Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 30. Aug. 2016 - I-21 U 8/16
Tenor
Die Berufung der Kläger vom 20.1.2016 gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 22.12.2015 - Zivilkammer - (Az. 1 O 51/12) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind (wegen der Kosten) ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H. von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H. von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2A.
3Die Kläger machen mit der Klage Aufwendungsersatz für die Beseitigung von Mängeln geltend.
4Die Kläger beauftragten den Beklagten mit der Sanierung der Fassade ihres Hauses, S...str. 178 in S..... Der Beklagte sollte eine Außendämmung mit Grundanstrich, Dünnschichtputz und Schlussanstrich erstellen.
5Vor Beginn der Arbeiten beseitigte der Kläger die an der alten Fachwerkfassade vorhandene Verkleidung und brachte zur Einebnung des Untergrundes überwiegend unmittelbar auf den vorhandenen alten Schalbrettern OSB-(d.h. Holzspan-)Platten an. Im Bereich der Fenster des ersten Obergeschosses wurden auf die Schalbretter zunächst Traghölzer angebracht, auf denen die OSB-Platten befestigt wurden (Foto Anlage 1, Bl. 22 GA).
6Der Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass die Fassadenteile weder lot- noch waagerecht waren.
7Nach Durchführung der Arbeiten erteilte der Beklagte unter dem 22.02.2008 seine Schlussrechnung über insgesamt 22.781,06 Euro (Anlage 1).
8Am 9.10.2008 forderten die Kläger den Beklagten zur Mängelbeseitigung bis zum 28.11.2008 auf. Sie rügten insbesondere die Verklebung der Wärmedämmverbundsystem (WDVS)-Platten auf den OSB-Platten.
9Am 24.11.2008 beantragten die Kläger beim Landgericht Wuppertal bzgl. der behaupteten Mängel die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens (Az. 1 OH 34/08). Das Landgericht holte ein Gutachten des Sachverständigen Stuckateurmeisters O... vom 23.03.2010 ein, der die geltend gemachten Mängel bestätigte. Er bezifferte die Kosten der Entfernung und Entsorgung sowie der anschließenden fachgerechten Erneuerung des Dämmsystems einschließlich Gerüststellung zunächst auf 71.400 Euro brutto (Anlage 2). In seinem Ergänzungsgutachten vom 21.7.2010 reduzierte er diese auf 57.218,77 Euro brutto.
10Am 7.2.2011 erhoben die Kläger Klage beim Landgericht Wuppertal (Az. 1 O 39/11), mit der sie Vorschusszahlung gem. § 637 Abs. 3 BGB i.H. von 71.400 Euro geltend machten. In diesem Verfahren schlossen die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2011 folgenden Vergleich (Anlage 4):
11„1.Der Beklagte wird die im Gutachten des Sachverständigen O... vom 23.03.2010 (1 OH 34/08 Landgericht Wuppertal) festgestellten Mängel durch ein S… Fachunternehmen, in Aussicht genommen ist die Firma S... aus S...., auf seine Kosten beseitigen lassen.
12Der Beklagte wird den Auftrag umgehend erteilen.
13Die Parteien gehen beide davon aus, dass die durchzuführenden Arbeiten spätestens bis 30. November d.J. fertiggestellt sein werden.
142.Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.“
15Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten aus dem Verfahren LG Wuppertal – 1 O 39/11 – und 1 OH 34/08 Bezug genommen.
16Umgehend nach Abschluss des Vergleichs beauftragte der Beklagte die Firma F… S... mit den durchzuführenden Arbeiten. Diese nahm zunächst die Abrissarbeiten der von dem Beklagten angebrachten Fassade vor.
17Mit Schreiben vom 24.10.2011 (Anlage 5) rügten die Kläger die Abrissarbeiten als mangelhaft und setzten eine Frist zur ordnungsgemäßen Durchführung bis zum 31.10.2011.
18Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 04.11.2011 (Anlage 6) mit, dass sich das Aufbringen der Wärmedämmung an der Fassade wegen - unstreitig - im Verantwortungsbereich der Kläger liegender mangelhafter Vorarbeiten an der Unterkonstruktion nicht durchführen ließe und bat um kurzfristige Stellungnahme. Die Firma S... stellte die weitere Tätigkeit deshalb ein.
19Die Kläger wiesen dies zurück und setzten dem Beklagten mit Schreiben vom 17.11.2011 erneut eine Frist bis zum 30.11.2011 zur Durchführung aller Mängelbeseitigungsarbeiten, zu denen sich der Beklagte durch den Vergleich im Verfahren 1 O 39/11 verpflichtet hatte (Anlage 7).
20Mit Schreiben vom 16.12.2010 forderten die Kläger den Beklagten erneut zur Vorschusszahlung gem. § 637 Abs. 3 BGB bis zum 31.1.2011 auf (Anlage 9).
21Am 5.1.2012 haben die Kläger erneut Klage erhoben, mit der sie zunächst den ursprünglich im Verfahren 1 O 39/11 geltend gemachten Kostenvorschuss abzüglich des auf die Abrissarbeiten des WDVS entfallenden Anteils von 28.560,00 Euro, d.h. 42.840 Euro weiterverfolgt haben.
22Das Landgericht Wuppertal hat durch Zwischenurteil vom 28.8.2012 zunächst entschieden, dass die Klage trotz des zuvor beendeten Verfahrens (Az. 1 O 39/11) zulässig sei. Das Zwischenurteil ist rechtskräftig.
23Das Landgericht hat sodann mit Beweisbeschluss vom 10.12.2012 (Bl. 76 f.) und vom 15.11.2013 (Bl. 118 GA) die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet zur Frage, ob der Untergrund an der Fassade der Kläger so schlecht vorbereitet ist, dass darauf ohne Nachbesserungsarbeiten kein Wärmedämmverbundsystem aufgebracht werden kann.
24Am 30.1.2014 erstattete der Sachverständige H.U. H.... ein „Zwischengutachten“, nachdem der Ortstermin vom 20.12.2013 hatte abgebrochen werden müssen, weil die Kläger die zu diesem Zeitpunkt folienverkleidete Fassade nicht freigelegt hatten (Bl. 122 ff. GA). Gemäß Beweisbeschluss vom 14.7.2014 (Bl. 167 f. GA) wurde der Sachverständige sodann in der mündlichen Verhandlung vom 1.10.2014 angehört (Bl. 186 ff. GA). Mit Verfügung vom 7.10.2014 wurde der Sachverständige zur Erstellung des Hauptgutachtens aufgefordert.
25In der Folgezeit begannen die Kläger damit, im Wege der Ersatzvornahme auf die vorhandenen OSB-Platten zur Wärmedämmung eine vorgehängte hinterlüftete Fassade mit Mineralwolldämmstoff anzubringen, da in den Innenräumen Schimmel aufgetreten war (Privatgutachten des Sachverständigen S… vom 13.1.2015, Bl. 276 ff. GA).
26Mit Schreiben vom 13.4.2015 teilte der Sachverständige mit, dass die Fassade anderweitig in Bearbeitung sei, so dass er seinen Gutachtenauftrag nicht erfüllen könne. Die Kläger teilten mit, der noch nicht verkleidete Teil der Fassade stünde dem Sachverständigen für eine Begutachtung zur Verfügung (Bl. 223 GA). Der Sachverständige teilte am 22.5.2015 mit, mittlerweile sei die gesamte Fassade mit Dämmung versehen, eine Begutachtung könne nur zu einem Anteil von 5-7% der Fassade nach Entfernung der Dämmung erfolgen.
27Mit Schreiben vom 24.6.2015 teilte der Sachverständige mit, dass für eine Begutachtung gemäß der Beweisfrage ein aufwendiger Rückbau erforderlich sei (Bl. 235 f. GA). Mit Verfügung vom 25.6.2015 hat das Landgericht den Sachverständigen gebeten, die Akten zurück zu senden, da die Beweiserhebung nicht möglich sei (Bl. 237 GA).
28Die Kläger bezifferten den für die Ersatzvornahme erforderlichen Betrag anhand der Rechnung der Fa. A… mit 56.932,06 Euro brutto. Die von den Klägern gewählte Art der Wärmedämmung ist im Vergleich zu der vom Beklagten geschuldeten höherwertig. Mit Schriftsatz vom 28.7.2015 haben die Kläger mitgeteilt, den ursprünglich mit der Klage geltend gemachten Betrag nicht mehr als Vorschuss, sondern als Ersatz der für die Herstellung des ursprünglich geschuldeten Wärmedämmverbundsystems erforderlichen Aufwendungen zu verlangen.
29Die Kläger haben behauptet, bereits die Abrissarbeiten seien mangelhaft durchgeführt worden. Der vorhandene Untergrund aus OSB-Platten sei geeignet gewesen für die Arbeiten des Beklagten. Wenn der Untergrund nicht geeignet gewesen sei, so habe der Beklagte diesen nachträglich verändert. Der Beklagte sei aufgrund des geschlossenen Vergleichs mit Einwendungen gegen den Grund seiner Haftung ohnehin präkludiert, da es ihm möglich gewesen sei, die Einwendungen bereits im selbstständigen Beweisverfahren zu erheben.
30In der Bautechnik sei die nunmehr angebrachte vorgehängte hinterlüftete Fassade eine Alternative zum Wärmedämmverbundsystem. Seit dem Jahr 2008 habe es einen erheblichen Fortschritt in der Technik gegeben. Die von ihnen gewählte Art der Wärmedämmung biete einen höheren Dämmwert.
31Die Kläger haben beantragt,
321. den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 42.840,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
332. den Beklagten zu verurteilen, an sie außergerichtliche Kosten von 777,19 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.11.2011 zu zahlen.
34Der Beklagte hat beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Er hat die Auffassung vertreten, die von den Klägern vorgenommene Klageänderung sei nicht sachdienlich.
37Er hat behauptet, die von den Klägern bereit gestellte Unterkonstruktion sei wegen fehlerhafter Verlegung der OSB-Platten (fehlende Ebenheit, Befestigung mit Nägeln statt mit Schrauben, Verlegung nicht in eine Faserrichtung) nicht geeignet gewesen, die Dämmung nach Vorgaben des Herstellers aufzubringen. Die Kläger hätten sich geweigert, den Untergrund nachzubessern. Deshalb habe er seiner Verpflichtung aus dem Vergleich nicht nachkommen können.
38Er habe den Untergrund nicht verändert. Die Kläger hätten die Feststellungen durch den Sachverständigen unmöglich gemacht. Die von den Klägern nun angebrachte hinterlüftete Fassade sei nicht mit der streitgegenständlichen Fassadendämmung vergleichbar.
39Er hat zudem die Ansicht vertreten, dass die Beklagten durch den Vergleich auf ihr Recht zur Ersatzvornahme verzichtet hätten.
40Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen H.U. H… vom 30.01.2014 (Bl. 122 ff. GA) sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 01.10.2014 (Bl. 189 ff. GA) Bezug genommen.
41Mit Urteil vom 22.12.2015 hat das Landgericht – Zivilkammer – die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
42Zwar sei die Klage gem. § 264 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zulässig. Den Klägern stehe es frei, ihre Klage nach Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten auf den Ersatz der dafür erforderlichen Aufwendungen umzustellen.
43Die Klage sei jedoch nicht begründet.
44Den Klägern stehe der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für die Beseitigung von Mängeln gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB nicht zu.
45Die Kläger hätten grundsätzlich einen Nacherfüllungsanspruch gegen den Beklagten auf Beseitigung der im Verfahren LG Wuppertal 1 OH 34/08 festgestellten Mängel der Arbeiten des Beklagten. Auf das Bestehen eines solchen Anspruchs hätten sich die Parteien durch den am 05.07.2011 in dem Verfahren des LG Wuppertal 1 O 39/11 geschlossenen Vergleichs geeinigt.
46Voraussetzung für einen Anspruch aus § 637 Abs. 1 BGB sei jedoch der erfolglose Ablauf einer von dem Besteller zur Nacherfüllung bestimmten Frist. Zuletzt hätten die Kläger dem Beklagten nach Durchführung der Abrissarbeiten mit Schreiben vom 17.11.2011 eine Frist zur Durchführung aller Mängelbeseitigungsarbeiten bis zum 30.11.2011 gesetzt.
47Diese Fristsetzung sei jedoch wirkungslos, da die Kläger eine erforderliche Mitwirkungshandlung zuvor nicht erbracht hätten. Die Mitwirkungspflicht des Bestellers gemäß § 642 BGB gelte auch im Rahmen der Nacherfüllung. Soweit der Unternehmer die Nacherfüllung ohne Mitwirkungshandlungen des Bestellers nicht erbringen könne, müsse der Besteller die Mitwirkungshandlung im Zeitpunkt des Nacherfüllungsverlangens vorgenommen oder zumindest angeboten haben.
48Die Mitwirkungspflicht der Kläger habe darin bestanden, die Unterkonstruktion der Hausfassade so vorzubereiten, dass das vom Beklagten aufzubringende Wärmedämmverbundsystem mangelfrei hätte montiert werden können. Die Kammer sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Kläger die erforderliche Mitwirkungshandlung nicht erbracht hätten.
49Der Sachverständige H... habe in seinem Zwischengutachten vom 30.01.2014 festgestellt, dass die vorhandenen OSB-Platten als Unterkonstruktion generell ungeeignet für das Anbringen eines Wärmedämmverbundsystems seien. Die OSB-Platten seien überwiegend direkt auf die Schalung montiert worden. Da deshalb nicht für eine ausreichende Hinterlüftung gesorgt sei, bildeten die OSB-Platten keinen geeigneten Untergrund für ein außen aufzubringendes Wärmedämmverbundsystem. Zudem habe der Sachverständige festgestellt, dass die OSB-Platten nur genagelt und nicht verschraubt waren, und die Platten nicht in einheitlicher Faserrichtung liefen. Der Untergrund sei uneben. Auch aus diesen Gründen sei die Unterkonstruktion nicht geeignet, ein Wärmedämmverbundsystem zu tragen.
50Die Kammer sei davon überzeugt, dass die vorstehenden Feststellungen des Sachverständigen zuträfen, da sie nachvollziehbar und verständlich seien. Zwar habe sich der Sachverständige bei dem Ortstermin kein abschließendes Bild von der Unterkonstruktion machen können, da die Fassade nicht freigelegt war. Auf Grund der Angaben in der Akte habe er aber davon ausgehen können, dass die OSB-Platten direkt auf die Schalung montiert worden waren. Allein auf Grund dieser Tatsache sei es ihm möglich gewesen, die mangelnde Hinterlüftung und die daraus folgende Ungeeignetheit der Unterkonstruktion für das Aufbringen eines Wärmedämmverbundsystems festzustellen. Ferner habe er zur handwerklichen Ausführung feststellen können, dass zumindest die uneinheitliche Faserrichtung und die Montage mittels Nägeln nicht dem Stand der Technik entsprechen.
51Es habe deshalb auch nicht mehr der Einholung des Hauptgutachtens bedurft, das sich mit der Frage beschäftigen sollte, ob die Unterkonstruktion handwerklich so fehlerhaft sei, dass darauf kein Wärmedämmverbundsystem angebracht werden könne. Dieses Gutachten habe der Sachverständige aufgrund der zwischenzeitlich angebrachten Fassade nicht mehr erstatten können. Auf diese Frage komme es im Ergebnis nicht mehr an. Es stehe bereits fest, dass der Untergrund generell ungeeignet sei, unabhängig davon, ob er darüber hinaus auch noch fehlerhaft montiert wurde.
52Vor diesem Hintergrund sei es nunmehr Sache der Kläger gewesen, darzulegen und zu beweisen, dass die Feststellungen des Sachverständigen zur generellen Ungeeignetheit auf den vorliegenden Einzelfall, etwa aus baustatischen Gründen, nicht zutreffen. Dies sei den Klägern nicht gelungen.
53Dabei ergebe sich die Geeignetheit des Untergrundes vorliegend nicht schon aus dem im selbstständigen Beweisverfahren 1 OH 34/08 eingeholten Gutachten. In diesem Verfahren sei es auf die Frage des fehlerhaften Untergrundes nicht angekommen, da der Sachverständige damals bereits die fehlerhafte Verklebung des Wärmedämmverbundsystems festgestellt habe. Die Kläger könnten sich dementsprechend für ihren Beweisantritt auch nicht auf das Zeugnis des damaligen Sachverständigen O... stützen, da die Unterkonstruktion nicht Gegenstand des Beweisbeschlusses im selbstständigen Beweisverfahren war, auf dessen Grundlage der Sachverständige O... tätig wurde. Dieser könne somit aus eigener Begutachtung keine Feststellungen zu der Unterkonstruktion treffen. Es fehle insoweit bereits an den erforderlichen Anküpfungstatsachen, auf die der Sachverständige O... seine Aussage stützen könnte.
54Die Kammer komme auch zu keiner anderen Überzeugung auf Grund der von den Klägern vorgelegten Stellungnahme des Gebäude- und Energieberaters T.... vom 05.03.2014 (Anlage 1 zum Schriftsatz vom 17.03.2014). Der Sachverständige H... habe in seiner mündlichen Anhörung diesbezüglich erklärt, dass sich die vorgelegten Berechnungen von Herrn T.... nicht auf das streitgegenständliche Objekt bezögen, da die eingesetzten Bauteilwerte nicht auf die Örtlichkeit zuträfen. Auch wenn im Einzelfall baustatische Berechnungen ergeben könnten, dass die Anbringung einer Dämmung direkt auf einen Untergrund aus einem OSB-Plattensystem schadensfrei möglich sein könne, so dürfe bei einem – wie vorliegend – alten Fachwerkhaus das Wärmeverbundsystem nicht direkt auf nicht hinterlüftete OSB-Platten aufgebracht werden. Zudem sei die streitgegenständliche Unterkonstruktion bereits aufgrund der uneinheitlichen Faserrichtung und der dadurch entstehenden gegensätzlichen Fugen generell nicht geeignet.
55Auch insoweit würden die Ausführungen des Sachverständigen H... überzeugen. Zwar handele es sich bei ihm nicht um einen Bauphysiker, was er auch eingeräumt habe. Er habe jedoch nachvollziehbar und aus eigener handwerklicher Sachkunde erläutern können, dass durch die vorgelegten Berechnungen nicht auf die Geeignetheit des Wandaufbaus für eine Außendämmung geschlossen werden könne.
56Soweit sich die Kläger darauf beriefen, dass der Sachverständige seine Aussage in seiner mündlichen Anhörung habe korrigieren müssen, was gegen seine Sachkunde spreche und zeige, dass seine baustatische Einschätzung fehlerhaft sei, so begründe dies nicht die Annahme einer Geeignetheit des Untergrundes, zumal die von den Klägern vorgelegten baustatischen Berechnungen zu den technischen Gegebenheiten (unebener Untergrund, gegensätzliche Fugen) keine Aussage treffen. Der Sachverständige habe sich zudem dahingehend korrigiert, dass im Einzelfall dann keine Bedenken gegen die Montage eines Wärmedämmverbundsystems auf OSB-Platten bestünden, wenn durch eine konkrete bauphysikalische Berechnung nachgewiesen werde, dass der Dämmungsaufbau insgesamt schadensfrei möglich sei. Eine solche besondere Eignung im Einzelfall sei jedoch dann nach dem Vorgesagten von den Klägern darzulegen. Dies sei nicht erfolgt. Eine Berechnung, die die spezifischen Werte des streitgegenständlichen Objektes berücksichtige, hätten die Kläger nicht vorgelegt. Im Übrigen hätten die Kläger selbst weitere Feststellungen zur Geeignetheit des Untergrundes durch den Sachverständigen unmöglich gemacht, indem sie auf den OSB-Platten die neue Fassade angebracht hätten.
57Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Tatsache, dass die Kläger nunmehr selbst eine andere Art der Nacherfüllung, nämlich die hinterlüftete Fassade, gewählt hätten, die sich unstreitig auf die streitgegenständliche Unterkonstruktion habe anbringen lassen, so dass für diese Art der Dämmung keine Mitwirkungshandlung erforderlich gewesen sei. Diesbezüglich hätten die Kläger weder ausdrücklich Nacherfüllung verlangt, noch sei diese Art der Wärmedämmung Gegenstand des Vergleichs gewesen. Zwar könne sich ein Nachbesserungsverlangen nach der Rechtsprechung auch auf die Herstellung eines anderen als des vertraglich vereinbarten Zustandes beziehen, wenn dieser zweckmäßiger oder sogar erforderlich ist um die Funktionstauglichkeit zu erreichen. Allerdings dürfe dies nicht zu einer Beschneidung der Nacherfüllungsrechte des Unternehmers führen, indem der Kläger erst eine bestimmte Art der Nacherfüllung fordere und sodann ohne ein weiteres, spezifiziertes Nacherfüllungsverlangen die Mängel auf eine andere Art und Weise beseitige, ohne dem Unternehmer Gelegenheit zu geben, diese Arbeiten selbst vorzunehmen. Dies müsse insbesondere gelten, wenn – wie vorliegend – die Nacherfüllungsverpflichtung des Unternehmers konkret in einem Vergleich festgehalten sei. Andernfalls würde man dem Unternehmer die Pflicht aufbürden, entgegen dem vertraglich vereinbarten Leistungsumfang auf eine andere als die vertraglich vereinbarte Alternative hinzuweisen, um sein Recht zur Nacherfüllung nicht zu verlieren.
58Auch die Verpflichtung des Beklagten in dem Vergleich vom 05.07.2012 führe zu keinem anderen Ergebnis. Entgegen der Auffassung der Kläger habe der Beklagte darin nicht auf den in dem hiesigen Prozess geltend gemachten Einwand der erforderlichen Mitwirkungshandlung verzichtet. Vielmehr handele es sich bei der erforderlichen Mitwirkungshandlung um eine Voraussetzung, damit der Beklagte die Verpflichtung aus dem Vergleich erfüllen könne. Da die Kläger dem Beklagten nicht die Möglichkeit gegeben hätten, seine Verpflichtung aus dem Vergleich zu erfüllen, liege eine unberechtigte Ersatzvornahme vor mit der Folge, dass sämtliche Aufwendungen von den Klägern zu tragen seien. Fehle es an den Voraussetzungen für das Selbstvornahmerecht, lasse der Besteller die Mangelbeseitigung aber gleichwohl (vorschnell) durch einen Dritten vornehmen, so stünden dem Besteller keine Ansprüche auf Aufwendungsersatz aus § 637 Abs. 1 Hs. 1 zu. Denn grundsätzlich bestimme der Unternehmer/Auftragnehmer, der das Recht, Mängel an dem von ihm erstellten Werk selbst zu beseitigen oder beseitigen zu lassen, noch nicht verloren habe, auf welche Weise nachzubessern sei.
59Ein Zahlungsanspruch der Kläger gegen den Beklagten ergebe sich wegen der wirkungslosen Fristsetzung auch nicht gemäß §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 2, 281 BGB.
60Gegen das den Klägern am 23.12.2015 zugestellte Urteil wenden sich diese mit der beim Oberlandesgericht am 20.1.2016 eingegangener Berufung, mit der sie ihre Klage weiter verfolgen und die sie mit Schriftsatz vom 12.2.2016 begründet haben.
61Sie meinen, das Landgericht habe zur Behauptung des Beklagten, die Vorarbeiten der Kläger an der Fassade seien unzulänglich, rechtsfehlerhaft den Beweisbeschluss vom 10.12.2012 erlassen. Dieser Einwand des Beklagten sei unerheblich gewesen, da diese Frage dem Streit der Parteien durch Abschluss des Vergleichs im Verfahren des Landgerichts Wuppertal, Az. 1 O 39/11 entzogen sei.
62Bereits in diesem Vorprozess sei die Ordnungsgemäßheit der von den Klägern zu leistenden Vorarbeiten streitig gewesen (Schriftsatz vom 18.4.2011). Nach Abschluss des Vergleichs beschränke sich der Streit der Parteien lediglich noch auf die Höhe der einzusetzenden Ersatzvornahmekosten. Für diese Betrachtung spreche der Rechtsgedanke des § 767 Abs. 2 ZPO. Die Gründe für die Einwendung der unzureichenden Unterkonstruktion seien vor Abschluss des Vergleichs entstanden und hätten dementsprechend vorher geltend gemacht werden müssen.
63Die Entscheidung des Landgerichts sei insoweit fehlerhaft, als es von einer nicht wirksamen Fristsetzung ausgehe. Beruhe der Mangel auf fehlerhafter Vorarbeit des Bestellers, sei der Unternehmer dennoch zur Mängelbeseitigung verpflichtet. Soweit er dabei Leistungen erbringe, die von der beabsichtigen Ausführung nicht vorgesehen seien, könnten diese im Wege der Vorteilsausgleichung als „Sowiesokosten“ in Abzug gebracht werden.
64Jedenfalls beruhe das landgerichtliche Urteil auf einer fehlerhaften und unvollständigen Beweisaufnahme. Das in dem o.g. Beweisbeschluss angeordnete Sachverständigengutachten sei nicht eingeholt worden. Es liege lediglich das allein auf Aktenlage beruhende Zwischengutachten des Sachverständigen H... vom 31.1.2014 sowie dessen mündliche Stellungnahme vom 1.10.2014 vor. In seinem Beschluss vom 3.11.2014 sei das Landgericht selbst davon ausgegangen, dass ein endgültiges Gutachten noch erstellt werden müsse. Das Ergebnis der fragmentarischen Beweisaufnahme sei nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung i.S. der §§ 279 Abs. 3, 285 ZPO geworden.
65Das Zwischengutachten des Sachverständigen H... sei zudem falsch und zur Beantwortung der Beweisfrage ungeeignet. Soweit er darin feststelle, OSB-Platten seien dampfdiffusionsdicht und müssten als Dampfsperren an der Innenseite der Außenwände angebracht werden, sei dies unzutreffend, was er selbst später eingeräumt habe.
66Die Kläger meinen, die Kammer hätte den Sachverständigen wegen fehlender Sachkunde entlassen müssen, was bereits mit Schriftsatz vom 14.10.2014 beantragt worden sei.
67Darüber hinaus verletze das angefochtene Urteil das Recht der Kläger auf rechtliches Gehör, da die Kammer unberechtigt ihre (gegenbeweislichen) Anträge auf Vernehmung des sachverständigen Zeugen O... sowie die Einholung eines Sachverständigengutachten zur Richtigkeit der schriftsätzlich vorgetragenen Feststellungen des Energieberaters T.... vom 5.3.2014 übergangen habe.
68Die Kläger beantragen,
69das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 22.12.2015 zum Aktenzeichen 1 O 51/12 abzuändern;
70den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 42.840,-- Euro nebst Zinsen hieraus i.H. von 5%punkten über dem Basiszinssatz sowie weitere 777,19 Euro an außergerichtlichen Kosten nebst Zinsen hieraus i.H. von 5%punkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.11.2011 zu zahlen.
71Der Beklagte beantragt,
72die Berufung zurückzuweisen.
73Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
74Bei Abschluss des Vergleichs am 5.7.2011 sei keine der Parteien davon ausgegangen, dass der Beklagte die - streitigen - Fehler der Kläger an der Unterkonstruktion der Fassade - neben den im Vergleich übernommenen Mängelbeseitigungsarbeiten - auf eigene Kosten beseitigen sollte. Mit Abschluss des Vergleichs habe der Beklagte die Verantwortung für den fehlerhaften Konstruktionsuntergrund des WDVS nicht übernommen.
75Die Beweisaufnahme des Landgerichts sei auch nicht unvollständig. Die Kläger seien - insoweit unstreitig - der Aufforderung des Sachverständigen nicht nachgekommen, die zum damaligen Zeitpunkt mit zum Teil eingerissener Kunststofffolie abgedeckten Fassade für den am 3.12.2013 anberaumten Ortstermin freizulegen. Der Sachverständige habe an den bereits freiliegenden Stellen der Fassade erkennen können, dass die OSB-Platten nicht in der Art auf den Untergrund aufgebracht waren, dass sie als Unterbau für das WDVS geeignet waren. Hierfür habe er auch über die erforderliche Sachkunde verfügt.
76Die Tatsache, dass es dem Sachverständigen nicht gelungen sei, die gesamte Fassade zu begutachten, liege allein im Verantwortungsbereich der Kläger, die bereits während der Dauer der Beweisaufnahme eine andere Fassadenverkleidung hergestellt habe.
77Die Akten des Landgerichts Wuppertal, Az. 1 OH 34/08 und Az. 1 O 39/11 waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
78B.
79Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 517, 520 Abs. 2 ZPO) ist unbegründet.
80Das angefochtene Urteil weist keine Rechtsfehler i.S. des § 546 ZPO auf, die sich zum Nachteil der Kläger ausgewirkt haben, noch rechtfertigen vom Senat gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine abweichende Entscheidung.
81Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
82I.
83Die Zulässigkeit der Klage steht aufgrund der Rechtskraft des insoweit ergangenen Zwischenurteils vom 28.8.2012 (Bl. 42 i.V.m. Bl. 59 f. GA) bindend fest. Das Landgericht hat ferner rechtsfehlerfrei angenommen, der Wechsel von einem Vorschussanspruch gem. § 637 Abs. 3 BGB zu einem Anspruch auf Erstattung der Mängelbeseitigungskosten gem. § 637 Abs. 3 BGB stelle eine privilegierte Klageänderung i.S. des § 264 Nr. 3 ZPO dar (vgl. BGH, Urteil vom 12. 1. 2006 - VII ZR 73/04, NJW-RR 2006, 669, juris Tz 11f. zu § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B)
84II.
851. Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht einen Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin nach Ersatzvornahme gem. §§ 637 Abs. 1, 634 Nr. 2 BGB verneint.
86a) Zutreffend hat es festgestellt, dass die grundsätzliche Verpflichtung des Beklagten zur Nacherfüllung i.S. des Abrisses und der Neuherstellung der Fassade aufgrund des zwischen den Parteien am 5.7.2011 im Verfahren LG Wuppertal - 1 O 39/11 - geschlossenen gerichtlichen Vergleichs bindend feststeht.
87b) Gemäß § 637 Abs. 1 BGB ist die Ersatzvornahme durch den Besteller erst zulässig, nach erfolglosem Ablauf einer dem Unternehmer gesetzten angemessenen Frist zur Nacherfüllung, wenn nicht dieser die Nacherfüllung zu Recht verweigert.
88Eine Frist zur Nacherfüllung haben die Kläger dem Beklagten in dem Schreiben vom 17.11.2011 bis zum 30.11.2011 (Anlage 7) gesetzt.
89Eine solche Fristsetzung ist jedoch wirkungslos, wenn der Besteller diejenigen Mitwirkungshandlungen nicht vorgenommen oder jedenfalls angeboten hat, die den Werkunternehmer die Erbringung der geschuldeten Leistung ermöglichen (vgl. BGH, Urteil vom 08. November 2007 – VII ZR 183/05 –, BGHZ 174, 110-126, Rn. 36; OLG Hamm, Urteil vom 09. Juli 2009, I-21 U 46/09, juris Tz 11; MüKoBGB/Busche, BGB, 6. Aufl. 2012, § 636 Rn. 6).
90Unstreitig hatten die Kläger - als Mitwirkungshandlung i.S. des § 642 BGB - die für das WDVS erforderliche Unterkonstruktion herzustellen. Diese war im Zeitpunkt der Aufforderung vom 17.11.2011 nicht mängelfrei bzw. nicht für die Aufnahme des WDVS geeignet hergestellt.
91aa) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht zunächst ausgeführt, es sei dem Beklagten unbenommen, den Mangel des Untergrundes einzuwenden.
92(1) Ohne Erfolg rügen die Kläger mit der Berufung, mit diesem Einwand sei der Beklagte aufgrund des im Verfahren 1 O 39/11 geschlossenen Vergleichs vom 5.7.2011 ausgeschlossen.
93Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat ein Vergleich im Sinne von § 779 BGB grundsätzlich keine schuldumschaffende Wirkung (BGH Urteil vom 7. März 2002 - III ZR 73/01 - NJW 2002, 1503). Der Vergleich ändert das ursprüngliche Schuldverhältnis dann nur insoweit, als in ihm streitige oder ungewisse Punkte geregelt werden. Im Übrigen bleibt das ursprüngliche Rechtsverhältnis nach Inhalt und Rechtsnatur unverändert fortbestehen. Dies gilt grundsätzlich auch für Prozessvergleiche (BGH, Versäumnisurteil vom 23. Juni 2010 – XII ZR 52/08 –, juris Tz 15)
94Der Streitpunkt des mangelhaften Untergrunds ist zwischen den Parteien durch den Vergleich gerade nicht geregelt worden. Dieser ist vielmehr dahingehend auszulegen, dass der Beklagte zur Beseitigung der im selbstständigen Beweisverfahren (1 OH 34/08) festgestellten Mängel durch ein Drittunternehmen auf seine Kosten verpflichtet ist.
95Damit ist dem Beklagten lediglich der im Verfahren 1 O 39/11 erhobene Einwand abgeschnitten, er sei nicht zur Mängelbeseitigung verpflichtet, weil er bereits vor Ausführung seiner Arbeiten auf die Fehlerhaftigkeit der Vorarbeiten der Kläger hingewiesen habe, diese aber auf der geplanten Ausführung bestanden hätten.
96In dem selbstständigen Beweisverfahren wurde die Notwendigkeit der Entfernung und völligen Neuherstellung des WDVS und der damit verbundenen Neuanstrich- und Putzarbeiten festgestellt (S. 36 des Gutachtens des Sachverständigen O... vom 23.3.2010). Die vom Beklagten im Einzelnen durchzuführenden Arbeiten ergeben sich aus dem Ergänzungsgutachten vom 21.7.2010, dort S. 2 ff. (Bl. 68 ff. der Beiakte 1 OH 34/08). Arbeiten am Untergrund sind darin nicht enthalten. Der Senat hat bereits in der Verfügung vom 17.2.2016 darauf hingewiesen, dass dem Vergleich daher nicht entnommen werden kann, der Beklagte habe sich auch zur Ausführung bzw. Mängelbeseitigung der den Klägern obliegenden Vorarbeiten verpflichtet (Bl. 352 GA).
97(2) Ohne Erfolg wenden die Kläger ferner ein, der Beklagte könne sich in entsprechender Anwendung des § 767 Abs. 2 ZPO nicht auf den fehlerhaften Untergrund berufen, weil dieser Einwand ihm bereits vor Abschluss des Vergleichs möglich war. Zwar verweist § 795 ZPO auch hinsichtlich des in § 794 Nr. 1 ZPO genannten Prozessvergleichs u.a. auf § 767 ZPO.
98Die Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2 ZPO greift bei Titeln ohne Rechtskraftwirkung wie dem Prozessvergleich jedoch nicht ein (BGH, Beschluss vom 14. Mai 1987 – BLw 5/86 –, juris Leitsatz; Zöller/Herget, 31. Aufl. 2016, § 767 ZPO Rn 20).
99(3) Soweit die Kläger mit der Berufung zum Ausdruck bringen wollen, der Beklagte könne bei der Mängelbeseitigung erforderliche Mehrleistungen aufgrund fehlerhafter Vorarbeiten im Wege der Vorteilsausgleichung als Sowiesokosten gegenrechnen – diese seien also noch nicht bei der Fristsetzung zu berücksichtigen - , zitieren sie das Urteil des BGH unvollständig. Der BGH führt nämlich aus, dass sich die Frage der Sowiesokosten erst stellen kann, nachdem der Besteller für die ordnungsgemäße Vorleistung Sorge getragen hat. Dem von den Klägern auf S. 3 der Berufung zitierten Passage aus dem Urteil folgen die Sätze: „Allerdings kann der Unternehmer seine Vertragspflicht regelmäßig nur erfüllen, wenn der Besteller ihm die geeignete Vorleistung zur Verfügung stellt. Der Besteller muss deshalb im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkung dafür sorgen, dass die ungeeignete Leistung des vorleistenden Unternehmers ihrerseits in einer Weise verändert wird, dass der Unternehmer in der Lage ist, sein Werk vertragsgerecht herzustellen“ (BGH, Urteil vom 08. November 2007 – VII ZR 183/05 –, juris Tz 19). Die Frage der Sowieso-Kosten wird demnach erst dann relevant, wenn es um die Höhe des Anspruchs geht, nicht aber für den Anspruchsgrund, zu dem die ordnungsgemäße Fristsetzung gehört, die hier wegen der fehlenden Mitwirkung der Kläger unwirksam ist (s. dazu bb).
100bb) Die Fristsetzung im Schreiben vom 17.11.2011 war wirkungslos. Die Feststellungen des Landgerichts, die Kläger hätten die erforderliche Mitwirkungsleistung nicht erbracht, sind für den Senat bindend (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
101Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten könnten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), sind nicht gegeben. Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinne ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Voraussetzung für die Durchbrechung der Bindungswirkung ist, dass das Ersturteil nicht überzeugt. Dies ist der Fall, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Falle einer Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt. (vgl. BGH, Beschluss vom 08.02.2011, VIII ZR 108/08; BGH, Urteil vom 18.10.2005, VI ZR 270/04; BGH, Urteil vom 12.03.2004, V ZR 257/03, alle zitiert nach juris).
102Gemäß § 286 ZPO ist der Tatrichter lediglich an die Denk-, Natur- und Erfahrungssätze gebunden, im Übrigen darf er die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse nach seiner eigenen individuellen Einschätzung „frei“ bewerten. Die Beweiswürdigung genügt dann nicht den Anforderungen, die die Rechtsprechung zu § 286 ZPO entwickelt hat, wenn sie unvollständig oder in sich widersprüchlich ist oder wenn sie gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt oder wenn ein erhebliches Beweisangebot übergangen worden ist. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist hinsichtlich der Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit einer Tatsache eine Gewissheit ausreichend, die vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet (vgl. Zöller/Greger, 31. Aufl. 2016, § 286 ZPO Rn 13).
103(1) (a) Zu Unrecht rügen die Kläger, das Landgericht habe ihren Beweisantritt im Schriftsatz vom 17.3.2014, zur Korrektheit der Ausführungen des Energieberaters T.... in seiner Stellungnahme vom 5.3.2014 ein Sachverständigengutachten einzuholen, übergangen. Vielmehr hat das Landgericht mit Beschluss vom 14.7.2014 den Sachverständigen H... mit der Beurteilung dieser Stellungnahme beauftragt (Bl. 167 GA) und ihn hierzu in der mündlichen Verhandlung vom 1.10.2014 angehört.
104Auch wenn der Sachverständige H... kein Bauphysiker ist, hat er aufgrund seiner Sachkunde als Stukkateurmeister nachvollziehbar ausgeführt, dass die Stellungnahme des Herrn T.... für das streitgegenständliche Gebäude nicht relevant ist. Dies, weil er von einer Dicke der OSB-Platte von 18 mm statt 15 mm ausgegangen ist, eine falsche Wärmeleitgruppe (0,35 statt 0,40) zugrunde gelegt und die Schalung nicht berücksichtigt hat (Bl. 186 R ff. GA; s. auch die Stellungnahme vom 6.11.2014, Bl. 214 GA).
105Daher kam es auf die Korrektheit der Ausführungen in der Stellungnahme des Herrn T.... für die Entscheidung nicht an. Das Beweisangebot hat sich als unerheblich herausgestellt.
106(b) Soweit die Kläger rügen, das Landgericht habe seinen gegenbeweislichen Beweisantritt zum Thema des Beweisbeschlusses vom 10.12.2012 durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen O... übergangen, verfängt dies letztendlich ebenfalls nicht.
107Zwar hat das Landgericht den Beweisantritt rechtsfehlerhaft mit der Begründung zurückgewiesen, der sachverständige Zeuge O... habe aufgrund seiner sachverständigen Feststellungen im selbstständigen Beweisverfahren keine Erkenntnisse über die Unterkonstruktion erlangt, so dass es an Anknüpfungstatsachen fehle, auf die er seine Aussage stützen könne (S. 7 des Urteils).
108Dabei hat das Landgericht nicht berücksichtigt, dass die Kläger den Sachverständigen O... nach Abriss des WDVS als Privatgutachter mit der Begutachtung des Untergrunds beauftragt haben, nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 4.11.2011 Mängel des Untergrunds gerügt hatte. Der Sachverständige O... hat am 10.12.2011 eine Stellungnahme abgegeben (Anlage 8 zur Klageschrift), die sich mit den Ursachen des auf den OSB-Platten vorhandenen Schimmelbefalls befasst, so dass er grundsätzlich zum Zustand der OSB-Platten Angaben machen könnte.
109Der Beweisantritt auf S. 3 der Klageschrift, den Sachverständigen O... als sachverständigen Zeugen zu vernehmen, bezieht sich auf die Richtigkeit der Ausführungen im Schreiben vom 17.11.2011, in dem die Kläger neben der Fristsetzung die von dem Beklagten mitgeteilten Mängel am Untergrund nach einer Ortsbegehung mit Herrn O... zurückweisen.
110Im Schriftsatz vom 29.4.2015 (Bl. 223 GA) und vom 25.9.2015, S. 4 (Bl. 272 GA) haben die Kläger Herrn O... als sachverständigen Zeugen dazu benannt, dass anderweitige Mängel als in seiner Stellungnahme vom 10.12.2011 aufgeführt, die die Eignung der angebrachten OSB-Platten als Unterkonstruktion für das aufzubringende WDVS in Frage stellen könnten, von ihm nicht festgestellt worden seien und auch nicht vorhanden waren.
111Ein sachverständiger Zeuge kann nur zu vergangenen Tatsachen oder Zuständen vernommen werden (§ 414 ZPO). Soweit aus einem feststehenden Sachverhalt Schlussfolgerungen aufgrund besonderer Sachkunde gezogen werden sollen, handelt es sich um einen Sachverständigenbeweis (vgl. Zöller/Greger, 31. Aufl. 2016, § 414 ZPO Rn 2).
112Der Beweisantritt ist daher insoweit einschränkend auszulegen, als der sachverständige Zeuge O... nur zur Abwesenheit der vom Beklagten behaupteten Zustände benannt ist, nicht aber auch zu der damit verbundenen Eignung der OSB-Platten als Unterkonstruktion.
113Diesem Beweisantritt hätte das Landgericht nachgehen müssen, wenn der Vortrag erheblich wäre. Dies ist indes nicht der Fall.
114Zunächst ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der mit den OSB-Platten versehene Untergrund weder lot- noch fluchtgerecht ist. Dies hat der Beklagte im Schreiben vom 4.11.2011 bemängelt (Anlage 6). Die Kläger haben dies im Schreiben vom 17.11.2011 unter Ziff. 6 zugestanden und hierzu mitgeteilt, dass die Abweichungen nicht ausgeglichen werden sollen (Anlage 7).
115Der Sachverständige H... hat im Rahmen seiner Anhörung am 1.10.2014 ausgeführt, dass die Dämmplatten im sog. Dünnbett- oder Mittelbettverfahren zu verkleben sind und eine ebene Fläche erfordern (Bl. 186 R, 187 GA). Insoweit ist das Landgericht ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze davon ausgegangen, dass die Ausführungen des Sachverständigen zutreffen (S. 6 des Urteils).
116Dies entspricht den Feststellungen des Sachverständigen O... im selbstständigen Beweisverfahren, wonach eine vollflächige und gleichmäßige Verklebung der Dämmplatten mit einem Zahnspachtel erfolgen muss und die Platten gleichmäßig auf den Untergrund aufzusetzen sind, wobei die Plattenkanten direkt aneinander zu stoßen sind (S. 21 f. des Gutachtens vom 23.3.2010).
117Dies ist bei einem unebenen Untergrund naturgemäß nicht möglich.
118Demnach konnte der Beklagte seine Verpflichtung aus dem Vergleich, das WDSV entsprechend den Vorgaben des Sachverständigen O... im selbstständigen Beweisverfahren herzustellen, nicht erfüllen, ohne dass die Kläger zuvor einen ebenen Untergrund herstellten.
119Der Beklagte hat im Schreiben vom 4.11.2011 ferner bemängelt, dass die Befestigungsabstände zu groß seien. Hierzu hat er sich auf die Email eines WDVS Herstellers vom 28.11.2011 (Anlage B 13) bezogen. Ferner ergibt sich dies auch aus dem vom Beklagten eingeholten Privatgutachten des Dr. Ing. Ob…. vom 3.1.2012 (Anlage B 16), der einen Befestigungsabstand von stellenweise 1 Meter beschrieben und fotografisch dokumentiert hat (Bild 4). Dies stellen die Kläger im Schreiben vom 17.11.2011 nicht in Abrede. Hier findet sich unter Ziff. 3 nur die Bemerkung: „das vorhandene Befestigungsmaterial ist im übrigen in Ordnung“. Soweit sich aus den mit Schriftsatz vom 16.3.2012 eingereichten Fotos (Anlage 2, Bl. 23 ff. GA) Abstände von 60cm ergeben, beziehen sich diese auf andere Fassadenstellen.
120Es ist nicht ersichtlich, dass Herr O... als sachverständiger Zeuge den von Dr. Ing. Ob… fotografierten Zustand in Abrede stellen kann. Insoweit musste er nicht vernommen werden.
121Es ist auch nicht ersichtlich, dass Herr O... als sachverständiger Zeuge die Feststellung des Sachverständigen H... in Abrede stellen soll, dass die OSB- Platten in unterschiedlicher Faserrichtung bzw. Spannrichtung verlegt worden sind (Bl. 187 GA), was z.B. aus dem Foto, Bl. 22 GA ersichtlich ist. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass dies zu Kreuzfugen bzw. gegensätzlichen Fugen führe, die im Bereich der Fenster zu vermeiden seien (Bl. 191 GA). Auch diese Feststellung hat das Landgericht ohne Verstoß gegen Denk- oder Erfahrungssätze als zutreffend angenommen. Die Kläger gestehen im Schriftsatz vom 23.08.2016 zu, dass ein kreuzweises Verlegen der Platten mit unterschiedlichen Tragrichtungen zu vermeiden ist.
122Schließlich ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die OSB-Platten nicht einheitlich auf der Schalung angebracht sind, sondern es verschiedene Aufbauvarianten gibt. Während sie überwiegend unmittelbar auf der vorhandenen Schalung angebracht sind, sind sie im Bereich der Fenster des ersten Obergeschosses auf Ständerwerk befestigt (vgl. Foto Anlage 1, Bl. 22 GA).
123Im Privatgutachten des Dr. Ing. Ob.... (Anlage B 16) ist ausgeführt, dass es insoweit eines statischen Nachweises, gutachterlicher Erklärungen oder Erklärungen der Bauherrschaft bedürfe, bevor ein neues WDVS aufgebracht werden kann.
124Die Kläger gehen selbst davon aus, dass der Untergrund einheitlich gestaltet werden muss. Während sie sich mit Schriftsatz vom 24.2.2014 der Auffassung des Sachverständigen H... (Bl. 125, 187 GA) angeschlossen haben, dass die OSB-Platten an manchen Teilen der Fassade nicht ausreichend hinterlüftet seien und angekündigt haben, insoweit die OSB Platten zu demontieren, Traghölzer auf die Verschalung aufzubringen und anschließend die OSB Platten wieder zu montieren (Bl. 145 GA), haben sie im Schriftsatz vom 17.3.2014 (Bl. 148 GA) diese Ankündigung zurückgenommen unter Berufung auf eine Stellungnahme des Gebäudeenergieberaters T.... vom 5.3.2014 und mitgeteilt, dass die unmittelbare Befestigung der OSB-Platten auf dem Untergrund fachgerecht sei, nicht aber die Befestigung, die eine Hinterlüftung ermöglicht.
125Nach beiden Auffassungen wäre jedenfalls ein Teil der Unterkonstruktion nicht fachgerecht ausgeführt. Auch im Schriftsatz vom 25.9.2015, S. 3 5. Absatz (Bl. 271 GA) teilen die Kläger mit, der Beklagte habe die OSB-Platten „zurecht gerügt“.
126Daraus folgt, dass die Kläger selbst davon ausgingen, dass die Unterkonstruktion in Gänze nicht ordnungsgemäß errichtet war.
127Auf die übrigen Umstände, über die die Parteien hinsichtlich der Befestigung der OSB-Platten streiten, wie deren ausreichende Befestigung durch Schrauben oder Nägel, vorhandene Fugen bzw. Lücken oder die Ursachen von Rost- oder Schimmelbildung kommt es daher nicht an, so dass auch Herr O... hierzu nicht als sachverständiger Zeuge vernommen werden musste.
128(2) Keine unter Verstoß gegen die zu § 286 ZPO entwickelten Grundsätze beachtliche „Unvollständigkeit“ der Beweisaufnahme ist darin zu sehen, dass das Landgericht den Beweisbeschluss vom 10.12.2012 (Bl. 76 GA) nicht vollständig abgearbeitet, sondern mit Verfügung vom 25.6.2015 die weitere Begutachtung durch den Sachverständigen H... beendet hat, weil „eine Beantwortung der Beweisfrage nicht möglich erscheint“.
129Nachdem die Kläger sich zunächst geweigert hatten, der Aufforderung des Sachverständigen nachzukommen, die mit - beschädigter - Folie abgedeckte Fassade freizulegen (s. S. 3, 7 des Zwischengutachtens, Bl. 124, 128 GA), dämmten die Kläger die Fassade anderweitig. Mit Schreiben vom 22.5.2015 (Bl. 229 GA) und vom 24.8.2015 (Bl. 235 GA) teilte der Sachverständige mit, dass infolge dessen lediglich 5-7% der Fassade nach Entfernung der Dämmung begutachtet werden könnten, im Übrigen seien zur Begutachtung umfangreiche Rückbaumaßnahmen erforderlich.
130Angesichts der uneinheitlichen Montage der OSB-Platten war ein Anteil von 5-7% der Fassade nicht ausreichend, um repräsentative Feststellungen zu einem Systemfehler zu treffen. Daher durfte das Landgericht wegen Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes von einer „Unerreichbarkeit“ des Beweismittels (vgl. § 244 Abs. 2 S. 2 4. Fall StPO) ausgehen.
131Soweit die Kläger mit Schriftsatz vom 29.4.2015 (Bl. 223 GA) einwenden, der Sachverständige hätte – statt die Unterkonstruktion in Augenschein zu nehmen - sich mit der Stellungnahme des Herrn O... vom 10.12.2011 (Anlage 8) auseinandersetzen können bzw. Herr O... zur Eignung des Fassadenuntergrundes in Anwesenheit des Sachverständigen vernommen werden können, verfängt dies nicht.
132Die Stellungnahme des Herrn O... befasst sich ausschließlich mit den Ursachen von Schimmelbildung auf den OSB Platten und ist für die an den Sachverständigen gestellte Beweisfrage unerheblich. Wie bereits oben ausgeführt, ist darüber hinaus der Beweisantritt „sachverständiger Zeuge“ zu Schlussfolgerungen, die eine besondere Sachkunde voraussetzen, wie hier zur Eignung der Unterkonstruktion, gemäß § 414 ZPO unzulässig.
133Darüber hinaus hat das Landgericht die Einholung des Hauptgutachtens für unerheblich gehalten (S. 6 des Urteils, Bl. 317 GA), was im Ergebnis aus den unter (1) dargestellten Gründen nicht zu beanstanden ist.
134(3) Zu Unrecht wenden die Kläger mit der Berufung ein, der Sachverständige H... hätte gemäß ihrem Antrag vom 14.10.2014 (Bl. 195 GA) wegen fehlender Sachkunde entlassen werden müssen. Zutreffend hat das Landgericht in seinem diesen Antrag zurückweisenden Beschluss vom 3.11.2014 (Bl. 210 GA) ausgeführt, dass der Sachverständige die Beweisfrage aufgrund seiner handwerklichen Sachkunde als Stukkateur beantworten könne und es auf seine bauphysikalischen Kenntnisse nicht ankomme.
135Fehlerhaft ist die Beweiswürdigung des Landgerichts zwar insoweit, als es diese im Schwerpunkt auf die bauphysikalischen Ausführungen des Sachverständigen gestützt hat. Es hat ausgeführt, dass der Sachverständige zutreffend festgestellt habe, dass die unmittelbare Montage der OSB-Platten auf die vorhandene Schalung generell als Untergrund für ein WDVS ungeeignet sei (S. 6 des Urteils).
136Diese Feststellungen aus seinem Zwischengutachten (Bl. 125 GA) beruhen auf der unzutreffenden Annahme, dass OSB-Platten diffusionsdicht sind. Diese hat der Sachverständige selbst in seiner Anhörung (Bl. 187 GA) und in seinem Schreiben vom 6.11.2014 (Bl. 214 GA) ausdrücklich revidiert. Er hat ausgeführt, dass es für die Eignung des vorgefundenen Aufbaus eines konkreten Nachweises bedürfe, der nicht vorliege (Bl. 187, 215), die Eignung aber „seiner Meinung nach“ bei einem älteren Fachwerkhaus nicht gegeben sei.
137Da der Sachverständige weder Bauphysiker ist, noch selbst Berechnungen vorgenommen hat, reichte diese bloße „Einschätzung“ nicht aus, das Landgericht zur der vollen Überzeugung i.S. des § 286 ZPO zu bringen, die Wahl der Unterkonstruktion sei generell ungeeignet für ein WDVS (S. 6 des Urteils).
138Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht sodann angenommen, infolge dieser Feststellungen müssten nun die Kläger den bauphysikalischen oder statischen Nachweis dafür erbringen, dass die Unterkonstruktion geeignet sei. Darin liegt eine unzulässige Umkehr der Beweislast der Mangelhaftigkeit der Vorleistungen des Bestellers i.S. des § 642 BGB, die, wie das Landgericht auch in seinem Beweisbeschluss vom 10.12.2012 zum Ausdruck gebracht hat, den Unternehmer trifft (vgl. Palandt/Sprau, 75. Aufl. 2016, § 642 BGB Rn 5).
139Dieser Fehler in der Beweiswürdigung hat sich jedoch nicht auf das Entscheidungsergebnis ausgewirkt. Denn allein aufgrund der nach der Beweisaufnahme feststehenden handwerklichen Ausführungsmängel der Unterkonstruktion: Unebenheit des Untergrundes, gegensätzliche Fugen, uneinheitliche Ausführung mit und ohne Unterlattung (s.o. (1)) ist bereits von einer fehlenden Mitwirkungshandlung der Kläger auszugehen. Die Ausführungen der Kläger im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.08.2016 führen zu keiner abweichenden Beurteilung.
140(4) Schließlich rügen die Kläger ohne Erfolg, das Ergebnis der „fragmentarischen Beweisaufnahme“ sei niemals Gegenstand der mündlichen Verhandlung i.S. der §§ 279 Abs. 3, 285 ZPO gewesen.
141Gemäß § 279 Abs. 3 ZPO hat das Gericht im Anschluss an die Beweisaufnahme erneut den Sach- und Streitstand und, soweit bereits möglich, das Ergebnis der Beweisaufnahme mit den Parteien zu erörtern. Gemäß § 285 Abs. 1 ZPO haben die Parteien unter Darlegung des Streitverhältnisses zu verhandeln.
142Beides ist hier erfolgt. Nachdem der Sachverständige H... am 30.1.2014 sein Zwischengutachten erstattet hatte, über das am 26.6.2014 mündlich verhandelt wurde (Bl. 163 GA), fand am 1.10.2014 die Anhörung des Sachverständigen H... statt (Bl. 186 ff. GA). Nachdem dieser sodann mit der Erstellung des Hauptgutachtens beauftragt worden war, teilte er mit Schreiben vom 24.6.2015 (Bl. 235 f. GA) mit, dass aufgrund der anderweitigen Dämmmaßnahmen der Kläger der Gutachtenauftrag nur nach aufwändigen Rückbauarbeiten erfüllt werden könne. Daraufhin forderte das Gericht den Sachverständigen auf, die Akte zurückzuschicken, da eine Beantwortung der Beweisfrage nicht möglich erscheine (Bl. 237 GA). Sowohl das Schreiben des Sachverständigen als auch die richterliche Verfügung wurden den Prozessbevollmächtigten zur Stellungnahme binnen zwei Wochen zugeleitet. Der Klägervertreter führte in seinem Schriftsatz vom 25.9.2015 hierzu lediglich aus, dass er nicht nachvollziehen könne, warum der Sachverständige die Beweisfrage nicht beantworte (Bl. 271 GA). In der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2015 wurde ausweislich des Protokolls die Sach- und Rechtslage erörtert und die Kammer wies darauf hin, dass die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nicht vorlägen, weil der Beklagte letztlich nicht dazu aufgefordert ist, die von ihm geschuldete Leistung zu erbringen. Daraufhin verhandelten die Prozessbevollmächtigten zur Sache mit den Anträgen (Bl. 289 GA).
143Die Kammer gab also ihre Rechtsauffassung nach der Beweisaufnahme bekannt (§ 279 Abs. 3 ZPO) und die Prozessbevollmächtigten verhandelten darüber (§ 285 Abs. 1 ZPO).
144Ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze ist das Landgericht schließlich davon ausgegangen, dass sich die Eignung der Unterkonstruktion nicht daraus ergebe, dass die Kläger nunmehr - ohne diese zu verändern - ein anderes Dämmsystem aufgebracht haben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen im Urteil unter Ziff. 1 d) Bezug genommen.
145Letztendlich ist das Landgericht ohne Verstoß im Ergebnis richtig infolge der mangelhaften Vorarbeiten von einer wirkungslosen Fristsetzung ausgegangen.
146c) Eine Entbehrlichkeit der Fristsetzung gem. §§ 637 Abs. 2, 323 Abs. 2 BGB ist nicht ersichtlich und wird von den Klägern auch nicht behauptet.
147d) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht ausgeführt, dass dem Besteller keine Ansprüche auf Aufwendungsersatz aus § 637 Abs. 1 Hs. 1 BGB zustehen, wenn es an den Voraussetzungen für das Selbstvornahmerecht fehlt, der Besteller die Mangelbeseitigung aber gleichwohl (vorschnell) durch einen Dritten vornehmen lässt. Die Aufwendungen fallen ihm vielmehr selbst zur Last.
148(MüKoBGB/Busche, BGB, 6. Aufl. 2012, § 637 Rn. 7).
1492.
150Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht ausgeführt, dass mangels wirksamer Fristsetzung auch kein Schadensersatzanspruch gem. §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB besteht und auch weitere Zahlungsansprüche wegen Spezialität des Gewährleistungsrechts insoweit nicht in Betracht kommen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
1513.
152Mangels Bestehens des Hauptanspruchs bestehen auch keine Ansprüche auf Verzugszinsen oder Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
153C.
154Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.
155Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO i.V.m. §§ 711, 709 S. 2 ZPO.
156D.
157Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts im Hinblick auf die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
158E.
159Streitwert: 42.840,-- Euro.
160S-L…. B….. Dr. B….
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 30. Aug. 2016 - I-21 U 8/16
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 30. Aug. 2016 - I-21 U 8/16
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenOberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 30. Aug. 2016 - I-21 U 8/16 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern je zur Hälfte auferlegt.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden
Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Die Kläger machen mit der Klage Aufwendungsersatz für die Beseitigung von Mängeln geltend.
2Die Kläger beauftragten den Beklagten mit der Sanierung der Fassade des Hauses in der T-Straße in K. Der Beklagte sollte eine Außendämmung mit Grundanstrich, Dünnschichtputz und Schlussanstrich erstellen. Nach Durchführung der Arbeiten erteilte der Beklagte unter dem 22.02.2008 seine Schlussrechnung über insgesamt 22.781,06 €.
3Die Kläger machten in der Folge Mängel der vom Beklagten durchgeführten Arbeiten geltend. Mit Schreiben vom 09.10.2008 (Anlage 3 zur Klageschrift) forderten sie den Beklagten unter Fristsetzung zum 28.11.2008 zur Beseitigung verschiedener Mängel auf und erklärten, nach Ablauf der Frist Mängelbeseitigungsarbeiten durch den Beklagten abzulehnen.
4Die geltend gemachten Mängel wurden dann Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens – 1 OH 34/08 – LG Wuppertal. Über die behaupteten Mängel wurde in diesem Verfahren ein Gutachten des Sachverständigen L vom 23.03.2010 eingeholt.
5Aufgrund des Gutachtens machten die Kläger eine Vorschussforderung zur Beseitigung der behaupteten Mängel in Höhe von 71.400,00 € in dem Verfahren LG Wuppertal – 1 O 39/11 geltend. In diesem Verfahren schlossen die Parteien in der Sitzung vom 05.07.2011 folgenden Vergleich:
6„1.Der Beklagte wird die im Gutachten des Sachverständigen L vom 23.03.2010 (1 OH 34/08 Landgericht Wuppertal) festgestellten Mängel durch ein Solinger Fachunternehmen, in Aussicht genommen ist die Firma G aus K, auf seine Kosten beseitigen lassen.
7Der Beklagte wird den Auftrag umgehend erteilen.
8Die Parteien gehen beide davon aus, dass die durchzuführenden Arbeiten spätestens bis 30. November d.J. fertiggestellt sein werden.
92.Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.“
10Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte aus dem Verfahren LG Wuppertal – 1 O 39/11 Bezug genommen.
11Umgehend nach Abschluss des Vergleichs beauftragte der Beklagte die Firma G mit den durchzuführenden Arbeiten. Diese nahm zunächst die Abrissarbeiten der zuvor angebrachten Fassade vor. Mit Schreiben vom 24.10.2011 (Anlage 5 zur Klageschrift) rügten die Kläger die Abrissarbeiten als mangelhaft und setzten eine Frist zur ordnungsgemäßen Durchführung bis zum 31.10.2011.
12Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 04.11.2011 (Anlage 6 zur Klageschrift) mit, dass sich das Aufbringen der Wärmedämmung an der Fassade wegen mangelhafter Vorarbeiten an der Unterkonstruktion nicht durchführen ließe. Die Firma G stellte die weitere Tätigkeit deshalb ein. Die Vorbereitung der Unterkonstruktion liegt unstreitig im Verantwortungsbereich der Kläger.
13Die Kläger setzten dem Beklagten daraufhin mit Schreiben vom 17.11.2011 erneut eine Frist zum 30.11.2011 zur Durchführung aller Mängelbeseitigungsarbeiten, zu denen sich der Beklagte durch den Vergleich im Verfahren 1 O 39/11 verpflichtet hatte (Anlage 7 zur Klageschrift).
14Die Kläger begehrten mit der hiesigen Klage zunächst den ursprünglich geltend gemachten Kostenvorschuss abzüglich des auf die Abrissarbeiten entfallenden Anteils von 28.560,00 € weiter. Sodann beseitigten die Kläger das alte Wärmedämmverbundsystem im Wege der Ersatzvornahme selbst und brachten auf die vorhandenen OSB-Platten zur Wärmedämmung eine hinterlüftete Fassade an. Den hierfür erforderlichen Betrag bezifferten die Kläger anhand der Rechnung der Fa. B auf 56.932,06 €. Die von den Klägern gewählte Art der Wärmedämmung ist im Vergleich zu der vom Beklagten geschuldeten höherwertig. Sie begehren deshalb den ursprünglich mit der Klage geltend gemachten Betrag, der für die Herstellung des ursprünglich geschuldeten Wärmedämmverbundsystem erforderlich gewesen wäre, als Aufwendungsersatz weiter.
15Die Kläger behaupten, bereits die Abrissarbeiten seien mangelhaft durchgeführt worden. Der vorhandene Untergrund aus OSB-Platten sei geeignet gewesen für die Arbeiten des Beklagten. Wenn der Untergrund nicht geeignet gewesen sei, so habe der Beklagte diesen nachträglich verändert. Der Beklagte sei aufgrund des geschlossenen Vergleichs mit Einwendungen gegen den Grund seiner Haftung ohnehin präkludiert. Es wäre ihm möglich gewesen, die Einwendungen bereits im selbstständigen Beweisverfahren zu erheben.
16In der Bautechnik sei die nunmehr angebrachte vorgehängte hinterlüftete Fassade eine Alternative zum Wärmedämmverbundsystem. Seit dem Jahr 2008 habe es einen erheblichen Fortschritt in der Technik gegeben. Die von ihnen gewählte Art der Wärmedämmung biete einen höheren Dämmwert.
17Die Kläger beantragen,
181.
19den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 42.840,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
202.
21den Beklagten zu verurteilen, an sie außergerichtliche Kosten von 777,19 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.11.2011 zu zahlen.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Darüber hinaus behauptet er, die von den Klägern zur Verfügung gestellte Unterkonstruktion sei derart fehlerhaft, dass darauf keine mangelfreie Fassade, insbesondere ein Wärmedämmverbundsystem, aufgebracht werden könne. Er habe den Untergrund nicht verändert. Die von den Klägern angebrachte hinterlüftete Fassade sei nicht mit der streitgegenständlichen Fassadendämmung vergleichbar.
25Er ist zudem der Ansicht, dass die Beklagten durch den Vergleich auf ihr Recht zur Ersatzvornahme verzichtet hätten.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
27Die Kammer hat mit Zwischenurteil vom 28.08.2012 entschieden, dass die Klage zulässig ist (Bl. 42 ff. GA). Die Kammer hat sodann auf Grundlage des Beweisbeschlusses vom 10.12.2012 Beweis erhoben über die Frage, ob der Untergrund an der Fassade der Kläger so schlecht vorbereitet ist, dass darauf ohne Nachbesserungsarbeiten kein Wärmedämmverbundsystem aufgebracht werden kann, durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und dessen anschließender mündlicher Erläuterung. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen G vom 30.01.2014 (Bl. 122 ff. GA) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 01.10.2014 (Bl. 189 ff. GA) verwiesen.
28Entscheidungsgründe:
29I.
30Die Klage ist zulässig. Den Klägern steht es frei, ihre Klage nach Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten auf den Ersatz der dafür erforderlichen Aufwendungen umzustellen. Soweit darin aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Wirkungen der geltend gemachten Ansprüche eine Klageänderung zu sehen ist, ist diese gemäß § 264 Abs. 1 Nr. 3 ZPO stets zulässig.
31II.
32Die Klage ist jedoch nicht begründet.
331.
34Die Kläger haben gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen in Höhe von 42.840,00 EUR für die Beseitigung von Mängeln gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB.
35a.
36Die Kläger hatten grundsätzlich einen Nacherfüllungsanspruch gegen den Beklagten auf Beseitigung der im Verfahren LG Wuppertal 1 OH 34/08 festgestellten Mängel der Arbeiten des Beklagten. Die Parteien haben sich auf das Bestehen eines solchen Anspruchs durch den am 05.07.2011 in dem Verfahren des LG Wuppertal 1 O 39/11 geschlossenen Vergleich geeinigt.
37Durch diese Einigung haben die Kläger auch nicht – wie der Beklagten meint – auf ihr Recht aus § 637 BGB verzichtet. Der Anspruch aus § 637 BGB besteht gerade für den Fall, dass der Werkunternehmer seiner Pflicht zur Nacherfüllung nicht nachkommt. Dass die Parteien durch den Vergleich Folgeansprüche der Kläger ausschließen wollten, ist nicht ersichtlich.
38b.
39Voraussetzung für einen Anspruch aus § 637 Abs. 1 BGB ist jedoch der erfolglose Ablauf einer von dem Besteller zur Nacherfüllung bestimmten Frist. Die Kläger haben den Beklagten mehrfach zur Beseitigung der Mängel aufgefordert, zuletzt setzten die Kläger dem Beklagten nach Durchführung der Abrissarbeiten mit Schreiben vom 17.11.2011 eine Frist zur Durchführung aller Mängelbeseitigungsarbeiten bis zum 30.11.2011.
40c.
41Diese Fristsetzung war jedoch wirkungslos, da die Kläger eine erforderliche Mitwirkungshandlung zuvor nicht erbracht hatten (vgl. BGH NJW 1996, 1745; BGH NJW 2008, 511). Die Mitwirkungspflicht des Bestellers gemäß § 642 BGB gilt auch im Rahmen der Nacherfüllung. Denn so wie der Besteller nach dem rechtzeitig erfolgten Hinweis des Unternehmers auf ungeeignete Vorleistungen anderer Unternehmer in der Weise durch Änderung der Vorleistung reagieren muss, dass dem Unternehmer die Erfüllung des Vertrages möglich wird, so muss er dem Unternehmer auch die Nacherfüllung durch Änderung der Vorleistung ermöglichen (BGH NJW 2008 aaO). Soweit der Unternehmer die Nacherfüllung ohne Mitwirkungshandlungen des Bestellers nicht erbringen kann, muss der Besteller die Mitwirkungshandlung im Zeitpunkt des Nacherfüllungsverlangen vorgenommen oder zumindest angeboten haben (BGH NJW 2008, aaO; Busche in MüKo BGB § 634 Rn. 14).
42aa)
43Die Mitwirkungspflicht der Kläger bestand darin, die Unterkonstruktion der Hausfassade so vorzubereiten, dass das vom Beklagten aufzubringende Wärmedämmverbundsystem mangelfrei hätte montiert werden können. Die Vorbereitung der Unterkonstruktion lag unstreitig im Verantwortungsbereich der Kläger. Die Kammer ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Kläger die erforderliche Mitwirkungshandlung nicht erbracht haben.
44Der Sachverständige G stellte in seinem Zwischengutachten vom 30.01.2014 fest, dass die vorhandenen OSB-Platten als Unterkonstruktion generell ungeeignet für das Anbringen eines Wärmedämmverbundsystems seien. Die OSB-Platten seien überwiegend direkt auf die Schalung montiert worden. Da deshalb nicht für eine ausreichende Hinterlüftung gesorgt sei, bildeten die OSB-Platten keinen geeigneten Untergrund für ein außen aufzubringendes Wärmedämmverbundsystem (vgl. Bl. 125 GA). Zudem stellte der Sachverständige fest, dass die OSB-Platten nur genagelt und nicht verschraubt waren, und die Platten nicht in einheitlicher Faserrichtung liefen. Der Untergrund sei uneben. Auch aus diesen Gründen sei die Unterkonstruktion nicht geeignet, ein Wärmedämmverbundsystem zu tragen (Vgl. Bl. 191 GA).
45Die Kammer ist davon überzeugt, dass die vorstehenden Feststellungen des Sachverständigen zutreffen. Die Ausführungen des Sachverständigen zur generellen Ungeeignetheit der hiesigen OSB-Platten als Untergrund für ein Wärmedämmverbundsystem sind nachvollziehbar und verständlich. Der Sachverständige konnte sich zwar bei dem anberaumten Ortstermin kein abschließendes Bild von der Unterkonstruktion machen, da die Fassade nicht freigelegt wurde. Auf Grund der Angaben in der Akte konnte er aber davon ausgehen, dass die OSB-Platten direkt auf die Schalung montiert wurden. Allein auf Grund dieser Tatsache war es ihm möglich die mangelnde Hinterlüftung und die daraus folgende Ungeeignetheit der Unterkonstruktion für das Aufbringen eines Wärmedämmverbundsystems festzustellen. Ferner konnte zur handwerklichen Ausführung feststellen, dass zumindest die uneinheitliche Faserrichtung und die Montage mittels Nägeln nicht dem Stand der Technik entsprechen. Der Beklagte hat sich die Feststellungen des Sachverständigen zur generellen Ungeeignetheit der Unterkonstruktion mit Schriftsatz vom 19.02.2014 (Bl. 141 ff. GA) zu Eigen gemacht.
46Es bedurfte deshalb auch nicht mehr der Einholung des Hauptgutachtens, das sich mit der Frage beschäftigen sollte, ob die Unterkonstruktion handwerklich so fehlerhaft sei, dass darauf kein Wärmedämmverbundsystem angebracht werden könne. Dieses Gutachten konnte der Sachverständige aufgrund der zwischenzeitlich angebrachten Fassade nicht mehr erstatten. Auf diese Frage kommt es aber im Ergebnis nicht mehr an. Es steht bereits fest, dass der Untergrund generell ungeeignet ist, unabhängig davon, ob er darüber hinaus auch noch fehlerhaft montiert wurde.
47bb)
48Vor diesem Hintergrund war es nunmehr Sache der Kläger, darzulegen und zu beweisen, dass die Feststellungen des Sachverständigen zur generellen Ungeeignetheit auf den vorliegenden Einzelfall, etwa aus baustatischen Gründen, nicht zutreffen. Dies ist den Klägern nicht gelungen.
49Dabei ergibt sich die Geeignetheit des Untergrundes vorliegend nicht schon aus dem im selbstständigen Beweisverfahren 1 OH 34/08 eingeholten Gutachten. In diesem Verfahren kam es auf die Frage des fehlerhaften Untergrundes nicht an, da der Sachverständige damals bereits die fehlerhafte Verklebung des Wärmedämmverbundsystems feststellte. Die Kläger können sich dementsprechend für ihren Beweisantritt auch nicht auf das Zeugnis des damaligen Sachverständigen L stützen, da die Unterkonstruktion nicht Gegenstand des Beweisbeschlusses im selbstständigen Beweisverfahren war, auf dessen Grundlage der Sachverständige L tätig wurde. Dieser kann somit aus eigener Begutachtung keine Feststellungen zu der Unterkonstruktion machen. Es fehlt insoweit bereits an den erforderlichen Anküpfungstatsachen, auf die der Sachverständige L seine Aussage stützen könnte.
50Die Kammer kommt auch zu keiner anderen Überzeugung auf Grund der von den Klägern vorgelegten Stellungnahme des Gebäude- und Energieberaters U vom 05.03.2014 (Anlage 1 zum Schriftsatz vom 17.03.2014). Der Sachverständige G hat in seiner mündlichen Anhörung diesbezüglich erklärt, dass sich die vorgelegten Berechnungen von Herrn U nicht auf das streitgegenständliche Objekt bezögen, da die eingesetzten Bauteilwerte nicht auf die Örtlichkeit zuträfen. Auch wenn im Einzelfall baustatische Berechnungen ergeben könnten, dass die Anbringung einer Dämmung direkt auf einen Untergrund aus einem OSB-Plattensystem schadensfrei möglich sein könne, so dürfe bei einem – wie vorliegend – alten Fachwerkhaus das Wärmeverbundsystem nicht direkt auf nicht hinterlüftete OSB-Platten aufgebracht werden. Zudem sei die streitgegenständliche Unterkonstruktion bereits aufgrund der uneinheitlichen Faserrichtung und der dadurch entstehenden gegensätzlichen Fugen generell nicht geeignet.
51Auch insoweit überzeugen die Ausführungen des Sachverständigen G. Zwar handelt es sich bei diesem nicht um einen Bauphysiker, was er auch einräumte. Er konnte jedoch nachvollziehbar und aus eigener handwerklicher Sachkunde erläutern, dass durch die vorgelegten Berechnungen nicht auf die Geeignetheit des Wandaufbaus für eine Außendämmung geschlossen werden kann.
52Soweit sich die Kläger darauf berufen, dass der Sachverständige seine Aussage in seiner mündlichen Anhörung korrigieren musste, was gegen seine Sachkunde spreche und zeige, dass seine baustatische Einschätzung fehlerhaft sei, so begründet dies nicht die Annahme einer Geeignetheit des Untergrundes im vorliegenden Fall, zumal die von den Klägern vorgelegten baustatischen Berechnungen zu den technischen Gegebenheiten (unebener Untergrund, gegensätzliche Fugen) keine Aussage treffen. Der Sachverständige korrigierte sich zudem dahingehend, dass im Einzelfall dann keine Bedenken gegen die Montage eines Wärmedämmverbundsystems auf OSB-Platten bestünden, wenn durch eine konkrete bauphysikalische Berechnung nachgewiesen werde, dass der Dämmungsaufbau insgesamt schadensfrei möglich sei. Eine solche besondere Eignung im Einzelfall ist jedoch dann nach dem Vorgesagten von den Klägern darzulegen. Dies ist nicht erfolgt. Eine Berechnung, die die spezifischen Werte des streitgegenständlichen Objektes berücksichtigt, wurde von den Klägern nicht vorgelegt. Im Übrigen haben die Kläger selbst weitere Feststellungen zur Geeignetheit des Untergrundes durch den Sachverständigen unmöglich gemacht, indem sie auf den OSB-Platten die neue Fassade angebracht haben.
53d.
54Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass die Kläger nunmehr selbst eine andere Art der Nacherfüllung, nämlich die hinterlüftete Fassade, gewählt haben, die sich auch unstreitig auf die streitgegenständliche Unterkonstruktion anbringen ließ, so dass für diese Art der Dämmung keine Mitwirkungshandlung erforderlich war. Diesbezüglich haben die Kläger weder ausdrücklich Nacherfüllung verlangt, noch war diese Art der Wärmedämmung Gegenstand des Vergleichs. Zwar kann sich ein Nachbesserungsverlangen nach der Rechtsprechung auch auf die Herstellung eines anderen als des vertraglich vereinbarten Zustandes beziehen, wenn dieser zweckmäßiger oder sogar erforderlich ist um die Funktionstauglichkeit zu erreichen (vgl. BGH NJW 2014, 620). Allerdings darf dies nicht zu einer Beschneidung der Nacherfüllungsrechte des Unternehmers führen, indem der Kläger erst eine bestimmte Art der Nacherfüllung fordert und sodann ohne ein weiteres, spezifiziertes Nacherfüllungsverlangen die Mängel auf eine andere Art und Weise beseitigt, ohne dem Unternehmer Gelegenheit zu geben, diese Arbeiten selbst vorzunehmen. Dies muss insbesondere gelten, wenn – wie vorliegend – die Nacherfüllungsverpflichtung des Unternehmers konkret in einem Vergleich festgehalten ist. Andernfalls würde man dem Unternehmer die Pflicht aufbürden, entgegen dem vertraglich vereinbarten Leistungsumfang auf eine andere, als die vertraglich vereinbarte Alternative hinzuweisen, um sein Recht zur Nacherfüllung nicht zu verlieren.
55e.
56Gleichsam führt auch die Verpflichtung des Beklagten in dem Vergleich vom 05.07.2012 zu keinem anderen Ergebnis. Entgegen der Auffassung der Kläger hat der Beklagte darin nicht auf den in dem hiesigen Prozess geltend gemachten Einwand der erforderlichen Mitwirkungshandlung verzichtet. Vielmehr handelt es sich bei der erforderlichen Mitwirkungshandlung um eine Voraussetzung, damit der Beklagte die Verpflichtung aus dem Vergleich erfüllen konnte. Da die Kläger dem Beklagten nicht die Möglichkeit gegeben haben, seine Verpflichtung aus dem Vergleich zu erfüllen, liegt eine unberechtigte Ersatzvornahme vor mit der Folge, dass sämtliche Aufwendungen von den Klägern zu tragen sind. Fehlt es an den Voraussetzungen für das Selbstvornahmerecht, lässt der Besteller die Mangelbeseitigung aber gleichwohl (vorschnell) durch einen Dritten vornehmen, so stehen dem Besteller keine Ansprüche auf Aufwendungsersatz aus § 637 Abs. 1 HS. 1 zu (Busche in MüKo BGB (2015) § 637 Rn. 7 m.w.N.; BGH NJW-RR 1988, 208, 209). Denn grundsätzlich bestimmt der Unternehmer/Auftragnehmer, der das Recht, Mängel an dem von ihm erstellten Werk selbst zu beseitigen oder beseitigen zu lassen, noch nicht verloren hat, auf welche Weise nachzubessern ist (BGH NJW-RR 1988, 208).
572.
58Ein Zahlungsanspruch der Kläger gegen den Beklagten ergibt sich ebenfalls wegen der wirkungslosen Fristsetzung auch nicht gemäß §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 2, 281 BGB.
593.
60Ansprüche nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag aus den §§ 677, 683 Abs. 1 Satz 1, 670 BGB scheiden ebenfalls aus, da das werkvertraglichen Ausgleichssystem insoweit Vorrang hat. Die Vorschrift des § 637 Abs. 1 BGB beinhaltet eine abschließende Regelung für den Ersatz von Mängelbeseitigungskosten, neben der andere Anspruchsgrundlagen nicht bestehen können. Beseitigt der Besteller selbst einen Mangel oder lässt er diesen durch einen Drittunternehmer beheben, ohne dass die Voraussetzungen des § 637 Abs. 1 vorliegen, steht dem Besteller für seine Aufwendungen kein Erstattungsanspruch zu (Busche in MüKo BGB (2015) § 637 Rn. 18 m.w.N.). Gleiches gilt für Ansprüche auf Grundlage des Bereicherungs- oder Deliktsrechts (Busche aaO. § 637 Rn. 18 m.w.N.).
614.
62Mangels bestehender Hauptforderung der Kläger besteht auch kein Zinsanspruch aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 2, bzw. 291 BGB und kein Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
63III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 Satz 2 ZPO.
64Der Streitwert wird auf 42.840,00 EUR festgesetzt.
Tenor
Auf die Beschwerde und Erinnerung der Antragstellerin werden der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 – 3 B 749/09 – geändert, der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 09. Juni 2010 – 3 B 749/09 – aufgehoben und der Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens in beiden Rechtszügen.
Gründe
I.
- 1
Die Antragstellerin hat am 09. Oktober 2009 auf dem Postweg beim Verwaltungsgericht Schwerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem sie die Zulassung zum Studium der Zahnmedizin an der Universität Rostock zum Wintersemester 2009/2010 verfolgt hat. Noch am selben Tag – um 11.18 Uhr – ist per Telefax der Schriftsatz der Antragstellerin beim Verwaltungsgericht eingegangen, mit dem sie die Rücknahme ihres Antrages erklärt hat. Eine Eingangsverfügung des Gerichts ist in der Gerichtsakte nicht enthalten, eine Zustellung der Antragsschrift nicht erfolgt. Mit Beschluss vom 15. Oktober 2009 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Eine gerichtliche Verfügung betreffend die Übersendung des Einstellungsbeschlusses an die Beteiligten enthält die Gerichtsakte nicht.
- 2
Veranlasst durch krankheitsbedingte Personalengpässe und mehrere Hundert NC-Verfahrenseingänge binnen weniger Wochen ist es auf der Serviceeinheit bzw. Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts zu einem Bearbeitungsstau gekommen. Aus diesem Grund sind Antragsschrift, Rücknahmeerklärung und Einstellungsbeschluss erst unter dem 12. April 2010 an den Antragsgegner übersandt worden.
- 3
Bereits zuvor ist der Kammervorsitzende beim Verwaltungsgericht – ausweislich des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 – mit der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners „übereingekommen, ihr vorab einen Ausdruck der NC-Verfahrenseingänge aus dem Prozessregister des Gerichts zur Verfügung zu stellen“. In diese Liste waren zwischenzeitliche Antragsrücknahmen mangels Bearbeitung in der Serviceeinheit nicht eingetragen. Ein Ausdruck der Liste befindet sich nicht bei der Gerichtsakte bzw. Generalakte. Mit einer bei der Generalakte befindlichen ausgedruckten E-Mail vom 18. November 2009 hat sich die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners für die Übersendung der Liste bedankt. Mit am 04. Dezember 2009 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners dessen Vertretung angezeigt und die Zurückweisung des Antrags beantragt.
- 4
Am 07. Mai 2010 hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners beim Verwaltungsgericht einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt und den festzusetzenden Betrag mit 489,45 EUR beziffert. Entsprechend hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. Juni 2010 die von der Antragstellerin zu erstattenden Kosten festgesetzt. Nach Zustellung des Beschlusses am 15. Juni 2010 hat die Antragstellerin am 18. Juni 2010 Erinnerung gegen denselben eingelegt. Mit dem vorliegend angefochtenen Beschluss vom 21. März 2011 hat das Verwaltungsgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Der Beschluss ist der Antragstellerin am 04. April 2011 zugestellt worden. Am 06. April 2011 hat sie gegen ihn Beschwerde eingelegt.
II.
- 5
Die Beschwerde, über die der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern entscheidet (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 09.11.2007 – 1 O 121/07 –, juris; VGH Mannheim, Beschl. v. 06.11.2008 – NC 9 S 2614/08 –, juris, m. w. N.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.06.2007 – 2 OA 433/07 –, NVwZ-RR 2007, 816 – zitiert nach juris), hat Erfolg. Sie ist ebenso zulässig und begründet wie die mit ihr weiter verfolgte Erinnerung; infolgedessen ist der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts aufzuheben sowie der Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners zurückzuweisen.
- 6
Die fristgerecht erhobene Beschwerde (§§ 146, 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 ist auch im Übrigen zulässig; insbesondere ist der Beschwerdewert von 200 EURO (§ 146 Abs. 3 VwGO) erreicht. Auch wenn insoweit in der Beschwerdebegründung teilweise missverständliche Ausführungen enthalten sind, ist unzweifelhafter Gegenstand des Beschwerde- und Erinnerungsverfahrens der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. Juni 2010 und nicht etwa die unanfechtbare (vgl. § 158 Abs. 2 VwGO) Kostenentscheidung im Einstellungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2009.
- 7
Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 09. Juni 2010 zu Unrecht zurückgewiesen. Die nach den §§ 164, 165 und 151 VwGO zulässige – insbesondere fristgemäß erhobene – Erinnerung ist begründet, die geltend gemachte Verfahrensgebühr zuzüglich Nebenkosten und Steuern vorliegend nicht erstattungsfähig.
- 8
Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO – wie es auch § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO für den Zivilprozess vorschreibt – sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Das Gesetz sieht weder nach seinem eindeutigen Wortlaut und seiner Systematik noch nach Sinn und Zweck der getroffenen Regelung vor, dass bei der Kostenfestsetzung die Notwendigkeit der Heranziehung eines Rechtsanwalts geprüft und zum Maßstab für die Erstattungsfähigkeit der Kosten gemacht wird. Nur für die Erstattungsfähigkeit von Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten im Vorverfahren sieht § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO eine Notwendigkeitsprüfung durch das Gericht vor. Diese Sonderstellung der Rechtsanwälte liegt begründet in dem Interesse der Rechtspflege an der Vertretung der Beteiligten durch die hierzu nach § 3 Abs. 1 BRAO besonders berufenen Personen. § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO gilt auch zu Gunsten von Behörden als Beteiligte eines Verwaltungsprozesses. Auch sie können sich im Prozess durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, dessen Gebühren und Auslagen dann ohne Weiteres erstattungsfähig sind. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Behörde selbst über eigene juristisch geschulte Bedienstete verfügt, die den Prozess für sie hätten führen können (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 02.08.2006 – NC 9 S 76/06 –, NVwZ 2006, 1300 – zitiert nach juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 01.02.2006 – OVG 1 K 72.05 –, NVwZ 2006, 713 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris; VG Hannover, Beschl. v. 26.11.2007 – 8 C 4505/07 –, juris).
- 9
Nur in restriktiv zu behandelnden Ausnahmefällen findet trotz des eindeutigen Gesetzeswortlauts eine Kostenerstattung nicht statt. Dies gilt etwa bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten (Verstoß gegen Treu und Glauben) sowie bei einem offensichtlichen Verstoß gegen den das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatz, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, und wird von der Rechtsprechung insbesondere auch für den Fall angenommen, dass die anwaltliche Vertretung für die Partei in dem konkreten Verfahren offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Gegner Kosten zu verursachen, etwa wenn die Vertretungsanzeige erst nach unstreitig eingetretener objektiver Erledigung der Hauptsache erfolgt, obwohl nur noch die Abgabe entsprechender prozessualer Erklärungen durch die hinsichtlich der zu erwartenden Kostenentscheidung kundigen Beteiligten aussteht (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 02.08.2006 – NC 9 S 76/06 –, a. a. O.; Beschl. v. 28.02.1991 – NC 9 S 98/90 –, NVwZ 1992, 388 – zitiert nach juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.09.2009 – 2 OA 302/09 –, juris; Beschl. v. 15.08.2003 – 2 OA 117/03 –, NVwZ-RR 2004, 155 – zitiert nach juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.03.2010 – OVG 1 K 8.10 –, juris; Beschl. v. 24.04.2009 – OVG 1 K 17.08 –, juris; Beschl. v. 01.02.2006 – OVG 1 K 72.05 –, NVwZ 2006, 713 – zitiert nach juris; OVG A-Stadt, Beschl. v. 12.06.2007 – 3 So 173/05 –, NVwZ-RR 2007, 825 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; VG Berlin, Beschl. v. 16.06.2010 – 14 KE 2.05 –, juris; Beschl. v. 28.06.2005 – 14 KE 29.05 –, juris). Insoweit fließt auch der Aspekt der Notwendigkeit im Sinne von § 162 Abs. 1 VwGO in die Auslegung des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO wieder mit ein (OVG Berlin, Beschl. v. 07.02.2001 – 3 K 17/00 –, NVwZ-RR 2001, 613; Beschl. v. 04.01.2001 – 3 K 9/00 –, NVwZ-RR 2001, 614; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris).
- 10
Es ist dabei für die Beurteilung der Rechtsmissbräuchlichkeit nicht maßgeblich, ob der Prozessgegner oder das Gericht die Tätigkeit des bevollmächtigten Anwalts für nutzlos halten, sondern ob sie für die von ihm vertretene Partei in dem konkreten Verfahren von Nutzen ist. Letzteres wird zur Vermeidung eines unangemessenen und vom Gesetz für den Regelfall nicht vorgesehenen Eindringens in das Vertretungsverhältnis vermutet und kann nur dann zur Verhinderung einer rechtsmissbräuchlichen Kostenverursachung verneint werden, wenn nach den äußeren Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach dem Stand des Streitverfahrens, das Gegenteil offen zutage tritt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.09.2009 – 2 OA 302/09 –, juris; OVG A-Stadt, Beschl. v. 12.06.2007 – 3 So 173/05 –, NVwZ-RR 2007, 825 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris).
- 11
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist nach Überzeugung des Senats vorliegend ein Ausnahmefall gegeben, in dem die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners gegen den das Kostenrecht beherrschenden Grundsatz, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, verstoßen hat und für ihn offensichtlich nutzlos sowie objektiv nur dazu angetan war, dem Gegner Kosten zu verursachen. Zu dieser Schlussfolgerung führen den Senat folgende Erwägungen: Die Antragsschrift und der die Antragsrücknahme enthaltende Schriftsatz sind am selben Tag beim Verwaltungsgericht eingegangen, wobei letzterer bereits am Vormittag dort vorgelegen hat. Bei der nach der Prozessordnung (§§ 85 Satz 1, 86 Abs. 4 Satz 3 VwGO; die Vorschriften gelten grundsätzlich auch für das Anordnungsverfahren, vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 123 Rn. 122) vorgesehenen Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts wären beide Schriftsätze deshalb (ebenso wie vermutlich der Einstellungsbeschluss) im ordentlichen Geschäftsgang gleichzeitig alsbald nach ihrem Eingang (bzw. der Beschlussfassung) an die mit einer alle Hochschulzulassungsstreitigkeiten betreffend Human- und Zahnmedizin im Studienjahr 2009/2010 Generalprozessvollmacht – deren Wirksamkeit hier keiner weiteren Erörterung bedarf – ausgestattete Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners zugestellt bzw. übermittelt worden. Dann wäre es für den Antragsgegner bzw. seine Prozessbevollmächtigte offensichtlich gewesen, dass im Verhältnis zur Antragstellerin eine anwaltliche Vertretung objektiv für ihn bzw. ihren Mandanten keinen Nutzen mehr bringen konnte und in dem Verfahren – wenn er nicht ohnehin bereits mit übersandt worden wäre – lediglich noch ein gerichtlicher Einstellungsbeschluss zu erwarten gewesen wäre. Wenn die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter – anders als im Regelfall – gleichzeitig mit der Kenntniserlangung von der Einlegung eines Rechtsbehelfs wusste oder hätte wissen müssen, dass der Rechtsbehelf zurückgenommen worden ist, liegt es auf der Hand bzw. tritt nach den äußeren Umständen des Einzelfalls offen zutage, dass prozessbezogene Tätigkeiten objektiv nicht mehr erforderlich sind und die anwaltliche Vertretung für die Partei in dem betreffenden Verfahren offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan wäre, dem Gegner Kosten zu verursachen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.08.2003 – 2 OA 117/03 –, a. a. O., juris Rn. 7).
- 12
Blendet man im Weiteren nun zunächst aus, dass der Antragsgegner bzw. seine Prozessbevollmächtigte – auf einem von der Prozessordnung nicht vorgesehenen Weg – zwischenzeitlich Kenntnis von dem Eingang des vorliegenden Verfahrens erhalten hat, wäre die Sachlage nicht anders gewesen. Dann hätte der Antragsgegner erstmalig und gleichzeitig – genau wie vorstehend durch die an sich seitens des Gerichts zu erwartende Vorgehensweise, die lediglich durch die damals schwierigen Bedingungen auf der Geschäftsstelle zunächst verhindert worden ist – aufgrund des gerichtlichen Übersendungsschreibens vom 12. April 2010 von Antragstellung und Antragsrücknahme (sowie vom Einstellungsbeschluss) Kenntnis erlangt. Auch zu diesem Zeitpunkt wäre im Sinne der vorstehenden Ausführungen davon auszugehen gewesen, dass eine anwaltliche Vertretung für den Antragsgegner im Verhältnis zur Antragstellerin offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan gewesen wäre, der Gegnerin Kosten zu verursachen.
- 13
Nicht anders verhält es sich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners seitens des Gerichts nach Absprache mit dem Kammervorsitzenden eine Liste der bis zu dem betreffenden Zeitpunkt – Mitte November – eingegangenen Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung übermittelt worden ist, sie dadurch auch Kenntnis vom Eingang des Verfahrens der Antragstellerin erlangt und unter Vertretungsanzeige mit am 04. Dezember 2009 eingegangenem Schriftsatz einen Zurückweisungsantrag gestellt hat. Dieser Sachverhalt rechtfertigt gegenüber dem normalen, vorstehend erörterten Verfahrensgang ebenfalls keinen Kostenerstattungsanspruch des Antragsgegners gegen die Antragstellerin.
- 14
Die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners hat sich die entsprechende Kenntnis vom Eingang des Verfahrens nämlich auf einem von der Prozessordnung nicht vorgesehenen Weg verschafft. Die Übersendung eines Ausdrucks der NC-Verfahrenseingänge aus dem Prozessregister des Gerichts kann offensichtlich nicht der Antragszustellung nach Maßgabe von § 85 Satz 1 VwGO gleichgestellt bzw. zugerechnet werden. Da sich die betreffende Liste auf die Dokumentation des Eingangs der einzelnen Verfahren beschränkte, waren ihr keine Informationen zum Fortgang der Verfahren nach dem Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht zu entnehmen. Insbesondere mussten ihr dabei bereits vorliegende Antragsrücknahmen – wie hier – verborgen bleiben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erstellung der Liste – Mitte November 2009 – etwa wegen zwischenzeitlich im Nachrückverfahren vergebener Studienplätze eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit bestand, dass es zumindest schon vereinzelt zu Antragsrücknahmen gekommen war. Wenn die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners in dieser Situation ausschließlich gestützt auf die übermittelte, den Verfahrensstand nicht dokumentierende Eingangsliste flächendeckend in allen Verfahren schriftsätzliche Vertretungsanzeigen und Zurückweisungsanträge an das Verwaltungsgericht übersandt hat, musste sie folglich Gefahr laufen, dies auch in Verfahren zu tun, in denen hierfür – wie vorliegend – objektiv wegen zwischenzeitlicher Antragsrücknahme keine Veranlassung bestand, bzw. dies für den Antragsgegner bei objektiver Betrachtung nutzlos war. Dieses Risiko kann nicht der Antragstellerin zugerechnet werden, die für diesen Verfahrensverlauf keine Veranlassung gegeben hat. Das Risiko der objektiv nutzlosen anwaltlichen Vertretung fällt vielmehr unter den besonderen Umständen des vorliegenden Einzelfalls in die Sphäre des Antragsgegners. Dessen Prozessbevollmächtigte hat sich für die Beurteilung der Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung auf eine Verfahrenseingangsliste verlassen, die von der maßgeblichen Prozessordnung schon nicht vorgesehen ist und diese Beurteilung gerade nicht in allen Verfahren in hinreichender Weise ermöglichte. Sie hat gewissermaßen den „normalen Verfahrensweg“ wie vorstehend beschrieben ohne beachtlichen Grund „verlassen“. Das aus einer flächendeckend erfolgten Vertretungsanzeige samt Zurückweisungsantrag folgende Risiko, auch einzelne Verfahren zu erfassen, in denen insoweit keinerlei entsprechende Notwendigkeit bestand bzw. anzuerkennen war, hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners nach Lage der Dinge offensichtlich billigend in Kauf genommen bzw. auch in diesen Fällen die Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung gewissermaßen „ins Blaue hinein“ bejaht. Diesem Risiko hätte sie im Sinne einer Obliegenheit ohne Weiteres entgehen können, wenn sie ausdrücklich nach etwaigen zwischenzeitlichen Antragsrücknahmen gefragt hätte.
- 15
Die vom Senat vorgenommene Risikozuweisung findet ihre Rechtfertigung zudem auch in folgenden Überlegungen: Auch wenn nachvollzogen werden kann, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners die damalige Situation im Verwaltungsgericht als misslich empfunden haben mag, ist doch in keiner Weise ersichtlich, dass der Antragsgegner oder seine Prozessbevollmächtigte zur Rechtswahrung, sei es in materieller oder in prozessualer Hinsicht, auf die mit dem Gericht vereinbarte Übersendung einer Verfahrenseingangsliste angewiesen gewesen wäre. Weder ist insoweit für den Antragsgegner ein beachtlicher rechtlicher Vorteil erkennbar noch gar ein rechtlicher Nachteil oder gar Rechtsverlust zu befürchten gewesen (vgl. zur Beachtlichkeit dieses Gesichtspunktes VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris), wenn er die später dann im normalen Geschäftsgang erfolgte Übersendung der Antragsschrift zugleich mit der Antragsrücknahme abgewartet hätte. Dies gilt etwa für seinen Anspruch auf rechtliches Gehör. Auf der Basis der betreffenden Liste war ihm zudem auch keine auf den Antragstellervortrag in den einzelnen Verfahren bezogene differenzierte Stellungnahme möglich. Anhaltspunkte für ein Bedürfnis des Antragsgegners zur vorsorglichen Wahrnehmung von Rechten mit Hilfe anwaltlicher Vertretung bestehen im Verhältnis zur Antragstellerin nicht.
- 16
Demzufolge bleibt als plausible Erklärung für die auf die übersandte Liste gestützte Vertretungsanzeige und den Zurückweisungsantrag nur die Annahme, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners damit Gebühreninteressen verfolgt hat, was letztlich in den Verfahren, in denen später die Antragszustellung erfolgte und der jeweilige Antrag aufrecht erhalten oder eine Antragsrücknahme erst nach erfolgter Zustellung erklärt worden ist, grundsätzlich legitim war, im vorliegenden Verfahren jedoch ausnahmsweise nicht.
- 17
An dieser Beurteilung ändert schließlich auch der Sachverhalt nichts, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners bereits im August 2009 beim Verwaltungsgericht eine allgemeine Prozessvollmacht zur Vertretung der Universität Rostock in sämtlichen Hochschulzulassungsstreitigkeiten betreffend die Studiengänge Humanmedizin und Zahnmedizin im Wintersemester 2009/2010 vorgelegt hat. Ungeachtet der Frage nach deren Wirksamkeit – bzw. Relevanz, da diese nach Maßgabe des Übersendungsschreibens vom 14. August 2009 von der „Universität Rostock“, nicht jedoch vom Antragsgegner erteilt worden ist – konnte insoweit nicht etwa eine Vorverlagerung der Entstehung der Kostenerstattungspflicht der jeweiligen Antragsteller/Antragstellerinnen vor den Zeitpunkt der individualisierten Kenntnisnahme des Antragsgegners vom Umstand der Rechtshängigkeit (vgl. § 90 Abs. 1 VwGO) und der damit einhergehenden Begründung eines Bedürfnisses, anwaltliche Hilfe zur Rechtsverteidigung in Anspruch nehmen zu wollen, bewirkt werden. Eine andere Sichtweise wäre mit dem kostenrechtlichen Grundsatz, die Kosten in dem jeweiligen (Verwaltungs-) Streitverfahren so niedrig wie möglich zu halten, nicht vereinbar. Die im Verhältnis zu den jeweiligen Antragstellern erforderliche individuelle objektive Beurteilung der Notwendigkeit der Rechtsverteidigung mit Hilfe einer Rechtsanwältin setzt die Kenntnis des Antragsgegners von der Rechtshängigkeit des betreffenden Anordnungsantrages voraus. Es liegt auf der Hand, dass der Antragsgegner sich ohne eine solche Kenntnis von der Rechtshängigkeit eines konkreten Anordnungsverfahrens die Frage nach der entsprechenden Notwendigkeit gar nicht stellen konnte. Anderenfalls liefe auch das Kostenminderungsgebot im Falle der Erteilung einer Generalprozessvollmacht wie im vorliegenden Fall leer.
- 18
Welchen objektiven Nutzen die mit Generalprozessvollmacht erfolgte Beauftragung eine Rechtsanwalts in der vorliegenden Situation für den Antragsgegner aus der Sicht eines verständigen Beteiligten gehabt haben soll, ist nicht ersichtlich. Auch eine (organisatorische) „Entlastung“ der Hochschule tritt durch die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts nicht ein, weil nach der Antragsrücknahme keinerlei aktive Prozessführung oder ein sonstiges Tätigwerden durch den Antragsgegner erforderlich war. Zwar mögen durchaus außergerichtliche Kosten des Antragsgegners entstanden sein. Diese Kosten betreffen aber allein das Verhältnis zwischen ihm als Mandanten und der von ihm beauftragten Rechtsanwältin. Aus der Entstehung dieser Kosten kann nicht zugleich auf deren Erstattungsfähigkeit im Verhältnis zum Prozessgegner geschlossen werden. Es steht dem Antragsgegner zwar frei, der von ihm regelmäßig mandatierten Rechtsanwältin Generalprozessvollmacht zu erteilen und die Zustellung aller Eilanträge an diese zu erbitten, ggf. auch mit dem Ziel, jeglicher Befassung mit gerichtlichen Verfahren grundsätzlich enthoben zu sein. Jedoch trägt er in einem solchen Fall die Gefahr dafür, dass von der Generalbevollmächtigung auch Streitverfahren erfasst werden, die nur unter Verstoß gegen die Kostenminderungspflicht einem Anwalt übertragen werden können. Er kann sich seiner Verpflichtung zur Geringhaltung der Kosten im Einzelfall nicht dadurch entziehen, dass er vorab die Bearbeitung auch solcher Verfahren einer Anwältin überlässt, in denen kein Anlass zum Tätigwerden besteht (vgl. zum Ganzen VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris; OVG Berlin, Beschluss vom 04.01.2001 – 3 K 9/00 –, NVwZ-RR 2001, 614; vgl. auch VG Berlin, Beschl. v. 28.06.2005 – 14 KE 29.05 –, juris;).
- 19
Im Ergebnis der vorstehenden Gesamtbetrachtung steht deshalb im Sinne einer besonderen Ausnahme die Bewertung, dass die anwaltliche Vertretung für den Antragsgegner durch seine Prozessbevollmächtigte im Verhältnis zur Antragstellerin insgesamt offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan gewesen ist, letzterer Kosten zu verursachen.
- 20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
- 21
Hinweis:
- 22
Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
(1) Der Besteller kann wegen eines Mangels des Werkes nach erfolglosem Ablauf einer von ihm zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn nicht der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht verweigert.
(2) § 323 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. Der Bestimmung einer Frist bedarf es auch dann nicht, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist.
(3) Der Besteller kann von dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen Vorschuss verlangen.
Tenor
Auf die Beschwerde und Erinnerung der Antragstellerin werden der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 – 3 B 749/09 – geändert, der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 09. Juni 2010 – 3 B 749/09 – aufgehoben und der Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens in beiden Rechtszügen.
Gründe
I.
- 1
Die Antragstellerin hat am 09. Oktober 2009 auf dem Postweg beim Verwaltungsgericht Schwerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem sie die Zulassung zum Studium der Zahnmedizin an der Universität Rostock zum Wintersemester 2009/2010 verfolgt hat. Noch am selben Tag – um 11.18 Uhr – ist per Telefax der Schriftsatz der Antragstellerin beim Verwaltungsgericht eingegangen, mit dem sie die Rücknahme ihres Antrages erklärt hat. Eine Eingangsverfügung des Gerichts ist in der Gerichtsakte nicht enthalten, eine Zustellung der Antragsschrift nicht erfolgt. Mit Beschluss vom 15. Oktober 2009 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Eine gerichtliche Verfügung betreffend die Übersendung des Einstellungsbeschlusses an die Beteiligten enthält die Gerichtsakte nicht.
- 2
Veranlasst durch krankheitsbedingte Personalengpässe und mehrere Hundert NC-Verfahrenseingänge binnen weniger Wochen ist es auf der Serviceeinheit bzw. Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts zu einem Bearbeitungsstau gekommen. Aus diesem Grund sind Antragsschrift, Rücknahmeerklärung und Einstellungsbeschluss erst unter dem 12. April 2010 an den Antragsgegner übersandt worden.
- 3
Bereits zuvor ist der Kammervorsitzende beim Verwaltungsgericht – ausweislich des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 – mit der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners „übereingekommen, ihr vorab einen Ausdruck der NC-Verfahrenseingänge aus dem Prozessregister des Gerichts zur Verfügung zu stellen“. In diese Liste waren zwischenzeitliche Antragsrücknahmen mangels Bearbeitung in der Serviceeinheit nicht eingetragen. Ein Ausdruck der Liste befindet sich nicht bei der Gerichtsakte bzw. Generalakte. Mit einer bei der Generalakte befindlichen ausgedruckten E-Mail vom 18. November 2009 hat sich die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners für die Übersendung der Liste bedankt. Mit am 04. Dezember 2009 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners dessen Vertretung angezeigt und die Zurückweisung des Antrags beantragt.
- 4
Am 07. Mai 2010 hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners beim Verwaltungsgericht einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt und den festzusetzenden Betrag mit 489,45 EUR beziffert. Entsprechend hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. Juni 2010 die von der Antragstellerin zu erstattenden Kosten festgesetzt. Nach Zustellung des Beschlusses am 15. Juni 2010 hat die Antragstellerin am 18. Juni 2010 Erinnerung gegen denselben eingelegt. Mit dem vorliegend angefochtenen Beschluss vom 21. März 2011 hat das Verwaltungsgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Der Beschluss ist der Antragstellerin am 04. April 2011 zugestellt worden. Am 06. April 2011 hat sie gegen ihn Beschwerde eingelegt.
II.
- 5
Die Beschwerde, über die der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern entscheidet (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 09.11.2007 – 1 O 121/07 –, juris; VGH Mannheim, Beschl. v. 06.11.2008 – NC 9 S 2614/08 –, juris, m. w. N.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.06.2007 – 2 OA 433/07 –, NVwZ-RR 2007, 816 – zitiert nach juris), hat Erfolg. Sie ist ebenso zulässig und begründet wie die mit ihr weiter verfolgte Erinnerung; infolgedessen ist der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts aufzuheben sowie der Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners zurückzuweisen.
- 6
Die fristgerecht erhobene Beschwerde (§§ 146, 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 ist auch im Übrigen zulässig; insbesondere ist der Beschwerdewert von 200 EURO (§ 146 Abs. 3 VwGO) erreicht. Auch wenn insoweit in der Beschwerdebegründung teilweise missverständliche Ausführungen enthalten sind, ist unzweifelhafter Gegenstand des Beschwerde- und Erinnerungsverfahrens der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. Juni 2010 und nicht etwa die unanfechtbare (vgl. § 158 Abs. 2 VwGO) Kostenentscheidung im Einstellungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2009.
- 7
Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 09. Juni 2010 zu Unrecht zurückgewiesen. Die nach den §§ 164, 165 und 151 VwGO zulässige – insbesondere fristgemäß erhobene – Erinnerung ist begründet, die geltend gemachte Verfahrensgebühr zuzüglich Nebenkosten und Steuern vorliegend nicht erstattungsfähig.
- 8
Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO – wie es auch § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO für den Zivilprozess vorschreibt – sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Das Gesetz sieht weder nach seinem eindeutigen Wortlaut und seiner Systematik noch nach Sinn und Zweck der getroffenen Regelung vor, dass bei der Kostenfestsetzung die Notwendigkeit der Heranziehung eines Rechtsanwalts geprüft und zum Maßstab für die Erstattungsfähigkeit der Kosten gemacht wird. Nur für die Erstattungsfähigkeit von Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten im Vorverfahren sieht § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO eine Notwendigkeitsprüfung durch das Gericht vor. Diese Sonderstellung der Rechtsanwälte liegt begründet in dem Interesse der Rechtspflege an der Vertretung der Beteiligten durch die hierzu nach § 3 Abs. 1 BRAO besonders berufenen Personen. § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO gilt auch zu Gunsten von Behörden als Beteiligte eines Verwaltungsprozesses. Auch sie können sich im Prozess durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, dessen Gebühren und Auslagen dann ohne Weiteres erstattungsfähig sind. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Behörde selbst über eigene juristisch geschulte Bedienstete verfügt, die den Prozess für sie hätten führen können (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 02.08.2006 – NC 9 S 76/06 –, NVwZ 2006, 1300 – zitiert nach juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 01.02.2006 – OVG 1 K 72.05 –, NVwZ 2006, 713 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris; VG Hannover, Beschl. v. 26.11.2007 – 8 C 4505/07 –, juris).
- 9
Nur in restriktiv zu behandelnden Ausnahmefällen findet trotz des eindeutigen Gesetzeswortlauts eine Kostenerstattung nicht statt. Dies gilt etwa bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten (Verstoß gegen Treu und Glauben) sowie bei einem offensichtlichen Verstoß gegen den das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatz, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, und wird von der Rechtsprechung insbesondere auch für den Fall angenommen, dass die anwaltliche Vertretung für die Partei in dem konkreten Verfahren offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Gegner Kosten zu verursachen, etwa wenn die Vertretungsanzeige erst nach unstreitig eingetretener objektiver Erledigung der Hauptsache erfolgt, obwohl nur noch die Abgabe entsprechender prozessualer Erklärungen durch die hinsichtlich der zu erwartenden Kostenentscheidung kundigen Beteiligten aussteht (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 02.08.2006 – NC 9 S 76/06 –, a. a. O.; Beschl. v. 28.02.1991 – NC 9 S 98/90 –, NVwZ 1992, 388 – zitiert nach juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.09.2009 – 2 OA 302/09 –, juris; Beschl. v. 15.08.2003 – 2 OA 117/03 –, NVwZ-RR 2004, 155 – zitiert nach juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.03.2010 – OVG 1 K 8.10 –, juris; Beschl. v. 24.04.2009 – OVG 1 K 17.08 –, juris; Beschl. v. 01.02.2006 – OVG 1 K 72.05 –, NVwZ 2006, 713 – zitiert nach juris; OVG A-Stadt, Beschl. v. 12.06.2007 – 3 So 173/05 –, NVwZ-RR 2007, 825 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; VG Berlin, Beschl. v. 16.06.2010 – 14 KE 2.05 –, juris; Beschl. v. 28.06.2005 – 14 KE 29.05 –, juris). Insoweit fließt auch der Aspekt der Notwendigkeit im Sinne von § 162 Abs. 1 VwGO in die Auslegung des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO wieder mit ein (OVG Berlin, Beschl. v. 07.02.2001 – 3 K 17/00 –, NVwZ-RR 2001, 613; Beschl. v. 04.01.2001 – 3 K 9/00 –, NVwZ-RR 2001, 614; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris).
- 10
Es ist dabei für die Beurteilung der Rechtsmissbräuchlichkeit nicht maßgeblich, ob der Prozessgegner oder das Gericht die Tätigkeit des bevollmächtigten Anwalts für nutzlos halten, sondern ob sie für die von ihm vertretene Partei in dem konkreten Verfahren von Nutzen ist. Letzteres wird zur Vermeidung eines unangemessenen und vom Gesetz für den Regelfall nicht vorgesehenen Eindringens in das Vertretungsverhältnis vermutet und kann nur dann zur Verhinderung einer rechtsmissbräuchlichen Kostenverursachung verneint werden, wenn nach den äußeren Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach dem Stand des Streitverfahrens, das Gegenteil offen zutage tritt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.09.2009 – 2 OA 302/09 –, juris; OVG A-Stadt, Beschl. v. 12.06.2007 – 3 So 173/05 –, NVwZ-RR 2007, 825 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris).
- 11
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist nach Überzeugung des Senats vorliegend ein Ausnahmefall gegeben, in dem die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners gegen den das Kostenrecht beherrschenden Grundsatz, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, verstoßen hat und für ihn offensichtlich nutzlos sowie objektiv nur dazu angetan war, dem Gegner Kosten zu verursachen. Zu dieser Schlussfolgerung führen den Senat folgende Erwägungen: Die Antragsschrift und der die Antragsrücknahme enthaltende Schriftsatz sind am selben Tag beim Verwaltungsgericht eingegangen, wobei letzterer bereits am Vormittag dort vorgelegen hat. Bei der nach der Prozessordnung (§§ 85 Satz 1, 86 Abs. 4 Satz 3 VwGO; die Vorschriften gelten grundsätzlich auch für das Anordnungsverfahren, vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 123 Rn. 122) vorgesehenen Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts wären beide Schriftsätze deshalb (ebenso wie vermutlich der Einstellungsbeschluss) im ordentlichen Geschäftsgang gleichzeitig alsbald nach ihrem Eingang (bzw. der Beschlussfassung) an die mit einer alle Hochschulzulassungsstreitigkeiten betreffend Human- und Zahnmedizin im Studienjahr 2009/2010 Generalprozessvollmacht – deren Wirksamkeit hier keiner weiteren Erörterung bedarf – ausgestattete Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners zugestellt bzw. übermittelt worden. Dann wäre es für den Antragsgegner bzw. seine Prozessbevollmächtigte offensichtlich gewesen, dass im Verhältnis zur Antragstellerin eine anwaltliche Vertretung objektiv für ihn bzw. ihren Mandanten keinen Nutzen mehr bringen konnte und in dem Verfahren – wenn er nicht ohnehin bereits mit übersandt worden wäre – lediglich noch ein gerichtlicher Einstellungsbeschluss zu erwarten gewesen wäre. Wenn die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter – anders als im Regelfall – gleichzeitig mit der Kenntniserlangung von der Einlegung eines Rechtsbehelfs wusste oder hätte wissen müssen, dass der Rechtsbehelf zurückgenommen worden ist, liegt es auf der Hand bzw. tritt nach den äußeren Umständen des Einzelfalls offen zutage, dass prozessbezogene Tätigkeiten objektiv nicht mehr erforderlich sind und die anwaltliche Vertretung für die Partei in dem betreffenden Verfahren offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan wäre, dem Gegner Kosten zu verursachen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.08.2003 – 2 OA 117/03 –, a. a. O., juris Rn. 7).
- 12
Blendet man im Weiteren nun zunächst aus, dass der Antragsgegner bzw. seine Prozessbevollmächtigte – auf einem von der Prozessordnung nicht vorgesehenen Weg – zwischenzeitlich Kenntnis von dem Eingang des vorliegenden Verfahrens erhalten hat, wäre die Sachlage nicht anders gewesen. Dann hätte der Antragsgegner erstmalig und gleichzeitig – genau wie vorstehend durch die an sich seitens des Gerichts zu erwartende Vorgehensweise, die lediglich durch die damals schwierigen Bedingungen auf der Geschäftsstelle zunächst verhindert worden ist – aufgrund des gerichtlichen Übersendungsschreibens vom 12. April 2010 von Antragstellung und Antragsrücknahme (sowie vom Einstellungsbeschluss) Kenntnis erlangt. Auch zu diesem Zeitpunkt wäre im Sinne der vorstehenden Ausführungen davon auszugehen gewesen, dass eine anwaltliche Vertretung für den Antragsgegner im Verhältnis zur Antragstellerin offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan gewesen wäre, der Gegnerin Kosten zu verursachen.
- 13
Nicht anders verhält es sich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners seitens des Gerichts nach Absprache mit dem Kammervorsitzenden eine Liste der bis zu dem betreffenden Zeitpunkt – Mitte November – eingegangenen Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung übermittelt worden ist, sie dadurch auch Kenntnis vom Eingang des Verfahrens der Antragstellerin erlangt und unter Vertretungsanzeige mit am 04. Dezember 2009 eingegangenem Schriftsatz einen Zurückweisungsantrag gestellt hat. Dieser Sachverhalt rechtfertigt gegenüber dem normalen, vorstehend erörterten Verfahrensgang ebenfalls keinen Kostenerstattungsanspruch des Antragsgegners gegen die Antragstellerin.
- 14
Die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners hat sich die entsprechende Kenntnis vom Eingang des Verfahrens nämlich auf einem von der Prozessordnung nicht vorgesehenen Weg verschafft. Die Übersendung eines Ausdrucks der NC-Verfahrenseingänge aus dem Prozessregister des Gerichts kann offensichtlich nicht der Antragszustellung nach Maßgabe von § 85 Satz 1 VwGO gleichgestellt bzw. zugerechnet werden. Da sich die betreffende Liste auf die Dokumentation des Eingangs der einzelnen Verfahren beschränkte, waren ihr keine Informationen zum Fortgang der Verfahren nach dem Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht zu entnehmen. Insbesondere mussten ihr dabei bereits vorliegende Antragsrücknahmen – wie hier – verborgen bleiben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erstellung der Liste – Mitte November 2009 – etwa wegen zwischenzeitlich im Nachrückverfahren vergebener Studienplätze eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit bestand, dass es zumindest schon vereinzelt zu Antragsrücknahmen gekommen war. Wenn die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners in dieser Situation ausschließlich gestützt auf die übermittelte, den Verfahrensstand nicht dokumentierende Eingangsliste flächendeckend in allen Verfahren schriftsätzliche Vertretungsanzeigen und Zurückweisungsanträge an das Verwaltungsgericht übersandt hat, musste sie folglich Gefahr laufen, dies auch in Verfahren zu tun, in denen hierfür – wie vorliegend – objektiv wegen zwischenzeitlicher Antragsrücknahme keine Veranlassung bestand, bzw. dies für den Antragsgegner bei objektiver Betrachtung nutzlos war. Dieses Risiko kann nicht der Antragstellerin zugerechnet werden, die für diesen Verfahrensverlauf keine Veranlassung gegeben hat. Das Risiko der objektiv nutzlosen anwaltlichen Vertretung fällt vielmehr unter den besonderen Umständen des vorliegenden Einzelfalls in die Sphäre des Antragsgegners. Dessen Prozessbevollmächtigte hat sich für die Beurteilung der Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung auf eine Verfahrenseingangsliste verlassen, die von der maßgeblichen Prozessordnung schon nicht vorgesehen ist und diese Beurteilung gerade nicht in allen Verfahren in hinreichender Weise ermöglichte. Sie hat gewissermaßen den „normalen Verfahrensweg“ wie vorstehend beschrieben ohne beachtlichen Grund „verlassen“. Das aus einer flächendeckend erfolgten Vertretungsanzeige samt Zurückweisungsantrag folgende Risiko, auch einzelne Verfahren zu erfassen, in denen insoweit keinerlei entsprechende Notwendigkeit bestand bzw. anzuerkennen war, hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners nach Lage der Dinge offensichtlich billigend in Kauf genommen bzw. auch in diesen Fällen die Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung gewissermaßen „ins Blaue hinein“ bejaht. Diesem Risiko hätte sie im Sinne einer Obliegenheit ohne Weiteres entgehen können, wenn sie ausdrücklich nach etwaigen zwischenzeitlichen Antragsrücknahmen gefragt hätte.
- 15
Die vom Senat vorgenommene Risikozuweisung findet ihre Rechtfertigung zudem auch in folgenden Überlegungen: Auch wenn nachvollzogen werden kann, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners die damalige Situation im Verwaltungsgericht als misslich empfunden haben mag, ist doch in keiner Weise ersichtlich, dass der Antragsgegner oder seine Prozessbevollmächtigte zur Rechtswahrung, sei es in materieller oder in prozessualer Hinsicht, auf die mit dem Gericht vereinbarte Übersendung einer Verfahrenseingangsliste angewiesen gewesen wäre. Weder ist insoweit für den Antragsgegner ein beachtlicher rechtlicher Vorteil erkennbar noch gar ein rechtlicher Nachteil oder gar Rechtsverlust zu befürchten gewesen (vgl. zur Beachtlichkeit dieses Gesichtspunktes VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris), wenn er die später dann im normalen Geschäftsgang erfolgte Übersendung der Antragsschrift zugleich mit der Antragsrücknahme abgewartet hätte. Dies gilt etwa für seinen Anspruch auf rechtliches Gehör. Auf der Basis der betreffenden Liste war ihm zudem auch keine auf den Antragstellervortrag in den einzelnen Verfahren bezogene differenzierte Stellungnahme möglich. Anhaltspunkte für ein Bedürfnis des Antragsgegners zur vorsorglichen Wahrnehmung von Rechten mit Hilfe anwaltlicher Vertretung bestehen im Verhältnis zur Antragstellerin nicht.
- 16
Demzufolge bleibt als plausible Erklärung für die auf die übersandte Liste gestützte Vertretungsanzeige und den Zurückweisungsantrag nur die Annahme, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners damit Gebühreninteressen verfolgt hat, was letztlich in den Verfahren, in denen später die Antragszustellung erfolgte und der jeweilige Antrag aufrecht erhalten oder eine Antragsrücknahme erst nach erfolgter Zustellung erklärt worden ist, grundsätzlich legitim war, im vorliegenden Verfahren jedoch ausnahmsweise nicht.
- 17
An dieser Beurteilung ändert schließlich auch der Sachverhalt nichts, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners bereits im August 2009 beim Verwaltungsgericht eine allgemeine Prozessvollmacht zur Vertretung der Universität Rostock in sämtlichen Hochschulzulassungsstreitigkeiten betreffend die Studiengänge Humanmedizin und Zahnmedizin im Wintersemester 2009/2010 vorgelegt hat. Ungeachtet der Frage nach deren Wirksamkeit – bzw. Relevanz, da diese nach Maßgabe des Übersendungsschreibens vom 14. August 2009 von der „Universität Rostock“, nicht jedoch vom Antragsgegner erteilt worden ist – konnte insoweit nicht etwa eine Vorverlagerung der Entstehung der Kostenerstattungspflicht der jeweiligen Antragsteller/Antragstellerinnen vor den Zeitpunkt der individualisierten Kenntnisnahme des Antragsgegners vom Umstand der Rechtshängigkeit (vgl. § 90 Abs. 1 VwGO) und der damit einhergehenden Begründung eines Bedürfnisses, anwaltliche Hilfe zur Rechtsverteidigung in Anspruch nehmen zu wollen, bewirkt werden. Eine andere Sichtweise wäre mit dem kostenrechtlichen Grundsatz, die Kosten in dem jeweiligen (Verwaltungs-) Streitverfahren so niedrig wie möglich zu halten, nicht vereinbar. Die im Verhältnis zu den jeweiligen Antragstellern erforderliche individuelle objektive Beurteilung der Notwendigkeit der Rechtsverteidigung mit Hilfe einer Rechtsanwältin setzt die Kenntnis des Antragsgegners von der Rechtshängigkeit des betreffenden Anordnungsantrages voraus. Es liegt auf der Hand, dass der Antragsgegner sich ohne eine solche Kenntnis von der Rechtshängigkeit eines konkreten Anordnungsverfahrens die Frage nach der entsprechenden Notwendigkeit gar nicht stellen konnte. Anderenfalls liefe auch das Kostenminderungsgebot im Falle der Erteilung einer Generalprozessvollmacht wie im vorliegenden Fall leer.
- 18
Welchen objektiven Nutzen die mit Generalprozessvollmacht erfolgte Beauftragung eine Rechtsanwalts in der vorliegenden Situation für den Antragsgegner aus der Sicht eines verständigen Beteiligten gehabt haben soll, ist nicht ersichtlich. Auch eine (organisatorische) „Entlastung“ der Hochschule tritt durch die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts nicht ein, weil nach der Antragsrücknahme keinerlei aktive Prozessführung oder ein sonstiges Tätigwerden durch den Antragsgegner erforderlich war. Zwar mögen durchaus außergerichtliche Kosten des Antragsgegners entstanden sein. Diese Kosten betreffen aber allein das Verhältnis zwischen ihm als Mandanten und der von ihm beauftragten Rechtsanwältin. Aus der Entstehung dieser Kosten kann nicht zugleich auf deren Erstattungsfähigkeit im Verhältnis zum Prozessgegner geschlossen werden. Es steht dem Antragsgegner zwar frei, der von ihm regelmäßig mandatierten Rechtsanwältin Generalprozessvollmacht zu erteilen und die Zustellung aller Eilanträge an diese zu erbitten, ggf. auch mit dem Ziel, jeglicher Befassung mit gerichtlichen Verfahren grundsätzlich enthoben zu sein. Jedoch trägt er in einem solchen Fall die Gefahr dafür, dass von der Generalbevollmächtigung auch Streitverfahren erfasst werden, die nur unter Verstoß gegen die Kostenminderungspflicht einem Anwalt übertragen werden können. Er kann sich seiner Verpflichtung zur Geringhaltung der Kosten im Einzelfall nicht dadurch entziehen, dass er vorab die Bearbeitung auch solcher Verfahren einer Anwältin überlässt, in denen kein Anlass zum Tätigwerden besteht (vgl. zum Ganzen VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris; OVG Berlin, Beschluss vom 04.01.2001 – 3 K 9/00 –, NVwZ-RR 2001, 614; vgl. auch VG Berlin, Beschl. v. 28.06.2005 – 14 KE 29.05 –, juris;).
- 19
Im Ergebnis der vorstehenden Gesamtbetrachtung steht deshalb im Sinne einer besonderen Ausnahme die Bewertung, dass die anwaltliche Vertretung für den Antragsgegner durch seine Prozessbevollmächtigte im Verhältnis zur Antragstellerin insgesamt offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan gewesen ist, letzterer Kosten zu verursachen.
- 20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
- 21
Hinweis:
- 22
Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
(1) Der Besteller kann wegen eines Mangels des Werkes nach erfolglosem Ablauf einer von ihm zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn nicht der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht verweigert.
(2) § 323 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. Der Bestimmung einer Frist bedarf es auch dann nicht, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist.
(3) Der Besteller kann von dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen Vorschuss verlangen.
Tenor
Auf die Beschwerde und Erinnerung der Antragstellerin werden der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 – 3 B 749/09 – geändert, der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 09. Juni 2010 – 3 B 749/09 – aufgehoben und der Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens in beiden Rechtszügen.
Gründe
I.
- 1
Die Antragstellerin hat am 09. Oktober 2009 auf dem Postweg beim Verwaltungsgericht Schwerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem sie die Zulassung zum Studium der Zahnmedizin an der Universität Rostock zum Wintersemester 2009/2010 verfolgt hat. Noch am selben Tag – um 11.18 Uhr – ist per Telefax der Schriftsatz der Antragstellerin beim Verwaltungsgericht eingegangen, mit dem sie die Rücknahme ihres Antrages erklärt hat. Eine Eingangsverfügung des Gerichts ist in der Gerichtsakte nicht enthalten, eine Zustellung der Antragsschrift nicht erfolgt. Mit Beschluss vom 15. Oktober 2009 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Eine gerichtliche Verfügung betreffend die Übersendung des Einstellungsbeschlusses an die Beteiligten enthält die Gerichtsakte nicht.
- 2
Veranlasst durch krankheitsbedingte Personalengpässe und mehrere Hundert NC-Verfahrenseingänge binnen weniger Wochen ist es auf der Serviceeinheit bzw. Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts zu einem Bearbeitungsstau gekommen. Aus diesem Grund sind Antragsschrift, Rücknahmeerklärung und Einstellungsbeschluss erst unter dem 12. April 2010 an den Antragsgegner übersandt worden.
- 3
Bereits zuvor ist der Kammervorsitzende beim Verwaltungsgericht – ausweislich des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 – mit der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners „übereingekommen, ihr vorab einen Ausdruck der NC-Verfahrenseingänge aus dem Prozessregister des Gerichts zur Verfügung zu stellen“. In diese Liste waren zwischenzeitliche Antragsrücknahmen mangels Bearbeitung in der Serviceeinheit nicht eingetragen. Ein Ausdruck der Liste befindet sich nicht bei der Gerichtsakte bzw. Generalakte. Mit einer bei der Generalakte befindlichen ausgedruckten E-Mail vom 18. November 2009 hat sich die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners für die Übersendung der Liste bedankt. Mit am 04. Dezember 2009 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners dessen Vertretung angezeigt und die Zurückweisung des Antrags beantragt.
- 4
Am 07. Mai 2010 hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners beim Verwaltungsgericht einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt und den festzusetzenden Betrag mit 489,45 EUR beziffert. Entsprechend hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. Juni 2010 die von der Antragstellerin zu erstattenden Kosten festgesetzt. Nach Zustellung des Beschlusses am 15. Juni 2010 hat die Antragstellerin am 18. Juni 2010 Erinnerung gegen denselben eingelegt. Mit dem vorliegend angefochtenen Beschluss vom 21. März 2011 hat das Verwaltungsgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Der Beschluss ist der Antragstellerin am 04. April 2011 zugestellt worden. Am 06. April 2011 hat sie gegen ihn Beschwerde eingelegt.
II.
- 5
Die Beschwerde, über die der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern entscheidet (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 09.11.2007 – 1 O 121/07 –, juris; VGH Mannheim, Beschl. v. 06.11.2008 – NC 9 S 2614/08 –, juris, m. w. N.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.06.2007 – 2 OA 433/07 –, NVwZ-RR 2007, 816 – zitiert nach juris), hat Erfolg. Sie ist ebenso zulässig und begründet wie die mit ihr weiter verfolgte Erinnerung; infolgedessen ist der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts aufzuheben sowie der Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners zurückzuweisen.
- 6
Die fristgerecht erhobene Beschwerde (§§ 146, 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 ist auch im Übrigen zulässig; insbesondere ist der Beschwerdewert von 200 EURO (§ 146 Abs. 3 VwGO) erreicht. Auch wenn insoweit in der Beschwerdebegründung teilweise missverständliche Ausführungen enthalten sind, ist unzweifelhafter Gegenstand des Beschwerde- und Erinnerungsverfahrens der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. Juni 2010 und nicht etwa die unanfechtbare (vgl. § 158 Abs. 2 VwGO) Kostenentscheidung im Einstellungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2009.
- 7
Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 09. Juni 2010 zu Unrecht zurückgewiesen. Die nach den §§ 164, 165 und 151 VwGO zulässige – insbesondere fristgemäß erhobene – Erinnerung ist begründet, die geltend gemachte Verfahrensgebühr zuzüglich Nebenkosten und Steuern vorliegend nicht erstattungsfähig.
- 8
Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO – wie es auch § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO für den Zivilprozess vorschreibt – sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Das Gesetz sieht weder nach seinem eindeutigen Wortlaut und seiner Systematik noch nach Sinn und Zweck der getroffenen Regelung vor, dass bei der Kostenfestsetzung die Notwendigkeit der Heranziehung eines Rechtsanwalts geprüft und zum Maßstab für die Erstattungsfähigkeit der Kosten gemacht wird. Nur für die Erstattungsfähigkeit von Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten im Vorverfahren sieht § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO eine Notwendigkeitsprüfung durch das Gericht vor. Diese Sonderstellung der Rechtsanwälte liegt begründet in dem Interesse der Rechtspflege an der Vertretung der Beteiligten durch die hierzu nach § 3 Abs. 1 BRAO besonders berufenen Personen. § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO gilt auch zu Gunsten von Behörden als Beteiligte eines Verwaltungsprozesses. Auch sie können sich im Prozess durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, dessen Gebühren und Auslagen dann ohne Weiteres erstattungsfähig sind. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Behörde selbst über eigene juristisch geschulte Bedienstete verfügt, die den Prozess für sie hätten führen können (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 02.08.2006 – NC 9 S 76/06 –, NVwZ 2006, 1300 – zitiert nach juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 01.02.2006 – OVG 1 K 72.05 –, NVwZ 2006, 713 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris; VG Hannover, Beschl. v. 26.11.2007 – 8 C 4505/07 –, juris).
- 9
Nur in restriktiv zu behandelnden Ausnahmefällen findet trotz des eindeutigen Gesetzeswortlauts eine Kostenerstattung nicht statt. Dies gilt etwa bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten (Verstoß gegen Treu und Glauben) sowie bei einem offensichtlichen Verstoß gegen den das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatz, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, und wird von der Rechtsprechung insbesondere auch für den Fall angenommen, dass die anwaltliche Vertretung für die Partei in dem konkreten Verfahren offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Gegner Kosten zu verursachen, etwa wenn die Vertretungsanzeige erst nach unstreitig eingetretener objektiver Erledigung der Hauptsache erfolgt, obwohl nur noch die Abgabe entsprechender prozessualer Erklärungen durch die hinsichtlich der zu erwartenden Kostenentscheidung kundigen Beteiligten aussteht (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 02.08.2006 – NC 9 S 76/06 –, a. a. O.; Beschl. v. 28.02.1991 – NC 9 S 98/90 –, NVwZ 1992, 388 – zitiert nach juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.09.2009 – 2 OA 302/09 –, juris; Beschl. v. 15.08.2003 – 2 OA 117/03 –, NVwZ-RR 2004, 155 – zitiert nach juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.03.2010 – OVG 1 K 8.10 –, juris; Beschl. v. 24.04.2009 – OVG 1 K 17.08 –, juris; Beschl. v. 01.02.2006 – OVG 1 K 72.05 –, NVwZ 2006, 713 – zitiert nach juris; OVG A-Stadt, Beschl. v. 12.06.2007 – 3 So 173/05 –, NVwZ-RR 2007, 825 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; VG Berlin, Beschl. v. 16.06.2010 – 14 KE 2.05 –, juris; Beschl. v. 28.06.2005 – 14 KE 29.05 –, juris). Insoweit fließt auch der Aspekt der Notwendigkeit im Sinne von § 162 Abs. 1 VwGO in die Auslegung des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO wieder mit ein (OVG Berlin, Beschl. v. 07.02.2001 – 3 K 17/00 –, NVwZ-RR 2001, 613; Beschl. v. 04.01.2001 – 3 K 9/00 –, NVwZ-RR 2001, 614; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris).
- 10
Es ist dabei für die Beurteilung der Rechtsmissbräuchlichkeit nicht maßgeblich, ob der Prozessgegner oder das Gericht die Tätigkeit des bevollmächtigten Anwalts für nutzlos halten, sondern ob sie für die von ihm vertretene Partei in dem konkreten Verfahren von Nutzen ist. Letzteres wird zur Vermeidung eines unangemessenen und vom Gesetz für den Regelfall nicht vorgesehenen Eindringens in das Vertretungsverhältnis vermutet und kann nur dann zur Verhinderung einer rechtsmissbräuchlichen Kostenverursachung verneint werden, wenn nach den äußeren Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach dem Stand des Streitverfahrens, das Gegenteil offen zutage tritt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.09.2009 – 2 OA 302/09 –, juris; OVG A-Stadt, Beschl. v. 12.06.2007 – 3 So 173/05 –, NVwZ-RR 2007, 825 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris).
- 11
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist nach Überzeugung des Senats vorliegend ein Ausnahmefall gegeben, in dem die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners gegen den das Kostenrecht beherrschenden Grundsatz, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, verstoßen hat und für ihn offensichtlich nutzlos sowie objektiv nur dazu angetan war, dem Gegner Kosten zu verursachen. Zu dieser Schlussfolgerung führen den Senat folgende Erwägungen: Die Antragsschrift und der die Antragsrücknahme enthaltende Schriftsatz sind am selben Tag beim Verwaltungsgericht eingegangen, wobei letzterer bereits am Vormittag dort vorgelegen hat. Bei der nach der Prozessordnung (§§ 85 Satz 1, 86 Abs. 4 Satz 3 VwGO; die Vorschriften gelten grundsätzlich auch für das Anordnungsverfahren, vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 123 Rn. 122) vorgesehenen Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts wären beide Schriftsätze deshalb (ebenso wie vermutlich der Einstellungsbeschluss) im ordentlichen Geschäftsgang gleichzeitig alsbald nach ihrem Eingang (bzw. der Beschlussfassung) an die mit einer alle Hochschulzulassungsstreitigkeiten betreffend Human- und Zahnmedizin im Studienjahr 2009/2010 Generalprozessvollmacht – deren Wirksamkeit hier keiner weiteren Erörterung bedarf – ausgestattete Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners zugestellt bzw. übermittelt worden. Dann wäre es für den Antragsgegner bzw. seine Prozessbevollmächtigte offensichtlich gewesen, dass im Verhältnis zur Antragstellerin eine anwaltliche Vertretung objektiv für ihn bzw. ihren Mandanten keinen Nutzen mehr bringen konnte und in dem Verfahren – wenn er nicht ohnehin bereits mit übersandt worden wäre – lediglich noch ein gerichtlicher Einstellungsbeschluss zu erwarten gewesen wäre. Wenn die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter – anders als im Regelfall – gleichzeitig mit der Kenntniserlangung von der Einlegung eines Rechtsbehelfs wusste oder hätte wissen müssen, dass der Rechtsbehelf zurückgenommen worden ist, liegt es auf der Hand bzw. tritt nach den äußeren Umständen des Einzelfalls offen zutage, dass prozessbezogene Tätigkeiten objektiv nicht mehr erforderlich sind und die anwaltliche Vertretung für die Partei in dem betreffenden Verfahren offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan wäre, dem Gegner Kosten zu verursachen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.08.2003 – 2 OA 117/03 –, a. a. O., juris Rn. 7).
- 12
Blendet man im Weiteren nun zunächst aus, dass der Antragsgegner bzw. seine Prozessbevollmächtigte – auf einem von der Prozessordnung nicht vorgesehenen Weg – zwischenzeitlich Kenntnis von dem Eingang des vorliegenden Verfahrens erhalten hat, wäre die Sachlage nicht anders gewesen. Dann hätte der Antragsgegner erstmalig und gleichzeitig – genau wie vorstehend durch die an sich seitens des Gerichts zu erwartende Vorgehensweise, die lediglich durch die damals schwierigen Bedingungen auf der Geschäftsstelle zunächst verhindert worden ist – aufgrund des gerichtlichen Übersendungsschreibens vom 12. April 2010 von Antragstellung und Antragsrücknahme (sowie vom Einstellungsbeschluss) Kenntnis erlangt. Auch zu diesem Zeitpunkt wäre im Sinne der vorstehenden Ausführungen davon auszugehen gewesen, dass eine anwaltliche Vertretung für den Antragsgegner im Verhältnis zur Antragstellerin offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan gewesen wäre, der Gegnerin Kosten zu verursachen.
- 13
Nicht anders verhält es sich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners seitens des Gerichts nach Absprache mit dem Kammervorsitzenden eine Liste der bis zu dem betreffenden Zeitpunkt – Mitte November – eingegangenen Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung übermittelt worden ist, sie dadurch auch Kenntnis vom Eingang des Verfahrens der Antragstellerin erlangt und unter Vertretungsanzeige mit am 04. Dezember 2009 eingegangenem Schriftsatz einen Zurückweisungsantrag gestellt hat. Dieser Sachverhalt rechtfertigt gegenüber dem normalen, vorstehend erörterten Verfahrensgang ebenfalls keinen Kostenerstattungsanspruch des Antragsgegners gegen die Antragstellerin.
- 14
Die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners hat sich die entsprechende Kenntnis vom Eingang des Verfahrens nämlich auf einem von der Prozessordnung nicht vorgesehenen Weg verschafft. Die Übersendung eines Ausdrucks der NC-Verfahrenseingänge aus dem Prozessregister des Gerichts kann offensichtlich nicht der Antragszustellung nach Maßgabe von § 85 Satz 1 VwGO gleichgestellt bzw. zugerechnet werden. Da sich die betreffende Liste auf die Dokumentation des Eingangs der einzelnen Verfahren beschränkte, waren ihr keine Informationen zum Fortgang der Verfahren nach dem Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht zu entnehmen. Insbesondere mussten ihr dabei bereits vorliegende Antragsrücknahmen – wie hier – verborgen bleiben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erstellung der Liste – Mitte November 2009 – etwa wegen zwischenzeitlich im Nachrückverfahren vergebener Studienplätze eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit bestand, dass es zumindest schon vereinzelt zu Antragsrücknahmen gekommen war. Wenn die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners in dieser Situation ausschließlich gestützt auf die übermittelte, den Verfahrensstand nicht dokumentierende Eingangsliste flächendeckend in allen Verfahren schriftsätzliche Vertretungsanzeigen und Zurückweisungsanträge an das Verwaltungsgericht übersandt hat, musste sie folglich Gefahr laufen, dies auch in Verfahren zu tun, in denen hierfür – wie vorliegend – objektiv wegen zwischenzeitlicher Antragsrücknahme keine Veranlassung bestand, bzw. dies für den Antragsgegner bei objektiver Betrachtung nutzlos war. Dieses Risiko kann nicht der Antragstellerin zugerechnet werden, die für diesen Verfahrensverlauf keine Veranlassung gegeben hat. Das Risiko der objektiv nutzlosen anwaltlichen Vertretung fällt vielmehr unter den besonderen Umständen des vorliegenden Einzelfalls in die Sphäre des Antragsgegners. Dessen Prozessbevollmächtigte hat sich für die Beurteilung der Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung auf eine Verfahrenseingangsliste verlassen, die von der maßgeblichen Prozessordnung schon nicht vorgesehen ist und diese Beurteilung gerade nicht in allen Verfahren in hinreichender Weise ermöglichte. Sie hat gewissermaßen den „normalen Verfahrensweg“ wie vorstehend beschrieben ohne beachtlichen Grund „verlassen“. Das aus einer flächendeckend erfolgten Vertretungsanzeige samt Zurückweisungsantrag folgende Risiko, auch einzelne Verfahren zu erfassen, in denen insoweit keinerlei entsprechende Notwendigkeit bestand bzw. anzuerkennen war, hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners nach Lage der Dinge offensichtlich billigend in Kauf genommen bzw. auch in diesen Fällen die Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung gewissermaßen „ins Blaue hinein“ bejaht. Diesem Risiko hätte sie im Sinne einer Obliegenheit ohne Weiteres entgehen können, wenn sie ausdrücklich nach etwaigen zwischenzeitlichen Antragsrücknahmen gefragt hätte.
- 15
Die vom Senat vorgenommene Risikozuweisung findet ihre Rechtfertigung zudem auch in folgenden Überlegungen: Auch wenn nachvollzogen werden kann, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners die damalige Situation im Verwaltungsgericht als misslich empfunden haben mag, ist doch in keiner Weise ersichtlich, dass der Antragsgegner oder seine Prozessbevollmächtigte zur Rechtswahrung, sei es in materieller oder in prozessualer Hinsicht, auf die mit dem Gericht vereinbarte Übersendung einer Verfahrenseingangsliste angewiesen gewesen wäre. Weder ist insoweit für den Antragsgegner ein beachtlicher rechtlicher Vorteil erkennbar noch gar ein rechtlicher Nachteil oder gar Rechtsverlust zu befürchten gewesen (vgl. zur Beachtlichkeit dieses Gesichtspunktes VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris), wenn er die später dann im normalen Geschäftsgang erfolgte Übersendung der Antragsschrift zugleich mit der Antragsrücknahme abgewartet hätte. Dies gilt etwa für seinen Anspruch auf rechtliches Gehör. Auf der Basis der betreffenden Liste war ihm zudem auch keine auf den Antragstellervortrag in den einzelnen Verfahren bezogene differenzierte Stellungnahme möglich. Anhaltspunkte für ein Bedürfnis des Antragsgegners zur vorsorglichen Wahrnehmung von Rechten mit Hilfe anwaltlicher Vertretung bestehen im Verhältnis zur Antragstellerin nicht.
- 16
Demzufolge bleibt als plausible Erklärung für die auf die übersandte Liste gestützte Vertretungsanzeige und den Zurückweisungsantrag nur die Annahme, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners damit Gebühreninteressen verfolgt hat, was letztlich in den Verfahren, in denen später die Antragszustellung erfolgte und der jeweilige Antrag aufrecht erhalten oder eine Antragsrücknahme erst nach erfolgter Zustellung erklärt worden ist, grundsätzlich legitim war, im vorliegenden Verfahren jedoch ausnahmsweise nicht.
- 17
An dieser Beurteilung ändert schließlich auch der Sachverhalt nichts, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners bereits im August 2009 beim Verwaltungsgericht eine allgemeine Prozessvollmacht zur Vertretung der Universität Rostock in sämtlichen Hochschulzulassungsstreitigkeiten betreffend die Studiengänge Humanmedizin und Zahnmedizin im Wintersemester 2009/2010 vorgelegt hat. Ungeachtet der Frage nach deren Wirksamkeit – bzw. Relevanz, da diese nach Maßgabe des Übersendungsschreibens vom 14. August 2009 von der „Universität Rostock“, nicht jedoch vom Antragsgegner erteilt worden ist – konnte insoweit nicht etwa eine Vorverlagerung der Entstehung der Kostenerstattungspflicht der jeweiligen Antragsteller/Antragstellerinnen vor den Zeitpunkt der individualisierten Kenntnisnahme des Antragsgegners vom Umstand der Rechtshängigkeit (vgl. § 90 Abs. 1 VwGO) und der damit einhergehenden Begründung eines Bedürfnisses, anwaltliche Hilfe zur Rechtsverteidigung in Anspruch nehmen zu wollen, bewirkt werden. Eine andere Sichtweise wäre mit dem kostenrechtlichen Grundsatz, die Kosten in dem jeweiligen (Verwaltungs-) Streitverfahren so niedrig wie möglich zu halten, nicht vereinbar. Die im Verhältnis zu den jeweiligen Antragstellern erforderliche individuelle objektive Beurteilung der Notwendigkeit der Rechtsverteidigung mit Hilfe einer Rechtsanwältin setzt die Kenntnis des Antragsgegners von der Rechtshängigkeit des betreffenden Anordnungsantrages voraus. Es liegt auf der Hand, dass der Antragsgegner sich ohne eine solche Kenntnis von der Rechtshängigkeit eines konkreten Anordnungsverfahrens die Frage nach der entsprechenden Notwendigkeit gar nicht stellen konnte. Anderenfalls liefe auch das Kostenminderungsgebot im Falle der Erteilung einer Generalprozessvollmacht wie im vorliegenden Fall leer.
- 18
Welchen objektiven Nutzen die mit Generalprozessvollmacht erfolgte Beauftragung eine Rechtsanwalts in der vorliegenden Situation für den Antragsgegner aus der Sicht eines verständigen Beteiligten gehabt haben soll, ist nicht ersichtlich. Auch eine (organisatorische) „Entlastung“ der Hochschule tritt durch die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts nicht ein, weil nach der Antragsrücknahme keinerlei aktive Prozessführung oder ein sonstiges Tätigwerden durch den Antragsgegner erforderlich war. Zwar mögen durchaus außergerichtliche Kosten des Antragsgegners entstanden sein. Diese Kosten betreffen aber allein das Verhältnis zwischen ihm als Mandanten und der von ihm beauftragten Rechtsanwältin. Aus der Entstehung dieser Kosten kann nicht zugleich auf deren Erstattungsfähigkeit im Verhältnis zum Prozessgegner geschlossen werden. Es steht dem Antragsgegner zwar frei, der von ihm regelmäßig mandatierten Rechtsanwältin Generalprozessvollmacht zu erteilen und die Zustellung aller Eilanträge an diese zu erbitten, ggf. auch mit dem Ziel, jeglicher Befassung mit gerichtlichen Verfahren grundsätzlich enthoben zu sein. Jedoch trägt er in einem solchen Fall die Gefahr dafür, dass von der Generalbevollmächtigung auch Streitverfahren erfasst werden, die nur unter Verstoß gegen die Kostenminderungspflicht einem Anwalt übertragen werden können. Er kann sich seiner Verpflichtung zur Geringhaltung der Kosten im Einzelfall nicht dadurch entziehen, dass er vorab die Bearbeitung auch solcher Verfahren einer Anwältin überlässt, in denen kein Anlass zum Tätigwerden besteht (vgl. zum Ganzen VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris; OVG Berlin, Beschluss vom 04.01.2001 – 3 K 9/00 –, NVwZ-RR 2001, 614; vgl. auch VG Berlin, Beschl. v. 28.06.2005 – 14 KE 29.05 –, juris;).
- 19
Im Ergebnis der vorstehenden Gesamtbetrachtung steht deshalb im Sinne einer besonderen Ausnahme die Bewertung, dass die anwaltliche Vertretung für den Antragsgegner durch seine Prozessbevollmächtigte im Verhältnis zur Antragstellerin insgesamt offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan gewesen ist, letzterer Kosten zu verursachen.
- 20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
- 21
Hinweis:
- 22
Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden; - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird; - 3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.
Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
- 1.
nach § 635 Nacherfüllung verlangen, - 2.
nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, - 3.
nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und - 4.
nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.
Tenor
Auf die Beschwerde und Erinnerung der Antragstellerin werden der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 – 3 B 749/09 – geändert, der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 09. Juni 2010 – 3 B 749/09 – aufgehoben und der Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens in beiden Rechtszügen.
Gründe
I.
- 1
Die Antragstellerin hat am 09. Oktober 2009 auf dem Postweg beim Verwaltungsgericht Schwerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem sie die Zulassung zum Studium der Zahnmedizin an der Universität Rostock zum Wintersemester 2009/2010 verfolgt hat. Noch am selben Tag – um 11.18 Uhr – ist per Telefax der Schriftsatz der Antragstellerin beim Verwaltungsgericht eingegangen, mit dem sie die Rücknahme ihres Antrages erklärt hat. Eine Eingangsverfügung des Gerichts ist in der Gerichtsakte nicht enthalten, eine Zustellung der Antragsschrift nicht erfolgt. Mit Beschluss vom 15. Oktober 2009 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Eine gerichtliche Verfügung betreffend die Übersendung des Einstellungsbeschlusses an die Beteiligten enthält die Gerichtsakte nicht.
- 2
Veranlasst durch krankheitsbedingte Personalengpässe und mehrere Hundert NC-Verfahrenseingänge binnen weniger Wochen ist es auf der Serviceeinheit bzw. Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts zu einem Bearbeitungsstau gekommen. Aus diesem Grund sind Antragsschrift, Rücknahmeerklärung und Einstellungsbeschluss erst unter dem 12. April 2010 an den Antragsgegner übersandt worden.
- 3
Bereits zuvor ist der Kammervorsitzende beim Verwaltungsgericht – ausweislich des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 – mit der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners „übereingekommen, ihr vorab einen Ausdruck der NC-Verfahrenseingänge aus dem Prozessregister des Gerichts zur Verfügung zu stellen“. In diese Liste waren zwischenzeitliche Antragsrücknahmen mangels Bearbeitung in der Serviceeinheit nicht eingetragen. Ein Ausdruck der Liste befindet sich nicht bei der Gerichtsakte bzw. Generalakte. Mit einer bei der Generalakte befindlichen ausgedruckten E-Mail vom 18. November 2009 hat sich die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners für die Übersendung der Liste bedankt. Mit am 04. Dezember 2009 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners dessen Vertretung angezeigt und die Zurückweisung des Antrags beantragt.
- 4
Am 07. Mai 2010 hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners beim Verwaltungsgericht einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt und den festzusetzenden Betrag mit 489,45 EUR beziffert. Entsprechend hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. Juni 2010 die von der Antragstellerin zu erstattenden Kosten festgesetzt. Nach Zustellung des Beschlusses am 15. Juni 2010 hat die Antragstellerin am 18. Juni 2010 Erinnerung gegen denselben eingelegt. Mit dem vorliegend angefochtenen Beschluss vom 21. März 2011 hat das Verwaltungsgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Der Beschluss ist der Antragstellerin am 04. April 2011 zugestellt worden. Am 06. April 2011 hat sie gegen ihn Beschwerde eingelegt.
II.
- 5
Die Beschwerde, über die der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern entscheidet (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 09.11.2007 – 1 O 121/07 –, juris; VGH Mannheim, Beschl. v. 06.11.2008 – NC 9 S 2614/08 –, juris, m. w. N.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.06.2007 – 2 OA 433/07 –, NVwZ-RR 2007, 816 – zitiert nach juris), hat Erfolg. Sie ist ebenso zulässig und begründet wie die mit ihr weiter verfolgte Erinnerung; infolgedessen ist der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts aufzuheben sowie der Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners zurückzuweisen.
- 6
Die fristgerecht erhobene Beschwerde (§§ 146, 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 ist auch im Übrigen zulässig; insbesondere ist der Beschwerdewert von 200 EURO (§ 146 Abs. 3 VwGO) erreicht. Auch wenn insoweit in der Beschwerdebegründung teilweise missverständliche Ausführungen enthalten sind, ist unzweifelhafter Gegenstand des Beschwerde- und Erinnerungsverfahrens der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. Juni 2010 und nicht etwa die unanfechtbare (vgl. § 158 Abs. 2 VwGO) Kostenentscheidung im Einstellungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2009.
- 7
Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 09. Juni 2010 zu Unrecht zurückgewiesen. Die nach den §§ 164, 165 und 151 VwGO zulässige – insbesondere fristgemäß erhobene – Erinnerung ist begründet, die geltend gemachte Verfahrensgebühr zuzüglich Nebenkosten und Steuern vorliegend nicht erstattungsfähig.
- 8
Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO – wie es auch § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO für den Zivilprozess vorschreibt – sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Das Gesetz sieht weder nach seinem eindeutigen Wortlaut und seiner Systematik noch nach Sinn und Zweck der getroffenen Regelung vor, dass bei der Kostenfestsetzung die Notwendigkeit der Heranziehung eines Rechtsanwalts geprüft und zum Maßstab für die Erstattungsfähigkeit der Kosten gemacht wird. Nur für die Erstattungsfähigkeit von Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten im Vorverfahren sieht § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO eine Notwendigkeitsprüfung durch das Gericht vor. Diese Sonderstellung der Rechtsanwälte liegt begründet in dem Interesse der Rechtspflege an der Vertretung der Beteiligten durch die hierzu nach § 3 Abs. 1 BRAO besonders berufenen Personen. § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO gilt auch zu Gunsten von Behörden als Beteiligte eines Verwaltungsprozesses. Auch sie können sich im Prozess durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, dessen Gebühren und Auslagen dann ohne Weiteres erstattungsfähig sind. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Behörde selbst über eigene juristisch geschulte Bedienstete verfügt, die den Prozess für sie hätten führen können (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 02.08.2006 – NC 9 S 76/06 –, NVwZ 2006, 1300 – zitiert nach juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 01.02.2006 – OVG 1 K 72.05 –, NVwZ 2006, 713 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris; VG Hannover, Beschl. v. 26.11.2007 – 8 C 4505/07 –, juris).
- 9
Nur in restriktiv zu behandelnden Ausnahmefällen findet trotz des eindeutigen Gesetzeswortlauts eine Kostenerstattung nicht statt. Dies gilt etwa bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten (Verstoß gegen Treu und Glauben) sowie bei einem offensichtlichen Verstoß gegen den das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatz, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, und wird von der Rechtsprechung insbesondere auch für den Fall angenommen, dass die anwaltliche Vertretung für die Partei in dem konkreten Verfahren offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Gegner Kosten zu verursachen, etwa wenn die Vertretungsanzeige erst nach unstreitig eingetretener objektiver Erledigung der Hauptsache erfolgt, obwohl nur noch die Abgabe entsprechender prozessualer Erklärungen durch die hinsichtlich der zu erwartenden Kostenentscheidung kundigen Beteiligten aussteht (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 02.08.2006 – NC 9 S 76/06 –, a. a. O.; Beschl. v. 28.02.1991 – NC 9 S 98/90 –, NVwZ 1992, 388 – zitiert nach juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.09.2009 – 2 OA 302/09 –, juris; Beschl. v. 15.08.2003 – 2 OA 117/03 –, NVwZ-RR 2004, 155 – zitiert nach juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.03.2010 – OVG 1 K 8.10 –, juris; Beschl. v. 24.04.2009 – OVG 1 K 17.08 –, juris; Beschl. v. 01.02.2006 – OVG 1 K 72.05 –, NVwZ 2006, 713 – zitiert nach juris; OVG A-Stadt, Beschl. v. 12.06.2007 – 3 So 173/05 –, NVwZ-RR 2007, 825 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; VG Berlin, Beschl. v. 16.06.2010 – 14 KE 2.05 –, juris; Beschl. v. 28.06.2005 – 14 KE 29.05 –, juris). Insoweit fließt auch der Aspekt der Notwendigkeit im Sinne von § 162 Abs. 1 VwGO in die Auslegung des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO wieder mit ein (OVG Berlin, Beschl. v. 07.02.2001 – 3 K 17/00 –, NVwZ-RR 2001, 613; Beschl. v. 04.01.2001 – 3 K 9/00 –, NVwZ-RR 2001, 614; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris).
- 10
Es ist dabei für die Beurteilung der Rechtsmissbräuchlichkeit nicht maßgeblich, ob der Prozessgegner oder das Gericht die Tätigkeit des bevollmächtigten Anwalts für nutzlos halten, sondern ob sie für die von ihm vertretene Partei in dem konkreten Verfahren von Nutzen ist. Letzteres wird zur Vermeidung eines unangemessenen und vom Gesetz für den Regelfall nicht vorgesehenen Eindringens in das Vertretungsverhältnis vermutet und kann nur dann zur Verhinderung einer rechtsmissbräuchlichen Kostenverursachung verneint werden, wenn nach den äußeren Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach dem Stand des Streitverfahrens, das Gegenteil offen zutage tritt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.09.2009 – 2 OA 302/09 –, juris; OVG A-Stadt, Beschl. v. 12.06.2007 – 3 So 173/05 –, NVwZ-RR 2007, 825 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris).
- 11
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist nach Überzeugung des Senats vorliegend ein Ausnahmefall gegeben, in dem die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners gegen den das Kostenrecht beherrschenden Grundsatz, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, verstoßen hat und für ihn offensichtlich nutzlos sowie objektiv nur dazu angetan war, dem Gegner Kosten zu verursachen. Zu dieser Schlussfolgerung führen den Senat folgende Erwägungen: Die Antragsschrift und der die Antragsrücknahme enthaltende Schriftsatz sind am selben Tag beim Verwaltungsgericht eingegangen, wobei letzterer bereits am Vormittag dort vorgelegen hat. Bei der nach der Prozessordnung (§§ 85 Satz 1, 86 Abs. 4 Satz 3 VwGO; die Vorschriften gelten grundsätzlich auch für das Anordnungsverfahren, vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 123 Rn. 122) vorgesehenen Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts wären beide Schriftsätze deshalb (ebenso wie vermutlich der Einstellungsbeschluss) im ordentlichen Geschäftsgang gleichzeitig alsbald nach ihrem Eingang (bzw. der Beschlussfassung) an die mit einer alle Hochschulzulassungsstreitigkeiten betreffend Human- und Zahnmedizin im Studienjahr 2009/2010 Generalprozessvollmacht – deren Wirksamkeit hier keiner weiteren Erörterung bedarf – ausgestattete Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners zugestellt bzw. übermittelt worden. Dann wäre es für den Antragsgegner bzw. seine Prozessbevollmächtigte offensichtlich gewesen, dass im Verhältnis zur Antragstellerin eine anwaltliche Vertretung objektiv für ihn bzw. ihren Mandanten keinen Nutzen mehr bringen konnte und in dem Verfahren – wenn er nicht ohnehin bereits mit übersandt worden wäre – lediglich noch ein gerichtlicher Einstellungsbeschluss zu erwarten gewesen wäre. Wenn die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter – anders als im Regelfall – gleichzeitig mit der Kenntniserlangung von der Einlegung eines Rechtsbehelfs wusste oder hätte wissen müssen, dass der Rechtsbehelf zurückgenommen worden ist, liegt es auf der Hand bzw. tritt nach den äußeren Umständen des Einzelfalls offen zutage, dass prozessbezogene Tätigkeiten objektiv nicht mehr erforderlich sind und die anwaltliche Vertretung für die Partei in dem betreffenden Verfahren offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan wäre, dem Gegner Kosten zu verursachen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.08.2003 – 2 OA 117/03 –, a. a. O., juris Rn. 7).
- 12
Blendet man im Weiteren nun zunächst aus, dass der Antragsgegner bzw. seine Prozessbevollmächtigte – auf einem von der Prozessordnung nicht vorgesehenen Weg – zwischenzeitlich Kenntnis von dem Eingang des vorliegenden Verfahrens erhalten hat, wäre die Sachlage nicht anders gewesen. Dann hätte der Antragsgegner erstmalig und gleichzeitig – genau wie vorstehend durch die an sich seitens des Gerichts zu erwartende Vorgehensweise, die lediglich durch die damals schwierigen Bedingungen auf der Geschäftsstelle zunächst verhindert worden ist – aufgrund des gerichtlichen Übersendungsschreibens vom 12. April 2010 von Antragstellung und Antragsrücknahme (sowie vom Einstellungsbeschluss) Kenntnis erlangt. Auch zu diesem Zeitpunkt wäre im Sinne der vorstehenden Ausführungen davon auszugehen gewesen, dass eine anwaltliche Vertretung für den Antragsgegner im Verhältnis zur Antragstellerin offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan gewesen wäre, der Gegnerin Kosten zu verursachen.
- 13
Nicht anders verhält es sich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners seitens des Gerichts nach Absprache mit dem Kammervorsitzenden eine Liste der bis zu dem betreffenden Zeitpunkt – Mitte November – eingegangenen Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung übermittelt worden ist, sie dadurch auch Kenntnis vom Eingang des Verfahrens der Antragstellerin erlangt und unter Vertretungsanzeige mit am 04. Dezember 2009 eingegangenem Schriftsatz einen Zurückweisungsantrag gestellt hat. Dieser Sachverhalt rechtfertigt gegenüber dem normalen, vorstehend erörterten Verfahrensgang ebenfalls keinen Kostenerstattungsanspruch des Antragsgegners gegen die Antragstellerin.
- 14
Die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners hat sich die entsprechende Kenntnis vom Eingang des Verfahrens nämlich auf einem von der Prozessordnung nicht vorgesehenen Weg verschafft. Die Übersendung eines Ausdrucks der NC-Verfahrenseingänge aus dem Prozessregister des Gerichts kann offensichtlich nicht der Antragszustellung nach Maßgabe von § 85 Satz 1 VwGO gleichgestellt bzw. zugerechnet werden. Da sich die betreffende Liste auf die Dokumentation des Eingangs der einzelnen Verfahren beschränkte, waren ihr keine Informationen zum Fortgang der Verfahren nach dem Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht zu entnehmen. Insbesondere mussten ihr dabei bereits vorliegende Antragsrücknahmen – wie hier – verborgen bleiben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erstellung der Liste – Mitte November 2009 – etwa wegen zwischenzeitlich im Nachrückverfahren vergebener Studienplätze eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit bestand, dass es zumindest schon vereinzelt zu Antragsrücknahmen gekommen war. Wenn die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners in dieser Situation ausschließlich gestützt auf die übermittelte, den Verfahrensstand nicht dokumentierende Eingangsliste flächendeckend in allen Verfahren schriftsätzliche Vertretungsanzeigen und Zurückweisungsanträge an das Verwaltungsgericht übersandt hat, musste sie folglich Gefahr laufen, dies auch in Verfahren zu tun, in denen hierfür – wie vorliegend – objektiv wegen zwischenzeitlicher Antragsrücknahme keine Veranlassung bestand, bzw. dies für den Antragsgegner bei objektiver Betrachtung nutzlos war. Dieses Risiko kann nicht der Antragstellerin zugerechnet werden, die für diesen Verfahrensverlauf keine Veranlassung gegeben hat. Das Risiko der objektiv nutzlosen anwaltlichen Vertretung fällt vielmehr unter den besonderen Umständen des vorliegenden Einzelfalls in die Sphäre des Antragsgegners. Dessen Prozessbevollmächtigte hat sich für die Beurteilung der Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung auf eine Verfahrenseingangsliste verlassen, die von der maßgeblichen Prozessordnung schon nicht vorgesehen ist und diese Beurteilung gerade nicht in allen Verfahren in hinreichender Weise ermöglichte. Sie hat gewissermaßen den „normalen Verfahrensweg“ wie vorstehend beschrieben ohne beachtlichen Grund „verlassen“. Das aus einer flächendeckend erfolgten Vertretungsanzeige samt Zurückweisungsantrag folgende Risiko, auch einzelne Verfahren zu erfassen, in denen insoweit keinerlei entsprechende Notwendigkeit bestand bzw. anzuerkennen war, hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners nach Lage der Dinge offensichtlich billigend in Kauf genommen bzw. auch in diesen Fällen die Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung gewissermaßen „ins Blaue hinein“ bejaht. Diesem Risiko hätte sie im Sinne einer Obliegenheit ohne Weiteres entgehen können, wenn sie ausdrücklich nach etwaigen zwischenzeitlichen Antragsrücknahmen gefragt hätte.
- 15
Die vom Senat vorgenommene Risikozuweisung findet ihre Rechtfertigung zudem auch in folgenden Überlegungen: Auch wenn nachvollzogen werden kann, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners die damalige Situation im Verwaltungsgericht als misslich empfunden haben mag, ist doch in keiner Weise ersichtlich, dass der Antragsgegner oder seine Prozessbevollmächtigte zur Rechtswahrung, sei es in materieller oder in prozessualer Hinsicht, auf die mit dem Gericht vereinbarte Übersendung einer Verfahrenseingangsliste angewiesen gewesen wäre. Weder ist insoweit für den Antragsgegner ein beachtlicher rechtlicher Vorteil erkennbar noch gar ein rechtlicher Nachteil oder gar Rechtsverlust zu befürchten gewesen (vgl. zur Beachtlichkeit dieses Gesichtspunktes VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris), wenn er die später dann im normalen Geschäftsgang erfolgte Übersendung der Antragsschrift zugleich mit der Antragsrücknahme abgewartet hätte. Dies gilt etwa für seinen Anspruch auf rechtliches Gehör. Auf der Basis der betreffenden Liste war ihm zudem auch keine auf den Antragstellervortrag in den einzelnen Verfahren bezogene differenzierte Stellungnahme möglich. Anhaltspunkte für ein Bedürfnis des Antragsgegners zur vorsorglichen Wahrnehmung von Rechten mit Hilfe anwaltlicher Vertretung bestehen im Verhältnis zur Antragstellerin nicht.
- 16
Demzufolge bleibt als plausible Erklärung für die auf die übersandte Liste gestützte Vertretungsanzeige und den Zurückweisungsantrag nur die Annahme, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners damit Gebühreninteressen verfolgt hat, was letztlich in den Verfahren, in denen später die Antragszustellung erfolgte und der jeweilige Antrag aufrecht erhalten oder eine Antragsrücknahme erst nach erfolgter Zustellung erklärt worden ist, grundsätzlich legitim war, im vorliegenden Verfahren jedoch ausnahmsweise nicht.
- 17
An dieser Beurteilung ändert schließlich auch der Sachverhalt nichts, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners bereits im August 2009 beim Verwaltungsgericht eine allgemeine Prozessvollmacht zur Vertretung der Universität Rostock in sämtlichen Hochschulzulassungsstreitigkeiten betreffend die Studiengänge Humanmedizin und Zahnmedizin im Wintersemester 2009/2010 vorgelegt hat. Ungeachtet der Frage nach deren Wirksamkeit – bzw. Relevanz, da diese nach Maßgabe des Übersendungsschreibens vom 14. August 2009 von der „Universität Rostock“, nicht jedoch vom Antragsgegner erteilt worden ist – konnte insoweit nicht etwa eine Vorverlagerung der Entstehung der Kostenerstattungspflicht der jeweiligen Antragsteller/Antragstellerinnen vor den Zeitpunkt der individualisierten Kenntnisnahme des Antragsgegners vom Umstand der Rechtshängigkeit (vgl. § 90 Abs. 1 VwGO) und der damit einhergehenden Begründung eines Bedürfnisses, anwaltliche Hilfe zur Rechtsverteidigung in Anspruch nehmen zu wollen, bewirkt werden. Eine andere Sichtweise wäre mit dem kostenrechtlichen Grundsatz, die Kosten in dem jeweiligen (Verwaltungs-) Streitverfahren so niedrig wie möglich zu halten, nicht vereinbar. Die im Verhältnis zu den jeweiligen Antragstellern erforderliche individuelle objektive Beurteilung der Notwendigkeit der Rechtsverteidigung mit Hilfe einer Rechtsanwältin setzt die Kenntnis des Antragsgegners von der Rechtshängigkeit des betreffenden Anordnungsantrages voraus. Es liegt auf der Hand, dass der Antragsgegner sich ohne eine solche Kenntnis von der Rechtshängigkeit eines konkreten Anordnungsverfahrens die Frage nach der entsprechenden Notwendigkeit gar nicht stellen konnte. Anderenfalls liefe auch das Kostenminderungsgebot im Falle der Erteilung einer Generalprozessvollmacht wie im vorliegenden Fall leer.
- 18
Welchen objektiven Nutzen die mit Generalprozessvollmacht erfolgte Beauftragung eine Rechtsanwalts in der vorliegenden Situation für den Antragsgegner aus der Sicht eines verständigen Beteiligten gehabt haben soll, ist nicht ersichtlich. Auch eine (organisatorische) „Entlastung“ der Hochschule tritt durch die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts nicht ein, weil nach der Antragsrücknahme keinerlei aktive Prozessführung oder ein sonstiges Tätigwerden durch den Antragsgegner erforderlich war. Zwar mögen durchaus außergerichtliche Kosten des Antragsgegners entstanden sein. Diese Kosten betreffen aber allein das Verhältnis zwischen ihm als Mandanten und der von ihm beauftragten Rechtsanwältin. Aus der Entstehung dieser Kosten kann nicht zugleich auf deren Erstattungsfähigkeit im Verhältnis zum Prozessgegner geschlossen werden. Es steht dem Antragsgegner zwar frei, der von ihm regelmäßig mandatierten Rechtsanwältin Generalprozessvollmacht zu erteilen und die Zustellung aller Eilanträge an diese zu erbitten, ggf. auch mit dem Ziel, jeglicher Befassung mit gerichtlichen Verfahren grundsätzlich enthoben zu sein. Jedoch trägt er in einem solchen Fall die Gefahr dafür, dass von der Generalbevollmächtigung auch Streitverfahren erfasst werden, die nur unter Verstoß gegen die Kostenminderungspflicht einem Anwalt übertragen werden können. Er kann sich seiner Verpflichtung zur Geringhaltung der Kosten im Einzelfall nicht dadurch entziehen, dass er vorab die Bearbeitung auch solcher Verfahren einer Anwältin überlässt, in denen kein Anlass zum Tätigwerden besteht (vgl. zum Ganzen VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris; OVG Berlin, Beschluss vom 04.01.2001 – 3 K 9/00 –, NVwZ-RR 2001, 614; vgl. auch VG Berlin, Beschl. v. 28.06.2005 – 14 KE 29.05 –, juris;).
- 19
Im Ergebnis der vorstehenden Gesamtbetrachtung steht deshalb im Sinne einer besonderen Ausnahme die Bewertung, dass die anwaltliche Vertretung für den Antragsgegner durch seine Prozessbevollmächtigte im Verhältnis zur Antragstellerin insgesamt offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan gewesen ist, letzterer Kosten zu verursachen.
- 20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
- 21
Hinweis:
- 22
Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
(1) Der Besteller kann wegen eines Mangels des Werkes nach erfolglosem Ablauf einer von ihm zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn nicht der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht verweigert.
(2) § 323 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. Der Bestimmung einer Frist bedarf es auch dann nicht, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist.
(3) Der Besteller kann von dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen Vorschuss verlangen.
(1) Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen.
(2) Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann.
Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
- 1.
nach § 635 Nacherfüllung verlangen, - 2.
nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, - 3.
nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und - 4.
nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.
(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.
(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
(1) Erscheint eine Partei in der Güteverhandlung nicht oder ist die Güteverhandlung erfolglos, soll sich die mündliche Verhandlung (früher erster Termin oder Haupttermin) unmittelbar anschließen. Andernfalls ist unverzüglich Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen.
(2) Im Haupttermin soll der streitigen Verhandlung die Beweisaufnahme unmittelbar folgen.
(3) Im Anschluss an die Beweisaufnahme hat das Gericht erneut den Sach- und Streitstand und, soweit bereits möglich, das Ergebnis der Beweisaufnahme mit den Parteien zu erörtern.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern je zur Hälfte auferlegt.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden
Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Die Kläger machen mit der Klage Aufwendungsersatz für die Beseitigung von Mängeln geltend.
2Die Kläger beauftragten den Beklagten mit der Sanierung der Fassade des Hauses in der T-Straße in K. Der Beklagte sollte eine Außendämmung mit Grundanstrich, Dünnschichtputz und Schlussanstrich erstellen. Nach Durchführung der Arbeiten erteilte der Beklagte unter dem 22.02.2008 seine Schlussrechnung über insgesamt 22.781,06 €.
3Die Kläger machten in der Folge Mängel der vom Beklagten durchgeführten Arbeiten geltend. Mit Schreiben vom 09.10.2008 (Anlage 3 zur Klageschrift) forderten sie den Beklagten unter Fristsetzung zum 28.11.2008 zur Beseitigung verschiedener Mängel auf und erklärten, nach Ablauf der Frist Mängelbeseitigungsarbeiten durch den Beklagten abzulehnen.
4Die geltend gemachten Mängel wurden dann Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens – 1 OH 34/08 – LG Wuppertal. Über die behaupteten Mängel wurde in diesem Verfahren ein Gutachten des Sachverständigen L vom 23.03.2010 eingeholt.
5Aufgrund des Gutachtens machten die Kläger eine Vorschussforderung zur Beseitigung der behaupteten Mängel in Höhe von 71.400,00 € in dem Verfahren LG Wuppertal – 1 O 39/11 geltend. In diesem Verfahren schlossen die Parteien in der Sitzung vom 05.07.2011 folgenden Vergleich:
6„1.Der Beklagte wird die im Gutachten des Sachverständigen L vom 23.03.2010 (1 OH 34/08 Landgericht Wuppertal) festgestellten Mängel durch ein Solinger Fachunternehmen, in Aussicht genommen ist die Firma G aus K, auf seine Kosten beseitigen lassen.
7Der Beklagte wird den Auftrag umgehend erteilen.
8Die Parteien gehen beide davon aus, dass die durchzuführenden Arbeiten spätestens bis 30. November d.J. fertiggestellt sein werden.
92.Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.“
10Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte aus dem Verfahren LG Wuppertal – 1 O 39/11 Bezug genommen.
11Umgehend nach Abschluss des Vergleichs beauftragte der Beklagte die Firma G mit den durchzuführenden Arbeiten. Diese nahm zunächst die Abrissarbeiten der zuvor angebrachten Fassade vor. Mit Schreiben vom 24.10.2011 (Anlage 5 zur Klageschrift) rügten die Kläger die Abrissarbeiten als mangelhaft und setzten eine Frist zur ordnungsgemäßen Durchführung bis zum 31.10.2011.
12Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 04.11.2011 (Anlage 6 zur Klageschrift) mit, dass sich das Aufbringen der Wärmedämmung an der Fassade wegen mangelhafter Vorarbeiten an der Unterkonstruktion nicht durchführen ließe. Die Firma G stellte die weitere Tätigkeit deshalb ein. Die Vorbereitung der Unterkonstruktion liegt unstreitig im Verantwortungsbereich der Kläger.
13Die Kläger setzten dem Beklagten daraufhin mit Schreiben vom 17.11.2011 erneut eine Frist zum 30.11.2011 zur Durchführung aller Mängelbeseitigungsarbeiten, zu denen sich der Beklagte durch den Vergleich im Verfahren 1 O 39/11 verpflichtet hatte (Anlage 7 zur Klageschrift).
14Die Kläger begehrten mit der hiesigen Klage zunächst den ursprünglich geltend gemachten Kostenvorschuss abzüglich des auf die Abrissarbeiten entfallenden Anteils von 28.560,00 € weiter. Sodann beseitigten die Kläger das alte Wärmedämmverbundsystem im Wege der Ersatzvornahme selbst und brachten auf die vorhandenen OSB-Platten zur Wärmedämmung eine hinterlüftete Fassade an. Den hierfür erforderlichen Betrag bezifferten die Kläger anhand der Rechnung der Fa. B auf 56.932,06 €. Die von den Klägern gewählte Art der Wärmedämmung ist im Vergleich zu der vom Beklagten geschuldeten höherwertig. Sie begehren deshalb den ursprünglich mit der Klage geltend gemachten Betrag, der für die Herstellung des ursprünglich geschuldeten Wärmedämmverbundsystem erforderlich gewesen wäre, als Aufwendungsersatz weiter.
15Die Kläger behaupten, bereits die Abrissarbeiten seien mangelhaft durchgeführt worden. Der vorhandene Untergrund aus OSB-Platten sei geeignet gewesen für die Arbeiten des Beklagten. Wenn der Untergrund nicht geeignet gewesen sei, so habe der Beklagte diesen nachträglich verändert. Der Beklagte sei aufgrund des geschlossenen Vergleichs mit Einwendungen gegen den Grund seiner Haftung ohnehin präkludiert. Es wäre ihm möglich gewesen, die Einwendungen bereits im selbstständigen Beweisverfahren zu erheben.
16In der Bautechnik sei die nunmehr angebrachte vorgehängte hinterlüftete Fassade eine Alternative zum Wärmedämmverbundsystem. Seit dem Jahr 2008 habe es einen erheblichen Fortschritt in der Technik gegeben. Die von ihnen gewählte Art der Wärmedämmung biete einen höheren Dämmwert.
17Die Kläger beantragen,
181.
19den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 42.840,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
202.
21den Beklagten zu verurteilen, an sie außergerichtliche Kosten von 777,19 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.11.2011 zu zahlen.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Darüber hinaus behauptet er, die von den Klägern zur Verfügung gestellte Unterkonstruktion sei derart fehlerhaft, dass darauf keine mangelfreie Fassade, insbesondere ein Wärmedämmverbundsystem, aufgebracht werden könne. Er habe den Untergrund nicht verändert. Die von den Klägern angebrachte hinterlüftete Fassade sei nicht mit der streitgegenständlichen Fassadendämmung vergleichbar.
25Er ist zudem der Ansicht, dass die Beklagten durch den Vergleich auf ihr Recht zur Ersatzvornahme verzichtet hätten.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
27Die Kammer hat mit Zwischenurteil vom 28.08.2012 entschieden, dass die Klage zulässig ist (Bl. 42 ff. GA). Die Kammer hat sodann auf Grundlage des Beweisbeschlusses vom 10.12.2012 Beweis erhoben über die Frage, ob der Untergrund an der Fassade der Kläger so schlecht vorbereitet ist, dass darauf ohne Nachbesserungsarbeiten kein Wärmedämmverbundsystem aufgebracht werden kann, durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und dessen anschließender mündlicher Erläuterung. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen G vom 30.01.2014 (Bl. 122 ff. GA) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 01.10.2014 (Bl. 189 ff. GA) verwiesen.
28Entscheidungsgründe:
29I.
30Die Klage ist zulässig. Den Klägern steht es frei, ihre Klage nach Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten auf den Ersatz der dafür erforderlichen Aufwendungen umzustellen. Soweit darin aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Wirkungen der geltend gemachten Ansprüche eine Klageänderung zu sehen ist, ist diese gemäß § 264 Abs. 1 Nr. 3 ZPO stets zulässig.
31II.
32Die Klage ist jedoch nicht begründet.
331.
34Die Kläger haben gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen in Höhe von 42.840,00 EUR für die Beseitigung von Mängeln gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB.
35a.
36Die Kläger hatten grundsätzlich einen Nacherfüllungsanspruch gegen den Beklagten auf Beseitigung der im Verfahren LG Wuppertal 1 OH 34/08 festgestellten Mängel der Arbeiten des Beklagten. Die Parteien haben sich auf das Bestehen eines solchen Anspruchs durch den am 05.07.2011 in dem Verfahren des LG Wuppertal 1 O 39/11 geschlossenen Vergleich geeinigt.
37Durch diese Einigung haben die Kläger auch nicht – wie der Beklagten meint – auf ihr Recht aus § 637 BGB verzichtet. Der Anspruch aus § 637 BGB besteht gerade für den Fall, dass der Werkunternehmer seiner Pflicht zur Nacherfüllung nicht nachkommt. Dass die Parteien durch den Vergleich Folgeansprüche der Kläger ausschließen wollten, ist nicht ersichtlich.
38b.
39Voraussetzung für einen Anspruch aus § 637 Abs. 1 BGB ist jedoch der erfolglose Ablauf einer von dem Besteller zur Nacherfüllung bestimmten Frist. Die Kläger haben den Beklagten mehrfach zur Beseitigung der Mängel aufgefordert, zuletzt setzten die Kläger dem Beklagten nach Durchführung der Abrissarbeiten mit Schreiben vom 17.11.2011 eine Frist zur Durchführung aller Mängelbeseitigungsarbeiten bis zum 30.11.2011.
40c.
41Diese Fristsetzung war jedoch wirkungslos, da die Kläger eine erforderliche Mitwirkungshandlung zuvor nicht erbracht hatten (vgl. BGH NJW 1996, 1745; BGH NJW 2008, 511). Die Mitwirkungspflicht des Bestellers gemäß § 642 BGB gilt auch im Rahmen der Nacherfüllung. Denn so wie der Besteller nach dem rechtzeitig erfolgten Hinweis des Unternehmers auf ungeeignete Vorleistungen anderer Unternehmer in der Weise durch Änderung der Vorleistung reagieren muss, dass dem Unternehmer die Erfüllung des Vertrages möglich wird, so muss er dem Unternehmer auch die Nacherfüllung durch Änderung der Vorleistung ermöglichen (BGH NJW 2008 aaO). Soweit der Unternehmer die Nacherfüllung ohne Mitwirkungshandlungen des Bestellers nicht erbringen kann, muss der Besteller die Mitwirkungshandlung im Zeitpunkt des Nacherfüllungsverlangen vorgenommen oder zumindest angeboten haben (BGH NJW 2008, aaO; Busche in MüKo BGB § 634 Rn. 14).
42aa)
43Die Mitwirkungspflicht der Kläger bestand darin, die Unterkonstruktion der Hausfassade so vorzubereiten, dass das vom Beklagten aufzubringende Wärmedämmverbundsystem mangelfrei hätte montiert werden können. Die Vorbereitung der Unterkonstruktion lag unstreitig im Verantwortungsbereich der Kläger. Die Kammer ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Kläger die erforderliche Mitwirkungshandlung nicht erbracht haben.
44Der Sachverständige G stellte in seinem Zwischengutachten vom 30.01.2014 fest, dass die vorhandenen OSB-Platten als Unterkonstruktion generell ungeeignet für das Anbringen eines Wärmedämmverbundsystems seien. Die OSB-Platten seien überwiegend direkt auf die Schalung montiert worden. Da deshalb nicht für eine ausreichende Hinterlüftung gesorgt sei, bildeten die OSB-Platten keinen geeigneten Untergrund für ein außen aufzubringendes Wärmedämmverbundsystem (vgl. Bl. 125 GA). Zudem stellte der Sachverständige fest, dass die OSB-Platten nur genagelt und nicht verschraubt waren, und die Platten nicht in einheitlicher Faserrichtung liefen. Der Untergrund sei uneben. Auch aus diesen Gründen sei die Unterkonstruktion nicht geeignet, ein Wärmedämmverbundsystem zu tragen (Vgl. Bl. 191 GA).
45Die Kammer ist davon überzeugt, dass die vorstehenden Feststellungen des Sachverständigen zutreffen. Die Ausführungen des Sachverständigen zur generellen Ungeeignetheit der hiesigen OSB-Platten als Untergrund für ein Wärmedämmverbundsystem sind nachvollziehbar und verständlich. Der Sachverständige konnte sich zwar bei dem anberaumten Ortstermin kein abschließendes Bild von der Unterkonstruktion machen, da die Fassade nicht freigelegt wurde. Auf Grund der Angaben in der Akte konnte er aber davon ausgehen, dass die OSB-Platten direkt auf die Schalung montiert wurden. Allein auf Grund dieser Tatsache war es ihm möglich die mangelnde Hinterlüftung und die daraus folgende Ungeeignetheit der Unterkonstruktion für das Aufbringen eines Wärmedämmverbundsystems festzustellen. Ferner konnte zur handwerklichen Ausführung feststellen, dass zumindest die uneinheitliche Faserrichtung und die Montage mittels Nägeln nicht dem Stand der Technik entsprechen. Der Beklagte hat sich die Feststellungen des Sachverständigen zur generellen Ungeeignetheit der Unterkonstruktion mit Schriftsatz vom 19.02.2014 (Bl. 141 ff. GA) zu Eigen gemacht.
46Es bedurfte deshalb auch nicht mehr der Einholung des Hauptgutachtens, das sich mit der Frage beschäftigen sollte, ob die Unterkonstruktion handwerklich so fehlerhaft sei, dass darauf kein Wärmedämmverbundsystem angebracht werden könne. Dieses Gutachten konnte der Sachverständige aufgrund der zwischenzeitlich angebrachten Fassade nicht mehr erstatten. Auf diese Frage kommt es aber im Ergebnis nicht mehr an. Es steht bereits fest, dass der Untergrund generell ungeeignet ist, unabhängig davon, ob er darüber hinaus auch noch fehlerhaft montiert wurde.
47bb)
48Vor diesem Hintergrund war es nunmehr Sache der Kläger, darzulegen und zu beweisen, dass die Feststellungen des Sachverständigen zur generellen Ungeeignetheit auf den vorliegenden Einzelfall, etwa aus baustatischen Gründen, nicht zutreffen. Dies ist den Klägern nicht gelungen.
49Dabei ergibt sich die Geeignetheit des Untergrundes vorliegend nicht schon aus dem im selbstständigen Beweisverfahren 1 OH 34/08 eingeholten Gutachten. In diesem Verfahren kam es auf die Frage des fehlerhaften Untergrundes nicht an, da der Sachverständige damals bereits die fehlerhafte Verklebung des Wärmedämmverbundsystems feststellte. Die Kläger können sich dementsprechend für ihren Beweisantritt auch nicht auf das Zeugnis des damaligen Sachverständigen L stützen, da die Unterkonstruktion nicht Gegenstand des Beweisbeschlusses im selbstständigen Beweisverfahren war, auf dessen Grundlage der Sachverständige L tätig wurde. Dieser kann somit aus eigener Begutachtung keine Feststellungen zu der Unterkonstruktion machen. Es fehlt insoweit bereits an den erforderlichen Anküpfungstatsachen, auf die der Sachverständige L seine Aussage stützen könnte.
50Die Kammer kommt auch zu keiner anderen Überzeugung auf Grund der von den Klägern vorgelegten Stellungnahme des Gebäude- und Energieberaters U vom 05.03.2014 (Anlage 1 zum Schriftsatz vom 17.03.2014). Der Sachverständige G hat in seiner mündlichen Anhörung diesbezüglich erklärt, dass sich die vorgelegten Berechnungen von Herrn U nicht auf das streitgegenständliche Objekt bezögen, da die eingesetzten Bauteilwerte nicht auf die Örtlichkeit zuträfen. Auch wenn im Einzelfall baustatische Berechnungen ergeben könnten, dass die Anbringung einer Dämmung direkt auf einen Untergrund aus einem OSB-Plattensystem schadensfrei möglich sein könne, so dürfe bei einem – wie vorliegend – alten Fachwerkhaus das Wärmeverbundsystem nicht direkt auf nicht hinterlüftete OSB-Platten aufgebracht werden. Zudem sei die streitgegenständliche Unterkonstruktion bereits aufgrund der uneinheitlichen Faserrichtung und der dadurch entstehenden gegensätzlichen Fugen generell nicht geeignet.
51Auch insoweit überzeugen die Ausführungen des Sachverständigen G. Zwar handelt es sich bei diesem nicht um einen Bauphysiker, was er auch einräumte. Er konnte jedoch nachvollziehbar und aus eigener handwerklicher Sachkunde erläutern, dass durch die vorgelegten Berechnungen nicht auf die Geeignetheit des Wandaufbaus für eine Außendämmung geschlossen werden kann.
52Soweit sich die Kläger darauf berufen, dass der Sachverständige seine Aussage in seiner mündlichen Anhörung korrigieren musste, was gegen seine Sachkunde spreche und zeige, dass seine baustatische Einschätzung fehlerhaft sei, so begründet dies nicht die Annahme einer Geeignetheit des Untergrundes im vorliegenden Fall, zumal die von den Klägern vorgelegten baustatischen Berechnungen zu den technischen Gegebenheiten (unebener Untergrund, gegensätzliche Fugen) keine Aussage treffen. Der Sachverständige korrigierte sich zudem dahingehend, dass im Einzelfall dann keine Bedenken gegen die Montage eines Wärmedämmverbundsystems auf OSB-Platten bestünden, wenn durch eine konkrete bauphysikalische Berechnung nachgewiesen werde, dass der Dämmungsaufbau insgesamt schadensfrei möglich sei. Eine solche besondere Eignung im Einzelfall ist jedoch dann nach dem Vorgesagten von den Klägern darzulegen. Dies ist nicht erfolgt. Eine Berechnung, die die spezifischen Werte des streitgegenständlichen Objektes berücksichtigt, wurde von den Klägern nicht vorgelegt. Im Übrigen haben die Kläger selbst weitere Feststellungen zur Geeignetheit des Untergrundes durch den Sachverständigen unmöglich gemacht, indem sie auf den OSB-Platten die neue Fassade angebracht haben.
53d.
54Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass die Kläger nunmehr selbst eine andere Art der Nacherfüllung, nämlich die hinterlüftete Fassade, gewählt haben, die sich auch unstreitig auf die streitgegenständliche Unterkonstruktion anbringen ließ, so dass für diese Art der Dämmung keine Mitwirkungshandlung erforderlich war. Diesbezüglich haben die Kläger weder ausdrücklich Nacherfüllung verlangt, noch war diese Art der Wärmedämmung Gegenstand des Vergleichs. Zwar kann sich ein Nachbesserungsverlangen nach der Rechtsprechung auch auf die Herstellung eines anderen als des vertraglich vereinbarten Zustandes beziehen, wenn dieser zweckmäßiger oder sogar erforderlich ist um die Funktionstauglichkeit zu erreichen (vgl. BGH NJW 2014, 620). Allerdings darf dies nicht zu einer Beschneidung der Nacherfüllungsrechte des Unternehmers führen, indem der Kläger erst eine bestimmte Art der Nacherfüllung fordert und sodann ohne ein weiteres, spezifiziertes Nacherfüllungsverlangen die Mängel auf eine andere Art und Weise beseitigt, ohne dem Unternehmer Gelegenheit zu geben, diese Arbeiten selbst vorzunehmen. Dies muss insbesondere gelten, wenn – wie vorliegend – die Nacherfüllungsverpflichtung des Unternehmers konkret in einem Vergleich festgehalten ist. Andernfalls würde man dem Unternehmer die Pflicht aufbürden, entgegen dem vertraglich vereinbarten Leistungsumfang auf eine andere, als die vertraglich vereinbarte Alternative hinzuweisen, um sein Recht zur Nacherfüllung nicht zu verlieren.
55e.
56Gleichsam führt auch die Verpflichtung des Beklagten in dem Vergleich vom 05.07.2012 zu keinem anderen Ergebnis. Entgegen der Auffassung der Kläger hat der Beklagte darin nicht auf den in dem hiesigen Prozess geltend gemachten Einwand der erforderlichen Mitwirkungshandlung verzichtet. Vielmehr handelt es sich bei der erforderlichen Mitwirkungshandlung um eine Voraussetzung, damit der Beklagte die Verpflichtung aus dem Vergleich erfüllen konnte. Da die Kläger dem Beklagten nicht die Möglichkeit gegeben haben, seine Verpflichtung aus dem Vergleich zu erfüllen, liegt eine unberechtigte Ersatzvornahme vor mit der Folge, dass sämtliche Aufwendungen von den Klägern zu tragen sind. Fehlt es an den Voraussetzungen für das Selbstvornahmerecht, lässt der Besteller die Mangelbeseitigung aber gleichwohl (vorschnell) durch einen Dritten vornehmen, so stehen dem Besteller keine Ansprüche auf Aufwendungsersatz aus § 637 Abs. 1 HS. 1 zu (Busche in MüKo BGB (2015) § 637 Rn. 7 m.w.N.; BGH NJW-RR 1988, 208, 209). Denn grundsätzlich bestimmt der Unternehmer/Auftragnehmer, der das Recht, Mängel an dem von ihm erstellten Werk selbst zu beseitigen oder beseitigen zu lassen, noch nicht verloren hat, auf welche Weise nachzubessern ist (BGH NJW-RR 1988, 208).
572.
58Ein Zahlungsanspruch der Kläger gegen den Beklagten ergibt sich ebenfalls wegen der wirkungslosen Fristsetzung auch nicht gemäß §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 2, 281 BGB.
593.
60Ansprüche nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag aus den §§ 677, 683 Abs. 1 Satz 1, 670 BGB scheiden ebenfalls aus, da das werkvertraglichen Ausgleichssystem insoweit Vorrang hat. Die Vorschrift des § 637 Abs. 1 BGB beinhaltet eine abschließende Regelung für den Ersatz von Mängelbeseitigungskosten, neben der andere Anspruchsgrundlagen nicht bestehen können. Beseitigt der Besteller selbst einen Mangel oder lässt er diesen durch einen Drittunternehmer beheben, ohne dass die Voraussetzungen des § 637 Abs. 1 vorliegen, steht dem Besteller für seine Aufwendungen kein Erstattungsanspruch zu (Busche in MüKo BGB (2015) § 637 Rn. 18 m.w.N.). Gleiches gilt für Ansprüche auf Grundlage des Bereicherungs- oder Deliktsrechts (Busche aaO. § 637 Rn. 18 m.w.N.).
614.
62Mangels bestehender Hauptforderung der Kläger besteht auch kein Zinsanspruch aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 2, bzw. 291 BGB und kein Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
63III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 Satz 2 ZPO.
64Der Streitwert wird auf 42.840,00 EUR festgesetzt.
Tenor
Auf die Beschwerde und Erinnerung der Antragstellerin werden der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 – 3 B 749/09 – geändert, der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 09. Juni 2010 – 3 B 749/09 – aufgehoben und der Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens in beiden Rechtszügen.
Gründe
I.
- 1
Die Antragstellerin hat am 09. Oktober 2009 auf dem Postweg beim Verwaltungsgericht Schwerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem sie die Zulassung zum Studium der Zahnmedizin an der Universität Rostock zum Wintersemester 2009/2010 verfolgt hat. Noch am selben Tag – um 11.18 Uhr – ist per Telefax der Schriftsatz der Antragstellerin beim Verwaltungsgericht eingegangen, mit dem sie die Rücknahme ihres Antrages erklärt hat. Eine Eingangsverfügung des Gerichts ist in der Gerichtsakte nicht enthalten, eine Zustellung der Antragsschrift nicht erfolgt. Mit Beschluss vom 15. Oktober 2009 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Eine gerichtliche Verfügung betreffend die Übersendung des Einstellungsbeschlusses an die Beteiligten enthält die Gerichtsakte nicht.
- 2
Veranlasst durch krankheitsbedingte Personalengpässe und mehrere Hundert NC-Verfahrenseingänge binnen weniger Wochen ist es auf der Serviceeinheit bzw. Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts zu einem Bearbeitungsstau gekommen. Aus diesem Grund sind Antragsschrift, Rücknahmeerklärung und Einstellungsbeschluss erst unter dem 12. April 2010 an den Antragsgegner übersandt worden.
- 3
Bereits zuvor ist der Kammervorsitzende beim Verwaltungsgericht – ausweislich des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 – mit der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners „übereingekommen, ihr vorab einen Ausdruck der NC-Verfahrenseingänge aus dem Prozessregister des Gerichts zur Verfügung zu stellen“. In diese Liste waren zwischenzeitliche Antragsrücknahmen mangels Bearbeitung in der Serviceeinheit nicht eingetragen. Ein Ausdruck der Liste befindet sich nicht bei der Gerichtsakte bzw. Generalakte. Mit einer bei der Generalakte befindlichen ausgedruckten E-Mail vom 18. November 2009 hat sich die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners für die Übersendung der Liste bedankt. Mit am 04. Dezember 2009 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners dessen Vertretung angezeigt und die Zurückweisung des Antrags beantragt.
- 4
Am 07. Mai 2010 hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners beim Verwaltungsgericht einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt und den festzusetzenden Betrag mit 489,45 EUR beziffert. Entsprechend hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. Juni 2010 die von der Antragstellerin zu erstattenden Kosten festgesetzt. Nach Zustellung des Beschlusses am 15. Juni 2010 hat die Antragstellerin am 18. Juni 2010 Erinnerung gegen denselben eingelegt. Mit dem vorliegend angefochtenen Beschluss vom 21. März 2011 hat das Verwaltungsgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Der Beschluss ist der Antragstellerin am 04. April 2011 zugestellt worden. Am 06. April 2011 hat sie gegen ihn Beschwerde eingelegt.
II.
- 5
Die Beschwerde, über die der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern entscheidet (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 09.11.2007 – 1 O 121/07 –, juris; VGH Mannheim, Beschl. v. 06.11.2008 – NC 9 S 2614/08 –, juris, m. w. N.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.06.2007 – 2 OA 433/07 –, NVwZ-RR 2007, 816 – zitiert nach juris), hat Erfolg. Sie ist ebenso zulässig und begründet wie die mit ihr weiter verfolgte Erinnerung; infolgedessen ist der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts aufzuheben sowie der Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners zurückzuweisen.
- 6
Die fristgerecht erhobene Beschwerde (§§ 146, 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 ist auch im Übrigen zulässig; insbesondere ist der Beschwerdewert von 200 EURO (§ 146 Abs. 3 VwGO) erreicht. Auch wenn insoweit in der Beschwerdebegründung teilweise missverständliche Ausführungen enthalten sind, ist unzweifelhafter Gegenstand des Beschwerde- und Erinnerungsverfahrens der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. Juni 2010 und nicht etwa die unanfechtbare (vgl. § 158 Abs. 2 VwGO) Kostenentscheidung im Einstellungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2009.
- 7
Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 09. Juni 2010 zu Unrecht zurückgewiesen. Die nach den §§ 164, 165 und 151 VwGO zulässige – insbesondere fristgemäß erhobene – Erinnerung ist begründet, die geltend gemachte Verfahrensgebühr zuzüglich Nebenkosten und Steuern vorliegend nicht erstattungsfähig.
- 8
Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO – wie es auch § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO für den Zivilprozess vorschreibt – sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Das Gesetz sieht weder nach seinem eindeutigen Wortlaut und seiner Systematik noch nach Sinn und Zweck der getroffenen Regelung vor, dass bei der Kostenfestsetzung die Notwendigkeit der Heranziehung eines Rechtsanwalts geprüft und zum Maßstab für die Erstattungsfähigkeit der Kosten gemacht wird. Nur für die Erstattungsfähigkeit von Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten im Vorverfahren sieht § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO eine Notwendigkeitsprüfung durch das Gericht vor. Diese Sonderstellung der Rechtsanwälte liegt begründet in dem Interesse der Rechtspflege an der Vertretung der Beteiligten durch die hierzu nach § 3 Abs. 1 BRAO besonders berufenen Personen. § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO gilt auch zu Gunsten von Behörden als Beteiligte eines Verwaltungsprozesses. Auch sie können sich im Prozess durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, dessen Gebühren und Auslagen dann ohne Weiteres erstattungsfähig sind. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Behörde selbst über eigene juristisch geschulte Bedienstete verfügt, die den Prozess für sie hätten führen können (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 02.08.2006 – NC 9 S 76/06 –, NVwZ 2006, 1300 – zitiert nach juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 01.02.2006 – OVG 1 K 72.05 –, NVwZ 2006, 713 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris; VG Hannover, Beschl. v. 26.11.2007 – 8 C 4505/07 –, juris).
- 9
Nur in restriktiv zu behandelnden Ausnahmefällen findet trotz des eindeutigen Gesetzeswortlauts eine Kostenerstattung nicht statt. Dies gilt etwa bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten (Verstoß gegen Treu und Glauben) sowie bei einem offensichtlichen Verstoß gegen den das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatz, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, und wird von der Rechtsprechung insbesondere auch für den Fall angenommen, dass die anwaltliche Vertretung für die Partei in dem konkreten Verfahren offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Gegner Kosten zu verursachen, etwa wenn die Vertretungsanzeige erst nach unstreitig eingetretener objektiver Erledigung der Hauptsache erfolgt, obwohl nur noch die Abgabe entsprechender prozessualer Erklärungen durch die hinsichtlich der zu erwartenden Kostenentscheidung kundigen Beteiligten aussteht (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 02.08.2006 – NC 9 S 76/06 –, a. a. O.; Beschl. v. 28.02.1991 – NC 9 S 98/90 –, NVwZ 1992, 388 – zitiert nach juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.09.2009 – 2 OA 302/09 –, juris; Beschl. v. 15.08.2003 – 2 OA 117/03 –, NVwZ-RR 2004, 155 – zitiert nach juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.03.2010 – OVG 1 K 8.10 –, juris; Beschl. v. 24.04.2009 – OVG 1 K 17.08 –, juris; Beschl. v. 01.02.2006 – OVG 1 K 72.05 –, NVwZ 2006, 713 – zitiert nach juris; OVG A-Stadt, Beschl. v. 12.06.2007 – 3 So 173/05 –, NVwZ-RR 2007, 825 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; VG Berlin, Beschl. v. 16.06.2010 – 14 KE 2.05 –, juris; Beschl. v. 28.06.2005 – 14 KE 29.05 –, juris). Insoweit fließt auch der Aspekt der Notwendigkeit im Sinne von § 162 Abs. 1 VwGO in die Auslegung des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO wieder mit ein (OVG Berlin, Beschl. v. 07.02.2001 – 3 K 17/00 –, NVwZ-RR 2001, 613; Beschl. v. 04.01.2001 – 3 K 9/00 –, NVwZ-RR 2001, 614; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris).
- 10
Es ist dabei für die Beurteilung der Rechtsmissbräuchlichkeit nicht maßgeblich, ob der Prozessgegner oder das Gericht die Tätigkeit des bevollmächtigten Anwalts für nutzlos halten, sondern ob sie für die von ihm vertretene Partei in dem konkreten Verfahren von Nutzen ist. Letzteres wird zur Vermeidung eines unangemessenen und vom Gesetz für den Regelfall nicht vorgesehenen Eindringens in das Vertretungsverhältnis vermutet und kann nur dann zur Verhinderung einer rechtsmissbräuchlichen Kostenverursachung verneint werden, wenn nach den äußeren Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach dem Stand des Streitverfahrens, das Gegenteil offen zutage tritt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.09.2009 – 2 OA 302/09 –, juris; OVG A-Stadt, Beschl. v. 12.06.2007 – 3 So 173/05 –, NVwZ-RR 2007, 825 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris).
- 11
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist nach Überzeugung des Senats vorliegend ein Ausnahmefall gegeben, in dem die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners gegen den das Kostenrecht beherrschenden Grundsatz, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, verstoßen hat und für ihn offensichtlich nutzlos sowie objektiv nur dazu angetan war, dem Gegner Kosten zu verursachen. Zu dieser Schlussfolgerung führen den Senat folgende Erwägungen: Die Antragsschrift und der die Antragsrücknahme enthaltende Schriftsatz sind am selben Tag beim Verwaltungsgericht eingegangen, wobei letzterer bereits am Vormittag dort vorgelegen hat. Bei der nach der Prozessordnung (§§ 85 Satz 1, 86 Abs. 4 Satz 3 VwGO; die Vorschriften gelten grundsätzlich auch für das Anordnungsverfahren, vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 123 Rn. 122) vorgesehenen Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts wären beide Schriftsätze deshalb (ebenso wie vermutlich der Einstellungsbeschluss) im ordentlichen Geschäftsgang gleichzeitig alsbald nach ihrem Eingang (bzw. der Beschlussfassung) an die mit einer alle Hochschulzulassungsstreitigkeiten betreffend Human- und Zahnmedizin im Studienjahr 2009/2010 Generalprozessvollmacht – deren Wirksamkeit hier keiner weiteren Erörterung bedarf – ausgestattete Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners zugestellt bzw. übermittelt worden. Dann wäre es für den Antragsgegner bzw. seine Prozessbevollmächtigte offensichtlich gewesen, dass im Verhältnis zur Antragstellerin eine anwaltliche Vertretung objektiv für ihn bzw. ihren Mandanten keinen Nutzen mehr bringen konnte und in dem Verfahren – wenn er nicht ohnehin bereits mit übersandt worden wäre – lediglich noch ein gerichtlicher Einstellungsbeschluss zu erwarten gewesen wäre. Wenn die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter – anders als im Regelfall – gleichzeitig mit der Kenntniserlangung von der Einlegung eines Rechtsbehelfs wusste oder hätte wissen müssen, dass der Rechtsbehelf zurückgenommen worden ist, liegt es auf der Hand bzw. tritt nach den äußeren Umständen des Einzelfalls offen zutage, dass prozessbezogene Tätigkeiten objektiv nicht mehr erforderlich sind und die anwaltliche Vertretung für die Partei in dem betreffenden Verfahren offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan wäre, dem Gegner Kosten zu verursachen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.08.2003 – 2 OA 117/03 –, a. a. O., juris Rn. 7).
- 12
Blendet man im Weiteren nun zunächst aus, dass der Antragsgegner bzw. seine Prozessbevollmächtigte – auf einem von der Prozessordnung nicht vorgesehenen Weg – zwischenzeitlich Kenntnis von dem Eingang des vorliegenden Verfahrens erhalten hat, wäre die Sachlage nicht anders gewesen. Dann hätte der Antragsgegner erstmalig und gleichzeitig – genau wie vorstehend durch die an sich seitens des Gerichts zu erwartende Vorgehensweise, die lediglich durch die damals schwierigen Bedingungen auf der Geschäftsstelle zunächst verhindert worden ist – aufgrund des gerichtlichen Übersendungsschreibens vom 12. April 2010 von Antragstellung und Antragsrücknahme (sowie vom Einstellungsbeschluss) Kenntnis erlangt. Auch zu diesem Zeitpunkt wäre im Sinne der vorstehenden Ausführungen davon auszugehen gewesen, dass eine anwaltliche Vertretung für den Antragsgegner im Verhältnis zur Antragstellerin offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan gewesen wäre, der Gegnerin Kosten zu verursachen.
- 13
Nicht anders verhält es sich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners seitens des Gerichts nach Absprache mit dem Kammervorsitzenden eine Liste der bis zu dem betreffenden Zeitpunkt – Mitte November – eingegangenen Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung übermittelt worden ist, sie dadurch auch Kenntnis vom Eingang des Verfahrens der Antragstellerin erlangt und unter Vertretungsanzeige mit am 04. Dezember 2009 eingegangenem Schriftsatz einen Zurückweisungsantrag gestellt hat. Dieser Sachverhalt rechtfertigt gegenüber dem normalen, vorstehend erörterten Verfahrensgang ebenfalls keinen Kostenerstattungsanspruch des Antragsgegners gegen die Antragstellerin.
- 14
Die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners hat sich die entsprechende Kenntnis vom Eingang des Verfahrens nämlich auf einem von der Prozessordnung nicht vorgesehenen Weg verschafft. Die Übersendung eines Ausdrucks der NC-Verfahrenseingänge aus dem Prozessregister des Gerichts kann offensichtlich nicht der Antragszustellung nach Maßgabe von § 85 Satz 1 VwGO gleichgestellt bzw. zugerechnet werden. Da sich die betreffende Liste auf die Dokumentation des Eingangs der einzelnen Verfahren beschränkte, waren ihr keine Informationen zum Fortgang der Verfahren nach dem Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht zu entnehmen. Insbesondere mussten ihr dabei bereits vorliegende Antragsrücknahmen – wie hier – verborgen bleiben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erstellung der Liste – Mitte November 2009 – etwa wegen zwischenzeitlich im Nachrückverfahren vergebener Studienplätze eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit bestand, dass es zumindest schon vereinzelt zu Antragsrücknahmen gekommen war. Wenn die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners in dieser Situation ausschließlich gestützt auf die übermittelte, den Verfahrensstand nicht dokumentierende Eingangsliste flächendeckend in allen Verfahren schriftsätzliche Vertretungsanzeigen und Zurückweisungsanträge an das Verwaltungsgericht übersandt hat, musste sie folglich Gefahr laufen, dies auch in Verfahren zu tun, in denen hierfür – wie vorliegend – objektiv wegen zwischenzeitlicher Antragsrücknahme keine Veranlassung bestand, bzw. dies für den Antragsgegner bei objektiver Betrachtung nutzlos war. Dieses Risiko kann nicht der Antragstellerin zugerechnet werden, die für diesen Verfahrensverlauf keine Veranlassung gegeben hat. Das Risiko der objektiv nutzlosen anwaltlichen Vertretung fällt vielmehr unter den besonderen Umständen des vorliegenden Einzelfalls in die Sphäre des Antragsgegners. Dessen Prozessbevollmächtigte hat sich für die Beurteilung der Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung auf eine Verfahrenseingangsliste verlassen, die von der maßgeblichen Prozessordnung schon nicht vorgesehen ist und diese Beurteilung gerade nicht in allen Verfahren in hinreichender Weise ermöglichte. Sie hat gewissermaßen den „normalen Verfahrensweg“ wie vorstehend beschrieben ohne beachtlichen Grund „verlassen“. Das aus einer flächendeckend erfolgten Vertretungsanzeige samt Zurückweisungsantrag folgende Risiko, auch einzelne Verfahren zu erfassen, in denen insoweit keinerlei entsprechende Notwendigkeit bestand bzw. anzuerkennen war, hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners nach Lage der Dinge offensichtlich billigend in Kauf genommen bzw. auch in diesen Fällen die Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung gewissermaßen „ins Blaue hinein“ bejaht. Diesem Risiko hätte sie im Sinne einer Obliegenheit ohne Weiteres entgehen können, wenn sie ausdrücklich nach etwaigen zwischenzeitlichen Antragsrücknahmen gefragt hätte.
- 15
Die vom Senat vorgenommene Risikozuweisung findet ihre Rechtfertigung zudem auch in folgenden Überlegungen: Auch wenn nachvollzogen werden kann, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners die damalige Situation im Verwaltungsgericht als misslich empfunden haben mag, ist doch in keiner Weise ersichtlich, dass der Antragsgegner oder seine Prozessbevollmächtigte zur Rechtswahrung, sei es in materieller oder in prozessualer Hinsicht, auf die mit dem Gericht vereinbarte Übersendung einer Verfahrenseingangsliste angewiesen gewesen wäre. Weder ist insoweit für den Antragsgegner ein beachtlicher rechtlicher Vorteil erkennbar noch gar ein rechtlicher Nachteil oder gar Rechtsverlust zu befürchten gewesen (vgl. zur Beachtlichkeit dieses Gesichtspunktes VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris), wenn er die später dann im normalen Geschäftsgang erfolgte Übersendung der Antragsschrift zugleich mit der Antragsrücknahme abgewartet hätte. Dies gilt etwa für seinen Anspruch auf rechtliches Gehör. Auf der Basis der betreffenden Liste war ihm zudem auch keine auf den Antragstellervortrag in den einzelnen Verfahren bezogene differenzierte Stellungnahme möglich. Anhaltspunkte für ein Bedürfnis des Antragsgegners zur vorsorglichen Wahrnehmung von Rechten mit Hilfe anwaltlicher Vertretung bestehen im Verhältnis zur Antragstellerin nicht.
- 16
Demzufolge bleibt als plausible Erklärung für die auf die übersandte Liste gestützte Vertretungsanzeige und den Zurückweisungsantrag nur die Annahme, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners damit Gebühreninteressen verfolgt hat, was letztlich in den Verfahren, in denen später die Antragszustellung erfolgte und der jeweilige Antrag aufrecht erhalten oder eine Antragsrücknahme erst nach erfolgter Zustellung erklärt worden ist, grundsätzlich legitim war, im vorliegenden Verfahren jedoch ausnahmsweise nicht.
- 17
An dieser Beurteilung ändert schließlich auch der Sachverhalt nichts, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners bereits im August 2009 beim Verwaltungsgericht eine allgemeine Prozessvollmacht zur Vertretung der Universität Rostock in sämtlichen Hochschulzulassungsstreitigkeiten betreffend die Studiengänge Humanmedizin und Zahnmedizin im Wintersemester 2009/2010 vorgelegt hat. Ungeachtet der Frage nach deren Wirksamkeit – bzw. Relevanz, da diese nach Maßgabe des Übersendungsschreibens vom 14. August 2009 von der „Universität Rostock“, nicht jedoch vom Antragsgegner erteilt worden ist – konnte insoweit nicht etwa eine Vorverlagerung der Entstehung der Kostenerstattungspflicht der jeweiligen Antragsteller/Antragstellerinnen vor den Zeitpunkt der individualisierten Kenntnisnahme des Antragsgegners vom Umstand der Rechtshängigkeit (vgl. § 90 Abs. 1 VwGO) und der damit einhergehenden Begründung eines Bedürfnisses, anwaltliche Hilfe zur Rechtsverteidigung in Anspruch nehmen zu wollen, bewirkt werden. Eine andere Sichtweise wäre mit dem kostenrechtlichen Grundsatz, die Kosten in dem jeweiligen (Verwaltungs-) Streitverfahren so niedrig wie möglich zu halten, nicht vereinbar. Die im Verhältnis zu den jeweiligen Antragstellern erforderliche individuelle objektive Beurteilung der Notwendigkeit der Rechtsverteidigung mit Hilfe einer Rechtsanwältin setzt die Kenntnis des Antragsgegners von der Rechtshängigkeit des betreffenden Anordnungsantrages voraus. Es liegt auf der Hand, dass der Antragsgegner sich ohne eine solche Kenntnis von der Rechtshängigkeit eines konkreten Anordnungsverfahrens die Frage nach der entsprechenden Notwendigkeit gar nicht stellen konnte. Anderenfalls liefe auch das Kostenminderungsgebot im Falle der Erteilung einer Generalprozessvollmacht wie im vorliegenden Fall leer.
- 18
Welchen objektiven Nutzen die mit Generalprozessvollmacht erfolgte Beauftragung eine Rechtsanwalts in der vorliegenden Situation für den Antragsgegner aus der Sicht eines verständigen Beteiligten gehabt haben soll, ist nicht ersichtlich. Auch eine (organisatorische) „Entlastung“ der Hochschule tritt durch die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts nicht ein, weil nach der Antragsrücknahme keinerlei aktive Prozessführung oder ein sonstiges Tätigwerden durch den Antragsgegner erforderlich war. Zwar mögen durchaus außergerichtliche Kosten des Antragsgegners entstanden sein. Diese Kosten betreffen aber allein das Verhältnis zwischen ihm als Mandanten und der von ihm beauftragten Rechtsanwältin. Aus der Entstehung dieser Kosten kann nicht zugleich auf deren Erstattungsfähigkeit im Verhältnis zum Prozessgegner geschlossen werden. Es steht dem Antragsgegner zwar frei, der von ihm regelmäßig mandatierten Rechtsanwältin Generalprozessvollmacht zu erteilen und die Zustellung aller Eilanträge an diese zu erbitten, ggf. auch mit dem Ziel, jeglicher Befassung mit gerichtlichen Verfahren grundsätzlich enthoben zu sein. Jedoch trägt er in einem solchen Fall die Gefahr dafür, dass von der Generalbevollmächtigung auch Streitverfahren erfasst werden, die nur unter Verstoß gegen die Kostenminderungspflicht einem Anwalt übertragen werden können. Er kann sich seiner Verpflichtung zur Geringhaltung der Kosten im Einzelfall nicht dadurch entziehen, dass er vorab die Bearbeitung auch solcher Verfahren einer Anwältin überlässt, in denen kein Anlass zum Tätigwerden besteht (vgl. zum Ganzen VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris; OVG Berlin, Beschluss vom 04.01.2001 – 3 K 9/00 –, NVwZ-RR 2001, 614; vgl. auch VG Berlin, Beschl. v. 28.06.2005 – 14 KE 29.05 –, juris;).
- 19
Im Ergebnis der vorstehenden Gesamtbetrachtung steht deshalb im Sinne einer besonderen Ausnahme die Bewertung, dass die anwaltliche Vertretung für den Antragsgegner durch seine Prozessbevollmächtigte im Verhältnis zur Antragstellerin insgesamt offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan gewesen ist, letzterer Kosten zu verursachen.
- 20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
- 21
Hinweis:
- 22
Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Der Besteller kann wegen eines Mangels des Werkes nach erfolglosem Ablauf einer von ihm zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn nicht der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht verweigert.
(2) § 323 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. Der Bestimmung einer Frist bedarf es auch dann nicht, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist.
(3) Der Besteller kann von dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen Vorschuss verlangen.
Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden; - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird; - 3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.
(1) Der Besteller kann wegen eines Mangels des Werkes nach erfolglosem Ablauf einer von ihm zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn nicht der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht verweigert.
(2) § 323 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. Der Bestimmung einer Frist bedarf es auch dann nicht, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist.
(3) Der Besteller kann von dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen Vorschuss verlangen.
Tenor
Auf die Beschwerde und Erinnerung der Antragstellerin werden der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 – 3 B 749/09 – geändert, der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 09. Juni 2010 – 3 B 749/09 – aufgehoben und der Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens in beiden Rechtszügen.
Gründe
I.
- 1
Die Antragstellerin hat am 09. Oktober 2009 auf dem Postweg beim Verwaltungsgericht Schwerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem sie die Zulassung zum Studium der Zahnmedizin an der Universität Rostock zum Wintersemester 2009/2010 verfolgt hat. Noch am selben Tag – um 11.18 Uhr – ist per Telefax der Schriftsatz der Antragstellerin beim Verwaltungsgericht eingegangen, mit dem sie die Rücknahme ihres Antrages erklärt hat. Eine Eingangsverfügung des Gerichts ist in der Gerichtsakte nicht enthalten, eine Zustellung der Antragsschrift nicht erfolgt. Mit Beschluss vom 15. Oktober 2009 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Eine gerichtliche Verfügung betreffend die Übersendung des Einstellungsbeschlusses an die Beteiligten enthält die Gerichtsakte nicht.
- 2
Veranlasst durch krankheitsbedingte Personalengpässe und mehrere Hundert NC-Verfahrenseingänge binnen weniger Wochen ist es auf der Serviceeinheit bzw. Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts zu einem Bearbeitungsstau gekommen. Aus diesem Grund sind Antragsschrift, Rücknahmeerklärung und Einstellungsbeschluss erst unter dem 12. April 2010 an den Antragsgegner übersandt worden.
- 3
Bereits zuvor ist der Kammervorsitzende beim Verwaltungsgericht – ausweislich des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 – mit der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners „übereingekommen, ihr vorab einen Ausdruck der NC-Verfahrenseingänge aus dem Prozessregister des Gerichts zur Verfügung zu stellen“. In diese Liste waren zwischenzeitliche Antragsrücknahmen mangels Bearbeitung in der Serviceeinheit nicht eingetragen. Ein Ausdruck der Liste befindet sich nicht bei der Gerichtsakte bzw. Generalakte. Mit einer bei der Generalakte befindlichen ausgedruckten E-Mail vom 18. November 2009 hat sich die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners für die Übersendung der Liste bedankt. Mit am 04. Dezember 2009 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners dessen Vertretung angezeigt und die Zurückweisung des Antrags beantragt.
- 4
Am 07. Mai 2010 hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners beim Verwaltungsgericht einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt und den festzusetzenden Betrag mit 489,45 EUR beziffert. Entsprechend hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. Juni 2010 die von der Antragstellerin zu erstattenden Kosten festgesetzt. Nach Zustellung des Beschlusses am 15. Juni 2010 hat die Antragstellerin am 18. Juni 2010 Erinnerung gegen denselben eingelegt. Mit dem vorliegend angefochtenen Beschluss vom 21. März 2011 hat das Verwaltungsgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Der Beschluss ist der Antragstellerin am 04. April 2011 zugestellt worden. Am 06. April 2011 hat sie gegen ihn Beschwerde eingelegt.
II.
- 5
Die Beschwerde, über die der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern entscheidet (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 09.11.2007 – 1 O 121/07 –, juris; VGH Mannheim, Beschl. v. 06.11.2008 – NC 9 S 2614/08 –, juris, m. w. N.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.06.2007 – 2 OA 433/07 –, NVwZ-RR 2007, 816 – zitiert nach juris), hat Erfolg. Sie ist ebenso zulässig und begründet wie die mit ihr weiter verfolgte Erinnerung; infolgedessen ist der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts aufzuheben sowie der Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners zurückzuweisen.
- 6
Die fristgerecht erhobene Beschwerde (§§ 146, 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 ist auch im Übrigen zulässig; insbesondere ist der Beschwerdewert von 200 EURO (§ 146 Abs. 3 VwGO) erreicht. Auch wenn insoweit in der Beschwerdebegründung teilweise missverständliche Ausführungen enthalten sind, ist unzweifelhafter Gegenstand des Beschwerde- und Erinnerungsverfahrens der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. Juni 2010 und nicht etwa die unanfechtbare (vgl. § 158 Abs. 2 VwGO) Kostenentscheidung im Einstellungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2009.
- 7
Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 09. Juni 2010 zu Unrecht zurückgewiesen. Die nach den §§ 164, 165 und 151 VwGO zulässige – insbesondere fristgemäß erhobene – Erinnerung ist begründet, die geltend gemachte Verfahrensgebühr zuzüglich Nebenkosten und Steuern vorliegend nicht erstattungsfähig.
- 8
Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO – wie es auch § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO für den Zivilprozess vorschreibt – sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Das Gesetz sieht weder nach seinem eindeutigen Wortlaut und seiner Systematik noch nach Sinn und Zweck der getroffenen Regelung vor, dass bei der Kostenfestsetzung die Notwendigkeit der Heranziehung eines Rechtsanwalts geprüft und zum Maßstab für die Erstattungsfähigkeit der Kosten gemacht wird. Nur für die Erstattungsfähigkeit von Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten im Vorverfahren sieht § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO eine Notwendigkeitsprüfung durch das Gericht vor. Diese Sonderstellung der Rechtsanwälte liegt begründet in dem Interesse der Rechtspflege an der Vertretung der Beteiligten durch die hierzu nach § 3 Abs. 1 BRAO besonders berufenen Personen. § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO gilt auch zu Gunsten von Behörden als Beteiligte eines Verwaltungsprozesses. Auch sie können sich im Prozess durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, dessen Gebühren und Auslagen dann ohne Weiteres erstattungsfähig sind. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Behörde selbst über eigene juristisch geschulte Bedienstete verfügt, die den Prozess für sie hätten führen können (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 02.08.2006 – NC 9 S 76/06 –, NVwZ 2006, 1300 – zitiert nach juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 01.02.2006 – OVG 1 K 72.05 –, NVwZ 2006, 713 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris; VG Hannover, Beschl. v. 26.11.2007 – 8 C 4505/07 –, juris).
- 9
Nur in restriktiv zu behandelnden Ausnahmefällen findet trotz des eindeutigen Gesetzeswortlauts eine Kostenerstattung nicht statt. Dies gilt etwa bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten (Verstoß gegen Treu und Glauben) sowie bei einem offensichtlichen Verstoß gegen den das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatz, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, und wird von der Rechtsprechung insbesondere auch für den Fall angenommen, dass die anwaltliche Vertretung für die Partei in dem konkreten Verfahren offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Gegner Kosten zu verursachen, etwa wenn die Vertretungsanzeige erst nach unstreitig eingetretener objektiver Erledigung der Hauptsache erfolgt, obwohl nur noch die Abgabe entsprechender prozessualer Erklärungen durch die hinsichtlich der zu erwartenden Kostenentscheidung kundigen Beteiligten aussteht (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 02.08.2006 – NC 9 S 76/06 –, a. a. O.; Beschl. v. 28.02.1991 – NC 9 S 98/90 –, NVwZ 1992, 388 – zitiert nach juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.09.2009 – 2 OA 302/09 –, juris; Beschl. v. 15.08.2003 – 2 OA 117/03 –, NVwZ-RR 2004, 155 – zitiert nach juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.03.2010 – OVG 1 K 8.10 –, juris; Beschl. v. 24.04.2009 – OVG 1 K 17.08 –, juris; Beschl. v. 01.02.2006 – OVG 1 K 72.05 –, NVwZ 2006, 713 – zitiert nach juris; OVG A-Stadt, Beschl. v. 12.06.2007 – 3 So 173/05 –, NVwZ-RR 2007, 825 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; VG Berlin, Beschl. v. 16.06.2010 – 14 KE 2.05 –, juris; Beschl. v. 28.06.2005 – 14 KE 29.05 –, juris). Insoweit fließt auch der Aspekt der Notwendigkeit im Sinne von § 162 Abs. 1 VwGO in die Auslegung des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO wieder mit ein (OVG Berlin, Beschl. v. 07.02.2001 – 3 K 17/00 –, NVwZ-RR 2001, 613; Beschl. v. 04.01.2001 – 3 K 9/00 –, NVwZ-RR 2001, 614; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris).
- 10
Es ist dabei für die Beurteilung der Rechtsmissbräuchlichkeit nicht maßgeblich, ob der Prozessgegner oder das Gericht die Tätigkeit des bevollmächtigten Anwalts für nutzlos halten, sondern ob sie für die von ihm vertretene Partei in dem konkreten Verfahren von Nutzen ist. Letzteres wird zur Vermeidung eines unangemessenen und vom Gesetz für den Regelfall nicht vorgesehenen Eindringens in das Vertretungsverhältnis vermutet und kann nur dann zur Verhinderung einer rechtsmissbräuchlichen Kostenverursachung verneint werden, wenn nach den äußeren Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach dem Stand des Streitverfahrens, das Gegenteil offen zutage tritt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.09.2009 – 2 OA 302/09 –, juris; OVG A-Stadt, Beschl. v. 12.06.2007 – 3 So 173/05 –, NVwZ-RR 2007, 825 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris).
- 11
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist nach Überzeugung des Senats vorliegend ein Ausnahmefall gegeben, in dem die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners gegen den das Kostenrecht beherrschenden Grundsatz, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, verstoßen hat und für ihn offensichtlich nutzlos sowie objektiv nur dazu angetan war, dem Gegner Kosten zu verursachen. Zu dieser Schlussfolgerung führen den Senat folgende Erwägungen: Die Antragsschrift und der die Antragsrücknahme enthaltende Schriftsatz sind am selben Tag beim Verwaltungsgericht eingegangen, wobei letzterer bereits am Vormittag dort vorgelegen hat. Bei der nach der Prozessordnung (§§ 85 Satz 1, 86 Abs. 4 Satz 3 VwGO; die Vorschriften gelten grundsätzlich auch für das Anordnungsverfahren, vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 123 Rn. 122) vorgesehenen Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts wären beide Schriftsätze deshalb (ebenso wie vermutlich der Einstellungsbeschluss) im ordentlichen Geschäftsgang gleichzeitig alsbald nach ihrem Eingang (bzw. der Beschlussfassung) an die mit einer alle Hochschulzulassungsstreitigkeiten betreffend Human- und Zahnmedizin im Studienjahr 2009/2010 Generalprozessvollmacht – deren Wirksamkeit hier keiner weiteren Erörterung bedarf – ausgestattete Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners zugestellt bzw. übermittelt worden. Dann wäre es für den Antragsgegner bzw. seine Prozessbevollmächtigte offensichtlich gewesen, dass im Verhältnis zur Antragstellerin eine anwaltliche Vertretung objektiv für ihn bzw. ihren Mandanten keinen Nutzen mehr bringen konnte und in dem Verfahren – wenn er nicht ohnehin bereits mit übersandt worden wäre – lediglich noch ein gerichtlicher Einstellungsbeschluss zu erwarten gewesen wäre. Wenn die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter – anders als im Regelfall – gleichzeitig mit der Kenntniserlangung von der Einlegung eines Rechtsbehelfs wusste oder hätte wissen müssen, dass der Rechtsbehelf zurückgenommen worden ist, liegt es auf der Hand bzw. tritt nach den äußeren Umständen des Einzelfalls offen zutage, dass prozessbezogene Tätigkeiten objektiv nicht mehr erforderlich sind und die anwaltliche Vertretung für die Partei in dem betreffenden Verfahren offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan wäre, dem Gegner Kosten zu verursachen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.08.2003 – 2 OA 117/03 –, a. a. O., juris Rn. 7).
- 12
Blendet man im Weiteren nun zunächst aus, dass der Antragsgegner bzw. seine Prozessbevollmächtigte – auf einem von der Prozessordnung nicht vorgesehenen Weg – zwischenzeitlich Kenntnis von dem Eingang des vorliegenden Verfahrens erhalten hat, wäre die Sachlage nicht anders gewesen. Dann hätte der Antragsgegner erstmalig und gleichzeitig – genau wie vorstehend durch die an sich seitens des Gerichts zu erwartende Vorgehensweise, die lediglich durch die damals schwierigen Bedingungen auf der Geschäftsstelle zunächst verhindert worden ist – aufgrund des gerichtlichen Übersendungsschreibens vom 12. April 2010 von Antragstellung und Antragsrücknahme (sowie vom Einstellungsbeschluss) Kenntnis erlangt. Auch zu diesem Zeitpunkt wäre im Sinne der vorstehenden Ausführungen davon auszugehen gewesen, dass eine anwaltliche Vertretung für den Antragsgegner im Verhältnis zur Antragstellerin offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan gewesen wäre, der Gegnerin Kosten zu verursachen.
- 13
Nicht anders verhält es sich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners seitens des Gerichts nach Absprache mit dem Kammervorsitzenden eine Liste der bis zu dem betreffenden Zeitpunkt – Mitte November – eingegangenen Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung übermittelt worden ist, sie dadurch auch Kenntnis vom Eingang des Verfahrens der Antragstellerin erlangt und unter Vertretungsanzeige mit am 04. Dezember 2009 eingegangenem Schriftsatz einen Zurückweisungsantrag gestellt hat. Dieser Sachverhalt rechtfertigt gegenüber dem normalen, vorstehend erörterten Verfahrensgang ebenfalls keinen Kostenerstattungsanspruch des Antragsgegners gegen die Antragstellerin.
- 14
Die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners hat sich die entsprechende Kenntnis vom Eingang des Verfahrens nämlich auf einem von der Prozessordnung nicht vorgesehenen Weg verschafft. Die Übersendung eines Ausdrucks der NC-Verfahrenseingänge aus dem Prozessregister des Gerichts kann offensichtlich nicht der Antragszustellung nach Maßgabe von § 85 Satz 1 VwGO gleichgestellt bzw. zugerechnet werden. Da sich die betreffende Liste auf die Dokumentation des Eingangs der einzelnen Verfahren beschränkte, waren ihr keine Informationen zum Fortgang der Verfahren nach dem Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht zu entnehmen. Insbesondere mussten ihr dabei bereits vorliegende Antragsrücknahmen – wie hier – verborgen bleiben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erstellung der Liste – Mitte November 2009 – etwa wegen zwischenzeitlich im Nachrückverfahren vergebener Studienplätze eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit bestand, dass es zumindest schon vereinzelt zu Antragsrücknahmen gekommen war. Wenn die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners in dieser Situation ausschließlich gestützt auf die übermittelte, den Verfahrensstand nicht dokumentierende Eingangsliste flächendeckend in allen Verfahren schriftsätzliche Vertretungsanzeigen und Zurückweisungsanträge an das Verwaltungsgericht übersandt hat, musste sie folglich Gefahr laufen, dies auch in Verfahren zu tun, in denen hierfür – wie vorliegend – objektiv wegen zwischenzeitlicher Antragsrücknahme keine Veranlassung bestand, bzw. dies für den Antragsgegner bei objektiver Betrachtung nutzlos war. Dieses Risiko kann nicht der Antragstellerin zugerechnet werden, die für diesen Verfahrensverlauf keine Veranlassung gegeben hat. Das Risiko der objektiv nutzlosen anwaltlichen Vertretung fällt vielmehr unter den besonderen Umständen des vorliegenden Einzelfalls in die Sphäre des Antragsgegners. Dessen Prozessbevollmächtigte hat sich für die Beurteilung der Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung auf eine Verfahrenseingangsliste verlassen, die von der maßgeblichen Prozessordnung schon nicht vorgesehen ist und diese Beurteilung gerade nicht in allen Verfahren in hinreichender Weise ermöglichte. Sie hat gewissermaßen den „normalen Verfahrensweg“ wie vorstehend beschrieben ohne beachtlichen Grund „verlassen“. Das aus einer flächendeckend erfolgten Vertretungsanzeige samt Zurückweisungsantrag folgende Risiko, auch einzelne Verfahren zu erfassen, in denen insoweit keinerlei entsprechende Notwendigkeit bestand bzw. anzuerkennen war, hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners nach Lage der Dinge offensichtlich billigend in Kauf genommen bzw. auch in diesen Fällen die Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung gewissermaßen „ins Blaue hinein“ bejaht. Diesem Risiko hätte sie im Sinne einer Obliegenheit ohne Weiteres entgehen können, wenn sie ausdrücklich nach etwaigen zwischenzeitlichen Antragsrücknahmen gefragt hätte.
- 15
Die vom Senat vorgenommene Risikozuweisung findet ihre Rechtfertigung zudem auch in folgenden Überlegungen: Auch wenn nachvollzogen werden kann, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners die damalige Situation im Verwaltungsgericht als misslich empfunden haben mag, ist doch in keiner Weise ersichtlich, dass der Antragsgegner oder seine Prozessbevollmächtigte zur Rechtswahrung, sei es in materieller oder in prozessualer Hinsicht, auf die mit dem Gericht vereinbarte Übersendung einer Verfahrenseingangsliste angewiesen gewesen wäre. Weder ist insoweit für den Antragsgegner ein beachtlicher rechtlicher Vorteil erkennbar noch gar ein rechtlicher Nachteil oder gar Rechtsverlust zu befürchten gewesen (vgl. zur Beachtlichkeit dieses Gesichtspunktes VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris), wenn er die später dann im normalen Geschäftsgang erfolgte Übersendung der Antragsschrift zugleich mit der Antragsrücknahme abgewartet hätte. Dies gilt etwa für seinen Anspruch auf rechtliches Gehör. Auf der Basis der betreffenden Liste war ihm zudem auch keine auf den Antragstellervortrag in den einzelnen Verfahren bezogene differenzierte Stellungnahme möglich. Anhaltspunkte für ein Bedürfnis des Antragsgegners zur vorsorglichen Wahrnehmung von Rechten mit Hilfe anwaltlicher Vertretung bestehen im Verhältnis zur Antragstellerin nicht.
- 16
Demzufolge bleibt als plausible Erklärung für die auf die übersandte Liste gestützte Vertretungsanzeige und den Zurückweisungsantrag nur die Annahme, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners damit Gebühreninteressen verfolgt hat, was letztlich in den Verfahren, in denen später die Antragszustellung erfolgte und der jeweilige Antrag aufrecht erhalten oder eine Antragsrücknahme erst nach erfolgter Zustellung erklärt worden ist, grundsätzlich legitim war, im vorliegenden Verfahren jedoch ausnahmsweise nicht.
- 17
An dieser Beurteilung ändert schließlich auch der Sachverhalt nichts, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners bereits im August 2009 beim Verwaltungsgericht eine allgemeine Prozessvollmacht zur Vertretung der Universität Rostock in sämtlichen Hochschulzulassungsstreitigkeiten betreffend die Studiengänge Humanmedizin und Zahnmedizin im Wintersemester 2009/2010 vorgelegt hat. Ungeachtet der Frage nach deren Wirksamkeit – bzw. Relevanz, da diese nach Maßgabe des Übersendungsschreibens vom 14. August 2009 von der „Universität Rostock“, nicht jedoch vom Antragsgegner erteilt worden ist – konnte insoweit nicht etwa eine Vorverlagerung der Entstehung der Kostenerstattungspflicht der jeweiligen Antragsteller/Antragstellerinnen vor den Zeitpunkt der individualisierten Kenntnisnahme des Antragsgegners vom Umstand der Rechtshängigkeit (vgl. § 90 Abs. 1 VwGO) und der damit einhergehenden Begründung eines Bedürfnisses, anwaltliche Hilfe zur Rechtsverteidigung in Anspruch nehmen zu wollen, bewirkt werden. Eine andere Sichtweise wäre mit dem kostenrechtlichen Grundsatz, die Kosten in dem jeweiligen (Verwaltungs-) Streitverfahren so niedrig wie möglich zu halten, nicht vereinbar. Die im Verhältnis zu den jeweiligen Antragstellern erforderliche individuelle objektive Beurteilung der Notwendigkeit der Rechtsverteidigung mit Hilfe einer Rechtsanwältin setzt die Kenntnis des Antragsgegners von der Rechtshängigkeit des betreffenden Anordnungsantrages voraus. Es liegt auf der Hand, dass der Antragsgegner sich ohne eine solche Kenntnis von der Rechtshängigkeit eines konkreten Anordnungsverfahrens die Frage nach der entsprechenden Notwendigkeit gar nicht stellen konnte. Anderenfalls liefe auch das Kostenminderungsgebot im Falle der Erteilung einer Generalprozessvollmacht wie im vorliegenden Fall leer.
- 18
Welchen objektiven Nutzen die mit Generalprozessvollmacht erfolgte Beauftragung eine Rechtsanwalts in der vorliegenden Situation für den Antragsgegner aus der Sicht eines verständigen Beteiligten gehabt haben soll, ist nicht ersichtlich. Auch eine (organisatorische) „Entlastung“ der Hochschule tritt durch die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts nicht ein, weil nach der Antragsrücknahme keinerlei aktive Prozessführung oder ein sonstiges Tätigwerden durch den Antragsgegner erforderlich war. Zwar mögen durchaus außergerichtliche Kosten des Antragsgegners entstanden sein. Diese Kosten betreffen aber allein das Verhältnis zwischen ihm als Mandanten und der von ihm beauftragten Rechtsanwältin. Aus der Entstehung dieser Kosten kann nicht zugleich auf deren Erstattungsfähigkeit im Verhältnis zum Prozessgegner geschlossen werden. Es steht dem Antragsgegner zwar frei, der von ihm regelmäßig mandatierten Rechtsanwältin Generalprozessvollmacht zu erteilen und die Zustellung aller Eilanträge an diese zu erbitten, ggf. auch mit dem Ziel, jeglicher Befassung mit gerichtlichen Verfahren grundsätzlich enthoben zu sein. Jedoch trägt er in einem solchen Fall die Gefahr dafür, dass von der Generalbevollmächtigung auch Streitverfahren erfasst werden, die nur unter Verstoß gegen die Kostenminderungspflicht einem Anwalt übertragen werden können. Er kann sich seiner Verpflichtung zur Geringhaltung der Kosten im Einzelfall nicht dadurch entziehen, dass er vorab die Bearbeitung auch solcher Verfahren einer Anwältin überlässt, in denen kein Anlass zum Tätigwerden besteht (vgl. zum Ganzen VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris; OVG Berlin, Beschluss vom 04.01.2001 – 3 K 9/00 –, NVwZ-RR 2001, 614; vgl. auch VG Berlin, Beschl. v. 28.06.2005 – 14 KE 29.05 –, juris;).
- 19
Im Ergebnis der vorstehenden Gesamtbetrachtung steht deshalb im Sinne einer besonderen Ausnahme die Bewertung, dass die anwaltliche Vertretung für den Antragsgegner durch seine Prozessbevollmächtigte im Verhältnis zur Antragstellerin insgesamt offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan gewesen ist, letzterer Kosten zu verursachen.
- 20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
- 21
Hinweis:
- 22
Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
(1) Der Besteller kann wegen eines Mangels des Werkes nach erfolglosem Ablauf einer von ihm zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn nicht der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht verweigert.
(2) § 323 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. Der Bestimmung einer Frist bedarf es auch dann nicht, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist.
(3) Der Besteller kann von dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen Vorschuss verlangen.
(1) Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen.
(2) Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann.
(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.
(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Erfüllung eines außergerichtlich geschlossenen Vergleichs.
In einem vor dem Landgericht Leipzig geführten Vorprozeß nahm die Klägerin die Beklagte auf Zahlung einer Maklerprovision in Höhe von
156.125 DM in Anspruch. Unter dem 7./14. September 1998 schlossen die Parteien sodann privatschriftlich eine Vereinbarung, in der es heiût:
"Zur Beilegung des unter dem Aktenzeichen ... beim Landgericht Leipzig anhängigen Rechtsstreits zwischen den Parteien sind sich diese darüber einig, daû Frau Sch. (Beklagte) DM 100.000 (netto) in der Verteilung, wie unten aufgeführt, zahlt ... Im einzelnen: 1. Frau V. Sch. zahlt wegen ihrer Provisionsverpflichtung aus der Provisionsvereinbarung vom 05.11.1997 DM 42.730,00 zuzüglich Mehrwertsteuer an die R. Gesellschaft mbH (Klägerin). ... 5. Frau V. Sch. erklärt sich ... bereit, die Kosten dieses Rechtsstreites und zwar sowohl die gerichtlichen wie auch die auûergerichtlichen Kosten der Klägerin zu übernehmen. ... 7. Nachdem sämtliche Forderungen beglichen sind, wird die Klägerin die Klage zurücknehmen.
Mit der vorliegenden, beim Landgericht Memmingen erhobenen Klage verlangt die Klägerin Zahlung der in Ziffer 1 des Vertrags bestimmten Summe von 49.566,80 DM (einschlieûlich Mehrwertsteuer) sowie der ihr im Rechtsstreit vor dem Landgericht Leipzig entstandenen gerichtlichen und auûergerichtlichen Kosten in Höhe von 11.427,30 DM, insgesamt 60.994,10 DM. Die Beklagte hat die Wirksamkeit des Vergleichs bestritten und sich auf anderweitige Rechtshängigkeit der Streitsache berufen.
Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig gehalten. Ihr stehe nicht die von Amts wegen zu beachtende doppelte Rechtshängigkeit entgegen. Die Streitgegenstände beider Klagen seien nämlich nicht identisch. Während es vor dem Landgericht Leipzig um die Zahlung einer Maklerprovision gegangen sei, klage die Klägerin hier aus einem neu geschaffenen Rechtsgrund, einem Vergleich, und somit aus einem anderen Lebenssachverhalt, als er dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Leipzig zugrunde gelegen habe.
II.
Diese Ausführungen sind von Rechtsirrtum beeinfluût.
1. Nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO kann während der Dauer der Rechtshängigkeit die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Dadurch soll verhindert werden, daû der Beklagte sich in derselben Sache in mehreren Verfahren verteidigen muû und daû einander widersprechende
Urteile ergehen (BGHZ 4, 314, 322). Voraussetzung ist, daû die Streitgegenstände in beiden Prozessen übereinstimmen. Die Identität des hier zur Entscheidung gestellten Klagegegenstands mit dem des in Leipzig geführten Rechtsstreits läût sich indessen mindestens auf der Grundlage des revisionsrechtlich als richtig zu unterstellenden Sachverhalts nicht verneinen.
a) Gegenstand des Rechtsstreits ist nach der heute herrschenden und vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen prozeûrechtlichen Auffassung ein prozessualer Anspruch; er wird bestimmt durch das allgemeine Rechtsschutzziel und die erstrebte konkrete Rechtsfolge, wie sie sich aus dem Klageantrag ergeben, sowie durch den Lebenssachverhalt (Klagegrund ), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGHZ 117, 1, 5; 132, 240, 243; BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - IX ZR 256/99 - NJW 2001, 3713 m.w.N.).
b) Ordnen die Parteien ihr in einem anhängigen Rechtsstreit streitiges Rechtsverhältnis im Vergleichswege auûergerichtlich neu, so ist zu unterscheiden : Ein anderer Lebenssachverhalt und Klagegrund liegt vor, wenn die Beteiligten unter Aufhebung des alten Schuldverhältnisses ein neues vereinbaren (Novation) und hierdurch ihre beiderseitigen Forderungen ohne Rücksicht auf die früheren Streitigkeiten auf eine völlig neue Grundlage stellen (so im Fall RG ZZP 55, 136 m. Anm. Rosenberg). Enthält hingegen der Vergleich nur eine die Identität des ursprünglichen Schuldverhältnisses wahrende Modifikation des Streitverhältnisses, so gehört der Vergleichsschluû als unselbständiges Element zu dem einheitlichen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger seinen ursprünglichen Anspruch hergeleitet hat und mit dem er jetzt seinen - modifizierten - Klageanspruch begründet. Unter diesen Umständen sind die
Streitgegenstände - vorausgesetzt, daû auch der Inhalt des Anspruchs (Zahlung , Unterlassung usw.) erhalten bleibt - vorher und nachher identisch (vgl. Bork, Der Vergleich, S. 431 ff., 440).
c) Das Berufungsgericht scheint ohne nähere Begründung von einer Novation ausgegangen zu sein. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Ein Vergleich wirkt regelmäûig nicht schuldumschaffend (BGHZ 52, 39, 46; BGH, Urteil vom 25. Juni 1987 - VII ZR 214/86 - NJW-RR 1987, 1426, 1427; jeweils m.w.N.). Novierende Wirkung hat er nur bei einem durch Auslegung zu ermittelnden entsprechenden Parteiwillen, für den hier das Berufungsgericht nichts festgestellt hat und gegen den auch spricht, daû die Parteien in Ziffer 1 des Vergleichs auf ihre ursprüngliche Provisionsvereinbarung vom 5. November 1997 Bezug nehmen. Der Senat kann die Frage jedoch nicht abschlieûend entscheiden, da den Parteien zunächst Gelegenheit gegeben werden muû, zu diesem in seiner Bedeutung nicht hinreichend erfaûten Punkt ergänzend vorzutragen. Für das Revisionsverfahren ist indes zugunsten der Beklagten davon auszugehen, daû der auûergerichtliche Vergleich die Provisionsforderung der Klägerin nicht völlig ersetzen, sondern diese lediglich inhaltlich umgestalten sollte. Dann handelt es sich aber bei der mit der zweiten Klage geltend gemachten Forderung auf Zahlung von 49.566,80 DM um einen Teil desselben prozessualen Anspruchs, wie er Gegenstand des Ursprungsverfahrens vor dem Landgericht Leipzig war. Das gilt zwar nicht auch für den auûerdem eingeklagten Kostenerstattungsanspruch. Die einer Partei aus der Führung eines Rechtsstreits entstandenen gerichtlichen und auûergerichtlichen Kosten können allerdings regelmäûig einfacher und billiger im Kostenerstattungsverfahren nach §§ 104 ff. ZPO geltend gemacht werden. Für eine selbständige Klage
fehlt daher grundsätzlich das Rechtsschutzinteresse (vgl. nur BGHZ 111, 168, 171).
2. Die Identität beider Streitgegenstände bei der erwähnten revisionsrechtlich gebotenen Sachverhaltsunterstellung dürfte ausnahmsweise dann nicht zur Unzulässigkeit der zweiten Klage führen, wenn infolge des auûergerichtlich geschlossenen Vergleichs eine Fortführung des Ursprungsverfahrens ihrerseits nicht mehr zulässig wäre und die mit einer doppelten Rechtshängigkeit verbundenen Gefahren, denen die Bestimmung des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO begegnen will, in Wahrheit daher nicht bestünden. So verhält es sich aber nicht.
a) Anders als ein Prozeûvergleich beendet der auûergerichtliche Vergleich den Rechtsstreit nicht unmittelbar. Nach der vom Reichsgericht eingeleiteten Rechtsprechung gewährt er allerdings vermöge seines sachlich-rechtlichen Inhalts dem Beklagten eine Einrede gegen den durch den Vergleich erledigten Anspruch und führt so mittelbar dazu, daû der Kläger das Verfahren nicht fortsetzen darf (RGZ 142, 1, 3 f. = JW 1934, 92 m. Anm. Lent; RGZ 161, 350, 353; BAG NJW 1973, 918, 919 = AP Nr. 21 zu § 794 ZPO m. Anm. J. Blomeyer; s. ferner BGH, Urteil vom 29. Januar 1964 - V ZR 39/62 - LM Nr. 12/13 zu § 794 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO = MDR 1964, 313; BAGE 36, 112, 117 ff.; BAG NJW 1969, 1469). Demgegenüber wollen wesentliche Teile des Schrifttums einem auûergerichtlichen Vergleich als einem bloûen Rechtsgeschäft des materiellen Rechts grundsätzlich auch nur materiellrechtliche Wirkungen zuerkennen und ihm Bedeutung für das Verfahren lediglich dann beimessen , wenn sich eine Partei gleichzeitig zu einem bestimmten prozessualen Verhalten, insbesondere einer Klagerücknahme oder Erledigungserklärung, verpflichtet hat (Bork aaO S. 447 f.; Wagner, Prozeûverträge, S. 511 ff.; im Er-
gebnis ähnlich Lent, JW 1934, 92 ff.; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., Anhang § 307 Rn. 1; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeûrecht, 15. Aufl., § 131 VI 2 S. 775; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 21. Aufl., § 794 Rn. 68 ff., 72; s. ferner BVerwG NJW 1994, 3206, 3207).
b) Der Streitfall nötigt nicht dazu, zu diesen unterschiedlichen Ansätzen Stellung zu nehmen. Kommt es allein auf den materiellrechtlichen Inhalt des Vergleichs an, so kann er einer Fortsetzung des Prozesses nur insoweit entgegenstehen , als in ihm der ursprünglich eingeklagte Anspruch erledigt worden ist, nicht dagegen, soweit dieser in der Vereinbarung aufrechterhalten wurde und vom Kläger nunmehr, um einen Titel zu erlangen, weiterverfolgt wird (so wohl auch Stein/Jonas/Münzberg, § 794 Rn. 69 f.; Wieczorek/Schütze/Paulus, ZPO, 3. Aufl, § 794 Rn. 66). Diese letztgenannte Voraussetzung ist auf der Grundlage des vom Senat unterstellten Sachverhalts bei Ziffer 1 der Vereinbarung vom 7./14. September 1998 gegeben. Ist demgegenüber eine im Vergleich getroffene Abrede über die Beendigung des anhängigen Rechtsstreits maûgebend, hängt die Beurteilung von der in Ziffer 7 dieser Vereinbarung getroffenen Regelung ab. Darin hat die Klägerin eine Klagerücknahme jedoch nur für den Fall zugesagt, daû sämtliche im Vergleich geregelten Forderungen beglichen sind. Da diese Bedingung bislang nicht eingetreten ist, steht auch unter diesem Gesichtspunkt einer Fortführung des Rechtsstreits vor dem Landgericht Leipzig nichts im Wege.
3. Den Streit der Parteien über die Wirksamkeit eines auûergerichtlichen Vergleichs und die Erfüllung der darin geregelten Ansprüche grundsätzlich dem Gericht des Ausgangsverfahrens zuzuweisen, entspricht zugleich dem Gebot der Prozeûwirtschaftlichkeit. Ein solches Verfahren ist kostengünstiger
und führt auch dazu, daû in der Mehrzahl der Fälle die beteiligten Richter den Prozeûstoff bereits kennen. Darin liegt es nicht wesentlich anders als beim Streit um die Wirksamkeit eines Prozeûvergleichs, der nach ständiger Rechtsprechung in dem früheren Prozeû zu entscheiden ist (BGHZ 28, 171, 174; Senatsurteil BGHZ 142, 253, 254 f. m.w.N.). Daû diese Verfahrensweise mit der nicht immer sicheren Abgrenzung zwischen Novation und Schuldabänderung belastet sein kann, ist hinzunehmen.
III.
Somit ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Das Berufungsgericht wird - gegebenenfalls nach ergänzendem Vorbringen der Parteien - zu klären haben, ob die auûergerichtliche Vereinbarung vom 7./14. September 1998 als Novation auszulegen ist oder ob sie nach dem Parteiwillen lediglich das ursprüngliche Schuldverhältnis unter Wahrung seiner Identität abändern sollte. Gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, daû der Vergleich wirksam zustande gekommen ist und die Beklagte sich gemäû § 162 Abs. 1 BGB so behandeln lassen muû, als sei die in Ziffer 3 des Vergleichs vorausgesetzte Genehmigung der Schuldübernahme fristgemäû erteilt worden, bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke
Tenor
Auf die Beschwerde und Erinnerung der Antragstellerin werden der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 – 3 B 749/09 – geändert, der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 09. Juni 2010 – 3 B 749/09 – aufgehoben und der Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens in beiden Rechtszügen.
Gründe
I.
- 1
Die Antragstellerin hat am 09. Oktober 2009 auf dem Postweg beim Verwaltungsgericht Schwerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem sie die Zulassung zum Studium der Zahnmedizin an der Universität Rostock zum Wintersemester 2009/2010 verfolgt hat. Noch am selben Tag – um 11.18 Uhr – ist per Telefax der Schriftsatz der Antragstellerin beim Verwaltungsgericht eingegangen, mit dem sie die Rücknahme ihres Antrages erklärt hat. Eine Eingangsverfügung des Gerichts ist in der Gerichtsakte nicht enthalten, eine Zustellung der Antragsschrift nicht erfolgt. Mit Beschluss vom 15. Oktober 2009 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Eine gerichtliche Verfügung betreffend die Übersendung des Einstellungsbeschlusses an die Beteiligten enthält die Gerichtsakte nicht.
- 2
Veranlasst durch krankheitsbedingte Personalengpässe und mehrere Hundert NC-Verfahrenseingänge binnen weniger Wochen ist es auf der Serviceeinheit bzw. Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts zu einem Bearbeitungsstau gekommen. Aus diesem Grund sind Antragsschrift, Rücknahmeerklärung und Einstellungsbeschluss erst unter dem 12. April 2010 an den Antragsgegner übersandt worden.
- 3
Bereits zuvor ist der Kammervorsitzende beim Verwaltungsgericht – ausweislich des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 – mit der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners „übereingekommen, ihr vorab einen Ausdruck der NC-Verfahrenseingänge aus dem Prozessregister des Gerichts zur Verfügung zu stellen“. In diese Liste waren zwischenzeitliche Antragsrücknahmen mangels Bearbeitung in der Serviceeinheit nicht eingetragen. Ein Ausdruck der Liste befindet sich nicht bei der Gerichtsakte bzw. Generalakte. Mit einer bei der Generalakte befindlichen ausgedruckten E-Mail vom 18. November 2009 hat sich die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners für die Übersendung der Liste bedankt. Mit am 04. Dezember 2009 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners dessen Vertretung angezeigt und die Zurückweisung des Antrags beantragt.
- 4
Am 07. Mai 2010 hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners beim Verwaltungsgericht einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt und den festzusetzenden Betrag mit 489,45 EUR beziffert. Entsprechend hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. Juni 2010 die von der Antragstellerin zu erstattenden Kosten festgesetzt. Nach Zustellung des Beschlusses am 15. Juni 2010 hat die Antragstellerin am 18. Juni 2010 Erinnerung gegen denselben eingelegt. Mit dem vorliegend angefochtenen Beschluss vom 21. März 2011 hat das Verwaltungsgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Der Beschluss ist der Antragstellerin am 04. April 2011 zugestellt worden. Am 06. April 2011 hat sie gegen ihn Beschwerde eingelegt.
II.
- 5
Die Beschwerde, über die der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern entscheidet (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 09.11.2007 – 1 O 121/07 –, juris; VGH Mannheim, Beschl. v. 06.11.2008 – NC 9 S 2614/08 –, juris, m. w. N.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.06.2007 – 2 OA 433/07 –, NVwZ-RR 2007, 816 – zitiert nach juris), hat Erfolg. Sie ist ebenso zulässig und begründet wie die mit ihr weiter verfolgte Erinnerung; infolgedessen ist der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts aufzuheben sowie der Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners zurückzuweisen.
- 6
Die fristgerecht erhobene Beschwerde (§§ 146, 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. März 2011 ist auch im Übrigen zulässig; insbesondere ist der Beschwerdewert von 200 EURO (§ 146 Abs. 3 VwGO) erreicht. Auch wenn insoweit in der Beschwerdebegründung teilweise missverständliche Ausführungen enthalten sind, ist unzweifelhafter Gegenstand des Beschwerde- und Erinnerungsverfahrens der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. Juni 2010 und nicht etwa die unanfechtbare (vgl. § 158 Abs. 2 VwGO) Kostenentscheidung im Einstellungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2009.
- 7
Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 09. Juni 2010 zu Unrecht zurückgewiesen. Die nach den §§ 164, 165 und 151 VwGO zulässige – insbesondere fristgemäß erhobene – Erinnerung ist begründet, die geltend gemachte Verfahrensgebühr zuzüglich Nebenkosten und Steuern vorliegend nicht erstattungsfähig.
- 8
Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO – wie es auch § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO für den Zivilprozess vorschreibt – sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Das Gesetz sieht weder nach seinem eindeutigen Wortlaut und seiner Systematik noch nach Sinn und Zweck der getroffenen Regelung vor, dass bei der Kostenfestsetzung die Notwendigkeit der Heranziehung eines Rechtsanwalts geprüft und zum Maßstab für die Erstattungsfähigkeit der Kosten gemacht wird. Nur für die Erstattungsfähigkeit von Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten im Vorverfahren sieht § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO eine Notwendigkeitsprüfung durch das Gericht vor. Diese Sonderstellung der Rechtsanwälte liegt begründet in dem Interesse der Rechtspflege an der Vertretung der Beteiligten durch die hierzu nach § 3 Abs. 1 BRAO besonders berufenen Personen. § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO gilt auch zu Gunsten von Behörden als Beteiligte eines Verwaltungsprozesses. Auch sie können sich im Prozess durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, dessen Gebühren und Auslagen dann ohne Weiteres erstattungsfähig sind. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Behörde selbst über eigene juristisch geschulte Bedienstete verfügt, die den Prozess für sie hätten führen können (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 02.08.2006 – NC 9 S 76/06 –, NVwZ 2006, 1300 – zitiert nach juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 01.02.2006 – OVG 1 K 72.05 –, NVwZ 2006, 713 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris; VG Hannover, Beschl. v. 26.11.2007 – 8 C 4505/07 –, juris).
- 9
Nur in restriktiv zu behandelnden Ausnahmefällen findet trotz des eindeutigen Gesetzeswortlauts eine Kostenerstattung nicht statt. Dies gilt etwa bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten (Verstoß gegen Treu und Glauben) sowie bei einem offensichtlichen Verstoß gegen den das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatz, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, und wird von der Rechtsprechung insbesondere auch für den Fall angenommen, dass die anwaltliche Vertretung für die Partei in dem konkreten Verfahren offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Gegner Kosten zu verursachen, etwa wenn die Vertretungsanzeige erst nach unstreitig eingetretener objektiver Erledigung der Hauptsache erfolgt, obwohl nur noch die Abgabe entsprechender prozessualer Erklärungen durch die hinsichtlich der zu erwartenden Kostenentscheidung kundigen Beteiligten aussteht (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 02.08.2006 – NC 9 S 76/06 –, a. a. O.; Beschl. v. 28.02.1991 – NC 9 S 98/90 –, NVwZ 1992, 388 – zitiert nach juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.09.2009 – 2 OA 302/09 –, juris; Beschl. v. 15.08.2003 – 2 OA 117/03 –, NVwZ-RR 2004, 155 – zitiert nach juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.03.2010 – OVG 1 K 8.10 –, juris; Beschl. v. 24.04.2009 – OVG 1 K 17.08 –, juris; Beschl. v. 01.02.2006 – OVG 1 K 72.05 –, NVwZ 2006, 713 – zitiert nach juris; OVG A-Stadt, Beschl. v. 12.06.2007 – 3 So 173/05 –, NVwZ-RR 2007, 825 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; VG Berlin, Beschl. v. 16.06.2010 – 14 KE 2.05 –, juris; Beschl. v. 28.06.2005 – 14 KE 29.05 –, juris). Insoweit fließt auch der Aspekt der Notwendigkeit im Sinne von § 162 Abs. 1 VwGO in die Auslegung des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO wieder mit ein (OVG Berlin, Beschl. v. 07.02.2001 – 3 K 17/00 –, NVwZ-RR 2001, 613; Beschl. v. 04.01.2001 – 3 K 9/00 –, NVwZ-RR 2001, 614; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris).
- 10
Es ist dabei für die Beurteilung der Rechtsmissbräuchlichkeit nicht maßgeblich, ob der Prozessgegner oder das Gericht die Tätigkeit des bevollmächtigten Anwalts für nutzlos halten, sondern ob sie für die von ihm vertretene Partei in dem konkreten Verfahren von Nutzen ist. Letzteres wird zur Vermeidung eines unangemessenen und vom Gesetz für den Regelfall nicht vorgesehenen Eindringens in das Vertretungsverhältnis vermutet und kann nur dann zur Verhinderung einer rechtsmissbräuchlichen Kostenverursachung verneint werden, wenn nach den äußeren Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach dem Stand des Streitverfahrens, das Gegenteil offen zutage tritt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.09.2009 – 2 OA 302/09 –, juris; OVG A-Stadt, Beschl. v. 12.06.2007 – 3 So 173/05 –, NVwZ-RR 2007, 825 – zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.04.2008 – 6 K 151/08 –, juris; Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris).
- 11
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist nach Überzeugung des Senats vorliegend ein Ausnahmefall gegeben, in dem die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners gegen den das Kostenrecht beherrschenden Grundsatz, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, verstoßen hat und für ihn offensichtlich nutzlos sowie objektiv nur dazu angetan war, dem Gegner Kosten zu verursachen. Zu dieser Schlussfolgerung führen den Senat folgende Erwägungen: Die Antragsschrift und der die Antragsrücknahme enthaltende Schriftsatz sind am selben Tag beim Verwaltungsgericht eingegangen, wobei letzterer bereits am Vormittag dort vorgelegen hat. Bei der nach der Prozessordnung (§§ 85 Satz 1, 86 Abs. 4 Satz 3 VwGO; die Vorschriften gelten grundsätzlich auch für das Anordnungsverfahren, vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 123 Rn. 122) vorgesehenen Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts wären beide Schriftsätze deshalb (ebenso wie vermutlich der Einstellungsbeschluss) im ordentlichen Geschäftsgang gleichzeitig alsbald nach ihrem Eingang (bzw. der Beschlussfassung) an die mit einer alle Hochschulzulassungsstreitigkeiten betreffend Human- und Zahnmedizin im Studienjahr 2009/2010 Generalprozessvollmacht – deren Wirksamkeit hier keiner weiteren Erörterung bedarf – ausgestattete Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners zugestellt bzw. übermittelt worden. Dann wäre es für den Antragsgegner bzw. seine Prozessbevollmächtigte offensichtlich gewesen, dass im Verhältnis zur Antragstellerin eine anwaltliche Vertretung objektiv für ihn bzw. ihren Mandanten keinen Nutzen mehr bringen konnte und in dem Verfahren – wenn er nicht ohnehin bereits mit übersandt worden wäre – lediglich noch ein gerichtlicher Einstellungsbeschluss zu erwarten gewesen wäre. Wenn die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter – anders als im Regelfall – gleichzeitig mit der Kenntniserlangung von der Einlegung eines Rechtsbehelfs wusste oder hätte wissen müssen, dass der Rechtsbehelf zurückgenommen worden ist, liegt es auf der Hand bzw. tritt nach den äußeren Umständen des Einzelfalls offen zutage, dass prozessbezogene Tätigkeiten objektiv nicht mehr erforderlich sind und die anwaltliche Vertretung für die Partei in dem betreffenden Verfahren offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan wäre, dem Gegner Kosten zu verursachen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.08.2003 – 2 OA 117/03 –, a. a. O., juris Rn. 7).
- 12
Blendet man im Weiteren nun zunächst aus, dass der Antragsgegner bzw. seine Prozessbevollmächtigte – auf einem von der Prozessordnung nicht vorgesehenen Weg – zwischenzeitlich Kenntnis von dem Eingang des vorliegenden Verfahrens erhalten hat, wäre die Sachlage nicht anders gewesen. Dann hätte der Antragsgegner erstmalig und gleichzeitig – genau wie vorstehend durch die an sich seitens des Gerichts zu erwartende Vorgehensweise, die lediglich durch die damals schwierigen Bedingungen auf der Geschäftsstelle zunächst verhindert worden ist – aufgrund des gerichtlichen Übersendungsschreibens vom 12. April 2010 von Antragstellung und Antragsrücknahme (sowie vom Einstellungsbeschluss) Kenntnis erlangt. Auch zu diesem Zeitpunkt wäre im Sinne der vorstehenden Ausführungen davon auszugehen gewesen, dass eine anwaltliche Vertretung für den Antragsgegner im Verhältnis zur Antragstellerin offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan gewesen wäre, der Gegnerin Kosten zu verursachen.
- 13
Nicht anders verhält es sich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners seitens des Gerichts nach Absprache mit dem Kammervorsitzenden eine Liste der bis zu dem betreffenden Zeitpunkt – Mitte November – eingegangenen Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung übermittelt worden ist, sie dadurch auch Kenntnis vom Eingang des Verfahrens der Antragstellerin erlangt und unter Vertretungsanzeige mit am 04. Dezember 2009 eingegangenem Schriftsatz einen Zurückweisungsantrag gestellt hat. Dieser Sachverhalt rechtfertigt gegenüber dem normalen, vorstehend erörterten Verfahrensgang ebenfalls keinen Kostenerstattungsanspruch des Antragsgegners gegen die Antragstellerin.
- 14
Die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners hat sich die entsprechende Kenntnis vom Eingang des Verfahrens nämlich auf einem von der Prozessordnung nicht vorgesehenen Weg verschafft. Die Übersendung eines Ausdrucks der NC-Verfahrenseingänge aus dem Prozessregister des Gerichts kann offensichtlich nicht der Antragszustellung nach Maßgabe von § 85 Satz 1 VwGO gleichgestellt bzw. zugerechnet werden. Da sich die betreffende Liste auf die Dokumentation des Eingangs der einzelnen Verfahren beschränkte, waren ihr keine Informationen zum Fortgang der Verfahren nach dem Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht zu entnehmen. Insbesondere mussten ihr dabei bereits vorliegende Antragsrücknahmen – wie hier – verborgen bleiben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erstellung der Liste – Mitte November 2009 – etwa wegen zwischenzeitlich im Nachrückverfahren vergebener Studienplätze eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit bestand, dass es zumindest schon vereinzelt zu Antragsrücknahmen gekommen war. Wenn die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners in dieser Situation ausschließlich gestützt auf die übermittelte, den Verfahrensstand nicht dokumentierende Eingangsliste flächendeckend in allen Verfahren schriftsätzliche Vertretungsanzeigen und Zurückweisungsanträge an das Verwaltungsgericht übersandt hat, musste sie folglich Gefahr laufen, dies auch in Verfahren zu tun, in denen hierfür – wie vorliegend – objektiv wegen zwischenzeitlicher Antragsrücknahme keine Veranlassung bestand, bzw. dies für den Antragsgegner bei objektiver Betrachtung nutzlos war. Dieses Risiko kann nicht der Antragstellerin zugerechnet werden, die für diesen Verfahrensverlauf keine Veranlassung gegeben hat. Das Risiko der objektiv nutzlosen anwaltlichen Vertretung fällt vielmehr unter den besonderen Umständen des vorliegenden Einzelfalls in die Sphäre des Antragsgegners. Dessen Prozessbevollmächtigte hat sich für die Beurteilung der Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung auf eine Verfahrenseingangsliste verlassen, die von der maßgeblichen Prozessordnung schon nicht vorgesehen ist und diese Beurteilung gerade nicht in allen Verfahren in hinreichender Weise ermöglichte. Sie hat gewissermaßen den „normalen Verfahrensweg“ wie vorstehend beschrieben ohne beachtlichen Grund „verlassen“. Das aus einer flächendeckend erfolgten Vertretungsanzeige samt Zurückweisungsantrag folgende Risiko, auch einzelne Verfahren zu erfassen, in denen insoweit keinerlei entsprechende Notwendigkeit bestand bzw. anzuerkennen war, hat die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners nach Lage der Dinge offensichtlich billigend in Kauf genommen bzw. auch in diesen Fällen die Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung gewissermaßen „ins Blaue hinein“ bejaht. Diesem Risiko hätte sie im Sinne einer Obliegenheit ohne Weiteres entgehen können, wenn sie ausdrücklich nach etwaigen zwischenzeitlichen Antragsrücknahmen gefragt hätte.
- 15
Die vom Senat vorgenommene Risikozuweisung findet ihre Rechtfertigung zudem auch in folgenden Überlegungen: Auch wenn nachvollzogen werden kann, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners die damalige Situation im Verwaltungsgericht als misslich empfunden haben mag, ist doch in keiner Weise ersichtlich, dass der Antragsgegner oder seine Prozessbevollmächtigte zur Rechtswahrung, sei es in materieller oder in prozessualer Hinsicht, auf die mit dem Gericht vereinbarte Übersendung einer Verfahrenseingangsliste angewiesen gewesen wäre. Weder ist insoweit für den Antragsgegner ein beachtlicher rechtlicher Vorteil erkennbar noch gar ein rechtlicher Nachteil oder gar Rechtsverlust zu befürchten gewesen (vgl. zur Beachtlichkeit dieses Gesichtspunktes VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris), wenn er die später dann im normalen Geschäftsgang erfolgte Übersendung der Antragsschrift zugleich mit der Antragsrücknahme abgewartet hätte. Dies gilt etwa für seinen Anspruch auf rechtliches Gehör. Auf der Basis der betreffenden Liste war ihm zudem auch keine auf den Antragstellervortrag in den einzelnen Verfahren bezogene differenzierte Stellungnahme möglich. Anhaltspunkte für ein Bedürfnis des Antragsgegners zur vorsorglichen Wahrnehmung von Rechten mit Hilfe anwaltlicher Vertretung bestehen im Verhältnis zur Antragstellerin nicht.
- 16
Demzufolge bleibt als plausible Erklärung für die auf die übersandte Liste gestützte Vertretungsanzeige und den Zurückweisungsantrag nur die Annahme, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners damit Gebühreninteressen verfolgt hat, was letztlich in den Verfahren, in denen später die Antragszustellung erfolgte und der jeweilige Antrag aufrecht erhalten oder eine Antragsrücknahme erst nach erfolgter Zustellung erklärt worden ist, grundsätzlich legitim war, im vorliegenden Verfahren jedoch ausnahmsweise nicht.
- 17
An dieser Beurteilung ändert schließlich auch der Sachverhalt nichts, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners bereits im August 2009 beim Verwaltungsgericht eine allgemeine Prozessvollmacht zur Vertretung der Universität Rostock in sämtlichen Hochschulzulassungsstreitigkeiten betreffend die Studiengänge Humanmedizin und Zahnmedizin im Wintersemester 2009/2010 vorgelegt hat. Ungeachtet der Frage nach deren Wirksamkeit – bzw. Relevanz, da diese nach Maßgabe des Übersendungsschreibens vom 14. August 2009 von der „Universität Rostock“, nicht jedoch vom Antragsgegner erteilt worden ist – konnte insoweit nicht etwa eine Vorverlagerung der Entstehung der Kostenerstattungspflicht der jeweiligen Antragsteller/Antragstellerinnen vor den Zeitpunkt der individualisierten Kenntnisnahme des Antragsgegners vom Umstand der Rechtshängigkeit (vgl. § 90 Abs. 1 VwGO) und der damit einhergehenden Begründung eines Bedürfnisses, anwaltliche Hilfe zur Rechtsverteidigung in Anspruch nehmen zu wollen, bewirkt werden. Eine andere Sichtweise wäre mit dem kostenrechtlichen Grundsatz, die Kosten in dem jeweiligen (Verwaltungs-) Streitverfahren so niedrig wie möglich zu halten, nicht vereinbar. Die im Verhältnis zu den jeweiligen Antragstellern erforderliche individuelle objektive Beurteilung der Notwendigkeit der Rechtsverteidigung mit Hilfe einer Rechtsanwältin setzt die Kenntnis des Antragsgegners von der Rechtshängigkeit des betreffenden Anordnungsantrages voraus. Es liegt auf der Hand, dass der Antragsgegner sich ohne eine solche Kenntnis von der Rechtshängigkeit eines konkreten Anordnungsverfahrens die Frage nach der entsprechenden Notwendigkeit gar nicht stellen konnte. Anderenfalls liefe auch das Kostenminderungsgebot im Falle der Erteilung einer Generalprozessvollmacht wie im vorliegenden Fall leer.
- 18
Welchen objektiven Nutzen die mit Generalprozessvollmacht erfolgte Beauftragung eine Rechtsanwalts in der vorliegenden Situation für den Antragsgegner aus der Sicht eines verständigen Beteiligten gehabt haben soll, ist nicht ersichtlich. Auch eine (organisatorische) „Entlastung“ der Hochschule tritt durch die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts nicht ein, weil nach der Antragsrücknahme keinerlei aktive Prozessführung oder ein sonstiges Tätigwerden durch den Antragsgegner erforderlich war. Zwar mögen durchaus außergerichtliche Kosten des Antragsgegners entstanden sein. Diese Kosten betreffen aber allein das Verhältnis zwischen ihm als Mandanten und der von ihm beauftragten Rechtsanwältin. Aus der Entstehung dieser Kosten kann nicht zugleich auf deren Erstattungsfähigkeit im Verhältnis zum Prozessgegner geschlossen werden. Es steht dem Antragsgegner zwar frei, der von ihm regelmäßig mandatierten Rechtsanwältin Generalprozessvollmacht zu erteilen und die Zustellung aller Eilanträge an diese zu erbitten, ggf. auch mit dem Ziel, jeglicher Befassung mit gerichtlichen Verfahren grundsätzlich enthoben zu sein. Jedoch trägt er in einem solchen Fall die Gefahr dafür, dass von der Generalbevollmächtigung auch Streitverfahren erfasst werden, die nur unter Verstoß gegen die Kostenminderungspflicht einem Anwalt übertragen werden können. Er kann sich seiner Verpflichtung zur Geringhaltung der Kosten im Einzelfall nicht dadurch entziehen, dass er vorab die Bearbeitung auch solcher Verfahren einer Anwältin überlässt, in denen kein Anlass zum Tätigwerden besteht (vgl. zum Ganzen VG Sigmaringen, Beschl. v. 19.04.2006 – NC 6 K 715/05 –, juris; OVG Berlin, Beschluss vom 04.01.2001 – 3 K 9/00 –, NVwZ-RR 2001, 614; vgl. auch VG Berlin, Beschl. v. 28.06.2005 – 14 KE 29.05 –, juris;).
- 19
Im Ergebnis der vorstehenden Gesamtbetrachtung steht deshalb im Sinne einer besonderen Ausnahme die Bewertung, dass die anwaltliche Vertretung für den Antragsgegner durch seine Prozessbevollmächtigte im Verhältnis zur Antragstellerin insgesamt offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan gewesen ist, letzterer Kosten zu verursachen.
- 20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
- 21
Hinweis:
- 22
Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.
(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
Auf die Zwangsvollstreckung aus den in § 794 erwähnten Schuldtiteln sind die Vorschriften der §§ 724 bis 793 entsprechend anzuwenden, soweit nicht in den §§ 795a bis 800, 1079 bis 1086, 1093 bis 1096 und 1107 bis 1117 abweichende Vorschriften enthalten sind. Auf die Zwangsvollstreckung aus den in § 794 Abs. 1 Nr. 2 erwähnten Schuldtiteln ist § 720a entsprechend anzuwenden, wenn die Schuldtitel auf Urteilen beruhen, die nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar sind. Die Vorschriften der in § 794 Absatz 1 Nummer 6 bis 9 genannten Verordnungen bleiben unberührt.
(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:
- 1.
aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind; - 2.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen; - 2a.
(weggefallen) - 2b.
(weggefallen) - 3.
aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet; - 3a.
(weggefallen) - 4.
aus Vollstreckungsbescheiden; - 4a.
aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind; - 4b.
aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c; - 5.
aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat; - 6.
aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006; - 7.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind; - 8.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind; - 9.
aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind.
(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.
(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.
(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von 41.937,11 € nebst Zinsen in Anspruch. Nach dem Vortrag der Klägerin habe der Beklagte in diesem Wert Baumaterialien für sein Bauvorhaben in E. bestellt und nicht bezahlt. Der Beklagte hat eine Bestellung in eigenem Namen bestritten. Er habe vielmehr einen Festpreis mit dem Streithelfer der Klägerin vereinbart. Die Bestellungen der Baumaterialien seien durch den Streithelfer erfolgt.
- 2
- Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung der Zeugen B. , H. und F. sowie der Zeugin K. abgewiesen. Die Klägerin sei hinsichtlich der von ihr behaupteten Anspruchsverpflichtung des Beklagten beweisfällig geblieben. Schriftliche Aufträge des Beklagten lägen nicht vor. Die Aussagen der Zeugen hätten hinsichtlich der von der Klägerin behaupteten Auftragserteilung durch den Beklagten kein eindeutiges Ergebnis gebracht. Insbesondere gehe aus den Aussagen der Zeugen nicht eindeutig hervor, wer jeweils die Aufträge erteilt habe. Die Zeugin K. habe zudem bekundet, der Beklagte habe einen Festpreis mit dem Streitverkündeten, der hierzu die Aussage verweigert habe, vereinbart. Auch wenn andere Handwerker vom Beklagten selbst bezahlt worden seien, lasse dies nicht den Schluss zu, dass der Beklagte die streitgegenständlichen Lieferungen selbst bestellt habe. Der Beklagte habe seine Zahlungsverpflichtung auch nicht anerkannt. Die Aussage des Zeugen B. hierzu sei zu ungenau; der Zeuge habe sich nicht an die offenstehenden Summen erinnern können. Außerdem habe der Zeuge am Ende seiner Einvernahme bekundet, der Beklagte habe gesagt, der Streitverkündete solle das bezahlen.
- 3
- Das Oberlandesgericht hat - ohne selbst Beweis zu erheben - das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung der Klägerin unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen geändert und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 32.471,40 € nebst Zinsen zu bezahlen; die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt der Beklagte die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
II.
- 4
- Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg.
- 5
- 1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
- Soweit das Landgericht die Klage wegen der fehlenden Passivlegitimation des Beklagten abgewiesen habe, überzeuge die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht und gebe das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vollständig wieder. Den Aussagen der von dem Landgericht vernommenen Zeugen sowie den übrigen Indizien sei zu entnehmen, dass die wesentlichen Aufträge zur Lieferung der Fenster, des Garagentores, der Innentüren und der Pflastersteine von dem Beklagten erteilt worden seien.
- 7
- So ergebe sich aus der Aussage des Zeugen B. , dass der Beklagte selbst die Fenster und das Garagentor bei der Klägerin ausgesucht habe und die entsprechenden Angebote auf seinen Namen ausgestellt worden seien. Auch die entsprechenden Rechnungen seien auf den Namen des Beklagten ausgestellt worden. Zwar habe der Zeuge ausgesagt, dass die Angebote an den Streithelfer der Klägerin zur Weiterleitung an den Beklagten übersandt worden seien. Allein daraus könne jedoch nicht entnommen werden, dass aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin der Streithelfer der Klägerin Auftraggeber gewesen sei. Denn nach der Aussage des Zeugen B. sei die Übersendung der Angebote an den Streithelfer der Klägerin nur zu dem Zweck erfolgt, dass Einigkeit zwischen ihm und dem Beklagten über die Auftragserteilung habe erzielt werden sollen. Zudem habe der Zeuge B. bekundet, dass der Beklagte bei einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin zugesichert habe, den zunächst angebotenen Preis für die Fenster zu zahlen. Darin sei ein deklaratorisches Anerkenntnis zu sehen. Bezüglich der Türen habe der Zeuge H. bekundet, dass der Beklagte die Türen bei der Klägerin ausgesucht habe und bei dem Aufmaß der Türen zugegen gewesen sei. Der Beklagte habe allein über die Preise verhandelt. Außerdem sei die entsprechende Auftragsbestätigung auf den Namen des Beklagten ausgestellt worden. Auch sei mit dem Zeugen vereinbart worden, dass die Rechnungen auf den Namen des Beklagten hätten ausgestellt werden sollen. Gleiches gelte für die Lieferung der Pflastersteine und Bordsteine. Nach der Aussage des Zeugen F. habe der Beklagte diese Steine bei der Klägerin ausgesucht; danach sei ihm ein Angebot gemacht worden, aufgrund dessen er selbst die Pflastersteine bestellt habe. Der Streithelfer der Klägerin sei bei der Bestellung nicht in Erscheinung getreten.
- 8
- Soweit das Landgericht aus der Aussage der geschiedenen Ehefrau des Beklagten, es sei zwischen dem Streithelfer der Klägerin und dem Beklagten ein Festpreis vereinbart worden, gefolgert habe, dass dies gegen eine Auftragserteilung durch den Beklagten spreche, könne dem nicht gefolgt werden. Das Landgericht habe es insbesondere versäumt, eine Würdigung der Aussageverweigerung des Streithelfers der Klägerin vorzunehmen. Aber selbst wenn ein Festpreis mit dem Streithelfer der Klägerin vereinbart worden sei, folge daraus nicht zwingend, dass der Streithelfer der Klägerin die Handwerker und Lieferanten im eigenen Namen beauftragt habe. Vielmehr sei die Festpreisabrede dahin zu deuten, dass der Beklagte von den über den Festpreis hinausgehenden Forderungen der Handwerker freizustellen sei. Auch spreche der unstreitige Umstand, dass der Beklagte einige der streitgegenständlichen Rechnungen beglichen habe, dafür, dass er die Lieferungen bei der Klägerin im eigenen Namen in Auftrag gegeben habe.
- 9
- 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO). Sie ist auch begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat die erstinstanzlich vernommenen Zeugen entgegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO nicht erneut vernommen, obwohl es deren Aussagen anders gewürdigt hat als das Landgericht. Diese rechtsfehlerhafte Anwendung des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verletzt den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG (Senatsurteil vom 10. Februar 2010 - VIII ZR 343/08, NJW-RR 2010, 737 Rn. 18 f.; Senatsbeschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 4; jeweils mwN).
- 10
- Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des erstinstanzlichen Gerichts gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht geboten. Insbesondere muss das Berufungsgericht die bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals gemäß § 398 Abs. 1 ZPO vernehmen, wenn es deren Aussagen anders würdigen will als die Vorinstanz. Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (Senatsbeschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, aaO Rn. 5; Senatsurteil vom 10. Februar 2010 - VIII ZR 343/08, aaO Rn. 19). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
- 11
- Das Landgericht hat die Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen dahingehend gewürdigt, dass aus diesen Aussagen kein eindeutiger Schluss auf die Auftragserteilung durch den Beklagten gezogen werden könne. Dem Berufungsgericht haben die Aussagen der vom Landgericht vernommenen Zeugen indes genügt, um sich die Überzeugung von der Auftragserteilung durch den Beklagten zu verschaffen. Somit hat das Berufungsgericht die Zeugenaussagen von der Entscheidung des Landgerichts inhaltlich abweichend gewürdigt, ohne sich durch erneute Vernehmung der Zeugen einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Das angefochtene Urteil beruht auf diesem Verfahrensverstoß. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer abweichenden Entscheidung gelangt wäre, wenn es die Zeugen erneut vernommen hätte.
- 12
- 3. Da das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben; der Rechtsstreit ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 7 ZPO). Ball Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
LG Osnabrück, Entscheidung vom 14.11.2007 - 12 O 3233/06 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 03.04.2008 - 8 U 228/07 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte war von der Stadt O. beauftragt, auf einem ehemaligen Kasernengelände gelegene Grundstücke und Wohnungen zu vermarkten. Mit notariellem Vertrag vom 8. Juli 1999 verkaufte sie eine durch Ausbau des Dachgeschosses eines Hauses noch zu errichtende Wohnung zum Preis von 444.000 DM an die Klägerin.
Dem Vertragsschluß vorausgegangen waren Verhandlungen zwischen einer Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin Dr. L. , und der Klägerin, die von ihrem Bekannten, dem Zeugen Rechtsanwalt W. , begleitet wur-
de. Nach den Behauptungen der Klägerin erklärte Dr. L. während der Verhandlungen, auf dem der künftigen Dachgeschoßwohnung gegenüber liegenden Grundstück der Beklagten solle ein lediglich zweigeschossiges Gebäude errichtet werden, so daß die Sicht aus der Wohnung auf den Taunus uneingeschränkt erhalten bleibe. Tatsächlich war bereits zu diesem Zeitpunkt der - zwischenzeitlich begonnene - Bau eines viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses durch einen Investor geplant, wovon die Klägerin erst nach Bezug der Wohnung Kenntnis erhielt. Die mehr als zweigeschossige Nachbarbebauung , so hat die Klägerin behauptet, habe zu einem um 20 % geminderten Wert der Wohnung geführt.
Sie verlangt daher Schadensersatz in Höhe von 20 % des Kaufpreises sowie entsprechend geminderter Erwerbskosten und nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Zahlung von 47.613,80 Landgericht hat die Klage nach Vernehmung des Zeugen W. und der Zeugin Dr. L. über den Inhalt der Vertragsverhandlungen abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat sich die Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts gewandt und insbesondere gerügt, daß das Landgericht die Zeugen nicht gehört habe, die sie zur Erschütterung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Dr. L. benannt habe. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält die Klage auf der Grundlage der in erster Instanz getroffenen Feststellungen für unbegründet. Die von der Klägerin behaupteten Falschangaben der Zeugin Dr. L. zur zweigeschossigen Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks seien nicht bewiesen. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen, die gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erneute Feststellungen in der Berufungsinstanz gebieten könnten, habe die Klägerin nicht aufgezeigt. Die von dem Eingangsgericht vorgenommene Beweiswürdigung unterliege zwar gewissen Zweifeln, sei im Ergebnis jedoch zutreffend. Soweit die Klägerin das Übergehen erstinstanzlicher Beweisanträge gerügt habe, betreffe dies einen nicht von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel , der gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur dann Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO begründen könne, wenn er nach Maßgabe des § 520 Abs. 3 ZPO in der Berufungsbegründung ordnungsgemäß geltend gemacht worden sei. Diesen Anforderungen entspreche die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge nicht, weil es an einer konkreten Bezeichnung der angebotenen Zeugen und der Angabe des genauen Aktenfundorts der jeweiligen Beweisangebote fehle.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
II.
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts. Für den Fall, daß - wie die Klägerin behauptet - die für die Beklagte handelnde Zeugin Dr. L. im Rahmen der Vertragsverhandlungen unzutreffende Angaben zu der geplanten Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks gemacht haben sollte, wären die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß erfüllt (vgl. Senat, Urt. v. 20. September 1996, V ZR 173/95, NJW-RR 1997, 144, 145; Urt. v. 26. September 1997, V ZR 29/96, NJW 1998, 302). Die Gewährleistungsvorschriften des hier weiterhin anwendbaren früheren Rechts (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) sind nicht einschlägig und stehen mithin einer Haftung der Beklagten wegen Verschuldens bei Vertragsschluß nicht entgegen. Der Umstand, daß der gegenwärtige oder zukünftige Eigentümer eines benachbarten Grundstücks zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht den Willen hat, dieses entsprechend den baurechtlichen Möglichkeiten zu bebauen, stellt keine Eigenschaft des veräußerten Objekts, deren Fehlen als Sachmangel qualifiziert werden könnte (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993, IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323, 1324).
2. Hingegen rügt die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht erneute Feststellungen zu dem zwischen den Parteien streitigen Inhalt der Vertragsverhandlungen unter Verletzung des Verfahrensrechts abgelehnt hat. Auch nach neuem Recht unterliegen Berufungsurteile auf entsprechende Verfahrensrüge hinsichtlich der vollständigen Berücksichtigung des Streitstoffs und der Beweisangebote der Überprüfung durch das Revisionsgericht (MünchKomm -ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 546 Rdn. 15). Dies führt vorliegend zu dem Ergebnis, daß sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an
der Vollständigkeit des von dem Eingangsgericht zugrunde gelegten Sachverhalts , die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO erneute Feststellungen des Berufungsgerichts gebieten, sowohl aus Fehlern der Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Urteil (a), als auch aus dem Übergehen erstinstanzlichen Vorbringens der Klägerin (b) ergeben.
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO ist das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 100; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann , NJW 2003, 169, 171).
aa) Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind (Hannich /Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 529 Rdn. 21; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 529 Rdn. 8). Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urt. v. 11. Februar 1987, IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558; Senat, Urt. v. 9. Juli 1999, V ZR 12/98, NJW 1999, 3481, 3482). Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt unter anderem dann vor,
wenn Umständen Indizwirkungen zuerkannt werden, die sie nicht haben können , oder wenn die Ambivalenz von Indiztatsachen nicht erkannt wird (BGH, Urt. v. 22. Januar 1991, VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895; Urt. v. 23. Januar 1997, I ZR 29/94, NJW 1997, 2757, 2759).
(1) Hieran gemessen ist die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil zumindest insoweit fehlerhaft, als es um die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. geht. Dessen Bekundungen hat das Gericht erster Instanz vor allem deshalb für unglaubhaft gehalten, weil der Zeuge die angebliche Zusicherung der Zeugin Dr. L. , das gegenüberliegende Grundstück werde nur zweigeschossig bebaut, nicht überprüft und sich insbesondere bei der Stadt O. nicht nach dem Bestand und dem Inhalt eines etwaigen Bebauungsplans erkundigt habe. Diesem Umstand kommt indes die ihm vom Gericht zuerkannte Indizwirkung nicht zu. Es ist nicht ersichtlich , aus welchem Grund für den Zeugen W. , der an den Vertragsverhandlungen nicht als beauftragter Rechtsanwalt, sondern allein wegen seiner Bekanntschaft mit der Klägerin teilgenommen hatte, Anlaß bestehen konnte, Erkundigungen zu den Äußerungen der Zeugin Dr. L. einzuholen. Zudem ist das herangezogene Indiz auch auf Grund seiner Ambivalenz nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. in Frage zu stellen. Selbst für die Klägerin gab es nämlich keine Veranlassung, die von der Zeugin Dr. L. erteilten Auskünfte zu überprüfen, wenn sie auf deren Richtigkeit vertraute. Daß die Angaben der Zeugin einen für den Vertragswillen der Klägerin bedeutsamen Punkt betrafen, steht dieser Möglichkeit nicht entgegen. Das Unterbleiben von Nachforschungen läßt deshalb nicht ohne weiteres darauf schließen, daß die Zeugin Dr. L. eine zweigeschossige Nachbarbebauung nicht zugesagt hat. Vielmehr läßt dieser Umstand auch den
Schluß zu, die Klägerin habe sich ebenso wie der Zeuge W. auf eine derartige Zusage verlassen. (2) Geht das Eingangsgericht - wie hier - auf Grund einer fehlerhaften Beweiswürdigung von der Nichterweislichkeit einer entscheidungserheblichen Tatsachenbehauptung aus, so bestehen konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit der getroffenen Feststellungen (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 13, § 529 Rdn. 35). Hierbei genügt es, wenn nur ein tragendes Element der erstinstanzlichen Beweiswürdigung in seiner Aussagekraft geschmälert wird (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 32), weil bereits dann die Unrichtigkeit oder Lückenhaftigkeit der getroffenen Feststellungen als Folge der konkreten Anhaltspunkte nicht ausgeschlossen werden kann (Rimmelspacher , NJW 2002, 1897, 1902). So liegt der Fall auch hier. Ausweislich seiner Ausführungen zur Beweiswürdigung ist das erstinstanzliche Gericht nur deshalb zu dem Ergebnis der Nichterweislichkeit unzutreffender Angaben der Zeugin Dr. L. gelangt, weil es Anlaß gesehen hat, an der Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen W. zumindest zu zweifeln. Können diese Bedenken ausgeräumt werden, so ist es möglich, daß der Tatrichter die Aussage des Zeugen W. als glaubhaft ansieht. Da die Beweiswürdigung dann auch zu einem anderen Ergebnis führen kann, besteht die nicht nur theoretische Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses. In solcher Situation sind erneute oder auch erstmalige (Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 12) neue Tatsachenfeststellungen durch das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO geboten (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 14/6036, S. 123; Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 36; MünchKomm -ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 529 Rdn. 24; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 11).
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts läßt sich weder das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte noch die Erforderlichkeit erneuter Feststellungen mit der Erwägung verneinen, das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweiswürdigung unterliege zwar "gewissen Zweifeln", sei aber aus anderen Gründen richtig. Zu dieser Schlußfolgerung konnte das Berufungsgericht nur auf Grund einer eigenständigen Würdigung der in erster Instanz erhobenen Beweise gelangen. Dies stellt jedoch, worauf die Revision zutreffend hinweist, der Sache nach eine erneute Tatsachenfeststellung dar, die aber nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte und das Gebotensein nochmaliger Feststellungen gerade voraussetzt.
cc) Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht deshalb als richtig dar (§ 561 ZPO), weil das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO gebotenen erneuten Tatsachenfeststellung zwar - fehlerhaft - verneint, eine solche aber doch vorgenommen hat. Die Tatsachenfeststellung in dem Berufungsurteil leidet nämlich ebenfalls an einem Verfahrensmangel und kann deshalb keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht stützt seine Auffassung, die von der Klägerin behauptete Zusicherung einer zweigeschossigen Bebauung des Nachbargrundstücks sei nicht erwiesen , darauf, daß beide Zeugen ein persönliches Interesse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits hätten. Damit stellt das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit der Zeugen in Frage, was - wie die Revision zu Recht rügt - nur auf Grund deren nochmaliger Vernehmung zulässig gewesen wäre, nachdem das erstinstanzliche Gericht beide Zeugen als glaubwürdig angesehen hat. Es hat sich mit der fehlenden Glaubwürdigkeit der Zeugen W. und Dr. L. nur insoweit befaßt, als es angesichts der sich widersprechenden Aussagen erwogen hat, einer von beiden Zeugen müsse gelogen haben. Zu
einer Aufklärung hat sich das erstinstanzliche Gericht jedoch außer Stande gesehen, seine Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit daher nicht weiterverfolgt und seine weiteren Ausführungen auf die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen beschränkt. Die Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme verpflichtet ist, wenn die Voraussetzungen für eine erneute Tatsachenfeststellung vorliegen, beantwortet sich nach den von der Rechtsprechung zum bisherigen Recht entwickelten Grundsätzen (Musielak/Huber, aaO, § 398 Rdn. 5; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 13). Es verbleibt mithin dabei, daß das Berufungsgericht bei pflichtgemäßer Ausübung des ihm durch §§ 525 Satz 1, 398 Abs. 1 ZPO eingeräumten Ermessens einen bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals vernehmen muß, wenn es dessen Glaubwürdigkeit abweichend vom Erstrichter beurteilen will (vgl. BGH, Urt. v. 29. Oktober 1996, VI ZR 262/95, NJW 1997, 466; Urt. v. 10. März 1998, VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, 2223 m.w.N.).
b) Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ergeben sich zudem daraus, daß das Eingangsgericht die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin nicht berücksichtigt hat, die Zeugin Dr. L. habe auch anderen Interessenten eine lediglich zweigeschossige Bebauung des Nachbargrundstücks zugesagt. Träfe diese Behauptung zu, so wäre sie geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Dr. L. , sie habe die Klägerin ebenso wie alle übrigen Interessenten auf die geplante viergeschossige Bebauung hingewiesen, in Frage zu stellen. Besteht mithin unter Zugrundelegung der von der Klägerin behaupteten Tatsache zumindest die Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses, so ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO eine erneute Tatsachenfeststellung geboten. Entgegen der Auf-
fassung des Berufungsgerichts ist hierfür eine den formalen Anforderungen des Revisionsrechts genügende Berufungsrüge selbst dann nicht Voraussetzung , wenn - wie hier - zugleich auch ein Verfahrensfehler des Erstrichters vorliegt. Insoweit stellt das Berufungsgericht, was die Revision mit Erfolg geltend macht, zum einen zu hohe Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit einer Verfahrensrüge gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO (aa) und verkennt zum anderen auch die Bedeutung des § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO (bb).
aa) Das Berufungsgericht überspannt die inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung, soweit es die Ordnungsmäßigkeit der von der Klägerin gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO erhobenen Berufungsrüge mit der Begründung verneint, es fehle an der erforderlichen namentlichen Benennung der in erster Instanz angebotenen Zeugen und an der Angabe des Aktenfundorts der jeweiligen Beweisangebote.
(1) Wendet sich der Berufungskläger - wie hier - gegen die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil, so greift er, gestützt auf den Berufungsgrund des § 513 Abs. 1 Alt. 2 ZPO, die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen mit dem Ziel einer erneuten Feststellung durch das Berufungsgericht an. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Berufung muß er deshalb gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO die Voraussetzungen darlegen, unter denen nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die Bindung des Berufungsgerichts an die vom Eingangsgericht getroffenen Feststellungen entfällt (BGH, Beschl. v. 28. Mai 2003, XII ZB 165/02, NJW 2003, 2531, 2532). Dies hat die Klägerin bereits dadurch getan, daß sie die Feststellungen des Erstrichters unter Hinweis auf ein bereits in erster Instanz vorgelegtes Beschwerdeschreiben mehrerer Wohnungseigentümer angegriffen und ihre Behauptung wiederholt hat, die Zeugin Dr.
L. habe auch anderen Interessenten eine lediglich zweigeschossige Be- bauung des Nachbargrundstücks zugesagt. Da dieses Vorbringen die Glaubhaftigkeit der inhaltlich widersprechenden Aussage der Zeugin in Frage stellen kann und in dem mit der Berufung angefochtenen Urteil nicht berücksichtigt worden ist, sind nach der Berufungsbegründung konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an den erstinstanzlich getroffenen Feststellungen mit der Folge gegeben , daß das Berufungsgericht insoweit nicht mehr gebunden ist. Auf die von der Klägerin angebotenen Zeugen wäre es erst angekommen, wenn die vom Berufungsgericht vorzunehmende Prüfung ergeben hätte, daß die Behauptung der Klägerin von der Beklagten wirksam bestritten worden war.
(2) Nichts anderes folgt aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, falls diese Regelung für Angriffe gegen Tatsachenfeststellungen auf Grund von Verfahrensfehlern - zusätzlich - anwendbar sein sollte (befürwortend Fellner, MDR 2003, 721, 722; ablehnend MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 520 Rdn. 40). Hieraus ergeben sich im Ergebnis keine weitergehenden Anforderungen an den notwendigen Inhalt der Berufungsbegründung. Die ohnehin erforderliche Darlegung der in § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO bestimmten Voraussetzungen reicht nämlich im Falle eines Verfahrensmangels auch für die nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO gebotene Darlegung einer entscheidungskausalen Rechtsverletzung aus. Insbesondere muß der Berufungskläger zur Darlegung der Entscheidungserheblichkeit des geltend gemachten Verfahrensfehlers lediglich aufzeigen, daß das Eingangsgericht ohne den Verfahrensverstoß möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre (Musielak /Ball, aaO, § 520 Rdn. 33).
(3) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich strengere formale Anforderungen an die Berufungsbegründung nicht daraus herleiten, daß ein Revisionskläger, der gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b ZPO ein verfahrensfehlerhaftes Übergehen von Tatsachenbehauptungen oder Beweisangeboten rügen will, diese unter Angabe der Fundstelle in den Schriftsätzen der Vorinstanzen genau bezeichnen muß (vgl. dazu BGHZ 14, 205, 209 f; BAG, ZIP 1983, 605, 606; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 554 Rdn. 13; MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 551 Rdn. 21; Musielak/Ball, aaO, § 551 Rdn. 11). Dieses revisionsrechtliche Erfordernis ist auf das Berufungsverfahren nicht übertragbar (a.A. Musielak/Ball, aaO, § 520 Rdn. 32; Ball, WuM 2002, 296, 299; wohl auch Stackmann, NJW 2003, 169, 171 f). Es findet seine Rechtfertigung in der durch § 559 Abs. 1 ZPO allein für das Revisionsverfahren angeordneten Beschränkung des Prozeßstoffs. Danach kann aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll nicht ersichtliches Parteivorbringen nur über eine Nichtberücksichtigungsrüge zur Beurteilungsgrundlage des Revisionsgerichts werden (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 3, 7). Diese Rüge muß so konkret sein, daß keine Zweifel an dem vom Revisionsgericht zugrunde zu legenden Tatsachenstoff verbleiben. Das Berufungsverfahren kennt hingegen keine § 559 Abs. 1 ZPO vergleichbare Bestimmung. Eine entsprechende Anwendung der revisionsrechtlichen Regelung scheitert an den unterschiedlichen Funktionen der Rechtsmittel (Gaier, NJW 2004, 110, 111; a.A. Grunsky, NJW 2002, 800, 801; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901). Anders als im Revisionsverfahren ist das angefochtene Urteil nicht nur auf Rechtsfehler hin zu überprüfen, vielmehr gehört es gemäß § 513 Abs. 1 ZPO zu den Aufgaben der Berufung, das Urteil der Vorinstanz auch auf konkrete Anhaltspunkte für Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der getroffenen Tatsachenfeststellungen zu prüfen und etwaige Fehler zu beseiti-
gen (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 64; Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 1, 7, 12 f). Fehlt es mithin an einer begrenzenden Regelung, so gelangt mit einem zulässigen Rechtsmittel grundsätzlich der gesamte - wie noch auszuführen sein wird, aus den Akten ersichtliche - Prozeßstoff der ersten Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz (Barth, NJW 2002, 1702, 1703; Gaier, NJW 2004, 110, 112). Damit steht auch der von dem Berufungsgericht zu berücksichtigende Tatsachenstoff fest, weshalb es einer Nichtberücksichtigungsrüge und der für sie geltenden formalen Anforderungen nicht bedarf. bb) Zudem hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, daß die ihm nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO obliegende Kontrolle der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage des erstinstanzlichen Urteils im Fall eines - wie hier - zulässigen Rechtsmittels ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge besteht.
(1) Eine Bindung des Berufungsgerichts an solche Zweifel begründende Umstände, die in der Berufungsbegründung dargelegt sind, folgt insbesondere nicht aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO. Danach müssen zwar konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO in der Berufungsbegründung bezeichnet werden. Auf solche Umstände wird die Überprüfung durch das Berufungsgericht allerdings nicht beschränkt, sondern lediglich eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels geregelt (§ 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Notwendigkeit einer Rüge läßt sich dem Wortlaut anderer Gesetzesvorschriften ebensowenig entnehmen. Sie entspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Nach den Gesetzesmaterialien hat das Berufungsgericht Zweifeln an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen selbst dann nachzugehen, wenn es sie unabhängig vom Partei-
vortrag auf Grund lediglich bei ihm gerichtskundiger Tatsachen gewonnen hat (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses , BT-Drucks. 14/4722, S. 100). Damit kann und muß das Berufungsgericht erst recht konkrete Anhaltspunkte berücksichtigen, die ihre Grundlage im erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien haben, auch wenn das Übergehen dieses Vortrags von dem Berufungskläger nicht zum Gegenstand einer Berufungsrüge gemacht worden ist (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 529 Rdn. 12). Bemerkt das Berufungsgericht etwa anläßlich der Prüfung sonstiger Berufungsrügen, daß das Eingangsgericht eine für die Beweiswürdigung bedeutsame Tatsache oder ein erhebliches Beweisangebot übergangen hat, dann bestehen auch ohne dahingehende Rüge konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, die das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichten (a.A. Rimmelspacher, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, 2003, S. 11, 16).
(2) Dem steht nicht entgegen, daß das erstinstanzliche Gericht hier Parteivorbringen übergangen hat und darin ein Verfahrensfehler in Gestalt der Versagung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder des Verstoßes gegen § 286 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 15. März 2000, VIII ZR 31/99, NJW 2000, 2024, 2026) zu sehen ist. Zwar prüft das Berufungsgericht einen Mangel des Verfahrens - soweit er nicht von Amts wegen berücksichtigt werden muß - gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur dann, wenn er gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO in der Berufungsbegründung gerügt worden ist. Hierdurch wird jedoch die durch § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO geregelte tatsächliche Inhaltskontrolle des Berufungsgerichts entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 520 Rdn. 53, § 529
Rdn. 14, 38; ders., NJW 2002, 1897, 1902; ders., NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 11, 15; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 9, 23; Hinz, NZM 2001, 601, 605; Gehrlein, MDR 2003, 421, 428) nicht eingeschränkt (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 8, § 529 Rdn. 27, 43; Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 529 Rdn. 12; Vorwerk, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 4, 6; Gaier, NJW 2004, 110, 112). Von der Aufgabe des Berufungsgerichts, konkreten Anhaltspunkten ungeachtet einer Berufungsrüge nachzugehen, macht das Gesetz keine Ausnahme, wenn sich - was ohnehin die weitaus praktischste Fallgestaltung darstellen dürfte - konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO aus Verfahrensfehlern des Erstrichters bei der Feststellung des Sachverhalts ergeben. Dies zeigt sich an der Systematik des § 529 ZPO, der mit seinen Absätzen klar zwischen den Aufgaben des Berufungsgerichts bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht trennt (Hannich /Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 8, § 529 Rdn. 27, 43). Für die tatsächliche Inhaltskontrolle ist ausschließlich § 529 Abs. 1 ZPO maßgebend, eine Vermischung mit der in § 529 Abs. 2 ZPO geregelten Rechtsfehlerkontrolle darf mithin selbst dann nicht stattfinden, wenn die fehlerhaften Tatsachenfeststellungen im erstinstanzlichen Urteil auf einem Verfahrensmangel beruhen.
(3) Das Berufungsgericht ist an der Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens nicht deshalb gehindert gewesen, weil dieser Vortrag weder durch eine Darstellung im Tatbestand noch durch eine § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO genügende Bezugnahme (vgl. BGH, Urt. v. 18. Februar 1954, IV ZR 126/53, LM § 295 ZPO Nr. 9) in dem erstinstanzlichen Urteil Erwähnung gefunden hat.
Die auf § 314 ZPO gestützte Annahme, daß nicht erwähnte Angriffsund Verteidigungsmittel, auch tatsächlich unterblieben sind (negative Beweiskraft des Tatbestandes), wäre nur dann gerechtfertigt, wenn das Parteivorbringen in dem Urteilstatbestand vollständig wiedergegeben werden müßte. Nur dann könnte nämlich von dem Fehlen einer Darstellung auf das Fehlen entsprechenden Vortrags geschlossen werden. Eine vollständige Wiedergabe des Parteivorbringens kann aber nicht mehr zu den Funktionen des Urteilstatbestandes zählen, nachdem sich das Gesetz in § 313 Abs. 2 ZPO mit einer "knappen" Darstellung nur des "wesentlichen Inhalts" der vorgebrachten Angriffs - und Verteidigungsmittel begnügt (MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 7; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 7, § 559 Rdn. 17; ders., in Festschrift für Geiß, 2000, S. 3, 20; Fischer, DRiZ 1994, 461, 462 f; Crückeberg, MDR 2003, 199, 200; Gaier, NJW 2004, 110, 111; Rixecker, NJW 2004, 705, 708; a.A. Rimmelspacher, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 11, 13). Dies hängt eng zusammen mit der Aufgabe der ursprünglichen Konzeption des Zivilprozesses als eines rein mündlichen Verfahrens, nach der mündlicher Vortrag weder durch ein Verlesen noch durch eine Bezugnahme auf Schriftsätze ersetzt werden konnte (§ 128 Abs. 3 Satz 1 CPO 1877/§ 137 Abs. 3 Satz 1 CPO 1900). Wurde hiernach ausschließlich das mündlich Vorgetragene zum Prozeßstoff, so konnte dieser nicht durch den Inhalt der Schriftsätze , sondern allein durch den - tunlichst vollständigen - Urteilstatbestand nachgewiesen werden. Insbesondere seit der gänzlichen Aufgabe des Bezugnahmeverbots durch die Neufassung des § 137 Abs. 3 Satz 1 ZPO (RGBl. I 1924, 135) stehen indessen die vorbereitenden Schriftsätze ebenfalls zum Nachweis des Parteivorbringens zur Verfügung. Da mit der Antragstellung und der mündlichen Verhandlung im Zweifel eine Bezugnahme der Parteien auf den Inhalt der zur Vorbereitung vorgelegten Schriftstücke verbunden ist (BGH,
Urt. v. 28. November 2001, IV ZR 309/00, NJW-RR 2002, 381 m.w.N.), ergibt sich der Prozeßstoff auch aus dem Inhalt der Gerichtsakten. Der Bundesgerichtshof hat bereits vor dem Hintergrund dieser Überlegung - wenn auch ohne ausdrückliche Aufgabe der Rechtsprechung zur negativen Beweiskraft - auf entsprechende Revisionsrüge Vorbringen berücksichtigt, das im Tatbestand nicht erwähnt war (BGH, Urt. v. 16. Juni 1992, XI ZR 166/91, NJW 1992, 2148, 2149; Urt. v. 7. Dezember 1995, III ZR 141/93, NJW-RR 1996, 379; vgl. auch Urt. v. 28. November 2001, IV ZR 309/00, aaO). Allein mit dem Hinweis auf die negative Beweiskraft des Urteilstatbestandes kann mithin Parteivorbringen, das sich aus den vorbereitenden Schriftsätzen ergibt, in den Rechtsmittelverfahren nicht unberücksichtigt bleiben. Hingegen bleibt die negative Beweiskraft für solche Angriffs- und Verteidigungsmittel von Bedeutung, die in der mündlichen Verhandlung ohne vorherige Ankündigung in einem vorbereitenden Schriftsatz vorgebracht werden (Ball, in Festschrift für Geiß, 2000, S. 3, 20). Allerdings hat die Rechtsprechung bisher dem Urteilstatbestand auf Grund des § 314 ZPO auch negative Beweiskraft hinsichtlich des mündlichen Parteivorbringens beigelegt. Danach soll der Tatbestand nicht nur Beweis dafür erbringen, daß das, was in ihm als Parteivortrag wiedergegeben wird, tatsächlich vorgetragen worden ist, sondern auch beweisen, daß von den Parteien nichts behauptet worden ist, was nicht aus dem Tatbestand ersichtlich ist (Senat, Urt. v. 25. Mai 1984, V ZR 199/82, NJW 1984, 2463, insoweit in BGHZ 91, 282 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 27. Mai 1981, IVa ZR 55/80, NJW 1981, 1848; Urt. v. 3. November 1982, IVa ZR 39/81, NJW 1983, 885, 886 m.w.N.; Urt. v. 16. Mai 1990, IV ZR 64/89, NJW-RR 1990, 1269). Dieser bereits vom Reichsgericht (RGZ 4, 418, 420; RG, JW 1887, 38; 1896, 72; 1897, 52, 53) vertretenen Auffassung ist das Bundesverwaltungsgericht beigetreten (BVerwG, Beschl. v. 13. April 1989, 1 B 21/89 m.w.N.). Gleichwohl bedarf es
hier weder einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen (§ 132 GVG) noch an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 2 RsprEinhG). Beide Vorlagen setzen voraus, daß die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage für die Entscheidung des konkreten Falles nach Auffassung des vorlegenden Senats erforderlich wird, das vorlegende Gericht also bei Befolgung der abweichenden Ansicht zu einem anderen Ergebnis gelangen würde (BGH, Beschl. v. 15. Februar 2000, XI ZR 10/98, NJW 2000, 1185 zu § 132 GVG; GmS-OGB, BGHZ 88, 353, 357 zu § 2 RsprEinhG). An diesem Erfordernis fehlt es; denn das angefochtene Urteil ist bereits deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit des zugrunde gelegten Sachverhalts aus den bereits erörterten Fehlern der Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil ergeben.
III.
Nach alledem war die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird zunächst die gebotenen Feststellungen zum Inhalt der geführten Vertragsverhandlungen nachholen müssen. Sollte danach von dem Vorliegen der Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs auszugehen sein, wären weitergehende Feststellungen zur Schadenshöhe erforderlich. Da die Klägerin an dem geschlossenen Vertrag festhalten will, wäre als ersatzfähiger Schaden der Betrag anzusetzen, um den die Klägerin die Dachgeschoßwohnung im Vertrauen auf
die Richtigkeit der Angaben der Zeugin Dr. L. zu teuer erworben hat (vgl. Senat, Urt. v. 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2877 m.w.N.).
Wenzel Krüger Klein Gaier RiBGH Dr. Stresemann ist infolge Urlaubsabwesenheit gehindert, zu unterschreiben. Wenzel
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
Insoweit zum Beweis vergangener Tatsachen oder Zustände, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich war, sachkundige Personen zu vernehmen sind, kommen die Vorschriften über den Zeugenbeweis zur Anwendung.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
Insoweit zum Beweis vergangener Tatsachen oder Zustände, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich war, sachkundige Personen zu vernehmen sind, kommen die Vorschriften über den Zeugenbeweis zur Anwendung.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen.
(2) Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann.
(1) Erscheint eine Partei in der Güteverhandlung nicht oder ist die Güteverhandlung erfolglos, soll sich die mündliche Verhandlung (früher erster Termin oder Haupttermin) unmittelbar anschließen. Andernfalls ist unverzüglich Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen.
(2) Im Haupttermin soll der streitigen Verhandlung die Beweisaufnahme unmittelbar folgen.
(3) Im Anschluss an die Beweisaufnahme hat das Gericht erneut den Sach- und Streitstand und, soweit bereits möglich, das Ergebnis der Beweisaufnahme mit den Parteien zu erörtern.
(1) Erscheint eine Partei in der Güteverhandlung nicht oder ist die Güteverhandlung erfolglos, soll sich die mündliche Verhandlung (früher erster Termin oder Haupttermin) unmittelbar anschließen. Andernfalls ist unverzüglich Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen.
(2) Im Haupttermin soll der streitigen Verhandlung die Beweisaufnahme unmittelbar folgen.
(3) Im Anschluss an die Beweisaufnahme hat das Gericht erneut den Sach- und Streitstand und, soweit bereits möglich, das Ergebnis der Beweisaufnahme mit den Parteien zu erörtern.
(1) Der Besteller kann wegen eines Mangels des Werkes nach erfolglosem Ablauf einer von ihm zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn nicht der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht verweigert.
(2) § 323 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. Der Bestimmung einer Frist bedarf es auch dann nicht, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist.
(3) Der Besteller kann von dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen Vorschuss verlangen.
Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
- 1.
nach § 635 Nacherfüllung verlangen, - 2.
nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, - 3.
nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und - 4.
nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.