die Marktbeteiligten erarbeiten lassen. Eine Umstellung der monatlichen auf die tägliche Abrechnung sei auch erforderlich. Das bisherige Abrechnungssystem führe durch die monatliche Saldierung der Über- und Unterallokationen dazu, dass trotz mangelhafter Prognosegüte und daraus resultierendem Regelenergiebedarf diejenigen Netzbetreiber privilegiert würden, die in ihren Netzen sowohl Unter- als auch Überallokationen in vergleichbarer Größenordnung aufwiesen. Dies führe in der Praxis dazu, dass Verteilernetzbetreiber mit geringeren Abweichungen – also höherer Prognosegüte – abgerechnet werden, während Verteilernetzbetreiber mit stärkeren, sich aber im Monatsverlauf ausgleichenden Abweichungen nicht abzurechnen seien.
89Diesen Aspekten solle ein tägliches Anreizsystem entgegenwirken. Ziel dieses System sei es, eine möglichst genaue Prognose der täglichen Verbräuche zu erreichen und dadurch den Einsatz externer Regelenergie zu verringern. Mit einer Verbesserung der kurzfristigen Prognosegüte verbessere sich letztlich auch die Prognosegüte über einen längeren Betrachtungszeitraum. Eine exakte Übereinstimmung von Prognose und Ausspeisemenge werde dabei immer die Ausnahme bleiben und sei auch nicht Ziel eines zukünftigen Anreizsystems.
90Es bleibe zutreffend, dass Fehlmengen eines einzelnen Verteilernetzbetreiber i.V.m. weiteren gleichgerichteten Differenzmengen anderer Netzbetreiber potentiell Regelenergie hervorrufen könnten. Die Vermeidung von Fehlmengen, z.B. durch ein Anreizsystem für eine Kundengruppe, sei daher immer auf eine mögliche Reduktion von externer Regelenergie ausgerichtet. Sie diene daher grundsätzlich der Netzstabilität und –integrität und ziele darauf ab, Verteilernetze bzw. das Marktgebiet in den jeweiligen netztechnischen Grenzen zu halten. Es sei ausreichend, mit einem Anreizsystem einen möglichen Regelenergiebedarf einer Kundengruppe zu minimieren. Hierzu bedürfe es nicht zwangsläufig eines Abgleichs der Netzkontosalden eines jeden Verteilernetzbetreiber mit dem tatsächlichen Regelenergieaufkommen. Die potenzielle Möglichkeit, dass durch das Prognoseverhalten einer Kundengruppe externe Regelenergie entstehen könnte, rechtfertige den Einsatz von Maßnahmen, die dieses Aufkommen grundsätzlich reduzierten. Ein Nachweis in Form einer verteilernetzspezifischen Prüfung sei daher im Rahmen des Festlegungsverfahrens nicht erforderlich.
91Entgegen der Behauptung der Betroffenen sei die Einführung einer täglichen Netzkontoabrechnung als SLP-Anreizsystems nicht Gegenstand des Festlegungsverfahrens GaBi Gas 1.0 gewesen.
92Sie habe den angegriffenen Beschluss ausführlich und in einem den Rechtsschutz nicht behindernden Umfang begründet und die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe für die Entscheidung mitgeteilt. Mehr werde im Rahmen der formellen Rechtmäßigkeit nicht verlangt. Ob die Begründung den Anforderungen der Ermächtigungsgrundlage gerecht werde, sei erst im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit zu prüfen.
93Die Festlegung sei auch hinreichend bestimmt. Bereits Art. 39 Abs. 4 Netzkodex Gasbilanzierung sehe vor, dass Verteiler- und Fernleitungsnetzbetreiber einen Vorschlag für einen Anreizmechanismus initiativ erarbeiten dürften, ohne dass weitere Vorgaben gemacht würden. Sie sei auch nicht verpflichtet, Einzelheiten vorzugeben. Vielmehr sei es erfolgversprechender und prozessökonomischer, wenn sie nur einen Rahmen vorgebe, der dem Ziel der Prognoseverbesserung diene, und die Marktbeteiligten selbst einen Vorschlag mit den Detailfragen erarbeiteten.
94Die Berücksichtigung bewährter nationaler Bilanzierungspraktiken sei keine Vorgabe des Netzkodex Gasbilanzierung. Dem Wortlaut der Ziffer 11 der Erwägungsgründe zum Netzkodex Gasbilanzierung nach handele es sich allenfalls um eine Sollvorschrift. Gegenstand dieser seien zudem nicht die „bewährten Bilanzierungspraktiken“, sondern „die bewährten Praktiken und Bemühungen zur Harmonisierung der Prozesse für die Durchführung dieser Verordnung“.
95Gleichwohl habe sie die bewährten nationalen Bilanzierungspraktiken berücksichtigt.
96Bereits die gegenwärtige Netzkontensystematik stelle sämtliche Ein- und Ausspeisungen eines Netzbetreibers tagesscharf gegenüber. Da mit Ausnahme der am Vortag abgegebenen SLP-Prognose (SLP-Allokation) die Mengenangaben aller Ein- und Ausspeisungen eines Netzbetreibers auf gemessenen Verbrauchswerten beruhten, könne durch Subtraktion dieser gemessenen Ausspeisungen von den gemessenen Einspeisungen der tatsächlich eingetretene Verbrauch von SLP-Entnahmestellen eines Gasverteilernetzes täglich bestimmt werden. Durch einen Vergleich der Mengenangabe der am Vortag abgegebenen Allokation mit dem errechneten tatsächlich an den Liefertag eingetretenen Verbrauch („Restlast“), lasse sich die jeweilige Prognosegüte der SLP-Allokation und damit die Güte des Standardlastprofilverfahrens eines Ausspeisenetzbetreibers hinreichend genau bestimmen. Eine Monatsbetrachtung stelle nur das Ergebnis der einzelnen Tagessalden dar. Somit unterscheide sich die Funktionsweise des täglichen Anreizsystems grundsätzlich nicht von einem monatlichen Anreizsystem.
97Die Wandlung des Netzkontos zu einem Instrument der Qualitätskontrolle habe sowohl für den einzelnen Netzbetreiber als auch für den Marktgebietsverantwortlichen erst die Möglichkeit eröffnet, auch Fehlentwicklungen bei Standardlastprofilverfahren systematisch feststellen zu können. Durch die Überführung und Weiterentwicklung der Netzkontensystematik im Rahmen der verschiedenen Kooperationsvereinbarungen sei diese Art der Qualitätskontrolle auch Bestandteil der bilanziellen Systematik geworden. Insoweit nehme die Festlegung mit ihren Regelungen über die Einrichtung und Führung eines Netzkontos lediglich die folgerichtige und sachgerechte gaswirtschaftliche Praxis auf, die auch von den Marktbeteiligten in der Vergangenheit nicht infrage gestellt worden sei.
98Die Betroffene übersehe, dass die Festlegung in ihrer Systematik ein finanzielles Anreizsystem für die Bewertung der in beiden Richtungen aufgetretenen Fehlmengen vorsehe. Die Aussage, es sei eine „finanzielle Einbahnstraße“ für die Verteilernetzbetreiber zu erwarten, treffe nicht zu. Insoweit gehe die neue Systematik vielmehr über die bestehende hinaus. Entgegen der Darstellung der Betroffenen werden bei der gegenwärtigen monatlichen Netzkontoabrechnung nur Überschreitungen von Unterspeisungen als Abrechnung in Form eines Abschlags auf die Mehr- und Mindermengenabrechnung herangezogen.
99Art. 11 Abs. 4 lit. a des Netzkodex Gasbilanzierung beinhalte auch nicht zwangsweise die Ausweisung einer einheitlich definierten Leistungsvorgabe. Die Norm ermögliche vielmehr ausdrücklich die Festlegung von mehreren Leistungszielen und beinhalte sowohl den Empfang als auch die Zahlung für eine entsprechende Über- bzw. Unterschreitung anhand vorher bestimmter Zielgrößen. Der vom Normgeber verwendete Begriff der „höheren Leistung“ sei demnach als Einspeisung von Mehrmengen in das Netz der Fernleitungsnetzbetreiber zu bewerten, der Begriff der „niedrigeren Leistung“ als Einspeisung einer gegenüber dem tatsächlichen Verbrauch zu geringen Menge (Mindermenge). Dass diese Zielgrößen in gleicher Höhe zu bestimmen seien, gehe aus der Norm nicht hervor.
100Der von ihr festgelegte Rahmen für einen SLP-Anreizmechanismus erfülle sämtliche inhaltlichen Erfordernisse dieser Regelung. Der Begriff der Leistung sei an den Leistungen des Fernleitungsnetzbetreibers orientiert. Dieser nehme bei SLP-Allokation immer Fehlmengen der einzelnen Verteilernetzbetreiber in Form von Mehr- oder Mindermengen entgegen. Ein Anreizsystem müsse daher die Reduktion dieser unterschiedlichen Fehlmengen zum Ziel haben. Hierbei gehe weder aus den Regelungen des Netzkodex Gasbilanzierung hervor noch erscheine es auf gaswirtschaftlicher Systemsicht notwendig, die Abweichungen in ihrer Höhe gleich zu bewerten.
101Das durch die Marktbeteiligten vorgelegte tägliche SLP-Anreizsystem sehe zudem nur eine Abrechnung der unterspeisten Mengen an den Tagen vor, die den Grenzwert von 35 % überschreiten. Bei der derzeitigen monatlichen Netzkontoabrechnung komme nach Überschreiten des Grenzwertes die saldierte Monatsmenge an Unterspeisungen zur Abrechnung. Im Gegensatz dazu würden die abzurechnenden Mengen künftig auf die den Grenzwert überschreitenden Tagesmengen beschränkt. Im derzeitigen System könnten, wenn der monatliche Grenzwert überschritten sei, deutlich größere Mengen abgerechnet würden, da sämtliche unterspeisten Tage für die Abrechnung herangezogen werden. Zukünftig profitierten die Verteilernetzbetreiber auch von Zahlungen der Marktgebietsverantwortlichen. Dass sich geleistete und erhaltene Zahlungen aufheben müssten, sei nicht notwendig.
102Die Verbände gingen davon aus, dass mit den vorgeschlagenen Grenzwerten i.V.m. den Karenztagen eine gegenüber dem Monatssystem auf den einzelnen Netzbetreiber bezogene vergleichbare, im Ergebnis aber zielgerichtetere Anreizwirkung entfaltet werde. Sie wiesen darauf hin, dass selbst die Ausgestaltung der Kappungsfunktion bei einer Höhe von 3 % für Überspeisungen in der Marktgebietsbetrachtung noch zu Nettoausschüttungen an die Verteilernetzbetreiber innerhalb eines Jahres führen könne. Insoweit könne auch für das kommende Anreizsystem davon ausgegangen werden, dass dem Marktgebietsverantwortlichen keine finanziellen Vorteile erwüchsen.
103Zutreffend sei, dass es beim SLP-Anreizsystem grundsätzlich zu Vorfinanzierungskosten bei den Verteilernetzbetreibern kommen könne. Die Vermeidung von derartigen Kosten stelle den Anreiz für den Netzbetreiber dar, eine möglichst genaue SLP-Prognose zu erstellen, um derartige Abschlagszahlungen an den Marktgebietsverantwortlichen zu vermeiden. Die Höhe derartiger Vorfinanzierungskosten spiegele letztlich indirekt, da die Abschlagszahlungen in voller Höhe mit der Mehr- und Mindermengenabrechnung zu verrechnen seien, den mengenmäßigen Umfang der zu bewertenden Fehlleistung sachgerecht wieder.
104Die Vorgaben des Anreizsystems seien für die Betroffene auch umsetzbar. Eine mit der tatsächlichen Ausspeisung übereinstimmende Prognose werde gerade nicht gefordert, sondern lediglich eine Optimierung der Profile, um den aus den Fehlmengen resultierenden Regelenergiebedarf auf ein unvermeidbares Maß zu beschränken. Etwaige Ungenauigkeiten durch nicht vollständig zu beeinflussende Temperaturprognosen stünden dem Anreizsystem nicht entgegen. Hier sei durch die Netzbetreiber zu prüfen, ob bereits alle möglichen Stellgrößen zur Optimierung ausgereizt seien, wie z.B. die Wahl der Wetterstation, die Unterschiedlichkeit in der Güte von Temperaturvorhersagemodellen für unterschiedliche Zeithorizonte und auch der Zeitpunkt der Bereitstellung von Vorhersagedaten durch die meteorologischen Dienstleister (je später je genauer). Ein beispielhaftes Abstellen auf meteorologische Einzelereignisse könne nicht zu einer schlechten Bewertung der Qualität eines Anreizsystems führen.
105Auch bei der Betroffenen sei zu erwarten, dass durch weitere Anpassungen der die Prognosegüte beeinflussenden Komponenten auf die individuellen Gegebenheiten des Netzes und der Kundenstruktur eine höhere Genauigkeit der SLP-Entnahmen erzielt werde. An der grundsätzlichen Zielrichtung eines Anreizsystems, den Netzbetreiber zu motivieren, auch im Detail die einzelnen Faktoren des SLP Verfahrens für sein Netzgebiet optimal auszutarieren, ändere die vorgenommene Umstellung des Betrachtungshorizonts auf den Tag nichts.
106Die Kostenbeispiele der Betroffenen blieben rein theoretischer Natur, da die Betroffene die erarbeiteten Grenzwerte nicht gekannt habe und zudem fälschlicherweise die eigenen Standardlastprofile als „optimiert“ ansehe.
107Kleinere Netzbetreiber würden durch die Regelung auch nicht diskriminiert. Dass bei ihnen Änderungen im Verbrauchsverhalten einer einzelnen Entnahmestelle eine größere Wirkung auf den Gesamtsaldo der Fehlmengen ausübe, sei möglich, könne aber nicht zu unterschiedlichen Grenzwerten für einzelne Verteilernetzgrößen führen. Der Verteilernetzbetreiber wisse generell unterjährig unabhängig von seiner Kundenstruktur nicht, ob der Verbrauch der Entnahmestelle sich zukünftig ändern werde. Auch eine unterjährige Änderung des Verbrauchsverhaltens an Entnahmestellen erfolge zudem nie lediglich in eine Richtung, so dass mit einem statistischen Mengenausgleich zu rechnen sei.
108Die getroffene Regelung sei aus den vorgenannten Gründen auch verhältnismäßig. Eine Unverhältnismäßigkeit könne auch nicht mit der kostenintensiven Umstellung und Anpassung in den IT Systemen begründet werden. Unabhängig davon, dass die Betroffene hierzu keine näheren Ausführungen mache, obliege die Führung der Netzkonten zudem den Marktgebietsverantwortlichen, so dass die Hauptlast der IT-Anpassungen bei Ihnen liegen dürfte.
109Die Umstellung auf die tägliche Netzkontoabrechnung verletze die Betroffene auch nicht in ihren Grundrechten aus Art. 16, 17 Abs. 1 oder 20 der EU-Grundrechtecharta.
110Die Verpflichtung zur Einführung einer Transparenzliste gemäß Tenorziffer 8 lit. f) verletze keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, da lediglich der Unternehmensname und die Bilanzkreiskennung veröffentlicht würden, so dass ein Rückschluss auf konkrete Einspeisungen und Entnahmemengen nicht möglich sei.
111Im Übrigen erfolge die Veröffentlichung auch nicht unbefugt. § 40 GasNZV enthalte Verpflichtungen zur Veröffentlichung solcher Daten, die für die Durchführung der Belieferung von Kunden und den Handel mit Gasmengen erforderlich seien. Bei Verteilernetzbetreibern, bei denen dauerhaft hohe Fehlmengen aufträten, müsse aus Sicht des Transportkunden entweder mit einer erhöhten Mehr- oder Mindermengenabrechnung am Jahresende oder mit einer entsprechend hohen Gutschrift gerechnet werden. Belieferten diese Transportkunden Haushaltskunden, sei die Mengenkalkulation für einen Kunden mit erheblichen Risiken behaftet, welche er bis zum Ende des Zeitraums nicht abschließend einschätzen könne. Dieses Preisrisiko werde er in seiner eigenen Preiskalkulation mittels eines Risikozuschlags gegenüber dem Letztverbraucher absichern müssen, was ihm letztlich einen Wettbewerbsnachteil einbringe. Der Transportkunde müsse daher durch ein geeignetes Mittel in die Lage gesetzt werden, zu entscheiden, ob er die Entnahmestelle aus diesem Verteilernetz überhaupt beliefern möchte oder nicht. Sie sehe das Informationsbedürfnis der Transportkunden bei einem derart eklatanten Fehlverhalten des Netzbetreibers als vorzugswürdig an. Der Verteilernetzbetreiber habe es in der eigenen Hand, die Prognosegüte seiner SLP-Entnahmen derart zu verbessern, dass er die bewusst sehr hoch gewählten Grenzwerte einhalten könne.
112Die weitere Beteiligte … meint, die Einführung einer täglichen Netzkontenabrechnung sei sinnvoll, weil so ein sachgerechter Anreiz zur Verbesserung der Prognosen gesetzt werde.
113Es müssten für die jeweiligen Verantwortlichen, die Bilanzkreisverantwortlichen und Netzbetreiber, Anreize gesetzt werden, um den Regelenergiebedarf so gering wie möglich zu halten. Für Bilanzkreisverantwortliche bestehe bereits heute ein Anreiz, möglichst präzise Prognosen für Ausspeisungen an RLM-Entnahmestellen vorzunehmen. Differenzen zwischen gastäglichen Ein- und Ausspeisungen würden abgegolten. Hingegen unterliege der Bilanzkreisverantwortliche bei Fehlmengen an SLP-Ausspeisepunkten keinem finanziellen Anreiz. Die SLP-Prognosen und ‑Allokationen lägen im Verantwortungsbereich des Ausspeisenetzbetreibers. Der Bilanzkreisverantwortliche könne die Prognosen und Allokationen nicht ohne Weiteres selbst beeinflussen, müsse den sich aus der SLP-Allokation ergebenden Wert in seinen Bilanzkreis einspeisen, um den Bilanzkreis ausgeglichen zu bewirtschaften. Verantwortlich für Fehlmengen sei bei SLP-Prognosen daher allein der Ausspeisenetzbetreiber, dem gegenüber daher ein Anreiz gesetzt werden müsse.
114Da die Regelungen in Art. 11 sowie Art. 39 des Netzkodex Gasbilanzierung weder eine tägliche Netzkontenabrechnung ausdrücklich verböten oder einer solchen faktisch entgegen stünden, sondern vielmehr allein die Implementierung eines Anreizsystems zur Verbesserung der Liquidität forderten, ohne dass bestimmte Vorgaben für die Art und Weise der nationalen Umsetzung gemacht würden, sei die Bundesnetzagentur zum Erlass der Festlegung ermächtigt.
115Die Betroffene übersehe die Besonderheiten einer „hinkende Verordnung“. Bei dieser könne die nationale Umsetzung auch über den Regelungsgehalt der Verordnung hinausgehen, sofern die Umsetzung nicht zu den Vorgaben der Verordnung in Widerspruch stehe. Denn mit der „hinkenden Verordnung" habe der europäische Gesetzgeber einerseits unmittelbar verbindliche Vorgaben definiert und andererseits den Mitgliedstaaten die Einführung bestimmter ergänzender oder ausgestaltender Regelungen aufgetragen.
116Bewährte Bilanzierungspraktiken würden berücksichtigt. Auch bislang erfolge im Rahmen der monatlichen Netzkontenabrechnung eine Betrachtung des Netzkontosaldos auf täglicher Basis, da die monatliche Abweichung auf Basis der täglichen Werte ermittelt werde. Lediglich der Schritt der monatlichen Gesamtsaldierung entfalle zukünftig. Dies stelle indes keinen völligen Systembruch mit den bewährten Bilanzierungspraktiken dar.
117Es seien auch weitere Verbesserungen möglich, etwa durch systematische Optimierungen, z.B. die Anwendung der jüngst eingeführten bundeseinheitlichen Profilfunktion (so genannte SigLinDe) oder einer weiter entwickelten Allokationstemperatur unter Berücksichtigung weiterer meteorologischer Einflussgrößen, durch Optimierungen wie die Wahl der Wetterstation oder einer Kontrolle der Stammdaten.
118Es stelle auch einen Anreiz dar, Schlechtleistungen zu vermeiden, wenn diese mit unmittelbaren finanziellen Nachteilen verbunden seien. Im Übrigen seien nach dem derzeitigen Diskussionsstand sogar auch Auszahlungen an Netzbetreiber vorgesehen, wenn diese nur geringfügig überallokierten. Der Vorwurf einer einseitigen Pönale gehe daher fehl.
119Soweit die Betroffene auf Temperaturschwankungen eingehe, setze sie sich bereits nicht damit auseinander, ob solche Schwankungen prognostizierbar seien.
120Unterschiedliche Schwellenwerte für Verteilernetzbetreiber und Marktgebietsverantwortliche begründeten keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit. Ein solcher könne nur dann gegeben sein, wenn gleiche Sachverhalte ohne Rechtfertigung unterschiedlich behandelt würden. Hieran fehle es bereits, da die Ausspeisenetzbetreiber es selbst in der Hand hätten, genaue SLP-Prognosen zu erstellen, die Marktgebietsverantwortlichen indes von schlechten Prognosen, auf die sie keinen Einfluss hätten, durch den erforderlichen Einsatz von Regelenergie betroffen seien.
121Das tägliche Netzkontenabrechnungssystem bringe auch Verbesserungen der Prognosegüte. Die bisherige monatliche Betrachtungsweise saldiere über einen Monat auftretende Über- und Unterallokationen. Dies bevorzuge ungerechtfertigt solche Netzbetreiber, deren Netzkontosaldo in einem Monat sowohl Unter- als auch korrespondierende Überallokationen aufweise. Eine tägliche Abrechnung sei auch deshalb sinnvoll, weil Regelenergie ebenfalls auf Tagesbasis beschafft werde.
122Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsvorgang und das Protokoll der Senatssitzung Bezug genommen.
B.
123Die zulässige Beschwerde der Betroffenen ist nicht begründet.
124I. Die Beschwerde ist zulässig.
1251. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde ist als Anfechtungsbeschwerde statthaft (§§ 75 Abs. 1, 78 Abs. 1, 3, 83 Abs. 2 S. 1 EnWG).
1262. Der hier beanstandete Teil der Festlegung ist teilbar und kann daher isoliert angegriffen werden.
127Die Betroffene begehrt die isolierte Aufhebung der Tenorziffern 8 und 11, soweit die Umsetzung von Tenorziffer 8 verlangt wird.
128Ein Verwaltungsakt ist teilbar, wenn der Rest nach erfolgreicher Anfechtung des rechtswidrigen Teils als selbständiger Verwaltungsakt bestehen kann, ohne seine ursprüngliche Bedeutung zu ändern (Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Februar 2016, § 42 Abs. 1 VwGO, Rn. 13). Steht der verbleibende Teil in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Gesamtentscheidung, ist eine Teilanfechtung ausgeschlossen (Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Februar 2016, § 42 Abs. 1 VwGO, Rn. 13). Bei Ermessensentscheidungen oder Entscheidungen mit einem planerischen Gestaltungsspielraum darf die Teilaufhebung nicht dazu führen, dass der Behörde ein Rest aufgezwungen wird, den sie so nicht erlassen hätte (Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Februar 2016, § 42 Abs. 1 VwGO, Rn. 13).
129Ausgehend hiervon ist der angegriffene Teil der Festlegung isoliert angreifbar. Die beanstandeten Verpflichtungen, eine tägliche Netzkontoabrechnung einzuführen sowie die Verteilernetzbetreiber in einer Transparenzliste im Internet zu veröffentlichen, stehen in keinem untrennbaren Zusammenhang mit der Gesamtintention der Festlegung. Es handelt sich bei den Vorgaben in Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des Anreizmechanismus bei Standardlastprofilen um eine selbstständige über den Kern der Entscheidung hinausgehende Anordnung der Regulierungsbehörde. Es ist nicht erkennbar, dass die Bundesnetzagentur die Festlegung ohne den hier angegriffenen Teil überhaupt nicht oder so nicht erlassen hätte. So wendet sich die Bundesnetzagentur im Verfahren auch nicht gegen die isolierte Anfechtbarkeit der Regelung, macht nicht geltend, dass sie in ihren Ermessenerwägungen eingeschränkt wäre. Entfielen hier die von der Betroffenen angegriffenen Anordnungen, die die Vorgaben einer tagesscharfen SLP-Netzkontoabrechnung betreffen, bliebe der Rest der Festlegung als abgrenzbarer Teil inhaltlich im Wesentlichen unverändert und eigenständig umsetzbar.
130II. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
1311. Der auf Aufhebung der Tenorziffern 8 a) – f) und teilweise Aufhebung der Tenorziffer 11 – soweit eine Verpflichtung zur Anwendung der Tenorziffer 8 besteht - der Festlegung gerichtete Hauptantrag zu I. bleibt ohne Erfolg.
132Die von der Bundesnetzagentur in Tenorziffer 8 angeordneten Regeln, eine tägliche Netzkontoabrechnung einzuführen und die Verteilernetzbetreiber in einer Transparenzliste zu veröffentlichen, sind rechtmäßig. Gleiches gilt für die Regelung in Tenorziffer 11, die eine Anwendung und Aufnahme dieser Vorgaben in privatrechtlichen Verträgen vorsieht.
133a) Die Vorgaben für den Anreizmechanismus halten sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage und der vom Netzkodex vorgegebenen Grenzen.
134aa) Die Verpflichtung, dass die Netzbetreiber unter Mitwirkung der Marktgegebenheiten einen Anreizmechanismus vorschlagen und umsetzen sollen, ergibt sich aus Art. 39 Abs. 4 Netzkodex.
135Art. 39 Abs. 4 Netzkodex ermächtigt die nationalen Regulierungsbehörden dazu, Fernleitungsnetzbetreiber und Verteilernetzbetreiber aufzufordern, einen Anreizmechanismus zur Bereitstellung einer genauen Prognose für die nicht täglich gemessenen Ausspeisungen eines Netznutzers vorzuschlagen. Dieser Anreizmechanismus soll den in Art. 11 Abs. 4 Netzkodex festgelegten Kriterien entsprechen (Art 39 Abs. 4 a. E. Netzkodex).
136Die Bundesnetzagentur hat diese Vorgaben mit Tenorziffer 8 der Festlegung umgesetzt. Die SLP-Entnahmestellen sind solche Ausspeisepunkte, die anders als RLM-Messstellen nicht täglich gemessen werden. Die Reichweite der Ermächtigung wird auch nicht dadurch überschritten, dass die Bundesnetzagentur nicht nur das „Ob“ bestimmt hat, sondern in der Festlegung bereits einen Rahmen normiert hat, in dem sich der vorzuschlagende Anreizmechanismus bewegen soll. Art. 39 Abs. 4 Netzkodex verweist auf Art. 11 Abs. 4 Netzkodex und ergänzt soweit Art. 39 Abs. 4 Netzkodex. Die Norm ermächtigt nicht nur dazu, zu (irgendeinem) Anreizmechanismus-Vorschlag aufzufordern. Vielmehr soll bereits die Aufforderung zu einem Anreizmechanismus die Vorgaben des Art. 11 Abs. 4 Netzkodex im Blick haben.
137Die Aufforderung zur Vorlage eines Anreizmechanismus beachtet auch die Vorgaben des Art. 11 Abs. 4 Netzkodex. So gibt die Festlegung vor, dass Mehr- und Minder-Differenzmengen abzurechnen sind (vgl. Art. 11 Abs. 4 a) Netzkodex). Die Festlegung sieht hierbei die unterschiedlichen Funktionen und Aufgaben der Beteiligten und den Entwicklungsstand des deutschen Gasmarktes (vgl. Art. 11 Abs. 4 b) und c) Netzkodex). Sie übernimmt in weiten Teilen den früheren Rechtszustand und entwickelt diesen fort. Eine echte Neuregelung findet lediglich in Teilbereichen statt, etwa hinsichtlich der tagesscharfen Netzkontoabrechnung bei SLP-Entnahmestellen. Aber auch dies baut auf bereits etablierten Berechnungs- und Abrechnungsmethoden im deutschen Gasmarkt auf. Dies entspricht der Intention des Netzkodex, bessere Prognosen und verursachungsbezogene Kostenverteilungen zu schaffen.
138bb) Auch die vorgesehene Transparenzliste (Tenorziffer 8 f)), beruht auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage. Damit sollen die Marktgebietsverantwortlichen die Verteilernetzbetreiber im Internet veröffentlichen, die eine überdurchschnittliche Abweichung von dem festgesetzten Schwellenwert aufweisen oder die den einschlägigen Prozessen zur Datenübermittlung nicht ausreichend nachkommen.
139Nach § 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 GasNZV kann die Bundesnetzagentur Festlegungen zu Teil 5 Abschnitt 1 der GasNZV (Bilanzierung) erlassen, um berechtigte Bedürfnisse des Marktes angemessen zu berücksichtigen. Sie hat dabei zu beachten, dass ein Bilanzausgleichssystem einen effizienten Netzzugang ermöglicht, und soweit erforderlich, auch Anreize gegen eine missbräuchliche Nutzung der Bilanzausgleichsdienstleistungen enthalten soll. § 50 Abs. 5 S. 1 GasNZV erlaubt ferner, mittels Festlegung Netzbetreiber zu verpflichten, über die Angaben in § 40 Gas NZV hinaus weitere Informationen zu veröffentlichen, die für den Wettbewerb im Gashandel oder bei der Belieferung von Kunden erforderlich sind.
140Die - schon bisher bestehende - Transparenzliste ist Teil des in Abschnitt 1 geregelten Bilanzierungsregimes. § 50 Abs. 5 S. 1 GasNZV ermächtigt dazu, den Netzbetreibern Veröffentlichungspflichten aufzuerlegen. Die Bundesnetzagentur geht hierbei im Rahmen des ihr zustehenden Regulierungsermessens ermessensfehlerfrei davon aus, dass die Anordnung erforderlich ist. Durch die mit der Liste angeordnete Transparenz sollen Netzkunden Kenntnis davon erhalten, wer gegebenenfalls für etwaige Abweichungen und Schwierigkeiten bei der Datenübermittlung (mit)-ursächlich ist. Dies dient auch dem Ziel, den Wettbewerb im Gashandel transparenter zu gestalten und zu verbessern.
141cc) Die in Tenorziffer 11 festgelegte Umsetzung der Vorschriften beruht auf Art. 53 Netzkodex Gasbilanzierung.
142b) Die von der Betroffenen aufgezeigten formellen Mängel bestehen nicht.
143aa) Tenorziffern 8a) bis f) der Festlegung sind hinreichend begründet. Entgegen der Auffassung der Betroffenen bedarf es zur Feststellung eines Begründungsmangels keines Rückgriffs auf Art. 41 Abs. 2 der EU-Grundrechtecharta. Nach dem Grundsatz des sogenannten Anwendungsvorrangs des Unionsrechts darf das nationale Recht im Kollisionsfall nicht angewendet werden. Nationale Behörden und Gerichte sind danach verpflichtet, die Vorschrift des Unionsrechts auch dann anzuwenden, wenn eine Vorschrift des nationalen Rechts dem entgegensteht (vgl. EuGH, Rs. 11/70, Slg. 1970, 1125; Rs. 106/77, Slg. 1978, 629). Ein allgemeiner Geltungsvorrang des Unionsrechts – wie ihn die Betroffene offenbar annehmen will - besteht dagegen nicht (vgl. EuGH, verb. Rs. C-10/97 bis C-22/97, Slg. 1998, S. I-6307, Rn. 18 ff. – IN.CO.GE. '90 u.a.). Da die in Art. 41 Abs. 2 der EU-Grundrechtecharta für behördliches Handeln normierte Begründungspflicht ausweislich der maßgeblichen und spezifischen nationalen Vorschrift des § 73 Abs. 1 S. 1 EnWG auch für die Entscheidungen der Regulierungsbehörden gilt und Art. 41 EU-Grundrechtecharta keine weitergehenden Anforderungen an die Begründungspflicht stellt, ist die Begründung der angefochtenen Entscheidung anhand der Vorschrift des § 73 S. 1 EnWG zu überprüfen.
144Der Umfang der nach 73 Abs. 1 S. 1 EnWG erforderlichen Begründung richtet sich nach § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG. Danach muss die Regulierungsbehörde die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitteilen, die ihrer Entscheidung zugrunde liegen. Die Behörde muss den zugrunde liegenden Sachverhalt, ihre eigenen rechtlichen Erwägungen sowie die zentralen Argumente der Beteiligten darstellen. Es genügt, wenn die Behörde die maßgeblichen Gründe für die Entscheidung angibt, so dass eine Überprüfung der Entscheidung möglich ist (vgl. Senat, Beschluss v. 22.08.2012, VI-3 Kart 39/11; Hanebeck, in: Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 2015, § 73 Rdn. 8; Turiaux, in: Kment, EnWG, 2015, § 73 Rdn. 4).
145Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid. In den ausführlichen Beschlussgründen sind die wesentlichen Gesichtspunkte für das Verfahren zur Einführung einer täglichen Netzkontoabrechnung sowie auch die Stellungnahmen der Marktteilnehmer, die sich kritisch mit der täglichen Netzkontoabrechnung auseinandersetzen, dargelegt. Insbesondere führt die Bundesnetzagentur in dem Beschluss aus, warum eine Fortsetzung des bisherigen monatlichen Systems nicht dem Netzkodex Gasbilanzierung entspricht und warum sie einen tagesscharfen Anreizmechanismus für notwendig erachtet. Auch setzt sie sich damit auseinander, aus welchen Gründen der bereits eingeführte Transparenzmechanismus beizubehalten und eine Transparenzliste zu führen ist.
146bb) Mit der Auslagerung der Festlegung des Schwellenwertes in eine Kooperationsvereinbarung verstößt die Bundesnetzagentur nicht gegen ihre Amtsermittlungspflicht.
147Art. 39 Abs. 4 Netzkodex Gasbilanzierung legt fest, dass die Bundesnetzagentur Fernleitungs- und Verteilernetzbetreiber auffordern kann, einen Anreizmechanismus für die Bereitstellung einer genauen Prognose für die nicht täglich gemessenen Ausspeisungen eines Netznutzers vorzuschlagen, der die für den Fernleitungsnetzbetreiber in Artikel 11 Absatz 4 festgelegten Kriterien erfüllt. Damit überträgt bereits die europäische Verordnung die Erarbeitung wesentlicher Entscheidungen auf die Betroffenen.
148§ 20 Abs. 1b S. 7 EnWG sieht zudem ausdrücklich den Abschluss von Kooperationsvereinbarungen zwischen den Betroffenen vor. Die Kooperationsvereinbarung steht hierbei wie andere Verträge im Energiewirtschaftsrecht (§ 21 Abs. 1b EnWG) nicht neben den energiewirtschaftsrechtlichen Regeln, sondern füllt diese aus. Zwischen den an der Kooperationsvereinbarung Beteiligten können nicht wirksam dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) entgegenstehende Regeln vereinbart werden. So sieht auch § 61 Kooperationsvereinbarung 2016 vor, dass die Vertragspartner die Kooperationsvereinbarung ändern werden, „sofern dies erforderlich ist, um insbesondere einschlägigen Gesetzen oder Rechtsverordnungen, und/oder rechtsverbindlichen Vorgaben nationaler oder internationaler Gerichte und Behörden, insbesondere Festlegungen und dazu ergangene Mitteilungen der Bundesnetzagentur, und/oder allgemein anerkannten Regeln der Technik zu entsprechen“.
149Sollte eine Kooperationsvereinbarung nicht den Vorgaben des EnWG und den Wertungen der streitgegenständlichen Festlegung und des Netzkodex entsprechen, kann die Betroffene diese im Wege eines Aufsichts- oder Missbrauchsverfahrens überprüfen lassen (§§ 30, 31, 65 EnWG).
150Die Bundesnetzagentur war vor diesem Hintergrund daher auch nicht verpflichtet, den Abschluss einer Kooperationsvereinbarung an eine Genehmigung oder Billigung durch die Regulierungsbehörde zu koppeln.
151cc) Die in Tenorziffer 8 der Festlegung vorgesehene Überantwortung der Bestimmung der Schwellenwerte auf die Marktgebietsverantwortlichen und Verteilernetzbetreiber ist auch hinreichend bestimmt. Es ist für die Betroffene erkennbar, welches Verhalten von ihr verlangt wird. Es ist ersichtlich, dass sich die Tenorziffer 8 (auch) an Verteilernetzbetreiber, und zwar ohne Beschränkung auf eine bestimmte Größe, richtet und dass diese zu einem bestimmten Handeln aufgefordert werden sollen.
152Soweit sich die Betroffene dagegen wehrt, dass die Bundesnetzagentur nicht im Einzelnen vorgegeben habe, nach welchem Verfahren und nach welchen Kriterien die Festsetzung der Grenzwerte erfolgen solle, liegt keine mangelnde Bestimmtheit vor. Die Beteiligten sollen selbst einen Anreizmechanismus entwickeln. Die Bundesnetzagentur hat in den Tenorziffern 8 a) – f) den Rahmen erläutert, wie ein entsprechender Vorschlag und Anreizmechanismus ausgerichtet sein soll. Sie hat insoweit die Vorgaben aus Art. 39 Abs. 4 i. V. m. Art. 11 Abs. 4 Netzkodex näher konkretisiert und ausgeformt. Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, wieso das Handlungsziel für einen Verteilernetzbetreiber unklar sein soll.
153c) Der von der Bundesnetzagentur in Tenorziffer 8 vorgegebene Rahmen für einen von den Netzbetreibern und Marktgebietsverantwortlichen vorzuschlagenden Anreizmechanismus sowie die sich hieraus ergebenden Handlungspflichten sind sachgerecht und halten sich im Rahmen der Vorgaben des Netzkodex Gasbilanzierung.
154aa) Regulierungsermessen
155Bei der Ausgestaltung der Vorgaben aus dem Netzkodex zur Umsetzung des Anreizmechanismus steht der Bundesnetzagentur ein Regulierungsermessen zu, soweit sie die Vorgaben aus dem Netzkodex Gasbilanzierung beachtet.
156Sind gesetzlich normierte Grundlagen auszufüllen, unterliegt dies der uneingeschränkten Überprüfung durch den Tatrichter, soweit es um die Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen geht (vgl. BGH, Beschluss 27.1.2015, EnVR 39/13, Rn. 13, „Thyssengas GmbH“). Ist eine wertende Betrachtung erforderlich, eine Vielzahl von Fragen einzubeziehen, die nicht exakt im Sinne von „richtig oder falsch“ beantwortet werden kann, ist ein Spielraum eröffnet (vgl. BGH, Beschluss 27.1.2015, EnVR 39/13, Rn. 13, „Thyssengas GmbH“). So steht den Regulierungsbehörden etwa im Rahmen der rechtlichen Vorgaben bei der Auswahl der einzelnen Parameter und Methoden im Rahmen des Effizienzvergleichs ein Spielraum zu, der in einzelnen Aspekten einem Beurteilungsspielraum, in anderen Aspekten einem Regulierungsermessen gleichkommt (BGH, Beschluss vom 21.01.2014, EnVR 12/12, „Stadtwerke Konstanz GmbH“, Rn. 10, 25 ff., juris; BGH, Beschlüsse vom 22.07.2014, EnVR 58/12 und EnVREnVR 59/12, Rn. 13, juris). Ob und inwieweit es sich bei den der Regulierungsbehörde eröffneten Spielräumen um einen Beurteilungsspielraum auf der Tatbestandsseite der Norm oder um ein Regulierungsermessen auf der Rechtsfolgenseite handelt, kann offenbleiben. Die für diese beiden Kategorien geltenden Kontrollmaßstäbe unterscheiden sich eher verbal und weniger in der Sache (BGH, Beschluss vom 21.01.2014, EnVR 12/12, „Stadtwerke Konstanz GmbH“, Rn. 26 f. m. w. Nachw., juris).
157Nach diesen Grundsätzen ist die Frage, wie ein vorzuschlagender Anreizmechanismus bei Beachtung der Vorgaben des Netzkodex fortentwickelt werden soll, von der Bundesnetzagentur innerhalb des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums bzw. Regulierungsermessens auszufüllen. Es kommen verschiedene Modelle in Betracht wie die vom Netzkodex gewünschte Prognoseverbesserung erreicht werden kann. Das Verfahren ist daher darauf angelegt, dass möglichst ergebnisoffen ein „Anreizmechanismus vorgeschlagen“ werden soll, was verdeutlicht, dass verschiedene Möglichkeiten in Betracht kommen, Optionen geprüft und abgewogen werden sollen. Eine exakte Einordnung nur eines Mechanismus im Sinne eines „richtig oder falsch“ ist daher weder gewollt noch möglich.
158bb) Tagesscharfe Netzkontenabrechnung
159Die Bundesnetzagentur setzt mit Tenorziffer 8 in rechtmäßiger Weise die Vorgaben aus Art. 39 Abs. 4 Netzkodex Gasbilanzierung im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums bzw. Regulierungsermessens um.
160(1) Der in Tenorziffer 8 der streitgegenständlichen Festlegung vorgegebene Anreizmechanismus einer tagesscharfen Abrechnung der Ein- und Ausspeisungen entspricht der Intention des Netzkodex und ist in der Sache nicht zu beanstanden.
161Die Bundesnetzagentur geht gut nachvollziehbar davon aus, dass durch einen Gleichlauf des Zeitraums der tagesscharfen Abrechnung und der Regelenergiebeschaffung sowie der taggenauen Abrechnung der Mehr-/Mindermengen tendenziell die Prognosegenauigkeit verbessert werden kann. Mit dem vorgegebenen Rahmen für einen Anreizmechanismus kann eine bessere verursachungsgerechte Betrachtung des Regelenergieaufwands erreicht werden. Die Bundesnetzagentur hat nicht die Grenzen des ihr zustehenden Regulierungsermessens überschritten. So zielt der Netzkodex darauf ab, die Prognosegenauigkeit bei SLP-Messstellen zu verbessern, und will insgesamt erreichen, dass die Ausgleichs- und Regelenergieeinsätze reduziert werden (vgl. etwa Erwägungsgrund 6, Art. 4 Abs. 1, Art. 25 Abs. 3, Art. 26 Abs. 3, Art. 39 Abs. 4, Art. 42 Abs. 3 Netzkodex).
162Es liegt hierbei auf der Hand, dass die bislang praktizierte monatsscharfe Abrechnung die über einen Monat stark schwankenden Wetter- und Temperaturverhältnisse nur grob und letztlich unzureichend abbilden kann. Eine monatliche Betrachtung kann ein unzutreffendes Bild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere des Umfangs des von einem Netzbetreiber verursachten Regelenergieeinsatzes, bewirken. Weist ein Netzbetreiber in einem Monat erhebliche Über- und Unterspeisungen auf, die sich über den Monat weitgehend nivellieren, ergibt sich rechnerisch das Bild einer „guten Prognose“, obwohl tatsächlich erhebliche Regelenergiemengen angefallen sind. Ein tagesscharfes Abrechnungssystem sorgt hier für mehr Transparenz und ermöglicht eine verursachungsgerechte Zuordnung der Regelenergiekosten. Hierbei ist auch zu sehen, dass ein wesentlicher Anteil der Ausspeisemenge des Gases auf der Basis von SLP-Allokationen erfolgt (GABI-Gas Bericht 2011, S. 52 ff., 61 ff.). Verbesserungen dienen gerade in diesem Bereich dazu, den Einsatz von Regelenergie zu reduzieren.
163Das geplante Anreizmodell berücksichtigt auch den Entwicklungsstand des deutschen Gasmarktes (vgl. Art. 11 Abs. 4 d) Netzkodex). Die bisher geltenden Regeln werden nicht vollständig geändert, vielmehr in weiten Teilen beibehalten und nur fortentwickelt. Dass nunmehr eine tagesgenaue Betrachtung der Netzkonten erfolgt, ist eine in sich nachvollziehbare Verbesserung des bisherigen monatsscharfen Systems hin zu einer genaueren Prognosegüte der SLP-Messungen (vgl. zur Anreizwirkung monatsscharfer Abrechnung: Bericht zum Ausgleichs- und Regelenergiesystem Gas, „GABI Gas-Bericht“, vom 01.04.2011, S. 10). Es setzt auf dem bisherigen Entwicklungsstand und geltenden Regeln auf. Dass ein Anreizmodell zur Beseitigung der Schiefstände bei den Netzkonten sinnvoll sein könnte, war bereits 2010 diskutiert worden (vgl. auch Mitteilung Nr. 4 der Bundesnetzagentur vom 24.3.2010 und GABI-Gas Bericht 2011, S. 167).
164(2) Es ist hierbei Sache der Verteilernetzbetreiber, die Standardlastprofilfunktion anzuwenden und zu entwickeln (vgl. § 24 GasNZV). Der Bilanzkreisverantwortliche kann seine Prognosen und Allokationen an den nicht mit RLM-erfassten Messstellen kaum selbst beeinflussen, muss für einen ausgeglichenen Bilanzkreis den sich aus der SLP-Allokation ergebenden Wert in seinen Bilanzkreis einspeisen.
165(3) Die Auffassung der Betroffenen, die Bundesnetzagentur müsse den Nachweis erbringen, dass die Umstellung von einer bisherigen monatlichen Netzkontenabrechnung auf eine tägliche Abrechnung als Anreiz für die Vermeidung von Fehlallokationen und die damit einhergehende Reduzierung des Einsatzes von Regelenergie erforderlich ist, ist nicht zutreffend. Der Behörde obliegt vielmehr, wie bereits ausgeführt, ein Beurteilungsspielraum bzw. ein Regulierungsermessen. Dieses übt sie sachgerecht aus, wenn das von ihr vorgeschlagene Anreizsystem – hier die tagesgenaue Netzkontoabrechnung - die vom Netzkodex gewünschte Verbesserung der Prognosegenauigkeit erreicht. Die Umstellung auf eine tägliche Netzkontoabrechnung leistet, wie zuvor ausgeführt, einen erheblichen Beitrag zur Verbesserung der Güte von SLP-Prognosen. Damit ist sie auch geeignet, sachgerechte Anreize zu leisten.
166Einen Nachweis, dass die Umstellung von einer bisherigen monatlichen Netzkontenabrechnung auf eine tägliche Netzkontenabrechnung für die Reduzierung des Einsatzes von Regelenergie erforderlich ist, zum Beispiel in Form eines Kontoabgleichs der Netzkontosalden eines jeden Verteilernetzbetreiber mit dem tatsächlichen Regelenergieaufkommen und deren Richtung, fordert der Netzkodex nicht. Ausreichend ist vielmehr, dass mit dem Anreizsystem ein möglicher Regelenergiebedarf minimiert werden kann. Die Bundesnetzagentur hat dies überzeugend dargelegt. Sie geht im Rahmen ihres Regulierungsermessens anhand der Gesamtumstände nachvollziehbar davon aus, dass ungenaue SLP-Prognosen jedenfalls eine wesentliche Ursache für einen Regelenergieeinsatz sind. Dies wird europaweit ebenso gesehen, wie der Netzkodex verdeutlicht. Es liegt nahe, dass bei einer Verbesserung der Prognosegenauigkeit, gerade auch durch eine tagesscharfe Netzkontoabrechnung, Regelenergieeinsätze tendenziell reduziert werden können.
167(4) Dass die Prognoseschätzungen mit Unsicherheiten verbunden sind und viele Einflussfaktoren, auf denen die Prognose beruht, von den Verteilernetzbetreibern nicht exakt beeinflussbar sind, stellt einen Anreizmechanismus ebenfalls nicht infrage. Bei der Verwendung von Lastprofilen sind Ungenauigkeiten systemimmanent.
168Die Festlegung verlangt keine mit der tatsächlichen Ausspeisung übereinstimmende Prognose, sondern lediglich eine Optimierung der Profile, um die Fehlmengen und damit den Regelenergiebedarf zu beschränken. Es ist nicht ersichtlich, dass es für die Betroffene unmöglich wäre, eine Verbesserung ihrer Lastprofile zu erreichen. Die Bundesnetzagentur hat vielmehr unter Vorlage des Statusberichts zum Standardlastprofilverfahren Gas, Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft mbH, November 2014 (Statusbericht SLP, Anlage BG 2) erläutert, dass noch Verbesserungsmöglichkeiten ergriffen werden könnten, die die Prognosegüte bei SLP-Verfahren erhöhten.
169Auch etwaige Ungenauigkeiten durch nicht vollständig zu beeinflussende Temperaturprognosen stehen dem Anreizsystem nicht entgegen. Hier müssten die Netzbetreiber prüfen, ob bereits alle möglichen Stellgrößen zur Optimierung ausgereizt seien, wie z.B. die Wahl der Wetterstation, die Unterschiedlichkeit in der Güte von Temperaturvorhersagemodellen für unterschiedliche Zeithorizonte und auch der Zeitpunkt der Bereitstellung von Vorhersagedaten durch die meteorologischen Dienstleister (je später je genauer).
170Auch für die Betroffene ist zu erwarten, dass eine höhere Genauigkeit der SLP-Entnahmen durch weitere Anpassungen der die Prognosegüte beeinflussenden Komponenten auf die individuellen Gegebenheiten des Netzes und der Kundenstruktur erzielt wird. Soweit die Betroffene beispielhaft auf meteorologische Einzelereignisse abstellt, hat sie bereits nicht ausgeführt, dass sich nicht die Prognosegenauigkeit verbessern lässt.
171Eine Verbesserung der Prognosegenauigkeit ist daher auch deshalb nicht von vornherein sinnlos, weil möglicherweise in bestimmten Temperaturbereichen (Übergangszeit) Abweichungen von weniger als einem Grad Celsius zu relativ erheblichen Abweichungen von 15 % führen können (vgl. Statusbericht SLP, Anlage BG 2, S. 46 f.). Die Prognosegenauigkeit steigt aber bei höheren und niedrigeren Temperaturen deutlich, beträgt etwa bei 0 Grad Celsius nur noch 5 % (Statusbericht SLP, Anlage BG 2, S. 47). Bei noch kälteren Temperaturen sind die Schätzungen noch genauer. In der Praxis ergeben sich Abweichungen von ca. 5 % bis 6 % (Statusbericht SLP, Anlage BG 2, S. 10). Letztlich geht es darum, die Differenz zwischen Soll- und Ist-Wert durch bestimmte Berechnungsparameter zu verringern.
172Entgegen der Auffassung der Betroffenen nehmen die Abweichungen zwischen allokierter und tatsächlicher verbrauchter Gasmenge ohne die statistische Glättung im Rahmen der monatlichen Netzkontenabrechnung auch nicht zu. Die Ungenauigkeit einer Prognose bei Verkürzung des Betrachtungszeitraums von einer Monats- auf eine Tagesbetrachtung bleibt gleich, da die Tagesbetrachtung auch Ausgangspunkt der monatlichen Betrachtung ist. Es ergeben sich durch eine Monatsbetrachtung lediglich Saldierungseffekte, die gegenüber einer Tagesbetrachtung zu einer scheinbar besseren Prognosegüte führten.
173(5) Ein Verstoß gegen den Netzkodex Gasbilanzierung kann die Betroffene auch nicht mit Erfolg mit einer asymmetrischen Zahlungsverpflichtung von Netzbetreibern und Marktgebietsverantwortlichen begründen.
174Art. 11 Abs. 4 lit. a des Netzkodex Gasbilanzierung verlangt nicht zwangsweise die Ausweisung einer einheitlich definierten Leistungsvorgabe. Nach dieser Vorschrift beruht der Anreizmechanismus auf den Leistungen des Fernleitungsnetzbetreibers und sieht begrenzte Zahlungen an den Fernleitungsnetzbetreiber für eine höhere Leistung vor sowie begrenzte Zahlungen des Fernleitungsnetzbetreibers bei einer geringeren Leistung, die anhand von vorab festgelegten Leistungszielen gemessen wird, zu denen u. a. Vorgaben zu Kostenzielen gehören können.
175Der vom Verordnungsgeber verwendete Begriff der „höheren Leistung“ definiert die Einspeisung von einer gegenüber dem tatsächlichen Verbrauch zu hohen Menge (Mehrmenge) in das Netz der Fernleitungsnetzbetreiber, der Begriff der „geringeren Leistung“ die Einspeisung einer gegenüber dem tatsächlichen Verbrauch zu geringen Menge (Mindermenge). Die Norm ermöglicht damit ausdrücklich die Festlegung von mehreren Leistungszielen und beinhaltet sowohl den Empfang als auch die Zahlung für eine entsprechende Über- bzw. Unterschreitung anhand vorher bestimmter Zielgrößen. Dass diese Zielgrößen in gleicher Höhe zu bestimmen sind, geht aus der Norm gerade nicht hervor.
176Der von der Bundesnetzagentur in Tenorziffer 8 der angegriffenen Festlegung festgelegte Rahmen für einen SLP-Anreizmechanismus erfüllt sämtliche inhaltlichen Erfordernisse dieser Regelung. Der Begriff der Leistung ist an den Leistungen des Fernleitungsnetzbetreibers orientiert. Dieser nimmt bei SLP-Allokation immer Fehlmengen der einzelnen Verteilernetzbetreiber in Form von Mehr- oder Mindermengen entgegen. Da ein Anreizsystem die Reduktion dieser unterschiedlichen Fehlmengen zum Ziel hat und aus den Regelungen des Netzkodex Gasbilanzierung nicht hervor geht, dass Abweichungen in ihrer Höhe gleich zu bewerten sind, ist es vielmehr sachgerecht, unterschiedliche Zielgrößen für Mehr- und Mindermengenabweichungen zu bestimmen. Denn nur so werden die Verteilernetzbetreiber angereizt, Unterspeisungen zu minimieren und damit den Einsatz von Regelenergie zu verringern. Ein Gleichlauf der Schwellenwerte würde diesem Ziel nicht gerecht werden, da so keine finanziellen Anreize bestünden, Mindermengenabweichungen zu vermeiden.
177Zutreffend ist damit, dass es beim SLP-Anreizsystem grundsätzlich zu Vorfinanzierungskosten bei den Verteilernetzbetreibern kommen kann. Die Vermeidung von derartigen Kosten stellt aber gerade den Anreiz für den Netzbetreiber dar, eine möglichst genaue SLP-Prognose zu erstellen, um derartige Abschlagszahlungen an den Marktgebietsverantwortlichen zu vermeiden. Die Höhe derartiger Vorfinanzierungskosten spiegelt zudem letztlich indirekt, da die Abschlagszahlungen in voller Höhe mit der Mehr- und Mindermengenabrechnung zu verrechnen sind, den mengenmäßigen Umfang der zu bewertenden Fehlleistung wieder, ist also sachgerecht.
178Die Marktgebietsverantwortlichen haben in Bezug auf den Vorschlag der Marktbeteiligten schließlich darauf hingewiesen, dass es selbst bei einem sehr niedrigen Grenzwert von 3 % und einer entsprechenden Deckelung der Zahlungen ihrer Einschätzung nach im Saldo zu mehr Auszahlungen als Einzahlungen an Verteilernetzbetreiber kommen könne.
179Die Aussage, es sei eine „finanzielle Einbahnstraße“ für die Verteilernetzbetreiber zu erwarten, trifft nach alledem nicht zu. Durch den temporären Mittelzufluss bei Überschreitungen sind vielmehr auch kurzfristig Finanzmittel zu erwarten, die im derzeitigen System nicht vorgesehen sind.
180(6) Das geplante Anreizmodell berücksichtigt auch bewährte nationale Bilanzierungspraktiken. Wie die Bundesnetzagentur zutreffend ausführt, stellt die Berücksichtigung bewährter nationaler Bilanzierungspraktiken keine Vorgabe des Netzkodex Gasbilanzierung dar. Ziffer 11 der Präambel ist lediglich eine Sollvorschrift, die zudem nicht auf die „bewährten Bilanzierungspraktiken“, sondern auf „die bewährten Praktiken und Bemühungen zur Harmonisierung der Prozesse für die Durchführung dieser Verordnung“ abstellt.
181Ein Verstoß gegen bewährte Bilanzierungspraktiken liegt indes auch nicht vor. Bereits die gegenwärtige Netzkontensystematik stellt sämtliche Ein- und Ausspeisungen eines Netzbetreibers tagesscharf gegenüber. Da mit Ausnahme der am Vortag abgegebenen SLP-Prognose die Mengenangaben aller Ein- und Ausspeisungen eines Netzbetreibers auf gemessenen Verbrauchswerten beruhen, kann durch Subtraktion dieser gemessenen Ausspeisungen von den gemessenen Einspeisungen der tatsächlich eingetretene Verbrauch von SLP-Entnahmestellen eines Gasverteilernetzes täglich bestimmt werden. Durch einen Vergleich der Mengenangabe der am Vortag abgegebenen Allokation mit dem errechneten, tatsächlich an dem Liefertag eingetretenen Verbrauch („Restlast“), lässt sich die jeweilige Prognosegüte der SLP-Allokation und damit die Güte des Standardlastprofilverfahrens eines Ausspeisenetzbetreibers hinreichend genau bestimmen. Eine Monatsbetrachtung stellt nur das Ergebnis der einzelnen Tagessalden dar. Somit unterscheidet sich die Funktionsweise des täglichen Anreizsystems grundsätzlich nicht von einem monatlichen Anreizsystem.
182Das geplante Anreizmodell berücksichtigt auch den Entwicklungsstand des deutschen Gasmarktes (vgl. Art. 11 Abs. 4 d) Netzkodex). Die bisher geltenden Regeln werden nicht vollständig geändert, vielmehr in weiten Teilen beibehalten und nur fortentwickelt. Bereits in der Vergangenheit hat sich das Netzkonto zu einem Instrument der Qualitätskontrolle entwickelt, indem es die Möglichkeit eröffnet, Fehlentwicklungen bei Standardlastprofilverfahren systematisch feststellen zu können. Dass nunmehr eine tagesgenaue Betrachtung der Netzkonten erfolgt, ist eine in sich nachvollziehbare Verbesserung des bisherigen monatsscharfen Systems hin zu einer genaueren Prognosegüte der SLP-Messungen (vgl. zur Anreizwirkung monatsscharfer Abrechnung: Bericht zum Ausgleichs- und Regelenergiesystem Gas, „GABI Gas-Bericht“, vom 01.04.2011, S. 10). Es setzt auf dem bisherigen Entwicklungsstand und den bisher geltenden Regeln auf. Dass ein Anreizmodell zur Beseitigung der Schiefstände bei den Netzkonten sinnvoll sein könnte, hat der BDEW bereits 2010 geltend gemacht (Stellungnahme BDEW vom 12.03.2010, Maßnahmen zur Behebung von systematischen Schieflagen im RAM-System, S. 2; vgl. auch Mitteilung Nr. 4 der Bundesnetzagentur vom 24.03.2010, und GABI-Gas Bericht 2011, S. 167).
183Unzutreffend ist, dass die Bundesnetzagentur im Rahmen des Festlegungsverfahrens zur GaBi Gas 1.0 eine tägliche Netzkonten-Abrechnung angedacht, diese aber wieder verworfen habe. Folglich liegt auch keine Abkehr vom eigenen Ergebnis und damit eine Nicht-Berücksichtigung bewährter Bilanzierungspraktiken vor.
184(7) Der Einwand der Betroffenen, die angegriffene Tenorziffer leiste keinen Beitrag zum Entstehen von bzw. zur Verbesserung der Liquidität auf dem Markt gemäß Ziffer 2 der Präambel und Art. 11 Abs. 1 des Netzkodex Gasbilanzierung, ist unzutreffend. Wie bereits ausgeführt, lässt sich durch die Umstellung der monatlichen Netzkontenabrechnung auf eine tägliche eine Verbesserung der Prognosegüte erreichen. Das Optimierungspotenzial der Verteilernetzbetreiber ist auch nicht ausgeschöpft. Auf die zuvor gemachten Ausführungen wird Bezug genommen.
185Dass die tägliche Netzkontenabrechnung bei Unterspeisungen und damit zu leistenden Zahlungen der Netzbetreiber an die Marktgebietsverantwortlichen zu einem Verlust finanzieller Mittel führen kann, mag zutreffen und ist gewollt. Die Vermeidung eines solchen finanziellen Verlusts setzt gerade den Anreiz für den Netzbetreiber, eine möglichst genaue SLP-Prognose zu erstellen
186Schließlich hat eine Auswertung der der Bundesnetzagentur für den Zeitraum Oktober 2012 bis September 2015 vorliegenden Netzkonten ergeben, dass das Netzkonto der Betroffenen in der Vergangenheit auch bei täglicher Betrachtung nicht abgerechnet worden wäre. Die Betroffene wäre vielmehr besser gestellt worden, da ihr vorübergehende Zahlungen des Marktgebietsverantwortlichen zu Gute gekommen wären. Ein Verlust von Liquidität im engeren Sinne durch Mittelabflüsse und Zinsnachteile ist nach alledem nicht gegeben.
187(8) Tenorziffer 8 der streitgegenständlichen Festlegung verletzt auch nicht Ziffer 4 der Präambel des Netzkodex Gasbilanzierung. Insbesondere stellt die vorläufige Netzkontenabrechnung nicht, wie von der Betroffenen behauptet, eine finanzielle Einbahnstraße und damit eine Pönale für die Verteilernetzbetreiber dar. Denn anders noch als die Festlegung GaBi Gas 1.0 sieht der Netzkodex 2.0 Zahlungen in beide Richtungen vor. Unter Berücksichtigung der nunmehr vorliegenden Zahlen ist die Betroffene, wie bereits ausgeführt, sogar bessergestellt.
188(9) Die tägliche Netzkontenabrechnung gemäß Tenorziffer 8 lit. a) bis e) verletzt auch nicht den europarechtlichen Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit.
189Unterschiedliche Schwellenwerte für Verteilernetzbetreiber und Marktgebietsverantwortliche begründen keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit. Ein solcher kann nur dann gegeben sein, wenn gleiche Sachverhalte ohne Rechtfertigung unterschiedlich behandelt werden. Hieran fehlt es bereits, da keine gleichen Sachverhalte zugrunde liegen. Die Ausspeisenetzbetreiber können, anders als die Marktgebietsverantwortlichen, selbst eine genaue SLP-Prognose erstellen und die Marktgebietsverantwortlichen sind von unzutreffenden Prognosen, auf die sie keinen Einfluss haben, durch den erforderlichen Einsatz von Regelenergie betroffen.
190Schließlich liegt auch ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vor. Nur durch die Festlegung unterschiedlich hoher Schwellenwerte für Unterspeisungen und Überspeisungen wird das Ziel erreicht, Anreize zur Vermeidung von Mindermengen und damit auch zur Reduzierung des Einsatzes von Regelenergie zu setzen. Auf die zuvor gemachten Ausführungen wird Bezug genommen.
191Kleinere Netzbetreiber werden durch die Regelung auch nicht diskriminiert. Der Verteilernetzbetreiber weiß generell unterjährig unabhängig von seiner Kundenstruktur nicht, ob sich der Verbrauch der Entnahmestelle zukünftig ändern wird. Diese Erkenntnis hat er erst mit Ablesung der Verbrauchswerte und kann dann durch eine künftige Anpassung des Kundenwertes bei den Allokationen reagieren. Diese Möglichkeit gilt für alle Verteilernetzbetreiber gleich. Auch eine unterjährige Änderung des Verbrauchsverhaltens an Entnahmestellen erfolgt zudem nie lediglich in eine Richtung, so dass mit einem statistischen Mengenausgleich zu rechnen ist. Zudem begrenzt § 24 Absatz 1 GasNZV die Anwendung von Standardlastprofilen für Verteilernetzbetreiber auf eine maximale stündliche Ausspeiseleistung von 500 Kilowattstunden pro Stunde und bis zu einer maximalen jährlichen Entnahme von 1,5 Millionen Kilowattstunden. Große Netzbetreiber mit einer darüber hinausgehenden Ausspeiseleistung können das Standardlastprofil daher bereits nicht anwenden.
192(10) Auch der europarechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt. Wie bereits ausgeführt, ist die Einführung der untertägigen Netzkontenabrechnung geeignet und auch erforderlich, um die Netzintegrität und Netzstabilität, etwa durch Vermeidung von Fehlmengen infolge genauerer Prognosewerte, zu erreichen. Es ist bereits nicht zutreffend, dass es ständig zu Vorauszahlungen und damit zu einem Verlust der Liquidität der Verteilernetzbetreiber kommt. Sollten die Netzbetreiber Vorauszahlungen aufgrund der Überschreitung des Schwellenwertes von 35 % und der 6 Karenztage leisten müssen, wäre eine solche Leistung zur Erreichung des mit der Festlegung verfolgten Ziels – das Regelenergieaufkommen zu reduzieren – auch angemessen. Gleiches gilt für aufgrund der Vorauszahlungen möglicherweise entstehende Zinsverluste.
193Zu berücksichtigen ist, dass eine Abrechnung der Betroffenen nach den bisherigen Berechnungen bereits nicht erfolgen wird. Eine gewisse Bindung von Liquidität ist zur Herbeiführung von Anreizen zudem geeignet, erforderlich und angemessen.
194(11) Die im Tenor zu Ziffer 8 vorgesehene tagesscharfe Netzkontenabrechnung verletzt die Betroffene auch nicht in ihren Grundrechten aus Art. 16 und Art. 17 Abs. 1 der EU Grundrechtecharta.
195Es kann angenommen werden, dass der Anwendungsbereich der EU-Grundrechtecharta eröffnet ist und die Bestimmungen der Festlegungen somit an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu messen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen anzuwenden (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - C-617/10, NJW 2013, 1415 Rn. 19 mwN - Åkerberg Fransson; Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12, EuZW 2014, 597 Rn. 33 - Pfleger ua; BGH, Beschluss vom 26.01.2016, EnVR 51/14, Rn. 20 (juris)). Dies betrifft insbesondere Fallgestaltungen, in denen Mitgliedstaaten das Gemeinschaftsrecht, vor allem Verordnungen und Richtlinien, umsetzen oder durch allgemeine Rechtsakte oder Einzelakte durchführen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - 5/88, Slg. 1989, 2609 Rn. 17 ff. – Wachauf; BGH, Beschluss vom 26.01.2016, EnVR 51/14, Rn. 20 (juris)). Diese Voraussetzungen dürften im Streitfall zutreffen. Die Bundesnetzagentur hat mit dem Erlass der streitgegenständlichen Festlegung im Bereich der Bilanzierung von Gasmengen die Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen umgesetzt. Zudem ergibt sich aus § 1 Abs. 3 EnWG, dass Zweck des Gesetzes die Umsetzung und Durchführung des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Energieversorgung ist.
196Entgegen der mit der Beschwerde vorgebrachten Argumentation verstoßen die angegriffenen Regelungen der streitgegenständlichen Festlegung nicht gegen das Grundrecht auf unternehmerische Freiheit nach Art. 16 und das Eigentumsrecht nach Art. 17 der Charta.
197Zwar können die Schutzbereiche dieser Grundrechte als berührt unterstellt werden. Nach der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofes können aber weder das Eigentumsrecht noch die unternehmerische Freiheit uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern müssen im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden (vgl. nur EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1994 - C-306/93, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Nach dieser nunmehr in Art. 52 Abs. 1 der EU-Grundrechtecharta normierten Rechtsprechung können die Ausübung des Eigentumsrechts sowie der unternehmerischen Freiheit Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren, den Wesensgehalt der Rechte antastenden Eingriff darstellen (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Nach Art. 52 Abs. 1 der Charta setzt die Zulässigkeit einer solchen Einschränkung voraus, dass sie gesetzlich vorgesehen ist und den Wesensgehalt dieser Freiheiten und Rechte achtet. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf sie außerdem nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich ist und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht (vgl. EuGH, EuZW 2014, 597 Rn. 58 - Pfleger u.a.). Dabei kommt den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich ein weiter Ermessens- und Prognosespielraum zu (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt).
198Nach diesen Maßgaben ist der mit den Vorgaben zur Einführung einer täglichen Netzkontoabrechnung verbundende Eingriff in den Schutzbereich der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts nach Art. 52 Abs. 1 der Charta gerechtfertigt. Wie sich aus den voranstehenden Ausführungen ergibt, besteht für den Wechsel des monatlichen Netzkontoabrechnungssystems in das tägliche Netzkontenabrechnungssystem eine gesetzliche Grundlage. Die Umstellung ist auch zur Erreichung des Ziels, Anreize für eine bessere Prognose und Allokationsgüte zu schaffen, geeignet und notwendig. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Unternehmen für Unterspeisungen „bestraft“ werden sollen. Die angesetzten Schwellenwerte stellen lediglich einen angemessenen Anreiz für die Unternehmen dar, das Regelenergieaufkommen möglichst gering zu halten.
199(12) Der von der Betroffenen gerügte Eingriff in den Schutzbereich von Art. 20 der EU-Grundrechtecharta liegt gleichfalls nicht vor.
200Unterschiedliche Schwellenwerte für Verteilernetzbetreiber und Marktgebietsverantwortlicher begründen keinen Verstoß gegen Art. 20 der EU-Grundrechtecharta. Es werden nicht gleiche Sachverhalte ohne Rechtfertigung unterschiedlich behandelt. Ausspeisenetzbetreiber haben selbst in der Hand, genaue SLP-Prognosen zu erstellen, wohingegen die Marktgebietsverantwortlichen indes von schlechten Prognosen, auf die sie keinen Einfluss haben, durch den erforderlichen Einsatz von Regelenergie betroffen sind.
201Schließlich wird das Ziel, Anreize zur Vermeidung von Mindermengen und damit auch dem Einsatz von Regelenergie nur dann erreicht, wenn unterschiedliche Schwellenwerte für Über- und Unterspeisungen angesetzt werden. Auf die zuvor gemachten Ausführungen wird Bezug genommen.
202(13) Die Regelungen in Tenorziffern 8 a) bis e) der Festlegung achten auch fundamentale Grundsätze eines Anreizsystems. Insbesondere wird zu klaren, bestimmten und von den Betroffenen umsetzbaren Maßnahmen angereizt. Die Umstellung von der monatlichen auf die tägliche Netzkontenabrechnung stellt einen Beitrag zur Netzstabilität und Integrität durch Verbesserung der Prognosegüte dar und dient damit dem Ziel der Versorgungssicherheit. Sie veranlasst die Netzbetreiber dazu, ihre Netze möglichst ausgeglichen zu halten, führt so zu einer Reduzierung von Fehlmengen und damit zu einer preisgünstigen Energieversorgung der Verbraucher.
203cc) Transparenzliste
204Auch die in Tenorziffer 8 f geregelte Verpflichtung der Marktgebietsverantwortlichen, Verteilernetzbetreiber im Internet zu veröffentlichen, die eine überdurchschnittliche Abweichung von dem festgesetzten Schwellenwert aufweisen oder die den einschlägigen Prozessen zur Datenübermittlung nicht ausreichend nachkommen, verstößt nicht gegen den Netzkodex oder höherrangiges Recht, sondern hält sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage.
205(1) Ein Verstoß gegen den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie gegen den Geheimhaltungsgrundsatz ist nicht gegeben. Es werden keine konkreten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berührt, da nur der Unternehmensname und die Bilanzkreiskennung veröffentlicht werden.
206Selbst eine Verletzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen unterstellt, erfolgt die Veröffentlichung nicht unbefugt. Wie bereits ausgeführt erlaubt § 50 Abs. 5 S. 1 GasNZV, mittels Festlegung Netzbetreiber zu verpflichten, über die Angaben in § 40 Gas NZV hinaus weitere Informationen zu veröffentlichen, die für den Wettbewerb im Gashandel oder bei der Belieferung von Kunden erforderlich sind.
207Die - schon bisher bestehende - Transparenzliste ist Teil des in Abschnitt 1 geregelten Bilanzierungsregimes. § 50 Abs. 5 S. 1 GasNZV ermächtigt hierbei dazu, den Netzbetreibern Veröffentlichungspflichten aufzuerlegen. Die Bundesnetzagentur geht hierbei im Rahmen des ihr zustehenden Regulierungsermessens ermessensfehlerfrei davon aus, dass die Anordnung erforderlich ist. Durch die mit der Liste angeordnete Transparenz sollen Netzkunden Kenntnis davon erhalten, wer gegebenenfalls für etwaige Abweichungen und Schwierigkeiten bei der Datenübermittlung (mit)-ursächlich ist. Dies dient auch dem Ziel, den Wettbewerb im Gashandel transparenter zu gestalten und zu verbessern.
208Bei dieser Entscheidung hat die Bundesnetzagentur auch die Interessen der Beteiligten abgewogen und das Informationsbedürfnis der Transportkunden als vorzugswürdig angesehen. Der Verteilernetzbetreiber hat es in der eigenen Hand, die Prognosegüte seiner SLP-Entnahmen derart zu verbessern, dass er die bewusst sehr hoch gewählten Grenzwerte einhalten kann.
209(2) Da der Eingriff in die Grundrechte aus Art. 16 und 17 der EU-Grundrechtecharta aus den zuvor genannten Gründen jedenfalls gerechtfertigt ist, ist auch eine Verletzung von Grundrechten nicht erkennbar.
210(3) Ein Verstoß gegen das europarechtliche Diskriminierungsverbot und gegen Art. 20 der EU-Grundrechtecharta liegt ebenfalls nicht vor. Die Betroffene wiederholt hier ihre Ausführungen zu Tenorziffer 8 lit. a) bis e), so dass hinsichtlich der Begründung auch auf die zu dieser Tenorziffer gemachten Ausführungen verwiesen werden kann.
211cc) Da die Regelungen in Tenorziffer 8 rechtmäßig sind, kann die Betroffene auch nicht mit Erfolg die Aufhebung der Tenorziffer 11 verlangen, soweit diese die Adressaten zur Umsetzung der Regelungen in Tenorziffer 8 verpflichtet.
2122. Der Feststellungsantrag (Hauptantrag zu II) ist ebenfalls unbegründet. Es kann dahin stehen, ob ein nationaler Rechtsakt, der gegen eine unmittelbar verbindliche EU-Verordnung verstößt, tatsächlich nicht vollziehbar ist. Der auf Feststellung der Nichtvollziehbarkeit der streitgegenständlichen Festlegung gerichtete Hauptantrag zu II) ist jedenfalls deshalb nicht begründet, da die Festlegung rechtmäßig erlassen worden ist.
2133. Schließlich besteht entgegen der Auffassung der Betroffenen in ihrem ersten Hilfsantrag auch keine Pflicht zur Vorlage an den EuGH.
214Gemäß Art. § 267 Abs. 3 AEUV ist erst das nationale Gericht, dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, zur Vorlage an den EuGH verpflichtet. Dies gilt auch dann, wenn das oberste nationale Gericht die Rechtsmittel nur nach vorheriger Zulassungserklärung in der Sache prüft (vgl. EuGH, Urteil v. 04.11.1999, C-337/95, Slg. 1997, I-6013). Gegen die Entscheidung des erkennenden Senats ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof möglich, so dass eine Verpflichtung zur Vorlage an den EuGH demgemäß ausscheidet.
215Die Betroffene geht fehl in der Annahme, dass im Streitfall eine Ausnahme dieses Grundsatzes vorliegt, weil eine Vorlageverpflichtung auch der unteren Instanzen dann besteht, wenn es um die Gültigkeit nationaler Maßnahmen geht, die zur Durchführung bzw. Umsetzung einer Verordnung im Rahmen eines einheitlichen unionsrechtlichen Systems zur besseren wirtschaftlichen Koordinierung und Harmonisierung innerhalb der EU ergehen. Eine solche generelle Vorlagepflicht besteht nicht.
216Sie ergibt sich insbesondere nicht aus der Entscheidung des EuGH vom 04.06.2002, C-6/99, Slg. I-2000, 1651. Soweit dort (Rdn. 54 f.) ausgeführt wird, dass in einem Fall, in dem die verwaltungsmäßige Durchführung einer Gemeinschaftsentscheidung nationalen Behörden obliegt, allein der EuGH befugt ist, die Ungültigkeit einer Gemeinschaftshandlung festzustellen und das nationale Gericht verpflichtet ist, den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchen anzurufen, wenn es der Auffassung ist, dass die Gemeinschaftsentscheidung ungültig ist, bezieht sich diese Vorgabe auf den Fall, dass ein nationales Gericht der Auffassung ist, dass die unionsrechtliche Entscheidung ungültig und deswegen auf nationaler Ebene nicht umzusetzen ist. In dem vom EuGH entschiedenen Fall hatte das nationale Gericht Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung eines unionsrechtlich vorgesehenen Prüfungsverfahrens festgestellt und war zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Unregelmäßigkeiten die Wirksamkeit des umzusetzenden Beschlusses der Kommission beeinträchtigten. Der EuGH hat für diese Sachverhaltskonstellation sicherstellen wollen, dass die Entscheidung über die Umsetzung oder Durchführung einer gemeinschaftsrechtlichen Entscheidung nicht auf innerstaatlicher Ebene verhindert wird, weil das angerufene Gericht diese Entscheidung für ungültig hält, sondern dass die Frage, ob die unionsrechtliche Vorgabe tatsächlich ungültig ist, im Wege des Vorabentscheidungsersuchens geklärt wird. Im Streitfall liegt eine damit nicht vergleichbare Situation vor; die Betroffene wendet sich nicht gegen die Umsetzung einer konkreten unionsrechtlichen Entscheidung, sondern macht geltend, dass die Festlegung mit unionsrechtlichen Vorgaben kollidiert. Die zitierte Entscheidung stützt damit die Auffassung der Betroffenen nicht.
217Aus dem gleichen Grund kann eine Vorlagepflicht auch nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des EuGH vom 22.10.1987, C-314/85, Slg. 1987, 4199 gestützt werden. Unter Rn. 14 ff führt der EuGH aus: „Die nationalen Gerichte, deren Entscheidungen selbst noch mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, können die Gültigkeit einer Gemeinschaftshandlung prüfen und, wenn sie die Gründe, die von den Parteien vor ihnen für die Ungültigkeit vorgebracht werden, für nicht zutreffend halten, diese Gründe mit der Feststellung zurückweisen, dass die Handlung in vollem Umfang gültig ist. Dagegen sind die nationalen Gerichte, unabhängig davon, ob ihre Entscheidungen selbst noch mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, nicht befugt, selbst Handlungen der Gemeinschaftsorgane für ungültig zu erklären.“ Es geht damit auch hier um die Frage, ob eine unionsrechtliche Handlung ungültig ist. Vorliegend steht aber die Frage der Gültigkeit einer nationalen Handlung im Hinblick auf unionsrechtliche Vorgaben in Streit, nicht die Gültigkeit einer Gemeinschaftshandlung.
2184. Eine Vorlagepflicht entsprechend des 2. Hilfsantrags besteht bereits deshalb nicht, weil der Senat von der Grundrechtsfähigkeit der Betroffenen ausgeht.
C.
2191. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 EnWG.
2202. Den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren setzt der Senat im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung und nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten auf 250.000 Euro fest (§ 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO).
D.
221Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG haben.
Rechtsmittelbelehrung:
222Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt mit der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Rechtsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen (§§ 88 Abs. 4 S. 2, 80 S. 2 EnWG).
223ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 26. Okt. 2016 - VI-3 Kart 18/15 (V)
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(1) Verteilnetzbetreiber wenden für die Allokation der Ausspeisemengen von Letztverbrauchern bis zu einer maximalen stündlichen Ausspeiseleistung von 500 Kilowattstunden pro Stunde und bis zu einer maximalen jährlichen Entnahme von 1,5 Millionen Kilowattstunden vereinfachte Methoden (Standardlastprofile) an.
(2) Die Verteilnetzbetreiber können Lastprofile auch für Letztverbraucher mit höheren maximalen Ausspeiseleistungen oder höheren jährlichen Entnahmen als die in Absatz 1 genannten Grenzwerte festlegen. Darüber hinaus können die Verteilnetzbetreiber abweichend von Absatz 1 auch niedrigere Grenzwerte festlegen, wenn bei Berücksichtigung der in Absatz 1 genannten Grenzwerte ein funktionierender Netzbetrieb technisch nicht zu gewährleisten ist oder die Festlegung niedrigerer Grenzwerte im Einzelfall mit einem Transportkunden vereinbart ist. Höhere oder niedrigere Grenzwerte kann der Verteilnetzbetreiber auch lediglich für einzelne Gruppen von Letztverbrauchern festlegen. Innerhalb einer solchen Lastprofilgruppe sind die Grenzwerte jedoch einheitlich auf alle Letztverbraucher anzuwenden. Legt der Verteilnetzbetreiber höhere oder niedrigere Grenzwerte fest, hat er dies der Regulierungsbehörde unverzüglich anzuzeigen.
(3) Standardlastprofile müssen sich am typischen Abnahmeprofil verschiedener Gruppen von Letztverbrauchern orientieren, insbesondere von:
Bei der Entwicklung und Anwendung der Standardlastprofile haben Verteilnetzbetreiber darauf zu achten, dass der Einsatz von Regelenergie möglichst reduziert wird. Die Anwendung eines Standardlastprofils für Kochgaskunden hat ab dem 1. Oktober 2011 zu erfolgen.(4) Örtliche Verteilnetzbetreiber sind verpflichtet, für jeden Lastprofilkunden des Transportkunden eine Prognose über den Jahresverbrauch festzulegen, die in der Regel auf dem Vorjahresverbrauch basiert. Die Prognose ist dem Transportkunden mitzuteilen. Dieser kann unplausiblen Prognosen widersprechen und dem örtlichen Verteilnetzbetreiber eine eigene Prognose unterbreiten. Kommt keine Einigung zustande, legt der örtliche Verteilnetzbetreiber die Prognose über den Jahresverbrauch fest. In begründeten Ausnahmefällen kann die Jahresverbrauchsprognose vom Transportkunden und dem örtlichen Gasverteilnetzbetreiber gemeinsam auch unterjährig angepasst werden.
(1) Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente, umweltverträgliche und treibhausgasneutrale leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität, Gas und Wasserstoff, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht.
(2) Die Regulierung der Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze dient den Zielen der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen.
(3) Zweck dieses Gesetzes ist ferner die Umsetzung und Durchführung des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Energieversorgung.
(4) Um den Zweck des Absatzes 1 auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität zu erreichen, verfolgt dieses Gesetz insbesondere die Ziele,
- 1.
die freie Preisbildung für Elektrizität durch wettbewerbliche Marktmechanismen zu stärken, - 2.
den Ausgleich von Angebot und Nachfrage nach Elektrizität an den Strommärkten jederzeit zu ermöglichen, - 3.
dass Erzeugungsanlagen, Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie und Lasten insbesondere möglichst umweltverträglich, netzverträglich, effizient und flexibel in dem Umfang eingesetzt werden, der erforderlich ist, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems zu gewährleisten, und - 4.
den Elektrizitätsbinnenmarkt zu stärken sowie die Zusammenarbeit insbesondere mit den an das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angrenzenden Staaten sowie mit dem Königreich Norwegen und dem Königreich Schweden zu intensivieren.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Setzt die Behörde automatische Einrichtungen zum Erlass von Verwaltungsakten ein, muss sie für den Einzelfall bedeutsame tatsächliche Angaben des Beteiligten berücksichtigen, die im automatischen Verfahren nicht ermittelt würden.
(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Zur Verwirklichung eines effizienten Netzzugangs und der in § 1 Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes genannten Zwecke kann die Regulierungsbehörde unter Beachtung der Anforderungen eines sicheren Netzbetriebs Entscheidungen durch Festlegungen nach § 29 Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes treffen:
- 1.
zu den Verträgen nach den §§ 3, 7 und 33 sowie den Geschäftsbedingungen nach § 3 Absatz 6, den §§ 4 und 40 Absatz 1a Nummer 2, sofern nicht ein Standardangebot angewendet wird; - 2.
zu den Voraussetzungen und Grenzen für technische Ausspeisemeldungen nach § 8 Absatz 5; - 3.
zu Verfahren und Anforderungen an eine Registrierung des Transportkunden beim Netzbetreiber oder des Bilanzkreisverantwortlichen beim Marktgebietsverantwortlichen nach § 6, insbesondere zu Fristen, die bei der Registrierung einzuhalten sind, soweit dies erforderlich ist, um die Diskriminierungsfreiheit der Registrierung zu gewährleisten; - 4.
zu Ermittlung und Angebot von Kapazitäten nach § 9, insbesondere zum Verfahren zur Beschaffung von Maßnahmen nach § 9 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 3, sowie zu Kapazitätsprodukten nach § 11; - 5.
(weggefallen) - 6.
zu den Kapazitätsbuchungsplattformen nach § 12; sie kann insbesondere festlegen, dass ein Anteil kurzfristiger Kapazitäten in anderer Weise, insbesondere durch implizite Auktionen, zugewiesen werden kann, wenn dies erforderlich ist, um insbesondere durch eine Kopplung der Märkte die Liquidität des Gasmarktes zu erhöhen; - 7.
zum Verfahren für die Beschaffung, den Einsatz und die Abrechnung von Regelenergie nach Teil 5 Abschnitt 2 dieser Verordnung, insbesondere zu den Mindestangebotsgrößen, Ausschreibungszeiträumen, und den einheitlichen Bedingungen, die Anbieter von Regelenergie erfüllen müssen; - 8.
zum System und der Beschaffenheit des Netzanschlusses von Anlagen zur Aufbereitung von Biogas an das Gasversorgungsnetz, der Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz, zur Vereinheitlichung von technischen Anforderungen für Anlagen und Netzanschluss, einschließlich Abweichungen von den Vorgaben in § 36 Absatz 1, der Arbeitsblätter G 260, G 262 und G 685 des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs e. V. (Stand 2007)4sowie des Netzzugangs und der Bilanzierung von Transportkunden von Biogas; - 9.
zum Bilanzierungssystem nach Teil 5 Abschnitt 1 dieser Verordnung, um berechtigte Bedürfnisse des Marktes angemessen zu berücksichtigen, sowie insbesondere zu einer von § 23 Absatz 2 Satz 2 abweichenden Bemessung der Toleranzmenge, zu den Anforderungen an und den zu verwendenden Datenformaten für den Informationsaustausch im Rahmen der Bilanzierung, zu Inhalten sowie den Fristen im Zusammenhang mit der Datenübermittlung und zu den Methoden, nach denen die Entgelte nach § 23 Absatz 2 Satz 3 gebildet werden; sie hat dabei zu beachten, dass ein Bilanzausgleichssystem einen effizienten Netzzugang ermöglicht und, soweit erforderlich, auch Anreize gegen eine missbräuchliche Nutzung der Bilanzausgleichsdienstleistungen enthalten soll; - 10.
zu Entgelten und Gebühren für die Nutzung des Virtuellen Handelspunkts in Abweichung von § 22 Absatz 1 Satz 6; - 11.
zu Anreizen und Pönalen für die Transportkunden, soweit dies zur Durchsetzung der Verpflichtung der Transportkunden zum Angebot von Kapazitäten auf dem Sekundärmarkt oder zum Zurverfügungstellen von Kapazitäten an den Fernleitungsnetzbetreiber nach § 16 Absatz 1 erforderlich ist; - 12.
zur Vereinheitlichung des Nominierungsverfahrens nach § 15; insbesondere kann sie Festlegungen treffen zum Zeitpunkt, bis zu dem eine Nominierung erfolgen muss, und zum Umfang der Möglichkeiten für nachträgliche Änderungen der Nominierung; - 13.
(weggefallen) - 14.
zur Abwicklung des Lieferantenwechsels nach § 41, insbesondere zu den Anforderungen und dem Format des elektronischen Datenaustauschs; - 15.
zu den Kriterien für die Identifizierung von Entnahmestellen; hierbei kann sie von § 41 Absatz 3 abweichen; - 16.
zur Verwaltung und Übermittlung der Stammdaten, die für den massengeschäftstauglichen Netzzugang relevant sind; - 17.
zur Abwicklung der Netznutzung bei Lieferbeginn und Lieferende; - 18.
zu bundeseinheitlichen Regelungen zum Datenaustausch zwischen den betroffenen Marktbeteiligten, insbesondere zu Fristen und Formaten sowie zu Prozessen, die eine größtmögliche Automatisierung ermöglichen; - 19.
zu den Voraussetzungen, dem Verfahren und der näheren Ausgestaltung eines Übernominierungsverfahrens für die Zuweisung unterbrechbarer untertägiger Kapazitäten; - 20.
zur Einrichtung von virtuellen Kopplungspunkten sowie der näheren Ausgestaltung des Netzzugangs an virtuellen Kopplungspunkten.
(2) Die Regulierungsbehörde kann die Ausgestaltung der Versteigerungsverfahren nach § 13 für Kapazitätsrechte festlegen; diese muss diskriminierungsfrei sein. Die Regulierungsbehörde kann insbesondere die Art und Weise der Bekanntmachung sowie die Zeitpunkte der Versteigerungstermine durch die Fernleitungsnetzbetreiber festlegen; dies umfasst auch die zeitliche Reihenfolge, in der langfristige und kurzfristige Kapazitätsrechte vergeben werden.
(3) Die Regulierungsbehörde kann von Amts wegen Festlegungen treffen, mit denen die prozentuale Aufteilung der technischen Jahreskapazität auf unterschiedliche Kapazitätsprodukte festgelegt wird, soweit dies zur Erreichung der Ziele des § 1 des Energiewirtschaftsgesetzes erforderlich ist. Sie muss auf Antrag eines Gasversorgungsunternehmens eine abweichende prozentuale Aufteilung der technischen Jahreskapazität eines Ein- oder Ausspeisepunkts oder einer Ein- oder Ausspeisezone festlegen, soweit das Gasversorgungsunternehmen nachweist, dass dies zur Erfüllung von Mindestabnahmeverpflichtungen aus Lieferverträgen erforderlich ist, die am 1. Oktober 2009 bestanden. Der im Rahmen langfristiger Kapazitätsverträge zu vergebende Anteil der technischen Jahreskapazität eines Ein- oder Ausspeisepunkts oder einer Ein- oder Ausspeisezone darf jedoch 65 Prozent der technischen Jahreskapazität eines Ein- oder Ausspeisepunkts oder einer Ein- oder Ausspeisezone nicht unterschreiten. Bei einer Festlegung von Amts wegen muss die Regulierungsbehörde zuvor die Verbände der Netzbetreiber und die Verbände der Transportkunden anhören.
(4) Die Regulierungsbehörde kann zu Standardlastprofilen nach § 24 und deren Anwendung nach Anhörung der Verbände der Netzbetreiber und der Verbände der Transportkunden Festlegungen treffen, insbesondere zur Behandlung der Messeinrichtungen im Sinne des Messstellenbetriebsgesetzes und zur Behandlung der ausgelesenen Messwerte im Rahmen des Netzzugangs sowie zur Erarbeitung von Lastprofilen für bestimmte Verbrauchergruppen. Sie kann für die Erarbeitung von Lastprofilen für bestimmte Verbrauchergruppen terminliche Vorgaben machen. Dabei sind die Erfahrungen der Marktteilnehmer angemessen zu berücksichtigen.
(5) Die Regulierungsbehörde kann die Netzbetreiber auch verpflichten, über die Angaben in § 40 hinaus weitere Informationen zu veröffentlichen oder an die Regulierungsbehörde zu übermitteln, die für den Wettbewerb im Gashandel oder bei der Belieferung der Kunden erforderlich sind. Die Regulierungsbehörde kann die Netzbetreiber und Transportkunden verpflichten, bei der Erfüllung von Veröffentlichungs- und Datenübermittlungspflichten aus dieser Verordnung oder aus Festlegungsentscheidungen auf der Grundlage dieser Verordnung bestimmte einheitliche Formate einzuhalten.
(6) Die Regulierungsbehörde macht Festlegungsentscheidungen in ihrem Amtsblatt öffentlich bekannt und veröffentlicht sie kostenfrei im Internet in druckbarer Form.
(7) Anstelle einer Festlegungsentscheidung kann die Regulierungsbehörde in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 die Netzbetreiber auffordern, ihr innerhalb einer bestimmten, angemessenen Frist ein Standardangebot für Geschäftsbedingungen nach § 4 und für die Ausgestaltung der Kapazitätsprodukte nach § 11 vorzulegen, insbesondere in Bezug auf die Möglichkeit zur nachträglichen Änderung der Nominierung sowie auf standardisierte Bedingungen nach § 40 Absatz 1a Nummer 2. Sie kann in dieser Aufforderung Vorgaben für die Ausgestaltung einzelner Bedingungen machen, insbesondere in Bezug auf Diskriminierungsfreiheit und Angemessenheit. Sie gibt den Verbänden der Netzbetreiber und den Verbänden der Transportkunden in geeigneter Form Gelegenheit zur Stellungnahme und kann unter Berücksichtigung der Stellungnahmen durch Festlegung Änderungen der Standardangebote vornehmen, insbesondere soweit einzelne Vorgaben nicht umgesetzt worden sind.
(8) Die Regulierungsbehörde kann Netzbetreiber und Marktgebietsverantwortliche verpflichten, innerhalb einer bestimmten, angemessenen Frist ein Standardangebot zu den in Absatz 1 Nummer 9 genannten Teilen des Bilanzierungssystems vorzulegen. Sie kann in dieser Aufforderung Vorgaben für die Ausgestaltung einzelner Bedingungen machen, insbesondere in Bezug auf standardisierte Geschäftsprozesse der Bilanzierung wie für den elektronischen Datenaustausch im Rahmen der Bilanzierung, soweit dies einer effizienten Abwicklung der Bilanzierung dient. Sie gibt den Verbänden der Netzbetreiber und den Verbänden der Transportkunden in geeigneter Form Gelegenheit zur Stellungnahme und kann unter Berücksichtigung der Stellungnahmen durch Festlegung Änderungen der Standardangebote vornehmen, insbesondere soweit einzelne Vorgaben nicht umgesetzt worden sind.
(1) Die Regulierungsbehörde trifft Entscheidungen in den in diesem Gesetz benannten Fällen und über die Bedingungen und Methoden für den Netzanschluss oder den Netzzugang nach den in § 17 Abs. 3, § 21a Abs. 6 und § 24 genannten Rechtsverordnungen durch Festlegung gegenüber einem Netzbetreiber, einer Gruppe von oder allen Netzbetreibern oder den sonstigen in der jeweiligen Vorschrift Verpflichteten oder durch Genehmigung gegenüber dem Antragsteller.
(2) Die Regulierungsbehörde ist befugt, die nach Absatz 1 von ihr festgelegten oder genehmigten Bedingungen und Methoden nachträglich zu ändern, soweit dies erforderlich ist, um sicherzustellen, dass sie weiterhin den Voraussetzungen für eine Festlegung oder Genehmigung genügen. Die §§ 48 und 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes bleiben unberührt.
(3) Die Bundesregierung kann das Verfahren zur Festlegung oder Genehmigung nach Absatz 1 sowie das Verfahren zur Änderung der Bedingungen und Methoden nach Absatz 2 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates näher ausgestalten. Dabei kann insbesondere vorgesehen werden, dass Entscheidungen der Regulierungsbehörde im Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt ergehen.
Die Beteiligten haben Anspruch darauf, dass ihre Geheimnisse, insbesondere die zum persönlichen Lebensbereich gehörenden Geheimnisse sowie die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, von der Behörde nicht unbefugt offenbart werden.
(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Setzt die Behörde automatische Einrichtungen zum Erlass von Verwaltungsakten ein, muss sie für den Einzelfall bedeutsame tatsächliche Angaben des Beteiligten berücksichtigen, die im automatischen Verfahren nicht ermittelt würden.
(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
Marktgebietsverantwortliche veröffentlichen auf ihrer Internetseite:
- 1.
die Methoden, nach denen die Ausgleichs- und Regelenergieentgelte berechnet werden; - 2.
unverzüglich nach der Bilanzierungsperiode die verwendeten Entgelte für Ausgleichsenergie sowie - 3.
jeweils am Folgetag des Einsatzes der Regelenergie und mindestens für die zwölf zurückliegenden Monate, Informationen über den Einsatz interner und externer Regelenergie. Bei externer Regelenergie haben die Marktgebietsverantwortlichen zwischen externen Flexibilitäten und externen Gasmengen zu unterscheiden. Sie haben auch anzugeben, welcher Anteil der externen Regelenergie auf Grund lokaler oder räumlich begrenzter Ungleichgewichte eingesetzt wurde.
(1) Gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde ist die Beschwerde zulässig. Sie kann auch auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden.
(2) Die Beschwerde steht den am Verfahren vor der Regulierungsbehörde Beteiligten zu.
(3) Die Beschwerde ist auch gegen die Unterlassung einer beantragten Entscheidung der Regulierungsbehörde zulässig, auf deren Erlass der Antragsteller einen Rechtsanspruch geltend macht. Als Unterlassung gilt es auch, wenn die Regulierungsbehörde den Antrag auf Erlass der Entscheidung ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden hat. Die Unterlassung ist dann einer Ablehnung gleich zu achten.
(4) Über die Beschwerde entscheidet ausschließlich das für den Sitz der Regulierungsbehörde zuständige Oberlandesgericht, in den Fällen des § 51 ausschließlich das für den Sitz der Bundesnetzagentur zuständige Oberlandesgericht, und zwar auch dann, wenn sich die Beschwerde gegen eine Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie richtet. § 36 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Zur Verwirklichung eines effizienten Netzzugangs und der in § 1 Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes genannten Zwecke kann die Regulierungsbehörde unter Beachtung der Anforderungen eines sicheren Netzbetriebs Entscheidungen durch Festlegungen nach § 29 Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes treffen:
- 1.
zu den Verträgen nach den §§ 3, 7 und 33 sowie den Geschäftsbedingungen nach § 3 Absatz 6, den §§ 4 und 40 Absatz 1a Nummer 2, sofern nicht ein Standardangebot angewendet wird; - 2.
zu den Voraussetzungen und Grenzen für technische Ausspeisemeldungen nach § 8 Absatz 5; - 3.
zu Verfahren und Anforderungen an eine Registrierung des Transportkunden beim Netzbetreiber oder des Bilanzkreisverantwortlichen beim Marktgebietsverantwortlichen nach § 6, insbesondere zu Fristen, die bei der Registrierung einzuhalten sind, soweit dies erforderlich ist, um die Diskriminierungsfreiheit der Registrierung zu gewährleisten; - 4.
zu Ermittlung und Angebot von Kapazitäten nach § 9, insbesondere zum Verfahren zur Beschaffung von Maßnahmen nach § 9 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 3, sowie zu Kapazitätsprodukten nach § 11; - 5.
(weggefallen) - 6.
zu den Kapazitätsbuchungsplattformen nach § 12; sie kann insbesondere festlegen, dass ein Anteil kurzfristiger Kapazitäten in anderer Weise, insbesondere durch implizite Auktionen, zugewiesen werden kann, wenn dies erforderlich ist, um insbesondere durch eine Kopplung der Märkte die Liquidität des Gasmarktes zu erhöhen; - 7.
zum Verfahren für die Beschaffung, den Einsatz und die Abrechnung von Regelenergie nach Teil 5 Abschnitt 2 dieser Verordnung, insbesondere zu den Mindestangebotsgrößen, Ausschreibungszeiträumen, und den einheitlichen Bedingungen, die Anbieter von Regelenergie erfüllen müssen; - 8.
zum System und der Beschaffenheit des Netzanschlusses von Anlagen zur Aufbereitung von Biogas an das Gasversorgungsnetz, der Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz, zur Vereinheitlichung von technischen Anforderungen für Anlagen und Netzanschluss, einschließlich Abweichungen von den Vorgaben in § 36 Absatz 1, der Arbeitsblätter G 260, G 262 und G 685 des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs e. V. (Stand 2007)4sowie des Netzzugangs und der Bilanzierung von Transportkunden von Biogas; - 9.
zum Bilanzierungssystem nach Teil 5 Abschnitt 1 dieser Verordnung, um berechtigte Bedürfnisse des Marktes angemessen zu berücksichtigen, sowie insbesondere zu einer von § 23 Absatz 2 Satz 2 abweichenden Bemessung der Toleranzmenge, zu den Anforderungen an und den zu verwendenden Datenformaten für den Informationsaustausch im Rahmen der Bilanzierung, zu Inhalten sowie den Fristen im Zusammenhang mit der Datenübermittlung und zu den Methoden, nach denen die Entgelte nach § 23 Absatz 2 Satz 3 gebildet werden; sie hat dabei zu beachten, dass ein Bilanzausgleichssystem einen effizienten Netzzugang ermöglicht und, soweit erforderlich, auch Anreize gegen eine missbräuchliche Nutzung der Bilanzausgleichsdienstleistungen enthalten soll; - 10.
zu Entgelten und Gebühren für die Nutzung des Virtuellen Handelspunkts in Abweichung von § 22 Absatz 1 Satz 6; - 11.
zu Anreizen und Pönalen für die Transportkunden, soweit dies zur Durchsetzung der Verpflichtung der Transportkunden zum Angebot von Kapazitäten auf dem Sekundärmarkt oder zum Zurverfügungstellen von Kapazitäten an den Fernleitungsnetzbetreiber nach § 16 Absatz 1 erforderlich ist; - 12.
zur Vereinheitlichung des Nominierungsverfahrens nach § 15; insbesondere kann sie Festlegungen treffen zum Zeitpunkt, bis zu dem eine Nominierung erfolgen muss, und zum Umfang der Möglichkeiten für nachträgliche Änderungen der Nominierung; - 13.
(weggefallen) - 14.
zur Abwicklung des Lieferantenwechsels nach § 41, insbesondere zu den Anforderungen und dem Format des elektronischen Datenaustauschs; - 15.
zu den Kriterien für die Identifizierung von Entnahmestellen; hierbei kann sie von § 41 Absatz 3 abweichen; - 16.
zur Verwaltung und Übermittlung der Stammdaten, die für den massengeschäftstauglichen Netzzugang relevant sind; - 17.
zur Abwicklung der Netznutzung bei Lieferbeginn und Lieferende; - 18.
zu bundeseinheitlichen Regelungen zum Datenaustausch zwischen den betroffenen Marktbeteiligten, insbesondere zu Fristen und Formaten sowie zu Prozessen, die eine größtmögliche Automatisierung ermöglichen; - 19.
zu den Voraussetzungen, dem Verfahren und der näheren Ausgestaltung eines Übernominierungsverfahrens für die Zuweisung unterbrechbarer untertägiger Kapazitäten; - 20.
zur Einrichtung von virtuellen Kopplungspunkten sowie der näheren Ausgestaltung des Netzzugangs an virtuellen Kopplungspunkten.
(2) Die Regulierungsbehörde kann die Ausgestaltung der Versteigerungsverfahren nach § 13 für Kapazitätsrechte festlegen; diese muss diskriminierungsfrei sein. Die Regulierungsbehörde kann insbesondere die Art und Weise der Bekanntmachung sowie die Zeitpunkte der Versteigerungstermine durch die Fernleitungsnetzbetreiber festlegen; dies umfasst auch die zeitliche Reihenfolge, in der langfristige und kurzfristige Kapazitätsrechte vergeben werden.
(3) Die Regulierungsbehörde kann von Amts wegen Festlegungen treffen, mit denen die prozentuale Aufteilung der technischen Jahreskapazität auf unterschiedliche Kapazitätsprodukte festgelegt wird, soweit dies zur Erreichung der Ziele des § 1 des Energiewirtschaftsgesetzes erforderlich ist. Sie muss auf Antrag eines Gasversorgungsunternehmens eine abweichende prozentuale Aufteilung der technischen Jahreskapazität eines Ein- oder Ausspeisepunkts oder einer Ein- oder Ausspeisezone festlegen, soweit das Gasversorgungsunternehmen nachweist, dass dies zur Erfüllung von Mindestabnahmeverpflichtungen aus Lieferverträgen erforderlich ist, die am 1. Oktober 2009 bestanden. Der im Rahmen langfristiger Kapazitätsverträge zu vergebende Anteil der technischen Jahreskapazität eines Ein- oder Ausspeisepunkts oder einer Ein- oder Ausspeisezone darf jedoch 65 Prozent der technischen Jahreskapazität eines Ein- oder Ausspeisepunkts oder einer Ein- oder Ausspeisezone nicht unterschreiten. Bei einer Festlegung von Amts wegen muss die Regulierungsbehörde zuvor die Verbände der Netzbetreiber und die Verbände der Transportkunden anhören.
(4) Die Regulierungsbehörde kann zu Standardlastprofilen nach § 24 und deren Anwendung nach Anhörung der Verbände der Netzbetreiber und der Verbände der Transportkunden Festlegungen treffen, insbesondere zur Behandlung der Messeinrichtungen im Sinne des Messstellenbetriebsgesetzes und zur Behandlung der ausgelesenen Messwerte im Rahmen des Netzzugangs sowie zur Erarbeitung von Lastprofilen für bestimmte Verbrauchergruppen. Sie kann für die Erarbeitung von Lastprofilen für bestimmte Verbrauchergruppen terminliche Vorgaben machen. Dabei sind die Erfahrungen der Marktteilnehmer angemessen zu berücksichtigen.
(5) Die Regulierungsbehörde kann die Netzbetreiber auch verpflichten, über die Angaben in § 40 hinaus weitere Informationen zu veröffentlichen oder an die Regulierungsbehörde zu übermitteln, die für den Wettbewerb im Gashandel oder bei der Belieferung der Kunden erforderlich sind. Die Regulierungsbehörde kann die Netzbetreiber und Transportkunden verpflichten, bei der Erfüllung von Veröffentlichungs- und Datenübermittlungspflichten aus dieser Verordnung oder aus Festlegungsentscheidungen auf der Grundlage dieser Verordnung bestimmte einheitliche Formate einzuhalten.
(6) Die Regulierungsbehörde macht Festlegungsentscheidungen in ihrem Amtsblatt öffentlich bekannt und veröffentlicht sie kostenfrei im Internet in druckbarer Form.
(7) Anstelle einer Festlegungsentscheidung kann die Regulierungsbehörde in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 die Netzbetreiber auffordern, ihr innerhalb einer bestimmten, angemessenen Frist ein Standardangebot für Geschäftsbedingungen nach § 4 und für die Ausgestaltung der Kapazitätsprodukte nach § 11 vorzulegen, insbesondere in Bezug auf die Möglichkeit zur nachträglichen Änderung der Nominierung sowie auf standardisierte Bedingungen nach § 40 Absatz 1a Nummer 2. Sie kann in dieser Aufforderung Vorgaben für die Ausgestaltung einzelner Bedingungen machen, insbesondere in Bezug auf Diskriminierungsfreiheit und Angemessenheit. Sie gibt den Verbänden der Netzbetreiber und den Verbänden der Transportkunden in geeigneter Form Gelegenheit zur Stellungnahme und kann unter Berücksichtigung der Stellungnahmen durch Festlegung Änderungen der Standardangebote vornehmen, insbesondere soweit einzelne Vorgaben nicht umgesetzt worden sind.
(8) Die Regulierungsbehörde kann Netzbetreiber und Marktgebietsverantwortliche verpflichten, innerhalb einer bestimmten, angemessenen Frist ein Standardangebot zu den in Absatz 1 Nummer 9 genannten Teilen des Bilanzierungssystems vorzulegen. Sie kann in dieser Aufforderung Vorgaben für die Ausgestaltung einzelner Bedingungen machen, insbesondere in Bezug auf standardisierte Geschäftsprozesse der Bilanzierung wie für den elektronischen Datenaustausch im Rahmen der Bilanzierung, soweit dies einer effizienten Abwicklung der Bilanzierung dient. Sie gibt den Verbänden der Netzbetreiber und den Verbänden der Transportkunden in geeigneter Form Gelegenheit zur Stellungnahme und kann unter Berücksichtigung der Stellungnahmen durch Festlegung Änderungen der Standardangebote vornehmen, insbesondere soweit einzelne Vorgaben nicht umgesetzt worden sind.
(1) Entscheidungen der Regulierungsbehörde sind zu begründen und mit einer Belehrung über das zulässige Rechtsmittel den Beteiligten nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes zuzustellen. § 5 Abs. 4 des Verwaltungszustellungsgesetzes und § 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden auf Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen. Entscheidungen, die gegenüber einem Unternehmen mit Sitz im Ausland ergehen, stellt die Regulierungsbehörde der Person zu, die das Unternehmen der Regulierungsbehörde als im Inland zustellungsbevollmächtigt benannt hat. Hat das Unternehmen keine zustellungsbevollmächtigte Person im Inland benannt, so stellt die Regulierungsbehörde die Entscheidungen durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger zu.
(1a) Werden Entscheidungen der Regulierungsbehörde durch Festlegung nach § 29 Absatz 1 oder durch Änderungsbeschluss nach § 29 Absatz 2 gegenüber allen oder einer Gruppe von Netzbetreibern oder von sonstigen Verpflichteten einer Vorschrift getroffen, kann die Zustellung nach Absatz 1 Satz 1 durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil der Festlegung oder des Änderungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Veröffentlichung der vollständigen Entscheidung auf der Internetseite der Regulierungsbehörde im Amtsblatt der Regulierungsbehörde bekannt gemacht werden. Die Festlegung oder der Änderungsbeschluss gilt mit dem Tag als zugestellt, an dem seit dem Tag der Bekanntmachung im Amtsblatt der Regulierungsbehörde zwei Wochen verstrichen sind; hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. § 41 Absatz 4 Satz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gilt entsprechend. Für Entscheidungen der Regulierungsbehörde in Auskunftsverlangen gegenüber einer Gruppe von Unternehmen gelten die Sätze 1 bis 5 entsprechend, soweit den Entscheidungen ein einheitlicher Auskunftszweck zugrunde liegt.
(2) Soweit ein Verfahren nicht mit einer Entscheidung abgeschlossen wird, die den Beteiligten nach Absatz 1 zugestellt wird, ist seine Beendigung den Beteiligten mitzuteilen.
(3) Die Regulierungsbehörde kann die Kosten einer Beweiserhebung den Beteiligten nach billigem Ermessen auferlegen.
(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.
(2) Einer Begründung bedarf es nicht,
- 1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift; - 2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist; - 3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist; - 4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt; - 5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.
(1) Betreiber von Energieversorgungsnetzen haben jedermann nach sachlich gerechtfertigten Kriterien diskriminierungsfrei Netzzugang zu gewähren sowie die Bedingungen, einschließlich möglichst bundesweit einheitlicher Musterverträge, Konzessionsabgaben und unmittelbar nach deren Ermittlung, aber spätestens zum 15. Oktober eines Jahres für das Folgejahr Entgelte für diesen Netzzugang im Internet zu veröffentlichen. Sind die Entgelte für den Netzzugang bis zum 15. Oktober eines Jahres nicht ermittelt, veröffentlichen die Betreiber von Energieversorgungsnetzen die Höhe der Entgelte, die sich voraussichtlich auf Basis der für das Folgejahr geltenden Erlösobergrenze ergeben wird. Sie haben in dem Umfang zusammenzuarbeiten, der erforderlich ist, um einen effizienten Netzzugang zu gewährleisten. Sie haben ferner den Netznutzern die für einen effizienten Netzzugang erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Die Netzzugangsregelung soll massengeschäftstauglich sein.
(1a) Zur Ausgestaltung des Rechts auf Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen nach Absatz 1 haben Letztverbraucher von Elektrizität oder Lieferanten Verträge mit denjenigen Energieversorgungsunternehmen abzuschließen, aus deren Netzen die Entnahme und in deren Netze die Einspeisung von Elektrizität erfolgen soll (Netznutzungsvertrag). Werden die Netznutzungsverträge von Lieferanten abgeschlossen, so brauchen sie sich nicht auf bestimmte Entnahmestellen zu beziehen (Lieferantenrahmenvertrag). Netznutzungsvertrag oder Lieferantenrahmenvertrag vermitteln den Zugang zum gesamten Elektrizitätsversorgungsnetz. Alle Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen sind verpflichtet, in dem Ausmaß zusammenzuarbeiten, das erforderlich ist, damit durch den Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen, der den Netznutzungs- oder Lieferantenrahmenvertrag abgeschlossen hat, der Zugang zum gesamten Elektrizitätsversorgungsnetz gewährleistet werden kann. Der Netzzugang durch die Letztverbraucher und Lieferanten setzt voraus, dass über einen Bilanzkreis, der in ein vertraglich begründetes Bilanzkreissystem nach Maßgabe einer Rechtsverordnung über den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen einbezogen ist, ein Ausgleich zwischen Einspeisung und Entnahme stattfindet.
(1b) Zur Ausgestaltung des Zugangs zu den Gasversorgungsnetzen müssen Betreiber von Gasversorgungsnetzen Einspeise- und Ausspeisekapazitäten anbieten, die den Netzzugang ohne Festlegung eines transaktionsabhängigen Transportpfades ermöglichen und unabhängig voneinander nutzbar und handelbar sind. Zur Abwicklung des Zugangs zu den Gasversorgungsnetzen ist ein Vertrag mit dem Netzbetreiber, in dessen Netz eine Einspeisung von Gas erfolgen soll, über Einspeisekapazitäten erforderlich (Einspeisevertrag). Zusätzlich muss ein Vertrag mit dem Netzbetreiber, aus dessen Netz die Entnahme von Gas erfolgen soll, über Ausspeisekapazitäten abgeschlossen werden (Ausspeisevertrag). Wird der Ausspeisevertrag von einem Lieferanten mit einem Betreiber eines Verteilernetzes abgeschlossen, braucht er sich nicht auf bestimmte Entnahmestellen zu beziehen. Alle Betreiber von Gasversorgungsnetzen sind verpflichtet, untereinander in dem Ausmaß verbindlich zusammenzuarbeiten, das erforderlich ist, damit der Transportkunde zur Abwicklung eines Transports auch über mehrere, durch Netzkopplungspunkte miteinander verbundene Netze nur einen Einspeise- und einen Ausspeisevertrag abschließen muss, es sei denn, diese Zusammenarbeit ist technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar. Sie sind zu dem in Satz 5 genannten Zweck verpflichtet, bei der Berechnung und dem Angebot von Kapazitäten, der Erbringung von Systemdienstleistungen und der Kosten- oder Entgeltwälzung eng zusammenzuarbeiten. Sie haben gemeinsame Vertragsstandards für den Netzzugang zu entwickeln und unter Berücksichtigung von technischen Einschränkungen und wirtschaftlicher Zumutbarkeit alle Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Netzbetreibern auszuschöpfen, mit dem Ziel, die Zahl der Netze oder Teilnetze sowie der Bilanzzonen möglichst gering zu halten. Betreiber von über Netzkopplungspunkte verbundenen Netzen haben bei der Berechnung und Ausweisung von technischen Kapazitäten mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, in möglichst hohem Umfang aufeinander abgestimmte Kapazitäten in den miteinander verbundenen Netzen ausweisen zu können. Bei einem Wechsel des Lieferanten kann der neue Lieferant vom bisherigen Lieferanten die Übertragung der für die Versorgung des Kunden erforderlichen, vom bisherigen Lieferanten gebuchten Ein- und Ausspeisekapazitäten verlangen, wenn ihm die Versorgung des Kunden entsprechend der von ihm eingegangenen Lieferverpflichtung ansonsten nicht möglich ist und er dies gegenüber dem bisherigen Lieferanten begründet. Betreiber von Fernleitungsnetzen sind verpflichtet, die Rechte an gebuchten Kapazitäten so auszugestalten, dass sie den Transportkunden berechtigen, Gas an jedem Einspeisepunkt für die Ausspeisung an jedem Ausspeisepunkt ihres Netzes oder, bei dauerhaften Engpässen, eines Teilnetzes bereitzustellen (entry-exit System). Betreiber eines örtlichen Verteilernetzes haben den Netzzugang nach Maßgabe einer Rechtsverordnung nach § 24 über den Zugang zu Gasversorgungsnetzen durch Übernahme des Gases an Einspeisepunkten ihrer Netze für alle angeschlossenen Ausspeisepunkte zu gewähren.
(1c) Verträge nach den Absätzen 1a und 1b dürfen das Recht zum Wechsel des Messstellenbetreibers nach den Vorschriften des Messstellenbetriebsgesetzes weder behindern noch erschweren. Verträge nach Absatz 1a müssen Verträge mit Aggregatoren nach den §§ 41d und 41e ermöglichen, sofern dem die technischen Anforderungen des Netzbetreibers nicht entgegenstehen.
(1d) Der Betreiber des Energieversorgungsnetzes, an das eine Kundenanlage oder eine Kundenanlage zur betrieblichen Eigenversorgung angeschlossen ist, hat den Zählpunkt zur Erfassung der durch die Kundenanlage aus dem Netz der allgemeinen Versorgung entnommenen und in das Netz der allgemeinen Versorgung eingespeisten Strommenge (Summenzähler) sowie alle Zählpunkte bereitzustellen, die für die Gewährung des Netzzugangs für Unterzähler innerhalb der Kundenanlage im Wege der Durchleitung (bilanzierungsrelevante Unterzähler) erforderlich sind. Bei der Belieferung der Letztverbraucher durch Dritte findet im erforderlichen Umfang eine Verrechnung der Zählwerte über Unterzähler statt. Einem Summenzähler nach Satz 1 stehen durch einen virtuellen Summenzähler rechnerisch ermittelte Summenmesswerte eines Netzanschlusspunktes gleich, wenn alle Messeinrichtungen, deren Werte in die Saldierung eingehen, mit intelligenten Messsystemen nach § 2 Satz 1 Nummer 7 des Messstellenbetriebsgesetzes ausgestattet sind. Bei nicht an ein Smart-Meter-Gateway angebundenen Unterzählern ist eine Verrechnung von Leistungswerten, die durch standardisierte Lastprofile nach § 12 Absatz 1 der Stromnetzzugangsverordnung ermittelt werden, mit am Summenzähler erhobenen 15-minütigen Leistungswerten des Summenzählers aus einer registrierenden Lastgangmessung zulässig.
(2) Betreiber von Energieversorgungsnetzen können den Zugang nach Absatz 1 verweigern, soweit sie nachweisen, dass ihnen die Gewährung des Netzzugangs aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen unter Berücksichtigung des Zwecks des § 1 nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Die Ablehnung ist in Textform zu begründen und der Regulierungsbehörde unverzüglich mitzuteilen. Auf Verlangen der beantragenden Partei muss die Begründung im Falle eines Kapazitätsmangels auch aussagekräftige Informationen darüber enthalten, welche Maßnahmen und damit verbundene Kosten zum Ausbau des Netzes erforderlich wären, um den Netzzugang zu ermöglichen; die Begründung kann nachgefordert werden. Für die Begründung nach Satz 3 kann ein Entgelt, das die Hälfte der entstandenen Kosten nicht überschreiten darf, verlangt werden, sofern auf die Entstehung von Kosten zuvor hingewiesen worden ist.
(1) Die Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang müssen angemessen, diskriminierungsfrei, transparent und dürfen nicht ungünstiger sein, als sie von den Betreibern der Energieversorgungsnetze in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen angewendet und tatsächlich oder kalkulatorisch in Rechnung gestellt werden.
(2) Die Entgelte werden auf der Grundlage der Kosten einer Betriebsführung, die denen eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers entsprechen müssen, unter Berücksichtigung von Anreizen für eine effiziente Leistungserbringung und einer angemessenen, wettbewerbsfähigen und risikoangepassten Verzinsung des eingesetzten Kapitals gebildet, soweit in einer Rechtsverordnung nach § 24 nicht eine Abweichung von der kostenorientierten Entgeltbildung bestimmt ist. Soweit die Entgelte kostenorientiert gebildet werden, dürfen Kosten und Kostenbestandteile, die sich ihrem Umfang nach im Wettbewerb nicht einstellen würden, nicht berücksichtigt werden. Die notwendigen Investitionen in die Netze müssen so vorgenommen werden können, dass die Lebensfähigkeit der Netze gewährleistet ist.
(3) Betreiber von Energieversorgungsnetzen sind verpflichtet, die für ihr Netz geltenden Netzentgelte auf ihren Internetseiten zu veröffentlichen und auf Anfrage jedermann unverzüglich in Textform mitzuteilen. Die Veröffentlichung der geltenden Netzentgelte hat in einem Format zu erfolgen, das eine automatisierte Auslesung der veröffentlichten Daten ermöglicht.
(1) Betreibern von Energieversorgungsnetzen ist ein Missbrauch ihrer Marktstellung verboten. Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein Betreiber von Energieversorgungsnetzen
- 1.
Bestimmungen der Abschnitte 2 und 3 oder der auf Grund dieser Bestimmungen erlassenen Rechtsverordnungen nicht einhält, - 2.
andere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder deren Wettbewerbsmöglichkeiten ohne sachlich gerechtfertigten Grund erheblich beeinträchtigt, - 3.
andere Unternehmen gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich behandelt, - 4.
sich selbst oder mit ihm nach § 3 Nr. 38 verbundenen Unternehmen den Zugang zu seinen intern genutzten oder am Markt angebotenen Waren und Leistungen zu günstigeren Bedingungen oder Entgelten ermöglicht, als er sie anderen Unternehmen bei der Nutzung der Waren und Leistungen oder mit diesen in Zusammenhang stehenden Waren oder gewerbliche Leistungen einräumt, sofern der Betreiber des Energieversorgungsnetzes nicht nachweist, dass die Einräumung ungünstigerer Bedingungen sachlich gerechtfertigt ist, - 5.
ohne sachlich gerechtfertigten Grund Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen für den Netzzugang fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten und die Ergebnisse von Vergleichsverfahren nach § 21 zu berücksichtigen; Entgelte, die die Obergrenzen einer dem betroffenen Unternehmen erteilten Genehmigung nach § 23a nicht überschreiten, und im Falle der Durchführung einer Anreizregulierung nach § 21a Entgelte, die für das betroffene Unternehmen für eine Regulierungsperiode vorgegebene Obergrenzen nicht überschreiten, gelten als sachlich gerechtfertigt oder - 6.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als er sie selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist.
(2) Die Regulierungsbehörde kann einen Betreiber von Energieversorgungsnetzen, der seine Stellung missbräuchlich ausnutzt, verpflichten, eine Zuwiderhandlung gegen Absatz 1 abzustellen. Sie kann den Unternehmen alle Maßnahmen aufgeben, die erforderlich sind, um die Zuwiderhandlung wirksam abzustellen. Sie kann insbesondere
- 1.
Änderungen verlangen, soweit die gebildeten Entgelte oder deren Anwendung sowie die Anwendung der Bedingungen für den Anschluss an das Netz und die Gewährung des Netzzugangs von der genehmigten oder festgelegten Methode oder den hierfür bestehenden gesetzlichen Vorgaben abweichen, oder - 2.
in Fällen rechtswidrig verweigerten Netzanschlusses oder Netzzugangs den Netzanschluss oder Netzzugang anordnen.
(3) Soweit ein berechtigtes Interesse besteht, kann die Regulierungsbehörde auch eine Zuwiderhandlung feststellen, nachdem diese beendet ist.
(1) Personen und Personenvereinigungen, deren Interessen durch das Verhalten eines Betreibers von Energieversorgungsnetzen erheblich berührt werden, können bei der Regulierungsbehörde einen Antrag auf Überprüfung dieses Verhaltens stellen. Diese hat zu prüfen, inwieweit das Verhalten des Betreibers von Energieversorgungsnetzen mit den Vorgaben in den Bestimmungen der Abschnitte 2 und 3 oder der auf dieser Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen sowie den nach § 29 Abs. 1 festgelegten oder genehmigten Bedingungen und Methoden übereinstimmt. Soweit das Verhalten des Betreibers von Energieversorgungsnetzen nach § 23a genehmigt ist, hat die Regulierungsbehörde darüber hinaus zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Genehmigung vorliegen. Interessen der Verbraucherzentralen und anderer Verbraucherverbände, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, werden im Sinne des Satzes 1 auch dann erheblich berührt, wenn sich die Entscheidung auf eine Vielzahl von Verbrauchern auswirkt und dadurch die Interessen der Verbraucher insgesamt erheblich berührt werden.
(2) Ein Antrag nach Absatz 1 bedarf neben dem Namen, der Anschrift und der Unterschrift des Antragstellers folgender Angaben:
- 1.
Firma und Sitz des betroffenen Netzbetreibers, - 2.
das Verhalten des betroffenen Netzbetreibers, das überprüft werden soll, - 3.
die im Einzelnen anzuführenden Gründe, weshalb ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verhaltens des Netzbetreibers bestehen und - 4.
die im Einzelnen anzuführenden Gründe, weshalb der Antragsteller durch das Verhalten des Netzbetreibers betroffen ist.
(3) Die Regulierungsbehörde entscheidet innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Eingang des vollständigen Antrags. Diese Frist kann um zwei Monate verlängert werden, wenn die Regulierungsbehörde zusätzliche Informationen anfordert. Mit Zustimmung des Antragstellers ist eine weitere Verlängerung dieser Frist möglich. Betrifft ein Antrag nach Satz 1 die Entgelte für den Anschluss größerer neuer Erzeugungsanlagen oder Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie sowie Gasspeicheranlagen, so kann die Regulierungsbehörde die Fristen nach den Sätzen 1 und 2 verlängern.
(4) Soweit ein Verfahren nicht mit einer den Beteiligten zugestellten Entscheidung nach § 73 Abs. 1 abgeschlossen wird, ist seine Beendigung den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mitzuteilen. Die Regulierungsbehörde kann die Kosten einer Beweiserhebung den Beteiligten nach billigem Ermessen auferlegen.
(1) Die Regulierungsbehörde kann Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen verpflichten, ein Verhalten abzustellen, das den Bestimmungen dieses Gesetzes sowie den auf Grund dieses Gesetzes ergangenen Rechtsvorschriften entgegensteht. Sie kann hierzu alle erforderlichen Abhilfemaßnahmen verhaltensorientierter oder struktureller Art vorschreiben, die gegenüber der festgestellten Zuwiderhandlung verhältnismäßig und für eine wirksame Abstellung der Zuwiderhandlung erforderlich sind. Abhilfemaßnahmen struktureller Art können nur in Ermangelung einer verhaltensorientierten Abhilfemaßnahme von gleicher Wirksamkeit festgelegt werden oder wenn letztere im Vergleich zu Abhilfemaßnahmen struktureller Art mit einer größeren Belastung für die beteiligten Unternehmen verbunden wäre.
(2) Kommt ein Unternehmen oder eine Vereinigung von Unternehmen seinen Verpflichtungen nach diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht nach, so kann die Regulierungsbehörde die Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtungen anordnen.
(2a) Hat ein Betreiber von Transportnetzen aus anderen als zwingenden, von ihm nicht zu beeinflussenden Gründen eine Investition, die nach dem Netzentwicklungsplan nach § 12c Absatz 4 Satz 1 und 3 oder § 15a in den folgenden drei Jahren nach Eintritt der Verbindlichkeit nach § 12c Absatz 4 Satz 1 oder § 15a Absatz 3 Satz 8 durchgeführt werden musste, nicht durchgeführt, fordert die Regulierungsbehörde ihn mit Fristsetzung zur Durchführung der betreffenden Investition auf, sofern die Investition unter Zugrundelegung des jüngsten Netzentwicklungsplans noch relevant ist. Um die Durchführung einer solchen Investition sicherzustellen, kann die Regulierungsbehörde nach Ablauf der Frist nach Satz 1 ein Ausschreibungsverfahren zur Durchführung der betreffenden Investition durchführen oder den Transportnetzbetreiber verpflichten, eine Kapitalerhöhung im Hinblick auf die Finanzierung der notwendigen Investitionen durchzuführen und dadurch unabhängigen Investoren eine Kapitalbeteiligung zu ermöglichen. Die Regulierungsbehörde kann durch Festlegung nach § 29 Absatz 1 zum Ausschreibungsverfahren nähere Bestimmungen treffen.
(3) Soweit ein berechtigtes Interesse besteht, kann die Regulierungsbehörde auch eine Zuwiderhandlung feststellen, nachdem diese beendet ist.
(4) § 30 Abs. 2 bleibt unberührt.
(5) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 68, 69 und 71 sind entsprechend anzuwenden auf die Überwachung von Bestimmungen dieses Gesetzes und von auf Grund dieser Bestimmungen ergangenen Rechtsvorschriften durch die nach Landesrecht zuständige Behörde, soweit diese für die Überwachung der Einhaltung dieser Vorschriften zuständig ist und dieses Gesetz im Einzelfall nicht speziellere Vorschriften über Aufsichtsmaßnahmen enthält.
(6) Die Bundesnetzagentur kann gegenüber Personen, die gegen Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 verstoßen, sämtliche Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 ergreifen, soweit sie zur Durchsetzung der Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 erforderlich sind.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 50.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
- 1
- A. Die Betroffene, die ein Gasfernleitungsnetz betreibt, wendet sich gegen die Festlegung der Eigenkapitalzinssätze gemäß § 7 Abs. 6 GasNEV für die erste Regulierungsperiode.
- 2
- Mit Beschluss vom 7. Juli 2008 (BK4-08-068) hat die Bundesnetzagentur den Eigenkapitalzinssatz zur Bestimmung der Erlösobergrenze für die Betreiber von Strom- und Gasnetzen in der ersten Regulierungsperiode auf 9,29 % für Neuanlagen und 7,56 % für Altanlagen festgelegt.
- 3
- Die auf Aufhebung dieser Festlegung gerichtete Beschwerde der Betroffenen ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Betroffene ihr Begehren weiter. Die Bundesnetzagentur tritt dem Rechtsmittel entgegen.
- 4
- B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
- 5
- I. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
- 6
- Die angefochtene Festlegung sei an § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG zu messen , der eine angemessene, wettbewerbsfähige und risikoangepasste Verzinsung des eingesetzten Kapitals vorsehe. Der unbestimmte Rechtsbegriff der angemessenen Verzinsung sei hinreichend bestimmbar, weil seine tatsächlichen Voraussetzungen jedenfalls mit sachverständiger Hilfe aufklärbar seien. Ebenso wie bei der Bestimmung des Zinssatzes für Fremdkapital bestehe insoweit kein behördlicher Freiraum. Dennoch müsse der Grundsatz der gerichtlichen Nachprüfung aus der Natur der Sache heraus eine Einschränkung erfah- ren. Wegen des prognostischen Einschlags könne die Feststellung eines angemessenen Zinssatzes nicht mit mathematisch-naturwissenschaftlicher Genauigkeit erfolgen. Deshalb stelle sich für die gerichtliche Überprüfung nicht die Frage, ob die Regulierungsbehörde die beste Methode gewählt habe, sondern nur die Frage, ob sie ihre Wahl zwischen mehreren verbreiteten Methoden mit gut vertretbaren Erwägungen getroffen habe. Diese Wahl sei von den Gerichten grundsätzlich zu respektieren.
- 7
- Der Einwand der Betroffenen, bei der Ermittlung der Umlaufrendite nach § 7 Abs. 4 Satz 1 GasNEV seien Wertpapiere mit einer mittleren Restlaufzeit von über neun oder zumindest über sieben Jahren heranzuziehen, sei unbegründet.
- 8
- Hinsichtlich des angesetzten Wagniszuschlags müsse sich die gerichtliche Überprüfung ebenfalls auf die Frage beschränken, ob die Regulierungsbehörde ihre Einschätzung anhand einer wissenschaftlich anerkannten Methodik vorgenommen habe. Das von der Bundesnetzagentur herangezogene Kapitalanlagepreismodell (Capital Asset Pricing Model - CAPM), nach dem der Zuschlag anhand einer Marktrisikoprämie und eines spezifischen Risikofaktors zu ermitteln sei, werde dieser Anforderung gerecht.
- 9
- Entgegen der Auffassung der Betroffenen sei nicht zu beanstanden, dass die in Anwendung dieser Methode ermittelte Marktrisikoprämie nicht nur auf der Grundlage von Daten inländischer Unternehmen ermittelt und dass bei der Bildung des Mittelwerts nicht allein die arithmetische, sondern auch die geometrische Methode herangezogen worden sei.
- 10
- Die Bundesnetzagentur habe auch den Risikofaktor sachgerecht ermittelt. Insbesondere sei nicht zu beanstanden, dass die Auswahl der Länder, aus denen Daten herangezogen worden seien, nicht identisch sei mit der Auswahl der Länder für die Ermittlung der Marktrisikoprämie. Unsicherheiten über mögli- che Änderungen der in der Anreizregulierungsverordnung festgelegten Regeln könnten eine höhere Risikoeinschätzung ebenfalls nicht begründen. Die Anpassung der geschätzten Risikofaktoren zur Korrektur statistischer Unschärfen nach dem Vasicek- statt nach dem Blume-Verfahren sei nicht zu beanstanden. Entsprechendes gelte für die Anpassung an die Kapitalstruktur nach der Methode Modigliani-Miller statt nach der Methode Miller.
- 11
- II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.
- 12
- 1. Die Maßstäbe, die das Beschwerdegericht zur Überprüfung der angefochtenen Festlegung herangezogen hat, sind rechtlich nicht zu beanstanden.
- 13
- a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Beurteilung der in § 7 Abs. 4 und 5 GasNEV normierten Grundlagen für die Bemessung des Eigenkapitalzinssatzes der uneingeschränkten Überprüfung durch den Tatrichter unterliegt, soweit es um die Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen geht.
- 14
- Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 GasNEV darf der Eigenkapitalzinssatz den auf die letzten zehn abgeschlossenen Kalenderjahre bezogenen Durchschnitt der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Umlaufrenditen festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten zuzüglich eines angemessenen Zuschlags zur Abdeckung netzbetriebsspezifischer unternehmerischer Wagnisse nicht überschreiten. Bei der Ermittlung des angemessenen Zuschlags sind gemäß § 7 Abs. 5 GasNEV bestimmte Gegebenheiten auf nationalen und internationalen Kapitalmärkten sowie beobachtete und quantifizierbare Wagnisse zu berücksichtigen.
- 15
- Die Bemessung des Zinssatzes hängt danach zwar von einer Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe ab. Die dafür maßgeblichen tatsächlichen Grund- lagen können aber anhand der Verhältnisse auf bestimmten Märkten oder in sonstiger Weise durch Beobachtung ermittelt werden. Sie sind deshalb jedenfalls mit sachverständiger Hilfe einer vollständigen gerichtlichen Klärung zugänglich. Ebenso wie bei der für die Verzinsung des Fremdkapitals maßgeblichen Frage, welche Zinsen für vergleichbare Kreditaufnahmen am Kapitalmarkt üblich sind (dazu BGH, Beschluss vom 14. August 2008 - KVR 42/07, WuW/E DE-R 2395 Rn. 50 ff. - Rheinhessische Energie I), steht der Regulierungsbehörde hinsichtlich der Feststellung der tatsächlichen Grundlagen folglich weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum zu.
- 16
- b) Ebenfalls zutreffend hat das Beschwerdegericht der Regulierungsbehörde in einzelnen Beziehungen dennoch einen Beurteilungsspielraum zugebilligt.
- 17
- aa) Die Regelung in § 7 Abs. 4 und 5 GasNEV dient der Ausfüllung der Vorgabe in § 21 Abs. 2 EnWG, wonach die Entgelte für den Netzzugang auf der Grundlage einer angemessenen, wettbewerbsfähigen und risikoangepassten Verzinsung des eingesetzten Kapitals gebildet werden. Sie enthält zwar nähere Vorgaben dazu, auf welche Weise der Zinssatz zu bestimmen ist. Für die Bemessung des Zuschlags zur Abdeckung netzbetriebsspezifischer unternehmerischer Wagnisse gibt § 7 Abs. 5 GasNEV aber nur eine Reihe von Umständen vor, die "insbesondere" zu berücksichtigen sind. Welche Umstände im Einzelnen in die Bewertung einzufließen haben und welches Gewicht ihnen dabei zuzumessen ist, lässt die Vorschrift offen.
- 18
- Anders als bei der Bestimmung des Zinssatzes für die Verzinsung von Fremdkapital gemäß § 5 Abs. 2 GasNEV anhand von kapitalmarktüblichen Zinsen und anders als bei der Bestimmung des in § 7 Abs. 4 Satz 1 GasNEV vorgegebenen Ausgangswerts anhand von veröffentlichten Umlaufrenditen festverzinslicher Wertpapiere hat die Regulierungsbehörde nach § 7 Abs. 5 GasNEV damit eine komplexe Prüfung und Bewertung vorzunehmen, für die die - auch in diesem Zusammenhang gerichtlich vollständig nachprüfbare - Feststellung von tatsächlichen Marktverhältnissen lediglich den Ausgangspunkt bildet. Bei dieser Bewertung stellen sich, wie die von der Betroffenen erhobenen Einwände und der Verlauf des Beschwerdeverfahrens belegen, eine Vielzahl von Fragen, die nicht exakt im Sinne von "richtig oder falsch", sondern nur durch eine wertende Auswahlentscheidung beantwortet werden können. Dies hat zur Folge, dass es in der Regel nicht nur einen einzigen Zinssatz gibt, der den Vorgaben von § 7 Abs. 5 GasNEV entspricht. Die Festlegung eines bestimmten Zinssatzes ist deshalb als rechtmäßig anzusehen, wenn die Regulierungsbehörde von einer zutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen ist und wenn sie den ihr in § 7 Abs. 5 GasNEV eröffneten Beurteilungsspielraum fehlerfrei ausgefüllt hat (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 21. Januar 2014 - EnVR 12/12, RdE 2014, 276 Rn. 26 f. - Stadtwerke Konstanz GmbH; Beschluss vom 22. Juli 2014 - EnVR 59/12, RdE 2014, 495 Rn. 25 - Stromnetz Berlin GmbH).
- 19
- bb) Die Regelung in § 7 Abs. 5 GasNEV steht in Einklang mit den Vorgaben des § 21 Abs. 2 EnWG.
- 20
- Die in § 21 Abs. 2 EnWG normierte Vorgabe einer angemessenen, wettbewerbsfähigen und risikoangepassten Verzinsung kann nicht allein durch die Ermittlung von Marktgegebenheiten oder sonstigen Tatsachen erfüllt werden. Sie erfordert eine Gesamtbetrachtung, in die wertende Elemente einzufließen haben und die nicht nur Gegebenheiten in der Vergangenheit, sondern den zukünftigen Anforderungen an den Betrieb von Netzen Rechnung zu tragen hat. Diese Bewertung hat der Gesetzgeber der Regulierungsbehörde übertragen.
- 21
- cc) Der in § 21 Abs. 2 EnWG vorgegebene und in § 7 Abs. 5 GasNEV näher ausgestaltete Spielraum ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.
- 22
- Der Gesetzgeber darf zwar eine wesentliche Entscheidung nicht dem Verordnungsgeber oder einer Verwaltungsbehörde überlassen. Dies ist aber bei der Festlegung des Eigenkapitalzinssatzes auch nicht der Fall. Welche Verzinsung angemessen ist, kann nicht im Vorhinein in allen Details festgelegt werden. Der angemessene Zinssatz hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die sowohl für sich gesehen als auch in ihrem Verhältnis zueinander ständiger Änderung unterliegen. Bei dieser Ausgangslage kann - und muss - der Gesetzgeber lediglich die Ziele definieren, an denen sich die Bewertung und gegebenenfalls Quantifizierung einzelner Faktoren, die in die Ermittlung des Eigenkapitalzinssatzes einfließen oder einfließen können, zu orientieren hat. Dieser Anforderung wird die Regelung in § 21 Abs. 2 EnWG, die durch die allgemeinen Zielvorgaben in § 1 EnWG ergänzt wird, gerecht.
- 23
- dd) Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt nicht, dass hinsichtlich jeder methodischen oder sonstigen Einzelfrage, zu der es unterschiedliche wissenschaftliche Auffassungen gibt, die den Netzbetreibern günstigere Auffassung heranzuziehen wäre.
- 24
- Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist allerdings auch im vorliegenden Zusammenhang zu beachten. Aus ihm folgt, dass die Festlegung der Erlösobergrenzen zur Erreichung der mit der Anreizregulierung verfolgten Ziele geeignet und erforderlich sein muss und nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung führen darf. Dem trägt die Regelung in § 7 Abs. 4 und 5 GasNEV Rechnung, indem für die Verzinsung des Eigenkapitals ein angemessener Zuschlag angesetzt wird, der den unternehmerischen Wagnissen Rechnung trägt.
- 25
- Hierbei ist indes nicht nur das Interesse der Netzbetreiber an einer möglichst hohen Verzinsung des Eigenkapitals zu berücksichtigen. Vielmehr ist auch den berechtigten Interessen der Netznutzer und den in § 1 EnWG normierten Zielen einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundli- chen, effizienten und umweltverträglichen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität Rechnung zu tragen.
- 26
- ee) Bei der auf dieser Grundlage vorzunehmenden Beurteilung ist die Regulierungsbehörde, soweit das Gesetz hierzu keine Vorgaben macht, weder an ein bestimmtes (wirtschafts-)wissenschaftliches Modell noch an bestimmte Methoden zur Ermittlung und Bemessung der im Rahmen des gewählten Modells heranzuziehenden Parameter gebunden. Vielmehr hat die Regulierungsbehörde im Rahmen der ihr eingeräumten Befugnisse in eigener Würdigung zu entscheiden, welche Kriterien insbesondere für die Ermittlung des netzbetriebsspezifischen Risikozuschlags heranzuziehen und in welcher Weise diese anzuwenden und zu anderen Kriterien ins Verhältnis zu setzen sind. Hierbei kann sie sich gegebenenfalls sachverständiger Hilfe bedienen, wie dies die Bundesnetzagentur vor Erlass der angefochtenen Festlegung auch getan hat. Wenn aus sachverständiger Sicht mehrere Methoden in Betracht kommen, ist eine Auswahl zu treffen, die den Vorgaben des § 7 Abs. 4 und 5 GasNEV und dem Ziel einer angemessenen, wettbewerbsfähigen und risikoangepassten Eigenkapitalverzinsung gerecht wird. Diese Auswahlentscheidung muss demgemäß nicht zwingend zugunsten derjenigen Methode ergehen, die zum höchstmöglichen Zinssatz führt. Sie kann von Rechts wegen nur dann beanstandet werden, wenn sich feststellen lässt, dass der gewählte methodische Ansatz von vornherein ungeeignet ist, die Funktion zu erfüllen, die ihm im Rahmen des zugrunde gelegten Modells zukommt, oder dass ein anderes methodisches Vorgehen unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände, wie insbesondere seiner Eignung für die Zwecke der Ermittlung der zu bestimmenden Endgröße (hier des Eigenkapitalzinssatzes), der Verfügbarkeit der benötigten Datengrundlage, des zu ihrer Feststellung erforderlichen Aufwands und der Präzision und Belastbarkeit der mit diesem methodischen Vorgehen erzielbaren Ergebnisse, dem von der Regulierungsbehörde gewählten Vorbringen so deutlich überlegen ist, dass die Auswahl einer anderen Methode nicht mehr als mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar angesehen werden kann.
- 27
- 2. Soweit die Entscheidung der Regulierungsbehörde der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt, ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht derselbe Prüfungsmaßstab anzulegen wie in der Beschwerdeinstanz.
- 28
- Die Überprüfung, ob das methodische Vorgehen der Regulierungsbehörde nach den dargelegten Kriterien zu beanstanden ist, obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Denn ihr Ergebnis hängt im Wesentlichen von den Tatsachen ab, aus denen sich Schlussfolgerungen im Hinblick auf Vor- und Nachteile unterschiedlicher in Betracht kommender methodischer Vorgehensweisen ziehen lassen. Diese Schlussfolgerungen sind zwar zum Teil rechtlicher Natur. Die hierfür anzustellenden Erwägungen sind mit der Feststellung der dafür maßgeblichen Tatsachen jedoch so eng verwoben, dass auch sie im Wesentlichen dem Bereich der tatrichterlichen Würdigung zuzuordnen sind. Die Entscheidung des Tatrichters kann deshalb in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur eingeschränkt dahingehend überprüft werden, ob er erhebliches Vorbringen der Beteiligten unberücksichtigt gelassen, wesentliche Beurteilungsfaktoren außer Betracht gelassen oder offenkundig fehlgewichtet, Rechtsgrundsätze der Zinsbemessung verkannt oder der Nachprüfung der Regulierungsentscheidung sonst unrichtige rechtliche Maßstäbe zu Grunde gelegt hat.
- 29
- 3. Ohne Rechtsfehler hat es das Beschwerdegericht unbeanstandet gelassen , dass die Bundesnetzagentur zur Bestimmung der Marktrisikoprämie, die nach CAPM - dessen Eignung als Modell zur Ermittlung des angemessenen Eigenkapitalzinssatzes auch die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel zieht - der Differenz zwischen dem Zinssatz für risikolose Anlagen und der Rendite eines mit unternehmerischen Wagnissen behafteten, aber vollständig diversifizierten Portfolios entspricht, einen weltweiten Referenzmarkt herangezogen hat.
- 30
- a) Die alleinige Heranziehung des deutschen Kapitalmarkts wäre weder mit dem Wortlaut von § 7 Abs. 5 GasNEV noch mit dem Zweck der Vorschrift zu vereinbaren.
- 31
- aa) Nach § 7 Abs. 5 Nr. 1 GasNEV ist der Zuschlag zur Abdeckung unternehmerischer Wagnisse unter Berücksichtigung der Verhältnisse auf den nationalen und internationalen Kapitalmärkten zu ermitteln. Daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass nicht nur der deutsche Kapitalmarkt zu berücksichtigen ist.
- 32
- bb) Dies steht in Einklang mit dem Zweck der Vorschrift.
- 33
- Die Berücksichtigung der Verhältnisse auf den Kapitalmärkten dient dazu , den Zuschlag für unternehmerische Wagnisse anhand der Gegebenheiten des Marktes zu bestimmen. Als Referenzmarkt hierfür wäre nach den auf den Äußerungen des gerichtlichen Sachverständigen beruhenden Feststellungen des Beschwerdegerichts zwar theoretisch der deutsche Kapitalmarkt am besten geeignet. Die für diesen vorliegenden Werte weisen aber wegen der beiden Weltkriege und der anschließenden hohen Wachstumsraten Verzerrungen auf, die ihre alleinige Heranziehung aus sachverständiger Sicht nicht als angemessen erscheinen lassen. Vor diesem Hintergrund ist es folgerichtig, wenn § 7 Abs. 5 Nr. 1 GasNEV vorschreibt, auch die Verhältnisse auf internationalen Kapitalmärkten zu berücksichtigen.
- 34
- b) Rechtsfehlerfrei ist das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis gelangt, dass es nicht geboten war, die Betrachtung auf die Kapitalmärkte der Eurozone zu beschränken.
- 35
- Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat sich das Beschwerdegericht mit der Frage befasst, ob der von der Bundesnetzagentur herangezogene weltweite Referenzmarkt ein besser geeignetes Substitut darstellt. Es ist hierbei zu dem Ergebnis gelangt, eine auf europäische Kapitalmärkte beschränkte Betrachtung unterliege denselben Bedenken wie eine alleinige Betrachtung des deutschen Kapitalmarkts.
- 36
- Diese Schlussfolgerung ist möglich und lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Insbesondere hat sich das Beschwerdegericht mit dem im Auftrag des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft erstellten Gutachten des Unternehmens NERA Economic Consulting aus dem Jahr 2008 auseinandergesetzt , das die Marktrisikoprämie anhand der Daten für den deutschen Markt mit 8,5 %, anhand der Daten für die Eurozone mit 6,2 % und anhand weltweiter Daten mit 5,2 % angibt. Dass das Beschwerdegericht entgegen der im NeraGutachten geäußerten Auffassung nicht zu der Schlussfolgerung gelangt ist, es sei geboten, den Wert für die Eurozone heranzuziehen, sondern den von ihm für überzeugend erachteten Schlussfolgerungen des gerichtlichen Sachverständigen beigetreten ist, begründet keinen Rechtsfehler.
- 37
- c) Ohne Rechtsfehler hat das Beschwerdegericht auch eine Korrektur im Hinblick auf Wechselkurseffekte als nicht geboten angesehen.
- 38
- Das Beschwerdegericht ist aufgrund der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zu der Einschätzung gelangt, dass mögliche Verzerrungen aufgrund von Währungsschwankungen vernachlässigt werden durften, weil sie allenfalls zu einer Erhöhung der Marktrisikoprämie um 0,02 Prozentpunkte führen können und ihre Berücksichtigung wiederum andere, sogar weitergehende Ergebnisverzerrungen zur Folge haben könnte. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Beschwerdegericht war insbesondere nicht gehalten , zugunsten der Netzbetreiber von dem höchstmöglichen Zinssatz auszugehen. Es durfte und musste vielmehr berücksichtigen, dass die Verordnung nicht die schematische Orientierung an einer bestimmten Rechenmethode, sondern die Bestimmung eines angemessenen Zuschlags vorgibt und dass die bei der Ermittlung der relevanten Tatsachen zwangsläufig auftretenden Unsicherheiten einer umfassenden Würdigung zuzuführen sind. Mit seiner Beurteilung, dass es nicht sachlich geboten sei, möglichen Auswirkungen von Währungsschwankungen Rechnung zu tragen, hat sich das Beschwerdegericht innerhalb des ihm insoweit eröffneten Rahmens gehalten.
- 39
- Die angefochtene Entscheidung ist insoweit nicht deshalb fehlerhaft, weil die Betroffene unter Berufung auf Berechnungen von Nera vorgetragen hatte, die mögliche Verzerrung könne bis zu 16 Basispunkte (also 0,16 Prozentpunkte ) betragen. Das Beschwerdegericht hat diesen Vortrag nicht übergangen. Es ist aufgrund der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zu einer anderen Einschätzung gelangt. Darin liegt weder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör noch ein sonstiger Rechtsfehler.
- 40
- d) Rechtsfehlerfrei hat das Beschwerdegericht die Heranziehung des Dividendendiskontierungsmodells (Dividend Growth Model) als alternative oder zusätzliche Datengrundlage nicht für angezeigt erachtet.
- 41
- aa) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde begründet es keinen Rechtsfehler, dass sich das Beschwerdegericht nur mit der Frage befasst hat, ob die Bundesnetzagentur das genannte Modell zu einer Plausibilisierung der aufgrund von Marktdaten gewonnenen Werte hätte heranziehen müssen.
- 42
- Aus den Erwägungen, mit denen das Beschwerdegericht eine solche Plausibilisierung als nicht sachgerecht bewertet hat, ergibt sich zugleich, dass das Modell auch als alleinige Datengrundlage nicht geeignet ist. Eine gesonderte Behandlung dieser Frage war mithin nicht erforderlich.
- 43
- bb) Die vom Beschwerdegericht angestellten Erwägungen zur Plausibilisierung anhand des Dividendendiskontierungsmodells lassen keinen Rechtsfehler erkennen.
- 44
- Das Beschwerdegericht hat das genannte Modell in Übereinstimmung mit dem gerichtlichen Sachverständigen als nicht hinreichend zuverlässig angesehen , weil es im Wesentlichen auf Schätzungen von Analysten beruhe, weil diese Schätzungen auf der Erwartung bestimmter Regulierungsentscheidungen basierten und weil hinreichende Schätzungen nur für die DAX-Aktien vorlägen.
- 45
- 4. Rechtsfehlerfrei hat es das Beschwerdegericht als zulässig angesehen , dass die Bundesnetzagentur zur Bestimmung der Marktrisikoprämie sowohl den arithmetischen als auch den geometrischen Mittelwert aller berücksichtigten Einzelwerte herangezogen und aus diesen beiden Werten den (arithmetischen) Mittelwert gebildet hat. Die Bundesnetzagentur war nicht gehalten , diesen Mittelwert stattdessen mit Hilfe des so genannten BlumeSchätzers zu bilden.
- 46
- Das Beschwerdegericht hat berücksichtigt, dass der Blume-Schätzer in der Wirtschaftswissenschaft Anerkennung gefunden hat. Es ist indes zu dem Ergebnis gelangt, dass mehrere Methoden als grundsätzlich geeignet angesehen werden und dass sich noch keine einheitliche Auffassung darüber gebildet hat, welche davon vorzugswürdig ist. Es hat ferner den auch von der Rechtsbeschwerde angeführten Umstand berücksichtigt, dass das arithmetische Mittel für die Bewertung zukünftiger Renditen grundsätzlich der bessere Maßstab sein dürfte. Dem hat es gegenübergestellt, dass der geometrische Mittelwert den besseren Maßstab für die Bewertung von in der Vergangenheit liegenden Leistungen darstellen dürfte und der Blume-Schätzer insbesondere bei einem langfristigen Anlagehorizont zu einer Überschätzung des Erwartungswerts führe. Hieraus hat es in Übereinstimmung mit der Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen die Schlussfolgerung gezogen, dass der Mittelwert der beiden genannten Werte im vorliegenden Zusammenhang am besten geeigneterscheint und die von der Bundesnetzagentur getroffene Methodenwahl demgemäß aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist.
- 47
- Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Insbesondere stellt es keinen Widerspruch dar, dass das Beschwerdegericht die arithmetische Methode oder eine bestimmte Gewichtung des geometrischen und des arithmetischen Mittels, die diesem stärkeres Gewicht beimisst als jenem, unter einem bestimmten Gesichtspunkt als am besten geeignet angesehen und dennoch eine Anwendung allein dieser Methode nicht für sachlich geboten gehalten hat. Es hat seine Entscheidung zu Recht nicht nur auf diesen Gesichtspunkt gestützt , sondern auch alle anderen für den Streitfall relevanten Umstände berücksichtigt. Seine aufgrund sachverständiger Beratung gewonnene Beurteilung , unter Berücksichtigung der Vor- und Nachteile der verschiedenen von der Wissenschaft entwickelten Ansätze sei kein anderer methodischer Ansatz, insbesondere auch nicht der Blume-Schätzer, der von der Bundesnetzagentur gewählten Mittelwertbildung aus arithmetischem und geometrischem Mittel sachlich überlegen, ist vor diesem Hintergrund aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
- 48
- 5. Ohne Rechtsfehler hat das Beschwerdegericht die Auswahl der Vergleichsunternehmen für die Ermittlung des netzbetriebsspezifischen Risikofaktors (Betafaktors) gebilligt.
- 49
- a) Das Beschwerdegericht hat den von der Bundesnetzagentur - und ebenso dem gerichtlichen Sachverständigen - herangezogenen Kreis von Vergleichsunternehmen als hinreichend groß angesehen, um belastbare Schätzergebnisse zu erhalten. Diese Beurteilung ist möglich. Mit ihrem Hinweis, die Betroffene habe in ihrer Beschwerdebegründung eine abweichende Einschätzung geäußert, zeigt die Rechtsbeschwerde keinen Rechtsfehler auf.
- 50
- b) Die Bundesnetzagentur war auch in diesem Zusammenhang nicht gehalten, nur die Eurozone als Referenzmarkt heranzuziehen. Soweit die Rechtsbeschwerde diese Beurteilung angreift, bleibt dies aus den bereits im Zusammenhang mit der Marktrisikoprämie dargelegten Gründen ohne Erfolg.
- 51
- 6. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Beschwerdegericht die Einteilung und Gewichtung der für die Bemessung des Betafaktors betrachteten Einzelzeiträume gebilligt.
- 52
- a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war die Bundesnetzagentur nicht gehalten, anstelle von Tageswerten auf die auch vom gerichtlichen Sachverständigen als vorzugswürdig erachteten Wochendaten zurückzugreifen.
- 53
- Das Beschwerdegericht hat sich mit der Einschätzung des Sachverständigen auseinandergesetzt. Es hat hieraus nicht gefolgert, dass die von der Bundesnetzagentur zugrunde gelegte Datenfrequenz ungeeignet ist, weil der Sachverständige die Verwendung von Tagesdaten als ebenfalls häufig vorkommend und sachgerecht angesehen hat und weil die Heranziehung wöchentlicher Renditen sogar zu einem geringfügig niedrigeren Betafaktor führen würde. Diese Beurteilung ist möglich und lässt keine Rechtsfehler erkennen. Sie wird durch den von der Rechtsbeschwerde aufgezeigten Vortrag der Betroffenen , bei Heranziehung wöchentlicher Renditen und zutreffender Gewichtung der einzelnen Perioden ergebe sich ein um fünfzehn Basispunkte höherer Zinssatz , schon deshalb nicht in Frage gestellt, weil sich daraus nicht ergibt, dass und in welchem Umfang diese Erhöhung schon aus der abweichenden Datenfrequenz und nicht erst aus der abweichenden Gewichtung resultiert.
- 54
- b) Ohne Rechtsfehler hat die Bundesnetzagentur die einzelnen Perioden des betrachteten Zeitraums von fünf Jahren nicht gleich gewichtet, sondern der letzten Periode (2007/2008) ein deutlich stärkeres Gewicht beigemessen.
- 55
- Auch insoweit hat das Beschwerdegericht bei der Überprüfung der angefochtenen Festlegung die vom gerichtlichen Sachverständigen aufgezeigten tatsächlichen Grundlagen berücksichtigt. Es hat dem vom Sachverständigen als ausschlaggebend erachteten Gesichtspunkt, die Periode 2007/2008 sei bereits durch die einsetzende Finanzkrise gekennzeichnet, weshalb ihre starke Gewichtung zu Verzerrungen führen könnte, keine die Gewichtung der Bundesnetzagentur in Frage stellende Bedeutung beigemessen, weil die starke Gewichtung des in Rede stehenden Zeitraums dem absehbaren Abschwung der folgenden Jahre entspreche und weil die vom Sachverständigen empfohlene Gewichtung ohnehin nur zu einer geringfügigen Erhöhung des Korrekturfaktors von 0,79 auf 0,80 führen würde. Diese Erwägung ist im Hinblick darauf, dass der vom Abschwung betroffene Zeitraum in die von der angefochtenen Festlegung betroffene erste Regulierungsperiode fällt, rechtlich nicht zu beanstanden.
- 56
- Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegt darin keine unzulässige Betrachtung ex post. Das Beschwerdegericht hat seine Beurteilung nicht auf Vorgänge in der ersten Regulierungsperiode gestützt, sondern zutreffend darauf abgestellt, mit welcher Entwicklung zum Zeitpunkt der Festlegung der Zinssätze zu rechnen war.
- 57
- 7. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe es zu Unrecht gebilligt, dass die angefochtene Festlegung unter Verstoß gegen § 7 Abs. 5 Nr. 2 GasNEV die durchschnittliche Verzinsung des Eigenkapitals von Betreibern von Gasversorgungsnetzen auf ausländischen Märkten außer Acht gelassen habe.
- 58
- a) Das Beschwerdegericht hat sich, wie auch die Rechtsbeschwerde im Ansatz nicht verkennt, mit dem Einwand der Betroffenen befasst, dass die Regulierungsbehörden einzelner Länder bei Einführung der Anreizregulierung einen Risikoaufschlag von einem Prozentpunkt vornehmen. Es hat eine Bindung der Bundesnetzagentur an diese Praxis zu Recht verneint. Dass es auf der Grundlage der von ihm angestellten Betrachtungen zu dem Ergebnis gelangt ist, ein entsprechender Zuschlag sei weder geboten noch angemessen, ist aus Rechtsgründen ebenfalls nicht zu beanstanden.
- 59
- Sonstigen Vortrag der Betroffenen zu Aspekten, mit denen sich das Beschwerdegericht im Zusammenhang mit § 7 Abs. 5 Nr. 2 GasNEV zwingend hätte auseinandersetzen müssen, zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf.
- 60
- b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist möglichen Unsicherheiten bei der Ermittlung der für die Zinsbemessung relevanten Parameter nicht zwingend durch einen Sicherheitszuschlag Rechnung zu tragen.
- 61
- Der Senat hat im Zusammenhang mit dem kartellrechtlichen Tatbestand des Preismissbrauchs entschieden, dass nicht jeder Preisunterschied auf vergleichbaren Märkten Ausdruck einer missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung ist. Vielmehr bedarf es eines deutlichen Abstandes zwischen den Preisen auf den beiden Märkten, um einen mit einem Unwerturteil verbundenen Missbrauch bejahen zu können. Dieses Erfordernis gilt unabhängig von einem mit Rücksicht auf die Unwägbarkeiten der Feststellung der maßgeblichen Tatsachen gegebenenfalls anzusetzenden Sicherheitszuschlag (BGH, Beschluss vom 22. Juli 1999 - KVR 12/98, BGHZ 142, 239, 251 - Flugpreisspaltung
).
- 62
- Diese Grundsätze sind hierher schon deshalb nicht übertragbar, weil die Regulierung der Netzentgelte nicht der Sanktionierung eines festgestellten Preismissbrauchs dient. Als angemessen im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 1 GasNEV ist nicht ein Zinssatz anzusehen, der gerade noch niedrig genug ist, um nicht als missbräuchlich qualifiziert werden zu können. Vielmehr soll die Verzinsung des Eigenkapitals nicht über dasjenige hinausgehen, was ein Investor bei funktionierendem Wettbewerb berechtigterweise erwarten dürfte. Zur Ermittlung dieses Zinssatzes bedarf es weder eines deutlichen Abstandes zu dem aufgrund von Marktdaten ermittelten Zinssatz noch zwingend eines Sicherheitszuschlags. Ein solcher Zuschlag ist insbesondere, wie ausgeführt, nicht schon dann erforderlich, wenn es zu einer bestimmten Frage verschiedene wirtschaftswissenschaftliche Theorien gibt.
- 63
- Die vom Senat bislang offen gelassene (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - KZR 5/10, WuW/E DE-R 3145 Rn. 50 - Entega II) Frage, ob ein Sicherheitszuschlag stets geboten ist, um einen Preismissbrauch bejahen zu können, bedarf nach allem auch im Streitfall keiner Entscheidung.
- 64
- 8. Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat es das Beschwerdegericht als zulässig angesehen, zur Anpassung des Risikofaktors an die Kapitalstruktur der Netzbetreiber die Methode Modigliani-Miller anstelle der Methode Miller heranzuziehen.
- 65
- Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde führt der Umstand, dass die aus einem hohen Anteil an Fremdkapital resultierenden Steuervorteile sich nicht in jeder Hinsicht exakt abschätzen lassen, nicht zwingend zur Anwendung der Methode Miller, die mögliche Steuereffekte vollständig unberücksichtigt lässt.
- 66
- Wie auch die Rechtsbeschwerde im Ansatz nicht verkennt, ist die Methode Miller ebenfalls mit Ungenauigkeiten behaftet, weil nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass der Anteil des Fremdkapitals ohne Einfluss auf die Steuerlast des Unternehmens bleibt. Vor diesem Hintergrund ist es eine Frage der tatrichterlichen Würdigung, ob sich unter Berücksichtigung aller Vor- und Nachteile die Wertung treffen lässt, dass nur eine der in Frage kommenden Methoden als zur Anpassung an die bereichsspezifische Kapitalstruktur geeignet oder eine Methode als hierzu deutlich besser als andere geeignet angesehen werden kann. Dieser Aufgabe hat sich das Beschwerdegericht gestellt. Seine Erwägung, möglicherweise auftretende Ungenauigkeiten infolge von schwankenden Steuereffekten seien eher hinzunehmen als die ungleich größeren Ungenauigkeiten, die aus einer vollständigen Vernachlässigung dieser Effekte entstünden, ist in sich schlüssig und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
- 67
- Die Würdigung des Beschwerdegerichts wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der gerichtliche Sachverständige sich angesichts der Unsicherheiten hinsichtlich möglicher Steuervorteile für die Methode Miller ausgesprochen hat. Bei seiner abweichenden Beurteilung ist das Beschwerdegericht weder von der vom Sachverständigen aufgezeigten Tatsachengrundlage abgewichen noch hat es eigene Sachkunde in Anspruch genommen. Es hat die vom Sachverständigen aufgezeigten Gesichtspunkte lediglich anders gewichtet. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
- 68
- 9. Rechtsfehlerfrei hat das Beschwerdegericht eine Erhöhung des Risikofaktors nicht deshalb als geboten angesehen, weil ein Netzbetreiber der Anreizregulierung unterliegt.
- 69
- a) Die von der Rechtsbeschwerde erhobene Rüge, das Beschwerdegericht habe die aus der Einführung der Anreizregulierung resultierenden Risiken auf einer unzureichenden empirischen Grundlage beurteilt, ist unbegründet.
- 70
- Das Beschwerdegericht hat die auch vom gerichtlichen Sachverständigen geäußerten Bedenken, dass die Zahl der von der Bundesnetzagentur betrachteten Unternehmen eher gering ist, berücksichtigt und sich eingehend mit den vom Sachverständigen ergänzend angestellten Untersuchungen befasst. Hierbei ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Anhaltspunkte für ein erhöhtes Risiko für anreizregulierte Unternehmen im Vergleich zu kostenregulierten Unternehmen bestehen. Diese Schlussfolgerung liegt im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdigung.
- 71
- b) Zu Unrecht rügt die Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe den Vortrag der Betroffenen übergangen, wonach der gerichtliche Sachverständige das Unternehmen T. zwar aus der Vergleichsgruppe ausgesondert , bei den eigenen statistischen Tests aber berücksichtigt habe.
- 72
- Das Beschwerdegericht hat es abweichend von den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht für geboten erachtet, T. aus der Vergleichsgruppe zu entfernen. Damit fehlt es bereits an dem von der Rechtsbeschwerde gerügten Widerspruch. Die Abweichung von den Ausführungen im gerichtlichen Gutachten hat das Beschwerdegericht auf die mündlichen Äußerungen des Sachverständigen gestützt, wonach die dem schriftlichen Gutachten zugrunde liegenden Tests manchmal überscharf reagierten, weshalb es sachgerecht sei, keine Testfilter einzusetzen und T. in der Vergleichsgruppe zu belassen. Dies lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.
- 73
- 10. Ohne Rechtsfehler hat das Beschwerdegericht eine Erhöhung des Zuschlags im Hinblick auf höhere Risiken für Gasnetzbetreiber im Vergleich zu Stromnetzbetreibern als nicht geboten angesehen.
- 74
- a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht die Einwendungen der Betroffenen gegen die Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen, solche höheren Risiken ließen sich nicht belegen, nicht übergangen.
- 75
- Die Betroffene hat diese Einwendungen im Wesentlichen auf das Argument gestützt, die Schätzungen des gerichtlichen Sachverständigen beruhten auf einer zu geringen Datengrundlage. Mit diesem Argument hat sich das Beschwerdegericht - wenn auch knapp - befasst und es als nicht durchgreifend beurteilt. Mit ihren dagegen erhobenen Rügen zeigt die Rechtsbeschwerde keinen Rechtsfehler auf.
- 76
- b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verstößt die Festlegung insoweit nicht gegen die Vorgabe in § 7 Abs. 5 Nr. 3 GasNEV.
- 77
- Die auf Marktdaten gestützte Beurteilung genügt nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts der Anforderung, beobachtete und quantifizierba- re unternehmerische Wagnisse zu berücksichtigen. Weitergehende Anforderungen , die bei der Bemessung des Risikofaktors zwingend zu beachten wären, lassen sich aus der genannten Vorschrift nicht ableiten.
- 78
- 11. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde eine unzureichende Abwägung geltend.
- 79
- a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde waren weder die Bundesnetzagentur noch das Beschwerdegericht gehalten, die theoretische Bandbreite, die sich aufgrund der einzelnen Entscheidungsmöglichkeiten bei der Anwendung der CAPM-Methode ergibt, zu ermitteln und aus diesem Bereich im Wege einer abstrakten Gesamtabwägung einen Wert auszuwählen.
- 80
- Der Streitfall nötigt zu keiner abschließenden Entscheidung, inwieweit der der Regulierungsbehörde bei der Bestimmung des angemessenen Zinssatzes eröffnete Spielraum - auch - durch eine von einzelnen Aspekten losgelöste Gesamtabwägung ausgefüllt werden kann oder muss. Jedenfalls ist eine solche Gesamtabwägung nicht in jedem Fall geboten. Die Entscheidung der Regulierungsbehörde ist vielmehr rechtsfehlerfrei, wenn sie sich anerkannter wissenschaftlicher Methoden bedient und diese in Einklang mit den Vorgaben aus § 21 Abs. 2 EnWG und § 7 Abs. 5 GasNEV anwendet und keine konkreten Anhaltspunkte dafür feststellbar sind, dass die sich hieraus ergebende Höhe der Eigenkapitalverzinsung gleichwohl das Ziel einer angemessenen, wettbewerbsfähigen und risikoangepassten Verzinsung des eingesetzten Kapitals verfehlt.
- 81
- b) Diesen Anforderungen hält die angefochtene Festlegung nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Beschwerdegerichts stand.
- 82
- Die Bundesnetzagentur und das Beschwerdegericht haben sich zwar im Anschluss an die Behandlung der einzelnen Parameter, die nach der CAPMMethode von Bedeutung sind, nicht nochmals ausdrücklich mit der Frage be- fasst, ob der sich aus den einzelnen Rechenschritten ergebende Zinssatz auch im Ergebnis angemessen erscheint. Sowohl in der angefochtenen Festlegung als auch in der Beschwerdeentscheidung wird aber einleitend dargelegt, dass sich die Bemessung des Zinssatzes an den Zielen der Investitionssicherheit und der Sicherstellung der Leistungsfähigkeit des Netzbetriebs zu orientieren hat. Aus der sich daran anschließenden Erörterung der relevanten Einzelfragen und aus der Art und Weise, wie diese Fragen inhaltlich beantwortet wurden, lässt sich hinreichend deutlich entnehmen, dass die Bundesnetzagentur diese Gesichtspunkte in der gebotenen Weise gewürdigt hat und das von ihr rechnerisch ermittelte Ergebnis insgesamt für angemessen hält und dass das Beschwerdegericht bei der Überprüfung der Festlegung von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist und diese rechtsfehlerfrei angewendet hat. Konkrete tatsächliche Umstände, die dies in Zweifel ziehen könnten, sind weder festgestellt, noch werden sie von der Rechtsbeschwerde als vorgetragen aufgezeigt.
- 83
- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 EnWG.
- 84
- IV. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 50 Satz 1 GKG und § 3 ZPO.
Bacher Deichfuß
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.04.2013 - VI-3 Kart 61/08 [V] -
(1) Verteilnetzbetreiber wenden für die Allokation der Ausspeisemengen von Letztverbrauchern bis zu einer maximalen stündlichen Ausspeiseleistung von 500 Kilowattstunden pro Stunde und bis zu einer maximalen jährlichen Entnahme von 1,5 Millionen Kilowattstunden vereinfachte Methoden (Standardlastprofile) an.
(2) Die Verteilnetzbetreiber können Lastprofile auch für Letztverbraucher mit höheren maximalen Ausspeiseleistungen oder höheren jährlichen Entnahmen als die in Absatz 1 genannten Grenzwerte festlegen. Darüber hinaus können die Verteilnetzbetreiber abweichend von Absatz 1 auch niedrigere Grenzwerte festlegen, wenn bei Berücksichtigung der in Absatz 1 genannten Grenzwerte ein funktionierender Netzbetrieb technisch nicht zu gewährleisten ist oder die Festlegung niedrigerer Grenzwerte im Einzelfall mit einem Transportkunden vereinbart ist. Höhere oder niedrigere Grenzwerte kann der Verteilnetzbetreiber auch lediglich für einzelne Gruppen von Letztverbrauchern festlegen. Innerhalb einer solchen Lastprofilgruppe sind die Grenzwerte jedoch einheitlich auf alle Letztverbraucher anzuwenden. Legt der Verteilnetzbetreiber höhere oder niedrigere Grenzwerte fest, hat er dies der Regulierungsbehörde unverzüglich anzuzeigen.
(3) Standardlastprofile müssen sich am typischen Abnahmeprofil verschiedener Gruppen von Letztverbrauchern orientieren, insbesondere von:
Bei der Entwicklung und Anwendung der Standardlastprofile haben Verteilnetzbetreiber darauf zu achten, dass der Einsatz von Regelenergie möglichst reduziert wird. Die Anwendung eines Standardlastprofils für Kochgaskunden hat ab dem 1. Oktober 2011 zu erfolgen.(4) Örtliche Verteilnetzbetreiber sind verpflichtet, für jeden Lastprofilkunden des Transportkunden eine Prognose über den Jahresverbrauch festzulegen, die in der Regel auf dem Vorjahresverbrauch basiert. Die Prognose ist dem Transportkunden mitzuteilen. Dieser kann unplausiblen Prognosen widersprechen und dem örtlichen Verteilnetzbetreiber eine eigene Prognose unterbreiten. Kommt keine Einigung zustande, legt der örtliche Verteilnetzbetreiber die Prognose über den Jahresverbrauch fest. In begründeten Ausnahmefällen kann die Jahresverbrauchsprognose vom Transportkunden und dem örtlichen Gasverteilnetzbetreiber gemeinsam auch unterjährig angepasst werden.
Tenor
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Auf die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur wird der Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. August 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Beschwerdegericht den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 abgeändert hat.
-
Die Beschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2 bis 20 gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 5. Februar 2013 werden insgesamt zurückgewiesen.
-
Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, 3, 5, 7, 10 und 13 bis 20 werden zurückgewiesen.
-
Die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur werden der Antragstellerin und den Beigeladenen zu 2 bis 20 auferlegt.
-
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
-
I.
- 1
-
Die Beteiligten streiten um Rechtmäßigkeit und Auslegung der Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG.
- 2
-
Die Antragstellerin betreibt bundesweit ein 2.300 km langes Gasfernleitungsnetz. Sie ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der W. KG, die über mehrere Unternehmen in den Bereichen Erdgashandel, -vertrieb und -speicherung aktiv ist. Die Anteile an der W. KG werden zu 50,02% von der zum B. -Konzern gehörenden W. Beteiligungs-GmbH und zu 49,98% von der G. GmbH gehalten. Die G. GmbH gehört über die O. zur russischen O. .
- 3
-
Mit Bescheid vom 5. Februar 2013 zertifizierte die Bundesnetzagentur die Antragstellerin gemäß § 4a EnWG als Unabhängige Transportnetzbetreiberin. Zu diesem Zeitpunkt waren die Beigeladenen zu 2 und 3 Geschäftsführer der Antragstellerin, wobei der Beigeladene zu 2 für den Geschäftsbereich "Steuerung und Finanzen (GT)" und der Beigeladene zu 3 für den Geschäftsbereich "Netz (GN)" zuständig war. Die Beigeladenen zu 4 bis 20 gehörten der zweiten Führungsebene an und leiteten jeweils einen der Bereiche "Recht und Versicherung (GTJ)", "Einkauf (GTB)", "Controlling (GTC)", "Gasdisposition (GTD)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Finanzen und Steuern (GTF)", "Personal und Verwaltung (GTH)", "IT Management (GTI)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Regulierungsmanagement (GTR)", "Leitungsrechte und -dokumentation (GNL)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)". Nummer 3 des Tenors des Zertifizierungsbescheids enthält die Feststellung, dass die jeweilige Leitung dieser Bereiche den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. In der Begründung des Bescheids wird insoweit ausgeführt, dass lediglich die drei weiteren Fachbereiche "Kommunikation (GT/S)", "Qualitätsmanagement (GT-QM)" und "Sicherheit, Umwelt und Gesundheit (HSE)" netzfremde, nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasste Tätigkeiten ausüben würden. Ferner lehnte die Bundesnetzagentur in Nummer 6 des Bescheids den Antrag der Antragstellerin auf Nichtanwendung der Karenzzeitenregelungen für die zweite Führungsebene ab.
- 4
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Zum 1. Oktober 2013 veränderte die Antragstellerin ihre Führungsstruktur, wobei zugleich der Beigeladene zu 3 aus der Geschäftsführung ausschied. Zwischen der Geschäftsführung und der Fachbereichsebene richtete die Antragstellerin eine neue zweite Führungsebene ein, die aus drei Ressorts besteht. Das Ressort 1 "Steuerung und Finanzen" wird - neben seiner Geschäftsführertätigkeit - von dem Beigeladenen zu 2 geleitet und umfasst die Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ und GTR. Das Ressort 2 "Netz" wird von dem Beigeladenen zu 3 geleitet und aus den Fachbereichen GNA, GNL, GNM, GNO, GNT und GNW gebildet. Dem Ressort 3 "Kapazität und Entwicklung" steht ein weiterer Geschäftsführer vor; es umfasst die Fachbereiche GTB, GTD, GTE, GTI, GTK und GTM. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 teilte die Bundesnetzagentur der Antragstellerin hierzu mit, dass nach ihrer Auffassung die Leiter der den Ressorts 1 und 3 zugehörigen Fachbereiche weiterhin der zweiten Führungsebene zuzuordnen seien, weil diese Ressorts von den amtierenden Geschäftsführern geleitet würden und damit weiterhin unmittelbar der Geschäftsführung nachgeordnet seien. Dagegen sei in Bezug auf das Ressort 2 nur noch deren Leiter, der Beigeladene zu 3, als zweite Führungsebene einzustufen, während die Fachbereichsleiter des Ressorts 2 nicht mehr den Karenzzeitenregelungen unterfielen, so dass für diese nunmehr die "Abkühlungszeit" begonnen habe.
- 5
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Mit ihrer Beschwerde hat sich die Antragstellerin gegen die Feststellung in Nummer 3 des Bescheids vom 5. Februar 2013, soweit sich diese nicht auf die Fachbereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)" und "Betriebstechnik West (GNW)" bezieht, gewandt. Ferner hat sie - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Sperrzeiten für die Geschäftsführung und die Mitarbeiter der zweiten Führungsebene der Antragstellerin nicht gelten, hilfsweise, dass die Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage. Die Beigeladenen zu 4 bis 15 haben beantragt, Nummer 3 des Zertifizierungsbescheids aufzuheben, soweit sich die Feststellung zu ihren Lasten auf die nachlaufende Karenzzeit bezieht. Schließlich haben die Beigeladenen zu 2 bis 20 - unter Aufhebung von Nummer 6 des Zertifizierungsbescheids - die Feststellung begehrt, dass die Karenzregelungen für sie nicht gelten, hilfsweise, dass die nachlaufende Karenzzeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahren liegenden Zeitraum betrage.
- 6
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Das Beschwerdegericht hat den Bescheid in Nummer 3 abgeändert und festgestellt, dass - zum Zeitpunkt des Zertifizierungsbescheids und vorbehaltlich einer Einordnung der jeweiligen Fachbereichsleiterstellen als "2. Führungsebene" derzeit - die jeweilige Leitung der Bereiche "Gasdisposition (GTD)", "Kapazitätsmanagement (GTK)", "Marktgebietsmanagement (GTM)", "Betriebstechnik Ost (GNO)", "Betriebstechnik West (GNW)", "Vertragsermittlung (GTE)", "Anlagentechnik (GNA)", "Montage (GNM)", "Trassenengineering (GNT)", "IT Management (GTI)" und "Einkauf (GTB)" den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliege. Die weitergehende Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Antragstellerin, die Beigeladenen zu 2 und 3 sowie zu 5, 7, 10 und 13 bis 20 und die Bundesnetzagentur mit ihren - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerden, mit denen sie ihre jeweiligen Begehren weiterverfolgen.
-
II.
- 7
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Die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur ist begründet; sie führt - soweit die Beschwerde Erfolg gehabt hat - zur Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts und zur vollumfänglichen Zurückweisung der Beschwerde der Beschwerdeführer. Die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen sind dagegen unbegründet.
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1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
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Die Beschwerden seien teilweise begründet. Die Karenzzeitenregelungen seien allerdings verfassungsgemäß, weil sie nicht in unzulässiger Weise in Grundrechte, sei es aus dem Grundgesetz, sei es aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union abgeleitete Rechte, eingriffen. Dabei könne dahinstehen, ob die Vorschrift des § 10c EnWG - wegen der detaillierten europäischen Vorgaben - an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder am Grundgesetz zu messen sei. Die hier betroffenen Grundrechte wiesen nach deutschem und europäischem Recht weitgehend ähnliche Schutzbereiche auf, die indes nicht in unverhältnismäßiger Weise berührt würden.
- 10
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Die Karenzzeitenregelungen griffen zwar in den Schutzbereich der unternehmerischen Freiheit nach Art. 16 GRCh, der Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Netzbetreiber und die Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG der jeweiligen Leiter der zweiten Führungsebene ein. Der Eingriff sei aber gerechtfertigt. Die Regelungen seien geeignet, das Diskriminierungspotential innerhalb des Unternehmensverbunds zu vermindern. Es liege auf der Hand, dass innerhalb eines Konzerns schon aufgrund einer oft jahrelangen Zusammenarbeit in verschiedenen Positionen im Unternehmen ein relevantes Diskriminierungspotential bestehen könne. Es sei daher naheliegend, dass für das Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers als "dritte Option" einer Entflechtung besondere gesetzliche Anforderungen vorzusehen seien, um die Unabhängigkeit der Beteiligten sicherzustellen.
- 11
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Die Karenzzeitenregelungen seien zur Zielerreichung erforderlich, nachdem die Europäische Union und mit ihr der deutsche Gesetzgeber zu dem Ergebnis gekommen seien, dass die Entflechtung bis zum Jahr 2009 nicht in dem notwendigen Maße umgesetzt worden sei. Die mit den Gas- und Stromrichtlinien und deren Umsetzung in §§ 6 ff. EnWG erfolgten Änderungen seien deshalb erforderlich gewesen. Dies werde durch zahlreiche andere Vorschriften und Verbote im Energierecht, die ebenfalls das Ziel hätten, Diskriminierungen zu vermeiden, nicht in Frage gestellt. Denn durch die Sperrfristen solle präventiv verhindert werden, dass Diskriminierungen in besonders sensiblen Unternehmensbereichen überhaupt erst entstünden.
- 12
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Schließlich seien die Bestimmungen auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Durch diese Vorschriften würden zwar Führungskräfte in ihren persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt. Die Sperrfristen bezögen sich aber nur auf bestimmte Tätigkeiten im Unternehmensverbund, weshalb es den Führungskräften möglich und zumutbar sei, außerhalb des Unternehmens eine neue (Karriere-)Position zu suchen. Die Länge der Karenzzeiten von drei und vier Jahren sei nicht zu beanstanden. Der Betrieb eines Übertragungsnetzes stelle ein natürliches Monopol dar, bei dem von vornherein ein erhebliches Diskriminierungspotential bestehen könne, dessen Vermeidung von hoher gesamtwirtschaftlicher Bedeutung sei. Außerdem komme hinzu, dass die (eigentums-)rechtliche Entflechtung bei diesem "dritten" Modell nur unvollständig erfolge.
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Aus diesen Gründen sei auch ein Eingriff in die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 Satz 1 GRCh rechtmäßig, sofern die Karenzzeitenregeln als zukunftsgerichtete, gegebenenfalls die künftigen Erwerbschancen beeinträchtigende Normen überhaupt den Schutzbereich dieses Grundrechts tangierten.
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Schließlich sei auch der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 GRCh nicht verletzt. Es sei sachgerecht, lediglich die Wechselmöglichkeiten innerhalb des Unternehmensverbunds zu beschränken, weil hier das Diskriminierungspotential strukturell größer sei als bei einem Wechsel von oder nach außen. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften der beiden anderen Entflechtungsvarianten sei ebenfalls gerechtfertigt; bei dem eigentlich unvollkommenen Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers seien strenge Anforderungen an die persönliche Unabhängigkeit der Führungskräfte zu stellen. Schließlich sei auch eine Unterscheidung zwischen Führungskräften und sonstigem Personal sachgerecht, weil bei Führungskräften aufgrund ihrer Entscheidungsmöglichkeiten die erhöhte Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie relevante Informationen in diskriminierender Weise tatsächlich verwendeten.
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Die Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG erfasse nur die Leiter der zweiten Führungsebene, die für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich seien. Entgegen dem weiten Verständnis der Bundesnetzagentur schließe dies nicht die gesamte zweite Führungsebene ein. Vielmehr seien nach Wortlaut, Historie, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung nur diejenigen Fachbereichsleiter gemeint, die eine persönliche und sachliche Verantwortung für die drei relevanten Bereiche trügen. Insbesondere beziehe sich der Begriff "Betrieb" nicht auf den gesamten Netzbetrieb, weil ansonsten die weiteren Merkmale der "Wartung" und "Entwicklung" des Netzes bedeutungslos wären. Darüber hinaus werde der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG durch den Begriff "verantwortlich" weiter eingeschränkt. Nach der Gesetzesbegründung sei dieser auf die Personen zu beschränken, die erheblichen Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen und umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand hätten. Der Zweck der Vorschrift könnte zwar für eine weite Auslegung sprechen, weil dies dem Ziel der Entflechtung stärker dienen würde; eine solche Auslegung sei jedoch mit den übrigen Auslegungsgrundsätzen nicht vereinbar. Vor allem aber sei im Hinblick auf die Länge der Karenzzeiten ein enges Verständnis der Norm im Sinne einer grundrechtsschonenden Auslegung geboten.
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Nach diesen Maßgaben unterfielen außer den Leitern der Bereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Fachbereichsleiter GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG. Diese seien nach der Aufgabenbeschreibung der Antragstellerin ebenfalls im engeren Sinne für "Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes" verantwortlich. Dies gelte insbesondere auch für den Leiter GTI, der dafür verantwortlich sei, alle IT-Prozesse und damit insbesondere auch gaswirtschaftliche Prozesse zu optimieren. Der Leiter GTB sei nicht nur für die allgemeine Beschaffung von Material, sondern auch für die Beschaffung spezieller netzspezifischer Komponenten verantwortlich.
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Dagegen würden die Leiter der Abteilungen GTC, GTF, GTH, GTR, GTJ und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG nicht erfasst. Der Einfluss im Unternehmen auf finanzielle Mittel, Buchhaltung, Jahresabschluss und Personal genüge nicht, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung anzunehmen. Eine Verantwortlichkeit für die Bearbeitung von Rechtsfragen reiche dazu ebenfalls nicht aus; soweit die Rechtsabteilung Handlungsempfehlungen entwerfe und auf Haftungsrisiken hinweise, sei damit eine faktische Bindung der Geschäftsleitung nicht verbunden. Die Abteilung GNL erfülle vor allem Archivaufgaben.
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2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
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a) Das Beschwerdegericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2, zu 3, zu 5, zu 7, zu 10 und zu 13 bis 20 (das sind die Beschwerdeführer zu 3, zu 4, zu 6, zu 8, zu 11 und zu 14 bis 21; im Folgenden: die Beigeladenen) bleiben ohne Erfolg.
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aa) Es spricht einiges dafür, dass die Vorschriften an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu messen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union finden die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen Anwendung (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - C-617/10, NJW 2013, 1415 Rn. 19 mwN - Åkerberg Fransson; Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12, EuZW 2014, 597 Rn. 33 - Pfleger ua). Dies betrifft zum einen Fälle, in denen Mitgliedstaaten das Gemeinschaftsrecht, vor allem Verordnungen und Richtlinien, umsetzen oder durch allgemeine Rechtsakte oder Einzelakte durchführen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - 5/88, Slg. 1989, 2609 Rn. 17 ff. - Wachauf), und zum anderen Fälle, in denen Mitgliedstaaten Grundfreiheiten auf Grund geschriebener oder ungeschriebener Schrankenvorbehalte im Gemeinschaftsrecht durch nationales Recht einschränken (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - C-260/89, Slg. 1991, I-2925 Rn. 41 ff. - ERT). Hier dürfte die erste Fallgruppe einschlägig sein. Nach der Gesetzesbegründung zu § 10c EnWG dient die Vorschrift der Umsetzung von Art. 19 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (im Folgenden: Stromrichtlinie oder StromRL) und von Art. 19 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (im Folgenden: Gasrichtlinie oder GasRL). Dabei wird in den Materialien betont, dass die Richtlinie "keinen Gestaltungsspielraum zulässt" (BT-Drucks. 17/6072, S. 63 zu § 10c Abs. 2) oder "ein Gestaltungsspielraum für den deutschen Gesetzgeber (nicht) erkennbar" sei (BT-Drucks. 17/6072, S. 64 zu § 10c Abs. 5). Infolgedessen entsprechen § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG nahezu wortgleich Art. 19 Abs. 8 Satz 3, Abs. 3 und 7 GasRL.
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Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes. Danach kommen die Unionsgrundrechte jedenfalls dann zur Anwendung, wenn - wie hier anzunehmen - keine Umsetzungsspielräume verbleiben oder es um eine Systementscheidung geht (vgl. BVerfGE 118, 79, 95 ff. mwN).
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(1) Entgegen den Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen verstoßen Art. 19 der Richtlinien und ihre Umsetzung in § 10c EnWG nicht gegen die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht nach Art. 15 bis 17 der Charta. Zwar ist deren Schutzbereich berührt oder kann - insbesondere im Hinblick auf das Eigentumsrecht - als berührt unterstellt werden. Nach der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofes können aber weder das Eigentumsrecht noch die freie Berufsausübung oder die unternehmerische Freiheit uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern müssen im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden (vgl. nur EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1994 - C-306/93, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt).
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Nach dieser Rechtsprechung, die nunmehr in Art. 52 Abs. 1 der Charta normiert worden ist, können folglich die Ausübung des Eigentumsrechts und der unternehmerischen Freiheit sowie die freie Berufsausübung Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Nach Art. 52 Abs. 1 der Charta muss eine solche Einschränkung, damit sie zulässig ist, ferner gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Freiheiten und Rechte achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf sie außerdem nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich ist und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht (vgl. EuGH, EuZW 2014, 597 Rn. 58 - Pfleger ua). Dabei kommt den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich ein weiter Ermessens- und Prognosespielraum zu, dessen Weite der Unionsgerichtshof insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme kann nur dann beeinträchtigt sein, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. EuGH aaO).
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(2) Nach diesen Maßgaben ist der mit § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG verbundene Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts nach Art. 52 Abs. 1 der Charta gerechtfertigt.
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(a) Die Karenzzeitenregelungen sind Bestandteil des sogenannten ITO-Modells als einer der drei Entflechtungsoptionen des 3. EU-Liberalisierungspakets zur Vollendung des Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkts. Während die Kommission in ihren Richtlinien-Vorschlägen vom 19. September 2007 (KOM(2007) 528 endg. und KOM(2007) 529 endg.) in Bezug auf die Transportnetzbetreiber für die Einführung der eigentumsrechtlichen Entflechtung ("Ownership Unbundling", OU) - also den Zwangsverkauf der Netze - votiert und das Modell des Unabhängigen Systembetreibers ("Independent System Operator", ISO) nur als zweitbeste Alternative angesehen hatte, hat als dritte Alternative das Modell eines Unabhängigen Transportnetzbetreibers ("Independent Transmission Operator", ITO) erst auf Initiative von acht Mitgliedstaaten unter Führung von Frankreich und Deutschland Eingang in die Richtlinien gefunden (vgl. dazu Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82 ff.; Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 111 f.). Hintergrund für die Überlegungen der Kommission zur Erforderlichkeit einer Entflechtung der Transportnetzbetreiber war der Befund, dass der durch die bisherigen Vorschriften und Maßnahmen vorgegebene Rahmen nicht ausgereicht hat, um das Ziel eines gut funktionierenden Binnenmarkts zu verwirklichen (Erwägungsgründe 5 und 7 GasRL, Erwägungsgründe 7 und 10 StromRL). Dazu hat sie insbesondere auf ihre Mitteilung "Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren gemäß Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (Abschlussbericht)" vom 10. Januar 2007 verwiesen. Diese Untersuchung hat ergeben, dass durch die vertikale Integration der Versorgungs- und Netztätigkeiten ein systemimmanenter Interessenkonflikt besteht, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat (S. 13 der Mitteilung). Um diesen Interessenkonflikt aufzulösen und um Verzerrungen bei den Anreizen für Eigentümer und/oder Netzbetreiber durch die Interessen der verbundenen Versorgungsunternehmen zu vermeiden, hat es die Kommission für notwendig erachtet, die bisherige - unzureichende - Entflechtung weiter voranzutreiben, wobei sie die eigentumsrechtliche Entflechtung als wirksamstes Mittel angesehen hat (aaO; Erwägungsgrund 8 GasRL, Erwägungsgrund 11 StromRL). Die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmodelle sollen daher vor allem dem Zweck dienen, bei vertikal integrierten Unternehmen die Gefahr einer Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts zu vermeiden und Anreize zu schaffen, ausreichend in die Netze zu investieren (Erwägungsgrund 6 GasRL, Erwägungsgrund 9 StromRL).
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(b) Vor diesem Hintergrund begegnen die Karenzzeitenregelungen keinen grundrechtlichen Bedenken.
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(aa) Sie sind zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich. Die Vorschriften dienen der Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs, der besseren Durchsetzung einer diskriminierungsfreien Tarifgestaltung, der Verhütung von Quersubventionierungen durch missbräuchlich überhöhte Netzentgelte, der Verhinderung einer Weitergabe vertraulicher Informationen im Konzern und der Unterbindung wettbewerbshemmender Investitionsentscheidungen gerade auch mit Blick auf den grenzüberschreitenden Handel im Binnenmarkt (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 49, BT-Drucks. 16/7087, S. 161; Mohr, N&R 2015, 45, 47). Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.
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Insbesondere im Hinblick auf die - in § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG ausdrücklich normierten - Entflechtungsziele eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs ist es erforderlich, die Karenzzeitenregelungen nicht nur auf die Geschäftsleitung, sondern auch auf die leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene zu erstrecken. Auch diese können wichtige Tätigkeiten im Hinblick auf einen diskriminierungsfreien Netzbetrieb ausüben, weil sie insoweit - anders als ein Sachbearbeiter - über einen hinreichend großen Überblick über die Netztätigkeit ihres Arbeitgebers und eine entsprechende Verantwortung verfügen. Die Gefahr einer Beförderung der Interessen des Energieversorgungsunternehmens besteht dabei nicht nur bei den Führungskräften der rein technisch-netzbezogenen Fachabteilungen, sondern auch bei denjenigen, die einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen ausüben.
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(bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen steht der Erforderlichkeit der Karenzzeitenregelungen nicht entgegen, dass diese durch die übrigen Maßnahmen zur Gewährleistung von Transparenz und diskriminierungsfreier Ausgestaltung und Abwicklung des Netzbetriebs und damit zur Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Gas und Strom entbehrlich sind.
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Das ITO-Modell als dritte Möglichkeit einer Entflechtung umfasst zwar insgesamt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur Erreichung der genannten Ziele. Dazu gehören neben den besonderen Entflechtungsvorgaben für Transportnetzbetreiber nach §§ 8 ff. EnWG die Zertifizierungspflicht nach § 4a EnWG, die Vorschriften über die Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und die Verpflichtung zur diskriminierungsfreien Verwendung dieser Informationen nach § 6a EnWG, die Verpflichtungen zur diskriminierungsfreien Gewährung von Netzanschluss (§ 17 EnWG) und Netzzugang (§ 20 EnWG) sowie die Vorschriften über - angemessene, diskriminierungsfreie und transparente - Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang (§ 21 EnWG). Diese Maßnahmen werden flankiert durch die Bestellung eines Gleichbehandlungsbeauftragten beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber (§ 10e Abs. 2 EnWG), die staatliche Entgeltregulierung (§ 21a EnWG), ein ausdrückliches Missbrauchs- und Diskriminierungsverbot nebst entsprechenden Missbrauchsverfahren (§§ 30, 31 EnWG) und umfangreiche behördliche Eingriffsbefugnisse (§ 65 EnWG).
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Dessen ungeachtet haben aber der europäische Richtliniengeber wie auch der nationale Gesetzgeber den Karenzzeitenregelungen eine besondere Bedeutung für die Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers beigemessen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL, BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Insoweit ist es konsequent, dass die Verpflichtung zur Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen und zu ihrer diskriminierungsfreien Verwendung nicht nur den Unabhängigen Transportnetzbetreiber und das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen selbst trifft, sondern - um die Effektivität des ITO-Modells zu gewährleisten - auch auf die Führungskräfte erstreckt wird. Denn gerade den Karriere- und Wechselmöglichkeiten innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wohnt ein nicht unerhebliches Diskriminierungspotential inne. Da eine natürliche Person ihr vorhandenes Wissen schlechterdings nicht "verschließen" kann, kann der Gefahr einer Diskriminierung durch einen Wissenstransfer nur durch nachlaufende Karenzzeiten begegnet werden. Entsprechendes gilt für die vorlaufenden Karenzzeiten im Hinblick auf die Gefahr einer Bevorzugung des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens und einer Ausrichtung der zu fällenden unternehmerischen Entscheidungen an dessen Interessen.
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(cc) Die sektorspezifischen Tätigkeitsverbote sind schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse der Union und ihrer Mitgliedstaaten an einem funktionierenden, wettbewerblichen Energiemarkt, der ein hohes Rechtsgut verkörpert. Die Sperrfristenregeln gelten nur innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens. Sie schließen eine Tätigkeit bei einem anderen Netzbetreiber oder auch in einem netzfremden Tochterunternehmen innerhalb des (vertikal integrierten) Unternehmensverbunds, wenn es sich etwa um ein Mehrspartenunternehmen handelt, nicht aus. Die verbleibenden Nachteile der Führungskräfte bei ihrem beruflichen Fortkommen innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens und die Erschwerungen bei der Personal- und Nachwuchsplanung des Unternehmens treten dagegen hinter die mit den Karenzzeitenregelungen verbundenen Ziele zurück.
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Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die in der Gas- und Stromrichtlinie vorgesehenen Entflechtungsmaßnahmen die Reaktion des europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgebers auf eine bis dahin von der Kommission als unzureichend festgestellte Entflechtung der Transportnetzbetreiber mit der damit verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und fehlender Anreize zur Investition in das Netz darstellten. Gegen diese Einschätzung ist aufgrund des dem Richtliniengebers zukommenden weiten Ermessens- und Prognosespielraums nichts zu erinnern; hiergegen bringt auch die Rechtsbeschwerde nichts vor. Das Modell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers ist zudem - im Vergleich zu den beiden anderen Modellen - für das vertikal integrierte Unternehmen mit den geringsten Eingriffen verbunden. Für die Geschäftsleitung und die Führungskräfte der zweiten Führungsebene stellt sich die Rechtslage nicht schlechter dar als bei dem Modell einer eigentumsrechtlichen Entflechtung.
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Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ist auch die Länge der Karenzzeitenregelungen nicht zu beanstanden. Auch insoweit kommt dem europäischen Richtlinien- und nationalen Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der nationale Gesetzgeber ist in § 10c Abs. 5 EnWG über die in Art. 19 Abs. 7 GasRL vorgesehen Mindestfrist von vier Jahren nicht hinausgegangen. Die Dauer der Fristen von drei bzw. vier Jahren begegnet keinen Bedenken. Sie sind geeignet und erforderlich, das erhebliche Diskriminierungspotential im Rahmen des Netzbetriebs zu minimieren. Vor diesem Hintergrund gehen die Hinweise der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen auf die Regelung für Handelsvertreter nach §§ 74 ff. HGB, die nur ein zweijähriges Tätigkeitsverbot und zudem nur gegen eine Karenzentschädigung zulassen (vgl. dazu BVerfGE 81, 242, 252 ff.), oder auf die aktienrechtliche Vorschrift des § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG für den Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat ins Leere. Diese Regelungen betreffen (lediglich) den bilateralen Interessenkonflikt zwischen Prinzipal und Agent bzw. die - ebenfalls wichtige - Frage einer guten Unternehmensführung ("Corporate Governance"); sie dienen indes nicht dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und einem wirksamen Wettbewerb auf dem Erdgas- und Elektrizitätsbinnenmarkt. Im Hinblick darauf sprechen diese - wenn überhaupt - sogar eher dafür, dass die Karenzzeitenregelungen deutlich über diejenigen nach §§ 74 ff. HGB bzw. § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG hinausgehen dürfen.
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bb) Soweit sich die Rechtsbeschwerdeführer auf eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG berufen, ergibt sich nichts anderes. Deren Schutzbereich stimmt mit demjenigen der Art. 15 bis 17 der Charta überein und kann hier ebenfalls als berührt angesehen werden. Der Eingriff ist indes aus den vorstehenden Gründen gerechtfertigt.
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Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf das Grundrecht auf freie Berufsausübung der Beigeladenen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Freiheit der Berufswahl der Beigeladenen - hier in der Form des Berufswechsels - betroffen oder lediglich ein Eingriff in ihre Freiheit der Berufsausübung gegeben ist, weil eine - zeitlich verzögerte oder praktisch verhinderte - Beförderung auf eine andere Position innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens nicht als eigenständiger Beruf anzusehen wäre. Selbst dann, wenn hier die strengeren Maßstäbe, die an eine Zulassungsbeschränkung bei der Wahl eines Zweitberufs zu stellen sind (vgl. dazu BVerfGE 21, 173, 181; 22, 275, 276), Anwendung finden sollten, begegnen die Karenzzeitenregelungen des § 10c EnWG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
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Regelungen, die die Aufnahme der Berufstätigkeit von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig machen, sind nur gerechtfertigt, soweit sie zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich sind, d.h. soweit der Schutz von Gütern in Frage steht, denen bei sorgfältiger Abwägung der Vorrang vor dem Freiheitsanspruch des einzelnen eingeräumt werden muss, und soweit dieser Schutz nicht auf andere Weise, nämlich mit Mitteln, die die Berufswahl nicht oder weniger einschränken, gesichert werden kann (vgl. nur BVerfGE 7, 377, 406 f.; 55, 185, 196). Dies ist hier der Fall.
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Die Karenzzeitenregelungen dienen dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einem diskriminierungsfreien Netzbetrieb und der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen. Dahinter müssen die Interessen der Betroffenen an einem in zeitlicher Hinsicht unbeschränkten beruflichen Fortkommen zurückstehen, zumal es ihnen unbenommen bleibt, eine solche Position außerhalb des vertikal integrierten Unternehmens oder - bei einem Mehrspartenunternehmen - auch innerhalb des vertikal integrierten Unternehmens zu erlangen.
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Es ist auch nicht erkennbar, dass die Karenzzeitenregelungen im Hinblick auf Anwendungsbereich und Dauer durch ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel ersetzt werden könnten. Die Sperrfristen sollen die Unabhängigkeit des Transportnetzbetreibers auf personeller Ebene gewährleisten, indem ein "Wissenstransfer" innerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens unterbunden wird. Dazu bedarf es einer gewissen Anzahl von Jahren. Die Dauer der Karenzzeiten von drei und vier Jahren ist nicht unverhältnismäßig lang; sie liegt unterhalb der Dauer einer Regulierungsperiode von fünf Jahren (§ 3 Abs. 2 ARegV). Zur Vermeidung des für den Wettbewerb besonders gefährlichen "Wissenstransfers" aus dem Transportnetzbetreiber heraus ist es auch gerechtfertigt, dass die Karenzzeit für ausscheidende Führungskräfte vier Jahre (§ 10 Abs. 5 EnWG) und für eintretende Führungskräfte (nur) drei Jahre beträgt (§ 10 Abs. 2 Satz 1 EnWG).
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cc) Schließlich ist auch der Gleichheitssatz aus Art. 20 der Charta oder Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt.
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Im Hinblick darauf, dass die Kommission in ihrer Untersuchung der europäischen Gas- und Elektrizitätssektoren bei vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen einen systemimmanenten Interessenkonflikt festgestellt hat, der zu einem Mangel an Investitionen und zu Diskriminierung geführt hat, ist es sachgerecht, die Karenzzeitenregelungen auf berufliche Wechsel innerhalb des Unternehmensverbunds, aber nicht zu Drittunternehmen zu beschränken. Eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften von Unternehmen, die sich einer der beiden anderen Entflechtungsvarianten unterworfen haben, wäre ebenfalls gerechtfertigt, weil mit den Sperrfristen die - nach der Einschätzung des Richtliniengebers - für die Zielerreichung an sich unvollkommenen Maßnahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers aufgewogen werden sollen, um die Effektivität dieses Modells sicherzustellen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Davon abgesehen enthalten auch die beiden anderen Entflechtungsvarianten mit § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 2 Satz 1 EnWG Vorschriften, die die persönliche Unabhängigkeit der handelnden Führungspersonen gewährleisten sollen. Die unterschiedliche Behandlung von Geschäftsleitern und Führungskräften der zweiten Führungsebene einerseits und den übrigen Mitarbeitern des Transportnetzbetreibers andererseits ist bereits mangels vergleichbaren Kenntnisstands und mangels vergleichbarer Einflussmöglichkeiten auf die Entscheidungen des Unternehmens sachgerecht. Schließlich ist es auch sachgerecht, dass die Karenzzeitenregelungen uneingeschränkt nur für Transportnetzbetreiber gelten; dies beruht darauf, dass nach der Einschätzung des europäischen Richtliniengebers das Diskriminierungspotential vor allem auf der Ebene der Fernleitungsnetze und weniger auf der Verteilerebene besteht (vgl. Erwägungsgrund 25 GasRL, Erwägungsgrund 26 StromRL).
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b) Das Beschwerdegericht hat auch den sachlichen Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG im Grundsatz zutreffend bestimmt. Danach werden von dieser Vorschrift nicht nur die Leiter derjenigen Abteilungen erfasst, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte der zweiten Führungsebene, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und die unternehmerischen Entscheidungen der obersten Unternehmensleitung maßgeblich beeinflussen können.
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aa) Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur ist § 10c Abs. 6 EnWG nicht dahin auszulegen, dass im Zweifel alle leitenden Mitarbeiter der zweiten Führungsebene erfasst sind, sofern der Netzbetreiber nichts Anderweitiges nachweist. Eine solche Zweifelsregelung widerspricht dem Charakter dieser Vorschrift als - grundrechtsrelevanter - Eingriffsnorm, die nur bei Vorliegen der in ihr positiv umschriebenen Tatbestandsmerkmale anwendbar ist.
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Insoweit hat der Netzbetreiber allerdings im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten nach § 69 EnWG unter anderem das Organisationsschema und eine detaillierte Arbeitsplatzbeschreibung der fraglichen Führungsstellen vorzulegen. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit kann die Regulierungsbehörde von den Ermittlungsmaßnahmen nach § 68 EnWG Gebrauch machen.
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bb) Ebenfalls richtig ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass unter dem Begriff "Betrieb" nicht der (gesamte) Netzbetrieb an sich zu verstehen ist, weil ansonsten die weiteren Tatbestandsmerkmale der Wartung und Entwicklung des Netzes ohne eigenständige Bedeutung wären. Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm ist ihr Wortlaut. Hätte der Gesetzgeber in § 10c Abs. 6 EnWG alle Leiter der zweiten Führungsebene erfassen wollen, hätte es genügt, das Eingreifen der Vorschrift lediglich davon abhängig zu machen, dass die betreffenden Mitarbeiter "unmittelbar" der obersten Führungsebene unterstellt sind. Der Dreiklang aus Betrieb, Wartung und Entwicklung spricht dafür, dass (nur) diejenigen Bereichsleiter erfasst werden, die aufgrund des Aufgabenzuschnitts ihrer Fachbereiche oder Abteilungen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen zu den technischen Eigenschaften des Transportnetzes, seinem Zustand und seiner Fortentwicklung haben und dazu umfangreiche diskriminierungsrelevante Kenntnisse darüber haben müssen.
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Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen dürfen diese Tatbestandsvoraussetzungen nicht dahin verengt werden, dass nur die Fachbereiche erfasst werden, die rein technische, netzbezogene Aufgaben zu erfüllen haben. § 10c Abs. 6 EnWG nimmt zwar mit den Begriffen des Betriebs, der Wartung und der Entwicklung des Netzes auf die in Art. 17 Abs. 2 Buchst. e StromRL/GasRL genannten Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers Bezug, ohne aber den Anwendungsbereich darauf einzuschränken. Insoweit hat die Aufzählung in Art. 17 Abs. 2 StromRL/GasRL keine abgrenzende, sondern lediglich eine konkretisierende Funktion. Auch bei den übrigen in dieser Regelung genannten Bereichen handelt es sich um Kernaufgaben des Transportnetzbetreibers, wie etwa bei der Investitionsplanung und der Netzplanungskompetenz (vgl. Monopolkommission, Sondergutachten Nr. 59, BT-Drucks. 17/7181, S. 112), aber auch bei anderen unternehmensspezifischen Einrichtungen, wie unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Diensten. Dies zeigt sich vor allem daran, dass für sie aufgrund ihrer Bedeutung für den Netzbetrieb und des Umfangs der gespeicherten unternehmensinternen, wirtschaftlich sensiblen Daten noch weitere Entflechtungsmaßnahmen vorgesehen sind (vgl. nur Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL, § 10c Abs. 5 EnWG für IT-Abteilung, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL, § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG für Rechnungswesen).
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Dieses Verständnis wird durch Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL belegt, wonach die der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellten Personen mit dem Betrieb, der Wartung oder der Entwicklung des Netzes "befasst" sein müssen. Es genügt eine für die Aufgabenerfüllung der entsprechenden Fachabteilung notwendige Kenntnis der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, verbunden mit einer maßgeblichen Einflussmöglichkeit auf die Entscheidungen der Unternehmensführung, ohne dass damit zugleich verlangt wird, dass der Fachbereich die technischen Aufgaben selbst ausführt. Soweit in den Materialien zu § 10c Abs. 6 EnWG als Beispiel für die betroffenen Personen der zweiten Führungsebene der Hauptbereichsleiter Netz genannt wird (BT-Drucks. 17/6072, S. 64), ist dies zwar zutreffend, vermag aber im Hinblick auf den (weiten) Wortlaut dieser Norm wie auch des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL keinen engeren Anwendungsbereich zu begründen.
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Insoweit ist im Rahmen der systematischen Auslegung zu berücksichtigen, dass alle drei Entflechtungsmodelle die bestehenden Interessenkonflikte zwischen Erzeugern, Lieferanten und Fernleitungsnetzbetreibern wirksam, d.h. (gleich) effektiv beseitigen wollen (vgl. Erwägungsgrund 9 GasRL, Erwägungsgrund 12 StromRL). Die Entflechtungsmodelle sollen lediglich auf unterschiedlichen konstruktiven Wegen eine effektive Trennung der Sparten Erzeugung/Versorgung und der Transportnetze bewirken. Aufgrund der fehlenden eigentumsrechtlichen Entflechtung muss die Effektivität des ITO-Modells durch besondere zusätzliche Vorschriften sichergestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Dies erfordert die Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierechancen derjenigen Führungskräfte, die umfangreiche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand haben müssen und erheblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen in Bezug auf Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes haben. Dazu gehören neben der Geschäftsleitung jedenfalls auch die Leiter der zweiten Führungsebene, soweit sie für Kerntätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zuständig sind.
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Entgegen der Auffassung der Antragstellerin spricht die Vorschrift des § 10d Abs. 3 EnWG nicht für eine engere Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG. Nach dieser Vorschrift sind die Karenzzeitenregelungen nur für weniger als die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrates anwendbar. Daraus lässt sich indes wegen des unterschiedlichen Regelungszwecks für eine Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG nichts gewinnen. Die Vorschriften der §§ 10c, 10d EnWG unterscheiden zwar zwischen dem Aufsichtsrat, der Unternehmensleitung, der zweiten Führungsebene und den übrigen Mitarbeitern des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Diese Regelungen sind aber nicht allein mit einer verhältnismäßigen Abstufung der Entflechtungsintensität zu erklären, sondern tragen dem komplexen Interessengeflecht zwischen dem Unternehmensverbund und der rechtlichen sowie faktischen Unabhängigkeit des Netzbetriebs Rechnung. Dabei hat der Aufsichtsrat eine Sonderstellung, weil er nicht nur Kontrollorgan der Geschäftsleitung ist, sondern über ihn die Anteilseigner - d.h. die Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens - ihre eigenen Unternehmensinteressen einfließen lassen dürfen. Demgegenüber müssen sich die Vorgaben für die personelle Unabhängigkeit des für das operative Tagesgeschäft zuständigen Managements des Unabhängigen Transportnetzbetreibers allein an den Entflechtungszielen eines transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetriebs orientieren. Aufgrund dessen können die in § 10d Abs. 3 EnWG geschützten Anteilseignerinteressen für die Interpretation des § 10c Abs. 6 EnWG nicht maßgeblich sein (vgl. Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.).
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cc) Die Materialien bestätigen dieses Auslegungsergebnis. Danach sollen die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dies wird dahingehend näher präzisiert, dass "dieser Personenkreis ... ebenfalls erheblichen Einfluss und umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes" hat (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Das entspricht der in den Gesetzesmaterialien in Bezug genommenen Vorstellung des europäischen Richtliniengebers, wonach eine wirksame Entflechtung mittels der Vorschriften für die unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber vor allem auf den Pfeiler der Maßnahmen zur Organisation und Verwaltung der Fernleitungsnetzbetreiber gestützt werden soll (Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Nach diesen Erwägungsgründen soll die Unabhängigkeit des Fernleitungsbetreibers insbesondere durch die Karenzzeiten sichergestellt werden, in denen in dem vertikal integrierten Unternehmen keine Leitungsfunktion ausgeübt wird oder keine sonstige wichtige Funktion wahrgenommen wird, die Zugang zu den gleichen Informationen wie eine leitende Position eröffnen. Dies bedeutet, dass es für die Anwendbarkeit des § 10c Abs. 6 EnWG nicht darauf ankommt, ob die betreffende Führungskraft eine netzbezogene, technische Abteilung leitet, sondern vor allem darauf, ob sie - innerhalb der zweiten Führungsebene - umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes haben muss und erheblichen Einfluss auf die netzbezogenen Entscheidungen der Geschäftsleitung hat.
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dd) Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck des § 10c EnWG für dieses Normverständnis.
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Die Vorschrift regelt die personelle Trennung der Unternehmensleitung und der weiteren Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers von der Muttergesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, deren Tochtergesellschaften und Mehrheitsanteilseignern, um damit deren berufliche Unabhängigkeit zu gewährleisten (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Durch die Sicherung der beruflichen Handlungsunabhängigkeit der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers sollen in Ergänzung zur formalen personellen Entflechtung Anreize unterbunden werden, zur Verbesserung der persönlichen Karrierechancen oder der persönlichen Vergütung Marktaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegenüber dessen Wettbewerbern zu bevorzugen (BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 1). Es soll der mit der von der Kommission als unzureichend festgestellten Entflechtung der Transportnetzbetreiber verbundenen Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnet werden. Aufgrund der Einbindung des Transportnetzbetreibers in den Verbund eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist zu besorgen, dass der Netzbetreiber seine Tätigkeit nicht auf eine möglichst effiziente Bereitstellung der Netzdienste im Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG ausrichtet, sondern auf eine Beförderung der Interessen der Wettbewerbsbereiche des Energieversorgungsunternehmens (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 [zu § 9a AEG]; Mohr, N&R 2015, 45, 46). Dies kann sich in offenen Netzzugangsdiskriminierungen zeigen, aber auch mittelbar in Form überhöhter Netzentgelte zur Quersubventionierung der Wettbewerbsbereiche und einem am Konzerninteresse ausgerichteten Ausbau der Netze.
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Diese Zielsetzung wird nicht nur durch eine bloß formale personelle Entflechtung der Führungskräfte des Unabhängigen Transportnetzbetreibers und des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens erreicht, sondern bedarf auch einer Durchtrennung unerwünschter Wissens- und Informationsschnittstellen und sogenannter weicher Faktoren wie der bewussten oder unbewussten Verbesserung der persönlichen Karrierewünsche der einzelnen Führungskräfte. Nur dann bestehen wirksame Anreize für das mit dem Netzbetrieb und allen damit zusammenhängenden Kerntätigkeiten betraute Personal des Unabhängigen Transportnetzbetreibers, damit dieses aus eigenem Antrieb einen transparenten und diskriminierungsfreien Netzbetrieb sicherstellt (Mohr, N&R 2015, 45, 46).
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§ 10c Abs. 6 EnWG soll die Gefahr der Diskriminierung in der Ausübung des Netzgeschäfts und der Gefahr fehlender Anreize zur Investition in das Netz begegnen. Im Verfahren der Entscheidungsfindung zielt die Vorschrift damit nicht nur auf deren abschließende Phase - das "Treffen" der Entscheidung - und auch nicht nur auf das die Entscheidung "treffende" Personal, sondern nimmt auch weitere Phasen der Entscheidungsvorbereitung und die insofern damit befassten Personen in den Blick. Erfasst werden damit unter anderem alle Vorbereitungshandlungen, mit denen sachlich auf die zu treffende Entscheidung Einfluss genommen wird oder Einfluss genommen werden kann (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 38 zu § 9a AEG). Auch insoweit besteht die naheliegende Gefahr, dass die mit diesen Entscheidungen befasste Person den Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens im Zweifel den Vorzug gibt, schon weil sie dort ihre bisherige berufliche Laufbahn zurückgelegt hat - beruflich "groß geworden" ist - und ihre künftige Laufbahn nicht in Frage stellen will (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 44 zu § 9a AEG).
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Aufgrund dessen ist es zur Zielerreichung folgerichtig, wenn von § 10c Abs. 6 EnWG nicht nur die Führungskräfte derjenigen Abteilungen erfasst werden, die sich lediglich in technischer Hinsicht mit Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes befassen, sondern auch die Führungskräfte, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes verfügen und innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung des Transportnetzbetreibers ausüben.
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ee) Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG wird durch das weitere Tatbestandsmerkmal der Verantwortlichkeit lediglich in persönlicher Hinsicht, nicht in sachlicher Hinsicht eingeschränkt.
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Nach den Materialien sollen mit diesem Kriterium die Führungskräfte erfasst werden, "die zwar nicht der Unternehmensleitung angehören, also keine Vertretungsbefugnis für den Unabhängigen Transportnetzbetreiber haben, aber eine sonst vergleichbare Stellung" (BT-Drucks. 17/6072, S. 64). Dabei handelt es sich jedenfalls um die Leiter der jeweiligen Fachabteilung, während zweifelhaft ist, ob auch ihre Stellvertreter, die durchaus über denselben Kenntnisstand bezüglich der technischen Eigenschaften des Transportnetzes verfügen können, erfasst werden.
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Ob nach dem Wortlaut des Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL der von dieser Norm betroffene Personenkreis weiter gezogen werden könnte, bedarf keiner Entscheidung. Die jeweiligen Fachbereichsleiter werden augenscheinlich erfasst. Dies zeigt auch ein Blick in die englische und französische Fassung der Richtlinien. Die Formulierungen "... to those directly reporting to them on matters related to the operation, maintenance or development of the network" bzw. "... celles qui leur rendent directement compte à propos de questions liées à l’exploitation, à la maintenance ou au développement du réseau" legen nahe, dass zumindest die der Geschäftsleitung unmittelbar nachgeordneten Bereichsleiter von Art. 19 Abs. 8 StromRL/GasRL erfasst sein sollen, weil diese eine unmittelbare und umfassende Berichtspflicht gegenüber der Geschäftsleitung haben.
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Der persönliche Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist damit im Hinblick auf die Führungskräfte der zweiten Führungsebene dahin eindeutig bestimmt, dass jedenfalls die jeweiligen Fachbereichsleiter von der Vorschrift erfasst werden. Der von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen gerügte Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz liegt nicht vor.
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ff) Schließlich bedarf es zur Frage des Kenntnisstands des jeweiligen Fachbereichsleiters keiner konkreten Feststellungen des Tatrichters im Einzelfall. Vielmehr stellen Gesetz und Richtlinien insoweit auf eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung innerhalb des Organisationsschemas des Transportnetzbetreibers ab. Die Karenzzeitenregelungen sollen die Effektivität des ITO-Modells sicherstellen und die im Hinblick auf die Ziele der Entflechtung bestehenden Schwächen dieses Modells insbesondere im Vergleich zu dem Modell der eigentumsrechtlichen Entflechtung ausgleichen (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Aufgrund dessen ist allein maßgeblich, welchen Aufgabenbereich der betreffende Leiter der zweiten Führungsebene hat und welche Kenntnisse über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands er zur Erfüllung seiner Aufgaben üblicherweise besitzen muss.
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gg) Dieses Auslegungsergebnis entspricht den oben dargestellten grundrechtlichen Vorgaben der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und des Grundgesetzes und bedarf im Hinblick darauf keiner Korrektur im Sinne einer unionsrechts- oder verfassungskonformen Auslegung. Der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ist in persönlicher Hinsicht durch die Beschränkung auf die Leiter der zweiten Führungsebene und in sachlicher Hinsicht durch die Merkmale des maßgeblichen Einflusses auf die netzbezogenen unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung und der umfangreichen Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Netzes und seines Zustands hinreichend bestimmt. Im Hinblick auf die mit den Karenzzeiten verbundene Zielsetzung der Sicherstellung der Effektivität des ITO-Modells, um für einen gerechten Wettbewerb, hinreichende Investitionen, den Zugang neuer Marktteilnehmer und die Integration der Strom- und Erdgasmärkte zu sorgen, sind die Karenzzeiten geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.
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c) Nach diesen Maßgaben werden für den - hier maßgeblichen - Zeitpunkt der angefochtenen Zertifizierungsentscheidung neben den Leitern der Fachbereiche GTD, GTK, GTM, GNO und GNW auch die Leiter der Fachbereiche GTE, GNA, GNM, GNT, GTI und GTB sowie - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - auch diejenigen der Fachbereiche GTC, GTF, GTH, GTJ, GTR und GNL von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst. Insoweit hat die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur Erfolg, während die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen unbegründet sind. Im Einzelnen:
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aa) Der Fachbereich "Vertragsenergieermittlung (GTE)" ist nach den unangefochten gebliebenen Feststellungen des Beschwerdegerichts für die technische Gasmessung und Gasabrechnung, die Gasbeschaffenheit und die Messanlagen, wie etwa Nacheichungen zuständig. Dazu gehört nach dem Vorbingen der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen auch die Konzeption der Messverfahren sowie die Aufbereitung und Übermittlung abrechnungsrelevanter Messdaten. Die darauf fußende Annahme des Beschwerdegerichts, der Leiter der Abteilung GTE unterfalle § 10c Abs. 6 EnWG, ist nicht zu beanstanden.
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Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen bleiben ohne Erfolg. Aufgrund der Aufgabenbeschreibung ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Fachbereichsleiter GTE über umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands verfügen muss und auch die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung im Bereich des Messwesens maßgeblich beeinflussen kann. Das Messwesen ist ein wichtiger Teil des Netzbetriebs, was bereits die detaillierten Rahmenregelungen der §§ 21b bis 21i EnWG zeigen. Messstellenbetrieb und Messung sind wichtige Hilfsdienste für die Gewährung von Netzzugang und Energielieferung, indem die gewonnenen Messdaten die Grundlage für eine Vielzahl von Abrechnungsbeziehungen im Strom- und Gassektor bilden. Die Bestimmungen zum Messwesen zielen zum einen auf eine Marktöffnung im Bereich des Zähler- und Messwesens und zum anderen auf einen effizienteren Umgang mit Energie. Damit sollen zugleich die allgemeinen Ziele des Energiewirtschaftsgesetzes wie der Versorgungs- und Preissicherheit oder des Klimaschutzes erreicht werden. Die Ausgestaltung und Konzeption des Messwesens stellt sich damit als eine komplexe Aufgabe dar, die einen umfangreichen Wissensstand über die technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seinen Zustand voraussetzt. Zugleich besteht damit insoweit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.
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Aufgrund dessen ist es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde unerheblich, dass der Fachbereich GTE keine Entscheidungen über die Steuerung des Netzes und die Verfügbarkeiten von Kapazitäten trifft. Ebenso ist es ohne Belang, dass der Fachbereich GTE Dienstleistungen auch für andere Fachbereiche erbringt. Soweit die Rechtsbeschwerde Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GTE vermisst, bedarf es solcher im Einzelfall nicht, weil insoweit - wie ausgeführt - eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.
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bb) Die Fachbereiche "Anlagentechnik (GNA)" und "Montage (GNM)" sind nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Konstruktion, die technische Planung, den Bau und die Inbetriebnahme der Gasleitungen verantwortlich und führen diese Maßnahmen durch.
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Zur Erfüllung dieser Aufgabenbereiche bedarf es umfangreicher Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes, was auch von der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen nicht in Frage gestellt wird. Sie wenden lediglich ein, dass die beiden Fachbereiche nur für die technische Planung und Durchführung von Netzausbau- und -umbaumaßnahmen zuständig seien, hingegen keinen (verantwortlichen) Einfluss auf das Ob und Wie solcher Maßnahmen hätten. Dieses Vorbringen ist insbesondere im Hinblick darauf nicht nachvollziehbar, dass die beiden Fachbereiche unter anderem für die Konstruktion und die technische Planung verantwortlich sind. Insoweit haben sie zumindest insoweit maßgeblichen Einfluss auf die entsprechenden unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung, dass sie bestimmte Konstruktionen oder Planungen aus technischer Sicht vorziehen oder verwerfen können. Das damit vorhandene Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ist dabei gegeben.
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cc) Die Abteilung "Trassenengineering (GNT)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts für die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen einschließlich der Durchführung der entsprechenden Genehmigungsverfahren und der ökologischen Begleitung in der Bauphase zuständig.
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Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt ebenfalls umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes voraus, weil die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen nicht losgelöst von den technischen Eigenschaften und dem Zustand des bestehenden Transportnetzes erfolgen kann. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es unerheblich, dass der Leiter des Fachbereichs GNT keine (verantwortlichen) Entscheidungen über den konkreten Netzausbau trifft, sondern solche Entscheidungen lediglich vorbereitet und ausführt. Insoweit kommt es nur darauf an, dass im Rahmen der fachplanerischen Vorbereitung von Netzausbau- oder Umbaumaßnahmen ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens besteht. Schließlich bedarf es auch keiner Feststellungen des Beschwerdegerichts zu dem (konkreten) Kenntnisstand des Fachbereichsleiters GNT, weil insoweit eine generalisierende Betrachtungsweise auf der Grundlage der konkreten Aufgabenbeschreibung anzustellen ist.
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dd) Der Fachbereich "IT-Management (GTI)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts neben den allgemeinen IT-Aufgaben, die für ein Funktionieren des Netzbetriebs unabdingbar sind, auch für die Entwicklung netzbezogener Software, wie etwa zur Optimierung gaswirtschaftlicher Prozesse, zuständig. Wegen dieses spezifischen Aufgabenbereichs hat das Beschwerdegericht den Leiter der IT-Abteilung GTI dem Anwendungsbereich § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.
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Auch dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Schon der allgemeine Aufgabenbereich der IT-Abteilung der Antragstellerin erfüllt die Anforderungen des § 10c Abs. 6 EnWG, weil die Bewältigung dieses Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraussetzt und der Leiter der IT-Abteilung maßgeblichen Einfluss auf die insoweit zu treffenden Entscheidungen der Geschäftsleitung besitzt. Das gilt erst recht im Hinblick darauf, dass nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts dieser Fachbereich gerade auch für die Entwicklung netzbezogener Software zuständig ist.
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Die Funktionsfähigkeit und ständige Anpassung der Informationstechnologie bildet eine Kerntätigkeit des Netzbetriebs. Die Entflechtung der Anwendungssysteme und der IT-Infrastruktur stellt deshalb nach § 10a Abs. 5 EnWG, Art. 17 Abs. 5 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit zu gewährleisten und insbesondere die im IT-Bereich besonders gefährdete Geheimhaltung der gespeicherten Infrastrukturdaten vor einem unberechtigten Zugriff Dritter, d.h. (einzelfallabhängig) auch vor einem Zugriff des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens zu schützen (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61).
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Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen ergibt sich etwas anderes nicht daraus, dass Art. 17 Abs. 2 GasRL zwischen dem Betrieb, der Wartung und dem Ausbau eines sicheren, effizienten und wirtschaftlichen Fernleitungsnetzes einerseits (Buchstabe e) und allen übrigen unternehmensspezifischen Einrichtungen und Leistungen, unter anderem Rechtsabteilung, Buchhaltung und IT-Dienste andererseits (Buchstabe h) unterscheidet. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass die Leitung des IT-Bereichs von vornherein nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst wird. Art. 17 Abs. 2 GasRL beinhaltet lediglich - in Ergänzung zu den in Art. 13 GasRL aufgeführten Aufgaben - eine konkretisierende Auflistung der Geschäftstätigkeiten des Unabhängigen Transportnetzbetreibers. Dem Unterpunkt des Art. 17 Abs. 2 Buchst. h GasRL kommt dabei eine Auffang- und Klarstellungsfunktion zu. Sein Regelungsbereich beschränkt sich auf die Benennung der vom Unabhängigen Transportnetzbetreiber rechtlich und tatsächlich unabhängig vom vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen auszuführenden Aufgaben. Davon zu trennen ist die in § 10c Abs. 6 EnWG geregelte Frage, wie diese Unabhängigkeit auch auf der zweiten Führungsebene gewährleistet wird. Beides ergänzt sich (vgl. Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL).
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ee) Die Abteilung "Einkauf (GTB)" ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts insbesondere für die Beschaffung netznaher Technik und gasspezifischer IT-Systeme zuständig.
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Schon dieser Umstand rechtfertigt es, den Leiter dieser Abteilung der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG zu unterwerfen. Denn damit ist er für eine Kerntätigkeit des Netzbetreibers verantwortlich zuständig und muss zur sachgerechten Erfüllung seines Aufgabenbereichs umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben. Zugleich ist damit ein Diskriminierungspotential zum Vorteil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens gegeben. Soweit die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen dagegen vorbringen, die schlichte Beschaffungstätigkeit weise allenfalls einen mittelbaren Bezug zu den Tätigkeiten Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes auf, kann dies keinen Erfolg haben. Ob die weitere Begründung des Beschwerdegerichts, die Zuständigkeit der Abteilung GTB für den Einkauf für die gesamte W. verdeutliche deren Einbindung in den Netzbetrieb im engeren Sinne, den Angriffen der Rechtsbeschwerden standhalten würde, bedarf keiner Entscheidung.
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ff) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts unterfällt auch der Leiter der Abteilung "Controlling (GTC)" dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.
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Zu dessen Aufgabenbereich hat das Beschwerdegericht zwar keine eigenen Feststellungen getroffenen. Diese vermag der Senat aber nachzuholen, weil das Beschwerdegericht hierfür im Übrigen allein auf die Angaben der Antragstellerin im Zertifizierungsverfahren abgestellt hat und diese auch hier maßgeblich sind. Danach ist die Abteilung GTC für die Koordination und Durchführung der operativen und rollierenden Planung, die Berichterstattung an die Geschäftsführung und Gesellschafter, das unternehmerische Kostenmanagement, das Risikomanagement, die Unterstützung von operativen Entscheidungen durch betriebswirtschaftliche Analysen und die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsbudgetanträgen zuständig. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs setzt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands voraus; zugleich übt sie insbesondere durch das Kosten- und Risikomanagement einen maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen aus.
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Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung hat die Abteilung auch nicht nur eine rein unterstützende Funktion. Vielmehr werden durch diesen Fachbereich Entscheidungen der Unternehmensleitung der Antragstellerin nicht nur vorbereitet, sondern auch inhaltlich beeinflusst. Dabei handelt es sich um Kernaufgaben, die für den Netzbetrieb zwingend erforderlich sind. Die Erarbeitung von regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsmaßnahmenanträgen wie auch die Bearbeitung der Netzkosten, der Effizienz und der Netzentgelte erfordert einen Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen.
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gg) Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf den Leiter des Fachbereichs "Finanzen und Steuern (GTF)". Dieser ist nach dem maßgebenden Vortrag der Antragstellerin und der Beigeladenen für die Rechnungsprüfung und die Leistungsfakturierung sowie für die Archivierung der erforderlichen Unterlagen zuständig. Damit unterfällt er dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG.
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Anders als das Beschwerdegericht meint, ist nicht entscheidend, ob der Einfluss dieser Abteilung auf finanzielle Mittel, auf Buchhaltung und Jahresabschluss genügt, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung i.S.d. § 10c Abs. 6 EnWG anzunehmen. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Leiter der Abteilung umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands haben muss und die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung maßgeblich beeinflussen kann. Dies ist bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise zu bejahen. Die Entflechtung der Buchhaltung und des Rechnungswesens stellt nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h, Abs. 6 StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers dar, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die im Rechnungswesen besonders zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 61). Insoweit gebieten § 10a Abs. 7 EnWG, Art. 17 Abs. 6 StromRL/GasRL einen Erst-recht-Schluss in dem Sinne, dass die Anforderungen an den unternehmensexternen Abschlussprüfer erst recht an den für das Rechnungswesen zuständigen Leiter der zweiten Führungsebene zu stellen sind.
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hh) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist auch der Leiter der Abteilung "Personal und Verwaltung (GTH)" der Karenzzeitenregelung des § 10c Abs. 6 EnWG unterworfen.
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Die Abteilung GTH unterstützt die anderen Fachbereiche bei der Personalbeschaffung und ist im Rahmen der Personalbetreuung Ansprechpartner für Geschäftsführung, Mitarbeiter und Betriebsrat in allen personalbezogenen Themen. Die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs erfordert umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands, weil die Eigenschaften und der Zustand des Netzes wie auch Umbau- oder Ausbaupläne die Grundlage für die Personalplanung bilden und daneben auch Anlass für einzelne Personalgespräche sein können. Damit einher geht ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung.
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Dagegen spricht nicht, dass die Personalabteilung in der Aufzählung des § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EnWG fehlt. Diese Liste ist ersichtlich nicht abschließend. Zudem ergibt sich aus § 10a Abs. 3 EnWG, dass die Entflechtung auch das Personalwesen erfasst. Mit dieser Regelung soll die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen durch das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen und den Unabhängigen Transportnetzbetreiber eingeschränkt werden, um die Unabhängigkeit des Unabhängigen Transportnetzbetreibers in allen Bereichen vollständig zu gewährleisten, indem auch mittelbare Einflussnahmen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ausgeschlossen werden (vgl. BT-Drucks. 17/6072, S. 610). Die Nutzung gemeinsamer Dienstleistungen betraf vor Inkrafttreten der Entflechtungsvorschriften der §§ 10 ff. EnWG vor allem die Bereiche Kundenservice, Buchhaltung, Rechnungswesen, Datenverarbeitung, Personalwesen und juristische Dienste (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10a Rn. 17 mwN). Diesen Bereichen gemein ist der Zugang zu diskriminierungsrelevanten Informationen und ihr Einfluss auf netzbezogene Entscheidungen der Geschäftsleitung. Dies ist für die Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG entscheidend.
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ii) Anders als das Beschwerdegericht meint, unterfallen auch die Leiter der Fachbereiche "Recht und Versicherungen (GTJ)" und "Regulierungsmanagement (GTR)" der Vorschrift des § 10c Abs. 6 EnWG.
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Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GTJ unter anderem für die Erstellung, Prüfung und Beratung bei der Abwicklung von Kapazitätsverträgen, Netzkopplungsvereinbarungen und Netzanbindungsverträgen, die Erstellung und Prüfung von Netzentgeltgenehmigungen und Investitionsbudgetanträgen sowie die Beratung bei der Netzentgeltkalkulation zuständig. Die Abteilung GTR ist für die Mitarbeit, Bewertung und Umsetzung des deutschen und europäischen Regulierungsrahmens zuständig und nimmt insoweit ebenfalls im Wesentlichen juristische, beratende Aufgaben wahr.
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Die Erfüllung dieser Aufgabenbereiche ist ohne umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands nicht denkbar. Die Rechtsabteilungen haben auch maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung. Sie unterziehen deren Vorstellungen einer rechtlichen Prüfung, zeigen Handlungsalternativen auf und bewerten sie nach ihrer rechtlichen Realisierbarkeit und ihren - auch wirtschaftlichen - Folgen; regelmäßig bereiten die Rechtsabteilungen auch künftige Entscheidungen vor, sei es, dass sie Verhandlungen für künftige Verträge führen, sei es, dass sie die Entscheidungsfreiheit des Unternehmens gegenüber behördlichen Eingriffen zu wahren suchen (vgl. BVerwGE 137, 58 Rn. 43 zu § 9a AEG). Damit ist ein hinreichendes Diskriminierungspotential im Hinblick auf eine Bevorzugung der Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens vorhanden. Dass sich die Geschäftsleitung im Einzelfall über Handlungsempfehlungen der Rechtsabteilung hinwegsetzen mag, ändert daran bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise nichts.
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Für eine Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG spricht auch, dass die Entflechtung der Rechtsabteilung und der übrigen juristischen Dienste nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, § 10a Abs. 3 EnWG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. h StromRL/GasRL einen Schwerpunkt des Maßnahmepakets des Gesetz- und Richtliniengebers im Rahmen des Modells des Unabhängigen Transportnetzbetreibers darstellt, um dessen Unabhängigkeit und insbesondere die von der Rechtsabteilung in besonderem Maße zu fordernde Vertraulichkeit der wirtschaftlich sensiblen Informationen zu gewährleisten (vgl. dazu auch BVerwGE 137, 58 Rn. 38 ff. zu § 9a AEG).
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jj) Schließlich ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts § 10c Abs. 6 EnWG auch auf den Leiter der Abteilung "Leitungsrechte und Liegenschaften (GNL)" anwendbar.
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Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Fachbereich GNL für die Beschaffung und Dokumentation der privatrechtlichen Genehmigungen für die vertragliche und dingliche Sicherung der Leitungsrechte des Netzes zuständig. Auch die Erfüllung dieses Aufgabenbereichs bringt umfangreiche Kenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustands mit sich, weil ohne diese eine sachgerechte Konzeption der entsprechenden Vertragsentwürfe und der erforderlichen Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt nicht möglich wäre. Zugleich ist damit ein maßgeblicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsleitung verbunden. Wegen der fachlichen Nähe zu den Fachbereichen "Regulierungsmanagement (GTR)" und "Recht und Versicherungen (GTJ)" gelten im Übrigen die diesbezüglichen Ausführungen entsprechend.
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d) Schließlich hat die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin und der Beigeladenen keinen Erfolg, soweit sie eine Verkürzung der Sperrfristen begehren. Die Länge der Karenzzeiten begegnet - wie oben ausgeführt worden ist - keinen rechtlichen Bedenken.
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3. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Beigeladenen kommt ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht in Betracht.
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a) Gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist das letztinstanzliche innerstaatliche Gericht, bei dem eine entscheidungserhebliche Frage über die Auslegung von Handlungen der Organe der Europäischen Union (Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV) gestellt wird, zur Anrufung des Unionsgerichtshofs immer dann verpflichtet, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das nationale Gericht hat festgestellt, dass die betreffende unionsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 - C.I.L.F.I.T.). Ob ein solcher Fall gegeben ist, ist unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Unionsrechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Union zu beurteilen (EuGH, Urteil vom 15. September 2005 - C-495/03, Slg. 2005, I-8151 Rn. 33 - Intermodal Transports). Hierzu muss das nationale Gericht davon überzeugt sein, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Unionsgerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde (EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 - C.I.L.F.I.T.; Slg. 2005, I-8151 Rn. 39 - Intermodal Transports; vgl. auch BVerfG, NJW 2010, 1268 Rn. 20 f.). Eine Vorlagepflicht besteht stets, wenn einzelstaatliche Gerichte Unionsrechtsakte als ungültig außer Anwendung lassen wollen (sog. Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2005 - C-461/03, Slg. 2005, I-10513 Rn. 19 ff. - Gaston Schul).
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b) Nach diesen Maßgaben besteht keine Vorlagepflicht. Die dargestellte Rechtslage ist vielmehr offenkundig.
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aa) Dies betrifft zunächst die Frage nach einem möglichen Verstoß der Karenzzeitenregelungen des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht. Diese Frage ist offenkundig zu verneinen. Das Verwerfungsmonopol des Gerichtshofs der Europäischen Union ist von vornherein nicht berührt.
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Der Schutzbereich der Grundrechte auf Berufsfreiheit und die unternehmerische Freiheit sowie das Eigentumsrecht, wie sie in den Art. 15 bis 17 der Charta niedergelegt sind, und deren Schranken i.S.d. Art. 52 Abs. 1 der Charta sind - wie oben im Einzelnen dargelegt worden ist - in der Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Insoweit legen weder die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin und der Beigeladenen - neue - Zweifelsfragen dar, noch sind solche aus anderen Gründen ersichtlich. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Unionsgerichtshof den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich einen weiten Ermessens- und Prognosespielraum zubilligt, dessen Weite er insbesondere im Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen besonders hervorhebt (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum wird ein Verstoß des § 10c Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 EnWG gegen höherrangiges Recht bejaht (vgl. BerlKommEnR/Säcker/Mohr, 3. Aufl., EnWG § 10c Rn. 16, 20; Kment/Knauff, EnWG, § 10c Rn. 14; Busch, N&R 2011, 226, 229; Mohr, N&R 2015, 45, 47 f.; Säcker/Mohr, N&R 2012, 1, 12 f.; Schmidt-Preuß, et 9/2009, 82, 86); eine vereinzelt gebliebene Gegenauffassung (Michaelis/Kemper, RdE 2012, 10, 12) wird nicht näher begründet.
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bb) Des Weiteren bedarf auch die Frage nach dem Umfang des Anwendungsbereichs des § 10c Abs. 6 EnWG keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union. Der Anwendungsbereich lässt sich - jedenfalls soweit er vorliegend in Frage steht und wie oben näher ausgeführt - anhand des Wortlauts der zugrundeliegenden Richtlinie und ihrem Sinn und Zweck eindeutig beantworten. Zweifelhaft könnte in diesem Zusammenhang allenfalls die Frage sein, ob der deutsche Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG in persönlicher Hinsicht zu eng gezogen hat. Im Übrigen handelt es sich um eine Subsumtion im Einzelfall, weil für die Anwendung der Vorschrift der konkrete Aufgabenzuschnitt der einzelnen Fachbereiche maßgeblich ist.
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III.
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Meier-Beck Strohn Grüneberg
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Bacher Deichfuß
(1) Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente, umweltverträgliche und treibhausgasneutrale leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität, Gas und Wasserstoff, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht.
(2) Die Regulierung der Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze dient den Zielen der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen.
(3) Zweck dieses Gesetzes ist ferner die Umsetzung und Durchführung des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Energieversorgung.
(4) Um den Zweck des Absatzes 1 auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität zu erreichen, verfolgt dieses Gesetz insbesondere die Ziele,
- 1.
die freie Preisbildung für Elektrizität durch wettbewerbliche Marktmechanismen zu stärken, - 2.
den Ausgleich von Angebot und Nachfrage nach Elektrizität an den Strommärkten jederzeit zu ermöglichen, - 3.
dass Erzeugungsanlagen, Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie und Lasten insbesondere möglichst umweltverträglich, netzverträglich, effizient und flexibel in dem Umfang eingesetzt werden, der erforderlich ist, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems zu gewährleisten, und - 4.
den Elektrizitätsbinnenmarkt zu stärken sowie die Zusammenarbeit insbesondere mit den an das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angrenzenden Staaten sowie mit dem Königreich Norwegen und dem Königreich Schweden zu intensivieren.
(1) Zur Verwirklichung eines effizienten Netzzugangs und der in § 1 Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes genannten Zwecke kann die Regulierungsbehörde unter Beachtung der Anforderungen eines sicheren Netzbetriebs Entscheidungen durch Festlegungen nach § 29 Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes treffen:
- 1.
zu den Verträgen nach den §§ 3, 7 und 33 sowie den Geschäftsbedingungen nach § 3 Absatz 6, den §§ 4 und 40 Absatz 1a Nummer 2, sofern nicht ein Standardangebot angewendet wird; - 2.
zu den Voraussetzungen und Grenzen für technische Ausspeisemeldungen nach § 8 Absatz 5; - 3.
zu Verfahren und Anforderungen an eine Registrierung des Transportkunden beim Netzbetreiber oder des Bilanzkreisverantwortlichen beim Marktgebietsverantwortlichen nach § 6, insbesondere zu Fristen, die bei der Registrierung einzuhalten sind, soweit dies erforderlich ist, um die Diskriminierungsfreiheit der Registrierung zu gewährleisten; - 4.
zu Ermittlung und Angebot von Kapazitäten nach § 9, insbesondere zum Verfahren zur Beschaffung von Maßnahmen nach § 9 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 3, sowie zu Kapazitätsprodukten nach § 11; - 5.
(weggefallen) - 6.
zu den Kapazitätsbuchungsplattformen nach § 12; sie kann insbesondere festlegen, dass ein Anteil kurzfristiger Kapazitäten in anderer Weise, insbesondere durch implizite Auktionen, zugewiesen werden kann, wenn dies erforderlich ist, um insbesondere durch eine Kopplung der Märkte die Liquidität des Gasmarktes zu erhöhen; - 7.
zum Verfahren für die Beschaffung, den Einsatz und die Abrechnung von Regelenergie nach Teil 5 Abschnitt 2 dieser Verordnung, insbesondere zu den Mindestangebotsgrößen, Ausschreibungszeiträumen, und den einheitlichen Bedingungen, die Anbieter von Regelenergie erfüllen müssen; - 8.
zum System und der Beschaffenheit des Netzanschlusses von Anlagen zur Aufbereitung von Biogas an das Gasversorgungsnetz, der Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz, zur Vereinheitlichung von technischen Anforderungen für Anlagen und Netzanschluss, einschließlich Abweichungen von den Vorgaben in § 36 Absatz 1, der Arbeitsblätter G 260, G 262 und G 685 des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs e. V. (Stand 2007)4sowie des Netzzugangs und der Bilanzierung von Transportkunden von Biogas; - 9.
zum Bilanzierungssystem nach Teil 5 Abschnitt 1 dieser Verordnung, um berechtigte Bedürfnisse des Marktes angemessen zu berücksichtigen, sowie insbesondere zu einer von § 23 Absatz 2 Satz 2 abweichenden Bemessung der Toleranzmenge, zu den Anforderungen an und den zu verwendenden Datenformaten für den Informationsaustausch im Rahmen der Bilanzierung, zu Inhalten sowie den Fristen im Zusammenhang mit der Datenübermittlung und zu den Methoden, nach denen die Entgelte nach § 23 Absatz 2 Satz 3 gebildet werden; sie hat dabei zu beachten, dass ein Bilanzausgleichssystem einen effizienten Netzzugang ermöglicht und, soweit erforderlich, auch Anreize gegen eine missbräuchliche Nutzung der Bilanzausgleichsdienstleistungen enthalten soll; - 10.
zu Entgelten und Gebühren für die Nutzung des Virtuellen Handelspunkts in Abweichung von § 22 Absatz 1 Satz 6; - 11.
zu Anreizen und Pönalen für die Transportkunden, soweit dies zur Durchsetzung der Verpflichtung der Transportkunden zum Angebot von Kapazitäten auf dem Sekundärmarkt oder zum Zurverfügungstellen von Kapazitäten an den Fernleitungsnetzbetreiber nach § 16 Absatz 1 erforderlich ist; - 12.
zur Vereinheitlichung des Nominierungsverfahrens nach § 15; insbesondere kann sie Festlegungen treffen zum Zeitpunkt, bis zu dem eine Nominierung erfolgen muss, und zum Umfang der Möglichkeiten für nachträgliche Änderungen der Nominierung; - 13.
(weggefallen) - 14.
zur Abwicklung des Lieferantenwechsels nach § 41, insbesondere zu den Anforderungen und dem Format des elektronischen Datenaustauschs; - 15.
zu den Kriterien für die Identifizierung von Entnahmestellen; hierbei kann sie von § 41 Absatz 3 abweichen; - 16.
zur Verwaltung und Übermittlung der Stammdaten, die für den massengeschäftstauglichen Netzzugang relevant sind; - 17.
zur Abwicklung der Netznutzung bei Lieferbeginn und Lieferende; - 18.
zu bundeseinheitlichen Regelungen zum Datenaustausch zwischen den betroffenen Marktbeteiligten, insbesondere zu Fristen und Formaten sowie zu Prozessen, die eine größtmögliche Automatisierung ermöglichen; - 19.
zu den Voraussetzungen, dem Verfahren und der näheren Ausgestaltung eines Übernominierungsverfahrens für die Zuweisung unterbrechbarer untertägiger Kapazitäten; - 20.
zur Einrichtung von virtuellen Kopplungspunkten sowie der näheren Ausgestaltung des Netzzugangs an virtuellen Kopplungspunkten.
(2) Die Regulierungsbehörde kann die Ausgestaltung der Versteigerungsverfahren nach § 13 für Kapazitätsrechte festlegen; diese muss diskriminierungsfrei sein. Die Regulierungsbehörde kann insbesondere die Art und Weise der Bekanntmachung sowie die Zeitpunkte der Versteigerungstermine durch die Fernleitungsnetzbetreiber festlegen; dies umfasst auch die zeitliche Reihenfolge, in der langfristige und kurzfristige Kapazitätsrechte vergeben werden.
(3) Die Regulierungsbehörde kann von Amts wegen Festlegungen treffen, mit denen die prozentuale Aufteilung der technischen Jahreskapazität auf unterschiedliche Kapazitätsprodukte festgelegt wird, soweit dies zur Erreichung der Ziele des § 1 des Energiewirtschaftsgesetzes erforderlich ist. Sie muss auf Antrag eines Gasversorgungsunternehmens eine abweichende prozentuale Aufteilung der technischen Jahreskapazität eines Ein- oder Ausspeisepunkts oder einer Ein- oder Ausspeisezone festlegen, soweit das Gasversorgungsunternehmen nachweist, dass dies zur Erfüllung von Mindestabnahmeverpflichtungen aus Lieferverträgen erforderlich ist, die am 1. Oktober 2009 bestanden. Der im Rahmen langfristiger Kapazitätsverträge zu vergebende Anteil der technischen Jahreskapazität eines Ein- oder Ausspeisepunkts oder einer Ein- oder Ausspeisezone darf jedoch 65 Prozent der technischen Jahreskapazität eines Ein- oder Ausspeisepunkts oder einer Ein- oder Ausspeisezone nicht unterschreiten. Bei einer Festlegung von Amts wegen muss die Regulierungsbehörde zuvor die Verbände der Netzbetreiber und die Verbände der Transportkunden anhören.
(4) Die Regulierungsbehörde kann zu Standardlastprofilen nach § 24 und deren Anwendung nach Anhörung der Verbände der Netzbetreiber und der Verbände der Transportkunden Festlegungen treffen, insbesondere zur Behandlung der Messeinrichtungen im Sinne des Messstellenbetriebsgesetzes und zur Behandlung der ausgelesenen Messwerte im Rahmen des Netzzugangs sowie zur Erarbeitung von Lastprofilen für bestimmte Verbrauchergruppen. Sie kann für die Erarbeitung von Lastprofilen für bestimmte Verbrauchergruppen terminliche Vorgaben machen. Dabei sind die Erfahrungen der Marktteilnehmer angemessen zu berücksichtigen.
(5) Die Regulierungsbehörde kann die Netzbetreiber auch verpflichten, über die Angaben in § 40 hinaus weitere Informationen zu veröffentlichen oder an die Regulierungsbehörde zu übermitteln, die für den Wettbewerb im Gashandel oder bei der Belieferung der Kunden erforderlich sind. Die Regulierungsbehörde kann die Netzbetreiber und Transportkunden verpflichten, bei der Erfüllung von Veröffentlichungs- und Datenübermittlungspflichten aus dieser Verordnung oder aus Festlegungsentscheidungen auf der Grundlage dieser Verordnung bestimmte einheitliche Formate einzuhalten.
(6) Die Regulierungsbehörde macht Festlegungsentscheidungen in ihrem Amtsblatt öffentlich bekannt und veröffentlicht sie kostenfrei im Internet in druckbarer Form.
(7) Anstelle einer Festlegungsentscheidung kann die Regulierungsbehörde in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 die Netzbetreiber auffordern, ihr innerhalb einer bestimmten, angemessenen Frist ein Standardangebot für Geschäftsbedingungen nach § 4 und für die Ausgestaltung der Kapazitätsprodukte nach § 11 vorzulegen, insbesondere in Bezug auf die Möglichkeit zur nachträglichen Änderung der Nominierung sowie auf standardisierte Bedingungen nach § 40 Absatz 1a Nummer 2. Sie kann in dieser Aufforderung Vorgaben für die Ausgestaltung einzelner Bedingungen machen, insbesondere in Bezug auf Diskriminierungsfreiheit und Angemessenheit. Sie gibt den Verbänden der Netzbetreiber und den Verbänden der Transportkunden in geeigneter Form Gelegenheit zur Stellungnahme und kann unter Berücksichtigung der Stellungnahmen durch Festlegung Änderungen der Standardangebote vornehmen, insbesondere soweit einzelne Vorgaben nicht umgesetzt worden sind.
(8) Die Regulierungsbehörde kann Netzbetreiber und Marktgebietsverantwortliche verpflichten, innerhalb einer bestimmten, angemessenen Frist ein Standardangebot zu den in Absatz 1 Nummer 9 genannten Teilen des Bilanzierungssystems vorzulegen. Sie kann in dieser Aufforderung Vorgaben für die Ausgestaltung einzelner Bedingungen machen, insbesondere in Bezug auf standardisierte Geschäftsprozesse der Bilanzierung wie für den elektronischen Datenaustausch im Rahmen der Bilanzierung, soweit dies einer effizienten Abwicklung der Bilanzierung dient. Sie gibt den Verbänden der Netzbetreiber und den Verbänden der Transportkunden in geeigneter Form Gelegenheit zur Stellungnahme und kann unter Berücksichtigung der Stellungnahmen durch Festlegung Änderungen der Standardangebote vornehmen, insbesondere soweit einzelne Vorgaben nicht umgesetzt worden sind.
Im Beschwerdeverfahren und im Rechtsbeschwerdeverfahren kann das Gericht anordnen, dass die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Hat ein Beteiligter Kosten durch ein unbegründetes Rechtsmittel oder durch grobes Verschulden veranlasst, so sind ihm die Kosten aufzuerlegen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 788), das zuletzt durch Artikel 24 Absatz 8 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist, bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern. Im Übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen entsprechend.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden und über Rechtsbeschwerden (§§ 73 und 77 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen), - 2.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 75 und 86 des Energiewirtschaftsgesetzes oder § 35 Absatz 3 und 4 des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes), - 3.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 48 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und § 113 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes), - 4.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der zuständigen Behörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 13 und 24 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) und - 5.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Registerbehörde (§ 11 des Wettbewerbsregistergesetzes).
(2) Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 171 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) einschließlich des Verfahrens über den Antrag nach § 169 Absatz 2 Satz 5 und 6, Absatz 4 Satz 2, § 173 Absatz 1 Satz 3 und nach § 176 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beträgt der Streitwert 5 Prozent der Bruttoauftragssumme.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Gegen die in der Hauptsache erlassenen Beschlüsse der Oberlandesgerichte findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.
(3) Über die Zulassung oder Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist in der Entscheidung des Oberlandesgerichts zu befinden. Die Nichtzulassung ist zu begründen.
(4) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:
- 1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, - 3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, - 4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder - 6.
wenn die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist; - 3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; - 4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat; - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Die Rechtsbeschwerde steht der Regulierungsbehörde sowie den am Beschwerdeverfahren Beteiligten zu.
(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546, 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(3) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.
(4) Der Bundesgerichtshof ist an die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Rechtsbeschwerdegründe vorgebracht sind.
(5) Für die Rechtsbeschwerde gelten im Übrigen die §§ 76, 78 Abs. 3, 4 Nr. 1 und Abs. 5, §§ 79 bis 81 sowie §§ 83 bis 85 entsprechend. Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Beschwerdegericht zuständig.